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15 K 5045/18
2021-06-11T00:00:00
Urteil
Tenor Das beklagte Land wird unter Aufhebung der Bescheide des Landesbetriebes X. und I. Nordrhein-Westfalen vom 9. April 2018 verpflichtet, das Ausscheiden der Grundstücke Gemarkung S. , Flur 000 Flurstück 00 und Flurstück 00 aus dem Verbandswald des beigeladenen Forstbetriebsverbandes zu genehmigen. Das beklagte Land trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen, die nicht für erstattungsfähig erklärt werden. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.Das beklagte Land darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten. 1Tatbestand: 2Die Kläger zu 1. und zu 2. sind gemeinschaftlich Eigentümer der entlang ihrer östlichen bzw. westlichen Grundstückgrenze längsseitig aneinander liegenden Grundstücke Gemarkung S. , Flur 000 Flurstück 00 (1299 ha) und Flurstück 00 (1344 ha). 3Unter dem 23. April 1993 beantragten die Kläger zu 1. und zu 2. die Aufnahme der vorbezeichneten Grundflächen in den beigeladenen Forstbetriebsverband. Dieser beschloss in seiner Sitzung vom 6. September 1993, dem Antragsbegehren zu entsprechen. 4Im Oktober 2017 wandten die Kläger sich an den beigeladenen Forstbetriebsverband und "kündigten" ihre dortige Mitgliedschaft. Nachdem Ihnen der beigeladene Forstbetriebsverband mitgeteilt hatte, dass die Kündigung nicht akzeptiert werden könne, da das Ausscheiden der Mitgliedsfläche aus dem Verband nur aus wichtigem Grund und nur mit Zustimmung des Landesbetriebes X. und I. Nordrhein-Westfalen (Landesbetrieb) möglich sei, wandten die Klägerin sich mit Schreiben vom 31. Oktober 2017 an den Landesbetrieb und beantragten, ihren Antrags auf Ausscheiden aus dem beigeladenen Forstbetriebsverband zu genehmigen. 5Zur Begründung des Antrags machten sie im Wesentlichen geltend, im Jahr 1993 als Eigentümer der seinerzeit etwa hälftig mit Wald bewachsen gewesenen Grundflächen freiwillig den Eintritt in den beigeladenen Forstbetriebsverband beantragt zu haben. Im Jahr 2016 sei der auf den Grundflächen befindliche 55 Jahre alte Lärchenbestand nach einem Sturmschaden in Abstimmung mit dem Forstbetrieb S. vollständig gerodet und die Freifläche anschließend auf ihre Kosten mit kleinwüchsigen Bäumen und Sträuchern aufgeforstet worden. Die Waldfläche solle künftig mehr dem Naturschutz und der Landschaftspflege dienen. Mangels eines Wirtschaftswaldes benötigten sie die Hilfe des beigeladenen Forstbetriebsverband nicht länger, weil es keine Holzeinschläge und damit auch kein Holzvermarktungsinteresse mehr gebe. Wegen ihrer Lage und Größe beeinträchtige das Ausscheiden der beiden Grundflächen, die auch künftig Wald blieben, den beigeladenen Forstbetriebsverband in der Wahrnehmung seiner Aufgaben nicht. 6Nach Anhörung der Kläger lehnte der Landesbetrieb die Genehmigung des Ausscheidens der Grundstücke aus dem beigeladenen Forstbetriebsverband mit an den Kläger zu 1. und den Kläger zu 2. getrennt gerichteten Bescheiden vom 9. April 2018 ab. 7Zur Begründung führte der Landesbetrieb aus, der freiwillige Eintritt in einen Forstbetriebsverband und die damit verbundene Anerkennung der für ihn geltenden gesetzlichen Regelungen begründe nicht das Recht, jederzeit grundlos aus dem Verband wieder austreten zu können. 8Die Grundflächen der Kläger zu 1. und zu 2. seien trotz ihrer Rodung und Neubestockung nach wie vor im rechtlichen Sinne Wald und deshalb auch nicht kraft Gesetzes aus dem beigeladenen Forstbetriebsverband ausgeschieden. 9Mangels eines für das Ausscheiden geltend gemachten Grundes wichtigen Grundes sei auch die Entlassung der Grundflächen aus dem Verbandswald nicht zu genehmigen. Die Notwendigkeit der Zahlung einer Verbandsumlage belaste die Kläger angesichts ihrer geringen Höhe auch dann nicht im Sinne der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung unzumutbar, wenn ihr wirtschaftliches Interesse an einer Holzvermarktung entfallen sei. Die Verbandsmitgliedschaft biete Grundeigentümern von Waldflächen nicht nur in Bezug auf die Holzvermarktung Vorteile. Zudem gelte es, der im Allgemeininteresse liegenden Aufgabe eines Forstbetriebsverbandes Rechnung zu tragen, den Bestand des Verbandswaldes zu erhalten und zu verbessern und den Auswirkungen des Klimawandels entgegenzuwirken. Dies gebiete den Verbleib der Grundstücksflächen der Kläger zu 1. und zu 2. im Verbandswald. 10Die Kläger haben am 9. Mai 2018 vor dem Verwaltungsgericht Münster Klage (1 K 1505/18) erhoben, das sich mit Beschluss vom 5. Juni 2018 für örtlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit zur Verhandlung und Entscheidung an das erkennende Gericht verwiesen hat. 11Die Kläger sind der Auffassung, der Landesbetrieb müsse das Ausscheiden ihrer Grundflächen aus dem Verbandswald genehmigen. Sie seien nicht Pflichtmitglieder des beigeladenen Forstbetriebsverbandes, sondern diesem freiwillig beigetreten. Dies begründe nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Zwangsmitgliedschaft in öffentlich-rechtlichen Körperschaften das Recht, ihn jederzeit und ohne Vorliegen eines wichtigen Grundes auch wieder verlassen zu dürfen. 12Etwas anderes folge auch nicht aus der gesetzlichen Regelung, nach der ein Forstgrundstück bei einer endgültigen Nutzungsänderung aus dem Forstverband ausscheide. Dass das Ausscheiden aus einem Forstbetriebsverband auf diesen rechtlich zwingenden Fall beschränkt bleiben solle, ergebe sich aus dem Gesetz nicht. Da auch die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Pflichtmitgliedschaft in dem beigeladenen Forstbetriebsverband nicht erfüllt seien, fehle es an einem rechtlich tragfähigen Grund, der den Verbleib ihrer beiden Grundflächen im Verbandswald rechtfertigen könne. 13Abgesehen davon habe der Landesbetrieb aber in die Prüfung des wichtigen Grundes zu Unrecht nicht eingestellt, dass es sich bei den Antragsflächen um kleine isolierte Flächen im Innenbereich handele, die der beigeladene Forstbetriebsverband nicht erschlossen habe und die auch nicht im Zusammenhang mit anderen Forstflächen eine vorteilhaftere Bewirtschaftung des Verbandswaldes ermöglichten. Die beiden Grundstücke mit ihrer Gesamtfläche von 0,26 Hektar seien angesichts ihrer Lage sowie der Größe der zum beigeladenen Forstbetriebsverband insgesamt gehörenden Fläche (1.280 Hektar) für die Wahrnehmung der ihm obliegenden Aufgaben bedeutungslos. 14Waldhaftpflicht‑ und Waldbrandversicherungen über den beigeladenen Forstbetriebsverband seien wenig nützlich, da sie sich erst nach privaten (Haftpflicht‑)Versicherungen in Anspruch nehmen ließen. Die Abhängigkeit der Höhe der Versicherungsprämien von der Zahl der Verbandsmitglieder dürfe als bloß finanzielle Erwägung in die Prüfung des wichtigen Grundes nicht einbezogen werden. 15Da mit der Bewirtschaftung des Waldes auf den beiden Grundflächen keine wirtschaftlichen Ziele mehr verfolgt würden und sich aufgrund der seitens der Stadt S. geplanten Veränderungen der Eigentumsverhältnisse umliegender Grundstücke auch nicht mehr verfolgen ließen, verschlechtere die Verbandsumlage von jährlich 17,50 Euro je Grundstück die Ertragslage mit der Folge, dass im Extremfall das private Vermögen bis zum Verlust der wirtschaftlichen Existenz aufgebraucht werden müsse. 16Die Kläger beantragen sinngemäß, 17das beklagte Land unter Aufhebung der Bescheide des Landesbetriebes X. und I. Nordrhein-Westfalen vom 9. April 2018 zu verpflichten, das Ausscheiden der Grundstücke Gemarkung S. , Flur 000 Flurstück 00 und Flurstück 00 aus dem Verbandswald des beigeladenen Forstbetriebsverbandes zu genehmigen. 18Das beklagte Land beantragt, 19die Klage abzuweisen. 20Der beigeladene Forstbetriebsverband stellt keinen Antrag und führt aus, er habe gegen das Ausscheiden der Grundstücke der Kläger zu 1. und zu 2 aus dem Verbandswald keine Einwände. 21Der Landesbetrieb ist der Auffassung, die angegriffenen Bescheide seien aus den dort genannten Gründen Bescheides rechtmäßig. 22Die dortigen Erwägungen wiederholend und ergänzend macht er geltend, den Regelungen des Bundeswaldgesetzes sei zu entnehmen, dass ein Forstbetriebsverband nur aus wichtigem Grund verlassen werden könne, da kraft Gesetzes allein die endgültige Nutzungsänderung einer Grundfläche das Ausscheiden aus einem nach dem Willen des Gesetzgebers auf Dauer angelegten Forstbetriebsverband bewirke. Zudem sei die Mitgliedschaft in einem Forstbetriebsverband gesetzlich als Pflichtmitgliedschaft ausgestaltet, ohne danach zu differenzieren, ob die Mitgliedschaft freiwillig oder nicht freiwillig begründet worden sei. Jeder Waldbesitzer der nachträglich auf Antrag in einen Forstbetriebsverband aufgenommen werde, unterwerfe sich den gesetzlichen Bestimmungen. Mithin seien ‑ entsprechend der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts Minden ‑ hinsichtlich eines Ausscheidens aus einem Forstbetriebsverband freiwillige und nicht freiwillige Mitglieder gleich zu behandeln. 23Die Pflichtmitgliedschaft in einem Forstbetriebsverband sei auch verfassungskonform, weil mit ihr ein legitimer Zweck verfolgt werde, nämlich die Sicherung der dem Wald innewohnenden Gemeinwohlfunktion durch die Gründung von forstlichen Zusammenschlüssen in forstwirtschaftlich besonders ungünstig strukturierten Gebieten. Der forstliche Zusammenschluss solle in Bezug auf das Verbandsgebiet strukturelle Nachteile auszugleichen und die Bewirtschaftung von Waldflächen zu verbessern. Die Erfüllung dieser Zwecksetzung setze nicht voraus, dass jedes einzelne Mitglied eines Forstbetriebsverbandes auch von der Arbeit des Forstbetriebsverbandes konkret profitiere oder die Einzelfläche für die Wahrnehmung der Aufgaben des Forstbetriebsverbandes von Bedeutung sei. 24Zudem umfassten die forstwirtschaftlichen Zielsetzungen nicht nur wirtschaftliche Aspekte, sondern auch die forstliche Beratung und Elemente des Naturschutzes, was auch Eigentümern nicht holzwirtschaftlich genutzter Waldflächen zu Gute komme. 25Ferner seien die Kläger mit ihren Flächen durch die Waldbrand- und Waldbesitzerhaftpflichtversicherung des beigeladenen Forstbetriebsverbandes geschützt. Dabei entspreche es dem Solidargedanken, der jeden forstlichen Zusammenschluss trage, die Versicherungskosten durch eine möglichst hohe Anzahl an Mitgliedern sowie einer möglichst großen Verbandsfläche niedrig zu halten. 26Gegenüber diesen Vorteilen falle die offensichtlich nicht existenzgefährdenden Belastung der Kläger durch die Verpflichtung zur Zahlung der Verbandsumlage von jährlich 17,50 Euro für jedes Grundstück rechtlich nicht ins Gewicht, zumal es die eigene Entscheidung der Kläger gewesen sei, kein Holz mehr vermarkten zu wollen. 27Für das beklagte Land hat der Landesbetrieb unter dem 17. Mai 2021 das Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt. Entsprechende Erklärungen haben der beigeladene Forstbetriebsverband mit Schriftsatz vom 20. Mai 2021 sowie die Kläger unter dem 9. Juni 2021 abgegeben. 28Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach‑ und Streitstandes wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Landesbetriebes Bezug genommen. 29Entscheidungsgründe: 30Über das Klagebegehren kann gemäß § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung entschieden werden, nachdem die Beteiligten sich mit dieser Verfahrensweise schriftsätzlich übereinstimmend einverstanden erklärt haben. 31Die Klage, über die nach seiner Begründung (§ 88 VwGO) in Gestalt des vorstehend wiedergegeben Antrags zu befinden ist, hat Erfolg. Sie ist als Verpflichtungsbegehren (§ 42 Abs. 1 Alt. 2 VwGO) statthaft und auch im Übrigen zulässig sowie begründet; der von ihnen jeweils geltend gemachte Anspruch steht den Klägern zu 1. und zu 2. zu (§ 113 Abs. 5 S. 1 VwGO). 32Gemäß § 32 Abs. 2 S. 1 Gesetz zur Erhaltung des Waldes und zur Förderung der Forstwirtschaft ‑ Bundeswaldgesetz – (BWaldG) vom 2. Mai 1975 (BGBl. I S. 1037) in der zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 17. Januar 2017 (BGBl. I S. 75) geänderten Fassung bedarf das Ausscheiden eines Grundstücks aus dem Verbandswald, von dem hier nicht einschlägigen Fall des Absatzes 1 der Vorschrift abgesehen, der Genehmigung der nach Landesrecht zuständigen Behörde. Die Genehmigung darf nur erteilt werden, wenn ein wichtiger Grund vorliegt (§ 32 Abs. 2 S. 2 BWaldG). Sie ist nach § 32 Abs. 2 S. 3 BWaldG zu versagen, wenn das Ausscheiden die Durchführung der Aufgabe des Forstbetriebsverbandes gefährden würde. 33Gemessen an diesen Bestimmungen ist der Landesbetrieb, dessen Zuständigkeit sich aus den §§ 61, 55 Abs. 1 des Landesforstgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (Landesforstgesetz ‑ LFoG ‑) in der zuletzt durch Artikel 3 des Gesetzes vom 26. März 2019 (GV NRW, S. 193, ber. 214) geänderten Fassung der Bekanntmachung vom 24. April 1980 (GV NRW, S. 546) ergibt, verpflichtet, das von den Klägern zu 1. und zu 2. als gemeinschaftliche Eigentümer der Grundstücke Gemarkung S. , Flur 000, Flurstück 00 gemeinsam beantragte Ausscheiden der beiden Grundflächen aus dem Verbandswald der beigeladenen Forstbetriebsverband zu genehmigen. Die Erteilung der Genehmigung setzt nicht voraus, dass ein wichtiger Grund im Sinne des § 32 Abs. 2 S. 2 BWaldG für das Ausscheiden vorliegt. 34A.A.: Verwaltungsgericht Minden, Urteil vom 28. März 2000, 1 K 878/99, n. v. 35§ 32 Abs. 2 S. 2 BWaldG ist nur anzuwenden, wenn der bzw. die Eigentümer/in der Grundfläche, deren Ausscheiden aus dem Verbandswald beantragt wird, dem Forstbetriebsverband kraft normativer Regelung seiner Satzung zwangsweise als Mitglied (§ 24 Abs. 1 BWaldG) angehört, nicht aber, wenn ‑ wie hier ‑ die Mitgliedschaft auf einem gemäß § 24 Abs. 2 BWaldG i. V. m. den Bestimmungen der Satzung des Forstbetriebsverbandes freiwillig vollzogenen Beitritt beruht. Allein dieses einschränkte Verständnis des § 32 Abs. 2 S. 2 BWaldG entspricht der gesetzlichen Systematik und dem Zweck der Vorschriften über das Ausscheiden von Grundflächen aus dem Verbandswald. 36Forstbetriebsverbände (§ 15 Alt. 2 BWaldG) sind nach § 21 Abs. 1 BWaldG Zusammenschlüsse von Grundstückseigentümern in Form von Körperschaften des öffentlichen Rechts, die ebenso wie die von Grundbesitzern in Privatrechtsform gebildeten und staatlich anerkannten Forstbetriebsgemeinschaften (§ 15 Alt. 1 BWaldG) den in § 16 BWaldG bezeichneten Zweck verfolgen, nämlich die Bewirtschaftung der angeschlossenen Waldflächen und der zur Aufforstung bestimmten Grundstücke zu verbessern, insbesondere die Nachteile geringer Flächengröße, ungünstiger Flächengestalt, der Besitzzersplitterung, der Gemengelage, des unzureichenden Waldaufschlusses oder anderer Strukturmängel zu überwinden. 37Zur Bildung eines Forstbetriebsverbandes, dessen Mitglieder nach § 24 Abs. 1 S. 1 BWaldG die Eigentümer der beteiligten Grundstücke sind, hält die nach Landesrecht zuständige Behörde eine einleitende Versammlung ab, stellt einen Satzungsentwurf und ein vorläufiges Verzeichnis der beteiligten Grundstücke und ihrer Eigentümer auf und beruft die Gründungsversammlung ein (§ 23 Abs. 1 BWaldG), die die Satzung beschließt, mit deren Genehmigung und anschließender öffentlicher Bekanntmachung der Forstbetriebsverband entsteht (vgl. § 23 Abs. 2 und Abs. 3 BWaldG). 38Schon die Auswahl der Grundstücke, die in das vorläufige Verzeichnis des § 23 Abs. 1 BWaldG aufgenommen und in den nachfolgenden Satzungsbeschluss über die Zugehörigkeit der Grundstücke zu dem zu bildenden Forstbetriebsverband einbezogen werden, hat sich wegen der nachfolgend zwangsweisen Zugehörigkeit der Grundeigentümer zu dem Forstbetriebsverband zwingend an der durch § 16 BWaldG normativ vorgegeben Zweckbestimmung eines Forstbetriebsverbandes zu orientieren. Grundstücke, deren Zugehörigkeit zum Verbandswald es zur Erfüllung des Verbandzwecks nicht bedarf, können einem Forstbetriebsverband rechtmäßig nicht durch eine Satzungsregelung angegliedert werden. Gleichwohl dürfen sie auf Antrag einem Verbandswald angehören, wenn ein Forstbetriebsverband von der durch § 24 Abs. 2 BWaldG eröffneten Möglichkeit Gebrauch macht und satzungsrechtlich den freiwilligen Beitritt von Grundeigentümern zum Verband erlaubt. 39Die nach dem Grund der Zugehörigkeit zwischen zwangsweiser und freiwilliger Begründung der Mitgliedschaft in einem Forstbetriebsverband gesetzlich differenzierenden Regelungen gebieten eine unterschiedliche Ausgestaltung der Voraussetzungen, unter denen der Grundeigentümer die Mitgliedschaft in einem Forstbetriebsverband beenden kann. 40Da die Zulässigkeit der Zwangsmitgliedschaft in einem Forstbetriebsverband gesetzlich notwendig an die Zweckbestimmung des Verbandes anknüpft, ist das Ausscheiden der im Eigentum eines Zwangsmitgliedes stehenden Grundfläche aus dem Verbandswald grundsätzlich geeignet, die Erfüllung des forstbetriebsverbandlichen Zwecks rechtserheblich zu gefährden. Diesem Wirkzusammenhang trägt nicht nur § 32 Abs. 2 S. 2 BWaldG Rechnung, der das Vorliegen eines wichtigen Grundes zur notwendigen ‑ wenn auch allein nicht hinreichenden ‑ Bedingung einer Genehmigung des Ausscheidens einer Grundfläche aus dem Verbandswald macht, sondern auch § 32 Abs. 2 S. 3 BWaldG, der die Erteilung einer solchen Genehmigung ausschließt, wenn das Ausscheiden die Durchführung der Aufgabe des Forstbetriebsverbands gefährden würde. 41Dass § 32 Abs. 2 S. 2 BWaldG nur auf das Austrittsbegehren von Zwangsmitgliedern des Forstbetriebsverbandes Anwendung findet, entspricht auch dem Willen des Gesetzgebers, der den Vorschriften Bundeswaldgesetzes über Forstbetriebsverbände die textgleichen Vorläuferregelungen in den §§ 8 ff. des Gesetzes über forstwirtschaftliche Zusammenschlüsse (FwZusG) vom 1. September 1969 (BGBl. I S. 1543) der Sache nach unverändert zu Grunde gelegt hat. 42Vgl. Begründung vom 9. Juli 1973 zum Entwurf des Bundeswaldgesetzes, Bundestag – Drucksache 7/889, S. 30. 43Die Begründung des Gesetzesentwurfs zu dem mit § 32 Abs. 2 BWaldG inhaltlich übereinstimmenden § 18 Abs. 2 FwZusG hält indes als Erläuterung der Bestimmungen über das "Ausscheiden von Grundstücken" aus einem Forstbetriebsverband das Folgende fest: 44"... Der Forstbetriebsverband ist als Zusammenschluss von Grundstückseigentümern in der Rechtsform einer Körperschaft des öffentlichen Rechts auf Dauer angelegt. Ein Eigentumswechsel soll grundsätzlich ohne Einfluß auf den Bestand des Zusammenschlusses bleiben. Daher muß das Ausscheiden von Grundstücken auf besondere Ausnahmen beschränkt werden. Absatz 1 regelt die Fälle, in denen ein Grundstück seiner forstwirtschaftlichen Nutzung oder Bestimmung endgültig verlustig geht. Absatz 2 bezieht sich auf sonstige besondere Ausnahmefälle und sieht hierfür die Genehmigung der nach Landesrecht zuständigen Behörde vor...". 45Bundestag – Drucksache V/4231, S. 19. 46Im Sinne dessen "... auf Dauer angelegt ..." ist indes allein der Forstbetriebsverband in der Zusammensetzung, den seine in § 2 FwZusG (heute § 16 BWaldG) normierte Zweckbestimmung erfordert und die deshalb durch die Satzung festgelegt ist. 47Einem Forstbetriebsverband beigetretene Mitglieder sind auch nicht aus sonstigen Gründen in ihrem Recht auf Verlassen des Verbandes durch die Bestimmung des § 32 Abs. 2 S. 2 BWaldG beschränkt. Insbesondere müssen sie entgegen der Rechtsauffassung des Landesbetriebes die Vorschrift nicht als Folge ihres Beitritts zu dem Forstbetriebsverband gegen sich gelten lassen. 48An einer normativen Regelung, die dies anordnet fehlt es. Sie ist gemäß Art. 2 Abs. 1 GG verfassungsrechtlich erforderlich, weil die Bindung des Ausscheidens aus einem Forstbetriebsverband an einen wichtigen Grund den Grundeigentümer in seiner allgemeinen Handlungsfreiheit einschränkt. Verfassungsrechtlich zulässig sind solche Einschränkungen nach Art. 2 Abs. 1 GG aber nur durch oder aufgrund eines Gesetzes. 49Eine Bindung an die Bestimmung des § 32 Abs. 2 S. 2 BWaldG vermag für dem Forstbetriebsverband beigetretene Mitglieder auch die Satzung eines Forstbetriebsverbandes nicht zu begründen. Eine entsprechende Satzungsbestimmung wäre wegen des Verstoßes gegen das Bundeswaldgesetz als höherrangigem Recht unwirksam. 50Die den Anwendungsbereich des § 32 Abs. 2 S. 2 BWaldG einschränkende Auslegung verstößt auch nicht gegen die durch das Bundeswaldgesetz als schutzwürdig anerkannten Interessen eines Forstbetriebsverbandes. Ihm obliegt es, wenn seine in § 16 BWaldG festgelegte Zweckbestimmung dies erfordert, die Grundfläche eines ihm beigetretenen Mitglieds durch Satzungsbeschluss dem Verbandswald zuzuordnen und damit die zunächst gewillkürte Mitgliedschaft in eine zwangsweise mit der Folge zu überführen, dass ein Ausscheiden der Grundfläche aus dem Verbandswald gemäß § 32 Abs. 2 S. 2 BWaldG einen wichtigen Grund erfordert und unter dem Vorbehalt des § 32 Abs. 2 S. 3 BWaldG steht. 51Nach allem hat der Landesbetrieb die nach § 32 Abs. 2 S. 1 BWaldG erforderliche Genehmigung zum Ausscheiden eines Grundstücks aus dem Verbandswald schon dann zu erteilen, wenn er im Genehmigungsverfahren feststellt, dass das den Antrag stellende Mitglied des Forstbetriebsverbandes diesem nicht kraft satzungsrechtlicher Regelung angehört, sondern nur auf Grund eines freiwillig erklärten Beitritts. 52Eben dies ist hier der Fall, nachdem die Kläger zu 1. und zu 2. als Eigentümer der streitbefangenen Grundstücke die Aufnahme in den beigeladenen Forstbetriebsverband nach § 2 Abs. 3 seiner Satzung, 53zitiert nach https://forstverband-remscheid.de/unser-verband/unsere-satzung/, 54am 23. April 1993 beantragt haben und der beigeladene Forstbetriebsverband dem Beitrittsgesuch mit Beschluss vom 6. September 1993 entsprochen hat. Die in § 2 Abs. 2 der Satzung getroffene Regelung, nach der das Ausscheiden aus dem Verband sich nach § 18 FwZusG richtet, ist aus den oben dargelegten Gründen wegen eines Verstoßes gegen höherrangiges Recht unwirksam, soweit mit ihr das Ausscheiden von Grundstücken aus dem Verbandswald, die diesem aufgrund eines Beitritts angehören, an das Vorliegen eines wichtigen Grundes im Sinne von § 18 Abs. 2 S. 2 FwZusG bzw. § 32 Abs. 2 S. 2 BWaldG und das Vorliegen der Voraussetzungen des § 18 Abs. 2 S. 3 FwZusG bzw. § 32 Abs. 2 S. 3 BWaldG geknüpft ist. 55Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO i. V. m. den §§ 154 Abs. 3, 162 Abs. 3 VwGO. Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen waren aus Gründen der Billigkeit nicht für erstattungsfähig zu erklären, weil dieser keinen Klageantrag gestellt und sich damit auch nicht dem prozessualen Risiko ausgesetzt hat, im Fall seines Unterliegens mit Kosten belastet zu werden. 56Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 167 Abs. 2 i. V. m. Abs. 1 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO. 57Rechtsmittelbelehrung: 58Gegen dieses Urteil kann innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) schriftlich die Zulassung der Berufung beantragt werden. Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. 59Der Antrag kann auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) eingereicht werden. 60Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. 61Die Berufung ist nur zuzulassen, 621. wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, 632. wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, 643. wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, 654. wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder 665. wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann. 67Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster oder Postfach 6309, 48033 Münster) schriftlich oder als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der ERVV einzureichen. 68Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen. 69Im Berufungs- und Berufungszulassungsverfahren müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die das Verfahren eingeleitet wird. Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Auf die zusätzlichen Vertretungsmöglichkeiten für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und § 5 Nr. 6 des Einführungsgesetzes zum Rechtsdienstleistungsgesetz – RDGEG –). Darüber hinaus sind die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen unter den dort genannten Voraussetzungen als Bevollmächtigte zugelassen. 70Die Antragsschrift und die Zulassungsbegründungsschrift sollen möglichst dreifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften. 71Beschluss: 72Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 10.000,00 Euro festgesetzt. 73Gründe: 74Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 2, 39 Abs. 1 GKG, da sich die wirtschaftliche Bedeutung des Rechtsstreits nicht in der für jedes Grundstück jährlich von den Klägern zu entrichtenden Verbandsumlage (17,50 Euro) erschöpft. Für den Streit um die Genehmigung waren deshalb für beide Grundstücke jeweils 5.000,00 Euro anzusetzen und die Streitwertbeträge zu addieren. 75Rechtsmittelbelehrung: 76Gegen den Streitwertbeschluss kann schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) Beschwerde eingelegt werden, über die das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster entscheidet, falls ihr nicht abgeholfen wird. 77Die Beschwerde kann auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) oder zu Protokoll der Geschäftsstelle eingelegt werden; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. 78Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von sechs Monaten eingelegt wird, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. 79Die Beschwerde ist nicht gegeben, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,-- Euro nicht übersteigt. 80Die Beschwerdeschrift soll möglichst dreifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften. 81War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist angerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.
das beklagte land wird unter aufhebung der bescheide des landesbetriebes x. und i. nordrhein-westfalen vom 9. april 2018 verpflichtet, das ausscheiden der grundstücke gemarkung s. , flur 000 flurstück 00 und flurstück 00 aus dem verbandswald des beigeladenen forstbetriebsverbandes zu genehmigen. das beklagte land trägt die kosten des verfahrens mit ausnahme der außergerichtlichen kosten des beigeladenen, die nicht für erstattungsfähig erklärt werden. das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar.das beklagte land darf die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe von 110 % des beizutreibenden betrages abwenden, wenn nicht die kläger vor der vollstreckung sicherheit in gleicher höhe leisten. 1
2die kläger zu 1. und zu 2. sind gemeinschaftlich eigentümer der entlang ihrer östlichen bzw. westlichen grundstückgrenze längsseitig aneinander liegenden grundstücke gemarkung s. , flur 000 flurstück 00 (1299 ha) und flurstück 00 (1344 ha). 3unter dem 23. april 1993 beantragten die kläger zu 1. und zu 2. die aufnahme der vorbezeichneten grundflächen in den beigeladenen forstbetriebsverband. dieser beschloss in seiner sitzung vom 6. september 1993, dem antragsbegehren zu entsprechen. 4im oktober 2017 wandten die kläger sich an den beigeladenen forstbetriebsverband und "kündigten" ihre dortige mitgliedschaft. nachdem ihnen der beigeladene forstbetriebsverband mitgeteilt hatte, dass die kündigung nicht akzeptiert werden könne, da das ausscheiden der mitgliedsfläche aus dem verband nur aus wichtigem grund und nur mit zustimmung des landesbetriebes x. und i. nordrhein-westfalen (landesbetrieb) möglich sei, wandten die klägerin sich mit schreiben vom 31. oktober 2017 an den landesbetrieb und beantragten, ihren antrags auf ausscheiden aus dem beigeladenen forstbetriebsverband zu genehmigen. 5zur begründung des antrags machten sie im wesentlichen geltend, im jahr 1993 als eigentümer der seinerzeit etwa hälftig mit wald bewachsen gewesenen grundflächen freiwillig den eintritt in den beigeladenen forstbetriebsverband beantragt zu haben. im jahr 2016 sei der auf den grundflächen befindliche 55 jahre alte lärchenbestand nach einem sturmschaden in abstimmung mit dem forstbetrieb s. vollständig gerodet und die freifläche anschließend auf ihre kosten mit kleinwüchsigen bäumen und sträuchern aufgeforstet worden. die waldfläche solle künftig mehr dem naturschutz und der landschaftspflege dienen. mangels eines wirtschaftswaldes benötigten sie die hilfe des beigeladenen forstbetriebsverband nicht länger, weil es keine holzeinschläge und damit auch kein holzvermarktungsinteresse mehr gebe. wegen ihrer lage und größe beeinträchtige das ausscheiden der beiden grundflächen, die auch künftig wald blieben, den beigeladenen forstbetriebsverband in der wahrnehmung seiner aufgaben nicht. 6nach anhörung der kläger lehnte der landesbetrieb die genehmigung des ausscheidens der grundstücke aus dem beigeladenen forstbetriebsverband mit an den kläger zu 1. und den kläger zu 2. getrennt gerichteten bescheiden vom 9. april 2018 ab. 7zur begründung führte der landesbetrieb aus, der freiwillige eintritt in einen forstbetriebsverband und die damit verbundene anerkennung der für ihn geltenden gesetzlichen regelungen begründe nicht das recht, jederzeit grundlos aus dem verband wieder austreten zu können. 8die grundflächen der kläger zu 1. und zu 2. seien trotz ihrer rodung und neubestockung nach wie vor im rechtlichen sinne wald und deshalb auch nicht kraft gesetzes aus dem beigeladenen forstbetriebsverband ausgeschieden. 9mangels eines für das ausscheiden geltend gemachten grundes wichtigen grundes sei auch die entlassung der grundflächen aus dem verbandswald nicht zu genehmigen. die notwendigkeit der zahlung einer verbandsumlage belaste die kläger angesichts ihrer geringen höhe auch dann nicht im sinne der verwaltungsgerichtlichen rechtsprechung unzumutbar, wenn ihr wirtschaftliches interesse an einer holzvermarktung entfallen sei. die verbandsmitgliedschaft biete grundeigentümern von waldflächen nicht nur in bezug auf die holzvermarktung vorteile. zudem gelte es, der im allgemeininteresse liegenden aufgabe eines forstbetriebsverbandes rechnung zu tragen, den bestand des verbandswaldes zu erhalten und zu verbessern und den auswirkungen des klimawandels entgegenzuwirken. dies gebiete den verbleib der grundstücksflächen der kläger zu 1. und zu 2. im verbandswald. 10die kläger haben am 9. mai 2018 vor dem verwaltungsgericht münster klage (1 k 1505/18) erhoben, das sich mit beschluss vom 5. juni 2018 für örtlich unzuständig erklärt und den rechtsstreit zur verhandlung und entscheidung an das erkennende gericht verwiesen hat. 11die kläger sind der auffassung, der landesbetrieb müsse das ausscheiden ihrer grundflächen aus dem verbandswald genehmigen. sie seien nicht pflichtmitglieder des beigeladenen forstbetriebsverbandes, sondern diesem freiwillig beigetreten. dies begründe nach der rechtsprechung des bundesverfassungsgerichts zur zwangsmitgliedschaft in öffentlich-rechtlichen körperschaften das recht, ihn jederzeit und ohne vorliegen eines wichtigen grundes auch wieder verlassen zu dürfen. 12etwas anderes folge auch nicht aus der gesetzlichen regelung, nach der ein forstgrundstück bei einer endgültigen nutzungsänderung aus dem forstverband ausscheide. dass das ausscheiden aus einem forstbetriebsverband auf diesen rechtlich zwingenden fall beschränkt bleiben solle, ergebe sich aus dem gesetz nicht. da auch die gesetzlichen voraussetzungen für eine pflichtmitgliedschaft in dem beigeladenen forstbetriebsverband nicht erfüllt seien, fehle es an einem rechtlich tragfähigen grund, der den verbleib ihrer beiden grundflächen im verbandswald rechtfertigen könne. 13abgesehen davon habe der landesbetrieb aber in die prüfung des wichtigen grundes zu unrecht nicht eingestellt, dass es sich bei den antragsflächen um kleine isolierte flächen im innenbereich handele, die der beigeladene forstbetriebsverband nicht erschlossen habe und die auch nicht im zusammenhang mit anderen forstflächen eine vorteilhaftere bewirtschaftung des verbandswaldes ermöglichten. die beiden grundstücke mit ihrer gesamtfläche von 0,26 hektar seien angesichts ihrer lage sowie der größe der zum beigeladenen forstbetriebsverband insgesamt gehörenden fläche (1.280 hektar) für die wahrnehmung der ihm obliegenden aufgaben bedeutungslos. 14waldhaftpflicht‑ und waldbrandversicherungen über den beigeladenen forstbetriebsverband seien wenig nützlich, da sie sich erst nach privaten (haftpflicht‑)versicherungen in anspruch nehmen ließen. die abhängigkeit der höhe der versicherungsprämien von der zahl der verbandsmitglieder dürfe als bloß finanzielle erwägung in die prüfung des wichtigen grundes nicht einbezogen werden. 15da mit der bewirtschaftung des waldes auf den beiden grundflächen keine wirtschaftlichen ziele mehr verfolgt würden und sich aufgrund der seitens der stadt s. geplanten veränderungen der eigentumsverhältnisse umliegender grundstücke auch nicht mehr verfolgen ließen, verschlechtere die verbandsumlage von jährlich 17,50 euro je grundstück die ertragslage mit der folge, dass im extremfall das private vermögen bis zum verlust der wirtschaftlichen existenz aufgebraucht werden müsse. 16die kläger beantragen sinngemäß, 17das beklagte land unter aufhebung der bescheide des landesbetriebes x. und i. nordrhein-westfalen vom 9. april 2018 zu verpflichten, das ausscheiden der grundstücke gemarkung s. , flur 000 flurstück 00 und flurstück 00 aus dem verbandswald des beigeladenen forstbetriebsverbandes zu genehmigen. 18das beklagte land beantragt, 19die klage abzuweisen. 20der beigeladene forstbetriebsverband stellt keinen antrag und führt aus, er habe gegen das ausscheiden der grundstücke der kläger zu 1. und zu 2 aus dem verbandswald keine einwände. 21der landesbetrieb ist der auffassung, die angegriffenen bescheide seien aus den dort genannten gründen bescheides rechtmäßig. 22die dortigen erwägungen wiederholend und ergänzend macht er geltend, den regelungen des bundeswaldgesetzes sei zu entnehmen, dass ein forstbetriebsverband nur aus wichtigem grund verlassen werden könne, da kraft gesetzes allein die endgültige nutzungsänderung einer grundfläche das ausscheiden aus einem nach dem willen des gesetzgebers auf dauer angelegten forstbetriebsverband bewirke. zudem sei die mitgliedschaft in einem forstbetriebsverband gesetzlich als pflichtmitgliedschaft ausgestaltet, ohne danach zu differenzieren, ob die mitgliedschaft freiwillig oder nicht freiwillig begründet worden sei. jeder waldbesitzer der nachträglich auf antrag in einen forstbetriebsverband aufgenommen werde, unterwerfe sich den gesetzlichen bestimmungen. mithin seien ‑ entsprechend der rechtsauffassung des verwaltungsgerichts minden ‑ hinsichtlich eines ausscheidens aus einem forstbetriebsverband freiwillige und nicht freiwillige mitglieder gleich zu behandeln. 23die pflichtmitgliedschaft in einem forstbetriebsverband sei auch verfassungskonform, weil mit ihr ein legitimer zweck verfolgt werde, nämlich die sicherung der dem wald innewohnenden gemeinwohlfunktion durch die gründung von forstlichen zusammenschlüssen in forstwirtschaftlich besonders ungünstig strukturierten gebieten. der forstliche zusammenschluss solle in bezug auf das verbandsgebiet strukturelle nachteile auszugleichen und die bewirtschaftung von waldflächen zu verbessern. die erfüllung dieser zwecksetzung setze nicht voraus, dass jedes einzelne mitglied eines forstbetriebsverbandes auch von der arbeit des forstbetriebsverbandes konkret profitiere oder die einzelfläche für die wahrnehmung der aufgaben des forstbetriebsverbandes von bedeutung sei. 24zudem umfassten die forstwirtschaftlichen zielsetzungen nicht nur wirtschaftliche aspekte, sondern auch die forstliche beratung und elemente des naturschutzes, was auch eigentümern nicht holzwirtschaftlich genutzter waldflächen zu gute komme. 25ferner seien die kläger mit ihren flächen durch die waldbrand- und waldbesitzerhaftpflichtversicherung des beigeladenen forstbetriebsverbandes geschützt. dabei entspreche es dem solidargedanken, der jeden forstlichen zusammenschluss trage, die versicherungskosten durch eine möglichst hohe anzahl an mitgliedern sowie einer möglichst großen verbandsfläche niedrig zu halten. 26gegenüber diesen vorteilen falle die offensichtlich nicht existenzgefährdenden belastung der kläger durch die verpflichtung zur zahlung der verbandsumlage von jährlich 17,50 euro für jedes grundstück rechtlich nicht ins gewicht, zumal es die eigene entscheidung der kläger gewesen sei, kein holz mehr vermarkten zu wollen. 27für das beklagte land hat der landesbetrieb unter dem 17. mai 2021 das einverständnis mit einer entscheidung ohne mündliche verhandlung erklärt. entsprechende erklärungen haben der beigeladene forstbetriebsverband mit schriftsatz vom 20. mai 2021 sowie die kläger unter dem 9. juni 2021 abgegeben. 28wegen der weiteren einzelheiten des sach‑ und streitstandes wird ergänzend auf den inhalt der gerichtsakten sowie der beigezogenen verwaltungsvorgänge des landesbetriebes bezug genommen. 29
30über das klagebegehren kann gemäß § 101 abs. 2 vwgo ohne mündliche verhandlung entschieden werden, nachdem die beteiligten sich mit dieser verfahrensweise schriftsätzlich übereinstimmend einverstanden erklärt haben. 31die klage, über die nach seiner begründung (§ 88 vwgo) in gestalt des vorstehend wiedergegeben antrags zu befinden ist, hat erfolg. sie ist als verpflichtungsbegehren (§ 42 abs. 1 alt. 2 vwgo) statthaft und auch im übrigen zulässig sowie begründet; der von ihnen jeweils geltend gemachte anspruch steht den klägern zu 1. und zu 2. zu (§ 113 abs. 5 s. 1 vwgo). 32gemäß § 32 abs. 2 s. 1 gesetz zur erhaltung des waldes und zur förderung der forstwirtschaft ‑ bundeswaldgesetz – (bwaldg) vom 2. mai 1975 (bgbl. i s. 1037) in der zuletzt durch artikel 1 des gesetzes vom 17. januar 2017 (bgbl. i s. 75) geänderten fassung bedarf das ausscheiden eines grundstücks aus dem verbandswald, von dem hier nicht einschlägigen fall des absatzes 1 der vorschrift abgesehen, der genehmigung der nach landesrecht zuständigen behörde. die genehmigung darf nur erteilt werden, wenn ein wichtiger grund vorliegt (§ 32 abs. 2 s. 2 bwaldg). sie ist nach § 32 abs. 2 s. 3 bwaldg zu versagen, wenn das ausscheiden die durchführung der aufgabe des forstbetriebsverbandes gefährden würde. 33gemessen an diesen bestimmungen ist der landesbetrieb, dessen zuständigkeit sich aus den §§ 61, 55 abs. 1 des landesforstgesetzes für das land nordrhein-westfalen (landesforstgesetz ‑ lfog ‑) in der zuletzt durch artikel 3 des gesetzes vom 26. märz 2019 (gv nrw, s. 193, ber. 214) geänderten fassung der bekanntmachung vom 24. april 1980 (gv nrw, s. 546) ergibt, verpflichtet, das von den klägern zu 1. und zu 2. als gemeinschaftliche eigentümer der grundstücke gemarkung s. , flur 000, flurstück 00 gemeinsam beantragte ausscheiden der beiden grundflächen aus dem verbandswald der beigeladenen forstbetriebsverband zu genehmigen. die erteilung der genehmigung setzt nicht voraus, dass ein wichtiger grund im sinne des § 32 abs. 2 s. 2 bwaldg für das ausscheiden vorliegt. 34a.a.: verwaltungsgericht minden, urteil vom 28. märz 2000, 1 k 878/99, n. v. 35§ 32 abs. 2 s. 2 bwaldg ist nur anzuwenden, wenn der bzw. die eigentümer/in der grundfläche, deren ausscheiden aus dem verbandswald beantragt wird, dem forstbetriebsverband kraft normativer regelung seiner satzung zwangsweise als mitglied (§ 24 abs. 1 bwaldg) angehört, nicht aber, wenn ‑ wie hier ‑ die mitgliedschaft auf einem gemäß § 24 abs. 2 bwaldg i. v. m. den bestimmungen der satzung des forstbetriebsverbandes freiwillig vollzogenen beitritt beruht. allein dieses einschränkte verständnis des § 32 abs. 2 s. 2 bwaldg entspricht der gesetzlichen systematik und dem zweck der vorschriften über das ausscheiden von grundflächen aus dem verbandswald. 36forstbetriebsverbände (§ 15 alt. 2 bwaldg) sind nach § 21 abs. 1 bwaldg zusammenschlüsse von grundstückseigentümern in form von körperschaften des öffentlichen rechts, die ebenso wie die von grundbesitzern in privatrechtsform gebildeten und staatlich anerkannten forstbetriebsgemeinschaften (§ 15 alt. 1 bwaldg) den in § 16 bwaldg bezeichneten zweck verfolgen, nämlich die bewirtschaftung der angeschlossenen waldflächen und der zur aufforstung bestimmten grundstücke zu verbessern, insbesondere die nachteile geringer flächengröße, ungünstiger flächengestalt, der besitzzersplitterung, der gemengelage, des unzureichenden waldaufschlusses oder anderer strukturmängel zu überwinden. 37zur bildung eines forstbetriebsverbandes, dessen mitglieder nach § 24 abs. 1 s. 1 bwaldg die eigentümer der beteiligten grundstücke sind, hält die nach landesrecht zuständige behörde eine einleitende versammlung ab, stellt einen satzungsentwurf und ein vorläufiges verzeichnis der beteiligten grundstücke und ihrer eigentümer auf und beruft die gründungsversammlung ein (§ 23 abs. 1 bwaldg), die die satzung beschließt, mit deren genehmigung und anschließender öffentlicher bekanntmachung der forstbetriebsverband entsteht (vgl. § 23 abs. 2 und abs. 3 bwaldg). 38schon die auswahl der grundstücke, die in das vorläufige verzeichnis des § 23 abs. 1 bwaldg aufgenommen und in den nachfolgenden satzungsbeschluss über die zugehörigkeit der grundstücke zu dem zu bildenden forstbetriebsverband einbezogen werden, hat sich wegen der nachfolgend zwangsweisen zugehörigkeit der grundeigentümer zu dem forstbetriebsverband zwingend an der durch § 16 bwaldg normativ vorgegeben zweckbestimmung eines forstbetriebsverbandes zu orientieren. grundstücke, deren zugehörigkeit zum verbandswald es zur erfüllung des verbandzwecks nicht bedarf, können einem forstbetriebsverband rechtmäßig nicht durch eine satzungsregelung angegliedert werden. gleichwohl dürfen sie auf antrag einem verbandswald angehören, wenn ein forstbetriebsverband von der durch § 24 abs. 2 bwaldg eröffneten möglichkeit gebrauch macht und satzungsrechtlich den freiwilligen beitritt von grundeigentümern zum verband erlaubt. 39die nach dem grund der zugehörigkeit zwischen zwangsweiser und freiwilliger begründung der mitgliedschaft in einem forstbetriebsverband gesetzlich differenzierenden regelungen gebieten eine unterschiedliche ausgestaltung der voraussetzungen, unter denen der grundeigentümer die mitgliedschaft in einem forstbetriebsverband beenden kann. 40da die zulässigkeit der zwangsmitgliedschaft in einem forstbetriebsverband gesetzlich notwendig an die zweckbestimmung des verbandes anknüpft, ist das ausscheiden der im eigentum eines zwangsmitgliedes stehenden grundfläche aus dem verbandswald grundsätzlich geeignet, die erfüllung des forstbetriebsverbandlichen zwecks rechtserheblich zu gefährden. diesem wirkzusammenhang trägt nicht nur § 32 abs. 2 s. 2 bwaldg rechnung, der das vorliegen eines wichtigen grundes zur notwendigen ‑ wenn auch allein nicht hinreichenden ‑ bedingung einer genehmigung des ausscheidens einer grundfläche aus dem verbandswald macht, sondern auch § 32 abs. 2 s. 3 bwaldg, der die erteilung einer solchen genehmigung ausschließt, wenn das ausscheiden die durchführung der aufgabe des forstbetriebsverbands gefährden würde. 41dass § 32 abs. 2 s. 2 bwaldg nur auf das austrittsbegehren von zwangsmitgliedern des forstbetriebsverbandes anwendung findet, entspricht auch dem willen des gesetzgebers, der den vorschriften bundeswaldgesetzes über forstbetriebsverbände die textgleichen vorläuferregelungen in den §§ 8 ff. des gesetzes über forstwirtschaftliche zusammenschlüsse (fwzusg) vom 1. september 1969 (bgbl. i s. 1543) der sache nach unverändert zu grunde gelegt hat. 42vgl. begründung vom 9. juli 1973 zum entwurf des bundeswaldgesetzes, bundestag – drucksache 7/889, s. 30. 43die begründung des gesetzesentwurfs zu dem mit § 32 abs. 2 bwaldg inhaltlich übereinstimmenden § 18 abs. 2 fwzusg hält indes als erläuterung der bestimmungen über das "ausscheiden von grundstücken" aus einem forstbetriebsverband das folgende fest: 44"... der forstbetriebsverband ist als zusammenschluss von grundstückseigentümern in der rechtsform einer körperschaft des öffentlichen rechts auf dauer angelegt. ein eigentumswechsel soll grundsätzlich ohne einfluß auf den bestand des zusammenschlusses bleiben. daher muß das ausscheiden von grundstücken auf besondere ausnahmen beschränkt werden. absatz 1 regelt die fälle, in denen ein grundstück seiner forstwirtschaftlichen nutzung oder bestimmung endgültig verlustig geht. absatz 2 bezieht sich auf sonstige besondere ausnahmefälle und sieht hierfür die genehmigung der nach landesrecht zuständigen behörde vor...". 45bundestag – drucksache v/4231, s. 19. 46im sinne dessen "... auf dauer angelegt ..." ist indes allein der forstbetriebsverband in der zusammensetzung, den seine in § 2 fwzusg (heute § 16 bwaldg) normierte zweckbestimmung erfordert und die deshalb durch die satzung festgelegt ist. 47einem forstbetriebsverband beigetretene mitglieder sind auch nicht aus sonstigen gründen in ihrem recht auf verlassen des verbandes durch die bestimmung des § 32 abs. 2 s. 2 bwaldg beschränkt. insbesondere müssen sie entgegen der rechtsauffassung des landesbetriebes die vorschrift nicht als folge ihres beitritts zu dem forstbetriebsverband gegen sich gelten lassen. 48an einer normativen regelung, die dies anordnet fehlt es. sie ist gemäß art. 2 abs. 1 gg verfassungsrechtlich erforderlich, weil die bindung des ausscheidens aus einem forstbetriebsverband an einen wichtigen grund den grundeigentümer in seiner allgemeinen handlungsfreiheit einschränkt. verfassungsrechtlich zulässig sind solche einschränkungen nach art. 2 abs. 1 gg aber nur durch oder aufgrund eines gesetzes. 49eine bindung an die bestimmung des § 32 abs. 2 s. 2 bwaldg vermag für dem forstbetriebsverband beigetretene mitglieder auch die satzung eines forstbetriebsverbandes nicht zu begründen. eine entsprechende satzungsbestimmung wäre wegen des verstoßes gegen das bundeswaldgesetz als höherrangigem recht unwirksam. 50die den anwendungsbereich des § 32 abs. 2 s. 2 bwaldg einschränkende auslegung verstößt auch nicht gegen die durch das bundeswaldgesetz als schutzwürdig anerkannten interessen eines forstbetriebsverbandes. ihm obliegt es, wenn seine in § 16 bwaldg festgelegte zweckbestimmung dies erfordert, die grundfläche eines ihm beigetretenen mitglieds durch satzungsbeschluss dem verbandswald zuzuordnen und damit die zunächst gewillkürte mitgliedschaft in eine zwangsweise mit der folge zu überführen, dass ein ausscheiden der grundfläche aus dem verbandswald gemäß § 32 abs. 2 s. 2 bwaldg einen wichtigen grund erfordert und unter dem vorbehalt des § 32 abs. 2 s. 3 bwaldg steht. 51nach allem hat der landesbetrieb die nach § 32 abs. 2 s. 1 bwaldg erforderliche genehmigung zum ausscheiden eines grundstücks aus dem verbandswald schon dann zu erteilen, wenn er im genehmigungsverfahren feststellt, dass das den antrag stellende mitglied des forstbetriebsverbandes diesem nicht kraft satzungsrechtlicher regelung angehört, sondern nur auf grund eines freiwillig erklärten beitritts. 52eben dies ist hier der fall, nachdem die kläger zu 1. und zu 2. als eigentümer der streitbefangenen grundstücke die aufnahme in den beigeladenen forstbetriebsverband nach § 2 abs. 3 seiner satzung, 53zitiert nach https://forstverband-remscheid.de/unser-verband/unsere-satzung/, 54am 23. april 1993 beantragt haben und der beigeladene forstbetriebsverband dem beitrittsgesuch mit beschluss vom 6. september 1993 entsprochen hat. die in § 2 abs. 2 der satzung getroffene regelung, nach der das ausscheiden aus dem verband sich nach § 18 fwzusg richtet, ist aus den oben dargelegten gründen wegen eines verstoßes gegen höherrangiges recht unwirksam, soweit mit ihr das ausscheiden von grundstücken aus dem verbandswald, die diesem aufgrund eines beitritts angehören, an das vorliegen eines wichtigen grundes im sinne von § 18 abs. 2 s. 2 fwzusg bzw. § 32 abs. 2 s. 2 bwaldg und das vorliegen der voraussetzungen des § 18 abs. 2 s. 3 fwzusg bzw. § 32 abs. 2 s. 3 bwaldg geknüpft ist. 55die kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 abs. 1 vwgo i. v. m. den §§ 154 abs. 3, 162 abs. 3 vwgo. die außergerichtlichen kosten des beigeladenen waren aus gründen der billigkeit nicht für erstattungsfähig zu erklären, weil dieser keinen klageantrag gestellt und sich damit auch nicht dem prozessualen risiko ausgesetzt hat, im fall seines unterliegens mit kosten belastet zu werden. 56der ausspruch zur vorläufigen vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 167 abs. 2 i. v. m. abs. 1 vwgo, 708 nr. 11, 711 zpo. 57rechtsmittelbelehrung: 58gegen dieses urteil kann innerhalb eines monats nach zustellung des vollständigen urteils bei dem verwaltungsgericht düsseldorf (bastionstraße 39, 40213 düsseldorf oder postfach 20 08 60, 40105 düsseldorf) schriftlich die zulassung der berufung beantragt werden. der antrag muss das angefochtene urteil bezeichnen. 59der antrag kann auch als elektronisches dokument nach maßgabe des § 55a vwgo und der verordnung über die technischen rahmenbedingungen des elektronischen rechtsverkehrs und über das besondere elektronische behördenpostfach (elektronischer rechtsverkehr-verordnung – ervv) eingereicht werden. 60innerhalb von zwei monaten nach zustellung des vollständigen urteils sind die gründe darzulegen, aus denen die berufung zuzulassen ist. 61die berufung ist nur zuzulassen, 621. wenn ernstliche zweifel an der richtigkeit des urteils bestehen, 632. wenn die rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche schwierigkeiten aufweist, 643. wenn die rechtssache grundsätzliche bedeutung hat, 654. wenn das urteil von einer entscheidung des oberverwaltungsgerichts für das land nordrhein-westfalen, des bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen senats der obersten gerichtshöfe des bundes oder des bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser abweichung beruht oder 665. wenn ein der beurteilung des berufungsgerichts unterliegender verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die entscheidung beruhen kann. 67die begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem antrag vorgelegt worden ist, bei dem oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen (aegidiikirchplatz 5, 48143 münster oder postfach 6309, 48033 münster) schriftlich oder als elektronisches dokument nach maßgabe des § 55a vwgo und der ervv einzureichen. 68über den antrag entscheidet das oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen. 69im berufungs- und berufungszulassungsverfahren müssen sich die beteiligten durch prozessbevollmächtigte vertreten lassen. dies gilt auch für prozesshandlungen, durch die das verfahren eingeleitet wird. die beteiligten können sich durch einen rechtsanwalt oder einen rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten hochschule eines mitgliedstaates der europäischen union, eines anderen vertragsstaates des abkommens über den europäischen wirtschaftsraum oder der schweiz, der die befähigung zum richteramt besitzt, als bevollmächtigten vertreten lassen. auf die zusätzlichen vertretungsmöglichkeiten für behörden und juristische personen des öffentlichen rechts einschließlich der von ihnen zur erfüllung ihrer öffentlichen aufgaben gebildeten zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 abs. 4 satz 4 vwgo und § 5 nr. 6 des einführungsgesetzes zum rechtsdienstleistungsgesetz – rdgeg –). darüber hinaus sind die in § 67 abs. 2 satz 2 nr. 3 bis 7 vwgo bezeichneten personen und organisationen unter den dort genannten voraussetzungen als bevollmächtigte zugelassen. 70die antragsschrift und die zulassungsbegründungsschrift sollen möglichst dreifach eingereicht werden. im fall der einreichung als elektronisches dokument bedarf es keiner abschriften. 71beschluss: 72der wert des streitgegenstandes wird auf 10.000,00 euro festgesetzt. 73gründe: 74die streitwertfestsetzung beruht auf § 52 abs. 2, 39 abs. 1 gkg, da sich die wirtschaftliche bedeutung des rechtsstreits nicht in der für jedes grundstück jährlich von den klägern zu entrichtenden verbandsumlage (17,50 euro) erschöpft. für den streit um die genehmigung waren deshalb für beide grundstücke jeweils 5.000,00 euro anzusetzen und die streitwertbeträge zu addieren. 75rechtsmittelbelehrung: 76gegen den streitwertbeschluss kann schriftlich oder zur niederschrift des urkundsbeamten der geschäftsstelle bei dem verwaltungsgericht düsseldorf (bastionstraße 39, 40213 düsseldorf oder postfach 20 08 60, 40105 düsseldorf) beschwerde eingelegt werden, über die das oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen in münster entscheidet, falls ihr nicht abgeholfen wird. 77die beschwerde kann auch als elektronisches dokument nach maßgabe des § 55a vwgo und der verordnung über die technischen rahmenbedingungen des elektronischen rechtsverkehrs und über das besondere elektronische behördenpostfach (elektronischer rechtsverkehr-verordnung – ervv) oder zu protokoll der geschäftsstelle eingelegt werden; § 129a der zivilprozessordnung gilt entsprechend. 78die beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von sechs monaten eingelegt wird, nachdem die entscheidung in der hauptsache rechtskraft erlangt oder das verfahren sich anderweitig erledigt hat; ist der streitwert später als einen monat vor ablauf dieser frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines monats nach zustellung oder formloser mitteilung des festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. 79die beschwerde ist nicht gegeben, wenn der wert des beschwerdegegenstandes 200,-- euro nicht übersteigt. 80die beschwerdeschrift soll möglichst dreifach eingereicht werden. im fall der einreichung als elektronisches dokument bedarf es keiner abschriften. 81war der beschwerdeführer ohne sein verschulden verhindert, die frist einzuhalten, ist ihm auf antrag von dem gericht, das über die beschwerde zu entscheiden hat, wiedereinsetzung in den vorigen stand zu gewähren, wenn er die beschwerde binnen zwei wochen nach der beseitigung des hindernisses einlegt und die tatsachen, welche die wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. nach ablauf eines jahres, von dem ende der versäumten frist angerechnet, kann die wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.
Klaeger*in
1
170,025
L 11 KA 21/11
2014-10-22T00:00:00
Urteil
Tenor Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 07.02.2011 abgeändert. Der Beschluss des Beklagten vom 25.11.2009 (Bescheid vom 10.02.2010) wird aufgehoben. Der Beklagte wird verurteilt, über die Beschwerde gegen den Beschluss der Prüfungsstelle betreffend Quartal I/2004 - IV/2004 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats neu zu entscheiden. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen. Die Revision wird zugelassen. 1Tatbestand: 2Streitig ist, ob eine Wirtschaftlichkeitsprüfung für Röntgenaufnahmen der Hand - Ziffer Ä 928 des Bewertungsmaßstabes zahnärztlicher Leistungen (BEMA) - aufgrund der Genehmigung kieferorthopädischer Behandlungspläne durch die Krankenkasse ausgeschlossen ist. 3Der Beigeladene zu 7) ist als Fachzahnarzt für Kieferorthopädie mit dem Praxissitz in P zur vertragszahnärztlichen Versorgung zugelassen. In den Quartalen I/2004 bis IV/2004 überschritten seine Abrechnungswerte bei der Ziffer Ä 928 BEMA die maßgeblichen Durchschnittswerte um 712,5 % bis 933,3 %. Er führte zwischen 6,2 und 8,9 Handaufnahmen pro 100 Behandlungsfällen durch, während der Durchschnittswert im Bereich der Beigeladenen zu 1) in diesem Zeitraum zwischen 0,6 und 1 Handaufnahmen pro 100 Behandlungsfällen lag. 4Die Klägerin beantragte am 05.09.2007 "für die gesetzlichen Krankenkassen in Westfalen-Lippe" die Überprüfung der Wirtschaftlichkeit der Abrechnung des Beigeladenen zu 7) hinsichtlich der nach der Ziffer Ä 928 BEMA abgerechneten Leistungen. In seiner Stellungnahme wies der Beigeladene zu 7) u. a. darauf hin, dass die beanstandeten Leistungen von den Krankenkassen genehmigt worden seien und daher nicht geprüft werden dürften. 5Mit Beschluss vom 16.07.2008 entschied die PrüfungssteIle bei der Beigeladenen zu 1), dass das Verfahren ohne Maßnahme beendet werde. Die beanstandeten Leistungen unterlägen wegen der Genehmigung des Behandlungsplans nicht mehr der Prüfung auf Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit. 6Gegen diese Entscheidung legte die Klägerin Beschwerde ein und verwies zur Zulässigkeit der nachträglichen Wirtschaftlichkeitsprüfung auf das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 08.09.1993 - 14a Rka 9/92 - nach dem es sich bei der im Rahmen der Aufstellung des Behandlungsplans vorgenommenen Schätzung angesichts der u.U. jahrelangen Dauer kieferorthopädischer Behandlungen nur um Näherungswerte handeln könne, die nicht mehr als eine Plausibilitätsprüfung zulasse, und der Umfang der kieferorthopädischen Behandlung unter Beachtung des Grundsatzes der Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit nicht auf den im genehmigten Behandlungsplan genannten Betrag begrenzt sei. Zudem könne nach dem Urteil des Landessozialgerichts (LSG) Nordrhein-Westfalen vom 17.02.1993 - L 11 Ka 98/91 - die Beachtung des gesetzlichen Wirtschaftlichkeitsgebots bei Ausführung der Behandlung keinesfalls vertraglich ausgeschlossen werden. Es sei ihr im Übrigen nicht bekannt, wann die beanstandeten Leistungen erbracht worden seien. Sollte dies jeweils vor der Aufstellung des Behandlungsplans der Fall gewesen sein, stelle sich die Frage, ob diese überhaupt Bestandteil der Kostenzusage gewesen seien. 7Der Beklagte wies die Beschwerde mit Beschluss vom 25.11.2009 (Bescheid vom 10.02.2010) zurück. Gemäß § 2 Abs. 3 der Vereinbarung zum Gutachterverfahren bei kieferorthopädischen Maßnahmen (Anlage 6 zum BMV-Z) bzw. § 9 Abs. 4 des Ersatzkassenvertrags-Zahnärzte (EKV-Z) unterlägen genehmigte Behandlungen grundsätzlich nicht mehr der Wirtschaftlichkeitsprüfung. Die nach der Rechtsprechung erforderlichen zwingenden Bedingungen für die Wirtschaftlichkeitsprüfung genehmigter Leistungen seien im vorliegenden Verfahren nicht erfüllt. Es lägen keine Abweichungen vom ursprünglich genehmigten Rahmen vor. 8Mit ihrer am 11.03.2010 erhobenen Klage hat die Klägerin ihr Begehren weiter verfolgt. Die beanstandeten Leistungen seien nicht der Wirtschaftlichkeitsprüfung entzogen. Diese sei dann möglich, wenn im Prüfantrag konkrete Unwirtschaftlichkeitsmerkmale benannt würden. Die erheblichen Mehraufwendungen für die Ziffer Ä 928 BEMA seien bei der Genehmigung nicht erkennbar gewesen. Die hohen Überschreitungswerte seien Indiz für eine Unwirtschaftlichkeit. Unabhängig davon sei weiter ungeklärt und streitig, ob die Handaufnahmen vor oder nach der Genehmigung durch die Krankenkasse erbracht worden seien. 9Die Klägerin hat beantragt, 10den Beschluss des Beklagten vom 25.11.2009 (Bescheid vom 10.02.2010) aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, über die Beschwerden gegen die Beschlüsse der Prüfungsstelle vom 16.07.2008 und 06.08.2008 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden. 11Der Beklagte hat beantragt, 12die Klage abzuweisen. 13Er ist bei seiner Auffassung geblieben, dass die Kostenzusage die Überprüfung der Leistungen im Rahmen einer Wirtschaftlichkeitsprüfung ausschließe. Eine Prüfung könne nur im Rahmen einer strengen Einzelfallprüfung erfolgen, die die Klägerin nicht begehre. 14Das Sozialgericht (SG) Münster hat die Akte S 12 Ka 6/85 beigezogen und die Klage mit Urteil vom 07.02.2011 abgewiesen. Der Beklagte sei zu Recht davon ausgegangen, dass die beanstandeten Leistungen aufgrund der Genehmigung der kieferorthopädischen Behandlungspläne der Wirtschaftlichkeitsprüfung entzogen seien. Nach § 2 Abs. 3 der Anlage 6 BMV-Z unterlägen Behandlungen, für die die Krankenkasse aufgrund eines Behandlungsplans die Kosten übernommen oder einen Zuschuss gewährt habe, nicht mehr der Prüfung auf Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit, es sei denn, die abgerechneten Leistungen gingen über den Umfang der genehmigten Leistungen hinaus. Eine entsprechende Regelung enthalte § 14 Abs. 6 EKV-Z. Diese vertraglichen Regelungen schlössen die nachträgliche Wirtschaftlichkeitsprüfung hinsichtlich der geplanten Behandlungsmaßnahme aus. Nur soweit eine tatsächlich ausgeführte Maßnahme vom Behandlungsplan abweiche, unterliege sie der Wirtschaftlichkeitsprüfung. Es bestünden keine Anhaltspunkte dafür, dass der Beigeladene zu 7) bei der Erbringung der Leistungen nach der Ziffer Ä 928 BEMA von den genehmigten kieferorthopädischen Behandlungsplänen abgewichen sei. Vielmehr habe er bestätigt, die streitigen Leistungen entsprechend den erteilten Genehmigungen erbracht zu haben. Dies entspreche auch den Angaben in der Stellungnahme des Beigeladenen zu 4) gegenüber dem Beklagten. Da die genehmigten Leistungen nach der Ziffer Ä 928 BEMA der Wirtschaftlichkeitsprüfung entzogen seien und keine Anhaltspunkte dafür bestünden, dass der Beigeladene zu 7) unter Abweichung von den genehmigten Leistungen weitere Leistungen nach der Ziffer Ä 928 BEMA erbracht und abgerechnet habe, sei eine Wirtschaftlichkeitsprüfung nicht zulässig. 15Gegen das ihr am 10.02.2011 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 08.03.2011 Berufung eingelegt. Sie hat vorgetragen, dass sich die Sperrwirkung des § 2 Abs. 3 der Anlage 6 zum BMV-Z lediglich auf Behandlungen bezöge, für die die Krankenkasse aufgrund eines Behandlungsplanes die Kosten übernommen oder einen Zuschuss gewährt habe. Eine Kostenübernahme liege bezüglich der im Vorfeld einer Planerstellung eigenverantwortlich erbrachten diagnostischen Maßnahmen jedoch nicht vor. Damit seien diese Leistungen, wie alle anderen von Zahnärzten im Rahmen des Sachleistungsprinzips erbrachten Grundleistungen, auf Wirtschaftlichkeit zu prüfen. Bereits im Verwaltungsverfahren hätten die Krankenkassen zur Feststellung des konkreten Zeitpunktes der Leistungserbringung auf die Notwendigkeit einer repräsentativen Einzelfallprüfung hingewiesen. Der Beklagte habe keine Veranlassung gesehen, in die konkrete Prüfung von Einzelfällen einzutreten, und habe unter Berücksichtigung der Stellungnahme des Beigeladenen zu 7) unterstellt, dass die Leistungen genehmigt seien und keine Abweichungen vom ursprünglich genehmigten Rahmen vorlägen. Soweit die Handaufnahmen jedoch, wie im Erörterungstermin vom 30.01.2013 vorgetragen, regelmäßig vor der Planerstellung angefertigt worden seien, läge der Verwaltungsentscheidung ein nicht richtig ermittelter Sachverhalt zugrunde mit der Folge, dass sie aufzuheben sei. Darüber hinaus sei sie der Auffassung, dass auch die im Rahmen einer genehmigten kieferorthopädischen Behandlung erbrachten Leistungen nachträglich auf ihre Wirtschaftlichkeit hin überprüfbar seien. 16Die Klägerin beantragt, 17den Beschluss des Beklagten vom 25.11.2009 unter Abänderung des Urteils des Sozialgerichts Münster vom 07.02.2011 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilten, über die Beschwerde gegen den Beschluss der Prüfungsstelle betreffend Quartale I/2004 bis IV/2004 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden. 18Der Beklagte beantragt schriftsätzlich, 19die Berufung zurückzuweisen. 20Er hält an seiner Entscheidung fest. Die Sperrwirkung des § 2 Abs. 3 der Anlage 6 zum BMV-Z schließe eine weitere Wirtschaftlichkeitsprüfung aus. Auch habe der Beigeladene zu 7) die Leistungen nach Ä 928 BEMA trotz der Regelung des § 2 Abs. 2 der Anlage 6 vor Rücksendung des Behandlungsplans erbringen dürfen. Dieser Einwand stelle ein venire contra factum proprium dar. Die Leistungen seien im Behandlungsplan enthalten gewesen und die Klägerin habe sie genehmigt. Von dieser Genehmigung könne sich die Klägerin weder infolge des o.g. Grundsatzes lösen noch könne sie im Verhältnis zum Versicherten entgegen §§ 45, 47 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) ihre Entscheidung verändern. Zudem sei das Erstellen und Auswerten einer Handröntgenaufnahme keine Behandlung im Sinne des § 2 Abs. 2 der Anlage 6. Sie sei als diagnostische Maßnahme zur Planung der durchzuführenden Therapie erfolgt und daher keine therapeutische Maßnahme. Die Richtigkeit dieser Erwägung folge aus § 1 Abs. 1 Satz 1 der Anlage 6. Danach habe der Zahnarzt vor Beginn der Behandlung den Behandlungsplan anhand der erforderlichen diagnostischen Unterlagen zu erstellen. Wenn er aber nach seiner medizinischen Einschätzung gehalten sei, eine Handröntgenaufnahme anzufertigen, dann dürfe er sie anfertigen ohne gegen § 2 Abs. 2 der Anlage 6 zu verstoßen. Ohnehin sei diese Regelung nur eine Soll-Vorschrift. Die Klägerin könne sich auch nicht auf die Senatsurteile vom 09.05.1990 - L 11 Ka 98/86 - und 17.02.1993 - L 11 Ka 98/91 - berufen. Beide Entscheidungen beruhten auf dem Grundsatz, dass jede erbrachte Leistung im Hinblick auf ihre Wirtschaftlichkeit überprüfbar sein müsse. Entsprechende Fallkonstellationen seien eine Überprüfung hinsichtlich der Frage, ob eine Leistung entsprechend der Genehmigung durchgeführt worden sei oder die Fallkonstellation, dass die Bewilligungsentscheidung keinen abschließend vorgegebenen Sachverhalt erfasse. Im vorliegenden Fall sei jedoch kein prüfungsfreier Raum ersichtlich. Dabei sei es unerheblich, ob ein routinemäßiger Leistungsansatz vorgelegen habe. Ein solcher hätte im Verfahren nach der Anlage 6 überprüft werden müssen. Zudem treffe es nicht zu, dass der Sachverhalt nicht hinreichend aufgeklärt worden sei. Denn der Beklagte habe im Rahmen der von ihm durchzuführenden Einzelfallprüfung keinen Anlass, in die konkrete Prüfung von Einzelfällen einzutreten. Bei der Überprüfung wäre, insoweit sei er dem glaubhaften und unbestritten gebliebenen Vorbringen des Beigeladenen zu 7) gefolgt, dass die kassenseitig beanstandeten Aufnahmen sämtlich im Behandlungsplan genehmigt gewesen seien, zu Tage getreten, dass von der Genehmigung nicht abgewichen worden sei. Eine unstreitig durchgeführte Behandlung entsprechend der Genehmigung gebe den Gremien der Wirtschaftlichkeitsprüfung keinen Anlass, in eine Prüfung einzutreten. Die Verpflichtung des Beklagten zur Prüfung von Amts wegen unterscheide sich insoweit von der Untersuchungsmaxime, als sie konkrete Anhaltspunkte für unwirtschaftliches Vorgehen erfordere. Solche Anhaltspunkte seien im Verwaltungs- und später im Gerichtsverfahren nicht vorgetragen worden. 21Der Senat hat das Verfahren getrennt. Hinsichtlich der Quartale I-IV/2004 wird das Verfahren unter dem Az.: L 11 KA 21/11 weitergeführt, hinsichtlich der Quartale I-IV/2005 unter dem Az. L 11 KA 18/11 und hinsichtlich der Quartale I-IV/2006 unter dem Az. L 11 KA 19/13. 22Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen. Diese waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. 23Entscheidungsgründe: 24Die zulässige, insbesondere gemäß §§ 143, 144, 151 SGG frist- und formgerecht eingelegte Berufung ist begründet. Der Beschluss des Beklagten vom 25.11.2009 (Bescheid vom 10.02.2010) ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Der Beklagte hat die Beschwerden der Klägerin gegen die Beschlüsse der Prüfungsstelle zu Unrecht zurückgewiesen. 251. Als Prüfarten benennt § 106 Abs. 2 Satz 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) in der hier maßgeblichen Fassung des Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Modernisierungsgesetz - GMG) vom 14.11.2003 (BGBl I 2190) die Auffälligkeitsprüfung (Nr. 1) und die Zufälligkeitsprüfung (Nr. 2). Ungeachtet dessen können die Landesverbände der Krankenkassen und Ersatzkassen gemeinsam und einheitlich mit den Kassen(zahn)ärztlichen Vereinigungen fakultativ zusätzlich zur Prüfung ärztlicher und ärztlich verordneter Leistungen weitere Prüfmethoden vereinbaren (§ 106 Abs. 2 Satz 4 SGB V), wie - bis zum 31.12.2003 noch verbindlich (§ 106 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB V a.F.) - nach Durchschnittswerten oder nach anderen arztbezogenen Prüfungsarten (Einzelfallprüfung, Mischformen). Hieran haben die m.W.v. 01.01.2004 neu eingeführten Regelprüfmethoden nichts geändert (BSG, Urteil vom 09.04.2008 - B 6 KA 34/07 R -; Hencke, in: Peters, Handbuch der Krankenversicherung - SGB V, Stand 01.04.2010, § 106 Rdn. 9). Ausgehend hiervon ist die Prüfung nach Durchschnittswerten weiterhin zulässig. 26Die Landesverbände der Krankenkassen haben mit der Kassenzahnärztlichen Vereinigung (KZV) die Prüfung nach Durchschnittswerten wirksam vereinbart (§ 6 Abs. 1 der Prüfvereinbarung vom 20.11.2007; hierzu Senat, Urteil vom 12.08.2009 - L 11 KA 52/07 -). Danach wird die Wirtschaftlichkeit der Versorgung nach Durchschnittswerten beurteilt, es sei denn, dass eine sachgerechte Prüfung nicht möglich oder dass die Feststellung eines sonstigen Schadens im Einzelfall Prüfgegenstand ist. Die statistische Vergleichsprüfung ist demzufolge weiterhin die Regelprüfmethode (vgl. BSG, Urteile vom 09.09.1998 - B 6 KA 50/97 R -, 09.06.1999 - B 6 KA 21/98 R -, 06.09.2000 - B 6 KA 46/99 R -, 2.12.2001 - B 6 KA 7/01 R - und vom 16.07.2003 - B 6 KA 45/02 R -). Rechtliche, insbesondere verfassungsrechtliche Bedenken dagegen bestehen nicht (vgl. BSG, Urteil vom 16.07.2003 - B 6 KA 45/02 R -; Senat, Urteil vom 12.08.2009 - L 11 KA 52/07 -). 27Die klagende Krankenkasse hat bei Vorliegen der Voraussetzungen grundsätzlich einen Anspruch darauf, dass die Prüfungsinstanzen eine Wirtschaftlichkeitsprüfung durchführen. Dies folgt aus der den Krankenkassen und den Kassen(zahn)ärztlichen Vereinigungen gemäß § 106 Abs. 1 SGB V zugewiesenen Pflicht, die Wirtschaftlichkeit der vertrags(zahn)ärztlichen Versorgung zu überwachen. Werden Wirtschaftlichkeitsprüfungen nicht in dem vorgesehenen Umfang oder nicht entsprechend den für ihre Durchführung geltenden Vorgaben durchgeführt, haften die zuständigen Vorstandsmitglieder der Krankenkassenverbände und Kassenärztlichen Vereinigungen für eine ordnungsgemäße Umsetzung dieser Regelung (§ 106 Abs. 4b Satz 1 SGB V). 282. Abweichend von diesen Grundsätzen sehen die gesamtvertraglichen Regelungen von BMV-Z und EKV-Z ein "Gutachterverfahren bei kieferorthopädischen Maßnahmen" vor (Anlage 6 BMV-Z). Hierzu bestimmt § 2 Abs. 3 der Anlage 6 BMV-Z, dass Behandlungen, für die die Krankenkasse auf Grund eines Behandlungsplanes die Kosten übernommen oder einen Zuschuss gewährt hat, nicht mehr der Prüfung auf Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit unterliegen. Im Ergebnis handelt es sich hierbei um eine vorweggenommene Wirtschaftlichkeitsprüfung. 29a) Vor Beginn der Behandlung hat der Zahnarzt anhand der erforderlichen diagnostischen Unterlagen einen Behandlungsplan nach Maßgabe der Anlage 8 BMV-Z zu erstellen (§ 1 Abs. 1 Satz 1 Anlage 6 BMV-Z): 30Durch den Behandlungsplan soll der Krankenkasse ermöglicht werden, sich einen Überblick über die insgesamt notwendigen Aufwendungen zu verschaffen. Hierzu kann sie den Behandlungsplan nach den Maßgaben des § 3 Anlage 6 BMV-Z einem Gutachter zuleiten. Im Behandlungsplan sind die Diagnose, nämlich das kieferorthopädische Krankheitsbild und die Therapie, nämlich die vorgesehenen Maßnahmen unter Angabe der vorgesehenen Apparate, sowie die geschätzten Material- und Laborkosten anzugeben (Anlage 8 BMV-Z). Von der Krankenkasse aufgrund des Behandlungsplanes übernommene Kosten unterliegen nicht mehr der Prüfung auf Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit (§ 2 Abs. 3 Anlage 6 BMV-Z). Diese Vorschrift ist als Schutzvorschrift für den Vertragszahnarzt anzusehen, der für die KFO-Behandlung, die anders als die sonstige zahnärztliche Tätigkeit eine Langzeitbehandlung ist, ein gewisses Maß an Sicherheit benötigt, dass die von ihm erbrachten Leistungen später auch honoriert werden (hierzu BSG, Urteil vom 20.03.2013 - B 6 KA 56/12 B -). Daneben trägt diese Konzeption auch den Bedürfnissen der Krankenkassen Rechnung, die vor Behandlungsbeginn prüfen können, ob und inwieweit die Behandlung notwendig ist (§ 12 Abs. 1 SGB V). Der Behandlungsplan sieht eine "Entscheidung der Krankenkasse" vor, die mit Datum und Stempel versehen ist. Dem liegt zugrunde (BSG, Urteil vom 25.03.2003 - B 1 KR 29/02 R -): 31Abweichend vom Regelfall der Krankenbehandlung müssen zahnprothetische Versorgungen (wie auch kieferorthopädische Leistungen und die Behandlung von Parodontopathien) vor ihrer Realisierung von der Krankenkasse genehmigt werden. ( ) Das Genehmigungserfordernis rechtfertigt sich daraus, dass einerseits die Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit einer Zahnersatzversorgung anhand von Röntgenaufnahmen und Voruntersuchungen (Vitalitätsprüfung, Parodontalzustand usw) gut vorab beurteilt werden kann, andererseits eine nachträgliche Prüfung nach Eingliederung des fertigen Zahnersatzes auf besondere Schwierigkeiten stoßen würde." 32b) Nach Sinn und Zweck der Anlage 6 BMV-Z sind der nachträglichen Wirtschaftlichkeitsprüfung (§ 106 SGB V) nur die kieferorthopädischen Tätigkeiten entzogen, die Gegenstand der Entscheidung der Krankenkasse, also Teil der vorweggenommen Wirtschaftlichkeitsprüfung waren. Die Genehmigung eines kieferorthopädischen Behandlungsplans führt nur in bestimmtem Umfang zum Ausschluss der Wirtschaftlichkeitsprüfung, und zwar für Maßnahmen der Planung, soweit die eingereichten Unterlagen die Überprüfung der Planung ermöglichen, und für Ausführungsmaßnahmen, soweit diese sowohl entsprechend dem genehmigten Plan als auch gemäß dem Stand der medizinischen Erkenntnisse durchgeführt wurden (BSG, Urteil vom 19.07.2006 - B 6 KA 5/06 B - zum Heil- und Kostenplan nach § 87 Abs. 1a Satz 3 SGB V). Die Genehmigung des Heil- und Kostenplans bzw. kieferorthopädischen Behandlungsplans schließt es nicht aus, die Ausführung des Planes als mangelhaft anzusehen. Die Genehmigung bewirkt lediglich, dass die genehmigte Behandlung nachträglich nicht mehr als unwirtschaftlich bewertet werden kann. Ob die Planung fachlich in Ordnung war, bleibt ebenso wie die Ausführung des Planes weiterhin zu prüfen (BSG, Urteil vom 20.05.1992 - 14a/6 RKa 9/90 -). Soweit der Vertragszahnarzt sich an die im genehmigten Behandlungsplan angegebenen Behandlungsmaßnahmen hält und der genehmigte Schätzbetrag für Material- und Laborkosten nur unwesentlich überschritten wird, ist eine Prüfung durch die sonst zuständigen Prüfinstanzen ausgeschlossen (zum Ganzen siehe auch Senat, Urteil vom 09.09.1990 - L 11 Ka 98/86 -). Das findet sich in § 2 Abs. 3 Anlage 6 BMV-Z mit den Worten wieder: "Behandlungen, für die die Krankenkasse auf Grund eines Behandlungsplanes die Kosten übernommen hat oder einen Zuschuss gewährt hat, unterliegen nicht mehr der Prüfung auf Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit." 33c) Die Reichweite der Genehmigung entscheidet darüber, inwieweit eine nachträgliche Wirtschaftlichkeitsprüfung ausgeschlossen ist (BSG, Urteil vom 19.07.2006 - B 6 KA 5/06 B -). Wesentlich sind hiernach zwei Rechtsfragen, nämlich was sachlicher Gehalt der Entscheidung (Entscheidungsgegenstand) der Krankenkasse ist (nachfolgend aa)) und wann die kieferorthopädische Behandlung beginnt (nachfolgend bb)). 34ad aa) Der Krankenkasse wird der "Kieferorthopädische Behandlungsplan" (Anlage 8 BMV-Z) vorgelegt. Unklar ist der Entscheidungsgegenstand. So könnte sich die im Vordruck mit Datum, Stempel und Unterschrift vorgesehene Entscheidung der Krankenkasse auf den gesamten Inhalt des Behandlungsplanes beziehen. Ein solches Verständnis findet sich in der landläufigen Formulierung wieder, der Behandlungsplan werde "genehmigt". Hierfür könnte zwar sprechen, dass die im Vordruck fixierte Entscheidung der Krankenkasse räumlich den gesamten Behandlungsplan erfasst. Andererseits könnten die im kieferorthopädischen Behandlungsplan mitgeteilten Daten lediglich Mittel zum Zweck sein. Die Krankenkasse genehmigt nicht die avisierte Behandlung als solche, sondern entscheidet nur darüber, ob diese auf der Grundlage der ihr übermittelten Informationen notwendig ist. Letzteres ist der Fall, was sich wie folgt ergibt: 35(1) Der Behandlungsplan besteht aus den Rubriken "Anamnese", "Diagnose", "Therapie", "Verwendete Geräte" und schließt mit "Diagnostik- und Behandlungsmaßnahmen". Unter "Anamnese" und "Diagnose" vermittelt der Kieferorthopäde der Krankenkasse den entscheidungserheblichen Sachverhalt. Dieser selbst ist aus logischen Gründen nicht genehmigungsfähig. Die Abteilungen "Therapie" und "Verwendete Geräte" sind gleichermaßen nicht Gegenstand der Entscheidung. Wiederum handelt es sich um von der Krankenkasse benötigte Sachverhaltsinformationen ohne die eine sinnvolle Entscheidung nicht möglich ist. Bestätigt wird dies durch das vereinbarte Gutachterverfahren (§ 3 BMV-Z). Den Auftrag zur Begutachtung erteilt die Krankenkasse unter Verwendung der Anlage 13a BMV-Z (§ 3 Abs. 1 Satz 6 Anlage 6 BMV-Z). Danach wird der Auftrag mit den Worten eingeleitet: "Wir bitten um Begutachtung der vorgesehenen kieferorthopädischen Behandlung nach dem Behandlungsplan vom ". Sodann bestimmt § 3 Abs. 4 Satz 7 Anlage 6 BMV-Z: "Der Gutachter erstellt das Gutachten unter Verwendung des Vordrucks "Gutachten" (Anlage 13c)". Gegenstand der Begutachtung ist hiernach, ob der KFO-Behandlungsplan befürwortet, mit Einschränkungen befürwortet oder nicht befürwortet wird. Ausgehend hiervon trifft die Krankenkasse eine Entscheidung, die schwerlich als "Genehmigung" der Therapie verstanden werden kann. 36(2) Hinzu kommt: Die Therapie und die hierzu verwendeten Geräte sind zentrale Elemente der Therapiefreiheit des Patienten und der hiermit korrespondierenden Therapieverantwortung des Arztes (hierzu Senat, Urteil vom 11.03.2009 - L 11 KA 28/08 -; Frehse, in: Peters, SGB V, § 28 Rdn. 34 f.). Die solchermaßen verstandene Behandlungsfreiheit wird normativ und durch Vertragsrecht "eingeengt" (Frehse, a.a.O., § 28 Rdn. 34a). Hierzu rechnen § 12 SGB V (Wirtschaftlichkeitsgebot) und die dies flankierenden Vorgaben des § 106 SGB V (Wirtschaftlichkeitsprüfung) mit den hieraus abgeleiteten gesamtvertraglichen, gleichwohl normativ wirkenden Regelungen des BMV-Z. Dem ist zu entnehmen, dass sich die Entscheidung der Krankenkasse nach Anlage 6 BMV-Z nur auf die Wirtschaftlichkeit der geplanten Behandlung und nicht auf die vom Versicherten im Zusammenwirken mit dem Vertragszahnarzt getroffene Therapie als solche bezieht (hierzu Liebold/Zalewski, Kassenarztrecht, Stand Juli 2008, § 87 Anm. C 87-10 zum Heil- und Kostenplan, wonach die Krankenkasse die Notwendigkeit der Leistungen überprüft ). Dies schließt nicht aus, gebietet es ggf. gar, dass die Krankenkasse den Befund, die Versorgungsnotwendigkeit und die geplante tatsächliche Versorgung begutachten lässt (Henke, in: Peters, SGB V, § 87 Rdn. 4). Damit in Einklang steht der Text des § 2 Abs. 3 Anlage 6 BMV-Z. Hiernach wird die Wirtschaftlichkeitsprüfung für Behandlungen ausgeschlossen, für die die Krankenkasse aufgrund des Behandlungsplanes die Kosten übernommen oder einen Zuschuss gewährt hat. Das findet sich im Vordruck "Kieferorthopädischer Behandlungsplan" (Anlage 8 BMV-Z) wieder. Danach ist der "Entscheidung der Krankenkasse" der Text zugeordnet "Der Zuschuss zu den aufgeführten Leistungen (Honorar- und Mat. - und Laborkosten) beträgt %" und "Anspruch besteht ab Quartal ". Demnach ist dem BSG (Urteil vom 25.03.2003 - B 1 KR 29/02 R -) zuzustimmen, wenn es zum Heil- und Kostenplan nach § 87 Abs. 1a Satz 2 SGB V ausführt: 37"Der Heil- und Kostenplan ( ...) soll der Krankenkasse Gelegenheit geben, die vorgesehene Versorgung mit Zahnersatz vorab auf ihre Notwendigkeit, Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit hin zu überprüfen und gegebenenfalls begutachten zu lassen, um auf diesem Wege die Inanspruchnahme der in aller Regel mit hohen Kosten verbundenen Zahnersatzleistungen steuern zu können (Engelhard in: Hauck/Noftz, SGB V, Stand: 2002, K § 30 RdNr 88; Schmidt in: Peters, Handbuch der Krankenversicherung, Stand: 2000, § 30 SGB V RdNr 106)." 38(3) Die Krankenkasse entscheidet mithin (nur) über die prozentuale Zuschussquote (§ 29 SGB V) und deren Beginn. Sie gewährt den Zuschuss (durch Verwaltungsakt), wenn der Plan eine Behandlung beschreibt, die sich in das Leistungsrecht des SGB V einordnen lässt, fachlich in Ordnung ist (Schmidt, in: Peters, SGB V, § 29 Rdn. 41 m.w.N.) und sich als wirtschaftlich (§ 12 Abs. 1 SGB V) erweist. Sie entscheidet nicht über Anamnese, Diagnose, Therapie, verwendete Geräte und Diagnostik- und Behandlungsmaßnahmen. Dies sind vielmehr die wesentlichen Sachverhaltselemente, die ihrer Entscheidung zugrunde liegen (müssen). Ändern sich diese Bedingungen, ist ggf. ein neuer Behandlungsplan zu erstellen und der Krankenkasse als "KFO-Therapieänderung" nach Anlage 8 BMV-Z zur Entscheidung vorzulegen. 39ad bb) Ist sonach geklärt, worüber die Krankenkasse (inhaltlich) entscheidet, bedarf es der Prüfung, ob die vom Beigeladenen zu 7) gefertigten Handaufnahmen (Ä 928 BEMA) in zeitlicher Hinsicht Gegenstand der Entscheidung waren. Sie müssten dann Bestandteil des genehmigungsfähigen kieferorthopädischen Behandlungsplans gewesen sein. Wäre das der Fall, wären sie der nachträglichen Wirtschaftlichkeitsprüfung entzogen. Die vom Beigeladenen zu 7) gefertigten Handaufnahmen sind indessen nicht Entscheidungsgegenstand geworden, weil sie als vorbereitende Maßnahme nicht integraler Teil des Behandlungs"planes" waren und auch nicht (mehr) werden konnten. Demzufolge sind sie der nachträglichen Wirtschaftlichkeitsprüfung zuzuführen. 40(1) Der kieferorthopädische Behandlungsplan ist vor Beginn der Behandlung zu erstellen (§ 1 Abs. 1 Satz 1 Anlage 6 BMV-Z). Mit der Behandlung soll erst nach Rücksendung des Behandlungsplanes begonnen werden (§ 2 Abs. 2 Anlage 6 BMV-Z). Der Beigeladene zu 7) hat die Handaufnahmen (Ä 928) vor Behandlungsbeginn gefertigt. Sie waren nicht Gegenstand der Entscheidung und wurden daher nicht von der "Genehmigung" der Krankenkasse erfasst. 41(a) Die Sitzungsniederschrift (Erörterungstermin vom 30.01.2013) vermerkt hierzu: 42"Der Vorsitzende weist darauf hin, dass aus seiner Sicht denknotwendig drei Fallgestaltungen zu unterscheiden sind. Zum einen kann es um den Fall gehen, dass der Kieferorthopäde die Ä928 erbringt und dies nicht in einem der Krankenkasse zuzuleitenden kieferorthopädischen Behandlungsplan einmündet, d. h. die Ä928 wird insoweit isoliert erbracht. Die zweite Fallgestaltung wäre die, dass die Ä928 vor der Genehmigung erbracht wird. Nach Leistungserbringung wird der Behandlungsplan eingereicht und ggf. genehmigt. Die dritte Fallgestaltung wäre die, dass die Ä928 von der Genehmigung unmittelbar erfasst wird, d. h. sie wird erst erbracht, nachdem die Genehmigung dem Kieferorthopäden zugeleitet worden ist." 43Auf Befragen hat der Beigeladene zu 7) erklärt: 44"Von den skizzierten Fallgestaltungen lag die Zweite vor. Ich brauche die Handaufnahme, um abklären zu können, welche Art von Behandlungsgeräten ich benötige, d. h. ich erbringe die Leistung und reiche dann den Behandlungsplan zur Genehmigung ein. Nach meiner Erinnerung sind die beiden anderen Fallgestaltungen, die soeben skizziert worden sind, in der fraglichen Zeit nicht vorgekommen. Die Handaufnahme habe ich gemacht für Kinder vor der pubertären oder in der pubertären Wachstumsphase. Wenn eine solche Situation gegeben war, habe ich die Handaufnahme regelhaft gemacht. Dies entspricht nach meiner Vorstellung den Richtlinien. Es geht immer nur um eine Aufnahme. Im Laufe der Behandlung wird keine weitere Aufnahme gemacht." 45Fest steht danach, dass der Beigeladene zu 7) zuerst die Handaufnahmen (Ä 928 BEMA) gemacht, dann den Behandlungsplan erstellt und der Krankenkasse vorgelegt hat. Nur solche Behandlungen, deren Kosten die Krankenkasse "aufgrund des Behandlungsplanes" übernommen oder für die sie einen Zuschuss gewährt hat, unterfallen nicht mehr der Prüfung auf Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit (§ 2 Abs. 3 Anlage 6 BMV-Z). Folgerichtig soll der Zahnarzt mit der Behandlung erst nach Rücksendung des Behandlungsplanes beginnen (§ 2 Abs. 2 Anlage 6 BMV-Z). 46(b) Damit ist der "Behandlungsbeginn" zu bestimmen. Es kommen mehrere Zeitpunkte in Betracht. Hierzu rechnen die erste Kontaktaufnahme mit dem Patienten, die Anamneseerhebung, die Diagnose bzw. Befundung, die Aufstellung des Behandlungsplanes oder der Beginn der hierauf aufbauenden therapeutischen Phase. 47(aa) Zufolge des BSG beginnt eine kieferorthopädische Behandlung im Regelfall mit der Aufstellung des Behandlungsplans (BSG, Urteile vom 25.03.2003 - B 1 KR 17/01 R - und 09.12.1997 - 1 RK 11/97 -). Ausgehend hiervon hätte der Beigeladene zu 7) die Handaufnahmen vor Beginn der Behandlung, demzufolge nicht "aufgrund eines Behandlungsplanes" (§ 2 Abs. 3 Anlage 6 BMV-Z) erbracht. Sie wären einer nachträglichen Wirtschaftlichkeitsprüfung zugänglich. 48Zwar beziehen sich vorgenannte Entscheidungen des BSG auf die Altersgrenze des § 28 Abs. 2 Satz 6 SGB V, könnten jedoch auf vorliegende Fallgestaltung zu übertragen sein, sofern infolge des Grundsatzes der "Einheit der Rechtsordnung" der Behandlungsbeginn rechtlich auch nur einheitlich fixiert werden kann. Anderes käme nur dann in Betracht, wenn zwingende sachliche Gründe eine abweichende Definition erforderten. Das ist letztlich der Fall. 49Den Vertragsparteien des BMV-Z schwebte ein anderer Zeitpunkt vor. Nach § 1 Abs. 1 der Anlage 6 BMV-Z ist der Behandlungsplan vor Beginn der Behandlung zu erstellen. Wird der Behandlungsbeginn mit dem BSG (a.a.O.) auf den Zeitpunkt gelegt, in dem der Behandlungsplan aufgestellt wird, wäre § 1 Abs. 1 Anlage 6 BMV-Z redundant. Das Aufstellen des Behandlungsplanes wäre der Beginn der Behandlung. Infolgedessen könnte dieser niemals "vor Beginn der Behandlung" erstellt werden. Damit bleibt klärungsbedürftig, was die Vertragsparteien des BMV-Z unter "Beginn der Behandlung" verstehen. 50(bb) Letztlich geht es darum, dass die Krankenkasse auf der Grundlage eines ihr mit dem Behandlungsplan unterbreiteten Sachverhalts über die Behandlungsnotwendigkeit i.S. d. § 12 Abs. 1 SGB V entscheidet. Eine Bestätigung hierfür findet sich in § 1 Abs. 1 Satz 3 Anlage 6 BMV-Z, wonach eine Therapieänderung eines neuen Planes und damit einer neuen Entscheidung bedarf. Nach Sinn und Zweck kann dies nur bedeuten, dass der Plan vor Behandlungsbeginn aufgestellt und zur Genehmigung eingereicht werden muss. Mit der Behandlung darf der Zahnarzt erst nach Genehmigung beginnen. Behandlungsbeginn i.S.d. § 1 Abs. 1 Satz 3 Anlage 6 BMV-Z und des § 87 Abs. 1 a Satz 2 SGB V meint damit die erste vom Zahnarzt nach und aufgrund der Genehmigung eingeleitete Maßnahme. Dies deckt sich mit in der Literatur vertretenen Ansichten, wonach der Behandlungsbeginn das "Einsetzen der Therapie" ist (Niggehoff, in: Becker/Kingreen, SGB V, 3. Auflage, 2012, § 28 Rdn. 31 Rdn. 33; Frehse, a.a.O., § 28 Rdn. 115). 51Wird dieser Bezugspunkt gewählt, ergäbe sich im Ergebnis keine Abweichung zur vom BSG vertretenen Position. Der Beigeladene zu 7) hat die Handaufnahmen gefertigt, um abklären zu können, welche Art von Behandlungsgeräten er benötigte. Das hat mit dem Eintreten in die therapeutische Phase nichts zu tun. Vielmehr handelt es sich um vorbereitende Maßnahmen, die mit der Aufstellung des Behandlungsplanes abgeschlossen sind. Das wird durch das BSG (Urteil vom 07.05.2013 - B 1 KR 5/12 R - zu § 87 Abs. 1a Satz 2 bis 7 SGB V) bestätigt: 52Wie der erkennende Senat bereits ausführlich dargelegt hat, ergibt sich aus der Entstehungsgeschichte, dem Sinn und Zweck sowie dem systematischen Zusammenhang der §§ 55, 87 Abs 1a SGB V, dass die Bewilligung des Festzuschusses vor der Behandlung zu erfolgen hat (BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 21 RdNr 13 ff mwN). Nach dem Regelungszusammenhang des § 87 Abs 1a S 2 bis 7 SGB V unterscheidet der Gesetzgeber zwischen Maßnahmen, die vor und die nach der Behandlung erfolgen müssen. Nach S 4 der Bestimmung erfolgt die Prüfung des HKP vor der Behandlung, während nach S 7 die Abrechnung der Festzuschüsse nach der Behandlung zu geschehen hat. Systematisch stellt sich die Bewilligung des Festzuschusses als Endpunkt und damit als Teil der Prüfung des HKP dar. Sie hat daher in Anknüpfung an § 87 Abs 1a S 4 SGB V vor der Behandlung zu erfolgen. Dies allein sichert den mit der Genehmigung des HKP verfolgten Zweck - die Einhaltung der Grundsätze der Notwendigkeit, Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit. Der KK soll - anders als bei der ärztlichen Behandlung im Übrigen - Gelegenheit gegeben werden, die vorgesehene Versorgung mit Zahnersatz vorab zu überprüfen und gegebenenfalls begutachten zu lassen, um auf diesem Wege die Inanspruchnahme der in aller Regel mit hohen Kosten verbundenen Zahnersatzleistungen - auch im Interesse des Versicherten - steuern zu können (vgl BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 21 RdNr 18). 53Auch das Urteil des BSG vom 25.03.2003 - B 1 KR 29/02 R - macht deutlich, dass die Behandlung mit der "Realisierung" des genehmigten Heil- und Kostenplanes beginnt. Für kieferorthopädische Behandlungspläne kann nichts anderes gelten. 54Die grammatikalische Auslegung bestätigt dies. Begrifflich kann "Aufstellung eines Behandlungsplanes" nur nur bedeuten, dass dies vor Behandlungsbeginn geschieht (Schmidt, a.a.O., § 29 Rdn. 40 m.w.N.). Das Wort "Behandlungsplan" setzt sich aus zwei Wortteilen zusammen, nämlich den Substantiven "Behandlung" und "Plan". Sprachlich wird hiermit eine "geplante Behandlung" erfasst. Das hat Zukunftsbezug (hierzu auch BSG, Urteil vom 12.12.2013 - B 4 AS 6/13 R - "prognostischer Bedarf"). Vom Wortsinn her kann eine "geplante Behandlung" nur eine solche sein, die noch nicht begonnen und die schon gar nicht abgeschlossen ist. M.a.W.: Die Beschreibung von bereits vollzogenen Behandlungsmaßnahmen hat keinen Plancharakter (zutreffend Schmidt, a.a.O., § 29 Rdn. 40). Infolgedessen sind die vom Beigeladenen zu 7) vor Genehmigung gefertigten Handaufnahmen nicht Teil des Behandlungsplanes und damit auch nicht Gegenstand der Kassenentscheidung gewesen. 55Im Übrigen: Bei dem gesamtvertraglich vereinbarten Genehmigungsverfahren handelt es sich um eine vorgezogene Wirtschaftlichkeitsprüfung. Die Krankenkasse soll die Wirtschaftlichkeit der beabsichtigten Behandlung prüfen, bevor die kieferorthopädische Behandlung begonnen und durchgeführt wird. Diese Funktion kann der Behandlungsplan jedoch nur erfüllen, wenn die in ihm notierten Angaben sich auf künftige, und nicht auf bereits erbrachte Leistungen beziehen. Dem entsprechen die Ausführungen des BSG im Urteil vom 25.03.2003 - B 1 KR 29/02 R - zu zahnprothetischen Leistungen: 56"Der mit der Vorlage des Behandlungsplans und dem Genehmigungserfordernis verfolgte Zweck entfällt jedoch, wenn die Zahnersatzversorgung bereits durchgeführt wurde. Eine nachträgliche Genehmigung durch die Krankenkasse ergibt dann keinen Sinn mehr." 57(b) Dem steht nicht entgegen, dass der Vordruck gem. Anlage 8 zu BMV-Z ("Kieferorthopädischer Behandlungsplan") ausdrücklich die Ä 928 BEMA als eine (mögliche) "Diagnostik- und Behandlungsmaßnahme" nennt. Die gelistete Rubrik "Ä 928" bezieht sich - wie dargelegt - nicht auf schon erbrachte Leistungen. Der Vertragszahnarzt hat die Ä 928 BEMA dann anzukreuzen, wenn er diese Leistung nach Plangenehmigung erbringen will, hingegen nicht, wenn er sie schon erbracht hat. 58(2) Das zuvor gefundene Ergebnis wird durch eine weitere Überlegung gestützt. Die Krankenkasse entscheidet sowohl im Rahmen der prothetischen als auch der kieferorthopädischen Versorgung über einen Zuschuss. Auf die notwendige prothetische Versorgung wird ein Festzuschuss (§ 87 Abs. 1a Satz 6 SGB V) und auf die notwendige kieferorthopädische Versorgung ein prozentualen Zuschuss (§ 29 Abs. 2 SGB V) bewilligt. Zwar fordert § 87 Abs. 1a Satz 6 SGB V nicht ausdrücklich, dass die Bewilligung des Festzuschusses vor der Behandlung zu erfolgen hat. Jedoch ergibt sich dies aus der Entstehungsgeschichte, dem Sinn und Zweck sowie dem systematischen Zusammenhang der Regelung (hierzu unter ausführlicher Darlegung der maßgebenden Auslegungskriterien zutreffend BSG, Urteil vom 30.06.2009 - B 1 KR 19/08 R -). Im Ergebnis soll der Krankenkasse - anders als bei der ärztlichen Behandlung im Übrigen - Gelegenheit gegeben werden, die vorgesehene Versorgung mit Zahnersatz vorab zu überprüfen und gegebenenfalls begutachten zu lassen, um auf diesem Wege die Inanspruchnahme der in aller Regel mit hohen Kosten verbundenen Zahnersatzleistungen - auch im Interesse des Versicherten - steuern zu können. Dieser Zweck würde unterlaufen, wenn nicht auch der Leistungsanspruch des Versicherten von der Genehmigung der Behandlung abhängig wäre (BSG, Urteil vom 30.06.2009 - B 1 KR 19/08 R -). Für den Anspruch auf einen Zuschuss nach § 29 SGB V gilt nichts anderes. 59Damit ist Kongruenz zwischen Leistungsrecht und Leistungserbringerrecht hergestellt. Der Leistungsanspruch entsteht erst, wenn die Krankenkasse die Behandlung als notwendig erachtet und deswegen den Zuschuss bewilligt. Der Zahnarzt/Kieferorthopäde darf mit der Behandlung erst beginnen, wenn ihm die Genehmigung vorliegt. Hieraus folgt weiter: Was nicht Gegenstand der Genehmigung ist, kann auch nicht durch den Zuschuss abgegolten sein. Soweit also der Beigeladene zu 7) die Handaufnahmen (Ä 928 BEMA) vor der Genehmigung erbracht hat, werden sie vom Zuschuss nicht erfasst. Sie unterfallen der nachträglichen Wirtschaftlichkeitsprüfung. 60(4) Letztlich ist zu Gunsten der Klägerin Vertrauensschutz zu berücksichtigen. Schriftsätzlich und in den Senatsterminen hat sie deutlich gemacht, dass es ihr nicht immer möglich ist zu erkennen, ob eine zahnärztliche bzw. kieferorthopädische Leistung vor Genehmigung erbracht worden ist und damit keinen Plancharakter mehr hat. So liegt es auch hier. Ausgehend hiervon greift Vertrauensschutz. Selbst wenn die Genehmigung auch die bereits zuvor erbrachten Handaufnahmen erfassen würde, könnten der Beigeladene zu 7), die zu 1) beigeladene KZV und der beklagte Beschwerdeausschuss hieraus nichts zu ihren Gunsten herleiten. 61Das Verfahren der vorgezogenen Wirtschaftlichkeitsprüfung dient - wie dargestellt - den Interessen des Leistungserbringers wie auch jenen der Krankenkasse. Die Entscheidung über die Genehmigung des aufgestellten Behandlungsplanes erfolgt durch Verwaltungsakt gegenüber dem Versicherten, der durch die Genehmigung einen Anspruch auf den Kassenanteil erhält (BSG, Urteil vom 10.10.1979 - 3 RK 3/78 ). Zwar erzeugt sie indirekt auch eine Bindung der Kasse im Verhältnis zum planenden Zahnarzt; diese ergibt sich aber nicht aus einer Erstreckung der Bindungswirkung nach § 77 SGG, sondern wird als Selbstbindung des Versicherungsträgers gesehen, die es wegen des aus § 242 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) folgenden Verbots des "venire contra factum proprium" ausschließt, dass sich die Krankenkasse auf Planungsfehler beruft, die bereits aus dem Heil- und Kostenplan zu ersehen sind (BSG, Urteil vom 02.12.1992 - 14a/6 RKa 43/91 -). Es geht also letztlich um Vertrauensschutz: Der Vertragszahnarzt darf darauf bauen, dass die Kasse die genehmigte Planung als vertragsgerecht ansieht (BSG, Urteil vom 25.03.2003 - B 1 KR 29/02 R -). 62Gegenläufig gilt nichts anderes. Der Vertragszahnarzt darf in den Plan nur nicht erbrachte Leistungen einstellen, anderenfalls er dies kenntlich machen muss. Dies folgt aus der ihm infolge seiner Einbindung in das System der gesetzlichen Krankenversicherung obliegenden Mitwirkungspflicht, ergibt sich im Übrigen aus Sinn und Zweck der vorgezogenen Wirtschaftlichkeitsprüfung. Bleibt ihm diese Erkenntnis verschlossen, kann er sich hierauf nicht berufen. Ein etwaiges Vertrauen ist nicht schutzwürdig. Dass ein zu genehmigender Plan nur geplante Leistungen erfassen kann, ist schon begrifflich zwingend. Alles andere wäre ein Widerspruch in sich. Die Krankenkasse darf daher darauf vertrauen, dass der ihr vorgelegte Plan nur noch nicht erbrachte, also geplante Leistungen enthält. Vorgeschaltete Maßnahmen wie die hier zu diagnostischen Zwecken gefertigten Handaufnahmen sind von der Genehmigung nicht erfasst. Stellt der Vertragszahnarzt dennoch bereits erbrachte Leitungen in den Plan ein, kann er sich auf die Genehmigung nicht berufen, was letztlich auf dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) in seiner Ausprägung als "venire contra factum proprium" beruht. 63cc) Zusammenfassend ergibt sich: Der Behandlungsplan hat einen Zukunftsbezug. Genehmigt wird nur die geplante Leistung. Von der Genehmigung nicht erfasst werden Vorbereitungsmaßnahmen und zwar auch dann nicht, wenn sie - wie hier die Ä 928 BEMA - fehlerhaft in den Plan eingestellt worden sind. 64d) Bei dieser Rechtslage kann offen bleiben, ob eine geplante Handaufnahme als diagnostische Leistung von der Kassenentscheidung erfasst wäre. § 2 Abs. 3 Anlage 6 BMV-Z stellt nur Behandlungen von der nachträglichen Wirtschaftlichkeitsprüfung frei. So könnte erwogen werden, (nur) die "Therapie" als Behandlung verstehen. 65Nach alledem musste die Berufung der Klägerin Erfolg haben. 66III. 67Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung. 68Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen vor (§ 160 Abs. 2 SGG).
auf die berufung der klägerin wird das urteil des sozialgerichts münster vom 07.02.2011 abgeändert. der beschluss des beklagten vom 25.11.2009 (bescheid vom 10.02.2010) wird aufgehoben. der beklagte wird verurteilt, über die beschwerde gegen den beschluss der prüfungsstelle betreffend quartal i/2004 - iv/2004 unter beachtung der rechtsauffassung des senats neu zu entscheiden. der beklagte trägt die kosten des verfahrens in beiden rechtszügen. die revision wird zugelassen. 1
2streitig ist, ob eine wirtschaftlichkeitsprüfung für röntgenaufnahmen der hand - ziffer ä 928 des bewertungsmaßstabes zahnärztlicher leistungen (bema) - aufgrund der genehmigung kieferorthopädischer behandlungspläne durch die krankenkasse ausgeschlossen ist. 3der beigeladene zu 7) ist als fachzahnarzt für kieferorthopädie mit dem praxissitz in p zur vertragszahnärztlichen versorgung zugelassen. in den quartalen i/2004 bis iv/2004 überschritten seine abrechnungswerte bei der ziffer ä 928 bema die maßgeblichen durchschnittswerte um 712,5 % bis 933,3 %. er führte zwischen 6,2 und 8,9 handaufnahmen pro 100 behandlungsfällen durch, während der durchschnittswert im bereich der beigeladenen zu 1) in diesem zeitraum zwischen 0,6 und 1 handaufnahmen pro 100 behandlungsfällen lag. 4die klägerin beantragte am 05.09.2007 "für die gesetzlichen krankenkassen in westfalen-lippe" die überprüfung der wirtschaftlichkeit der abrechnung des beigeladenen zu 7) hinsichtlich der nach der ziffer ä 928 bema abgerechneten leistungen. in seiner stellungnahme wies der beigeladene zu 7) u. a. darauf hin, dass die beanstandeten leistungen von den krankenkassen genehmigt worden seien und daher nicht geprüft werden dürften. 5mit beschluss vom 16.07.2008 entschied die prüfungssteile bei der beigeladenen zu 1), dass das verfahren ohne maßnahme beendet werde. die beanstandeten leistungen unterlägen wegen der genehmigung des behandlungsplans nicht mehr der prüfung auf notwendigkeit und wirtschaftlichkeit. 6gegen diese entscheidung legte die klägerin beschwerde ein und verwies zur zulässigkeit der nachträglichen wirtschaftlichkeitsprüfung auf das urteil des bundessozialgerichts (bsg) vom 08.09.1993 - 14a rka 9/92 - nach dem es sich bei der im rahmen der aufstellung des behandlungsplans vorgenommenen schätzung angesichts der u.u. jahrelangen dauer kieferorthopädischer behandlungen nur um näherungswerte handeln könne, die nicht mehr als eine plausibilitätsprüfung zulasse, und der umfang der kieferorthopädischen behandlung unter beachtung des grundsatzes der notwendigkeit und wirtschaftlichkeit nicht auf den im genehmigten behandlungsplan genannten betrag begrenzt sei. zudem könne nach dem urteil des landessozialgerichts (lsg) nordrhein-westfalen vom 17.02.1993 - l 11 ka 98/91 - die beachtung des gesetzlichen wirtschaftlichkeitsgebots bei ausführung der behandlung keinesfalls vertraglich ausgeschlossen werden. es sei ihr im übrigen nicht bekannt, wann die beanstandeten leistungen erbracht worden seien. sollte dies jeweils vor der aufstellung des behandlungsplans der fall gewesen sein, stelle sich die frage, ob diese überhaupt bestandteil der kostenzusage gewesen seien. 7der beklagte wies die beschwerde mit beschluss vom 25.11.2009 (bescheid vom 10.02.2010) zurück. gemäß § 2 abs. 3 der vereinbarung zum gutachterverfahren bei kieferorthopädischen maßnahmen (anlage 6 zum bmv-z) bzw. § 9 abs. 4 des ersatzkassenvertrags-zahnärzte (ekv-z) unterlägen genehmigte behandlungen grundsätzlich nicht mehr der wirtschaftlichkeitsprüfung. die nach der rechtsprechung erforderlichen zwingenden bedingungen für die wirtschaftlichkeitsprüfung genehmigter leistungen seien im vorliegenden verfahren nicht erfüllt. es lägen keine abweichungen vom ursprünglich genehmigten rahmen vor. 8mit ihrer am 11.03.2010 erhobenen klage hat die klägerin ihr begehren weiter verfolgt. die beanstandeten leistungen seien nicht der wirtschaftlichkeitsprüfung entzogen. diese sei dann möglich, wenn im prüfantrag konkrete unwirtschaftlichkeitsmerkmale benannt würden. die erheblichen mehraufwendungen für die ziffer ä 928 bema seien bei der genehmigung nicht erkennbar gewesen. die hohen überschreitungswerte seien indiz für eine unwirtschaftlichkeit. unabhängig davon sei weiter ungeklärt und streitig, ob die handaufnahmen vor oder nach der genehmigung durch die krankenkasse erbracht worden seien. 9die klägerin hat beantragt, 10den beschluss des beklagten vom 25.11.2009 (bescheid vom 10.02.2010) aufzuheben und den beklagten zu verurteilen, über die beschwerden gegen die beschlüsse der prüfungsstelle vom 16.07.2008 und 06.08.2008 unter beachtung der rechtsauffassung des gerichts neu zu entscheiden. 11der beklagte hat beantragt, 12die klage abzuweisen. 13er ist bei seiner auffassung geblieben, dass die kostenzusage die überprüfung der leistungen im rahmen einer wirtschaftlichkeitsprüfung ausschließe. eine prüfung könne nur im rahmen einer strengen einzelfallprüfung erfolgen, die die klägerin nicht begehre. 14das sozialgericht (sg) münster hat die akte s 12 ka 6/85 beigezogen und die klage mit urteil vom 07.02.2011 abgewiesen. der beklagte sei zu recht davon ausgegangen, dass die beanstandeten leistungen aufgrund der genehmigung der kieferorthopädischen behandlungspläne der wirtschaftlichkeitsprüfung entzogen seien. nach § 2 abs. 3 der anlage 6 bmv-z unterlägen behandlungen, für die die krankenkasse aufgrund eines behandlungsplans die kosten übernommen oder einen zuschuss gewährt habe, nicht mehr der prüfung auf notwendigkeit und wirtschaftlichkeit, es sei denn, die abgerechneten leistungen gingen über den umfang der genehmigten leistungen hinaus. eine entsprechende regelung enthalte § 14 abs. 6 ekv-z. diese vertraglichen regelungen schlössen die nachträgliche wirtschaftlichkeitsprüfung hinsichtlich der geplanten behandlungsmaßnahme aus. nur soweit eine tatsächlich ausgeführte maßnahme vom behandlungsplan abweiche, unterliege sie der wirtschaftlichkeitsprüfung. es bestünden keine anhaltspunkte dafür, dass der beigeladene zu 7) bei der erbringung der leistungen nach der ziffer ä 928 bema von den genehmigten kieferorthopädischen behandlungsplänen abgewichen sei. vielmehr habe er bestätigt, die streitigen leistungen entsprechend den erteilten genehmigungen erbracht zu haben. dies entspreche auch den angaben in der stellungnahme des beigeladenen zu 4) gegenüber dem beklagten. da die genehmigten leistungen nach der ziffer ä 928 bema der wirtschaftlichkeitsprüfung entzogen seien und keine anhaltspunkte dafür bestünden, dass der beigeladene zu 7) unter abweichung von den genehmigten leistungen weitere leistungen nach der ziffer ä 928 bema erbracht und abgerechnet habe, sei eine wirtschaftlichkeitsprüfung nicht zulässig. 15gegen das ihr am 10.02.2011 zugestellte urteil hat die klägerin am 08.03.2011 berufung eingelegt. sie hat vorgetragen, dass sich die sperrwirkung des § 2 abs. 3 der anlage 6 zum bmv-z lediglich auf behandlungen bezöge, für die die krankenkasse aufgrund eines behandlungsplanes die kosten übernommen oder einen zuschuss gewährt habe. eine kostenübernahme liege bezüglich der im vorfeld einer planerstellung eigenverantwortlich erbrachten diagnostischen maßnahmen jedoch nicht vor. damit seien diese leistungen, wie alle anderen von zahnärzten im rahmen des sachleistungsprinzips erbrachten grundleistungen, auf wirtschaftlichkeit zu prüfen. bereits im verwaltungsverfahren hätten die krankenkassen zur feststellung des konkreten zeitpunktes der leistungserbringung auf die notwendigkeit einer repräsentativen einzelfallprüfung hingewiesen. der beklagte habe keine veranlassung gesehen, in die konkrete prüfung von einzelfällen einzutreten, und habe unter berücksichtigung der stellungnahme des beigeladenen zu 7) unterstellt, dass die leistungen genehmigt seien und keine abweichungen vom ursprünglich genehmigten rahmen vorlägen. soweit die handaufnahmen jedoch, wie im erörterungstermin vom 30.01.2013 vorgetragen, regelmäßig vor der planerstellung angefertigt worden seien, läge der verwaltungsentscheidung ein nicht richtig ermittelter sachverhalt zugrunde mit der folge, dass sie aufzuheben sei. darüber hinaus sei sie der auffassung, dass auch die im rahmen einer genehmigten kieferorthopädischen behandlung erbrachten leistungen nachträglich auf ihre wirtschaftlichkeit hin überprüfbar seien. 16die klägerin beantragt, 17den beschluss des beklagten vom 25.11.2009 unter abänderung des urteils des sozialgerichts münster vom 07.02.2011 aufzuheben und den beklagten zu verurteilten, über die beschwerde gegen den beschluss der prüfungsstelle betreffend quartale i/2004 bis iv/2004 unter beachtung der rechtsauffassung des gerichts neu zu entscheiden. 18der beklagte beantragt schriftsätzlich, 19die berufung zurückzuweisen. 20er hält an seiner entscheidung fest. die sperrwirkung des § 2 abs. 3 der anlage 6 zum bmv-z schließe eine weitere wirtschaftlichkeitsprüfung aus. auch habe der beigeladene zu 7) die leistungen nach ä 928 bema trotz der regelung des § 2 abs. 2 der anlage 6 vor rücksendung des behandlungsplans erbringen dürfen. dieser einwand stelle ein venire contra factum proprium dar. die leistungen seien im behandlungsplan enthalten gewesen und die klägerin habe sie genehmigt. von dieser genehmigung könne sich die klägerin weder infolge des o.g. grundsatzes lösen noch könne sie im verhältnis zum versicherten entgegen §§ 45, 47 zehntes buch sozialgesetzbuch (sgb x) ihre entscheidung verändern. zudem sei das erstellen und auswerten einer handröntgenaufnahme keine behandlung im sinne des § 2 abs. 2 der anlage 6. sie sei als diagnostische maßnahme zur planung der durchzuführenden therapie erfolgt und daher keine therapeutische maßnahme. die richtigkeit dieser erwägung folge aus § 1 abs. 1 satz 1 der anlage 6. danach habe der zahnarzt vor beginn der behandlung den behandlungsplan anhand der erforderlichen diagnostischen unterlagen zu erstellen. wenn er aber nach seiner medizinischen einschätzung gehalten sei, eine handröntgenaufnahme anzufertigen, dann dürfe er sie anfertigen ohne gegen § 2 abs. 2 der anlage 6 zu verstoßen. ohnehin sei diese regelung nur eine soll-vorschrift. die klägerin könne sich auch nicht auf die senatsurteile vom 09.05.1990 - l 11 ka 98/86 - und 17.02.1993 - l 11 ka 98/91 - berufen. beide entscheidungen beruhten auf dem grundsatz, dass jede erbrachte leistung im hinblick auf ihre wirtschaftlichkeit überprüfbar sein müsse. entsprechende fallkonstellationen seien eine überprüfung hinsichtlich der frage, ob eine leistung entsprechend der genehmigung durchgeführt worden sei oder die fallkonstellation, dass die bewilligungsentscheidung keinen abschließend vorgegebenen sachverhalt erfasse. im vorliegenden fall sei jedoch kein prüfungsfreier raum ersichtlich. dabei sei es unerheblich, ob ein routinemäßiger leistungsansatz vorgelegen habe. ein solcher hätte im verfahren nach der anlage 6 überprüft werden müssen. zudem treffe es nicht zu, dass der sachverhalt nicht hinreichend aufgeklärt worden sei. denn der beklagte habe im rahmen der von ihm durchzuführenden einzelfallprüfung keinen anlass, in die konkrete prüfung von einzelfällen einzutreten. bei der überprüfung wäre, insoweit sei er dem glaubhaften und unbestritten gebliebenen vorbringen des beigeladenen zu 7) gefolgt, dass die kassenseitig beanstandeten aufnahmen sämtlich im behandlungsplan genehmigt gewesen seien, zu tage getreten, dass von der genehmigung nicht abgewichen worden sei. eine unstreitig durchgeführte behandlung entsprechend der genehmigung gebe den gremien der wirtschaftlichkeitsprüfung keinen anlass, in eine prüfung einzutreten. die verpflichtung des beklagten zur prüfung von amts wegen unterscheide sich insoweit von der untersuchungsmaxime, als sie konkrete anhaltspunkte für unwirtschaftliches vorgehen erfordere. solche anhaltspunkte seien im verwaltungs- und später im gerichtsverfahren nicht vorgetragen worden. 21der senat hat das verfahren getrennt. hinsichtlich der quartale i-iv/2004 wird das verfahren unter dem az.: l 11 ka 21/11 weitergeführt, hinsichtlich der quartale i-iv/2005 unter dem az. l 11 ka 18/11 und hinsichtlich der quartale i-iv/2006 unter dem az. l 11 ka 19/13. 22wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den inhalt der gerichtsakten sowie der verwaltungsvorgänge des beklagten bezug genommen. diese waren gegenstand der mündlichen verhandlung. 23
24die zulässige, insbesondere gemäß §§ 143, 144, 151 sgg frist- und formgerecht eingelegte berufung ist begründet. der beschluss des beklagten vom 25.11.2009 (bescheid vom 10.02.2010) ist rechtswidrig und verletzt die klägerin in ihren rechten. der beklagte hat die beschwerden der klägerin gegen die beschlüsse der prüfungsstelle zu unrecht zurückgewiesen. 251. als prüfarten benennt § 106 abs. 2 satz 1 fünftes buch sozialgesetzbuch (sgb v) in der hier maßgeblichen fassung des gesetzes zur modernisierung der gesetzlichen krankenversicherung (gkv-modernisierungsgesetz - gmg) vom 14.11.2003 (bgbl i 2190) die auffälligkeitsprüfung (nr. 1) und die zufälligkeitsprüfung (nr. 2). ungeachtet dessen können die landesverbände der krankenkassen und ersatzkassen gemeinsam und einheitlich mit den kassen(zahn)ärztlichen vereinigungen fakultativ zusätzlich zur prüfung ärztlicher und ärztlich verordneter leistungen weitere prüfmethoden vereinbaren (§ 106 abs. 2 satz 4 sgb v), wie - bis zum 31.12.2003 noch verbindlich (§ 106 abs. 2 satz 1 nr. 1 sgb v a.f.) - nach durchschnittswerten oder nach anderen arztbezogenen prüfungsarten (einzelfallprüfung, mischformen). hieran haben die m.w.v. 01.01.2004 neu eingeführten regelprüfmethoden nichts geändert (bsg, urteil vom 09.04.2008 - b 6 ka 34/07 r -; hencke, in: peters, handbuch der krankenversicherung - sgb v, stand 01.04.2010, § 106 rdn. 9). ausgehend hiervon ist die prüfung nach durchschnittswerten weiterhin zulässig. 26die landesverbände der krankenkassen haben mit der kassenzahnärztlichen vereinigung (kzv) die prüfung nach durchschnittswerten wirksam vereinbart (§ 6 abs. 1 der prüfvereinbarung vom 20.11.2007; hierzu senat, urteil vom 12.08.2009 - l 11 ka 52/07 -). danach wird die wirtschaftlichkeit der versorgung nach durchschnittswerten beurteilt, es sei denn, dass eine sachgerechte prüfung nicht möglich oder dass die feststellung eines sonstigen schadens im einzelfall prüfgegenstand ist. die statistische vergleichsprüfung ist demzufolge weiterhin die regelprüfmethode (vgl. bsg, urteile vom 09.09.1998 - b 6 ka 50/97 r -, 09.06.1999 - b 6 ka 21/98 r -, 06.09.2000 - b 6 ka 46/99 r -, 2.12.2001 - b 6 ka 7/01 r - und vom 16.07.2003 - b 6 ka 45/02 r -). rechtliche, insbesondere verfassungsrechtliche bedenken dagegen bestehen nicht (vgl. bsg, urteil vom 16.07.2003 - b 6 ka 45/02 r -; senat, urteil vom 12.08.2009 - l 11 ka 52/07 -). 27die klagende krankenkasse hat bei vorliegen der voraussetzungen grundsätzlich einen anspruch darauf, dass die prüfungsinstanzen eine wirtschaftlichkeitsprüfung durchführen. dies folgt aus der den krankenkassen und den kassen(zahn)ärztlichen vereinigungen gemäß § 106 abs. 1 sgb v zugewiesenen pflicht, die wirtschaftlichkeit der vertrags(zahn)ärztlichen versorgung zu überwachen. werden wirtschaftlichkeitsprüfungen nicht in dem vorgesehenen umfang oder nicht entsprechend den für ihre durchführung geltenden vorgaben durchgeführt, haften die zuständigen vorstandsmitglieder der krankenkassenverbände und kassenärztlichen vereinigungen für eine ordnungsgemäße umsetzung dieser regelung (§ 106 abs. 4b satz 1 sgb v). 282. abweichend von diesen grundsätzen sehen die gesamtvertraglichen regelungen von bmv-z und ekv-z ein "gutachterverfahren bei kieferorthopädischen maßnahmen" vor (anlage 6 bmv-z). hierzu bestimmt § 2 abs. 3 der anlage 6 bmv-z, dass behandlungen, für die die krankenkasse auf grund eines behandlungsplanes die kosten übernommen oder einen zuschuss gewährt hat, nicht mehr der prüfung auf notwendigkeit und wirtschaftlichkeit unterliegen. im ergebnis handelt es sich hierbei um eine vorweggenommene wirtschaftlichkeitsprüfung. 29a) vor beginn der behandlung hat der zahnarzt anhand der erforderlichen diagnostischen unterlagen einen behandlungsplan nach maßgabe der anlage 8 bmv-z zu erstellen (§ 1 abs. 1 satz 1 anlage 6 bmv-z): 30durch den behandlungsplan soll der krankenkasse ermöglicht werden, sich einen überblick über die insgesamt notwendigen aufwendungen zu verschaffen. hierzu kann sie den behandlungsplan nach den maßgaben des § 3 anlage 6 bmv-z einem gutachter zuleiten. im behandlungsplan sind die diagnose, nämlich das kieferorthopädische krankheitsbild und die therapie, nämlich die vorgesehenen maßnahmen unter angabe der vorgesehenen apparate, sowie die geschätzten material- und laborkosten anzugeben (anlage 8 bmv-z). von der krankenkasse aufgrund des behandlungsplanes übernommene kosten unterliegen nicht mehr der prüfung auf notwendigkeit und wirtschaftlichkeit (§ 2 abs. 3 anlage 6 bmv-z). diese vorschrift ist als schutzvorschrift für den vertragszahnarzt anzusehen, der für die kfo-behandlung, die anders als die sonstige zahnärztliche tätigkeit eine langzeitbehandlung ist, ein gewisses maß an sicherheit benötigt, dass die von ihm erbrachten leistungen später auch honoriert werden (hierzu bsg, urteil vom 20.03.2013 - b 6 ka 56/12 b -). daneben trägt diese konzeption auch den bedürfnissen der krankenkassen rechnung, die vor behandlungsbeginn prüfen können, ob und inwieweit die behandlung notwendig ist (§ 12 abs. 1 sgb v). der behandlungsplan sieht eine "entscheidung der krankenkasse" vor, die mit datum und stempel versehen ist. dem liegt zugrunde (bsg, urteil vom 25.03.2003 - b 1 kr 29/02 r -): 31abweichend vom regelfall der krankenbehandlung müssen zahnprothetische versorgungen (wie auch kieferorthopädische leistungen und die behandlung von parodontopathien) vor ihrer realisierung von der krankenkasse genehmigt werden. ( ) das genehmigungserfordernis rechtfertigt sich daraus, dass einerseits die notwendigkeit und wirtschaftlichkeit einer zahnersatzversorgung anhand von röntgenaufnahmen und voruntersuchungen (vitalitätsprüfung, parodontalzustand usw) gut vorab beurteilt werden kann, andererseits eine nachträgliche prüfung nach eingliederung des fertigen zahnersatzes auf besondere schwierigkeiten stoßen würde." 32b) nach sinn und zweck der anlage 6 bmv-z sind der nachträglichen wirtschaftlichkeitsprüfung (§ 106 sgb v) nur die kieferorthopädischen tätigkeiten entzogen, die gegenstand der entscheidung der krankenkasse, also teil der vorweggenommen wirtschaftlichkeitsprüfung waren. die genehmigung eines kieferorthopädischen behandlungsplans führt nur in bestimmtem umfang zum ausschluss der wirtschaftlichkeitsprüfung, und zwar für maßnahmen der planung, soweit die eingereichten unterlagen die überprüfung der planung ermöglichen, und für ausführungsmaßnahmen, soweit diese sowohl entsprechend dem genehmigten plan als auch gemäß dem stand der medizinischen erkenntnisse durchgeführt wurden (bsg, urteil vom 19.07.2006 - b 6 ka 5/06 b - zum heil- und kostenplan nach § 87 abs. 1a satz 3 sgb v). die genehmigung des heil- und kostenplans bzw. kieferorthopädischen behandlungsplans schließt es nicht aus, die ausführung des planes als mangelhaft anzusehen. die genehmigung bewirkt lediglich, dass die genehmigte behandlung nachträglich nicht mehr als unwirtschaftlich bewertet werden kann. ob die planung fachlich in ordnung war, bleibt ebenso wie die ausführung des planes weiterhin zu prüfen (bsg, urteil vom 20.05.1992 - 14a/6 rka 9/90 -). soweit der vertragszahnarzt sich an die im genehmigten behandlungsplan angegebenen behandlungsmaßnahmen hält und der genehmigte schätzbetrag für material- und laborkosten nur unwesentlich überschritten wird, ist eine prüfung durch die sonst zuständigen prüfinstanzen ausgeschlossen (zum ganzen siehe auch senat, urteil vom 09.09.1990 - l 11 ka 98/86 -). das findet sich in § 2 abs. 3 anlage 6 bmv-z mit den worten wieder: "behandlungen, für die die krankenkasse auf grund eines behandlungsplanes die kosten übernommen hat oder einen zuschuss gewährt hat, unterliegen nicht mehr der prüfung auf notwendigkeit und wirtschaftlichkeit." 33c) die reichweite der genehmigung entscheidet darüber, inwieweit eine nachträgliche wirtschaftlichkeitsprüfung ausgeschlossen ist (bsg, urteil vom 19.07.2006 - b 6 ka 5/06 b -). wesentlich sind hiernach zwei rechtsfragen, nämlich was sachlicher gehalt der entscheidung (entscheidungsgegenstand) der krankenkasse ist (nachfolgend aa)) und wann die kieferorthopädische behandlung beginnt (nachfolgend bb)). 34ad aa) der krankenkasse wird der "kieferorthopädische behandlungsplan" (anlage 8 bmv-z) vorgelegt. unklar ist der entscheidungsgegenstand. so könnte sich die im vordruck mit datum, stempel und unterschrift vorgesehene entscheidung der krankenkasse auf den gesamten inhalt des behandlungsplanes beziehen. ein solches verständnis findet sich in der landläufigen formulierung wieder, der behandlungsplan werde "genehmigt". hierfür könnte zwar sprechen, dass die im vordruck fixierte entscheidung der krankenkasse räumlich den gesamten behandlungsplan erfasst. andererseits könnten die im kieferorthopädischen behandlungsplan mitgeteilten daten lediglich mittel zum zweck sein. die krankenkasse genehmigt nicht die avisierte behandlung als solche, sondern entscheidet nur darüber, ob diese auf der grundlage der ihr übermittelten informationen notwendig ist. letzteres ist der fall, was sich wie folgt ergibt: 35(1) der behandlungsplan besteht aus den rubriken "anamnese", "diagnose", "therapie", "verwendete geräte" und schließt mit "diagnostik- und behandlungsmaßnahmen". unter "anamnese" und "diagnose" vermittelt der kieferorthopäde der krankenkasse den entscheidungserheblichen sachverhalt. dieser selbst ist aus logischen gründen nicht genehmigungsfähig. die abteilungen "therapie" und "verwendete geräte" sind gleichermaßen nicht gegenstand der entscheidung. wiederum handelt es sich um von der krankenkasse benötigte sachverhaltsinformationen ohne die eine sinnvolle entscheidung nicht möglich ist. bestätigt wird dies durch das vereinbarte gutachterverfahren (§ 3 bmv-z). den auftrag zur begutachtung erteilt die krankenkasse unter verwendung der anlage 13a bmv-z (§ 3 abs. 1 satz 6 anlage 6 bmv-z). danach wird der auftrag mit den worten eingeleitet: "wir bitten um begutachtung der vorgesehenen kieferorthopädischen behandlung nach dem behandlungsplan vom ". sodann bestimmt § 3 abs. 4 satz 7 anlage 6 bmv-z: "der gutachter erstellt das gutachten unter verwendung des vordrucks "gutachten" (anlage 13c)". gegenstand der begutachtung ist hiernach, ob der kfo-behandlungsplan befürwortet, mit einschränkungen befürwortet oder nicht befürwortet wird. ausgehend hiervon trifft die krankenkasse eine entscheidung, die schwerlich als "genehmigung" der therapie verstanden werden kann. 36(2) hinzu kommt: die therapie und die hierzu verwendeten geräte sind zentrale elemente der therapiefreiheit des patienten und der hiermit korrespondierenden therapieverantwortung des arztes (hierzu senat, urteil vom 11.03.2009 - l 11 ka 28/08 -; frehse, in: peters, sgb v, § 28 rdn. 34 f.). die solchermaßen verstandene behandlungsfreiheit wird normativ und durch vertragsrecht "eingeengt" (frehse, a.a.o., § 28 rdn. 34a). hierzu rechnen § 12 sgb v (wirtschaftlichkeitsgebot) und die dies flankierenden vorgaben des § 106 sgb v (wirtschaftlichkeitsprüfung) mit den hieraus abgeleiteten gesamtvertraglichen, gleichwohl normativ wirkenden regelungen des bmv-z. dem ist zu entnehmen, dass sich die entscheidung der krankenkasse nach anlage 6 bmv-z nur auf die wirtschaftlichkeit der geplanten behandlung und nicht auf die vom versicherten im zusammenwirken mit dem vertragszahnarzt getroffene therapie als solche bezieht (hierzu liebold/zalewski, kassenarztrecht, stand juli 2008, § 87 anm. c 87-10 zum heil- und kostenplan, wonach die krankenkasse die notwendigkeit der leistungen überprüft ). dies schließt nicht aus, gebietet es ggf. gar, dass die krankenkasse den befund, die versorgungsnotwendigkeit und die geplante tatsächliche versorgung begutachten lässt (henke, in: peters, sgb v, § 87 rdn. 4). damit in einklang steht der text des § 2 abs. 3 anlage 6 bmv-z. hiernach wird die wirtschaftlichkeitsprüfung für behandlungen ausgeschlossen, für die die krankenkasse aufgrund des behandlungsplanes die kosten übernommen oder einen zuschuss gewährt hat. das findet sich im vordruck "kieferorthopädischer behandlungsplan" (anlage 8 bmv-z) wieder. danach ist der "entscheidung der krankenkasse" der text zugeordnet "der zuschuss zu den aufgeführten leistungen (honorar- und mat. - und laborkosten) beträgt %" und "anspruch besteht ab quartal ". demnach ist dem bsg (urteil vom 25.03.2003 - b 1 kr 29/02 r -) zuzustimmen, wenn es zum heil- und kostenplan nach § 87 abs. 1a satz 2 sgb v ausführt: 37"der heil- und kostenplan ( ...) soll der krankenkasse gelegenheit geben, die vorgesehene versorgung mit zahnersatz vorab auf ihre notwendigkeit, zweckmäßigkeit und wirtschaftlichkeit hin zu überprüfen und gegebenenfalls begutachten zu lassen, um auf diesem wege die inanspruchnahme der in aller regel mit hohen kosten verbundenen zahnersatzleistungen steuern zu können (engelhard in: hauck/noftz, sgb v, stand: 2002, k § 30 rdnr 88; schmidt in: peters, handbuch der krankenversicherung, stand: 2000, § 30 sgb v rdnr 106)." 38(3) die krankenkasse entscheidet mithin (nur) über die prozentuale zuschussquote (§ 29 sgb v) und deren beginn. sie gewährt den zuschuss (durch verwaltungsakt), wenn der plan eine behandlung beschreibt, die sich in das leistungsrecht des sgb v einordnen lässt, fachlich in ordnung ist (schmidt, in: peters, sgb v, § 29 rdn. 41 m.w.n.) und sich als wirtschaftlich (§ 12 abs. 1 sgb v) erweist. sie entscheidet nicht über anamnese, diagnose, therapie, verwendete geräte und diagnostik- und behandlungsmaßnahmen. dies sind vielmehr die wesentlichen sachverhaltselemente, die ihrer entscheidung zugrunde liegen (müssen). ändern sich diese bedingungen, ist ggf. ein neuer behandlungsplan zu erstellen und der krankenkasse als "kfo-therapieänderung" nach anlage 8 bmv-z zur entscheidung vorzulegen. 39ad bb) ist sonach geklärt, worüber die krankenkasse (inhaltlich) entscheidet, bedarf es der prüfung, ob die vom beigeladenen zu 7) gefertigten handaufnahmen (ä 928 bema) in zeitlicher hinsicht gegenstand der entscheidung waren. sie müssten dann bestandteil des genehmigungsfähigen kieferorthopädischen behandlungsplans gewesen sein. wäre das der fall, wären sie der nachträglichen wirtschaftlichkeitsprüfung entzogen. die vom beigeladenen zu 7) gefertigten handaufnahmen sind indessen nicht entscheidungsgegenstand geworden, weil sie als vorbereitende maßnahme nicht integraler teil des behandlungs"planes" waren und auch nicht (mehr) werden konnten. demzufolge sind sie der nachträglichen wirtschaftlichkeitsprüfung zuzuführen. 40(1) der kieferorthopädische behandlungsplan ist vor beginn der behandlung zu erstellen (§ 1 abs. 1 satz 1 anlage 6 bmv-z). mit der behandlung soll erst nach rücksendung des behandlungsplanes begonnen werden (§ 2 abs. 2 anlage 6 bmv-z). der beigeladene zu 7) hat die handaufnahmen (ä 928) vor behandlungsbeginn gefertigt. sie waren nicht gegenstand der entscheidung und wurden daher nicht von der "genehmigung" der krankenkasse erfasst. 41(a) die sitzungsniederschrift (erörterungstermin vom 30.01.2013) vermerkt hierzu: 42"der vorsitzende weist darauf hin, dass aus seiner sicht denknotwendig drei fallgestaltungen zu unterscheiden sind. zum einen kann es um den fall gehen, dass der kieferorthopäde die ä928 erbringt und dies nicht in einem der krankenkasse zuzuleitenden kieferorthopädischen behandlungsplan einmündet, d. h. die ä928 wird insoweit isoliert erbracht. die zweite fallgestaltung wäre die, dass die ä928 vor der genehmigung erbracht wird. nach leistungserbringung wird der behandlungsplan eingereicht und ggf. genehmigt. die dritte fallgestaltung wäre die, dass die ä928 von der genehmigung unmittelbar erfasst wird, d. h. sie wird erst erbracht, nachdem die genehmigung dem kieferorthopäden zugeleitet worden ist." 43auf befragen hat der beigeladene zu 7) erklärt: 44"von den skizzierten fallgestaltungen lag die zweite vor. ich brauche die handaufnahme, um abklären zu können, welche art von behandlungsgeräten ich benötige, d. h. ich erbringe die leistung und reiche dann den behandlungsplan zur genehmigung ein. nach meiner erinnerung sind die beiden anderen fallgestaltungen, die soeben skizziert worden sind, in der fraglichen zeit nicht vorgekommen. die handaufnahme habe ich gemacht für kinder vor der pubertären oder in der pubertären wachstumsphase. wenn eine solche situation gegeben war, habe ich die handaufnahme regelhaft gemacht. dies entspricht nach meiner vorstellung den richtlinien. es geht immer nur um eine aufnahme. im laufe der behandlung wird keine weitere aufnahme gemacht." 45fest steht danach, dass der beigeladene zu 7) zuerst die handaufnahmen (ä 928 bema) gemacht, dann den behandlungsplan erstellt und der krankenkasse vorgelegt hat. nur solche behandlungen, deren kosten die krankenkasse "aufgrund des behandlungsplanes" übernommen oder für die sie einen zuschuss gewährt hat, unterfallen nicht mehr der prüfung auf notwendigkeit und wirtschaftlichkeit (§ 2 abs. 3 anlage 6 bmv-z). folgerichtig soll der zahnarzt mit der behandlung erst nach rücksendung des behandlungsplanes beginnen (§ 2 abs. 2 anlage 6 bmv-z). 46(b) damit ist der "behandlungsbeginn" zu bestimmen. es kommen mehrere zeitpunkte in betracht. hierzu rechnen die erste kontaktaufnahme mit dem patienten, die anamneseerhebung, die diagnose bzw. befundung, die aufstellung des behandlungsplanes oder der beginn der hierauf aufbauenden therapeutischen phase. 47(aa) zufolge des bsg beginnt eine kieferorthopädische behandlung im regelfall mit der aufstellung des behandlungsplans (bsg, urteile vom 25.03.2003 - b 1 kr 17/01 r - und 09.12.1997 - 1 rk 11/97 -). ausgehend hiervon hätte der beigeladene zu 7) die handaufnahmen vor beginn der behandlung, demzufolge nicht "aufgrund eines behandlungsplanes" (§ 2 abs. 3 anlage 6 bmv-z) erbracht. sie wären einer nachträglichen wirtschaftlichkeitsprüfung zugänglich. 48zwar beziehen sich vorgenannte entscheidungen des bsg auf die altersgrenze des § 28 abs. 2 satz 6 sgb v, könnten jedoch auf vorliegende fallgestaltung zu übertragen sein, sofern infolge des grundsatzes der "einheit der rechtsordnung" der behandlungsbeginn rechtlich auch nur einheitlich fixiert werden kann. anderes käme nur dann in betracht, wenn zwingende sachliche gründe eine abweichende definition erforderten. das ist letztlich der fall. 49den vertragsparteien des bmv-z schwebte ein anderer zeitpunkt vor. nach § 1 abs. 1 der anlage 6 bmv-z ist der behandlungsplan vor beginn der behandlung zu erstellen. wird der behandlungsbeginn mit dem bsg (a.a.o.) auf den zeitpunkt gelegt, in dem der behandlungsplan aufgestellt wird, wäre § 1 abs. 1 anlage 6 bmv-z redundant. das aufstellen des behandlungsplanes wäre der beginn der behandlung. infolgedessen könnte dieser niemals "vor beginn der behandlung" erstellt werden. damit bleibt klärungsbedürftig, was die vertragsparteien des bmv-z unter "beginn der behandlung" verstehen. 50(bb) letztlich geht es darum, dass die krankenkasse auf der grundlage eines ihr mit dem behandlungsplan unterbreiteten sachverhalts über die behandlungsnotwendigkeit i.s. d. § 12 abs. 1 sgb v entscheidet. eine bestätigung hierfür findet sich in § 1 abs. 1 satz 3 anlage 6 bmv-z, wonach eine therapieänderung eines neuen planes und damit einer neuen entscheidung bedarf. nach sinn und zweck kann dies nur bedeuten, dass der plan vor behandlungsbeginn aufgestellt und zur genehmigung eingereicht werden muss. mit der behandlung darf der zahnarzt erst nach genehmigung beginnen. behandlungsbeginn i.s.d. § 1 abs. 1 satz 3 anlage 6 bmv-z und des § 87 abs. 1 a satz 2 sgb v meint damit die erste vom zahnarzt nach und aufgrund der genehmigung eingeleitete maßnahme. dies deckt sich mit in der literatur vertretenen ansichten, wonach der behandlungsbeginn das "einsetzen der therapie" ist (niggehoff, in: becker/kingreen, sgb v, 3. auflage, 2012, § 28 rdn. 31 rdn. 33; frehse, a.a.o., § 28 rdn. 115). 51wird dieser bezugspunkt gewählt, ergäbe sich im ergebnis keine abweichung zur vom bsg vertretenen position. der beigeladene zu 7) hat die handaufnahmen gefertigt, um abklären zu können, welche art von behandlungsgeräten er benötigte. das hat mit dem eintreten in die therapeutische phase nichts zu tun. vielmehr handelt es sich um vorbereitende maßnahmen, die mit der aufstellung des behandlungsplanes abgeschlossen sind. das wird durch das bsg (urteil vom 07.05.2013 - b 1 kr 5/12 r - zu § 87 abs. 1a satz 2 bis 7 sgb v) bestätigt: 52wie der erkennende senat bereits ausführlich dargelegt hat, ergibt sich aus der entstehungsgeschichte, dem sinn und zweck sowie dem systematischen zusammenhang der §§ 55, 87 abs 1a sgb v, dass die bewilligung des festzuschusses vor der behandlung zu erfolgen hat (bsg sozr 4-2500 § 13 nr 21 rdnr 13 ff mwn). nach dem regelungszusammenhang des § 87 abs 1a s 2 bis 7 sgb v unterscheidet der gesetzgeber zwischen maßnahmen, die vor und die nach der behandlung erfolgen müssen. nach s 4 der bestimmung erfolgt die prüfung des hkp vor der behandlung, während nach s 7 die abrechnung der festzuschüsse nach der behandlung zu geschehen hat. systematisch stellt sich die bewilligung des festzuschusses als endpunkt und damit als teil der prüfung des hkp dar. sie hat daher in anknüpfung an § 87 abs 1a s 4 sgb v vor der behandlung zu erfolgen. dies allein sichert den mit der genehmigung des hkp verfolgten zweck - die einhaltung der grundsätze der notwendigkeit, zweckmäßigkeit und wirtschaftlichkeit. der kk soll - anders als bei der ärztlichen behandlung im übrigen - gelegenheit gegeben werden, die vorgesehene versorgung mit zahnersatz vorab zu überprüfen und gegebenenfalls begutachten zu lassen, um auf diesem wege die inanspruchnahme der in aller regel mit hohen kosten verbundenen zahnersatzleistungen - auch im interesse des versicherten - steuern zu können (vgl bsg sozr 4-2500 § 13 nr 21 rdnr 18). 53auch das urteil des bsg vom 25.03.2003 - b 1 kr 29/02 r - macht deutlich, dass die behandlung mit der "realisierung" des genehmigten heil- und kostenplanes beginnt. für kieferorthopädische behandlungspläne kann nichts anderes gelten. 54die grammatikalische auslegung bestätigt dies. begrifflich kann "aufstellung eines behandlungsplanes" nur nur bedeuten, dass dies vor behandlungsbeginn geschieht (schmidt, a.a.o., § 29 rdn. 40 m.w.n.). das wort "behandlungsplan" setzt sich aus zwei wortteilen zusammen, nämlich den substantiven "behandlung" und "plan". sprachlich wird hiermit eine "geplante behandlung" erfasst. das hat zukunftsbezug (hierzu auch bsg, urteil vom 12.12.2013 - b 4 as 6/13 r - "prognostischer bedarf"). vom wortsinn her kann eine "geplante behandlung" nur eine solche sein, die noch nicht begonnen und die schon gar nicht abgeschlossen ist. m.a.w.: die beschreibung von bereits vollzogenen behandlungsmaßnahmen hat keinen plancharakter (zutreffend schmidt, a.a.o., § 29 rdn. 40). infolgedessen sind die vom beigeladenen zu 7) vor genehmigung gefertigten handaufnahmen nicht teil des behandlungsplanes und damit auch nicht gegenstand der kassenentscheidung gewesen. 55im übrigen: bei dem gesamtvertraglich vereinbarten genehmigungsverfahren handelt es sich um eine vorgezogene wirtschaftlichkeitsprüfung. die krankenkasse soll die wirtschaftlichkeit der beabsichtigten behandlung prüfen, bevor die kieferorthopädische behandlung begonnen und durchgeführt wird. diese funktion kann der behandlungsplan jedoch nur erfüllen, wenn die in ihm notierten angaben sich auf künftige, und nicht auf bereits erbrachte leistungen beziehen. dem entsprechen die ausführungen des bsg im urteil vom 25.03.2003 - b 1 kr 29/02 r - zu zahnprothetischen leistungen: 56"der mit der vorlage des behandlungsplans und dem genehmigungserfordernis verfolgte zweck entfällt jedoch, wenn die zahnersatzversorgung bereits durchgeführt wurde. eine nachträgliche genehmigung durch die krankenkasse ergibt dann keinen sinn mehr." 57(b) dem steht nicht entgegen, dass der vordruck gem. anlage 8 zu bmv-z ("kieferorthopädischer behandlungsplan") ausdrücklich die ä 928 bema als eine (mögliche) "diagnostik- und behandlungsmaßnahme" nennt. die gelistete rubrik "ä 928" bezieht sich - wie dargelegt - nicht auf schon erbrachte leistungen. der vertragszahnarzt hat die ä 928 bema dann anzukreuzen, wenn er diese leistung nach plangenehmigung erbringen will, hingegen nicht, wenn er sie schon erbracht hat. 58(2) das zuvor gefundene ergebnis wird durch eine weitere überlegung gestützt. die krankenkasse entscheidet sowohl im rahmen der prothetischen als auch der kieferorthopädischen versorgung über einen zuschuss. auf die notwendige prothetische versorgung wird ein festzuschuss (§ 87 abs. 1a satz 6 sgb v) und auf die notwendige kieferorthopädische versorgung ein prozentualen zuschuss (§ 29 abs. 2 sgb v) bewilligt. zwar fordert § 87 abs. 1a satz 6 sgb v nicht ausdrücklich, dass die bewilligung des festzuschusses vor der behandlung zu erfolgen hat. jedoch ergibt sich dies aus der entstehungsgeschichte, dem sinn und zweck sowie dem systematischen zusammenhang der regelung (hierzu unter ausführlicher darlegung der maßgebenden auslegungskriterien zutreffend bsg, urteil vom 30.06.2009 - b 1 kr 19/08 r -). im ergebnis soll der krankenkasse - anders als bei der ärztlichen behandlung im übrigen - gelegenheit gegeben werden, die vorgesehene versorgung mit zahnersatz vorab zu überprüfen und gegebenenfalls begutachten zu lassen, um auf diesem wege die inanspruchnahme der in aller regel mit hohen kosten verbundenen zahnersatzleistungen - auch im interesse des versicherten - steuern zu können. dieser zweck würde unterlaufen, wenn nicht auch der leistungsanspruch des versicherten von der genehmigung der behandlung abhängig wäre (bsg, urteil vom 30.06.2009 - b 1 kr 19/08 r -). für den anspruch auf einen zuschuss nach § 29 sgb v gilt nichts anderes. 59damit ist kongruenz zwischen leistungsrecht und leistungserbringerrecht hergestellt. der leistungsanspruch entsteht erst, wenn die krankenkasse die behandlung als notwendig erachtet und deswegen den zuschuss bewilligt. der zahnarzt/kieferorthopäde darf mit der behandlung erst beginnen, wenn ihm die genehmigung vorliegt. hieraus folgt weiter: was nicht gegenstand der genehmigung ist, kann auch nicht durch den zuschuss abgegolten sein. soweit also der beigeladene zu 7) die handaufnahmen (ä 928 bema) vor der genehmigung erbracht hat, werden sie vom zuschuss nicht erfasst. sie unterfallen der nachträglichen wirtschaftlichkeitsprüfung. 60(4) letztlich ist zu gunsten der klägerin vertrauensschutz zu berücksichtigen. schriftsätzlich und in den senatsterminen hat sie deutlich gemacht, dass es ihr nicht immer möglich ist zu erkennen, ob eine zahnärztliche bzw. kieferorthopädische leistung vor genehmigung erbracht worden ist und damit keinen plancharakter mehr hat. so liegt es auch hier. ausgehend hiervon greift vertrauensschutz. selbst wenn die genehmigung auch die bereits zuvor erbrachten handaufnahmen erfassen würde, könnten der beigeladene zu 7), die zu 1) beigeladene kzv und der beklagte beschwerdeausschuss hieraus nichts zu ihren gunsten herleiten. 61das verfahren der vorgezogenen wirtschaftlichkeitsprüfung dient - wie dargestellt - den interessen des leistungserbringers wie auch jenen der krankenkasse. die entscheidung über die genehmigung des aufgestellten behandlungsplanes erfolgt durch verwaltungsakt gegenüber dem versicherten, der durch die genehmigung einen anspruch auf den kassenanteil erhält (bsg, urteil vom 10.10.1979 - 3 rk 3/78 ). zwar erzeugt sie indirekt auch eine bindung der kasse im verhältnis zum planenden zahnarzt; diese ergibt sich aber nicht aus einer erstreckung der bindungswirkung nach § 77 sgg, sondern wird als selbstbindung des versicherungsträgers gesehen, die es wegen des aus § 242 bürgerliches gesetzbuch (bgb) folgenden verbots des "venire contra factum proprium" ausschließt, dass sich die krankenkasse auf planungsfehler beruft, die bereits aus dem heil- und kostenplan zu ersehen sind (bsg, urteil vom 02.12.1992 - 14a/6 rka 43/91 -). es geht also letztlich um vertrauensschutz: der vertragszahnarzt darf darauf bauen, dass die kasse die genehmigte planung als vertragsgerecht ansieht (bsg, urteil vom 25.03.2003 - b 1 kr 29/02 r -). 62gegenläufig gilt nichts anderes. der vertragszahnarzt darf in den plan nur nicht erbrachte leistungen einstellen, anderenfalls er dies kenntlich machen muss. dies folgt aus der ihm infolge seiner einbindung in das system der gesetzlichen krankenversicherung obliegenden mitwirkungspflicht, ergibt sich im übrigen aus sinn und zweck der vorgezogenen wirtschaftlichkeitsprüfung. bleibt ihm diese erkenntnis verschlossen, kann er sich hierauf nicht berufen. ein etwaiges vertrauen ist nicht schutzwürdig. dass ein zu genehmigender plan nur geplante leistungen erfassen kann, ist schon begrifflich zwingend. alles andere wäre ein widerspruch in sich. die krankenkasse darf daher darauf vertrauen, dass der ihr vorgelegte plan nur noch nicht erbrachte, also geplante leistungen enthält. vorgeschaltete maßnahmen wie die hier zu diagnostischen zwecken gefertigten handaufnahmen sind von der genehmigung nicht erfasst. stellt der vertragszahnarzt dennoch bereits erbrachte leitungen in den plan ein, kann er sich auf die genehmigung nicht berufen, was letztlich auf dem grundsatz von treu und glauben (§ 242 bgb) in seiner ausprägung als "venire contra factum proprium" beruht. 63cc) zusammenfassend ergibt sich: der behandlungsplan hat einen zukunftsbezug. genehmigt wird nur die geplante leistung. von der genehmigung nicht erfasst werden vorbereitungsmaßnahmen und zwar auch dann nicht, wenn sie - wie hier die ä 928 bema - fehlerhaft in den plan eingestellt worden sind. 64d) bei dieser rechtslage kann offen bleiben, ob eine geplante handaufnahme als diagnostische leistung von der kassenentscheidung erfasst wäre. § 2 abs. 3 anlage 6 bmv-z stellt nur behandlungen von der nachträglichen wirtschaftlichkeitsprüfung frei. so könnte erwogen werden, (nur) die "therapie" als behandlung verstehen. 65nach alledem musste die berufung der klägerin erfolg haben. 66iii. 67die kostenentscheidung beruht auf § 197a abs. 1 sgg i.v.m. § 154 abs. 2 verwaltungsgerichtsordnung. 68die voraussetzungen für die zulassung der revision liegen vor (§ 160 abs. 2 sgg).
Klaeger*in
1
334,016
14 K 5442/18
2020-11-24T00:00:00
Urteil
Tenor Es wird festgestellt, dass der Beklagte durch das durchgängige Abfilmen der Kundgebung der Klägerin am 19. Oktober 2018 in E. -N. rechtswidrig gehandelt hat. Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leistet. 1Tatbestand: 2Die Klägerin begehrt die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Anfertigung von Bild- und Tonaufzeichnungen während einer Versammlung in E. -N. . 3Die Klägerin war Anmelderin und Veranstalterin der am 19. Oktober 2018 von 20:15 Uhr bis 22:00 Uhr in E. -N. zu dem Thema „Sicherheit im E1. Westen schaffen, Überfremdung stoppen!“ durchgeführten Standkundgebung. Unmittelbar zuvor hatte sie von 19:00 Uhr bis 20:00 Uhr eine Versammlung in E. -M. Platz in Form eines Aufzuges durchgeführt. An beiden Versammlungsorten fanden sich Gegendemonstranten ein. 4Rund um die Versammlung in E. -N. waren zwei Fahrzeuge der Polizei positioniert, auf deren Dächern sich Mastkameras befanden und mittels derer Videoaufnahmen von der Versammlung der Klägerin sowie vom Gegenprotest gefertigt wurden. Darüber hinaus filmte ein Polizeibeamter mit einer Handkamera. Auch die vorangegangene Versammlung der Klägerin in E. -M. war videografiert worden. 5Auf einem der beiden übersandten Datenträger des Beklagten findet sich eine 1:35 minütige Videodatei. In dem hierzu gefertigten Protokoll findet sich die Angabe, dass von 20 bis 21 Uhr Aufzeichnungen erfolgt seien. Es sei zu keiner Straftat gekommen. In der Beschreibung des Kurzsachverhaltes heißt es, dass ein Versammlungsteilnehmer „Rechts“ durch Beamte kontrolliert worden sei. Vorangegangen sei eine Auseinandersetzung zwischen ihm und einem Pressevertreter. 6Die Klägerin hat am 25. Oktober 2018 Klage erhoben. 7Die Klage sei zulässig, insbesondere habe sie ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit des Filmens. Es bestehe eine Wiederholungsgefahr, da sie regelmäßig Versammlungen in E. anmelde und zu befürchten sei, dass der Beklagte künftig weitere Versammlungen ohne eine Rechtsgrundlage abfilme. 8Die Klage sei auch begründet. Das pauschale Abfilmen der Versammlung stelle einen erheblichen Eingriff in die innere Versammlungsfreiheit dar. Der Beklagte habe keine Anhaltspunkte für eine besondere Gefahrenlage gehabt. Die von ihm benannten vorhergehenden Versammlungen seien zu verschiedenen Themen in unterschiedlich geprägten Stadtteilen und zudem zum Teil in Form eines Aufzuges ‑ und nicht, wie vorliegend als Standkundgebung – durchgeführt worden und folglich mit der hier streitgegenständlichen Versammlung nicht vergleichbar. Ungeachtet dessen sei die Annahme unfriedlicher Versammlungsverläufe unzutreffend. Zwischen dem 1. Januar 2018 und dem 9. Oktober 2018 hätten allein 100 Mahnwachen, Kundgebungen und Demonstrationen mit einer Teilnehmerzahl von 3 bis 800 Personen stattgefunden, welche sämtlich störungsfrei verlaufen seien. Es habe keinerlei gewalttätige Ausschreitungen oder andere, nennenswerte Straftaten gegeben. Bei vereinzelten Auflagenverstößen einzelner Teilnehmer sei die Versammlungsleitung sofort und konsequent dagegen eingeschritten. Es seien insbesondere auch sämtliche Versammlungen zwischen dem 21. September 2018 und dem 19. Oktober 2018 friedlich verlaufen: 9Bei den stationären Kundgebungen am 3. Oktober 2019 sei es zu gewalttätigen Übergriffen durch mehrere hundert Gegendemonstranten gekommen. Die Polizei sei bei diesen Versammlungen nicht ausreichend präsent gewesen, was von Linksextremisten als Einladung für Blockadeaktionen und gewalttätige Übergriffe verstanden worden sei. Dennoch seien die Anhänger der Partei E. S. friedlich geblieben. Sämtliche Situationen, die zwischenzeitlich von der Polizei zur Begründung der Gefahrenlage herangezogen würden, hätten sich vor und nach den Versammlungen zugetragen, seien also für eine Videoüberwachung während der Kundgebung irrelevant. Soweit der Beklagte ausführe, dass es im Verlauf der Versammlung am E1. O.---markt zu massiven Beleidigungen eines Versammlungsteilnehmers der Klägerin gekommen sei, sei zu bemerken, dass es sich hierbei um einen Bewurf mit Tierkot gehandelt habe. Soweit der Beklagte darauf abstelle, dass ein Versammlungsteilnehmer ein T-Shirt mit dem Aufdruck „D. “ getragen habe, sei festzustellen, dass dies nicht strafbar sei. Die Seitens des Beklagten geschilderten Strafanzeigen wegen antisemitischer Äußerungen seien ihr nicht bekannt, jedenfalls sei es unverhältnismäßig, hierauf die gesamte Überwachung einer Versammlung zu stützen. Bei der anschließenden Standkundgebung auf dem Sonnenplatz sei es zu einem Angriff von Linksextremisten auf den Lautsprecherwagen der Klägerin gekommen. Zudem sei deren stellv. Landesvorsitzender durch einen Faustschlag körperlich attackiert worden. Die Abwehr dieses Angriffs durch handelsübliche Pulverfeuerlöscher sei im Rahmen der Notwehr und Nothilfe gerechtfertigt gesehen gewesen. Dieser Einschätzung solle sich zwischenzeitig im Übrigen auch die Staatsanwaltschaft E. angeschlossen haben. 10Die Versammlung am 8. Oktober 2018 auf dem T.-----platz sei ebenfalls gänzlich ohne Störungen verlaufen. Dies habe auch die Polizei einräumen müssen. 11Auch die unmittelbar vorhergehende Versammlung in E. -M. sei friedlich verlaufen. Soweit der Beklagte vortrage, dass ein anreisender Versammlungsteilnehmer der Klägerin bei der Versammlung ein Banner eines Gegendemonstranten „zur Seite gewischt“ habe, fehle es am Bezug zu Videoüberwachung der Folgeversammlung. Es handele sich hierbei nicht mal um eine Straftat. Der Vorfall habe sich zudem außerhalb des Versammlungsbereiches der Klägerin ereignet. 12Sofern der Beklagte die streitgegenständliche Versammlung betreffend behaupte, es sei eine Eisenstange in Richtung des eintreffenden Lautsprecherwagens geworfen worden, handele sich um eine Falschbehauptung. Es habe vielmehr allein anfangs Uneinigkeit zwischen der Klägerin und den Einsatzkräften über den angemeldeten und bestätigten Versammlungsort der Klägerin gegeben. Während der halbstündigen Verhandlung hierüber sei es zu keinen Straftaten beider politischen Lager, von den üblichen Beleidigungen der Linksextremisten abgesehen, gekommen. 13Soweit der Beklagte auf Vorfälle eingehe, die sich während der Versammlung ereigneten, sei zunächst anzumerken, dass die Versammlung bereits von Beginn an aufgezeichnet worden sei. Die Prügelei in Richtung des Journalisten habe sich erst zum Ende der Versammlung hin und zudem außerhalb des Versammlungsbereiches ereignet. Die Person, die einen verwirrten Eindruck gemacht habe und der Klägerin nicht zugehörig sei, sei mehrmals von Helfern der Versammlungsleitung aufgefordert worden, die Prügeleien zu unterlassen und die Versammlung zur verlassen. Auch die vom Beklagten erwähnten Beleidigungen und die gegen eine Teilnehmerin der klägerischen Versammlung gefertigte Strafanzeige hätten sich erst nach der Versammlung ereignet. 14Zu den von dem Beklagten angeführten Störungsaufrufen durch die linke Szene sei anzumerken, dass die Mobilisierung in einem Vorort naturbedingt deutlich schleppender laufe, als in innenstadtnahen Vierteln, die noch dazu linksalternativ geprägt seien. Darüber hinaus wären polizeiliche Maßnahmen bei erwarteten Störungen durch Linksextremisten gegen diese zu richten gewesen. Soweit der Beklagte einzelne Teilnehmer der Partei E. S. bzw. ihrer Versammlungen pauschal als „Störer“ bezeichne, sei sein Handeln widersprüchlich, da er teilweise von ihr durchgeführte Info-Mahnwachen nicht polizeilich begleitet und zudem diese „Störer“ im Mai 2019 als Ordner akzeptiert habe. 15Die Behauptung des Beklagten, während des Einsatzverlaufes sei wiederholt geprüft worden, ob die entsprechenden Voraussetzungen zur Anfertigung von Bild- und Tonaufnahmen vorliegen würden, sei eine Falschbehauptung. Durch den kontaktierten Polizeibeamten vor Ort sei explizit mitgeteilt worden, dass es im Vorfeld die Anordnung gegeben habe, die Versammlung in Gänze aufzuzeichnen. Von einer Berücksichtigung des Verlaufes sei dort keine Rede gewesen. 16Bei der Würdigung müsse zudem berücksichtigt werden, dass es sich um eine kleine Kundgebung mit lediglich 45 Teilnehmern in einem E1. Vorort gehandelt habe, bei der es keinerlei Begleitumstände gegeben habe, die auf eine Gefahrenlage hindeuten. Es wäre dem Beklagten zumutbar gewesen, die Überwachungskameras und Überwachungsfahrzeuge einsatzbereit zu positionieren, um im Falle von Straftaten binnen weniger Sekunden mit einer Aufnahme zu beginnen. 17Die Klägerin beantragt, 18festzustellen, dass der Beklagte durch das durchgängige Abfilmen der Kundgebung der Klägerin am 19. Oktober 2018 in E. -N. rechtswidrig gehandelt hat. 19Der Beklagte beantragt, 20die Klage abzuweisen. 21Zur Begründung trägt er vor, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 12a Abs. 1 Satz 1 des Versammlungsgesetzes (VersG) vorgelegen hätten. Im Rahmen der Einsatzvorbereitung und während der Einsatzbesprechung am Einsatztag sei wiederkehrend die Frage des Vorliegens der versammlungsrechtlichen Eingriffsvoraussetzungen für die Anfertigung von Bild- und Tonaufnahmen geprüft worden. Aufgrund zahlreicher Erkenntnisse habe vor Beginn der Versammlung die begründete Annahme bestanden, dass von den Teilnehmern der Versammlung erhebliche Gefahren für die öffentliche Sicherheit ausgingen. Es sei zu befürchten gewesen, dass es im Verlauf der Versammlung zu gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen den Versammlungsteilnehmern, Gegendemonstranten, Polizeibeamten und womöglich auch Dritten, zu Sachbeschädigungen etwa an privaten oder dienstlichen Fahrzeugen der Polizei, wechselseitigen Beleidigungen und zu anderen versammlungstypischen Straftaten komme. Mit der Anfertigung von Bild- und Tonaufnahmen habe eine Eskalation bis hin zur Begehung von Straftaten aus der Versammlung bzw. von Versammlungsteilnehmern verhindert werden und die Beweislage für etwaige nachfolgende Strafverfahren verbessert werden sollen. Entsprechende Erfahrungswerte und Indizien, die diese Annahme stützten, hätten entgegen der Auffassung der Klägerin vorgelegen. Es sei während des Versammlungsgeschehens fortwährend überprüft worden, ob die Videoaufzeichnungen weiterhin zur Gefahrenabwehr erforderlich und angemessen seien. 22Die Annahme einer erheblichen Gefahr für die öffentliche Sicherheit habe zunächst auf Erfahrungen aus vorangegangenen Versammlungen der Klägerin aus den Monaten September und Oktober 2018, in deren Verlauf es zu Ausschreitungen gekommen sei, gegründet: 23So sei es am 21. September 2018 bei zwei Aufzügen der Klägerin zu dem Thema „Gegen Polizeischikanen und Polizeiwillkür. Das Grundgesetz gilt auch in V. , Meinungs- und Versammlungsfreiheit schützen“ in E. -E3. mit ca. 100 Teilnehmern und in E. -N. mit 72 Teilnehmern zu Ordnungswidrigkeiten und strafbarem Verhalten gekommen. Während des ersten Aufzuges sei an der Aufzugspitze ein Banner mit der Aufschrift „Gegen Polizeigewalt, E. ist unser Kiez“ gezeigt worden. Während der Aufzug an der B.-------straße vorbeigezogen sei, seien aus einer Wohnung zwei Leuchtfackeln durch zwei Personen gezündet worden. Eine Ordnungswidrigkeitenanzeige sei gefertigt worden. Während des zweiten Aufzuges seien in zwei Fällen Pyrotechnik durch unbekannte Täter gezündet worden. Auch diesbezüglich seien Ordnungswidrigkeitenanzeigen gefertigt worden. Zudem hätten sich vier Personen im Bereich der Gleise am Bahnhof N. Süd aufgehalten und dabei Pyrotechnik gezündet. Die vier Personen hätten ermittelt werden können. Auch sei eine Strafanzeige wegen gefährlichen Eingriffs in den Schienenverkehr gefertigt worden. Nach Erteilen von Platzverweisen seien sie vor Ort entlassen worden. Während des Aufzuges sei der Spruch „Wer Deutschland liebt, ist Antisemit“ skandiert worden. Ein entsprechendes Ermittlungsverfahren sei im Nachgang eingeleitet worden. Im Rahmen der durchgeführten Ermittlung seien bislang 20 Tatverdächtige ermittelt worden, von denen 15 deutsche Staatsangehörige hätten identifiziert und der örtlichen rechten Szene zugeordnet werden können. Das Skandieren der antisemitischen Parolen in den Straßen der betroffenen Stadtteile im Zusammenhang mit dem Abbrennen von Pyrotechnik und Fackeln habe ein herausragendes mediales Medieninteresse gefunden und sei überregional in Politik und Gesellschaft diskutiert worden. 24In die getroffene Gefahrenprognose seien auch die zwei Standkundgebungen der Klägerin am E1. O.---markt am 3. Oktober 2018 zu dem Thema „Sicherheit in der Nordstadt schaffen, stoppt die Ghettoisierung; Ein sporadisch besetztes Ordnungsamt am O.---markt reicht nicht!“ mit ca. 60 Teilnehmern sowie im Anschluss am T.-----platz vom 3. Oktober 2018 zu dem Thema „Sicherheit in E. schaffen; Polizeiliche Willkür beenden, Polizeikapazitäten sinnvoll nutzen, Kriminalität zurückdrängen“ eingeflossen. Bereits während der Anreise sei durch Personen des linken und antifaschistischen Spektrums versucht worden, die Teilnehmer der klägerischen Versammlung u.a. durch eine Sitzblockade aus ca. 30 bis 50 Teilnehmern zu stören. Zur Vermeidung einer Eskalation durch eine zwangsweise Auflösung der Sitzblockade und aus einsatztaktischen Gründen sowie aus Gründen der Verhältnismäßigkeit sei die Umleitung der anreisenden Versammlungsteilnehmer als milderes Mittel ausgewählt worden. Das Verhalten der Versammlungsteilnehmer sei während der gesamten Anreise höchst aggressiv und provozierend gewesen und habe sich aufgrund verbaler Äußerungen permanent am Rande der Strafbarkeit bewegt. Die Gegendemonstranten seien durch Äußerungen wie „Du kommst auch noch in der Kammer“, „Wenn wir gleich marschieren, kannst du ja deine große Fresse beweisen“ und „Seid ihr Juden, seid ihr Juden, warum setzt ihr euch dann für die Juden hier ein?“ provoziert worden. Es seien Strafanzeigen gefertigt worden. Mit Eintreffen der umgeleiteten Versammlungsteilnehmer am O.---markt habe eine hohe zweistellige Zahl von Personen des linken/antifaschistischen Spektrums unter Drohgebärden und lautem Skandieren versucht, den Zugang der Versammlungsteilnehmer zum engeren Versammlungsort zu verhindern. Eine körperliche Auseinandersetzung zwischen beiden Lagern habe unmittelbar bevorgestanden, sodass sich der Polizeiführer dazu entschlossen habe, die Störer durch Polizeireiter abdrängen zu lassen und weitere, möglicherweise durchdringende Störer durch Wegdrücken/-stoßen an Straftaten zu hindern. Auch im weiteren Verlauf sei es zwischen den Versammlungsteilnehmern und den ca. 250 Personen des augenscheinlich antifaschistischen Spektrums zu Provokationen gekommen. Den Einsatzkräften sei es nur mit Mühe gelungen, beide Parteien voneinander zu trennen. Im Verlauf der Versammlung sei es zu massiven Beleidigungen eines Versammlungsteilnehmers der Klägerin gekommen. Ein Strafverfahren sei eingeleitet und der erkannte Störer der Gefahrensammelstelle zugeführt worden. Ein Versammlungsteilnehmer der Klägerin sei in einer Bekleidung aufgetreten, die diesen als Sympathisanten und Unterstützer der Gruppierung „D. “ erkennen ließ. Das Zeigen von Zeichen und Symbolen dieser Gruppierung stelle unter Verwendung verschiedener Einzelkomponenten ebenfalls eine Straftat dar und wirke auf vermeintlichen Gegenprotest höchst provozierend. Auch insoweit sei eine Strafanzeige gefertigt und eine staatsanwaltschaftliche Prüfung veranlasst worden. Während der polizeilich begleiteten Verlagerung der Versammlung zum zweiten Versammlungsort am T.-----platz habe sich ein als Mitglied der E1. rechten Szene bekannter Versammlungsteilnehmer aus der Begleitung gelöst und sei auf eine nachfolgende Gruppe des linken Spektrums zugestürmt. Es sei zu einer körperlichen Auseinandersetzung gekommen, die das Einschreiten von Polizeivollzugsbeamten erforderlich gemacht habe. Strafverfahren seien eingeleitet worden. Es sei zu vergleichbaren Szenen wie beim Weg zum Versammlungsort O.---markt gekommen. Am T.-----platz sei es erneut zu wechselseitigen Provokationen gekommen, die den Einsatz starker polizeilicher Kräfte zur Verhinderung weiterer Straftaten erforderlich machten. Nach Beendigung der Versammlung und während der beabsichtigten Abreise sei es aus dem Bereich der Gegendemonstranten zu einem Flaschenwurf auf den Lautsprecherwagen des Versammlungsleiters der Klägerin gekommen. Aus dem Fahrzeug heraus, in dem sich neben sieben Personen der rechtsextremistischen Szene und Mitgliedern der Klägerin auch der Versammlungsleiter befunden habe, entleerten sodann Personen aus mehreren Feuerlöschern Löschpulver auf Personen des Gegenprotests und Polizeivollzugsbeamte. Es seien gegen acht Versammlungsteilnehmer, darunter auch gegen den Versammlungsleiter, Strafverfahren eingeleitet worden. 25Berücksichtigung habe ferner der Verlauf der Standkundgebung der Klägerin am 8. Oktober 2018 am T.-----platz in E. zu dem Thema „Für Versammlungsfreiheit, gegen staatliche Sanktionen!“ mit 38 Teilnehmern gefunden. Es seien Polizeikräfte im unteren dreistelligen Bereich vorgehalten worden. Trotz der kurzfristigen Veröffentlichung mit ca. 4 Stunden Vorlauf sei das politisch linke Spektrum in der Lage gewesen, ca. 150 Versammlungsteilnehmer in Form einer Spontanversammlung zu mobilisieren. Es habe abermals eine aggressive Grundstimmung geherrscht. Die Versammlungsteilnehmer der Klägerin seien hierbei vordergründig ruhig aufgetreten, gleichwohl sei es zu einzelnen Provokationen aus der Gruppe heraus gekommen. Nur durch starke polizeiliche Kräfte habe eine Trennung der Versammlungen aufrechterhalten werden können. 26Auch der Verlauf der der hier streitgegenständlichen unmittelbar vorgelagerten Versammlung am 19. Oktober 2018 in M. habe seine Annahme einer erheblichen Gefahr gestützt. Entgegen der Behauptung der Klägerin sie diese ebenfalls nicht störungsfrei verlaufen. Durch Aufklärungskräfte der Polizei seien im Einsatzraum Personen der Antifa festgestellt worden. Mindestens 17 Personen hätten sich auf der Anreise aus der Nordstadt Richtung E1. Westen bewegt. Somit sei wiederum mit einem Aufeinandertreffen von linkem und rechtem Lager und entsprechenden Provokationen bis hin zur Begehung von Straftaten zu rechnen gewesen. Versammlungsteilnehmer der Klägerin hätten teilweise auf dem Weg zum Versammlungsort Alkohol zu sich genommen, was zu einer weiteren Enthemmung geführt habe, obwohl dies durch Auflagenbescheid während der Versammlung untersagt worden gewesen sei. Ein namentlich benannter Versammlungsteilnehmer habe offen Tätowierungen, welche gemäß § 86a StGB strafbar seien, gezeigt. Ein Strafverfahren sei eingeleitet worden. Während des Versammlungsverlaufs hätten sich Teilnehmer der Versammlung der Klägerin und Versammlungsteilnehmer des Gegenprotests fortwährend über soziale Medien wie Twitter provoziert, wie die eingereichten Ausdrucke der Tweets von „Die S1. E. “, „Q. “ und „I. “ belegten. Ein anreisender Versammlungsteilnehmer der Klägerin habe entgegen polizeilicher Führung der Teilnehmer durch den Ausgang „X. Straße“ des S-Bahnhofes M. den hinter der Gegenversammlung gelegenen Ausgang genutzt. Er sei mitten durch die Gegenversammlung gelaufen und habe hierbei ein Banner eines Versammlungsteilnehmers des Gegenprotests beiseite gewischt. Die Situation sei durch eingreifende Kräfte verbal beruhigt worden bevor es zu einer Eskalation habe kommen können. Bei dem Versammlungsteilnehmer der Klägerin sei eine Gefährderansprache durchgeführt worden mit dem Ziel, diesen dazu zu veranlassen, sich friedlich zu verhalten, um nicht durch die Polizei ausgeschlossen zu werden. 27Zu der Annahme einer erheblichen Gefahr habe im Übrigen auch die Situation am Versammlungsort in E. -N. unmittelbar vor Beginn der Versammlung geführt. Versammlungsteilnehmer beider Lager hätten mit Versammlungsende in M. über die Abreise getwittert, sodass sich bereits in E. -N. aufhaltende, weitere Versammlungsteilnehmer auf das baldige Eintreffen hätten einstellen können. Darüber hinaus sei bekannt gewesen, dass sich Personen der Antifa in E. -N. eingefunden hatten. In diesem Zusammenhang sei es auch zu Tweets unter dem Hashtag #Nazisboxen gekommen, wie der beigefügte Tweet von „Q T E belege. Mit Eintreffen des Versammlungsleiters der Klägerin an der Versammlungsörtlichkeit sei aus einer Kleingruppe des Gegenprotests heraus eine Eisenstange in Richtung des Versammlungsleiters bzw. des mitgeführten Lautsprecherwagens geworfen worden. Er verweise auf die IGVP-Meldung vom 22. Oktober 2018 betreffend das Geschehen am 19. Oktober 2018 um 19:56 Uhr. Die Fahrzeuginsassen, u.a. der Versammlungsleiter und sein Stellvertreter, seien daraufhin aggressiv auf die Fahrbahn gesprungen und hätten in Richtung des Gegenprotests gepöbelt. Durch einschreitende Kräfte habe die Situation beruhigt werden können. Gleichwohl sei es bei einer aggressiven Grundstimmung beider Lager geblieben. Es sei zudem zu vermuten gewesen, dass der Wurf in Richtung des Lautsprecherfahrzeuges als Angriff gewertet würde, der nach den vielfachen polizeilichen Erfahrungen der Vergangenheit eine provokative, ggf. auch gewalttätige Gegenreaktion sehr wahrscheinlich mache. 28Während der Versammlung selbst sei es dann zu weiteren Zwischenfällen gekommen, welche die Annahme einer erheblichen Gefahr ab dem Moment ihres Eintretens erst Recht gerechtfertigt hätten. Ein namentlich benannter Versammlungsteilnehmer der Klägerin habe sich aus der laufenden Versammlung heraus bewegt und sei gezielt, in deutlich wahrnehmbarer aggressiver Körperhaltung auf einen vor Ort anwesenden Journalisten zugegangen. Bei Einsatzkräften und Journalisten habe dieses Verhalten den Eindruck erweckt, der Versammlungsteilnehmer wolle unmittelbar körperlich gegen den Journalisten agieren. Einsatzkräfte seien deshalb zügig schlichtend eingeschritten. Eine Strafanzeige sei gefertigt worden. Der Angriff habe zu zahlreichen Reaktionen – insbesondere auch des betroffenen Journalisten – auf Twitter geführt. Weitere polizeibekannte Teilnehmer der Versammlung hätten sich aus der Versammlung gelöst. Diese Personen hätten sich nach Aufklärungsergebnissen außerhalb der Versammlung zusammengefunden, um gezielt den Gegenprotest zu provozieren und zu beleidigen, in dem u.a. „Ihr linken Schweine“, „Ich schlage deine Frau“, „Ich ficke deine Frau“ geäußert worden sei. Gegen einen Versammlungsteilnehmer der Klägerin sei deshalb eine Strafanzeige z.N. eines Versammlungsteilnehmers „bürgerlich/links“ gefertigt worden. Im Einsatzverlauf sei festzustellen gewesen, dass die Aggressivität beider Lage zunahm und dann auf einem hohen, problematischen Niveau verblieb. Es habe jederzeit mit der Verwirklichung von erheblichen Straftaten aus der Versammlung der Klägerin gerechnet werden müssen. Dieses habe sich auch darin gezeigt, dass sich Versammlungsteilnehmer aus dem Verband lösten und unmittelbar die zumindest einkalkulierte körperliche Auseinandersetzung mit einem Journalisten suchten, aber auch sich von der Versammlungsörtlichkeit entfernten, um im Umfeld Konfrontationen mit Versammlungsteilnehmern des Gegenprotests zu suchen. Aus diesem Grund seien die Kräfte des Raumschutzes entsprechend stark dimensioniert gewesen. 29Die genannten Versammlungen zeigten mehrere Parallelen auf, die für den 19. Oktober 2018 ebenso zu erwarten gewesen seien. Alle Versammlungen hätten in einem engen zeitlichen Zusammenhang gestanden. Bei äußerlicher Betrachtung hätten die Versammlungen zwar unterschiedliche Themen zum Gegenstand gehabt. Allerdings sei es so, dass sich der Kreis der Teilnehmer, der sich sehr deutlich und individuell der örtlichen Neonazi-Szene zuordnen ließ, regelmäßig sehr homogen gestalte. Da die Sicherheits- und Ordnungsverstöße keinen Bezug zu dem Versammlungsthema aufwiesen, sei den unterschiedlichen Themen in der Prognose kein besonderes Gewicht beizumessen. Die Vergangenheit habe nämlich gezeigt, dass jedes von der Klägerin propagierte Versammlungsmotto dem homogenen Teilnehmerkreis Anlass für die Schaffung teils erheblicher Gefahrenlagen biete. Alle Versammlungen hätten sich durch eine emotional aufgeheizte Stimmung, eine bewusst gesuchte und beabsichtigte wechselseitige Provokation des Gegenprotests oder der Polizei bis hin zur Begehung von Straftaten ausgezeichnet. Diese Umstände seien auch für die Versammlung am 19. Oktober 2018 zu erwarten gewesen. In allen Versammlungen seien dieselben Personen als Versammlungsleiter und sein Vertreter aufgetreten. Die Versammlungsteilnehmer setzten sich in allen Versammlungen vornehmlich aus der örtlichen rechten Szene zusammen. Störungen, Provokationen und Straftaten seien in allen Versammlungen von unterschiedlichen Versammlungsteilnehmern/Vertretern der rechten Szene vor, während und nach den Versammlungen ausgegangen. Für den 19. Oktober 2018 sei von einer weitgehenden Personengleichheit und damit von einem vergleichbaren Störerpotential auszugehen gewesen. 30Für die Einschätzung der Gefahrenlage seien auch Erkenntnisse, die im Vorfeld der Versammlung in den sozialen Netzwerken gesammelt werden konnten, maßgeblich gewesen. So sei am 2. und 3. Oktober 2018 für den 3. Oktober 2018 beim Kurznachrichtendienst „Twitter“ massiv zum Gegenprotest aufgerufen worden u.a. von „N. T. B. E. “, „B1. B. 000“, „Q1. “ und „B2. “. Auf die beigefügten Tweets werde verwiesen. Die Klägerin habe den Hashtag „O. “ ebenfalls genutzt, um ihre Versammlung vom 3. Oktober 2018 dem politisch linken Spektrum bekannt zu machen, wie der beigefügte Tweet belege. Am 8. Oktober 2018 habe sie wiederum einen Tweet unter dem genannten Hashtag zu der am gleichen Tag stattfindenden Versammlung veröffentlicht. Die gegenseitige Provokation vor Ort sei daher seitens der Klägerin gezielt einkalkuliert und beabsichtigt gewesen. Für die Versammlungen am 19. Oktober 2018 seien ebenfalls Aufrufe zum Gegenprotest bei Twitter erfolgt. Auch die Klägerin habe gezielt ihre Versammlung bei Twitter angekündigt. Aufgrund der breiten Veröffentlichung und dem gleichen Aufrufverhalten sei es höchstwahrscheinlich gewesen, dass Gegenprotest in ähnlicher Größenordnung und mit ähnlichem Störerpotential erscheinen werde. Auch die Kriminalinspektion Staatsschutz sei nach den vorliegenden Erkenntnissen davon ausgegangen, dass bei einer „Rechten Versammlung“ der angekündigten Größenordnung sehr wahrscheinlich mit aggressiv ausgerichtetem Gegenprotest zu rechnen sei. Dies insbesondere dann, wenn – wie hier – der „linken Szene“ Ort und Zeit der Veranstaltung im Vorfeld bekannt werden. Im Falle von gewalttätigem Gegenprotest seien Straftaten (insbesondere gemäß §§ 223ff. StGB) einzukalkulieren, die sich auch gegen die Polizei richten können. 31Mit der klägerischen Versammlung sei auch eine nach § 12a Abs. 1 Satz 1, 19a VersG taugliche Störerin gewählt worden. Zwar dürfe sich die Maßnahme nach dem Wortlaut dieser Vorschrift nur gegen „Teilnehmer bei oder im Zusammenhang mit öffentlichen Versammlungen“ richten, d.h. gegen einzelne störende Versammlungsteilnehmer. Dies schließe ein Vorgehen gegen die gesamte Versammlung indes nicht aus. Dies gelte jedenfalls dann, wenn alle Versammlungsteilnehmer jeweils für sich genommen die tatbestandlichen Voraussetzungen erfüllen und deshalb als Adressaten der Maßnahme in Betracht kommen. Dies sei vorliegend der Fall gewesen. Die Verantwortlichkeit der einzelnen Versammlungsteilnehmer ergebe sich zunächst aus ihrer Zugehörigkeit zur klägerischen Versammlung. Aus den dargelegten Erkenntnissen ergebe sich, dass es im Zusammenhang mit Versammlungen der Klägerin regelmäßig zu wechselseitigen Beleidigungen, körperlichen Auseinandersetzungen, Sachbeschädigungen und anderen versammlungstypischen Straftaten aus der Versammlung gegen Gegendemonstranten, Polizeivollzugsbeamte und Passanten sowie in die Versammlung gegen Versammlungsteilnehmer infolge erheblicher Provokationen komme. 32Ungeachtet dessen sei eine uneingeschränkte Aufzeichnung auch deshalb gerechtfertigt gewesen, weil gegenüber einem erheblichen Teil der Versammlungsteilnehmer die Gefahrenprognose auch darauf habe gestützt werden können, dass sie bereits in der Vergangenheit strafrechtlich in Erscheinung getreten seien. Hinsichtlich der Versammlungsteilnehmer im Übrigen greife die Vorschrift des § 12a Abs. 1 Satz 2 VersG, wonach die Maßnahme auch dann durchgeführt werden darf, wenn durch sie Dritte unvermeidbar betroffen sind. 33Bei der Betätigung seines Störerauswahlermessens habe er insbesondere nicht verkannt, dass mit demjenigen, der unmittelbar vor Versammlungsbeginn die Eisenstange geworfen habe, auch ein Störer vorhanden gewesen sei, gegen den ein Einschreiten (etwa nach § 18 Abs. 3 VersG) möglich gewesen sei und der nicht der klägerischen Versammlung angehört habe. Insoweit sei zu beachten, dass durch ein Einschreiten gegen diesen Dritten die Gefahr nicht vollständig beseitigt worden wäre. Hierdurch wäre es nur zu einer Beseitigung der Gefahr für die Versammlung der Klägerin sowie des Versammlungsleiters der Klägerin durch den Eisenstangenwerfer gekommen. Im Übrigen hätte die aufgezeigte Gefahr fortbestanden. Hinzu komme, dass ein aktives Einschreiten gegen den Eisenstangewerfer ein weitaus höheres Eskalationspotential aufgewiesen hätte als die bloße Anfertigung von Bild- und Tonaufnahmen. 34Die Entscheidung sei auch ermessensfehlerfrei ergangen. Die Maßnahme habe dem legitimen Zweck gedient, eine Eskalation der ohnehin bereits angespannten Situation zu verhindern und Beweise für eine etwaige zukünftige Strafverfolgung zu sichern. Zur Erreichung dieses Zwecks sei die Anfertigung von Bild- und Tonaufnahmen auch geeignet. Der Umstand, dass entsprechendes Fehlverhalten sogleich aufgezeichnet werde, entfalte eine abschreckende Wirkung, die eine Eskalation verhindere. Etwaige Restzweifel gingen nicht zu seinen Lasten. Ihm komme insoweit eine Ein-schätzungsprärogative zu. 35Die Anfertigung von Bild- und Tonaufnahmen sei auch erforderlich. Das Aufstellen der Kamera im Stand-by-Modus von der Versammlung abgewandt sei nicht in gleicher Weise zur Verhütung der in Rede stehenden Eskalation und zur Beweissicherung geeignet, da der erste Zwischenfall dann nicht aufgenommen werden könne. Darüber hinaus werde eine abschreckende Wirkung allein durch das Aufstellen der Kamera nicht von Beginn an entfaltet. Dies sei hier jedoch angesichts der vorangegangenen Provokationen und Straftaten erforderlich gewesen. Die Versammlungsteilnehmer hätten also bei einem bloßen Aufstellen der Kamera quasi „einen Zwischenfall frei“. 36Die Anfertigung von Bild- und Tonaufnahmen sei schließlich angemessen. Die Maßnahme habe dem Schutz insbesondere von Leib, Leben, Eigentum und Ehre aller anwesenden Personen sowie der Unversehrtheit der objektiven Rechtsordnung gedient. Die Beeinträchtigung der Versammlungsfreiheit seitens der Klägerin wiege diesen Rechtsgütern gegenüber nicht schwer. Das Gefühl, überwacht zu werden (sog. „chilling effect“) führe nicht im selben Umfang zu einer Beschränkung grundrechtlicher Freiheiten wie solche Maßnahmen, die einen hoheitlichen Befehl enthalten, der zur Not mit Zwang durchgesetzt werden kann. Insoweit sei zu bedenken, dass die Maßnahme – anders als eine Auflage oder gar ein Verbot – die Versammlungsfreiheit objektiv überhaupt nicht einschränke. Wolle man insoweit auf die psychischen Wirkungen staatlicher Kenntnisnahme von der Teilnahme an einer Versammlung abstellen, würde sich dem Grunde nach die Frage stellen, ob überhaupt polizeiliche Präsenz im Rahmen einer Versammlung tolerabel sein könne, solange diese nicht zur konkreten Gefahrenabwehr erforderlich werde. Insoweit sei allerdings anerkannt, dass die bloße polizeiliche (und damit staatliche) Präsenz bei einer Versammlung von besonderen Ausnahmen abgesehen, keinen Eingriff in das Grundrecht der Versammlungsfreiheit darstelle. 37Schließlich verweise er auf das Urteil des Verwaltungsgerichts Würzburg vom 28. April 2016 – W 5 K 15.396 –. Der hier zu beurteilenden Gefahrenprognose hätten ähnliche Umstände wie am 19. Oktober 2018 zugrunde gelegen. 38Das Gericht hat den Beklagten mit Verfügung vom 13. Oktober 2020 der Vollständigkeit halber gebeten, die Einsatzberichte / -dokumentationen zur streit-gegenständlichen Versammlung einzureichen. Mit Erlass vom 12. November 2020 hat das Ministerium des Innern des Landes Nordrhein-Westfalen diese als geheimhaltungsbedürftig eingestuft und eine Aktenvorlage verweigert. 39In der mündlichen Verhandlung sind Polizeidirektor M2. und Regierungsdirektor K. informatorisch befragt worden. Insoweit wird auf das Sitzungsprotokoll vom 24. November 2020 verwiesen. 40Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die Gerichtsakten einschließlich der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten (Beiakte Heft 1). 41Entscheidungsgründe: 42Die Klage hat Erfolg. 43Die Klage ist zulässig. Sie ist als Feststellungsklage gemäß § 43 der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – statthaft. Die Bild- und Tonaufnahmen und -aufzeichnungen der Teilnehmer der klägerischen Versammlung durch Einsatzkräfte der Polizei stellen Realakte dar. Da sich diese bereits vor der Klageerhebung erledigt haben, kann das diesbezügliche staatliche Handeln zum Gegenstand einer Feststellungsklage gemacht werden. Das feststellungsfähige und konkrete Rechtsverhältnis i. S. d. § 43 Abs. 1 VwGO ergibt sich aus der durchgeführten polizeilichen Beobachtung der Teilnehmer der klägerischen Versammlung. 44Das erforderliche Feststellungsinteresse der Klägerin ist bereits aufgrund der Möglichkeit einer kurzfristig erledigten, aber schwerwiegenden Beeinträchtigung der in Art. 8 des Grundgesetzes – GG – garantierten Versammlungsfreiheit gegeben. Die Videobeobachtung einer Versammlung durch die Polizei ist als unmittelbarer Eingriff in den Schutzbereich des Art. 8 GG zu qualifizieren. Das Bewusstsein, dass die Teilnahme an einer Versammlung in dieser Weise festgehalten wird, kann Einschüchterungswirkungen haben, die zugleich auf die Grundlagen der demokratischen Auseinandersetzung zurückwirken. Wer damit rechnet, dass die Teilnahme an einer Versammlung behördlich registriert wird und dass ihm dadurch persönliche Risiken entstehen können, wird möglicherweise auf die Ausübung seines Grundrechts verzichten. 45Vgl. hierzu BVerfG, Beschlüsse vom 3. März 2004 – 1 BvR 461/03 – und 17. Februar 2009 – 1 BvR 2492/08 –; BVerwG, Beschluss vom 11. Dezember 2003 – 1 WB 14/03 –; vgl. auch VG Gelsenkirchen, Urteil vom 19. Februar 2017 – 14 K 7046/16 –; nachfolgend OVG NRW, Beschluss vom 11. März 2020 – 15 A 1139/19 –; sämtlich juris. 46Das berechtigte Interesse der Klägerin ist darüber hinaus durch die Möglichkeit des Eingriffs in das Recht der Teilnehmer der Versammlung auf informationelle Selbstbestimmung nach Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG begründet. 47Ungeachtet dessen ist eine Wiederholungsgefahr bezogen auf die Klägerin anzunehmen, da diese vorgetragen hat, auch in Zukunft Versammlungen in E. veranstalten zu wollen. Dem Vortrag des Beklagten lässt sich entnehmen, dass dieser in einem solchen Fall gegebenenfalls erneut mit vergleichbarer Begründung Aufnahmen von der Polizei anfertigen bzw. eine Videobeobachtung durchführen lassen wird. 48Die Klage ist auch begründet. 49Die Klägerin hat einen Anspruch auf die begehrte Feststellung, dass der Beklagte durch das durchgängige Abfilmen der Kundgebung der Klägerin am 19. Oktober 2018 in E. -N. rechtswidrig gehandelt hat. 50Aufgrund der Angaben des Polizeidirektors M1. und den Angaben auf dem vom Beklagten übersandten Datenträger steht fest und ist im Übrigen unstreitig, dass die klägerische Versammlung von 20 Uhr an – und damit bereits vor ihrem offiziellen Beginn – bis 21 Uhr videografiert und von 21 bis 22 Uhr jedenfalls videobeobachtet wurde. Ob der Beklagte über 21 Uhr hinaus, d.h. bis zum Ende der Versammlung um 22 Uhr Bild- und Tonaufnahmen (in Gänze oder anlassbezogen) gespeichert hat, konnte die Kammer nicht aufklären. Polizeidirektor M1. gab auf Nachfrage in der mündlichen Verhandlung an, vor Beginn der Versammlung angeordnet zu haben, dass dem Versammlungsleiter „Rechts“ mitgeteilt werde, dass die Versammlung videografiert werde. Die Diskrepanz zu den Angaben auf dem Datenträger, aus denen sich eine Aufzeichnungsdauer von lediglich einer Stunde ergibt, könne er nicht aufklären. Einer weiteren Aufklärung durch die Kammer zur Dauer der Aufzeichnung bedurfte es nicht, da auch die polizeiliche Videobeobachtung einen Eingriff in die durch Art. 8 Abs. 1 GG geschützte innere Versammlungsfreiheit der Teilnehmer darstellt und einer gesetzlichen Grundlage bedarf. 51Vgl. VG Gelsenkirchen, Urteil vom 19. Februar 2017 – 14 K 7046/16 –, juris m.w.N.; nachfolgend OVG NRW, Beschluss vom 11. März 2020 – 15 A 1139/19 –, juris. 52Die Kammer legt zudem zugrunde, dass dabei die gesamte Versammlung, d.h. sämtliche Teilnehmer, Gegenstand der Videobeobachtung/-aufzeichnung waren und dass im Bedarfsfall einzelne Personen herangezoomt wurden. Polizeidirektor M1. gab in der mündlichen Verhandlung auf Nachfrage des Gerichts, ob Einzelpersonen oder die gesamte Versammlung abgefilmt wurden an, dass es zunächst darum gehe, herauszufinden, wer die Hauptaggressoren seien und welche Personen potentiell als Störer in Betracht kommen. Es sei unvermeidbar, dass Umsehende dabei mit gefilmt werden. Technisch sei es so, dass es unvermeidbar sei, zunächst die gesamte Demonstration aufzunehmen und dann einzelne Personen heranzuzoomen. 53Als Rechtsgrundlage für die Anfertigung von Bild- und Tonaufzeichnungen bzw. die Durchführung einer Videobeobachtung – als sog. Minusmaßnahme – kommen allein die §§ 12a Abs. 1 Satz 1, 19a VersG in Betracht. 54Danach darf die Polizei bei Versammlungen unter freiem Himmel und Aufzügen Bild- und Tonaufnahmen von Teilnehmern bei oder im Zusammenhang mit öffentlichen Versammlungen nur anfertigen, wenn tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass von ihnen erhebliche Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung ausgehen. Die Maßnahmen dürfen auch durchgeführt werden, wenn Dritte unvermeidbar betroffen werden, § 12a Abs. 1 Satz 2 VersG. 55Vorliegend waren bereits die tatbestandlichen Voraussetzungen der §§ 12a, 19a VersG nicht gegeben. 56Der Begriff der öffentlichen Sicherheit, der vorliegend vom Beklagten zum Maßstab seiner Gefahrenprognose gemacht wurde, umfasst die Unversehrtheit der objektiven Rechtsordnung, der subjektiven Rechte und Rechtsgüter des Einzelnen sowie der staatlichen Einrichtungen, wobei in der Regel eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit angenommen wird, wenn eine strafbare Verletzung dieser Schutzgüter droht. 57Vgl. BVerfG, Beschluss vom 14. Mai 1985 – 1 BvR 233/81, 1 BvR 341/81 –, juris; Baczak in: Ridder/Breitbach/Deiseroth, Versammlungsrecht des Bundes und der Länder, Kommentar, 2. Auflage, § 15 Rn. 96ff. 58Eine erhebliche Gefahr im Sinne des § 12a VersG bedeutet eine Gefahr für gewichtige Rechtsgüter wie Leib und Leben, Freiheit, wesentliche Vermögenswerte oder den Bestand des Staates. 59Vgl. Arzt in: Ridder/Breitbach/Deiseroth, a.a.O., § 19a Rn. 28; Ott/Wächtler/Heinhold, Gesetz über Versammlungen und Aufzüge, 7. Auflage 2010, § 12a Rn. 8. 60Erforderlich ist eine rechtsfehlerfreie und auf Tatsachen beruhende Prognose, dass ein bestimmtes Verhalten eines Teilnehmers / mehrerer Teilnehmer voraussichtlich die Gefahrengrenze überschritten wird. Aufgrund einer solchen Prognoseentscheidung kann im Einzelfall ein Kameraeinsatz zulässig sein, bevor sich die Gefahr tatsächlich, etwa durch Tätlichkeiten aus der Versammlung heraus, verwirklicht hat. Bloße Verdachtsmomente und Vermutungen genügen allerdings nicht. Für die Gefahrenprognose können Ereignisse im Zusammenhang mit früheren Versammlungen als Indizien herangezogen werden, soweit jene bezüglich des Mottos, des Ortes, des Datums sowie des Teilnehmer- und Organisatorenkreises Ähnlichkeiten zu der geplanten Versammlung aufweisen. 61Vgl. BVerfG, einstweilige Anordnung vom 4. September 2009 – 1 BvR 2147/09 –; OVG NRW, Beschluss vom 21. Oktober 2015 – 15 B 1201/15 –; sämtlich juris m.w.N. 62Diesen Anforderungen wird die von dem Beklagten zur Grundlage seiner Entscheidung gemachte Gefahrenprognose nicht gerecht. Zum Zeitpunkt des Versammlungsbeginns bzw. ihrer Sammlungsphase in E. -N. waren (aus der maßgeblichen ex ante Sicht) keine tatsächlichen Anhaltspunkte erkennbar, dass von den Versammlungsteilnehmern der hier konkret in Rede stehenden Versammlung erhebliche Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung ausgingen, welche ein durchgängiges Abfilmen sämtlicher Versammlungsteilnehmer – sei es mit oder ohne Speicherung der Aufnahmen – gerechtfertigt hätte. 63Die Kammer legt ihrer Würdigung insoweit die von dem Beklagten im Rahmen der Klageerwiderung angeführten Umstände sowie die Angaben des in der mündlichen Verhandlung informatorisch befragten Polizeidirektors M1. zugrunde. Auf Angaben des ebenfalls auf Vorschlag des Beklagten an dem Termin zur mündlichen Verhandlung teilnehmenden Regierungsdirektors K. konnte die Kammer nicht zurückgreifen. Dieser gab auf Nachfrage des Gerichts an, dass er zur Sachverhaltsaufklärung leider sehr wenig beitragen könne. Soweit mit Erlass des Ministeriums des Innern des Landes Nordrhein-Westfalen die Übersendung der der Vollständigkeit halber angeforderten Einsatzberichte/‑dokumentationen zur der streitgegenständlichen Versammlung verweigert wurde, hat die Kammer dies hinzunehmen, vermag die Gründe für die Annahme der Geheimhaltungsbedürftigkeit aber nicht nachzuvollziehen. Denn es wurden, wie in vergleichbaren Verfahren regelmäßig, lediglich Einsatzberichte angefordert, die unter Zugrundelegung dokumentierter Tatsachen eine gerichtliche Überprüfung des polizeilichen Handels ermöglichen sollen. Die Preisgabe etwaiger strategischer Überlegungen und polizeilicher Konzepte wurde nicht abverlangt. Insoweit hat sich die Kammer im Rahmen ihrer Amtsermittlung auf die zur Verfügung stehenden Erkenntnisquellen unter Berücksichtigung der jeweiligen Darlegungslast, 64vgl. zur Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen von Gründen die wegen einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit polizeiliche Maßnahmen im Zusammenhang mit Versammlungen rechtfertigen BVerfG, Einstweilige Anordnung vom 4. September 2009 – 1 BvR 2147/09 –, juris, 65zu beschränken und sich eine Überzeugung zu verschaffen. Letztlich ist die Kammer auf diese Einsatzberichte für die Prüfung, ob die Seitens des Beklagten herangezogenen Umstände die getroffene Gefahrenprognose tragen, nicht angewiesen. Denn der Beklagte hat die Entscheidung, die Versammlung der Klägerin zu videografieren, unstreitig bereits vor dem Versammlungsbeginn getroffen, so dass es für die insoweit zu beurteilende Gefahrenprognose aus ex ante Sicht auf den Verlauf der Versammlung schon nicht ankommt. 66Ausgehend davon war nach den Erkenntnissen aus vorangegangenen Versammlungen der Klägerin zwar ein Aufeinandertreffen mit Angehörigen des linken Spektrums, in dessen Zuge es zu Provokationen und Beleidigungen würde kommen können, aufgrund tatsachengestützter Anhaltspunkte hinreichend wahrscheinlich. Insoweit verkennt die Kammer nicht, dass über mehrere Versammlungstage der Einsatz starker polizeilicher Kräfte erforderlich war. Hinreichend tatsachengestützte Anhaltspunkte, dass es bei der streitgegenständlichen Versammlung der Klägerin darüber hinaus zu gewalttätigen Auseinandersetzungen aus der Versammlung der Klägerin heraus kommen würde, welche die Tatbestandsvoraussetzungen der §§ 12a, 19a VersG erfüllen würden, bestanden jedoch auch bei Würdigung des maßgeblichen Kenntnisstandes zum ex-ante-Zeitpunkt nicht. 67Die von dem Beklagten in den Blick genommenen vorhergehenden Versammlungen der Klägerin vom 21. September 2018 sowie vom 3., 8. und 19. Oktober 2018 standen zwar in einem engen zeitlichen Zusammenhang mit der streitgegenständlichen Versammlung und waren auch mit dieser vergleichbar. Die Annahme des Beklagten, dass für die streitgegenständliche Versammlung von einem identischen Teilnehmerkreis auszugehen ist, begegnet keinen Bedenken und ist von der Klägerin im Übrigen auch nicht in Abrede gestellt worden. Auch sprechen entgegen der Auffassung der Klägerin die unterschiedlichen Versammlungsthemen nicht gegen eine Vergleichbarkeit der Versammlungen. Denn es ist nach den vorliegenden Erkenntnissen nicht ersichtlich, dass das Versammlungsthema für den Verlauf der vorangegangenen Versammlungen der Klägerin oder das Ausmaß des Gegenprotests von Bedeutung war. Soweit sich die Versammlungen der Klägerin dadurch unterscheiden, dass sie in verschiedenen E1. Stadtteilen mit unterschiedlichem politischem Gepräge stattgefunden haben, vermag die Kammer Auswirkungen nur hinsichtlich der Mobilisierung des linken Gegenprotests zu erkennen, sodass sich in Bezug auf die die Klägerin betreffenden Rückschlüsse keine Unterschiede ergeben. Soweit die Klägerin auf die unterschiedlichen Versammlungsformen abzielt, ist ihr darin zustimmen, dass einem Aufzug grundsätzlich ein höheres Gefahrenpotential innewohnt als einer Standkundgebung. Dass sich dieses bei den allein in Form eines Aufzuges erfolgten Versammlungen der Klägerin am 21. September 2018 realisiert hat, ist jedoch nicht ersichtlich und vom Beklagten auch nicht fehlerhaft zur Grundlage seiner Prognose gemacht worden. 68Die aus den vorherigen Versammlungen der Klägerin gewonnenen Erkenntnisse des Beklagten tragen die getroffene Gefahrenprognose jedoch nicht. 69Denn der Beklagte hat bereits nicht danach differenziert, von wem die Gefahr ausgeht. Die von ihm benannten Vorkommnisse betreffen teilweise nicht die Teilnehmer der klägerischen Versammlung, sondern den Gegenprotest und sind daher nicht geeignet, Maßnahmen gegenüber Teilnehmern der klägerischen Versammlung zu rechtfertigen. Dies gilt für den aus Sicht der Beteiligten erfüllten Straftatbestand der Beleidigung durch Bewurf eines Versammlungsteilnehmers der Klägerin mit Tierkot während der Versammlung am 3. Oktober 2018 am E1. O.---markt , den Wurf einer Flasche auf den Lautsprecherwagen der Klägerin auf der anschließenden Versammlung auf dem T.-----platz und den am 19. Oktober 2019 unmittelbar vor Beginn der streitgegenständlichen Versammlung erfolgten Wurf einer Eisenstange in Richtung des Versammlungsleiters der Klägerin. Dass es dem Gegenprotest bei der Versammlung am 8. Oktober 2018 trotz lediglich vierstündiger Vorlaufzeit gelungen ist, 150 Teilnehmer zu organisieren, ist ebenfalls kein gegenüber der Klägerin zu berücksichtigender Aspekt. 70Bei den die Versammlungsteilnehmer der klägerischen Versammlungen betreffenden Vorfällen verkennt der Beklagte zunächst schon, dass die bloße Gefahr der Begehung einer Ordnungswidrigkeit nicht die erforderliche erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit begründet. 71Vgl. VG Münster, Urteil vom 21. August 2009 – 1 K 1403/08 –, juris. 72Hiernach konnte weder die Zündung von zwei Leuchtfackeln aus einer Wohnung in der B.-------straße heraus während der Versammlung der Klägerin am 21. September 2018 in E. -E2. noch das Zünden von Pyrotechnik während des am gleichen Tag erfolgten Aufzuges durch E. -N. . zur Grundlage der Gefahrenprognose gemacht werden. Beim erstgenannten Vorfall tritt zudem hinzu, dass die hierin liegende Ordnungswidrigkeit nicht aus der Versammlung heraus begangen wurde, sodass diese gefilmt werden müsste. 73Die von Teilnehmern der klägerischen Versammlung aus Sicht des Beklagten während der Anreise zur Versammlung vom 3. Oktober 2018 verwirklichten Tatbestände der Beleidigung genügen zudem nicht dem Tatbestandserfordernis einer erheblichen Gefahr, welches, wie dargelegt, eine Betroffenheit hochwertiger Rechtsgüter verlangt, für welchen nicht jeder Bruch der Rechtsordnung genügt. Dass allein der Tatbestand der Beleidigung nicht dazu zählt, zeigt sich bereits aus der nach § 199 StGB möglichen Straflosigkeit von – in der von dem Beklagten geschilderten – versammlungstypischen Konstellation der wechselseitigen Beleidigungen. 74Soweit der Beklagte auf das Skandieren der Parole „Wer Deutschland liebt, ist Antisemit“ durch 20 Teilnehmer der klägerischen Versammlung vom 21. September 2018 abstellt, ist – ungeachtet der Frage nach der Strafbarkeit dieser Parole – weder dargelegt noch ersichtlich, dass diese Parole in den drei nachfolgenden Versammlungen der Klägerin am 3. und 8. Oktober 2018 erneut gerufen wurde. Dabei kann dahinstehen, ob dies auf einen freiwilligen Entschluss der Klägerin oder auf eine entsprechende Auflage des Beklagten zurückzuführen war, da in beiden Fällen der Annahme einer sich hierdurch erneut realisierenden Gefahr für die öffentliche Sicherheit der Boden entzogen ist. Ein hierin unter Einbeziehung der Umstände des Versammlungsgeschehens etwaig liegender Verstoß gegen die öffentliche Ordnung ist vom Beklagten nicht zum Inhalt seiner Gefahrenprognose gemacht worden und würde eine wie hier erfolgte permanente Videobeobachtung/-aufnahme nach den §§ 12a, 19a VersG mit Blick auf die Eingriffsintensität auch nicht rechtfertigen. 75Vgl. Arzt in: Ridder/Breitbach/Deiseroth, a.a.O., § 19a Rn. 28 m.w.N.; krit. Groscurth in: Peters/Janz, Handbuch Versammlungsrecht, G Rn. 175. 76Das große mediale Interesse an dem Verlauf dieser Versammlung ist kein tauglicher Gesichtspunkt, der im Rahmen der zu treffenden Gefahrenprognose Berücksichtigung finden kann. 77Auch die von dem Beklagten zur Begründung seiner Entscheidung herangezogene Provokationswirkung der vorgenannten Verhaltensweisen der Versammlungsteilnehmer der klägerischen Versammlungen, trägt die Ex-Ante Prognose des Beklagten, es bestehe eine erhebliche Gefahr im Sinne der §§ 12a und 19a VersG, welche die Videobeobachtung oder Aufzeichnung aller Teilnehmer der Versammlung während deren gesamter Dauer rechtfertige, nicht. 78Auch hier differenziert der Beklagte nicht danach, von wem die auf zu erwartende Provokationen erfolgende Reaktion, die eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit darstellen soll, ausgeht. Eine solche Differenzierung wäre gerade im Zusammenhang mit einer durch Art. 8 GG geschützten Versammlung aber erforderlich. Es entspricht nämlich gefestigter höchstrichterlicher Rechtsprechung, dass die Meinungskundgabe im Rahmen einer Versammlung auch provozieren darf und sogar so weit gehen kann, dass sie von der Mehrheit der Bevölkerung als unerträglich angesehen wird. Dies bedeutet nicht, dass die Meinungskundgabe auf einer Versammlung grenzenlos wäre. Sie findet ihre Schranke nach Art 8 Abs. 2 und Art. 5 Abs. 2 GG in den allgemeinen Gesetzen, hier insbesondere in den Tatbeständen des Strafgesetzbuchs. Das Grundrecht der Versammlungsfreiheit schützt die Durchführung von Versammlungen, ermöglicht jedoch nicht Rechtsgutverletzungen, die außerhalb von Versammlungen unterbunden werden dürfen. Der Beklagte hat daher in einer Einzelfallabwägung zu bewerten, ob die von der Versammlung ausgehende Provokation diese Grenzen überschreitet und dadurch selbst zu einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung werden kann. 79Vgl. z.B.: BVerfG, Urteil vom 22. Februar 2011 – 1 BvR 699/06 –, BVerfGE 128, 226ff; Beschlüsse vom 27. Oktober 2016 – 1 BvR 458/10 –, BVerfGE 143, 161ff, vom 19. Dezember 2007 – 1 BvR 2793/04 – und vom 23. Juni 2004 – 1 BvQ 19/04 –, BVerfGE 111, 147ff, sämtlich auch juris. 80Darüber hinaus hat der Beklagte aber im Einzelfall unter Berücksichtigung der konkreten Umstände zu entscheiden, gegen wen er seine Maßnahmen zu richten hat. Gegen die friedliche Versammlung selbst, also gegen Nichtstörer kann nur unter den besonderen Voraussetzungen des polizeilichen Notstandes eingeschritten werden. 81Vgl. BVerfG, Stattgebender Kammerbeschluss vom 20. Dezember 2012 – 1 BvR 2794/10 –, m.w.N.; OVG NRW, Beschlüsse vom 24. September 2019 – 15 A 3186/17 – und vom 13. September 2019 – 15 B 1251/19 –; sämtlich juris. 82Erreichen die vom Beklagten aufgrund der vorhergehenden Versammlungen prognostizierten Provokationen selbst nicht das Maß einer erheblichen Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung, sondern führen erst die Reaktionen der Gegendemonstranten zu einer solchen, sind Maßnahmen und hierzu zählen nicht nur Verbote oder Auflagen, sondern aufgrund deren Eingriffsqualität auch die Videobeobachtung und das Videografieren, primär gegen diese zu richten. 83Vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 12. Mai 2010 – 1 BvR 2636/04 –; Einstweilige Anordnung vom 1. September 2000 – 1 BvQ 24/00 –, m.w.N., sämtlich juris 84Wie bereits ausgeführt erreichen die vom Beklagten herangezogenen und den Teilnehmern der Versammlungen der Klägerin zuzurechnenden Vorfälle die Schwelle der erheblichen Gefahr vorliegend nicht. Dies mag sich für die geschilderten Reaktionen der Gegendemonstranten anders darstellen, würde aber, wie ausgeführt, allein die Videobeobachtung der Gegendemonstration rechtfertigen, welche hier nicht Streitgegenstand ist. 85Soweit der Beklagte Verstöße einzelner Teilnehmer der vorhergehenden klägerischen Versammlungen gegen Strafgesetze zur Grundlage seiner Prognose gemacht hat, sind diese nach Auffassung der Kammer in der Gesamtschau nicht geeignet, die Seitens des Beklagten zu sämtlichen Teilnehmern der bevorstehenden Versammlung erfolgte Prognose zu begründen. 86Die Kammer verkennt nicht, dass gegen mehrere Teilnehmer klägerischer Versammlungen wegen Zündens von Pyrotechnik im Bereich der Gleise am Bahnhof N. während der Versammlung am 21. September 2018 in E. -N. und der Entleerung von Feuerlöschern aus dem Lautsprecherwagen heraus auf Personen des Gegenprotests und Polizeivollzugsbeamte bei der Versammlung am 3. Oktober 2018, möglicherweise erhebliche strafrechtliche Vorwürfe im Raum standen. Hierbei handelt es sich jedoch um die beiden einzigen tatsachengestützt vorgetragenen, möglicherweise im Sinne des §§ 12a, 19a VersG erheblichen Vorfälle aus den sechs vom Beklagten in den Blick genommenen Versammlungen. Soweit der Beklagte über diese Vorfälle hinaus auf das Zustürmen eines einzelnen Teilnehmers der klägerischen Versammlung 3. Oktober 2018 auf eine Gruppe des linken Spektrums und die nachfolgende körperliche Auseinandersetzung abgestellt hat, ist auch dies nicht geeignet, die gegenüber allen Versammlungsteilnehmern ergangene Prognose in der vorzunehmenden Gesamtbetrachtung zurechtfertigen. Dies gilt insbesondere auch deshalb, weil es in der nachfolgenden Versammlung der Klägerin am 8. Oktober 2018 nach den übereinstimmenden Angaben der Beteiligten trotz massiven Gegenprotests zu keinem weiteren ggf. strafrechtlich relevanten Verhalten gekommen ist. Der Beklagte hat dies nicht als „entlastenden Umstand“ in seine Würdigung mit einbezogen, sondern die Versammlung aufgrund der „aggressiven Grundstimmung beider Lager“ - wie immer diese zu definieren ist - ebenfalls zur Grundlage seiner Prognose gemacht ohne auf tatsachengestützte Anhaltspunkte zurückgreifen zu können. 87Soweit der Beklagte seine Entscheidung auch auf die durch Aufklärungskräfte der Polizei erfolgte Feststellung, dass sich mindestens 17 der gewaltbereiten linken Szene zuzurechnende Personen auf der Anreise aus der Nordstadt Richtung E1. Westen bewegt haben, gestützt hat, fehlt es am Bezug zur klägerischen Versammlung und insoweit an einer Rechtfertigung mittels Videoaufnahmen in die Versammlungsfreiheit des Art. 8 GG einzugreifen. Die darin begründete Erwartung, dass es am Versammlungsort der Klägerin zu Konflikten zwischen beiden Lagern kommt, welche die die Grenze der Strafbarkeit überschreiten geht schließlich über eine bloße Vermutung nicht hinaus. 88Der geltend gemachte Alkoholgenuss von (potentiellen) Teilnehmern der klägerischen Versammlung auf dem Weg zum Versammlungsort in M. ist schließlich bereits mangelnder näherer Angaben zur Personenanzahl und der beobachteten „weiteren Enthemmung“ nicht geeignet, eine Prognose gegenüber sämtlichen Versammlungsteilnehmern zu tragen. Ungeachtet der Frage, ob hierin überhaupt ein Verstoß gegen das in Auflage 6 zur Versammlungsbestätigung vom 18. Dezember 2018 enthaltene Alkoholverbot „während der Versammlung“ liegt, vermag ein solcher keine erhebliche Gefahr im vorgenannten Sinne zu begründen. Bloße Auflagenverstöße allein können grundsätzlich, auch wenn sie nach § 29 Abs. 1 Nr. 3 VersG als Ordnungswidrigkeiten gelten, keine erhebliche Gefahr im vorgenannten Sinne begründen – jedenfalls wenn die Auflage nicht gerade den Schutz von Rechtsgütern von besonderem Gewicht unmittelbar bezweckt. Dass durch den Alkoholgenuss ein Verhalten der Versammlungsteilnehmer drohte, welches eine Gefahr für Rechtgüter von besonderem Gewicht bedeutet hätte, hat der Beklagte nicht dargelegt. 89Das Ergebnis der Gefahrenprognose des Beklagten wird auch nicht durch die von ihm im Vorfeld der Versammlung in den sozialen Netzwerken gesammelten Erkenntnisse gestützt. Die von ihm in der Klageerwiderung vom 7. Februar 2019 abgebildeten Tweets sind nicht geeignet, die Annahme eines erhöhten Gewaltpotentials der Teilnehmer der klägerischen Versammlung zu begründen. Die Tweets beziehen sich teilweise auf die Versammlungen am 3. und 8. Oktober 2018 (vgl. Tweets von „N. T. B. E. “, „B1. B. 000“, „Q1. “ und „B2. “ und der Klägerin) und lassen, unabhängig von der Urheberschaft, einen Bezug zu der streitgegenständlichen Versammlung bereits nicht erkennen. Die in Bezug auf die streitgegenständliche Versammlung veröffentlichten Tweets von „B1. B. 000“ und „Q. “ werden von der Beklagten dem Gegenprotest und nicht der Klägerin zugerechnet, so dass dahingestellt bleiben kann, ob in diesen eine gezielte Provokation liegt. Soweit der Beklagte hierauf die Annahme eines großen Gegenprotests mit ähnlichem Störerpotential stützt, ist dies kein Gesichtspunkt, der bei der hier relevanten Gefahrenprognose gegenüber der Klägerin Berücksichtigung finden konnte. Die zwei die streitgegenständliche Versammlung betreffenden und der Klägerin zugerechneten Tweets, enthalten über die Ankündigung der beiden Versammlungen vom 19. Oktober 2018 hinaus weder Provokationen des Gegenprotests noch Aufrufe zu Gewalttätigkeit diesem gegenüber. 90Soweit sich der Beklagte zudem auf die Einschätzung der Kriminalinspektion Staatsschutz stützt, dass bei einer „Rechten Versammlung“ der angekündigten Größenordnung sehr wahrscheinlich mit aggressiv ausgerichtetem Gegenprotest zu rechnen sei, handelt es sich um bloß abstrakt-generelle Erwägungen, die sich zudem auch wieder auf den erwarteten Gegenprotest beziehen. Konkrete, tatsachengestützte Anhaltspunkte für eine unmittelbar der Versammlung der Klägerin zuzurechnende erhebliche Gefahr im Sinne der §§ 12a und 19a VersG werden damit nicht belegt. 91Der schriftsätzliche Vortrag des Beklagten, die Entscheidung, die Versammlung zu videografieren, sei während des Versammlungsgeschehens fortwährend überprüft worden ist, nicht substantiiert belegt. Die Angaben des in der mündlichen Verhandlung informatorisch befragten Polizeidirektors M1. geben hierfür ebenfalls keinen Anhalt sondern deuten eher darauf hin, dass eine solche Überprüfung nicht erfolgte. 92Ungeachtet dessen vermögen auch die nach dem Beginn der Versammlung in M. liegenden Vorkommnisse und Erkenntnisse des Beklagten dessen Gefahrenprognose für eine durchgehende Kameraverwendung nicht zu stützen. 93Soweit der Beklagte darauf abgehoben hat, dass ein Versammlungsteilnehmer der Klägerin offen eine Tätowierung gezeigt habe, welche gemäß § 86a StGB strafbar sei, rechtfertigt dies ebenfalls weder die Annahme einer erheblichen Gefahr noch können hieraus Rückschlüsse auf das Verhalten der übrigen Teilnehmer gezogen werden. Gleiches gilt für die vom Beklagten geschilderte Situation, wonach ein anreisender Versammlungsteilnehmer der Klägerin entgegen der polizeilichen Führung der Teilnehmer durch den Ausgang „X. Straße“ des S-Bahnhofes M. den hinter der Gegenversammlung gelegenen Ausgang genutzt habe und mitten durch die Gegenversammlung gelaufen sei, wobei er ein Banner eines Versammlungsteilnehmers des Gegenprotests bei Seite gewischt habe. Dass sich der Betreffende trotz der Gefährderansprache auch im Verlauf der Versammlung derart verhalten hat, dass die Grenze der erheblichen Gefahr überschritten zu werden drohte, hat der Beklagte nicht mehr dargelegt. Es ist auch nicht geltend gemacht worden, dass dieser Vorfall im Sinne der §§ 12a Abs. 1 Satz 1, 19a VersG relevantes Verhalten der übrigen Versammlungsteilnehmer ansatzweise nach sich gezogen hat. 94Die vom Beklagten in der Klageerwiderung vom 7. Februar 2019 erneut bemühten Tweets belegen die geltend gemachten fortwährenden Provokationen beider Lager über soziale Medien. Die getroffene Gefahrenprognose stützen diese mangels konkreter Aufforderungen zu Gewalttätigkeiten – aus der Versammlung der Klägerin heraus – jedoch nicht. 95Sofern der Beklagte aus den Tweets beider Lager über die Abreise der Teilnehmer von der vorhergehenden Versammlung in M. ableitet, dass sich bereits in E. -N. aufhaltende, weitere Versammlungsteilnehmer auf das baldige Eintreffen dieser hätten einstellen können, hat er ebenfalls keine über bloße Vermutungen hinausgehende tatsachengestützte Anhaltspunkte dafür dargelegt, dass von den Teilnehmern der klägerischen Versammlung erhebliche Gefahren im Sinne der §§ 12a Abs. 1 Satz 1, 19a VersG ausgehen. Selbst die tatsachengestützte Annahme einer erneuten Begegnung beider Lager genügte allein den Anforderungen der erforderlichen Gefahrenprognose ohne Hinzutreten weiterer Umstände nicht. Der Tweet von „Q. T. E. “ unter dem Hashtag #Nazisboxen wird vom Beklagten ebenfalls dem Gegenprotest und nicht der Klägerin bzw. ihren Versammlungsteilnehmern zugerechnet. 96Auch angesichts des Umstandes, dass der Beklagte aufgrund der Anmeldung der Klägerin und mangels gegenteiliger Erkenntnisse für die Versammlung in E. -N. von lediglich 30-45 Teilnehmern ausgehen musste – und damit von deutlich weniger Teilnehmern als für die Versammlungen vom 21. September 2018 und 3. Oktober 2018 – und aufgrund der Tatsache, dass es sich um eine Standkundgebung – und nicht um einen Aufzug – gehandelt hat, war zudem der Eintritt einer unübersichtlichen Gefährdungslage nicht überwiegend wahrscheinlich. 97Der Seitens des Beklagten schriftsätzlich zum Fortbestehen seiner Entscheidung, die Versammlung der Klägerin per Kamera zu beobachten bzw. diesbezügliche Aufnahmen zu speichern, angeführte Wurf einer Eisenstange aus einer Kleingruppe des Gegenprotests heraus in Richtung des Versammlungsleiters bzw. des mitgeführten Lautsprecherwagens im unmittelbaren Vorfeld der hier streitgegenständlichen Versammlung, ist als Angriff aus dem Bereich der Gegendemonstration ebenfalls nicht geeignet, die Gefahrenprognose gegenüber der Klägerin zu stützen. Die Annahme des Beklagten, eine gewalttätige Gegenreaktion von Teilnehmern der klägerischen Versammlung sei sehr wahrscheinlich gewesen, erweist sich - auch unter Berücksichtigung des in der Klageerwiderung geschilderten Verhaltens des Versammlungsleiters der Klägerin und seines Stellvertreters und der Ausführungen des Polizeidirektors M1. in der mündlichen Verhandlung - mangels weiterer tatsachengestützter Anhaltspunkte als bloße Vermutung. Soweit der Beklagte auf eine Beinahe-Attacke eines Teilnehmers der klägerischen Versammlung gegenüber einem Journalisten abstellt, ist nach den Angaben im Protokoll zu der hierzu gespeicherten Videodatei davon auszugehen, dass keine Straftat begangen wurde. Es ist ferner nicht ersichtlich, dass sich Teilnehmer der Versammlung durch das Herauslösen aus der Versammlung zum Zwecke der Provokation und Beleidigung des Gegenprotests in für §§ 12a, 19a VersG relevanter Weise strafbar gemacht haben. 98Im Übrigen geht der Verweis des Beklagten auf das Urteil des Verwaltungsgerichts Würzburg, 99vgl. VG Würzburg, Urteil vom 28. April 2016 – W 5 K 15.396 –, juris, 100zur Tragfähigkeit der von ihm in vergleichbarer Weise angestellten Gefahrenprognose fehl, da in dem dort zu beurteilenden Sachverhalt nicht die gesamte Versammlung permanent gefilmt, sondern lediglich in Einzelfällen anlässlich bestimmter Ereignisse Bild- und Tonaufzeichnungen von bestimmten Versammlungsteilnehmern gefertigt wurden. Eine solche Vorgehensweise wäre auch vom Beklagten zu fordern gewesen. 101Nach alledem wäre die vorgenommene Anfertigung von Bild- und Tonaufnahmen bzw. -aufzeichnungen der Teilnehmer der klägerischen Versammlung allenfalls nach den dargelegten Grundsätzen der sog. Nichtstörerinanspruchnahme in Betracht gekommen, wofür es an den erforderlichen Voraussetzungen des polizeilichen Notstandes fehlt. 102Selbst wenn das Vorliegen der Voraussetzungen der §§ 12a, 19a VersG unterstellt würde, wäre der Beklagte nicht berechtigt gewesen, die gesamte Versammlung der Klägerin durchgehend mittels Kamera zu beobachten bzw. zu filmen und nur im – im Übrigen nicht näher dargelegten – Einzelfall einzelne Versammlungsteilnehmer heranzuzoomen. 103Vorliegend war die Beobachtung und Aufzeichnung aller und nicht nur einzelner Versammlungsteilnehmer unzulässig. 104§§ 12a Abs. 1 Satz 1, 19a VersG begrenzt die Zulässigkeit der Bild- und Tonaufnahmen bzw. -aufzeichnungen nach seinem ausdrücklichen Wortlaut auf die Teilnehmer, von denen die erheblichen Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung ausgehen, d.h. auf die Störer. Eine Ermächtigung zum Videobeobachten bzw. Filmen aller Versammlungsteilnehmer ist § 12a Abs. 1 Satz 1 VersG hingegen nicht zu entnehmen, so lange nicht die gesamte Versammlung unfriedlich und damit zum Störer wird. 105Vgl. zu der Problematik Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Werkstand: 232. EL August 2020, § 12a Rn. 4; so wohl auch OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 5. Februar 2015 – 7 A 1683/14 –; offen gelassen von VG Gelsenkirchen, Urteil vom 19. Februar 2019 – 14 K 7046/16 –; VG Münster, Urteil vom 21. August 2009 – 1 K 1403/08 –; sämtlich juris. 106Entgegen der Auffassung des Beklagten lässt sich die Störereigenschaft sämtlicher Versammlungsteilnehmer nicht alleine mit ihrer Zugehörigkeit zur klägerischen Versammlung begründen. Genügt die bloße Teilnahme von Anhängern bestimmter, abstrakt gewaltbereiter Gruppierungen nicht den Anforderungen der von § 12a VersG geforderten Gefahrenprognose, die an tatsächliche Erkenntnisse anknüpfen muss, 107vgl. BVerfG, einstweilige Anordnung vom 4. September 2009 – 1 BvR 2147/09 –; OVG NRW, Beschluss vom 11. März 2020 – 15 A 1139/19 –; sämtlich juris, 108kann dieser Aspekt auch nicht zur Grundlage der Entscheidung, die Kamera auf die gesamte Versammlung auszurichten, gemacht werden. 109Soweit § 12a Abs. 1 Satz 2 VersG auch Bild- und Tonaufzeichnungen „Dritter“, d.h. solcher Personen, von denen keine Gefahren im Sinne des § 12a Abs. 1 VersG ausgehen zulässt, betrifft das Personen, die notwendigerweise mit aufgezeichnet werden, weil es technisch keine Möglichkeit gibt, die Aufnahme - etwa bei dynamischem Geschehen - so zu fokussieren, dass sie außerhalb des Bildbereichs sind. 110Es ist nach den Angaben des Polizeidirektors M1. nicht ersichtlich, dass die Anfertigung von Bild- und Tonaufnahmen bzw. -aufzeichnungen dem in der Klageerwiderung dargestellten Ziel diente, lediglich den „erheblichen Teil der strafrechtlich in der Vergangenheit in Erscheinung getretenen Versammlungsteilnehmer“ zu erfassen. Aus der Aussage des Polizeidirektors M1. in der mündlichen Verhandlung, es sei erforderlich gewesen, zunächst eine Übersicht zu gewinnen wer die Aggressoren sind, um dann diese heranzuzoomen, ergibt sich ein nicht aufzulösender Widerspruch zu dem Vortrag des Beklagten in der Klageerwiderung, es sei erforderlich gewesen, sieben namentlich benannte Teilnehmer der Versammlung zu beobachten und es sei, weil diese ein „erheblicher Teil“ der aus 45 Personen bestehenden Versammlung gewesen seien, erforderlich gewesen die gesamte Versammlung zu beobachten. 111Demnach war von vornherein beabsichtigt, alle Versammlungsteilnehmer zu videografieren, ohne dem Gesetzeswortlaut des § 12a Abs. 1 Satz 2 VersG Rechnung zu tragen, dass Personen, die nicht Störer sind, nur dann erfasst werden dürfen, wenn dies unvermeidbar ist. 112Hinzu kommt, dass von der gesetzlichen Regelung auch die vorgenommene, wie oben dargelegt, nicht hinreichend tatsachengestütze und damit anlasslose und zeitlich unbegrenzte Aufzeichnung, bzw. Beobachtung der Versammlung von deren Beginn bis zu deren Ende nicht gedeckt ist. 113Die Kammer ist aufgrund der Aussagen des Polizeidirektors M1. davon überzeugt, dass der Entschluss, die Versammlung insgesamt und über deren gesamte Dauer zu videografieren, auf der Annahme beruhte, es werde zu einer Konfrontation mit Anhängern des Gegenprotests kommen, deren Eskalation auch durch den Einsatz der Videokameras von vornherein unterbunden werden sollte. Auf die Frage des Gerichts nach dem Zweck des Kameraeinsatzes gab Polizeidirektor M1. an, ausgehend von den Vorfällen bei den vorhergehenden Versammlungen am 3. Oktober 2018 und am 19. Oktober 2018 sowie im Vorfeld der hier streitgegenständlichen Versammlung sei es das Ziel gewesen, die vorhandene aggressive Stimmung nicht weiter gegenseitig aufpeitschen zu lassen und beide Versammlungen kontrolliert stattfinden zu lassen, damit sie zu ihrem Recht kommen, ihre Meinung kundzutun. Dass es dem Beklagten im Sinne einer gefahrenabwehrrechtlichen Zielsetzung der Maßnahme darum ging, die Kamera lediglich als Hilfsmittel des menschlichen Auges einzusetzen, ist nicht ersichtlich. 114Vgl. allgemein zur Zielsetzung der §§ 12a, 19a VersG: Kniesel in: Dietel/Gintzel/Kniesel, Versammlungsgesetze, 18. Auflage, §12a, Rn. 14f. m.w.N.; Enders in: Dürig-Friedl/Enders, Versammlungsrecht, 2016, § 12a Rn. 7; Ott/Wächtler/Heinhold, a.a.O., § 12a Rn. 9; Arzt in: Ridder/Breitbach/Deiseroth, a.a.O., § 19a Rn. 16ff. m.w.N.; Groscurth in: Peters/Janz, a.a.O., G Rn. 175. 115Der Beklagte hat mit der Maßnahme somit bereits keinen legitimen Zweck verfolgt. Dient die Maßnahme allein (oder überwiegend) dem Zweck, Teilnehmer der Versammlung durch die sichtbare Präsenz der Videoüberwachung von der Begehung von Straftaten abzuhalten, weil deren unmittelbare Dokumentation zu Beweiszwecken in Echtzeit erfolgt und eine Identifizierung ihrer Person mithilfe der angefertigten Aufnahmen ohne weiteres möglich ist, liegt eine über die reine Gefahrenabwehr hinausgehende Zielrichtung vor. Der Beklagte hat mit der Anfertigung der Bild- und Tonaufzeichnungen insbesondere den Zweck einer Gefahrenprävention verfolgt. Diese Vorgehensweise stellt einen nicht legitimierten unmittelbaren Eingriff in den Schutzbereich des Art. 8 GG dar. Gerade die mit dem polizeilichen Kameraeinsatz während einer Versammlung verbundenen Einschüchterungseffekte beeinträchtigen nicht nur die individuellen Entfaltungschancen des Einzelnen, sondern auch das Gemeinwohl, weil die kollektive öffentliche Meinungskundgabe eine elementare Funktionsbedingung eines auf Handlungs- und Mitwirkungsfähigkeit seiner Bürger gegründeten demokratischen und freiheitlichen Gemeinwesens ist. 116Vgl. BVerfG, Einstweilige Anordnung vom 17. Februar 2009 – 1 BvR 2492/08 – m.w.N., BVerfGE 122, 342, zitiert nach juris; OVG NRW, Urteil vom 17. September 2019 – 15 A 4753/18 und Beschluss vom 23. November 2010 – 5 A 2288/09 –, beide www.nrwe.de und juris; VG Gelsenkirchen, Urteil vom 23. Oktober 2018 – 14 K 3543/18 –, www.nrwe und juris; Kniesel in: Dietel / Gintzel / Kniesel, a.a.O., §12a, Rn. 9 m.w.N. 117Diese, in der Klageerwiderung verharmlosend als „chilling effect“ bezeichnete Einschüchterung der Versammlungsteilnehmer darf daher niemals das hauptsächliche Ziel des Kameraeinsatzes sein, sondern allenfalls ein – aufgrund das Grundrecht der Versammlungsfreiheit überwiegender Interessen der Allgemeinheit – hinzunehmender Nebeneffekt. 118Das durchgehende, anlasslose Filmen der gesamten Versammlung der Klägerin erweist sich unabhängig davon, dass weder die Tatbestandsvoraussetzungen der Ermächtigungsgrundlage vorlagen noch die Zielsetzung des Beklagten auf der Rechtsfolgenseite von der Eingriffsnorm gedeckt war auch als nicht angemessen. Die Rechte der Klägerin bzw. der Teilnehmer ihrer Versammlung wurden unzumutbar beeinträchtigt. Der Eingriff in die innere Versammlungsfreiheit der Teilnehmer der klägerischen Versammlung wiegt schwer. Dass dem Versammlungsleiter der Entschluss zur Videografie zuvor mitgeteilt worden war, mindert die grundrechtliche Beeinträchtigung nicht. 119Zum Abwägungsmaßstab der vorzunehmenden Gewichtung vgl. OVG Lüneburg, Urteil vom 24. September 2015 – 11 LC 215/14 –, juris. 120Der Eingriff in die Grundrechte der Versammlungsteilnehmer war auch nicht erforderlich, denn er hätte sich vermeiden lassen, indem eine im vorgehaltenen Beweissicherungsfahrzeug im Stand-By-Modus geschaltete Kamera erkennbar von der Versammlung abgewendet worden wäre. Die Beamten wären innerhalb weniger Sekunden in der Lage gewesen, etwaige von ihnen wahrgenommene Gefahrenlagen im Bild einzufangen, ohne dass hierfür anlasslos Bilder der gesamten Versammlung hätten aufgezeichnet werden müssen. 121Der Einwand des Beklagten, die Versammlungsteilnehmer hätten in einem solchen Fall „einen Zwischenfall frei“, überzeugt nicht, da §§ 12a, 19a VersG ein Filmen bei einer Verdichtung der tatsächlichen Anhaltspunkte im Einzelfall ermöglicht hätte. Im Übrigen ist die Beeinträchtigung, die sich aus der Verzögerung ergibt, mit Blick auf den hohen verfassungsrechtlichen Stellenwert der Versammlungsfreiheit hinzunehmen. 122Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 23. November 2010 – 5 A 2288/09 –; OVG Lüneburg, Urteil vom 24. September 2015 – 11 LC 215/14 –; vgl. auch VG Leipzig, Urteil vom 17. Juni 2016 – 1 K 259/12 – und VG Hannover, Urteil vom 14. Kuli 2014 – 10 A 226/13 –; sämtlich juris. 123Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
es wird festgestellt, dass der beklagte durch das durchgängige abfilmen der kundgebung der klägerin am 19. oktober 2018 in e. -n. rechtswidrig gehandelt hat. der beklagte trägt die kosten des rechtsstreits. das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. der beklagte darf die vollstreckung durch sicherheitsleistung oder hinterlegung in höhe des zu vollstreckenden betrages abwenden, wenn nicht die klägerin vor der vollstreckung in gleicher höhe sicherheit leistet. 1
2die klägerin begehrt die feststellung der rechtswidrigkeit der anfertigung von bild- und tonaufzeichnungen während einer versammlung in e. -n. . 3die klägerin war anmelderin und veranstalterin der am 19. oktober 2018 von 20:15 uhr bis 22:00 uhr in e. -n. zu dem thema „sicherheit im e1. westen schaffen, überfremdung stoppen!“ durchgeführten standkundgebung. unmittelbar zuvor hatte sie von 19:00 uhr bis 20:00 uhr eine versammlung in e. -m. platz in form eines aufzuges durchgeführt. an beiden versammlungsorten fanden sich gegendemonstranten ein. 4rund um die versammlung in e. -n. waren zwei fahrzeuge der polizei positioniert, auf deren dächern sich mastkameras befanden und mittels derer videoaufnahmen von der versammlung der klägerin sowie vom gegenprotest gefertigt wurden. darüber hinaus filmte ein polizeibeamter mit einer handkamera. auch die vorangegangene versammlung der klägerin in e. -m. war videografiert worden. 5auf einem der beiden übersandten datenträger des beklagten findet sich eine 1:35 minütige videodatei. in dem hierzu gefertigten protokoll findet sich die angabe, dass von 20 bis 21 uhr aufzeichnungen erfolgt seien. es sei zu keiner straftat gekommen. in der beschreibung des kurzsachverhaltes heißt es, dass ein versammlungsteilnehmer „rechts“ durch beamte kontrolliert worden sei. vorangegangen sei eine auseinandersetzung zwischen ihm und einem pressevertreter. 6die klägerin hat am 25. oktober 2018 klage erhoben. 7die klage sei zulässig, insbesondere habe sie ein berechtigtes interesse an der feststellung der rechtswidrigkeit des filmens. es bestehe eine wiederholungsgefahr, da sie regelmäßig versammlungen in e. anmelde und zu befürchten sei, dass der beklagte künftig weitere versammlungen ohne eine rechtsgrundlage abfilme. 8die klage sei auch begründet. das pauschale abfilmen der versammlung stelle einen erheblichen eingriff in die innere versammlungsfreiheit dar. der beklagte habe keine anhaltspunkte für eine besondere gefahrenlage gehabt. die von ihm benannten vorhergehenden versammlungen seien zu verschiedenen themen in unterschiedlich geprägten stadtteilen und zudem zum teil in form eines aufzuges ‑ und nicht, wie vorliegend als standkundgebung – durchgeführt worden und folglich mit der hier streitgegenständlichen versammlung nicht vergleichbar. ungeachtet dessen sei die annahme unfriedlicher versammlungsverläufe unzutreffend. zwischen dem 1. januar 2018 und dem 9. oktober 2018 hätten allein 100 mahnwachen, kundgebungen und demonstrationen mit einer teilnehmerzahl von 3 bis 800 personen stattgefunden, welche sämtlich störungsfrei verlaufen seien. es habe keinerlei gewalttätige ausschreitungen oder andere, nennenswerte straftaten gegeben. bei vereinzelten auflagenverstößen einzelner teilnehmer sei die versammlungsleitung sofort und konsequent dagegen eingeschritten. es seien insbesondere auch sämtliche versammlungen zwischen dem 21. september 2018 und dem 19. oktober 2018 friedlich verlaufen: 9bei den stationären kundgebungen am 3. oktober 2019 sei es zu gewalttätigen übergriffen durch mehrere hundert gegendemonstranten gekommen. die polizei sei bei diesen versammlungen nicht ausreichend präsent gewesen, was von linksextremisten als einladung für blockadeaktionen und gewalttätige übergriffe verstanden worden sei. dennoch seien die anhänger der partei e. s. friedlich geblieben. sämtliche situationen, die zwischenzeitlich von der polizei zur begründung der gefahrenlage herangezogen würden, hätten sich vor und nach den versammlungen zugetragen, seien also für eine videoüberwachung während der kundgebung irrelevant. soweit der beklagte ausführe, dass es im verlauf der versammlung am e1. o.---markt zu massiven beleidigungen eines versammlungsteilnehmers der klägerin gekommen sei, sei zu bemerken, dass es sich hierbei um einen bewurf mit tierkot gehandelt habe. soweit der beklagte darauf abstelle, dass ein versammlungsteilnehmer ein t-shirt mit dem aufdruck „d. “ getragen habe, sei festzustellen, dass dies nicht strafbar sei. die seitens des beklagten geschilderten strafanzeigen wegen antisemitischer äußerungen seien ihr nicht bekannt, jedenfalls sei es unverhältnismäßig, hierauf die gesamte überwachung einer versammlung zu stützen. bei der anschließenden standkundgebung auf dem sonnenplatz sei es zu einem angriff von linksextremisten auf den lautsprecherwagen der klägerin gekommen. zudem sei deren stellv. landesvorsitzender durch einen faustschlag körperlich attackiert worden. die abwehr dieses angriffs durch handelsübliche pulverfeuerlöscher sei im rahmen der notwehr und nothilfe gerechtfertigt gesehen gewesen. dieser einschätzung solle sich zwischenzeitig im übrigen auch die staatsanwaltschaft e. angeschlossen haben. 10die versammlung am 8. oktober 2018 auf dem t.-----platz sei ebenfalls gänzlich ohne störungen verlaufen. dies habe auch die polizei einräumen müssen. 11auch die unmittelbar vorhergehende versammlung in e. -m. sei friedlich verlaufen. soweit der beklagte vortrage, dass ein anreisender versammlungsteilnehmer der klägerin bei der versammlung ein banner eines gegendemonstranten „zur seite gewischt“ habe, fehle es am bezug zu videoüberwachung der folgeversammlung. es handele sich hierbei nicht mal um eine straftat. der vorfall habe sich zudem außerhalb des versammlungsbereiches der klägerin ereignet. 12sofern der beklagte die streitgegenständliche versammlung betreffend behaupte, es sei eine eisenstange in richtung des eintreffenden lautsprecherwagens geworfen worden, handele sich um eine falschbehauptung. es habe vielmehr allein anfangs uneinigkeit zwischen der klägerin und den einsatzkräften über den angemeldeten und bestätigten versammlungsort der klägerin gegeben. während der halbstündigen verhandlung hierüber sei es zu keinen straftaten beider politischen lager, von den üblichen beleidigungen der linksextremisten abgesehen, gekommen. 13soweit der beklagte auf vorfälle eingehe, die sich während der versammlung ereigneten, sei zunächst anzumerken, dass die versammlung bereits von beginn an aufgezeichnet worden sei. die prügelei in richtung des journalisten habe sich erst zum ende der versammlung hin und zudem außerhalb des versammlungsbereiches ereignet. die person, die einen verwirrten eindruck gemacht habe und der klägerin nicht zugehörig sei, sei mehrmals von helfern der versammlungsleitung aufgefordert worden, die prügeleien zu unterlassen und die versammlung zur verlassen. auch die vom beklagten erwähnten beleidigungen und die gegen eine teilnehmerin der klägerischen versammlung gefertigte strafanzeige hätten sich erst nach der versammlung ereignet. 14zu den von dem beklagten angeführten störungsaufrufen durch die linke szene sei anzumerken, dass die mobilisierung in einem vorort naturbedingt deutlich schleppender laufe, als in innenstadtnahen vierteln, die noch dazu linksalternativ geprägt seien. darüber hinaus wären polizeiliche maßnahmen bei erwarteten störungen durch linksextremisten gegen diese zu richten gewesen. soweit der beklagte einzelne teilnehmer der partei e. s. bzw. ihrer versammlungen pauschal als „störer“ bezeichne, sei sein handeln widersprüchlich, da er teilweise von ihr durchgeführte info-mahnwachen nicht polizeilich begleitet und zudem diese „störer“ im mai 2019 als ordner akzeptiert habe. 15die behauptung des beklagten, während des einsatzverlaufes sei wiederholt geprüft worden, ob die entsprechenden voraussetzungen zur anfertigung von bild- und tonaufnahmen vorliegen würden, sei eine falschbehauptung. durch den kontaktierten polizeibeamten vor ort sei explizit mitgeteilt worden, dass es im vorfeld die anordnung gegeben habe, die versammlung in gänze aufzuzeichnen. von einer berücksichtigung des verlaufes sei dort keine rede gewesen. 16bei der würdigung müsse zudem berücksichtigt werden, dass es sich um eine kleine kundgebung mit lediglich 45 teilnehmern in einem e1. vorort gehandelt habe, bei der es keinerlei begleitumstände gegeben habe, die auf eine gefahrenlage hindeuten. es wäre dem beklagten zumutbar gewesen, die überwachungskameras und überwachungsfahrzeuge einsatzbereit zu positionieren, um im falle von straftaten binnen weniger sekunden mit einer aufnahme zu beginnen. 17die klägerin beantragt, 18festzustellen, dass der beklagte durch das durchgängige abfilmen der kundgebung der klägerin am 19. oktober 2018 in e. -n. rechtswidrig gehandelt hat. 19der beklagte beantragt, 20die klage abzuweisen. 21zur begründung trägt er vor, dass die tatbestandlichen voraussetzungen des § 12a abs. 1 satz 1 des versammlungsgesetzes (versg) vorgelegen hätten. im rahmen der einsatzvorbereitung und während der einsatzbesprechung am einsatztag sei wiederkehrend die frage des vorliegens der versammlungsrechtlichen eingriffsvoraussetzungen für die anfertigung von bild- und tonaufnahmen geprüft worden. aufgrund zahlreicher erkenntnisse habe vor beginn der versammlung die begründete annahme bestanden, dass von den teilnehmern der versammlung erhebliche gefahren für die öffentliche sicherheit ausgingen. es sei zu befürchten gewesen, dass es im verlauf der versammlung zu gewaltsamen auseinandersetzungen zwischen den versammlungsteilnehmern, gegendemonstranten, polizeibeamten und womöglich auch dritten, zu sachbeschädigungen etwa an privaten oder dienstlichen fahrzeugen der polizei, wechselseitigen beleidigungen und zu anderen versammlungstypischen straftaten komme. mit der anfertigung von bild- und tonaufnahmen habe eine eskalation bis hin zur begehung von straftaten aus der versammlung bzw. von versammlungsteilnehmern verhindert werden und die beweislage für etwaige nachfolgende strafverfahren verbessert werden sollen. entsprechende erfahrungswerte und indizien, die diese annahme stützten, hätten entgegen der auffassung der klägerin vorgelegen. es sei während des versammlungsgeschehens fortwährend überprüft worden, ob die videoaufzeichnungen weiterhin zur gefahrenabwehr erforderlich und angemessen seien. 22die annahme einer erheblichen gefahr für die öffentliche sicherheit habe zunächst auf erfahrungen aus vorangegangenen versammlungen der klägerin aus den monaten september und oktober 2018, in deren verlauf es zu ausschreitungen gekommen sei, gegründet: 23so sei es am 21. september 2018 bei zwei aufzügen der klägerin zu dem thema „gegen polizeischikanen und polizeiwillkür. das grundgesetz gilt auch in v. , meinungs- und versammlungsfreiheit schützen“ in e. -e3. mit ca. 100 teilnehmern und in e. -n. mit 72 teilnehmern zu ordnungswidrigkeiten und strafbarem verhalten gekommen. während des ersten aufzuges sei an der aufzugspitze ein banner mit der aufschrift „gegen polizeigewalt, e. ist unser kiez“ gezeigt worden. während der aufzug an der b.-------straße vorbeigezogen sei, seien aus einer wohnung zwei leuchtfackeln durch zwei personen gezündet worden. eine ordnungswidrigkeitenanzeige sei gefertigt worden. während des zweiten aufzuges seien in zwei fällen pyrotechnik durch unbekannte täter gezündet worden. auch diesbezüglich seien ordnungswidrigkeitenanzeigen gefertigt worden. zudem hätten sich vier personen im bereich der gleise am bahnhof n. süd aufgehalten und dabei pyrotechnik gezündet. die vier personen hätten ermittelt werden können. auch sei eine strafanzeige wegen gefährlichen eingriffs in den schienenverkehr gefertigt worden. nach erteilen von platzverweisen seien sie vor ort entlassen worden. während des aufzuges sei der spruch „wer deutschland liebt, ist antisemit“ skandiert worden. ein entsprechendes ermittlungsverfahren sei im nachgang eingeleitet worden. im rahmen der durchgeführten ermittlung seien bislang 20 tatverdächtige ermittelt worden, von denen 15 deutsche staatsangehörige hätten identifiziert und der örtlichen rechten szene zugeordnet werden können. das skandieren der antisemitischen parolen in den straßen der betroffenen stadtteile im zusammenhang mit dem abbrennen von pyrotechnik und fackeln habe ein herausragendes mediales medieninteresse gefunden und sei überregional in politik und gesellschaft diskutiert worden. 24in die getroffene gefahrenprognose seien auch die zwei standkundgebungen der klägerin am e1. o.---markt am 3. oktober 2018 zu dem thema „sicherheit in der nordstadt schaffen, stoppt die ghettoisierung; ein sporadisch besetztes ordnungsamt am o.---markt reicht nicht!“ mit ca. 60 teilnehmern sowie im anschluss am t.-----platz vom 3. oktober 2018 zu dem thema „sicherheit in e. schaffen; polizeiliche willkür beenden, polizeikapazitäten sinnvoll nutzen, kriminalität zurückdrängen“ eingeflossen. bereits während der anreise sei durch personen des linken und antifaschistischen spektrums versucht worden, die teilnehmer der klägerischen versammlung u.a. durch eine sitzblockade aus ca. 30 bis 50 teilnehmern zu stören. zur vermeidung einer eskalation durch eine zwangsweise auflösung der sitzblockade und aus einsatztaktischen gründen sowie aus gründen der verhältnismäßigkeit sei die umleitung der anreisenden versammlungsteilnehmer als milderes mittel ausgewählt worden. das verhalten der versammlungsteilnehmer sei während der gesamten anreise höchst aggressiv und provozierend gewesen und habe sich aufgrund verbaler äußerungen permanent am rande der strafbarkeit bewegt. die gegendemonstranten seien durch äußerungen wie „du kommst auch noch in der kammer“, „wenn wir gleich marschieren, kannst du ja deine große fresse beweisen“ und „seid ihr juden, seid ihr juden, warum setzt ihr euch dann für die juden hier ein?“ provoziert worden. es seien strafanzeigen gefertigt worden. mit eintreffen der umgeleiteten versammlungsteilnehmer am o.---markt habe eine hohe zweistellige zahl von personen des linken/antifaschistischen spektrums unter drohgebärden und lautem skandieren versucht, den zugang der versammlungsteilnehmer zum engeren versammlungsort zu verhindern. eine körperliche auseinandersetzung zwischen beiden lagern habe unmittelbar bevorgestanden, sodass sich der polizeiführer dazu entschlossen habe, die störer durch polizeireiter abdrängen zu lassen und weitere, möglicherweise durchdringende störer durch wegdrücken/-stoßen an straftaten zu hindern. auch im weiteren verlauf sei es zwischen den versammlungsteilnehmern und den ca. 250 personen des augenscheinlich antifaschistischen spektrums zu provokationen gekommen. den einsatzkräften sei es nur mit mühe gelungen, beide parteien voneinander zu trennen. im verlauf der versammlung sei es zu massiven beleidigungen eines versammlungsteilnehmers der klägerin gekommen. ein strafverfahren sei eingeleitet und der erkannte störer der gefahrensammelstelle zugeführt worden. ein versammlungsteilnehmer der klägerin sei in einer bekleidung aufgetreten, die diesen als sympathisanten und unterstützer der gruppierung „d. “ erkennen ließ. das zeigen von zeichen und symbolen dieser gruppierung stelle unter verwendung verschiedener einzelkomponenten ebenfalls eine straftat dar und wirke auf vermeintlichen gegenprotest höchst provozierend. auch insoweit sei eine strafanzeige gefertigt und eine staatsanwaltschaftliche prüfung veranlasst worden. während der polizeilich begleiteten verlagerung der versammlung zum zweiten versammlungsort am t.-----platz habe sich ein als mitglied der e1. rechten szene bekannter versammlungsteilnehmer aus der begleitung gelöst und sei auf eine nachfolgende gruppe des linken spektrums zugestürmt. es sei zu einer körperlichen auseinandersetzung gekommen, die das einschreiten von polizeivollzugsbeamten erforderlich gemacht habe. strafverfahren seien eingeleitet worden. es sei zu vergleichbaren szenen wie beim weg zum versammlungsort o.---markt gekommen. am t.-----platz sei es erneut zu wechselseitigen provokationen gekommen, die den einsatz starker polizeilicher kräfte zur verhinderung weiterer straftaten erforderlich machten. nach beendigung der versammlung und während der beabsichtigten abreise sei es aus dem bereich der gegendemonstranten zu einem flaschenwurf auf den lautsprecherwagen des versammlungsleiters der klägerin gekommen. aus dem fahrzeug heraus, in dem sich neben sieben personen der rechtsextremistischen szene und mitgliedern der klägerin auch der versammlungsleiter befunden habe, entleerten sodann personen aus mehreren feuerlöschern löschpulver auf personen des gegenprotests und polizeivollzugsbeamte. es seien gegen acht versammlungsteilnehmer, darunter auch gegen den versammlungsleiter, strafverfahren eingeleitet worden. 25berücksichtigung habe ferner der verlauf der standkundgebung der klägerin am 8. oktober 2018 am t.-----platz in e. zu dem thema „für versammlungsfreiheit, gegen staatliche sanktionen!“ mit 38 teilnehmern gefunden. es seien polizeikräfte im unteren dreistelligen bereich vorgehalten worden. trotz der kurzfristigen veröffentlichung mit ca. 4 stunden vorlauf sei das politisch linke spektrum in der lage gewesen, ca. 150 versammlungsteilnehmer in form einer spontanversammlung zu mobilisieren. es habe abermals eine aggressive grundstimmung geherrscht. die versammlungsteilnehmer der klägerin seien hierbei vordergründig ruhig aufgetreten, gleichwohl sei es zu einzelnen provokationen aus der gruppe heraus gekommen. nur durch starke polizeiliche kräfte habe eine trennung der versammlungen aufrechterhalten werden können. 26auch der verlauf der der hier streitgegenständlichen unmittelbar vorgelagerten versammlung am 19. oktober 2018 in m. habe seine annahme einer erheblichen gefahr gestützt. entgegen der behauptung der klägerin sie diese ebenfalls nicht störungsfrei verlaufen. durch aufklärungskräfte der polizei seien im einsatzraum personen der antifa festgestellt worden. mindestens 17 personen hätten sich auf der anreise aus der nordstadt richtung e1. westen bewegt. somit sei wiederum mit einem aufeinandertreffen von linkem und rechtem lager und entsprechenden provokationen bis hin zur begehung von straftaten zu rechnen gewesen. versammlungsteilnehmer der klägerin hätten teilweise auf dem weg zum versammlungsort alkohol zu sich genommen, was zu einer weiteren enthemmung geführt habe, obwohl dies durch auflagenbescheid während der versammlung untersagt worden gewesen sei. ein namentlich benannter versammlungsteilnehmer habe offen tätowierungen, welche gemäß § 86a stgb strafbar seien, gezeigt. ein strafverfahren sei eingeleitet worden. während des versammlungsverlaufs hätten sich teilnehmer der versammlung der klägerin und versammlungsteilnehmer des gegenprotests fortwährend über soziale medien wie twitter provoziert, wie die eingereichten ausdrucke der tweets von „die s1. e. “, „q. “ und „i. “ belegten. ein anreisender versammlungsteilnehmer der klägerin habe entgegen polizeilicher führung der teilnehmer durch den ausgang „x. straße“ des s-bahnhofes m. den hinter der gegenversammlung gelegenen ausgang genutzt. er sei mitten durch die gegenversammlung gelaufen und habe hierbei ein banner eines versammlungsteilnehmers des gegenprotests beiseite gewischt. die situation sei durch eingreifende kräfte verbal beruhigt worden bevor es zu einer eskalation habe kommen können. bei dem versammlungsteilnehmer der klägerin sei eine gefährderansprache durchgeführt worden mit dem ziel, diesen dazu zu veranlassen, sich friedlich zu verhalten, um nicht durch die polizei ausgeschlossen zu werden. 27zu der annahme einer erheblichen gefahr habe im übrigen auch die situation am versammlungsort in e. -n. unmittelbar vor beginn der versammlung geführt. versammlungsteilnehmer beider lager hätten mit versammlungsende in m. über die abreise getwittert, sodass sich bereits in e. -n. aufhaltende, weitere versammlungsteilnehmer auf das baldige eintreffen hätten einstellen können. darüber hinaus sei bekannt gewesen, dass sich personen der antifa in e. -n. eingefunden hatten. in diesem zusammenhang sei es auch zu tweets unter dem hashtag #nazisboxen gekommen, wie der beigefügte tweet von „q t e belege. mit eintreffen des versammlungsleiters der klägerin an der versammlungsörtlichkeit sei aus einer kleingruppe des gegenprotests heraus eine eisenstange in richtung des versammlungsleiters bzw. des mitgeführten lautsprecherwagens geworfen worden. er verweise auf die igvp-meldung vom 22. oktober 2018 betreffend das geschehen am 19. oktober 2018 um 19:56 uhr. die fahrzeuginsassen, u.a. der versammlungsleiter und sein stellvertreter, seien daraufhin aggressiv auf die fahrbahn gesprungen und hätten in richtung des gegenprotests gepöbelt. durch einschreitende kräfte habe die situation beruhigt werden können. gleichwohl sei es bei einer aggressiven grundstimmung beider lager geblieben. es sei zudem zu vermuten gewesen, dass der wurf in richtung des lautsprecherfahrzeuges als angriff gewertet würde, der nach den vielfachen polizeilichen erfahrungen der vergangenheit eine provokative, ggf. auch gewalttätige gegenreaktion sehr wahrscheinlich mache. 28während der versammlung selbst sei es dann zu weiteren zwischenfällen gekommen, welche die annahme einer erheblichen gefahr ab dem moment ihres eintretens erst recht gerechtfertigt hätten. ein namentlich benannter versammlungsteilnehmer der klägerin habe sich aus der laufenden versammlung heraus bewegt und sei gezielt, in deutlich wahrnehmbarer aggressiver körperhaltung auf einen vor ort anwesenden journalisten zugegangen. bei einsatzkräften und journalisten habe dieses verhalten den eindruck erweckt, der versammlungsteilnehmer wolle unmittelbar körperlich gegen den journalisten agieren. einsatzkräfte seien deshalb zügig schlichtend eingeschritten. eine strafanzeige sei gefertigt worden. der angriff habe zu zahlreichen reaktionen – insbesondere auch des betroffenen journalisten – auf twitter geführt. weitere polizeibekannte teilnehmer der versammlung hätten sich aus der versammlung gelöst. diese personen hätten sich nach aufklärungsergebnissen außerhalb der versammlung zusammengefunden, um gezielt den gegenprotest zu provozieren und zu beleidigen, in dem u.a. „ihr linken schweine“, „ich schlage deine frau“, „ich ficke deine frau“ geäußert worden sei. gegen einen versammlungsteilnehmer der klägerin sei deshalb eine strafanzeige z.n. eines versammlungsteilnehmers „bürgerlich/links“ gefertigt worden. im einsatzverlauf sei festzustellen gewesen, dass die aggressivität beider lage zunahm und dann auf einem hohen, problematischen niveau verblieb. es habe jederzeit mit der verwirklichung von erheblichen straftaten aus der versammlung der klägerin gerechnet werden müssen. dieses habe sich auch darin gezeigt, dass sich versammlungsteilnehmer aus dem verband lösten und unmittelbar die zumindest einkalkulierte körperliche auseinandersetzung mit einem journalisten suchten, aber auch sich von der versammlungsörtlichkeit entfernten, um im umfeld konfrontationen mit versammlungsteilnehmern des gegenprotests zu suchen. aus diesem grund seien die kräfte des raumschutzes entsprechend stark dimensioniert gewesen. 29die genannten versammlungen zeigten mehrere parallelen auf, die für den 19. oktober 2018 ebenso zu erwarten gewesen seien. alle versammlungen hätten in einem engen zeitlichen zusammenhang gestanden. bei äußerlicher betrachtung hätten die versammlungen zwar unterschiedliche themen zum gegenstand gehabt. allerdings sei es so, dass sich der kreis der teilnehmer, der sich sehr deutlich und individuell der örtlichen neonazi-szene zuordnen ließ, regelmäßig sehr homogen gestalte. da die sicherheits- und ordnungsverstöße keinen bezug zu dem versammlungsthema aufwiesen, sei den unterschiedlichen themen in der prognose kein besonderes gewicht beizumessen. die vergangenheit habe nämlich gezeigt, dass jedes von der klägerin propagierte versammlungsmotto dem homogenen teilnehmerkreis anlass für die schaffung teils erheblicher gefahrenlagen biete. alle versammlungen hätten sich durch eine emotional aufgeheizte stimmung, eine bewusst gesuchte und beabsichtigte wechselseitige provokation des gegenprotests oder der polizei bis hin zur begehung von straftaten ausgezeichnet. diese umstände seien auch für die versammlung am 19. oktober 2018 zu erwarten gewesen. in allen versammlungen seien dieselben personen als versammlungsleiter und sein vertreter aufgetreten. die versammlungsteilnehmer setzten sich in allen versammlungen vornehmlich aus der örtlichen rechten szene zusammen. störungen, provokationen und straftaten seien in allen versammlungen von unterschiedlichen versammlungsteilnehmern/vertretern der rechten szene vor, während und nach den versammlungen ausgegangen. für den 19. oktober 2018 sei von einer weitgehenden personengleichheit und damit von einem vergleichbaren störerpotential auszugehen gewesen. 30für die einschätzung der gefahrenlage seien auch erkenntnisse, die im vorfeld der versammlung in den sozialen netzwerken gesammelt werden konnten, maßgeblich gewesen. so sei am 2. und 3. oktober 2018 für den 3. oktober 2018 beim kurznachrichtendienst „twitter“ massiv zum gegenprotest aufgerufen worden u.a. von „n. t. b. e. “, „b1. b. 000“, „q1. “ und „b2. “. auf die beigefügten tweets werde verwiesen. die klägerin habe den hashtag „o. “ ebenfalls genutzt, um ihre versammlung vom 3. oktober 2018 dem politisch linken spektrum bekannt zu machen, wie der beigefügte tweet belege. am 8. oktober 2018 habe sie wiederum einen tweet unter dem genannten hashtag zu der am gleichen tag stattfindenden versammlung veröffentlicht. die gegenseitige provokation vor ort sei daher seitens der klägerin gezielt einkalkuliert und beabsichtigt gewesen. für die versammlungen am 19. oktober 2018 seien ebenfalls aufrufe zum gegenprotest bei twitter erfolgt. auch die klägerin habe gezielt ihre versammlung bei twitter angekündigt. aufgrund der breiten veröffentlichung und dem gleichen aufrufverhalten sei es höchstwahrscheinlich gewesen, dass gegenprotest in ähnlicher größenordnung und mit ähnlichem störerpotential erscheinen werde. auch die kriminalinspektion staatsschutz sei nach den vorliegenden erkenntnissen davon ausgegangen, dass bei einer „rechten versammlung“ der angekündigten größenordnung sehr wahrscheinlich mit aggressiv ausgerichtetem gegenprotest zu rechnen sei. dies insbesondere dann, wenn – wie hier – der „linken szene“ ort und zeit der veranstaltung im vorfeld bekannt werden. im falle von gewalttätigem gegenprotest seien straftaten (insbesondere gemäß §§ 223ff. stgb) einzukalkulieren, die sich auch gegen die polizei richten können. 31mit der klägerischen versammlung sei auch eine nach § 12a abs. 1 satz 1, 19a versg taugliche störerin gewählt worden. zwar dürfe sich die maßnahme nach dem wortlaut dieser vorschrift nur gegen „teilnehmer bei oder im zusammenhang mit öffentlichen versammlungen“ richten, d.h. gegen einzelne störende versammlungsteilnehmer. dies schließe ein vorgehen gegen die gesamte versammlung indes nicht aus. dies gelte jedenfalls dann, wenn alle versammlungsteilnehmer jeweils für sich genommen die tatbestandlichen voraussetzungen erfüllen und deshalb als adressaten der maßnahme in betracht kommen. dies sei vorliegend der fall gewesen. die verantwortlichkeit der einzelnen versammlungsteilnehmer ergebe sich zunächst aus ihrer zugehörigkeit zur klägerischen versammlung. aus den dargelegten erkenntnissen ergebe sich, dass es im zusammenhang mit versammlungen der klägerin regelmäßig zu wechselseitigen beleidigungen, körperlichen auseinandersetzungen, sachbeschädigungen und anderen versammlungstypischen straftaten aus der versammlung gegen gegendemonstranten, polizeivollzugsbeamte und passanten sowie in die versammlung gegen versammlungsteilnehmer infolge erheblicher provokationen komme. 32ungeachtet dessen sei eine uneingeschränkte aufzeichnung auch deshalb gerechtfertigt gewesen, weil gegenüber einem erheblichen teil der versammlungsteilnehmer die gefahrenprognose auch darauf habe gestützt werden können, dass sie bereits in der vergangenheit strafrechtlich in erscheinung getreten seien. hinsichtlich der versammlungsteilnehmer im übrigen greife die vorschrift des § 12a abs. 1 satz 2 versg, wonach die maßnahme auch dann durchgeführt werden darf, wenn durch sie dritte unvermeidbar betroffen sind. 33bei der betätigung seines störerauswahlermessens habe er insbesondere nicht verkannt, dass mit demjenigen, der unmittelbar vor versammlungsbeginn die eisenstange geworfen habe, auch ein störer vorhanden gewesen sei, gegen den ein einschreiten (etwa nach § 18 abs. 3 versg) möglich gewesen sei und der nicht der klägerischen versammlung angehört habe. insoweit sei zu beachten, dass durch ein einschreiten gegen diesen dritten die gefahr nicht vollständig beseitigt worden wäre. hierdurch wäre es nur zu einer beseitigung der gefahr für die versammlung der klägerin sowie des versammlungsleiters der klägerin durch den eisenstangenwerfer gekommen. im übrigen hätte die aufgezeigte gefahr fortbestanden. hinzu komme, dass ein aktives einschreiten gegen den eisenstangewerfer ein weitaus höheres eskalationspotential aufgewiesen hätte als die bloße anfertigung von bild- und tonaufnahmen. 34die entscheidung sei auch ermessensfehlerfrei ergangen. die maßnahme habe dem legitimen zweck gedient, eine eskalation der ohnehin bereits angespannten situation zu verhindern und beweise für eine etwaige zukünftige strafverfolgung zu sichern. zur erreichung dieses zwecks sei die anfertigung von bild- und tonaufnahmen auch geeignet. der umstand, dass entsprechendes fehlverhalten sogleich aufgezeichnet werde, entfalte eine abschreckende wirkung, die eine eskalation verhindere. etwaige restzweifel gingen nicht zu seinen lasten. ihm komme insoweit eine ein-schätzungsprärogative zu. 35die anfertigung von bild- und tonaufnahmen sei auch erforderlich. das aufstellen der kamera im stand-by-modus von der versammlung abgewandt sei nicht in gleicher weise zur verhütung der in rede stehenden eskalation und zur beweissicherung geeignet, da der erste zwischenfall dann nicht aufgenommen werden könne. darüber hinaus werde eine abschreckende wirkung allein durch das aufstellen der kamera nicht von beginn an entfaltet. dies sei hier jedoch angesichts der vorangegangenen provokationen und straftaten erforderlich gewesen. die versammlungsteilnehmer hätten also bei einem bloßen aufstellen der kamera quasi „einen zwischenfall frei“. 36die anfertigung von bild- und tonaufnahmen sei schließlich angemessen. die maßnahme habe dem schutz insbesondere von leib, leben, eigentum und ehre aller anwesenden personen sowie der unversehrtheit der objektiven rechtsordnung gedient. die beeinträchtigung der versammlungsfreiheit seitens der klägerin wiege diesen rechtsgütern gegenüber nicht schwer. das gefühl, überwacht zu werden (sog. „chilling effect“) führe nicht im selben umfang zu einer beschränkung grundrechtlicher freiheiten wie solche maßnahmen, die einen hoheitlichen befehl enthalten, der zur not mit zwang durchgesetzt werden kann. insoweit sei zu bedenken, dass die maßnahme – anders als eine auflage oder gar ein verbot – die versammlungsfreiheit objektiv überhaupt nicht einschränke. wolle man insoweit auf die psychischen wirkungen staatlicher kenntnisnahme von der teilnahme an einer versammlung abstellen, würde sich dem grunde nach die frage stellen, ob überhaupt polizeiliche präsenz im rahmen einer versammlung tolerabel sein könne, solange diese nicht zur konkreten gefahrenabwehr erforderlich werde. insoweit sei allerdings anerkannt, dass die bloße polizeiliche (und damit staatliche) präsenz bei einer versammlung von besonderen ausnahmen abgesehen, keinen eingriff in das grundrecht der versammlungsfreiheit darstelle. 37schließlich verweise er auf das urteil des verwaltungsgerichts würzburg vom 28. april 2016 – w 5 k 15.396 –. der hier zu beurteilenden gefahrenprognose hätten ähnliche umstände wie am 19. oktober 2018 zugrunde gelegen. 38das gericht hat den beklagten mit verfügung vom 13. oktober 2020 der vollständigkeit halber gebeten, die einsatzberichte / -dokumentationen zur streit-gegenständlichen versammlung einzureichen. mit erlass vom 12. november 2020 hat das ministerium des innern des landes nordrhein-westfalen diese als geheimhaltungsbedürftig eingestuft und eine aktenvorlage verweigert. 39in der mündlichen verhandlung sind polizeidirektor m2. und regierungsdirektor k. informatorisch befragt worden. insoweit wird auf das sitzungsprotokoll vom 24. november 2020 verwiesen. 40wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird bezug genommen auf die gerichtsakten einschließlich der beigezogenen verwaltungsvorgänge der beklagten (beiakte heft 1). 41
42die klage hat erfolg. 43die klage ist zulässig. sie ist als feststellungsklage gemäß § 43 der verwaltungsgerichtsordnung – vwgo – statthaft. die bild- und tonaufnahmen und -aufzeichnungen der teilnehmer der klägerischen versammlung durch einsatzkräfte der polizei stellen realakte dar. da sich diese bereits vor der klageerhebung erledigt haben, kann das diesbezügliche staatliche handeln zum gegenstand einer feststellungsklage gemacht werden. das feststellungsfähige und konkrete rechtsverhältnis i. s. d. § 43 abs. 1 vwgo ergibt sich aus der durchgeführten polizeilichen beobachtung der teilnehmer der klägerischen versammlung. 44das erforderliche feststellungsinteresse der klägerin ist bereits aufgrund der möglichkeit einer kurzfristig erledigten, aber schwerwiegenden beeinträchtigung der in art. 8 des grundgesetzes – gg – garantierten versammlungsfreiheit gegeben. die videobeobachtung einer versammlung durch die polizei ist als unmittelbarer eingriff in den schutzbereich des art. 8 gg zu qualifizieren. das bewusstsein, dass die teilnahme an einer versammlung in dieser weise festgehalten wird, kann einschüchterungswirkungen haben, die zugleich auf die grundlagen der demokratischen auseinandersetzung zurückwirken. wer damit rechnet, dass die teilnahme an einer versammlung behördlich registriert wird und dass ihm dadurch persönliche risiken entstehen können, wird möglicherweise auf die ausübung seines grundrechts verzichten. 45vgl. hierzu bverfg, beschlüsse vom 3. märz 2004 – 1 bvr 461/03 – und 17. februar 2009 – 1 bvr 2492/08 –; bverwg, beschluss vom 11. dezember 2003 – 1 wb 14/03 –; vgl. auch vg gelsenkirchen, urteil vom 19. februar 2017 – 14 k 7046/16 –; nachfolgend ovg nrw, beschluss vom 11. märz 2020 – 15 a 1139/19 –; sämtlich juris. 46das berechtigte interesse der klägerin ist darüber hinaus durch die möglichkeit des eingriffs in das recht der teilnehmer der versammlung auf informationelle selbstbestimmung nach art. 2 abs. 1 i. v. m. art. 1 abs. 1 gg begründet. 47ungeachtet dessen ist eine wiederholungsgefahr bezogen auf die klägerin anzunehmen, da diese vorgetragen hat, auch in zukunft versammlungen in e. veranstalten zu wollen. dem vortrag des beklagten lässt sich entnehmen, dass dieser in einem solchen fall gegebenenfalls erneut mit vergleichbarer begründung aufnahmen von der polizei anfertigen bzw. eine videobeobachtung durchführen lassen wird. 48die klage ist auch begründet. 49die klägerin hat einen anspruch auf die begehrte feststellung, dass der beklagte durch das durchgängige abfilmen der kundgebung der klägerin am 19. oktober 2018 in e. -n. rechtswidrig gehandelt hat. 50aufgrund der angaben des polizeidirektors m1. und den angaben auf dem vom beklagten übersandten datenträger steht fest und ist im übrigen unstreitig, dass die klägerische versammlung von 20 uhr an – und damit bereits vor ihrem offiziellen beginn – bis 21 uhr videografiert und von 21 bis 22 uhr jedenfalls videobeobachtet wurde. ob der beklagte über 21 uhr hinaus, d.h. bis zum ende der versammlung um 22 uhr bild- und tonaufnahmen (in gänze oder anlassbezogen) gespeichert hat, konnte die kammer nicht aufklären. polizeidirektor m1. gab auf nachfrage in der mündlichen verhandlung an, vor beginn der versammlung angeordnet zu haben, dass dem versammlungsleiter „rechts“ mitgeteilt werde, dass die versammlung videografiert werde. die diskrepanz zu den angaben auf dem datenträger, aus denen sich eine aufzeichnungsdauer von lediglich einer stunde ergibt, könne er nicht aufklären. einer weiteren aufklärung durch die kammer zur dauer der aufzeichnung bedurfte es nicht, da auch die polizeiliche videobeobachtung einen eingriff in die durch art. 8 abs. 1 gg geschützte innere versammlungsfreiheit der teilnehmer darstellt und einer gesetzlichen grundlage bedarf. 51vgl. vg gelsenkirchen, urteil vom 19. februar 2017 – 14 k 7046/16 –, juris m.w.n.; nachfolgend ovg nrw, beschluss vom 11. märz 2020 – 15 a 1139/19 –, juris. 52die kammer legt zudem zugrunde, dass dabei die gesamte versammlung, d.h. sämtliche teilnehmer, gegenstand der videobeobachtung/-aufzeichnung waren und dass im bedarfsfall einzelne personen herangezoomt wurden. polizeidirektor m1. gab in der mündlichen verhandlung auf nachfrage des gerichts, ob einzelpersonen oder die gesamte versammlung abgefilmt wurden an, dass es zunächst darum gehe, herauszufinden, wer die hauptaggressoren seien und welche personen potentiell als störer in betracht kommen. es sei unvermeidbar, dass umsehende dabei mit gefilmt werden. technisch sei es so, dass es unvermeidbar sei, zunächst die gesamte demonstration aufzunehmen und dann einzelne personen heranzuzoomen. 53als rechtsgrundlage für die anfertigung von bild- und tonaufzeichnungen bzw. die durchführung einer videobeobachtung – als sog. minusmaßnahme – kommen allein die §§ 12a abs. 1 satz 1, 19a versg in betracht. 54danach darf die polizei bei versammlungen unter freiem himmel und aufzügen bild- und tonaufnahmen von teilnehmern bei oder im zusammenhang mit öffentlichen versammlungen nur anfertigen, wenn tatsächliche anhaltspunkte die annahme rechtfertigen, dass von ihnen erhebliche gefahren für die öffentliche sicherheit oder ordnung ausgehen. die maßnahmen dürfen auch durchgeführt werden, wenn dritte unvermeidbar betroffen werden, § 12a abs. 1 satz 2 versg. 55vorliegend waren bereits die tatbestandlichen voraussetzungen der §§ 12a, 19a versg nicht gegeben. 56der begriff der öffentlichen sicherheit, der vorliegend vom beklagten zum maßstab seiner gefahrenprognose gemacht wurde, umfasst die unversehrtheit der objektiven rechtsordnung, der subjektiven rechte und rechtsgüter des einzelnen sowie der staatlichen einrichtungen, wobei in der regel eine gefährdung der öffentlichen sicherheit angenommen wird, wenn eine strafbare verletzung dieser schutzgüter droht. 57vgl. bverfg, beschluss vom 14. mai 1985 – 1 bvr 233/81, 1 bvr 341/81 –, juris; baczak in: ridder/breitbach/deiseroth, versammlungsrecht des bundes und der länder, kommentar, 2. auflage, § 15 rn. 96ff. 58eine erhebliche gefahr im sinne des § 12a versg bedeutet eine gefahr für gewichtige rechtsgüter wie leib und leben, freiheit, wesentliche vermögenswerte oder den bestand des staates. 59vgl. arzt in: ridder/breitbach/deiseroth, a.a.o., § 19a rn. 28; ott/wächtler/heinhold, gesetz über versammlungen und aufzüge, 7. auflage 2010, § 12a rn. 8. 60erforderlich ist eine rechtsfehlerfreie und auf tatsachen beruhende prognose, dass ein bestimmtes verhalten eines teilnehmers / mehrerer teilnehmer voraussichtlich die gefahrengrenze überschritten wird. aufgrund einer solchen prognoseentscheidung kann im einzelfall ein kameraeinsatz zulässig sein, bevor sich die gefahr tatsächlich, etwa durch tätlichkeiten aus der versammlung heraus, verwirklicht hat. bloße verdachtsmomente und vermutungen genügen allerdings nicht. für die gefahrenprognose können ereignisse im zusammenhang mit früheren versammlungen als indizien herangezogen werden, soweit jene bezüglich des mottos, des ortes, des datums sowie des teilnehmer- und organisatorenkreises ähnlichkeiten zu der geplanten versammlung aufweisen. 61vgl. bverfg, einstweilige anordnung vom 4. september 2009 – 1 bvr 2147/09 –; ovg nrw, beschluss vom 21. oktober 2015 – 15 b 1201/15 –; sämtlich juris m.w.n. 62diesen anforderungen wird die von dem beklagten zur grundlage seiner entscheidung gemachte gefahrenprognose nicht gerecht. zum zeitpunkt des versammlungsbeginns bzw. ihrer sammlungsphase in e. -n. waren (aus der maßgeblichen ex ante sicht) keine tatsächlichen anhaltspunkte erkennbar, dass von den versammlungsteilnehmern der hier konkret in rede stehenden versammlung erhebliche gefahren für die öffentliche sicherheit oder ordnung ausgingen, welche ein durchgängiges abfilmen sämtlicher versammlungsteilnehmer – sei es mit oder ohne speicherung der aufnahmen – gerechtfertigt hätte. 63die kammer legt ihrer würdigung insoweit die von dem beklagten im rahmen der klageerwiderung angeführten umstände sowie die angaben des in der mündlichen verhandlung informatorisch befragten polizeidirektors m1. zugrunde. auf angaben des ebenfalls auf vorschlag des beklagten an dem termin zur mündlichen verhandlung teilnehmenden regierungsdirektors k. konnte die kammer nicht zurückgreifen. dieser gab auf nachfrage des gerichts an, dass er zur sachverhaltsaufklärung leider sehr wenig beitragen könne. soweit mit erlass des ministeriums des innern des landes nordrhein-westfalen die übersendung der der vollständigkeit halber angeforderten einsatzberichte/‑dokumentationen zur der streitgegenständlichen versammlung verweigert wurde, hat die kammer dies hinzunehmen, vermag die gründe für die annahme der geheimhaltungsbedürftigkeit aber nicht nachzuvollziehen. denn es wurden, wie in vergleichbaren verfahren regelmäßig, lediglich einsatzberichte angefordert, die unter zugrundelegung dokumentierter tatsachen eine gerichtliche überprüfung des polizeilichen handels ermöglichen sollen. die preisgabe etwaiger strategischer überlegungen und polizeilicher konzepte wurde nicht abverlangt. insoweit hat sich die kammer im rahmen ihrer amtsermittlung auf die zur verfügung stehenden erkenntnisquellen unter berücksichtigung der jeweiligen darlegungslast, 64vgl. zur darlegungs- und beweislast für das vorliegen von gründen die wegen einer gefahr für die öffentliche sicherheit polizeiliche maßnahmen im zusammenhang mit versammlungen rechtfertigen bverfg, einstweilige anordnung vom 4. september 2009 – 1 bvr 2147/09 –, juris, 65zu beschränken und sich eine überzeugung zu verschaffen. letztlich ist die kammer auf diese einsatzberichte für die prüfung, ob die seitens des beklagten herangezogenen umstände die getroffene gefahrenprognose tragen, nicht angewiesen. denn der beklagte hat die entscheidung, die versammlung der klägerin zu videografieren, unstreitig bereits vor dem versammlungsbeginn getroffen, so dass es für die insoweit zu beurteilende gefahrenprognose aus ex ante sicht auf den verlauf der versammlung schon nicht ankommt. 66ausgehend davon war nach den erkenntnissen aus vorangegangenen versammlungen der klägerin zwar ein aufeinandertreffen mit angehörigen des linken spektrums, in dessen zuge es zu provokationen und beleidigungen würde kommen können, aufgrund tatsachengestützter anhaltspunkte hinreichend wahrscheinlich. insoweit verkennt die kammer nicht, dass über mehrere versammlungstage der einsatz starker polizeilicher kräfte erforderlich war. hinreichend tatsachengestützte anhaltspunkte, dass es bei der streitgegenständlichen versammlung der klägerin darüber hinaus zu gewalttätigen auseinandersetzungen aus der versammlung der klägerin heraus kommen würde, welche die tatbestandsvoraussetzungen der §§ 12a, 19a versg erfüllen würden, bestanden jedoch auch bei würdigung des maßgeblichen kenntnisstandes zum ex-ante-zeitpunkt nicht. 67die von dem beklagten in den blick genommenen vorhergehenden versammlungen der klägerin vom 21. september 2018 sowie vom 3., 8. und 19. oktober 2018 standen zwar in einem engen zeitlichen zusammenhang mit der streitgegenständlichen versammlung und waren auch mit dieser vergleichbar. die annahme des beklagten, dass für die streitgegenständliche versammlung von einem identischen teilnehmerkreis auszugehen ist, begegnet keinen bedenken und ist von der klägerin im übrigen auch nicht in abrede gestellt worden. auch sprechen entgegen der auffassung der klägerin die unterschiedlichen versammlungsthemen nicht gegen eine vergleichbarkeit der versammlungen. denn es ist nach den vorliegenden erkenntnissen nicht ersichtlich, dass das versammlungsthema für den verlauf der vorangegangenen versammlungen der klägerin oder das ausmaß des gegenprotests von bedeutung war. soweit sich die versammlungen der klägerin dadurch unterscheiden, dass sie in verschiedenen e1. stadtteilen mit unterschiedlichem politischem gepräge stattgefunden haben, vermag die kammer auswirkungen nur hinsichtlich der mobilisierung des linken gegenprotests zu erkennen, sodass sich in bezug auf die die klägerin betreffenden rückschlüsse keine unterschiede ergeben. soweit die klägerin auf die unterschiedlichen versammlungsformen abzielt, ist ihr darin zustimmen, dass einem aufzug grundsätzlich ein höheres gefahrenpotential innewohnt als einer standkundgebung. dass sich dieses bei den allein in form eines aufzuges erfolgten versammlungen der klägerin am 21. september 2018 realisiert hat, ist jedoch nicht ersichtlich und vom beklagten auch nicht fehlerhaft zur grundlage seiner prognose gemacht worden. 68die aus den vorherigen versammlungen der klägerin gewonnenen erkenntnisse des beklagten tragen die getroffene gefahrenprognose jedoch nicht. 69denn der beklagte hat bereits nicht danach differenziert, von wem die gefahr ausgeht. die von ihm benannten vorkommnisse betreffen teilweise nicht die teilnehmer der klägerischen versammlung, sondern den gegenprotest und sind daher nicht geeignet, maßnahmen gegenüber teilnehmern der klägerischen versammlung zu rechtfertigen. dies gilt für den aus sicht der beteiligten erfüllten straftatbestand der beleidigung durch bewurf eines versammlungsteilnehmers der klägerin mit tierkot während der versammlung am 3. oktober 2018 am e1. o.---markt , den wurf einer flasche auf den lautsprecherwagen der klägerin auf der anschließenden versammlung auf dem t.-----platz und den am 19. oktober 2019 unmittelbar vor beginn der streitgegenständlichen versammlung erfolgten wurf einer eisenstange in richtung des versammlungsleiters der klägerin. dass es dem gegenprotest bei der versammlung am 8. oktober 2018 trotz lediglich vierstündiger vorlaufzeit gelungen ist, 150 teilnehmer zu organisieren, ist ebenfalls kein gegenüber der klägerin zu berücksichtigender aspekt. 70bei den die versammlungsteilnehmer der klägerischen versammlungen betreffenden vorfällen verkennt der beklagte zunächst schon, dass die bloße gefahr der begehung einer ordnungswidrigkeit nicht die erforderliche erhebliche gefahr für die öffentliche sicherheit begründet. 71vgl. vg münster, urteil vom 21. august 2009 – 1 k 1403/08 –, juris. 72hiernach konnte weder die zündung von zwei leuchtfackeln aus einer wohnung in der b.-------straße heraus während der versammlung der klägerin am 21. september 2018 in e. -e2. noch das zünden von pyrotechnik während des am gleichen tag erfolgten aufzuges durch e. -n. . zur grundlage der gefahrenprognose gemacht werden. beim erstgenannten vorfall tritt zudem hinzu, dass die hierin liegende ordnungswidrigkeit nicht aus der versammlung heraus begangen wurde, sodass diese gefilmt werden müsste. 73die von teilnehmern der klägerischen versammlung aus sicht des beklagten während der anreise zur versammlung vom 3. oktober 2018 verwirklichten tatbestände der beleidigung genügen zudem nicht dem tatbestandserfordernis einer erheblichen gefahr, welches, wie dargelegt, eine betroffenheit hochwertiger rechtsgüter verlangt, für welchen nicht jeder bruch der rechtsordnung genügt. dass allein der tatbestand der beleidigung nicht dazu zählt, zeigt sich bereits aus der nach § 199 stgb möglichen straflosigkeit von – in der von dem beklagten geschilderten – versammlungstypischen konstellation der wechselseitigen beleidigungen. 74soweit der beklagte auf das skandieren der parole „wer deutschland liebt, ist antisemit“ durch 20 teilnehmer der klägerischen versammlung vom 21. september 2018 abstellt, ist – ungeachtet der frage nach der strafbarkeit dieser parole – weder dargelegt noch ersichtlich, dass diese parole in den drei nachfolgenden versammlungen der klägerin am 3. und 8. oktober 2018 erneut gerufen wurde. dabei kann dahinstehen, ob dies auf einen freiwilligen entschluss der klägerin oder auf eine entsprechende auflage des beklagten zurückzuführen war, da in beiden fällen der annahme einer sich hierdurch erneut realisierenden gefahr für die öffentliche sicherheit der boden entzogen ist. ein hierin unter einbeziehung der umstände des versammlungsgeschehens etwaig liegender verstoß gegen die öffentliche ordnung ist vom beklagten nicht zum inhalt seiner gefahrenprognose gemacht worden und würde eine wie hier erfolgte permanente videobeobachtung/-aufnahme nach den §§ 12a, 19a versg mit blick auf die eingriffsintensität auch nicht rechtfertigen. 75vgl. arzt in: ridder/breitbach/deiseroth, a.a.o., § 19a rn. 28 m.w.n.; krit. groscurth in: peters/janz, handbuch versammlungsrecht, g rn. 175. 76das große mediale interesse an dem verlauf dieser versammlung ist kein tauglicher gesichtspunkt, der im rahmen der zu treffenden gefahrenprognose berücksichtigung finden kann. 77auch die von dem beklagten zur begründung seiner entscheidung herangezogene provokationswirkung der vorgenannten verhaltensweisen der versammlungsteilnehmer der klägerischen versammlungen, trägt die ex-ante prognose des beklagten, es bestehe eine erhebliche gefahr im sinne der §§ 12a und 19a versg, welche die videobeobachtung oder aufzeichnung aller teilnehmer der versammlung während deren gesamter dauer rechtfertige, nicht. 78auch hier differenziert der beklagte nicht danach, von wem die auf zu erwartende provokationen erfolgende reaktion, die eine gefahr für die öffentliche sicherheit darstellen soll, ausgeht. eine solche differenzierung wäre gerade im zusammenhang mit einer durch art. 8 gg geschützten versammlung aber erforderlich. es entspricht nämlich gefestigter höchstrichterlicher rechtsprechung, dass die meinungskundgabe im rahmen einer versammlung auch provozieren darf und sogar so weit gehen kann, dass sie von der mehrheit der bevölkerung als unerträglich angesehen wird. dies bedeutet nicht, dass die meinungskundgabe auf einer versammlung grenzenlos wäre. sie findet ihre schranke nach art 8 abs. 2 und art. 5 abs. 2 gg in den allgemeinen gesetzen, hier insbesondere in den tatbeständen des strafgesetzbuchs. das grundrecht der versammlungsfreiheit schützt die durchführung von versammlungen, ermöglicht jedoch nicht rechtsgutverletzungen, die außerhalb von versammlungen unterbunden werden dürfen. der beklagte hat daher in einer einzelfallabwägung zu bewerten, ob die von der versammlung ausgehende provokation diese grenzen überschreitet und dadurch selbst zu einer gefahr für die öffentliche sicherheit und ordnung werden kann. 79vgl. z.b.: bverfg, urteil vom 22. februar 2011 – 1 bvr 699/06 –, bverfge 128, 226ff; beschlüsse vom 27. oktober 2016 – 1 bvr 458/10 –, bverfge 143, 161ff, vom 19. dezember 2007 – 1 bvr 2793/04 – und vom 23. juni 2004 – 1 bvq 19/04 –, bverfge 111, 147ff, sämtlich auch juris. 80darüber hinaus hat der beklagte aber im einzelfall unter berücksichtigung der konkreten umstände zu entscheiden, gegen wen er seine maßnahmen zu richten hat. gegen die friedliche versammlung selbst, also gegen nichtstörer kann nur unter den besonderen voraussetzungen des polizeilichen notstandes eingeschritten werden. 81vgl. bverfg, stattgebender kammerbeschluss vom 20. dezember 2012 – 1 bvr 2794/10 –, m.w.n.; ovg nrw, beschlüsse vom 24. september 2019 – 15 a 3186/17 – und vom 13. september 2019 – 15 b 1251/19 –; sämtlich juris. 82erreichen die vom beklagten aufgrund der vorhergehenden versammlungen prognostizierten provokationen selbst nicht das maß einer erheblichen gefahr für die öffentliche sicherheit oder ordnung, sondern führen erst die reaktionen der gegendemonstranten zu einer solchen, sind maßnahmen und hierzu zählen nicht nur verbote oder auflagen, sondern aufgrund deren eingriffsqualität auch die videobeobachtung und das videografieren, primär gegen diese zu richten. 83vgl. bverfg, kammerbeschluss vom 12. mai 2010 – 1 bvr 2636/04 –; einstweilige anordnung vom 1. september 2000 – 1 bvq 24/00 –, m.w.n., sämtlich juris 84wie bereits ausgeführt erreichen die vom beklagten herangezogenen und den teilnehmern der versammlungen der klägerin zuzurechnenden vorfälle die schwelle der erheblichen gefahr vorliegend nicht. dies mag sich für die geschilderten reaktionen der gegendemonstranten anders darstellen, würde aber, wie ausgeführt, allein die videobeobachtung der gegendemonstration rechtfertigen, welche hier nicht streitgegenstand ist. 85soweit der beklagte verstöße einzelner teilnehmer der vorhergehenden klägerischen versammlungen gegen strafgesetze zur grundlage seiner prognose gemacht hat, sind diese nach auffassung der kammer in der gesamtschau nicht geeignet, die seitens des beklagten zu sämtlichen teilnehmern der bevorstehenden versammlung erfolgte prognose zu begründen. 86die kammer verkennt nicht, dass gegen mehrere teilnehmer klägerischer versammlungen wegen zündens von pyrotechnik im bereich der gleise am bahnhof n. während der versammlung am 21. september 2018 in e. -n. und der entleerung von feuerlöschern aus dem lautsprecherwagen heraus auf personen des gegenprotests und polizeivollzugsbeamte bei der versammlung am 3. oktober 2018, möglicherweise erhebliche strafrechtliche vorwürfe im raum standen. hierbei handelt es sich jedoch um die beiden einzigen tatsachengestützt vorgetragenen, möglicherweise im sinne des §§ 12a, 19a versg erheblichen vorfälle aus den sechs vom beklagten in den blick genommenen versammlungen. soweit der beklagte über diese vorfälle hinaus auf das zustürmen eines einzelnen teilnehmers der klägerischen versammlung 3. oktober 2018 auf eine gruppe des linken spektrums und die nachfolgende körperliche auseinandersetzung abgestellt hat, ist auch dies nicht geeignet, die gegenüber allen versammlungsteilnehmern ergangene prognose in der vorzunehmenden gesamtbetrachtung zurechtfertigen. dies gilt insbesondere auch deshalb, weil es in der nachfolgenden versammlung der klägerin am 8. oktober 2018 nach den übereinstimmenden angaben der beteiligten trotz massiven gegenprotests zu keinem weiteren ggf. strafrechtlich relevanten verhalten gekommen ist. der beklagte hat dies nicht als „entlastenden umstand“ in seine würdigung mit einbezogen, sondern die versammlung aufgrund der „aggressiven grundstimmung beider lager“ - wie immer diese zu definieren ist - ebenfalls zur grundlage seiner prognose gemacht ohne auf tatsachengestützte anhaltspunkte zurückgreifen zu können. 87soweit der beklagte seine entscheidung auch auf die durch aufklärungskräfte der polizei erfolgte feststellung, dass sich mindestens 17 der gewaltbereiten linken szene zuzurechnende personen auf der anreise aus der nordstadt richtung e1. westen bewegt haben, gestützt hat, fehlt es am bezug zur klägerischen versammlung und insoweit an einer rechtfertigung mittels videoaufnahmen in die versammlungsfreiheit des art. 8 gg einzugreifen. die darin begründete erwartung, dass es am versammlungsort der klägerin zu konflikten zwischen beiden lagern kommt, welche die die grenze der strafbarkeit überschreiten geht schließlich über eine bloße vermutung nicht hinaus. 88der geltend gemachte alkoholgenuss von (potentiellen) teilnehmern der klägerischen versammlung auf dem weg zum versammlungsort in m. ist schließlich bereits mangelnder näherer angaben zur personenanzahl und der beobachteten „weiteren enthemmung“ nicht geeignet, eine prognose gegenüber sämtlichen versammlungsteilnehmern zu tragen. ungeachtet der frage, ob hierin überhaupt ein verstoß gegen das in auflage 6 zur versammlungsbestätigung vom 18. dezember 2018 enthaltene alkoholverbot „während der versammlung“ liegt, vermag ein solcher keine erhebliche gefahr im vorgenannten sinne zu begründen. bloße auflagenverstöße allein können grundsätzlich, auch wenn sie nach § 29 abs. 1 nr. 3 versg als ordnungswidrigkeiten gelten, keine erhebliche gefahr im vorgenannten sinne begründen – jedenfalls wenn die auflage nicht gerade den schutz von rechtsgütern von besonderem gewicht unmittelbar bezweckt. dass durch den alkoholgenuss ein verhalten der versammlungsteilnehmer drohte, welches eine gefahr für rechtgüter von besonderem gewicht bedeutet hätte, hat der beklagte nicht dargelegt. 89das ergebnis der gefahrenprognose des beklagten wird auch nicht durch die von ihm im vorfeld der versammlung in den sozialen netzwerken gesammelten erkenntnisse gestützt. die von ihm in der klageerwiderung vom 7. februar 2019 abgebildeten tweets sind nicht geeignet, die annahme eines erhöhten gewaltpotentials der teilnehmer der klägerischen versammlung zu begründen. die tweets beziehen sich teilweise auf die versammlungen am 3. und 8. oktober 2018 (vgl. tweets von „n. t. b. e. “, „b1. b. 000“, „q1. “ und „b2. “ und der klägerin) und lassen, unabhängig von der urheberschaft, einen bezug zu der streitgegenständlichen versammlung bereits nicht erkennen. die in bezug auf die streitgegenständliche versammlung veröffentlichten tweets von „b1. b. 000“ und „q. “ werden von der beklagten dem gegenprotest und nicht der klägerin zugerechnet, so dass dahingestellt bleiben kann, ob in diesen eine gezielte provokation liegt. soweit der beklagte hierauf die annahme eines großen gegenprotests mit ähnlichem störerpotential stützt, ist dies kein gesichtspunkt, der bei der hier relevanten gefahrenprognose gegenüber der klägerin berücksichtigung finden konnte. die zwei die streitgegenständliche versammlung betreffenden und der klägerin zugerechneten tweets, enthalten über die ankündigung der beiden versammlungen vom 19. oktober 2018 hinaus weder provokationen des gegenprotests noch aufrufe zu gewalttätigkeit diesem gegenüber. 90soweit sich der beklagte zudem auf die einschätzung der kriminalinspektion staatsschutz stützt, dass bei einer „rechten versammlung“ der angekündigten größenordnung sehr wahrscheinlich mit aggressiv ausgerichtetem gegenprotest zu rechnen sei, handelt es sich um bloß abstrakt-generelle erwägungen, die sich zudem auch wieder auf den erwarteten gegenprotest beziehen. konkrete, tatsachengestützte anhaltspunkte für eine unmittelbar der versammlung der klägerin zuzurechnende erhebliche gefahr im sinne der §§ 12a und 19a versg werden damit nicht belegt. 91der schriftsätzliche vortrag des beklagten, die entscheidung, die versammlung zu videografieren, sei während des versammlungsgeschehens fortwährend überprüft worden ist, nicht substantiiert belegt. die angaben des in der mündlichen verhandlung informatorisch befragten polizeidirektors m1. geben hierfür ebenfalls keinen anhalt sondern deuten eher darauf hin, dass eine solche überprüfung nicht erfolgte. 92ungeachtet dessen vermögen auch die nach dem beginn der versammlung in m. liegenden vorkommnisse und erkenntnisse des beklagten dessen gefahrenprognose für eine durchgehende kameraverwendung nicht zu stützen. 93soweit der beklagte darauf abgehoben hat, dass ein versammlungsteilnehmer der klägerin offen eine tätowierung gezeigt habe, welche gemäß § 86a stgb strafbar sei, rechtfertigt dies ebenfalls weder die annahme einer erheblichen gefahr noch können hieraus rückschlüsse auf das verhalten der übrigen teilnehmer gezogen werden. gleiches gilt für die vom beklagten geschilderte situation, wonach ein anreisender versammlungsteilnehmer der klägerin entgegen der polizeilichen führung der teilnehmer durch den ausgang „x. straße“ des s-bahnhofes m. den hinter der gegenversammlung gelegenen ausgang genutzt habe und mitten durch die gegenversammlung gelaufen sei, wobei er ein banner eines versammlungsteilnehmers des gegenprotests bei seite gewischt habe. dass sich der betreffende trotz der gefährderansprache auch im verlauf der versammlung derart verhalten hat, dass die grenze der erheblichen gefahr überschritten zu werden drohte, hat der beklagte nicht mehr dargelegt. es ist auch nicht geltend gemacht worden, dass dieser vorfall im sinne der §§ 12a abs. 1 satz 1, 19a versg relevantes verhalten der übrigen versammlungsteilnehmer ansatzweise nach sich gezogen hat. 94die vom beklagten in der klageerwiderung vom 7. februar 2019 erneut bemühten tweets belegen die geltend gemachten fortwährenden provokationen beider lager über soziale medien. die getroffene gefahrenprognose stützen diese mangels konkreter aufforderungen zu gewalttätigkeiten – aus der versammlung der klägerin heraus – jedoch nicht. 95sofern der beklagte aus den tweets beider lager über die abreise der teilnehmer von der vorhergehenden versammlung in m. ableitet, dass sich bereits in e. -n. aufhaltende, weitere versammlungsteilnehmer auf das baldige eintreffen dieser hätten einstellen können, hat er ebenfalls keine über bloße vermutungen hinausgehende tatsachengestützte anhaltspunkte dafür dargelegt, dass von den teilnehmern der klägerischen versammlung erhebliche gefahren im sinne der §§ 12a abs. 1 satz 1, 19a versg ausgehen. selbst die tatsachengestützte annahme einer erneuten begegnung beider lager genügte allein den anforderungen der erforderlichen gefahrenprognose ohne hinzutreten weiterer umstände nicht. der tweet von „q. t. e. “ unter dem hashtag #nazisboxen wird vom beklagten ebenfalls dem gegenprotest und nicht der klägerin bzw. ihren versammlungsteilnehmern zugerechnet. 96auch angesichts des umstandes, dass der beklagte aufgrund der anmeldung der klägerin und mangels gegenteiliger erkenntnisse für die versammlung in e. -n. von lediglich 30-45 teilnehmern ausgehen musste – und damit von deutlich weniger teilnehmern als für die versammlungen vom 21. september 2018 und 3. oktober 2018 – und aufgrund der tatsache, dass es sich um eine standkundgebung – und nicht um einen aufzug – gehandelt hat, war zudem der eintritt einer unübersichtlichen gefährdungslage nicht überwiegend wahrscheinlich. 97der seitens des beklagten schriftsätzlich zum fortbestehen seiner entscheidung, die versammlung der klägerin per kamera zu beobachten bzw. diesbezügliche aufnahmen zu speichern, angeführte wurf einer eisenstange aus einer kleingruppe des gegenprotests heraus in richtung des versammlungsleiters bzw. des mitgeführten lautsprecherwagens im unmittelbaren vorfeld der hier streitgegenständlichen versammlung, ist als angriff aus dem bereich der gegendemonstration ebenfalls nicht geeignet, die gefahrenprognose gegenüber der klägerin zu stützen. die annahme des beklagten, eine gewalttätige gegenreaktion von teilnehmern der klägerischen versammlung sei sehr wahrscheinlich gewesen, erweist sich - auch unter berücksichtigung des in der klageerwiderung geschilderten verhaltens des versammlungsleiters der klägerin und seines stellvertreters und der ausführungen des polizeidirektors m1. in der mündlichen verhandlung - mangels weiterer tatsachengestützter anhaltspunkte als bloße vermutung. soweit der beklagte auf eine beinahe-attacke eines teilnehmers der klägerischen versammlung gegenüber einem journalisten abstellt, ist nach den angaben im protokoll zu der hierzu gespeicherten videodatei davon auszugehen, dass keine straftat begangen wurde. es ist ferner nicht ersichtlich, dass sich teilnehmer der versammlung durch das herauslösen aus der versammlung zum zwecke der provokation und beleidigung des gegenprotests in für §§ 12a, 19a versg relevanter weise strafbar gemacht haben. 98im übrigen geht der verweis des beklagten auf das urteil des verwaltungsgerichts würzburg, 99vgl. vg würzburg, urteil vom 28. april 2016 – w 5 k 15.396 –, juris, 100zur tragfähigkeit der von ihm in vergleichbarer weise angestellten gefahrenprognose fehl, da in dem dort zu beurteilenden sachverhalt nicht die gesamte versammlung permanent gefilmt, sondern lediglich in einzelfällen anlässlich bestimmter ereignisse bild- und tonaufzeichnungen von bestimmten versammlungsteilnehmern gefertigt wurden. eine solche vorgehensweise wäre auch vom beklagten zu fordern gewesen. 101nach alledem wäre die vorgenommene anfertigung von bild- und tonaufnahmen bzw. -aufzeichnungen der teilnehmer der klägerischen versammlung allenfalls nach den dargelegten grundsätzen der sog. nichtstörerinanspruchnahme in betracht gekommen, wofür es an den erforderlichen voraussetzungen des polizeilichen notstandes fehlt. 102selbst wenn das vorliegen der voraussetzungen der §§ 12a, 19a versg unterstellt würde, wäre der beklagte nicht berechtigt gewesen, die gesamte versammlung der klägerin durchgehend mittels kamera zu beobachten bzw. zu filmen und nur im – im übrigen nicht näher dargelegten – einzelfall einzelne versammlungsteilnehmer heranzuzoomen. 103vorliegend war die beobachtung und aufzeichnung aller und nicht nur einzelner versammlungsteilnehmer unzulässig. 104§§ 12a abs. 1 satz 1, 19a versg begrenzt die zulässigkeit der bild- und tonaufnahmen bzw. -aufzeichnungen nach seinem ausdrücklichen wortlaut auf die teilnehmer, von denen die erheblichen gefahren für die öffentliche sicherheit oder ordnung ausgehen, d.h. auf die störer. eine ermächtigung zum videobeobachten bzw. filmen aller versammlungsteilnehmer ist § 12a abs. 1 satz 1 versg hingegen nicht zu entnehmen, so lange nicht die gesamte versammlung unfriedlich und damit zum störer wird. 105vgl. zu der problematik erbs/kohlhaas, strafrechtliche nebengesetze, werkstand: 232. el august 2020, § 12a rn. 4; so wohl auch ovg rheinland-pfalz, urteil vom 5. februar 2015 – 7 a 1683/14 –; offen gelassen von vg gelsenkirchen, urteil vom 19. februar 2019 – 14 k 7046/16 –; vg münster, urteil vom 21. august 2009 – 1 k 1403/08 –; sämtlich juris. 106entgegen der auffassung des beklagten lässt sich die störereigenschaft sämtlicher versammlungsteilnehmer nicht alleine mit ihrer zugehörigkeit zur klägerischen versammlung begründen. genügt die bloße teilnahme von anhängern bestimmter, abstrakt gewaltbereiter gruppierungen nicht den anforderungen der von § 12a versg geforderten gefahrenprognose, die an tatsächliche erkenntnisse anknüpfen muss, 107vgl. bverfg, einstweilige anordnung vom 4. september 2009 – 1 bvr 2147/09 –; ovg nrw, beschluss vom 11. märz 2020 – 15 a 1139/19 –; sämtlich juris, 108kann dieser aspekt auch nicht zur grundlage der entscheidung, die kamera auf die gesamte versammlung auszurichten, gemacht werden. 109soweit § 12a abs. 1 satz 2 versg auch bild- und tonaufzeichnungen „dritter“, d.h. solcher personen, von denen keine gefahren im sinne des § 12a abs. 1 versg ausgehen zulässt, betrifft das personen, die notwendigerweise mit aufgezeichnet werden, weil es technisch keine möglichkeit gibt, die aufnahme - etwa bei dynamischem geschehen - so zu fokussieren, dass sie außerhalb des bildbereichs sind. 110es ist nach den angaben des polizeidirektors m1. nicht ersichtlich, dass die anfertigung von bild- und tonaufnahmen bzw. -aufzeichnungen dem in der klageerwiderung dargestellten ziel diente, lediglich den „erheblichen teil der strafrechtlich in der vergangenheit in erscheinung getretenen versammlungsteilnehmer“ zu erfassen. aus der aussage des polizeidirektors m1. in der mündlichen verhandlung, es sei erforderlich gewesen, zunächst eine übersicht zu gewinnen wer die aggressoren sind, um dann diese heranzuzoomen, ergibt sich ein nicht aufzulösender widerspruch zu dem vortrag des beklagten in der klageerwiderung, es sei erforderlich gewesen, sieben namentlich benannte teilnehmer der versammlung zu beobachten und es sei, weil diese ein „erheblicher teil“ der aus 45 personen bestehenden versammlung gewesen seien, erforderlich gewesen die gesamte versammlung zu beobachten. 111demnach war von vornherein beabsichtigt, alle versammlungsteilnehmer zu videografieren, ohne dem gesetzeswortlaut des § 12a abs. 1 satz 2 versg rechnung zu tragen, dass personen, die nicht störer sind, nur dann erfasst werden dürfen, wenn dies unvermeidbar ist. 112hinzu kommt, dass von der gesetzlichen regelung auch die vorgenommene, wie oben dargelegt, nicht hinreichend tatsachengestütze und damit anlasslose und zeitlich unbegrenzte aufzeichnung, bzw. beobachtung der versammlung von deren beginn bis zu deren ende nicht gedeckt ist. 113die kammer ist aufgrund der aussagen des polizeidirektors m1. davon überzeugt, dass der entschluss, die versammlung insgesamt und über deren gesamte dauer zu videografieren, auf der annahme beruhte, es werde zu einer konfrontation mit anhängern des gegenprotests kommen, deren eskalation auch durch den einsatz der videokameras von vornherein unterbunden werden sollte. auf die frage des gerichts nach dem zweck des kameraeinsatzes gab polizeidirektor m1. an, ausgehend von den vorfällen bei den vorhergehenden versammlungen am 3. oktober 2018 und am 19. oktober 2018 sowie im vorfeld der hier streitgegenständlichen versammlung sei es das ziel gewesen, die vorhandene aggressive stimmung nicht weiter gegenseitig aufpeitschen zu lassen und beide versammlungen kontrolliert stattfinden zu lassen, damit sie zu ihrem recht kommen, ihre meinung kundzutun. dass es dem beklagten im sinne einer gefahrenabwehrrechtlichen zielsetzung der maßnahme darum ging, die kamera lediglich als hilfsmittel des menschlichen auges einzusetzen, ist nicht ersichtlich. 114vgl. allgemein zur zielsetzung der §§ 12a, 19a versg: kniesel in: dietel/gintzel/kniesel, versammlungsgesetze, 18. auflage, §12a, rn. 14f. m.w.n.; enders in: dürig-friedl/enders, versammlungsrecht, 2016, § 12a rn. 7; ott/wächtler/heinhold, a.a.o., § 12a rn. 9; arzt in: ridder/breitbach/deiseroth, a.a.o., § 19a rn. 16ff. m.w.n.; groscurth in: peters/janz, a.a.o., g rn. 175. 115der beklagte hat mit der maßnahme somit bereits keinen legitimen zweck verfolgt. dient die maßnahme allein (oder überwiegend) dem zweck, teilnehmer der versammlung durch die sichtbare präsenz der videoüberwachung von der begehung von straftaten abzuhalten, weil deren unmittelbare dokumentation zu beweiszwecken in echtzeit erfolgt und eine identifizierung ihrer person mithilfe der angefertigten aufnahmen ohne weiteres möglich ist, liegt eine über die reine gefahrenabwehr hinausgehende zielrichtung vor. der beklagte hat mit der anfertigung der bild- und tonaufzeichnungen insbesondere den zweck einer gefahrenprävention verfolgt. diese vorgehensweise stellt einen nicht legitimierten unmittelbaren eingriff in den schutzbereich des art. 8 gg dar. gerade die mit dem polizeilichen kameraeinsatz während einer versammlung verbundenen einschüchterungseffekte beeinträchtigen nicht nur die individuellen entfaltungschancen des einzelnen, sondern auch das gemeinwohl, weil die kollektive öffentliche meinungskundgabe eine elementare funktionsbedingung eines auf handlungs- und mitwirkungsfähigkeit seiner bürger gegründeten demokratischen und freiheitlichen gemeinwesens ist. 116vgl. bverfg, einstweilige anordnung vom 17. februar 2009 – 1 bvr 2492/08 – m.w.n., bverfge 122, 342, zitiert nach juris; ovg nrw, urteil vom 17. september 2019 – 15 a 4753/18 und beschluss vom 23. november 2010 – 5 a 2288/09 –, beide www.nrwe.de und juris; vg gelsenkirchen, urteil vom 23. oktober 2018 – 14 k 3543/18 –, www.nrwe und juris; kniesel in: dietel / gintzel / kniesel, a.a.o., §12a, rn. 9 m.w.n. 117diese, in der klageerwiderung verharmlosend als „chilling effect“ bezeichnete einschüchterung der versammlungsteilnehmer darf daher niemals das hauptsächliche ziel des kameraeinsatzes sein, sondern allenfalls ein – aufgrund das grundrecht der versammlungsfreiheit überwiegender interessen der allgemeinheit – hinzunehmender nebeneffekt. 118das durchgehende, anlasslose filmen der gesamten versammlung der klägerin erweist sich unabhängig davon, dass weder die tatbestandsvoraussetzungen der ermächtigungsgrundlage vorlagen noch die zielsetzung des beklagten auf der rechtsfolgenseite von der eingriffsnorm gedeckt war auch als nicht angemessen. die rechte der klägerin bzw. der teilnehmer ihrer versammlung wurden unzumutbar beeinträchtigt. der eingriff in die innere versammlungsfreiheit der teilnehmer der klägerischen versammlung wiegt schwer. dass dem versammlungsleiter der entschluss zur videografie zuvor mitgeteilt worden war, mindert die grundrechtliche beeinträchtigung nicht. 119zum abwägungsmaßstab der vorzunehmenden gewichtung vgl. ovg lüneburg, urteil vom 24. september 2015 – 11 lc 215/14 –, juris. 120der eingriff in die grundrechte der versammlungsteilnehmer war auch nicht erforderlich, denn er hätte sich vermeiden lassen, indem eine im vorgehaltenen beweissicherungsfahrzeug im stand-by-modus geschaltete kamera erkennbar von der versammlung abgewendet worden wäre. die beamten wären innerhalb weniger sekunden in der lage gewesen, etwaige von ihnen wahrgenommene gefahrenlagen im bild einzufangen, ohne dass hierfür anlasslos bilder der gesamten versammlung hätten aufgezeichnet werden müssen. 121der einwand des beklagten, die versammlungsteilnehmer hätten in einem solchen fall „einen zwischenfall frei“, überzeugt nicht, da §§ 12a, 19a versg ein filmen bei einer verdichtung der tatsächlichen anhaltspunkte im einzelfall ermöglicht hätte. im übrigen ist die beeinträchtigung, die sich aus der verzögerung ergibt, mit blick auf den hohen verfassungsrechtlichen stellenwert der versammlungsfreiheit hinzunehmen. 122vgl. ovg nrw, beschluss vom 23. november 2010 – 5 a 2288/09 –; ovg lüneburg, urteil vom 24. september 2015 – 11 lc 215/14 –; vgl. auch vg leipzig, urteil vom 17. juni 2016 – 1 k 259/12 – und vg hannover, urteil vom 14. kuli 2014 – 10 a 226/13 –; sämtlich juris. 123die kostenentscheidung folgt aus § 154 abs. 1 vwgo. die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit beruht auf § 167 vwgo i.v.m. §§ 708 nr. 11, 711 zpo.
Klaeger*in
1
190,024
S 30 SO 179/12
2013-08-29T00:00:00
Gerichtsbescheid
Tenor 1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin die im Jugendhilfefall M X in der Zeit vom 05.08.2009 bis einschließlich 31.12.2012 entstandenen ungedeckten Aufwendungen auch in Bezug auf den Lebensunterhalt - einschließlich der Leistungen für Klassenfahrten, Weihnachtsbeihilfen und pauschalierten Ferienbeihilfen - nebst Prozesszinsen mit vier vom Hundert seit Rechtshängigkeit zu zahlen. 2. Im Übrigen wird die Klage im Hinblick den Zeitraum 01.06.2009 bis 04.08.2009 und im Hinblick auf einen höheren Zinsanspruch abgewiesen. 3. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu 95 Prozent. 1Tatbestand: 2Die Beteiligten streiten über die Kostenerstattung nach § 104 SGB X für übernommene Kosten einer Unterbringung im Hilfefall M X durch die Klägerin als Leistungsträger der Jugendhilfe gegenüber der Beklagten als Leistungsträger der Eingliederungshilfe und hier nach einem Teilvergleich nur noch über die Frage, ob die Beklagte als Verpflichtete zur Erbringung der sozialhilferechtlichen Eingliederungshilfe ausnahmsweise auch zur Gewährung der Leistungen zur Sicherstellung des Lebensunterhalts – so wie jugendhilferechtlich in § 39 Abs. 1 S. 1 SGB VIII geregelt – verpflichtet ist. 3Das am 00.0.2002 geborene schwerstbehinderte Kind, M W, konnte von der Kindesmutter nicht entsprechend erzogen und versorgt werden und wurde daraufhin zunächst als Bereitschaftspflegekind von den Eheleuten N1 in N2 aufgenommen. Das Bereitschaftspflegeverhältnis wurde am 19.9.2005 in ein Dauerpflegeverhältnis umgewandelt. Die ungedeckten Kosten belaufen sich monatlich auf 1.212,65 EUR. Die Klägerin leistet (spätestens seit dem 1.7.2009) Hilfe durch Übernahme der entstehenden Kosten der Unterbringung bei den Pflegeeltern und zwar in Form der Übernahme der Kosten für Pflege – beim Erziehungsbeitrag berücksichtigte die Klägerin einen 3,5 fachen Hebesatz – sowie darüber hinaus auch in Form der Übernahme der Kosten zur Sicherstellung des Lebensunterhalts - § 39 Abs. 1 S. 1 und 2 SGB VIII. 4Am 1.6.2010 beantragte die Klägerin gegenüber der Beklagten Kostenübernahme der gewährten Hilfe, die die Klägerin unter Berufung auf die Vorschriften Hilfe zur Erziehung gemäß §§ 27, 33 SGB VIII gewährte; die Klägerin wies darauf hin, dass das Kind M ein mehrfach behindertes Kind sei und nach der Änderung des § 54 Abs. 3 SGB XII durch das Assistenzpflegebedarfsgesetz zum 5.8.2009 die Familienpflege für Kinder mit körperlicher oder geistiger Behinderung als Leistung der Eingliederungshilfe gemäß §§ 53 ff SGB XII zu betrachten sei und daher die Beklagte vorrangig Eingliederungshilfe zu erbringen habe. Die erbrachten Leistungen nach § 27, 33 SGB VIII seien daher nachrangig. Die Beklagte lehnte den Antrag mit Schreiben vom 30.12.2010 ab; die Beklagte wies darauf hin, dass noch nicht nachgewiesen worden sei, dass die vollstationäre Unterbringung tatsächlich vermieden worden sei. Aus den Unterlagen gehe hervor, dass die Mutter mit der Betreuung des Kindes massiv überfordert worden gewesen sei und das Kind deshalb aus dem mütterlichen Haushalt herausgenommen worden sei. Die Mutter sei nicht in der Lage gewesen, die Erziehung zu gewährleisten. Dies stelle eindeutig ein Fall der Hilfe zur Erziehung dar, so dass Leistungen nach dem SGB VIII vorrangig vor den Leistungen nach dem SGB XII im Sinne des § 10 Abs. 4 SGB VIII zu leisten seien. Bis zum 31.03.2012 entstanden Kosten in Höhe von 42.075,45 EUR. Mit ihrer Klage vom 17.4.2012, beim Sozialgericht Düsseldorf am 19.4.2012 eingegangen, verfolgt die Klägerin weiterhin ihr Begehren auf Kostenerstattung gemäß § 104 SGB X. 5Mit Schriftsatz vom 14.8.2012 stellte die Klägerin ein Klageerweiterungsantrag und forderte auch den noch nicht erfassten Zeitraum 1.4.2012 bis 31.08.2012 mit ungedeckten Kosten in Höhe von 6.233,85 EUR ein. Mit Schreiben vom 17.09.2012 stimmte die Beklagte der Erstattung des Erziehungsbeitrags zwar dem Grunde nach zu, griff aber die Anhebung des Erziehungsbeitrags um den 3,5 fachen Satz an. Nach Anregung durch die Klägerin präzisierte die Beklagte das Teilanerkenntnis dahingehend, sie wolle den einfachen Erziehungsbeitrag übernehmen. Mit Schriftsatz vom 18.12.2012 konkretisierte die Klägerin nochmals der Klageantrag, mit dem nunmehr auch der Zeitraum bis einschließlich 31.12.2012 umfasst ist. Am 14.03.2013 fand ein Verhandlungstermin statt; in diesem wies der Beklagtenvertreter nochmals ausdrücklich darauf hin, dass die Beklagte die klägerseits begehrte Übernahme des Lebensunterhalts ablehne, dieser sozialhilferechtliche Anspruch nach dem 3. bzw. 4 Kapitel des SGB XII sei im Gegensatz zur Eingliederungshilfe vom Vorrangsgrundsatz des § 10 Abs. 4 S. 1 SGB VIII erfasst. Bezüglich dieses Aspektes baten die Beteiligten um streitige Entscheidung. Im Nachgang zum Verhandlungstermin unterbreitete das Gericht den Beteiligten einen Teilvergleich im Hinblick auf den Hebesatz für die Kosten der Pflege. Diesen Teilvergleich nahmen die Beteiligten an, die Klägerin mit Schriftsatz vom 04.07.2013, die Beklagte mit Schriftsatz vom 05.07.2013. Die Beteiligten stellten daher ausdrücklich nur noch die Frage streitig, welcher Leistungsträger unter Berücksichtigung von § 10 Abs. 4 SGB VIII für die Sicherstellung des Lebensunterhalts zuständig ist. 6Die Klägerin ist diesbezüglich der Ansicht, die Beklagte sei als zuständiger Leistungsträger für die Eingliederungshilfe nunmehr auch für die Erbringung der Leistungen zur Sicherstellung des Lebensunterhaltes zuständig. Im Hinblick auf die Argumentation der Beklagten zu den Aufwendungen für den Lebensunterhalt sei darauf hinzuweisen, dass dies auf einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes (BVerwG, Urteil vom 02.03.2006; Aktenzeichen: 5 C 15/05) basiere, die vor den Regelungen des Assistenzpflegegesetzes also mit Änderung des § 54 Abs. 3 SGB XII zum 05.08.2009 ergangen sei. Nach der Intention des Gesetzgebers, mit der auch § 27a Abs. 4 Satz 3 SGB XII in das SGB XII aufgenommen worden sei, sei erkennbar, dass die Sicherstellung des Lebensunterhaltes des behinderten Kindes auch in der Sozialhilfe untrennbar mit der Eingliederungshilfe verknüpft sei. Daher sollte eine Annexleistung geschaffen werden, wie sie in der Familienpflege nach dem SGB XII bereits seit langem bekannt sei. 7Die Klägerin beantragt nunmehr sinngemäß noch, 8Die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin die im Jugendhilfefall M X in der Zeit vom 01.06.2009 bis einschließlich 31.12.2012 entstandenen ungedeckten Aufwendungen auch in Bezug auf den Lebensunterhalt - einschließlich der Leistungen für Klassenfahrten, Weihnachtsbeihilfen und pauschalierten Ferienbeihilfen - nebst Prozesszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen. 9Die Beklagte beantragt, 10die Klage abzuweisen. 11Die Beklagte ist der Ansicht, die Beklagte sei zur Übernahme auch der Kosten für die Sicherstellung des Lebensunterhalts nicht verpflichtet, es gelte der Nachrangsgrundsatz gemäß § 10 Abs. 4 S. 1 SGB VIII. Hilfen im Sinne der §§ 32 ff SGB VIII erfassten den notwendigen Unterhalt des Kindes außerhalb des Elternhauses gemäß § 39 Abs. 1 S. 1 SGB VIII und auch die Kosten der Erziehung nach § 39 Abs. 1 S. 2 SGB VIII. Daseinsleistungen des Pflegegeldes, die den Lebensunterhalt abdeckten, seien nicht Bestandteil der Eingliederungshilfe und seien auch nicht als Leistungen zum Lebensunterhalt nach dem 3. bzw. 4 Kapitel des SGB XII zu erbringen. Hierfür greife der Nachrang gemäß § 10 Abs. 4 S. 1 SGB VIII. Da Leistungen zur Sicherstellung des Lebensunterhalts nicht Bestandteil der Leistungen der Eingliederungshilfe seien, greife auch die Ausnahmevorschrift des § 10 Abs. 4 S. 2 SGB VIII nicht, diese Vorrangsregelung verpflichte die Beklagte nur in Bezug auf die Kosten für die Pflege und Erziehung, nicht aber auch für die Sicherstellung des Lebensunterhalts. Leistungen zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII seien daher nachrangig. Hierzu zählten im übrigen auch die in der gegnerischen Verwaltungsakte aufgeführten Leistungen für Klassenfahrten, Weihnachtsbeihilfen und pauschalierten Ferienbeihilfen. 12Das Gericht hat die Beteiligten zu einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid mit Schreiben vom 30.04.2013 angehört. Die Verwaltungsakte (Gz.: 257991) lag vor. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Verfahrens sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakte sowie den Inhalt der Gerichtsakte verwiesen. 13Entscheidungsgründe: 14I. Das Gericht kann gem. § 105 I Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch Gerichtsbescheid und damit ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher und rechtlicher Art aufweist, der Sachverhalt geklärt ist und die Beteiligten hierzu angehört wurden. 15II. Die Klage ist zulässig. 161) Die Klage ist form- und fristgerecht erhoben worden. Der Klageantrag der Klägerin war nach Abschluss des Teilvergleichs gemäß §§ 133, 157 BGB analog auszulegen (zur Notwendigkeit der Auslegung bei Testerklärungen vgl.: Meyer-Ladewig, Kommentar zum SGG, 10. Auflage, § 90, Rn. 4a; § 92, Rn. 2; § 123, Rn. 3b). Hierbei war zum einen zu berücksichtigen, dass nach Abschluss des Teilvergleichs über den Hebesatz beim Pflegegeld nur noch die Kostenerstattung im Hinblick auf die anteiligen Kosten zur Sicherstellung des Lebensunterhalts streitig war, zum anderen war zu berücksichtigen, dass namentlich auch die zum Lebensunterhalt gehörenden, aber gesondert bewilligten Leistungen durch die Klägerin für Klassenfahrten, Weihnachtsbeihilfen und pauschalierter Ferienbeihilfen von der Beklagten streitig gestellt worden sind. Da das Gericht an die Fassung der Anträge gemäß § 123, 2. HS SGG nicht gebunden ist, war der Klageantrag der Klägerin in diesem Sinne auszulegen. Dabei hat die Klägerin den konkreten, auf den Lebensunterhalt entfallenden Anteil nicht mitgeteilt, so dass eine betragsmäßige Festlegung nicht möglich, aber auch nicht erforderlich gewesen ist. 172) Die Klage ist im Übrigen auch als allgemeine Leistungsklage im Sinne von § 54 V SGG statthaft. 18III. Die Klage ist in sich hinsichtlich des Hauptanspruchs auch weit gehend begründet – jedenfalls soweit die Klage die Kostenerstattung für die Zeit ab dem 05.08.2009 betrifft, ab diesem Zeitpunkt ist durch das Assistenzpflegegesetz der neu eingefügte § 54 Abs. 3 SGB XII in Kraft getreten. Hinsichtlich des weitergehenden, geltend gemachten Anspruchs für den Zeitraum 01.06.2009 bis 04.08.2009 ist die Klage hingegen unbegründet, hinsichtlich des Zinsanspruchs ist die Klage ebenfalls nur teilweise begründet. Die Klägerin hat – nach Abschluss des Teilvergleiches – einen weitergehenden Anspruch auf Kostenerstattung nach § 104 SGB X auch für die auf die Sicherstellung des Lebensunterhaltes entfallenden Anteile der an die Pflegeeltern bewilligten Leistungen und zwar einschließlich der bewilligten Leistungen für Klassenfahrt, Weihnachtsbeihilfen und pauschalierten Ferienbeihilfen ab 05.08.2009. Hat nach § 104 SGB X ein nachrangig verpflichteter Leistungsträger Sozialleistungen erbracht, ohne dass die Voraussetzungen von § 103 Abs. 1 SGB X vorliegen, ist der Leistungsträger erstattungspflichtig, gegen den der Berechtigte vorrangig einen Anspruch hat oder hatte. Diese Voraussetzungen sind jedenfalls ab 05.08.2009 erfüllt, weil die Klägerin als nachrangig verpflichteter Leistungsträger hier auch neben dem Erziehungsbeitrag den weitergehenden Lebensunterhalt sichergestellt hat und die Beklagte insgesamt vorrangig bzw. allein verpflichtet war. 191) Die Verpflichtung der Beklagten für die Bewilligung der Eingliederungshilfe ergibt sich - zwischen den Beteiligten - unstreitig aus dem durch das Assistenzpflegegesetz zum 05.08.2009 neu eingefügten § 54 Abs. 3 SGB XII. Dabei begründet § 54 Abs. 3 SGB XII die alleinige und ausschließliche Pflicht auf Bewilligung von Eingliederungshilfe durch den Leistungsträger der Sozialhilfe. § 35a SGB VIII iVm § 39 Abs. 1 S. 2 SGB VIII, der ebenfalls die Eingliederungshilfe in Form der Kosten für den Sachaufwand für die Pflege und Erziehung im Jugendhilferecht regelt, wird von § 54 Abs. 3 SGB XII als lex specialis verdrängt. Daneben besteht daher keine Verpflichtung des jugendhilferechtlichen Leistungsträgers. 202) Die alleinige Verpflichtung der Beklagten auch zur Übernahme des Lebensunterhalts, entweder nach dem 3. oder nach dem 4. Kapitel des SGB XII, ergibt sich aus dem Umstand, dass die Klägerin materiell-rechtlich auch nicht zur Sicherstellung des Lebensunterhalts gemäß § 39 Abs. 1 S. 1 SGB VIII verpflichtet gewesen war. Die § 104 SGB X geforderten nachrangige Leistungspflicht der Klägerin ergibt sich nämlich allenfalls aus § 43 Abs. 1 SGB I. Entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten greift im vorliegenden Verhältnis die Vorrangsregelung des § 10 Abs. 4 SGB VIII nicht; damit ist auch die zitierte Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts nicht anwendbar (Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 02.03.2006; Aktenzeichen: 5 C 15/05; BVerwGE 125, 95-100). Die dort getroffene Kernaussage, dass der Träger der öffentlichen Jugendhilfe wegen seiner Aufwendungen für den Lebensunterhalt eines in einer Pflegefamilie untergebrachten, körperlich oder geistig behinderten Kindes, Jugendlichen bzw. jungen Volljährigen keine Erstattung von dem für Maßnahmen der Eingliederungshilfe zuständigen Träger der Sozialhilfe verlangen kann, gilt in konsequenter Auslegung des § 10 Abs. 4 SGB VIII nur dann, wenn die Ansprüche nach dem SGB VIII dem SGB XII miteinander konkurrieren (vgl hierzu insb. BVerwG, aaO, LS und insb. Rz.: 8). Für das Verhältnis zwischen Leistungen des SGB VIII und den Leistungen nach SGB XII hält § 10 Abs. 4 SGB VIII die maßgebliche Regelung bereit. Danach gehen grundsätzlich die Leistungen der Jugendhilfe den Leistungen der Sozialhilfe vor - § 10 Abs. 4 Satz 1 (grundlegend zum Konkurrenzverhältnis zwischen sozialhilferechtlicher und jugendhilferechtlicher Eingliederungshilfe vgl.: BVerwG, Urteil v. 19.10.2011, 5 C 6/11, ZFSH/SGB 2012, 33-36 = JAmt 2012, 47-50 = NVwZ-RR 2012, 67-69; BSG, Urteil v. 24.03.2009, B 8 SO 29/07 R, BSGE 103, 39-45 = SozR 4-2800 § 10 Nr 1 = JAmt 2009, 623-626 = NVwZ-RR 2010, 67-70; LSG NRW, Urteil v. 18.06.2012, L 20 SO 12/09). Sachlogisch greift die Vorschrift dann nicht, wenn gegen den Leistungsträger der Jugendhilfe kein Anspruch auf Eingliederungshilfe nach § 35a SGB VIII in Verbindung mit § 39 Abs. 1 SGB VIII gegeben ist. Dies ist im vorliegenden Fall nach der Einführung von § 54 Abs. 3 SGB XII – zwischen den Beteiligten auch unbestritten – ausdrücklich für die Eingliederungshilfe der Fall. Aufgrund dieser Sondervorschrift ist durch den Gesetzgeber die ausschließliche Zuständigkeit des Trägers der Sozialhilfe nach dem SGB XII klargestellt; dies gilt zunächst ausdrücklich für den Bereich Pflege und Erziehung nach § 39 Abs. 1 S. 2 SGB VIII. Diesbezüglich ist die Beklagte als Träger der Sozialhilfe uneingeschränkt allein zuständig (vgl. bereits oben unter 2). Der Übergangszeitraum bis 31.12.2013 ist auch noch nicht abgelaufen. 213) Eine Anwendung der Vorrangsvorschrift des § 10 Abs. 4 SGB VIII scheidet jedoch nicht nur in Bezug auf die in der Eingliederungshilfe beinhalteten Leistungen für Pflege und Erziehung nach § 39 Abs. 1 S. 2 SGB VIII aus, sondern auch in Bezug auf Leistungen zur Sicherstellung des Lebensunterhaltes nach § 39 Abs. 1 S. 1 SGB VIII. Auch diesbezüglich ist "ausschließlich" eine Pflicht zur Sicherstellung des Lebensunterhalts durch die Beklagten als Träger der Sozialhilfe gegeben. Die einzige Vorschrift, wonach die Klägerin als Träger der Jugendhilfe dem Grunde nach verpflichtet sein könnte, ist § 39 Abs. 1 S. 1 SGB VIII. Die Vorschrift regelt die Sicherstellung des Unterhalts von Kindern und Jugendlichen, die außerhalb ihres Elternhauses Hilfe zur Erziehung erhalten - das sog. Pflegegeld. Mit dieser Regelung soll vermieden werden, dass sich der Leistungsberechtigte zur Deckung des Lebensunterhalts an das Sozialamt wenden muss (Stähr, in: Hauck/Haines, § 39 SGB VIII Rn. 1). Die Gewährung von pädagogischer Hilfe und Unterhaltsleistungen sollen aus einer Hand erfolgen (Wiesner, § 39 SGB VIII Rn. 2). Deshalb ist in der Literatur und Rechtsprechung unbestritten, dass der Unterhaltsanspruch nach § 39 Abs. 1 S. 1 SGB VIII eine Annexleistung darstellt; die Regelung stellt keinen selbständigen Anspruch dar (BVerwG, Beschluss v. 24.9.2007, 5 B 154/07; BVerwG, Urteil v. 12.9.1996, 5 C 31/95; Bay VGH München, Beschluss v. 29.12.2005, 12 ZB 04.1571; Sächsisches OVG, Urteil v. 2.7.2008, 1 A 90/08, NJW 2008 S. 3729 f.; Wiesner, § SGB VIII, Rn. 6; weitere Nachweise zum Charakter als Annexleistung vgl. unten Rz. 3). Der Unterhaltsanspruch teilt deshalb das Schicksal des Hauptanspruchs auf Kostenerstattung bezüglich Erziehung und Pflege. Dieser Anspruch liegt gemäß § 54 Abs. 3 SGB XII aber ausschließlich in den Händen der Beklagten, so dass der Unterhaltsanspruch dessen Schicksal teilt. Da die Klägerin damit jedenfalls materiell-rechtlich nach § 39 Abs. 1 S. 1 SGB VIII nicht – auch nicht nachrangig – für die Sicherstellung des Lebensunterhaltes verpflichtet ist, bleibt es auch bezüglich des Anteils zur Sicherstellung des Lebensunterhaltes ausschließlich bei der Zuständigkeit der Beklagten. Dies deckt sich im Übrigen auch mit der ratio legis von § 39 Abs. 1 S. 1 SGB VIII. Nur weil dieser Anspruch als Annexleistung zu qualifizieren ist, ist sichergestellt, dass einem Betroffenen pädagogische Hilfe und Unterhaltsleistungen aus einer Hand gewährt werden können. Scheidet daher der Hauptanspruch "Erziehungsbeitrag" gegen den Jugendhilfeträger aus, weil nach § 54 Abs. 3 SGB XII allein der Sozialhilfeträger zuständig ist, kann konsequenterweise der Unterhaltsanspruch auch nur durch den Sozialhilfeträger erfolgen, um die Gewährung von Hilfen aus einer Hand – nunmehr durch die Hand des Sozialhilfeträgers – sicherzustellen. 224) Die nachrangige Leistungsverpflichtung der Klägerin, so wie als Erstattungsvoraussetzung von § 104 SGB X gefordert, ergibt sich daher nicht aus materiell-rechtlichen Überlegungen, sondern allenfalls aus der allgemeinen Vorschrift des zuerst angegangen Leistungsträgers gemäß § 43 Abs. 1 SGB I, der den Leistungsempfänger von dem Risiko eines Zuständigkeitsstreits zwischen Leistungsträgern entbinden will. 235) Von dem Erstattungsanspruch sind im Übrigen darüber hinaus auch die Leistungen für Klassenfahrten, Weihnachtsbeihilfen und pauschalierten Ferienbeihilfen erfasst. Wie die Beklagte mit Schriftsatz vom 17.09.2012 zutreffend einräumt, unterfallen diese Bedarfe und Leistung grundsätzlich dem erweiterten Lebensunterhalt und sind in der Regel gemäß § 27a Abs. 4 S. 1 SGB XII, § 73 SGB XII zu decken. Nach § 27a Abs. 4 S. 1 SGB XII wird im Einzelfall der individuelle Bedarf abweichend vom Regelsatz festgelegt, wenn ein Bedarf unabweisbar seiner Höhe nach erheblich von einem durchschnittlichen Bedarf abweicht. Da die Beklagte in ihren Stellungnahmen die Notwendigkeit dieser Bedarfe dem Grunde nach nicht angegriffen hat, sondern eine Übernahme dieser Kosten ausschließlich mit Hinweis auf § 10 Abs. 4 S. 2 SGB VIII abgelehnt hat, weil diese Leistungen zum Lebensunterhalt gehören, ist der Anspruch der Klägerin auch diesbezüglich gerechtfertigt, da auch diese Leistungen als Annexleistungen unabdingbar mit dem Erziehungsbeitrag verknüpft sind. 246) Der Anspruch auf Kostenerstattung kann allerdings erst mit Inkrafttreten des § 54 Abs. 3 SGB XII zum 05.08.2009 entstehen. Ein weitergehender Anspruch den Zeitraum 01.06.2009 bis 04.08.2009 besteht nicht. Die Erstattungsvoraussetzung gemäß § 104 SGB X liegen daher insgesamt erst mit diesem Datum vor. 257) Die durch die Klägerin geleisteten Zahlungen im Umfang der Sicherstellung des Lebensunterhalts sind gemäß § 44 SGB I zu verzinsen, nach Abs. 1 sind Ansprüche auf Geldleistungen nach Ablauf eines Kalendermonats nach dem Eintritt ihrer Fälligkeit bis zum Ablauf des Kalendermonats vor der Zahlung mit vier vom Hundert zu verzinsen. Der weitergehende - mit dem Klageantrag – geltend gemachte Zinsanspruch auf Übernahme von Prozesszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit auf den anteilig gewährten Lebensunterhalt war hingegen abzuweisen. 26Die Klage ist daher im Hinblick auf den Hauptanspruch ab 05.08.2009 begründet, im Hinblick auf den geltend gemachten Zeitraum 01.06.2009 bis 04.08.2009 ist die Klage hingegen unbegründet; im Hinblick auf den Zinsanspruch ist die Klage ebenfalls nur teilweise begründet. 27IV. 28Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und entspricht dem Ergebnis des Rechtsstreits. Dabei weist das Gericht darauf hin, dass die Klägerin in einem geringem Maße hinsichtlich des Zeitraums und des Zinsanspruchs unterlegen ist und das Unterliegen ca. 5 Prozent ausmacht (43 Monate beantragt – 01.06.0209
1. die beklagte wird verurteilt, an die klägerin die im jugendhilfefall m x in der zeit vom 05.08.2009 bis einschließlich 31.12.2012 entstandenen ungedeckten aufwendungen auch in bezug auf den lebensunterhalt - einschließlich der leistungen für klassenfahrten, weihnachtsbeihilfen und pauschalierten ferienbeihilfen - nebst prozesszinsen mit vier vom hundert seit rechtshängigkeit zu zahlen. 2. im übrigen wird die klage im hinblick den zeitraum 01.06.2009 bis 04.08.2009 und im hinblick auf einen höheren zinsanspruch abgewiesen. 3. die beklagte trägt die außergerichtlichen kosten der klägerin zu 95 prozent. 1
2die beteiligten streiten über die kostenerstattung nach § 104 sgb x für übernommene kosten einer unterbringung im hilfefall m x durch die klägerin als leistungsträger der jugendhilfe gegenüber der beklagten als leistungsträger der eingliederungshilfe und hier nach einem teilvergleich nur noch über die frage, ob die beklagte als verpflichtete zur erbringung der sozialhilferechtlichen eingliederungshilfe ausnahmsweise auch zur gewährung der leistungen zur sicherstellung des lebensunterhalts – so wie jugendhilferechtlich in § 39 abs. 1 s. 1 sgb viii geregelt – verpflichtet ist. 3das am 00.0.2002 geborene schwerstbehinderte kind, m w, konnte von der kindesmutter nicht entsprechend erzogen und versorgt werden und wurde daraufhin zunächst als bereitschaftspflegekind von den eheleuten n1 in n2 aufgenommen. das bereitschaftspflegeverhältnis wurde am 19.9.2005 in ein dauerpflegeverhältnis umgewandelt. die ungedeckten kosten belaufen sich monatlich auf 1.212,65 eur. die klägerin leistet (spätestens seit dem 1.7.2009) hilfe durch übernahme der entstehenden kosten der unterbringung bei den pflegeeltern und zwar in form der übernahme der kosten für pflege – beim erziehungsbeitrag berücksichtigte die klägerin einen 3,5 fachen hebesatz – sowie darüber hinaus auch in form der übernahme der kosten zur sicherstellung des lebensunterhalts - § 39 abs. 1 s. 1 und 2 sgb viii. 4am 1.6.2010 beantragte die klägerin gegenüber der beklagten kostenübernahme der gewährten hilfe, die die klägerin unter berufung auf die vorschriften hilfe zur erziehung gemäß §§ 27, 33 sgb viii gewährte; die klägerin wies darauf hin, dass das kind m ein mehrfach behindertes kind sei und nach der änderung des § 54 abs. 3 sgb xii durch das assistenzpflegebedarfsgesetz zum 5.8.2009 die familienpflege für kinder mit körperlicher oder geistiger behinderung als leistung der eingliederungshilfe gemäß §§ 53 ff sgb xii zu betrachten sei und daher die beklagte vorrangig eingliederungshilfe zu erbringen habe. die erbrachten leistungen nach § 27, 33 sgb viii seien daher nachrangig. die beklagte lehnte den antrag mit schreiben vom 30.12.2010 ab; die beklagte wies darauf hin, dass noch nicht nachgewiesen worden sei, dass die vollstationäre unterbringung tatsächlich vermieden worden sei. aus den unterlagen gehe hervor, dass die mutter mit der betreuung des kindes massiv überfordert worden gewesen sei und das kind deshalb aus dem mütterlichen haushalt herausgenommen worden sei. die mutter sei nicht in der lage gewesen, die erziehung zu gewährleisten. dies stelle eindeutig ein fall der hilfe zur erziehung dar, so dass leistungen nach dem sgb viii vorrangig vor den leistungen nach dem sgb xii im sinne des § 10 abs. 4 sgb viii zu leisten seien. bis zum 31.03.2012 entstanden kosten in höhe von 42.075,45 eur. mit ihrer klage vom 17.4.2012, beim sozialgericht düsseldorf am 19.4.2012 eingegangen, verfolgt die klägerin weiterhin ihr begehren auf kostenerstattung gemäß § 104 sgb x. 5mit schriftsatz vom 14.8.2012 stellte die klägerin ein klageerweiterungsantrag und forderte auch den noch nicht erfassten zeitraum 1.4.2012 bis 31.08.2012 mit ungedeckten kosten in höhe von 6.233,85 eur ein. mit schreiben vom 17.09.2012 stimmte die beklagte der erstattung des erziehungsbeitrags zwar dem grunde nach zu, griff aber die anhebung des erziehungsbeitrags um den 3,5 fachen satz an. nach anregung durch die klägerin präzisierte die beklagte das teilanerkenntnis dahingehend, sie wolle den einfachen erziehungsbeitrag übernehmen. mit schriftsatz vom 18.12.2012 konkretisierte die klägerin nochmals der klageantrag, mit dem nunmehr auch der zeitraum bis einschließlich 31.12.2012 umfasst ist. am 14.03.2013 fand ein verhandlungstermin statt; in diesem wies der beklagtenvertreter nochmals ausdrücklich darauf hin, dass die beklagte die klägerseits begehrte übernahme des lebensunterhalts ablehne, dieser sozialhilferechtliche anspruch nach dem 3. bzw. 4 kapitel des sgb xii sei im gegensatz zur eingliederungshilfe vom vorrangsgrundsatz des § 10 abs. 4 s. 1 sgb viii erfasst. bezüglich dieses aspektes baten die beteiligten um streitige entscheidung. im nachgang zum verhandlungstermin unterbreitete das gericht den beteiligten einen teilvergleich im hinblick auf den hebesatz für die kosten der pflege. diesen teilvergleich nahmen die beteiligten an, die klägerin mit schriftsatz vom 04.07.2013, die beklagte mit schriftsatz vom 05.07.2013. die beteiligten stellten daher ausdrücklich nur noch die frage streitig, welcher leistungsträger unter berücksichtigung von § 10 abs. 4 sgb viii für die sicherstellung des lebensunterhalts zuständig ist. 6die klägerin ist diesbezüglich der ansicht, die beklagte sei als zuständiger leistungsträger für die eingliederungshilfe nunmehr auch für die erbringung der leistungen zur sicherstellung des lebensunterhaltes zuständig. im hinblick auf die argumentation der beklagten zu den aufwendungen für den lebensunterhalt sei darauf hinzuweisen, dass dies auf einer entscheidung des bundesverwaltungsgerichtes (bverwg, urteil vom 02.03.2006; aktenzeichen: 5 c 15/05) basiere, die vor den regelungen des assistenzpflegegesetzes also mit änderung des § 54 abs. 3 sgb xii zum 05.08.2009 ergangen sei. nach der intention des gesetzgebers, mit der auch § 27a abs. 4 satz 3 sgb xii in das sgb xii aufgenommen worden sei, sei erkennbar, dass die sicherstellung des lebensunterhaltes des behinderten kindes auch in der sozialhilfe untrennbar mit der eingliederungshilfe verknüpft sei. daher sollte eine annexleistung geschaffen werden, wie sie in der familienpflege nach dem sgb xii bereits seit langem bekannt sei. 7die klägerin beantragt nunmehr sinngemäß noch, 8die beklagte zu verurteilen, an die klägerin die im jugendhilfefall m x in der zeit vom 01.06.2009 bis einschließlich 31.12.2012 entstandenen ungedeckten aufwendungen auch in bezug auf den lebensunterhalt - einschließlich der leistungen für klassenfahrten, weihnachtsbeihilfen und pauschalierten ferienbeihilfen - nebst prozesszinsen in höhe von 5 prozentpunkten über dem basiszinssatz seit rechtshängigkeit zu zahlen. 9die beklagte beantragt, 10die klage abzuweisen. 11die beklagte ist der ansicht, die beklagte sei zur übernahme auch der kosten für die sicherstellung des lebensunterhalts nicht verpflichtet, es gelte der nachrangsgrundsatz gemäß § 10 abs. 4 s. 1 sgb viii. hilfen im sinne der §§ 32 ff sgb viii erfassten den notwendigen unterhalt des kindes außerhalb des elternhauses gemäß § 39 abs. 1 s. 1 sgb viii und auch die kosten der erziehung nach § 39 abs. 1 s. 2 sgb viii. daseinsleistungen des pflegegeldes, die den lebensunterhalt abdeckten, seien nicht bestandteil der eingliederungshilfe und seien auch nicht als leistungen zum lebensunterhalt nach dem 3. bzw. 4 kapitel des sgb xii zu erbringen. hierfür greife der nachrang gemäß § 10 abs. 4 s. 1 sgb viii. da leistungen zur sicherstellung des lebensunterhalts nicht bestandteil der leistungen der eingliederungshilfe seien, greife auch die ausnahmevorschrift des § 10 abs. 4 s. 2 sgb viii nicht, diese vorrangsregelung verpflichte die beklagte nur in bezug auf die kosten für die pflege und erziehung, nicht aber auch für die sicherstellung des lebensunterhalts. leistungen zum lebensunterhalt nach dem sgb xii seien daher nachrangig. hierzu zählten im übrigen auch die in der gegnerischen verwaltungsakte aufgeführten leistungen für klassenfahrten, weihnachtsbeihilfen und pauschalierten ferienbeihilfen. 12das gericht hat die beteiligten zu einer entscheidung durch gerichtsbescheid mit schreiben vom 30.04.2013 angehört. die verwaltungsakte (gz.: 257991) lag vor. hinsichtlich der weiteren einzelheiten des verfahrens sowie des vorbringens der beteiligten wird auf die verwaltungsakte sowie den inhalt der gerichtsakte verwiesen. 13
14i. das gericht kann gem. § 105 i sozialgerichtsgesetz (sgg) durch gerichtsbescheid und damit ohne mündliche verhandlung entscheiden, da die sache keine besonderen schwierigkeiten tatsächlicher und rechtlicher art aufweist, der sachverhalt geklärt ist und die beteiligten hierzu angehört wurden. 15ii. die klage ist zulässig. 161) die klage ist form- und fristgerecht erhoben worden. der klageantrag der klägerin war nach abschluss des teilvergleichs gemäß §§ 133, 157 bgb analog auszulegen (zur notwendigkeit der auslegung bei testerklärungen vgl.: meyer-ladewig, kommentar zum sgg, 10. auflage, § 90, rn. 4a; § 92, rn. 2; § 123, rn. 3b). hierbei war zum einen zu berücksichtigen, dass nach abschluss des teilvergleichs über den hebesatz beim pflegegeld nur noch die kostenerstattung im hinblick auf die anteiligen kosten zur sicherstellung des lebensunterhalts streitig war, zum anderen war zu berücksichtigen, dass namentlich auch die zum lebensunterhalt gehörenden, aber gesondert bewilligten leistungen durch die klägerin für klassenfahrten, weihnachtsbeihilfen und pauschalierter ferienbeihilfen von der beklagten streitig gestellt worden sind. da das gericht an die fassung der anträge gemäß § 123, 2. hs sgg nicht gebunden ist, war der klageantrag der klägerin in diesem sinne auszulegen. dabei hat die klägerin den konkreten, auf den lebensunterhalt entfallenden anteil nicht mitgeteilt, so dass eine betragsmäßige festlegung nicht möglich, aber auch nicht erforderlich gewesen ist. 172) die klage ist im übrigen auch als allgemeine leistungsklage im sinne von § 54 v sgg statthaft. 18iii. die klage ist in sich hinsichtlich des hauptanspruchs auch weit gehend begründet – jedenfalls soweit die klage die kostenerstattung für die zeit ab dem 05.08.2009 betrifft, ab diesem zeitpunkt ist durch das assistenzpflegegesetz der neu eingefügte § 54 abs. 3 sgb xii in kraft getreten. hinsichtlich des weitergehenden, geltend gemachten anspruchs für den zeitraum 01.06.2009 bis 04.08.2009 ist die klage hingegen unbegründet, hinsichtlich des zinsanspruchs ist die klage ebenfalls nur teilweise begründet. die klägerin hat – nach abschluss des teilvergleiches – einen weitergehenden anspruch auf kostenerstattung nach § 104 sgb x auch für die auf die sicherstellung des lebensunterhaltes entfallenden anteile der an die pflegeeltern bewilligten leistungen und zwar einschließlich der bewilligten leistungen für klassenfahrt, weihnachtsbeihilfen und pauschalierten ferienbeihilfen ab 05.08.2009. hat nach § 104 sgb x ein nachrangig verpflichteter leistungsträger sozialleistungen erbracht, ohne dass die voraussetzungen von § 103 abs. 1 sgb x vorliegen, ist der leistungsträger erstattungspflichtig, gegen den der berechtigte vorrangig einen anspruch hat oder hatte. diese voraussetzungen sind jedenfalls ab 05.08.2009 erfüllt, weil die klägerin als nachrangig verpflichteter leistungsträger hier auch neben dem erziehungsbeitrag den weitergehenden lebensunterhalt sichergestellt hat und die beklagte insgesamt vorrangig bzw. allein verpflichtet war. 191) die verpflichtung der beklagten für die bewilligung der eingliederungshilfe ergibt sich - zwischen den beteiligten - unstreitig aus dem durch das assistenzpflegegesetz zum 05.08.2009 neu eingefügten § 54 abs. 3 sgb xii. dabei begründet § 54 abs. 3 sgb xii die alleinige und ausschließliche pflicht auf bewilligung von eingliederungshilfe durch den leistungsträger der sozialhilfe. § 35a sgb viii ivm § 39 abs. 1 s. 2 sgb viii, der ebenfalls die eingliederungshilfe in form der kosten für den sachaufwand für die pflege und erziehung im jugendhilferecht regelt, wird von § 54 abs. 3 sgb xii als lex specialis verdrängt. daneben besteht daher keine verpflichtung des jugendhilferechtlichen leistungsträgers. 202) die alleinige verpflichtung der beklagten auch zur übernahme des lebensunterhalts, entweder nach dem 3. oder nach dem 4. kapitel des sgb xii, ergibt sich aus dem umstand, dass die klägerin materiell-rechtlich auch nicht zur sicherstellung des lebensunterhalts gemäß § 39 abs. 1 s. 1 sgb viii verpflichtet gewesen war. die § 104 sgb x geforderten nachrangige leistungspflicht der klägerin ergibt sich nämlich allenfalls aus § 43 abs. 1 sgb i. entgegen der rechtsauffassung der beklagten greift im vorliegenden verhältnis die vorrangsregelung des § 10 abs. 4 sgb viii nicht; damit ist auch die zitierte entscheidung des bundesverwaltungsgerichts nicht anwendbar (bundesverwaltungsgericht, urteil vom 02.03.2006; aktenzeichen: 5 c 15/05; bverwge 125, 95-100). die dort getroffene kernaussage, dass der träger der öffentlichen jugendhilfe wegen seiner aufwendungen für den lebensunterhalt eines in einer pflegefamilie untergebrachten, körperlich oder geistig behinderten kindes, jugendlichen bzw. jungen volljährigen keine erstattung von dem für maßnahmen der eingliederungshilfe zuständigen träger der sozialhilfe verlangen kann, gilt in konsequenter auslegung des § 10 abs. 4 sgb viii nur dann, wenn die ansprüche nach dem sgb viii dem sgb xii miteinander konkurrieren (vgl hierzu insb. bverwg, aao, ls und insb. rz.: 8). für das verhältnis zwischen leistungen des sgb viii und den leistungen nach sgb xii hält § 10 abs. 4 sgb viii die maßgebliche regelung bereit. danach gehen grundsätzlich die leistungen der jugendhilfe den leistungen der sozialhilfe vor - § 10 abs. 4 satz 1 (grundlegend zum konkurrenzverhältnis zwischen sozialhilferechtlicher und jugendhilferechtlicher eingliederungshilfe vgl.: bverwg, urteil v. 19.10.2011, 5 c 6/11, zfsh/sgb 2012, 33-36 = jamt 2012, 47-50 = nvwz-rr 2012, 67-69; bsg, urteil v. 24.03.2009, b 8 so 29/07 r, bsge 103, 39-45 = sozr 4-2800 § 10 nr 1 = jamt 2009, 623-626 = nvwz-rr 2010, 67-70; lsg nrw, urteil v. 18.06.2012, l 20 so 12/09). sachlogisch greift die vorschrift dann nicht, wenn gegen den leistungsträger der jugendhilfe kein anspruch auf eingliederungshilfe nach § 35a sgb viii in verbindung mit § 39 abs. 1 sgb viii gegeben ist. dies ist im vorliegenden fall nach der einführung von § 54 abs. 3 sgb xii – zwischen den beteiligten auch unbestritten – ausdrücklich für die eingliederungshilfe der fall. aufgrund dieser sondervorschrift ist durch den gesetzgeber die ausschließliche zuständigkeit des trägers der sozialhilfe nach dem sgb xii klargestellt; dies gilt zunächst ausdrücklich für den bereich pflege und erziehung nach § 39 abs. 1 s. 2 sgb viii. diesbezüglich ist die beklagte als träger der sozialhilfe uneingeschränkt allein zuständig (vgl. bereits oben unter 2). der übergangszeitraum bis 31.12.2013 ist auch noch nicht abgelaufen. 213) eine anwendung der vorrangsvorschrift des § 10 abs. 4 sgb viii scheidet jedoch nicht nur in bezug auf die in der eingliederungshilfe beinhalteten leistungen für pflege und erziehung nach § 39 abs. 1 s. 2 sgb viii aus, sondern auch in bezug auf leistungen zur sicherstellung des lebensunterhaltes nach § 39 abs. 1 s. 1 sgb viii. auch diesbezüglich ist "ausschließlich" eine pflicht zur sicherstellung des lebensunterhalts durch die beklagten als träger der sozialhilfe gegeben. die einzige vorschrift, wonach die klägerin als träger der jugendhilfe dem grunde nach verpflichtet sein könnte, ist § 39 abs. 1 s. 1 sgb viii. die vorschrift regelt die sicherstellung des unterhalts von kindern und jugendlichen, die außerhalb ihres elternhauses hilfe zur erziehung erhalten - das sog. pflegegeld. mit dieser regelung soll vermieden werden, dass sich der leistungsberechtigte zur deckung des lebensunterhalts an das sozialamt wenden muss (stähr, in: hauck/haines, § 39 sgb viii rn. 1). die gewährung von pädagogischer hilfe und unterhaltsleistungen sollen aus einer hand erfolgen (wiesner, § 39 sgb viii rn. 2). deshalb ist in der literatur und rechtsprechung unbestritten, dass der unterhaltsanspruch nach § 39 abs. 1 s. 1 sgb viii eine annexleistung darstellt; die regelung stellt keinen selbständigen anspruch dar (bverwg, beschluss v. 24.9.2007, 5 b 154/07; bverwg, urteil v. 12.9.1996, 5 c 31/95; bay vgh münchen, beschluss v. 29.12.2005, 12 zb 04.1571; sächsisches ovg, urteil v. 2.7.2008, 1 a 90/08, njw 2008 s. 3729 f.; wiesner, § sgb viii, rn. 6; weitere nachweise zum charakter als annexleistung vgl. unten rz. 3). der unterhaltsanspruch teilt deshalb das schicksal des hauptanspruchs auf kostenerstattung bezüglich erziehung und pflege. dieser anspruch liegt gemäß § 54 abs. 3 sgb xii aber ausschließlich in den händen der beklagten, so dass der unterhaltsanspruch dessen schicksal teilt. da die klägerin damit jedenfalls materiell-rechtlich nach § 39 abs. 1 s. 1 sgb viii nicht – auch nicht nachrangig – für die sicherstellung des lebensunterhaltes verpflichtet ist, bleibt es auch bezüglich des anteils zur sicherstellung des lebensunterhaltes ausschließlich bei der zuständigkeit der beklagten. dies deckt sich im übrigen auch mit der ratio legis von § 39 abs. 1 s. 1 sgb viii. nur weil dieser anspruch als annexleistung zu qualifizieren ist, ist sichergestellt, dass einem betroffenen pädagogische hilfe und unterhaltsleistungen aus einer hand gewährt werden können. scheidet daher der hauptanspruch "erziehungsbeitrag" gegen den jugendhilfeträger aus, weil nach § 54 abs. 3 sgb xii allein der sozialhilfeträger zuständig ist, kann konsequenterweise der unterhaltsanspruch auch nur durch den sozialhilfeträger erfolgen, um die gewährung von hilfen aus einer hand – nunmehr durch die hand des sozialhilfeträgers – sicherzustellen. 224) die nachrangige leistungsverpflichtung der klägerin, so wie als erstattungsvoraussetzung von § 104 sgb x gefordert, ergibt sich daher nicht aus materiell-rechtlichen überlegungen, sondern allenfalls aus der allgemeinen vorschrift des zuerst angegangen leistungsträgers gemäß § 43 abs. 1 sgb i, der den leistungsempfänger von dem risiko eines zuständigkeitsstreits zwischen leistungsträgern entbinden will. 235) von dem erstattungsanspruch sind im übrigen darüber hinaus auch die leistungen für klassenfahrten, weihnachtsbeihilfen und pauschalierten ferienbeihilfen erfasst. wie die beklagte mit schriftsatz vom 17.09.2012 zutreffend einräumt, unterfallen diese bedarfe und leistung grundsätzlich dem erweiterten lebensunterhalt und sind in der regel gemäß § 27a abs. 4 s. 1 sgb xii, § 73 sgb xii zu decken. nach § 27a abs. 4 s. 1 sgb xii wird im einzelfall der individuelle bedarf abweichend vom regelsatz festgelegt, wenn ein bedarf unabweisbar seiner höhe nach erheblich von einem durchschnittlichen bedarf abweicht. da die beklagte in ihren stellungnahmen die notwendigkeit dieser bedarfe dem grunde nach nicht angegriffen hat, sondern eine übernahme dieser kosten ausschließlich mit hinweis auf § 10 abs. 4 s. 2 sgb viii abgelehnt hat, weil diese leistungen zum lebensunterhalt gehören, ist der anspruch der klägerin auch diesbezüglich gerechtfertigt, da auch diese leistungen als annexleistungen unabdingbar mit dem erziehungsbeitrag verknüpft sind. 246) der anspruch auf kostenerstattung kann allerdings erst mit inkrafttreten des § 54 abs. 3 sgb xii zum 05.08.2009 entstehen. ein weitergehender anspruch den zeitraum 01.06.2009 bis 04.08.2009 besteht nicht. die erstattungsvoraussetzung gemäß § 104 sgb x liegen daher insgesamt erst mit diesem datum vor. 257) die durch die klägerin geleisteten zahlungen im umfang der sicherstellung des lebensunterhalts sind gemäß § 44 sgb i zu verzinsen, nach abs. 1 sind ansprüche auf geldleistungen nach ablauf eines kalendermonats nach dem eintritt ihrer fälligkeit bis zum ablauf des kalendermonats vor der zahlung mit vier vom hundert zu verzinsen. der weitergehende - mit dem klageantrag – geltend gemachte zinsanspruch auf übernahme von prozesszinsen in höhe von 5 prozentpunkten über dem basiszinssatz seit rechtshängigkeit auf den anteilig gewährten lebensunterhalt war hingegen abzuweisen. 26die klage ist daher im hinblick auf den hauptanspruch ab 05.08.2009 begründet, im hinblick auf den geltend gemachten zeitraum 01.06.2009 bis 04.08.2009 ist die klage hingegen unbegründet; im hinblick auf den zinsanspruch ist die klage ebenfalls nur teilweise begründet. 27iv. 28die kostenentscheidung beruht auf § 193 sgg und entspricht dem ergebnis des rechtsstreits. dabei weist das gericht darauf hin, dass die klägerin in einem geringem maße hinsichtlich des zeitraums und des zinsanspruchs unterlegen ist und das unterliegen ca. 5 prozent ausmacht (43 monate beantragt – 01.06.0209
Klaeger*in
1
339,309
15 K 1949/19
2021-07-06T00:00:00
Urteil
Tenor Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. 1Tatbestand: 2Der Kläger, der eine Berufsausbildung zum Werkzeugmechaniker erfolgreich abgeschlossen hat, meldete sich unter dem 13. April 2013 bei der Beklagten zum Prüfungsteil "Fachrichtungsübergreifende Basisqualifikationen" der Fortbildungsprüfung "Geprüfter Industriemeister / Geprüfte Industriemeisterin ‑ Fachrichtung Metall". 3Die im Herbst 2013 abgelegte Prüfung schloss der Kläger mit folgendem Ergebnis ab: 4Rechtsbewusstes Handeln 52,0 PunkteBetriebswirtschaftliches Handeln 14,0 PunkteAnwendung von Methoden der Information,Kommunikation und Planung 28,0 PunkteZusammenarbeit im Betrieb 32,0 PunkteBerücksichtigung naturwissenschaftlicher undtechnischer Gesetzmäßigkeiten 20,0 Punkte. 5Nachdem die Beklagte die Prüfung für nicht bestanden erklärt und den Kläger darauf hingewiesen hatte, dass das Bestehen der Prüfung ausreichende Leistungen (mindestens 50 Punkte) in allen Prüfungsbereichen voraussetze und angesichts seines Prüfungsergebnisses eine mündliche Ergänzungsprüfung nicht durchzuführen sei, unterzog sich der Kläger im Frühjahr 2014 in den nicht bestandenen Prüfungsbereichen der ersten Wiederholungsprüfung. dort gezeigten Leistungen wurden wie folgt bewertet: 6Betriebswirtschaftliches Handeln 35,5 PunkteAnwendung von Methoden der Information,Kommunikation und Planung 23,0 PunkteZusammenarbeit im Betrieb 41,0 PunkteBerücksichtigung naturwissenschaftlicher undtechnischer Gesetzmäßigkeiten 40,0 Punkte. 7Auch diesen Prüfungsversuch des Klägers erklärte die Beklagte für nicht bestanden. 8Im Oktober 2015 unterzog der Kläger sich der zweiten Wiederholungsprüfung, in der er folgende Ergebnisse erzielte: 9Betriebswirtschaftliches Handeln 24,0 PunkteAnwendung von Methoden der Information,Kommunikation und Planung 41,0 PunkteZusammenarbeit im Betrieb 52,0 PunkteBerücksichtigung naturwissenschaftlicher undtechnischer Gesetzmäßigkeiten 32,0 Punkte. 10Die Beklagte erklärte die Fortbildungsprüfung des Klägers mit Bescheid vom 7. September 2015 ohne Durchführung einer Ergänzungsprüfung für nicht bestanden und wies darauf hin, dass die Prüfung nicht wiederholt werden könne. 11Nach Einsichtnahme in die Prüfungsakte erhob der Kläger mit Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 5. Oktober 2015 gegen die Prüfungsentscheidung Widerspruch und machte mit deren Schriftsätzen vom 27. Oktober 2015 und 4. Dezember 2015, auf die wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, Einwände gegen die Bewertung der in den Prüfungsbereichen "Anwendung von Methoden der Information, Kommunikation und Planung" und " Betriebswirtschaftliches Handeln" gezeigten Leistungen geltend. 12Mit Bescheid vom 28. Januar 2016 hob die Beklagte die Bewertung der vom Kläger im Prüfungsbereich "Anwendung von Methoden der Information, Kommunikation und Planung" erbrachten Prüfungsleistung um 1 Punkt auf 42,0 Punkte an und wies seinen Widerspruch im Übrigen als nicht begründet zurück. 13Der Kläger erhob vor dem erkennenden Gericht Klage (15 K 2494/16). Die Beteiligten nahmen den durch das Gericht mit Beschluss vom 20. Juli 2018 zur Beendigung dieses Rechtsstreits vorgeschlagenen Vergleich an, in dem die Beklagte sich ‑ ohne Anerkennung einer Rechtspflicht ‑ unter teilweiser Aufhebung ihres Prüfungsbescheides vom 7. September 2015 sowie der Widerspruchsentscheidung vom 28. Januar 2016 verpflichtete, den Kläger über das Ergebnis seiner Fortbildungsprüfung nach einer Neubewertung der im zweiten Wiederholungsversuch der Prüfung in den Prüfungsbereichen "Betriebswirtschaftliches Handeln", "Anwendung von Methoden der Information, Kommunikation und Planung" und "Berücksichtigung naturwissenschaftlicher und technischer Gesetzmäßigkeiten" schriftlich erbrachten Prüfungsleistungen erneut zu bescheiden. 14Die Mitglieder des Prüfungsausschusses der Beklagten beurteilten die vorbezeichneten Prüfungsleistungen des Klägers getrennt voneinander, einigten sich in der Sitzung des Prüfungsausschusses vom 15. Oktober 2018 auf eine gemeinsame Bewertung der in den drei Prüfungsbereichen jeweils erbrachten Prüfungsleistung und stellten das Ergebnis wie folgt fest: 15Betriebswirtschaftliches Handeln 27,0 PunkteAnwendung von Methoden der Information,Kommunikation und Planung 42,0 PunkteBerücksichtigung naturwissenschaftlicher undtechnischer Gesetzmäßigkeiten 32,0 Punkte. 16Mit Bescheid vom 16. Oktober 2018 teilte die Beklagten dem Kläger das endgültige Nichtbestehen seiner Fortbildungsprüfung im Prüfungsteil "Fachrichtungsübergreifende Basisqualifikationen" mit insgesamt 41 Punkten ebenso mit wie das folgende Ergebnis der Bewertung seiner in den einzelnen Prüfungsbereichen erbrachten Prüfungsleistungen: 17Rechtsbewusstes Handeln 52,0 PunkteBetriebswirtschaftliches Handeln 27,0 PunkteAnwendung von Methoden der Information,Kommunikation und Planung 42,0 PunkteZusammenarbeit im Betrieb 52,0 PunkteBerücksichtigung naturwissenschaftlicher undtechnischer Gesetzmäßigkeiten 32,0 Punkte. 18Gegen die Entscheidung erhob der Kläger erneut Widerspruch, den er mit Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 27. November 2018, auf die wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, im Wesentlichen mit denjenigen Einwendungen gegen die Bewertung seiner Prüfungsleistungen in den Prüfungsbereichen "Betriebswirtschaftliches Handeln" und "Anwendung von Methoden der Information, Kommunikation und Planung" begründete, die er bereits in dem zuvor geführten Widerspruchsverfahren im Oktober 2015 und Dezember 2015 schriftsätzlich vorgetragen hatte. 19Zu dem Widerspruchsvortrag nahmen die Mitglieder des Prüfungsausschusses getrennt voneinander schriftlich Stellung und führten aus, dass und aus welchen Gründen aus ihrer jeweiligen Sicht der Widerspruchsvortrag eine Abänderung der Bewertung der Prüfungsleistungen nicht rechtfertige. In seiner Sitzung vom 21. Januar 2019 beschloss der Prüfungsausschuss dem Widerspruch nicht abzuhelfen und hielt in seiner Stellungnahme vom 21. Januar 2019 die für diese Entscheidung maßgeblich gewesenen Gründe fest. 20Mit Bescheid vom 28. Januar 2019, den Prozessbevollmächtigten des Klägers am 7. Februar 2019 zugestellt, wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers aus den Gründen der Stellungnahme des Prüfungsausschusses vom 21. Januar 2019 als unbegründet zurück. 21Der Kläger hat am 6. März 2019 Klage erhoben. 22Sein Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren wiederholend machte er geltend, der Bewertung der in den Prüfungsbereichen "Betriebswirtschaftliches Handeln" und "Anwendung von Methoden der Information, Kommunikation und Planung" erbrachten Prüfungsleistungen hafteten aus den im Widerspruchsverfahren geltend gemachten Gründen auch nach deren erneuter Beurteilung nach wie vor Rechtsfehler an. 23Der Kläger beantragt sinngemäß, 24die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 16. Oktober 2018 und der Widerspruchsentscheidung vom 28. Januar 2019 zu verpflichten, ihn über das Ergebnis des Prüfungsteils "Fachrichtungsübergreifende Basisqualifikationen" seiner Fortbildungsprüfung "Geprüfter Industriemeister / Geprüfte Industriemeisterin ‑ Fachrichtung Metall nach erneuter Bewertung der in den Prüfungsbereichen "Betriebswirtschaftliches Handeln" und "Anwendung von Methoden der Information, Kommunikation und Planung" und einer gegebenenfalls daran anzuschließenden mündlichen Ergänzungsprüfung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu bescheiden. 25Die Beklagte beantragt, 26die Klage abzuweisen. 27Sie ist unter Wiederholung der Begründung des Widerspruchsbescheides der Auffassung, der geltend gemachte Anspruch stehe dem Kläger nicht zu. 28Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 1. Juli 2021 auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet. Die Beklagte hat eine entsprechende Erklärung mit Schriftsatz vom 22. Juni 2021 zu den Gerichtsakten gereicht. 29Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Prüfungsakte der Beklagten. 30Entscheidungsgründe: 31Über das Klagebegehren kann gemäß § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung entschieden werden, nachdem die Beteiligten sich mit dieser Verfahrensweise schriftsätzlich übereinstimmend einverstanden erklärt haben. 32Die Klage, über die nach ihrer Begründung (§ 88 VwGO) in Gestalt des vorstehend wiedergegeben Antrags zu befinden ist, hat keinen Erfolg. Sie ist als Verpflichtungsbegehren (§ 42 Abs. 1 Alt. 2 VwGO) statthaft und auch im Übrigen zulässig, aber nicht begründet; der geltend gemachte Anspruch steht dem Kläger nicht zu (§ 113 Abs.1 S. 1, Abs. 5 S. 2 VwGO). 33Die angefochtene Entscheidung über das endgültige Nichtbestehen der Fortbildungsprüfung "Geprüfter Industriemeister ‑ Fachrichtung Metall" findet ihre Rechtsgrundlage in den §§ 7 Abs. 4, 2 Abs. 3, 4 Abs. 1 und 8 Abs. 1 der Verordnung über die Prüfung zum anerkannten Abschluss Geprüfter Industriemeister / Geprüfte Industriemeisterin ‑ Fachrichtung Metall (IndMetMeistV 1997) vom 12. Dezember 1997 (BGBl. I S. 2923), deren durch Artikel 14 der Verordnung vom 9. Dezember 2019 (BGBl. I S. I 2153) geänderte Fassung nach der Übergangsbestimmung in Artikel 84 § 3 Abs. 2 der Änderungsverordnung auf das Prüfungsverfahren des Klägers nicht anzuwenden ist. 34Die Fortbildungsprüfung, die nach § 2 Abs. 3 IndMetMeistV 1997 aus den Prüfungsteilen "Fachrichtungsübergreifenden Basisqualifikationen" (Nr. 1) und "Handlungsspezifische Qualifikationen" (Nr. 2) besteht, ist ohne die Möglichkeit einer weiteren Wiederholung ‑ und damit endgültig ‑ nicht bestanden, wenn auch im zweiten Wiederholungsversuch (§ 8 Abs. 1 IndMetMeistV 1997) die Prüfung im Prüfungsteil "Fachrichtungsübergreifende Basisqualifikation", dessen erfolgreicher Abschluss nach § 3 Abs. 2 Nr. 1 IndMetMeistV 1997 Voraussetzung für die Zulassung zum Prüfungsteil "Handlungsspezifische Qualifikationen" ist, nicht bestanden ist. 35Gemäß § 7 Abs. 4 Hs. 1 IndMetMeistV 1997 setzt das Bestehen der Prüfung ‑ soweit hier von Interesse ‑ eine Bewertung aller Prüfungsleistungen, die im Prüfungsteil "Fachrichtungsübergreifende Basisqualifikationen" schriftlich (§ 2 Abs. 4 Hs. 1 IndMetMeistV 1997) zu erbringen sind, mit der Note "ausreichend" voraus. Hat der Prüfungsteilnehmer in nicht mehr als zwei der in § 4 Abs. 1 Nr. 1 bis Nr. 5 IndMetMeistV 1997 genannten Prüfungsbereiche des Prüfungsteils "Fachrichtungsübergreifenden Basisqualifikationen" mangelhafte Leistungen erbracht, ist ihm darin eine mündliche Ergänzungsprüfung anzubieten (§ 4 Abs. 8 S. 1 IndMetMeistV 1997). Bei einer oder mehreren ungenügenden schriftlichen Prüfungsleistungen besteht diese Möglichkeit nach § 4 Abs. 8 S. 2 IndMetMeistV 1997 nicht. 36Nach Maßgabe dieser Bestimmungen hält das als Ergebnis der zweiten Wiederholungsprüfung des Klägers festgestellte endgültige Nichtbestehen der Fortbildungsprüfung einer Rechtskontrolle Stand. 37Der Kläger hat die Prüfung in dem Prüfungsteil "Fachrichtungsübergreifende Basisqualifikation" im Herbst 2013 und im Frühjahr 2014 nicht bestanden und mit eben diesem Ergebnis ausweislich des angefochtenen Bescheides vom 16. Oktober 2018 auch die zweite Wiederholungsprüfung abgeschlossen. Das Ergebnis dieses letzten Prüfungsversuchs muss der Kläger gegen sich gelten lassen. 38Der Bewertung der Leistung, die der Kläger in dem zum Prüfungsteil "Fachrichtungsübergreifende Basisqualifikation" gehörigen Prüfungsbereich "Betriebswirtschaftliches Handeln" (§ 4 Abs. 1 Nr. 2 IndMetMeistV 1997) im letzten Prüfungsversuch erbracht hat, mit 27 von 100 möglichen Punkten, was gemäß § 21 S. 1 der Prüfungsordnung für Fortbildungsprüfungen (PO) der Beklagten der Note "ungenügend" entspricht, haften die geltend gemachten Rechtsfehler nicht an. Daraus folgt nicht nur, dass die Abnahme mündlicher Ergänzungsprüfungen in den nicht bestandenen Prüfungsbereichen gemäß § 4 Abs. 8 S. 2 IndMetMeistV 1997 ausgeschlossen ist, sondern auch, dass für die Entscheidung des Rechtsstreites rechtlich unerheblich ist, ob die Bewertung der Leistungen des Klägers in den Prüfungsbereichen "Anwendung von Methoden der Information, Kommunikation und Planung" (42 Punkte) und "Berücksichtigung naturwissenschaftlicher und technischer Gesetzmäßigkeiten" (32 Punkte) ohne Rechtsfehler ist. 39Dass nach der bundesrechtlichen Verordnung über die vom Kläger abgelegte Fortbildungsprüfung das Nichtbestehen der Prüfung aufgrund einer mit "ungenügend" bewerteten Leistung in einem Prüfungsbereich des Prüfungsteils "Fachrichtungsübergreifenden Basisqualifikationen" ohne Kompensationsmöglichkeit das Nichtbestehen der Abschlussprüfung zur Folge hat, ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. 40Vgl. unangefochten gebliebenes Urteil der Kammer vom 26. Juni 2020, 15 K 3220/18, n. v. 41Art. 12 Abs. 1 GG gebietet es nicht, für ein Nichtbestehen der Prüfung in einem Prüfungsbereich wegen einer mit "ungenügend" beurteilten Leistung einen Ausgleich durch eine bessere Leistung in einem anderen Prüfungsbereich oder eine Ergänzungsprüfung vorzusehen. 42Der Ausschluss der Kompensation schlechter Einzelnoten durch bessere Leistungen in einem anderen Fach oder ergänzend zu erbringende Leistungen ist verfassungswidrig, wenn er sachlich nicht hinreichend zu rechtfertigen und daher willkürlich ist oder wenn auf diese Weise das Grundrecht auf freie Berufswahl ohne hinreichend tragfähigen Grund eingeschränkt wird. Dabei kann das Bestehen von Teilprüfungen gefordert werden, wenn diese schon für sich genommen jeweils eine zuverlässige Beurteilungsgrundlage für die Erreichung des Prüfungszwecks bieten. 43BVerfG, Beschluss vom 26. Juni 2015, 1 BvR 2218/13, juris Rdnr. 24. 44Mithin dürfen einzelne schlechte Leistungen nur dann ohne Ausgleichsmöglichkeit den Ausschlag geben, wenn sie die Annahme rechtfertigen, dass der Prüfling das Ziel der Prüfung, insbesondere die Qualifikation für einen bestimmten Beruf, nicht erreicht, weil er, da das Prüfungsfach für die berufsspezifische Befähigung eine wichtige ‑ nahezu unverzichtbare ‑ Bedeutung hat, dafür offensichtlich ungeeignet ist. 45Vgl. zum Ganzen etwa Niehues / Fischer / Jeremias, Prüfungsrecht, 7. Auflage 2018, (Niehues / Fischer / Jeremias), Rdnr. 540 f. 46Gemessen daran war der Normgeber von Verfassung wegen jedenfalls nicht verpflichtet, für das Prüfungsversagen im Prüfungsbereich des § 4 Abs. 1 Nr. 2 IndMetMeistV 1997 über die in § 4 Abs. 8 S. 2 IndMetMeistV 1997 vorgesehene Kompensationsmöglichkeit hinaus eine solche zu schaffen, die es erlaubt, die in dem Prüfungsbereich "Betriebswirtschaftliches Handeln" mit "ungenügend" benotete Leistung durch eine bessere Leistung in einem der in § 4 Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 3 bis Nr. 5 IndMetMeistV 1997 genannten Prüfungsbereiche oder durch das Ergebnis einer Ergänzungsprüfung auszugleichen. 47Vgl. zu § 4 Abs. 1 Nr. 5 IndMetMeistV 1997: Urteil der Kammer vom 26. Juni 2020, 15 K 3220/18, n. v. 48Ziel der Abschlussprüfung ist nach § 1 Abs. 2 IndMetMeistV 1997 der Nachweis der Qualifikation zum Industriemeister und damit die Befähigung, in Betrieben unterschiedlicher Größe und Branchenzugehörigkeit sowie in verschiedenen Bereichen und Tätigkeitsfeldern eines Betriebes Sach‑, Organisations‑ und Führungsaufgaben wahrzunehmen (Nr. 1) und sich auf verändernde Methoden und Systeme in der Produktion, auf sich verändernde Strukturen der Arbeitsorganisation und auf neue Methoden der Organisationsentwicklung, der Personalführung und ‑entwicklung flexibel einzustellen sowie den technischen-organisatorischen Wandel im Betrieb mitzugestalten (Nr. 2). 49Dabei umfasst die Qualifikation zum Industriemeister neben den berufs‑ und arbeitspädagogischen Qualifikationen und den handlungsspezifischen Qualifikationen (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 3 IndMetMeistV 1997) gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 2 IndMetMeistV 1997 gleichrangig die fachrichtungsübergreifenden Basisqualifikationen. Da der Industriemeister Sach-, Organisations- und Führungsaufgaben in Betrieben unterschiedlicher Größe und Branchenzugehörigkeit sowie in verschiedenen Bereichen und Tätigkeitsfeldern eines Betriebes wahrnehmen können muss, ist es nicht nur sachgerecht, Basisqualifikationen, die fachrichtungsübergreifend sind, als Prüfungsteil zum Gegenstand der Abschlussprüfung zu machen, sondern diesen auch eine für das Bestehen der Abschlussprüfung unabdingbare Bedeutung beizumessen. Eben dies gilt für den dem Prüfungsteil "Fachübergreifende Basisqualifikationen" zugeordneten Prüfungsbereich "Betriebswirtschaftliches Handeln", da diesbezüglich als Basisqualifikation nur Grundlagenwissen Gegenstand der Prüfung ist und die Prüfung sich damit auf Kenntnisse bezieht, die für die Ausübung des Berufs unabdingbar sind. 50War der Normgeber damit schon nicht verpflichtet, überhaupt einen Ausgleich für eine in einem der Prüfungsbereiche des § 4 Abs. 1 IndMetMeistV 1997 nicht bestandene Prüfungsleistung durch das Ergebnis einer bestandenen Prüfung in einem der anderen Prüfungsbereich vorzusehen, begegnet die in § 4 Abs. 8 IndMetMeistV 1997 als Kompensation für eine schlechte Leistung vorgesehene Möglichkeit einer mündlichen Ergänzungsprüfung in ihrer Ausgestaltung ebenfalls verfassungsrechtlich keinen durchgreifenden Bedenken begegnet, soweit Satz 2 der Bestimmung eine mündliche Ergänzungsprüfung ausschließt, wenn ‑ wie im Fall des Klägers ‑ eine oder mehrere der in den Prüfungsbereichen des § 4 Abs. 1 IndMetMeistV 1997 schriftlich zu erbringenden Prüfungsleistungen mit ungenügend bewertet worden sind. Ungenügend ist nach der Notendefinition in § 21 S. 1 IndMetMeistV 1997 eine Leistung, die den Anforderungen nicht entspricht und bei der selbst Grundkenntnisse fehlen. Wer aber in einem Prüfungsbereich des § 4 Abs. 1 IndMetMeistV 1997, in dem ohnehin lediglich das Vorhandensein von Grundlagenwissen Gegenstand der Prüfung ist, noch nicht mal über dieses verfügt, der ist für die Ausübung einer beruflichen Tätigkeit, auf die sich die Abschlussprüfung bezieht, im Sinne der verfassungsrechtlichen Vorgaben offensichtlich ungeeignet. 51Schließlich tragen auch die gegen die Beurteilung der Prüfungsleistung erhobenen prüfungs‑ und fachspezifischen Einwendungen den geltend gemachten Anspruch auf deren Neubewertung nicht. 52Ein Rechtsanspruch auf Neubewertung einer Prüfungsleistung besteht, wenn die Bewertung der ‑ wie hier ‑ ihrerseits verfahrensfehlerfrei erbrachten Prüfungsleistung mit Rechtsfehlern behaftet ist, die sich auf das Ergebnis der Beurteilung ausgewirkt haben können. Dies ist hier nicht der Fall. 53Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, der die Verwaltungsgerichte folgen, 54vgl. hierzu Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 17. April 1991, 1 BvR 419/81 und 1 BvR 213/83 sowie Beschluss vom gleichen Tage, 1 BvR 138/87, NJW 1991, 2005 und 2008 sowie juris; BVerwG, Urteil vom 9. Dezember 1992, 6 C 3.92, DVBl. 1993, 503 und juris; OVG NRW, Urteil vom 23. Januar 1995, 22 A 1834/90, juris, und Urteil vom 21. April 1998, 22 A 669/96 n. v., 55verpflichtet Artikel 19 Abs. 4 GG die Gerichte, berufseröffnende Prüfungsentscheidungen in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht grundsätzlich vollständig nachzuprüfen. Lediglich bei "prüfungsspezifischen Wertungen", 56vgl. zur Abgrenzung: BVerwG, Beschluss vom 17. Dezember 1997, 6 B 55.97, DVBl. 1998, 404 f. und juris, 57verbleibt der Prüfungsbehörde ein die gerichtliche Kontrolle einschränkender Beurteilungsspielraum. Dies ist der Fall, soweit komplexe prüfungsspezifische Bewertungen ‑ z. B. bei der Gewichtung verschiedener Aufgaben untereinander, bei der Einordnung des Schwierigkeitsgrades der Aufgabenstellung oder bei der Würdigung der Qualität der Darstellung ‑ im Gesamtzusammenhang des Prüfungsverfahrens getroffen werden müssen und sich nicht ohne weiteres in nachfolgenden Verwaltungsstreitverfahren einzelner Prüflinge isoliert nachvollziehen lassen. Fachliche Meinungsverschiedenheiten zwischen Prüfling und Prüfer sind der gerichtlichen Überprüfung und Entscheidung hingegen nicht entzogen. Eine diesbezügliche Kontrolle durch das Gericht setzt insoweit allerdings eine schlüssige und hinreichend substantiierte Rüge des Prüflings im gerichtlichen Verfahren voraus, die sich mit den fachlichen Einwendungen gegen die Prüfungsleistung inhaltlich auseinandersetzt. Macht der Prüfling dabei geltend, er habe eine fachwissenschaftlich vertretbare und vertretene Lösung der Prüfungsaufgabe gewählt, hat er dies unter Hinweis auf seiner Ansicht nach einschlägige Fundstellen näher darzulegen. Der im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltende Amtsermittlungsgrundsatz ist insoweit durch die Mitwirkungspflicht des Prüflings begrenzt. 58Vgl. BVerwG, Urteil vom 24. Februar 1993, 6 C 35.92, DVBl. 1993, 842 (845) und juris; OVG NRW, Urteil vom 17. September 1993, 22 A 1931/91, juris, unter Hinweis auf BVerwG, Urteil vom 24. Februar 1993, 6 C 35.92, a. a. O. 59Ohne Erfolg, weil unschlüssig, bleibt damit die Rüge eines Prüflings, die in der Argumentation die Zielrichtung der Prüferkritik verkennt. Als nicht substantiiert und deshalb erfolglos erweist sich hingegen eine Rüge, die zwar inhaltlich die Prüferkritik trifft, der es aber an einer fachlich beachtlichen Argumentation zur Richtigkeit bzw. Vertretbarkeit der eigenen Lösung und / oder fachwissenschaftlichen Belegen hierfür fehlt. Dies gilt selbst im Bereich von Prüfungen, die ausschließlich oder zum Teil juristische Problemstellungen zum Gegenstand haben, in dem das Gericht regelmäßig selbst die erforderliche Qualifikation zur Klärung der Frage der Vertretbarkeit der juristischen Ausführungen hat. 60Vgl. BVerwG, Urteile vom 24. Februar 1993, 6 C 38/92, NVwZ 1993, S. 686 (687) sowie juris, und 6 C 35/92, KMK-HSchR Nr. 21 C.1 Nr. 12 und juris. 61Unbegründet ist schließlich eine Rüge, wenn die Argumentation des Prüflings die Prüferkritik nicht zu entkräften vermag, weil sie fachlich unzutreffend ist. 62Vgl. Urteil der Kammer vom 11. Juni 1999,15 K 4530/98, S. 6 des Urteilsabdrucks, n. v. 63Gemessen daran weist die angegriffene Bewertung der Aufsichtsarbeit im Prüfungsbereich "Betriebswirtschaftliches Handeln" keine Rechtsfehler auf und zwar im Wesentlichen aus den nachstehend dargelegten Gründen. 64Soweit der Kläger sich mit seinem Vorbringen gegen prüfungsspezifische Wertungen der Prüfer wendet, ist mit dem Vortrag eine Verletzung des ihnen zustehenden Beurteilungsspielraums nicht dargelegt. Sein diesbezügliches Vorbringen beschränkt sich im Kern durchweg darauf, die eigene Leistung selbst einer Bewertung zu unterziehen und geltend zu machen, die für die Lösung einzelner Prüfungsaufgaben jeweils erhaltene Zahl an Punkten sei danach zu niedrig bemessen. Verifizierbare Anhaltspunkte für eine Missachtung der dem Beurteilungsspielraum der Prüfer rechtlich gesetzten Grenzen bietet ein solcher Vortrag mangels hinreichender Substantiierung nicht. 65Auch die fachspezifischen Einwände, die der Kläger gegen die Beurteilung seiner Lösungen zu einzelnen Aufgabenstellungen in der Klausur "Betriebswirtschaftliches Handeln" erhebt, rechtfertigen deren Neubeurteilung nicht. Seine diesbezüglich die Aufgaben 1 b), 2, 3, 4, 6 a) und 7 betreffenden Rügen sind, weil jeweils unsubstantiiert, sämtlich rechtlich unbeachtlich. 66Das jeweilige und zum Teil pauschal auf Musterlösungen aus Prüfungen der Vorjahre verweisende Vorbringen, seine Antworten seien zutreffend, ist durchweg auf Behauptungen beschränkt geblieben, die weder fachargumentativ begründet noch mit Auszügen aus fachwissenschaftlicher Literatur belegt sind. Zudem hat der Kläger sich auch nicht mit den in der Stellungnahme des Prüfungsausschuss vom 26. Januar 2019 benannten Gründen für die fachliche Kritik an seinen Lösungen der Aufgabenstellungen inhaltlich auseinandergesetzt. Ebenfalls ohne Erwiderung geblieben sind die dort angeführten Erwägungen, nach denen die vom Kläger in Bezug genommenen Musterlösungen zu Prüfungsaufgaben aus den Vorjahren keine Auskunft über die fachliche Vertretbarkeit seiner Antworten auf die ihm gestellten Prüfungsaufgaben geben. 67Ist nach dem Ergebnis der Prüfung im Prüfungsbereich "Betriebswirtschaftliches Handeln" die Durchführung von Ergänzungsprüfungen ausgeschlossen und die Prüfung im Prüfungsteil "Fachrichtungsübergreifende Basisqualifikationen" und damit die Fortbildungsprüfung des Klägers insgesamt und endgültig nicht bestanden, kann offen bleiben, ob die Bewertung der schriftlichen Aufsichtsarbeiten in den Prüfungsbereichen "Anwendung von Methoden der Information, Kommunikation und Planung" und "Berücksichtigung naturwissenschaftlicher und technischer Gesetzmäßigkeiten" rechtsfehlerfrei ist. 68Lediglich vorsorglich ist daher festzustellen, dass der Kläger auch die Bewertung dieser Prüfungsleistungen nicht mit substantiierten fachspezifischen Rügen angegriffen hat. Während die Beurteilung der Aufsichtsarbeit im Prüfungsbereich "Berücksichtigung naturwissenschaftlicher und technischer Gesetzmäßigkeiten" gänzlich unerwidert geblieben ist, ist hinsichtlich der Angriffe auf die Leistungsbewertung im Prüfungsbereich "Anwendung von Methoden der Information, Kommunikation und Planung" auf die Ausführungen zur Prüfungsleistung im Prüfungsbereich "Betriebswirtschaftliches Handeln" zu verweisen, die hier entsprechend gelten. 69Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 167 Abs. 2 i. V. m. Abs. 1 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO. 70Rechtsmittelbelehrung: 71Gegen dieses Urteil kann innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) schriftlich die Zulassung der Berufung beantragt werden. Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. 72Der Antrag kann auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) eingereicht werden. 73Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. 74Die Berufung ist nur zuzulassen, 751. wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, 762. wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, 773. wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, 784. wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder 795. wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann. 80Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster oder Postfach 6309, 48033 Münster) schriftlich oder als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der ERVV einzureichen. 81Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen. 82Im Berufungs- und Berufungszulassungsverfahren müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die das Verfahren eingeleitet wird. Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Auf die zusätzlichen Vertretungsmöglichkeiten für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und § 5 Nr. 6 des Einführungsgesetzes zum Rechtsdienstleistungsgesetz – RDGEG –). Darüber hinaus sind die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen unter den dort genannten Voraussetzungen als Bevollmächtigte zugelassen. 83Die Antragsschrift und die Zulassungsbegründungsschrift sollen möglichst dreifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften. 84Beschluss: 85Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 5.000,00 Euro festgesetzt. 86Gründe: 87Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1 GKG und entspricht in der Höhe der Streitwertpraxis des OVG NRW, 88vgl. etwa Beschluss vom 8. Juli 2008, 19 E 848/08, juris, 89in Verfahren, die eine Fortbildungsprüfung betreffen. 90Rechtsmittelbelehrung: 91Gegen den Streitwertbeschluss kann schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) Beschwerde eingelegt werden, über die das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster entscheidet, falls ihr nicht abgeholfen wird. 92Die Beschwerde kann auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) oder zu Protokoll der Geschäftsstelle eingelegt werden; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. 93Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von sechs Monaten eingelegt wird, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. 94Die Beschwerde ist nicht gegeben, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,-- Euro nicht übersteigt. 95Die Beschwerdeschrift soll möglichst dreifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften. 96War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist angerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.
die klage wird abgewiesen. der kläger trägt die kosten des verfahrens. das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar.der kläger darf die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe von 110 % des beizutreibenden betrages abwenden, wenn nicht die beklagte vor der vollstreckung sicherheit in gleicher höhe leistet. 1
2der kläger, der eine berufsausbildung zum werkzeugmechaniker erfolgreich abgeschlossen hat, meldete sich unter dem 13. april 2013 bei der beklagten zum prüfungsteil "fachrichtungsübergreifende basisqualifikationen" der fortbildungsprüfung "geprüfter industriemeister / geprüfte industriemeisterin ‑ fachrichtung metall". 3die im herbst 2013 abgelegte prüfung schloss der kläger mit folgendem ergebnis ab: 4rechtsbewusstes handeln 52,0 punktebetriebswirtschaftliches handeln 14,0 punkteanwendung von methoden der information,kommunikation und planung 28,0 punktezusammenarbeit im betrieb 32,0 punkteberücksichtigung naturwissenschaftlicher undtechnischer gesetzmäßigkeiten 20,0 punkte. 5nachdem die beklagte die prüfung für nicht bestanden erklärt und den kläger darauf hingewiesen hatte, dass das bestehen der prüfung ausreichende leistungen (mindestens 50 punkte) in allen prüfungsbereichen voraussetze und angesichts seines prüfungsergebnisses eine mündliche ergänzungsprüfung nicht durchzuführen sei, unterzog sich der kläger im frühjahr 2014 in den nicht bestandenen prüfungsbereichen der ersten wiederholungsprüfung. dort gezeigten leistungen wurden wie folgt bewertet: 6betriebswirtschaftliches handeln 35,5 punkteanwendung von methoden der information,kommunikation und planung 23,0 punktezusammenarbeit im betrieb 41,0 punkteberücksichtigung naturwissenschaftlicher undtechnischer gesetzmäßigkeiten 40,0 punkte. 7auch diesen prüfungsversuch des klägers erklärte die beklagte für nicht bestanden. 8im oktober 2015 unterzog der kläger sich der zweiten wiederholungsprüfung, in der er folgende ergebnisse erzielte: 9betriebswirtschaftliches handeln 24,0 punkteanwendung von methoden der information,kommunikation und planung 41,0 punktezusammenarbeit im betrieb 52,0 punkteberücksichtigung naturwissenschaftlicher undtechnischer gesetzmäßigkeiten 32,0 punkte. 10die beklagte erklärte die fortbildungsprüfung des klägers mit bescheid vom 7. september 2015 ohne durchführung einer ergänzungsprüfung für nicht bestanden und wies darauf hin, dass die prüfung nicht wiederholt werden könne. 11nach einsichtnahme in die prüfungsakte erhob der kläger mit schriftsatz seiner prozessbevollmächtigten vom 5. oktober 2015 gegen die prüfungsentscheidung widerspruch und machte mit deren schriftsätzen vom 27. oktober 2015 und 4. dezember 2015, auf die wegen der einzelheiten bezug genommen wird, einwände gegen die bewertung der in den prüfungsbereichen "anwendung von methoden der information, kommunikation und planung" und " betriebswirtschaftliches handeln" gezeigten leistungen geltend. 12mit bescheid vom 28. januar 2016 hob die beklagte die bewertung der vom kläger im prüfungsbereich "anwendung von methoden der information, kommunikation und planung" erbrachten prüfungsleistung um 1 punkt auf 42,0 punkte an und wies seinen widerspruch im übrigen als nicht begründet zurück. 13der kläger erhob vor dem erkennenden gericht klage (15 k 2494/16). die beteiligten nahmen den durch das gericht mit beschluss vom 20. juli 2018 zur beendigung dieses rechtsstreits vorgeschlagenen vergleich an, in dem die beklagte sich ‑ ohne anerkennung einer rechtspflicht ‑ unter teilweiser aufhebung ihres prüfungsbescheides vom 7. september 2015 sowie der widerspruchsentscheidung vom 28. januar 2016 verpflichtete, den kläger über das ergebnis seiner fortbildungsprüfung nach einer neubewertung der im zweiten wiederholungsversuch der prüfung in den prüfungsbereichen "betriebswirtschaftliches handeln", "anwendung von methoden der information, kommunikation und planung" und "berücksichtigung naturwissenschaftlicher und technischer gesetzmäßigkeiten" schriftlich erbrachten prüfungsleistungen erneut zu bescheiden. 14die mitglieder des prüfungsausschusses der beklagten beurteilten die vorbezeichneten prüfungsleistungen des klägers getrennt voneinander, einigten sich in der sitzung des prüfungsausschusses vom 15. oktober 2018 auf eine gemeinsame bewertung der in den drei prüfungsbereichen jeweils erbrachten prüfungsleistung und stellten das ergebnis wie folgt fest: 15betriebswirtschaftliches handeln 27,0 punkteanwendung von methoden der information,kommunikation und planung 42,0 punkteberücksichtigung naturwissenschaftlicher undtechnischer gesetzmäßigkeiten 32,0 punkte. 16mit bescheid vom 16. oktober 2018 teilte die beklagten dem kläger das endgültige nichtbestehen seiner fortbildungsprüfung im prüfungsteil "fachrichtungsübergreifende basisqualifikationen" mit insgesamt 41 punkten ebenso mit wie das folgende ergebnis der bewertung seiner in den einzelnen prüfungsbereichen erbrachten prüfungsleistungen: 17rechtsbewusstes handeln 52,0 punktebetriebswirtschaftliches handeln 27,0 punkteanwendung von methoden der information,kommunikation und planung 42,0 punktezusammenarbeit im betrieb 52,0 punkteberücksichtigung naturwissenschaftlicher undtechnischer gesetzmäßigkeiten 32,0 punkte. 18gegen die entscheidung erhob der kläger erneut widerspruch, den er mit schriftsatz seiner prozessbevollmächtigten vom 27. november 2018, auf die wegen der einzelheiten bezug genommen wird, im wesentlichen mit denjenigen einwendungen gegen die bewertung seiner prüfungsleistungen in den prüfungsbereichen "betriebswirtschaftliches handeln" und "anwendung von methoden der information, kommunikation und planung" begründete, die er bereits in dem zuvor geführten widerspruchsverfahren im oktober 2015 und dezember 2015 schriftsätzlich vorgetragen hatte. 19zu dem widerspruchsvortrag nahmen die mitglieder des prüfungsausschusses getrennt voneinander schriftlich stellung und führten aus, dass und aus welchen gründen aus ihrer jeweiligen sicht der widerspruchsvortrag eine abänderung der bewertung der prüfungsleistungen nicht rechtfertige. in seiner sitzung vom 21. januar 2019 beschloss der prüfungsausschuss dem widerspruch nicht abzuhelfen und hielt in seiner stellungnahme vom 21. januar 2019 die für diese entscheidung maßgeblich gewesenen gründe fest. 20mit bescheid vom 28. januar 2019, den prozessbevollmächtigten des klägers am 7. februar 2019 zugestellt, wies die beklagte den widerspruch des klägers aus den gründen der stellungnahme des prüfungsausschusses vom 21. januar 2019 als unbegründet zurück. 21der kläger hat am 6. märz 2019 klage erhoben. 22sein vorbringen aus dem widerspruchsverfahren wiederholend machte er geltend, der bewertung der in den prüfungsbereichen "betriebswirtschaftliches handeln" und "anwendung von methoden der information, kommunikation und planung" erbrachten prüfungsleistungen hafteten aus den im widerspruchsverfahren geltend gemachten gründen auch nach deren erneuter beurteilung nach wie vor rechtsfehler an. 23der kläger beantragt sinngemäß, 24die beklagte unter aufhebung des bescheides vom 16. oktober 2018 und der widerspruchsentscheidung vom 28. januar 2019 zu verpflichten, ihn über das ergebnis des prüfungsteils "fachrichtungsübergreifende basisqualifikationen" seiner fortbildungsprüfung "geprüfter industriemeister / geprüfte industriemeisterin ‑ fachrichtung metall nach erneuter bewertung der in den prüfungsbereichen "betriebswirtschaftliches handeln" und "anwendung von methoden der information, kommunikation und planung" und einer gegebenenfalls daran anzuschließenden mündlichen ergänzungsprüfung unter beachtung der rechtsauffassung des gerichts erneut zu bescheiden. 25die beklagte beantragt, 26die klage abzuweisen. 27sie ist unter wiederholung der begründung des widerspruchsbescheides der auffassung, der geltend gemachte anspruch stehe dem kläger nicht zu. 28der kläger hat mit schriftsatz vom 1. juli 2021 auf die durchführung einer mündlichen verhandlung verzichtet. die beklagte hat eine entsprechende erklärung mit schriftsatz vom 22. juni 2021 zu den gerichtsakten gereicht. 29wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird ergänzend bezug genommen auf den inhalt der gerichtsakte sowie der beigezogenen prüfungsakte der beklagten. 30
31über das klagebegehren kann gemäß § 101 abs. 2 vwgo ohne mündliche verhandlung entschieden werden, nachdem die beteiligten sich mit dieser verfahrensweise schriftsätzlich übereinstimmend einverstanden erklärt haben. 32die klage, über die nach ihrer begründung (§ 88 vwgo) in gestalt des vorstehend wiedergegeben antrags zu befinden ist, hat keinen erfolg. sie ist als verpflichtungsbegehren (§ 42 abs. 1 alt. 2 vwgo) statthaft und auch im übrigen zulässig, aber nicht begründet; der geltend gemachte anspruch steht dem kläger nicht zu (§ 113 abs.1 s. 1, abs. 5 s. 2 vwgo). 33die angefochtene entscheidung über das endgültige nichtbestehen der fortbildungsprüfung "geprüfter industriemeister ‑ fachrichtung metall" findet ihre rechtsgrundlage in den §§ 7 abs. 4, 2 abs. 3, 4 abs. 1 und 8 abs. 1 der verordnung über die prüfung zum anerkannten abschluss geprüfter industriemeister / geprüfte industriemeisterin ‑ fachrichtung metall (indmetmeistv 1997) vom 12. dezember 1997 (bgbl. i s. 2923), deren durch artikel 14 der verordnung vom 9. dezember 2019 (bgbl. i s. i 2153) geänderte fassung nach der übergangsbestimmung in artikel 84 § 3 abs. 2 der änderungsverordnung auf das prüfungsverfahren des klägers nicht anzuwenden ist. 34die fortbildungsprüfung, die nach § 2 abs. 3 indmetmeistv 1997 aus den prüfungsteilen "fachrichtungsübergreifenden basisqualifikationen" (nr. 1) und "handlungsspezifische qualifikationen" (nr. 2) besteht, ist ohne die möglichkeit einer weiteren wiederholung ‑ und damit endgültig ‑ nicht bestanden, wenn auch im zweiten wiederholungsversuch (§ 8 abs. 1 indmetmeistv 1997) die prüfung im prüfungsteil "fachrichtungsübergreifende basisqualifikation", dessen erfolgreicher abschluss nach § 3 abs. 2 nr. 1 indmetmeistv 1997 voraussetzung für die zulassung zum prüfungsteil "handlungsspezifische qualifikationen" ist, nicht bestanden ist. 35gemäß § 7 abs. 4 hs. 1 indmetmeistv 1997 setzt das bestehen der prüfung ‑ soweit hier von interesse ‑ eine bewertung aller prüfungsleistungen, die im prüfungsteil "fachrichtungsübergreifende basisqualifikationen" schriftlich (§ 2 abs. 4 hs. 1 indmetmeistv 1997) zu erbringen sind, mit der note "ausreichend" voraus. hat der prüfungsteilnehmer in nicht mehr als zwei der in § 4 abs. 1 nr. 1 bis nr. 5 indmetmeistv 1997 genannten prüfungsbereiche des prüfungsteils "fachrichtungsübergreifenden basisqualifikationen" mangelhafte leistungen erbracht, ist ihm darin eine mündliche ergänzungsprüfung anzubieten (§ 4 abs. 8 s. 1 indmetmeistv 1997). bei einer oder mehreren ungenügenden schriftlichen prüfungsleistungen besteht diese möglichkeit nach § 4 abs. 8 s. 2 indmetmeistv 1997 nicht. 36nach maßgabe dieser bestimmungen hält das als ergebnis der zweiten wiederholungsprüfung des klägers festgestellte endgültige nichtbestehen der fortbildungsprüfung einer rechtskontrolle stand. 37der kläger hat die prüfung in dem prüfungsteil "fachrichtungsübergreifende basisqualifikation" im herbst 2013 und im frühjahr 2014 nicht bestanden und mit eben diesem ergebnis ausweislich des angefochtenen bescheides vom 16. oktober 2018 auch die zweite wiederholungsprüfung abgeschlossen. das ergebnis dieses letzten prüfungsversuchs muss der kläger gegen sich gelten lassen. 38der bewertung der leistung, die der kläger in dem zum prüfungsteil "fachrichtungsübergreifende basisqualifikation" gehörigen prüfungsbereich "betriebswirtschaftliches handeln" (§ 4 abs. 1 nr. 2 indmetmeistv 1997) im letzten prüfungsversuch erbracht hat, mit 27 von 100 möglichen punkten, was gemäß § 21 s. 1 der prüfungsordnung für fortbildungsprüfungen (po) der beklagten der note "ungenügend" entspricht, haften die geltend gemachten rechtsfehler nicht an. daraus folgt nicht nur, dass die abnahme mündlicher ergänzungsprüfungen in den nicht bestandenen prüfungsbereichen gemäß § 4 abs. 8 s. 2 indmetmeistv 1997 ausgeschlossen ist, sondern auch, dass für die entscheidung des rechtsstreites rechtlich unerheblich ist, ob die bewertung der leistungen des klägers in den prüfungsbereichen "anwendung von methoden der information, kommunikation und planung" (42 punkte) und "berücksichtigung naturwissenschaftlicher und technischer gesetzmäßigkeiten" (32 punkte) ohne rechtsfehler ist. 39dass nach der bundesrechtlichen verordnung über die vom kläger abgelegte fortbildungsprüfung das nichtbestehen der prüfung aufgrund einer mit "ungenügend" bewerteten leistung in einem prüfungsbereich des prüfungsteils "fachrichtungsübergreifenden basisqualifikationen" ohne kompensationsmöglichkeit das nichtbestehen der abschlussprüfung zur folge hat, ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. 40vgl. unangefochten gebliebenes urteil der kammer vom 26. juni 2020, 15 k 3220/18, n. v. 41art. 12 abs. 1 gg gebietet es nicht, für ein nichtbestehen der prüfung in einem prüfungsbereich wegen einer mit "ungenügend" beurteilten leistung einen ausgleich durch eine bessere leistung in einem anderen prüfungsbereich oder eine ergänzungsprüfung vorzusehen. 42der ausschluss der kompensation schlechter einzelnoten durch bessere leistungen in einem anderen fach oder ergänzend zu erbringende leistungen ist verfassungswidrig, wenn er sachlich nicht hinreichend zu rechtfertigen und daher willkürlich ist oder wenn auf diese weise das grundrecht auf freie berufswahl ohne hinreichend tragfähigen grund eingeschränkt wird. dabei kann das bestehen von teilprüfungen gefordert werden, wenn diese schon für sich genommen jeweils eine zuverlässige beurteilungsgrundlage für die erreichung des prüfungszwecks bieten. 43bverfg, beschluss vom 26. juni 2015, 1 bvr 2218/13, juris rdnr. 24. 44mithin dürfen einzelne schlechte leistungen nur dann ohne ausgleichsmöglichkeit den ausschlag geben, wenn sie die annahme rechtfertigen, dass der prüfling das ziel der prüfung, insbesondere die qualifikation für einen bestimmten beruf, nicht erreicht, weil er, da das prüfungsfach für die berufsspezifische befähigung eine wichtige ‑ nahezu unverzichtbare ‑ bedeutung hat, dafür offensichtlich ungeeignet ist. 45vgl. zum ganzen etwa niehues / fischer / jeremias, prüfungsrecht, 7. auflage 2018, (niehues / fischer / jeremias), rdnr. 540 f. 46gemessen daran war der normgeber von verfassung wegen jedenfalls nicht verpflichtet, für das prüfungsversagen im prüfungsbereich des § 4 abs. 1 nr. 2 indmetmeistv 1997 über die in § 4 abs. 8 s. 2 indmetmeistv 1997 vorgesehene kompensationsmöglichkeit hinaus eine solche zu schaffen, die es erlaubt, die in dem prüfungsbereich "betriebswirtschaftliches handeln" mit "ungenügend" benotete leistung durch eine bessere leistung in einem der in § 4 abs. 1 nr. 1 oder nr. 3 bis nr. 5 indmetmeistv 1997 genannten prüfungsbereiche oder durch das ergebnis einer ergänzungsprüfung auszugleichen. 47vgl. zu § 4 abs. 1 nr. 5 indmetmeistv 1997: urteil der kammer vom 26. juni 2020, 15 k 3220/18, n. v. 48ziel der abschlussprüfung ist nach § 1 abs. 2 indmetmeistv 1997 der nachweis der qualifikation zum industriemeister und damit die befähigung, in betrieben unterschiedlicher größe und branchenzugehörigkeit sowie in verschiedenen bereichen und tätigkeitsfeldern eines betriebes sach‑, organisations‑ und führungsaufgaben wahrzunehmen (nr. 1) und sich auf verändernde methoden und systeme in der produktion, auf sich verändernde strukturen der arbeitsorganisation und auf neue methoden der organisationsentwicklung, der personalführung und ‑entwicklung flexibel einzustellen sowie den technischen-organisatorischen wandel im betrieb mitzugestalten (nr. 2). 49dabei umfasst die qualifikation zum industriemeister neben den berufs‑ und arbeitspädagogischen qualifikationen und den handlungsspezifischen qualifikationen (§ 2 abs. 1 nr. 1 und nr. 3 indmetmeistv 1997) gemäß § 2 abs. 1 nr. 2 indmetmeistv 1997 gleichrangig die fachrichtungsübergreifenden basisqualifikationen. da der industriemeister sach-, organisations- und führungsaufgaben in betrieben unterschiedlicher größe und branchenzugehörigkeit sowie in verschiedenen bereichen und tätigkeitsfeldern eines betriebes wahrnehmen können muss, ist es nicht nur sachgerecht, basisqualifikationen, die fachrichtungsübergreifend sind, als prüfungsteil zum gegenstand der abschlussprüfung zu machen, sondern diesen auch eine für das bestehen der abschlussprüfung unabdingbare bedeutung beizumessen. eben dies gilt für den dem prüfungsteil "fachübergreifende basisqualifikationen" zugeordneten prüfungsbereich "betriebswirtschaftliches handeln", da diesbezüglich als basisqualifikation nur grundlagenwissen gegenstand der prüfung ist und die prüfung sich damit auf kenntnisse bezieht, die für die ausübung des berufs unabdingbar sind. 50war der normgeber damit schon nicht verpflichtet, überhaupt einen ausgleich für eine in einem der prüfungsbereiche des § 4 abs. 1 indmetmeistv 1997 nicht bestandene prüfungsleistung durch das ergebnis einer bestandenen prüfung in einem der anderen prüfungsbereich vorzusehen, begegnet die in § 4 abs. 8 indmetmeistv 1997 als kompensation für eine schlechte leistung vorgesehene möglichkeit einer mündlichen ergänzungsprüfung in ihrer ausgestaltung ebenfalls verfassungsrechtlich keinen durchgreifenden bedenken begegnet, soweit satz 2 der bestimmung eine mündliche ergänzungsprüfung ausschließt, wenn ‑ wie im fall des klägers ‑ eine oder mehrere der in den prüfungsbereichen des § 4 abs. 1 indmetmeistv 1997 schriftlich zu erbringenden prüfungsleistungen mit ungenügend bewertet worden sind. ungenügend ist nach der notendefinition in § 21 s. 1 indmetmeistv 1997 eine leistung, die den anforderungen nicht entspricht und bei der selbst grundkenntnisse fehlen. wer aber in einem prüfungsbereich des § 4 abs. 1 indmetmeistv 1997, in dem ohnehin lediglich das vorhandensein von grundlagenwissen gegenstand der prüfung ist, noch nicht mal über dieses verfügt, der ist für die ausübung einer beruflichen tätigkeit, auf die sich die abschlussprüfung bezieht, im sinne der verfassungsrechtlichen vorgaben offensichtlich ungeeignet. 51schließlich tragen auch die gegen die beurteilung der prüfungsleistung erhobenen prüfungs‑ und fachspezifischen einwendungen den geltend gemachten anspruch auf deren neubewertung nicht. 52ein rechtsanspruch auf neubewertung einer prüfungsleistung besteht, wenn die bewertung der ‑ wie hier ‑ ihrerseits verfahrensfehlerfrei erbrachten prüfungsleistung mit rechtsfehlern behaftet ist, die sich auf das ergebnis der beurteilung ausgewirkt haben können. dies ist hier nicht der fall. 53nach der rechtsprechung des bundesverfassungsgerichts, der die verwaltungsgerichte folgen, 54vgl. hierzu bundesverfassungsgericht, beschluss vom 17. april 1991, 1 bvr 419/81 und 1 bvr 213/83 sowie beschluss vom gleichen tage, 1 bvr 138/87, njw 1991, 2005 und 2008 sowie juris; bverwg, urteil vom 9. dezember 1992, 6 c 3.92, dvbl. 1993, 503 und juris; ovg nrw, urteil vom 23. januar 1995, 22 a 1834/90, juris, und urteil vom 21. april 1998, 22 a 669/96 n. v., 55verpflichtet artikel 19 abs. 4 gg die gerichte, berufseröffnende prüfungsentscheidungen in rechtlicher und tatsächlicher hinsicht grundsätzlich vollständig nachzuprüfen. lediglich bei "prüfungsspezifischen wertungen", 56vgl. zur abgrenzung: bverwg, beschluss vom 17. dezember 1997, 6 b 55.97, dvbl. 1998, 404 f. und juris, 57verbleibt der prüfungsbehörde ein die gerichtliche kontrolle einschränkender beurteilungsspielraum. dies ist der fall, soweit komplexe prüfungsspezifische bewertungen ‑ z. b. bei der gewichtung verschiedener aufgaben untereinander, bei der einordnung des schwierigkeitsgrades der aufgabenstellung oder bei der würdigung der qualität der darstellung ‑ im gesamtzusammenhang des prüfungsverfahrens getroffen werden müssen und sich nicht ohne weiteres in nachfolgenden verwaltungsstreitverfahren einzelner prüflinge isoliert nachvollziehen lassen. fachliche meinungsverschiedenheiten zwischen prüfling und prüfer sind der gerichtlichen überprüfung und entscheidung hingegen nicht entzogen. eine diesbezügliche kontrolle durch das gericht setzt insoweit allerdings eine schlüssige und hinreichend substantiierte rüge des prüflings im gerichtlichen verfahren voraus, die sich mit den fachlichen einwendungen gegen die prüfungsleistung inhaltlich auseinandersetzt. macht der prüfling dabei geltend, er habe eine fachwissenschaftlich vertretbare und vertretene lösung der prüfungsaufgabe gewählt, hat er dies unter hinweis auf seiner ansicht nach einschlägige fundstellen näher darzulegen. der im verwaltungsgerichtlichen verfahren geltende amtsermittlungsgrundsatz ist insoweit durch die mitwirkungspflicht des prüflings begrenzt. 58vgl. bverwg, urteil vom 24. februar 1993, 6 c 35.92, dvbl. 1993, 842 (845) und juris; ovg nrw, urteil vom 17. september 1993, 22 a 1931/91, juris, unter hinweis auf bverwg, urteil vom 24. februar 1993, 6 c 35.92, a. a. o. 59ohne erfolg, weil unschlüssig, bleibt damit die rüge eines prüflings, die in der argumentation die zielrichtung der prüferkritik verkennt. als nicht substantiiert und deshalb erfolglos erweist sich hingegen eine rüge, die zwar inhaltlich die prüferkritik trifft, der es aber an einer fachlich beachtlichen argumentation zur richtigkeit bzw. vertretbarkeit der eigenen lösung und / oder fachwissenschaftlichen belegen hierfür fehlt. dies gilt selbst im bereich von prüfungen, die ausschließlich oder zum teil juristische problemstellungen zum gegenstand haben, in dem das gericht regelmäßig selbst die erforderliche qualifikation zur klärung der frage der vertretbarkeit der juristischen ausführungen hat. 60vgl. bverwg, urteile vom 24. februar 1993, 6 c 38/92, nvwz 1993, s. 686 (687) sowie juris, und 6 c 35/92, kmk-hschr nr. 21 c.1 nr. 12 und juris. 61unbegründet ist schließlich eine rüge, wenn die argumentation des prüflings die prüferkritik nicht zu entkräften vermag, weil sie fachlich unzutreffend ist. 62vgl. urteil der kammer vom 11. juni 1999,15 k 4530/98, s. 6 des urteilsabdrucks, n. v. 63gemessen daran weist die angegriffene bewertung der aufsichtsarbeit im prüfungsbereich "betriebswirtschaftliches handeln" keine rechtsfehler auf und zwar im wesentlichen aus den nachstehend dargelegten gründen. 64soweit der kläger sich mit seinem vorbringen gegen prüfungsspezifische wertungen der prüfer wendet, ist mit dem vortrag eine verletzung des ihnen zustehenden beurteilungsspielraums nicht dargelegt. sein diesbezügliches vorbringen beschränkt sich im kern durchweg darauf, die eigene leistung selbst einer bewertung zu unterziehen und geltend zu machen, die für die lösung einzelner prüfungsaufgaben jeweils erhaltene zahl an punkten sei danach zu niedrig bemessen. verifizierbare anhaltspunkte für eine missachtung der dem beurteilungsspielraum der prüfer rechtlich gesetzten grenzen bietet ein solcher vortrag mangels hinreichender substantiierung nicht. 65auch die fachspezifischen einwände, die der kläger gegen die beurteilung seiner lösungen zu einzelnen aufgabenstellungen in der klausur "betriebswirtschaftliches handeln" erhebt, rechtfertigen deren neubeurteilung nicht. seine diesbezüglich die aufgaben 1 b), 2, 3, 4, 6 a) und 7 betreffenden rügen sind, weil jeweils unsubstantiiert, sämtlich rechtlich unbeachtlich. 66das jeweilige und zum teil pauschal auf musterlösungen aus prüfungen der vorjahre verweisende vorbringen, seine antworten seien zutreffend, ist durchweg auf behauptungen beschränkt geblieben, die weder fachargumentativ begründet noch mit auszügen aus fachwissenschaftlicher literatur belegt sind. zudem hat der kläger sich auch nicht mit den in der stellungnahme des prüfungsausschuss vom 26. januar 2019 benannten gründen für die fachliche kritik an seinen lösungen der aufgabenstellungen inhaltlich auseinandergesetzt. ebenfalls ohne erwiderung geblieben sind die dort angeführten erwägungen, nach denen die vom kläger in bezug genommenen musterlösungen zu prüfungsaufgaben aus den vorjahren keine auskunft über die fachliche vertretbarkeit seiner antworten auf die ihm gestellten prüfungsaufgaben geben. 67ist nach dem ergebnis der prüfung im prüfungsbereich "betriebswirtschaftliches handeln" die durchführung von ergänzungsprüfungen ausgeschlossen und die prüfung im prüfungsteil "fachrichtungsübergreifende basisqualifikationen" und damit die fortbildungsprüfung des klägers insgesamt und endgültig nicht bestanden, kann offen bleiben, ob die bewertung der schriftlichen aufsichtsarbeiten in den prüfungsbereichen "anwendung von methoden der information, kommunikation und planung" und "berücksichtigung naturwissenschaftlicher und technischer gesetzmäßigkeiten" rechtsfehlerfrei ist. 68lediglich vorsorglich ist daher festzustellen, dass der kläger auch die bewertung dieser prüfungsleistungen nicht mit substantiierten fachspezifischen rügen angegriffen hat. während die beurteilung der aufsichtsarbeit im prüfungsbereich "berücksichtigung naturwissenschaftlicher und technischer gesetzmäßigkeiten" gänzlich unerwidert geblieben ist, ist hinsichtlich der angriffe auf die leistungsbewertung im prüfungsbereich "anwendung von methoden der information, kommunikation und planung" auf die ausführungen zur prüfungsleistung im prüfungsbereich "betriebswirtschaftliches handeln" zu verweisen, die hier entsprechend gelten. 69die kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 abs. 1 vwgo. der ausspruch zur vorläufigen vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 167 abs. 2 i. v. m. abs. 1 vwgo, 708 nr. 11, 711 zpo. 70rechtsmittelbelehrung: 71gegen dieses urteil kann innerhalb eines monats nach zustellung des vollständigen urteils bei dem verwaltungsgericht düsseldorf (bastionstraße 39, 40213 düsseldorf oder postfach 20 08 60, 40105 düsseldorf) schriftlich die zulassung der berufung beantragt werden. der antrag muss das angefochtene urteil bezeichnen. 72der antrag kann auch als elektronisches dokument nach maßgabe des § 55a vwgo und der verordnung über die technischen rahmenbedingungen des elektronischen rechtsverkehrs und über das besondere elektronische behördenpostfach (elektronischer rechtsverkehr-verordnung – ervv) eingereicht werden. 73innerhalb von zwei monaten nach zustellung des vollständigen urteils sind die gründe darzulegen, aus denen die berufung zuzulassen ist. 74die berufung ist nur zuzulassen, 751. wenn ernstliche zweifel an der richtigkeit des urteils bestehen, 762. wenn die rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche schwierigkeiten aufweist, 773. wenn die rechtssache grundsätzliche bedeutung hat, 784. wenn das urteil von einer entscheidung des oberverwaltungsgerichts für das land nordrhein-westfalen, des bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen senats der obersten gerichtshöfe des bundes oder des bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser abweichung beruht oder 795. wenn ein der beurteilung des berufungsgerichts unterliegender verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die entscheidung beruhen kann. 80die begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem antrag vorgelegt worden ist, bei dem oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen (aegidiikirchplatz 5, 48143 münster oder postfach 6309, 48033 münster) schriftlich oder als elektronisches dokument nach maßgabe des § 55a vwgo und der ervv einzureichen. 81über den antrag entscheidet das oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen. 82im berufungs- und berufungszulassungsverfahren müssen sich die beteiligten durch prozessbevollmächtigte vertreten lassen. dies gilt auch für prozesshandlungen, durch die das verfahren eingeleitet wird. die beteiligten können sich durch einen rechtsanwalt oder einen rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten hochschule eines mitgliedstaates der europäischen union, eines anderen vertragsstaates des abkommens über den europäischen wirtschaftsraum oder der schweiz, der die befähigung zum richteramt besitzt, als bevollmächtigten vertreten lassen. auf die zusätzlichen vertretungsmöglichkeiten für behörden und juristische personen des öffentlichen rechts einschließlich der von ihnen zur erfüllung ihrer öffentlichen aufgaben gebildeten zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 abs. 4 satz 4 vwgo und § 5 nr. 6 des einführungsgesetzes zum rechtsdienstleistungsgesetz – rdgeg –). darüber hinaus sind die in § 67 abs. 2 satz 2 nr. 3 bis 7 vwgo bezeichneten personen und organisationen unter den dort genannten voraussetzungen als bevollmächtigte zugelassen. 83die antragsschrift und die zulassungsbegründungsschrift sollen möglichst dreifach eingereicht werden. im fall der einreichung als elektronisches dokument bedarf es keiner abschriften. 84beschluss: 85der wert des streitgegenstandes wird auf 5.000,00 euro festgesetzt. 86gründe: 87die streitwertfestsetzung beruht auf § 52 abs. 1 gkg und entspricht in der höhe der streitwertpraxis des ovg nrw, 88vgl. etwa beschluss vom 8. juli 2008, 19 e 848/08, juris, 89in verfahren, die eine fortbildungsprüfung betreffen. 90rechtsmittelbelehrung: 91gegen den streitwertbeschluss kann schriftlich oder zur niederschrift des urkundsbeamten der geschäftsstelle bei dem verwaltungsgericht düsseldorf (bastionstraße 39, 40213 düsseldorf oder postfach 20 08 60, 40105 düsseldorf) beschwerde eingelegt werden, über die das oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen in münster entscheidet, falls ihr nicht abgeholfen wird. 92die beschwerde kann auch als elektronisches dokument nach maßgabe des § 55a vwgo und der verordnung über die technischen rahmenbedingungen des elektronischen rechtsverkehrs und über das besondere elektronische behördenpostfach (elektronischer rechtsverkehr-verordnung – ervv) oder zu protokoll der geschäftsstelle eingelegt werden; § 129a der zivilprozessordnung gilt entsprechend. 93die beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von sechs monaten eingelegt wird, nachdem die entscheidung in der hauptsache rechtskraft erlangt oder das verfahren sich anderweitig erledigt hat; ist der streitwert später als einen monat vor ablauf dieser frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines monats nach zustellung oder formloser mitteilung des festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. 94die beschwerde ist nicht gegeben, wenn der wert des beschwerdegegenstandes 200,-- euro nicht übersteigt. 95die beschwerdeschrift soll möglichst dreifach eingereicht werden. im fall der einreichung als elektronisches dokument bedarf es keiner abschriften. 96war der beschwerdeführer ohne sein verschulden verhindert, die frist einzuhalten, ist ihm auf antrag von dem gericht, das über die beschwerde zu entscheiden hat, wiedereinsetzung in den vorigen stand zu gewähren, wenn er die beschwerde binnen zwei wochen nach der beseitigung des hindernisses einlegt und die tatsachen, welche die wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. nach ablauf eines jahres, von dem ende der versäumten frist angerechnet, kann die wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.
Verklagte*r
0
179,575
S 20 SO 61/13
2014-04-29T00:00:00
Urteil
Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin. Der Streitwert wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt. 1Tatbestand: 2Die Beteiligten streiten über den Abschluss einer (neuen) Leistungs- und Prüfungsvereinbarung für den Leistungsbereich "Ambulant Betreutes Wohnen für Menschen mit Behinderung". 3Die am 00.00.0000 geborene Klägerin ist deutsche Staatsangehörige und verheiratet. Nach dreijähriger Ausbildung zur Krankenschwester ist sie seit April 1992 als solche beschäftigt, seit Januar 1993 in der Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik des Universitätsklinikums Aachen, aktuell als Teilzeitkraft. Von Oktober 2004 bis Dezember 2006 übte sie daneben eine angestellte Tätigkeit als Fachkraft für Eingliederungshilfe aus. 4Auf Antrag der Klägerin schlossen die Beteiligten erstmals am 20./29.12.2006 mit Wirkung ab 01.01.2007 eine Leistungs- und Prüfungsvereinbarung (LPV) gemäß § 75 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) für den Leistungsbereich "Ambulant Betreutes Wohnen für Menschen mit Behinderung". Am selben Tag schlossen sie eine entsprechende Vergütungsvereinbarung, die bis zum 31.12.2008 befristet war. In diesen Vereinbarungen firmierte die Klägerin unter dem Namen "BeWo Netzwerk B.-E.-T.". Am 31.10/18.11.2007 schlossen die Beteiligten mit Wirkung ab 01.12.2007 eine neue LPV ab; zugleich trafen sie eine entsprechende Vergütungsvereinbarung, die auf den Zeitraum vom 01.12.2007 bis 31.12.2008 begrenzt war. In den neuen Vereinbarungen firmierte die Klägerin nunmehr unter dem Namen "BeWo Zuhause Sein E.T.". Zuvor hatte die Klägerin dem Beklagten ein Konzept ihres Dienstes für ambulant betreutes Wohnen vom 09.11.2007 vorgelegt. Am 20./29.12.2008 schlossen die Beteiligten mit Wirkung ab 01.01.2009 wiederum eine neue LPV; zugleich trafen sie eine entsprechende Vergütungsvereinbarung, befristet bis 31.12.2009. Am 11./22.03.2010 schlossen sie eine neue Vergütungsvereinbarung für den Zeitraum "vom 01.04.2010 bis 31.12.20101", längstens bis zum Ablauf der Geltungsdauer der ihr zugrundeliegenden Leistungs- und Prüfungsvereinbarung. Nach Angaben des Beklagten übersandte dieser der Klägerin am 17.08.2012 eine neue Vergütungsvereinbarung für die Zeit ab 01.07.2012; die Klägerin bestreitet den Zugang dieser Vergütungsvereinbarung. 5Am 24.02.2011 fand zwischen den Beteiligten ein erstes Gespräch über die Qualität des BeWo-Dienstes der Klägerin statt. Anlass dafür waren u.a. das nicht fristgerechte Einreichen von Hilfeplänen und eine zeitlich verzögerte Überarbeitung von nicht schlüssigen Hilfeplänen. Mit Schreiben vom 25.02.2011 teilte der Beklagte die aus seiner Sicht bestehenden Mängel mit, setzte der Klägerin Fristen und wies auf die zukünftige Verfahrensweise hin. Mit Schreiben vom 10.05.2011 wies der Beklagte die Klägerin unter Aufzeigung verschiedener Beispiele darauf hin, dass aus seiner Sicht die getroffenen Absprachen bzw. Fristen nicht eingehalten worden seien und dass das Einhalten von Absprachen und Fristen zur Qualität der Leistung des Betreuten Wohnens gehöre. Der Beklagte behielt sich die Geltendmachung seines Kündigungsrechts vor, wenn auch zukünftig Absprachen, Fristen und Formalien nicht eingehalten würden. In einer Hilfeplankonferenz vom 24.05.2011 wurden in Bezug auf einen von der Klägerin betreuten Hilfeempfänger weitere Mängel aufgezeigt. Daraufhin lud der Beklagte die Klägerin zwecks Prüfung der Qualität ihres Dienstes gemäß § 7 der getroffenen LPV zu einem so genannten "Qualitätsgespräch" am 17.06.2011 ein. Im Anschluss an dieses Gespräch fasste der Beklagte am selben Tag gegenüber der Klägerin – aus seiner Sicht – das Ergebnis und die vereinbarte zukünftige Verfahrensweise zusammen; mit weiterem Schreiben vom 21.06.2011 gab er der Klägerin eine Rückmeldung zu den Hilfeplänen von vier Hilfeempfängern, die die Klägerin betreute, machte auf Unstimmigkeiten aufmerksam und gab unter Verweis auf das einschlägige Handbuch einige Anregungen. 6Mit Schreiben vom 18.07. und 22.08.2011 beschwerte sich bei dem Beklagten eine (gesetzliche) Betreuerin eines Klienten der Klägerin über deren Arbeitsweise. 7Daraufhin teilte der Beklagte der Klägerin mit Schreiben vom 13.10.2011 die Einleitung einer Qualitätsprüfung gemäß § 9 LPV mit; er listete konkret neun Punkte auf, die die Qualitätsprüfung umfassten. Am 13.12.2011 nahm die Klägerin dazu Stellung. Am 03.01.2012 fand zwischen den Beteiligten das Abschlussgespräch gemäß § 9 Abs. 4 LPV statt; die Klägerin nahm dazu mit Schreiben vom 31.01.2012 Stellung. Unter dem 15.02.2012 erstellte der Beklagte den Bericht über die Prüfung gemäß § 4 Abs. 4 i.V.m. § 9 LPV. Gestützt auf diesen Bericht kündigte der Beklagte sodann mit Schreiben vom 29.02.2012 die mit der Klägerin seit dem 01.01.2007 bestehende LPV zum 31.12.2012. Zur Begründung führte er aus, es bestünden erhebliche Qualitätsmängel der Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität; die Klägerin habe ihre sich aus der LPV ergebenden Pflichten grob verletzt; es bestünden gravierende Mängel in der Leistungserbringung. Durch die mangelhafte Leistungserbringung seitens der Klägerin sei die dem Sozialhilfeträger obliegende Pflicht zu einer Gewährung bedarfsdeckender Leistungen gefährdet; die festgestellten Mängel seien so gravierend, dass eine Verbesserung der Leistungserbringung nicht zu erwarten sei; es sei nicht erkennbar, dass die Klägerin künftig die Gewähr für ein vertrags- und gesetzeskonformes Verhalten biete; die in den letzten Monaten gegebenen Hinweise und Ermahnungen seien leider ohne Erfolg geblieben. Der Beklagte verwies insbesondere auf die Gespräche vom Februar und Juni 2011 sowie den Prüfbericht vom 15.02.2012. 8Am 03.01.2013 beantragte die Klägerin unter Vorlage eines Konzeptes ihres BeWo-Dienstes "Zuhause sein" für ambulant betreutes Wohnen für Menschen mit Behinderungen, desweiteren eines Lebenslaufs, zahlreicher Zeugnisse sowie weiterer Unterlagen den Abschluss einer neuen LPV. 9Der Beklagte lehnte den Antrag mit Schreiben vom 08.02.2013 ab. Er verwies auf das Kündigungsschreiben vom 29.02.2012 und den Bericht über die zuvor durchgeführte Qualitätsprüfung. Seit der Kündigung habe sich die Qualität der Arbeit nicht verbessert, was an folgenden Punkten festzumachen sei: • es seien weiterhin unzureichende Hilfepläne eingereicht und die Hilfebedarfe in den Hilfeplankonferenzen unschlüssig dargestellt worden, • Gruppenangebote seien falsch abgerechnet worden, • trotz der gekündigten LPV habe sich die Klägerin nicht bzw. nicht rechtzeitig um die weitere Betreuung des Hilfeempfängers gekümmert, der im Jahre 2012 der einzige noch von der Klägerin betreute Klient gewesen sei, • die Klägerin habe im Januar 2013, als sie über keine gültige LPV mehr verfügte, einen Betreuungsvertrag mit diesem Klienten abgeschlossen, • Quittungsbelege seien nachträglich verändert worden, • im Jahresbericht über Vertretung seien falsche Angaben gemacht worden. All diese Punkte entsprächen den Gründen, die der Kündigung der bisherigen LPV zugrundelägen. Der Beklagte meinte, es sei eine Reihe von Mängeln sichtbar, die die Eignung der Klägerin in Abrede stellten, und dies, obwohl sie nur eine vergleichsweise kleine Anzahl von Klienten betreut habe. Es sei zu erwarten, dass sie bei mehreren Betreuten erst recht überfordert wäre. Bei Abwägung der Grundrechte der Klägerin aus Artikel 12 Abs. 1 Grundgesetz (Berufsausübungsfreiheit) und den Interessen der Allgemeinheit und der Menschen mit Behinderung im Besonderen habe unter diesen Umständen das Individualinteresse der Klägerin zurückzutreten. 10Dagegen hat die Klägerin am 26.04.2013 Klage erhoben. Sie ist der Auffassung, gegen den Beklagten einen Anspruch auf den Abschluss der begehrten LPV zu haben. Sie meint, sie erfülle die für den Abschluss vorgesehenen Voraussetzungen, sodass das dem Beklagten zustehende Ermessen auf die Verpflichtung zum Vertragsschluss reduziert sei. Die Zweifel des Beklagten an ihrer Geeignetheit und Leistungsfähigkeit und am Vorhandensein ihrer fachlichen Ressourcen und Qualitäten seien nicht begründet. Die Klägerin räumt ein, versehentlich die erbrachten Leistungen im Rahmen von Gruppenangeboten nicht richtig abgerechnet zu haben; dies bedauere sie sehr; es rechtfertige jedoch nicht eine Kündigung. Entgegen der Behauptung des Beklagten habe sie sich sehr wohl und intensiv um die weitere Betreuung des noch einzigen Klienten gekümmert. Vor dem Hintergrund, dass andere Anbieter von ambulanten Leistungen der Eingliederungshilfe zum selbstständigen Wohnen nicht in der Lage gewesen seien, den notwendigen Betreuungsbedarf kurzfristig zu leisten, habe sie mit dem Klienten im Januar 2013 einen Betreuungsvertrag abgeschlossen. Dieser sei jedoch unabhängig von dem Abschluss einer LPV zwischen ihr und dem Beklagten. Die Klägerin erklärt, dass sie die Wirksamkeit der durch den Beklagten ausgesprochenen ordentlichen Kündigung nicht anerkenne. Soweit der Beklagte zur Begründung der Ablehnung des Antrags auf Abschluss einer neuen LPV auf Schreiben vor der ordentlichen Kündigung Bezug nehme, zeige dies, dass eine eigenständige Prüfung des Antrages nicht stattgefunden habe. Der Beklagte übersehe, dass die im Rahmen des Qualitätsprüfungsverfahrens behaupteten Mängel zwar für die ordentliche Kündigung hätten herangezogen werden können, nicht jedoch unmittelbar für die Ablehnung des Abschlusses einer neuen LPV. Die Klägerin meint, dass der Beklagte, sofern nicht bereits eine Ermessensreduzierung auf Null einen Anspruch auf Abschluss der begehrten LPV begründe, zumindest ermessensfehlerhaft entschieden habe. Wenn er darauf abstelle, dass die mit der Ablehnung verbundene Einschränkung der Berufsausübungsfreiheit aus Artikel 12 Abs. 1 GG ihr nicht die Möglichkeit entziehe, ihren Lebensunterhalt durch ihren Beruf zu bestreiten, übersehe der Beklagte offensichtlich, das Artikel 12 Abs. 1 GG nicht nur die Berufsausübungsfreiheit, sondern auch die Berufswahlfreiheit stütze, welche mit der Berufungsausübungsfreiheit in dem einheitlichen Grundrecht der Berufsfreiheit aufgehe. 11Die Klägerin beantragt, 12den Beklagten zu verpflichten, mit ihr eine Leistungs- und Prüfungsvereinbarung über ambulante Leistungen der Eingliederungshilfe zum selbstständigen Wohnen zu schließen. 13Der Beklagte beantragt, 14die Klage abzuweisen. 15Er meint, die Klägerin habe – auch nach der ausgesprochenen Kündigung der bisherigen LPV – die ihr obliegenden Pflichten gemäß § 4 LPV zur Qualität der Leistung verletzt. So habe er der Klägerin mit Schreiben vom 05.03.2012 weitere Mängel zu Quittierungsbelegen und Leistungsdokumentationen mitgeteilt; am 20.04. und 07.11.2012 habe er die Klägerin auf immer noch fehlende Unterlagen hingewiesen. Für den Neuabschluss einer LPV sei sehr wohl erneut und unabhängig von der ordentlichen Kündigung geprüft worden, ob die Voraussetzungen für einen Neuabschluss vorliegen. Im Übrigen könnten die neu eingereichten Antragsunterlagen nicht losgelöst von den bis dahin vorliegenden Unterlagen gewertet werden. Wenn aber – wie im Fall der Klägerin – Zweifel bzw. erhebliche Bedenken daran bestünden, ob hilfebedürftige Leistungsberechtigte durch einen Anbieter entsprechend ihrem jeweiligen Bedarf betreut und die Ziele des ambulant betreuten Wohnens durch Hilfestellung dieses Anbieters erreicht werden könnten, so könne der Sozialhilfeträger – schon wegen seiner Verpflichtung gegenüber den Leistungsberechtigten – keine vertragliche Bindung mit diesem Anbieter eingehen. Der Beklagte hat zuletzt im Schriftsatz vom 24.03.2014 nochmals die aus seiner Sicht nach der ausgesprochenen Kündigung der bisherigen LPV aufgetretenen Qualitätsmängel dargestellt. Der Beklagte hat im Übrigen darauf hingewiesen, dass es sich bei der Kündigung der bisherigen LPV um eine ordentliche Kündigung gemäß § 10 Abs. 1 LPV gehandelt habe, die fristgerecht ausgesprochen worden sei. Der Beklagte ist der Auffassung, die Ablehnung des Antrags auf Abschluss einer neuen LPV sei im Rahmen des ihm eingeräumten Ermessens rechtmäßig erfolgt und beinhalte keinen Verstoß gegen Artikel 12 GG. 16Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Gerichtsakten S 20 SO 123/13 und S 20 SO 143/13 ER des Sozialgericht Aachen und der die Hilfeempfänger C. , H., Q., R., , U. und T. betreffenden Verwaltungsakten des Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen. 17Entscheidungsgründe: 18Die Klage ist als allgemeine Leistungsklage gem. § 54 Abs. 5 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig. Bei der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung (LPV) im Sinne von § 75 Abs. 3 SGB XII handelt es sich um einen öffentlich-rechtlichen Vertrag. Zwischen den Beteiligten besteht ein so genannter Parteienstreit im Gleichordnungsverhältnis, in dem ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hat. Mithin waren ein Vorverfahren nicht durchzuführen und die Einholung einer Klagefrist nicht geboten. 19Die Klage ist jedoch nicht begründet. 20Der Beklagte ist (derzeit) nicht verpflichtet, mit der Klägerin eine LPV im Sinne des § 75 Abs. 3 Satz 1 Nrn. 1 und 3 SGB XII für den Leistungsbereich "Ambulant Betreutes Wohnen für Menschen mit Behinderung" auf der Grundlage des Konzepts der Klägerin vom 28.12.2012 für Betreutes Wohnen (BeWo) zu schließen. Das Bewo-Konzept der Klägerin könnte zwar dem Grunde nach – ggf. nach einer Ergänzung, aus der die Zielsetzung und die Inhalte des Ambulant Betreuten Wohnens in Abgrenzung zu anderen Leistungen deutlicher und Maßnahmen der Qualitätssicherung durch entsprechende Dokumentation nachvollziehbarer werden, – eine tragfähige inhaltliche Basis für den Abschluss der begehrten LPV sein. Das Konzept vom 28.12.2012 stimmt im Wesentlichen mit dem Konzept vom 09.11.2007 überein, das seinerzeit Grundlage für die ab 01.12.2007 geschlossenen und bis 31.12.2012 wirksamen LPV´en war. Allein die inhaltliche Tragfähigkeit eines Anbieterkonzeptes begründet keinen Anspruch auf den (Neu-)Abschluss einer LPV. 21Der Abschluss einer LPV mit einem Leistungserbringer steht im gebundenen Ermessen des Sozialhilfeträgers. Es besteht weder ein Rechtsanspruch auf Abschluss der Vereinbarung noch volle Vertragsfreiheit. Der vertragsanbietende Leistungserbringer hat Anspruch auf eine pflichtgemäße Ermessensentscheidung des Leistungsträgers (h.M.; vgl. Flint in: Grube/Warendorf, SGB XII, 4. Auflage, § 75 Rn. 32; Jaritz, Juris PK-SGB XII, Rn. 44; Münder, LPK-SGB XII, 9. Auflage, § 75 Rn. 14; SG Berlin, Urteil vom 06.05.2013 – S 47 SO 843/09). Dies betrifft sowohl das "ob" als auch das "wie" der Vereinbarung. Bei der hier streitigen Entscheidung, ob eine Vereinbarung geschlossen werden soll/muss, sind die Leistungsfähigkeit und Geeignetheit des Leistungserbringers sowie die Qualität der Leistung zu prüfen. Sind diese Kriterien zu bejahen, ist das Ermessen des Leistungsträgers nicht zuletzt im Hinblick auf die durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Berufs(ausübungs)freiheit auf Null reduziert (vgl. Flint, a.a.O., Rn. 34; Münder, a.a.O., Rn. 18; Jaritz, a.a.O., Rn. 44). 22Nach Auswertung der ihr vorliegenden Akten und aller ihr bekannt gewordenen Umstände ist die Kammer unter Berücksichtigung des Vorbringens der Beteiligten zu der Überzeugung gelangt, dass die Voraussetzungen für eine Ermessensreduzierung auf Null nicht erfüllt sind und die Entscheidung der Beklagten, einen Vertragsabschluss abzulehnen, nicht ermessensfehlerhaft ist. 23Entgegen der in der zunächst noch in der Klagebegründung vertretenen Auffassung der Klägerin handelt es sich bei der am 29.02.2012 ausgesprochenen Kündigung der zuletzt bestehenden LPV zum 31.12.2012 nicht um eine "außerordentliche Kündigung nach § 78 SGB XI" sondern um eine ordentliche Kündigung unter Einhaltung der Kündigungsfrist von sechs Monaten gem. § 10 Abs. 1 der LPV. Diese Kündigung hat die Klägerin nicht mit Rechtsmitteln angegriffen. 24Grundlage der Kündigung war die wiederholte grobe Verletzung von Pflichten, die sich aus der LPV ergaben, insbesondere • die mangelhafte Erstellung von Hilfeplänen, • eine unzureichende Kooperation mit gesetzlichen Betreuern von Hilfeempfängern (mehrere Klienten der Klägerin kündigten die Betreuungsverträge mit der Klägerin aufgrund mangelnder Leistungserbringung), • Nichteinhaltung zeitlicher und inhaltlicher Vorgaben. Einzelheiten dazu sind in dem Qualitätsprüfungsbericht des Beklagten vom 15.02.2012, auf die in der Kündigung vom 29.02.2012 Bezug genommen worden ist, ausführlich beschrieben. 25Als die Klägerin am 03.01.2013 einen Antrag auf Abschluss einer neuen LPV stellte, hatten die Beteiligten zwar in den ca. zehn Monaten seit dem Ausspruch der Kündigung sowohl in allgemeiner Hinsicht als auch in Bezug auf die verschiedenen Hilfeempfänger, die Klienten der Klägerin waren, miteinander korrespondiert. Gleichwohl wurden die der Kündigung zugrundeliegenden Mängel nicht (oder nur unzureichend) abgestellt und traten noch neue Mängel hinzu. Der Beklagte hat zwar mittelbar auf die Kündigungsgründe abgestellt, in dem er sie als Maßstab für die Beurteilung des Antrags auf Abschluss einer neuen LPV genommen hat. Er hat jedoch den Abschluss einer neuen LPV nicht mit den der Kündigung zugrundeliegenden Mängeln begründet, sondern insbesondere mit Sachverhalten/Mängeln, die in der Zeit nach der Kündigung festgestellt worden sind. 26Die Kammer konnte sich durch Einsicht in die umfangreich beigezogenen Akten, die die Klägerin selbst und sechs von ihr betreute Klienten betreffen, einen Eindruck von der Art der Tätigkeit der Klägerin, der Qualität ihrer Betreuung, ihrer Zuverlässigkeit und der daran vom Beklagten geübten Kritik verschaffen. Auch die nach der Kündigung "nachgebesserten" individuellen Hilfepläne und Abrechnungen für die Hilfeempfänger C., H.- Q. R., U. und T. weisen Unschlüssigkeiten auf; abrechenbare Leistungen des Ambulant Betreuten Wohnens werden von der Klägerin nicht von anderen Leistungen abgegrenzt. Soweit ehemalige Klienten der Klägerin inzwischen von anderen BeWo-Anbietern betreut werden, fällt auf, dass die von der Klägerin seinerzeit geltend gemachte Zahl der notwendigen Fachleistungsstunden deutlich höher ist als die der neuen Anbieter, ohne dass die Notwendigkeit der häufigeren Fachleistungsstunden nachvollziehbar wäre. Dies hat dazu geführt, dass im Zuge des – erledigten – Verfahrens S 20 SO 123/13 statt der von der Klägerin in Rechnung gestellten 73.748,14 EUR für in der Vergangenheit bis 2011 liegende Betreuungsleistungen vom Beklagten erst durch Bescheide vom 13.12.2013 lediglich 11.248,45 EUR bewilligt werden konnten. 27Anschaulich werden die Mängel am Fall des Hilfeempfängers R ... Für diesen hat die Klägerin nach der Kündigung der LPV am 29.02.2012 nicht nur, wie in der mündlichen Verhandlung erörtert, den Hilfeplan vom 10.12.2012 betreffend den Zeitraum vom 01.01. bis 31.12.2013 vorgelegt, den der Beklagte für unschlüssig und unzureichend hält. Vielmehr hat die Klägerin, wie sich aus der beigezogenen Verwaltungsakte zu dem Hilfeempfänger R. ergibt, zuvor schon am 30.04.2012 einen Hilfeplan vom 21.04. 2012 betreffend den Zeitraum vom 01.02.2012 bis 31.01.2013 vorgelegt. Am 10.05.2012 musste der Beklagte die Klägerin wiederum auffordern, diesen Hilfeplan zu überarbeiten, u.a. weil dieser keine messbaren Handlungsziele aufwies, teilweise unstrukturiert war und die zeitliche Zuordnung des Betreuungsvolumens nicht nachvollziehbar war. Darauf legte die Klägerin am 14.07.2012 in Sachen R. einen weiteren überarbeiteten Hilfeplan vom 13.07.2012 vor. Die darüber am 06.09.2012 durchgeführten Hilfeplankonferenz fordert eine erneute Überarbeitung des Hilfeplans und begründete dies in zwölf Punkten: • Das Instrument des HP wurde nicht genutzt. • "Roter Faden" wird nicht erkannt ... • Es wird nicht deutlich, was konkret gemacht wird. • Maßnahmen sind abstrakt, wiederholen sich. • Gesprächsleitfaden/Beschreibung zu abstrakt, Klient nicht erkennbar. • IHP zu kleinschrittig. • Die beantragte FLS-Erhöhung ist nicht nachvollziehbar dargestellt. • Die Ziele sind nicht konkret. Beispiel: Formulierung unter Ziel 1: "braucht Unterstützung" ist keine Zielsetzung. • Die geplanten Maßnahmen können nicht erfasst werden. • Der Klient hat einen Hilfebedarf. Aus dem IHP erschließ sich nicht, welche Hilfen geleistet werden sollen. • Hilfeplan enthält zu viel fachliche Ausdrücke (Beschreibungen), ein Hilfeplan sollte einfach und nachvollziehbar geschrieben sein. • Konkretes Bild und spezifischer Bedarf sind nicht erkennbar. Dies belegt, dass die Klägerin auch nach der Kündigung vom 29.02.2012 nicht in der Lage war, einen Hilfeplan schlüssig und qualitätsgerecht zu erstellen. Besonders schwer wiegt die nachträgliche Veränderung von Quittungsbelegen, wie sie der Beklagte im Fall des Hilfeempfängers R. nachgewiesen hat. Diese nachträglichen Veränderungen sind von der Klägerin ebenfalls nach der Kündigung vom 29.02.2012 vorgenommen worden, und zwar nicht nur auf dem vom Beklagten vorgelegten und in mündlichen Verhandlung erörterten Quittierungsbeleg vom "31.3.2012", sondern – wie sich aus der beigezogenen Verwaltungsakte über den Hilfeempfänger R. ergibt – auch auf den weiteren Quittierungsbelegen vom "30.4.2012", "31.5.2012" und "30.6.2012" (vgl. Bl. 378 bis 380 der Verwaltungsakte "R."). Wenn die Klägerin diese nachträglichen Veränderungen von Abrechnungsbelegen unter Verwendung unrichtiger Datumsangaben als "Verschlimmbesserung" bezeichnet, ist dies eine eher verharmlosende Umschreibung eines höchst bedenklichen und jedenfalls vorwerfbaren Verhaltens. All dies ist nicht geeignet, die Zweifel an der Zuverlässigkeit der Klägerin auszuräumen oder nur zu mindern. 28Zusammengefasst bestehen daher nach Einschätzung der Kammer weiterhin berechtigte Zweifel an der Geeignetheit und Zuverlässigkeit der Klägerin als BeWo-Anbieterin sowie erhebliche Bedenken hinsichtlich einer erwartbaren Qualität der Betreuung von Hilfebedürftigen durch die Klägerin. Bei Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Hilfebedürftigen an einer qualifizierten Betreuung und den Interessen der Klägerin und ihren schutzwürdigen Belangen auch nach Art. 12 GG überwiegen diese Zweifel und Bedenken und stehen (derzeit) dem Abschluss einer neuen LPV entgegen. 29Ob die Klägerin in der Zukunft noch einmal eine LPV mit dem Beklagten schließen kann, hängt nicht zuletzt davon ab, ob die Klägerin berechtigte Erwartungen und ggf. konkrete sachgerechte Auflagen des Beklagten erfüllen kann. Die Kammer ist nicht der Auffassung, dass der Beklagte der Klägerin dauerhaft eine neue LPV auch dann verweigern kann, wenn diese die Voraussetzungen für einen Neuabschluss erfüllt. Hierzu bedarf aber zuvor eines Auf-Einander-Zugehens der Beteiligten. 30Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. §§ 154 Abs. 1, 161 Abs. 1, 162 Abs. 1 und 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGo). 31Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 52 Abs. 2 Gerichtskostengesetz (GKG). In einer LPV im Sinne von § 75 Abs. 3 SGB XII werden die wesentlichen Leistungsmerkmale festgelegt. Aus der Inhaltsbeschreibung der LPV lässt sich jedoch ein konkret in Geld zu bemessender Wert der Tätigkeit nicht ersehen; eine Anknüpfung an ein in Geld bemessenes wirtschaftliches Interesse allein aus der LPV erscheint daher kaum möglich, anders als bei einer – hier nicht streitgegenständlichen – Vergütungsvereinbarung. Deshalb ist es sachgerecht, den Streitwert nach dem Auffangwert des § 52 Abs. 2 GKG, also mit 5.000,00 EUR festzusetzen (LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 19.12.2006 – L 8 B 37/06 SO).
die klage wird abgewiesen. die kosten des verfahrens trägt die klägerin. der streitwert wird auf 5.000,00 eur festgesetzt. 1
2die beteiligten streiten über den abschluss einer (neuen) leistungs- und prüfungsvereinbarung für den leistungsbereich "ambulant betreutes wohnen für menschen mit behinderung". 3die am 00.00.0000 geborene klägerin ist deutsche staatsangehörige und verheiratet. nach dreijähriger ausbildung zur krankenschwester ist sie seit april 1992 als solche beschäftigt, seit januar 1993 in der klinik für psychiatrie, psychotherapie und psychosomatik des universitätsklinikums aachen, aktuell als teilzeitkraft. von oktober 2004 bis dezember 2006 übte sie daneben eine angestellte tätigkeit als fachkraft für eingliederungshilfe aus. 4auf antrag der klägerin schlossen die beteiligten erstmals am 20./29.12.2006 mit wirkung ab 01.01.2007 eine leistungs- und prüfungsvereinbarung (lpv) gemäß § 75 zwölftes buch sozialgesetzbuch (sgb xii) für den leistungsbereich "ambulant betreutes wohnen für menschen mit behinderung". am selben tag schlossen sie eine entsprechende vergütungsvereinbarung, die bis zum 31.12.2008 befristet war. in diesen vereinbarungen firmierte die klägerin unter dem namen "bewo netzwerk b.-e.-t.". am 31.10/18.11.2007 schlossen die beteiligten mit wirkung ab 01.12.2007 eine neue lpv ab; zugleich trafen sie eine entsprechende vergütungsvereinbarung, die auf den zeitraum vom 01.12.2007 bis 31.12.2008 begrenzt war. in den neuen vereinbarungen firmierte die klägerin nunmehr unter dem namen "bewo zuhause sein e.t.". zuvor hatte die klägerin dem beklagten ein konzept ihres dienstes für ambulant betreutes wohnen vom 09.11.2007 vorgelegt. am 20./29.12.2008 schlossen die beteiligten mit wirkung ab 01.01.2009 wiederum eine neue lpv; zugleich trafen sie eine entsprechende vergütungsvereinbarung, befristet bis 31.12.2009. am 11./22.03.2010 schlossen sie eine neue vergütungsvereinbarung für den zeitraum "vom 01.04.2010 bis 31.12.20101", längstens bis zum ablauf der geltungsdauer der ihr zugrundeliegenden leistungs- und prüfungsvereinbarung. nach angaben des beklagten übersandte dieser der klägerin am 17.08.2012 eine neue vergütungsvereinbarung für die zeit ab 01.07.2012; die klägerin bestreitet den zugang dieser vergütungsvereinbarung. 5am 24.02.2011 fand zwischen den beteiligten ein erstes gespräch über die qualität des bewo-dienstes der klägerin statt. anlass dafür waren u.a. das nicht fristgerechte einreichen von hilfeplänen und eine zeitlich verzögerte überarbeitung von nicht schlüssigen hilfeplänen. mit schreiben vom 25.02.2011 teilte der beklagte die aus seiner sicht bestehenden mängel mit, setzte der klägerin fristen und wies auf die zukünftige verfahrensweise hin. mit schreiben vom 10.05.2011 wies der beklagte die klägerin unter aufzeigung verschiedener beispiele darauf hin, dass aus seiner sicht die getroffenen absprachen bzw. fristen nicht eingehalten worden seien und dass das einhalten von absprachen und fristen zur qualität der leistung des betreuten wohnens gehöre. der beklagte behielt sich die geltendmachung seines kündigungsrechts vor, wenn auch zukünftig absprachen, fristen und formalien nicht eingehalten würden. in einer hilfeplankonferenz vom 24.05.2011 wurden in bezug auf einen von der klägerin betreuten hilfeempfänger weitere mängel aufgezeigt. daraufhin lud der beklagte die klägerin zwecks prüfung der qualität ihres dienstes gemäß § 7 der getroffenen lpv zu einem so genannten "qualitätsgespräch" am 17.06.2011 ein. im anschluss an dieses gespräch fasste der beklagte am selben tag gegenüber der klägerin – aus seiner sicht – das ergebnis und die vereinbarte zukünftige verfahrensweise zusammen; mit weiterem schreiben vom 21.06.2011 gab er der klägerin eine rückmeldung zu den hilfeplänen von vier hilfeempfängern, die die klägerin betreute, machte auf unstimmigkeiten aufmerksam und gab unter verweis auf das einschlägige handbuch einige anregungen. 6mit schreiben vom 18.07. und 22.08.2011 beschwerte sich bei dem beklagten eine (gesetzliche) betreuerin eines klienten der klägerin über deren arbeitsweise. 7daraufhin teilte der beklagte der klägerin mit schreiben vom 13.10.2011 die einleitung einer qualitätsprüfung gemäß § 9 lpv mit; er listete konkret neun punkte auf, die die qualitätsprüfung umfassten. am 13.12.2011 nahm die klägerin dazu stellung. am 03.01.2012 fand zwischen den beteiligten das abschlussgespräch gemäß § 9 abs. 4 lpv statt; die klägerin nahm dazu mit schreiben vom 31.01.2012 stellung. unter dem 15.02.2012 erstellte der beklagte den bericht über die prüfung gemäß § 4 abs. 4 i.v.m. § 9 lpv. gestützt auf diesen bericht kündigte der beklagte sodann mit schreiben vom 29.02.2012 die mit der klägerin seit dem 01.01.2007 bestehende lpv zum 31.12.2012. zur begründung führte er aus, es bestünden erhebliche qualitätsmängel der struktur-, prozess- und ergebnisqualität; die klägerin habe ihre sich aus der lpv ergebenden pflichten grob verletzt; es bestünden gravierende mängel in der leistungserbringung. durch die mangelhafte leistungserbringung seitens der klägerin sei die dem sozialhilfeträger obliegende pflicht zu einer gewährung bedarfsdeckender leistungen gefährdet; die festgestellten mängel seien so gravierend, dass eine verbesserung der leistungserbringung nicht zu erwarten sei; es sei nicht erkennbar, dass die klägerin künftig die gewähr für ein vertrags- und gesetzeskonformes verhalten biete; die in den letzten monaten gegebenen hinweise und ermahnungen seien leider ohne erfolg geblieben. der beklagte verwies insbesondere auf die gespräche vom februar und juni 2011 sowie den prüfbericht vom 15.02.2012. 8am 03.01.2013 beantragte die klägerin unter vorlage eines konzeptes ihres bewo-dienstes "zuhause sein" für ambulant betreutes wohnen für menschen mit behinderungen, desweiteren eines lebenslaufs, zahlreicher zeugnisse sowie weiterer unterlagen den abschluss einer neuen lpv. 9der beklagte lehnte den antrag mit schreiben vom 08.02.2013 ab. er verwies auf das kündigungsschreiben vom 29.02.2012 und den bericht über die zuvor durchgeführte qualitätsprüfung. seit der kündigung habe sich die qualität der arbeit nicht verbessert, was an folgenden punkten festzumachen sei: • es seien weiterhin unzureichende hilfepläne eingereicht und die hilfebedarfe in den hilfeplankonferenzen unschlüssig dargestellt worden, • gruppenangebote seien falsch abgerechnet worden, • trotz der gekündigten lpv habe sich die klägerin nicht bzw. nicht rechtzeitig um die weitere betreuung des hilfeempfängers gekümmert, der im jahre 2012 der einzige noch von der klägerin betreute klient gewesen sei, • die klägerin habe im januar 2013, als sie über keine gültige lpv mehr verfügte, einen betreuungsvertrag mit diesem klienten abgeschlossen, • quittungsbelege seien nachträglich verändert worden, • im jahresbericht über vertretung seien falsche angaben gemacht worden. all diese punkte entsprächen den gründen, die der kündigung der bisherigen lpv zugrundelägen. der beklagte meinte, es sei eine reihe von mängeln sichtbar, die die eignung der klägerin in abrede stellten, und dies, obwohl sie nur eine vergleichsweise kleine anzahl von klienten betreut habe. es sei zu erwarten, dass sie bei mehreren betreuten erst recht überfordert wäre. bei abwägung der grundrechte der klägerin aus artikel 12 abs. 1 grundgesetz (berufsausübungsfreiheit) und den interessen der allgemeinheit und der menschen mit behinderung im besonderen habe unter diesen umständen das individualinteresse der klägerin zurückzutreten. 10dagegen hat die klägerin am 26.04.2013 klage erhoben. sie ist der auffassung, gegen den beklagten einen anspruch auf den abschluss der begehrten lpv zu haben. sie meint, sie erfülle die für den abschluss vorgesehenen voraussetzungen, sodass das dem beklagten zustehende ermessen auf die verpflichtung zum vertragsschluss reduziert sei. die zweifel des beklagten an ihrer geeignetheit und leistungsfähigkeit und am vorhandensein ihrer fachlichen ressourcen und qualitäten seien nicht begründet. die klägerin räumt ein, versehentlich die erbrachten leistungen im rahmen von gruppenangeboten nicht richtig abgerechnet zu haben; dies bedauere sie sehr; es rechtfertige jedoch nicht eine kündigung. entgegen der behauptung des beklagten habe sie sich sehr wohl und intensiv um die weitere betreuung des noch einzigen klienten gekümmert. vor dem hintergrund, dass andere anbieter von ambulanten leistungen der eingliederungshilfe zum selbstständigen wohnen nicht in der lage gewesen seien, den notwendigen betreuungsbedarf kurzfristig zu leisten, habe sie mit dem klienten im januar 2013 einen betreuungsvertrag abgeschlossen. dieser sei jedoch unabhängig von dem abschluss einer lpv zwischen ihr und dem beklagten. die klägerin erklärt, dass sie die wirksamkeit der durch den beklagten ausgesprochenen ordentlichen kündigung nicht anerkenne. soweit der beklagte zur begründung der ablehnung des antrags auf abschluss einer neuen lpv auf schreiben vor der ordentlichen kündigung bezug nehme, zeige dies, dass eine eigenständige prüfung des antrages nicht stattgefunden habe. der beklagte übersehe, dass die im rahmen des qualitätsprüfungsverfahrens behaupteten mängel zwar für die ordentliche kündigung hätten herangezogen werden können, nicht jedoch unmittelbar für die ablehnung des abschlusses einer neuen lpv. die klägerin meint, dass der beklagte, sofern nicht bereits eine ermessensreduzierung auf null einen anspruch auf abschluss der begehrten lpv begründe, zumindest ermessensfehlerhaft entschieden habe. wenn er darauf abstelle, dass die mit der ablehnung verbundene einschränkung der berufsausübungsfreiheit aus artikel 12 abs. 1 gg ihr nicht die möglichkeit entziehe, ihren lebensunterhalt durch ihren beruf zu bestreiten, übersehe der beklagte offensichtlich, das artikel 12 abs. 1 gg nicht nur die berufsausübungsfreiheit, sondern auch die berufswahlfreiheit stütze, welche mit der berufungsausübungsfreiheit in dem einheitlichen grundrecht der berufsfreiheit aufgehe. 11die klägerin beantragt, 12den beklagten zu verpflichten, mit ihr eine leistungs- und prüfungsvereinbarung über ambulante leistungen der eingliederungshilfe zum selbstständigen wohnen zu schließen. 13der beklagte beantragt, 14die klage abzuweisen. 15er meint, die klägerin habe – auch nach der ausgesprochenen kündigung der bisherigen lpv – die ihr obliegenden pflichten gemäß § 4 lpv zur qualität der leistung verletzt. so habe er der klägerin mit schreiben vom 05.03.2012 weitere mängel zu quittierungsbelegen und leistungsdokumentationen mitgeteilt; am 20.04. und 07.11.2012 habe er die klägerin auf immer noch fehlende unterlagen hingewiesen. für den neuabschluss einer lpv sei sehr wohl erneut und unabhängig von der ordentlichen kündigung geprüft worden, ob die voraussetzungen für einen neuabschluss vorliegen. im übrigen könnten die neu eingereichten antragsunterlagen nicht losgelöst von den bis dahin vorliegenden unterlagen gewertet werden. wenn aber – wie im fall der klägerin – zweifel bzw. erhebliche bedenken daran bestünden, ob hilfebedürftige leistungsberechtigte durch einen anbieter entsprechend ihrem jeweiligen bedarf betreut und die ziele des ambulant betreuten wohnens durch hilfestellung dieses anbieters erreicht werden könnten, so könne der sozialhilfeträger – schon wegen seiner verpflichtung gegenüber den leistungsberechtigten – keine vertragliche bindung mit diesem anbieter eingehen. der beklagte hat zuletzt im schriftsatz vom 24.03.2014 nochmals die aus seiner sicht nach der ausgesprochenen kündigung der bisherigen lpv aufgetretenen qualitätsmängel dargestellt. der beklagte hat im übrigen darauf hingewiesen, dass es sich bei der kündigung der bisherigen lpv um eine ordentliche kündigung gemäß § 10 abs. 1 lpv gehandelt habe, die fristgerecht ausgesprochen worden sei. der beklagte ist der auffassung, die ablehnung des antrags auf abschluss einer neuen lpv sei im rahmen des ihm eingeräumten ermessens rechtmäßig erfolgt und beinhalte keinen verstoß gegen artikel 12 gg. 16wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den inhalt der zwischen den beteiligten gewechselten schriftsätze und den sonstigen inhalt der gerichtsakte sowie der beigezogenen gerichtsakten s 20 so 123/13 und s 20 so 143/13 er des sozialgericht aachen und der die hilfeempfänger c. , h., q., r., , u. und t. betreffenden verwaltungsakten des beklagten, die gegenstand der mündlichen verhandlung gewesen sind, bezug genommen. 17
18die klage ist als allgemeine leistungsklage gem. § 54 abs. 5 sozialgerichtsgesetz (sgg) zulässig. bei der leistungs- und prüfungsvereinbarung (lpv) im sinne von § 75 abs. 3 sgb xii handelt es sich um einen öffentlich-rechtlichen vertrag. zwischen den beteiligten besteht ein so genannter parteienstreit im gleichordnungsverhältnis, in dem ein verwaltungsakt nicht zu ergehen hat. mithin waren ein vorverfahren nicht durchzuführen und die einholung einer klagefrist nicht geboten. 19die klage ist jedoch nicht begründet. 20der beklagte ist (derzeit) nicht verpflichtet, mit der klägerin eine lpv im sinne des § 75 abs. 3 satz 1 nrn. 1 und 3 sgb xii für den leistungsbereich "ambulant betreutes wohnen für menschen mit behinderung" auf der grundlage des konzepts der klägerin vom 28.12.2012 für betreutes wohnen (bewo) zu schließen. das bewo-konzept der klägerin könnte zwar dem grunde nach – ggf. nach einer ergänzung, aus der die zielsetzung und die inhalte des ambulant betreuten wohnens in abgrenzung zu anderen leistungen deutlicher und maßnahmen der qualitätssicherung durch entsprechende dokumentation nachvollziehbarer werden, – eine tragfähige inhaltliche basis für den abschluss der begehrten lpv sein. das konzept vom 28.12.2012 stimmt im wesentlichen mit dem konzept vom 09.11.2007 überein, das seinerzeit grundlage für die ab 01.12.2007 geschlossenen und bis 31.12.2012 wirksamen lpv´en war. allein die inhaltliche tragfähigkeit eines anbieterkonzeptes begründet keinen anspruch auf den (neu-)abschluss einer lpv. 21der abschluss einer lpv mit einem leistungserbringer steht im gebundenen ermessen des sozialhilfeträgers. es besteht weder ein rechtsanspruch auf abschluss der vereinbarung noch volle vertragsfreiheit. der vertragsanbietende leistungserbringer hat anspruch auf eine pflichtgemäße ermessensentscheidung des leistungsträgers (h.m.; vgl. flint in: grube/warendorf, sgb xii, 4. auflage, § 75 rn. 32; jaritz, juris pk-sgb xii, rn. 44; münder, lpk-sgb xii, 9. auflage, § 75 rn. 14; sg berlin, urteil vom 06.05.2013 – s 47 so 843/09). dies betrifft sowohl das "ob" als auch das "wie" der vereinbarung. bei der hier streitigen entscheidung, ob eine vereinbarung geschlossen werden soll/muss, sind die leistungsfähigkeit und geeignetheit des leistungserbringers sowie die qualität der leistung zu prüfen. sind diese kriterien zu bejahen, ist das ermessen des leistungsträgers nicht zuletzt im hinblick auf die durch art. 12 abs. 1 gg geschützte berufs(ausübungs)freiheit auf null reduziert (vgl. flint, a.a.o., rn. 34; münder, a.a.o., rn. 18; jaritz, a.a.o., rn. 44). 22nach auswertung der ihr vorliegenden akten und aller ihr bekannt gewordenen umstände ist die kammer unter berücksichtigung des vorbringens der beteiligten zu der überzeugung gelangt, dass die voraussetzungen für eine ermessensreduzierung auf null nicht erfüllt sind und die entscheidung der beklagten, einen vertragsabschluss abzulehnen, nicht ermessensfehlerhaft ist. 23entgegen der in der zunächst noch in der klagebegründung vertretenen auffassung der klägerin handelt es sich bei der am 29.02.2012 ausgesprochenen kündigung der zuletzt bestehenden lpv zum 31.12.2012 nicht um eine "außerordentliche kündigung nach § 78 sgb xi" sondern um eine ordentliche kündigung unter einhaltung der kündigungsfrist von sechs monaten gem. § 10 abs. 1 der lpv. diese kündigung hat die klägerin nicht mit rechtsmitteln angegriffen. 24grundlage der kündigung war die wiederholte grobe verletzung von pflichten, die sich aus der lpv ergaben, insbesondere • die mangelhafte erstellung von hilfeplänen, • eine unzureichende kooperation mit gesetzlichen betreuern von hilfeempfängern (mehrere klienten der klägerin kündigten die betreuungsverträge mit der klägerin aufgrund mangelnder leistungserbringung), • nichteinhaltung zeitlicher und inhaltlicher vorgaben. einzelheiten dazu sind in dem qualitätsprüfungsbericht des beklagten vom 15.02.2012, auf die in der kündigung vom 29.02.2012 bezug genommen worden ist, ausführlich beschrieben. 25als die klägerin am 03.01.2013 einen antrag auf abschluss einer neuen lpv stellte, hatten die beteiligten zwar in den ca. zehn monaten seit dem ausspruch der kündigung sowohl in allgemeiner hinsicht als auch in bezug auf die verschiedenen hilfeempfänger, die klienten der klägerin waren, miteinander korrespondiert. gleichwohl wurden die der kündigung zugrundeliegenden mängel nicht (oder nur unzureichend) abgestellt und traten noch neue mängel hinzu. der beklagte hat zwar mittelbar auf die kündigungsgründe abgestellt, in dem er sie als maßstab für die beurteilung des antrags auf abschluss einer neuen lpv genommen hat. er hat jedoch den abschluss einer neuen lpv nicht mit den der kündigung zugrundeliegenden mängeln begründet, sondern insbesondere mit sachverhalten/mängeln, die in der zeit nach der kündigung festgestellt worden sind. 26die kammer konnte sich durch einsicht in die umfangreich beigezogenen akten, die die klägerin selbst und sechs von ihr betreute klienten betreffen, einen eindruck von der art der tätigkeit der klägerin, der qualität ihrer betreuung, ihrer zuverlässigkeit und der daran vom beklagten geübten kritik verschaffen. auch die nach der kündigung "nachgebesserten" individuellen hilfepläne und abrechnungen für die hilfeempfänger c., h.- q. r., u. und t. weisen unschlüssigkeiten auf; abrechenbare leistungen des ambulant betreuten wohnens werden von der klägerin nicht von anderen leistungen abgegrenzt. soweit ehemalige klienten der klägerin inzwischen von anderen bewo-anbietern betreut werden, fällt auf, dass die von der klägerin seinerzeit geltend gemachte zahl der notwendigen fachleistungsstunden deutlich höher ist als die der neuen anbieter, ohne dass die notwendigkeit der häufigeren fachleistungsstunden nachvollziehbar wäre. dies hat dazu geführt, dass im zuge des – erledigten – verfahrens s 20 so 123/13 statt der von der klägerin in rechnung gestellten 73.748,14 eur für in der vergangenheit bis 2011 liegende betreuungsleistungen vom beklagten erst durch bescheide vom 13.12.2013 lediglich 11.248,45 eur bewilligt werden konnten. 27anschaulich werden die mängel am fall des hilfeempfängers r ... für diesen hat die klägerin nach der kündigung der lpv am 29.02.2012 nicht nur, wie in der mündlichen verhandlung erörtert, den hilfeplan vom 10.12.2012 betreffend den zeitraum vom 01.01. bis 31.12.2013 vorgelegt, den der beklagte für unschlüssig und unzureichend hält. vielmehr hat die klägerin, wie sich aus der beigezogenen verwaltungsakte zu dem hilfeempfänger r. ergibt, zuvor schon am 30.04.2012 einen hilfeplan vom 21.04. 2012 betreffend den zeitraum vom 01.02.2012 bis 31.01.2013 vorgelegt. am 10.05.2012 musste der beklagte die klägerin wiederum auffordern, diesen hilfeplan zu überarbeiten, u.a. weil dieser keine messbaren handlungsziele aufwies, teilweise unstrukturiert war und die zeitliche zuordnung des betreuungsvolumens nicht nachvollziehbar war. darauf legte die klägerin am 14.07.2012 in sachen r. einen weiteren überarbeiteten hilfeplan vom 13.07.2012 vor. die darüber am 06.09.2012 durchgeführten hilfeplankonferenz fordert eine erneute überarbeitung des hilfeplans und begründete dies in zwölf punkten: • das instrument des hp wurde nicht genutzt. • "roter faden" wird nicht erkannt ... • es wird nicht deutlich, was konkret gemacht wird. • maßnahmen sind abstrakt, wiederholen sich. • gesprächsleitfaden/beschreibung zu abstrakt, klient nicht erkennbar. • ihp zu kleinschrittig. • die beantragte fls-erhöhung ist nicht nachvollziehbar dargestellt. • die ziele sind nicht konkret. beispiel: formulierung unter ziel 1: "braucht unterstützung" ist keine zielsetzung. • die geplanten maßnahmen können nicht erfasst werden. • der klient hat einen hilfebedarf. aus dem ihp erschließ sich nicht, welche hilfen geleistet werden sollen. • hilfeplan enthält zu viel fachliche ausdrücke (beschreibungen), ein hilfeplan sollte einfach und nachvollziehbar geschrieben sein. • konkretes bild und spezifischer bedarf sind nicht erkennbar. dies belegt, dass die klägerin auch nach der kündigung vom 29.02.2012 nicht in der lage war, einen hilfeplan schlüssig und qualitätsgerecht zu erstellen. besonders schwer wiegt die nachträgliche veränderung von quittungsbelegen, wie sie der beklagte im fall des hilfeempfängers r. nachgewiesen hat. diese nachträglichen veränderungen sind von der klägerin ebenfalls nach der kündigung vom 29.02.2012 vorgenommen worden, und zwar nicht nur auf dem vom beklagten vorgelegten und in mündlichen verhandlung erörterten quittierungsbeleg vom "31.3.2012", sondern – wie sich aus der beigezogenen verwaltungsakte über den hilfeempfänger r. ergibt – auch auf den weiteren quittierungsbelegen vom "30.4.2012", "31.5.2012" und "30.6.2012" (vgl. bl. 378 bis 380 der verwaltungsakte "r."). wenn die klägerin diese nachträglichen veränderungen von abrechnungsbelegen unter verwendung unrichtiger datumsangaben als "verschlimmbesserung" bezeichnet, ist dies eine eher verharmlosende umschreibung eines höchst bedenklichen und jedenfalls vorwerfbaren verhaltens. all dies ist nicht geeignet, die zweifel an der zuverlässigkeit der klägerin auszuräumen oder nur zu mindern. 28zusammengefasst bestehen daher nach einschätzung der kammer weiterhin berechtigte zweifel an der geeignetheit und zuverlässigkeit der klägerin als bewo-anbieterin sowie erhebliche bedenken hinsichtlich einer erwartbaren qualität der betreuung von hilfebedürftigen durch die klägerin. bei abwägung der interessen der allgemeinheit und der hilfebedürftigen an einer qualifizierten betreuung und den interessen der klägerin und ihren schutzwürdigen belangen auch nach art. 12 gg überwiegen diese zweifel und bedenken und stehen (derzeit) dem abschluss einer neuen lpv entgegen. 29ob die klägerin in der zukunft noch einmal eine lpv mit dem beklagten schließen kann, hängt nicht zuletzt davon ab, ob die klägerin berechtigte erwartungen und ggf. konkrete sachgerechte auflagen des beklagten erfüllen kann. die kammer ist nicht der auffassung, dass der beklagte der klägerin dauerhaft eine neue lpv auch dann verweigern kann, wenn diese die voraussetzungen für einen neuabschluss erfüllt. hierzu bedarf aber zuvor eines auf-einander-zugehens der beteiligten. 30die kostenentscheidung beruht auf § 197a abs. 1 satz 1 sgg i.v.m. §§ 154 abs. 1, 161 abs. 1, 162 abs. 1 und 2 verwaltungsgerichtsordnung (vwgo). 31die streitwertfestsetzung beruht auf § 197a abs. 1 satz 1 sgg i.v.m. § 52 abs. 2 gerichtskostengesetz (gkg). in einer lpv im sinne von § 75 abs. 3 sgb xii werden die wesentlichen leistungsmerkmale festgelegt. aus der inhaltsbeschreibung der lpv lässt sich jedoch ein konkret in geld zu bemessender wert der tätigkeit nicht ersehen; eine anknüpfung an ein in geld bemessenes wirtschaftliches interesse allein aus der lpv erscheint daher kaum möglich, anders als bei einer – hier nicht streitgegenständlichen – vergütungsvereinbarung. deshalb ist es sachgerecht, den streitwert nach dem auffangwert des § 52 abs. 2 gkg, also mit 5.000,00 eur festzusetzen (lsg niedersachsen-bremen, beschluss vom 19.12.2006 – l 8 b 37/06 so).
Verklagte*r
0
116,274
2 K 867/15
2016-11-10T00:00:00
Urteil
Tenor Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des Vollstreckungsbetrages abwenden, wenn nicht das beklagte Land vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. 1 Tatbestand: 2Der Kläger wendet sich gegen die Anordnung einer Geschwindigkeitsbegrenzung auf 100 km/h auf der Bundesautobahn 2 in Bielefeld, Fahrtrichtung Hannover, durch das Verkehrszeichen 274-60 für die Strecke zwischen Autobahnkilometer 330, 825 und 327, 790, am sogenannten „Bielefelder Berg“. 3Der in Gütersloh wohnhafte Kläger passierte - nach eigenen insoweit unbestrittenen Angaben - dieses Verkehrszeichen erstmals am 22.08.2014 um 4.52 Uhr. Dabei wurde durch die installierte Verkehrsüberwachungsanlage aufgezeichnet, dass der Kläger die durch das Verkehrszeichen angeordnete Höchstgeschwindigkeit überschritten hatte. Dies führte zu einem Ordnungswidrigkeitenverfahren, das inzwischen abgeschlossen ist. 4Der Kläger hat am 25.03.2015 Klage vor dem W. erhoben, mit der er die Aufhebung der durch das Verkehrszeichen angeordneten Geschwindigkeitsbegrenzung auf 100 km/h begehrt. 5Zur Begründung führt er aus, die Anordnung des streitgegenständlichen Verkehrszeichens sei rechtswidrig gewesen, zumindest aber rechtswidrig geworden und verletze den Kläger in seinen Rechten, insbesondere in seinem Grundrecht der allgemeinen Handlungsfreiheit und zwar in der Gestalt des straßenverkehrsrechtlichen Rechts, eine Autobahn im Grundsatz ohne Einhaltung einer Höchstgeschwindigkeit befahren zu dürfen. Die Voraussetzungen für die Errichtung des Verkehrszeichens hätten weder zum Zeitpunkt ihrer Anordnung vorgelegen noch lägen sie derzeit vor. Zudem sei die zu treffende Ermessensentscheidung fehlerhaft gewesen. So behaupte die Beklagte, dass das streitige Verkehrszeichen bereits vor 1980 erstmalig angeordnet worden sei. Die Beklagte könne jedoch keinerlei Unterlagen vorlegen, aus denen sich die Anordnung des streitgegenständlichen Verkehrszeichens ergebe. Deshalb könne auch nur bestritten werden, dass die damals zuständige Behörde ein Ermessen ausgeübt habe. Darüber hinaus sei unstreitig in den neunziger Jahren eine neue Fahrspur für jede Fahrtrichtung hinzugekommen, was die Flüssigkeit des Straßenverkehrs und die Sicherheit auf der Autobahn insbesondere im Hinblick auf den hervorgehobenen Schwerlastverkehr deutlich verbessert habe. Auch die Übersichtlichkeit der Strecke habe damit zugenommen und die Unfallzahlen seien rapide zurückgegangen. 6Die von der Beklagtenseite behauptete Gefahrensituation sei keine Gefahrensituation aus sich heraus. Denn die Strecke sei bei Beachtung der Grundregeln der Straßenverkehrsordnung völlig ungefährlich, wenn sich derjenige, der am Verkehr teilnehme, so verhalte, dass kein anderer geschädigt, gefährdet oder mehr als nach den Umständen unvermeidbar behindert oder belästigt werde. Dann bestehe nämlich für keinerlei Rechtsgut eine Gefahr. Um die Aufstellung eines Verkehrszeichens zu rechtfertigen, sei es damit erforderlich, dass die Straßenverkehrsbehörde konkret darlege, welches konkrete Fehlverhalten in der Örtlichkeit mit einer besonderen Streckenführung die konkrete Gefahr hervorrufe. Unter dieser Voraussetzung sei bereits fraglich, wie gefährlich die Streckenführung am „Bielefelder Berg“ überhaupt sei. Denn die Beklagte gestehe zu, dass die Unfallzahlen auf den relevanten Streckenabschnitten nicht auffällig seien. Die vorgeschriebene Geschwindigkeit sei allerdings, wie sich aus den über die Verkehrsüberwachung ermittelten Zahlen der Stadt Bielefeld ergebe, in den Jahren 2009 bis 2014 690.778 Mal nicht beachtet worden. Wenn dennoch keine auffälligen Unfallzahlen festgestellt werden könnten, sei dies ein deutlicher Beleg dafür, dass die Geschwindigkeitsbegrenzung auf 100 km/h zu niedrig bemessen und daher nicht zwingend geboten i.S.d. StVO sei. Insgesamt stelle die Bundesanstalt für Straßenwesen eine positive Entwicklung der Straßenverkehrsunfälle seit den achtziger Jahren fest. So habe sich trotz einer knappen Verdreifachung der Fahrleistung der Kraftfahrzeuge auf Bundesautobahnen ein kontinuierlicher Rückgang der Gefahr für das Rechtsgut Leben gezeigt. Die Zahl der ums Leben gekommenen Personen sei zwischen 1980 und 2014 um ca. 30 Prozent gefallen. Gleiches gelte für die Zahl der Verletzten. Ebenso habe sich die bundesweite Unfallquote der Unfälle ohne Personenschaden reduziert. Die auf den Straßen befindliche Fahrzeugflotte habe deutlich ihre Verkehrssicherheit verbessert. ABS und Airbags gehörten ebenso zum heutigen Standard wie Xenonscheinwerfer, Bremsassistenzsysteme und Außenspiegel, die den toten Winkel besser erfassten. Auch die Verjüngung der gesamten Fahrzeugflotte durch immer mehr Neufahrzeuge habe den Sicherheitsstandard erheblich verbessert. Das beklagte Land habe nicht erklärt, oder auch nur behauptet, dass sich die Unfallsituation am „Bielefelder Berg“ dieser jahrelangen positiven Entwicklung entziehe. Die vor langer Zeit angeordnete Geschwindigkeitsbegrenzung sei im Lichte dieser Entwicklung niemals kritisch hinterfragt worden. 7Im Übrigen werde bestritten, dass der Kurvenradius der Linkskurve am Bielefelder Berg 800 Meter betrage. Darüber hinaus ergebe sich hieraus auch keine Gefahrensituation. Zudem werde bestritten, dass die streitgegenständliche Strecke ein Längsgefälle von 4 bis 4,5 Prozent aufweise und dies eine besondere Gefahrensituation darstelle. Im Übrigen bewiesen die ca. 120.000 Verstöße gegen die Geschwindigkeitsbegrenzung bei fehlender Unfallhäufung deutlich, dass die Annahme des beklagten Landes nicht zutreffe, dass eine erforderliche Haltestrecke bei Nässe nur bei der angeordneten Geschwindigkeit eingehalten werden könne. Insofern könne auch nicht von einer höheren Gefährdung durch geringe Knotenpunktabstände gesprochen werden. Der vom beklagten Land angeführten Gefährdung durch den Schwerlastverkehrsanteil könne auch durch ein Lkw-Überholverbot Rechnung getragen werden. Dies wäre ein milderes Mittel, das wirksamer sei als die gewählte Geschwindigkeitsbegrenzung für Pkw. Wegen der Nichtberücksichtigung dieser Möglichkeiten habe die Behörde auch ihr Ermessen fehlerhaft ausgeübt. 8Soweit sich das beklagte Land auf die von Straßen.NRW errechneten Haltesichtweiten beziehe, würden diese bestritten. Dazu werde bestritten, dass diese Weiten mit den Formeln der Richtlinien für die Anlage von Autobahnen ermittelt worden seien. Zudem seien die mit den Formeln dieser Richtlinien zu ermittelnden Haltesichtweiten nicht mit den tatsächlich wahrnehmbaren Werten identisch. Die vorgelegten Dokumente und Stellungnahmen von Straßen.NRW seien nichts anderes als Parteivortrag. Die Art und Weise der Ermittlung der Daten, auf die sich diese Stellungnahme stützten, seien nicht zur Verfügung gestellt worden. Es sei daher Anlass zur kritischen Betrachtung gegeben. Darüber hinaus seien die Haltesichtweiten nicht tatsächlich gemessen worden. 9Der Kläger beantragt, 10die Anordnung einer Geschwindigkeitsbegrenzung von 100 km/h durch die Verkehrszeichen 274 auf der Bundesautobahn 2 zwischen Dortmund und Herford, in Fahrtrichtung Herford zwischen Kreuz Bielefeld-Süd und Abfahrt Bielefeld-Mitte aufzuheben 11hilfsweise festzustellen, dass die Anordnung der Verkehrszeichen bei km 330,825 und 328,200 ohne Anordnung erfolgt ist. 12Das beklagte Land beantragt, 13die Klage abzuweisen, 14hilfsweise, dem beklagten Land nachzulassen, auf den Schriftsatz des Klägers vom 08.11.2016 eine Erwiderungsfrist von einem Monat einzuräumen. 15Das beklagte Land ist der Auffassung, die Anordnung der Geschwindigkeitsbegrenzung sei gem. § 45 Abs. 1 und Abs. 9 der Straßenverkehrsordnung zu Recht angeordnet worden, da aufgrund der besonderen örtlichen Verhältnisse eine Gefahrenlage bestehe, die das allgemeine Risiko einer Beeinträchtigung der geschützten Rechtsgüter erheblich übersteige. Dazu reiche es nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts aus, dass eine entsprechende konkrete Gefahr bestehe, die sich aus den besonderen örtlichen Verhältnissen ergebe. Diese Besonderheit der örtlichen Verhältnisse zeige sich in der Streckenführung, dem Ausbauzustand, der hohen Verkehrsbelastung und dem hohen Lkw-Anteil dieses Streckenabschnittes. 16Die Bundesautobahn 2 sei in den dreißiger Jahren des letzten Jahrhunderts entstanden. Damals sei sie als sogenannte Flachlandstrecke für eine Berechnungsgeschwindigkeit von 160 km/h und mit Mindestkurvenradien von 2.000 Metern und einer Maximallängsneigung von 2,5 Prozent konzipiert worden. Lediglich im Abschnitt zwischen Bielefeld und Bad Nenndorf sei von diesen Trassierungsvorgaben aufgrund der topografischen Gegebenheiten abgewichen worden. Diese Linienführung sei auch bei mehrmaligem Ausbau der Autobahn und massiver Veränderung des Querschnittes - so bei der Erweiterung auf 6 Fahrstreifen in den neunziger Jahren - im Wesentlichen beibehalten worden. Im hier fraglichen Abschnitt träfen mehrere Streckenmerkmale zusammen, von denen jede für sich bereits eine besondere Gefahrensituation begründe. Die von der Geschwindigkeitsbegrenzung betroffene Strecke weise einen relativ engen Kurvenradius in Form einer Linkskurve mit einem Radius von 800 Metern auf. Dieser liege unterhalb des bei Fernautobahnen als notwendig erachteten Mindestradius von 900 Metern. Der Streckenabschnitt weise zudem ein starkes Längsgefälle von bis zu 4 Prozent, teilweise sogar 4,5 Prozent auf. Dieser Wert liege im Grenzbereich der Höchstlängsneigung von 4 Prozent, wie sie die Richtlinien für die Anlage von Autobahnen vorsähen. Ein starkes Gefälle stelle ein Risiko für die Verkehrssicherheit dar und sei häufig ursächlich für erhöhtes Unfallaufkommen. Aufgrund dieser besonderen Trassierungsmerkmale könnten in 2 Teilbereichen des geschwindigkeitsbeschränkten Streckenabschnitts die erforderlichen Haltesichtweiten bei Nässe nur eingehalten werden, wenn dort mit einer Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h gefahren werde. Dies sei die Strecke, die ein Kraftfahrer benötige, um bei nasser Fahrbahn vor einem unerwartet auftretenden Hindernis rechtzeitig anzuhalten. Darüber hinaus befinde sich der geschwindigkeitsbeschränkte Abschnitt in einem Teilbereich mit nur geringen Knotenpunktabständen. Die Richtlinien sähen bei Fernautobahnen einen Mindestabstand der Knotenpunkte von 8 km vor. Der Abstand zwischen dem Kreuz Bielefeld und der Anschlussstelle Bielefeld-Süd betrage 2,3 km und der Abstand zwischen den Anschlussstellen Bielefeld-Süd und Bielefeld-Ost 6,2 km/h. Die Eigenheiten des Streckenverlaufs seien insgesamt für die Kraftfahrer nicht ohne Weiteres erkennbar. Darüber hinaus zeige das Verkehrsaufkommen, belegt durch die Zählstelle Bielefeld, die rund 4 km vor Beginn des Tempo-100-Bereiches installiert sei, dass das Verkehrsaufkommen um fast 50 Prozent höher sei als im Landesdurchschnitt. Davon entfalle ein über den Durchschnitt liegender Anteil auf den Schwerverkehr. Aus dieser hohen Gesamtverkehrsbelastung in Kombination mit dem hohen Schwerverkehrsanteil resultiere eine besondere Gefahrensituation. 17Die Geschwindigkeitsbegrenzung am Bielefelder Berg existiere bereits seit vielen Jahren und die Notwendigkeit der Anordnung werde regelmäßig überprüft. Die letzte Verkehrsschau sei am 30.01.2014 durchgeführt worden. Die Geschwindigkeitsbegrenzung habe sich bewährt und sei auch ermessensgerecht, die Geschwindigkeitsbegrenzung sei zur Abwehr der genannten Gefahren erforderlich und ein milderes Mittel zur Gefahrenabwehr stehe nicht zur Verfügung. 18Soweit sich der Kläger auf Vorgänge beziehe, die sich mit der Einrichtung einer stationären Geschwindigkeitsüberwachungsanlage befasse, seien diese für die Anordnung der Geschwindigkeitsbegrenzung ohne Belang. Auch wenn sich die Sicherheitstechnik seit 1980 verbessert habe, könnten dadurch nicht die bestehenden Gefahren beseitigt werden. Abgesehen davon gebe es auch noch Fahrzeuge ohne Airbag, ohne ABS, ohne Xenonscheinwerfer und Navigationsgeräte. 19Das beklagte Land hat einen Höhenplan der Autobahnniederlassung Hamm des Landesbetriebes Straßenbau NRW vom 20.04.2016 vorgelegt, in dem auf Grundlage der in der Autobahnniederlassung vorliegenden Gradientendaten die Längsneigungen und Kurvenradien im Maßstab 1 ./. 5000 bzw. 1 ./. 500 eingetragen sind. Hinsichtlich der Verkehrsdichte werde auf die Daten der Straßenverkehrszählung aus dem Jahr 2010 verwiesen. Die Ergebnisse der Straßenverkehrszählung des Jahres 2015 lägen zurzeit nicht vor. Darüber hinaus seien auf dem ostwestfälischen Teil der A2 insgesamt 3 Dauerzählstellen installiert, nämlich die Zählstellen „Bielefeld“ zwischen dem Autobahnkreuz Bielefeld und der Anschlussstelle Bielefeld-Süd, „Bad Oeynhausen“ zwischen dem Autobahnkreuz Bad Oeynhausen und der Anschlussstelle Porta Westfalica und „Oelde“ zwischen der Anschlussstelle Oelde und der Anschlussstelle Herzebrock-Clarholz. Aus den dort ermittelten Werten werde ersichtlich, dass der durchschnittliche tägliche Verkehr in den einzelnen Jahren sich jeweils nur geringfügig gegenüber dem jeweiligen Vorjahr verändert habe. Es sei daher auch für den fraglichen Abschnitt davon auszugehen, dass sich der DTV-Wert seit 2010 nur in geringem Maße verändert habe. Aus diesem Grund könnten die DTV-Werte des Jahres 2010 auch heute noch zur Beurteilung des Verkehrsgeschehens herangezogen werden. 20Hinsichtlich der Haltesichtweiten gehe aus einer Stellungnahme des Landesbetriebes Straßenbau NRW vom 28.07.2016 hervor, dass in einem 730 m langen Abschnitt wie in einem weiteren 90 m langen Abschnitt die erforderlichen Haltesichtweiten nicht eingehalten werden könnten. Maßgebliches Sichthindernis sei in diesen Abschnitten die Betonschutzwand auf dem Mittelstreifen. 21Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsvorgänge der Beklagten, die Gegenstände der mündlichen Verhandlungen vom 07.04.2016 sowie vom 10.11.2016 waren. 22Entscheidungsgründe: 23Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. 24Die streitgegenständliche Anordnung einer Geschwindigkeitsbegrenzung von 100 km/h durch die Verkehrszeichen 274 auf der Bundesautobahn 2 zwischen Dortmund und Herford in Fahrtrichtung Herford zwischen Kreuz Bielefeld-Süd und Abfahrt Bielefeld-Mitte erweist sich als rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO –). 25Die Verkehrszeichen, gegen die sich der Kläger wendet, stellen Verwaltungsakte in Form einer Allgemeinverfügung nach § 35 Satz 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes – VwVfG - mit Dauerwirkung dar. 26Vgl. BVerwG, Urteil vom 11.12.1996 – 11 C.95 –, in: juris. 27Die der Aufstellung der Verkehrszeichen vorgelagerte verkehrsrechtliche Anordnung der Straßenverkehrsbehörde, auf der die Aufstellung der Verkehrszeichen beruht, enthält vor der Aufstellung der Verkehrszeichen noch keine Regelung mit unmittelbarer Außenwirkung gegenüber den betroffenen Verkehrsteilnehmern oder Anliegern und kann daher von diesen auch nicht durch Anfechtungsklage angegriffen werden. Erst durch Aufstellung der Verkehrszeichen erfolgt die öffentliche Bekanntmachung durch Anbringung (§§ 39 Abs. 2 und 3, 45 Abs. 4 der Straßenverkehrsordnung – StVO –) des Verkehrszeichens. Erst mit der Aufstellung der entsprechenden Verkehrszeichen tritt die verkehrsrechtliche Anordnung auch in Richtung auf Anlieger und Verkehrsteilnehmer nach außen hervor und betrifft sie in ihrer Rechtstellung. 28So BVerwG, Urteil vom 09.09.1993 – 11 C 37.92 –; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 20.10.1994 – 5 S 474/94 –, beide veröffentlicht in juris. 29Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist somit die angeordnete Geschwindigkeitsbegrenzung, nicht jedoch der sogenannte „Blitzer“ also die Verkehrsüberwachungsanlage, die mangels Außenwirkung kein Verwaltungsakt ist und damit nicht mit einer Anfechtungsklage beseitigt werden kann. Sie hat vielmehr lediglich die Funktion eines Beweismittels im Ordnungswidrigkeitenverfahren. 30Die Anfechtungsklage richtet sich somit zutreffend gegen die verkehrsrechtliche Anordnung der C. E. , die durch die Aufstellung von Verkehrszeichen bekannt gemacht ist. Die durch Verkehrszeichen getroffenen verkehrsrechtlichen Anordnungen fallen nach gefestigter Rechtsprechung unter § 80 Abs. 2 Nr. 2 VwGO und sind deshalb von Gesetzes wegen sofort vollziehbar. 31BVerwG, Beschluss vom 07.11.1977 – VII B 135.77 –, in: juris. 32Die C. E. ist gem. § 6 Abs. 2 der Verordnung über die Bestimmung der zuständigen Behörden nach der Straßenverkehrsordnung des Landes Nordrhein-Westfalen für die Verkehrszeichen auf Autobahnen zuständig. Für den Ausgang des Verfahrens ist es nach Auffassung des Gerichts vorliegend unerheblich, dass sich die verkehrsbehördliche Anordnung, die zur Aufstellung der streitigen Verkehrszeichen – nach Angaben der C. E. in den frühen siebziger Jahren – geführt hat, nicht mehr in Schriftform auffinden lässt. Soweit der Kläger daraus offenbar den Schluss zieht, es fehle an einer zugrundeliegenden Anordnung der C. E. und die Aufstellung der beanstandeten Verkehrszeichen sei somit ohne rechtliche Grundlage, vermag das Gericht ihm nicht zu folgen. Denn vorliegend ergibt es sich ohne jeden Zweifel, dass die Aufstellung der Verkehrszeichen mit Wissen und Wollen der zuständigen Verkehrsbehörde erfolgt ist. So ergibt sich aus den in den Verwaltungsvorgängen der C. enthaltenen Schreiben vom 05.12.2008 sowie vom 22.01.2009 betreffend die Anordnung der hier streitigen Verkehrszeichen sowie eines Zusatzzeichens „Radarkontrolle“, dass die Straßenverkehrsbehörde die aus den siebziger Jahren stammende Geschwindigkeitsbegrenzung einer laufenden Überprüfung unterzogen hat und entsprechend – wie auch die vorliegende Klage zeigt – an ihr festhält. Damit ergeben sich jedoch keine Zweifel daran, dass die Geschwindigkeitsbegrenzung auf wissentlichem und gewolltem Handeln der Straßenverkehrsbehörde beruht. 33Als Verkehrsteilnehmer, den dieses Gebot bzw. Verbot betrifft, ist der Kläger klagebefugt i.S.d. § 42 Abs. 2 VwGO. 34Die Klage ist auch rechtzeitig erhoben. Nach § 74 Abs. 1 Satz 2 VwGO ist die Klage innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe zu erheben, wenn – wie hier nach § 110 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes über die Justiz im Lande Nordrhein-Westfalen – JustG NRW – i.V.m. § 68 Abs. 1 Satz 2 VwGO – die Durchführung eines Widerspruchsverfahrens nicht erforderlich ist. Die Bekanntgabe erfolgt – wie oben dargelegt – durch Aufstellung des Verkehrsschildes. Sind Verkehrszeichen so aufgestellt oder angebracht, dass sie ein durchschnittlicher Kraftfahrer bei Einhaltung der nach § 1 StVO erforderlichen Sorgfalt schon „mit einem raschen und beiläufigen Blick“ erfassen kann, äußern sie ihre Rechtswirkung gegenüber jedem von der Regelung betroffenen Verkehrsteilnehmer, gleichgültig, ob er das Verkehrszeichen tatsächlich wahrnimmt oder nicht. Aus dieser Betroffenheit folgt, dass die Anfechtungsfrist gegenüber jedermann nicht bereits mit dem Aufstellen des Verkehrszeichens in Gang gesetzt wird, sondern vielmehr erst dann ausgelöst wird, wenn sich der betreffende Verkehrsteilnehmer erstmals der Regelung des Verkehrszeichens gegenübersieht. 35So BVerwG, Urteil vom 23.09.2010 – 3 C 37/09 –, in: juris m.w.N. 36Ausdrücklich stellt das Bundesverwaltungsgericht dazu fest, dass die gemäß § 58 Abs. 2 VwGO – wegen fehlender Rechtsmittelbelehrung – einjährige Rechtsbehelfsfrist allerdings nicht erneut zu laufen beginnt, wenn sich derselbe Verkehrsteilnehmer demselben Verkehrszeichen ein weiteres Mal gegenübersieht. Das Verkehrsge- oder -verbot wirkt ihm gegenüber fort, so lange dessen Anordnung und Bekanntgabe aufrecht erhalten bleiben. Es hat bei einem erneuten Gegenübertreten für ihn nur eine erinnernde Funktion. 37BVerwG, Urteil vom 23.09.2010 a.a.O. 38Unter Beachtung dieser Voraussetzungen war die Jahresfrist zur Klageerhebung hinsichtlich der hier angefochtenen verkehrlichen Anordnung zum Zeitpunkt der Klageerhebung am 25.03.2015 noch nicht abgelaufen. Der Kläger hat nach seinem weder vom Gericht noch vom beklagten Land widerlegbaren Vortrag 39vgl. insoweit VG Düsseldorf, Urteil vom 30.10.2014 – 6 K 2251/14 – in: juris 40das Verkehrszeichen erstmals am 22.08.2014 gegen 4.52 Uhr mit dem Pkw passiert und damit innerhalb der Jahresfrist Klage erhoben. 41Die demnach zulässige Klage ist jedoch unbegründet. Insbesondere nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlungen erweist sich die streitige Geschwindigkeitsbegrenzung auf 100 km/h als rechtmäßig. Es liegen nach Auffassung des Gerichts zum einen die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Anordnung der Geschwindigkeitsbegrenzung vor. Zum anderen hat die C. E. auch ermessensfehlerfrei gehandelt. 42Maßgeblich für die Beurteilung einer gegen ein Verkehrsgebot oder Verkehrsverbot gerichteten Klage ist regelmäßig die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten tatsachengerichtlichen Verhandlung, da das durch ein Verkehrszeichen ausgesprochene Verbot fortwirkt, so lange die Anordnung durch das belastende Verkehrszeichen aufrecht erhalten bleibt und es sich daher um einen Dauerverwaltungsakt handelt. 43Ständige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, Urteil vom 09.06.1967 – VII C 18.66 – 3 C 37/ 09 – m.w.N.; Urteil vom 13.12.1979 – 7 C 46/78 –; Urteile vom 21.08.2003 – 3 C 15.03 –, alle veröffentlicht in juris. 44Die angefochtene Anordnung findet ihre Rechtsgrundlage in § 45 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 45 Abs. 9 Satz 1 StVO. Nach § 45 Abs. 1 Satz 1 StVO können die Straßenverkehrsbehörden die Benutzung bestimmter Straßen oder Straßenstrecken aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung des Verkehrs beschränken oder verbieten oder den Verkehr umleiten. Diese Vorschrift stellt seit Inkrafttreten der Straßenverkehrsordnung die Rechtsgrundlage für die Anordnung von Verkehrsregelungen dar. Durch die Verordnung vom 07.08.1997 (BGBl I, S. 2008) ist § 45 Abs. 9 StVO angefügt worden. Nach § 45 Abs. 9 Satz 1 StVO sind Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen nur dort anzuordnen, wo dies aufgrund der besonderen Umstände zwingend geboten ist. Die Vorschrift des § 45 Abs. 9 Satz 1 StVO und die gleichlautende Vorschrift des § 39 Abs. 1 StVO zielen darauf ab, die allgemeinen Verhaltensvorschriften im Straßenverkehr im Bewusstsein der Verkehrsteilnehmer aufzuwerten und die „Subsidiarität der Verkehrszeichenanordnung“ zu verdeutlichen. 45Vgl. die Begründung des Bundesrates in: VkBL. 1997, 687, 689 Nr. 9 und 690 Nr. 22. 46„Zwingend geboten“ ist ein Verkehrszeichen unter Berücksichtigung dieses Regelungszwecks und des Wortlauts der Vorschriften daher nur dann, wenn das Verkehrszeichen die zur Gefahrenabwehr unbedingt erforderliche oder allein in Betracht kommende Maßnahme ist. Das ist z.B. nicht der Fall, wenn die allgemeinen und besonderen Verhaltensregeln der Straßenverkehrsordnung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit einen sicheren und geordneten Verkehrsablauf gewährleisten. 47Vgl. dazu Bayer. VGH, Urteil vom 28.09.2011 – 11 B 11.910 –; VG Braunschweig, Urteil vom 18.07.2006 – 6 A 389/04 –, beide veröffentlicht in juris. 48Nach § 49 Abs. 1 Satz 2 StVO dürfen – abgesehen von hier nicht einschlägigen Ausnahmen – Beschränkungen und Verbote des fließenden Verkehrs nur angeordnet werden, wenn aufgrund der besonderen örtlichen Verhältnisse eine Gefahrenlage besteht, die das allgemeine Risiko einer Beeinträchtigung der in den vorstehenden Absätzen genannten Rechtsgüter – also etwa der Sicherheit und Ordnung des Verkehrs – erheblich übersteigt. Als speziellere Regelung kritisiert und verdrängt § 45 Abs. 9 Satz 2 StVO in seinem Anwendungsbereich die allgemeine Regelung in § 45 Abs. 1 und § 45 Abs. 9 Satz 1 StVO. 49Nach Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, von der abzuweichen das Gericht keinen Anlass sieht, können besondere örtliche Verhältnisse i.S.v. § 45 Abs. 9 Satz 2 StVO bei verkehrsbehördlichen Maßnahmen insbesondere in der Streckenführung, dem Ausbauzustand der Strecke, witterungsbedingten Einflüssen, der dort anzutreffenden Verkehrsbelastung und den daraus resultierenden Unfallzahlen begründet sein. Sie liegen auch dann vor, wenn der Streckenverlauf durch eng aufeinander folgende Autobahnkreuze oder –dreiecke und eine Vielzahl von sonstigen Ab- und Zufahrten geprägt wird. Neben diesen auf die Streckenführung bezogenen Faktoren hat das Bundesverwaltungsgericht auf die Verkehrsbelastung abgestellt. So kommt es danach auch auf die im sogenannten DTV-Wert ausgedrückte durchschnittliche tägliche Verkehrsstärke an; ebenso fällt ein überproportional hoher Anteil des Schwerlastverkehrs ins Gewicht. 50So ausdrücklich BVerwG, Urteil vom 23.09.2010 – 3 C 37/09 –, in juris m.w.N. 51Eine Gefahrenlage, die das allgemeine Risiko einer Rechtsgutbeeinträchtigung erheblich übersteigt, ist nach ausdrücklicher Richtigstellung des Bundesverwaltungsgerichts nicht erst dann anzunehmen, wenn alsbald mit an Gewissheit grenzender Wahrscheinlichkeit vermehrt Schadensfälle eintreten würden, sähe die zuständige Straßenverkehrsbehörde von einem Eingreifen ab. Da Unfälle in der Regel auf einer Mehrzahl von Faktoren beruhen, die sowohl subjektiver (Fahrerverhalten) wie objektiver Art (Streckencharakter und Verkehrsverhältnisse) sein können, für die wiederum eine Reihe von Umständen (mit-)bestimmend sein können, wird sich in der konkreten Situation eine an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit vermehrter Schadensfälle kaum je dartun lassen. Wenn jedoch wie bei Verkehrsbeschränkungen und –verboten regelmäßig immer hochrangige Rechtsgüter wie Leib und Leben und bedeutende Sachwerte betroffen sind, ist ein behördliches Einschreiten bereits bei einer geringeren Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts zulässig und geboten. Die Voraussetzungen des § 45 Abs. 9 Satz 2 StVO sind daher bereits erfüllt, wenn eine das allgemeine Risiko deutlich übersteigende Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts droht. Erforderlich ist somit eine entsprechende konkrete Gefahr, die auf besonderen örtlichen Verhältnissen beruht. 52So ausdrücklich BVerwG, Urteil vom 23.09.2010 – 3 C 37/09 –, a.a.O. 53Es genügt damit die Feststellung, die konkrete Situation an einer bestimmten Stelle oder einer bestimmten Strecke einer Straße liege die Befürchtung nahe, es könnten – möglicherweise durch Zusammentreffen mehrerer gefahrenträchtiger Umstände – irgendwann in überschaubarer Zukunft mit hinreichender Wahrscheinlichkeit Schadensfälle eintreten. 54So OVG NRW, Beschluss vom 14.10.2013 – 8 A 681/12 – m.w.N. 55Die Beurteilung des Bestehens einer solchen qualifizierten Gefahrenlage ist aufgrund einer Prognose anhand der zum Zeitpunkt der Entscheidung vorliegenden Tatsachen zu treffen. 56So BVerwG, Urteil vom 23.09.2010 – 3 C 37/09 –, a.a.O. 57Unter Anwendung dieser Voraussetzungen liegen für den von der Geschwindigkeitsbegrenzung betroffenen Autobahnabschnitt besondere örtliche Verhältnisse vor. Dies ergibt sich aus den vom beklagten Land vorgelegten Stellungnahmen und Plänen des Landesbetriebes Straßenbau Nordrhein-Westfalen (Straßen.NRW). Daraus ergibt sich, dass in dem betrachteten Abschnitt folgende Längsneigungen vorliegen: Von km 327,829 bis km 328,619: 4 % Gefälle; von km 328,619 bis km 329,405: 2,003 % Gefälle; von km 329,405 bis km 329,900: 4 % Gefälle; von km 329,900 bis km 330,441: 4,0129 % Gefälle; von km 330,441 bis km 300,000: 3,989 % Steigung. Des Weiteren ergibt sich in diesem Autobahnabschnitt von km 329,766 bis km 330,382 ein Kurvenradius von 800 m. Ebenso werden nach der Stellungnahme des Landesbetriebes Straßenbau vom 28.07.2016 die bei Annahme einer Richtgeschwindigkeit von 130 km/h erforderlichen Haltesichtweiten zwischen km 330.540 und km 329.040 nicht erreicht. In Fahrtrichtung Hannover fehlen darüber hinaus Übergangsbögen zwischen den einzelnen Kurvenradien. 58Hinsichtlich des durchschnittlichen Tagesverkehrs (DTV) wurde bei der manuellen Straßenverkehrszählung 2010 (Stand 11.11.2011) zwischen den Anschlussstellen Bielefeld-Sennestadt und der Anschlussstelle Bielefeld-Zentrum ein DTV von 78.700 Fahrzeugen erfasst mit einem Schwerverkehrsanteil von 19,3 %. Nach den Daten der 4 km vor Beginn des Tempo-100-Bereichs bei Strecken-km 337,7 installierten Dauerzählstelle „Bielefeld“ wurde im Jahr 2013 ein DTV von 86.479 Kraftfahrzeugen erfasst. Der Anteil des Schwerverkehrs betrug dabei 20,1 %. Im Jahre 2014 betrug der DTV 88.882 Kraftfahrzeuge sowie im Jahre 2015 89.724 Kraftfahrzeuge. Der Lkw-Anteil stieg danach von 17.377 Lkw im Jahre 2013 auf 17.858 Lkw im Jahre 2015. 59Das Gericht sieht zunächst keinen Anlass, an der Richtigkeit und Zuverlässigkeit der von dem Landesbetrieb Straßenbau NRW vorgelegten Pläne und Daten zu zweifeln. Es gibt keine gesetzliche Beweisregel, die es dem Gericht verwehren würde, zur Überzeugungsbildung auf eine in das Verfahren eingeführte fachbehördliche Stellungnahme zurückzugreifen. Dies gilt auch dann, wenn es sich um die Behörde eines verfahrensbeteiligten Rechtsträgers handelt. 60So ausdrücklich Bayr. VGH, Beschluss vom 07.11.2008 – 4 ZB 07.2826 –, in: juris. 61Der Landesbetrieb Straßenbau Nordrhein-Westfalen ist ein Teil der Landesverwaltung. Er plant, baut und betreibt alle Autobahnen, Bundes- und Landesstraßen im Bereich des beklagten Landes. Allein aus dieser Eigenschaft lassen sich keine belastbaren Anhaltspunkte für Parteilichkeit, unzureichende fachliche Kompetenz oder sonstige theoretisch in Betracht zu ziehende Gesichtspunkte ableiten, die gegen die inhaltliche Richtigkeit und die Verlässlichkeit der Stellungnahmen sprechen könnten. Das ganz beträchtliche Gewicht, dass das Gericht ihren hier im Rahmen seiner Würdigung des Prozessstoffes gem. § 108 VwGO zumisst, ist nicht dadurch bedingt, dass die Mitarbeiter von Straßen NRW Außenstehende im Verhältnis zum beklagten Land sind. Es beruht vielmehr darauf, dass die den hier streitigen Autobahnabschnitt planende, bauende und betreibende Behörde aufgrund der Ausbildung und der Tätigkeit ihrer Mitarbeiter dazu berufen und befähigt ist, sachkundige Auskünfte über die von ihr selbst geschaffenen Tatsachen und über ihre eigene Tätigkeit darzulegen. 62Vgl. dazu auch OVG NW, Beschluss vom 11.03.2014 – 2 B 1315/13 –; OVG NRW, Beschluss vom 20.06.2013 – 2 B 628/13 –, n.v. 63Anhaltspunkte dafür, dass – wovon offenbar der Kläger ausgeht – vorliegend das beklagte Land Beweismittel produziere, um seiner Klage den Erfolg zu verwehren, sind weder substanziiiert vorgetragen noch in irgendeiner Weise für das Gericht ersichtlich. 64Die oben dargestellten örtlichen Verhältnisse stellen nach Auffassung des Gerichts zum einen „besondere“ örtliche Verhältnisse dar und führen zum anderen auch zu einer das allgemeine Risiko übersteigenden Gefährdung. Das Gericht orientiert sich insofern an den Richtlinien für die Anlage von Autobahnen (RAA), Ausgabe 2008. Zwar stellen technische Regelwerke keine Rechtsquellen dar, sie können jedoch als Ausdruck der Erkenntnisse und Erfahrungen von Fachleuten die Bedeutung von allgemeinen Erfahrungssätzen haben und antizipierte Sachverständigengutachten darstellen. 65So BVerwG, Beschluss vom 15.01.2008 – 9 B 7/07 –; Beschluss vom 07.05.2007 – 4 B 5.07 – beide veröffentlicht in juris. 66Ob sie in dieser Weise verwertbar sind, hängt maßgeblich davon ab, ob die Zusammensetzung des Normungsgremiums und ihre Verfahren die Gewähr dafür bieten, dass der auf einem Fachgebiet vorhandene Sachverstand durch sie repräsentiert wird und nicht Interessengruppen einseitig die Normung steuern. Die RAA 2008 wurden mit allgemeinem Rundschreiben des Bundesministeriums für Verkehr, Bau- und Stadtentwicklung vom 23.06.2009 (VkBl 2010, 55) eingeführt. Nach diesem Rundschreiben sind die Richtlinien für die Bundesfernstraßen in der Baulast des Bundes einzuführen und ab sofort allen Planungen und Entwürfen für den Neubau, die Erweiterung sowie für den Um- und Ausbau von Autobahnen in der Baulast des Bundes zugrunde zu legen. Gem. Ziffer 2.2 der Richtlinien (Verkehrssicherheit) wird durch die darin enthaltenen Entwurfs- und Betriebsmerkmale Einfluss auf das Verhalten der Verkehrsteilnehmer und damit auch auf die Verkehrssicherheit genommen. In der dazu dargestellten Tabelle 2 wird als Ziel die Erreichung sicherer Fahrverläufe sowie sicheres Neben- und Hintereinanderfahren definiert, wobei als mögliche Einflussgrößen die Radienrelation, die räumliche Linienführung, die Sichtweiten, die Quer- und Schrägneigung sowie auch die Längsneigungen aufgeführt sind. Nach Auffassung des Gerichts besteht kein Zweifel daran, dass es sich um ein technisches Regelwerk handelt, das objektiven Sachverstand zum Ausdruck bringt und in ihren Ausführungen ausschließlich fachlich fundierte Einschätzungen und Wertungen verbindet. 67Vgl. BVerwG, Beschluss vom 15.01.2008 – 9 B 7/07 –, a.a.O.; im Ergebnis ebenso für das Planfeststellungsverfahren OVG NRW, Urteil vom 29.09.2011 – 11 D 93/09.AK –, in: juris. 68Ebenso wie die Vorgängerrichtlinien, die Richtlinien für die Anlage von Straßen-Teil: Querschnitt (RAS-Q 96) stellen die RAA damit ein grundsätzlich taugliches Hilfsmittel für die Beantwortung der Frage dar, wann es aus Gründen der Sicherheit oder der Leichtigkeit des Verkehrs geboten ist, verkehrliche Maßnahmen zu ergreifen. 69Vgl. BVerwG, Urteil vom 18.11.2010 – 3 C 42/09 –, in: juris. 70Dies zugrunde gelegt, sehen die RAA unter Punkt 3.4 Geschwindigkeiten vor, dass die Autobahn der hier vorliegenden Entwurfsklasse 1 A (Fernautobahn) nach den Vorgaben dieser Richtlinien so geplant werden, dass in der Regel keine Beschränkung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit erforderlich ist. Es gilt dabei die Richtgeschwindigkeit von 130 km/h. Werden beim Entwurf von Autobahnen dieser Klasse im Zuge einer ansonsten großzügigen Trassierung Kurvenradien in der Nähe der Grenzwerte trassiert, ist in Abstimmung mit der Verkehrsbehörde für diese Abschnitte die Anordnung einer zulässigen Höchstgeschwindigkeit insbesondere bei Nässe zu erwägen. Hinsichtlich der so beschriebenen Grenzwerte gehen die RAA unter dem Punkt 5 Linienführung, 5.3 Höhenplan von einer Höchstlängsneigung von 4 % aus. Hinsichtlich der Kurvenradien sollen Autobahnen der vorliegenden Entwurfsklasse einen Mindestradius von 900 m aufweisen. Darüber hinaus wird unter dem Punkt 5.2.3 Übergangsbögen ausgeführt, dass Übergangsbögen an allen Autobahnen erforderlich sind. 71Die Streckenführung im hier streitigen Autobahnabschnitt der A2 wird diesen für die Verkehrssicherheit wichtigen Anforderungen nicht oder zumindest nur grenzwertig gerecht. Hinsichtlich der Höchstlängsneigungen liegen diese auf 3 Streckenabschnitten mit 4 % Gefälle an der Grenze der nach den RAA zur Gewährleistung sicherer Fahrt bei nasser Fahrbahn unter Berücksichtigung der Richtgeschwindigkeit von 130 km/h festgelegten Werte. In einem etwa 500 m langen Abschnitt ist diese Grenze mit einem Gefälle von 4,0129 % leicht überschritten. Im letztgenannten Bereich befindet sich des Weiteren eine Kurve mit einem Radius von 800 m, die den Mindestradius nach den RAA von 900 m somit deutlich übersteigt. Nach der Stellungnahme des Landesbetriebes Straßenbau fehlt es zudem vor diesem Kurvenradius –wie auch zu beiden Seiten der Kurve mit dem Radius 1.000 m und der Kurve mit dem Radius 1002,5 m – an einem Übergangsbogen. Diese als Klothoide ausgebildeten Übergangsbögen sollen ein allmähliches Ein- und Auslenken ermöglichen und so eine kontinuierliche Änderung der bei der Kurvenfahrt auftretenden Centrifugalbeschleunigung bewirken. 72Soweit der Kläger in der mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen hat, dass in der Stellungnahme des Landesbetriebes Straßenbau darauf hingewiesen worden sei, dass, um den Nachteil des geringen Kurvenradius zu kompensieren, die Höchstquerneigung, die 6 % betrage, um 0,5 % überschritten worden sei und damit die Auswirkung der Fliehkraft kompensiert werde, folgt das Gericht insoweit der überzeugenden Erklärung des Vertreters des Landesbetriebes in der mündlichen Verhandlung. Dieser hat überzeugend darauf hingewiesen, dass die aus dieser Stelle resultierenden Gefahren dadurch nicht beseitigt würden, sondern lediglich gemindert. Insofern weist das beklagte Land nach Auffassung des Gerichts zu Recht darauf hin, dass durch die Veränderung der Querneigung wiederum andere Gefahren eröffnet werden, die sich z.B. bei Kälte oder Nässe ergeben können. 73Betreffend die Haltesichtweiten weisen die RAA unter Punkt 5.5.1 darauf hin, dass Verkehrssicherheit und Qualität des Verkehrsablaufes die Einhaltung der Haltesichtweite erfordern. Diese habe die Aufgabe, dem Kraftfahrer jederzeit bei Gefahr das rechtzeitige Anhalten vor Hindernissen zu ermöglichen. Aus der Stellungnahme des Landesbetriebes Straßenbau ergibt sich hier, dass die vorhandenen Haltesichtweiten die erforderlichen Haltesichtweiten im Bereich zwischen km 330.540 und 329.830 zum Teil deutlich unterschreiten. In diesem Abschnitt wäre unter Berücksichtigung der Berechnungsformeln der RAA lediglich eine Geschwindigkeit von 90 km/h zulässig. Auch in dem Abschnitt von km 329.120 bis 329.030 werden die auf die Richtgeschwindigkeit bezogenen erforderlichen Haltesichtweiten nicht erreicht. 74Die vom Kläger gegen die so ermittelten Werte vorgebrachten Einwände vermögen das Gericht nicht zu überzeugen. Wie bereits oben dargelegt, beruhen diese Berechnungen auf den sachverständigen Wertungen der RAA zur Berücksichtigung der Verkehrssicherheit beim Bau von Autobahnen. Soweit der Kläger die in den RAA im Anhang 7 dargestellte Formel rügt, da sie insofern einen mathematisch unzulässigen Prozentwert beinhalte, hat dies für die Berechnung der Haltesichtweiten, die sich aus der Tabelle 33 des Anhangs ergeben, auch nach dem Vortrag des Klägers selbst keine Bedeutung. Dass die sachverständigen Verfasser der Richtlinien insoweit von einer Bremsverzögerung von 3,7 m/s² ausgehen sowie von einer Reaktionsdauer von 2 Sekunden, liegt im Rahmen ihrer sachverständigen Bewertung der Sicherheitsanforderungen und ist vom Gericht nicht zu beanstanden. In den Richtlinien wird dazu unter Punkt 5.5.2 ausgeführt, dass die speziellen Bedingungen des Fahrverhaltens auf Autobahnen berücksichtigt sind. Deshalb sind für die Haltesichtweite größere Werte als die physiologisch begründeten Mindestwerte für die Reaktionszeit und fahrdynamisch mögliche Bremswege bei Gefahrenbremsungen zu Grunde gelegt. Nach Auffassung des Gerichts ist gegen diese sachverständige Wertung nichts zu erinnern. 75Die vom Landesbetrieb Straßenbau mitgeteilten Werte sind nach Auffassung des Gerichts auch aus anderen Gründen nicht zu beanstanden. So hat der Vertreter des Landesbetriebes in der mündlichen Verhandlung überzeugend dargelegt, dass die Ermittlung der Werte zunächst durch tatsächliche Messungen an der Strecke im Jahre 2009 mittels Theodolit und Entfernungsmesser ermittelt worden seien. Diese Daten seien nach den Werten der RAA mittels eines eingeführten Rechenprogramms zu den dargestellten Werten umgesetzt worden. Aus diesen Ausführungen ergibt sich nach Auffassung des Gerichts, dass – entgegen der Ansicht des Klägers – die hier zu Grunde gelegten Werte in einem ordnungsgemäßen und nicht zu beanstandenden Verfahren ermittelt worden sind. 76Dagegen richtet sich die vom Kläger in der mündlichen Verhandlung dargestellte auf eigenen Berechnungen beruhenden Tabelle nicht nach den für die Verkehrssicherheit nach den RAA erforderlichen Prämissen, sondern legt andere, an geringerem Sicherheitserfordernissen orientierte Prämissen zu Grunde. Für das Gericht besteht daher kein Anlass, sich an diesen Berechnungen zu orientieren. 77Schließlich ist der hier streitige Streckenabschnitt auch durch die Besonderheit eines hohen Verkehrsaufkommens gekennzeichnet. Insofern hat das Bundesverwaltungsgericht bereits in seiner Entscheidung vom 05.04.2001 78BVerwG, Urteil vom 05.04.2001 – 3 C 23/00 –, in: juris. 79ausgeführt, dass es offensichtlich ist und keiner weiteren Begründung bedarf, dass die Dichte sowohl des Verkehrs wie auch der Zu- und Abfahrten, zu einer auf besonderen örtlichen Verhältnissen beruhenden besonderen Gefahrenlage führt. Von dieser Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts abzuweichen, sieht auch das Gericht für den vorliegenden Fall keinen Anlass. Insbesondere vermag das Gericht keinen Grund dafür zu erkennen, dass diese allgemeine Erkenntnis im Laufe der seither vergangenen Jahre überholt sein könnte. 80Dies voraussetzt ergibt sich eine gegenüber den allgemeinen Verhältnissen erheblich erhöhte örtliche Verkehrsdichte hier bereits aus den dem Gericht vorliegenden DTV-Werten der manuellen Zählung 2010 i.V.m. den laufenden Werten der Dauerzählstelle Bielefeld in den Jahren 2013 bis 2015. Auf die bereits im Jahre 2015 manuell gezählten Werte kann insofern deshalb noch nicht abgestellt werden, da diese bislang lediglich eine Stichprobe darstellen und die sich daraus ergebenden endgültigen statistischen Werte zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung noch nicht vorliegen. Aus den oben dargestellten Werten der Verkehrszählung 2010 ergibt sich jedoch deutlich, dass die Verkehrsbelastung im fraglichen Autobahnabschnitt um 50 % über dem Landesdurchschnitt liegt und auch der Schwerverkehrsanteil mit 20 % deutlich höher als der Landesdurchschnitt mit 13,5 % liegt. Selbst wenn man – worauf der Kläger hinweist – berücksichtigt, dass die Dauerzählstelle Bielefeld die Verkehrsbelastung auf dem hier fraglichen Abschnitt nicht exakt misst, da sich die Zählstelle ca. 4 km vor dem geschwindigkeitsbeschränkten Abschnitt und noch vor der Ausfahrt Bielefeld-Sennestadt befindet, so lassen doch die Ergebnisse nur den Schluss zu, dass – wenn man sie in Relationen zu den Zahlen der Verkehrszählung 2010 setzt – auf der fraglichen Strecke ein weit den Durchschnitt übertreffendes Verkehrsaufkommen sowohl im Pkw- als auch im Lastkraftwagenbereich festzustellen ist. Die Zahlen sind jedenfalls ersichtlich geeignet darzustellen, dass auch derzeit die Verkehrsbelastung wesentlich höher ist als im übrigen Gebiet des beklagten Landes. Damit liegt auch insoweit eine Besonderheit vor, die zur Risikoerhöhung führt. 81Es bedarf nach allem hier nach Auffassung des Gerichts keiner Entscheidung, ob und inwieweit jeder der vorliegenden Besonderheiten die Annahme einer konkreten Gefahr rechtfertigt. Aus der Vielzahl der besonderen gefahrerhöhenden Merkmale ergibt sich hier jedenfalls in der Gesamtschau eine konkrete Gefahr für die betroffenen Rechtsgüter, die das allgemeine Risiko erheblich überschreitet. 82Im Hinblick auf die vorstehend benannten Tatsachen bedurfte es nach Auffassung des Gerichts der vom Kläger in der mündlichen Verhandlung beantragten Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens nicht. Die Einholung weiterer Sachverständigengutachten liegt grundsätzlich im Ermessen des Gerichts. Das Ermessen wird nur dann verfahrensfehlerhaft ausgeübt, wenn von der Einholung weiterer Gutachten oder gutachterlicher Stellungnahmen abgesehen wird, obwohl die Notwendigkeit einer weiteren Beweiserhebung sich hätte aufdrängen müssen. Dies ist nur dann der Fall, wenn das Gericht zu der Überzeugung gelangen muss, dass die Grundvoraussetzungen nicht gegeben sind, die für die Verwertbarkeit von Gutachten im Allgemeinen oder nach den besonderen Verhältnissen des konkreten Falles gegeben sein müssen, weil diese Gutachten offen erkennbare Mängel enthalten, von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgehen oder unlösbare Widersprüche aufweisen, wenn sich aus ihnen Zweifel an der Sachkunde oder der Unparteilichkeit der Gutachter ergeben oder sich herausstellt, dass es sich um eine besondere schwierige Fachfrage handelt, die ein spezielles Fachwissen erfordert, das bei dem vorliegenden Gutachten nicht vorhanden ist. Eine Verpflichtung des Gerichts, zusätzlich zu einem vorliegenden Gutachten weitere Gutachten einzuholen oder in sonstige Ermittlungen einzutreten, besteht hingegen nicht schon deshalb, weil ein Beteiligter die bisher vorliegenden Erkenntnisquellen im Ergebnis für unzutreffend hält. 83So BVerwG, Beschluss vom 01.04.2009 – 2 B 90/08 –, m.w.N. zur Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, veröffentlicht in juris. 84Unter Berücksichtigung dieser Voraussetzungen hat das Gericht den Beweisantrag des Klägers in der mündlichen Verhandlung abgelehnt. Bezüglich der Einzelheiten kann insoweit zur Vermeidung von Wiederholungen auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung verwiesen werden. Ergänzend weist das Gericht darauf hin, dass hinsichtlich des Beweisantrages zu Ziffer 8 sich bereits aus dem Vortrag des Klägers selbst ergibt, dass eine Vielzahl von Autofahrern den vorliegend streitigen Autobahnabschnitt offenbar nicht mit der genügenden Aufmerksamkeit befährt. Der Kläger selbst hat dazu vorgetragen, dass jedes Jahr durchschnittlich 110.000 bis 120.000 Fahrzeuge im ordnungswidrigkeitsrelevanten Bereich gegen die hier angefochtene Geschwindigkeitsbegrenzung verstoßen. Dies zeigt nach Auffassung des Gerichts, dass die Aufmerksamkeit der Kraftfahrer insoweit nicht allein durch den ansteigenden Berg und die dann folgende Kurve genügend geweckt ist, da die Aufmerksamkeit offenbar nicht einmal soweit reicht, dass sie durch die hier streitige Geschwindigkeitsbegrenzung und das auf die Radarkontrolle hinweisende Zusatzschild geweckt würde. 85Liegen nach alledem die ermessenseröffnenden Voraussetzungen der Ermächtigungsgrundlage vor, folgt aus § 45 Abs. 9 Satz 2 i.V.m. § 45 Abs. 1 StVO weiterhin, dass auch Maßnahmen im Bereich der Regelung des § 45 Abs. 9 StVO im Ermessen der zuständigen Behörden stehen. In der Regel entspricht es nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts der Ausübung eines pflichtgemäßen Ermessens, eine entsprechende Anordnung zu erlassen, um der Gefahr für die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs zu begegnen. Ihr Entschließungsermessen ist somit reduziert. 86BVerwG, Urteil vom 10.12.1974 – VII C 19.71 –, in: juris; Urteil vom 23.09.2010 – 3 C 37/09 – a.a.O. 87Ein Ermessen steht der Behörde insbesondere zu, soweit es um die Auswahl der Mittel geht, mit denen die konkreten Gefahren bekämpft oder gemildert werden sollen. Dabei ist allerdings der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu berücksichtigten, der verletzt ist, wenn die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs durch weniger weitergehende Anordnungen gewährleistet werden kann. Dabei ist es der Straßenverkehrsbehörde aufgrund ihres Sachverstandes und ihres Erfahrungswissens vorbehalten festzulegen, welche von mehreren in Betracht zu ziehenden Maßnahmen den bestmöglichen Erfolg verspricht. In diesem Zusammenhang geht das Bundesverwaltungsgericht davon aus, dass Einwänden eines Klägers nur dann nachgegangen werden muss, wenn er jedenfalls ansatzweise den Nachweis einer ersichtlich sachfremden und damit unvertretbaren Maßnahme führt. Dies erhöht die inhaltlichen Anforderungen, die mit Blick auf die Einschätzungsprärogative der Straßenverkehrsbehörde an den Vortrag eines Betroffenen zu stellen sind. 88BVerwG, Urteil vom 05.04.2001 – 3 C 23/00 –; Urteil vom 23.09.2010 – 3 C 32/09 –, beide veröffentlicht in juris. 89Die vom beklagten Land vorliegend getroffene Ermessensentscheidung kann jedoch vom Gericht nur darauf überprüft werden, ob die Behörde die gesetzlichen Grenzen ihres Ermessens eingehalten und ob sie von ihrem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat, § 114 VwGO. Ausgehend von diesen Maßstäben ist die Ermessensentscheidung der C. E. im vorliegenden Fall unter Berücksichtigung der im verwaltungsgerichtlichen Verfahren insbesondere im Hinblick darauf, dass vorliegend – wie bereits oben dargelegt – nicht auf eine schriftlich vorliegende begründete verkehrsbehördliche Anordnung abgestellt werden kann – zulässigerweise nachgeschobenen Gründe (§ 114 Satz 2 VwGO) 90vgl. insofern BVerwG, Urteil vom 15.12.2011 – 3 C 40/10 –, in: juris. 91nicht zu beanstanden. Das Gericht kann vorliegend nicht feststellen, dass die Behörde von unzutreffenden, in Wahrheit nicht gegebenen, unvollständigen oder falsch gedeuteten tatsächlichen oder rechtlichen Voraussetzungen ausgegangen ist oder sachfremde Erwägungen angestellt hat. 92Insbesondere erweist es sich nicht als sachfremd, dass die C. der angeordneten Geschwindigkeitsbegrenzung auf 100 km/h den Vorrang vor anderen Maßnahmen, wie etwa einem Überholverbot für Lkw, gegeben hat. Wie bereits oben dargelegt, legen die Berechnungen der Haltesichtweiten die Anordnung der streitigen Höchstgeschwindigkeit nahe. Allenfalls die Berücksichtigung der Tatsache, dass die Berechnung der Haltesichtweiten nach den RAA im Grundsatz von einer nassen Fahrbahn ausgeht, lässt es gerechtfertigt erscheinen, von einer sich danach eigentlich ergebenden Geschwindigkeitsbegrenzung auf 90 km/h abzusehen. Dass ein Überholverbot für Lkw die tatsächliche Haltesichtweite nicht verlängern würde, liegt dagegen auf der Hand. 93Bei der Wahl der Mittel ist es nach Auffassung des Gerichts weiterhin sachgerecht, nicht darauf abzustellen, ob ein besonders geübter Fahrer mit einem besonders modernen und besonders sicheren Kraftfahrzeug diesen Autobahnabschnitt auch mit einer höheren Geschwindigkeit bewältigen kann. Es ist jedenfalls nicht ermessensgerecht, nicht auf diesen Fahrer abzustellen, sondern auf den allgemeinen Durchschnitt der Kraftfahrer. 94So auch BVerwG, Urteil vom 13.12.1974 – VII C 19.81 – a.a.O. 95Ein Ermessensfehlgebrauch kann entgegen der Auffassung des Klägers auch nicht in dem Hinweis auf die allgemeinen Regeln zur Geschwindigkeit und zum Verhalten im Straßenverkehr in § 3 Abs. 1 und § 1 der Straßenverkehrsordnung gesehen werden. Diese Vorschriften, nach der die Teilnahme im Straßenverkehr ständige Vorsicht und gegenseitige Rücksicht erfordert bzw. ein Fahrzeugführer die Fahrgeschwindigkeit so einzurichten hat, dass er jederzeit in der Lage ist, sein Fahrzeug zu beherrschen, reichen dann nicht aus, wenn viele Fahrer die örtliche Situation, die zu einer Minderung der Fahrgeschwindigkeit Anlass gibt, nicht kennen und infolge dessen auch die besonderen Risiken nicht zu erkennen vermögen, um diesen Verpflichtungen nachzukommen. Dies gilt auch, soweit der Kläger auf Markierungen der Gefahrenstelle durch Hinweisschilder Bezug nimmt. Verkehrszeichen, die auf eine Gefahrenstelle hinweisen, sind ihrer Natur nach lediglich ein Hinweiszeichen und beinhalten keine Anordnung. Sie können daher nicht als gleichwirksam angesehen werden, da es dem Kraftfahrer nicht so eindrucksvoll die Gefährlichkeit der Verkehrssituation vor Augen führt wie eine sanktionsbewehrte Geschwindigkeitsbegrenzung. Diese appelliert nicht nur an die Sorgfaltspflicht, sondern erteilt dem Kraftfahrer einen verbindlichen Befehl. 96So BVerwG, Urteil vom 13.12.2974 – VII C 19.71 –, a.a.O. 97Insgesamt laufen die diesbezüglichen Anregungen des Klägers im Grunde auf das Verlangen hinaus, auf dem streitigen Abschnitt „Feldversuche“ derart durchzuführen, dass Geschwindigkeitsfreigaben ausprobiert werden, um die daraus resultierende Unfallentwicklung zu analysieren, die bislang eben durch die streitige Anordnung in Grenzen gehalten wurde. Die Verantwortung dafür abzulehnen, ist von Seiten des beklagten Landes sachgerecht und im Rahmen der Ermessensausübung nicht zu beanstanden. 98So auch BVerwG, Urteil vom 05.04.2001 – 3 C 23/00 –, in: juris. 99War die Klage nach alledem mit dem Hauptantrag abzuweisen, hat auch der Hilfsantrag, festzustellen, dass die Anordnung der Verkehrszeichen ohne Anordnung erfolgt ist, keinen Erfolg. Wie bereits oben dargelegt, hat das Gericht keinen Zweifel daran, dass die Aufstellung der Verkehrszeichen mit Wissen und Wollen der zuständigen Verkehrsbehörde erfolgt ist. 100Die Klage war daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. 101Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
die klage wird abgewiesen. der kläger trägt die kosten des verfahrens. das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. der kläger darf die vollstreckung durch sicherheitsleistung oder hinterlegung in höhe des vollstreckungsbetrages abwenden, wenn nicht das beklagte land vor der vollstreckung sicherheit in gleicher höhe leistet. 1
2der kläger wendet sich gegen die anordnung einer geschwindigkeitsbegrenzung auf 100 km/h auf der bundesautobahn 2 in bielefeld, fahrtrichtung hannover, durch das verkehrszeichen 274-60 für die strecke zwischen autobahnkilometer 330, 825 und 327, 790, am sogenannten „bielefelder berg“. 3der in gütersloh wohnhafte kläger passierte - nach eigenen insoweit unbestrittenen angaben - dieses verkehrszeichen erstmals am 22.08.2014 um 4.52 uhr. dabei wurde durch die installierte verkehrsüberwachungsanlage aufgezeichnet, dass der kläger die durch das verkehrszeichen angeordnete höchstgeschwindigkeit überschritten hatte. dies führte zu einem ordnungswidrigkeitenverfahren, das inzwischen abgeschlossen ist. 4der kläger hat am 25.03.2015 klage vor dem w. erhoben, mit der er die aufhebung der durch das verkehrszeichen angeordneten geschwindigkeitsbegrenzung auf 100 km/h begehrt. 5zur begründung führt er aus, die anordnung des streitgegenständlichen verkehrszeichens sei rechtswidrig gewesen, zumindest aber rechtswidrig geworden und verletze den kläger in seinen rechten, insbesondere in seinem grundrecht der allgemeinen handlungsfreiheit und zwar in der gestalt des straßenverkehrsrechtlichen rechts, eine autobahn im grundsatz ohne einhaltung einer höchstgeschwindigkeit befahren zu dürfen. die voraussetzungen für die errichtung des verkehrszeichens hätten weder zum zeitpunkt ihrer anordnung vorgelegen noch lägen sie derzeit vor. zudem sei die zu treffende ermessensentscheidung fehlerhaft gewesen. so behaupte die beklagte, dass das streitige verkehrszeichen bereits vor 1980 erstmalig angeordnet worden sei. die beklagte könne jedoch keinerlei unterlagen vorlegen, aus denen sich die anordnung des streitgegenständlichen verkehrszeichens ergebe. deshalb könne auch nur bestritten werden, dass die damals zuständige behörde ein ermessen ausgeübt habe. darüber hinaus sei unstreitig in den neunziger jahren eine neue fahrspur für jede fahrtrichtung hinzugekommen, was die flüssigkeit des straßenverkehrs und die sicherheit auf der autobahn insbesondere im hinblick auf den hervorgehobenen schwerlastverkehr deutlich verbessert habe. auch die übersichtlichkeit der strecke habe damit zugenommen und die unfallzahlen seien rapide zurückgegangen. 6die von der beklagtenseite behauptete gefahrensituation sei keine gefahrensituation aus sich heraus. denn die strecke sei bei beachtung der grundregeln der straßenverkehrsordnung völlig ungefährlich, wenn sich derjenige, der am verkehr teilnehme, so verhalte, dass kein anderer geschädigt, gefährdet oder mehr als nach den umständen unvermeidbar behindert oder belästigt werde. dann bestehe nämlich für keinerlei rechtsgut eine gefahr. um die aufstellung eines verkehrszeichens zu rechtfertigen, sei es damit erforderlich, dass die straßenverkehrsbehörde konkret darlege, welches konkrete fehlverhalten in der örtlichkeit mit einer besonderen streckenführung die konkrete gefahr hervorrufe. unter dieser voraussetzung sei bereits fraglich, wie gefährlich die streckenführung am „bielefelder berg“ überhaupt sei. denn die beklagte gestehe zu, dass die unfallzahlen auf den relevanten streckenabschnitten nicht auffällig seien. die vorgeschriebene geschwindigkeit sei allerdings, wie sich aus den über die verkehrsüberwachung ermittelten zahlen der stadt bielefeld ergebe, in den jahren 2009 bis 2014 690.778 mal nicht beachtet worden. wenn dennoch keine auffälligen unfallzahlen festgestellt werden könnten, sei dies ein deutlicher beleg dafür, dass die geschwindigkeitsbegrenzung auf 100 km/h zu niedrig bemessen und daher nicht zwingend geboten i.s.d. stvo sei. insgesamt stelle die bundesanstalt für straßenwesen eine positive entwicklung der straßenverkehrsunfälle seit den achtziger jahren fest. so habe sich trotz einer knappen verdreifachung der fahrleistung der kraftfahrzeuge auf bundesautobahnen ein kontinuierlicher rückgang der gefahr für das rechtsgut leben gezeigt. die zahl der ums leben gekommenen personen sei zwischen 1980 und 2014 um ca. 30 prozent gefallen. gleiches gelte für die zahl der verletzten. ebenso habe sich die bundesweite unfallquote der unfälle ohne personenschaden reduziert. die auf den straßen befindliche fahrzeugflotte habe deutlich ihre verkehrssicherheit verbessert. abs und airbags gehörten ebenso zum heutigen standard wie xenonscheinwerfer, bremsassistenzsysteme und außenspiegel, die den toten winkel besser erfassten. auch die verjüngung der gesamten fahrzeugflotte durch immer mehr neufahrzeuge habe den sicherheitsstandard erheblich verbessert. das beklagte land habe nicht erklärt, oder auch nur behauptet, dass sich die unfallsituation am „bielefelder berg“ dieser jahrelangen positiven entwicklung entziehe. die vor langer zeit angeordnete geschwindigkeitsbegrenzung sei im lichte dieser entwicklung niemals kritisch hinterfragt worden. 7im übrigen werde bestritten, dass der kurvenradius der linkskurve am bielefelder berg 800 meter betrage. darüber hinaus ergebe sich hieraus auch keine gefahrensituation. zudem werde bestritten, dass die streitgegenständliche strecke ein längsgefälle von 4 bis 4,5 prozent aufweise und dies eine besondere gefahrensituation darstelle. im übrigen bewiesen die ca. 120.000 verstöße gegen die geschwindigkeitsbegrenzung bei fehlender unfallhäufung deutlich, dass die annahme des beklagten landes nicht zutreffe, dass eine erforderliche haltestrecke bei nässe nur bei der angeordneten geschwindigkeit eingehalten werden könne. insofern könne auch nicht von einer höheren gefährdung durch geringe knotenpunktabstände gesprochen werden. der vom beklagten land angeführten gefährdung durch den schwerlastverkehrsanteil könne auch durch ein lkw-überholverbot rechnung getragen werden. dies wäre ein milderes mittel, das wirksamer sei als die gewählte geschwindigkeitsbegrenzung für pkw. wegen der nichtberücksichtigung dieser möglichkeiten habe die behörde auch ihr ermessen fehlerhaft ausgeübt. 8soweit sich das beklagte land auf die von straßen.nrw errechneten haltesichtweiten beziehe, würden diese bestritten. dazu werde bestritten, dass diese weiten mit den formeln der richtlinien für die anlage von autobahnen ermittelt worden seien. zudem seien die mit den formeln dieser richtlinien zu ermittelnden haltesichtweiten nicht mit den tatsächlich wahrnehmbaren werten identisch. die vorgelegten dokumente und stellungnahmen von straßen.nrw seien nichts anderes als parteivortrag. die art und weise der ermittlung der daten, auf die sich diese stellungnahme stützten, seien nicht zur verfügung gestellt worden. es sei daher anlass zur kritischen betrachtung gegeben. darüber hinaus seien die haltesichtweiten nicht tatsächlich gemessen worden. 9der kläger beantragt, 10die anordnung einer geschwindigkeitsbegrenzung von 100 km/h durch die verkehrszeichen 274 auf der bundesautobahn 2 zwischen dortmund und herford, in fahrtrichtung herford zwischen kreuz bielefeld-süd und abfahrt bielefeld-mitte aufzuheben 11hilfsweise festzustellen, dass die anordnung der verkehrszeichen bei km 330,825 und 328,200 ohne anordnung erfolgt ist. 12das beklagte land beantragt, 13die klage abzuweisen, 14hilfsweise, dem beklagten land nachzulassen, auf den schriftsatz des klägers vom 08.11.2016 eine erwiderungsfrist von einem monat einzuräumen. 15das beklagte land ist der auffassung, die anordnung der geschwindigkeitsbegrenzung sei gem. § 45 abs. 1 und abs. 9 der straßenverkehrsordnung zu recht angeordnet worden, da aufgrund der besonderen örtlichen verhältnisse eine gefahrenlage bestehe, die das allgemeine risiko einer beeinträchtigung der geschützten rechtsgüter erheblich übersteige. dazu reiche es nach der rechtsprechung des bundesverwaltungsgerichts aus, dass eine entsprechende konkrete gefahr bestehe, die sich aus den besonderen örtlichen verhältnissen ergebe. diese besonderheit der örtlichen verhältnisse zeige sich in der streckenführung, dem ausbauzustand, der hohen verkehrsbelastung und dem hohen lkw-anteil dieses streckenabschnittes. 16die bundesautobahn 2 sei in den dreißiger jahren des letzten jahrhunderts entstanden. damals sei sie als sogenannte flachlandstrecke für eine berechnungsgeschwindigkeit von 160 km/h und mit mindestkurvenradien von 2.000 metern und einer maximallängsneigung von 2,5 prozent konzipiert worden. lediglich im abschnitt zwischen bielefeld und bad nenndorf sei von diesen trassierungsvorgaben aufgrund der topografischen gegebenheiten abgewichen worden. diese linienführung sei auch bei mehrmaligem ausbau der autobahn und massiver veränderung des querschnittes - so bei der erweiterung auf 6 fahrstreifen in den neunziger jahren - im wesentlichen beibehalten worden. im hier fraglichen abschnitt träfen mehrere streckenmerkmale zusammen, von denen jede für sich bereits eine besondere gefahrensituation begründe. die von der geschwindigkeitsbegrenzung betroffene strecke weise einen relativ engen kurvenradius in form einer linkskurve mit einem radius von 800 metern auf. dieser liege unterhalb des bei fernautobahnen als notwendig erachteten mindestradius von 900 metern. der streckenabschnitt weise zudem ein starkes längsgefälle von bis zu 4 prozent, teilweise sogar 4,5 prozent auf. dieser wert liege im grenzbereich der höchstlängsneigung von 4 prozent, wie sie die richtlinien für die anlage von autobahnen vorsähen. ein starkes gefälle stelle ein risiko für die verkehrssicherheit dar und sei häufig ursächlich für erhöhtes unfallaufkommen. aufgrund dieser besonderen trassierungsmerkmale könnten in 2 teilbereichen des geschwindigkeitsbeschränkten streckenabschnitts die erforderlichen haltesichtweiten bei nässe nur eingehalten werden, wenn dort mit einer höchstgeschwindigkeit von 100 km/h gefahren werde. dies sei die strecke, die ein kraftfahrer benötige, um bei nasser fahrbahn vor einem unerwartet auftretenden hindernis rechtzeitig anzuhalten. darüber hinaus befinde sich der geschwindigkeitsbeschränkte abschnitt in einem teilbereich mit nur geringen knotenpunktabständen. die richtlinien sähen bei fernautobahnen einen mindestabstand der knotenpunkte von 8 km vor. der abstand zwischen dem kreuz bielefeld und der anschlussstelle bielefeld-süd betrage 2,3 km und der abstand zwischen den anschlussstellen bielefeld-süd und bielefeld-ost 6,2 km/h. die eigenheiten des streckenverlaufs seien insgesamt für die kraftfahrer nicht ohne weiteres erkennbar. darüber hinaus zeige das verkehrsaufkommen, belegt durch die zählstelle bielefeld, die rund 4 km vor beginn des tempo-100-bereiches installiert sei, dass das verkehrsaufkommen um fast 50 prozent höher sei als im landesdurchschnitt. davon entfalle ein über den durchschnitt liegender anteil auf den schwerverkehr. aus dieser hohen gesamtverkehrsbelastung in kombination mit dem hohen schwerverkehrsanteil resultiere eine besondere gefahrensituation. 17die geschwindigkeitsbegrenzung am bielefelder berg existiere bereits seit vielen jahren und die notwendigkeit der anordnung werde regelmäßig überprüft. die letzte verkehrsschau sei am 30.01.2014 durchgeführt worden. die geschwindigkeitsbegrenzung habe sich bewährt und sei auch ermessensgerecht, die geschwindigkeitsbegrenzung sei zur abwehr der genannten gefahren erforderlich und ein milderes mittel zur gefahrenabwehr stehe nicht zur verfügung. 18soweit sich der kläger auf vorgänge beziehe, die sich mit der einrichtung einer stationären geschwindigkeitsüberwachungsanlage befasse, seien diese für die anordnung der geschwindigkeitsbegrenzung ohne belang. auch wenn sich die sicherheitstechnik seit 1980 verbessert habe, könnten dadurch nicht die bestehenden gefahren beseitigt werden. abgesehen davon gebe es auch noch fahrzeuge ohne airbag, ohne abs, ohne xenonscheinwerfer und navigationsgeräte. 19das beklagte land hat einen höhenplan der autobahnniederlassung hamm des landesbetriebes straßenbau nrw vom 20.04.2016 vorgelegt, in dem auf grundlage der in der autobahnniederlassung vorliegenden gradientendaten die längsneigungen und kurvenradien im maßstab 1 ./. 5000 bzw. 1 ./. 500 eingetragen sind. hinsichtlich der verkehrsdichte werde auf die daten der straßenverkehrszählung aus dem jahr 2010 verwiesen. die ergebnisse der straßenverkehrszählung des jahres 2015 lägen zurzeit nicht vor. darüber hinaus seien auf dem ostwestfälischen teil der a2 insgesamt 3 dauerzählstellen installiert, nämlich die zählstellen „bielefeld“ zwischen dem autobahnkreuz bielefeld und der anschlussstelle bielefeld-süd, „bad oeynhausen“ zwischen dem autobahnkreuz bad oeynhausen und der anschlussstelle porta westfalica und „oelde“ zwischen der anschlussstelle oelde und der anschlussstelle herzebrock-clarholz. aus den dort ermittelten werten werde ersichtlich, dass der durchschnittliche tägliche verkehr in den einzelnen jahren sich jeweils nur geringfügig gegenüber dem jeweiligen vorjahr verändert habe. es sei daher auch für den fraglichen abschnitt davon auszugehen, dass sich der dtv-wert seit 2010 nur in geringem maße verändert habe. aus diesem grund könnten die dtv-werte des jahres 2010 auch heute noch zur beurteilung des verkehrsgeschehens herangezogen werden. 20hinsichtlich der haltesichtweiten gehe aus einer stellungnahme des landesbetriebes straßenbau nrw vom 28.07.2016 hervor, dass in einem 730 m langen abschnitt wie in einem weiteren 90 m langen abschnitt die erforderlichen haltesichtweiten nicht eingehalten werden könnten. maßgebliches sichthindernis sei in diesen abschnitten die betonschutzwand auf dem mittelstreifen. 21wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird bezug genommen auf die gerichtsakte und die verwaltungsvorgänge der beklagten, die gegenstände der mündlichen verhandlungen vom 07.04.2016 sowie vom 10.11.2016 waren. 22
23die klage ist zulässig, aber unbegründet. 24die streitgegenständliche anordnung einer geschwindigkeitsbegrenzung von 100 km/h durch die verkehrszeichen 274 auf der bundesautobahn 2 zwischen dortmund und herford in fahrtrichtung herford zwischen kreuz bielefeld-süd und abfahrt bielefeld-mitte erweist sich als rechtmäßig und verletzt den kläger nicht in seinen rechten (§ 113 abs. 1 satz 1 der verwaltungsgerichtsordnung – vwgo –). 25die verkehrszeichen, gegen die sich der kläger wendet, stellen verwaltungsakte in form einer allgemeinverfügung nach § 35 satz 2 des verwaltungsverfahrensgesetzes – vwvfg - mit dauerwirkung dar. 26vgl. bverwg, urteil vom 11.12.1996 – 11 c.95 –, in: juris. 27die der aufstellung der verkehrszeichen vorgelagerte verkehrsrechtliche anordnung der straßenverkehrsbehörde, auf der die aufstellung der verkehrszeichen beruht, enthält vor der aufstellung der verkehrszeichen noch keine regelung mit unmittelbarer außenwirkung gegenüber den betroffenen verkehrsteilnehmern oder anliegern und kann daher von diesen auch nicht durch anfechtungsklage angegriffen werden. erst durch aufstellung der verkehrszeichen erfolgt die öffentliche bekanntmachung durch anbringung (§§ 39 abs. 2 und 3, 45 abs. 4 der straßenverkehrsordnung – stvo –) des verkehrszeichens. erst mit der aufstellung der entsprechenden verkehrszeichen tritt die verkehrsrechtliche anordnung auch in richtung auf anlieger und verkehrsteilnehmer nach außen hervor und betrifft sie in ihrer rechtstellung. 28so bverwg, urteil vom 09.09.1993 – 11 c 37.92 –; vgh baden-württemberg, urteil vom 20.10.1994 – 5 s 474/94 –, beide veröffentlicht in juris. 29gegenstand des vorliegenden verfahrens ist somit die angeordnete geschwindigkeitsbegrenzung, nicht jedoch der sogenannte „blitzer“ also die verkehrsüberwachungsanlage, die mangels außenwirkung kein verwaltungsakt ist und damit nicht mit einer anfechtungsklage beseitigt werden kann. sie hat vielmehr lediglich die funktion eines beweismittels im ordnungswidrigkeitenverfahren. 30die anfechtungsklage richtet sich somit zutreffend gegen die verkehrsrechtliche anordnung der c. e. , die durch die aufstellung von verkehrszeichen bekannt gemacht ist. die durch verkehrszeichen getroffenen verkehrsrechtlichen anordnungen fallen nach gefestigter rechtsprechung unter § 80 abs. 2 nr. 2 vwgo und sind deshalb von gesetzes wegen sofort vollziehbar. 31bverwg, beschluss vom 07.11.1977 – vii b 135.77 –, in: juris. 32die c. e. ist gem. § 6 abs. 2 der verordnung über die bestimmung der zuständigen behörden nach der straßenverkehrsordnung des landes nordrhein-westfalen für die verkehrszeichen auf autobahnen zuständig. für den ausgang des verfahrens ist es nach auffassung des gerichts vorliegend unerheblich, dass sich die verkehrsbehördliche anordnung, die zur aufstellung der streitigen verkehrszeichen – nach angaben der c. e. in den frühen siebziger jahren – geführt hat, nicht mehr in schriftform auffinden lässt. soweit der kläger daraus offenbar den schluss zieht, es fehle an einer zugrundeliegenden anordnung der c. e. und die aufstellung der beanstandeten verkehrszeichen sei somit ohne rechtliche grundlage, vermag das gericht ihm nicht zu folgen. denn vorliegend ergibt es sich ohne jeden zweifel, dass die aufstellung der verkehrszeichen mit wissen und wollen der zuständigen verkehrsbehörde erfolgt ist. so ergibt sich aus den in den verwaltungsvorgängen der c. enthaltenen schreiben vom 05.12.2008 sowie vom 22.01.2009 betreffend die anordnung der hier streitigen verkehrszeichen sowie eines zusatzzeichens „radarkontrolle“, dass die straßenverkehrsbehörde die aus den siebziger jahren stammende geschwindigkeitsbegrenzung einer laufenden überprüfung unterzogen hat und entsprechend – wie auch die vorliegende klage zeigt – an ihr festhält. damit ergeben sich jedoch keine zweifel daran, dass die geschwindigkeitsbegrenzung auf wissentlichem und gewolltem handeln der straßenverkehrsbehörde beruht. 33als verkehrsteilnehmer, den dieses gebot bzw. verbot betrifft, ist der kläger klagebefugt i.s.d. § 42 abs. 2 vwgo. 34die klage ist auch rechtzeitig erhoben. nach § 74 abs. 1 satz 2 vwgo ist die klage innerhalb eines monats nach bekanntgabe zu erheben, wenn – wie hier nach § 110 abs. 1 satz 1 des gesetzes über die justiz im lande nordrhein-westfalen – justg nrw – i.v.m. § 68 abs. 1 satz 2 vwgo – die durchführung eines widerspruchsverfahrens nicht erforderlich ist. die bekanntgabe erfolgt – wie oben dargelegt – durch aufstellung des verkehrsschildes. sind verkehrszeichen so aufgestellt oder angebracht, dass sie ein durchschnittlicher kraftfahrer bei einhaltung der nach § 1 stvo erforderlichen sorgfalt schon „mit einem raschen und beiläufigen blick“ erfassen kann, äußern sie ihre rechtswirkung gegenüber jedem von der regelung betroffenen verkehrsteilnehmer, gleichgültig, ob er das verkehrszeichen tatsächlich wahrnimmt oder nicht. aus dieser betroffenheit folgt, dass die anfechtungsfrist gegenüber jedermann nicht bereits mit dem aufstellen des verkehrszeichens in gang gesetzt wird, sondern vielmehr erst dann ausgelöst wird, wenn sich der betreffende verkehrsteilnehmer erstmals der regelung des verkehrszeichens gegenübersieht. 35so bverwg, urteil vom 23.09.2010 – 3 c 37/09 –, in: juris m.w.n. 36ausdrücklich stellt das bundesverwaltungsgericht dazu fest, dass die gemäß § 58 abs. 2 vwgo – wegen fehlender rechtsmittelbelehrung – einjährige rechtsbehelfsfrist allerdings nicht erneut zu laufen beginnt, wenn sich derselbe verkehrsteilnehmer demselben verkehrszeichen ein weiteres mal gegenübersieht. das verkehrsge- oder -verbot wirkt ihm gegenüber fort, so lange dessen anordnung und bekanntgabe aufrecht erhalten bleiben. es hat bei einem erneuten gegenübertreten für ihn nur eine erinnernde funktion. 37bverwg, urteil vom 23.09.2010 a.a.o. 38unter beachtung dieser voraussetzungen war die jahresfrist zur klageerhebung hinsichtlich der hier angefochtenen verkehrlichen anordnung zum zeitpunkt der klageerhebung am 25.03.2015 noch nicht abgelaufen. der kläger hat nach seinem weder vom gericht noch vom beklagten land widerlegbaren vortrag 39vgl. insoweit vg düsseldorf, urteil vom 30.10.2014 – 6 k 2251/14 – in: juris 40das verkehrszeichen erstmals am 22.08.2014 gegen 4.52 uhr mit dem pkw passiert und damit innerhalb der jahresfrist klage erhoben. 41die demnach zulässige klage ist jedoch unbegründet. insbesondere nach dem ergebnis der mündlichen verhandlungen erweist sich die streitige geschwindigkeitsbegrenzung auf 100 km/h als rechtmäßig. es liegen nach auffassung des gerichts zum einen die tatbestandlichen voraussetzungen für die anordnung der geschwindigkeitsbegrenzung vor. zum anderen hat die c. e. auch ermessensfehlerfrei gehandelt. 42maßgeblich für die beurteilung einer gegen ein verkehrsgebot oder verkehrsverbot gerichteten klage ist regelmäßig die sach- und rechtslage zum zeitpunkt der letzten tatsachengerichtlichen verhandlung, da das durch ein verkehrszeichen ausgesprochene verbot fortwirkt, so lange die anordnung durch das belastende verkehrszeichen aufrecht erhalten bleibt und es sich daher um einen dauerverwaltungsakt handelt. 43ständige rechtsprechung des bundesverwaltungsgerichts, urteil vom 09.06.1967 – vii c 18.66 – 3 c 37/ 09 – m.w.n.; urteil vom 13.12.1979 – 7 c 46/78 –; urteile vom 21.08.2003 – 3 c 15.03 –, alle veröffentlicht in juris. 44die angefochtene anordnung findet ihre rechtsgrundlage in § 45 abs. 1 satz 1 i.v.m. § 45 abs. 9 satz 1 stvo. nach § 45 abs. 1 satz 1 stvo können die straßenverkehrsbehörden die benutzung bestimmter straßen oder straßenstrecken aus gründen der sicherheit oder ordnung des verkehrs beschränken oder verbieten oder den verkehr umleiten. diese vorschrift stellt seit inkrafttreten der straßenverkehrsordnung die rechtsgrundlage für die anordnung von verkehrsregelungen dar. durch die verordnung vom 07.08.1997 (bgbl i, s. 2008) ist § 45 abs. 9 stvo angefügt worden. nach § 45 abs. 9 satz 1 stvo sind verkehrszeichen und verkehrseinrichtungen nur dort anzuordnen, wo dies aufgrund der besonderen umstände zwingend geboten ist. die vorschrift des § 45 abs. 9 satz 1 stvo und die gleichlautende vorschrift des § 39 abs. 1 stvo zielen darauf ab, die allgemeinen verhaltensvorschriften im straßenverkehr im bewusstsein der verkehrsteilnehmer aufzuwerten und die „subsidiarität der verkehrszeichenanordnung“ zu verdeutlichen. 45vgl. die begründung des bundesrates in: vkbl. 1997, 687, 689 nr. 9 und 690 nr. 22. 46„zwingend geboten“ ist ein verkehrszeichen unter berücksichtigung dieses regelungszwecks und des wortlauts der vorschriften daher nur dann, wenn das verkehrszeichen die zur gefahrenabwehr unbedingt erforderliche oder allein in betracht kommende maßnahme ist. das ist z.b. nicht der fall, wenn die allgemeinen und besonderen verhaltensregeln der straßenverkehrsordnung mit hinreichender wahrscheinlichkeit einen sicheren und geordneten verkehrsablauf gewährleisten. 47vgl. dazu bayer. vgh, urteil vom 28.09.2011 – 11 b 11.910 –; vg braunschweig, urteil vom 18.07.2006 – 6 a 389/04 –, beide veröffentlicht in juris. 48nach § 49 abs. 1 satz 2 stvo dürfen – abgesehen von hier nicht einschlägigen ausnahmen – beschränkungen und verbote des fließenden verkehrs nur angeordnet werden, wenn aufgrund der besonderen örtlichen verhältnisse eine gefahrenlage besteht, die das allgemeine risiko einer beeinträchtigung der in den vorstehenden absätzen genannten rechtsgüter – also etwa der sicherheit und ordnung des verkehrs – erheblich übersteigt. als speziellere regelung kritisiert und verdrängt § 45 abs. 9 satz 2 stvo in seinem anwendungsbereich die allgemeine regelung in § 45 abs. 1 und § 45 abs. 9 satz 1 stvo. 49nach rechtsprechung des bundesverwaltungsgerichts, von der abzuweichen das gericht keinen anlass sieht, können besondere örtliche verhältnisse i.s.v. § 45 abs. 9 satz 2 stvo bei verkehrsbehördlichen maßnahmen insbesondere in der streckenführung, dem ausbauzustand der strecke, witterungsbedingten einflüssen, der dort anzutreffenden verkehrsbelastung und den daraus resultierenden unfallzahlen begründet sein. sie liegen auch dann vor, wenn der streckenverlauf durch eng aufeinander folgende autobahnkreuze oder –dreiecke und eine vielzahl von sonstigen ab- und zufahrten geprägt wird. neben diesen auf die streckenführung bezogenen faktoren hat das bundesverwaltungsgericht auf die verkehrsbelastung abgestellt. so kommt es danach auch auf die im sogenannten dtv-wert ausgedrückte durchschnittliche tägliche verkehrsstärke an; ebenso fällt ein überproportional hoher anteil des schwerlastverkehrs ins gewicht. 50so ausdrücklich bverwg, urteil vom 23.09.2010 – 3 c 37/09 –, in juris m.w.n. 51eine gefahrenlage, die das allgemeine risiko einer rechtsgutbeeinträchtigung erheblich übersteigt, ist nach ausdrücklicher richtigstellung des bundesverwaltungsgerichts nicht erst dann anzunehmen, wenn alsbald mit an gewissheit grenzender wahrscheinlichkeit vermehrt schadensfälle eintreten würden, sähe die zuständige straßenverkehrsbehörde von einem eingreifen ab. da unfälle in der regel auf einer mehrzahl von faktoren beruhen, die sowohl subjektiver (fahrerverhalten) wie objektiver art (streckencharakter und verkehrsverhältnisse) sein können, für die wiederum eine reihe von umständen (mit-)bestimmend sein können, wird sich in der konkreten situation eine an sicherheit grenzende wahrscheinlichkeit vermehrter schadensfälle kaum je dartun lassen. wenn jedoch wie bei verkehrsbeschränkungen und –verboten regelmäßig immer hochrangige rechtsgüter wie leib und leben und bedeutende sachwerte betroffen sind, ist ein behördliches einschreiten bereits bei einer geringeren wahrscheinlichkeit des schadenseintritts zulässig und geboten. die voraussetzungen des § 45 abs. 9 satz 2 stvo sind daher bereits erfüllt, wenn eine das allgemeine risiko deutlich übersteigende wahrscheinlichkeit des schadenseintritts droht. erforderlich ist somit eine entsprechende konkrete gefahr, die auf besonderen örtlichen verhältnissen beruht. 52so ausdrücklich bverwg, urteil vom 23.09.2010 – 3 c 37/09 –, a.a.o. 53es genügt damit die feststellung, die konkrete situation an einer bestimmten stelle oder einer bestimmten strecke einer straße liege die befürchtung nahe, es könnten – möglicherweise durch zusammentreffen mehrerer gefahrenträchtiger umstände – irgendwann in überschaubarer zukunft mit hinreichender wahrscheinlichkeit schadensfälle eintreten. 54so ovg nrw, beschluss vom 14.10.2013 – 8 a 681/12 – m.w.n. 55die beurteilung des bestehens einer solchen qualifizierten gefahrenlage ist aufgrund einer prognose anhand der zum zeitpunkt der entscheidung vorliegenden tatsachen zu treffen. 56so bverwg, urteil vom 23.09.2010 – 3 c 37/09 –, a.a.o. 57unter anwendung dieser voraussetzungen liegen für den von der geschwindigkeitsbegrenzung betroffenen autobahnabschnitt besondere örtliche verhältnisse vor. dies ergibt sich aus den vom beklagten land vorgelegten stellungnahmen und plänen des landesbetriebes straßenbau nordrhein-westfalen (straßen.nrw). daraus ergibt sich, dass in dem betrachteten abschnitt folgende längsneigungen vorliegen: von km 327,829 bis km 328,619: 4 % gefälle; von km 328,619 bis km 329,405: 2,003 % gefälle; von km 329,405 bis km 329,900: 4 % gefälle; von km 329,900 bis km 330,441: 4,0129 % gefälle; von km 330,441 bis km 300,000: 3,989 % steigung. des weiteren ergibt sich in diesem autobahnabschnitt von km 329,766 bis km 330,382 ein kurvenradius von 800 m. ebenso werden nach der stellungnahme des landesbetriebes straßenbau vom 28.07.2016 die bei annahme einer richtgeschwindigkeit von 130 km/h erforderlichen haltesichtweiten zwischen km 330.540 und km 329.040 nicht erreicht. in fahrtrichtung hannover fehlen darüber hinaus übergangsbögen zwischen den einzelnen kurvenradien. 58hinsichtlich des durchschnittlichen tagesverkehrs (dtv) wurde bei der manuellen straßenverkehrszählung 2010 (stand 11.11.2011) zwischen den anschlussstellen bielefeld-sennestadt und der anschlussstelle bielefeld-zentrum ein dtv von 78.700 fahrzeugen erfasst mit einem schwerverkehrsanteil von 19,3 %. nach den daten der 4 km vor beginn des tempo-100-bereichs bei strecken-km 337,7 installierten dauerzählstelle „bielefeld“ wurde im jahr 2013 ein dtv von 86.479 kraftfahrzeugen erfasst. der anteil des schwerverkehrs betrug dabei 20,1 %. im jahre 2014 betrug der dtv 88.882 kraftfahrzeuge sowie im jahre 2015 89.724 kraftfahrzeuge. der lkw-anteil stieg danach von 17.377 lkw im jahre 2013 auf 17.858 lkw im jahre 2015. 59das gericht sieht zunächst keinen anlass, an der richtigkeit und zuverlässigkeit der von dem landesbetrieb straßenbau nrw vorgelegten pläne und daten zu zweifeln. es gibt keine gesetzliche beweisregel, die es dem gericht verwehren würde, zur überzeugungsbildung auf eine in das verfahren eingeführte fachbehördliche stellungnahme zurückzugreifen. dies gilt auch dann, wenn es sich um die behörde eines verfahrensbeteiligten rechtsträgers handelt. 60so ausdrücklich bayr. vgh, beschluss vom 07.11.2008 – 4 zb 07.2826 –, in: juris. 61der landesbetrieb straßenbau nordrhein-westfalen ist ein teil der landesverwaltung. er plant, baut und betreibt alle autobahnen, bundes- und landesstraßen im bereich des beklagten landes. allein aus dieser eigenschaft lassen sich keine belastbaren anhaltspunkte für parteilichkeit, unzureichende fachliche kompetenz oder sonstige theoretisch in betracht zu ziehende gesichtspunkte ableiten, die gegen die inhaltliche richtigkeit und die verlässlichkeit der stellungnahmen sprechen könnten. das ganz beträchtliche gewicht, dass das gericht ihren hier im rahmen seiner würdigung des prozessstoffes gem. § 108 vwgo zumisst, ist nicht dadurch bedingt, dass die mitarbeiter von straßen nrw außenstehende im verhältnis zum beklagten land sind. es beruht vielmehr darauf, dass die den hier streitigen autobahnabschnitt planende, bauende und betreibende behörde aufgrund der ausbildung und der tätigkeit ihrer mitarbeiter dazu berufen und befähigt ist, sachkundige auskünfte über die von ihr selbst geschaffenen tatsachen und über ihre eigene tätigkeit darzulegen. 62vgl. dazu auch ovg nw, beschluss vom 11.03.2014 – 2 b 1315/13 –; ovg nrw, beschluss vom 20.06.2013 – 2 b 628/13 –, n.v. 63anhaltspunkte dafür, dass – wovon offenbar der kläger ausgeht – vorliegend das beklagte land beweismittel produziere, um seiner klage den erfolg zu verwehren, sind weder substanziiiert vorgetragen noch in irgendeiner weise für das gericht ersichtlich. 64die oben dargestellten örtlichen verhältnisse stellen nach auffassung des gerichts zum einen „besondere“ örtliche verhältnisse dar und führen zum anderen auch zu einer das allgemeine risiko übersteigenden gefährdung. das gericht orientiert sich insofern an den richtlinien für die anlage von autobahnen (raa), ausgabe 2008. zwar stellen technische regelwerke keine rechtsquellen dar, sie können jedoch als ausdruck der erkenntnisse und erfahrungen von fachleuten die bedeutung von allgemeinen erfahrungssätzen haben und antizipierte sachverständigengutachten darstellen. 65so bverwg, beschluss vom 15.01.2008 – 9 b 7/07 –; beschluss vom 07.05.2007 – 4 b 5.07 – beide veröffentlicht in juris. 66ob sie in dieser weise verwertbar sind, hängt maßgeblich davon ab, ob die zusammensetzung des normungsgremiums und ihre verfahren die gewähr dafür bieten, dass der auf einem fachgebiet vorhandene sachverstand durch sie repräsentiert wird und nicht interessengruppen einseitig die normung steuern. die raa 2008 wurden mit allgemeinem rundschreiben des bundesministeriums für verkehr, bau- und stadtentwicklung vom 23.06.2009 (vkbl 2010, 55) eingeführt. nach diesem rundschreiben sind die richtlinien für die bundesfernstraßen in der baulast des bundes einzuführen und ab sofort allen planungen und entwürfen für den neubau, die erweiterung sowie für den um- und ausbau von autobahnen in der baulast des bundes zugrunde zu legen. gem. ziffer 2.2 der richtlinien (verkehrssicherheit) wird durch die darin enthaltenen entwurfs- und betriebsmerkmale einfluss auf das verhalten der verkehrsteilnehmer und damit auch auf die verkehrssicherheit genommen. in der dazu dargestellten tabelle 2 wird als ziel die erreichung sicherer fahrverläufe sowie sicheres neben- und hintereinanderfahren definiert, wobei als mögliche einflussgrößen die radienrelation, die räumliche linienführung, die sichtweiten, die quer- und schrägneigung sowie auch die längsneigungen aufgeführt sind. nach auffassung des gerichts besteht kein zweifel daran, dass es sich um ein technisches regelwerk handelt, das objektiven sachverstand zum ausdruck bringt und in ihren ausführungen ausschließlich fachlich fundierte einschätzungen und wertungen verbindet. 67vgl. bverwg, beschluss vom 15.01.2008 – 9 b 7/07 –, a.a.o.; im ergebnis ebenso für das planfeststellungsverfahren ovg nrw, urteil vom 29.09.2011 – 11 d 93/09.ak –, in: juris. 68ebenso wie die vorgängerrichtlinien, die richtlinien für die anlage von straßen-teil: querschnitt (ras-q 96) stellen die raa damit ein grundsätzlich taugliches hilfsmittel für die beantwortung der frage dar, wann es aus gründen der sicherheit oder der leichtigkeit des verkehrs geboten ist, verkehrliche maßnahmen zu ergreifen. 69vgl. bverwg, urteil vom 18.11.2010 – 3 c 42/09 –, in: juris. 70dies zugrunde gelegt, sehen die raa unter punkt 3.4 geschwindigkeiten vor, dass die autobahn der hier vorliegenden entwurfsklasse 1 a (fernautobahn) nach den vorgaben dieser richtlinien so geplant werden, dass in der regel keine beschränkung der zulässigen höchstgeschwindigkeit erforderlich ist. es gilt dabei die richtgeschwindigkeit von 130 km/h. werden beim entwurf von autobahnen dieser klasse im zuge einer ansonsten großzügigen trassierung kurvenradien in der nähe der grenzwerte trassiert, ist in abstimmung mit der verkehrsbehörde für diese abschnitte die anordnung einer zulässigen höchstgeschwindigkeit insbesondere bei nässe zu erwägen. hinsichtlich der so beschriebenen grenzwerte gehen die raa unter dem punkt 5 linienführung, 5.3 höhenplan von einer höchstlängsneigung von 4 % aus. hinsichtlich der kurvenradien sollen autobahnen der vorliegenden entwurfsklasse einen mindestradius von 900 m aufweisen. darüber hinaus wird unter dem punkt 5.2.3 übergangsbögen ausgeführt, dass übergangsbögen an allen autobahnen erforderlich sind. 71die streckenführung im hier streitigen autobahnabschnitt der a2 wird diesen für die verkehrssicherheit wichtigen anforderungen nicht oder zumindest nur grenzwertig gerecht. hinsichtlich der höchstlängsneigungen liegen diese auf 3 streckenabschnitten mit 4 % gefälle an der grenze der nach den raa zur gewährleistung sicherer fahrt bei nasser fahrbahn unter berücksichtigung der richtgeschwindigkeit von 130 km/h festgelegten werte. in einem etwa 500 m langen abschnitt ist diese grenze mit einem gefälle von 4,0129 % leicht überschritten. im letztgenannten bereich befindet sich des weiteren eine kurve mit einem radius von 800 m, die den mindestradius nach den raa von 900 m somit deutlich übersteigt. nach der stellungnahme des landesbetriebes straßenbau fehlt es zudem vor diesem kurvenradius –wie auch zu beiden seiten der kurve mit dem radius 1.000 m und der kurve mit dem radius 1002,5 m – an einem übergangsbogen. diese als klothoide ausgebildeten übergangsbögen sollen ein allmähliches ein- und auslenken ermöglichen und so eine kontinuierliche änderung der bei der kurvenfahrt auftretenden centrifugalbeschleunigung bewirken. 72soweit der kläger in der mündlichen verhandlung darauf hingewiesen hat, dass in der stellungnahme des landesbetriebes straßenbau darauf hingewiesen worden sei, dass, um den nachteil des geringen kurvenradius zu kompensieren, die höchstquerneigung, die 6 % betrage, um 0,5 % überschritten worden sei und damit die auswirkung der fliehkraft kompensiert werde, folgt das gericht insoweit der überzeugenden erklärung des vertreters des landesbetriebes in der mündlichen verhandlung. dieser hat überzeugend darauf hingewiesen, dass die aus dieser stelle resultierenden gefahren dadurch nicht beseitigt würden, sondern lediglich gemindert. insofern weist das beklagte land nach auffassung des gerichts zu recht darauf hin, dass durch die veränderung der querneigung wiederum andere gefahren eröffnet werden, die sich z.b. bei kälte oder nässe ergeben können. 73betreffend die haltesichtweiten weisen die raa unter punkt 5.5.1 darauf hin, dass verkehrssicherheit und qualität des verkehrsablaufes die einhaltung der haltesichtweite erfordern. diese habe die aufgabe, dem kraftfahrer jederzeit bei gefahr das rechtzeitige anhalten vor hindernissen zu ermöglichen. aus der stellungnahme des landesbetriebes straßenbau ergibt sich hier, dass die vorhandenen haltesichtweiten die erforderlichen haltesichtweiten im bereich zwischen km 330.540 und 329.830 zum teil deutlich unterschreiten. in diesem abschnitt wäre unter berücksichtigung der berechnungsformeln der raa lediglich eine geschwindigkeit von 90 km/h zulässig. auch in dem abschnitt von km 329.120 bis 329.030 werden die auf die richtgeschwindigkeit bezogenen erforderlichen haltesichtweiten nicht erreicht. 74die vom kläger gegen die so ermittelten werte vorgebrachten einwände vermögen das gericht nicht zu überzeugen. wie bereits oben dargelegt, beruhen diese berechnungen auf den sachverständigen wertungen der raa zur berücksichtigung der verkehrssicherheit beim bau von autobahnen. soweit der kläger die in den raa im anhang 7 dargestellte formel rügt, da sie insofern einen mathematisch unzulässigen prozentwert beinhalte, hat dies für die berechnung der haltesichtweiten, die sich aus der tabelle 33 des anhangs ergeben, auch nach dem vortrag des klägers selbst keine bedeutung. dass die sachverständigen verfasser der richtlinien insoweit von einer bremsverzögerung von 3,7 m/s² ausgehen sowie von einer reaktionsdauer von 2 sekunden, liegt im rahmen ihrer sachverständigen bewertung der sicherheitsanforderungen und ist vom gericht nicht zu beanstanden. in den richtlinien wird dazu unter punkt 5.5.2 ausgeführt, dass die speziellen bedingungen des fahrverhaltens auf autobahnen berücksichtigt sind. deshalb sind für die haltesichtweite größere werte als die physiologisch begründeten mindestwerte für die reaktionszeit und fahrdynamisch mögliche bremswege bei gefahrenbremsungen zu grunde gelegt. nach auffassung des gerichts ist gegen diese sachverständige wertung nichts zu erinnern. 75die vom landesbetrieb straßenbau mitgeteilten werte sind nach auffassung des gerichts auch aus anderen gründen nicht zu beanstanden. so hat der vertreter des landesbetriebes in der mündlichen verhandlung überzeugend dargelegt, dass die ermittlung der werte zunächst durch tatsächliche messungen an der strecke im jahre 2009 mittels theodolit und entfernungsmesser ermittelt worden seien. diese daten seien nach den werten der raa mittels eines eingeführten rechenprogramms zu den dargestellten werten umgesetzt worden. aus diesen ausführungen ergibt sich nach auffassung des gerichts, dass – entgegen der ansicht des klägers – die hier zu grunde gelegten werte in einem ordnungsgemäßen und nicht zu beanstandenden verfahren ermittelt worden sind. 76dagegen richtet sich die vom kläger in der mündlichen verhandlung dargestellte auf eigenen berechnungen beruhenden tabelle nicht nach den für die verkehrssicherheit nach den raa erforderlichen prämissen, sondern legt andere, an geringerem sicherheitserfordernissen orientierte prämissen zu grunde. für das gericht besteht daher kein anlass, sich an diesen berechnungen zu orientieren. 77schließlich ist der hier streitige streckenabschnitt auch durch die besonderheit eines hohen verkehrsaufkommens gekennzeichnet. insofern hat das bundesverwaltungsgericht bereits in seiner entscheidung vom 05.04.2001 78bverwg, urteil vom 05.04.2001 – 3 c 23/00 –, in: juris. 79ausgeführt, dass es offensichtlich ist und keiner weiteren begründung bedarf, dass die dichte sowohl des verkehrs wie auch der zu- und abfahrten, zu einer auf besonderen örtlichen verhältnissen beruhenden besonderen gefahrenlage führt. von dieser auffassung des bundesverwaltungsgerichts abzuweichen, sieht auch das gericht für den vorliegenden fall keinen anlass. insbesondere vermag das gericht keinen grund dafür zu erkennen, dass diese allgemeine erkenntnis im laufe der seither vergangenen jahre überholt sein könnte. 80dies voraussetzt ergibt sich eine gegenüber den allgemeinen verhältnissen erheblich erhöhte örtliche verkehrsdichte hier bereits aus den dem gericht vorliegenden dtv-werten der manuellen zählung 2010 i.v.m. den laufenden werten der dauerzählstelle bielefeld in den jahren 2013 bis 2015. auf die bereits im jahre 2015 manuell gezählten werte kann insofern deshalb noch nicht abgestellt werden, da diese bislang lediglich eine stichprobe darstellen und die sich daraus ergebenden endgültigen statistischen werte zum zeitpunkt der mündlichen verhandlung noch nicht vorliegen. aus den oben dargestellten werten der verkehrszählung 2010 ergibt sich jedoch deutlich, dass die verkehrsbelastung im fraglichen autobahnabschnitt um 50 % über dem landesdurchschnitt liegt und auch der schwerverkehrsanteil mit 20 % deutlich höher als der landesdurchschnitt mit 13,5 % liegt. selbst wenn man – worauf der kläger hinweist – berücksichtigt, dass die dauerzählstelle bielefeld die verkehrsbelastung auf dem hier fraglichen abschnitt nicht exakt misst, da sich die zählstelle ca. 4 km vor dem geschwindigkeitsbeschränkten abschnitt und noch vor der ausfahrt bielefeld-sennestadt befindet, so lassen doch die ergebnisse nur den schluss zu, dass – wenn man sie in relationen zu den zahlen der verkehrszählung 2010 setzt – auf der fraglichen strecke ein weit den durchschnitt übertreffendes verkehrsaufkommen sowohl im pkw- als auch im lastkraftwagenbereich festzustellen ist. die zahlen sind jedenfalls ersichtlich geeignet darzustellen, dass auch derzeit die verkehrsbelastung wesentlich höher ist als im übrigen gebiet des beklagten landes. damit liegt auch insoweit eine besonderheit vor, die zur risikoerhöhung führt. 81es bedarf nach allem hier nach auffassung des gerichts keiner entscheidung, ob und inwieweit jeder der vorliegenden besonderheiten die annahme einer konkreten gefahr rechtfertigt. aus der vielzahl der besonderen gefahrerhöhenden merkmale ergibt sich hier jedenfalls in der gesamtschau eine konkrete gefahr für die betroffenen rechtsgüter, die das allgemeine risiko erheblich überschreitet. 82im hinblick auf die vorstehend benannten tatsachen bedurfte es nach auffassung des gerichts der vom kläger in der mündlichen verhandlung beantragten einholung eines weiteren sachverständigengutachtens nicht. die einholung weiterer sachverständigengutachten liegt grundsätzlich im ermessen des gerichts. das ermessen wird nur dann verfahrensfehlerhaft ausgeübt, wenn von der einholung weiterer gutachten oder gutachterlicher stellungnahmen abgesehen wird, obwohl die notwendigkeit einer weiteren beweiserhebung sich hätte aufdrängen müssen. dies ist nur dann der fall, wenn das gericht zu der überzeugung gelangen muss, dass die grundvoraussetzungen nicht gegeben sind, die für die verwertbarkeit von gutachten im allgemeinen oder nach den besonderen verhältnissen des konkreten falles gegeben sein müssen, weil diese gutachten offen erkennbare mängel enthalten, von unzutreffenden tatsächlichen voraussetzungen ausgehen oder unlösbare widersprüche aufweisen, wenn sich aus ihnen zweifel an der sachkunde oder der unparteilichkeit der gutachter ergeben oder sich herausstellt, dass es sich um eine besondere schwierige fachfrage handelt, die ein spezielles fachwissen erfordert, das bei dem vorliegenden gutachten nicht vorhanden ist. eine verpflichtung des gerichts, zusätzlich zu einem vorliegenden gutachten weitere gutachten einzuholen oder in sonstige ermittlungen einzutreten, besteht hingegen nicht schon deshalb, weil ein beteiligter die bisher vorliegenden erkenntnisquellen im ergebnis für unzutreffend hält. 83so bverwg, beschluss vom 01.04.2009 – 2 b 90/08 –, m.w.n. zur rechtsprechung des bundesverwaltungsgerichts, veröffentlicht in juris. 84unter berücksichtigung dieser voraussetzungen hat das gericht den beweisantrag des klägers in der mündlichen verhandlung abgelehnt. bezüglich der einzelheiten kann insoweit zur vermeidung von wiederholungen auf das protokoll der mündlichen verhandlung verwiesen werden. ergänzend weist das gericht darauf hin, dass hinsichtlich des beweisantrages zu ziffer 8 sich bereits aus dem vortrag des klägers selbst ergibt, dass eine vielzahl von autofahrern den vorliegend streitigen autobahnabschnitt offenbar nicht mit der genügenden aufmerksamkeit befährt. der kläger selbst hat dazu vorgetragen, dass jedes jahr durchschnittlich 110.000 bis 120.000 fahrzeuge im ordnungswidrigkeitsrelevanten bereich gegen die hier angefochtene geschwindigkeitsbegrenzung verstoßen. dies zeigt nach auffassung des gerichts, dass die aufmerksamkeit der kraftfahrer insoweit nicht allein durch den ansteigenden berg und die dann folgende kurve genügend geweckt ist, da die aufmerksamkeit offenbar nicht einmal soweit reicht, dass sie durch die hier streitige geschwindigkeitsbegrenzung und das auf die radarkontrolle hinweisende zusatzschild geweckt würde. 85liegen nach alledem die ermessenseröffnenden voraussetzungen der ermächtigungsgrundlage vor, folgt aus § 45 abs. 9 satz 2 i.v.m. § 45 abs. 1 stvo weiterhin, dass auch maßnahmen im bereich der regelung des § 45 abs. 9 stvo im ermessen der zuständigen behörden stehen. in der regel entspricht es nach der rechtsprechung des bundesverwaltungsgerichts der ausübung eines pflichtgemäßen ermessens, eine entsprechende anordnung zu erlassen, um der gefahr für die sicherheit und leichtigkeit des verkehrs zu begegnen. ihr entschließungsermessen ist somit reduziert. 86bverwg, urteil vom 10.12.1974 – vii c 19.71 –, in: juris; urteil vom 23.09.2010 – 3 c 37/09 – a.a.o. 87ein ermessen steht der behörde insbesondere zu, soweit es um die auswahl der mittel geht, mit denen die konkreten gefahren bekämpft oder gemildert werden sollen. dabei ist allerdings der grundsatz der verhältnismäßigkeit zu berücksichtigten, der verletzt ist, wenn die sicherheit und leichtigkeit des verkehrs durch weniger weitergehende anordnungen gewährleistet werden kann. dabei ist es der straßenverkehrsbehörde aufgrund ihres sachverstandes und ihres erfahrungswissens vorbehalten festzulegen, welche von mehreren in betracht zu ziehenden maßnahmen den bestmöglichen erfolg verspricht. in diesem zusammenhang geht das bundesverwaltungsgericht davon aus, dass einwänden eines klägers nur dann nachgegangen werden muss, wenn er jedenfalls ansatzweise den nachweis einer ersichtlich sachfremden und damit unvertretbaren maßnahme führt. dies erhöht die inhaltlichen anforderungen, die mit blick auf die einschätzungsprärogative der straßenverkehrsbehörde an den vortrag eines betroffenen zu stellen sind. 88bverwg, urteil vom 05.04.2001 – 3 c 23/00 –; urteil vom 23.09.2010 – 3 c 32/09 –, beide veröffentlicht in juris. 89die vom beklagten land vorliegend getroffene ermessensentscheidung kann jedoch vom gericht nur darauf überprüft werden, ob die behörde die gesetzlichen grenzen ihres ermessens eingehalten und ob sie von ihrem ermessen in einer dem zweck der ermächtigung entsprechenden weise gebrauch gemacht hat, § 114 vwgo. ausgehend von diesen maßstäben ist die ermessensentscheidung der c. e. im vorliegenden fall unter berücksichtigung der im verwaltungsgerichtlichen verfahren insbesondere im hinblick darauf, dass vorliegend – wie bereits oben dargelegt – nicht auf eine schriftlich vorliegende begründete verkehrsbehördliche anordnung abgestellt werden kann – zulässigerweise nachgeschobenen gründe (§ 114 satz 2 vwgo) 90vgl. insofern bverwg, urteil vom 15.12.2011 – 3 c 40/10 –, in: juris. 91nicht zu beanstanden. das gericht kann vorliegend nicht feststellen, dass die behörde von unzutreffenden, in wahrheit nicht gegebenen, unvollständigen oder falsch gedeuteten tatsächlichen oder rechtlichen voraussetzungen ausgegangen ist oder sachfremde erwägungen angestellt hat. 92insbesondere erweist es sich nicht als sachfremd, dass die c. der angeordneten geschwindigkeitsbegrenzung auf 100 km/h den vorrang vor anderen maßnahmen, wie etwa einem überholverbot für lkw, gegeben hat. wie bereits oben dargelegt, legen die berechnungen der haltesichtweiten die anordnung der streitigen höchstgeschwindigkeit nahe. allenfalls die berücksichtigung der tatsache, dass die berechnung der haltesichtweiten nach den raa im grundsatz von einer nassen fahrbahn ausgeht, lässt es gerechtfertigt erscheinen, von einer sich danach eigentlich ergebenden geschwindigkeitsbegrenzung auf 90 km/h abzusehen. dass ein überholverbot für lkw die tatsächliche haltesichtweite nicht verlängern würde, liegt dagegen auf der hand. 93bei der wahl der mittel ist es nach auffassung des gerichts weiterhin sachgerecht, nicht darauf abzustellen, ob ein besonders geübter fahrer mit einem besonders modernen und besonders sicheren kraftfahrzeug diesen autobahnabschnitt auch mit einer höheren geschwindigkeit bewältigen kann. es ist jedenfalls nicht ermessensgerecht, nicht auf diesen fahrer abzustellen, sondern auf den allgemeinen durchschnitt der kraftfahrer. 94so auch bverwg, urteil vom 13.12.1974 – vii c 19.81 – a.a.o. 95ein ermessensfehlgebrauch kann entgegen der auffassung des klägers auch nicht in dem hinweis auf die allgemeinen regeln zur geschwindigkeit und zum verhalten im straßenverkehr in § 3 abs. 1 und § 1 der straßenverkehrsordnung gesehen werden. diese vorschriften, nach der die teilnahme im straßenverkehr ständige vorsicht und gegenseitige rücksicht erfordert bzw. ein fahrzeugführer die fahrgeschwindigkeit so einzurichten hat, dass er jederzeit in der lage ist, sein fahrzeug zu beherrschen, reichen dann nicht aus, wenn viele fahrer die örtliche situation, die zu einer minderung der fahrgeschwindigkeit anlass gibt, nicht kennen und infolge dessen auch die besonderen risiken nicht zu erkennen vermögen, um diesen verpflichtungen nachzukommen. dies gilt auch, soweit der kläger auf markierungen der gefahrenstelle durch hinweisschilder bezug nimmt. verkehrszeichen, die auf eine gefahrenstelle hinweisen, sind ihrer natur nach lediglich ein hinweiszeichen und beinhalten keine anordnung. sie können daher nicht als gleichwirksam angesehen werden, da es dem kraftfahrer nicht so eindrucksvoll die gefährlichkeit der verkehrssituation vor augen führt wie eine sanktionsbewehrte geschwindigkeitsbegrenzung. diese appelliert nicht nur an die sorgfaltspflicht, sondern erteilt dem kraftfahrer einen verbindlichen befehl. 96so bverwg, urteil vom 13.12.2974 – vii c 19.71 –, a.a.o. 97insgesamt laufen die diesbezüglichen anregungen des klägers im grunde auf das verlangen hinaus, auf dem streitigen abschnitt „feldversuche“ derart durchzuführen, dass geschwindigkeitsfreigaben ausprobiert werden, um die daraus resultierende unfallentwicklung zu analysieren, die bislang eben durch die streitige anordnung in grenzen gehalten wurde. die verantwortung dafür abzulehnen, ist von seiten des beklagten landes sachgerecht und im rahmen der ermessensausübung nicht zu beanstanden. 98so auch bverwg, urteil vom 05.04.2001 – 3 c 23/00 –, in: juris. 99war die klage nach alledem mit dem hauptantrag abzuweisen, hat auch der hilfsantrag, festzustellen, dass die anordnung der verkehrszeichen ohne anordnung erfolgt ist, keinen erfolg. wie bereits oben dargelegt, hat das gericht keinen zweifel daran, dass die aufstellung der verkehrszeichen mit wissen und wollen der zuständigen verkehrsbehörde erfolgt ist. 100die klage war daher mit der kostenfolge aus § 154 abs. 1 vwgo abzuweisen. 101die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit folgt aus §§ 167 abs. 2 vwgo i.v.m. §§ 708 nr. 11, 711 zpo.
Verklagte*r
0
341,370
2 D 1/20.NE
2021-10-04T00:00:00
Urteil
Tenor Der Bebauungsplan Nr. 790/N – Stadtbezirk Nord – Stadtteile H. und F. , Gebiet zwischen Europaplatz, I.-------straße , T.--------straße , C.----------straße und der Bahntrasse – der Stadt N. ist unwirksam. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Antragsgegnerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Antragsteller zuvor Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet. Die Revision wird nicht zugelassen. 1Tatbestand: 2Der Antragsteller wendet sich gegen den Bebauungsplan Nr. 790 – Stadtbezirk Nord – Stadteile H. und F. , Gebiet zwischen F2.-----platz , I.-------straße , T.--------straße , C.----------straße und der Bahntrasse – der Antragsgegnerin (im Weiteren: Bebauungsplan). Er ist Eigentümer des Grundstücks Gemarkung N. , Flur 21, Flurstück 232 (F3. Straße 9). Es liegt im Geltungsbereich dieses Bebauungsplans und ist mit einem vierstöckigen Gebäude bebaut. Ein Teil der in den oberen Stockwerken vorhandenen Wohnungen ist vermietet. Einige Nutzungseinheiten, namentlich das Erdgeschoss stehen derzeit leer. Hier war zuletzt eine gewerbliche Nutzung genehmigt. Der Antragsteller beabsichtigt nach eigenen Angaben, im Erdgeschoss einen erotischen Massagesalon und ein Wettbüro anzusiedeln; die Wohnungen im ersten und zweiten Obergeschoss will er vorrangig an Prostituierte vermieten, die dort auch ihrem Gewerbe sollen nachgehen können. 3Das Plangebiet des Bebauungsplans umfasst annähernd dasselbe Plangebiet wie das des Bebauungsplans Nr. 754/N, den der Rat der Antragsgegnerin am 17. Juni 2015 beschlossen und den das erkennende Gericht auf den Antrag des Antragstellers mit Urteil vom 6. April 2017 - 2 D 77/15.NE - für unwirksam erklärt hat. Es wird umgrenzt vom F2.-----platz , der I.-------straße , dem Bahnkörper, der C.----------straße sowie der vor wenigen Jahren neu hergestellten T.--------straße . Ausgenommen ist die Fläche der Bushaltestelle für den überregionalen und internationalen Busverkehr an der Kreuzung I1. -T1. -Straße/I2.-----------straße . Aus Richtung des F4.-----platzes durchzieht die I3.----------straße das Plangebiet. Von Norden her kommend verläuft die F3. Straße durch das Plangebiet bis zur I4.----------straße . In deren Verlängerung führt die I1. -T1. -Straße bis an die Plangebietsgrenze an der Bahnunterführung. An den Straßenzügen im Plangebiet befindet sich eine umfängliche Straßenrandbebauung mit im Wesentlichen vier- bis fünfgeschossigen Gebäuden aus unterschiedlichen Bauepochen. Die Innenbereiche der Baublöcke sind überwiegend mit ein- oder mehrgeschossigen Baukörpern überbaut. 4Erklärte Ziele des Planes sind die Sicherung des Gebiets als Wohnstandort, die Stärkung der bestehenden Funktionsmischung aus Wohnen, Gastronomie, Einzelhandel, Dienstleistung und nicht störendem Gewerbe sowie die Schaffung einer insgesamt höheren Aufenthaltsqualität (Planbegründung S. 15). 5Zur Umsetzung der Planungsziele setzt der Bebauungsplan für die Bauflächen innerhalb des Plangebietes Urbane Gebiete (MU) gemäß § 6a BauNVO fest. 6Nach Ziffer 1.1 Abs. 1 der textlichen Festsetzungen sind in den Urbanen Gebieten die ausnahmsweise zulässigen Vergnügungsstätten i. S. d. § 6a Abs. 3 Nr. 1 BauNVO sowie Tankstellen i. S. d. § 6a Abs. 3 Nr. 2 BauNVO gem. § 1 Abs. 6 Nr. 1 BauNVO nicht Bestandteil des Bebauungsplans. 7Nach Ziffer 1.1 Abs. 2 der textlichen Festsetzungen sind Einzelhandelsbetriebe, deren Zweck auf den Verkauf von Artikeln mit sexuellem Charakter ausgerichtet ist, Anlagen und Betriebe, die gewerblich betriebenen sexuellen Dienstleistungen und Darbietungen dienen, sowie Wohnungsprostitution gem. § 1 Abs. 9 BauNVO i. V. m. § 1 Abs. 5 BauNVO ausgeschlossen. 8Zum Schutz vor Verkehrslärm enthält der Bebauungsplan unter Ziffer 2 der textlichen Festsetzungen Vorgaben zur Luftschalldämmung von Außenbauteilen, die mit entsprechenden zeichnerischen Festsetzungen zur Kennzeichnung von Lärmpegelbereichen (V bis VII) korrespondieren. Der Lärmpegelbereich VII erstreckt sich im südlichen Planbereich. 9Ziffer 2.1 lautet: 10Innerhalb der mit Lärmpegelbereichen gekennzeichneten Bereiche sind die Anforderungen an die Luftschalldämmung von Außenbauteile gemäß DIN 4109 "Schallschutz im Hochbau" Ausgabe November 1989 sowie der VDI – Richtlinie 2719 "Schalldämmung von Fenstern" einzuhalten. Für Aufenthaltsräume muss das erforderliche resultierende Schalldämm-Maß R'w, res gemäß der Tabelle 8 "Anforderungen an die Luftschalldämmung von Außenbauteilen" der DIN 4109 ermittelt werden. 11Diese Tabelle 8 ist im Anschluss - bezeichnet als Auszug aus der DIN 4109 - auf der Planurkunde abgedruckt. 12In Ziffer 2.2 heißt es: 13Die Minderung der nach vorstehender Ziffer 2.1 zu treffenden Schallschutzmaßnahmen ist im Einzelfall zulässig, sofern im bauordnungsrechtlichen Genehmigungsverfahren fachgutachterlich der Nachweis geführt wird, dass aufgrund der geplanten Raumnutzung bzw. einer geringeren Geräuschbelastung z. B. durch Eigenabschirmung des Gebäudes) die Erfüllung der Anforderungen eines niedrigeren Lärmpegelbereichs ausreichend ist. 14In Ziffer 2.3 ist geregelt: 15An allen Fassaden ist die Belüftung von Aufenthaltsräumen durch schallgedämmte Lüftungseinrichtungen oder durch gleichwertige Maßnahmen sicherzustellen, sofern nicht im bauordnungsrechtlichen Genehmigungsverfahren fachgutachterlich der Nachweis geführt wird, dass ein Lärmpegel von 45 dB(A) nachts an der Fassade des jeweiligen Aufenthaltsraumes unterschritten wird. 16Die überbaubare Grundstücksfläche wird durch Baulinien und Baugrenzen bestimmt. Die Baulinien finden sich entlang der Straßenräume und zeichnen die Außenkanten der Baublöcke nach, mit Ausnahme der Abgrenzung zum Bushaltestellenbereich für überregional und international verkehrende Buslinien. Hier sind ebenso wie zum Bahndamm Baugrenzen festgesetzt. Zum Maß der baulichen Nutzung enthält der Bebauungsplan keine Regelungen, sondern den Hinweis, der Bebauungsplan werde als "einfacher Bebauungsplan" gemäß § 30 Abs. 3 BauGB aufgestellt; die planungsrechtliche Zulässigkeit von Vorhaben richte sich jenseits der getroffenen Festsetzungen nach § 34 BauGB. 17Die Planbegründung nimmt zur Darstellung der Bestandssituation auf eine Erhebung von März 2017 Bezug. Diese zeige, dass die vier- bis fünfgeschossigen Gebäude entlang der I.-------straße , der I5.---------straße und der F3. Straße in den Obergeschossen vornehmlich zu Wohnzwecken genutzt würden. Zu geringen Teilen fänden sich andere Nutzungen. Hierzu zählten Büro- und Praxisnutzungen, ein Hotel, ein Seniorenhaus, ein Einzelhandelsbetrieb aus dem Erotiksektor sowie gewerbliche Zimmervermietung (Wohnungsprostitution). In der Erdgeschosszone im Plangebiet überwögen Ladenlokale in Form von Einzelhandels- und Dienstleistungsbetrieben. In den Gebäuden an der T.--------straße befänden sich auch im Erdgeschoss ausschließlich Wohnnutzungen. Entlang der I5.---------straße werde das Angebot durch Gastronomiebetriebe ergänzt. Darüber hinaus fänden sich mehrere Vergnügungsstätten (Spielhallen und Wettbüros) im Plangebiet (östlicher Bereich der I5.---------straße bzw. an der I.-------straße ). Die Plangebegründung stellt zudem eine hohe Leerstandsquote und Fluktuation in der Vermietung der Ladenlokale in der I5.---------straße fest (vgl. dort S. 10). 18Im Weiteren betont die Planbegründung, die Aufstellung des Bebauungsplans sei Teil eines umfassenderen Planungsansatzes mit dem Ziel, das gesamte Umfeld durch näher bezeichnete Bebauungspläne neu zu ordnen (vgl. Planbegründung S. 10 f.). Weiterhin sei das Plangebiet Teil des Integrierten Handlungs- und Entwicklungskonzepts (IHEK) Alt-N. . Ziel sei die Aufwertung der gesamten N1. Innenstadt. Vorgesehen seien u. a. der Umbau des Zentralen Omnibusbahnhofs am F1.------platz und die damit einhergehende Aufwertung des öffentlichen Raums (Maßnahme 8) sowie die Umgestaltung des Platzes der S. als Freiraumpark mit Anbindung an die geplante Seestadt. 19Zu "Ziel und Zweck der Planung" wird im Wesentlichen ausgeführt: Aufgrund der bestehenden baulichen Dichte stelle sich das Plangebiet bereits als ein typisch innerstädtisches Quartier dar, das dem städtebaulichen Leitbild einer kompakten und nutzungsdurchmischten Stadt der kurzen Wege gerecht werden könne. Die zentrale Lage im Stadtgebiet und insbesondere die Nähe zum Hauptbahnhof stellten erhebliche Chancen dar, die jedoch bislang nicht zu einer positiven Entwicklung des Plangebiets und dessen näherer Umgebung geführt hätten. Die Ziele der Planung für das Quartier seien durch bereits städtebaulich ablesbare Fehlentwicklungen gefährdet, die darüber hinaus zu einer weiteren Abwertung des Quartiers führen könnten. Indikatoren hierfür seien die hohe Anzahl der Leerstände und der vermehrte Bestand an Vergnügungsstätten wie Spielhallen und Wettbüros sowie von gewerblichen Nutzung aus dem Erotiksektor. Diese Entwicklungen würden allgemein als "Trading-Down-Effekt" bezeichnet. Um dem entgegenzuwirken, sollten zukünftig aus dem Plangebiet ausgeschlossen werden: "Vergnügungsstätten, Einzelhandelsbetriebe, deren Zweck auf den Verkauf von Artikeln mit sexuellem Charakter ausgerichtet ist, Anlagen und Betriebe, die gewerblich betriebenen sexuellen Dienstleistungen und Darbietungen dienen, sowie Wohnungsprostitution". Die negativen Auswirkungen der genannten Nutzungen lägen in erster Linie in dem Verdrängungseffekt gegenüber den anderen Hauptnutzungen wie Einzelhandel, Dienstleistung, Gastronomie, Gewerbe, etc. Dieser sog. Trading-Down-Effekt entstehe durch die Konkurrenz zwischen Betrieben mit typischerweise geringem Investitionsbedarf und vergleichsweise hoher Ertragsstärke (insb. Vergnügungsstätten und vergleichbare Anlagen) und den übrigen vorhandenen Nutzungen. Durch massive Ansiedlungsversuche von Vergnügungsstätten, Einzelhandelsbetrieben, deren Zweck auf den Verkauf von Artikeln mit sexuellem Charakter ausgerichtet sei, sowie Betrieben, die gewerblich sexuelle Dienstleistungen anböten, drohe die Gefahr einer einseitigen Nutzungsstruktur von überwiegend städtebaulich problematischen Nutzungen im Plangebiet. Die Kunden der Vergnügungsstätten stellten nur in beschränktem Maße eine potenzielle Kundschaft für benachbarte Läden und Gastronomiebetriebe dar. Die Häufung solcher Nutzungen fördere somit den Abwärtstrend der Geschäftslagen und die Wertminderung des gesamten Immobilienstandortes und erzeuge letztlich Leerstände. Die innerstädtischen Einzelhandelslagen, die durch ihre Ladenlokale mit ausstellenden, einladenden Schaufenstern oder einladenden Gastronomiebetrieben entlang eines öffentlichen Straßenraums erst ihr Potenzial entwickelten, würden beispielsweise durch sich abschottende Spielhallenfronten in ihrer Vitalität gestört (vgl. dort S. 15.) Mit dem Ausschluss der genannten schädlichen Nutzungen werde den Empfehlungen des Vergnügungsstättenkonzeptes weitestgehend gefolgt. Allerdings werde diesem wegen geänderter städtebaulicher Vorstellungen nicht gefolgt, soweit dort für den nördlichen Planbereich ein sog. Toleranzbereich dargestellt sei, in dem Vergnügungsstätten ausnahmsweise zulässig sein sollen (vgl. dort S. 18). 20Zum Immissionsschutz führt die Planbegründung u. a. aus, dass die Ergebnisse der schalltechnischen Untersuchung des Schienen- und Straßenverkehrslärms große Überschreitungen der – mangels anderweitiger Hinweise zum Umgang mit Urbanen Gebieten – herangezogenen Orientierungswerte der DIN 18005 für Mischgebiete ergeben hätten. Die Höhe der Überschreitungen reiche bis zur enteignungsrechtlichen Zumutbarkeitsschwelle, die am Tag für Mischgebiete bei 72 dB(A) liege. Diese würde am Tag jedoch nur in marginalen Kleinstflächen an der T.--------straße /Ecke I.-------straße überschritten. Die enteignungsrechtliche Zumutbarkeitsschwelle, die nachts für Mischgebiete bei 62 dB(A) liege, werde hingegen in den Baugebieten südlich der I5.---------straße vollständig überschritten. Hier bewegten sich die berechneten Beurteilungspegel zwischen 64 und 70 dB(A). In den Baugebieten nördlich der I5.---------straße lägen die Beurteilungspegel zumindest in den Blockinnenbereichen (ohne Berücksichtigung der Bestandsgebäude) unterhalb von 62 dB(A). Darüber hinaus stiegen die Werte in diesen Baugebieten bis 65 dB(A) an. Es müssten daher Schallschutzmaßnahmen getroffen werden. Der bauplanungsrechtliche Handlungsspielraum sei bei der Bestandsplanung stark eingeengt. Ein größerer Abstand zur Lärmquelle, eine Zuordnung der Baugebiete, ein Lärmschutzwall oder eine Lärmschutzwand sowie eine aufschiebende Bedingung für die Zulässigkeit (bspw. von Wohnen) seien aufgrund der vorhandenen baulichen Strukturen und der bereits vorhandenen Nutzungen innerhalb des Plangebiets nicht möglich. Eine lärmrobuste städtebauliche Struktur sei in den nördlichen Baufeldern des Plangebiets möglich bzw. in Teilen bereits vorhanden. Hier bestünden beinahe durchgehende Blockstrukturen, die ruhigere Innenbereiche ermöglichten. Damit lärmabgewandte Fassaden an den rückwärtigen Gebäudeseiten erhalten und komplettiert würden, seien durchgehend entlang der Straßen liegende Baulinien festgesetzt worden. Ein lärmmindernder Fahrbahnbelag sei bereits beim Neubau der T.--------straße und der C.----------straße genutzt worden, dies führe beim Beurteilungspegel des Straßenverkehrslärms zu einer Entlastung von 2 dB(A). Im Jahre 2018 sei auf dem Abschnitt der I3.----------straße zwischen C.----------straße und F3. Straße eine Geschwindigkeitsreduzierung auf 30 m/h umgesetzt worden. Das führe zu einer Entlastung von 2,4 dB(A). Die geplante Widmung der I3.----------straße als Busstraße werde zukünftig zu einer weiteren Entlastung führen. Einen Beitrag zur Verhinderung einer zukünftigen Erhöhung der Verkehrsbelastung leiste der Ausschluss von bestimmten verkehrsintensiven Nutzungen im Vergleich zum aktuell bestehenden Planungsrecht. Hierzu zählten Vergnügungsstätten, Tankstellen und großflächige Einzelhandelsbetriebe. Über den aktiven Schallschutz hinaus seien die getroffenen Maßnahmen durch passive Schallschutzvorkehrungen zu ergänzen. Festsetzungen zur Grundrissgestaltung könnten in der aktuellen baulichen Situation nicht zu einer Verbesserung der Lärmsituation im Gebäude führen, da aufgrund der Lücken der Blockrandbebauung nicht überall lärmabgewandte Gebäudeseiten existierten. Es seien Festsetzungen zu Anforderungen an den baulichen Schallschutz (Lärmpegelbereiche) sowie zu schallgedämmten Lüftungseinrichtungen aufgenommen worden; sie stellten bei Neu- und Umbau die Einhaltung der DIN 4109 "Schallschutz im Hochbau" sowie der VDI – Richtlinie 2719 "Schalldämmung von Fenstern" sicher. Da die schalltechnische Untersuchung gezeigt habe, dass bei der Berücksichtigung des Nachtzeitraums ein höherer Schallschutz erforderlich sei, sei bei der Festsetzung der Lärmpegelbereiche auf die Berechnungsgrundlagen mit Berücksichtigung des Nachtzeitraums zurückgegriffen worden. Da für das gesamte Plangebiet aktuell Beurteilungspegel nachts über 45 dB(A) aufträten, werde festgesetzt, dass an allen Fassaden im Plangebiet die Belüftung von Aufenthaltsräumen durch schallgedämmte Lüftungseinrichtungen oder durch gleichwertige Maßnahmen sicherzustellen seien (vgl. dort 20 ff.). Im Rahmen des Neubaus der T.--------straße und der C.----------straße sei die obligatorische Abwicklung von Lärmschutzmaßnahmen nach der 24. BImSchV (z. B. Einbau von Schallschutzfenstern) bereits vorgenommen worden. Zudem betreibe die Stadt N. ein freiwilliges Schallschutzprogramm, in dessen Rahmen der Einbau von Schallschutzfenstern an den übrigen Gebäuden im Plangebiet mit Lärmpegeln ab 70 dB(A) am Tag bzw. 60 dB(A) nachts (verursacht durch Straßenverkehrslärm) finanziell gefördert werden könne (vgl. dort S. 20 ff.). Im Rahmen einer zusammenfassenden Betrachtung wird weiter ausgeführt: Die getroffenen Festsetzungen könnten die Lärmsituation lediglich verbessern (durch den Ausschluss verkehrsintensiver Nutzungen) bzw. durch passive Schallschutzfestsetzungen zumindest bei Neubauten einen ausreichenden Schallschutz gewährleisten. Allerdings sei zu berücksichtigen, dass die Planungen dieses Bebauungsplanes keinen neuen Nutzungskonflikt auslösten, da weder die Lärmsituation verschlechtert werde noch neue schutzwürdige Nutzungen (insb. Wohnen) in das fast vollständig bebaute und bereits überwiegend durch Wohnen geprägte Gebiet gebracht würden. Dem grundsätzlichen Verbesserungsverbot werde durch die Ausschöpfung sämtlicher möglicher Maßnahmen Rechnung getragen. Darüber hinaus sei insbesondere für die maßgebliche Lärmquelle des Schienenverkehrslärms eine positive Entwicklung absehbar. Nach Auskunft der Deutschen Bahn Netz AG würden einige Schienenwege in N. hinsichtlich der Möglichkeit einer Förderung im Rahmen des Lärmsanierungsprogramms der DB an bestehenden Schienenwegen untersucht. Auf dem Abschnitt der Strecke 2520 sei nach derzeitigem Planungsstand zwischen dem Hauptbahnhof und der B.--straße auf nordwestlicher Seite der Gleise eine 3 m hohe Schallschutzwand vorgesehen. Die Realisierung solle im Jahre 2021 erfolgen. Der Entwurf müsse noch beim zuständigen Eisenbahn-Bundesamt zur Plangenehmigung vorgelegt werden (vgl. dort S. 23 f.). 21Der Regionalplan stellt für den Bereich des Bebauungsplans „Allgemeiner Siedlungsbereich“ dar. Der Flächennutzungsplan der Antragsgegnerin enthielt bis zu seiner Berichtigung nach Erlass des Bebauungsplans Nr. 754/N für dessen Geltungsbereich die Darstellung Kerngebiet. Nach dessen Erlass erfolgte die Berichtigung in dem entsprechenden Bereich zu Mischgebiet. Die Berichtigung des Plangebietes in Urbanes Gebiet erfolgte nach Bekanntmachung des streitigen Bebauungsplans. 22Das vom Rat der Antragsgegnerin am 26. September 2013 als übergeordnetes städtebauliches Konzept beschlossene Vergnügungsstättenkonzept stellt für den Großteil des Geltungsbereichs des Bebauungsplans einen Stadtbereich dar, der von „Trading-Down-Effekten“ betroffen sei, und für einen Teil des südlich der T.--------straße gelegenen Planbereichs wie nördlich der T.--------straße einen sog. Toleranzbereich (vgl. dort S. 52). In seiner Sitzung am 29. April 2020 beschloss der Rat der Antragsgegnerin als 1. Änderung des Konzeptes, den Toleranzbereich für Vergnügungsstätten im Bereich der T.--------straße zwischen den Kreuzungen mit der Bismarckstraße und der C.----------straße /I3.----------straße herauszunehmen und die bisherige Abbildung im dargestellten Teilbereich durch den in der Anlage zur Beschlussvorlage (Nr. 4454/IX) beigefügten Plan zu ersetzen. 23Das Planaufstellungsverfahren nahm im Wesentlichen folgenden Verlauf: 24Nach Beschlussfassung zur Aufstellung des Bebauungsplans im Verfahren nach § 13a BauGB leitete die Antragsgegnerin die frühzeitige Beteiligung der Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange ein und führte die frühzeitige Beteiligung der Öffentlichkeit im Rahmen einer Veranstaltung am 7. November 2017 durch. Mit Schreiben vom 22. November 2017 teilte die Bezirksregierung E. auf eine entsprechende Anfrage der Antragsgegnerin mit, gegen den gemäß § 34 Abs. 1 und 5 LPlG vorgelegten Bebauungsplanentwurf bestünden keine landesplanerischen Bedenken. 25Die öffentliche Auslegung des Bebauungsplanentwurfs gemäß § 3 Abs. 2 BauGB erfolgte entsprechend der Bekanntmachung im Amtsblatt der Antragsgegnerin am 15. Oktober 2018 in der Zeit vom 24. Oktober 2018 bis einschließlich 30. November 2018. Die Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange wurden mit Schreiben vom 22. Oktober 2018 beteiligt. 26Mit anwaltlichem Schriftsatz vom 29. November 2018 wandte sich der Antragsteller gegen die Planung. Er machte im Wesentlichen geltend: Es handle sich um eine reine Negativplanung. Die bis dato vorherrschende Nutzungsform werde ausgeschlossen. Die Annahme, dass die Wohnnutzung, die doch angeblich gefördert werden solle, durch ein reines Verbot bestimmter Betriebe zunehmen werde, sei nicht schlüssig. Die Festsetzung als Urbanes Gebiet stehe im offenen Widerspruch zu den tatsächlichen örtlichen Gegebenheiten und damit zum objektiven Gebietscharakter. Die bestehenden und in der Plangebegründung selbst hervorgehobenen Lärmimmissionen vertrügen sich nur sehr bedingt mit der planerischen Zielsetzung, in diesem Gebiet gerade die Wohnnutzung zu stärken. Verbiete man die Ansiedlung bestimmter Betriebe im Plangebiet, in dem sie derzeit historisch strukturell bedingt konzentriert zu beobachten seien, so wären zumindest Alternativstandorte bereitzustellen. Daran fehle es. 27In seiner Sitzung vom 3. Juli 2019 beschloss der Rat der Antragsgegnerin nach Prüfung die Abwägung der im Rahmen der frühzeitigen Beteiligung sowie im Rahmen der öffentlichen Auslegung und der Beteiligung der Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange vorgebrachten Anregungen/Stellungnahmen gemäß der Empfehlung der Anlagen 1 und 2 der Beratungsvorlage „Vorlagen-Nr. 3860/IX“. Im Weiteren beschloss er den Bebauungsplan gemäß § 10 BauGB als Satzung sowie die dem Bebauungsplan beigefügte Begründung. Zugleich beauftragte er die Verwaltung, den Flächennutzungsplan im Wege der Berichtigung anzupassen. 28Am 4. Juli 2019 unterzeichnete der Bürgermeister den Vermerk über die Beschlussfassung auf der Bebauungsplanurkunde. Ebenfalls am 4. Juli 2019 unterzeichnete er die Bekanntmachung des Satzungsbeschlusses, die am 15. Juli 2019 im Amtsblatt der Antragsgegnerin veröffentlicht wurde. 29Am 2. Januar 2020 hat der Antragsteller den Normenkontrollantrag gestellt und diesen erstmals mit Schriftsatz vom 15. Juli 2020 begründet, den er in Kopie zugleich am selben Tag per Fax mit gesondertem Anschreiben an die Antragsgegnerin versandte. 30Zur Begründung des Normenkontrollantrags führt der Antragsteller, seine Einwendungen im Ausstellungsverfahren im Wesentlichen vertiefend und ergänzend, aus: Der Bebauungsplan schließe die von ihm für sein Grundstück F3. Straße 9 beabsichtigten Nutzungen mit Ausnahme des Wettbüros aus. Er sei insoweit unwirksam, da er das berechtigte Interesse an der Umsetzung der von ihm, dem Antragsteller, geplanten Nutzungen nicht ausreichend berücksichtige. Er beschränke sich auf eine reine Negativplanung. Der Abwägungsmangel bestehe darin, dass Nutzungen, die es ihm ermöglichen würden, sein Eigentum gewinnbringend zu nutzen, gezielt ausgeschlossen würden, ohne alternative Nutzungsformen konkret zu fördern bzw. bereitzustellen. Der Hinweis auf das Vergnügungsstättenkonzept beantworte die offene Frage nicht, an welchen anderen Orten im Stadtgebiet Vergnügungsstätten überhaupt noch eine begründete Aussicht darauf hätten, genehmigt zu werden. Jedenfalls Wohnungsprostitution dürfte sich im Ergebnis nicht im gesamten Stadtgebiet bauplanungsrechtlich verhindern lassen, wie es ganz offenkundig die Intention des Vergnügungsstättenkonzepts der Antragsgegnerin sei. Hinzu komme, dass Wohnungsprostitution, die sich auf die oberen Etagen eines Hauses beschränke, den Zielen, die die Antragsgegnerin mit der Aufstellung des Bebauungsplans verfolge – in den Ladenlokalen im Bereich des Erdgeschosses keine Vergnügungsstätten zuzulassen - nicht zuwiderlaufe. Es stelle sich die Frage, ob vereinzelt stattfindende Wohnungsprostitution dem Begriff der Vergnügungsstätte unterfalle. Es handele sich vielmehr um eine modifizierte Form der Wohnnutzung. Falsch sei auch die Annahme, die ausgeschlossenen Betriebe seien Nebennutzungsformen. Sie prägten vielmehr bisher den Charakter des Plangebietes. Er habe seit Jahren das Problem, geeignete Mieter zu finden. Diejenigen, die überhaupt noch bereit seien, Wohnraum in dieser Lage anzumieten, zahlten häufig die Miete nicht. Gleiches gelte für die Vermietung des Ladenlokals im Erdgeschoss. Nicht ohne Grund stehe es bereits seit Jahren leer. Die hohe Fluktuation in der Vermietung der Ladenlokale und die Leerstände seien in der Begründung des Bebauungsplans zwar angesprochen. Um der daraus resultierenden Unternutzung entgegenzuwirken, beschränke sich der Bebauungsplan aber im Ergebnis auf ein reines Ansiedlungsverbot für weitere Vergnügungsstätten. Im Plangebiet bestehe auch wegen der hohen Lärmbelastung weder eine relevante Nachfrage nach weiterem Wohnraum noch nach Ladenlokalen. Eine Nachfrage werde auch nicht durch ein reines Verbot der genannten Nutzungen geschaffen. Ein solches könne die aktuelle Situation nicht nachhaltig verbessern. Zudem stehe die Festsetzung des Plangebietes als Urbanes Gebiet im offenen Widerspruch zu den tatsächlichen örtlichen Gegebenheiten und damit zum objektiven Gebietscharakter des Plangebietes. Der Charakter eines Gebietes, welches sich durch seine besondere Nähe zum Hauptbahnhof, durch hohe Lärmimmissionen und durch eine hohe Präsenz von Vergnügungsstätten auszeichne, komme einem Kerngebiet am nächsten. Bereits der Durchführungsplan vom 22. Juli 1953 habe das Plangebiet als Geschäftsgebiet festgesetzt, was am ehesten mit einem Kerngebiet vergleichbar sei. An dem Gebietscharakter des Plangebietes als Kerngebiet habe sich wenig verändert. Spielhallen, Wettbüros und Erotiketablissements seien für den Gebietscharakter mittlerweile prägend. Im Vergnügungsstättenkonzept N. werde nicht ohne Grund auf Blatt 30 und 34 ausdrücklich darauf hingewiesen, dass sich Spielhallen und Erotiketablissements aktuell im Bereich des Hauptbahnhofes konzentrierten. Der Umstand, dass immer Wohnnutzung vorhanden gewesen sei, widerspreche nicht der Qualifizierung des gesamten Plangebietes als Kerngebiet. Ein Gebiet, das durch Vergnügungsstätten und Dienstleistungsbetriebe aus dem Bereich der Erotikbranche geprägt werde und darüber hinaus für ein Urbanes Gebiet untypische und nach Art und Umfang unzulässige Lärmimmissionen aufweise, könne schwerlich als Urbanes Gebiet eingestuft werden. Auch lägen die Lärmimmissionen im Plangebiet in Teilbereichen in einem im Hinblick auf mögliche Gesundheitsgefährdungen kritischen Bereich. Dies vertrage sich nur sehr bedingt mit der planerischen Zielsetzung, in diesem Gebiet gerade die Wohnnutzung zu stärken. Die Antragsgegnerin habe den Lärmkonflikt zwar erkannt, sich aber darauf beschränkt, wenig konkrete Maßnahmen zu dessen Abmilderung zu benennen. Ausgehend von den Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts im Urteil vom 29. November 2012 – 4 C 8.11 – sei es unzulässig, den Schutz der Wohnnutzung in einem derart relevanten Umfang durch passive Schallschutzmaßnahmen gewährleisten zu wollen. Das gelte im Besonderen für zukünftige Wohnnutzungen in Neubauten. Der Hinweis auf finanzielle Förderungen bei von betroffenen Eigentümern selbst beauftragten Modernisierungsmaßnahmen reiche nicht. Es werde insbesondere nicht sichergestellt, dass diese Maßnahmen tatsächlich ergriffen würden. Auch habe der Fachbereich 61 der Antragsgegnerin am 10. Juli 2019 angemerkt, dass durch den Bebauungsplan keine zusätzlichen Kosten für aktive oder passive Schallschutzmaßnahmen entstehen würden. Der Bebauungsplan werde dem Erfordernis, sämtliche Maßnahmen zu ergreifen, die geeignet und erforderlich seien, um eine vom Plangeber als rechtswidrig erkannte Ist-Situation in einen rechtmäßigen Zustand zu überführen, nicht gerecht. Zudem entbehrten die Zukunftsprognosen jeder nachvollziehbaren Tatsachengrundlage. Daraus folge ein schwerwiegender Abwägungsmangel. Sollte die Bezirksregierung in das Planaufstellungsverfahren nicht ordnungsgemäß eingebunden gewesen sein, so wäre hierin des Weiteren ein relevanter Verstoß gegen das Gebot zu sehen, den Bebauungsplan aus dem Flächennutzungsplan zu entwickeln, welches vom Grundsatz her auch im Rahmen der §§ 13 und 13a BauGB unter den dort genannten Einschränkungen einzuhalten sei. Der Verstoß hätte die Unwirksamkeit des Bebauungsplans zur Folge. Darüber hinaus wären eine unterbliebene Einbindung und die Nichtbeachtung wesentlicher Vorgaben des Flächennutzungsplans als weitere Abwägungsmängel zu qualifizieren. 31Der Antragsteller beantragt, 32den Bebauungsplan Nr. 790/N – Stadtbezirk Nord - Stadtteile H. und F. - Gebiet zwischen F2.-----platz , I.-------straße , T.--------straße , C.----------straße und der Bahntrasse – der Antragsgegnerin für unwirksam zu erklären. 33Die Antragsgegnerin beantragt, 34den Antrag abzulehnen. 35Zur Begründung führt sie im Wesentlichen aus: Der Bebauungsplan sei als solcher der Innenentwicklung verabschiedet worden. Ein solcher könne schon vor Anpassung des Flächennutzungsplanes geändert und ergänzt werden. Dem Bebauungsplan liege ein ausgewogenes städtebauliches Konzept zugrunde. In der Abwägung sei erkannt worden, dass der Antragsteller mit der von ihm angestrebten gewerblichen Nutzung eine bessere Rendite seiner Liegenschaft erzielen könne. Dieses Interesse sei aus übergeordneten städtebaulichen Gründen zurückgestellt worden. Insoweit werde das Vergnügungsstättenkonzept in Bezug genommen. Da mit der Planung positive Vorstellungen über die Entwicklung des Plangebietes verbunden seien, handele es sich nicht um eine reine Negativplanung. Der Plangeber wolle lediglich der bereits eingetretenen negativen städtebaulichen Entwicklung entgegenwirken, um die in einem Urbanen Gebiet möglichen sonstigen Nutzungen zu fördern und zukünftig zu stärken. Hierfür sei der Ausschluss städtebaulich problematischer Nutzungen ein Baustein. Der Bebauungsplan sei auch keine Einzelmaßnahme zur Aufwertung des Quartiers, sondern Teil eines umfassenderen Planungsansatzes zur Neuordnung des gesamten Umfeldes. Der vom Plangeber verfolgte Ansatz – Ausschluss von städtebaulich problematischen Nutzungen innerhalb des Plangebietes sowie massive (bauliche) Aufwertungen im gesamten Umfeld des Plangebietes – könne den vorherrschenden Trading-Down-Effekt nicht verstärken. Die Vielzahl baulicher Großprojekte in unmittelbarer Nähe zum Plangebiet insbesondere auch in Verbindung mit dem Integrierten Handlungs- und Entwicklungskonzept Alt-N. dienten der Stärkung des Quartiers. Darüber hinaus würden sich im Umfeld des Plangebietes die Einwohnerzahl und damit auch die Kaufkraft sowie die Frequentierung des Plangebietes, insbesondere aufgrund der Lagegunst, erhöhen. So werde der angrenzende F2.-----platz überplant. Anstelle des Hauses X. mit Leerständen sollten dort "19 Häuser" in einem Ensemble errichtet werden, bei gleichzeitigem Ausschluss der auch in diesem Gebiet problematischen Nutzungen. Durch das geförderte Projekt "Soziale Stadt Alt-N. " würde eine Vielzahl flankierender baulicher wie sozialer und pädagogischer Maßnahmen ergriffen. Außerdem reiche es aus, wenn der Ausschluss einzelner Nutzungen einen Beitrag zu dem verfolgten Ziel der Aufwertung des Quartiers leisten könne. Das Vernügungsstättenkonzept sehe entweder einen Ausschluss oder eine nur ausnahmsweise Zulässigkeit von Vergnügungsstätten in den Kerngebietsbereichen und gemischten Bauflächen vor. In den insgesamt 20 im Konzept aufgenommenen Toleranzbereichen seien ausreichend Möglichkeiten für die Ansiedlung von Vergnügungsstätten gegeben. Der bisherigen Aussage des Konzeptes zu einem Toleranzbereich an der T.--------straße folge die Planung ausdrücklich nicht. In diesem Zusammenhang sei zu berücksichtigen, dass sich seit der Erstellung des Vergnügungsstättenkonzepts die rechtliche Situation für Vergnügungsstättenbetreiber stark geändert habe. Daher werde eine grundsätzliche Fortschreibung des Konzeptes angestrebt. Die Rechte der Eigentümer seien hinreichend berücksichtigt worden. In Abwägung der Nutzungsinteressen der Eigentümer und der städtebaulichen Absichten des Plangebers sowie zur mittelfristigen Behebung und Vermeidung der (Neu-)Entstehung städtebaulicher Missstände habe der Plangeber sich gegen die Nutzungsinteressen der (Bestands-)Eigentümer entschieden. Die ausgeübte genehmigte Nutzung sei weiterhin uneingeschränkt möglich. Auch eröffne sich den Eigentümern aufgrund der in einem Urbanen Gebiet allgemein zulässigen zahlreichen sonstigen Nutzungsmöglichkeiten Perspektiven für durchaus hochwertige Nutzungen. Die Eigentümerinteressen hätten hinter dem öffentlichen-rechtlichen Interesse, ein klares Signal gegen weitere Trading-Down-Tendenzen zu setzen, zurückzustehen. Die Festsetzung Urbaner Gebiete sei hier zielführend. Mit der Möglichkeit der Festsetzung eines Urbanen Gebietes sei den Kommunen ein Instrument zur Verfügung gestellt worden, mit dem sie planerisch die nutzungsgemischte Stadt der kurzen Wege verwirklichen könnten. Diesem Leitbild entsprächen die Zielvorstellungen der vorliegenden Planung. Die zentrale Lage im Stadtgebiet und insbesondere die Nähe zum Hauptbahnhof stellten erhebliche Chancen dar. Es solle die Entwicklung eines urbanen Quartiers unterstützt werden, das sich im Sinne der Leipzig-Charta durch kurze Wege, Arbeitsplätze vor Ort und eine gute soziale Mischung auszeichne. Die Möglichkeit einer solchen Entwicklung sei insbesondere vor dem Hintergrund der Vielzahl an aktuellen Projekten für die nähere Umgebung erreichbar. Wegen des hohen Anteils an Wohnnutzungen in Verbindung mit der sonstigen im Plangebiet vorhandenen Nutzungsmischung aus Einzelhandels-, Dienstleistungs- und Gastronomiebetrieben, Büro- und Praxisnutzungen, einem Hotel, einem Seniorenhaus sowie Vergnügungsstätten verbleibe die Einstufung als Urbanes Gebiet als einzig mögliche Gebietskategorie. Weitere Nutzungen, die in den vormals festgesetzten Kerngebieten zulässig gewesen seien, wie großflächiger Einzelhandel, Tankstellen in Zusammenhang mit Parkhäusern und Großgaragen, seien im Plangebiet nicht angesiedelt und außerdem an dieser Stelle auch planerisch nicht gewollt. Sie würde, wie bereits in der Planbegründung ausgeführt werde, die ohnehin schwierige Verkehrslärmsituation weiter verschlechtern. Tankstellen würden zudem die gewünschte Blockrandbebauung unterbrechen und der Schaffung einer insgesamt höheren Aufenthaltsqualität sowie der Stärkung des Gebietes als Wohnstandort zuwiderlaufen. Großflächige Einzelhandelsbetriebe lägen – mit Ausnahme der ersten Bauzeile östlich der I.-------straße – außerhalb eines Zentralen Versorgungsbereichs und würden damit zumindest in Bezug auf nahversorgungsrelevante Sortimente gegen das Nahversorgungs- und Zentrenkonzept verstoßen. Die innerhalb des Versorgungsbereichs gelegene Fläche sei klein und die Ansiedlung eines großflächigen Einzelhandelsbetriebes sei auch zukünftig nicht absehbar. Die Zurücknahme der Nutzungsmöglichkeiten gegenüber einem Kerngebiet sei deshalb auch insoweit vertretbar. Die Abwägung sei im Hinblick auf die Lärmvorbelastung ebenfalls nicht zu beanstanden. Aufgrund der Lärmsituation im Bestand seien im Rahmen des Bebauungsplans die erforderlichen Immissionsschutzmaßnahmen fachgutachterlich ermittelt und sodann im Bebauungsplan verankert worden. Um dabei zukünftig ein möglichst hohes Lärmschutzniveau zu gewährleisten, sei die schalltechnische Untersuchung im Sinne einer "Worst-Case"-Betrachtung durchgeführt worden. In der Begründung des Planes sei ausdrücklich dargelegt, dass eine Reihe von aktiven Schallschutzmaßnahmen bereits umgesetzt worden seien, z. B. ein lärmmindernder Fahrbahnbelag und eine Geschwindigkeitsreduzierung auf 30 km/h auf Teilen der I5.---------straße . Es seien weitere umsetzbare aktive Schallschutzmaßnahmen aufgenommen, beispielsweise teilweise durchgehende, entlang der Straßen liegende Baulinien festgesetzt worden. Die passiven Schallschutzmaßnahmen seien ergänzend festgesetzt. Das Plangebiet sei schon im Bestand in weiten Teilen von Lärm betroffen. Die im Bebauungsplan getroffenen Festsetzungen könnten die Lärmsituation lediglich verbessern. Die Planung selbst löse keine neuen Nutzungskonflikte aus, da weder die Lärmsituation verschlechtert werde noch neue schutzwürdige Nutzungen in das fast vollständig bebaute und bereits überwiegend wohngenutzte Gebiet gebracht würden. Es bestehe weder eine Pflicht noch eine Möglichkeit, den bestehenden Lärmkonflikt durch den Bebauungsplan vollständig zu lösen. Dem grundsätzlichen Verbesserungsgebot sei durch die Ausschöpfung sämtlicher möglicher Schallschutzmaßnahmen Rechnung getragen worden. Eine positive Entwicklung der aktuellen Lärmsituation sei zudem für die maßgebliche Lärmquelle Schienenverkehrslärm absehbar. Es sei eine 3 m hohe Schallschutzwand vorgesehen. Die Realisierung solle im Jahre 2023 erfolgen. Die Planung existiere als Entwurf und müsse noch beim zuständigen Eisenbahn-Bundesamt zur Plangenehmigung vorgelegt werden. Im Übrigen habe die Begründung des Bebauungsplans auf die obligatorische Abwicklung von Lärmschutzmaßnahmen nach der 24. BImSchV im Rahmen des Neubaus der T.--------straße und der C.----------straße sowie auf ihr freiwilliges Schallschutzfensterprogramm hingewiesen. Soweit der Antragsteller bemängele, dass in der Beratungsvorlage vom 14. Mai 2019 angemerkt worden sei, dass durch den Bebauungsplan keine zusätzlichen Kosten für die Stadt entstünden, sei darauf hinzuweisen, dass die Finanzierung des freiwilligen Schallschutzfensterprogrammes selbstverständlich im Haushalt bereits veranschlagt sei und die Mittel entsprechend bereitstünden. 36Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Aufstellungsvorgänge und Pläne Bezug genommen. 37Entscheidungsgründe: 38Der Normenkontrollantrag hat Erfolg. 39I. Der rechtzeitig entsprechend § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO binnen eines Jahres nach Bekanntmachung des Bebauungsplans gestellte Antrag ist auch im Übrigen zulässig. Insbesondere ist der Antragsteller im Sinne von § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO antragsbefugt. Als Eigentümer eines im Plangebiet gelegenen Grundstücks macht er hinreichend substantiiert geltend, namentlich im Hinblick auf die mit der Festsetzung eines Urbanen Gebiets und dem dazu weiter verfügten Ausschluss einzelner Nutzungen in seinem Recht auf gerechte Abwägung aus § 1 Abs. 7 BauGB und seinem Eigentumsrecht aus Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG verletzt zu sein. 40II. Der Normenkontrollantrag ist auch begründet. 41Der Bebauungsplan leidet zwar an keinen formellen Fehlern, die zu seiner Unwirksamkeit führten. Solche hat der Antragsteller nicht (fristgerecht) gerügt. Ohne Rüge beachtliche formelle Fehler sind nicht zu erkennen. Auch fehlt in Ansehung der erfolgten landesplanerischen Abstimmung jeder Anhalt für einen Verstoß gegen § 1 Abs. 4 BauGB, wonach Bebauungspläne den Zielen der Raumordnung anzupassen sind, und geht die Rüge eines Verstoßes gegen das Entwicklungsgebot aus § 8 Abs. 2 Satz 1 BGB, wonach Bebauungspläne aus dem Flächennutzungsplan abzuleiten sind, auch jenseits des gewählten Verfahrens nach § 13a BauGB ins Leere. Für die vorliegende Planung gelten die vom Senat in seinem Urteil vom 6. April 2017 – 2 D 77/15 – für die vorangegangene Planung zu diesen Aspekten angeführten Erwägungen (juris Rn. 117) entsprechend. 42Der Bebauungsplan weist aber durchgreifende materielle Mängel auf. 43Zwar fehlt es ihm in seiner Grundkonzeption nicht an der erforderlichen städtebaulichen Rechtfertigung im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB (1.). Er leidet jedoch mindestens in zweifacher Hinsicht an beachtlichen Mängeln. Das betrifft zunächst die Regelungen zur Feindifferenzierung der im Plangebiet zulässigen Art der baulichen Nutzung unter Ziffer 2 der textlichen Festsetzungen, jedenfalls im Hinblick auf den Ausschluss von "Wohnungsprostitution" (2.). Auch weisen die Behandlung und Abwägung der Belange des Immissionsschutzes (§ 1 Abs. 6 Nr. 7c BauGB) sowie der Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse (§ 1 Abs. 6 Nr. 1 BauGB) beachtliche Fehler auf (3.). Daraus folgt die Gesamtunwirksamkeit des Bebauungsplans (4.). 441. Der Bebauungsplan ist mit seinen Planungsansätzen in seiner Grundkonzeption i. S. v. § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB städtebaulich gerechtfertigt. 45Was i. S. d. § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB städtebaulich erforderlich ist, bestimmt sich maßgeblich nach der jeweiligen Konzeption der Gemeinde. Welche städtebaulichen Ziele die Gemeinde sich setzt, liegt in ihrem planerischen Ermessen. Der Gesetzgeber ermächtigt sie, die „Städtebaupolitik“ zu betreiben, die ihren städtebaulichen Ordnungsvorstellungen entspricht. Nicht erforderlich i. S. d. § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB sind demgegenüber in aller Regel nur solche Bauleitpläne, die einer positiven Planungskonzeption entbehren und ersichtlich der Förderung von Zielen dienen, für deren Verwirklichung die Planungsinstrumente des Baugesetzbuchs nicht bestimmt sind. § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB ist ferner verletzt, wenn ein Bebauungsplan, der aus tatsächlichen oder Rechtsgründen auf Dauer oder auf unabsehbare Zeit der Vollzugsfähigkeit entbehrt, und daher die Aufgabe der verbindlichen Bauleitplanung nicht zu erfüllen vermag. In dieser Auslegung setzt § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB der Bauleitplanung lediglich eine erste, wenn auch strikt bindende Schranke, die lediglich grobe und einigermaßen offensichtliche Missgriffe ausschließt. Sie betrifft die generelle Erforderlichkeit der Planung, nicht hingegen die Einzelheiten einer konkreten planerischen Lösung. Dafür ist das Abwägungsgebot maßgeblich, das im Hinblick auf gerichtliche Kontrolldichte, Fehlerunbeachtlichkeit und heranzuziehende Erkenntnisquellen abweichenden Maßstäben unterliegt. Deswegen kann die Abgewogenheit einer Bauleitplanung und ihrer Festsetzungen nicht bereits zum Maßstab für deren städtebauliche Erforderlichkeit gemacht werden. 46Vgl. BVerwG, Urteile vom 27. März 2013 - 4 C 13.11 -, BauR 2013, 1399 = juris Rn. 9, und vom 27. März 2013 - 4 CN 6.11 -, BauR 2013, 1402 = juris Rn. 9, sowie Beschluss vom 11. Mai 1999 - 4 BN 15.99 -, BRS 62 Nr. 19 = juris Rn. 4; OVG NRW, Urteil vom 8. April 2014 - 2 D 43/13.NE -, juris Rn. 43. 47Nach diesen Grundsätzen ist der streitgegenständliche Bebauungsplan in seiner Grundkonzeption städtebaulich gerechtfertigt. 48Erklärte Ziele der Planung sind die Sicherung des Gebietes als Wohnstandort, die Stärkung der bestehenden Funktionsmischung aus Wohnen, Gastronomie, Einzelhandel, Dienstleistung und nichtstörendem Gewerbe sowie die Schaffung einer insgesamt höheren Aufenthaltsqualität. Aufgrund der bestehenden baulichen Dichte stelle sich das Plangebiet bereits als ein typisch innerstädtisches Quartier dar, das dem städtebaulichen Leitbild einer kompakten und nutzungsdurchmischten Stadt der kurzen Wege gerecht werden könne. Die Entwicklung des Bereichs zu einem innerstädtischen, urbanen Quartier soll unterstützt werden, das sich im Sinne der Leipzig Charta durch kurze Wege, Arbeitsplätze vor Ort und eine gute soziale Mischung auszeichnet. Zugleich sollen Fehlentwicklungen, die diesem Ziel entgegenstehen, vermieden werden (Planbegründung S. 15). Entsprechend den Planungszielen werde für die Bauflächen innerhalb des Plangebiets ein Urbanes Gebiet gemäß § 6a BauNVO festgesetzt. Leitbild des § 6a BauNVO sei aus Sicht des Verordnungsgebers die nutzungsgemischte Stadt der kurzen Wege, was den Zielvorstellungen der vorliegenden Planung entspreche (Planbegründung S. 17). 49Darin ist eine positive städtebauliche Planungskonzeption zu sehen, nach der die Antragsgegnerin in städtebaulich legitimer Weise insbesondere die öffentlichen Belange aus § 1 Abs. 6 Nr. 4 BauGB (Erhaltung, Erneuerung, Fortentwicklung, Anpassung vorhandener Ortsteile sowie § 1 Abs. 6 Nr. 2 BauGB (Wohnbedürfnisse der Bevölkerung) verfolgt. 50Davon, dass die Planung von vornherein zur Erreichung dieser vorgestellten Ziele ungeeignet wäre, ist nicht auszugehen. In Zusammenhang mit der Ausweisung der Bauflächen als Urbanes Gebiet hebt die Antragsgegnerin zu Recht hervor, dass bereits die Bestandsnutzung, namentlich die mit wenigen Ausnahmen festzustellende Wohnnutzung ab dem ersten Obergeschoss der vorhandenen straßennahen Bestandsgebäude, der Charakterisierung der vorhandenen Bebauung als Kerngebiet widerspricht. Will man die Nutzung - mit Ausnahme der ausgeschlossenen Nutzungen - im Bestand sichern und die vorgestellte Durchmischung aus Wohnen, Gewerbe, Einzelhandel und Gastronomie weiter entwickeln bzw. stärken, d. h. namentlich auch das Wohnen, scheidet die Ausweisung der Bauflächen als Kerngebiet aus. Denn hier wäre Wohnen nur ausnahmsweise zulässig. Auch kann – ebenso wenig wie hinsichtlich der vorausgegangenen Planung - 51vgl. dazu OVG NRW, Urteil vom 6. April 2017 – 2 D 77/15.NE –, juris Rn. 128 – 52die Rede davon sein, dass die mit Blick auf erkannte "Trading-Down-Effekte" beabsichtigte Aufwertung des Quartiers von vornherein nicht (mehr) zu erreichen wäre. 532. Allerdings weist die auf § 1 Abs. 5 und Abs. 9 BauNVO gestützte Regelung zur Feindifferenzierung der im Urbanen Gebiet allgemein zulässigen Nutzungen beachtliche, im Übergangsbereich von städtebaulicher Rechtfertigung und Abwägung liegende Mängel auf, jedenfalls soweit es um den Ausschluss von "Wohnungsprostitution" geht. 54In der gegebenen Planungssituation hätte es einer spezifischen Plausibilisierung der für den Ausschluss angeführten städtebaulichen Gründe im Hinblick auf den Ausschluss von Wohnungsprostitution bedurft. Daran fehlt es. 55Die Planbegründung hebt auf Seite 15 hervor, dass der Ausschluss von Vergnügungsstätten, Einzelhandelsbetrieben, deren Zweck auf den Verkauf von Artikeln mit sexuellem Charakter ausgerichtet ist (im Weiteren Erotik-Einzelhandel), Anlagen und Betrieben, die gewerblich betriebenen sexuellen Dienstleistungen und Darbietungen dienen (im weiteren Erotikanlagen/-betriebe) sowie Wohnungsprostitution den städtebaulich ablesbaren Fehlentwicklungen im Sinne eines sog. Trading Down (hohe Zahl der Leerstände sowie vermehrter Bestand an Vergnügungsstätten sowie von gewerblichen Nutzungen aus dem Erotiksektor) entgegengewirkt werden soll (Planbegründung S. 15 und 18). 56Die nähere Plausibilisierung im Anschluss befasst sich ausdrücklich indes allein mit den ersten drei der vier genannten Nutzungsformen. Durch massive Ansiedlungsversuche von Vergnügungsstätten, Erotik-Einzelhandel sowie Erotikanlagen/-betrieben, drohe die Gefahr einer einseitigen Nutzungsstruktur von überwiegend städtebaulich problematischen Nutzungen im Plangebiet (vgl. Planbegründung S. 15/16 oben). Im Weiteren werden die Verdrängung innerstädtischer Einzelhandelslagen herausgestellt sowie die Beeinträchtigung des Stadt- und Straßenbildes, u. a. durch "sich abschottende Spielhallenfronten" mit der geäußerten Befürchtung der Tendenz der Verwahrlosung und Verunstaltung. 57Die Wohnungsprostitution wird in diesem Zusammenhang nicht weiter erwähnt, obschon nach der Regelungssystematik des Bebauungsplans aus Sicht des Plangebers die Betriebsform der „Wohnungsprostitution" in Ziffer 2 typisierend von den ebenfalls genannten Erotikanlagen/-betrieben unterschieden wird. Dort heißt es "sowie Wohnungsprostitution". 58Zugleich unterscheiden sich die städtebaulichen Auswirkungen der sog. Wohnungsprostitution von anderen Erotikanlagen/-betrieben, wenn sie im Sinne der in diversen Gerichtsentscheidungen angeführten bauplanungsrechtlichen Kategorie in Abgrenzung zu einem sog. bordellähnlichen Betrieb verstanden wird; sie kann insbesondere - anders als dieser - wohnverträglich ausgeübt werden und in Folge auch im Mischgebiet zulässig sein. 59Vgl. allerdings BVerwG, Beschluss vom 29. September 2020 – 4 B 13/20 (4 C 5/20) –, juris Rn. 1 f. (Revisionszulassung zur Frage, ob an der Rechtsprechung zur typisierenden Einordnung von Bordellen oder bordellartigen Betrieben als das Wohnen mehr als nur nicht unwesentlich störende Gewerbebetriebe festzuhalten ist). 60Dies betrifft namentlich die für den Ausschluss der anderen Nutzungsformen herausgestellte Gefahr einer Verdrängung von Einzelhandelslagen, da es nicht um eine Ladennutzung, sondern um die Nutzung(sänderung) von Wohnungen geht und eine Beeinträchtigung des Stadt- und Straßenbildes schon bei dem naheliegenden, an die genannte Rechtsprechung anknüpfende Begriffsverständnis von Wohnungsprostitution nicht in vergleichbarer Unmittelbarkeit auftritt. Denn dann tritt sie nach außen nicht anders als eine Wohnnutzung in Erscheinung. 61Dies entspricht auch dem Verständnis des Vergnügungsstättenkonzeptes, dem der Bebauungsplan mit dem Ausschluss weitestgehend folgen will (vgl. Planbegründung S. 16). Empfehlungen zur Wohnungsprostitution enthält dieses nicht. Dort wird in Abb. 1 die sog. Wohnungsprostitution dem Wohnen zuordnet und auf Seite 27 zugleich als typisierend ausgeführt, dass Wohnungsprostitution schon aus Gründen der Diskretion im eigenen Interesse nicht im Stadtbild in Erscheinung träte und Konfliktfälle hier überwiegend (nur) im nachbarlichen Umfeld aufträten. Über diese Feststellung hinaus findet die Wohnungsprostitution dann auch im Konzept keine weitere Erwähnung; so beziehen sich auch die Empfehlungen im Rahmen des Räumlichen Konzeptes (S. 51 ff.) auf Vergnügungsstätten und vergnügungsstättenähnliche Betriebe, zu denen bei bauplanungsrechtlich typisierender Betrachtung die Wohnungsprostitution nicht - jedenfalls nicht ohne weitere und hier fehlende Plausibilisierung - zählt. 62Dabei ist die sog. Wohnungsprostitution bauplanungsrechtlich allerdings nach bisher einhelliger Rechtsprechung nicht etwa als Wohnen im Sinne von § 3 Abs. 1 und § 4 Abs. 1 BauNVO, sondern als gewerbliche Nutzung einzustufen. 63Vgl. BVerwG, Beschluss vom 28. Juni 1995 – 4 B 137/95 –, juris Rn. 3; OVG NRW, Beschluss vom 19. Juli 2007 – 7 E 623/07 –, juris Rn. 4. 64Bei aller Unschärfe in der Abgrenzung zwischen dem bordellartigen Betrieb und einer das Wohnen nicht wesentlich störenden sog. Wohnungsprostitution ist letzterer nicht nur zu Eigen, dass die Prostituierten in dem betreffenden Gebäude dauerhaft wohnen. Sie setzt vielmehr zudem voraus, dass die (gewerbliche) Betätigung nach außen nur wohnähnlich in Erscheinung tritt und dem Gebäude, in dem sie stattfindet, nicht das Gepräge gibt. Gehen die Aktivitäten der Prostituierten unter dauerhafter Nutzung der Räumlichkeiten nach Art und Umfang hierüber hinaus, liegt keine Wohnungsprostitution mehr vor. 65Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 24. Juni 2015 – 2 A 325/15 –, juris Rn. 17 f.; OVG Berlin-Bbg., Urteil vom 29. Oktober 2019 – 2 B 2.18 –, juris Rn. 50, jeweils m. w. N. (Revision zugelassen durch BVerwG, Beschluss vom 29. September 2020 – 4 B 13/20 (4 C 5/20) –, juris). 66Damit sind hier insbesondere solche Formen der Wohnungsprostitution erfasst, die aus Sicht des Gesetzesgebers des Prostituiertenschutzgesetzes nicht erlaubnispflichtig nach § 12 ProstSchG und damit kein Prostitutionsgewerbe sind. Es handelt es sich um die Konstellation, dass eine Wohnung ausschließlich durch ihre Inhaberin oder ihren Inhaber zur Ausübung der Prostitution genutzt wird, ohne dass eine dritte Person aus dieser Nutzung Gewinn erzielt (BT- Drs. 18/8556 S. 39 und S. 61). Nur soweit jemand eine oder mehrere Wohnungen gezielt einer (anderen) Person zum Zweck der Ausübung der Prostitution zur Verfügung stellt, soll nach der Gesetzesbegründung die Wohnung auch als Prostitutionsstätte und der Verfügungsberechtigte als ihr Betreiber i. S. d. § 2 Abs. 3 und 4 ProstSchG gelten. Mit der strikten Regelung soll eine Umgehung der Erlaubnispflicht vermieden werden. Wer sich professionell darauf ausrichte, eine oder mehrere Wohnungen an Prostituierte zur Ausübung ihrer Tätigkeit zu vermieten, sei ein Gewerbetreibender im Sinne des § 2 Abs. 3 ProstSchG und unterfalle der Erlaubnispflicht und den daran anknüpfenden Regelungen für Prostitutionsstätten (BT-Drs. 18/8556 S. 61). 67Letzteres wirft – ohne dass dies hier weiterer Vertiefung bedarf – auch die Frage nach dem Begriffsverständnis des vorliegenden Planungsgebers von "Anlagen und Betrieben, die gewerblich betriebenen sexuellen Dienstleistungen und Darbietungen dienen" auf und einer möglicherweise teilweisen Überschneidung mit der besonders erwähnten "Wohnungsprostitution". 68Vorstehendes bekräftigt zugleich, dass sich die Auswirkungen von Wohnungsprostitution – wie gesagt - schon vorhabenbedingt in ihren städtebaulichen Auswirkungen von bordellartigen Betrieben signifikant unterscheiden und also auch ihr Ausschluss gesonderter Erwägungen bedarf. Bordellartige Betriebe und Bordelle sind regelmäßig mit nach außen wirkenden Begleiterscheinungen verbunden (sog. „milieubedingte Unruhe“) und lässt sich insoweit eine potentielle Schädlichkeit im Sinne eines "Trading-Down-Effekts" hinreichend plausibel begründen. 69Vgl. OVG NRW, Urteil vom 6. April 2017 - 2 D 77/15.NE -, juris Rn. 100 ff.; OVG Berlin-Bbg., Urteil vom 29. Oktober 2019 - 2 B 2.18 -, juris Rn. 52 (Revision zugelassen durch BVerwG, Beschluss vom 29. September 2020 – 4 B 13/20 (4 C 5/20) –, juris). 70Eine entsprechende milieubedingte Unruhe, wie das Ansprechen Unbeteiligter sowie das Anfahren und Abfahren der Freier als sichtbare Begleiterscheinungen der Prostitution können für die in der Rechtsprechung umschriebene Kategorie der Wohnungsprostitution zwar nicht von vornherein ausgeschlossen werden, 71vgl. BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 28. April 2009 - 1 BvR 224/07 -, juris Rn. 25; BT-Dr. 16/4116, S. 40; BT-Drs. 18/8556 S. 76, 72und es mag die Gefahr einer solchen Unruhe insbesondere bei einer Häufung einem Erfahrungssatz entsprechen, so dass aus städtebaulicher Sicht eine unterschiedliche Regelung von Wohnungsprostitution und anderen Formen der Prostitution nicht etwa vorgezeichnet ist. 73Vgl. OVG NRW, Urteil vom 6. April 2017 - 2 D 77/15.NE -, juris Rn. 104. 74Die störende Wirkung der sog. Wohnungsprostitution geht aber – wie ausgeführt – jedenfalls typischerweise nicht so weit wie andere Formen des geschäftsmäßigen Angebots sexueller Dienstleistungen. 75Dass der Plangeber sich diesen Unterschied hinreichend vor Augen geführt hätte, lässt sich aus der allein auf den Ausschuss von Vergnügungsstätten, von Erotik-Einzelhandel und Erotikanlagen/-betrieben abgestimmten Einzelbegründung indes nicht entnehmen. Insbesondere ist - wie bereits gesagt - der für den Ausschluss von Vergnügungsstätten, Erotikeinzelhandel sowie Erotikanlagen/-betrieben in der Planbegründung herausgestellte Verdrängungseffekt betreffend Läden und der Auswirkungen auf das Stadtbild in dieser Form auf eine Wohnungsprostitution gerade nicht übertragen. Die Spezifizierung war hier umso mehr im Hinblick auf die von dem Antragsteller geltend gemachten Nutzungsinteressen veranlasst, auch wenn bei der von ihm geäußerten Vorstellung, die Wohnungen in seinem Haus an Prostituierte nicht nur zum Wohnen, sondern auch zur Ausübung der Prostitution vermieten zu wollen, die Annahme, es handele sich um Wohnungsprostitution im vorstehenden Sinne, zumal unter Einbeziehung des geplanten zusätzlichen Angebots erotischer Massage im Erdgeschoss, eher fernliegen dürfte. 76Der aufgezeigte Abwägungsmangel ist zugleich beachtlich. Denn er ist im Sinne des § 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB offensichtlich, weil er die äußere Seite des Abwägungsvorgangs betrifft und auf objektiv fassbaren Sachumständen beruht. Er ist auch auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen, weil die konkrete Möglichkeit besteht, dass ohne den Mangel die Feindifferenzierung anders ausgefallen wäre. Er ist auch nicht nach § 215 BauGB unbeachtlich geworden. Er ist (noch) von den Einwendungen des Antragstellers in der Antragsbegründung gegen die Feindifferenzierung getragen. Der Begründungsschriftsatz ist der Antragsgegnerin durch den Antragsteller rechtzeitig binnen eines Jahres nach Bekanntmachung des Satzungsbeschluss übermittelt worden, wie auch die Antragsgegnerin nicht (mehr) in Abrede stellt. 773. Die Behandlung und Abwägung der Belange des Immissionsschutzes (§ 1 Abs. 6 Nr. 7c BauGB) sowie der Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse (§ 1 Abs. 6 Nr. 1 BauGB) weisen ebenfalls beachtliche Fehler auf. 78Ein Schwerpunkt der hier vorzunehmenden Abwägung war, die als Urbanes Gebiet ausgewiesenen Bauflächen in einer mit den genannten Belangen (noch) zu vereinbarenden Weise in das hier durch erhebliche Lärmquellen – Straßenverkehr und Schienenverkehr – vorbelastete Plangebiet einzubinden. Das hat der Plangeber im Ansatz durchaus erkannt und die Hinweise des Senats zu der vorausgegangenen Planung (Urteil vom 6. April 2017 – 2 D 77/15.NE –, juris Rn.129) aufgreifend die Verkehrslärmbelastung des Plangebietes im Rahmen einer schalltechnischen Untersuchung von Juli 2018 eingehend ermittelt. In der Begründung der Planung ist im Nachgang herausgestellt, dass die enteignungsrechtliche Zumutbarkeitsschwelle, die für Mischgebiete nachts bei 62 dB(A) liege, in den Baugebieten südlich der I5.---------straße vollständig überschritten werde. Die Beurteilungspegel bewegten sich zwischen 64 dB(A) und 70 dB(A). Nördlich der I5.---------straße lägen die Beurteilungspegel zumindest in den Blockinnenbereichen (ohne Berücksichtigung der Bestandsgebäude) unterhalb von 62 dB(A). Darüber hinaus stiegen die Werte in diesen Baugebieten bis 65 dB(A) an. 79Entsprechend konstatiert die Planbegründung hinsichtlich der Umweltbelange unter 6.1, dass das Vorliegen gesunder Wohn- und Arbeitsverhältnisse somit bereits in der aktuellen Situation gefährdet bzw. schon nicht mehr gegeben sei. Damit räumt sie der Sache nach ein, dass das Quartier also nicht nur im Hinblick auf die ausgeschlossenen Nutzungen, sondern auch mit Blick auf die Lärmvorbelastung einen städtebaulichen Missstand aufweist, der (jedenfalls in weiten Teilen) sanierungsbedürftig ist. 80Zur Bewältigung hat es der Plangeber indes im Wesentlichen dabei belassen, passive Schallschutzmaßnahmen nach Maßgabe der DIN 4109 sowie entlang der straßenseitigen Grundstücksgrenzen Baulinien festzusetzen, um namentlich im nördlichen Plangebiet eine Blockrandbebauung zu gewährleisten. Das genügte in der gegebenen Planungssituation zur Problembewältigung nicht. Das betrifft in Sonderheit den südlichen Planbereich. 81Bei der Ausweisung von auch dem Wohnen dienenden Baugebieten in einer durch Verkehrslärm hochbelasteten Gemengelage ist eine verschärfte Sicht auf den bestehenden Lärmkonflikt und dessen Bewältigung gefordert. Das gilt auch im Falle der Überplanung eines Bestandes, die – wie hier – nicht mit einer spezifischen Erhöhung des Verkehrsaufkommens verbunden ist. 82Zwar mag die Pflicht zur Konfliktlösung (schon auf der Planungsebene) in erster Linie für diejenigen Konflikte gelten, die durch den Plan ausgelöst oder verschärft werden, d. h. insbesondere also, wenn sich die Verkehrs(lärm)situation in planbedingter Weise ändern wird. 83Vgl. BVerwG, Urteil vom 21. März 1996 – 4 C 9.95 –, juris Rn. 36; Beschluss vom 17. September 1998 - 4 CN 1.97 -, juris Rn. 16; vgl. aus der straßenplanungsrechtlichen Rechtsprechung auch BVerwG, Beschluss vom 15. Januar 2008 – 9 B 7.07 -, juris Rn. 9. 84Abwägungserheblich kann aber auch das Interesse sein, aus Anlass einer Bebauungsplanung zusätzliche Maßnahmen zur Verbesserung der Situation zu ergreifen. Das gilt erst recht, wenn durch die Planung neue schutzbedürftige Nutzungen zum Bestand hinzutreten können, wie hier etwa durch die Errichtung von weiteren Wohn-/Geschäftsgebäuden auf den noch unbebauten überbaubaren Grundstücksflächen, beispielsweise auf dem an der südöstlichen Grenze des Plangebietes gelegenen Grundstück oder in den in der Planbegründung angesprochenen Lücken der Blockrandbebauung auch im nördlichen Plangebiet, sowie durch mögliche Umnutzungen der ehemals gewerblich genutzten Einheiten etwa im nördlichen Bereich und es vorrangiges Ziel der Planung ist, Wohnnutzung zu stärken und auszuweiten. Reichen die planerischen Gestaltungsmöglichkeiten in Form von differenzierenden Festsetzungen nicht aus, um die Grenze zur Gesundheitsgefährdung einzuhalten, verbleibt die planerische Umstrukturierung des Gebiets. 85Vgl. Hess VGH, Urteil vom 10. Juni 2020 – 3 C 394/19.N –, juris Rn. 52; Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krauzberger, Baugesetzbuch, Band I, Stand Mai 2015, § 1 Rn. 240 ff. 86Auszugehen ist also auch hier zunächst von den allgemeinen Abwägungsgrundsätzen. 87Welche Lärmbelastung einem auch dem Wohnen dienenden Baugebiet planerisch zugemutet werden darf, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls. Die Orientierungswerte der DIN 18005- 1 können zur Bestimmung der zumutbaren Lärmbelastung im Rahmen einer gerechten Abwägung als Orientierungshilfe herangezogen werden. Die genannten Werte sind allerdings nicht absolut bindend, sondern lassen Abweichungen zu. Je weiter diese Orientierungswerte überschritten werden, desto gewichtiger müssen allerdings die für die Planung sprechenden städtebaulichen Gründe sein und umso mehr hat die Gemeinde die baulichen und technischen Möglichkeiten auszuschöpfen, die ihr zu Gebote stehen, um die Auswirkungen zu verhindern. 88Vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 17. Februar 2010 - 4 BN 59.09 -, juris Rn. 4, und vom 19. August 2015 - 4 BN 24.15 -, juris Rn. 4; OVG NRW, Urteil vom 21. April 2015 - 2 D 12/13.NE -, juris Rn. 5, m. w. N; vgl. zur Problemstellung der Überplanung einer Gemengelage auch: Kuschnerus, Der sachgerechte Bebauungsplan, 4. Auflage, Rn. 442 ff. 89Daneben kann der Plangeber zur Ermittlung und Bewertung von Verkehrslärm grundsätzlich zulässigerweise auf die – höheren - Grenzwerte des § 2 Abs. 1 der 16. BImSchV als Abwägungsleitlinie zurückgreifen. Die Zumutbarkeit bleibt aber stets auch anhand einer umfassenden Würdigung aller Umstände des Einzelfalls und insbesondere der speziellen Schutzwürdigkeit des jeweiligen Baugebiets zu beurteilen. 90Vgl. OVG NRW, Urteil vom 21. April 2015 - 2 D 12/13.NE -, juris Rn. 113; OVG S.-H., Beschluss vom 28. August 2020 - 1 MR 4/20 -, juris Rn. 45. 91Jedenfalls wenn im Inneren der Gebäude durch die Anordnung der Räume und die Verwendung schallschützender Außenbauteile angemessener Lärmschutz gewährleistet wird, kann es im Ergebnis mit dem Gebot gerechter Abwägung vereinbar sein, Wohngebäude an der lärmzugewandten Seite des Gebäudes deutlich über den Orientierungswerten liegende Außenpegeln auszusetzen. Je nach den Umständen des Einzelfalls kann es also abwägungsfehlerfrei sein, eine Minderung der Immissionsbelastung durch eine Kombination von passivem Schallschutz, Stellung und Gestaltung von Gebäuden sowie Anordnung der Wohn- und Schlafräume zu erreichen, um den Belangen aus § 1 Abs. 6 Nr. 1 (Anforderung an gesunde Wohnverhältnisse) und Nr. 7 Rechnung zu tragen. 92Vgl. BVerwG, Urteil vom 22. März 2007 – 4 CN 2/06 –, BVerwGE 128, 238 = juris Rn. 16 f. 93In diesem Zusammenhang kann es namentlich in großstädtischen Bereichen Situationen geben, in denen etwa im Rahmen der Schließung innerörtlicher Lücken und einer Nachverdichtung der Bebauung auch bei hohen Außenpegeln die Ausweisung von Baugebieten, die auch dem Wohnen dienen, unter Verweis auf bloßen passiven Schallschutz in Betracht kommen kann. 94Vgl. OVG NRW, Urteil vom 16. Dezember 2005 – 7 D 48/04.NE –, juris Rn. 102, unter der Einschränkung, "wenn die Außenpegel jedenfalls die im Bereich von 70 bis 75 dB(A) am Tag bzw. 60 bis 65 dB(A) in der Nacht liegende Grenze zur absoluten Unvertretbarkeit bzw. Gesundheitsgefahr noch nicht überschreiten", mit Bezug auf BVerwG, Beschluss vom 22. Dezember 2004 - 4 B 75.04 -, Buchholz 406.25 § 41 BImSchG Nr. 42. 95Nicht mehr hinzunehmen sind Immissionen in jedem Fall dann, wenn sie mit gesunden Wohnverhältnissen i. S. d. § 1 Abs. 6 Nr. 1 BauGB nicht in Einklang zu bringen sind. Eine exakte Grenze im Sinne eines eindeutigen Grenzwerts lässt sich auch insoweit nicht fixieren. Hinsichtlich der Belastung durch Verkehrslärm beginnt der aus grundrechtlicher Sicht kritische Wert für Gebiete, in denen Wohnen allgemein zulässig ist, jedenfalls bei einer Gesamtbelastung durch Dauerschallpegel oberhalb der Werte von 70 dB(A) am Tag und 60 dB(A) in der Nacht. 96Vgl. OVG NRW, Urteil vom 21. April 2015 - 2 D 12/13.NE -, juris Rn. 111. 97Davon ausgehend weist der Plan hinsichtlich der Behandlung der erkannten Verkehrslärmproblematik durchgreifende Mängel auf. 98Hier mag der Plangeber die für die Ausweisung der Bauflächen als Urbanes Gebiet sprechenden städtebaulichen Belange tragfähig als solche von einigem Gewicht angesehen haben. Ziel der Planung ist einem unter dem Aspekt des sog. Trading-Down erkannten städtebaulichen Missstand durch Ausschluss der Neuansiedlung der als kritisch erkannten Nutzungen bei gleichzeitigem Erhalt der bestehenden Nutzungsmischung im Übrigen zu begegnen. Der ins Auge gefasste Ausschluss war auch nicht ohne gleichzeitige Festsetzung eines Baugebietes möglich. Allein der Ausschluss von Vergnügungsstätten bzw. bestimmter Arten von Vergnügungsstätten wäre über einen Bebauungsplan nach § 9 Abs. 2b BauGB ohne Baugebietsausweisung möglich. Unter dem Aspekt der Bestandsorientierung mag auch die Wahl eines Baugebietes nahegelegen haben, in dem eine Wohnnutzung allgemein zulässig ist. Solche Überlegungen lassen sich den Aufstellungsvorgängen indes nur eher andeutungsweise entnehmen. 99Dessen ungeachtet hat der Plangeber mit der Beschränkung auf passive Schallschutzmaßnahmen in Ansehung der Höhe der festgestellten Lärmbelastung in den gegebenen Grundstücksverhältnissen die aufgeworfenen Lärmschutzfragen nicht sachgerecht bewältigt. Dies gilt in Sonderheit für die Lärmsituation im südlichen Plangebiet, die nach den Feststellungen der lärmtechnischen Untersuchung, wie gesagt, noch oberhalb von 65 dB(A) nachts liegt. Sie liegen damit oberhalb eines Bereichs von 60 dB(A) bis 65 dB(A) nachts, der sicherlich die Grenze des aus gesundheitlichen Gründen kritischen Bereichs kennzeichnet. Dies wiederum führt auf die Frage, ob damit nicht ohnehin eine Lärmsituation festgestellt ist, die jenseits aller Möglichkeiten, über technischen Schallschutz vertretbare Innenpegel zu erreichen, mit der Ausweisung eines auch durch Wohnnutzung gekennzeichneten Baugebietes generell oder jedenfalls dann, wenn das Ziels des Plans gerade eine (Ver-)Stärkung der Wohnnutzung ist, unvereinbar ist. 100Darauf hindeutend: OVG NRW, Urteil vom 16. Dezember 2005 – 7 D 48/04.NE –, juris Rn. 102; 101auf das Fehlen einer festen Grenze hinweisend: OVG NRW, Urteil vom 21. April 2015 – 2 D 12/13.NE -, juris Rn. 111; zur Problemstellung allgemein: Kuschnerus, Der sachgerechte Bebauungsplan, 4. Auflage, Rn. 452 ff. 102Dies bedarf hier indes keiner Vertiefung. Das gilt zuvorderst mit Blick auf die Defizite bei den Regelungen der Lärmpegelbereiche. 103Die lärmtechnische Untersuchung hat einen wesentlichen Teil des südlichen Plangebiets, das zu den Bahngleisen orientiert ist, dem Lärmpegelbereich VII gemäß DIN 4109 in der Fassung der Ausgabe November 1989 zugeordnet, um insbesondere im Hinblick auf die ermittelten Nachtwerte über eine entsprechende Dämmung angemessene Innenpegel und darüber angemessene Wohnverhältnisse zu gewährleisten. 104Allerdings sieht die DIN 4109 im Lärmpegelbereich VII für Aufenthaltsräume selbst keine bestimmten von Außenbauteilen einzuhaltende Dämmwerte vor, sondern verlangt, dass die jeweiligen Anforderungen auf Grund der örtlichen Gegebenheiten festzulegen sind (vgl. Tabelle 8). Diese Einzelfallbetrachtung hat der Plangeber hier aber nicht geleistet, sondern der Forderung aus der textlichen Festsetzung Ziffer 2.1, dass für Aufenthaltsräume das erforderliche Schalldämmmaß gemäß der Tabelle 8 der DIN 4109 zu ermitteln ist, dieselbe auszugsweise im Wortlaut angefügt, ohne diese Festlegung selbst zu treffen oder jedenfalls nachzuhalten, wonach sie sich im Einzelfall richten soll. Das war hier in Ansehung der Überplanung eines Bestandes umso mehr veranlasst, als die DIN 4109 selbst eine objektbezogene Prüfung fordert. 105Vgl. OVG NRW, Urteile vom 4. März 2002 – 7a D 92/01. NE –, juris Rn. 27, und – 7a D 41/01.NE -, juris Rn. 61, im Zusammenhang mit einer Straßenplanung. 106Darin liegt nicht nur ein partieller Abwägungsausfall, sondern stellt sich auch die Frage einer hinreichenden Bestimmtheit dieser für weite Teile des Plangebietes geltenden Regelung. Zugleich ist damit dem Belang gesunder Wohnverhältnisse für den südlichen Bereich nicht Rechnung getragen. 107Im Weiteren hat der Plangeber die Möglichkeiten anderweitiger Lösungen für den Lärmkonflikt, namentlich in Bezug auf die zugelassene Wohnnutzung nicht ausreichend beleuchtet. 108Dies betrifft ebenfalls im Besonderen die Minderung des durch den Schienenverkehr begründeten Lärmkonflikts im südlichen Planbereich. In den gegebenen Grundstücksverhältnissen reichte der Hinweis auf das Lärmsanierungsprogramm der Deutschen Bahn Netz AG (vgl. Planbegründung S. 23 und 25) und die vorgestellte Errichtung einer 3 m hohen Schallschutzwand nicht aus. Vielmehr hätte es zur Abklärung weiterer alternativer oder flankierender Maßnahmen einer weitergehenden Analyse der Bestandsbebauung bedurft. Zudem wäre es zwingend erforderlich gewesen, dass sich der Plangeber über die genaueren Auswirkungen der Möglichkeiten von Schutzmaßnahmen insbesondere im Hinblick auf den Grad der Minderung der gesundheitsschädlichen Lärmauswirkungen Klarheit verschafft hätte. Dies ist indes nicht zu erkennen. Noch in der mündlichen Verhandlung konnten die Vertreter der Antragsgegnerin hierzu keine belastbaren Angaben machen, obwohl die Planung weitgehend finalisiert sein soll, was allerdings schon die Planbegründung angenommen hatte. 109Zwar mag mit Blick auf die Auslastung des Streckennetzes und die die sog. Sanierungswerte erreichende Belastung der anliegenden Gebäude, die auch nach der neuerlichen im vorliegenden Verfahren eingereichten Bestandsaufnahme der Antragsgegnerin in den oberen Etagen im Wesentlichen Wohnnutzungen aufweisen, das "Ob" einer Lärmsanierung vermittels Lärmschutzwand des Schienennetzes außer Frage gestanden haben. Indes war im Zeitpunkt des Planerlasses der Zeitrahmen eher vage und hat sich in der Folge immer weiter nach hinten verschoben. Schließlich existierte die Planung erst im Entwurf und musste dieser noch beim zuständigen Eisenbahn-Bundesamt zur Plangenehmigung vorgelegt werden. Die damit verbundenen Unsicherheiten verdeutlicht nicht zuletzt der Umstand, dass nach den Angaben der Antragsgegnerin im vorliegenden Verfahren nunmehr mit einer Realisierung erst bis zum Jahr 2023 zu rechnen ist, während die Planbegründung und Abwägung noch vom Jahr 2021 ausging. Zugleich finden sich weder in der Planbegründung noch in den weiteren der Abwägung zugrunde gelegten Aufstellungsstellungsvorgängen Hinweise darauf, welche Effekte mit der Lärmschutzwand voraussichtlich erreicht werden. In der gegebenen Ausgangslage einer Vorbelastung mit Nachtwerten zwischen 65 und 70 dB(A) und der Zuordnung eines Lärmpegelbereichs VII gehörte es indes zum Abwägungsmaterial, den Umfang der voraussichtlichen Lärmreduzierungen zu ermitteln, um insbesondere die Erwartung ableiten zu können, dass im Anschluss jedenfalls von dieser Seite keine unvertretbaren, die enteignungsrechtliche Grenze übersteigenden Außenpegel mehr auftreten. Der Hinweis, es sei davon auszugehen, dass nach Errichtung der Schallschutzwand insbesondere die kritischen Lärmpegel zu den Nachtzeiten deutlich verringert würden, reichte insoweit ersichtlich nicht aus. Der weitere Hinweis auf das Schallschutzprogramm und die finanzielle Förderung des Einbaus von Schallschutzfenstern machte die weitere Analyse ebenfalls nicht entbehrlich. 110Dies gilt umso mehr, als es in dem hier angesprochenen Bereich keine lärmabgewandte Seite gibt, weshalb der Plan auch von entsprechenden Festsetzungen zur Grundrissgestaltung abgesehen hat und bei dem gegebenen Kenntnisstand zur Straßenverkehrsbelastung auch schwerlich eine Ausrichtung der Wohn- und/oder Schlafbereiche zu der dem Straßenverkehrslärm zugewandten Seite abwägungsgerecht hätte vorgeben können. Nach dem entsprechenden Bild der lärmtechnischen Untersuchung zum Gesamtverkehrslärm mit Berücksichtigung der Bebauung sind auch die straßenseitigen Fassaden nachts jedenfalls dem Bereich von 60 bis 65 dB(A) zuzurechnen; auch stellt die Planbegründung, wie ausgeführt, ohne weitere Einschränkung fest, dass die enteignungsrechtliche Zumutbarkeitsschwelle für Mischgebiete von 62 dB(A) nachts im gesamten Plangebiet überschritten werde. Gleichwohl ist zumindest in Teilbereichen selbst im Lärmpegelbereich VII eine Bebauung in größtmöglicher Nähe zu den Lärmquellen durch Baulinien vorgezeichnet und eine Wohnnutzung hier weder explizit noch nach dem Willen des Plangebers ausgeschlossen oder auch nur eingeschränkt. 111Die genannte Aufklärung war nicht deshalb entbehrlich, weil es um die Überplanung eines Bestandes ging. Dies gilt umso mehr, als für diesen Bereich – anders als für den nördlichen Bereich – nicht etwa auf eine "lärmrobuste städtebauliche Struktur" mit zum Teil bereits vorhandenen Blockinnenbereichen verwiesen werden kann, ohne dass damit gesagt sein soll, dass dieser Hinweis für eine abwägungsgerechte Bewältigung der dortigen Lärmproblematik ausgereicht hätte. Dort erscheint im Übrigen insbesondere auch überprüfungsbedürftig, ob sich – wie vom Plangeber vorgestellt – tatsächlich durch die Ausweisung von Baulinien ausreichend die Ausbildung von abschirmenden Blockinnenbereichen (vor)steuern lässt. Es stellt sich insbesondere die Frage, ob ein Verzicht auf Regelungen zum Verlauf eventueller hinterer Baugrenzen hier zielführend sein kann. Angesprochen ist damit auch die Frage der Bestimmtheit der Festsetzung. In diesem Zusammenhang ist zudem von Bedeutung, dass solche Regeln naturgemäß nur dann greifen können, wenn es zu einer entsprechenden Bebauung tatsächlich kommt. 112Im südlichen Planbereich gibt es jedenfalls schon im Bestand keine ruhigeren Blockinnenbereiche. Auch steht nicht zu erwarten, dass sich solche ausbilden könnten. Zu den Gleisen hin wird allein eine Baugrenze ausgewiesen. 113Angesichts der bestehenden Lärmbelastung hätte es zumindest Erwägungen dazu bedurft, ob der städtebauliche Missstand nicht mit Mitteln des besonderen Städtebaurechts zu bekämpfen wäre, statt ihn bauplanungsrechtlich zu zementieren. Solche Überlegungen haben indes in den Aufstellungsvorgängen keinen Niederschlag gefunden. Nach den Angaben der Vertreter der Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung hat man hiervon wohl abgesehen, weil man auf die Lösung durch Lärmschutzmaßnahmen Dritter an der Bahnlinie vertraute. Das reicht bei dem erreichten Kenntnisstand in den vorliegenden Grundstücksverhältnissen indes – wie dargelegt – nicht aus. 114Der Hinweis auf Seiten der Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung, dass die in den Lärmpegelbereich VII hineinragenden Gebäudeteile in den parallel zu den Gleisen ausgebildeten Abschlusswänden keine Öffnungen aufweisen, ist ebenfalls nicht zielführend. Entsprechende Feststellungen lagen der Abwägung selbst nicht zugrunde. Planbegründung und Abwägung verzichten vielmehr ausdrücklich auf eine kleinteiligere Betrachtung der gegebenen örtlichen Verhältnisse und ihrer Nutzung. Außerdem lässt der Einwand außer Betracht, dass nach der lärmtechnischen Stellungnahme auch die seitlichen Fassaden -selbst unter Berücksichtigung der Bebauung – mit (Schienen-)Verkehrslärm nachts in einer Größenordnung von Beurteilungspegeln jenseits 65 dB(A) beaufschlagt werden. Dass dort keine Fenster zu schutzbedürftigen Nutzungen ausgebildet wären, wird auch von der Antragsgegnerin nicht behauptet. 115In diesem Bereich ist im Weiteren zu berücksichtigen, dass die Vorgaben zu Fenstern mit Lüftungseinrichtungen zwar bei entsprechenden Dämmwerten der Fenster und des Gebäudes im Übrigen verträgliche Innenwerte auch nachts möglicherweise gewährleisten könnten; dies setzte aber auch voraus, dass diese tatsächlich geschlossen blieben. Die Wohnnutzung ist hier also auch an solchen Standorten uneingeschränkt zugelassen, an denen die Gebäude rundum nachts gesundheitsgefährdendem Lärm (vgl. Planbegründung S. 21) und tags Lärm ausgesetzt ist, der im Grenzbereich der Pegelklassen bis 70 dB(A) bzw. in Teilen bis 75 dB(A) (vgl. Abb. der schalltechnischen Untersuchung Gesamtverkehrslärm mit Berücksichtigung der Bebauung im Plangebiet – Beurteilungszeitraum 6-22 Uhr) liegt. Die lärmtechnische Untersuchung stellt dazu fest, dass der Straßenverkehrslärm in den straßenzugewandten Bereichen des Plans den Orientierungswert von 60 dB(A) für Mischgebiete um bis zu knapp über 10 dB(A) übersteige. Danach ist also ein vertretbares Wohnen und Schlafen im südlichen Plangebiet im Grunde nur insgesamt hinter (ständig) geschlossenen Fenstern möglich. 116Vgl. zur Frage der Zumutbarkeit des Schlafens bei geschlossenen Fenstern bei entsprechender Vorbelastung: BVerwG, Urteil vom 16. März 2006 - 4 A 1075.04 -, BVerwGE 125, 116 = juris Rn. 4; zur Differenzierung je nach Vorbelastung: BVerwG, Beschluss vom 7. Juni 2012 – 4 BN 6.12 -, juris (zur Anordnung nicht öffenbarer Fenster in einer Gemengelage mit Gewerbelärm); Kuschnerus, Der sachgerechte Bebauungsplan, 4. Auflage, Rn. 452 f. 117Korrespondierend wären jedenfalls Erwägungen zu einer anderen Strukturierung der zugelassenen Nutzungen, also die Frage nach weitergehenden/anderes gestalteten Festsetzungen zur überbaubaren Grundstücksfläche und zu einer Feindifferenzierung der zulässigen Nutzungsarten angezeigt gewesen, die gerade in einem Urbanen Gebiet in § 6a Abs. 4 BauNVO über das sonst Mögliche noch hinausreichen. 118Vgl. zur Zurücknahme der Wohnbebauung innerhalb des Lärmpegelbereichs VII: OVG S.-H., Beschluss vom 28. August 2020 – 1 MR 4.20 -, juris Rn. 45. 119Diese lagen hier umso näher, je vager die Aussichten einer zeitnahen Auflösung des diesbezüglich erkannten städtebaulichen Missstandes waren und der Umfang der zu erwartenden Lärmminderungen nicht ermittelt war. Auch fehlen Erwägungen zur Möglichkeit der Ausbildung bzw. Nutzung hinreichend ruhiger Außenwohnbereiche, die sich in Ansehung der festgestellten Tageswert von bis zu 70 dB(A), in Teilen auch über 70 dB(A) (südlich zu den Gleisen) ebenfalls verschärft im südlichen Planbereich gestellt haben dürften. Wie gesagt sind hier keine ruhigeren Blockinnenbereiche festgestellt und wird ihre Ausbildung durch die planerischen Festsetzungen auch nicht vorgezeichnet. 120Der festzustellende Mangel ist, selbst wenn er „nur“ den Abwägungsvorgang und dessen Ergebnis betreffen sollte, für die Wirksamkeit des Bebauungsplans beachtlich. Er ist offensichtlich, weil er auf objektiv feststellbaren Umständen beruht und zudem auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen ist. Denn der Plangeber hätte im Bewusstsein der Erkenntnisdefizite möglicherweise für das Urbane Gebiet weitere Vorkehrungen zum Lärmschutz festgesetzt, strukturell Anderes geplant oder andere/weitere Maßnahmen ergriffen. 121Vgl. dazu allg. OVG NRW, Urteil vom 14. Dezember 2016 – 10 A 655/14 –, juris Rn. 59 f. 122Der Antragsteller hat die fehlerhafte Behandlung der einschlägigen Lärmschutzbelange in seinem Antragsbegründungsschriftsatz wie auch im Übersendungsschreiben an die Antragsgegnerin selbst rechtzeitig innerhalb der Jahresfrist des § 215 BauGB gerügt. 1234. Die aufgezeigten Mängel führen zur Unwirksamkeit des gesamten Planes. 124Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts führen Mängel, die einzelnen Festsetzungen eines Bebauungsplans anhaften, (nur) dann ausnahmsweise nicht zu dessen Unwirksamkeit, wenn die übrigen Regelungen, Maßnahmen oder Festsetzungen – für sich betrachtet – noch eine sinnvolle städtebauliche Ordnung im Sinne des § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB bewirken können und wenn der Rat nach seinem im Planungsverfahren zum Ausdruck gelangten Willen im Zweifel auch eine Satzung dieses eingeschränkten Inhalts beschlossen hätte. Dabei gilt auch zu berücksichtigten, dass die Teilunwirksamkeit im Verhältnis zur Gesamtunwirksamkeit eine von besonderen Umständen abhängende Ausnahme darstellt. 125Vgl. BVerwG, Urteil vom 19. September 2002 ‑ 4 CN 1.02 -, BVerwGE 117, 58 = juris Rn. 9, Beschlüsse vom 24. April 2013 - 4 BN 22.13 -, juris Rn. 3, und vom 22. Januar 2008 - 4 B 5.08 -, juris Rn. 9, jeweils m. w. N. 126An solchen fehlt es hier unabhängig davon, ob der Plan im Übrigen, namentlich in Bezug auf den Ausschluss weiterer Nutzungen über die Wohnungsprostitution hinaus und die Behandlung der Lärmschutzproblematik im nördlichen Teil des Planes, für sich betrachtet durchgreifende Mängel aufweist. Denn der Plangeber verfolgt mit den Vorgaben und Erwägungen zur Feindifferenzierung wie auch zum Lärmschutz und der Überplanung der überbaubaren Flächen im Plangebiet als - im Plan selbst nicht weiter unterteiltes oder differenziertes - Urbanes Gebiet ein einheitliches Konzept. Danach kann jedenfalls nicht mit der entsprechenden Zweifelsfreiheit davon ausgegangen werden, dass der Plangeber im Zweifel den Plan ohne die südlichen als MU (Urbanes Gebiet) festgesetzten Bereiche erlassen hätte, zumal dort nach den obigen Feststellungen auch die Nutzungsausschlüsse entfallen müssten, die von einer entsprechenden Gebietsfestsetzung abhängen. Letztlich verbliebe ein Planungstorso durch eine Reduzierung des Plangebietes auf weniger als die Hälfte. Entsprechend bedarf es auch keiner Vertiefung, ob der Abwägungsfehler zum Nutzungsausschluss für Wohnungsprostitution für sich allein betrachtet die Gesamtunwirksamkeit des Planes zur Folge hätte haben können. 127Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. 128Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. 129Die Revision ist nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
der bebauungsplan nr. 790/n – stadtbezirk nord – stadtteile h. und f. , gebiet zwischen europaplatz, i.-------straße , t.--------straße , c.----------straße und der bahntrasse – der stadt n. ist unwirksam. die antragsgegnerin trägt die kosten des verfahrens. das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. die antragsgegnerin darf die vollstreckung durch sicherheitsleistung oder hinterlegung in höhe von 110 % des aufgrund des urteils vollstreckbaren betrags abwenden, wenn nicht der antragsteller zuvor sicherheit in höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden betrags leistet. die revision wird nicht zugelassen. 1
2der antragsteller wendet sich gegen den bebauungsplan nr. 790 – stadtbezirk nord – stadteile h. und f. , gebiet zwischen f2.-----platz , i.-------straße , t.--------straße , c.----------straße und der bahntrasse – der antragsgegnerin (im weiteren: bebauungsplan). er ist eigentümer des grundstücks gemarkung n. , flur 21, flurstück 232 (f3. straße 9). es liegt im geltungsbereich dieses bebauungsplans und ist mit einem vierstöckigen gebäude bebaut. ein teil der in den oberen stockwerken vorhandenen wohnungen ist vermietet. einige nutzungseinheiten, namentlich das erdgeschoss stehen derzeit leer. hier war zuletzt eine gewerbliche nutzung genehmigt. der antragsteller beabsichtigt nach eigenen angaben, im erdgeschoss einen erotischen massagesalon und ein wettbüro anzusiedeln; die wohnungen im ersten und zweiten obergeschoss will er vorrangig an prostituierte vermieten, die dort auch ihrem gewerbe sollen nachgehen können. 3das plangebiet des bebauungsplans umfasst annähernd dasselbe plangebiet wie das des bebauungsplans nr. 754/n, den der rat der antragsgegnerin am 17. juni 2015 beschlossen und den das erkennende gericht auf den antrag des antragstellers mit urteil vom 6. april 2017 - 2 d 77/15.ne - für unwirksam erklärt hat. es wird umgrenzt vom f2.-----platz , der i.-------straße , dem bahnkörper, der c.----------straße sowie der vor wenigen jahren neu hergestellten t.--------straße . ausgenommen ist die fläche der bushaltestelle für den überregionalen und internationalen busverkehr an der kreuzung i1. -t1. -straße/i2.-----------straße . aus richtung des f4.-----platzes durchzieht die i3.----------straße das plangebiet. von norden her kommend verläuft die f3. straße durch das plangebiet bis zur i4.----------straße . in deren verlängerung führt die i1. -t1. -straße bis an die plangebietsgrenze an der bahnunterführung. an den straßenzügen im plangebiet befindet sich eine umfängliche straßenrandbebauung mit im wesentlichen vier- bis fünfgeschossigen gebäuden aus unterschiedlichen bauepochen. die innenbereiche der baublöcke sind überwiegend mit ein- oder mehrgeschossigen baukörpern überbaut. 4erklärte ziele des planes sind die sicherung des gebiets als wohnstandort, die stärkung der bestehenden funktionsmischung aus wohnen, gastronomie, einzelhandel, dienstleistung und nicht störendem gewerbe sowie die schaffung einer insgesamt höheren aufenthaltsqualität (planbegründung s. 15). 5zur umsetzung der planungsziele setzt der bebauungsplan für die bauflächen innerhalb des plangebietes urbane gebiete (mu) gemäß § 6a baunvo fest. 6nach ziffer 1.1 abs. 1 der textlichen festsetzungen sind in den urbanen gebieten die ausnahmsweise zulässigen vergnügungsstätten i. s. d. § 6a abs. 3 nr. 1 baunvo sowie tankstellen i. s. d. § 6a abs. 3 nr. 2 baunvo gem. § 1 abs. 6 nr. 1 baunvo nicht bestandteil des bebauungsplans. 7nach ziffer 1.1 abs. 2 der textlichen festsetzungen sind einzelhandelsbetriebe, deren zweck auf den verkauf von artikeln mit sexuellem charakter ausgerichtet ist, anlagen und betriebe, die gewerblich betriebenen sexuellen dienstleistungen und darbietungen dienen, sowie wohnungsprostitution gem. § 1 abs. 9 baunvo i. v. m. § 1 abs. 5 baunvo ausgeschlossen. 8zum schutz vor verkehrslärm enthält der bebauungsplan unter ziffer 2 der textlichen festsetzungen vorgaben zur luftschalldämmung von außenbauteilen, die mit entsprechenden zeichnerischen festsetzungen zur kennzeichnung von lärmpegelbereichen (v bis vii) korrespondieren. der lärmpegelbereich vii erstreckt sich im südlichen planbereich. 9ziffer 2.1 lautet: 10innerhalb der mit lärmpegelbereichen gekennzeichneten bereiche sind die anforderungen an die luftschalldämmung von außenbauteile gemäß din 4109 "schallschutz im hochbau" ausgabe november 1989 sowie der vdi – richtlinie 2719 "schalldämmung von fenstern" einzuhalten. für aufenthaltsräume muss das erforderliche resultierende schalldämm-maß r'w, res gemäß der tabelle 8 "anforderungen an die luftschalldämmung von außenbauteilen" der din 4109 ermittelt werden. 11diese tabelle 8 ist im anschluss - bezeichnet als auszug aus der din 4109 - auf der planurkunde abgedruckt. 12in ziffer 2.2 heißt es: 13die minderung der nach vorstehender ziffer 2.1 zu treffenden schallschutzmaßnahmen ist im einzelfall zulässig, sofern im bauordnungsrechtlichen genehmigungsverfahren fachgutachterlich der nachweis geführt wird, dass aufgrund der geplanten raumnutzung bzw. einer geringeren geräuschbelastung z. b. durch eigenabschirmung des gebäudes) die erfüllung der anforderungen eines niedrigeren lärmpegelbereichs ausreichend ist. 14in ziffer 2.3 ist geregelt: 15an allen fassaden ist die belüftung von aufenthaltsräumen durch schallgedämmte lüftungseinrichtungen oder durch gleichwertige maßnahmen sicherzustellen, sofern nicht im bauordnungsrechtlichen genehmigungsverfahren fachgutachterlich der nachweis geführt wird, dass ein lärmpegel von 45 db(a) nachts an der fassade des jeweiligen aufenthaltsraumes unterschritten wird. 16die überbaubare grundstücksfläche wird durch baulinien und baugrenzen bestimmt. die baulinien finden sich entlang der straßenräume und zeichnen die außenkanten der baublöcke nach, mit ausnahme der abgrenzung zum bushaltestellenbereich für überregional und international verkehrende buslinien. hier sind ebenso wie zum bahndamm baugrenzen festgesetzt. zum maß der baulichen nutzung enthält der bebauungsplan keine regelungen, sondern den hinweis, der bebauungsplan werde als "einfacher bebauungsplan" gemäß § 30 abs. 3 baugb aufgestellt; die planungsrechtliche zulässigkeit von vorhaben richte sich jenseits der getroffenen festsetzungen nach § 34 baugb. 17die planbegründung nimmt zur darstellung der bestandssituation auf eine erhebung von märz 2017 bezug. diese zeige, dass die vier- bis fünfgeschossigen gebäude entlang der i.-------straße , der i5.---------straße und der f3. straße in den obergeschossen vornehmlich zu wohnzwecken genutzt würden. zu geringen teilen fänden sich andere nutzungen. hierzu zählten büro- und praxisnutzungen, ein hotel, ein seniorenhaus, ein einzelhandelsbetrieb aus dem erotiksektor sowie gewerbliche zimmervermietung (wohnungsprostitution). in der erdgeschosszone im plangebiet überwögen ladenlokale in form von einzelhandels- und dienstleistungsbetrieben. in den gebäuden an der t.--------straße befänden sich auch im erdgeschoss ausschließlich wohnnutzungen. entlang der i5.---------straße werde das angebot durch gastronomiebetriebe ergänzt. darüber hinaus fänden sich mehrere vergnügungsstätten (spielhallen und wettbüros) im plangebiet (östlicher bereich der i5.---------straße bzw. an der i.-------straße ). die plangebegründung stellt zudem eine hohe leerstandsquote und fluktuation in der vermietung der ladenlokale in der i5.---------straße fest (vgl. dort s. 10). 18im weiteren betont die planbegründung, die aufstellung des bebauungsplans sei teil eines umfassenderen planungsansatzes mit dem ziel, das gesamte umfeld durch näher bezeichnete bebauungspläne neu zu ordnen (vgl. planbegründung s. 10 f.). weiterhin sei das plangebiet teil des integrierten handlungs- und entwicklungskonzepts (ihek) alt-n. . ziel sei die aufwertung der gesamten n1. innenstadt. vorgesehen seien u. a. der umbau des zentralen omnibusbahnhofs am f1.------platz und die damit einhergehende aufwertung des öffentlichen raums (maßnahme 8) sowie die umgestaltung des platzes der s. als freiraumpark mit anbindung an die geplante seestadt. 19zu "ziel und zweck der planung" wird im wesentlichen ausgeführt: aufgrund der bestehenden baulichen dichte stelle sich das plangebiet bereits als ein typisch innerstädtisches quartier dar, das dem städtebaulichen leitbild einer kompakten und nutzungsdurchmischten stadt der kurzen wege gerecht werden könne. die zentrale lage im stadtgebiet und insbesondere die nähe zum hauptbahnhof stellten erhebliche chancen dar, die jedoch bislang nicht zu einer positiven entwicklung des plangebiets und dessen näherer umgebung geführt hätten. die ziele der planung für das quartier seien durch bereits städtebaulich ablesbare fehlentwicklungen gefährdet, die darüber hinaus zu einer weiteren abwertung des quartiers führen könnten. indikatoren hierfür seien die hohe anzahl der leerstände und der vermehrte bestand an vergnügungsstätten wie spielhallen und wettbüros sowie von gewerblichen nutzung aus dem erotiksektor. diese entwicklungen würden allgemein als "trading-down-effekt" bezeichnet. um dem entgegenzuwirken, sollten zukünftig aus dem plangebiet ausgeschlossen werden: "vergnügungsstätten, einzelhandelsbetriebe, deren zweck auf den verkauf von artikeln mit sexuellem charakter ausgerichtet ist, anlagen und betriebe, die gewerblich betriebenen sexuellen dienstleistungen und darbietungen dienen, sowie wohnungsprostitution". die negativen auswirkungen der genannten nutzungen lägen in erster linie in dem verdrängungseffekt gegenüber den anderen hauptnutzungen wie einzelhandel, dienstleistung, gastronomie, gewerbe, etc. dieser sog. trading-down-effekt entstehe durch die konkurrenz zwischen betrieben mit typischerweise geringem investitionsbedarf und vergleichsweise hoher ertragsstärke (insb. vergnügungsstätten und vergleichbare anlagen) und den übrigen vorhandenen nutzungen. durch massive ansiedlungsversuche von vergnügungsstätten, einzelhandelsbetrieben, deren zweck auf den verkauf von artikeln mit sexuellem charakter ausgerichtet sei, sowie betrieben, die gewerblich sexuelle dienstleistungen anböten, drohe die gefahr einer einseitigen nutzungsstruktur von überwiegend städtebaulich problematischen nutzungen im plangebiet. die kunden der vergnügungsstätten stellten nur in beschränktem maße eine potenzielle kundschaft für benachbarte läden und gastronomiebetriebe dar. die häufung solcher nutzungen fördere somit den abwärtstrend der geschäftslagen und die wertminderung des gesamten immobilienstandortes und erzeuge letztlich leerstände. die innerstädtischen einzelhandelslagen, die durch ihre ladenlokale mit ausstellenden, einladenden schaufenstern oder einladenden gastronomiebetrieben entlang eines öffentlichen straßenraums erst ihr potenzial entwickelten, würden beispielsweise durch sich abschottende spielhallenfronten in ihrer vitalität gestört (vgl. dort s. 15.) mit dem ausschluss der genannten schädlichen nutzungen werde den empfehlungen des vergnügungsstättenkonzeptes weitestgehend gefolgt. allerdings werde diesem wegen geänderter städtebaulicher vorstellungen nicht gefolgt, soweit dort für den nördlichen planbereich ein sog. toleranzbereich dargestellt sei, in dem vergnügungsstätten ausnahmsweise zulässig sein sollen (vgl. dort s. 18). 20zum immissionsschutz führt die planbegründung u. a. aus, dass die ergebnisse der schalltechnischen untersuchung des schienen- und straßenverkehrslärms große überschreitungen der – mangels anderweitiger hinweise zum umgang mit urbanen gebieten – herangezogenen orientierungswerte der din 18005 für mischgebiete ergeben hätten. die höhe der überschreitungen reiche bis zur enteignungsrechtlichen zumutbarkeitsschwelle, die am tag für mischgebiete bei 72 db(a) liege. diese würde am tag jedoch nur in marginalen kleinstflächen an der t.--------straße /ecke i.-------straße überschritten. die enteignungsrechtliche zumutbarkeitsschwelle, die nachts für mischgebiete bei 62 db(a) liege, werde hingegen in den baugebieten südlich der i5.---------straße vollständig überschritten. hier bewegten sich die berechneten beurteilungspegel zwischen 64 und 70 db(a). in den baugebieten nördlich der i5.---------straße lägen die beurteilungspegel zumindest in den blockinnenbereichen (ohne berücksichtigung der bestandsgebäude) unterhalb von 62 db(a). darüber hinaus stiegen die werte in diesen baugebieten bis 65 db(a) an. es müssten daher schallschutzmaßnahmen getroffen werden. der bauplanungsrechtliche handlungsspielraum sei bei der bestandsplanung stark eingeengt. ein größerer abstand zur lärmquelle, eine zuordnung der baugebiete, ein lärmschutzwall oder eine lärmschutzwand sowie eine aufschiebende bedingung für die zulässigkeit (bspw. von wohnen) seien aufgrund der vorhandenen baulichen strukturen und der bereits vorhandenen nutzungen innerhalb des plangebiets nicht möglich. eine lärmrobuste städtebauliche struktur sei in den nördlichen baufeldern des plangebiets möglich bzw. in teilen bereits vorhanden. hier bestünden beinahe durchgehende blockstrukturen, die ruhigere innenbereiche ermöglichten. damit lärmabgewandte fassaden an den rückwärtigen gebäudeseiten erhalten und komplettiert würden, seien durchgehend entlang der straßen liegende baulinien festgesetzt worden. ein lärmmindernder fahrbahnbelag sei bereits beim neubau der t.--------straße und der c.----------straße genutzt worden, dies führe beim beurteilungspegel des straßenverkehrslärms zu einer entlastung von 2 db(a). im jahre 2018 sei auf dem abschnitt der i3.----------straße zwischen c.----------straße und f3. straße eine geschwindigkeitsreduzierung auf 30 m/h umgesetzt worden. das führe zu einer entlastung von 2,4 db(a). die geplante widmung der i3.----------straße als busstraße werde zukünftig zu einer weiteren entlastung führen. einen beitrag zur verhinderung einer zukünftigen erhöhung der verkehrsbelastung leiste der ausschluss von bestimmten verkehrsintensiven nutzungen im vergleich zum aktuell bestehenden planungsrecht. hierzu zählten vergnügungsstätten, tankstellen und großflächige einzelhandelsbetriebe. über den aktiven schallschutz hinaus seien die getroffenen maßnahmen durch passive schallschutzvorkehrungen zu ergänzen. festsetzungen zur grundrissgestaltung könnten in der aktuellen baulichen situation nicht zu einer verbesserung der lärmsituation im gebäude führen, da aufgrund der lücken der blockrandbebauung nicht überall lärmabgewandte gebäudeseiten existierten. es seien festsetzungen zu anforderungen an den baulichen schallschutz (lärmpegelbereiche) sowie zu schallgedämmten lüftungseinrichtungen aufgenommen worden; sie stellten bei neu- und umbau die einhaltung der din 4109 "schallschutz im hochbau" sowie der vdi – richtlinie 2719 "schalldämmung von fenstern" sicher. da die schalltechnische untersuchung gezeigt habe, dass bei der berücksichtigung des nachtzeitraums ein höherer schallschutz erforderlich sei, sei bei der festsetzung der lärmpegelbereiche auf die berechnungsgrundlagen mit berücksichtigung des nachtzeitraums zurückgegriffen worden. da für das gesamte plangebiet aktuell beurteilungspegel nachts über 45 db(a) aufträten, werde festgesetzt, dass an allen fassaden im plangebiet die belüftung von aufenthaltsräumen durch schallgedämmte lüftungseinrichtungen oder durch gleichwertige maßnahmen sicherzustellen seien (vgl. dort 20 ff.). im rahmen des neubaus der t.--------straße und der c.----------straße sei die obligatorische abwicklung von lärmschutzmaßnahmen nach der 24. bimschv (z. b. einbau von schallschutzfenstern) bereits vorgenommen worden. zudem betreibe die stadt n. ein freiwilliges schallschutzprogramm, in dessen rahmen der einbau von schallschutzfenstern an den übrigen gebäuden im plangebiet mit lärmpegeln ab 70 db(a) am tag bzw. 60 db(a) nachts (verursacht durch straßenverkehrslärm) finanziell gefördert werden könne (vgl. dort s. 20 ff.). im rahmen einer zusammenfassenden betrachtung wird weiter ausgeführt: die getroffenen festsetzungen könnten die lärmsituation lediglich verbessern (durch den ausschluss verkehrsintensiver nutzungen) bzw. durch passive schallschutzfestsetzungen zumindest bei neubauten einen ausreichenden schallschutz gewährleisten. allerdings sei zu berücksichtigen, dass die planungen dieses bebauungsplanes keinen neuen nutzungskonflikt auslösten, da weder die lärmsituation verschlechtert werde noch neue schutzwürdige nutzungen (insb. wohnen) in das fast vollständig bebaute und bereits überwiegend durch wohnen geprägte gebiet gebracht würden. dem grundsätzlichen verbesserungsverbot werde durch die ausschöpfung sämtlicher möglicher maßnahmen rechnung getragen. darüber hinaus sei insbesondere für die maßgebliche lärmquelle des schienenverkehrslärms eine positive entwicklung absehbar. nach auskunft der deutschen bahn netz ag würden einige schienenwege in n. hinsichtlich der möglichkeit einer förderung im rahmen des lärmsanierungsprogramms der db an bestehenden schienenwegen untersucht. auf dem abschnitt der strecke 2520 sei nach derzeitigem planungsstand zwischen dem hauptbahnhof und der b.--straße auf nordwestlicher seite der gleise eine 3 m hohe schallschutzwand vorgesehen. die realisierung solle im jahre 2021 erfolgen. der entwurf müsse noch beim zuständigen eisenbahn-bundesamt zur plangenehmigung vorgelegt werden (vgl. dort s. 23 f.). 21der regionalplan stellt für den bereich des bebauungsplans „allgemeiner siedlungsbereich“ dar. der flächennutzungsplan der antragsgegnerin enthielt bis zu seiner berichtigung nach erlass des bebauungsplans nr. 754/n für dessen geltungsbereich die darstellung kerngebiet. nach dessen erlass erfolgte die berichtigung in dem entsprechenden bereich zu mischgebiet. die berichtigung des plangebietes in urbanes gebiet erfolgte nach bekanntmachung des streitigen bebauungsplans. 22das vom rat der antragsgegnerin am 26. september 2013 als übergeordnetes städtebauliches konzept beschlossene vergnügungsstättenkonzept stellt für den großteil des geltungsbereichs des bebauungsplans einen stadtbereich dar, der von „trading-down-effekten“ betroffen sei, und für einen teil des südlich der t.--------straße gelegenen planbereichs wie nördlich der t.--------straße einen sog. toleranzbereich (vgl. dort s. 52). in seiner sitzung am 29. april 2020 beschloss der rat der antragsgegnerin als 1. änderung des konzeptes, den toleranzbereich für vergnügungsstätten im bereich der t.--------straße zwischen den kreuzungen mit der bismarckstraße und der c.----------straße /i3.----------straße herauszunehmen und die bisherige abbildung im dargestellten teilbereich durch den in der anlage zur beschlussvorlage (nr. 4454/ix) beigefügten plan zu ersetzen. 23das planaufstellungsverfahren nahm im wesentlichen folgenden verlauf: 24nach beschlussfassung zur aufstellung des bebauungsplans im verfahren nach § 13a baugb leitete die antragsgegnerin die frühzeitige beteiligung der behörden und sonstigen träger öffentlicher belange ein und führte die frühzeitige beteiligung der öffentlichkeit im rahmen einer veranstaltung am 7. november 2017 durch. mit schreiben vom 22. november 2017 teilte die bezirksregierung e. auf eine entsprechende anfrage der antragsgegnerin mit, gegen den gemäß § 34 abs. 1 und 5 lplg vorgelegten bebauungsplanentwurf bestünden keine landesplanerischen bedenken. 25die öffentliche auslegung des bebauungsplanentwurfs gemäß § 3 abs. 2 baugb erfolgte entsprechend der bekanntmachung im amtsblatt der antragsgegnerin am 15. oktober 2018 in der zeit vom 24. oktober 2018 bis einschließlich 30. november 2018. die behörden und sonstigen träger öffentlicher belange wurden mit schreiben vom 22. oktober 2018 beteiligt. 26mit anwaltlichem schriftsatz vom 29. november 2018 wandte sich der antragsteller gegen die planung. er machte im wesentlichen geltend: es handle sich um eine reine negativplanung. die bis dato vorherrschende nutzungsform werde ausgeschlossen. die annahme, dass die wohnnutzung, die doch angeblich gefördert werden solle, durch ein reines verbot bestimmter betriebe zunehmen werde, sei nicht schlüssig. die festsetzung als urbanes gebiet stehe im offenen widerspruch zu den tatsächlichen örtlichen gegebenheiten und damit zum objektiven gebietscharakter. die bestehenden und in der plangebegründung selbst hervorgehobenen lärmimmissionen vertrügen sich nur sehr bedingt mit der planerischen zielsetzung, in diesem gebiet gerade die wohnnutzung zu stärken. verbiete man die ansiedlung bestimmter betriebe im plangebiet, in dem sie derzeit historisch strukturell bedingt konzentriert zu beobachten seien, so wären zumindest alternativstandorte bereitzustellen. daran fehle es. 27in seiner sitzung vom 3. juli 2019 beschloss der rat der antragsgegnerin nach prüfung die abwägung der im rahmen der frühzeitigen beteiligung sowie im rahmen der öffentlichen auslegung und der beteiligung der behörden und sonstigen träger öffentlicher belange vorgebrachten anregungen/stellungnahmen gemäß der empfehlung der anlagen 1 und 2 der beratungsvorlage „vorlagen-nr. 3860/ix“. im weiteren beschloss er den bebauungsplan gemäß § 10 baugb als satzung sowie die dem bebauungsplan beigefügte begründung. zugleich beauftragte er die verwaltung, den flächennutzungsplan im wege der berichtigung anzupassen. 28am 4. juli 2019 unterzeichnete der bürgermeister den vermerk über die beschlussfassung auf der bebauungsplanurkunde. ebenfalls am 4. juli 2019 unterzeichnete er die bekanntmachung des satzungsbeschlusses, die am 15. juli 2019 im amtsblatt der antragsgegnerin veröffentlicht wurde. 29am 2. januar 2020 hat der antragsteller den normenkontrollantrag gestellt und diesen erstmals mit schriftsatz vom 15. juli 2020 begründet, den er in kopie zugleich am selben tag per fax mit gesondertem anschreiben an die antragsgegnerin versandte. 30zur begründung des normenkontrollantrags führt der antragsteller, seine einwendungen im ausstellungsverfahren im wesentlichen vertiefend und ergänzend, aus: der bebauungsplan schließe die von ihm für sein grundstück f3. straße 9 beabsichtigten nutzungen mit ausnahme des wettbüros aus. er sei insoweit unwirksam, da er das berechtigte interesse an der umsetzung der von ihm, dem antragsteller, geplanten nutzungen nicht ausreichend berücksichtige. er beschränke sich auf eine reine negativplanung. der abwägungsmangel bestehe darin, dass nutzungen, die es ihm ermöglichen würden, sein eigentum gewinnbringend zu nutzen, gezielt ausgeschlossen würden, ohne alternative nutzungsformen konkret zu fördern bzw. bereitzustellen. der hinweis auf das vergnügungsstättenkonzept beantworte die offene frage nicht, an welchen anderen orten im stadtgebiet vergnügungsstätten überhaupt noch eine begründete aussicht darauf hätten, genehmigt zu werden. jedenfalls wohnungsprostitution dürfte sich im ergebnis nicht im gesamten stadtgebiet bauplanungsrechtlich verhindern lassen, wie es ganz offenkundig die intention des vergnügungsstättenkonzepts der antragsgegnerin sei. hinzu komme, dass wohnungsprostitution, die sich auf die oberen etagen eines hauses beschränke, den zielen, die die antragsgegnerin mit der aufstellung des bebauungsplans verfolge – in den ladenlokalen im bereich des erdgeschosses keine vergnügungsstätten zuzulassen - nicht zuwiderlaufe. es stelle sich die frage, ob vereinzelt stattfindende wohnungsprostitution dem begriff der vergnügungsstätte unterfalle. es handele sich vielmehr um eine modifizierte form der wohnnutzung. falsch sei auch die annahme, die ausgeschlossenen betriebe seien nebennutzungsformen. sie prägten vielmehr bisher den charakter des plangebietes. er habe seit jahren das problem, geeignete mieter zu finden. diejenigen, die überhaupt noch bereit seien, wohnraum in dieser lage anzumieten, zahlten häufig die miete nicht. gleiches gelte für die vermietung des ladenlokals im erdgeschoss. nicht ohne grund stehe es bereits seit jahren leer. die hohe fluktuation in der vermietung der ladenlokale und die leerstände seien in der begründung des bebauungsplans zwar angesprochen. um der daraus resultierenden unternutzung entgegenzuwirken, beschränke sich der bebauungsplan aber im ergebnis auf ein reines ansiedlungsverbot für weitere vergnügungsstätten. im plangebiet bestehe auch wegen der hohen lärmbelastung weder eine relevante nachfrage nach weiterem wohnraum noch nach ladenlokalen. eine nachfrage werde auch nicht durch ein reines verbot der genannten nutzungen geschaffen. ein solches könne die aktuelle situation nicht nachhaltig verbessern. zudem stehe die festsetzung des plangebietes als urbanes gebiet im offenen widerspruch zu den tatsächlichen örtlichen gegebenheiten und damit zum objektiven gebietscharakter des plangebietes. der charakter eines gebietes, welches sich durch seine besondere nähe zum hauptbahnhof, durch hohe lärmimmissionen und durch eine hohe präsenz von vergnügungsstätten auszeichne, komme einem kerngebiet am nächsten. bereits der durchführungsplan vom 22. juli 1953 habe das plangebiet als geschäftsgebiet festgesetzt, was am ehesten mit einem kerngebiet vergleichbar sei. an dem gebietscharakter des plangebietes als kerngebiet habe sich wenig verändert. spielhallen, wettbüros und erotiketablissements seien für den gebietscharakter mittlerweile prägend. im vergnügungsstättenkonzept n. werde nicht ohne grund auf blatt 30 und 34 ausdrücklich darauf hingewiesen, dass sich spielhallen und erotiketablissements aktuell im bereich des hauptbahnhofes konzentrierten. der umstand, dass immer wohnnutzung vorhanden gewesen sei, widerspreche nicht der qualifizierung des gesamten plangebietes als kerngebiet. ein gebiet, das durch vergnügungsstätten und dienstleistungsbetriebe aus dem bereich der erotikbranche geprägt werde und darüber hinaus für ein urbanes gebiet untypische und nach art und umfang unzulässige lärmimmissionen aufweise, könne schwerlich als urbanes gebiet eingestuft werden. auch lägen die lärmimmissionen im plangebiet in teilbereichen in einem im hinblick auf mögliche gesundheitsgefährdungen kritischen bereich. dies vertrage sich nur sehr bedingt mit der planerischen zielsetzung, in diesem gebiet gerade die wohnnutzung zu stärken. die antragsgegnerin habe den lärmkonflikt zwar erkannt, sich aber darauf beschränkt, wenig konkrete maßnahmen zu dessen abmilderung zu benennen. ausgehend von den ausführungen des bundesverwaltungsgerichts im urteil vom 29. november 2012 – 4 c 8.11 – sei es unzulässig, den schutz der wohnnutzung in einem derart relevanten umfang durch passive schallschutzmaßnahmen gewährleisten zu wollen. das gelte im besonderen für zukünftige wohnnutzungen in neubauten. der hinweis auf finanzielle förderungen bei von betroffenen eigentümern selbst beauftragten modernisierungsmaßnahmen reiche nicht. es werde insbesondere nicht sichergestellt, dass diese maßnahmen tatsächlich ergriffen würden. auch habe der fachbereich 61 der antragsgegnerin am 10. juli 2019 angemerkt, dass durch den bebauungsplan keine zusätzlichen kosten für aktive oder passive schallschutzmaßnahmen entstehen würden. der bebauungsplan werde dem erfordernis, sämtliche maßnahmen zu ergreifen, die geeignet und erforderlich seien, um eine vom plangeber als rechtswidrig erkannte ist-situation in einen rechtmäßigen zustand zu überführen, nicht gerecht. zudem entbehrten die zukunftsprognosen jeder nachvollziehbaren tatsachengrundlage. daraus folge ein schwerwiegender abwägungsmangel. sollte die bezirksregierung in das planaufstellungsverfahren nicht ordnungsgemäß eingebunden gewesen sein, so wäre hierin des weiteren ein relevanter verstoß gegen das gebot zu sehen, den bebauungsplan aus dem flächennutzungsplan zu entwickeln, welches vom grundsatz her auch im rahmen der §§ 13 und 13a baugb unter den dort genannten einschränkungen einzuhalten sei. der verstoß hätte die unwirksamkeit des bebauungsplans zur folge. darüber hinaus wären eine unterbliebene einbindung und die nichtbeachtung wesentlicher vorgaben des flächennutzungsplans als weitere abwägungsmängel zu qualifizieren. 31der antragsteller beantragt, 32den bebauungsplan nr. 790/n – stadtbezirk nord - stadtteile h. und f. - gebiet zwischen f2.-----platz , i.-------straße , t.--------straße , c.----------straße und der bahntrasse – der antragsgegnerin für unwirksam zu erklären. 33die antragsgegnerin beantragt, 34den antrag abzulehnen. 35zur begründung führt sie im wesentlichen aus: der bebauungsplan sei als solcher der innenentwicklung verabschiedet worden. ein solcher könne schon vor anpassung des flächennutzungsplanes geändert und ergänzt werden. dem bebauungsplan liege ein ausgewogenes städtebauliches konzept zugrunde. in der abwägung sei erkannt worden, dass der antragsteller mit der von ihm angestrebten gewerblichen nutzung eine bessere rendite seiner liegenschaft erzielen könne. dieses interesse sei aus übergeordneten städtebaulichen gründen zurückgestellt worden. insoweit werde das vergnügungsstättenkonzept in bezug genommen. da mit der planung positive vorstellungen über die entwicklung des plangebietes verbunden seien, handele es sich nicht um eine reine negativplanung. der plangeber wolle lediglich der bereits eingetretenen negativen städtebaulichen entwicklung entgegenwirken, um die in einem urbanen gebiet möglichen sonstigen nutzungen zu fördern und zukünftig zu stärken. hierfür sei der ausschluss städtebaulich problematischer nutzungen ein baustein. der bebauungsplan sei auch keine einzelmaßnahme zur aufwertung des quartiers, sondern teil eines umfassenderen planungsansatzes zur neuordnung des gesamten umfeldes. der vom plangeber verfolgte ansatz – ausschluss von städtebaulich problematischen nutzungen innerhalb des plangebietes sowie massive (bauliche) aufwertungen im gesamten umfeld des plangebietes – könne den vorherrschenden trading-down-effekt nicht verstärken. die vielzahl baulicher großprojekte in unmittelbarer nähe zum plangebiet insbesondere auch in verbindung mit dem integrierten handlungs- und entwicklungskonzept alt-n. dienten der stärkung des quartiers. darüber hinaus würden sich im umfeld des plangebietes die einwohnerzahl und damit auch die kaufkraft sowie die frequentierung des plangebietes, insbesondere aufgrund der lagegunst, erhöhen. so werde der angrenzende f2.-----platz überplant. anstelle des hauses x. mit leerständen sollten dort "19 häuser" in einem ensemble errichtet werden, bei gleichzeitigem ausschluss der auch in diesem gebiet problematischen nutzungen. durch das geförderte projekt "soziale stadt alt-n. " würde eine vielzahl flankierender baulicher wie sozialer und pädagogischer maßnahmen ergriffen. außerdem reiche es aus, wenn der ausschluss einzelner nutzungen einen beitrag zu dem verfolgten ziel der aufwertung des quartiers leisten könne. das vernügungsstättenkonzept sehe entweder einen ausschluss oder eine nur ausnahmsweise zulässigkeit von vergnügungsstätten in den kerngebietsbereichen und gemischten bauflächen vor. in den insgesamt 20 im konzept aufgenommenen toleranzbereichen seien ausreichend möglichkeiten für die ansiedlung von vergnügungsstätten gegeben. der bisherigen aussage des konzeptes zu einem toleranzbereich an der t.--------straße folge die planung ausdrücklich nicht. in diesem zusammenhang sei zu berücksichtigen, dass sich seit der erstellung des vergnügungsstättenkonzepts die rechtliche situation für vergnügungsstättenbetreiber stark geändert habe. daher werde eine grundsätzliche fortschreibung des konzeptes angestrebt. die rechte der eigentümer seien hinreichend berücksichtigt worden. in abwägung der nutzungsinteressen der eigentümer und der städtebaulichen absichten des plangebers sowie zur mittelfristigen behebung und vermeidung der (neu-)entstehung städtebaulicher missstände habe der plangeber sich gegen die nutzungsinteressen der (bestands-)eigentümer entschieden. die ausgeübte genehmigte nutzung sei weiterhin uneingeschränkt möglich. auch eröffne sich den eigentümern aufgrund der in einem urbanen gebiet allgemein zulässigen zahlreichen sonstigen nutzungsmöglichkeiten perspektiven für durchaus hochwertige nutzungen. die eigentümerinteressen hätten hinter dem öffentlichen-rechtlichen interesse, ein klares signal gegen weitere trading-down-tendenzen zu setzen, zurückzustehen. die festsetzung urbaner gebiete sei hier zielführend. mit der möglichkeit der festsetzung eines urbanen gebietes sei den kommunen ein instrument zur verfügung gestellt worden, mit dem sie planerisch die nutzungsgemischte stadt der kurzen wege verwirklichen könnten. diesem leitbild entsprächen die zielvorstellungen der vorliegenden planung. die zentrale lage im stadtgebiet und insbesondere die nähe zum hauptbahnhof stellten erhebliche chancen dar. es solle die entwicklung eines urbanen quartiers unterstützt werden, das sich im sinne der leipzig-charta durch kurze wege, arbeitsplätze vor ort und eine gute soziale mischung auszeichne. die möglichkeit einer solchen entwicklung sei insbesondere vor dem hintergrund der vielzahl an aktuellen projekten für die nähere umgebung erreichbar. wegen des hohen anteils an wohnnutzungen in verbindung mit der sonstigen im plangebiet vorhandenen nutzungsmischung aus einzelhandels-, dienstleistungs- und gastronomiebetrieben, büro- und praxisnutzungen, einem hotel, einem seniorenhaus sowie vergnügungsstätten verbleibe die einstufung als urbanes gebiet als einzig mögliche gebietskategorie. weitere nutzungen, die in den vormals festgesetzten kerngebieten zulässig gewesen seien, wie großflächiger einzelhandel, tankstellen in zusammenhang mit parkhäusern und großgaragen, seien im plangebiet nicht angesiedelt und außerdem an dieser stelle auch planerisch nicht gewollt. sie würde, wie bereits in der planbegründung ausgeführt werde, die ohnehin schwierige verkehrslärmsituation weiter verschlechtern. tankstellen würden zudem die gewünschte blockrandbebauung unterbrechen und der schaffung einer insgesamt höheren aufenthaltsqualität sowie der stärkung des gebietes als wohnstandort zuwiderlaufen. großflächige einzelhandelsbetriebe lägen – mit ausnahme der ersten bauzeile östlich der i.-------straße – außerhalb eines zentralen versorgungsbereichs und würden damit zumindest in bezug auf nahversorgungsrelevante sortimente gegen das nahversorgungs- und zentrenkonzept verstoßen. die innerhalb des versorgungsbereichs gelegene fläche sei klein und die ansiedlung eines großflächigen einzelhandelsbetriebes sei auch zukünftig nicht absehbar. die zurücknahme der nutzungsmöglichkeiten gegenüber einem kerngebiet sei deshalb auch insoweit vertretbar. die abwägung sei im hinblick auf die lärmvorbelastung ebenfalls nicht zu beanstanden. aufgrund der lärmsituation im bestand seien im rahmen des bebauungsplans die erforderlichen immissionsschutzmaßnahmen fachgutachterlich ermittelt und sodann im bebauungsplan verankert worden. um dabei zukünftig ein möglichst hohes lärmschutzniveau zu gewährleisten, sei die schalltechnische untersuchung im sinne einer "worst-case"-betrachtung durchgeführt worden. in der begründung des planes sei ausdrücklich dargelegt, dass eine reihe von aktiven schallschutzmaßnahmen bereits umgesetzt worden seien, z. b. ein lärmmindernder fahrbahnbelag und eine geschwindigkeitsreduzierung auf 30 km/h auf teilen der i5.---------straße . es seien weitere umsetzbare aktive schallschutzmaßnahmen aufgenommen, beispielsweise teilweise durchgehende, entlang der straßen liegende baulinien festgesetzt worden. die passiven schallschutzmaßnahmen seien ergänzend festgesetzt. das plangebiet sei schon im bestand in weiten teilen von lärm betroffen. die im bebauungsplan getroffenen festsetzungen könnten die lärmsituation lediglich verbessern. die planung selbst löse keine neuen nutzungskonflikte aus, da weder die lärmsituation verschlechtert werde noch neue schutzwürdige nutzungen in das fast vollständig bebaute und bereits überwiegend wohngenutzte gebiet gebracht würden. es bestehe weder eine pflicht noch eine möglichkeit, den bestehenden lärmkonflikt durch den bebauungsplan vollständig zu lösen. dem grundsätzlichen verbesserungsgebot sei durch die ausschöpfung sämtlicher möglicher schallschutzmaßnahmen rechnung getragen worden. eine positive entwicklung der aktuellen lärmsituation sei zudem für die maßgebliche lärmquelle schienenverkehrslärm absehbar. es sei eine 3 m hohe schallschutzwand vorgesehen. die realisierung solle im jahre 2023 erfolgen. die planung existiere als entwurf und müsse noch beim zuständigen eisenbahn-bundesamt zur plangenehmigung vorgelegt werden. im übrigen habe die begründung des bebauungsplans auf die obligatorische abwicklung von lärmschutzmaßnahmen nach der 24. bimschv im rahmen des neubaus der t.--------straße und der c.----------straße sowie auf ihr freiwilliges schallschutzfensterprogramm hingewiesen. soweit der antragsteller bemängele, dass in der beratungsvorlage vom 14. mai 2019 angemerkt worden sei, dass durch den bebauungsplan keine zusätzlichen kosten für die stadt entstünden, sei darauf hinzuweisen, dass die finanzierung des freiwilligen schallschutzfensterprogrammes selbstverständlich im haushalt bereits veranschlagt sei und die mittel entsprechend bereitstünden. 36wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den inhalt der gerichtsakte sowie der beigezogenen aufstellungsvorgänge und pläne bezug genommen. 37
38der normenkontrollantrag hat erfolg. 39i. der rechtzeitig entsprechend § 47 abs. 2 satz 1 vwgo binnen eines jahres nach bekanntmachung des bebauungsplans gestellte antrag ist auch im übrigen zulässig. insbesondere ist der antragsteller im sinne von § 47 abs. 2 satz 1 vwgo antragsbefugt. als eigentümer eines im plangebiet gelegenen grundstücks macht er hinreichend substantiiert geltend, namentlich im hinblick auf die mit der festsetzung eines urbanen gebiets und dem dazu weiter verfügten ausschluss einzelner nutzungen in seinem recht auf gerechte abwägung aus § 1 abs. 7 baugb und seinem eigentumsrecht aus art. 14 abs. 1 satz 1 gg verletzt zu sein. 40ii. der normenkontrollantrag ist auch begründet. 41der bebauungsplan leidet zwar an keinen formellen fehlern, die zu seiner unwirksamkeit führten. solche hat der antragsteller nicht (fristgerecht) gerügt. ohne rüge beachtliche formelle fehler sind nicht zu erkennen. auch fehlt in ansehung der erfolgten landesplanerischen abstimmung jeder anhalt für einen verstoß gegen § 1 abs. 4 baugb, wonach bebauungspläne den zielen der raumordnung anzupassen sind, und geht die rüge eines verstoßes gegen das entwicklungsgebot aus § 8 abs. 2 satz 1 bgb, wonach bebauungspläne aus dem flächennutzungsplan abzuleiten sind, auch jenseits des gewählten verfahrens nach § 13a baugb ins leere. für die vorliegende planung gelten die vom senat in seinem urteil vom 6. april 2017 – 2 d 77/15 – für die vorangegangene planung zu diesen aspekten angeführten erwägungen (juris rn. 117) entsprechend. 42der bebauungsplan weist aber durchgreifende materielle mängel auf. 43zwar fehlt es ihm in seiner grundkonzeption nicht an der erforderlichen städtebaulichen rechtfertigung im sinne des § 1 abs. 3 baugb (1.). er leidet jedoch mindestens in zweifacher hinsicht an beachtlichen mängeln. das betrifft zunächst die regelungen zur feindifferenzierung der im plangebiet zulässigen art der baulichen nutzung unter ziffer 2 der textlichen festsetzungen, jedenfalls im hinblick auf den ausschluss von "wohnungsprostitution" (2.). auch weisen die behandlung und abwägung der belange des immissionsschutzes (§ 1 abs. 6 nr. 7c baugb) sowie der anforderungen an gesunde wohn- und arbeitsverhältnisse (§ 1 abs. 6 nr. 1 baugb) beachtliche fehler auf (3.). daraus folgt die gesamtunwirksamkeit des bebauungsplans (4.). 441. der bebauungsplan ist mit seinen planungsansätzen in seiner grundkonzeption i. s. v. § 1 abs. 3 satz 1 baugb städtebaulich gerechtfertigt. 45was i. s. d. § 1 abs. 3 satz 1 baugb städtebaulich erforderlich ist, bestimmt sich maßgeblich nach der jeweiligen konzeption der gemeinde. welche städtebaulichen ziele die gemeinde sich setzt, liegt in ihrem planerischen ermessen. der gesetzgeber ermächtigt sie, die „städtebaupolitik“ zu betreiben, die ihren städtebaulichen ordnungsvorstellungen entspricht. nicht erforderlich i. s. d. § 1 abs. 3 satz 1 baugb sind demgegenüber in aller regel nur solche bauleitpläne, die einer positiven planungskonzeption entbehren und ersichtlich der förderung von zielen dienen, für deren verwirklichung die planungsinstrumente des baugesetzbuchs nicht bestimmt sind. § 1 abs. 3 satz 1 baugb ist ferner verletzt, wenn ein bebauungsplan, der aus tatsächlichen oder rechtsgründen auf dauer oder auf unabsehbare zeit der vollzugsfähigkeit entbehrt, und daher die aufgabe der verbindlichen bauleitplanung nicht zu erfüllen vermag. in dieser auslegung setzt § 1 abs. 3 satz 1 baugb der bauleitplanung lediglich eine erste, wenn auch strikt bindende schranke, die lediglich grobe und einigermaßen offensichtliche missgriffe ausschließt. sie betrifft die generelle erforderlichkeit der planung, nicht hingegen die einzelheiten einer konkreten planerischen lösung. dafür ist das abwägungsgebot maßgeblich, das im hinblick auf gerichtliche kontrolldichte, fehlerunbeachtlichkeit und heranzuziehende erkenntnisquellen abweichenden maßstäben unterliegt. deswegen kann die abgewogenheit einer bauleitplanung und ihrer festsetzungen nicht bereits zum maßstab für deren städtebauliche erforderlichkeit gemacht werden. 46vgl. bverwg, urteile vom 27. märz 2013 - 4 c 13.11 -, baur 2013, 1399 = juris rn. 9, und vom 27. märz 2013 - 4 cn 6.11 -, baur 2013, 1402 = juris rn. 9, sowie beschluss vom 11. mai 1999 - 4 bn 15.99 -, brs 62 nr. 19 = juris rn. 4; ovg nrw, urteil vom 8. april 2014 - 2 d 43/13.ne -, juris rn. 43. 47nach diesen grundsätzen ist der streitgegenständliche bebauungsplan in seiner grundkonzeption städtebaulich gerechtfertigt. 48erklärte ziele der planung sind die sicherung des gebietes als wohnstandort, die stärkung der bestehenden funktionsmischung aus wohnen, gastronomie, einzelhandel, dienstleistung und nichtstörendem gewerbe sowie die schaffung einer insgesamt höheren aufenthaltsqualität. aufgrund der bestehenden baulichen dichte stelle sich das plangebiet bereits als ein typisch innerstädtisches quartier dar, das dem städtebaulichen leitbild einer kompakten und nutzungsdurchmischten stadt der kurzen wege gerecht werden könne. die entwicklung des bereichs zu einem innerstädtischen, urbanen quartier soll unterstützt werden, das sich im sinne der leipzig charta durch kurze wege, arbeitsplätze vor ort und eine gute soziale mischung auszeichnet. zugleich sollen fehlentwicklungen, die diesem ziel entgegenstehen, vermieden werden (planbegründung s. 15). entsprechend den planungszielen werde für die bauflächen innerhalb des plangebiets ein urbanes gebiet gemäß § 6a baunvo festgesetzt. leitbild des § 6a baunvo sei aus sicht des verordnungsgebers die nutzungsgemischte stadt der kurzen wege, was den zielvorstellungen der vorliegenden planung entspreche (planbegründung s. 17). 49darin ist eine positive städtebauliche planungskonzeption zu sehen, nach der die antragsgegnerin in städtebaulich legitimer weise insbesondere die öffentlichen belange aus § 1 abs. 6 nr. 4 baugb (erhaltung, erneuerung, fortentwicklung, anpassung vorhandener ortsteile sowie § 1 abs. 6 nr. 2 baugb (wohnbedürfnisse der bevölkerung) verfolgt. 50davon, dass die planung von vornherein zur erreichung dieser vorgestellten ziele ungeeignet wäre, ist nicht auszugehen. in zusammenhang mit der ausweisung der bauflächen als urbanes gebiet hebt die antragsgegnerin zu recht hervor, dass bereits die bestandsnutzung, namentlich die mit wenigen ausnahmen festzustellende wohnnutzung ab dem ersten obergeschoss der vorhandenen straßennahen bestandsgebäude, der charakterisierung der vorhandenen bebauung als kerngebiet widerspricht. will man die nutzung - mit ausnahme der ausgeschlossenen nutzungen - im bestand sichern und die vorgestellte durchmischung aus wohnen, gewerbe, einzelhandel und gastronomie weiter entwickeln bzw. stärken, d. h. namentlich auch das wohnen, scheidet die ausweisung der bauflächen als kerngebiet aus. denn hier wäre wohnen nur ausnahmsweise zulässig. auch kann – ebenso wenig wie hinsichtlich der vorausgegangenen planung - 51vgl. dazu ovg nrw, urteil vom 6. april 2017 – 2 d 77/15.ne –, juris rn. 128 – 52die rede davon sein, dass die mit blick auf erkannte "trading-down-effekte" beabsichtigte aufwertung des quartiers von vornherein nicht (mehr) zu erreichen wäre. 532. allerdings weist die auf § 1 abs. 5 und abs. 9 baunvo gestützte regelung zur feindifferenzierung der im urbanen gebiet allgemein zulässigen nutzungen beachtliche, im übergangsbereich von städtebaulicher rechtfertigung und abwägung liegende mängel auf, jedenfalls soweit es um den ausschluss von "wohnungsprostitution" geht. 54in der gegebenen planungssituation hätte es einer spezifischen plausibilisierung der für den ausschluss angeführten städtebaulichen gründe im hinblick auf den ausschluss von wohnungsprostitution bedurft. daran fehlt es. 55die planbegründung hebt auf seite 15 hervor, dass der ausschluss von vergnügungsstätten, einzelhandelsbetrieben, deren zweck auf den verkauf von artikeln mit sexuellem charakter ausgerichtet ist (im weiteren erotik-einzelhandel), anlagen und betrieben, die gewerblich betriebenen sexuellen dienstleistungen und darbietungen dienen (im weiteren erotikanlagen/-betriebe) sowie wohnungsprostitution den städtebaulich ablesbaren fehlentwicklungen im sinne eines sog. trading down (hohe zahl der leerstände sowie vermehrter bestand an vergnügungsstätten sowie von gewerblichen nutzungen aus dem erotiksektor) entgegengewirkt werden soll (planbegründung s. 15 und 18). 56die nähere plausibilisierung im anschluss befasst sich ausdrücklich indes allein mit den ersten drei der vier genannten nutzungsformen. durch massive ansiedlungsversuche von vergnügungsstätten, erotik-einzelhandel sowie erotikanlagen/-betrieben, drohe die gefahr einer einseitigen nutzungsstruktur von überwiegend städtebaulich problematischen nutzungen im plangebiet (vgl. planbegründung s. 15/16 oben). im weiteren werden die verdrängung innerstädtischer einzelhandelslagen herausgestellt sowie die beeinträchtigung des stadt- und straßenbildes, u. a. durch "sich abschottende spielhallenfronten" mit der geäußerten befürchtung der tendenz der verwahrlosung und verunstaltung. 57die wohnungsprostitution wird in diesem zusammenhang nicht weiter erwähnt, obschon nach der regelungssystematik des bebauungsplans aus sicht des plangebers die betriebsform der „wohnungsprostitution" in ziffer 2 typisierend von den ebenfalls genannten erotikanlagen/-betrieben unterschieden wird. dort heißt es "sowie wohnungsprostitution". 58zugleich unterscheiden sich die städtebaulichen auswirkungen der sog. wohnungsprostitution von anderen erotikanlagen/-betrieben, wenn sie im sinne der in diversen gerichtsentscheidungen angeführten bauplanungsrechtlichen kategorie in abgrenzung zu einem sog. bordellähnlichen betrieb verstanden wird; sie kann insbesondere - anders als dieser - wohnverträglich ausgeübt werden und in folge auch im mischgebiet zulässig sein. 59vgl. allerdings bverwg, beschluss vom 29. september 2020 – 4 b 13/20 (4 c 5/20) –, juris rn. 1 f. (revisionszulassung zur frage, ob an der rechtsprechung zur typisierenden einordnung von bordellen oder bordellartigen betrieben als das wohnen mehr als nur nicht unwesentlich störende gewerbebetriebe festzuhalten ist). 60dies betrifft namentlich die für den ausschluss der anderen nutzungsformen herausgestellte gefahr einer verdrängung von einzelhandelslagen, da es nicht um eine ladennutzung, sondern um die nutzung(sänderung) von wohnungen geht und eine beeinträchtigung des stadt- und straßenbildes schon bei dem naheliegenden, an die genannte rechtsprechung anknüpfende begriffsverständnis von wohnungsprostitution nicht in vergleichbarer unmittelbarkeit auftritt. denn dann tritt sie nach außen nicht anders als eine wohnnutzung in erscheinung. 61dies entspricht auch dem verständnis des vergnügungsstättenkonzeptes, dem der bebauungsplan mit dem ausschluss weitestgehend folgen will (vgl. planbegründung s. 16). empfehlungen zur wohnungsprostitution enthält dieses nicht. dort wird in abb. 1 die sog. wohnungsprostitution dem wohnen zuordnet und auf seite 27 zugleich als typisierend ausgeführt, dass wohnungsprostitution schon aus gründen der diskretion im eigenen interesse nicht im stadtbild in erscheinung träte und konfliktfälle hier überwiegend (nur) im nachbarlichen umfeld aufträten. über diese feststellung hinaus findet die wohnungsprostitution dann auch im konzept keine weitere erwähnung; so beziehen sich auch die empfehlungen im rahmen des räumlichen konzeptes (s. 51 ff.) auf vergnügungsstätten und vergnügungsstättenähnliche betriebe, zu denen bei bauplanungsrechtlich typisierender betrachtung die wohnungsprostitution nicht - jedenfalls nicht ohne weitere und hier fehlende plausibilisierung - zählt. 62dabei ist die sog. wohnungsprostitution bauplanungsrechtlich allerdings nach bisher einhelliger rechtsprechung nicht etwa als wohnen im sinne von § 3 abs. 1 und § 4 abs. 1 baunvo, sondern als gewerbliche nutzung einzustufen. 63vgl. bverwg, beschluss vom 28. juni 1995 – 4 b 137/95 –, juris rn. 3; ovg nrw, beschluss vom 19. juli 2007 – 7 e 623/07 –, juris rn. 4. 64bei aller unschärfe in der abgrenzung zwischen dem bordellartigen betrieb und einer das wohnen nicht wesentlich störenden sog. wohnungsprostitution ist letzterer nicht nur zu eigen, dass die prostituierten in dem betreffenden gebäude dauerhaft wohnen. sie setzt vielmehr zudem voraus, dass die (gewerbliche) betätigung nach außen nur wohnähnlich in erscheinung tritt und dem gebäude, in dem sie stattfindet, nicht das gepräge gibt. gehen die aktivitäten der prostituierten unter dauerhafter nutzung der räumlichkeiten nach art und umfang hierüber hinaus, liegt keine wohnungsprostitution mehr vor. 65vgl. ovg nrw, beschluss vom 24. juni 2015 – 2 a 325/15 –, juris rn. 17 f.; ovg berlin-bbg., urteil vom 29. oktober 2019 – 2 b 2.18 –, juris rn. 50, jeweils m. w. n. (revision zugelassen durch bverwg, beschluss vom 29. september 2020 – 4 b 13/20 (4 c 5/20) –, juris). 66damit sind hier insbesondere solche formen der wohnungsprostitution erfasst, die aus sicht des gesetzesgebers des prostituiertenschutzgesetzes nicht erlaubnispflichtig nach § 12 prostschg und damit kein prostitutionsgewerbe sind. es handelt es sich um die konstellation, dass eine wohnung ausschließlich durch ihre inhaberin oder ihren inhaber zur ausübung der prostitution genutzt wird, ohne dass eine dritte person aus dieser nutzung gewinn erzielt (bt- drs. 18/8556 s. 39 und s. 61). nur soweit jemand eine oder mehrere wohnungen gezielt einer (anderen) person zum zweck der ausübung der prostitution zur verfügung stellt, soll nach der gesetzesbegründung die wohnung auch als prostitutionsstätte und der verfügungsberechtigte als ihr betreiber i. s. d. § 2 abs. 3 und 4 prostschg gelten. mit der strikten regelung soll eine umgehung der erlaubnispflicht vermieden werden. wer sich professionell darauf ausrichte, eine oder mehrere wohnungen an prostituierte zur ausübung ihrer tätigkeit zu vermieten, sei ein gewerbetreibender im sinne des § 2 abs. 3 prostschg und unterfalle der erlaubnispflicht und den daran anknüpfenden regelungen für prostitutionsstätten (bt-drs. 18/8556 s. 61). 67letzteres wirft – ohne dass dies hier weiterer vertiefung bedarf – auch die frage nach dem begriffsverständnis des vorliegenden planungsgebers von "anlagen und betrieben, die gewerblich betriebenen sexuellen dienstleistungen und darbietungen dienen" auf und einer möglicherweise teilweisen überschneidung mit der besonders erwähnten "wohnungsprostitution". 68vorstehendes bekräftigt zugleich, dass sich die auswirkungen von wohnungsprostitution – wie gesagt - schon vorhabenbedingt in ihren städtebaulichen auswirkungen von bordellartigen betrieben signifikant unterscheiden und also auch ihr ausschluss gesonderter erwägungen bedarf. bordellartige betriebe und bordelle sind regelmäßig mit nach außen wirkenden begleiterscheinungen verbunden (sog. „milieubedingte unruhe“) und lässt sich insoweit eine potentielle schädlichkeit im sinne eines "trading-down-effekts" hinreichend plausibel begründen. 69vgl. ovg nrw, urteil vom 6. april 2017 - 2 d 77/15.ne -, juris rn. 100 ff.; ovg berlin-bbg., urteil vom 29. oktober 2019 - 2 b 2.18 -, juris rn. 52 (revision zugelassen durch bverwg, beschluss vom 29. september 2020 – 4 b 13/20 (4 c 5/20) –, juris). 70eine entsprechende milieubedingte unruhe, wie das ansprechen unbeteiligter sowie das anfahren und abfahren der freier als sichtbare begleiterscheinungen der prostitution können für die in der rechtsprechung umschriebene kategorie der wohnungsprostitution zwar nicht von vornherein ausgeschlossen werden, 71vgl. bverfg, nichtannahmebeschluss vom 28. april 2009 - 1 bvr 224/07 -, juris rn. 25; bt-dr. 16/4116, s. 40; bt-drs. 18/8556 s. 76, 72und es mag die gefahr einer solchen unruhe insbesondere bei einer häufung einem erfahrungssatz entsprechen, so dass aus städtebaulicher sicht eine unterschiedliche regelung von wohnungsprostitution und anderen formen der prostitution nicht etwa vorgezeichnet ist. 73vgl. ovg nrw, urteil vom 6. april 2017 - 2 d 77/15.ne -, juris rn. 104. 74die störende wirkung der sog. wohnungsprostitution geht aber – wie ausgeführt – jedenfalls typischerweise nicht so weit wie andere formen des geschäftsmäßigen angebots sexueller dienstleistungen. 75dass der plangeber sich diesen unterschied hinreichend vor augen geführt hätte, lässt sich aus der allein auf den ausschuss von vergnügungsstätten, von erotik-einzelhandel und erotikanlagen/-betrieben abgestimmten einzelbegründung indes nicht entnehmen. insbesondere ist - wie bereits gesagt - der für den ausschluss von vergnügungsstätten, erotikeinzelhandel sowie erotikanlagen/-betrieben in der planbegründung herausgestellte verdrängungseffekt betreffend läden und der auswirkungen auf das stadtbild in dieser form auf eine wohnungsprostitution gerade nicht übertragen. die spezifizierung war hier umso mehr im hinblick auf die von dem antragsteller geltend gemachten nutzungsinteressen veranlasst, auch wenn bei der von ihm geäußerten vorstellung, die wohnungen in seinem haus an prostituierte nicht nur zum wohnen, sondern auch zur ausübung der prostitution vermieten zu wollen, die annahme, es handele sich um wohnungsprostitution im vorstehenden sinne, zumal unter einbeziehung des geplanten zusätzlichen angebots erotischer massage im erdgeschoss, eher fernliegen dürfte. 76der aufgezeigte abwägungsmangel ist zugleich beachtlich. denn er ist im sinne des § 214 abs. 3 satz 2 baugb offensichtlich, weil er die äußere seite des abwägungsvorgangs betrifft und auf objektiv fassbaren sachumständen beruht. er ist auch auf das abwägungsergebnis von einfluss gewesen, weil die konkrete möglichkeit besteht, dass ohne den mangel die feindifferenzierung anders ausgefallen wäre. er ist auch nicht nach § 215 baugb unbeachtlich geworden. er ist (noch) von den einwendungen des antragstellers in der antragsbegründung gegen die feindifferenzierung getragen. der begründungsschriftsatz ist der antragsgegnerin durch den antragsteller rechtzeitig binnen eines jahres nach bekanntmachung des satzungsbeschluss übermittelt worden, wie auch die antragsgegnerin nicht (mehr) in abrede stellt. 773. die behandlung und abwägung der belange des immissionsschutzes (§ 1 abs. 6 nr. 7c baugb) sowie der anforderungen an gesunde wohn- und arbeitsverhältnisse (§ 1 abs. 6 nr. 1 baugb) weisen ebenfalls beachtliche fehler auf. 78ein schwerpunkt der hier vorzunehmenden abwägung war, die als urbanes gebiet ausgewiesenen bauflächen in einer mit den genannten belangen (noch) zu vereinbarenden weise in das hier durch erhebliche lärmquellen – straßenverkehr und schienenverkehr – vorbelastete plangebiet einzubinden. das hat der plangeber im ansatz durchaus erkannt und die hinweise des senats zu der vorausgegangenen planung (urteil vom 6. april 2017 – 2 d 77/15.ne –, juris rn.129) aufgreifend die verkehrslärmbelastung des plangebietes im rahmen einer schalltechnischen untersuchung von juli 2018 eingehend ermittelt. in der begründung der planung ist im nachgang herausgestellt, dass die enteignungsrechtliche zumutbarkeitsschwelle, die für mischgebiete nachts bei 62 db(a) liege, in den baugebieten südlich der i5.---------straße vollständig überschritten werde. die beurteilungspegel bewegten sich zwischen 64 db(a) und 70 db(a). nördlich der i5.---------straße lägen die beurteilungspegel zumindest in den blockinnenbereichen (ohne berücksichtigung der bestandsgebäude) unterhalb von 62 db(a). darüber hinaus stiegen die werte in diesen baugebieten bis 65 db(a) an. 79entsprechend konstatiert die planbegründung hinsichtlich der umweltbelange unter 6.1, dass das vorliegen gesunder wohn- und arbeitsverhältnisse somit bereits in der aktuellen situation gefährdet bzw. schon nicht mehr gegeben sei. damit räumt sie der sache nach ein, dass das quartier also nicht nur im hinblick auf die ausgeschlossenen nutzungen, sondern auch mit blick auf die lärmvorbelastung einen städtebaulichen missstand aufweist, der (jedenfalls in weiten teilen) sanierungsbedürftig ist. 80zur bewältigung hat es der plangeber indes im wesentlichen dabei belassen, passive schallschutzmaßnahmen nach maßgabe der din 4109 sowie entlang der straßenseitigen grundstücksgrenzen baulinien festzusetzen, um namentlich im nördlichen plangebiet eine blockrandbebauung zu gewährleisten. das genügte in der gegebenen planungssituation zur problembewältigung nicht. das betrifft in sonderheit den südlichen planbereich. 81bei der ausweisung von auch dem wohnen dienenden baugebieten in einer durch verkehrslärm hochbelasteten gemengelage ist eine verschärfte sicht auf den bestehenden lärmkonflikt und dessen bewältigung gefordert. das gilt auch im falle der überplanung eines bestandes, die – wie hier – nicht mit einer spezifischen erhöhung des verkehrsaufkommens verbunden ist. 82zwar mag die pflicht zur konfliktlösung (schon auf der planungsebene) in erster linie für diejenigen konflikte gelten, die durch den plan ausgelöst oder verschärft werden, d. h. insbesondere also, wenn sich die verkehrs(lärm)situation in planbedingter weise ändern wird. 83vgl. bverwg, urteil vom 21. märz 1996 – 4 c 9.95 –, juris rn. 36; beschluss vom 17. september 1998 - 4 cn 1.97 -, juris rn. 16; vgl. aus der straßenplanungsrechtlichen rechtsprechung auch bverwg, beschluss vom 15. januar 2008 – 9 b 7.07 -, juris rn. 9. 84abwägungserheblich kann aber auch das interesse sein, aus anlass einer bebauungsplanung zusätzliche maßnahmen zur verbesserung der situation zu ergreifen. das gilt erst recht, wenn durch die planung neue schutzbedürftige nutzungen zum bestand hinzutreten können, wie hier etwa durch die errichtung von weiteren wohn-/geschäftsgebäuden auf den noch unbebauten überbaubaren grundstücksflächen, beispielsweise auf dem an der südöstlichen grenze des plangebietes gelegenen grundstück oder in den in der planbegründung angesprochenen lücken der blockrandbebauung auch im nördlichen plangebiet, sowie durch mögliche umnutzungen der ehemals gewerblich genutzten einheiten etwa im nördlichen bereich und es vorrangiges ziel der planung ist, wohnnutzung zu stärken und auszuweiten. reichen die planerischen gestaltungsmöglichkeiten in form von differenzierenden festsetzungen nicht aus, um die grenze zur gesundheitsgefährdung einzuhalten, verbleibt die planerische umstrukturierung des gebiets. 85vgl. hess vgh, urteil vom 10. juni 2020 – 3 c 394/19.n –, juris rn. 52; söfker, in: ernst/zinkahn/bielenberg/krauzberger, baugesetzbuch, band i, stand mai 2015, § 1 rn. 240 ff. 86auszugehen ist also auch hier zunächst von den allgemeinen abwägungsgrundsätzen. 87welche lärmbelastung einem auch dem wohnen dienenden baugebiet planerisch zugemutet werden darf, richtet sich nach den umständen des einzelfalls. die orientierungswerte der din 18005- 1 können zur bestimmung der zumutbaren lärmbelastung im rahmen einer gerechten abwägung als orientierungshilfe herangezogen werden. die genannten werte sind allerdings nicht absolut bindend, sondern lassen abweichungen zu. je weiter diese orientierungswerte überschritten werden, desto gewichtiger müssen allerdings die für die planung sprechenden städtebaulichen gründe sein und umso mehr hat die gemeinde die baulichen und technischen möglichkeiten auszuschöpfen, die ihr zu gebote stehen, um die auswirkungen zu verhindern. 88vgl. bverwg, beschlüsse vom 17. februar 2010 - 4 bn 59.09 -, juris rn. 4, und vom 19. august 2015 - 4 bn 24.15 -, juris rn. 4; ovg nrw, urteil vom 21. april 2015 - 2 d 12/13.ne -, juris rn. 5, m. w. n; vgl. zur problemstellung der überplanung einer gemengelage auch: kuschnerus, der sachgerechte bebauungsplan, 4. auflage, rn. 442 ff. 89daneben kann der plangeber zur ermittlung und bewertung von verkehrslärm grundsätzlich zulässigerweise auf die – höheren - grenzwerte des § 2 abs. 1 der 16. bimschv als abwägungsleitlinie zurückgreifen. die zumutbarkeit bleibt aber stets auch anhand einer umfassenden würdigung aller umstände des einzelfalls und insbesondere der speziellen schutzwürdigkeit des jeweiligen baugebiets zu beurteilen. 90vgl. ovg nrw, urteil vom 21. april 2015 - 2 d 12/13.ne -, juris rn. 113; ovg s.-h., beschluss vom 28. august 2020 - 1 mr 4/20 -, juris rn. 45. 91jedenfalls wenn im inneren der gebäude durch die anordnung der räume und die verwendung schallschützender außenbauteile angemessener lärmschutz gewährleistet wird, kann es im ergebnis mit dem gebot gerechter abwägung vereinbar sein, wohngebäude an der lärmzugewandten seite des gebäudes deutlich über den orientierungswerten liegende außenpegeln auszusetzen. je nach den umständen des einzelfalls kann es also abwägungsfehlerfrei sein, eine minderung der immissionsbelastung durch eine kombination von passivem schallschutz, stellung und gestaltung von gebäuden sowie anordnung der wohn- und schlafräume zu erreichen, um den belangen aus § 1 abs. 6 nr. 1 (anforderung an gesunde wohnverhältnisse) und nr. 7 rechnung zu tragen. 92vgl. bverwg, urteil vom 22. märz 2007 – 4 cn 2/06 –, bverwge 128, 238 = juris rn. 16 f. 93in diesem zusammenhang kann es namentlich in großstädtischen bereichen situationen geben, in denen etwa im rahmen der schließung innerörtlicher lücken und einer nachverdichtung der bebauung auch bei hohen außenpegeln die ausweisung von baugebieten, die auch dem wohnen dienen, unter verweis auf bloßen passiven schallschutz in betracht kommen kann. 94vgl. ovg nrw, urteil vom 16. dezember 2005 – 7 d 48/04.ne –, juris rn. 102, unter der einschränkung, "wenn die außenpegel jedenfalls die im bereich von 70 bis 75 db(a) am tag bzw. 60 bis 65 db(a) in der nacht liegende grenze zur absoluten unvertretbarkeit bzw. gesundheitsgefahr noch nicht überschreiten", mit bezug auf bverwg, beschluss vom 22. dezember 2004 - 4 b 75.04 -, buchholz 406.25 § 41 bimschg nr. 42. 95nicht mehr hinzunehmen sind immissionen in jedem fall dann, wenn sie mit gesunden wohnverhältnissen i. s. d. § 1 abs. 6 nr. 1 baugb nicht in einklang zu bringen sind. eine exakte grenze im sinne eines eindeutigen grenzwerts lässt sich auch insoweit nicht fixieren. hinsichtlich der belastung durch verkehrslärm beginnt der aus grundrechtlicher sicht kritische wert für gebiete, in denen wohnen allgemein zulässig ist, jedenfalls bei einer gesamtbelastung durch dauerschallpegel oberhalb der werte von 70 db(a) am tag und 60 db(a) in der nacht. 96vgl. ovg nrw, urteil vom 21. april 2015 - 2 d 12/13.ne -, juris rn. 111. 97davon ausgehend weist der plan hinsichtlich der behandlung der erkannten verkehrslärmproblematik durchgreifende mängel auf. 98hier mag der plangeber die für die ausweisung der bauflächen als urbanes gebiet sprechenden städtebaulichen belange tragfähig als solche von einigem gewicht angesehen haben. ziel der planung ist einem unter dem aspekt des sog. trading-down erkannten städtebaulichen missstand durch ausschluss der neuansiedlung der als kritisch erkannten nutzungen bei gleichzeitigem erhalt der bestehenden nutzungsmischung im übrigen zu begegnen. der ins auge gefasste ausschluss war auch nicht ohne gleichzeitige festsetzung eines baugebietes möglich. allein der ausschluss von vergnügungsstätten bzw. bestimmter arten von vergnügungsstätten wäre über einen bebauungsplan nach § 9 abs. 2b baugb ohne baugebietsausweisung möglich. unter dem aspekt der bestandsorientierung mag auch die wahl eines baugebietes nahegelegen haben, in dem eine wohnnutzung allgemein zulässig ist. solche überlegungen lassen sich den aufstellungsvorgängen indes nur eher andeutungsweise entnehmen. 99dessen ungeachtet hat der plangeber mit der beschränkung auf passive schallschutzmaßnahmen in ansehung der höhe der festgestellten lärmbelastung in den gegebenen grundstücksverhältnissen die aufgeworfenen lärmschutzfragen nicht sachgerecht bewältigt. dies gilt in sonderheit für die lärmsituation im südlichen plangebiet, die nach den feststellungen der lärmtechnischen untersuchung, wie gesagt, noch oberhalb von 65 db(a) nachts liegt. sie liegen damit oberhalb eines bereichs von 60 db(a) bis 65 db(a) nachts, der sicherlich die grenze des aus gesundheitlichen gründen kritischen bereichs kennzeichnet. dies wiederum führt auf die frage, ob damit nicht ohnehin eine lärmsituation festgestellt ist, die jenseits aller möglichkeiten, über technischen schallschutz vertretbare innenpegel zu erreichen, mit der ausweisung eines auch durch wohnnutzung gekennzeichneten baugebietes generell oder jedenfalls dann, wenn das ziels des plans gerade eine (ver-)stärkung der wohnnutzung ist, unvereinbar ist. 100darauf hindeutend: ovg nrw, urteil vom 16. dezember 2005 – 7 d 48/04.ne –, juris rn. 102; 101auf das fehlen einer festen grenze hinweisend: ovg nrw, urteil vom 21. april 2015 – 2 d 12/13.ne -, juris rn. 111; zur problemstellung allgemein: kuschnerus, der sachgerechte bebauungsplan, 4. auflage, rn. 452 ff. 102dies bedarf hier indes keiner vertiefung. das gilt zuvorderst mit blick auf die defizite bei den regelungen der lärmpegelbereiche. 103die lärmtechnische untersuchung hat einen wesentlichen teil des südlichen plangebiets, das zu den bahngleisen orientiert ist, dem lärmpegelbereich vii gemäß din 4109 in der fassung der ausgabe november 1989 zugeordnet, um insbesondere im hinblick auf die ermittelten nachtwerte über eine entsprechende dämmung angemessene innenpegel und darüber angemessene wohnverhältnisse zu gewährleisten. 104allerdings sieht die din 4109 im lärmpegelbereich vii für aufenthaltsräume selbst keine bestimmten von außenbauteilen einzuhaltende dämmwerte vor, sondern verlangt, dass die jeweiligen anforderungen auf grund der örtlichen gegebenheiten festzulegen sind (vgl. tabelle 8). diese einzelfallbetrachtung hat der plangeber hier aber nicht geleistet, sondern der forderung aus der textlichen festsetzung ziffer 2.1, dass für aufenthaltsräume das erforderliche schalldämmmaß gemäß der tabelle 8 der din 4109 zu ermitteln ist, dieselbe auszugsweise im wortlaut angefügt, ohne diese festlegung selbst zu treffen oder jedenfalls nachzuhalten, wonach sie sich im einzelfall richten soll. das war hier in ansehung der überplanung eines bestandes umso mehr veranlasst, als die din 4109 selbst eine objektbezogene prüfung fordert. 105vgl. ovg nrw, urteile vom 4. märz 2002 – 7a d 92/01. ne –, juris rn. 27, und – 7a d 41/01.ne -, juris rn. 61, im zusammenhang mit einer straßenplanung. 106darin liegt nicht nur ein partieller abwägungsausfall, sondern stellt sich auch die frage einer hinreichenden bestimmtheit dieser für weite teile des plangebietes geltenden regelung. zugleich ist damit dem belang gesunder wohnverhältnisse für den südlichen bereich nicht rechnung getragen. 107im weiteren hat der plangeber die möglichkeiten anderweitiger lösungen für den lärmkonflikt, namentlich in bezug auf die zugelassene wohnnutzung nicht ausreichend beleuchtet. 108dies betrifft ebenfalls im besonderen die minderung des durch den schienenverkehr begründeten lärmkonflikts im südlichen planbereich. in den gegebenen grundstücksverhältnissen reichte der hinweis auf das lärmsanierungsprogramm der deutschen bahn netz ag (vgl. planbegründung s. 23 und 25) und die vorgestellte errichtung einer 3 m hohen schallschutzwand nicht aus. vielmehr hätte es zur abklärung weiterer alternativer oder flankierender maßnahmen einer weitergehenden analyse der bestandsbebauung bedurft. zudem wäre es zwingend erforderlich gewesen, dass sich der plangeber über die genaueren auswirkungen der möglichkeiten von schutzmaßnahmen insbesondere im hinblick auf den grad der minderung der gesundheitsschädlichen lärmauswirkungen klarheit verschafft hätte. dies ist indes nicht zu erkennen. noch in der mündlichen verhandlung konnten die vertreter der antragsgegnerin hierzu keine belastbaren angaben machen, obwohl die planung weitgehend finalisiert sein soll, was allerdings schon die planbegründung angenommen hatte. 109zwar mag mit blick auf die auslastung des streckennetzes und die die sog. sanierungswerte erreichende belastung der anliegenden gebäude, die auch nach der neuerlichen im vorliegenden verfahren eingereichten bestandsaufnahme der antragsgegnerin in den oberen etagen im wesentlichen wohnnutzungen aufweisen, das "ob" einer lärmsanierung vermittels lärmschutzwand des schienennetzes außer frage gestanden haben. indes war im zeitpunkt des planerlasses der zeitrahmen eher vage und hat sich in der folge immer weiter nach hinten verschoben. schließlich existierte die planung erst im entwurf und musste dieser noch beim zuständigen eisenbahn-bundesamt zur plangenehmigung vorgelegt werden. die damit verbundenen unsicherheiten verdeutlicht nicht zuletzt der umstand, dass nach den angaben der antragsgegnerin im vorliegenden verfahren nunmehr mit einer realisierung erst bis zum jahr 2023 zu rechnen ist, während die planbegründung und abwägung noch vom jahr 2021 ausging. zugleich finden sich weder in der planbegründung noch in den weiteren der abwägung zugrunde gelegten aufstellungsstellungsvorgängen hinweise darauf, welche effekte mit der lärmschutzwand voraussichtlich erreicht werden. in der gegebenen ausgangslage einer vorbelastung mit nachtwerten zwischen 65 und 70 db(a) und der zuordnung eines lärmpegelbereichs vii gehörte es indes zum abwägungsmaterial, den umfang der voraussichtlichen lärmreduzierungen zu ermitteln, um insbesondere die erwartung ableiten zu können, dass im anschluss jedenfalls von dieser seite keine unvertretbaren, die enteignungsrechtliche grenze übersteigenden außenpegel mehr auftreten. der hinweis, es sei davon auszugehen, dass nach errichtung der schallschutzwand insbesondere die kritischen lärmpegel zu den nachtzeiten deutlich verringert würden, reichte insoweit ersichtlich nicht aus. der weitere hinweis auf das schallschutzprogramm und die finanzielle förderung des einbaus von schallschutzfenstern machte die weitere analyse ebenfalls nicht entbehrlich. 110dies gilt umso mehr, als es in dem hier angesprochenen bereich keine lärmabgewandte seite gibt, weshalb der plan auch von entsprechenden festsetzungen zur grundrissgestaltung abgesehen hat und bei dem gegebenen kenntnisstand zur straßenverkehrsbelastung auch schwerlich eine ausrichtung der wohn- und/oder schlafbereiche zu der dem straßenverkehrslärm zugewandten seite abwägungsgerecht hätte vorgeben können. nach dem entsprechenden bild der lärmtechnischen untersuchung zum gesamtverkehrslärm mit berücksichtigung der bebauung sind auch die straßenseitigen fassaden nachts jedenfalls dem bereich von 60 bis 65 db(a) zuzurechnen; auch stellt die planbegründung, wie ausgeführt, ohne weitere einschränkung fest, dass die enteignungsrechtliche zumutbarkeitsschwelle für mischgebiete von 62 db(a) nachts im gesamten plangebiet überschritten werde. gleichwohl ist zumindest in teilbereichen selbst im lärmpegelbereich vii eine bebauung in größtmöglicher nähe zu den lärmquellen durch baulinien vorgezeichnet und eine wohnnutzung hier weder explizit noch nach dem willen des plangebers ausgeschlossen oder auch nur eingeschränkt. 111die genannte aufklärung war nicht deshalb entbehrlich, weil es um die überplanung eines bestandes ging. dies gilt umso mehr, als für diesen bereich – anders als für den nördlichen bereich – nicht etwa auf eine "lärmrobuste städtebauliche struktur" mit zum teil bereits vorhandenen blockinnenbereichen verwiesen werden kann, ohne dass damit gesagt sein soll, dass dieser hinweis für eine abwägungsgerechte bewältigung der dortigen lärmproblematik ausgereicht hätte. dort erscheint im übrigen insbesondere auch überprüfungsbedürftig, ob sich – wie vom plangeber vorgestellt – tatsächlich durch die ausweisung von baulinien ausreichend die ausbildung von abschirmenden blockinnenbereichen (vor)steuern lässt. es stellt sich insbesondere die frage, ob ein verzicht auf regelungen zum verlauf eventueller hinterer baugrenzen hier zielführend sein kann. angesprochen ist damit auch die frage der bestimmtheit der festsetzung. in diesem zusammenhang ist zudem von bedeutung, dass solche regeln naturgemäß nur dann greifen können, wenn es zu einer entsprechenden bebauung tatsächlich kommt. 112im südlichen planbereich gibt es jedenfalls schon im bestand keine ruhigeren blockinnenbereiche. auch steht nicht zu erwarten, dass sich solche ausbilden könnten. zu den gleisen hin wird allein eine baugrenze ausgewiesen. 113angesichts der bestehenden lärmbelastung hätte es zumindest erwägungen dazu bedurft, ob der städtebauliche missstand nicht mit mitteln des besonderen städtebaurechts zu bekämpfen wäre, statt ihn bauplanungsrechtlich zu zementieren. solche überlegungen haben indes in den aufstellungsvorgängen keinen niederschlag gefunden. nach den angaben der vertreter der antragsgegnerin in der mündlichen verhandlung hat man hiervon wohl abgesehen, weil man auf die lösung durch lärmschutzmaßnahmen dritter an der bahnlinie vertraute. das reicht bei dem erreichten kenntnisstand in den vorliegenden grundstücksverhältnissen indes – wie dargelegt – nicht aus. 114der hinweis auf seiten der antragsgegnerin in der mündlichen verhandlung, dass die in den lärmpegelbereich vii hineinragenden gebäudeteile in den parallel zu den gleisen ausgebildeten abschlusswänden keine öffnungen aufweisen, ist ebenfalls nicht zielführend. entsprechende feststellungen lagen der abwägung selbst nicht zugrunde. planbegründung und abwägung verzichten vielmehr ausdrücklich auf eine kleinteiligere betrachtung der gegebenen örtlichen verhältnisse und ihrer nutzung. außerdem lässt der einwand außer betracht, dass nach der lärmtechnischen stellungnahme auch die seitlichen fassaden -selbst unter berücksichtigung der bebauung – mit (schienen-)verkehrslärm nachts in einer größenordnung von beurteilungspegeln jenseits 65 db(a) beaufschlagt werden. dass dort keine fenster zu schutzbedürftigen nutzungen ausgebildet wären, wird auch von der antragsgegnerin nicht behauptet. 115in diesem bereich ist im weiteren zu berücksichtigen, dass die vorgaben zu fenstern mit lüftungseinrichtungen zwar bei entsprechenden dämmwerten der fenster und des gebäudes im übrigen verträgliche innenwerte auch nachts möglicherweise gewährleisten könnten; dies setzte aber auch voraus, dass diese tatsächlich geschlossen blieben. die wohnnutzung ist hier also auch an solchen standorten uneingeschränkt zugelassen, an denen die gebäude rundum nachts gesundheitsgefährdendem lärm (vgl. planbegründung s. 21) und tags lärm ausgesetzt ist, der im grenzbereich der pegelklassen bis 70 db(a) bzw. in teilen bis 75 db(a) (vgl. abb. der schalltechnischen untersuchung gesamtverkehrslärm mit berücksichtigung der bebauung im plangebiet – beurteilungszeitraum 6-22 uhr) liegt. die lärmtechnische untersuchung stellt dazu fest, dass der straßenverkehrslärm in den straßenzugewandten bereichen des plans den orientierungswert von 60 db(a) für mischgebiete um bis zu knapp über 10 db(a) übersteige. danach ist also ein vertretbares wohnen und schlafen im südlichen plangebiet im grunde nur insgesamt hinter (ständig) geschlossenen fenstern möglich. 116vgl. zur frage der zumutbarkeit des schlafens bei geschlossenen fenstern bei entsprechender vorbelastung: bverwg, urteil vom 16. märz 2006 - 4 a 1075.04 -, bverwge 125, 116 = juris rn. 4; zur differenzierung je nach vorbelastung: bverwg, beschluss vom 7. juni 2012 – 4 bn 6.12 -, juris (zur anordnung nicht öffenbarer fenster in einer gemengelage mit gewerbelärm); kuschnerus, der sachgerechte bebauungsplan, 4. auflage, rn. 452 f. 117korrespondierend wären jedenfalls erwägungen zu einer anderen strukturierung der zugelassenen nutzungen, also die frage nach weitergehenden/anderes gestalteten festsetzungen zur überbaubaren grundstücksfläche und zu einer feindifferenzierung der zulässigen nutzungsarten angezeigt gewesen, die gerade in einem urbanen gebiet in § 6a abs. 4 baunvo über das sonst mögliche noch hinausreichen. 118vgl. zur zurücknahme der wohnbebauung innerhalb des lärmpegelbereichs vii: ovg s.-h., beschluss vom 28. august 2020 – 1 mr 4.20 -, juris rn. 45. 119diese lagen hier umso näher, je vager die aussichten einer zeitnahen auflösung des diesbezüglich erkannten städtebaulichen missstandes waren und der umfang der zu erwartenden lärmminderungen nicht ermittelt war. auch fehlen erwägungen zur möglichkeit der ausbildung bzw. nutzung hinreichend ruhiger außenwohnbereiche, die sich in ansehung der festgestellten tageswert von bis zu 70 db(a), in teilen auch über 70 db(a) (südlich zu den gleisen) ebenfalls verschärft im südlichen planbereich gestellt haben dürften. wie gesagt sind hier keine ruhigeren blockinnenbereiche festgestellt und wird ihre ausbildung durch die planerischen festsetzungen auch nicht vorgezeichnet. 120der festzustellende mangel ist, selbst wenn er „nur“ den abwägungsvorgang und dessen ergebnis betreffen sollte, für die wirksamkeit des bebauungsplans beachtlich. er ist offensichtlich, weil er auf objektiv feststellbaren umständen beruht und zudem auf das abwägungsergebnis von einfluss gewesen ist. denn der plangeber hätte im bewusstsein der erkenntnisdefizite möglicherweise für das urbane gebiet weitere vorkehrungen zum lärmschutz festgesetzt, strukturell anderes geplant oder andere/weitere maßnahmen ergriffen. 121vgl. dazu allg. ovg nrw, urteil vom 14. dezember 2016 – 10 a 655/14 –, juris rn. 59 f. 122der antragsteller hat die fehlerhafte behandlung der einschlägigen lärmschutzbelange in seinem antragsbegründungsschriftsatz wie auch im übersendungsschreiben an die antragsgegnerin selbst rechtzeitig innerhalb der jahresfrist des § 215 baugb gerügt. 1234. die aufgezeigten mängel führen zur unwirksamkeit des gesamten planes. 124nach ständiger rechtsprechung des bundesverwaltungsgerichts führen mängel, die einzelnen festsetzungen eines bebauungsplans anhaften, (nur) dann ausnahmsweise nicht zu dessen unwirksamkeit, wenn die übrigen regelungen, maßnahmen oder festsetzungen – für sich betrachtet – noch eine sinnvolle städtebauliche ordnung im sinne des § 1 abs. 3 satz 1 baugb bewirken können und wenn der rat nach seinem im planungsverfahren zum ausdruck gelangten willen im zweifel auch eine satzung dieses eingeschränkten inhalts beschlossen hätte. dabei gilt auch zu berücksichtigten, dass die teilunwirksamkeit im verhältnis zur gesamtunwirksamkeit eine von besonderen umständen abhängende ausnahme darstellt. 125vgl. bverwg, urteil vom 19. september 2002 ‑ 4 cn 1.02 -, bverwge 117, 58 = juris rn. 9, beschlüsse vom 24. april 2013 - 4 bn 22.13 -, juris rn. 3, und vom 22. januar 2008 - 4 b 5.08 -, juris rn. 9, jeweils m. w. n. 126an solchen fehlt es hier unabhängig davon, ob der plan im übrigen, namentlich in bezug auf den ausschluss weiterer nutzungen über die wohnungsprostitution hinaus und die behandlung der lärmschutzproblematik im nördlichen teil des planes, für sich betrachtet durchgreifende mängel aufweist. denn der plangeber verfolgt mit den vorgaben und erwägungen zur feindifferenzierung wie auch zum lärmschutz und der überplanung der überbaubaren flächen im plangebiet als - im plan selbst nicht weiter unterteiltes oder differenziertes - urbanes gebiet ein einheitliches konzept. danach kann jedenfalls nicht mit der entsprechenden zweifelsfreiheit davon ausgegangen werden, dass der plangeber im zweifel den plan ohne die südlichen als mu (urbanes gebiet) festgesetzten bereiche erlassen hätte, zumal dort nach den obigen feststellungen auch die nutzungsausschlüsse entfallen müssten, die von einer entsprechenden gebietsfestsetzung abhängen. letztlich verbliebe ein planungstorso durch eine reduzierung des plangebietes auf weniger als die hälfte. entsprechend bedarf es auch keiner vertiefung, ob der abwägungsfehler zum nutzungsausschluss für wohnungsprostitution für sich allein betrachtet die gesamtunwirksamkeit des planes zur folge hätte haben können. 127die kostenentscheidung folgt aus § 154 abs. 1 vwgo. 128die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit folgt aus § 167 vwgo i. v. m. §§ 708 nr. 10, 711 zpo. 129die revision ist nicht zuzulassen, da keiner der gründe des § 132 abs. 2 vwgo vorliegt.
Klaeger*in
1
143,538
S 2 KA 445/13
2015-11-11T00:00:00
Urteil
Tenor Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen derzeit bezifferbaren Betrag in Höhe von 7.387,55 EUR für die Quartale 1/2011 bis 1/2014 nebst Verzugszinsen in Höhe von 5 % Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus den jeweils fälligen Beträgen sowie nebst Prozesszinsen in Höhe von 5 % über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Der Beklagte trägt die Kosten zu 9/10, die Klägerin zu 1/10. 1Tatbestand: 2Streitig sind Zahlungsansprüche gegen einen "sonstigen Kostenträger" für die Quartale 1/2011 bis 1/2014. 3Mitglieder der Klägerin erbrachten in den streitbefangenen Quartalen ärztliche Leistungen an Sozialhilfeempfänger und Asylbewerber im Zuständigkeitsbereich des Beklagten. Dieser verweigerte teilweise die Begleichung der ihr von der Klägerin in Rechnungen gestellten Kosten, weil die Originalbelege (Krankenbehandlungsscheine/Überweisungen) nicht im Original beigefügt gewesen seien. Nach mehrfacher Mahnung hat die Klägerin am 20.12.2013 Klage erhoben. 4Sie hält die Zahlungsverweigerung für unbegründet. Ausweislich der an den Beklagten übersandten Unterlagen ergäben sich hieraus die Versichertennummer, das Institutionskennzeichen, der Name und das Geburtsdatum des Patienten sowie die Arzt- und Betriebsstättennummer. Ferner seien die Diagnosen, die erbrachten Leistungen sowie das Datum der Leistungserbringung ersichtlich. 5Weiterer Angaben bedürfe es für die Abrechnung der Leistungen gegenüber dem Kostenträger nicht, da nach § 4 des Asylbewerberleistungsgesetzes (AsylbLG) sich die Vergütung nach den am Ort der Niederlassung des Arztes geltenden Gesamtverträgen im Sinne des § 72 Abs. 2 Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) richte, wobei die zuständige Behörde lediglich bestimme, welcher Vertrag Anwendung finde. Mithin gälten die mit den Verbänden der Krankenkassen geschlossenen Verträge, die das elektronische Abrechnungsverfahren regelten, auch für den Beklagten. Diesem obliege es, sein Abrechnungsverfahren den geltenden Verträgen anzupassen. So verfahre etwa die Kreisverwaltung O die die Behandlungsscheine und die genehmigten Überweisungsscheine in die EDV übertrage. Dass der Beklagte keine Unterlagen mehr über den genehmigten Umfang der ärztlichen Leistungen für den betroffenen Personenkreis besitze, habe die Klägerin nicht zu verantworten. Im Rahmen der Online-Abrechnung der Vertragsärzte mit ihr würden Abrechnungsscheine nicht mehr eingescannt. Die Nichtvorlage von Originalscheinen an den Beklagten und ein erhöhter Verwaltungsaufwand für ihn rechtfertigten es jedenfalls unter keinen Umständen, die fälligen Zahlungen zu verweigern. 6In der mündlichen Verhandlung vor der Kammer am 11.11.2015 hat der Sitzungsvertreter der Klägerin erklärt, es gebe Rahmenverträge zwischen der Klägerin und dem Städte- und Gemeindebund. Solchen Verträgen sei aber der Landkreis Mayen-Koblenz nicht beigetreten. Mit der erstmaligen Übersendung der Abrechnungs-CD’s an die Sozialhilfeträger sei jeweils auch der Schlüssel zum Öffnen der chiffrierten Dateien mitübersandt worden. Im Übrigen hätten die Sozialhilfeträger jederzeit die Möglichkeit, bei der Klägerin den Schlüssel zu erfragen. 7Die Klägerin beantragt, 8den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin einen derzeit bezifferbaren Betrag in Höhe von 10.356,79 EUR für die Quartale 1/2011 bis 4/2014 nebst Verzugszinsen in Höhe von 5 % Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus den jeweils fälligen Beträgen sowie nebst Prozesszinsen in Höhe von 5 % über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen. 9Der Beklagte beantragt, 10die Klage abzuweisen. 11Er hält den geltend gemachten Anspruch für unbegründet. Die anspruchstellende Klägerin habe darzulegen, dass die Anspruchsvoraussetzungen vorlägen. Ohne Vorlage der geforderten Unterlagen sei dies nicht erfüllt. 12Die Abrechnungsunterlagen, die die Klägerin mit der CD übermittele, seien aus Sicht des Beklagten nicht prüfbar. Zur Abrechnung würden Originalbelege benötigt. Darauf sei die Klägerin wiederholt hingewiesen worden. 13Eine Kostenzusage erfolge für den Hilfeempfänger ausschließlich über die Ausstellung des Behandlungsscheins. Daher müsse dieser der Abrechnung beigefügt sein. Insbesondere bei Hilfeempfängern nach dem AsylbLG müssten alle Überweisungen genehmigt sein, da die Asylbewerber nur eingeschränkte Leistungen erhielten. 14Soweit die Klägerin argumentiere, sie könne die ausgestellten Behandlungsscheine nicht mit der Abrechnung beim Beklagten einreichen, da sie diese von den Ärzten selbst nicht (mehr) erhalte, liege dies ausschließlich an ihr selbst. Selbstverständlich könne sie den Ärzten abverlangen, die Behandlungsscheine vorzulegen. Das diene auch ihren eigenen Interessen, denn so, wie es ihrem eigenen Vortrag zufolge jetzt laufe, vergüte sie ihren Ärzten Behandlungen, ohne selbst beurteilen zu können, ob ein wirksamer Behandlungsschein und somit eine Kostenzusage zugrunde gelegen habe. 15Noch deutlicher werde das Problem in den Fällen der Überweisung an einen Facharzt durch den Hausarzt. Der Beklagte stelle ausschließlich Behandlungsscheine für den Hausarzt aus. Die Klägerin rechne indessen auch fachärztliche Leistungen ab. Wie solle der Beklagte in die Lage versetzt werden, beurteilen zu können, ob der Hausarzt den Patienten an einen Facharzt überwiesen habe oder ob der Patient ohne Überweisung selbst dorthin gegangen sei, wenn die Klägerin sich weigere, diese Überweisung mit der Abrechnung vorzulegen? 16Die Regelung des § 4 Abs. 3 Satz 2 AsylbLG könne im Ergebnis nicht dazu führen, dass der Sozialhilfeträger dazu gezwungen werde, Kosten ohne genaue Prüfung, ob die der Leistungsvoraussetzungen erfüllt seien, zu übernehmen. 17Mehrfach sei der Klägerin angeboten worden, die Originalbelege wenigstens per Fax oder in eingescannter Form elektronisch zu übermitteln. Derartige Absprachen funktionierten mit anderen Kassenärztlichen Vereinigungen außerhalb des Landes Rheinland-Pfalz problemlos. Auf einen dahingehenden Einigungsvorschlag sei die Kläger nicht eingegangen. Mit anderen Kassenärztlichen Vereinigungen habe sich der Beklagte darauf verständigen 18können, dass die elektronische Datenübermittlung eingescannte Belege enthalte, aus denen ersichtlich sei, welcher Arzt Leistungen abrechne. Die Unterlagen seien somit prüf- und in der Folge abrechnungsfähig. 19Der erhöhte Verwaltungsaufwand stelle zwar nicht den maßgeblichen Aspekt in diesem Rechtsstreit dar. In Bezug auf die Kreisverwaltung O habe sich der Zeitaufwand für eine Abrechnung von 15 Minuten auf 8 Stunden erhöht. Dieser extreme Unterschied müsse durchaus Berücksichtigung bei der Festlegung von Verfahrensregelungen finden. 20Der Beklagte hat sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt. 21Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsakten des Beklagten, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen. 22Mit der Klage hatte die Klägerin zunächst Zahlungsansprüche für die Quartale 1/2011 bis 2/2013 geltend gemacht. Diese hat sie mit Schriftsatz vom 26.02.2015 um die Quartale 3/2013 bis 1/2014 erweitert. Mit Schriftsatz vom 09.11.2015 hat sie die Klage ferner um die Quartale 2/2014 bis 4/2014 erweitert. Da dem Beklagten angesichts der kurzen Zeitspanne bis zur mündlichen Verhandlung hierzu kein hinreichendes rechtliches Gehör hat gewährt werden können, hat die Kammer die Klage hinsichtlich der Quartale 2/2014 bis 4/2014 nach Schluss der mündlichen Verhandlung abgetrennt und führt sie unter dem Aktenzeichen S 2 KA 379/15 in einem eigenständigen Verfahren. 23Entscheidungsgründe: 24Die Kammer konnte in Abwesenheit eines Vertreters des Beklagten einseitig verhandeln und entscheiden, da auf diese Möglichkeit in der form- und fristgerecht zugestellten Terminbenachrichtigung hingewiesen worden ist. Von einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung (§ 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG)) hat die Kammer abgesehen. 25Die Klage ist als Leistungsklage (§ 54 Abs. 4 SGG) zulässig und überwiegend begründet. 26Gegenstand der Klage sind nach Abtrennung der Ansprüche bezüglich der Quartale 2/2014 bis 4/2014 Zahlungsansprüche hinsichtlich der Quartale 1/2011 bis 1/2014. 27Materiell-rechtliche Anspruchsgrundlage für den geltend gemachten Zahlungsanspruch ist ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch. Vorrangige vertragliche Ansprüche zwischen den Beteiligten bestehen nicht. Weder ist der Beklagte einem Rahmenvertrag zwischen der Klägerin und dem Städte- und Gemeindebund beigetreten noch sind grundsätzlich Gesamtverträge zwischen der Klägerin und den Krankenkassen(verbänden) einschließlich der Bundesmantelverträge (§§ 83 Satz 1, 83 Abs. 1 SGB V) anwendbar. 28Insbesondere folgt aus § 4 Abs. 3 Sätze 2, 3 AsylbLG nicht die pauschale Geltung vertragsarztrechtlicher Vertragsbestimmungen im Rechtsverkehr zwischen Kassenärztlichen Vereinigungen und "sonstigen Kostenträgern". Nach diesen Bestimmungen richtet sich die Vergütung, soweit die Leistungen durch niedergelassene Ärzte ( ) erfolgen, nach den am Ort der Niederlassung des Arztes ( ) geltenden Verträgen nach § 72 Abs. 2 SGB V. Die zuständige Behörde bestimmt, welcher Vertrag Anwendung findet. Diese Vorschriften treffen lediglich Regelungen über die Höhe der Vergütung für die Fälle, in denen die Leistungen durch niedergelassene Ärzte erfolgen. Nach der bis zum Inkrafttreten des 1. ÄndG zum AsylbLG geltenden Fassung des § 4 Abs. 3 Satz 2 AsylbLG hatten die niedergelassenen Ärzte Anspruch auf die Vergütung, welche die Ortskrankenkasse, in deren Bereich der Arzt niedergelassen war, für ihre Mitglieder zahlte. Durch den neu aufgenommenen Satz 3 haben die zuständigen Behörden nunmehr ein Bestimmungsrecht über den für die Vergütungsbemessung anzuwendenden Vertrag. Damit sollen die Behörden die Möglichkeit erhalten, "eine örtliche und für sie günstigere Vereinbarung auszuwählen" (BT-Drucks. 12/2746, S 16 – Begr. zu § 4 Buchst. b). Durch diese kostenorientierte, d.h. auf Kostensenkung abzielende Regelung werden die zuständigen Behörden befugt, zwischen mehreren für den Ort der Niederlassung geltenden Verträgen nach § 72 Abs. 2 SGB V auszuwählen und den kostengünstigsten zur Bemessung der ärztlichen Versorgung heranzuziehen (Hohm, in: Schellhorn/Schellhorn/Hohm, Kommentar zum AsylbLG, Stand: September 2014, III - § 4, RdNr. 182; vgl. auch Frerichs, jurisPK-SGB XII, 2. Aufl. 2014, § 4 AsylbLG RdNr. 65 m.w.N.). Allein hierauf beschränkt sich der Regelungsgehalt des § 4 Abs. 3 Sätze 2, 3 AsylbLG. Vorgaben über die Vergütungsmodalitäten zwischen Sozialhilfeträgern und Kassenärztlichen Vereinigungen machen diese Bestimmungen nicht (vgl. ergänzend SG Marburg, Urteil vom 29.03.2006 - S 12 KA 638/05 -). 29Das bedeutet insbesondere, dass alle Regelungen über den elektronischen Datenaustausch, die im Rechtsverkehr zwischen der Klägerin und ihren Vertragsärzten bestehen (z.B. Anlage 6 zum BMV-Ä: Vertrag über den Datenaustausch auf Datenträgern), im Rechtsverhältnis zu dem Beklagten keine Anwendung finden. 30Demgemäß gibt z.B. die KV Rheinland-Pfalz folgende Hinweise an ihre Mitglieder zur Behandlung und Abrechnung von Leistungen für Patienten, die den "sonstigen Kostenträgern" unterfallen: 31Regelungen Asylbewerber 32Kostenträger-Nummer 47801 - 47815 (Der Kreis Mayen-Koblenz führt die Nr. 47807) 33&9632; Nur Original-Behandlungsausweise bzw. Überweisungsscheine mit Genehmigungsvermerk oder Überweisungsscheine mit beigefügter Genehmigung per FAX. &9632; Bei Notfallscheinen muss ein Antrag auf Kostenübernahme vorliegen. (Entfällt bei Vorlage eines Original-Behandlungsausweises). &9632; Vertretungsscheine können ausgestellt werden. &9632; Asylbewerber nach § 2 des Asylbewerberleistungsgesetzes Den Überweisungsscheinen ist eine Kopie des Original-Behandlungsausweises beizufügen. 34Regelungen Sozialhilfe 35Kostenträger-Nummer 47801 – 47815 36&9632; Original-Behandlungsausweise &9632; Bei Überweisungsscheinen muss eine Kopie des Original-Behandlungsausweises vorliegen. &9632; Bei Notfallscheinen muss ein Antrag auf Kostenübernahme vorliegen. &9632; Vertretungsscheine können ausgestellt werden. 37(www.kvrlp, Webcode 588897). 38Demgegenüber praktiziert die Klägerin auch bei "sonstigen Kostenträgern" mit ihren Mitgliedern die Online-Abrechnung und sieht seit dem 3. Quartal 2013 keine Vorlage von Original-Behandlungsausweisen oder Fotokopien davon vor. In ihrem "Merkblatt für Betriebsstätten, die sich über die verschiedenen Online-Abrechnungs-Varianten der KV Nordrhein informieren möchten", Stand: 07.07.2015, Version 6.9, heißt es unter Punkt 2.3.2 ("Behandlungsausweise der sonstigen Kostenträger"): Das Einreichen der Behandlungsausweise der sonstigen Kostenträger entfällt ab der Abrechnung des 3. Quartals 2013. Stattdessen müssen Praxen diese Behandlungsausweise über einen Zeitraum von vier Quartalen aufbewahren und auf Verlangen vorlegen". Eine entsprechende Mitteilung veröffentlichte auch das Deutsche Ärzteblatt 2013 am 25.09.2013 ("KV Nordrhein vereinfacht die Abrechnung"; http://www.aerzteblatt.de/nachrichten/55960). 39Diese Abrechnungsweise ist offensichtlich jedenfalls nicht mit allen "sonstigen Kostenträgern" abgestimmt worden. Gleichwohl vermag die Nichtvorlage der Originalscheine den geltend gemachten Zahlungsanspruch dem Grunde nach nicht zu Fall zu bringen. 40Die Klägerin stellt dem Beklagten mit der Abrechnung Daten-CDs zur Verfügung, die sich anhand des mitgelieferten Schlüssels öffnen lassen und alle wesentlichen Angaben über die erbrachten Leistungen enthalten: Name, Geburtsdatum und Versichertennummer des Patienten, das Institutionskennzeichen, Arzt- und Betriebsstättennummer sowohl des die Leistung erbringenden als auch ggf. des überweisenden Arztes, die Diagnosen nach ICD-10, die erbrachten Leistungen nach den Gebührenordnungspositionen des EBM, den Fallwert in EUR sowie das Datum der Leistungserbringung. Ferner enthalten die Daten-CDs als Zusatzinformation die Art der Inanspruchnahme, das Unfallkennzeichen sowie die Behandlungsart. Diese Angaben ermöglichen eine hinreichende Prüfung. Soweit fachärztliche Leistungen erbracht worden sind, lässt sich vor allem den einzelnen Fällen jeweils entnehmen, ob der Hausarzt den Patienten an einen Facharzt überwiesen hat oder ob der Patient den Facharzt ohne Überweisung selbst aufgesucht hat. Denn es ist jeweils ausdrücklich der Überweiser mit Arztnummer und Betriebsstättennummer mit angegeben. Aus der Betriebsstättennummer lässt sich anhand der 3. und 4. Ziffer jeweils die Fachgruppe des Arztes erkennen. Diese stimmt mit der Arztgruppe überein, die als Anlage 1 zur Prüfvereinbarung (01.01.2008) im Rheinischen Ärzteblatt 2007, 70 sowie auf der Website der Klägerin (https://www.kvno.de/10praxis/30honorarundrecht/30recht/60primaer ersatzkassen/index.html) veröffentlicht worden ist. Bei Durchsicht der streitbefangenen Abrechnungsfälle hat die Kammer keinen Fall entdecken können, in dem ein Facharzt ohne Überweisung durch einen Hausarzt Leistungen erbracht und abgerechnet hat. 41Die Kammer verkennt nicht, dass es für den Beklagten Schwierigkeiten aufwirft, ohne Vorlage der Originalbelege durch die Klägerin, ggf. als Scans oder Fotokopien, den Umfang der genehmigten Leistungen nachzuvollziehen, wenn er selbst keine Scans oder Fotokopien fertigt. Ob der Beklagte hierzu nach den Grundsätzen der Verwaltungslehre angehalten ist oder ob umgekehrt die Klägerin nach den Grundsätzen der Verwaltungslehre verpflichtet ist, dem Beklagten die Originalscheine auszuhändigen, brauchte die Kammer nicht zu entscheiden. Rein praktisch dürfte es auch für die Zeit ab dem Quartal 3/2013 keine Probleme bei der Prüfung der Abrechnung geben. Die Klägerin übersendet ihre Abrechnungen im vierten Monat nach Ende des jeweiligen Quartals an den Beklagten (z.B. Quartal 3/2012: Rechnung vom 16.01.2013; Quartal 4/2012: Rechnung vom 08.04.2013). Bei eventuellen Unklarheiten kann der Beklagte bei der Klägerin telefonisch oder schriftlich ganz oder teilweise der Rechnung widersprechen. Das kann dazu führen, dass die Klägerin, die für das Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen ihrer Abrechnung beweispflichtig ist, von den behandelnden und/oder überweisenden Ärzten im jeweils betroffenen Einzelfall die Originalscheine anfordert und dem Beklagten übersendet. Bei einem Aufbewahrungszeitraum von vier Quartalen sind die Unterlagen ohne weiteres noch vorhanden. Bei berechtigter Remonstration der Rechnung wird die Klägerin gegenüber den betroffenen Ärzten sachlich-rechnerische Berichtigungen durchzuführen haben, und zwar entweder bereits mit dem Quartalshonorarbescheid oder nachträglich innerhalb der vertragsärztlich zulässigen Grenzen (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 19.08.2015 - B 6 KA 36/14 R - RdNr. 23). 42Die Kammer hat der Klage gleichwohl nicht in vollem Umfang stattgegeben, sondern die Forderung um einen pauschalen Sicherheitsabschlag von 10 % reduziert. Aus den Einwendungen des Beklagten gegen die Rechnungen der Klägerin geht hervor, dass mitunter Personen, die ärztlich behandelt worden sind, bei dem Beklagten sozialhilferechtlich nicht bekannt seien und durch ihn keine Leistungen erhielten. In anderen Fällen sei weder eine Kostenübernahme beantragt noch eine Kostenzusage erteilt worden. Mit dem Sicherheitsabschlag ist hinreichend gewährleistet, dass der Beklagte keine sachfremden Kosten an die Klägerin zu zahlen hat, zugleich aber die Forderung der Klägerin nicht übermäßig verkürzt wird. 43Der Anspruch auf Verzugszinsen ergibt sich aus der entsprechenden Anwendung des § 286 Abs. 1 Satz 2 BGB (vgl. dazu BSG, Urteil vom 02.07.2013 - B 1 KR 18/12 R - RdNr. 47), der Anspruch auf Prozesszinsen aus der analogen Anwendung des § 291 BGB (vgl. BSG, Urteil vom 08.02.2012 - B 6 KA 12/11 R - RdNr. 52 m.w.N.). 44Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs. 1 SGG in Verbindung mit § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
der beklagte wird verurteilt, an die klägerin einen derzeit bezifferbaren betrag in höhe von 7.387,55 eur für die quartale 1/2011 bis 1/2014 nebst verzugszinsen in höhe von 5 % punkten über dem jeweiligen basiszinssatz aus den jeweils fälligen beträgen sowie nebst prozesszinsen in höhe von 5 % über dem jeweiligen basiszinssatz seit rechtshängigkeit zu zahlen. im übrigen wird die klage abgewiesen. der beklagte trägt die kosten zu 9/10, die klägerin zu 1/10. 1
2streitig sind zahlungsansprüche gegen einen "sonstigen kostenträger" für die quartale 1/2011 bis 1/2014. 3mitglieder der klägerin erbrachten in den streitbefangenen quartalen ärztliche leistungen an sozialhilfeempfänger und asylbewerber im zuständigkeitsbereich des beklagten. dieser verweigerte teilweise die begleichung der ihr von der klägerin in rechnungen gestellten kosten, weil die originalbelege (krankenbehandlungsscheine/überweisungen) nicht im original beigefügt gewesen seien. nach mehrfacher mahnung hat die klägerin am 20.12.2013 klage erhoben. 4sie hält die zahlungsverweigerung für unbegründet. ausweislich der an den beklagten übersandten unterlagen ergäben sich hieraus die versichertennummer, das institutionskennzeichen, der name und das geburtsdatum des patienten sowie die arzt- und betriebsstättennummer. ferner seien die diagnosen, die erbrachten leistungen sowie das datum der leistungserbringung ersichtlich. 5weiterer angaben bedürfe es für die abrechnung der leistungen gegenüber dem kostenträger nicht, da nach § 4 des asylbewerberleistungsgesetzes (asylblg) sich die vergütung nach den am ort der niederlassung des arztes geltenden gesamtverträgen im sinne des § 72 abs. 2 sozialgesetzbuch - gesetzliche krankenversicherung (sgb v) richte, wobei die zuständige behörde lediglich bestimme, welcher vertrag anwendung finde. mithin gälten die mit den verbänden der krankenkassen geschlossenen verträge, die das elektronische abrechnungsverfahren regelten, auch für den beklagten. diesem obliege es, sein abrechnungsverfahren den geltenden verträgen anzupassen. so verfahre etwa die kreisverwaltung o die die behandlungsscheine und die genehmigten überweisungsscheine in die edv übertrage. dass der beklagte keine unterlagen mehr über den genehmigten umfang der ärztlichen leistungen für den betroffenen personenkreis besitze, habe die klägerin nicht zu verantworten. im rahmen der online-abrechnung der vertragsärzte mit ihr würden abrechnungsscheine nicht mehr eingescannt. die nichtvorlage von originalscheinen an den beklagten und ein erhöhter verwaltungsaufwand für ihn rechtfertigten es jedenfalls unter keinen umständen, die fälligen zahlungen zu verweigern. 6in der mündlichen verhandlung vor der kammer am 11.11.2015 hat der sitzungsvertreter der klägerin erklärt, es gebe rahmenverträge zwischen der klägerin und dem städte- und gemeindebund. solchen verträgen sei aber der landkreis mayen-koblenz nicht beigetreten. mit der erstmaligen übersendung der abrechnungs-cd’s an die sozialhilfeträger sei jeweils auch der schlüssel zum öffnen der chiffrierten dateien mitübersandt worden. im übrigen hätten die sozialhilfeträger jederzeit die möglichkeit, bei der klägerin den schlüssel zu erfragen. 7die klägerin beantragt, 8den beklagten zu verurteilen, an die klägerin einen derzeit bezifferbaren betrag in höhe von 10.356,79 eur für die quartale 1/2011 bis 4/2014 nebst verzugszinsen in höhe von 5 % punkten über dem jeweiligen basiszinssatz aus den jeweils fälligen beträgen sowie nebst prozesszinsen in höhe von 5 % über dem jeweiligen basiszinssatz seit rechtshängigkeit zu zahlen. 9der beklagte beantragt, 10die klage abzuweisen. 11er hält den geltend gemachten anspruch für unbegründet. die anspruchstellende klägerin habe darzulegen, dass die anspruchsvoraussetzungen vorlägen. ohne vorlage der geforderten unterlagen sei dies nicht erfüllt. 12die abrechnungsunterlagen, die die klägerin mit der cd übermittele, seien aus sicht des beklagten nicht prüfbar. zur abrechnung würden originalbelege benötigt. darauf sei die klägerin wiederholt hingewiesen worden. 13eine kostenzusage erfolge für den hilfeempfänger ausschließlich über die ausstellung des behandlungsscheins. daher müsse dieser der abrechnung beigefügt sein. insbesondere bei hilfeempfängern nach dem asylblg müssten alle überweisungen genehmigt sein, da die asylbewerber nur eingeschränkte leistungen erhielten. 14soweit die klägerin argumentiere, sie könne die ausgestellten behandlungsscheine nicht mit der abrechnung beim beklagten einreichen, da sie diese von den ärzten selbst nicht (mehr) erhalte, liege dies ausschließlich an ihr selbst. selbstverständlich könne sie den ärzten abverlangen, die behandlungsscheine vorzulegen. das diene auch ihren eigenen interessen, denn so, wie es ihrem eigenen vortrag zufolge jetzt laufe, vergüte sie ihren ärzten behandlungen, ohne selbst beurteilen zu können, ob ein wirksamer behandlungsschein und somit eine kostenzusage zugrunde gelegen habe. 15noch deutlicher werde das problem in den fällen der überweisung an einen facharzt durch den hausarzt. der beklagte stelle ausschließlich behandlungsscheine für den hausarzt aus. die klägerin rechne indessen auch fachärztliche leistungen ab. wie solle der beklagte in die lage versetzt werden, beurteilen zu können, ob der hausarzt den patienten an einen facharzt überwiesen habe oder ob der patient ohne überweisung selbst dorthin gegangen sei, wenn die klägerin sich weigere, diese überweisung mit der abrechnung vorzulegen? 16die regelung des § 4 abs. 3 satz 2 asylblg könne im ergebnis nicht dazu führen, dass der sozialhilfeträger dazu gezwungen werde, kosten ohne genaue prüfung, ob die der leistungsvoraussetzungen erfüllt seien, zu übernehmen. 17mehrfach sei der klägerin angeboten worden, die originalbelege wenigstens per fax oder in eingescannter form elektronisch zu übermitteln. derartige absprachen funktionierten mit anderen kassenärztlichen vereinigungen außerhalb des landes rheinland-pfalz problemlos. auf einen dahingehenden einigungsvorschlag sei die kläger nicht eingegangen. mit anderen kassenärztlichen vereinigungen habe sich der beklagte darauf verständigen 18können, dass die elektronische datenübermittlung eingescannte belege enthalte, aus denen ersichtlich sei, welcher arzt leistungen abrechne. die unterlagen seien somit prüf- und in der folge abrechnungsfähig. 19der erhöhte verwaltungsaufwand stelle zwar nicht den maßgeblichen aspekt in diesem rechtsstreit dar. in bezug auf die kreisverwaltung o habe sich der zeitaufwand für eine abrechnung von 15 minuten auf 8 stunden erhöht. dieser extreme unterschied müsse durchaus berücksichtigung bei der festlegung von verfahrensregelungen finden. 20der beklagte hat sich mit einer entscheidung ohne mündliche verhandlung einverstanden erklärt. 21wegen des weiteren sach- und streitstandes wird auf den übrigen inhalt der gerichtsakte sowie der beigezogenen verwaltungsakten des beklagten, der gegenstand der mündlichen verhandlung gewesen ist, bezug genommen. 22mit der klage hatte die klägerin zunächst zahlungsansprüche für die quartale 1/2011 bis 2/2013 geltend gemacht. diese hat sie mit schriftsatz vom 26.02.2015 um die quartale 3/2013 bis 1/2014 erweitert. mit schriftsatz vom 09.11.2015 hat sie die klage ferner um die quartale 2/2014 bis 4/2014 erweitert. da dem beklagten angesichts der kurzen zeitspanne bis zur mündlichen verhandlung hierzu kein hinreichendes rechtliches gehör hat gewährt werden können, hat die kammer die klage hinsichtlich der quartale 2/2014 bis 4/2014 nach schluss der mündlichen verhandlung abgetrennt und führt sie unter dem aktenzeichen s 2 ka 379/15 in einem eigenständigen verfahren. 23
24die kammer konnte in abwesenheit eines vertreters des beklagten einseitig verhandeln und entscheiden, da auf diese möglichkeit in der form- und fristgerecht zugestellten terminbenachrichtigung hingewiesen worden ist. von einer entscheidung ohne mündliche verhandlung (§ 124 abs. 2 des sozialgerichtsgesetzes (sgg)) hat die kammer abgesehen. 25die klage ist als leistungsklage (§ 54 abs. 4 sgg) zulässig und überwiegend begründet. 26gegenstand der klage sind nach abtrennung der ansprüche bezüglich der quartale 2/2014 bis 4/2014 zahlungsansprüche hinsichtlich der quartale 1/2011 bis 1/2014. 27materiell-rechtliche anspruchsgrundlage für den geltend gemachten zahlungsanspruch ist ein öffentlich-rechtlicher erstattungsanspruch. vorrangige vertragliche ansprüche zwischen den beteiligten bestehen nicht. weder ist der beklagte einem rahmenvertrag zwischen der klägerin und dem städte- und gemeindebund beigetreten noch sind grundsätzlich gesamtverträge zwischen der klägerin und den krankenkassen(verbänden) einschließlich der bundesmantelverträge (§§ 83 satz 1, 83 abs. 1 sgb v) anwendbar. 28insbesondere folgt aus § 4 abs. 3 sätze 2, 3 asylblg nicht die pauschale geltung vertragsarztrechtlicher vertragsbestimmungen im rechtsverkehr zwischen kassenärztlichen vereinigungen und "sonstigen kostenträgern". nach diesen bestimmungen richtet sich die vergütung, soweit die leistungen durch niedergelassene ärzte ( ) erfolgen, nach den am ort der niederlassung des arztes ( ) geltenden verträgen nach § 72 abs. 2 sgb v. die zuständige behörde bestimmt, welcher vertrag anwendung findet. diese vorschriften treffen lediglich regelungen über die höhe der vergütung für die fälle, in denen die leistungen durch niedergelassene ärzte erfolgen. nach der bis zum inkrafttreten des 1. ändg zum asylblg geltenden fassung des § 4 abs. 3 satz 2 asylblg hatten die niedergelassenen ärzte anspruch auf die vergütung, welche die ortskrankenkasse, in deren bereich der arzt niedergelassen war, für ihre mitglieder zahlte. durch den neu aufgenommenen satz 3 haben die zuständigen behörden nunmehr ein bestimmungsrecht über den für die vergütungsbemessung anzuwendenden vertrag. damit sollen die behörden die möglichkeit erhalten, "eine örtliche und für sie günstigere vereinbarung auszuwählen" (bt-drucks. 12/2746, s 16 – begr. zu § 4 buchst. b). durch diese kostenorientierte, d.h. auf kostensenkung abzielende regelung werden die zuständigen behörden befugt, zwischen mehreren für den ort der niederlassung geltenden verträgen nach § 72 abs. 2 sgb v auszuwählen und den kostengünstigsten zur bemessung der ärztlichen versorgung heranzuziehen (hohm, in: schellhorn/schellhorn/hohm, kommentar zum asylblg, stand: september 2014, iii - § 4, rdnr. 182; vgl. auch frerichs, jurispk-sgb xii, 2. aufl. 2014, § 4 asylblg rdnr. 65 m.w.n.). allein hierauf beschränkt sich der regelungsgehalt des § 4 abs. 3 sätze 2, 3 asylblg. vorgaben über die vergütungsmodalitäten zwischen sozialhilfeträgern und kassenärztlichen vereinigungen machen diese bestimmungen nicht (vgl. ergänzend sg marburg, urteil vom 29.03.2006 - s 12 ka 638/05 -). 29das bedeutet insbesondere, dass alle regelungen über den elektronischen datenaustausch, die im rechtsverkehr zwischen der klägerin und ihren vertragsärzten bestehen (z.b. anlage 6 zum bmv-ä: vertrag über den datenaustausch auf datenträgern), im rechtsverhältnis zu dem beklagten keine anwendung finden. 30demgemäß gibt z.b. die kv rheinland-pfalz folgende hinweise an ihre mitglieder zur behandlung und abrechnung von leistungen für patienten, die den "sonstigen kostenträgern" unterfallen: 31regelungen asylbewerber 32kostenträger-nummer 47801 - 47815 (der kreis mayen-koblenz führt die nr. 47807) 33&9632; nur original-behandlungsausweise bzw. überweisungsscheine mit genehmigungsvermerk oder überweisungsscheine mit beigefügter genehmigung per fax. &9632; bei notfallscheinen muss ein antrag auf kostenübernahme vorliegen. (entfällt bei vorlage eines original-behandlungsausweises). &9632; vertretungsscheine können ausgestellt werden. &9632; asylbewerber nach § 2 des asylbewerberleistungsgesetzes den überweisungsscheinen ist eine kopie des original-behandlungsausweises beizufügen. 34regelungen sozialhilfe 35kostenträger-nummer 47801 – 47815 36&9632; original-behandlungsausweise &9632; bei überweisungsscheinen muss eine kopie des original-behandlungsausweises vorliegen. &9632; bei notfallscheinen muss ein antrag auf kostenübernahme vorliegen. &9632; vertretungsscheine können ausgestellt werden. 37(www.kvrlp, webcode 588897). 38demgegenüber praktiziert die klägerin auch bei "sonstigen kostenträgern" mit ihren mitgliedern die online-abrechnung und sieht seit dem 3. quartal 2013 keine vorlage von original-behandlungsausweisen oder fotokopien davon vor. in ihrem "merkblatt für betriebsstätten, die sich über die verschiedenen online-abrechnungs-varianten der kv nordrhein informieren möchten", stand: 07.07.2015, version 6.9, heißt es unter punkt 2.3.2 ("behandlungsausweise der sonstigen kostenträger"): das einreichen der behandlungsausweise der sonstigen kostenträger entfällt ab der abrechnung des 3. quartals 2013. stattdessen müssen praxen diese behandlungsausweise über einen zeitraum von vier quartalen aufbewahren und auf verlangen vorlegen". eine entsprechende mitteilung veröffentlichte auch das deutsche ärzteblatt 2013 am 25.09.2013 ("kv nordrhein vereinfacht die abrechnung"; http://www.aerzteblatt.de/nachrichten/55960). 39diese abrechnungsweise ist offensichtlich jedenfalls nicht mit allen "sonstigen kostenträgern" abgestimmt worden. gleichwohl vermag die nichtvorlage der originalscheine den geltend gemachten zahlungsanspruch dem grunde nach nicht zu fall zu bringen. 40die klägerin stellt dem beklagten mit der abrechnung daten-cds zur verfügung, die sich anhand des mitgelieferten schlüssels öffnen lassen und alle wesentlichen angaben über die erbrachten leistungen enthalten: name, geburtsdatum und versichertennummer des patienten, das institutionskennzeichen, arzt- und betriebsstättennummer sowohl des die leistung erbringenden als auch ggf. des überweisenden arztes, die diagnosen nach icd-10, die erbrachten leistungen nach den gebührenordnungspositionen des ebm, den fallwert in eur sowie das datum der leistungserbringung. ferner enthalten die daten-cds als zusatzinformation die art der inanspruchnahme, das unfallkennzeichen sowie die behandlungsart. diese angaben ermöglichen eine hinreichende prüfung. soweit fachärztliche leistungen erbracht worden sind, lässt sich vor allem den einzelnen fällen jeweils entnehmen, ob der hausarzt den patienten an einen facharzt überwiesen hat oder ob der patient den facharzt ohne überweisung selbst aufgesucht hat. denn es ist jeweils ausdrücklich der überweiser mit arztnummer und betriebsstättennummer mit angegeben. aus der betriebsstättennummer lässt sich anhand der 3. und 4. ziffer jeweils die fachgruppe des arztes erkennen. diese stimmt mit der arztgruppe überein, die als anlage 1 zur prüfvereinbarung (01.01.2008) im rheinischen ärzteblatt 2007, 70 sowie auf der website der klägerin (https://www.kvno.de/10praxis/30honorarundrecht/30recht/60primaer ersatzkassen/index.html) veröffentlicht worden ist. bei durchsicht der streitbefangenen abrechnungsfälle hat die kammer keinen fall entdecken können, in dem ein facharzt ohne überweisung durch einen hausarzt leistungen erbracht und abgerechnet hat. 41die kammer verkennt nicht, dass es für den beklagten schwierigkeiten aufwirft, ohne vorlage der originalbelege durch die klägerin, ggf. als scans oder fotokopien, den umfang der genehmigten leistungen nachzuvollziehen, wenn er selbst keine scans oder fotokopien fertigt. ob der beklagte hierzu nach den grundsätzen der verwaltungslehre angehalten ist oder ob umgekehrt die klägerin nach den grundsätzen der verwaltungslehre verpflichtet ist, dem beklagten die originalscheine auszuhändigen, brauchte die kammer nicht zu entscheiden. rein praktisch dürfte es auch für die zeit ab dem quartal 3/2013 keine probleme bei der prüfung der abrechnung geben. die klägerin übersendet ihre abrechnungen im vierten monat nach ende des jeweiligen quartals an den beklagten (z.b. quartal 3/2012: rechnung vom 16.01.2013; quartal 4/2012: rechnung vom 08.04.2013). bei eventuellen unklarheiten kann der beklagte bei der klägerin telefonisch oder schriftlich ganz oder teilweise der rechnung widersprechen. das kann dazu führen, dass die klägerin, die für das vorliegen der anspruchsvoraussetzungen ihrer abrechnung beweispflichtig ist, von den behandelnden und/oder überweisenden ärzten im jeweils betroffenen einzelfall die originalscheine anfordert und dem beklagten übersendet. bei einem aufbewahrungszeitraum von vier quartalen sind die unterlagen ohne weiteres noch vorhanden. bei berechtigter remonstration der rechnung wird die klägerin gegenüber den betroffenen ärzten sachlich-rechnerische berichtigungen durchzuführen haben, und zwar entweder bereits mit dem quartalshonorarbescheid oder nachträglich innerhalb der vertragsärztlich zulässigen grenzen (vgl. z.b. bsg, urteil vom 19.08.2015 - b 6 ka 36/14 r - rdnr. 23). 42die kammer hat der klage gleichwohl nicht in vollem umfang stattgegeben, sondern die forderung um einen pauschalen sicherheitsabschlag von 10 % reduziert. aus den einwendungen des beklagten gegen die rechnungen der klägerin geht hervor, dass mitunter personen, die ärztlich behandelt worden sind, bei dem beklagten sozialhilferechtlich nicht bekannt seien und durch ihn keine leistungen erhielten. in anderen fällen sei weder eine kostenübernahme beantragt noch eine kostenzusage erteilt worden. mit dem sicherheitsabschlag ist hinreichend gewährleistet, dass der beklagte keine sachfremden kosten an die klägerin zu zahlen hat, zugleich aber die forderung der klägerin nicht übermäßig verkürzt wird. 43der anspruch auf verzugszinsen ergibt sich aus der entsprechenden anwendung des § 286 abs. 1 satz 2 bgb (vgl. dazu bsg, urteil vom 02.07.2013 - b 1 kr 18/12 r - rdnr. 47), der anspruch auf prozesszinsen aus der analogen anwendung des § 291 bgb (vgl. bsg, urteil vom 08.02.2012 - b 6 ka 12/11 r - rdnr. 52 m.w.n.). 44die kostenentscheidung folgt aus § 197a abs. 1 sgg in verbindung mit § 155 abs. 1 satz 1 vwgo.
Klaeger*in
1
143,266
1 AGH 32/15
2015-11-20T00:00:00
Urteil
Tenor Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger bleibt nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.Der Geschäftswert wird auf 50.000,00 € festgesetzt. 1Tatbestand: 2Der am ##.##.1960 geborene Kläger ist seit dem ##.##.2005 im Bezirk der Beklagten als Rechtsanwalt zugelassen. 31. Eine vorherige Zulassung war durch Verfügung der Beklagten vom 20.07.2005 wegen Vermögensverfalls widerrufen worden. Seinerzeit bestanden offene Forderungen der Fa. P Vertrieb für Bürobedarf N in Höhe von 250,00 €, der Beklagten aus Zwangsgeldern und des Versorgungswerk der Rechtsanwälte in Höhe von 14.053,51 €. Der Widerruf wurde bestandskräftig. 4Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung vom 29.09.2005 verbunden mit einem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Versäumung der Klagefrist wurde durch Beschluss des Senats, Az.: 1 ZU 95/05, zurückgewiesen. Der Kläger glich die Forderungen gegenüber der Fa. P Vertrieb und der Beklagten aus und traf mit dem Versorgungswerk eine Ratenzahlungsvereinbarung. Er stellte sodann am 26.09.2005 einen Antrag auf eine erneute Zulassung zur Rechtsanwaltschaft, der positiv beschieden wurde. 52. Die Beklagte betrieb gegen den Kläger im Jahr 2006 die Zwangsvollstreckung wegen Zwangsgeldern aus Aufsichtssachen (Beiakten zu Az.: AGH 1 ZU 59/06 u. 1 ZU 60/06). Außerdem lagen der Beklagten Abschriften von Vollstreckungsaufträgen des Versorgungswerks, der E eG und der Fa. P Vertrieb vor. Die Beklagte gab dem Kläger mit Schreiben vom 01.09.2006 Gelegenheit zur Stellungnahme im Hinblick auf die Möglichkeit des Widerrufs der Zulassung wegen Vermögensverfalls. Mit Verfügung vom 25.09.2006 wurde die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft widerrufen. 6Gegen diese Widerrufsverfügung stellte der Kläger fristgerecht einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung. Das gerichtliche Verfahren wurde unter dem Az.: 1 ZU 115/06, vor dem Senat geführt. Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung wurde durch Beschluss vom 19.01.2007 zurückgewiesen. Gegen den Beschluss des Senats legte der Kläger Rechtsmittel ein. Auf die sofortige Beschwerde hob der Bundesgerichtshof die angefochtene Entscheidung mit Beschluss vom 15.09.2008, Az.: AnwZ (B) 69/07, auf, da im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesgerichtshof sämtliche Vollstreckungsmaßnahmen erledigt waren. 73. Im Jahr 2009 kam es abermals zu verschiedenen Vollstreckungsmaßnahmen gegen den Kläger. Die Beklagte gab den Kläger mit Schreiben vom 30.03.2009 Gelegenheit zur Stellungnahme im Hinblick auf die Möglichkeit des Widerrufs der Zulassung wegen Vermögensverfalls. 84. Unter dem 11.01.2010 erließ die Beklagte gegen den Kläger eine weitere Widerrufsverfügung verbunden mit einem vorläufigen Tätigkeitsverbot, weil er die erforderliche Berufshaftpflichtversicherung nicht nachgewiesen hatte. Nach Nachweis des Versicherungsschutzes widerrief die Beklagte die Verfügung mit Bescheid vom 10.11.2010. 95. Wegen des gleichen Sachverhalts erging am 09.10.2012 eine weitere Widerrufsverfügung verbunden mit einem vorläufigen Tätigkeitsverbot, die nach Nachweis des Versicherungsschutzes mit Bescheid vom 17.10.2012 widerrufen wurde. 106. Die streitgegenständliche Widerrufsverfügung der Beklagten vom 22.06.2015 wegen Vermögensverfalls ist auf den Antrag des Finanzamts I wegen offener Steuerforderungen über einen Gesamtbetrag von 93.489,00 €, über das Vermögen des Klägers das Insolvenzverfahren zu eröffnen, gestützt. Das Insolvenzverfahren ist unmittelbar nach Erlass der Widerrufsverfügung durch Beschluss des Amtsgerichts Hagen, Az.: 109 IN 59/15, vom 01.07.2015 eröffnet worden. 11Die dem Insolvenzverfahren zugrunde liegenden Steuerforderungen resultieren aus Einkommenssteuerfestsetzungen für die Jahre 2002 – 2006 und Umsatzsteuerfestsetzungen für die Jahre 2002 – 2009. Die Steuerbescheide sind noch nicht rechtskräftig; es sind Klagen vor dem Finanzgericht anhängig, die Vollziehung der Bescheide wurde jedoch nicht ausgesetzt. 12Die Einzelvollstreckung vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens in Form von Forderungspfändungen bei der Sparkasse I und der T-Bank war erfolglos verlaufen. Ein Vergleichsangebot des Klägers, die Forderung über 93.489,00 € durch eine, von dritter Seite zu erbringende Einmalzahlung von 5.000,00 € zu erledigen, hatte das das Finanzamt abgelehnt. 13Weitere notleidende Forderungen bestehen derzeit nicht. Eintragungen in das Schuldnerverzeichnis liegen nicht vor. 14Die Gewinne vor Steuern aus der selbständigen Tätigkeit des Klägers beliefen sich nach Angaben seiner Steuerberaterin auf 4.166,00 € im Jahr 2013 und nach der kurzfristigen Erfolgsrechnung aus Dezember 2014 auf 4.447,61 € im Jahr 2014. 15Die Beklagte hat den Kläger mit Schreiben vom 08.04.2015 im Hinblick auf die Möglichkeit des Widerrufs der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft wegen Vermögensverfalls angehört. 16Der Kläger hat gegenüber der Beklagten mit Schreiben vom 29.05.2015 angekündigt, seine selbständige Tätigkeit aufgeben zu wollen und über ein Anstellungsverhältnis zu verhandeln. 17Die Beklagte hat mit Bescheid vom 22.06.2015, zugestellt am 23.06.2015, die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft gem. § 14 Abs.2 Nr.7 BRAO widerrufen. 18Die Widerrufsverfügung hat der Kläger mit der am 23.07.2015 eingegangenen Klage angefochten. 19Er ist der Ansicht, die Widerrufsverfügung vom 22.06.2015 sei nichtig i.S.d. § 44 VwVfG, weil sie an einem offenkundigen schwerwiegenden Fehler leide. Ein Vermögensverfall sei weder festgestellt noch tatsächlich eingetreten. Ferner habe die Beklagte nicht geprüft, ob und inwieweit aufgrund seiner Vermögenssituation die Interessen der Rechtssuchenden gefährdet seien. Die Interessen seiner Mandanten seien jedenfalls nicht beeinträchtigt. Er nehme keine Fremdgelder entgegen. Er habe in den Vollmachten die Geldempfangsvollmacht ausgeschlossen und gebe in allen Forderungsschreiben an, dass Zahlungen unmittelbar an den Mandanten zu erfolgen hätten und an ihn nicht mit befreiender Wirkung geleistet werden könne. Der Insolvenzverwalter kontrolliere den Kontenverlauf und erhebe keinerlei Ansprüche auf möglicherweise eingehende Fremdgelder. 20Er beantragt, 21die Widerrufsverfügung der Beklagten vom 22.06.2015 aufzuheben. 22Die Beklagte beantragt, 23die Klage abzuweisen. 24Der Kläger ist vor dem Senat im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 20.11.2015 persönlich angehört worden. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen sowie auf Kopien der Akten der Beklagten (Personalheft sowie Prozessheft I u. II) und die Beiakten des Senats zu Az.: 1 ZU 59/06, 1 ZU 60/06, 1 ZU 110/06, 1 ZU 115/06, 1 ZU 96/07 und 1 ZU 97/07 verwiesen. 25Entscheidungsgründe: 26Die Anfechtungsklage ist zulässig, aber unbegründet.Gem. § 14 Abs.2 Nr.7 BRAO ist die Zulassung des Klägers zur Rechtsanwaltschaft zu widerrufen. Der Kläger ist in Vermögensverfall geraten; dass die Interessen der Rechtssuchenden dadurch nicht gefährdet sind, hat der Kläger nicht nachgewiesen.1. Ein Vermögensverfall liegt nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs vor, wenn der Rechtsanwalt in ungeordnete, schlechte finanzielle Verhältnisse geraten ist, die er in absehbarer Zeit nicht ordnen kann, und er außer Stande ist, seinen Verpflichtungen nachzukommen (vgl. BGH, Beschl. v. 08.10.2010, 27AnwZ (B) 11/09 m.w.N.; BGH NJW-RR 2011, 483 Tz.12; BGH Beschl. v. 20.12.2013, AnwZ (Brfg) 40/13 Tz.4). 28Beweisanzeichen für einen Vermögensverfall sind dabei die Erwirkung von Schuldtiteln und fruchtlose Zwangsvollstreckungsmaßnahmen gegen den Rechtsanwalt (Henssler in Henssler/Prütting, BRAO, 4.Aufl., § 14 BRAO Rn.29; BGH NJW-RR 2011, 483 Tz.12).Nach § 14 Abs.2 Nr.7 BRAO wird darüber hinaus der Vermögensverfall vermutet, wenn über das Vermögen des Rechtsanwalts das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist oder der Rechtsanwalt in das vom Insolvenz- oder von Vollstreckungsgericht geführte Verzeichnis nach § 26 Abs.2 InsO bzw. § 915 ZPO eingetragen ist. 29Maßgeblicher Zeitpunkt, auf den bei der Prüfung abzustellen ist, ist der Zeitpunkt des Abschlusses des behördlichen Widerrufsverfahrens (BGH, Urteil v. 29.06.2011, AnwZ (Brfg) 11/10 = NJW 2011, 3234 Tz.9 ff; Henssler in Henssler/Prütting, BRAO, 4.Aufl., § 14 BRAO Rn.38). 30a) Danach ist der Vermögensverfall des Klägers zwar nicht nach § 14 Abs.2 Nr. 7 BRAO zu vermuten. Der Vermutungstatbestand war im Zeitpunkt des Erlasses der Widerrufsverfügung am 22.06.2015 nicht erfüllt. Das Insolvenzverfahren ist erst nach Abschluss des behördlichen Widerrufsverfahrens durch Beschluss des Amtsgerichts Hagen, Az.: 109 IN 59/15, vom 01.07.2015 eröffnet worden. 31b) Der Vermögensverfall im Zeitpunkt des Erlasses der Widerrufsverfügung am 22.06.2015 steht allerdings aufgrund gewichtiger, nicht widerlegter Beweisanzeichen fest. In das Vermögen des Klägers wurde aus Steuerbescheiden des Finanzamts I erfolglos die Zwangsvollstreckung betrieben. Es gab keinen Anhaltspunkt dafür, dass der Kläger seine finanziellen Verhältnisse in absehbarer Zeit würde ordnen können. 32 aa) Im Zeitpunkt des Erlasses der Widerrufsverfügung bestanden offene Forderungen gegen den Kläger aus Steuerbescheiden des Finanzamtes I über einen Gesamtbetrag von 93.489,00 €. Die Forderung beruht auf den Einkommenssteuerfestsetzungen für die Jahre 2002 – 2006 sowie auf Umsatzsteuerfestsetzungen für die Jahre 2002 – 2009 und steuerlichen Nebenleistungen. 33Sofern der Kläger darauf verweist, dass die Steuerforderungen des Finanzamts wegen des von ihm betriebenen Klageverfahrens nicht rechtskräftig seien, ist dies unerheblich. 34Auf die rechtskräftige Feststellung von Forderungen kommt es nach der Rechtsprechung des BGH im Zusammenhang mit § 14 Abs.2 Nr.7 BRAO nicht an. 35Der BGH misst ausdrücklich der fruchtlosen Vollstreckung Indizwirkung für den Vermögensverfall bei; darauf ob der zugrunde liegende Titel rechtskräftig oder nur vorläufig vollstreckbar ist, kommt es gerade nicht an (BGH NJW-RR 2011, 483 Tz.12; für Steuerbescheide vgl. BGH, Beschl. v. 20.12.2013, Az.: AnwZ (Brfg) 40/13 Tz. 5 ff). 36Entscheidend ist daher allein, dass die durch die Steuerbescheide festgestellten Forderungen der Finanzverwaltung ungeachtet des Klageverfahrens gem. § 220 Abs.2 AO fällig und gem. §§ 251, 361 AO, 69 Abs.1 FGO vollstreckbar sind und die Vollziehbarkeit der Bescheide nicht gem. § 361 Abs.2 AO durch das Finanzamt bzw. durch das Finanzgericht gem. § 69 Abs.2 u. 3 FGO ausgesetzt worden ist. 37Letzteres ist offenkundig nicht geschehen, denn das Finanzamt hat die Einzelvollstreckung aus den Steuerbescheiden betrieben und nach deren erfolglosen Verlauf in Form der Forderungspfändungen bei der Sparkasse I vom 08.08.2014 und der T-Bank vom 21.11.2014 unter dem 11.03.2015 einen Insolvenzantrag gestellt. 38bb) Die Beklagte ist bei Erlass der Widerrufsverfügung zu Recht davon ausgegangen, dass der Kläger nicht in der Lage ist, die Forderungen des Finanzamtes zu begleichen. 39Dafür spricht bereits das in dem Insolvenzantrag vom 11.03.2015 wiedergegebene Angebot des Klägers gegenüber dem Finanzamt I, die Forderung über 93.489,00 € durch eine Einmalzahlung von dritter Seite über 5.000,0 € auszugleichen.Auch aus der Verfahrensakte ergibt sich kein Anhaltspunkt dafür, dass der Kläger über hinreichend liquide Mittel verfügt, aus denen er die Forderungen begleichen könnte. 40Der Kläger hat die kurzfristige Erfolgsrechnung für den Monat Dezember 2014 vorgelegt. Daraus ergeben sich die vorläufigen Betriebsergebnisse der Jahre 2013 und 2014. Im Jahr 2013 hat er einen Gewinn vor Steuern in Höhe von 4.095,47 € erwirtschaftet, im Jahr 2014 einen Gewinn von 4.447,61 €. 41Einziger Vermögensgegenstand des Klägers ist offenbar das hälftige Miteigentum an einem unbebauten und unbelasteten Grundstück in I. Das Finanzamt hat hierzu mitgeteilt, von der Immobiliarvollstreckung abzusehen, weil dadurch eine Tilgung der Steuerrückstände nicht erreicht werden könne.Aber selbst wenn der Miteigentumsanteil an dem Grundstück einen erheblichen Vermögenswert darstellen würde, rechtfertigt dies keine andere Beurteilung der Sach- und Rechtslage. Der Vermögensverfall setzt keine Überschuldung des Rechtsanwaltes voraus, vielmehr kommt es darauf an, ob die liquiden Mittel des Rechtsanwalts ausreichen, um die offenen Verbindlichkeiten zu erfüllen (Urt. des 42Senats v. 14.12.2012; Az.: 1 AGH 31/12). Das ist vorliegend ersichtlich nicht der Fall.2. Der Widerruf der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft ist auch nicht deshalb rechtswidrig, weil eine Gefährdung der Interessen der Rechtssuchenden trotz der ungeordneten wirtschaftlichen Verhältnisse des Klägers nicht besteht. 43Im Falle des Vermögensverfalls ist regelmäßig von der Gefährdung der Interessen der Rechtssuchenden auszugehen (Henssler, a.a.O., § 14 Rn.32). Daher liegt es bei dem Kläger nachzuweisen, dass trotz seiner geringer Einkünfte, der ungedeckten Forderungen und der erfolglosen Einzelvollstreckung eine Gefährdung der Interessen der Rechtssuchenden nicht gegeben ist (vgl. Henssler, a.a.O., § 14 Rn.34; Schmidt-Räntsch in Gaier/Wolf/Göcken, Anwaltl. BerufsR, 2. Aufl., § 14 BRAO Rn.39).Zwar macht der Kläger geltend, dass 4445er seine Vollmachten derart geändert habe, dass er keine Geldempfangsvollmacht habe und in allen Forderungsschreiben angebe, dass Zahlungen unmittelbar an den Mandanten zu erfolgen haben und Zahlungen an ihn nicht mit befreiender Wirkung erfolgen könnten, 46er sich um ein Anstellungsverhältnis bemühe und seine selbständige Tätigkeit aufgeben wolle, 47während des laufenden Insolvenzverfahrens Mandanteninteressen nicht gefährdet seien, da der Insolvenzverwalter die Kontenverläufe kontrolliere und auf etwa eingehende Fremdgelder keinen Anspruch erhebe, 48dennoch ist die Gesamtheit der Anforderungen an den Schutz der Belange der Rechtssuchenden nicht erfüllt. 49a) Soweit der Kläger seine Vollmachten geändert hat und in Forderungsschreiben darauf hinweist, dass direkt an den Mandanten zu zahlen sei, ist damit die Gefährdung der Belange der Rechtssuchenden nicht ausgeschlossen. Der Rechtsanwalt kann nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs den Nachweis, dass eine solche Gefährdung ausgeschlossen ist, grundsätzlich nicht durch Maßnahmen führen, die in seiner Hand liegen, die er jederzeit verändern kann und die durch die Kammer nicht kontrolliert werden können (BGH NJW-RR 2006, 859 Tz.8 f; BGH BRAK-Mitt. 2005, 27 Tz.4; BGH, Beschl. v. 12.02.2001, AnwZ (B) 7/00 Tz.9; BGH BRAK-Mitt. 1988, 50 Tz.14; Henssler a.a.O., § 14 Rn.34). 50b) Darauf, ob der Kläger zwischenzeitlich, d.h. nach Erlass der Widerrufsverfügung, seine selbständige Tätigkeit zu Gunsten eines Angestelltenverhältnisses aufgegeben hat, kommt es nicht mehr an (vgl. auch Schmidt-Räntsch a.a.O., § 14 BRAO Rn.44 a.E.). Zu beurteilen ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Widerrufsverfügung. Zu diesem Zeitpunkt war der Kläger selbständig tätig. 51c) Auch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens führt zu keiner anderen Beurteilung.Es kann dahinstehen, ob die Eröffnung des Insolvenzverfahrens – wie zum Teil diskutiert – eine Gefährdung der Interessen der Rechtssuchenden ausschließt (vgl. Henssler a.a.O., § 14 Rn.33 a; Schmidt-Ränsch, a.a.O., § 14 Rn.41). 52Auf die Eröffnung des Insolvenzverfahrens kommt es deshalb nicht an, weil im Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung die Widerrrufsverfügung bereits erlassen war. 533. Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 112 c BRAO, 154 VwGO und §§ 167 VwGO, 708 Nr.11, 711 ZPO. Die Festsetzung des Geschäftswerts beruht auf § 194 Abs.2 BRAO. 54Ein Anlass, die Berufung nach §§ 112 c BRAO, 124, 124 a Abs.1 VwGO zuzulassen, besteht nicht. 55Rechtsmittelbelehrung 56Gegen dieses Urteil kann innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils schriftlich die Zulassung der Berufung beantragt werden. 57Der Antrag ist bei dem Anwaltsgerichtshof für das Land Nordrhein-Westfalen, Heßlerstraße 53,59065 Hamm, zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45 a, 76133 Karlsruhe, einzureichen. Die Berufung ist nur zuzulassen, 58591. wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, 602. wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, 613. wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, 624. wenn das Urteil von einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs, des Bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder 635. wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann. 64Vor dem Anwaltsgerichtshof und dem Bundesgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Das gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesgerichtshof eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind Rechtsanwälte und Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule im Sinne des Hochschulrahmengesetzes mit Befähigung zum Richteramt zugelassen. Ferner sind die in § 67 Abs. 2 S. 2 Nr. 3-7 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) bezeichneten Personen und Organisationen als Bevollmächtigte zugelassen. Ein nach dem Vorstehenden Vertretungsbe-rechtigter kann sich selbst vertreten; es sei denn, dass die sofortige Vollziehung einer Widerrufsverfügung angeordnet und die aufschiebende Wirkung weder ganz noch teilweise wieder hergestellt worden ist. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung der öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen. 65Die Festsetzung des Streitwerts ist unanfechtbar.
die klage wird abgewiesen. der kläger trägt die kosten des verfahrens. das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. dem kläger bleibt nachgelassen, die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe von 110 % des vollstreckbaren betrages abzuwenden, wenn nicht die beklagte vor der vollstreckung sicherheit in höhe von 110 % des zu vollstreckenden betrages leistet.der geschäftswert wird auf 50.000,00 € festgesetzt. 1
2der am ##.##.1960 geborene kläger ist seit dem ##.##.2005 im bezirk der beklagten als rechtsanwalt zugelassen. 31. eine vorherige zulassung war durch verfügung der beklagten vom 20.07.2005 wegen vermögensverfalls widerrufen worden. seinerzeit bestanden offene forderungen der fa. p vertrieb für bürobedarf n in höhe von 250,00 €, der beklagten aus zwangsgeldern und des versorgungswerk der rechtsanwälte in höhe von 14.053,51 €. der widerruf wurde bestandskräftig. 4der antrag auf gerichtliche entscheidung vom 29.09.2005 verbunden mit einem antrag auf wiedereinsetzung in den vorigen stand wegen der versäumung der klagefrist wurde durch beschluss des senats, az.: 1 zu 95/05, zurückgewiesen. der kläger glich die forderungen gegenüber der fa. p vertrieb und der beklagten aus und traf mit dem versorgungswerk eine ratenzahlungsvereinbarung. er stellte sodann am 26.09.2005 einen antrag auf eine erneute zulassung zur rechtsanwaltschaft, der positiv beschieden wurde. 52. die beklagte betrieb gegen den kläger im jahr 2006 die zwangsvollstreckung wegen zwangsgeldern aus aufsichtssachen (beiakten zu az.: agh 1 zu 59/06 u. 1 zu 60/06). außerdem lagen der beklagten abschriften von vollstreckungsaufträgen des versorgungswerks, der e eg und der fa. p vertrieb vor. die beklagte gab dem kläger mit schreiben vom 01.09.2006 gelegenheit zur stellungnahme im hinblick auf die möglichkeit des widerrufs der zulassung wegen vermögensverfalls. mit verfügung vom 25.09.2006 wurde die zulassung zur rechtsanwaltschaft widerrufen. 6gegen diese widerrufsverfügung stellte der kläger fristgerecht einen antrag auf gerichtliche entscheidung. das gerichtliche verfahren wurde unter dem az.: 1 zu 115/06, vor dem senat geführt. der antrag auf gerichtliche entscheidung wurde durch beschluss vom 19.01.2007 zurückgewiesen. gegen den beschluss des senats legte der kläger rechtsmittel ein. auf die sofortige beschwerde hob der bundesgerichtshof die angefochtene entscheidung mit beschluss vom 15.09.2008, az.: anwz (b) 69/07, auf, da im zeitpunkt der mündlichen verhandlung vor dem bundesgerichtshof sämtliche vollstreckungsmaßnahmen erledigt waren. 73. im jahr 2009 kam es abermals zu verschiedenen vollstreckungsmaßnahmen gegen den kläger. die beklagte gab den kläger mit schreiben vom 30.03.2009 gelegenheit zur stellungnahme im hinblick auf die möglichkeit des widerrufs der zulassung wegen vermögensverfalls. 84. unter dem 11.01.2010 erließ die beklagte gegen den kläger eine weitere widerrufsverfügung verbunden mit einem vorläufigen tätigkeitsverbot, weil er die erforderliche berufshaftpflichtversicherung nicht nachgewiesen hatte. nach nachweis des versicherungsschutzes widerrief die beklagte die verfügung mit bescheid vom 10.11.2010. 95. wegen des gleichen sachverhalts erging am 09.10.2012 eine weitere widerrufsverfügung verbunden mit einem vorläufigen tätigkeitsverbot, die nach nachweis des versicherungsschutzes mit bescheid vom 17.10.2012 widerrufen wurde. 106. die streitgegenständliche widerrufsverfügung der beklagten vom 22.06.2015 wegen vermögensverfalls ist auf den antrag des finanzamts i wegen offener steuerforderungen über einen gesamtbetrag von 93.489,00 €, über das vermögen des klägers das insolvenzverfahren zu eröffnen, gestützt. das insolvenzverfahren ist unmittelbar nach erlass der widerrufsverfügung durch beschluss des amtsgerichts hagen, az.: 109 in 59/15, vom 01.07.2015 eröffnet worden. 11die dem insolvenzverfahren zugrunde liegenden steuerforderungen resultieren aus einkommenssteuerfestsetzungen für die jahre 2002 – 2006 und umsatzsteuerfestsetzungen für die jahre 2002 – 2009. die steuerbescheide sind noch nicht rechtskräftig; es sind klagen vor dem finanzgericht anhängig, die vollziehung der bescheide wurde jedoch nicht ausgesetzt. 12die einzelvollstreckung vor der eröffnung des insolvenzverfahrens in form von forderungspfändungen bei der sparkasse i und der t-bank war erfolglos verlaufen. ein vergleichsangebot des klägers, die forderung über 93.489,00 € durch eine, von dritter seite zu erbringende einmalzahlung von 5.000,00 € zu erledigen, hatte das das finanzamt abgelehnt. 13weitere notleidende forderungen bestehen derzeit nicht. eintragungen in das schuldnerverzeichnis liegen nicht vor. 14die gewinne vor steuern aus der selbständigen tätigkeit des klägers beliefen sich nach angaben seiner steuerberaterin auf 4.166,00 € im jahr 2013 und nach der kurzfristigen erfolgsrechnung aus dezember 2014 auf 4.447,61 € im jahr 2014. 15die beklagte hat den kläger mit schreiben vom 08.04.2015 im hinblick auf die möglichkeit des widerrufs der zulassung zur rechtsanwaltschaft wegen vermögensverfalls angehört. 16der kläger hat gegenüber der beklagten mit schreiben vom 29.05.2015 angekündigt, seine selbständige tätigkeit aufgeben zu wollen und über ein anstellungsverhältnis zu verhandeln. 17die beklagte hat mit bescheid vom 22.06.2015, zugestellt am 23.06.2015, die zulassung zur rechtsanwaltschaft gem. § 14 abs.2 nr.7 brao widerrufen. 18die widerrufsverfügung hat der kläger mit der am 23.07.2015 eingegangenen klage angefochten. 19er ist der ansicht, die widerrufsverfügung vom 22.06.2015 sei nichtig i.s.d. § 44 vwvfg, weil sie an einem offenkundigen schwerwiegenden fehler leide. ein vermögensverfall sei weder festgestellt noch tatsächlich eingetreten. ferner habe die beklagte nicht geprüft, ob und inwieweit aufgrund seiner vermögenssituation die interessen der rechtssuchenden gefährdet seien. die interessen seiner mandanten seien jedenfalls nicht beeinträchtigt. er nehme keine fremdgelder entgegen. er habe in den vollmachten die geldempfangsvollmacht ausgeschlossen und gebe in allen forderungsschreiben an, dass zahlungen unmittelbar an den mandanten zu erfolgen hätten und an ihn nicht mit befreiender wirkung geleistet werden könne. der insolvenzverwalter kontrolliere den kontenverlauf und erhebe keinerlei ansprüche auf möglicherweise eingehende fremdgelder. 20er beantragt, 21die widerrufsverfügung der beklagten vom 22.06.2015 aufzuheben. 22die beklagte beantragt, 23die klage abzuweisen. 24der kläger ist vor dem senat im termin zur mündlichen verhandlung vom 20.11.2015 persönlich angehört worden. wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf die zwischen den parteien gewechselten schriftsätze nebst deren anlagen sowie auf kopien der akten der beklagten (personalheft sowie prozessheft i u. ii) und die beiakten des senats zu az.: 1 zu 59/06, 1 zu 60/06, 1 zu 110/06, 1 zu 115/06, 1 zu 96/07 und 1 zu 97/07 verwiesen. 25
26die anfechtungsklage ist zulässig, aber unbegründet.gem. § 14 abs.2 nr.7 brao ist die zulassung des klägers zur rechtsanwaltschaft zu widerrufen. der kläger ist in vermögensverfall geraten; dass die interessen der rechtssuchenden dadurch nicht gefährdet sind, hat der kläger nicht nachgewiesen.1. ein vermögensverfall liegt nach der ständigen rechtsprechung des bundesgerichtshofs vor, wenn der rechtsanwalt in ungeordnete, schlechte finanzielle verhältnisse geraten ist, die er in absehbarer zeit nicht ordnen kann, und er außer stande ist, seinen verpflichtungen nachzukommen (vgl. bgh, beschl. v. 08.10.2010, 27anwz (b) 11/09 m.w.n.; bgh njw-rr 2011, 483 tz.12; bgh beschl. v. 20.12.2013, anwz (brfg) 40/13 tz.4). 28beweisanzeichen für einen vermögensverfall sind dabei die erwirkung von schuldtiteln und fruchtlose zwangsvollstreckungsmaßnahmen gegen den rechtsanwalt (henssler in henssler/prütting, brao, 4.aufl., § 14 brao rn.29; bgh njw-rr 2011, 483 tz.12).nach § 14 abs.2 nr.7 brao wird darüber hinaus der vermögensverfall vermutet, wenn über das vermögen des rechtsanwalts das insolvenzverfahren eröffnet worden ist oder der rechtsanwalt in das vom insolvenz- oder von vollstreckungsgericht geführte verzeichnis nach § 26 abs.2 inso bzw. § 915 zpo eingetragen ist. 29maßgeblicher zeitpunkt, auf den bei der prüfung abzustellen ist, ist der zeitpunkt des abschlusses des behördlichen widerrufsverfahrens (bgh, urteil v. 29.06.2011, anwz (brfg) 11/10 = njw 2011, 3234 tz.9 ff; henssler in henssler/prütting, brao, 4.aufl., § 14 brao rn.38). 30a) danach ist der vermögensverfall des klägers zwar nicht nach § 14 abs.2 nr. 7 brao zu vermuten. der vermutungstatbestand war im zeitpunkt des erlasses der widerrufsverfügung am 22.06.2015 nicht erfüllt. das insolvenzverfahren ist erst nach abschluss des behördlichen widerrufsverfahrens durch beschluss des amtsgerichts hagen, az.: 109 in 59/15, vom 01.07.2015 eröffnet worden. 31b) der vermögensverfall im zeitpunkt des erlasses der widerrufsverfügung am 22.06.2015 steht allerdings aufgrund gewichtiger, nicht widerlegter beweisanzeichen fest. in das vermögen des klägers wurde aus steuerbescheiden des finanzamts i erfolglos die zwangsvollstreckung betrieben. es gab keinen anhaltspunkt dafür, dass der kläger seine finanziellen verhältnisse in absehbarer zeit würde ordnen können. 32 aa) im zeitpunkt des erlasses der widerrufsverfügung bestanden offene forderungen gegen den kläger aus steuerbescheiden des finanzamtes i über einen gesamtbetrag von 93.489,00 €. die forderung beruht auf den einkommenssteuerfestsetzungen für die jahre 2002 – 2006 sowie auf umsatzsteuerfestsetzungen für die jahre 2002 – 2009 und steuerlichen nebenleistungen. 33sofern der kläger darauf verweist, dass die steuerforderungen des finanzamts wegen des von ihm betriebenen klageverfahrens nicht rechtskräftig seien, ist dies unerheblich. 34auf die rechtskräftige feststellung von forderungen kommt es nach der rechtsprechung des bgh im zusammenhang mit § 14 abs.2 nr.7 brao nicht an. 35der bgh misst ausdrücklich der fruchtlosen vollstreckung indizwirkung für den vermögensverfall bei; darauf ob der zugrunde liegende titel rechtskräftig oder nur vorläufig vollstreckbar ist, kommt es gerade nicht an (bgh njw-rr 2011, 483 tz.12; für steuerbescheide vgl. bgh, beschl. v. 20.12.2013, az.: anwz (brfg) 40/13 tz. 5 ff). 36entscheidend ist daher allein, dass die durch die steuerbescheide festgestellten forderungen der finanzverwaltung ungeachtet des klageverfahrens gem. § 220 abs.2 ao fällig und gem. §§ 251, 361 ao, 69 abs.1 fgo vollstreckbar sind und die vollziehbarkeit der bescheide nicht gem. § 361 abs.2 ao durch das finanzamt bzw. durch das finanzgericht gem. § 69 abs.2 u. 3 fgo ausgesetzt worden ist. 37letzteres ist offenkundig nicht geschehen, denn das finanzamt hat die einzelvollstreckung aus den steuerbescheiden betrieben und nach deren erfolglosen verlauf in form der forderungspfändungen bei der sparkasse i vom 08.08.2014 und der t-bank vom 21.11.2014 unter dem 11.03.2015 einen insolvenzantrag gestellt. 38bb) die beklagte ist bei erlass der widerrufsverfügung zu recht davon ausgegangen, dass der kläger nicht in der lage ist, die forderungen des finanzamtes zu begleichen. 39dafür spricht bereits das in dem insolvenzantrag vom 11.03.2015 wiedergegebene angebot des klägers gegenüber dem finanzamt i, die forderung über 93.489,00 € durch eine einmalzahlung von dritter seite über 5.000,0 € auszugleichen.auch aus der verfahrensakte ergibt sich kein anhaltspunkt dafür, dass der kläger über hinreichend liquide mittel verfügt, aus denen er die forderungen begleichen könnte. 40der kläger hat die kurzfristige erfolgsrechnung für den monat dezember 2014 vorgelegt. daraus ergeben sich die vorläufigen betriebsergebnisse der jahre 2013 und 2014. im jahr 2013 hat er einen gewinn vor steuern in höhe von 4.095,47 € erwirtschaftet, im jahr 2014 einen gewinn von 4.447,61 €. 41einziger vermögensgegenstand des klägers ist offenbar das hälftige miteigentum an einem unbebauten und unbelasteten grundstück in i. das finanzamt hat hierzu mitgeteilt, von der immobiliarvollstreckung abzusehen, weil dadurch eine tilgung der steuerrückstände nicht erreicht werden könne.aber selbst wenn der miteigentumsanteil an dem grundstück einen erheblichen vermögenswert darstellen würde, rechtfertigt dies keine andere beurteilung der sach- und rechtslage. der vermögensverfall setzt keine überschuldung des rechtsanwaltes voraus, vielmehr kommt es darauf an, ob die liquiden mittel des rechtsanwalts ausreichen, um die offenen verbindlichkeiten zu erfüllen (urt. des 42senats v. 14.12.2012; az.: 1 agh 31/12). das ist vorliegend ersichtlich nicht der fall.2. der widerruf der zulassung zur rechtsanwaltschaft ist auch nicht deshalb rechtswidrig, weil eine gefährdung der interessen der rechtssuchenden trotz der ungeordneten wirtschaftlichen verhältnisse des klägers nicht besteht. 43im falle des vermögensverfalls ist regelmäßig von der gefährdung der interessen der rechtssuchenden auszugehen (henssler, a.a.o., § 14 rn.32). daher liegt es bei dem kläger nachzuweisen, dass trotz seiner geringer einkünfte, der ungedeckten forderungen und der erfolglosen einzelvollstreckung eine gefährdung der interessen der rechtssuchenden nicht gegeben ist (vgl. henssler, a.a.o., § 14 rn.34; schmidt-räntsch in gaier/wolf/göcken, anwaltl. berufsr, 2. aufl., § 14 brao rn.39).zwar macht der kläger geltend, dass 4445er seine vollmachten derart geändert habe, dass er keine geldempfangsvollmacht habe und in allen forderungsschreiben angebe, dass zahlungen unmittelbar an den mandanten zu erfolgen haben und zahlungen an ihn nicht mit befreiender wirkung erfolgen könnten, 46er sich um ein anstellungsverhältnis bemühe und seine selbständige tätigkeit aufgeben wolle, 47während des laufenden insolvenzverfahrens mandanteninteressen nicht gefährdet seien, da der insolvenzverwalter die kontenverläufe kontrolliere und auf etwa eingehende fremdgelder keinen anspruch erhebe, 48dennoch ist die gesamtheit der anforderungen an den schutz der belange der rechtssuchenden nicht erfüllt. 49a) soweit der kläger seine vollmachten geändert hat und in forderungsschreiben darauf hinweist, dass direkt an den mandanten zu zahlen sei, ist damit die gefährdung der belange der rechtssuchenden nicht ausgeschlossen. der rechtsanwalt kann nach der ständigen rechtsprechung des bundesgerichtshofs den nachweis, dass eine solche gefährdung ausgeschlossen ist, grundsätzlich nicht durch maßnahmen führen, die in seiner hand liegen, die er jederzeit verändern kann und die durch die kammer nicht kontrolliert werden können (bgh njw-rr 2006, 859 tz.8 f; bgh brak-mitt. 2005, 27 tz.4; bgh, beschl. v. 12.02.2001, anwz (b) 7/00 tz.9; bgh brak-mitt. 1988, 50 tz.14; henssler a.a.o., § 14 rn.34). 50b) darauf, ob der kläger zwischenzeitlich, d.h. nach erlass der widerrufsverfügung, seine selbständige tätigkeit zu gunsten eines angestelltenverhältnisses aufgegeben hat, kommt es nicht mehr an (vgl. auch schmidt-räntsch a.a.o., § 14 brao rn.44 a.e.). zu beurteilen ist die sach- und rechtslage im zeitpunkt der widerrufsverfügung. zu diesem zeitpunkt war der kläger selbständig tätig. 51c) auch die eröffnung des insolvenzverfahrens führt zu keiner anderen beurteilung.es kann dahinstehen, ob die eröffnung des insolvenzverfahrens – wie zum teil diskutiert – eine gefährdung der interessen der rechtssuchenden ausschließt (vgl. henssler a.a.o., § 14 rn.33 a; schmidt-ränsch, a.a.o., § 14 rn.41). 52auf die eröffnung des insolvenzverfahrens kommt es deshalb nicht an, weil im zeitpunkt der verfahrenseröffnung die widerrrufsverfügung bereits erlassen war. 533. die nebenentscheidungen folgen aus §§ 112 c brao, 154 vwgo und §§ 167 vwgo, 708 nr.11, 711 zpo. die festsetzung des geschäftswerts beruht auf § 194 abs.2 brao. 54ein anlass, die berufung nach §§ 112 c brao, 124, 124 a abs.1 vwgo zuzulassen, besteht nicht. 55rechtsmittelbelehrung 56gegen dieses urteil kann innerhalb eines monats nach zustellung des vollständigen urteils schriftlich die zulassung der berufung beantragt werden. 57der antrag ist bei dem anwaltsgerichtshof für das land nordrhein-westfalen, heßlerstraße 53,59065 hamm, zu stellen. er muss das angefochtene urteil bezeichnen. innerhalb von zwei monaten nach zustellung des vollständigen urteils sind die gründe darzulegen, aus denen die berufung zuzulassen ist. die begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem antrag vorgelegt worden ist, bei dem bundesgerichtshof, herrenstraße 45 a, 76133 karlsruhe, einzureichen. die berufung ist nur zuzulassen, 58591. wenn ernstliche zweifel an der richtigkeit des urteils bestehen, 602. wenn die rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche schwierigkeiten aufweist, 613. wenn die rechtssache grundsätzliche bedeutung hat, 624. wenn das urteil von einer entscheidung des bundesgerichtshofs, des bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen senats der obersten gerichtshöfe des bundes oder des bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser abweichung beruht oder 635. wenn ein der beurteilung des berufungsgerichts unterliegender verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die entscheidung beruhen kann. 64vor dem anwaltsgerichtshof und dem bundesgerichtshof müssen sich die beteiligten, außer im prozesskostenhilfeverfahren, durch prozessbevollmächtigte vertreten lassen. das gilt auch für prozesshandlungen, durch die ein verfahren vor dem bundesgerichtshof eingeleitet wird. als bevollmächtigte sind rechtsanwälte und rechtslehrer an einer deutschen hochschule im sinne des hochschulrahmengesetzes mit befähigung zum richteramt zugelassen. ferner sind die in § 67 abs. 2 s. 2 nr. 3-7 der verwaltungsgerichtsordnung (vwgo) bezeichneten personen und organisationen als bevollmächtigte zugelassen. ein nach dem vorstehenden vertretungsbe-rechtigter kann sich selbst vertreten; es sei denn, dass die sofortige vollziehung einer widerrufsverfügung angeordnet und die aufschiebende wirkung weder ganz noch teilweise wieder hergestellt worden ist. behörden und juristische personen des öffentlichen rechts einschließlich der von ihnen zur erfüllung ihrer öffentlichen aufgaben gebildeten zusammenschlüsse können sich durch eigene beschäftigte mit befähigung zum richteramt oder durch beschäftigte mit befähigung zum richteramt anderer behörden oder juristischer personen des öffentlichen rechts einschließlich der von ihnen zur erfüllung der öffentlichen aufgaben gebildeten zusammenschlüsse vertreten lassen. 65die festsetzung des streitwerts ist unanfechtbar.
Verklagte*r
0
344,420
4 A 1033/20
2022-03-10T00:00:00
Urteil
Tenor Auf die Berufung der Beklagten wird das aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 3.3.2020 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf geändert, soweit es noch Gegenstand des Berufungsverfahrens ist. Auch insoweit wird die Klage abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens beider Instanzen einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen im zweitinstanzlichen Verfahren. Außergerichtliche Kosten der Beigeladenen im erstinstanzlichen Verfahren werden nicht erstattet. Die Klägerin kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte oder die Beigeladene vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. Die Revision wird nicht zugelassen. 1Tatbestand: 2Die Beteiligten streiten über die Erteilung einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis für die von der Klägerin betriebene Spielhalle in den Räumlichkeiten T. Straße 193 in M. . Für diese war ihr unter dem 24.2.2011 eine unbefristete Erlaubnis nach § 33i GewO erteilt worden. 3Die Klägerin beantragte für die Spielhalle im August 2017 die Erteilung einer unbefristeten, hilfsweise bis zum 30.6.2021 befristeten glücksspielrechtlichen Erlaubnis gemäß § 24 GlüStV in der bis zum 30.6.2021 gültigen Fassung (im Folgenden GlüStV a. F.) i. V. m. § 16 AG GlüStV NRW in der bis zum 30.6.2021 gültigen Fassung (im Folgenden: AG GlüStV NRW a. F.), gegebenenfalls unter Befreiung von den Anforderungen des § 16 Abs. 3 AG GlüStV NRW a. F. nach § 29 Abs. 4 Satz 4 GlüStV a. F. 4Nach den Feststellungen der Beklagten steht die Spielhalle der Klägerin in Konflikt mit zwei Spielhallenstandorten. In Sichtweite betreibt unter anderem die Beigeladene in den Räumlichkeiten der T. Straße 203/203a (etwa 65 m Luftlinie entfernt) zwei miteinander in Verbund stehende Spielhallen. 5Nach einer zugunsten der Spielhalle 1 der Beigeladenen erfolgten Auswahlentscheidung lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 25.10.2017 den Antrag der Klägerin auf Erteilung einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis zum Betrieb der Spielhalle in der T. Straße 193 in M. ab. 6Hiergegen hat die Klägerin Klage erhoben und beantragt, 7die Beklagte unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 25.10.2017 zu verpflichten, 81. der Klägerin für die Spielhalle in dem Gebäude auf der T. Straße 193 in M. die beantragte unbefristete glücksspielrechtliche Erlaubnis gemäß § 24 GlüStV a. F. i. V. m. § 16 Abs. 2 AG GlüStV NRW a. F., die nicht auf der Grundlage der Befreiung von den Anforderungen des § 16 Abs. 3 AG GlüStV NRW a. F. gemäß § 29 Abs. 4 GlüStV a. F. beruht, zu erteilen, 9hilfsweise dazu, 10eine Befristung der zu erteilenden Erlaubnis bis zum Außerkrafttreten des Glücksspielstaatsvertrages a. F. und des AG Glücksspielstaatsvertrages NRW a. F. zu erteilen; 112. hilfsweise dazu, 12eine unbefristete Erlaubnis auf Grundlage einer Befreiung von den Anforderungen des § 16 Abs. 3 AG GlüStV NRW a. F. gemäß § 29 Abs. 4 GlüStV a. F. zu erteilen, 13hilfsweise dazu, 14eine Befristung der zu erteilenden Erlaubnis bis zum Außerkrafttreten des Glücksspielstaatsvertrages a. F. und des AG Glücksspielstaatsvertrages NRW a. F. zu erteilen; 153. hilfsweise zu 1. und 2. ihren Antrag auf Erteilung einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis gemäß § 24 Abs. 1 GlüStV a. F. i. V. m. § 16 Abs. 2 AG GlüStV NRW a. F. unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden. 16Die Beklagte hat unter Verteidigung ihrer Auswahlentscheidung beantragt, 17die Klage abzuweisen. 18Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt. 19Das Verwaltungsgericht hat die Beklagte verpflichtet, unter entsprechend teilweiser Aufhebung des Ablehnungsbescheids vom 25.10.2017 den Antrag der Klägerin auf Erteilung einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis gemäß § 24 Abs. 1 GlüStV a. F. i. V. m. § 16 Abs. 2 AG GlüStV NRW a. F. für die Spielhalle in dem Gebäude auf der T. Straße 193 in M. unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu bescheiden. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Einen von der Klägerin gestellten Antrag auf Zulassung der Berufung hat diese noch im Zulassungsverfahren zurückgenommen. 20Zur Begründung ihrer von dem Senat zugelassenen Berufung verteidigt die Beklagte weiterhin ihre Auswahlentscheidung zugunsten der von der Beigeladenen betriebenen Spielhalle 1 und beantragt, 21das auf die mündliche Verhandlung vom 3.3.2020 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf zu ändern und die Klage abzuweisen, soweit das Verfahren noch Gegenstand des Berufungsverfahrens ist. 22Die Klägerin beantragt, 23die Berufung zurückzuweisen. 24Die Beigeladene beantragt, 25das auf die mündliche Verhandlung vom 3.3.2020 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf zu ändern und die Klage abzuweisen, soweit das Verfahren noch Gegenstand des Berufungsverfahrens ist. 26Neben der vorliegenden Klage hat die Klägerin gegen die der Beigeladenen für ihre Spielhallen erteilte Erlaubnis vom 24.10.2017 Klage erhoben (VG Düsseldorf 3 K 18895/17). Das Verwaltungsgericht hat diese Erlaubnis mit auf die mündliche Verhandlung vom 3.3.2020 ergangenem Urteil hinsichtlich der Spielhalle 1 aufgehoben und das Verfahren eingestellt, soweit es zunächst auch die Erlaubnis für die Spielhalle 2 der Beigeladenen zum Gegenstand hatte. Über die Berufung der Beklagten hat der Senat ebenfalls mit Urteil vom heutigen Tag (4 A 1032/20) entschieden. 27Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte in diesem Verfahren sowie in dem Verfahren 4 A 1032/20 (jeweils ein Band sowie eine elektronische Gerichtsakte) und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten (insgesamt fünf Hefter) Bezug genommen. 28Entscheidungsgründe: 29Die Berufung hat Erfolg. 30Die Klage ist hinsichtlich des allein noch streitgegenständlichen Antrags zu 3. unbegründet. Die Klägerin hat jedenfalls keinen Anspruch auf Neubescheidung ihres Antrags auf Erteilung einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis gemäß § 24 Abs. 1 GlüStV a. F. i. V. m. § 16 Abs. 2 AG GlüStV NRW a. F. Die Ablehnung durch die Beklagte verletzt die Klägerin schon deshalb nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). 31Während der Senat bei der Entscheidung, ob die Berufung zuzulassen war, nur auf die rechtzeitig dargelegten Gründe abzustellen hatte, wobei die nach Ablauf der Frist des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO eingetretene Rechtsänderung unberücksichtigt bleiben musste, 32vgl. BVerwG, Beschluss vom 15.12.2003 – 7 AV 2.03 –, juris, Rn. 10 ff., 33wäre bei der von der Klägerin begehrten Neubescheidung die nunmehr gegebene Sach- und Rechtslage zugrunde zu legen. 34Vgl. BVerwG, Urteil vom 25.9.2008 – 3 C 35.07 –, BVerwGE 132, 64 = juris, Rn. 22. 35Zum danach maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt steht der Klägerin jedenfalls der allein noch geltend gemachte Neubescheidungsanspruch nicht (mehr) zu. Denn nach dem Inkrafttreten des Glücksspielstaatsvertrages 2021 am 1.7.2021 kann an vor diesem Stichtag begonnene Erlaubnisverfahren auf der Grundlage des Glücksspielstaatsvertrages in seiner bis zum 30.6.2021 geltenden Fassung nicht mehr angeknüpft werden. Gemäß § 16 Abs. 2 AG GlüStV NRW bedarf der Betrieb einer Spielhalle nunmehr der Erlaubnis nach dem Glücksspielstaatsvertrag 2021. Die Erteilung einer solchen Erlaubnis ist von eigenständigen Voraussetzungen abhängig, die sich aus der seit dem 1.7.2021 bestehenden Rechtslage ergeben und im Rahmen eines eigenständigen Erlaubnisverfahrens nach dem Glücksspielstaatsvertrag 2021 zu prüfen sind. Der Gesetzgeber ist bei der Neuregelung davon ausgegangen, dass sämtliche bestehenden Spielhallenerlaubnisse zum 30.6.2021 ausgelaufen sind und sich ein Folgeantragsverfahren nach neuer Rechtslage anschließen muss. 36Vgl. LT-Drs. 17/12978, S. 94. 37Damit hat er die bereits im alten Recht angelegte Möglichkeit genutzt, im Rahmen der Prüfung von vollständig einzureichenden Neuanträgen an neuen rechtlichen Maßstäben auf Erfahrungen im Bereich der Spielhallen mit dem Vollzug des Glücksspielstaatsvertrages zu reagieren und damit der Sache nach zugleich die Fortführung der nach alter Rechtslage begonnenen Verfahren ausgeschlossen. 38Vgl. OVG NRW, Urteil vom 10.3.2021 – 4 A 4700/19 – juris, Rn. 61 ff. 39Angesichts dessen kann die Klägerin mit ihrer Klage ihr Neubescheidungsbegehren bezogen auf die Erteilung einer Erlaubnis nach dem früheren Glücksspielstaatsvertrag nicht mehr mit Erfolg weiter verfolgen. Sie hat ihr Begehren auf Erteilung einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis für ihre Spielhalle in einem Erlaubnisverfahren nach dem neuen Glücksspielstaatsvertrag geltend zu machen. 40Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 und § 162 Abs. 3 VwGO und bezieht den rechtskräftig gewordenen Teil der Kostenentscheidung des Verwaltungsgerichts ein. Es entspricht der Billigkeit, der Klägerin auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen im Berufungsverfahren aufzuerlegen. Diese hat im Berufungsverfahren einen Antrag gestellt und sich damit einem eigenen Kostenrisiko ausgesetzt (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO). Im erstinstanzlichen Verfahren hatte sie hingegen keinen Antrag gestellt. 41Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. 42Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht erfüllt sind.
auf die berufung der beklagten wird das aufgrund der mündlichen verhandlung vom 3.3.2020 ergangene urteil des verwaltungsgerichts düsseldorf geändert, soweit es noch gegenstand des berufungsverfahrens ist. auch insoweit wird die klage abgewiesen. die klägerin trägt die kosten des verfahrens beider instanzen einschließlich der außergerichtlichen kosten der beigeladenen im zweitinstanzlichen verfahren. außergerichtliche kosten der beigeladenen im erstinstanzlichen verfahren werden nicht erstattet. die klägerin kann die vollstreckung gegen sicherheitsleistung in höhe von 110 % des auf grund des urteils vollstreckbaren betrages abwenden, wenn nicht die beklagte oder die beigeladene vor der vollstreckung sicherheit in höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden betrages leistet. die revision wird nicht zugelassen. 1
2die beteiligten streiten über die erteilung einer glücksspielrechtlichen erlaubnis für die von der klägerin betriebene spielhalle in den räumlichkeiten t. straße 193 in m. . für diese war ihr unter dem 24.2.2011 eine unbefristete erlaubnis nach § 33i gewo erteilt worden. 3die klägerin beantragte für die spielhalle im august 2017 die erteilung einer unbefristeten, hilfsweise bis zum 30.6.2021 befristeten glücksspielrechtlichen erlaubnis gemäß § 24 glüstv in der bis zum 30.6.2021 gültigen fassung (im folgenden glüstv a. f.) i. v. m. § 16 ag glüstv nrw in der bis zum 30.6.2021 gültigen fassung (im folgenden: ag glüstv nrw a. f.), gegebenenfalls unter befreiung von den anforderungen des § 16 abs. 3 ag glüstv nrw a. f. nach § 29 abs. 4 satz 4 glüstv a. f. 4nach den feststellungen der beklagten steht die spielhalle der klägerin in konflikt mit zwei spielhallenstandorten. in sichtweite betreibt unter anderem die beigeladene in den räumlichkeiten der t. straße 203/203a (etwa 65 m luftlinie entfernt) zwei miteinander in verbund stehende spielhallen. 5nach einer zugunsten der spielhalle 1 der beigeladenen erfolgten auswahlentscheidung lehnte die beklagte mit bescheid vom 25.10.2017 den antrag der klägerin auf erteilung einer glücksspielrechtlichen erlaubnis zum betrieb der spielhalle in der t. straße 193 in m. ab. 6hiergegen hat die klägerin klage erhoben und beantragt, 7die beklagte unter aufhebung des ablehnungsbescheides vom 25.10.2017 zu verpflichten, 81. der klägerin für die spielhalle in dem gebäude auf der t. straße 193 in m. die beantragte unbefristete glücksspielrechtliche erlaubnis gemäß § 24 glüstv a. f. i. v. m. § 16 abs. 2 ag glüstv nrw a. f., die nicht auf der grundlage der befreiung von den anforderungen des § 16 abs. 3 ag glüstv nrw a. f. gemäß § 29 abs. 4 glüstv a. f. beruht, zu erteilen, 9hilfsweise dazu, 10eine befristung der zu erteilenden erlaubnis bis zum außerkrafttreten des glücksspielstaatsvertrages a. f. und des ag glücksspielstaatsvertrages nrw a. f. zu erteilen; 112. hilfsweise dazu, 12eine unbefristete erlaubnis auf grundlage einer befreiung von den anforderungen des § 16 abs. 3 ag glüstv nrw a. f. gemäß § 29 abs. 4 glüstv a. f. zu erteilen, 13hilfsweise dazu, 14eine befristung der zu erteilenden erlaubnis bis zum außerkrafttreten des glücksspielstaatsvertrages a. f. und des ag glücksspielstaatsvertrages nrw a. f. zu erteilen; 153. hilfsweise zu 1. und 2. ihren antrag auf erteilung einer glücksspielrechtlichen erlaubnis gemäß § 24 abs. 1 glüstv a. f. i. v. m. § 16 abs. 2 ag glüstv nrw a. f. unter beachtung der rechtsauffassung des gerichts neu zu bescheiden. 16die beklagte hat unter verteidigung ihrer auswahlentscheidung beantragt, 17die klage abzuweisen. 18die beigeladene hat keinen antrag gestellt. 19das verwaltungsgericht hat die beklagte verpflichtet, unter entsprechend teilweiser aufhebung des ablehnungsbescheids vom 25.10.2017 den antrag der klägerin auf erteilung einer glücksspielrechtlichen erlaubnis gemäß § 24 abs. 1 glüstv a. f. i. v. m. § 16 abs. 2 ag glüstv nrw a. f. für die spielhalle in dem gebäude auf der t. straße 193 in m. unter beachtung der rechtsauffassung des gerichts erneut zu bescheiden. im übrigen hat es die klage abgewiesen. einen von der klägerin gestellten antrag auf zulassung der berufung hat diese noch im zulassungsverfahren zurückgenommen. 20zur begründung ihrer von dem senat zugelassenen berufung verteidigt die beklagte weiterhin ihre auswahlentscheidung zugunsten der von der beigeladenen betriebenen spielhalle 1 und beantragt, 21das auf die mündliche verhandlung vom 3.3.2020 ergangene urteil des verwaltungsgerichts düsseldorf zu ändern und die klage abzuweisen, soweit das verfahren noch gegenstand des berufungsverfahrens ist. 22die klägerin beantragt, 23die berufung zurückzuweisen. 24die beigeladene beantragt, 25das auf die mündliche verhandlung vom 3.3.2020 ergangene urteil des verwaltungsgerichts düsseldorf zu ändern und die klage abzuweisen, soweit das verfahren noch gegenstand des berufungsverfahrens ist. 26neben der vorliegenden klage hat die klägerin gegen die der beigeladenen für ihre spielhallen erteilte erlaubnis vom 24.10.2017 klage erhoben (vg düsseldorf 3 k 18895/17). das verwaltungsgericht hat diese erlaubnis mit auf die mündliche verhandlung vom 3.3.2020 ergangenem urteil hinsichtlich der spielhalle 1 aufgehoben und das verfahren eingestellt, soweit es zunächst auch die erlaubnis für die spielhalle 2 der beigeladenen zum gegenstand hatte. über die berufung der beklagten hat der senat ebenfalls mit urteil vom heutigen tag (4 a 1032/20) entschieden. 27wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den inhalt der gerichtsakte in diesem verfahren sowie in dem verfahren 4 a 1032/20 (jeweils ein band sowie eine elektronische gerichtsakte) und der beigezogenen verwaltungsvorgänge der beklagten (insgesamt fünf hefter) bezug genommen. 28
29die berufung hat erfolg. 30die klage ist hinsichtlich des allein noch streitgegenständlichen antrags zu 3. unbegründet. die klägerin hat jedenfalls keinen anspruch auf neubescheidung ihres antrags auf erteilung einer glücksspielrechtlichen erlaubnis gemäß § 24 abs. 1 glüstv a. f. i. v. m. § 16 abs. 2 ag glüstv nrw a. f. die ablehnung durch die beklagte verletzt die klägerin schon deshalb nicht in ihren rechten (§ 113 abs. 5 satz 1 vwgo). 31während der senat bei der entscheidung, ob die berufung zuzulassen war, nur auf die rechtzeitig dargelegten gründe abzustellen hatte, wobei die nach ablauf der frist des § 124a abs. 4 satz 4 vwgo eingetretene rechtsänderung unberücksichtigt bleiben musste, 32vgl. bverwg, beschluss vom 15.12.2003 – 7 av 2.03 –, juris, rn. 10 ff., 33wäre bei der von der klägerin begehrten neubescheidung die nunmehr gegebene sach- und rechtslage zugrunde zu legen. 34vgl. bverwg, urteil vom 25.9.2008 – 3 c 35.07 –, bverwge 132, 64 = juris, rn. 22. 35zum danach maßgeblichen entscheidungszeitpunkt steht der klägerin jedenfalls der allein noch geltend gemachte neubescheidungsanspruch nicht (mehr) zu. denn nach dem inkrafttreten des glücksspielstaatsvertrages 2021 am 1.7.2021 kann an vor diesem stichtag begonnene erlaubnisverfahren auf der grundlage des glücksspielstaatsvertrages in seiner bis zum 30.6.2021 geltenden fassung nicht mehr angeknüpft werden. gemäß § 16 abs. 2 ag glüstv nrw bedarf der betrieb einer spielhalle nunmehr der erlaubnis nach dem glücksspielstaatsvertrag 2021. die erteilung einer solchen erlaubnis ist von eigenständigen voraussetzungen abhängig, die sich aus der seit dem 1.7.2021 bestehenden rechtslage ergeben und im rahmen eines eigenständigen erlaubnisverfahrens nach dem glücksspielstaatsvertrag 2021 zu prüfen sind. der gesetzgeber ist bei der neuregelung davon ausgegangen, dass sämtliche bestehenden spielhallenerlaubnisse zum 30.6.2021 ausgelaufen sind und sich ein folgeantragsverfahren nach neuer rechtslage anschließen muss. 36vgl. lt-drs. 17/12978, s. 94. 37damit hat er die bereits im alten recht angelegte möglichkeit genutzt, im rahmen der prüfung von vollständig einzureichenden neuanträgen an neuen rechtlichen maßstäben auf erfahrungen im bereich der spielhallen mit dem vollzug des glücksspielstaatsvertrages zu reagieren und damit der sache nach zugleich die fortführung der nach alter rechtslage begonnenen verfahren ausgeschlossen. 38vgl. ovg nrw, urteil vom 10.3.2021 – 4 a 4700/19 – juris, rn. 61 ff. 39angesichts dessen kann die klägerin mit ihrer klage ihr neubescheidungsbegehren bezogen auf die erteilung einer erlaubnis nach dem früheren glücksspielstaatsvertrag nicht mehr mit erfolg weiter verfolgen. sie hat ihr begehren auf erteilung einer glücksspielrechtlichen erlaubnis für ihre spielhalle in einem erlaubnisverfahren nach dem neuen glücksspielstaatsvertrag geltend zu machen. 40die kostenentscheidung folgt aus § 154 abs. 1 und § 162 abs. 3 vwgo und bezieht den rechtskräftig gewordenen teil der kostenentscheidung des verwaltungsgerichts ein. es entspricht der billigkeit, der klägerin auch die außergerichtlichen kosten der beigeladenen im berufungsverfahren aufzuerlegen. diese hat im berufungsverfahren einen antrag gestellt und sich damit einem eigenen kostenrisiko ausgesetzt (vgl. § 154 abs. 3 vwgo). im erstinstanzlichen verfahren hatte sie hingegen keinen antrag gestellt. 41die entscheidung zur vorläufigen vollstreckbarkeit beruht auf § 167 vwgo i. v. m. §§ 708 nr. 10, 711 zpo. 42die revision ist nicht zuzulassen, weil die voraussetzungen des § 132 abs. 2 vwgo nicht erfüllt sind.
Verklagte*r
0
144,040
18 K 8404/14
2015-10-21T00:00:00
Urteil
Tenor Soweit der Kläger die Klage zurückgenommen hat, wird das Verfahren eingestellt. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des jeweils beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. 1Tatbestand: 2Mit Verfügung vom 31. Juli 2012 stellte das Ministerium für Inneres und Kommunales des Landes Nordrhein-Westfalen fest, dass die Vereinigung „L. B. M. “ (L1. ) sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung und gegen den Gedanken der Völkerverständigung richte und nach Zweck und Tätigkeit den Strafgesetzen zuwider laufe (Ziffer 1). Zu Ziffer 2 wurde die Vereinigung „L. B. M. “ verboten und aufgelöst. Unter Ziffer 3 wurde die Verwendung von Kennzeichen der Vereinigung „L. B. M. “ verboten. Die Vereinsbetätigung wurde untersagt, die Gründung von Ersatzorganisationen verboten (Ziffer 4). Das Vermögen der Vereinigung „L. B. M. “ wurde beschlagnahmt und zu Gunsten des beklagten Landes eingezogen. Sachen Dritter wurden beschlagnahmt und eingezogen, soweit der Berechtigte durch Überlassung der Sachen an die Vereinigung „L. B. M. “ deren verfassungsfeindliche Zwecke und Tätigkeiten vorsätzlich gefördert hat oder die Sachen zur Förderung dieser Zwecke und Tätigkeiten bestimmt waren (Ziffer 5). Unter Ziffer 6 wurde die sofortige Vollziehung der Verfügung mit Ausnahme der in Nr. 5 genannten Einziehungen angeordnet. Der Bescheid umfasst 66 Seiten und ist an die Vereinigung „L. B. M. “ (L1.), zu Händen der auf Bl. 1-6 der Verfügung namentlich genannten 46 Personen, darunter auch der Kläger, gerichtet. In der Begründung werden der Kläger und weitere 45 Personen namentlich aufgeführt, die das Ministerium nach seinem damaligen Kenntnisstand als Mitglieder der Vereinigung ansah. Die Verbotsverfügung wurde dem Kläger bei der am 23. August 2012 stattgefundenen Hausdurchsuchung zugestellt. 3Der Kläger hat am 19. September 2012 Klage beim Oberverwaltungsgericht Nordrhein‑Westfalen (OVG NRW) erhoben mit dem Antrag, die Verfügung des Ministeriums für Inneres und Kommunales des Landes NRW vom 31. Juli 2012 aufzuheben, soweit sich diese gegen ihn richte.Hilfsweise hat er zwei Feststellungsanträge gestellt unter Hinweis darauf, dass er kein Mitglied der in der Verbotsverfügung bezeichneten Organisation sei und gewesen sei. Bei der im Zusammenhang mit der Vollziehung der Verbotsverfügung bei ihm durchgeführten Hausdurchsuchung seien ausweislich des Sicherstellungsprotokolls keine der in der Verbotsverfügung bezeichneten Visitenkarten, Bekleidungsgegenstände, Poster usw. der Organisation aufgefunden worden. Er habe sich nie als Mitglied der der Verbotsverfügung unterliegenden Organisation bezeichnet und habe auch keine Kenntnis davon, dass eine andere Person über ihn behauptet habe, dass er Mitglied in der dem Verbot unterliegenden Vereinigung sei. Bundesweit sei er als Unternehmer tätig und verfüge von daher über keine Zeit, sich regelmäßig in der Vereinsarbeit zu engagieren. Tatsächlich sei er bis 2010 politisch in einer Partei, nicht aber auf Vereinsebene organisatorisch tätig gewesen. Der Beklagte führe in seiner Verbotsverfügung selber aus, dass weder eine Mitgliederliste der L. noch eine offizielle Satzung vorläge. 4Mit Beschluss vom 20. Dezember 2012 hat sich das OVG NRW für sachlich unzuständig erklärt und das Verfahren an das zuständige Verwaltungsgericht Aachen verwiesen. Wenn ein Einzelner die Verbotsverfügung wie der im Streit stehenden Vereinigung mit der Behauptung angreife, nicht Mitglied des Vereins zu sein, gehe es nicht um die Rechtsverhältnisse vieler Einzelpersonen. Betroffen sei insoweit allenfalls eine inhaltliche Richtigstellung der Verfügung mit Blick auf den in Anspruch genommenen „guten Ruf“ der Klägerseite. 5Nachdem der Kläger mitgeteilt hatte, dass das Verfahren auf die hilfsweise angekündigten Feststellungsanträge beschränkt werde, hat sich das VG Aachen mit Beschluss vom 8. Dezember 2014 für unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das erkennende Gericht verwiesen. 6Der Kläger führt hierzu aus: Er habe ein berechtigtes Interesse daran, sowohl von den stigmatisierenden Wirkungen eines Verbots als auch von den in der Verbotsverfügung unter Ziffer 4 erwähnten, sich in die Zukunft richtenden Geboten und Konsequenzen verschont zu bleiben. Als Adressat der Verbotsverfügung habe er auch ein berechtigtes Interesse an der alsbaldigen Feststellung. Er habe unter dem Aspekt der über Art. 9 GG geschützten negativen Vereinigungsfreiheit sowohl ein Rehabilitierungsinteresse als auch ein Interesse an der Vermeidung persönlicher und wirtschaftlicher Nachteile, die sich aus den Feststellungs- sowie insbesondere den Rechtsfolgenwirkungen der Verbotsverfügung für ihn ergeben könnten und tatsächlich auch ergeben hätten. Damit habe er ein berechtigtes Interesse im Sinne von § 43 Abs. 1 VwGO. Die Außenwirkung der Verbotsverfügung ergäbe sich aus den Rechtsfolgenwirkungen, die die Verbotsverfügung auszulösen geeignet sei. Diese ergäben sich u.a. aus § 20 Abs. 1 Nr. 4 VereinsG oder verhaltensunabhängig aus § 5 Abs. 1 Nr. 2a WaffG oder § 17 Abs. 1 S. 2 BJagdG oder den einschlägigen Vorschriften des Beamtenstatusgesetzes, Luftsicherheitsgesetzes usw. Er könne nicht darauf verwiesen werden, sich im Sinne der vorgenannten Normen zu betätigen, um im Rahmen der sich sodann anschließenden Verfahren seine (Nicht-) Mitgliedschaft klären zu lassen. Die Zuschreibung der Mitgliedschaft zu einer nach Art. 9 Abs. 2 GG in Verbindung mit § 3 VereinsG verbotenen Vereinigung und die Zustellung der entsprechenden Verbotsverfügung an ihn verstießen zudem gegen sein allgemeines Persönlichkeitsrecht, in dem sie ‑ unterhalb der Schwelle des § 185 StGB ‑ in den Kernbereich der Ehre eindringen. Die Verbotsverfügung als solche habe in Bezug auf ihn den Erklärungswert, dass die die Entscheidung treffende staatliche Behörde ihn als eine Person ansehe und bezeichne, die verfassungsfeindlichen Bestrebungen im Sinne der §§ 3,4 BVerfSchG nachgehe, mithin als „Verfassungsfeind“ anzusehen sei, weshalb sie ihn auch positiv als Adressaten der Verbotsverfügung anspräche. Es sei daher unerheblich, ob die Verbotsverfügung im Verhältnis zu Dritten stigmatisierende Wirkung entfalte. Er habe auch bereits konkrete, nachteilige Folgen aufgrund der Verfügung erlitten. Er sei 2009 als Mitglied der NPD in den Kreistag der Stadt E. gewählt worden. Dies setze voraus, dass er sich dem demokratischen Wahlverfahren unterworfen habe und die insoweit geltenden demokratischen Maximen für sich selbst positiv akzeptiere. Dem zuwider werde nunmehr staatlicherseits gegen ihn in Gestalt einer Verbotsverfügung der Vorwurf erhoben, dass er Mitglied einer verbotenen Vereinigung gewesen sei, die demokratischen Spielregeln für sich also gerade nicht akzeptiere. Dies habe für ihn und seine kommunalpolitische Tätigkeit eine stigmatisierende Wirkung, die vor dem Hintergrund des beim BVerfG anhängigen Verbotsverfahrens über besondere Brisanz verfüge. Zudem reichten die vorliegenden Erkenntnisse nicht aus, um ihm eine Mitgliedschaft in der im Streit stehenden Vereinigung nachzuweisen. Dass er im Zusammenhang mit einer Demonstrationsveranstaltung 2010 in E1. zeitweise mit anderen Personen ein Transparent mit der Aufschrift „C. “ gehalten habe, sei kein Kriterium, das eine Mitgliedschaft begründen könne. Er habe bei dieser Gelegenheit allein die anderen Beteiligten beim Tragen des Transparentes unterstützen wollen. Einen Mitgliedsantrag oder ähnliches habe er in diesem Zusammenhang nicht unterschrieben. Das bloße Tragen eines Transparentes für einen Bundesligaverein begründe ebenfalls keine Mitgliedschaft in einem Fanclub mit korrespondierender Beitragspflicht. Er habe ‑ wie dem Beklagten auf Grund der Überwachung durch den Verfassungsschutz bekannt sei ‑, in den vergangenen Jahren fortlaufend Beiträge und Artikel zu allen möglichen Bereichen vorwiegend im Internet, vor allem über die Internetseite des Kreisverbandes der NPD-E. veröffentlicht. Interne Zugangsberechtigungen auf die Internetseite der verbotenen Vereinigung hätten ihm nicht zugestanden. Aus dem von dem Beklagten zitierten Artikel ergebe sich, dass dieser nicht aus der Binnenperspektive eines Vereinsmitglieds formuliert worden sei. Soweit seine Mitgliedschaft in der verbotenen Vereinigung daraus hergeleitet werde, dass er Feierlichkeiten besucht und/oder seinen Garten zu deren Durchführung zur Verfügung gestellt habe, beruhe das darauf, dass er als damaliger Kreisvorsitzender der NPD als „Netzwerker“ quasi in alle Richtungen hin gewirkt und zu allen relevanten politischen Strömungen und Persönlichkeiten auf der politischen „rechten“ Seite im E2. Bereich Kontakt gehalten und Freundschaften zu Personen unterhalten habe, die politisch ähnlich wie er selbst dächten. Dies habe sich jedoch nicht zu einer Mitgliedschaft in der verbotenen Vereinigung verfestigt. Ähnlich wie bei einem Fußballklub, bei dem auch nicht jeder „Fan“ gleich Mitglied des Vereins sei, habe er lediglich Kontakt und Umgang zu ihm gleich gesinnten Personen gesucht und gepflegt. Bei ihm seien keine Visitenkarten der verbotenen Vereinigung mit seinem Namen, kein Mitgliedsausweis und auch keine Schriftunterlagen gefunden worden, aus denen sich ergebe, dass er Mitglied der verbotenen Vereinigung gewesen sei. Dies wäre jedoch zu erwarten gewesen, wenn er tatsächlich Mitglied der Vereinigung gewesen wäre. Bei ihm seien auch weder Bekleidungsstücke der L1. noch irgendwelche Gegenstände, auf denen das Vereinssymbol der L1. abgebildet gewesen wäre, gefunden worden. Der elektronische Datenträger, der bei ihm aufgefunden worden sei, habe Unterlagen des Vorsitzenden der L1. , Herrn M1. enthalten. Hierbei habe es sich allerdings nicht um Propagandamaterial, sondern um „Bewerbungen“ auf Arbeitsstellen gehandelt, die dieser zusammen mit ihm verfasst habe. Er habe auch keine öffentlichen Verlautbarungen für die verbotene Vereinigung abgegeben, die unter seinem Namen erschienen seien und habe keine Flugblätter oder Plakate als Verantwortlicher im Sinne des Pressegesetzes für die verbotene Vereinigung gezeichnet. Schließlich habe er auch keine Versammlungen für diese und/oder Ausflüge und Fahrten für diese zu anderen Örtlichkeiten angemeldet. Er habe in den vergangenen Jahren mehrfach öffentliche Demonstrationen und Veranstaltungen in E. und T. durchgeführt. Die Anmeldungen für diese seien jedoch stets für die NPD oder im eigenen Namen erfolgt. In dem von ihm angefertigten Personagramm finde sich die Angabe des Beklagten, dass er aufgrund seiner Kontakte zur L1. stark mit dieser Vereinigung sympathisiere. Das Vorhandensein von Sympathie ersetze jedoch nicht eine Mitgliedschaft. Auf den vom Beklagten vorgelegten Bildern sei er niemals mit Bekleidungsstücken oder Symbolen der L1. abgebildet, was jedoch zu erwarten wäre, wäre er tatsächlich Mitglied der L1. gewesen. Er habe einen pragmatischen Weg verfolgt und sich nicht nur an Wahlen beteiligt, sondern auch in der Kommunalpolitik für die NPD engagiert. Gerade dies habe für ihn eine Mitgliedschaft in der L1. ausgeschlossen. Der Beklagte habe die Beweislast für das von ihm als vermeintlich vorhanden behauptete Rechtsverhältnis. Dessen Wertung, dass er Mitglied sei, sei nicht mit tragfähigem Tatsachenmaterial unterlegt. 7Der Kläger beantragt, 8festzustellen, 9a) dass er nicht Mitglied der mit Verbotsverfügung vom 31.07.2012 verbotenen Vereinigung „L. B. M. (L1.)“ ist bzw. war, 10b) dass sich die aus der Verbotsverfügung nach Ziffer 4 ergebenden Rechtsfolgen nicht auf ihn erstrecken. 11Der Beklagte beantragt, 12die Klage abzuweisen. 13Er führt aus: Es fehle bereits an einem feststellungsfähigen Rechtsverhältnis. Aus dem Vorbringen des Klägers lasse sich nicht mit Sicherheit ermitteln, aus der Anwendung welcher Rechtsnorm er welche Rechtsfolgen aus der von ihm bestrittenen Mitgliedschaft ableite. Gemäß § 8 Abs. 1 VereinsG dürfe niemand ‑ Mitglieder wie Nichtmitglieder der verbotenen „L. B. M. “ ‑ Ersatzorganisationen bilden oder bestehende Organisationen als Ersatzorganisationen fortführen. Dass die ausschließlich und ausdrücklich an die „L. B. M. “ gerichtete Verfügung zu Händen der Mitglieder zugestellt worden sei, betreffe nicht die individuelle Rechtsstellung dieser Mitglieder. Die Zustellung an die Mitglieder erfolge lediglich als Vertreter der nicht rechts- und handlungsfähigen Organisation. Im Übrigen lägen ihm Erkenntnisse vor, die eine Mitgliedschaft des Klägers in der verbotenen Vereinigung belegten. Der Kläger habe im Rahmen der rechtsextremistischen Veranstaltung „Antikriegstag 2010“ in E1. gemeinsam mit anderen Personen ein Transparent der „L. B. M. “ gezeigt. Er habe als Autor eines Artikels auf der Website der „L. B. M. “ unter deren Logo über deren Feier zum zehnjährigen Bestehen im März 2012 berichtet, an der er offensichtlich auch selber teilgenommen habe. Im Rahmen der Sonnenwendfeier der „L. B. M. “ im Jahr 2009 habe der Kläger eine besondere Auszeichnung von der „L. B. M. “ erhalten. Dies sei die bisher größte von der L1. getätigte Ehrenauszeichnung gewesen. Zudem sei der Kläger im Zeitraum 2008 bis 2012 an mindestens 10 Veranstaltungen/Treffen der L. B. M. in teilweise herausgehobener Funktion als Redner, Organisator beteiligt gewesen. Auf den drei bei der Hausdurchsuchung des Klägers sichergestellten Computern hätten sich zahlreiche Video‑, Bild‑ und Textdateien mit Bezug zu der verbotenen „L. B. M. “ gefunden. Nur ein Mitglied der „L. B. M. “ habe ein derart großes Interesse an dem Wirken und der Planung und Durchführung von Veranstaltungen der verbotenen Vereinigung. 14Die Vereinigung „L. B. M. “ hat vertreten durch ihren Vorstandsvorsitzenden („Kameradschaftsführer“) S. M1. am 24. September 2012 Klage gegen die Verbotsverfügung vom 31. Juli 2012 beim OVG NRW erhoben (5 D 96/12). Dieses hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 8. Januar 2015, rechtskräftig seit 14. Februar 2015, als unzulässig abgewiesen. 15Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach‑ und Streitstandes wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen. 16Entscheidungsgründe: 17Soweit der Kläger sein ursprüngliches Klagebegehren auf die Feststellungsanträge beschränkt und damit teilweise zurückgenommen hat, ist das Verfahren gemäß § 92 Abs. 3 VwGO einzustellen. 18Im Übrigen ist die Klage unzulässig. 19Soweit der Kläger in seinem Klageantrag zu a) die Feststellung begehrt, dass er zum entscheidungserheblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung nicht Mitglied der mit Verbotsverfügung vom 31. Juli 2012 verbotenen „L. B. M. (L1. )“ ist, fehlt es bereits an einem streitigen Rechtsverhältnis. Der Beklagte behauptet nicht, dass der Kläger zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch Mitglied der verbotenen Vereinigung ist. Im Gegenteil hat der Vertreter des Beklagten in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, dass er keine Aktivitäten der verbotenen Vereinigung nach der im Jahr 2012 erlassenen Verbotsverfügung mehr festgestellt habe und er davon ausgehe, dass die „L. B. M. “ nicht mehr existent sei. In einer nicht existierenden Vereinigung kann niemand mehr Mitglied sein. Auch nach dem Vortrag des Klägers hat der Beklagte lediglich in der Verbotsverfügung vom 31. Juli 2012, mithin vor mehr als drei Jahren, behauptet, dass der Kläger nach seinen Feststellungen Mitglied der „L. B. M. “ sei und hat dem Kläger diese Verbotsverfügung zugestellt. Der Kläger bestreitet, Mitglied der „L. B. M. “ gewesen zu sein. Daher liegt nur insoweit, als der Kläger in seinem Klageantrag zu a) die Feststellung begehrt, dass er nicht Mitglied der mit Verbotsverfügung vom 31. Juli 2012 verbotenen Vereinigung „L. B. M. “ war, ein streitiges Rechtsverhältnis im Sinne des § 43 Abs. 1 VwGO vor.Dem Kläger fehlt es jedoch an dem weiterhin für sein Feststellungsbegehren gemäß § 43 Abs. 1 VwGO notwendigen berechtigten Interesse an der baldigen Feststellung. Ein solches Interesse schließt jedes als schutzwürdig anzuerkennende Interesse rechtlicher, wirtschaftlicher oder auch ideeller Art ein und kann sich insbesondere aus zu erwartenden Sanktionen, aus dem Interesse an einer Rehabilitierung, aus einer Wiederholungsgefahr oder zur Vermeidung wirtschaftlicher oder persönlicher Nachteile ergeben, 20vgl. nur Kopp, VwGO, 20. Aufl. 2014, § 43 RN 23 m.w.Nachw. 21Ein derartiges schutzwürdiges Interesse ist dem Vortrag des Klägers nicht zu entnehmen und ist auch ansonsten nicht ersichtlich. Der Kläger hat keine konkreten ihn betreffenden Tatsachen vorgetragen, aus denen geschlossen werden kann, dass er durch die Bezeichnung in der Verbotsverfügung als Mitglied der „L. B. M. “ und der Benennung in dieser Verfügung als Zustelladressaten nachteilige Folgen erlitten hat oder in der Zukunft erleiden könnte, aus denen sich zum entscheidungserheblichen Zeitpunkt ein berechtigtes Feststellungsinteresse ergibt. Insbesondere liegt das geltend gemachte Interesse an einer Rehabilitierung nicht vor. Ein berechtigtes ideelles Interesse an einer Rehabilitierung besteht nur, wenn sich aus einer Maßnahme eine Stigmatisierung des Betroffenen ergibt, die geeignet ist, sein Ansehen in der Öffentlichkeit oder im sozialen Umfeld herabzusetzen. Diese Stigmatisierung muss Außenwirkung erlangt haben und noch in der Gegenwart andauern, 22vgl. Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 16. Mai 2013 - 8 C 14.12 -, juris RN 25 m.w.Nachw. 23Soweit der Kläger in der Verbotsverfügung als Zustellungsadressat benannt worden und ihm die Verbotsverfügung zugestellt worden ist, ist eine daraus resultierende eigenständige Stigmatisierung des Klägers, die ein schutzwürdiges Rehabilitierungsinteresse begründet, nicht ersichtlich. Denn der Kläger bestreitet weder, sich im Umfeld der „L. B. M. “ und der von dieser veranstalteten Aktionen aufgehalten zu haben, noch distanziert er sich von der politischen Richtung, die diese Vereinigung vertreten hat. Da es sich bei der verbotenen „L. “ ihrem Wesen nach um einen freien, bewusst ohne vereinsrechtliche Strukturen organisierten Zusammenschluss handelte, bei dem es nahe liegt, dass Aktivisten in keinem Parteibuch oder Mitgliederverzeichnis namentlich festgehalten sind, ist der Beklagte bei einem Verbot einer solchen Vereinigung gezwungen, die Verbotsverfügung all denjenigen zuzustellen, die nach seinen Feststellungen ein derartiges Näheverhältnis zu dieser Vereinigung haben, dass sie als Vertreter der nicht rechts‑ und handlungsfähigen Organisation von dem Verbot der Vereinigung in Kenntnis zu setzen sind. Aus der Zustellung der Verbotsverfügung allein resultiert nicht notwendig, dass der Kläger zum Zeitpunkt der Zustellung Mitglied der verbotenen Vereinigung war, sondern nur, dass der Kläger aufgrund seines besonderen Näheverhältnisses zu dieser Vereinigung Mitglied dieser Vereinigung hätte sein können.Demgegenüber ist der Kläger in der Verbotsverfügung selbst vom Beklagten ausdrücklich als Mitglied der verbotenen Vereinigung benannt worden. Insoweit fehlt es allerdings an einer Außenwirkung, die Voraussetzung für ein schutzwürdiges Rehabilitierungsinteresse ist. Die Verbotsverfügung, aus der sich auch ergibt, an wen diese zugestellt worden ist, ist nur solchen Personen bekannt gegeben worden, die vom Beklagten auf Grund der Ermittlungen der Polizei als Mitglieder der Vereinigung angesehen worden sind. Eine Veröffentlichung der vollständigen Verfügung unter Benennung der Namen der vom Beklagten als Mitglieder angesehenen Personen ist bisher nicht erfolgt und vereinsrechtlich auch nicht vorgesehen. Nach § 3 Abs. 4 S. 2 VereinsG wird nur der verfügende Teil des Bescheides veröffentlicht, in dem der Name des Klägers nicht erwähnt ist. Zudem ist davon auszugehen, dass die übrigen in der Verfügung als Zustellungsadressaten benannten Personen, die vom Beklagten in der Verfügung ebenfalls als Mitglieder der „L. B. M. “ aufgeführt worden sind, auf Grund ihrer Nähe zu der verbotenen Vereinigung davon Kenntnis haben, in welchem Verhältnis sich der Kläger zum Zeitpunkt des Erlasses und der Zustellung der Verbotsverfügung vor mehr als drei Jahren zur Vereinigung befunden hat. Aus dem Vortrag des Klägers ergibt sich auch nicht, dass er selbst oder Personen aus seinem Umfeld es als stigmatisierend empfinden, dass der Kläger aus seiner Sicht unzutreffender Weise vom Beklagten in der am 31. Juli 2012 erlassenen Verbotsverfügung als Mitglied der „L. B. M. “ bezeichnet worden ist.Ein berechtigtes Feststellungsinteresse ergibt sich auch nicht aus der Klärung vorgreiflicher Rechtsfragen. Weder hat der Kläger ihn betreffende konkrete Sachverhalte aufgezeigt, für die seine vom Beklagten angenommene damalige Mitgliedschaft in der mittlerweile rechtskräftig verbotenen Vereinigung für ihn in der Vergangenheit Nachteile hatte, noch ist von ihm dargelegt, dass diese Nachteile nach mehr als dreieinhalb Jahren künftig noch drohen könnten. Zudem wäre weder ein Strafrichter noch eine Verwaltungsbehörde an den vom Kläger begehrten Feststellungsausspruch des erkennenden Gerichts gebunden. Es ist daher nicht ersichtlich, inwieweit die vom Kläger begehrte Feststellung hinsichtlich eines mehrere Jahre zurückliegenden Sachverhalts zum entscheidungserheblichen Zeitpunkt dessen Rechtsstellung verbessern würde, sodass es ihrer nicht bedarf. 24Hinsichtlich des Feststellungsbegehrens zu b) ist ebenfalls ein berechtigtes Feststellungsinteresse des Klägers zum entscheidungserheblichen Zeitpunkt nicht erkennbar. Der Ausspruch zu Ziffer 4 der Verbotsverfügung resultiert aus dem Verbot der Vereinigung, das seit dem 14. Februar 2015 rechtkräftig ist; er entspricht den jedermann betreffenden Regelungen des § 8 VereinsG. 25Die Klage des Klägers wäre aber auch unbegründet. 26Der Kläger hätte keinen Anspruch auf die von ihm begehrte Feststellung zu a). Der Beklagte hat den Kläger zu Recht in der Verbotsverfügung als Mitglied der „L. B. M. “ bezeichnet, ihn in der Verbotsverfügung als Zustellungsadressaten aufgeführt und ihm die Verbotsverfügung zugestellt. Aus den polizeilichen Ermittlungen ergeben sich hinreichende Hinweise darauf, dass der Kläger zum Zeitpunkt der Zustellung der Verbotsverfügung vom 31. Juli 2012 als Mitglied der „L. B. M. “ anzusehen ist. Der Kläger hat nach den unwidersprochenen Angaben des Beklagten in den Jahren 2006 ‑ 2012 sowohl an Aktionen teilgenommen, die der verbotenen Vereinigung zuzurechnen sind als auch interne Veranstaltungen der „L. B. M. “ als Redner oder Organisator unterstützt. So hat er bei zwei Veranstaltungen der verbotenen Vereinigung seinen Garten zur Verfügung gestellt. Zudem hat er 2009 für seine Verdienste die bis dahin größte von der L1. getätigte Ehrenauszeichnung erhalten. Der Kläger stand mithin über einen langjährigen Zeitraum in einem derart intensiven Näheverhältnis in hervorgehobener Stellung zu der verbotenen Vereinigung, dass der Beklagte zum Zeitpunkt der Zustellung der Verbotsverfügung zu Recht davon ausgehen durfte, dass der Kläger Mitglied der Vereinigung war, zumal anderweitige objektive und belastbare Erkenntnisquellen nicht vorliegen. Dabei steht die Angabe des Klägers, er sei Mitglied der NPD, der Annahme des Beklagten, dass der Kläger auch Mitglied der verbotenen Vereinigung „L. B. M. “ gewesen sei, nicht entgegen, da das eine das andere nicht ausschließt. Dies wird dadurch belegt, dass der „Kameradschaftsführer“ der „L. B. M. “ S. M1. zeitweilig auch 2. Vorsitzender des NPD-Kreisverbandes E. war, dessen 1. Vorsitzender der Kläger war. 27Der Kläger hätte auch hinsichtlich seines Klageantrages zu b) keinen Anspruch auf die von ihm begehrte Feststellung. Denn die in Ziffer 4 der Verbotsverfügung vom 31. Juli 2012 getroffenen Regelung, dass der Vereinigung „L. B. M. “ jede Tätigkeit untersagt ist und es verboten ist, Ersatzorganisationen zu bilden oder bestehende Organisationen als Ersatzorganisationen fortzuführen, richtet sich zum einen an die verbotene Vereinigung selbst und nicht an den Kläger und ist hinsichtlich des Verbots der Bildung von Ersatzorganisationen unabhängig davon, ob der Kläger Mitglied der verbotenen Vereinigung war oder nicht. Diese Rechtsfolgen ergeben sich gemäß § 8 VereinsG aus dem Verbot der Vereinigung selbst, das seit dem 14. Februar 2015 rechtskräftig ist. 28Soweit der Kläger seinen Klageantrag durch die Beschränkung des Klagebegehrens zurückgenommen hat, folgt die Kostenentscheidung aus § 155 Abs. 2 VwGO, im Übrigen ergibt sie sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. 29Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO. 30Gründe für die Zulassung der Berufung nach §§ 124a Abs. 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 oder 4 VwGO liegen nicht vor.
soweit der kläger die klage zurückgenommen hat, wird das verfahren eingestellt. im übrigen wird die klage abgewiesen. der kläger trägt die kosten des verfahrens. das urteil ist hinsichtlich der kosten vorläufig vollstreckbar. der kläger kann die vollstreckung gegen sicherheitsleistung oder hinterlegung in höhe des jeweils beizutreibenden betrages abwenden, wenn nicht der beklagte vor der vollstreckung sicherheit in gleicher höhe leistet. 1
2mit verfügung vom 31. juli 2012 stellte das ministerium für inneres und kommunales des landes nordrhein-westfalen fest, dass die vereinigung „l. b. m. “ (l1. ) sich gegen die verfassungsmäßige ordnung und gegen den gedanken der völkerverständigung richte und nach zweck und tätigkeit den strafgesetzen zuwider laufe (ziffer 1). zu ziffer 2 wurde die vereinigung „l. b. m. “ verboten und aufgelöst. unter ziffer 3 wurde die verwendung von kennzeichen der vereinigung „l. b. m. “ verboten. die vereinsbetätigung wurde untersagt, die gründung von ersatzorganisationen verboten (ziffer 4). das vermögen der vereinigung „l. b. m. “ wurde beschlagnahmt und zu gunsten des beklagten landes eingezogen. sachen dritter wurden beschlagnahmt und eingezogen, soweit der berechtigte durch überlassung der sachen an die vereinigung „l. b. m. “ deren verfassungsfeindliche zwecke und tätigkeiten vorsätzlich gefördert hat oder die sachen zur förderung dieser zwecke und tätigkeiten bestimmt waren (ziffer 5). unter ziffer 6 wurde die sofortige vollziehung der verfügung mit ausnahme der in nr. 5 genannten einziehungen angeordnet. der bescheid umfasst 66 seiten und ist an die vereinigung „l. b. m. “ (l1.), zu händen der auf bl. 1-6 der verfügung namentlich genannten 46 personen, darunter auch der kläger, gerichtet. in der begründung werden der kläger und weitere 45 personen namentlich aufgeführt, die das ministerium nach seinem damaligen kenntnisstand als mitglieder der vereinigung ansah. die verbotsverfügung wurde dem kläger bei der am 23. august 2012 stattgefundenen hausdurchsuchung zugestellt. 3der kläger hat am 19. september 2012 klage beim oberverwaltungsgericht nordrhein‑westfalen (ovg nrw) erhoben mit dem antrag, die verfügung des ministeriums für inneres und kommunales des landes nrw vom 31. juli 2012 aufzuheben, soweit sich diese gegen ihn richte.hilfsweise hat er zwei feststellungsanträge gestellt unter hinweis darauf, dass er kein mitglied der in der verbotsverfügung bezeichneten organisation sei und gewesen sei. bei der im zusammenhang mit der vollziehung der verbotsverfügung bei ihm durchgeführten hausdurchsuchung seien ausweislich des sicherstellungsprotokolls keine der in der verbotsverfügung bezeichneten visitenkarten, bekleidungsgegenstände, poster usw. der organisation aufgefunden worden. er habe sich nie als mitglied der der verbotsverfügung unterliegenden organisation bezeichnet und habe auch keine kenntnis davon, dass eine andere person über ihn behauptet habe, dass er mitglied in der dem verbot unterliegenden vereinigung sei. bundesweit sei er als unternehmer tätig und verfüge von daher über keine zeit, sich regelmäßig in der vereinsarbeit zu engagieren. tatsächlich sei er bis 2010 politisch in einer partei, nicht aber auf vereinsebene organisatorisch tätig gewesen. der beklagte führe in seiner verbotsverfügung selber aus, dass weder eine mitgliederliste der l. noch eine offizielle satzung vorläge. 4mit beschluss vom 20. dezember 2012 hat sich das ovg nrw für sachlich unzuständig erklärt und das verfahren an das zuständige verwaltungsgericht aachen verwiesen. wenn ein einzelner die verbotsverfügung wie der im streit stehenden vereinigung mit der behauptung angreife, nicht mitglied des vereins zu sein, gehe es nicht um die rechtsverhältnisse vieler einzelpersonen. betroffen sei insoweit allenfalls eine inhaltliche richtigstellung der verfügung mit blick auf den in anspruch genommenen „guten ruf“ der klägerseite. 5nachdem der kläger mitgeteilt hatte, dass das verfahren auf die hilfsweise angekündigten feststellungsanträge beschränkt werde, hat sich das vg aachen mit beschluss vom 8. dezember 2014 für unzuständig erklärt und den rechtsstreit an das erkennende gericht verwiesen. 6der kläger führt hierzu aus: er habe ein berechtigtes interesse daran, sowohl von den stigmatisierenden wirkungen eines verbots als auch von den in der verbotsverfügung unter ziffer 4 erwähnten, sich in die zukunft richtenden geboten und konsequenzen verschont zu bleiben. als adressat der verbotsverfügung habe er auch ein berechtigtes interesse an der alsbaldigen feststellung. er habe unter dem aspekt der über art. 9 gg geschützten negativen vereinigungsfreiheit sowohl ein rehabilitierungsinteresse als auch ein interesse an der vermeidung persönlicher und wirtschaftlicher nachteile, die sich aus den feststellungs- sowie insbesondere den rechtsfolgenwirkungen der verbotsverfügung für ihn ergeben könnten und tatsächlich auch ergeben hätten. damit habe er ein berechtigtes interesse im sinne von § 43 abs. 1 vwgo. die außenwirkung der verbotsverfügung ergäbe sich aus den rechtsfolgenwirkungen, die die verbotsverfügung auszulösen geeignet sei. diese ergäben sich u.a. aus § 20 abs. 1 nr. 4 vereinsg oder verhaltensunabhängig aus § 5 abs. 1 nr. 2a waffg oder § 17 abs. 1 s. 2 bjagdg oder den einschlägigen vorschriften des beamtenstatusgesetzes, luftsicherheitsgesetzes usw. er könne nicht darauf verwiesen werden, sich im sinne der vorgenannten normen zu betätigen, um im rahmen der sich sodann anschließenden verfahren seine (nicht-) mitgliedschaft klären zu lassen. die zuschreibung der mitgliedschaft zu einer nach art. 9 abs. 2 gg in verbindung mit § 3 vereinsg verbotenen vereinigung und die zustellung der entsprechenden verbotsverfügung an ihn verstießen zudem gegen sein allgemeines persönlichkeitsrecht, in dem sie ‑ unterhalb der schwelle des § 185 stgb ‑ in den kernbereich der ehre eindringen. die verbotsverfügung als solche habe in bezug auf ihn den erklärungswert, dass die die entscheidung treffende staatliche behörde ihn als eine person ansehe und bezeichne, die verfassungsfeindlichen bestrebungen im sinne der §§ 3,4 bverfschg nachgehe, mithin als „verfassungsfeind“ anzusehen sei, weshalb sie ihn auch positiv als adressaten der verbotsverfügung anspräche. es sei daher unerheblich, ob die verbotsverfügung im verhältnis zu dritten stigmatisierende wirkung entfalte. er habe auch bereits konkrete, nachteilige folgen aufgrund der verfügung erlitten. er sei 2009 als mitglied der npd in den kreistag der stadt e. gewählt worden. dies setze voraus, dass er sich dem demokratischen wahlverfahren unterworfen habe und die insoweit geltenden demokratischen maximen für sich selbst positiv akzeptiere. dem zuwider werde nunmehr staatlicherseits gegen ihn in gestalt einer verbotsverfügung der vorwurf erhoben, dass er mitglied einer verbotenen vereinigung gewesen sei, die demokratischen spielregeln für sich also gerade nicht akzeptiere. dies habe für ihn und seine kommunalpolitische tätigkeit eine stigmatisierende wirkung, die vor dem hintergrund des beim bverfg anhängigen verbotsverfahrens über besondere brisanz verfüge. zudem reichten die vorliegenden erkenntnisse nicht aus, um ihm eine mitgliedschaft in der im streit stehenden vereinigung nachzuweisen. dass er im zusammenhang mit einer demonstrationsveranstaltung 2010 in e1. zeitweise mit anderen personen ein transparent mit der aufschrift „c. “ gehalten habe, sei kein kriterium, das eine mitgliedschaft begründen könne. er habe bei dieser gelegenheit allein die anderen beteiligten beim tragen des transparentes unterstützen wollen. einen mitgliedsantrag oder ähnliches habe er in diesem zusammenhang nicht unterschrieben. das bloße tragen eines transparentes für einen bundesligaverein begründe ebenfalls keine mitgliedschaft in einem fanclub mit korrespondierender beitragspflicht. er habe ‑ wie dem beklagten auf grund der überwachung durch den verfassungsschutz bekannt sei ‑, in den vergangenen jahren fortlaufend beiträge und artikel zu allen möglichen bereichen vorwiegend im internet, vor allem über die internetseite des kreisverbandes der npd-e. veröffentlicht. interne zugangsberechtigungen auf die internetseite der verbotenen vereinigung hätten ihm nicht zugestanden. aus dem von dem beklagten zitierten artikel ergebe sich, dass dieser nicht aus der binnenperspektive eines vereinsmitglieds formuliert worden sei. soweit seine mitgliedschaft in der verbotenen vereinigung daraus hergeleitet werde, dass er feierlichkeiten besucht und/oder seinen garten zu deren durchführung zur verfügung gestellt habe, beruhe das darauf, dass er als damaliger kreisvorsitzender der npd als „netzwerker“ quasi in alle richtungen hin gewirkt und zu allen relevanten politischen strömungen und persönlichkeiten auf der politischen „rechten“ seite im e2. bereich kontakt gehalten und freundschaften zu personen unterhalten habe, die politisch ähnlich wie er selbst dächten. dies habe sich jedoch nicht zu einer mitgliedschaft in der verbotenen vereinigung verfestigt. ähnlich wie bei einem fußballklub, bei dem auch nicht jeder „fan“ gleich mitglied des vereins sei, habe er lediglich kontakt und umgang zu ihm gleich gesinnten personen gesucht und gepflegt. bei ihm seien keine visitenkarten der verbotenen vereinigung mit seinem namen, kein mitgliedsausweis und auch keine schriftunterlagen gefunden worden, aus denen sich ergebe, dass er mitglied der verbotenen vereinigung gewesen sei. dies wäre jedoch zu erwarten gewesen, wenn er tatsächlich mitglied der vereinigung gewesen wäre. bei ihm seien auch weder bekleidungsstücke der l1. noch irgendwelche gegenstände, auf denen das vereinssymbol der l1. abgebildet gewesen wäre, gefunden worden. der elektronische datenträger, der bei ihm aufgefunden worden sei, habe unterlagen des vorsitzenden der l1. , herrn m1. enthalten. hierbei habe es sich allerdings nicht um propagandamaterial, sondern um „bewerbungen“ auf arbeitsstellen gehandelt, die dieser zusammen mit ihm verfasst habe. er habe auch keine öffentlichen verlautbarungen für die verbotene vereinigung abgegeben, die unter seinem namen erschienen seien und habe keine flugblätter oder plakate als verantwortlicher im sinne des pressegesetzes für die verbotene vereinigung gezeichnet. schließlich habe er auch keine versammlungen für diese und/oder ausflüge und fahrten für diese zu anderen örtlichkeiten angemeldet. er habe in den vergangenen jahren mehrfach öffentliche demonstrationen und veranstaltungen in e. und t. durchgeführt. die anmeldungen für diese seien jedoch stets für die npd oder im eigenen namen erfolgt. in dem von ihm angefertigten personagramm finde sich die angabe des beklagten, dass er aufgrund seiner kontakte zur l1. stark mit dieser vereinigung sympathisiere. das vorhandensein von sympathie ersetze jedoch nicht eine mitgliedschaft. auf den vom beklagten vorgelegten bildern sei er niemals mit bekleidungsstücken oder symbolen der l1. abgebildet, was jedoch zu erwarten wäre, wäre er tatsächlich mitglied der l1. gewesen. er habe einen pragmatischen weg verfolgt und sich nicht nur an wahlen beteiligt, sondern auch in der kommunalpolitik für die npd engagiert. gerade dies habe für ihn eine mitgliedschaft in der l1. ausgeschlossen. der beklagte habe die beweislast für das von ihm als vermeintlich vorhanden behauptete rechtsverhältnis. dessen wertung, dass er mitglied sei, sei nicht mit tragfähigem tatsachenmaterial unterlegt. 7der kläger beantragt, 8festzustellen, 9a) dass er nicht mitglied der mit verbotsverfügung vom 31.07.2012 verbotenen vereinigung „l. b. m. (l1.)“ ist bzw. war, 10b) dass sich die aus der verbotsverfügung nach ziffer 4 ergebenden rechtsfolgen nicht auf ihn erstrecken. 11der beklagte beantragt, 12die klage abzuweisen. 13er führt aus: es fehle bereits an einem feststellungsfähigen rechtsverhältnis. aus dem vorbringen des klägers lasse sich nicht mit sicherheit ermitteln, aus der anwendung welcher rechtsnorm er welche rechtsfolgen aus der von ihm bestrittenen mitgliedschaft ableite. gemäß § 8 abs. 1 vereinsg dürfe niemand ‑ mitglieder wie nichtmitglieder der verbotenen „l. b. m. “ ‑ ersatzorganisationen bilden oder bestehende organisationen als ersatzorganisationen fortführen. dass die ausschließlich und ausdrücklich an die „l. b. m. “ gerichtete verfügung zu händen der mitglieder zugestellt worden sei, betreffe nicht die individuelle rechtsstellung dieser mitglieder. die zustellung an die mitglieder erfolge lediglich als vertreter der nicht rechts- und handlungsfähigen organisation. im übrigen lägen ihm erkenntnisse vor, die eine mitgliedschaft des klägers in der verbotenen vereinigung belegten. der kläger habe im rahmen der rechtsextremistischen veranstaltung „antikriegstag 2010“ in e1. gemeinsam mit anderen personen ein transparent der „l. b. m. “ gezeigt. er habe als autor eines artikels auf der website der „l. b. m. “ unter deren logo über deren feier zum zehnjährigen bestehen im märz 2012 berichtet, an der er offensichtlich auch selber teilgenommen habe. im rahmen der sonnenwendfeier der „l. b. m. “ im jahr 2009 habe der kläger eine besondere auszeichnung von der „l. b. m. “ erhalten. dies sei die bisher größte von der l1. getätigte ehrenauszeichnung gewesen. zudem sei der kläger im zeitraum 2008 bis 2012 an mindestens 10 veranstaltungen/treffen der l. b. m. in teilweise herausgehobener funktion als redner, organisator beteiligt gewesen. auf den drei bei der hausdurchsuchung des klägers sichergestellten computern hätten sich zahlreiche video‑, bild‑ und textdateien mit bezug zu der verbotenen „l. b. m. “ gefunden. nur ein mitglied der „l. b. m. “ habe ein derart großes interesse an dem wirken und der planung und durchführung von veranstaltungen der verbotenen vereinigung. 14die vereinigung „l. b. m. “ hat vertreten durch ihren vorstandsvorsitzenden („kameradschaftsführer“) s. m1. am 24. september 2012 klage gegen die verbotsverfügung vom 31. juli 2012 beim ovg nrw erhoben (5 d 96/12). dieses hat die klage mit gerichtsbescheid vom 8. januar 2015, rechtskräftig seit 14. februar 2015, als unzulässig abgewiesen. 15wegen der weiteren einzelheiten des sach‑ und streitstandes wird ergänzend auf den inhalt der gerichtsakten und der beigezogenen verwaltungsvorgänge des beklagten bezug genommen. 16
17soweit der kläger sein ursprüngliches klagebegehren auf die feststellungsanträge beschränkt und damit teilweise zurückgenommen hat, ist das verfahren gemäß § 92 abs. 3 vwgo einzustellen. 18im übrigen ist die klage unzulässig. 19soweit der kläger in seinem klageantrag zu a) die feststellung begehrt, dass er zum entscheidungserheblichen zeitpunkt der mündlichen verhandlung nicht mitglied der mit verbotsverfügung vom 31. juli 2012 verbotenen „l. b. m. (l1. )“ ist, fehlt es bereits an einem streitigen rechtsverhältnis. der beklagte behauptet nicht, dass der kläger zum gegenwärtigen zeitpunkt noch mitglied der verbotenen vereinigung ist. im gegenteil hat der vertreter des beklagten in der mündlichen verhandlung ausgeführt, dass er keine aktivitäten der verbotenen vereinigung nach der im jahr 2012 erlassenen verbotsverfügung mehr festgestellt habe und er davon ausgehe, dass die „l. b. m. “ nicht mehr existent sei. in einer nicht existierenden vereinigung kann niemand mehr mitglied sein. auch nach dem vortrag des klägers hat der beklagte lediglich in der verbotsverfügung vom 31. juli 2012, mithin vor mehr als drei jahren, behauptet, dass der kläger nach seinen feststellungen mitglied der „l. b. m. “ sei und hat dem kläger diese verbotsverfügung zugestellt. der kläger bestreitet, mitglied der „l. b. m. “ gewesen zu sein. daher liegt nur insoweit, als der kläger in seinem klageantrag zu a) die feststellung begehrt, dass er nicht mitglied der mit verbotsverfügung vom 31. juli 2012 verbotenen vereinigung „l. b. m. “ war, ein streitiges rechtsverhältnis im sinne des § 43 abs. 1 vwgo vor.dem kläger fehlt es jedoch an dem weiterhin für sein feststellungsbegehren gemäß § 43 abs. 1 vwgo notwendigen berechtigten interesse an der baldigen feststellung. ein solches interesse schließt jedes als schutzwürdig anzuerkennende interesse rechtlicher, wirtschaftlicher oder auch ideeller art ein und kann sich insbesondere aus zu erwartenden sanktionen, aus dem interesse an einer rehabilitierung, aus einer wiederholungsgefahr oder zur vermeidung wirtschaftlicher oder persönlicher nachteile ergeben, 20vgl. nur kopp, vwgo, 20. aufl. 2014, § 43 rn 23 m.w.nachw. 21ein derartiges schutzwürdiges interesse ist dem vortrag des klägers nicht zu entnehmen und ist auch ansonsten nicht ersichtlich. der kläger hat keine konkreten ihn betreffenden tatsachen vorgetragen, aus denen geschlossen werden kann, dass er durch die bezeichnung in der verbotsverfügung als mitglied der „l. b. m. “ und der benennung in dieser verfügung als zustelladressaten nachteilige folgen erlitten hat oder in der zukunft erleiden könnte, aus denen sich zum entscheidungserheblichen zeitpunkt ein berechtigtes feststellungsinteresse ergibt. insbesondere liegt das geltend gemachte interesse an einer rehabilitierung nicht vor. ein berechtigtes ideelles interesse an einer rehabilitierung besteht nur, wenn sich aus einer maßnahme eine stigmatisierung des betroffenen ergibt, die geeignet ist, sein ansehen in der öffentlichkeit oder im sozialen umfeld herabzusetzen. diese stigmatisierung muss außenwirkung erlangt haben und noch in der gegenwart andauern, 22vgl. bundesverwaltungsgericht, urteil vom 16. mai 2013 - 8 c 14.12 -, juris rn 25 m.w.nachw. 23soweit der kläger in der verbotsverfügung als zustellungsadressat benannt worden und ihm die verbotsverfügung zugestellt worden ist, ist eine daraus resultierende eigenständige stigmatisierung des klägers, die ein schutzwürdiges rehabilitierungsinteresse begründet, nicht ersichtlich. denn der kläger bestreitet weder, sich im umfeld der „l. b. m. “ und der von dieser veranstalteten aktionen aufgehalten zu haben, noch distanziert er sich von der politischen richtung, die diese vereinigung vertreten hat. da es sich bei der verbotenen „l. “ ihrem wesen nach um einen freien, bewusst ohne vereinsrechtliche strukturen organisierten zusammenschluss handelte, bei dem es nahe liegt, dass aktivisten in keinem parteibuch oder mitgliederverzeichnis namentlich festgehalten sind, ist der beklagte bei einem verbot einer solchen vereinigung gezwungen, die verbotsverfügung all denjenigen zuzustellen, die nach seinen feststellungen ein derartiges näheverhältnis zu dieser vereinigung haben, dass sie als vertreter der nicht rechts‑ und handlungsfähigen organisation von dem verbot der vereinigung in kenntnis zu setzen sind. aus der zustellung der verbotsverfügung allein resultiert nicht notwendig, dass der kläger zum zeitpunkt der zustellung mitglied der verbotenen vereinigung war, sondern nur, dass der kläger aufgrund seines besonderen näheverhältnisses zu dieser vereinigung mitglied dieser vereinigung hätte sein können.demgegenüber ist der kläger in der verbotsverfügung selbst vom beklagten ausdrücklich als mitglied der verbotenen vereinigung benannt worden. insoweit fehlt es allerdings an einer außenwirkung, die voraussetzung für ein schutzwürdiges rehabilitierungsinteresse ist. die verbotsverfügung, aus der sich auch ergibt, an wen diese zugestellt worden ist, ist nur solchen personen bekannt gegeben worden, die vom beklagten auf grund der ermittlungen der polizei als mitglieder der vereinigung angesehen worden sind. eine veröffentlichung der vollständigen verfügung unter benennung der namen der vom beklagten als mitglieder angesehenen personen ist bisher nicht erfolgt und vereinsrechtlich auch nicht vorgesehen. nach § 3 abs. 4 s. 2 vereinsg wird nur der verfügende teil des bescheides veröffentlicht, in dem der name des klägers nicht erwähnt ist. zudem ist davon auszugehen, dass die übrigen in der verfügung als zustellungsadressaten benannten personen, die vom beklagten in der verfügung ebenfalls als mitglieder der „l. b. m. “ aufgeführt worden sind, auf grund ihrer nähe zu der verbotenen vereinigung davon kenntnis haben, in welchem verhältnis sich der kläger zum zeitpunkt des erlasses und der zustellung der verbotsverfügung vor mehr als drei jahren zur vereinigung befunden hat. aus dem vortrag des klägers ergibt sich auch nicht, dass er selbst oder personen aus seinem umfeld es als stigmatisierend empfinden, dass der kläger aus seiner sicht unzutreffender weise vom beklagten in der am 31. juli 2012 erlassenen verbotsverfügung als mitglied der „l. b. m. “ bezeichnet worden ist.ein berechtigtes feststellungsinteresse ergibt sich auch nicht aus der klärung vorgreiflicher rechtsfragen. weder hat der kläger ihn betreffende konkrete sachverhalte aufgezeigt, für die seine vom beklagten angenommene damalige mitgliedschaft in der mittlerweile rechtskräftig verbotenen vereinigung für ihn in der vergangenheit nachteile hatte, noch ist von ihm dargelegt, dass diese nachteile nach mehr als dreieinhalb jahren künftig noch drohen könnten. zudem wäre weder ein strafrichter noch eine verwaltungsbehörde an den vom kläger begehrten feststellungsausspruch des erkennenden gerichts gebunden. es ist daher nicht ersichtlich, inwieweit die vom kläger begehrte feststellung hinsichtlich eines mehrere jahre zurückliegenden sachverhalts zum entscheidungserheblichen zeitpunkt dessen rechtsstellung verbessern würde, sodass es ihrer nicht bedarf. 24hinsichtlich des feststellungsbegehrens zu b) ist ebenfalls ein berechtigtes feststellungsinteresse des klägers zum entscheidungserheblichen zeitpunkt nicht erkennbar. der ausspruch zu ziffer 4 der verbotsverfügung resultiert aus dem verbot der vereinigung, das seit dem 14. februar 2015 rechtkräftig ist; er entspricht den jedermann betreffenden regelungen des § 8 vereinsg. 25die klage des klägers wäre aber auch unbegründet. 26der kläger hätte keinen anspruch auf die von ihm begehrte feststellung zu a). der beklagte hat den kläger zu recht in der verbotsverfügung als mitglied der „l. b. m. “ bezeichnet, ihn in der verbotsverfügung als zustellungsadressaten aufgeführt und ihm die verbotsverfügung zugestellt. aus den polizeilichen ermittlungen ergeben sich hinreichende hinweise darauf, dass der kläger zum zeitpunkt der zustellung der verbotsverfügung vom 31. juli 2012 als mitglied der „l. b. m. “ anzusehen ist. der kläger hat nach den unwidersprochenen angaben des beklagten in den jahren 2006 ‑ 2012 sowohl an aktionen teilgenommen, die der verbotenen vereinigung zuzurechnen sind als auch interne veranstaltungen der „l. b. m. “ als redner oder organisator unterstützt. so hat er bei zwei veranstaltungen der verbotenen vereinigung seinen garten zur verfügung gestellt. zudem hat er 2009 für seine verdienste die bis dahin größte von der l1. getätigte ehrenauszeichnung erhalten. der kläger stand mithin über einen langjährigen zeitraum in einem derart intensiven näheverhältnis in hervorgehobener stellung zu der verbotenen vereinigung, dass der beklagte zum zeitpunkt der zustellung der verbotsverfügung zu recht davon ausgehen durfte, dass der kläger mitglied der vereinigung war, zumal anderweitige objektive und belastbare erkenntnisquellen nicht vorliegen. dabei steht die angabe des klägers, er sei mitglied der npd, der annahme des beklagten, dass der kläger auch mitglied der verbotenen vereinigung „l. b. m. “ gewesen sei, nicht entgegen, da das eine das andere nicht ausschließt. dies wird dadurch belegt, dass der „kameradschaftsführer“ der „l. b. m. “ s. m1. zeitweilig auch 2. vorsitzender des npd-kreisverbandes e. war, dessen 1. vorsitzender der kläger war. 27der kläger hätte auch hinsichtlich seines klageantrages zu b) keinen anspruch auf die von ihm begehrte feststellung. denn die in ziffer 4 der verbotsverfügung vom 31. juli 2012 getroffenen regelung, dass der vereinigung „l. b. m. “ jede tätigkeit untersagt ist und es verboten ist, ersatzorganisationen zu bilden oder bestehende organisationen als ersatzorganisationen fortzuführen, richtet sich zum einen an die verbotene vereinigung selbst und nicht an den kläger und ist hinsichtlich des verbots der bildung von ersatzorganisationen unabhängig davon, ob der kläger mitglied der verbotenen vereinigung war oder nicht. diese rechtsfolgen ergeben sich gemäß § 8 vereinsg aus dem verbot der vereinigung selbst, das seit dem 14. februar 2015 rechtskräftig ist. 28soweit der kläger seinen klageantrag durch die beschränkung des klagebegehrens zurückgenommen hat, folgt die kostenentscheidung aus § 155 abs. 2 vwgo, im übrigen ergibt sie sich aus § 154 abs. 1 vwgo. 29der ausspruch zur vorläufigen vollstreckbarkeit beruht auf §§ 167 vwgo, 708 nr. 11, 711 zpo. 30gründe für die zulassung der berufung nach §§ 124a abs. 1, 124 abs. 2 nr. 3 oder 4 vwgo liegen nicht vor.
Verklagte*r
0
170,233
L 20 SO 20/13
2014-10-13T00:00:00
Urteil
Tenor Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 18.10.2012 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen. 1Tatbestand: 2Die Beteiligten streiten um die Gewährung von Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel des SGB XII bzw. von Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel des SGB XII. 3Die 1955 geborene, ledige Klägerin leidet an einer psychischen Erkrankung in Form einer Schizophrenie. Für sie ist mindestens seit Mitte 2005 eine Betreuung angeordnet. Bis zum 31.03.2007 bezog sie Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende. Die Leistungsbewilligung nach dem SGB II hob die damalige ARGE N (als Rechtsvorgängerin des heutigen Jobcenters) mit Wirkung vom 01.04.2007 wegen Wegfalls der Erwerbsfähigkeit auf (Bescheid vom 06.03.2007). Zuvor war eine dauerhafte Erwerbsminderung der Klägerin auf Grund ihrer Erkrankung durch den ärztlichen Dienst der Bundesagentur für Arbeit festgestellt worden. Derzeit bezieht sie eine Rente wegen voller Erwerbsminderung in Höhe von jedenfalls 177,97 EUR monatlich (Stand: Juli 2013). 4Die Prozessbevollmächtigte der Klägerin beantragte als ihre (damalige) Betreuerin mit Schreiben vom 27.03.2007 bei der Beklagten Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung. Zu diesem Zeitpunkt verfügte die Klägerin über ein Girokonto mit einem Guthaben von 919,37 EUR und ein Sparbuch mit einem Guthaben von 508,24 EUR. In ihrem Antrag gab sie an, in einer Wohnung in einem Mehrfamilienhaus in der I-Straße 00 in N zu wohnen, welches sie zu einem Anteil von einem Drittel von ihren Eltern geerbt habe. Den restlichen Anteil von zwei Dritteln halte ihr Bruder B C. Dem vorgelegten Ehe- und Erbvertrag der Eltern der Klägerin vom 23.07.1976 ist zu entnehmen, dass die Klägerin und ihre beiden Geschwister zu gleichen Teilen Erben des letztversterbenden Ehegatten (der Mutter der Klägerin) geworden sind. Zudem enthält der Vertrag eine Teilungsanordnung, wonach die drei Kinder Miterben zu gleichen Teilen werden sollten. Die Erbengemeinschaft solle dahingehend aufgelöst werden, dass der Bruder die Nutzung des Erdgeschosses, die Schwester die Nutzung der zweiten Etage und die Klägerin die Nutzung der ersten Etage erhalte; das Dachgeschoss (35 m²) sollte allen dreien gemeinschaftlich zustehen. Den Anteil der bereits verstorbenen Schwester erwab zwischenzeitlich der Bruder der Klägerin. Entsprechend der Verfügung der Eltern bewohnt die Klägerin eine 72 m² große Wohnung im ersten Obergeschoss. Aus der zweiten Wohnung auf dieser Etage (48 m²) erhält sie Mieteinnahmen in Höhe von 238,77 EUR monatlich. Eine kurze gutachterliche Äußerung des Immobilienkaufmanns N L vom 21.12.2004 schätzt für Dezember 2004 für das gesamte Hausgrundstück einen Verkehrswert von 195.000,00 EUR. 5Ab April 2007 betrug der monatliche Abschlag der Klägerin für Erdgas 51,00 EUR, für Strom 25,00 EUR und für Wasser 47,00 EUR. Darüber hinaus fielen im August 2007 Kosten für notwendige Reparaturen und die Wohngebäudeversicherung in Höhe von 100,90 EUR an. Nach dem Grundbesitzabgabenbescheid waren für das Jahr 2007 für das gesamte Haus 1.152,61 EUR zu zahlen, anteilig fällig jeweils vierteljährlich zur Quartalsmitte. Ab 01.04.2007 betrugen die Beiträge der Klägerin an die Deutsche BKK monatlich 115,15 EUR für die Kranken- bzw. 15,92 EUR für die Pflegeversicherung. 6Die Beklagte lehnte die Gewährung von Leistungen nach dem Vierten Kapitel des SGB XII ab dem 01.04.2007 ab (Bescheid vom 21.01.2008). Die Klägerin verfüge über einen Eigentumsanteil von 30,1 % an ihrem Elternhaus. Dies entspreche einer Wohnfläche von 118 m², wovon 59 m² vermietet seien. Der Wert des Hauses habe 2004 bei 195.000,00 EUR gelegen, der Anteil der Klägerin betrage somit 58.695,00 EUR. Der nicht von ihr selbst bewohnte Teil sei nicht geschützt und für ihren Lebensunterhalt zu verwerten. Die Gewährung eines Darlehens sei ebenfalls nicht möglich, da eine Verwertung der Immobilie jedenfalls durch Aufnahme eines privaten Darlehens erfolgen könne. 7Die Klägerin erhob dagegen durch ihre Bevollmächtigte Widerspruch (Schreiben vom 28.01.2008). Sie beantragte erneut Leistungen ab dem 01.02.2008 (Schreiben vom 07.02.2008). Auf diesen Antrag forderte die Beklagte mit Schreiben vom 12.03.2008 die Klägerin auf, entsprechende Unterlagen einzureichen, sofern kein Vermögen über der Freigrenze mehr vorhanden sei. Sollte der Antrag zur Fristwahrung für einen Zeitpunkt in der weiteren Zukunft gestellt worden sein, so bestehe ein Anspruch erst wieder ab dem Zeitpunkt, in dem das Vermögen die Freigrenze nicht mehr überschreite. Eine jetzige Antragstellung sei daher unerheblich. Die Ablehnung vom 21.01.2008 bleibe bestehen. 8Mit Widerspruchsbescheid vom 12.11.2009 (zugestellt am 13.11.2009) wies die Beklagte den Widerspruch nach Beteiligung sozial erfahrener Dritter zurück. Da Leistungen auf Grund der wirtschaftlichen Verhältnisse der Klägerin abgelehnt worden seien, habe man nicht geprüft, ob sie dauerhaft voll erwerbsgemindert sei. Auch die Höhe des Grundsicherungsbedarfs der Klägerin sei nicht bekannt, da keine Unterlagen zu den Unterkunftskosten für die selbstbewohnte Wohnung vorlägen. Jedenfalls sei die Verwertung des Miteigentumsanteils an dem Haus I-Straße 00 in N nicht nach § 90 SGB XII ausgeschlossen. Ihr Drittel-Anteil entspreche etwa 131 m² Wohnfläche; sein Wert betrage rund 65.000,00 EUR. Der Wohnflächenanteil sei für eine Alleinstehende nicht angemessen. Anhaltspunkte für eine außergewöhnliche, vom Regelfall abweichende Bedarfslage bestünden nicht. Auch eine besondere Härte liege nicht vor, da eine Veräußerung es der Klägerin ermöglichen würde, zeitweise unabhängig von Sozialhilfe zu leben. Ihre psychische Erkrankung allein könne eine besondere Härte ebenfalls nicht begründen, zumal sie nur einen Teil ihres Erbes veräußern müsse. Auch eine Darlehensgewährung scheide aus; denn die Klägerin habe keine Gründe vorgetragen, die einer Verwertung entgegenstünden. 9Am 14.12.2009 (Montag) hat die Prozessbevollmächtigte für die Klägerin Klage erhoben. Das Haus sei 1895/1910 erbaut und sanierungsbedürftig. Die von der Klägerin selbst genutzte Wohnung verfüge nicht über Heizkörper; Feuchtigkeit und Schimmel bestimmten ihren Zustand. Renovierungsarbeiten scheiterten an fehlender Liquidität, so dass mit einem hohen Wertverlust binnen kurzer Zeit zu rechnen sei. Die Klägerin sei zudem psychisch krank. Sie leide an Schizophrenie und sei in regelmäßiger Behandlung. Nach Rücksprache mit der behandelnden Psychologin bestehe Suizidgefahr. Das Haus stelle den letzten Bezug zur verstorbenen Mutter der Klägerin dar, der sie sich sehr verbunden fühle; ein Umzug sei deshalb nicht zumutbar. Die Verwertung des Miteigentumsanteils bedeute außerdem eine besondere Härte, weil ein Verkauf an ihren Bruder ihren Gesundheitszustand extrem gefährden würde. Ein Fremder aber würde zwei Eigentumswohnungen in einem heruntergekommenen Mehrfamilienhaus nicht zum Preis von 60.000,00 EUR erwerben. Schließlich habe die selbstgenutzte Wohnung eine angemessene Größe. 10Die Klägerin hat beantragt, 11die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 21.01.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.11.2009 zu verurteilen, ihr ab dem 01.04.2007 Leistungen der Sozialhilfe in Gestalt der Leistungen nach dem Vierten Kapitel des SGB XII, hilfsweise als Darlehen, zu gewähren. 12Die Beklagte hat beantragt, 13die Klage abzuweisen. 14Sie hat vorgetragen, für eine fehlende Verwertbarkeit des Miteigentumsanteils bestünden keine Anhaltspunkte. Eine Verwertung sei im Übrigen nicht nur durch Verkauf, sondern auch durch Beleihung möglich. Die psychische Erkrankung der Klägerin könne eine besondere Härte nicht begründen. Die Klägerin werde ohnehin nicht auf die Verwertung des gesamten Miteigentumsanteils verwiesen. Sofern sie lediglich die vermietete Wohnung verwerte, verbleibe ihr immer noch die selbst bewohnte Wohnung zur eigenen Nutzung. 15Während des Klageverfahrens hat die Bevollmächtigte zwei Schreiben des Rechtsbeistands des Bruders der Klägerin vom 16.03. und 22.08.2011 vorgelegt; danach sei dieser bereits seit September 2005 bereit gewesen und sei es auch weiterhin, den Miteigentumsanteil der Klägerin zu erwerben, allerdings nur dann, wenn die Klägerin aus der von ihr bewohnten Wohnung ausziehe. Zudem hat sie einen Grundbuchauszug überreicht, aus dem eine Pfändung des Erbteils der Klägerin für die Q gGmbH in N hervorgeht. Gleichfalls hat sie einen Vollstreckungsbescheid dieser gGmbH vom 02.10.2009 vorgelegt, mit dem eine Forderung gegenüber der Klägerin in Höhe von 6.123,69 EUR tituliert wird. 16Das Sozialgericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens vom 24.05.2012 des Dipl.-Ing. (Arch.) und Bausachverständigen K T zum Wert des Hauses I-Straße 00 in N. Danach handelt es sich um ein Mehrfamilienhaus mit sieben Wohnungen auf einem 341 m² großen Grundstück in mittlerer Wohnlage. Der Verkehrswert der Gesamtimmobilie habe im März 2007 bei 270.000,00 EUR gelegen. Für die Klägerin ergebe sich wegen eines Abschlags auf Grund mangelhaften Wohnungszustandes (die Modernisierung des ersten Obergeschosses sei letztmals 1959/60 erfolgt, die Wohnung weise umfangreiche Schäden auf, die Technik sei veraltet, es sei nur ein Elektro-Heizofen vorhanden) gegenüber den modernisierten Wohnungen ein Wertanteil am Objekt von 76.000,00 EUR. Durch zwischenzeitliche Wertveränderungen seien zum Zeitpunkt der Gutachtenerstellung die entsprechenden Werte mit 300.000,00 EUR bzw. 84.000,00 EUR anzunehmen. 17Mit Urteil vom 18.10.2012 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Allein auf Grund des im (Mit-)Eigentum der Klägerin befindlichen Hausgrundstücks sei von einem den Schonbetrag übersteigenden Vermögen auszugehen. Das Hausgrundstück sei verwertbar und gehöre nicht zum Schonvermögen, weil es kein angemessenes Hausgrundstück im Sinne des § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII darstelle. Mehrfamilienhäuser unterfielen offensichtlich nicht dem Schutzbereich der Norm. Die Verwertung stelle auch keine besondere Härte dar. Die Verwertung von nicht unter § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII fallenden Immobilien entspreche grundsätzlich dem Willen des Gesetzgebers. Offen bleiben könne, ob die Verwertung durch Verkauf wegen der psychischen Erkrankung der Klägerin eine besondere Härte darstelle. Auf Grund des Verkehrswertes des Grundstücks gehe das Gericht davon aus, dass die Aufnahme eines Bankdarlehens gegen eine dingliche Belastung des Grundstücks möglich sei. Anhaltspunkte für die Notwendigkeit einer darlehensweisen Leistungsgewährung lägen ebenfalls nicht vor. 18Gegen das der Klägerin am 21.12.2012 zugestellte Urteil richtet sich deren Berufung vom 11.01.2013. Die Klägerin fühle sich ihrem Elternhaus extrem verbunden. Die Notwendigkeit einer Veräußerung rufe bei ihr Angst und Panik hervor; sie habe bereits ernstzunehmend mit Suizid gedroht. Auf Grund des Zustandes sei der Miteigentumsanteil auch nicht veräußerbar. Die Verwertung sei darüber hinaus unverhältnismäßig. Die Klägerin wohne in ihrer Wohnung kostenfrei und erziele durch den Mieterlös aus der anderen Wohnung Einkommen. Bei einem Verkauf müsste sie eine Wohnung anmieten. Nach den Vorgaben der Beklagten stünde ihr ein Mietzins von bis zu 428,00 EUR zuzüglich Heizkosten zu. Von dem Verkaufserlös müssten die notwendigen Sanierungskosten in Abzug gebracht werden, so dass der Erlös unerheblich sei. 19Die Klägerin beantragt, 20das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 18.10.2012 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 21.02.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.11.2009 zu verurteilen, der Klägerin Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung ab dem 01.04.2007 zu zahlen. 21Die Beklagte beantragt, 22die Berufung zurückzuweisen. 23Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. 24Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung eines Gutachtens vom 11.12.2013 des Sachverständigen für Immobilienbewertung Bernhard Homann. Dieser hat sich hinsichtlich der Verkehrswertermittlung dem Ergebnis des Sachverständigen T angeschlossen. Ein Verkauf der Immobilie zu dem ermittelten Verkehrswert sei zudem sowohl im Jahr 2007 als auch zum Zeitpunkt der Gutachtenerstattung innerhalb von zwölf Monaten realistisch gewesen. 25Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist. 26Entscheidungsgründe: 27Die nach § 144 Abs. 1 S. 2 SGG statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung ist unbegründet. Zu Recht hat es das Sozialgericht abgelehnt, die Beklagte zur Erbringung von Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung bzw. der Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII als Zuschuss oder als Darlehen zu verurteilen. 281. Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid vom 21.01.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.11.2009, mit dem es die Beklagte ohne zeitliche Begrenzung abgelehnt hat, der Klägerin Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung für die Zeit ab 01.04.2007 zu gewähren. Streitbefangen ist daher der Zeitraum vom 01.04.2007 bis zur zweitinstanzlichen mündlichen Verhandlung vom 13.10.2014. 29Eine zeitliche Begrenzung des streitbefangenen Zeitraums ergibt sich nicht etwa aus dem Neuantrag der Klägerin im Schreiben vom 07.02.2008. Denn die daraufhin erfolgte Mitteilung der Beklagten vom 12.03.2008 stellt bereits keine erneute Ablehnungsentscheidung dar. Diesem Schreiben fehlt jeglicher Regelungscharakter. Nach seinem Inhalt war der Beklagten bereits nicht klar, ob es sich um einen Neuantrag wegen einer Änderung der Vermögensverhältnisse oder aber um einen fristwahrenden Neuantrag für einen Zeitraum in der Zukunft handeln sollte. Die Ausführungen der Beklagten können auch nicht im Sinne einer Wahlfeststellung dahingehend verstanden werden, dass unabhängig von der Tatsachengrundlage in jedem der beiden Alternativfälle eine Ablehnung erfolgen sollte. Vielmehr wären bei einem Wegfall des Vermögens weitere Nachweise einzureichen gewesen, wogegen es bei unveränderter Tatsachengrundlage bei der bereits erfolgten Ablehnung verblieben wäre. Lässt die Beklagte danach aber offen, welche Rechtsfolge sie an den Antrag der Klägerin knüpfen will, so trifft sie von vornherein keine Regelung. Das Schreiben war vielmehr als Aufforderung zu verstehen, den (ggf. gemeinten) Neuantrag zu präzisieren, was jedoch in der Folgezeit nicht geschehen ist. 30Gegen den angefochtenen Bescheid wendet sich die Klägerin mit ihrer zulässigen kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 S. 1 und Abs. 4 i.V.m. § 56 SGG). Für die von der Klägerin geltend gemachten Leistungen nach §§ 41 ff. SGB XII ist die Beklagte sachlich und örtlich zuständiger Leistungsträger (§ 3 Abs. 1 und 2, § 97 Abs. 1, § 98 Abs. 1 S. 2 SGB XII). 312. Ein Anspruch der Klägerin auf Leistungsgewährung besteht weder in Form eines Zuschusses noch eines Darlehens. Dabei kann offen bleiben, ob die Klägerin grundsätzlich nach dem Dritten oder nach dem Vierten Kapitel des SGB XII leistungsberechtigt wäre. Denn sie erfüllte im streitgegenständlichen Zeitraum die Anspruchsvoraussetzungen weder des § 19 Abs. 1 SGB XII (i.d.F. ab 01.01.2005) bzw. 27 SGB XII (i.d.F. ab 01.01.2011) noch des § 19 Abs. 2 SGB XII (in der jeweils geltenden Fassung) bzw. des § 41 SGB XII (i.d.F. ab 01.01.2011). Die Klägerin hatte zwar durch ihren Wohnsitz in N ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Inland. Sie ist auch voll erwerbsgemindert, wobei die Frage, ob diese Erwerbsminderung auch auf Dauer besteht, offen bleiben kann. 32Denn zwar konnte die Klägerin ihren Bedarf nicht vollständig aus ihrem Einkommen decken. Ihr monatlicher Bedarf bestand zumindest in Höhe von 445,00 EUR (347,00 EUR Regelbedarf (Stand 2007) sowie Unterkunftskosten mindestens in Höhe von monatlich 51,00 EUR für Erdgas, 47,00 EUR monatlich für Wasser und ggf. 25,00 EUR für Strom; letzterer ist zumindest teilweise zu berücksichtigen, weil die Klägerin ausweislich des vom Sozialgericht eingeholten Gutachtens einen Elektro-Heizofen für das Heizen der Wohnung besitzt). Hinzu kommen noch vierteljährlich anfallende Grundbesitzabgaben, Kosten für Versicherungen sowie einmalige Reparaturen, die jeweils im Fälligkeitsmonat zu berücksichtigen sind. Dem standen lediglich monatliche Einkünfte aus einer Rente in Höhe von etwa 177,97 EUR (so der Stand am 01.07.2013) sowie aus Mieteinnahmen in Höhe von 238,77 EUR, insgesamt also von 416,74 EUR gegenüber. Bei der Klägerin verbleibt daher ein monatlicher Bedarf für (ergänzende) Leistungen von mindestens 28,26 EUR; in einigen Monaten dürfte er noch wesentlich höher liegen. 33Voraussetzung für Leistungen sowohl nach dem Dritten als auch nach dem Vierten Kapitel des SGB XII ist jedoch überdies, dass der Hilfebedürftige seinen notwendigen Lebensunterhalt nicht aus eigenem Vermögen bestreiten kann. Diese Voraussetzung erfüllt die Klägerin nicht. 34Nach § 90 Abs. 1 SGB XII ist das gesamte verwertbare Vermögen einzusetzen. Als verwertbares Vermögen kommt bei der Klägerin ihr erbengemeinschaftlicher Drittel-Anteil am Nachlass ihrer Eltern in Betracht, namentlich also am Haus I-Straße 00 in N, in dem die Klägerin unter anderem auch selbst wohnt. 35a) Rechtliche oder tatsächliche Hindernisse für eine Verwertbarkeit des Erbteils bestehen nicht. Solange die ungeteilte Erbengemeinschaft fortbesteht, kann die Klägerin grundsätzlich ihren Anteil durch Verkauf - insbesondere an den zum Kauf bereiten Bruder - oder aber durch Verpfändung verwerten (vgl. zu diesen Verwertungsmöglichkeiten bereits BSG, Urteil vom 27.01.2009 - B 14 AS 42/07 R Rn. 27). Darüber hinaus bestand und besteht für sie auch die Möglichkeit, eine Auseinandersetzung des Erbes nach §§ 2042 ff. BGB zu verlangen. 36aa) Ein etwa angeordneter Ausschluss der Auseinandersetzung durch letztwillige Verfügung nach § 2044 BGB stünde einer solchen Verwertungsmöglichkeit nicht entgegen. Denn zum einen kann durch einen solchen lediglich die Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft, nicht aber der Verkauf des Erbteils ausgeschlossen werden, so dass ein Verkauf des Erbteils insbesondere an den Bruder der Klägerin weiterhin möglich bliebe. Zum anderen erfährt § 2044 BGB nach dessen Abs. 1 S. 2 eine Einschränkung durch die entsprechende Anwendung des § 749 Abs. 2 BGB. Danach ist auch bei einem Ausschluss der Auseinandersetzung letztere bei Vorliegen eines wichtigen Grundes möglich. Ein solcher dürfte - ohne dass der Senat dies abschließend entscheiden müsste - jedoch bei Eintritt der Sozialhilfebedürftigkeit eines Erben gegeben. Würde man dies anders sehen, so würde eine entsprechende letztwillige Verfügung eine solche zu Lasten Dritter, hier des Sozialhilfeträgers, darstellen. Dies wäre mit dem Nachranggrundsatz der Sozialhilfe nicht zu vereinbaren. Unbeschadet dessen war ohnehin ein Ausschluss der Auseinandersetzung im Sinne des § 2044 BGB durch die Erblasser - die Eltern der Klägerin - ersichtlich nicht gewollt. Denn der Erbvertrag enthält eindeutig Vorgaben gerade zu einer Auflösung der Erbengemeinschaft im Rahmen einer Teilungsanordnung im Sinne des § 2048 BGB. 37bb) Würde die Klägerin daher gegenüber ihrem Bruder anstelle eines Verkaufs ihres Miteigentumsanteils die Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft verlangen, so erlaubte die von ihren Eltern (ggf.) getroffene Teilungsanordnung jedenfalls eine Zuweisung von Alleineigentum an die Klägerin an den beiden Wohnungen im ersten Stock sowie ein Drittel-Miteigentumsanteil an der Wohnung im Dachgeschoss. Auf diese Weise wäre die Klägerin jedenfalls in der Lage, die zur Zeit vermietete Wohnung sowie den Miteigentumsanteil an der Dachgeschosswohnung zu veräußern. Bislang hat sich die Klägerin allerdings nicht um eine entsprechende Auseinandersetzung (wie überhaupt um eine Verwertung ihres Miteigentumsanteils) bemüht. Sofern ein Hilfebedürftiger an der Auseinandersetzung einer Erbengemeinschaft aber nicht interessiert ist und den Auseinandersetzungsanspruch nicht ernstlich geltend gemacht hat, besteht von vornherein kein tatsächliches Verwertungshindernis (BSG, Urteil vom 27.01.2009 - B 14 AS 42/07 R Rn. 34). 38b) Die Verwertung des Miteigentumsanteils der Klägerin ist auch nicht nach § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII ausgeschlossen. Die Vorschrift bestimmt, dass die Sozialhilfe nicht abhängig gemacht werden darf vom Einsatz oder von der Verwertung eines angemessenen Hausgrundstücks, das von der nachfragenden Person oder einer anderen in den § 19 Abs. 1 bis 3 genannten Person allein oder zusammen mit Angehörigen ganz oder teilweise bewohnt wird und nach ihrem Tod von ihren Angehörigen bewohnt werden soll. Der Miteigentumsanteil der Klägerin ist jedoch im Sinne der Vorschrift nicht "angemessen". 39aa) Die Angemessenheit bestimmt sich nach der Zahl der Bewohner, dem Wohnbedarf (zum Beispiel behinderter, blinder oder pflegebedürftiger Menschen), der Grundstücksgröße, der Hausgröße, dem Zuschnitt und der Ausstattung des Wohngebäudes sowie dem Wert des Grundstücks einschließlich des Wohngebäudes (§ 90 Abs. 2 Nr. 8 S. 2 SGB XII). 40Der Senat hat insoweit bereits ausgeführt (vgl. Urteil vom 05.05.2014 - L 20 SO 58/13 Rn. 41 ff.), dass der Gesetzgeber mit dieser Formulierung zur Angemessenheit die sog. Kombinationstheorie aufgegriffen hat, die vom Bundesverwaltungsgericht zur Auslegung des § 88 Abs. 2 Nr. 7 BSHG (i.d.F. bis 31.12.1990) entwickelt worden war. Nach dieser Vorschrift durfte die Sozialhilfe nicht abhängig gemacht werden vom Einsatz oder von der Verwertung eines kleinen Hausgrundstücks, besonders eines Familienheims. Die Eigenschaft eines Hausgrundstücks als "klein" sollte sich nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nach personenbezogenen Kriterien (Zahl der Bewohner und deren besondere Bedürfnisse) sowie nach sachbezogenen und wertbezogenen Kriterien (Größe, Zuschnitt und Ausstattung der Baulichkeit; Größe des Grundstücks; Wert des Grundstücks einschließlich der Baulichkeit) richten (vgl. BVerwG, Urteile vom 17.10.1974 - V C 50.73 sowie vom 17.01.1980 - 5 C 48/78). 41Das Bundessozialgericht hat sich dieser Kombinationstheorie des Bundesverwaltungsgerichts angeschlossen. Danach ist die Angemessenheit nach Maßgabe und Würdigung aller in § 88 Abs. 2 Nr. 7 BSHG (jetzt § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII) bezeichneten personen-, sach- und wertbezogenen Kriterien zu beurteilen. Soweit ein einzelnes Kriterium unangemessen ist, führt dies also nicht automatisch zur Unangemessenheit des Hausgrundstücks (vgl. BSG, Urteil vom 19.05.2009 - B 8 SO 7/08 R). Dieser Rechtsprechung hat sich der erkennende Senat angeschlossen (vgl. Urteil vom 05.05.2014 - L 20 SO 58/13 Rn. 41 ff.). 42Auch nach der danach erforderlichen Gesamtbetrachtung kann der Anteil der Klägerin an dem Hausgrundstück nicht als angemessen angesehen werden. Das Haus I-Straße 00 in N ist ein Sieben-Familien-Haus mit einer Gesamtwohnfläche von etwa 384 m². Für die Bewertung der Angemessenheit ist allerdings nicht auf diese Gesamtwohnfläche abzustellen, sondern lediglich auf die Fläche, die dem Anteil der Klägerin am Gesamthandsvermögen entspricht. Das Bundessozialgericht hat (im Urteil vom 22.03.2012 - B 4 AS 99/11 R Rn. 17 unter Rückgriff auf die Rechtsprechung des Gerichts zum Arbeitslosenhilferecht sowie auf BVerwG, Urteil vom 25.06.1992 - 5 C 19/89 Rn. 12) insofern ausgeführt, dass für die Beurteilung der Angemessenheit eines im Miteigentum stehenden Hausgrundstücks allein auf den vom Leistungsempfänger als Wohnung genutzten Teil des gesamten Hausgrundstücks abgestellt werden kann, wenn das Wohneigentum des Miteigentümers durch die ihren Anteilen entsprechende Nutzung der anderen Miteigentümer auf einen seinem ideellen Miteigentumsanteil entsprechenden realen Grundstücks- und Gebäudeteil beschränkt ist. Abzustellen ist danach grundsätzlich auf den Miteigentumsanteil, soweit die tatsächliche Nutzung diesem entspricht. Wird allerdings durch den Hilfebedürftigen nur ein geringerer Teil genutzt, so muss auch dann auf seinen tatsächlichen Anteil abgestellt werden, weil der Hilfeempfänger eine seinem tatsächlichen Anteil entsprechende Nutzung rechtlich beanspruchen könnte. 43Entsprechendes muss auch im vorliegenden Fall für den Anteil der Klägerin am Gesamthandsvermögen der Erbengemeinschaft gelten. Zwar ist die Klägerin als deren Teil Miteigentümerin der gesamten Immobilie. Ausweislich der von den Eltern getroffenen und von den Erben im Wesentlichen auch "gelebten" Teilungsanordnung kommt der Klägerin die ausschließliche Nutzung der ersten Etage sowie die gemeinschaftliche Nutzung des Dachgeschosses zu. Dies entspricht einer Wohnfläche von 131,7 m² (120 m² im ersten Obergeschoss zuzüglich der anteiligen Wohnfläche im Dachgeschoss, also einem Drittel von 35 m² = 11,7 m²) und damit etwas mehr als einem Drittel der Gesamtwohnfläche. Zwar nutzt die Klägerin seit Antragstellung bis heute lediglich die erste Etage, in welcher sie eine der beiden Wohnungen selbst bewohnt und die andere vermietet, während die Dachgeschosswohnung offenbar ausschließlich durch ihren Bruder genutzt wird. Weder diese tatsächliche Nutzung der Dachgeschosswohnung allein durch den Bruder noch die Vermietung einer der beiden Wohnungen im ersten Obergeschoss ändern jedoch etwas daran, dass für die Beurteilung der Angemessenheit der vollständige Anteil der Klägerin am Gesamthandsvermögen zu berücksichtigen ist. Denn zum einen vermittelt die Teilungsanordnung im Ehe- und Erbvertrag ihrer Eltern einen schuldrechtlichen Anspruch der Klägerin auf eine entsprechende Auseinandersetzung (vgl. zu dieser Wirkung der Teilungsanordnung nur BGH, Urteil vom 17.04.2002 - IV ZR 226/00 sowie Weidlich in Palandt, BGB, 73. Auflage 2014, § 2048 Rn. 4). Zum anderen beschränkt auch die Vermietung eines Teils der Wohnfläche die grundsätzliche Verwertbarkeit nicht (so bereits Urteil des Senats vom 05.05.2014 - L 20 SO 58/13 Rn. 46). 44Die der Klägerin bei einer Auseinandersetzung des Gesamthandvermögens insgesamt zustehende Wohnfläche von mehr als 130 m² ist mithin bei der Beurteilung der Angemessenheit zu Grunde zu legen. Sie ist für die Klägerin, die das Haus nicht mit Angehörigen, insbesondere nicht mit ihrem Bruder bewohnt, unangemessen groß. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zum SGB II ist die angemessene Größe eines selbst genutzten Hausgrundstücks nach den Vorgaben des Zweiten Wohnungsbaugesetzes (II. WobauG) mit einem Grenzwert von 130 m² für einen Vier-Personen-Haushalt zu bestimmen; für jede weitere Person erhöht sich der Anteil um 20 m², für jede Person weniger verringert er sich um 20 m² (vgl. BSG, Urteile vom 07.11.2006 - B 7b AS 2/05 R, vom 16.05.2007 - B 11b AS 37/06 R, vom 19.9.2008 - B 14 AS 54/07 R und vom 12.12.2013 - B 14 AS 90/12 R). Bei einer Belegung des Hauses mit nur einer Person sei die Grenze allerdings typisierend auf 90 m² festzusetzen (vgl. BSG, Urteil vom 12.12.2013 - B 14 AS 90/12 R). Darüber hinaus sei bei einer Überschreitung der Wohnflächenobergrenze um nicht mehr als 10 % mit Rücksicht auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz noch von einer angemessenen Wohnfläche auszugehen (vgl. BSG, Urteil vom 07.11.2006 - B 7b AS 2/05 R). Der für die Sozialhilfe zuständige 8. Senat des BSG hat sich dieser Rechtsprechung - auch aus Gründen der Harmonisierung (zu deren Notwendigkeit vgl. Coseriu, in: Bender/Eicher, Sozialrecht - eine Terra incognita, 2009, 225, 255 f.; Stölting/Greiser, SGb 2010, 631 ff.) - angeschlossen (vgl. BSG, Urteil vom 19.05.2009 - B 8 SO 7/08 R). Der erkennende Senat ist dieser Rechtsprechung grundsätzlich gefolgt (Urteil vom 05.05.2014 - L 20 SO 58/13 Rn. 45). 45Vorliegend ist darüber hinaus zu berücksichtigen, dass es sich bei dem von der Klägerin teilweise bewohnten Haus nicht um ein Familienheim mit (nur) einer Wohnung im Sinne des § 39 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 II. WobauG handelt, sondern um ein Mehrfamilienhaus mit sieben abgeschlossenen Wohneinheiten. Dies rechtfertigt es, bei der Frage nach der angemessene Wohnfläche für einen Vier-Personen-Haushalt auf die Regelung des § 39 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 II. WobauG zurückzugreifen, die nicht Einfamilienhäuser, sondern Eigentumswohnungen betrifft. Danach ist für eigengenutzte Eigentumswohnungen und Kaufeigentumswohnungen eine maximale Wohnfläche von 120 m² vorgesehen. Diese im Vergleich zu Einfamilienhäusern reduzierte Wohnfläche rechtfertigt sich aus dem Umstand, dass in letzteren typischerweise mehr Raum für Flure und Treppen benötigt wird, als er bei Wohnungen anfällt. Dementsprechend stellt auch das Bundessozialgericht bei einer Eigentumswohnung auf eine angemessene Wohnfläche von 120 m² (für vier Personen; mit entsprechenden Änderungen je nach Personenzahl wie bei Einfamilienhäusern) ab (vgl. BSG, Urteil vom 07.11.2006 - B 7b AS 2/05 R Rn. 22). 46Danach wäre für die Klägerin im Hause I-Straße 00 in N eine Wohnfläche von 80 m² als angemessen anzusehen. Auch der Umstand, dass es sich bei den der Klägerin zur Nutzung zur Verfügung stehenden Wohnungen um mehrere abgeschlossene Wohneinheiten handelt, führt zu keiner abweichenden Beurteilung hinsichtlich der Angemessenheit. Denn jedenfalls sind die Wohnungen eigentumsrechtlich bislang nicht voneinander getrennt, so dass sich eine separate Betrachtung schon aus diesem Grund verbietet. Selbst wenn man eine Überschreitung der angemessenen Wohnfläche (80 m²) um 10 % als unbeachtlich ansehen wollte, überstiege die tatsächliche Wohnfläche von 131,7 m² die dann zu berücksichtigenden 88 m² noch erheblich. 47bb) Schließlich wird auch unter Anwendung der Kombinationstheorie die unangemessene Größe der Wohnfläche nicht aufgewogen. Zwar liegt die Grundstücksgröße mit 341 m² durchaus im Bereich des Angemessenen, und auch die Ausstattung der von der Klägerin genutzten Wohnung ist auf Grund des vom Gutachter ermittelten niedrigen Standards nicht als unangemessen anzusehen. Die Zahl der Bewohner des streitgegenständlichen Hauses rechtfertigt allerdings keine andere Bewertung, weil sie sämtlich nicht mit der Klägerin verwandt sind. Dass ein weiterer Wohnbedarf auf Grund bei der Klägerin vorliegender, spezifischer Umstände vorliegt, ist nicht ersichtlich. Aus dem Wert der Immobilie schließlich folgt nichts, was im Rahmen der Gesamtbetrachtung einer Verwertungspflicht entgegenstünde. Der Sachverständige T hat - bestätigt vom Sachverständigen Homann - den Verkehrswert der gesamten Immobilie im März 2007 auf 270.000,00 EUR beziffert, der sich bis zum Jahr 2012 durch Steigerung des Bodenwertes, höherer Bauindexwerte und Mietsteigerungen auf 300.000,00 EUR erhöht hat. Den auf die Klägerin entfallenden Anteil hat er insoweit mit 76.000,00 EUR (2007) bzw. 84.000,00 EUR (2012) angegeben und dies mit dem mangelhaften baulichen Zustand des von ihr genutzten Hausteiles im Vergleich zur übrigen Immobilie begründet. Diese Wertfestsetzung berücksichtigt allerdings nur die Wohnungen im ersten Obergeschoss und lässt den auf die Klägerin nach dem Ehe- und Erbvertrag ihrer Eltern ebenfalls zur Nutzung zukommenden Anteil am Dachgeschoss außer Betracht. Letzterem käme unter Zugrundelegung der gutachterlich ermittelten Werte nochmals ein Wert von rund 8.600,00 EUR bzw. 9.575,00 EUR zu. Das Vermögen der Klägerin hatte daher zum Zeitpunkt der Antragstellung im März 2007 einen Wert von etwa 84.600,00 EUR. Angesichts dessen, dass die Klägerin bei Antragstellung erst 51 Jahre alt war und auf Grund ihrer Erkrankung auf unabsehbare Zeit auf (ergänzende) staatliche Transferleistungen angewiesen sein würde, wenn sie diesen erheblichen Vermögenswert nicht zur Vermeidung von Sozialhilfebedürftigkeit einsetzen müsste, kann eine Freistellung dieses Immobilienvermögens von der Verwertungspflicht sozialhilferechtlich nicht angemessen sein. Daran ändert es auch nichts, dass der Miteigentumsanteil der Klägerin zwischenzeitlich wegen einer Forderung in Höhe von knapp 7.000,00 EUR gepfändet wurde; denn auch dann verbleibt ein erheblicher Vermögenswert, der zur Vermeidung von Sozialhilfebedürftigkeit eingesetzt werden kann. 48c) Die Klägerin kann einer Einsatzpflicht ihres Vermögens schließlich nicht entgegenhalten, dass eine Verwertung bereits durch teilweise Vermietung erfolge. Denn die monatliche Mieteinnahmen betragen lediglich 238,77 EUR. Angesichts des schlechten baulichen Zustandes der vermieteten Wohnung - den die Klägerin selbst mehrfach betont (fehlende Heizkörper und Schimmelbefall) und der auf Grund ihrer Einkommens- und Vermögensverhältnisse auch nicht beseitigt werden kann - ist schon fraglich, ob eine Vermietung auch weiterhin dauerhaft möglich sein wird. Jedenfalls aber führt die Vermietung nicht zu Einnahmen in einer Höhe, die einen (ergänzenden) Sozialhilfebedarf der Klägerin nachhaltig vermeiden würde; dann aber kann dem Nachrang der Sozialhilfe (§ 2 Abs. 1 SGB XII) nur durch eine Verwertung entsprochen werden, die prognostisch für einen langen Zeitraum jegliche Hilfebedürftigkeit beseitigt. 49d) Eine Verwertung des Anteils der Klägerin am Gesamthandsvermögen würde schließlich keine Härte bedeuten, die der Klägerin nicht zuzumuten wäre. Nach § 90 Abs. 3 S. 1 SGB XII darf die Sozialhilfe nicht vom Einsatz oder von der Verwertung eines Vermögens abhängig gemacht werden, soweit dies für den, der das Vermögen einzusetzen hat, und für seine unterhaltsberechtigten Angehörigen eine Härte bedeuten würde. Die Vorschrift soll Fälle erfassen, die wegen ihrer atypischen Ausgestaltung nicht bereits von den Regeltatbeständen des Schonvermögens erfasst werden, diesen aber in Bezug auf den Regelungszweck grundsätzlich gleichwertig sind (vgl. Mecke in jurisPK-SGB XII, 2. Auflage 2014, § 90 Rn. 94, Stand: 01.05.2014). Für die Prüfung des Vorliegens einer Härte sind alle Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen und daraufhin zu überprüfen, ob sie in ihrem Zusammenwirken eine bei anderen Hilfebedürftigen regelmäßig nicht anzutreffende, also atypische schwere Belastung des Vermögensinhabers ergeben. Eine Härte liegt danach vor, wenn auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalles, wie z.B. der Art, Schwere und Dauer der Hilfe, des Alters, des Familienstands oder der sonstigen Belastungen des Vermögensinhabers und seiner Angehörigen, eine typische Vermögenslage deshalb zu einer besonderen Situation wird, weil die soziale Stellung der nachfragenden Person insbesondere wegen einer Behinderung, Krankheit oder Pflegebedürftigkeit nachhaltig beeinträchtigt ist (vgl. Mecke a.a.O. Rn. 98). 50aa) Eine solche Härte bei Verkauf des Anteils der Klägerin am Gesamthandsvermögen ist nicht ersichtlich. Sie folgt insbesondere nicht daraus, dass es sich bei der Immobilie um das Elternhaus der Klägerin handelt. Die Herkunft des Vermögensgegenstandes spielt vielmehr für sich genommen keine Rolle (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.10.1974 - V C 50.73 Rn. 30). Dass die Klägerin mit diesem Haus viele Erinnerungen verbindet und daran eine emotionale Verbindung knüpft, ändert daran nichts; denn dies ist nur die typische Situation eines Familienerbes bzw. eines Eigentümers einer über längere Zeit selbst bewohnten Immobilie. Kommt zudem gerade der Bruder der Klägerin als Käufer ihres Miteigentumsanteils in Betracht, würde das Haus ohnehin im Eigentum eines Mitglieds der Familie der Klägerin verbleiben. Dies würde auch dem Willen der verstorbenen Eltern entgegenkommen, dass das Haus nicht verkauft werde. 51bb) Dass die Klägerin in ihrem Miteigentumsanteil eine Alterssicherung sieht, begründet ebenfalls keine Härte i.S.d. § 90 Abs. 3 SGB XII. Es ist bereits fraglich, ob ein Härtefall nicht schon deshalb ausscheidet, weil die Klägerin Leistungen nach dem Vierten Kapitel des SGB XII begehrt, § 90 Abs. 3 S. 2 SGB XII die Aufrechterhaltung einer angemessenen Alterssicherung aber ausdrücklich nur für Leistungen nach dem Fünften bis Neunten Kapitel als Grund für eine Härte vorsieht. Die deshalb aufgeworfene Frage, ob der Rechtsgedanke des § 90 Abs. 3 S. 2 SGB XII auch auf Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung anzuwenden ist, kann jedoch dahinstehen. Denn die derzeitige Einkommenssituation der Klägerin und ihr gesundheitlicher Zustand rechtfertigt keinerlei Prognose, dass sie im Alter unabhängig von staatlichen Transferleistungen werde leben können. Schon jetzt reichen ihr Renteneinkommen und die Mieteinnahmen nicht aus, um ihren Grundsicherungsbedarf zu decken. Dass sich ihre Rente bis zum oder mit Erreichen der Altersgrenze signifikant erhöhen wird, ist angesichts der Schwere ihrer Erkrankung und ihrer (bei verständiger Prognose als dauerhaft anzusehenden) Erwerbsminderung nicht zu erwarten. Zudem weisen die von ihr genutzte sowie die vermietete Wohnung einen erheblichen Renovierungsrückstand auf, der von der Klägerin aus eigener wirtschaftlicher Kraft ersichtlich nicht behoben werden kann; es liegt deshalb nahe, dass die Mieteinnahmen nicht einmal mehr auf längere Dauer erzielt werden können. Eine Alterssicherung durch Nichtverwertung des Vermögens der Klägerin erscheint deshalb bei verständiger Betrachtung von vornherein nicht möglich. 52cc) Soweit für die Klägerin schließlich für den Fall einer Verwertung ihres Miteigentumsanteils eine Suizidgefahr geltend gemacht wird, führt dies ebenfalls zu keinem anderen Ergebnis. Ob eine solche Gefahr tatsächlich besteht, kann der Senat offen lassen. Selbst wenn sie bestehen sollte, könnte sie nicht - zu Lasten der die Sozialhilfe mit Steuern aufbringenden Allgemeinheit - einen erheblichen Vermögenswert von der sozialhilferechtlichen Verwertungspflicht freistellen. Einer Suizidgefährdung wäre vielmehr ggf. durch Hilfsmaßnahmen zu begegnen, die allgemein in solchen Situationen bereitstehen (etwa Maßnahmen nach dem PsychKG oder sonstige psychiatrische bzw. medizinische Intervention); im sozialhilferechtlichen Regelungsgefüge selbst sind solche Maßnahmen nicht zu verorten, und sie können dieses Gefüge auch nicht konterkarieren. 53e) Besteht kein Anspruch der Klägerin auf die geltend gemachten Sozialhilfeleistungen als nicht rückzahlbarer Zuschuss, so hat die Beklagte im Übrigen auch zu Recht eine darlehensweise Sozialhilfe abgelehnt. Ein Darlehen setzt nach § 91 S. 1 SGB XII voraus, dass der sofortige Verbrauch oder die sofortige Verwertung des Vermögens nicht möglich ist oder für die Person, die es einzusetzen hat, eine besondere Härte bedeuten würde. Unbeschadet der Frage, ob der Klägerin bereits eine sofortige Verwertung durch raschen Verkauf ihres Miteigentumsanteils an ihren zum Kauf bereiten Bruder möglich wäre, liegen die Voraussetzungen für ein Darlehen jedenfalls deshalb nicht vor, weil die Klägerin von vornherein nicht bereit ist, ihren Anteil überhaupt zu verwerten. In einem solchen Fall wird die mit § 91 S. 1 SGB XII geregelte Lebenssituation verfehlt; diese setzt für ein Darlehen voraus, dass eine Verwertung jedenfalls grundsätzlich in Angriff genommen wird und lediglich ihre "sofortige" Verwirklichung eine Härte bedeuten würde oder nicht möglich ist. 543. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG und trägt dem Ergebnis der Hauptsache Rechnung. 554. Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG bestehen nicht.
die berufung der klägerin gegen das urteil des sozialgerichts münster vom 18.10.2012 wird zurückgewiesen. außergerichtliche kosten sind auch im berufungsverfahren nicht zu erstatten. die revision wird nicht zugelassen. 1
2die beteiligten streiten um die gewährung von leistungen der grundsicherung im alter und bei erwerbsminderung nach dem vierten kapitel des sgb xii bzw. von hilfe zum lebensunterhalt nach dem dritten kapitel des sgb xii. 3die 1955 geborene, ledige klägerin leidet an einer psychischen erkrankung in form einer schizophrenie. für sie ist mindestens seit mitte 2005 eine betreuung angeordnet. bis zum 31.03.2007 bezog sie leistungen der grundsicherung für arbeitsuchende. die leistungsbewilligung nach dem sgb ii hob die damalige arge n (als rechtsvorgängerin des heutigen jobcenters) mit wirkung vom 01.04.2007 wegen wegfalls der erwerbsfähigkeit auf (bescheid vom 06.03.2007). zuvor war eine dauerhafte erwerbsminderung der klägerin auf grund ihrer erkrankung durch den ärztlichen dienst der bundesagentur für arbeit festgestellt worden. derzeit bezieht sie eine rente wegen voller erwerbsminderung in höhe von jedenfalls 177,97 eur monatlich (stand: juli 2013). 4die prozessbevollmächtigte der klägerin beantragte als ihre (damalige) betreuerin mit schreiben vom 27.03.2007 bei der beklagten leistungen der grundsicherung im alter und bei erwerbsminderung. zu diesem zeitpunkt verfügte die klägerin über ein girokonto mit einem guthaben von 919,37 eur und ein sparbuch mit einem guthaben von 508,24 eur. in ihrem antrag gab sie an, in einer wohnung in einem mehrfamilienhaus in der i-straße 00 in n zu wohnen, welches sie zu einem anteil von einem drittel von ihren eltern geerbt habe. den restlichen anteil von zwei dritteln halte ihr bruder b c. dem vorgelegten ehe- und erbvertrag der eltern der klägerin vom 23.07.1976 ist zu entnehmen, dass die klägerin und ihre beiden geschwister zu gleichen teilen erben des letztversterbenden ehegatten (der mutter der klägerin) geworden sind. zudem enthält der vertrag eine teilungsanordnung, wonach die drei kinder miterben zu gleichen teilen werden sollten. die erbengemeinschaft solle dahingehend aufgelöst werden, dass der bruder die nutzung des erdgeschosses, die schwester die nutzung der zweiten etage und die klägerin die nutzung der ersten etage erhalte; das dachgeschoss (35 m²) sollte allen dreien gemeinschaftlich zustehen. den anteil der bereits verstorbenen schwester erwab zwischenzeitlich der bruder der klägerin. entsprechend der verfügung der eltern bewohnt die klägerin eine 72 m² große wohnung im ersten obergeschoss. aus der zweiten wohnung auf dieser etage (48 m²) erhält sie mieteinnahmen in höhe von 238,77 eur monatlich. eine kurze gutachterliche äußerung des immobilienkaufmanns n l vom 21.12.2004 schätzt für dezember 2004 für das gesamte hausgrundstück einen verkehrswert von 195.000,00 eur. 5ab april 2007 betrug der monatliche abschlag der klägerin für erdgas 51,00 eur, für strom 25,00 eur und für wasser 47,00 eur. darüber hinaus fielen im august 2007 kosten für notwendige reparaturen und die wohngebäudeversicherung in höhe von 100,90 eur an. nach dem grundbesitzabgabenbescheid waren für das jahr 2007 für das gesamte haus 1.152,61 eur zu zahlen, anteilig fällig jeweils vierteljährlich zur quartalsmitte. ab 01.04.2007 betrugen die beiträge der klägerin an die deutsche bkk monatlich 115,15 eur für die kranken- bzw. 15,92 eur für die pflegeversicherung. 6die beklagte lehnte die gewährung von leistungen nach dem vierten kapitel des sgb xii ab dem 01.04.2007 ab (bescheid vom 21.01.2008). die klägerin verfüge über einen eigentumsanteil von 30,1 % an ihrem elternhaus. dies entspreche einer wohnfläche von 118 m², wovon 59 m² vermietet seien. der wert des hauses habe 2004 bei 195.000,00 eur gelegen, der anteil der klägerin betrage somit 58.695,00 eur. der nicht von ihr selbst bewohnte teil sei nicht geschützt und für ihren lebensunterhalt zu verwerten. die gewährung eines darlehens sei ebenfalls nicht möglich, da eine verwertung der immobilie jedenfalls durch aufnahme eines privaten darlehens erfolgen könne. 7die klägerin erhob dagegen durch ihre bevollmächtigte widerspruch (schreiben vom 28.01.2008). sie beantragte erneut leistungen ab dem 01.02.2008 (schreiben vom 07.02.2008). auf diesen antrag forderte die beklagte mit schreiben vom 12.03.2008 die klägerin auf, entsprechende unterlagen einzureichen, sofern kein vermögen über der freigrenze mehr vorhanden sei. sollte der antrag zur fristwahrung für einen zeitpunkt in der weiteren zukunft gestellt worden sein, so bestehe ein anspruch erst wieder ab dem zeitpunkt, in dem das vermögen die freigrenze nicht mehr überschreite. eine jetzige antragstellung sei daher unerheblich. die ablehnung vom 21.01.2008 bleibe bestehen. 8mit widerspruchsbescheid vom 12.11.2009 (zugestellt am 13.11.2009) wies die beklagte den widerspruch nach beteiligung sozial erfahrener dritter zurück. da leistungen auf grund der wirtschaftlichen verhältnisse der klägerin abgelehnt worden seien, habe man nicht geprüft, ob sie dauerhaft voll erwerbsgemindert sei. auch die höhe des grundsicherungsbedarfs der klägerin sei nicht bekannt, da keine unterlagen zu den unterkunftskosten für die selbstbewohnte wohnung vorlägen. jedenfalls sei die verwertung des miteigentumsanteils an dem haus i-straße 00 in n nicht nach § 90 sgb xii ausgeschlossen. ihr drittel-anteil entspreche etwa 131 m² wohnfläche; sein wert betrage rund 65.000,00 eur. der wohnflächenanteil sei für eine alleinstehende nicht angemessen. anhaltspunkte für eine außergewöhnliche, vom regelfall abweichende bedarfslage bestünden nicht. auch eine besondere härte liege nicht vor, da eine veräußerung es der klägerin ermöglichen würde, zeitweise unabhängig von sozialhilfe zu leben. ihre psychische erkrankung allein könne eine besondere härte ebenfalls nicht begründen, zumal sie nur einen teil ihres erbes veräußern müsse. auch eine darlehensgewährung scheide aus; denn die klägerin habe keine gründe vorgetragen, die einer verwertung entgegenstünden. 9am 14.12.2009 (montag) hat die prozessbevollmächtigte für die klägerin klage erhoben. das haus sei 1895/1910 erbaut und sanierungsbedürftig. die von der klägerin selbst genutzte wohnung verfüge nicht über heizkörper; feuchtigkeit und schimmel bestimmten ihren zustand. renovierungsarbeiten scheiterten an fehlender liquidität, so dass mit einem hohen wertverlust binnen kurzer zeit zu rechnen sei. die klägerin sei zudem psychisch krank. sie leide an schizophrenie und sei in regelmäßiger behandlung. nach rücksprache mit der behandelnden psychologin bestehe suizidgefahr. das haus stelle den letzten bezug zur verstorbenen mutter der klägerin dar, der sie sich sehr verbunden fühle; ein umzug sei deshalb nicht zumutbar. die verwertung des miteigentumsanteils bedeute außerdem eine besondere härte, weil ein verkauf an ihren bruder ihren gesundheitszustand extrem gefährden würde. ein fremder aber würde zwei eigentumswohnungen in einem heruntergekommenen mehrfamilienhaus nicht zum preis von 60.000,00 eur erwerben. schließlich habe die selbstgenutzte wohnung eine angemessene größe. 10die klägerin hat beantragt, 11die beklagte unter aufhebung des bescheides vom 21.01.2008 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 12.11.2009 zu verurteilen, ihr ab dem 01.04.2007 leistungen der sozialhilfe in gestalt der leistungen nach dem vierten kapitel des sgb xii, hilfsweise als darlehen, zu gewähren. 12die beklagte hat beantragt, 13die klage abzuweisen. 14sie hat vorgetragen, für eine fehlende verwertbarkeit des miteigentumsanteils bestünden keine anhaltspunkte. eine verwertung sei im übrigen nicht nur durch verkauf, sondern auch durch beleihung möglich. die psychische erkrankung der klägerin könne eine besondere härte nicht begründen. die klägerin werde ohnehin nicht auf die verwertung des gesamten miteigentumsanteils verwiesen. sofern sie lediglich die vermietete wohnung verwerte, verbleibe ihr immer noch die selbst bewohnte wohnung zur eigenen nutzung. 15während des klageverfahrens hat die bevollmächtigte zwei schreiben des rechtsbeistands des bruders der klägerin vom 16.03. und 22.08.2011 vorgelegt; danach sei dieser bereits seit september 2005 bereit gewesen und sei es auch weiterhin, den miteigentumsanteil der klägerin zu erwerben, allerdings nur dann, wenn die klägerin aus der von ihr bewohnten wohnung ausziehe. zudem hat sie einen grundbuchauszug überreicht, aus dem eine pfändung des erbteils der klägerin für die q ggmbh in n hervorgeht. gleichfalls hat sie einen vollstreckungsbescheid dieser ggmbh vom 02.10.2009 vorgelegt, mit dem eine forderung gegenüber der klägerin in höhe von 6.123,69 eur tituliert wird. 16das sozialgericht hat beweis erhoben durch einholung eines sachverständigengutachtens vom 24.05.2012 des dipl.-ing. (arch.) und bausachverständigen k t zum wert des hauses i-straße 00 in n. danach handelt es sich um ein mehrfamilienhaus mit sieben wohnungen auf einem 341 m² großen grundstück in mittlerer wohnlage. der verkehrswert der gesamtimmobilie habe im märz 2007 bei 270.000,00 eur gelegen. für die klägerin ergebe sich wegen eines abschlags auf grund mangelhaften wohnungszustandes (die modernisierung des ersten obergeschosses sei letztmals 1959/60 erfolgt, die wohnung weise umfangreiche schäden auf, die technik sei veraltet, es sei nur ein elektro-heizofen vorhanden) gegenüber den modernisierten wohnungen ein wertanteil am objekt von 76.000,00 eur. durch zwischenzeitliche wertveränderungen seien zum zeitpunkt der gutachtenerstellung die entsprechenden werte mit 300.000,00 eur bzw. 84.000,00 eur anzunehmen. 17mit urteil vom 18.10.2012 hat das sozialgericht die klage abgewiesen. allein auf grund des im (mit-)eigentum der klägerin befindlichen hausgrundstücks sei von einem den schonbetrag übersteigenden vermögen auszugehen. das hausgrundstück sei verwertbar und gehöre nicht zum schonvermögen, weil es kein angemessenes hausgrundstück im sinne des § 90 abs. 2 nr. 8 sgb xii darstelle. mehrfamilienhäuser unterfielen offensichtlich nicht dem schutzbereich der norm. die verwertung stelle auch keine besondere härte dar. die verwertung von nicht unter § 90 abs. 2 nr. 8 sgb xii fallenden immobilien entspreche grundsätzlich dem willen des gesetzgebers. offen bleiben könne, ob die verwertung durch verkauf wegen der psychischen erkrankung der klägerin eine besondere härte darstelle. auf grund des verkehrswertes des grundstücks gehe das gericht davon aus, dass die aufnahme eines bankdarlehens gegen eine dingliche belastung des grundstücks möglich sei. anhaltspunkte für die notwendigkeit einer darlehensweisen leistungsgewährung lägen ebenfalls nicht vor. 18gegen das der klägerin am 21.12.2012 zugestellte urteil richtet sich deren berufung vom 11.01.2013. die klägerin fühle sich ihrem elternhaus extrem verbunden. die notwendigkeit einer veräußerung rufe bei ihr angst und panik hervor; sie habe bereits ernstzunehmend mit suizid gedroht. auf grund des zustandes sei der miteigentumsanteil auch nicht veräußerbar. die verwertung sei darüber hinaus unverhältnismäßig. die klägerin wohne in ihrer wohnung kostenfrei und erziele durch den mieterlös aus der anderen wohnung einkommen. bei einem verkauf müsste sie eine wohnung anmieten. nach den vorgaben der beklagten stünde ihr ein mietzins von bis zu 428,00 eur zuzüglich heizkosten zu. von dem verkaufserlös müssten die notwendigen sanierungskosten in abzug gebracht werden, so dass der erlös unerheblich sei. 19die klägerin beantragt, 20das urteil des sozialgerichts münster vom 18.10.2012 aufzuheben und die beklagte unter aufhebung des bescheides vom 21.02.2008 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 12.11.2009 zu verurteilen, der klägerin leistungen der grundsicherung im alter und bei erwerbsminderung ab dem 01.04.2007 zu zahlen. 21die beklagte beantragt, 22die berufung zurückzuweisen. 23sie hält die angefochtene entscheidung für zutreffend. 24der senat hat beweis erhoben durch einholung eines gutachtens vom 11.12.2013 des sachverständigen für immobilienbewertung bernhard homann. dieser hat sich hinsichtlich der verkehrswertermittlung dem ergebnis des sachverständigen t angeschlossen. ein verkauf der immobilie zu dem ermittelten verkehrswert sei zudem sowohl im jahr 2007 als auch zum zeitpunkt der gutachtenerstattung innerhalb von zwölf monaten realistisch gewesen. 25wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird bezug genommen auf den inhalt der gerichtsakte und der beigezogenen verwaltungsakte der beklagten, der gegenstand der mündlichen verhandlung gewesen ist. 26
27die nach § 144 abs. 1 s. 2 sgg statthafte und auch im übrigen zulässige berufung ist unbegründet. zu recht hat es das sozialgericht abgelehnt, die beklagte zur erbringung von leistungen der grundsicherung im alter und bei erwerbsminderung bzw. der hilfe zum lebensunterhalt nach dem sgb xii als zuschuss oder als darlehen zu verurteilen. 281. gegenstand des verfahrens ist der bescheid vom 21.01.2008 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 12.11.2009, mit dem es die beklagte ohne zeitliche begrenzung abgelehnt hat, der klägerin leistungen der grundsicherung im alter und bei erwerbsminderung für die zeit ab 01.04.2007 zu gewähren. streitbefangen ist daher der zeitraum vom 01.04.2007 bis zur zweitinstanzlichen mündlichen verhandlung vom 13.10.2014. 29eine zeitliche begrenzung des streitbefangenen zeitraums ergibt sich nicht etwa aus dem neuantrag der klägerin im schreiben vom 07.02.2008. denn die daraufhin erfolgte mitteilung der beklagten vom 12.03.2008 stellt bereits keine erneute ablehnungsentscheidung dar. diesem schreiben fehlt jeglicher regelungscharakter. nach seinem inhalt war der beklagten bereits nicht klar, ob es sich um einen neuantrag wegen einer änderung der vermögensverhältnisse oder aber um einen fristwahrenden neuantrag für einen zeitraum in der zukunft handeln sollte. die ausführungen der beklagten können auch nicht im sinne einer wahlfeststellung dahingehend verstanden werden, dass unabhängig von der tatsachengrundlage in jedem der beiden alternativfälle eine ablehnung erfolgen sollte. vielmehr wären bei einem wegfall des vermögens weitere nachweise einzureichen gewesen, wogegen es bei unveränderter tatsachengrundlage bei der bereits erfolgten ablehnung verblieben wäre. lässt die beklagte danach aber offen, welche rechtsfolge sie an den antrag der klägerin knüpfen will, so trifft sie von vornherein keine regelung. das schreiben war vielmehr als aufforderung zu verstehen, den (ggf. gemeinten) neuantrag zu präzisieren, was jedoch in der folgezeit nicht geschehen ist. 30gegen den angefochtenen bescheid wendet sich die klägerin mit ihrer zulässigen kombinierten anfechtungs- und leistungsklage (§ 54 abs. 1 s. 1 und abs. 4 i.v.m. § 56 sgg). für die von der klägerin geltend gemachten leistungen nach §§ 41 ff. sgb xii ist die beklagte sachlich und örtlich zuständiger leistungsträger (§ 3 abs. 1 und 2, § 97 abs. 1, § 98 abs. 1 s. 2 sgb xii). 312. ein anspruch der klägerin auf leistungsgewährung besteht weder in form eines zuschusses noch eines darlehens. dabei kann offen bleiben, ob die klägerin grundsätzlich nach dem dritten oder nach dem vierten kapitel des sgb xii leistungsberechtigt wäre. denn sie erfüllte im streitgegenständlichen zeitraum die anspruchsvoraussetzungen weder des § 19 abs. 1 sgb xii (i.d.f. ab 01.01.2005) bzw. 27 sgb xii (i.d.f. ab 01.01.2011) noch des § 19 abs. 2 sgb xii (in der jeweils geltenden fassung) bzw. des § 41 sgb xii (i.d.f. ab 01.01.2011). die klägerin hatte zwar durch ihren wohnsitz in n ihren gewöhnlichen aufenthalt im inland. sie ist auch voll erwerbsgemindert, wobei die frage, ob diese erwerbsminderung auch auf dauer besteht, offen bleiben kann. 32denn zwar konnte die klägerin ihren bedarf nicht vollständig aus ihrem einkommen decken. ihr monatlicher bedarf bestand zumindest in höhe von 445,00 eur (347,00 eur regelbedarf (stand 2007) sowie unterkunftskosten mindestens in höhe von monatlich 51,00 eur für erdgas, 47,00 eur monatlich für wasser und ggf. 25,00 eur für strom; letzterer ist zumindest teilweise zu berücksichtigen, weil die klägerin ausweislich des vom sozialgericht eingeholten gutachtens einen elektro-heizofen für das heizen der wohnung besitzt). hinzu kommen noch vierteljährlich anfallende grundbesitzabgaben, kosten für versicherungen sowie einmalige reparaturen, die jeweils im fälligkeitsmonat zu berücksichtigen sind. dem standen lediglich monatliche einkünfte aus einer rente in höhe von etwa 177,97 eur (so der stand am 01.07.2013) sowie aus mieteinnahmen in höhe von 238,77 eur, insgesamt also von 416,74 eur gegenüber. bei der klägerin verbleibt daher ein monatlicher bedarf für (ergänzende) leistungen von mindestens 28,26 eur; in einigen monaten dürfte er noch wesentlich höher liegen. 33voraussetzung für leistungen sowohl nach dem dritten als auch nach dem vierten kapitel des sgb xii ist jedoch überdies, dass der hilfebedürftige seinen notwendigen lebensunterhalt nicht aus eigenem vermögen bestreiten kann. diese voraussetzung erfüllt die klägerin nicht. 34nach § 90 abs. 1 sgb xii ist das gesamte verwertbare vermögen einzusetzen. als verwertbares vermögen kommt bei der klägerin ihr erbengemeinschaftlicher drittel-anteil am nachlass ihrer eltern in betracht, namentlich also am haus i-straße 00 in n, in dem die klägerin unter anderem auch selbst wohnt. 35a) rechtliche oder tatsächliche hindernisse für eine verwertbarkeit des erbteils bestehen nicht. solange die ungeteilte erbengemeinschaft fortbesteht, kann die klägerin grundsätzlich ihren anteil durch verkauf - insbesondere an den zum kauf bereiten bruder - oder aber durch verpfändung verwerten (vgl. zu diesen verwertungsmöglichkeiten bereits bsg, urteil vom 27.01.2009 - b 14 as 42/07 r rn. 27). darüber hinaus bestand und besteht für sie auch die möglichkeit, eine auseinandersetzung des erbes nach §§ 2042 ff. bgb zu verlangen. 36aa) ein etwa angeordneter ausschluss der auseinandersetzung durch letztwillige verfügung nach § 2044 bgb stünde einer solchen verwertungsmöglichkeit nicht entgegen. denn zum einen kann durch einen solchen lediglich die auseinandersetzung der erbengemeinschaft, nicht aber der verkauf des erbteils ausgeschlossen werden, so dass ein verkauf des erbteils insbesondere an den bruder der klägerin weiterhin möglich bliebe. zum anderen erfährt § 2044 bgb nach dessen abs. 1 s. 2 eine einschränkung durch die entsprechende anwendung des § 749 abs. 2 bgb. danach ist auch bei einem ausschluss der auseinandersetzung letztere bei vorliegen eines wichtigen grundes möglich. ein solcher dürfte - ohne dass der senat dies abschließend entscheiden müsste - jedoch bei eintritt der sozialhilfebedürftigkeit eines erben gegeben. würde man dies anders sehen, so würde eine entsprechende letztwillige verfügung eine solche zu lasten dritter, hier des sozialhilfeträgers, darstellen. dies wäre mit dem nachranggrundsatz der sozialhilfe nicht zu vereinbaren. unbeschadet dessen war ohnehin ein ausschluss der auseinandersetzung im sinne des § 2044 bgb durch die erblasser - die eltern der klägerin - ersichtlich nicht gewollt. denn der erbvertrag enthält eindeutig vorgaben gerade zu einer auflösung der erbengemeinschaft im rahmen einer teilungsanordnung im sinne des § 2048 bgb. 37bb) würde die klägerin daher gegenüber ihrem bruder anstelle eines verkaufs ihres miteigentumsanteils die auseinandersetzung der erbengemeinschaft verlangen, so erlaubte die von ihren eltern (ggf.) getroffene teilungsanordnung jedenfalls eine zuweisung von alleineigentum an die klägerin an den beiden wohnungen im ersten stock sowie ein drittel-miteigentumsanteil an der wohnung im dachgeschoss. auf diese weise wäre die klägerin jedenfalls in der lage, die zur zeit vermietete wohnung sowie den miteigentumsanteil an der dachgeschosswohnung zu veräußern. bislang hat sich die klägerin allerdings nicht um eine entsprechende auseinandersetzung (wie überhaupt um eine verwertung ihres miteigentumsanteils) bemüht. sofern ein hilfebedürftiger an der auseinandersetzung einer erbengemeinschaft aber nicht interessiert ist und den auseinandersetzungsanspruch nicht ernstlich geltend gemacht hat, besteht von vornherein kein tatsächliches verwertungshindernis (bsg, urteil vom 27.01.2009 - b 14 as 42/07 r rn. 34). 38b) die verwertung des miteigentumsanteils der klägerin ist auch nicht nach § 90 abs. 2 nr. 8 sgb xii ausgeschlossen. die vorschrift bestimmt, dass die sozialhilfe nicht abhängig gemacht werden darf vom einsatz oder von der verwertung eines angemessenen hausgrundstücks, das von der nachfragenden person oder einer anderen in den § 19 abs. 1 bis 3 genannten person allein oder zusammen mit angehörigen ganz oder teilweise bewohnt wird und nach ihrem tod von ihren angehörigen bewohnt werden soll. der miteigentumsanteil der klägerin ist jedoch im sinne der vorschrift nicht "angemessen". 39aa) die angemessenheit bestimmt sich nach der zahl der bewohner, dem wohnbedarf (zum beispiel behinderter, blinder oder pflegebedürftiger menschen), der grundstücksgröße, der hausgröße, dem zuschnitt und der ausstattung des wohngebäudes sowie dem wert des grundstücks einschließlich des wohngebäudes (§ 90 abs. 2 nr. 8 s. 2 sgb xii). 40der senat hat insoweit bereits ausgeführt (vgl. urteil vom 05.05.2014 - l 20 so 58/13 rn. 41 ff.), dass der gesetzgeber mit dieser formulierung zur angemessenheit die sog. kombinationstheorie aufgegriffen hat, die vom bundesverwaltungsgericht zur auslegung des § 88 abs. 2 nr. 7 bshg (i.d.f. bis 31.12.1990) entwickelt worden war. nach dieser vorschrift durfte die sozialhilfe nicht abhängig gemacht werden vom einsatz oder von der verwertung eines kleinen hausgrundstücks, besonders eines familienheims. die eigenschaft eines hausgrundstücks als "klein" sollte sich nach der rechtsprechung des bundesverwaltungsgerichts nach personenbezogenen kriterien (zahl der bewohner und deren besondere bedürfnisse) sowie nach sachbezogenen und wertbezogenen kriterien (größe, zuschnitt und ausstattung der baulichkeit; größe des grundstücks; wert des grundstücks einschließlich der baulichkeit) richten (vgl. bverwg, urteile vom 17.10.1974 - v c 50.73 sowie vom 17.01.1980 - 5 c 48/78). 41das bundessozialgericht hat sich dieser kombinationstheorie des bundesverwaltungsgerichts angeschlossen. danach ist die angemessenheit nach maßgabe und würdigung aller in § 88 abs. 2 nr. 7 bshg (jetzt § 90 abs. 2 nr. 8 sgb xii) bezeichneten personen-, sach- und wertbezogenen kriterien zu beurteilen. soweit ein einzelnes kriterium unangemessen ist, führt dies also nicht automatisch zur unangemessenheit des hausgrundstücks (vgl. bsg, urteil vom 19.05.2009 - b 8 so 7/08 r). dieser rechtsprechung hat sich der erkennende senat angeschlossen (vgl. urteil vom 05.05.2014 - l 20 so 58/13 rn. 41 ff.). 42auch nach der danach erforderlichen gesamtbetrachtung kann der anteil der klägerin an dem hausgrundstück nicht als angemessen angesehen werden. das haus i-straße 00 in n ist ein sieben-familien-haus mit einer gesamtwohnfläche von etwa 384 m². für die bewertung der angemessenheit ist allerdings nicht auf diese gesamtwohnfläche abzustellen, sondern lediglich auf die fläche, die dem anteil der klägerin am gesamthandsvermögen entspricht. das bundessozialgericht hat (im urteil vom 22.03.2012 - b 4 as 99/11 r rn. 17 unter rückgriff auf die rechtsprechung des gerichts zum arbeitslosenhilferecht sowie auf bverwg, urteil vom 25.06.1992 - 5 c 19/89 rn. 12) insofern ausgeführt, dass für die beurteilung der angemessenheit eines im miteigentum stehenden hausgrundstücks allein auf den vom leistungsempfänger als wohnung genutzten teil des gesamten hausgrundstücks abgestellt werden kann, wenn das wohneigentum des miteigentümers durch die ihren anteilen entsprechende nutzung der anderen miteigentümer auf einen seinem ideellen miteigentumsanteil entsprechenden realen grundstücks- und gebäudeteil beschränkt ist. abzustellen ist danach grundsätzlich auf den miteigentumsanteil, soweit die tatsächliche nutzung diesem entspricht. wird allerdings durch den hilfebedürftigen nur ein geringerer teil genutzt, so muss auch dann auf seinen tatsächlichen anteil abgestellt werden, weil der hilfeempfänger eine seinem tatsächlichen anteil entsprechende nutzung rechtlich beanspruchen könnte. 43entsprechendes muss auch im vorliegenden fall für den anteil der klägerin am gesamthandsvermögen der erbengemeinschaft gelten. zwar ist die klägerin als deren teil miteigentümerin der gesamten immobilie. ausweislich der von den eltern getroffenen und von den erben im wesentlichen auch "gelebten" teilungsanordnung kommt der klägerin die ausschließliche nutzung der ersten etage sowie die gemeinschaftliche nutzung des dachgeschosses zu. dies entspricht einer wohnfläche von 131,7 m² (120 m² im ersten obergeschoss zuzüglich der anteiligen wohnfläche im dachgeschoss, also einem drittel von 35 m² = 11,7 m²) und damit etwas mehr als einem drittel der gesamtwohnfläche. zwar nutzt die klägerin seit antragstellung bis heute lediglich die erste etage, in welcher sie eine der beiden wohnungen selbst bewohnt und die andere vermietet, während die dachgeschosswohnung offenbar ausschließlich durch ihren bruder genutzt wird. weder diese tatsächliche nutzung der dachgeschosswohnung allein durch den bruder noch die vermietung einer der beiden wohnungen im ersten obergeschoss ändern jedoch etwas daran, dass für die beurteilung der angemessenheit der vollständige anteil der klägerin am gesamthandsvermögen zu berücksichtigen ist. denn zum einen vermittelt die teilungsanordnung im ehe- und erbvertrag ihrer eltern einen schuldrechtlichen anspruch der klägerin auf eine entsprechende auseinandersetzung (vgl. zu dieser wirkung der teilungsanordnung nur bgh, urteil vom 17.04.2002 - iv zr 226/00 sowie weidlich in palandt, bgb, 73. auflage 2014, § 2048 rn. 4). zum anderen beschränkt auch die vermietung eines teils der wohnfläche die grundsätzliche verwertbarkeit nicht (so bereits urteil des senats vom 05.05.2014 - l 20 so 58/13 rn. 46). 44die der klägerin bei einer auseinandersetzung des gesamthandvermögens insgesamt zustehende wohnfläche von mehr als 130 m² ist mithin bei der beurteilung der angemessenheit zu grunde zu legen. sie ist für die klägerin, die das haus nicht mit angehörigen, insbesondere nicht mit ihrem bruder bewohnt, unangemessen groß. nach der rechtsprechung des bundessozialgerichts zum sgb ii ist die angemessene größe eines selbst genutzten hausgrundstücks nach den vorgaben des zweiten wohnungsbaugesetzes (ii. wobaug) mit einem grenzwert von 130 m² für einen vier-personen-haushalt zu bestimmen; für jede weitere person erhöht sich der anteil um 20 m², für jede person weniger verringert er sich um 20 m² (vgl. bsg, urteile vom 07.11.2006 - b 7b as 2/05 r, vom 16.05.2007 - b 11b as 37/06 r, vom 19.9.2008 - b 14 as 54/07 r und vom 12.12.2013 - b 14 as 90/12 r). bei einer belegung des hauses mit nur einer person sei die grenze allerdings typisierend auf 90 m² festzusetzen (vgl. bsg, urteil vom 12.12.2013 - b 14 as 90/12 r). darüber hinaus sei bei einer überschreitung der wohnflächenobergrenze um nicht mehr als 10 % mit rücksicht auf den verhältnismäßigkeitsgrundsatz noch von einer angemessenen wohnfläche auszugehen (vgl. bsg, urteil vom 07.11.2006 - b 7b as 2/05 r). der für die sozialhilfe zuständige 8. senat des bsg hat sich dieser rechtsprechung - auch aus gründen der harmonisierung (zu deren notwendigkeit vgl. coseriu, in: bender/eicher, sozialrecht - eine terra incognita, 2009, 225, 255 f.; stölting/greiser, sgb 2010, 631 ff.) - angeschlossen (vgl. bsg, urteil vom 19.05.2009 - b 8 so 7/08 r). der erkennende senat ist dieser rechtsprechung grundsätzlich gefolgt (urteil vom 05.05.2014 - l 20 so 58/13 rn. 45). 45vorliegend ist darüber hinaus zu berücksichtigen, dass es sich bei dem von der klägerin teilweise bewohnten haus nicht um ein familienheim mit (nur) einer wohnung im sinne des § 39 abs. 1 s. 1 nr. 1 ii. wobaug handelt, sondern um ein mehrfamilienhaus mit sieben abgeschlossenen wohneinheiten. dies rechtfertigt es, bei der frage nach der angemessene wohnfläche für einen vier-personen-haushalt auf die regelung des § 39 abs. 1 s. 1 nr. 3 ii. wobaug zurückzugreifen, die nicht einfamilienhäuser, sondern eigentumswohnungen betrifft. danach ist für eigengenutzte eigentumswohnungen und kaufeigentumswohnungen eine maximale wohnfläche von 120 m² vorgesehen. diese im vergleich zu einfamilienhäusern reduzierte wohnfläche rechtfertigt sich aus dem umstand, dass in letzteren typischerweise mehr raum für flure und treppen benötigt wird, als er bei wohnungen anfällt. dementsprechend stellt auch das bundessozialgericht bei einer eigentumswohnung auf eine angemessene wohnfläche von 120 m² (für vier personen; mit entsprechenden änderungen je nach personenzahl wie bei einfamilienhäusern) ab (vgl. bsg, urteil vom 07.11.2006 - b 7b as 2/05 r rn. 22). 46danach wäre für die klägerin im hause i-straße 00 in n eine wohnfläche von 80 m² als angemessen anzusehen. auch der umstand, dass es sich bei den der klägerin zur nutzung zur verfügung stehenden wohnungen um mehrere abgeschlossene wohneinheiten handelt, führt zu keiner abweichenden beurteilung hinsichtlich der angemessenheit. denn jedenfalls sind die wohnungen eigentumsrechtlich bislang nicht voneinander getrennt, so dass sich eine separate betrachtung schon aus diesem grund verbietet. selbst wenn man eine überschreitung der angemessenen wohnfläche (80 m²) um 10 % als unbeachtlich ansehen wollte, überstiege die tatsächliche wohnfläche von 131,7 m² die dann zu berücksichtigenden 88 m² noch erheblich. 47bb) schließlich wird auch unter anwendung der kombinationstheorie die unangemessene größe der wohnfläche nicht aufgewogen. zwar liegt die grundstücksgröße mit 341 m² durchaus im bereich des angemessenen, und auch die ausstattung der von der klägerin genutzten wohnung ist auf grund des vom gutachter ermittelten niedrigen standards nicht als unangemessen anzusehen. die zahl der bewohner des streitgegenständlichen hauses rechtfertigt allerdings keine andere bewertung, weil sie sämtlich nicht mit der klägerin verwandt sind. dass ein weiterer wohnbedarf auf grund bei der klägerin vorliegender, spezifischer umstände vorliegt, ist nicht ersichtlich. aus dem wert der immobilie schließlich folgt nichts, was im rahmen der gesamtbetrachtung einer verwertungspflicht entgegenstünde. der sachverständige t hat - bestätigt vom sachverständigen homann - den verkehrswert der gesamten immobilie im märz 2007 auf 270.000,00 eur beziffert, der sich bis zum jahr 2012 durch steigerung des bodenwertes, höherer bauindexwerte und mietsteigerungen auf 300.000,00 eur erhöht hat. den auf die klägerin entfallenden anteil hat er insoweit mit 76.000,00 eur (2007) bzw. 84.000,00 eur (2012) angegeben und dies mit dem mangelhaften baulichen zustand des von ihr genutzten hausteiles im vergleich zur übrigen immobilie begründet. diese wertfestsetzung berücksichtigt allerdings nur die wohnungen im ersten obergeschoss und lässt den auf die klägerin nach dem ehe- und erbvertrag ihrer eltern ebenfalls zur nutzung zukommenden anteil am dachgeschoss außer betracht. letzterem käme unter zugrundelegung der gutachterlich ermittelten werte nochmals ein wert von rund 8.600,00 eur bzw. 9.575,00 eur zu. das vermögen der klägerin hatte daher zum zeitpunkt der antragstellung im märz 2007 einen wert von etwa 84.600,00 eur. angesichts dessen, dass die klägerin bei antragstellung erst 51 jahre alt war und auf grund ihrer erkrankung auf unabsehbare zeit auf (ergänzende) staatliche transferleistungen angewiesen sein würde, wenn sie diesen erheblichen vermögenswert nicht zur vermeidung von sozialhilfebedürftigkeit einsetzen müsste, kann eine freistellung dieses immobilienvermögens von der verwertungspflicht sozialhilferechtlich nicht angemessen sein. daran ändert es auch nichts, dass der miteigentumsanteil der klägerin zwischenzeitlich wegen einer forderung in höhe von knapp 7.000,00 eur gepfändet wurde; denn auch dann verbleibt ein erheblicher vermögenswert, der zur vermeidung von sozialhilfebedürftigkeit eingesetzt werden kann. 48c) die klägerin kann einer einsatzpflicht ihres vermögens schließlich nicht entgegenhalten, dass eine verwertung bereits durch teilweise vermietung erfolge. denn die monatliche mieteinnahmen betragen lediglich 238,77 eur. angesichts des schlechten baulichen zustandes der vermieteten wohnung - den die klägerin selbst mehrfach betont (fehlende heizkörper und schimmelbefall) und der auf grund ihrer einkommens- und vermögensverhältnisse auch nicht beseitigt werden kann - ist schon fraglich, ob eine vermietung auch weiterhin dauerhaft möglich sein wird. jedenfalls aber führt die vermietung nicht zu einnahmen in einer höhe, die einen (ergänzenden) sozialhilfebedarf der klägerin nachhaltig vermeiden würde; dann aber kann dem nachrang der sozialhilfe (§ 2 abs. 1 sgb xii) nur durch eine verwertung entsprochen werden, die prognostisch für einen langen zeitraum jegliche hilfebedürftigkeit beseitigt. 49d) eine verwertung des anteils der klägerin am gesamthandsvermögen würde schließlich keine härte bedeuten, die der klägerin nicht zuzumuten wäre. nach § 90 abs. 3 s. 1 sgb xii darf die sozialhilfe nicht vom einsatz oder von der verwertung eines vermögens abhängig gemacht werden, soweit dies für den, der das vermögen einzusetzen hat, und für seine unterhaltsberechtigten angehörigen eine härte bedeuten würde. die vorschrift soll fälle erfassen, die wegen ihrer atypischen ausgestaltung nicht bereits von den regeltatbeständen des schonvermögens erfasst werden, diesen aber in bezug auf den regelungszweck grundsätzlich gleichwertig sind (vgl. mecke in jurispk-sgb xii, 2. auflage 2014, § 90 rn. 94, stand: 01.05.2014). für die prüfung des vorliegens einer härte sind alle umstände des einzelfalls zu berücksichtigen und daraufhin zu überprüfen, ob sie in ihrem zusammenwirken eine bei anderen hilfebedürftigen regelmäßig nicht anzutreffende, also atypische schwere belastung des vermögensinhabers ergeben. eine härte liegt danach vor, wenn auf grund besonderer umstände des einzelfalles, wie z.b. der art, schwere und dauer der hilfe, des alters, des familienstands oder der sonstigen belastungen des vermögensinhabers und seiner angehörigen, eine typische vermögenslage deshalb zu einer besonderen situation wird, weil die soziale stellung der nachfragenden person insbesondere wegen einer behinderung, krankheit oder pflegebedürftigkeit nachhaltig beeinträchtigt ist (vgl. mecke a.a.o. rn. 98). 50aa) eine solche härte bei verkauf des anteils der klägerin am gesamthandsvermögen ist nicht ersichtlich. sie folgt insbesondere nicht daraus, dass es sich bei der immobilie um das elternhaus der klägerin handelt. die herkunft des vermögensgegenstandes spielt vielmehr für sich genommen keine rolle (vgl. bverwg, urteil vom 17.10.1974 - v c 50.73 rn. 30). dass die klägerin mit diesem haus viele erinnerungen verbindet und daran eine emotionale verbindung knüpft, ändert daran nichts; denn dies ist nur die typische situation eines familienerbes bzw. eines eigentümers einer über längere zeit selbst bewohnten immobilie. kommt zudem gerade der bruder der klägerin als käufer ihres miteigentumsanteils in betracht, würde das haus ohnehin im eigentum eines mitglieds der familie der klägerin verbleiben. dies würde auch dem willen der verstorbenen eltern entgegenkommen, dass das haus nicht verkauft werde. 51bb) dass die klägerin in ihrem miteigentumsanteil eine alterssicherung sieht, begründet ebenfalls keine härte i.s.d. § 90 abs. 3 sgb xii. es ist bereits fraglich, ob ein härtefall nicht schon deshalb ausscheidet, weil die klägerin leistungen nach dem vierten kapitel des sgb xii begehrt, § 90 abs. 3 s. 2 sgb xii die aufrechterhaltung einer angemessenen alterssicherung aber ausdrücklich nur für leistungen nach dem fünften bis neunten kapitel als grund für eine härte vorsieht. die deshalb aufgeworfene frage, ob der rechtsgedanke des § 90 abs. 3 s. 2 sgb xii auch auf leistungen der grundsicherung im alter und bei erwerbsminderung anzuwenden ist, kann jedoch dahinstehen. denn die derzeitige einkommenssituation der klägerin und ihr gesundheitlicher zustand rechtfertigt keinerlei prognose, dass sie im alter unabhängig von staatlichen transferleistungen werde leben können. schon jetzt reichen ihr renteneinkommen und die mieteinnahmen nicht aus, um ihren grundsicherungsbedarf zu decken. dass sich ihre rente bis zum oder mit erreichen der altersgrenze signifikant erhöhen wird, ist angesichts der schwere ihrer erkrankung und ihrer (bei verständiger prognose als dauerhaft anzusehenden) erwerbsminderung nicht zu erwarten. zudem weisen die von ihr genutzte sowie die vermietete wohnung einen erheblichen renovierungsrückstand auf, der von der klägerin aus eigener wirtschaftlicher kraft ersichtlich nicht behoben werden kann; es liegt deshalb nahe, dass die mieteinnahmen nicht einmal mehr auf längere dauer erzielt werden können. eine alterssicherung durch nichtverwertung des vermögens der klägerin erscheint deshalb bei verständiger betrachtung von vornherein nicht möglich. 52cc) soweit für die klägerin schließlich für den fall einer verwertung ihres miteigentumsanteils eine suizidgefahr geltend gemacht wird, führt dies ebenfalls zu keinem anderen ergebnis. ob eine solche gefahr tatsächlich besteht, kann der senat offen lassen. selbst wenn sie bestehen sollte, könnte sie nicht - zu lasten der die sozialhilfe mit steuern aufbringenden allgemeinheit - einen erheblichen vermögenswert von der sozialhilferechtlichen verwertungspflicht freistellen. einer suizidgefährdung wäre vielmehr ggf. durch hilfsmaßnahmen zu begegnen, die allgemein in solchen situationen bereitstehen (etwa maßnahmen nach dem psychkg oder sonstige psychiatrische bzw. medizinische intervention); im sozialhilferechtlichen regelungsgefüge selbst sind solche maßnahmen nicht zu verorten, und sie können dieses gefüge auch nicht konterkarieren. 53e) besteht kein anspruch der klägerin auf die geltend gemachten sozialhilfeleistungen als nicht rückzahlbarer zuschuss, so hat die beklagte im übrigen auch zu recht eine darlehensweise sozialhilfe abgelehnt. ein darlehen setzt nach § 91 s. 1 sgb xii voraus, dass der sofortige verbrauch oder die sofortige verwertung des vermögens nicht möglich ist oder für die person, die es einzusetzen hat, eine besondere härte bedeuten würde. unbeschadet der frage, ob der klägerin bereits eine sofortige verwertung durch raschen verkauf ihres miteigentumsanteils an ihren zum kauf bereiten bruder möglich wäre, liegen die voraussetzungen für ein darlehen jedenfalls deshalb nicht vor, weil die klägerin von vornherein nicht bereit ist, ihren anteil überhaupt zu verwerten. in einem solchen fall wird die mit § 91 s. 1 sgb xii geregelte lebenssituation verfehlt; diese setzt für ein darlehen voraus, dass eine verwertung jedenfalls grundsätzlich in angriff genommen wird und lediglich ihre "sofortige" verwirklichung eine härte bedeuten würde oder nicht möglich ist. 543. die kostenentscheidung beruht auf § 193 abs. 1 sgg und trägt dem ergebnis der hauptsache rechnung. 554. gründe für die zulassung der revision nach § 160 abs. 2 sgg bestehen nicht.
Verklagte*r
0
116,423
3 Ca 1177/16 lev
2016-11-03T00:00:00
Urteil
Tenor 1.Die Klage wird abgewiesen. 2.Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin. 3.Der Streitwert beträgt 11.200,00 € 1Tatbestand: 2Die Parteien streiten über die Wirksamkeit eines Aufhebungsvertrages. 3Die 49-jährige Klägerin war bei dem Beklagten, einem Verein, seit dem 15.01.2015 gegen eine monatliche Vergütung in Höhe von 2.800,00 EUR brutto tätig. Das Arbeitsverhältnis war bis zum 14.01.2017 befristet. 4Am 10.03.2016 erschien der als "Geschäftsführer" beschäftigte Mitarbeiter des Beklagten, Herr P., während der Arbeitszeit bei der Klägerin und bat diese um ein Gespräch. In diesem hielt er der Klägerin vor, einen Arbeitszeitbetrug begangen zu haben. Nach Vorlesen eines bereits vorbereiteten Aufhebungsvertrages (Bl. 62 ff.) unterzeichneten die Klägerin und Herr P. den Vertrag. In dem Aufhebungsvertrag wurde vereinbart, dass das Arbeitsverhältnis zum 31.07.2016 sein Ende finden sollte. Bis zu diesem Beendigungszeitpunkt sollte das Arbeitsverhältnis ordnungsgemäß abrechnet und abgewickelt werden. Des Weiteren sollte die Klägerin den Jahresurlaub in natura nehmen. Die Arbeitnehmerin sollte zudem ein qualifiziertes Zeugnis erhalten. Ansprüche aus sämtlichen Altersversorgungen sollten bestehen bleiben. Im Vertrag sind noch Hinweise auf die Pflicht zur Arbeitslosmeldung bei der Bundesagentur für Arbeit sowie auf negative Folgen, wie beispielsweise eine Sperrzeit, enthalten. Zudem heißt es darin, dass die Arbeitnehmerin ausdrücklich auf ein Widerrufsrecht verzichtet. Der Vertrag ist von Herrn P. unterzeichnet. Unter seinem Namenszug steht "Geschäftsführung". 5Herrn P. wurde bereits am 15.01.2016 (Bl. 36 d. Akte) eine rechtsgeschäftliche Vollmacht erteilt, insbesondere zum Abschluss, Änderung und Beendigung von Anstellungsverträgen mit Mitarbeitern. In § 3 der Geschäftsordnung für den Vorstand des Beklagten (Bl. 41 ff. d. Akte) heißt es, dass die vom Vorstand eingestellte Geschäftsführung für die operative Abwicklung aller Maßnahmen und Einrichtungen des Vereins zuständig ist. Dies umfasse insbesondere die Verantwortung für das Personalwesen und das damit verbundene Führungs- und Weisungsrecht gegenüber den Mitarbeitern sowie das Finanz- und Rechnungswesen. Weiteres regele eine verbindliche Stellenbeschreibung. In der Stellenbeschreibung (Bl. 43 d. Akte) heißt es, dass zu den Aufgaben der Geschäftsführung insbesondere die Verantwortung für das gesamte Personalwesen und die Personalführung, sowie Beschaffung, Auswahl, Einstellung, Entwicklung, Beurteilung, Entlassung, sowie das Führen von Arbeitsrechtsstreiten gehören. 6Mit Schreiben vom 10.03.2016 (Bl. 56 d. Akte) widerrief die Klägerin die Vereinbarung. Im Juli 2016 hat die Klägerin nicht gearbeitet; in der Zeit vom 08. bis 31.07.2016 war sie arbeitsunfähig erkrankt. Mit Schreiben vom 24.08.2016 (Bl. 5 d. Akte) hat die Klägerin den Aufhebungsvertrag angefochten. Mit Schreiben vom 09.09.2016 (Bl. 58 d. Akte) hat sie die vollständige Lohnzahlung für den Monat Juli 2016 angemahnt. Des Weiteren hat sie eine Zahlungsfrist von 7 Tagen gesetzt, andernfalls werde überlegt, den Rechtsstreit um einen Zahlungsanspruch zu erweitern. Mit Schreiben vom 27.09.2016 (Bl. 54 ff. d. Akte) hat der Beklagte erklären lassen, dass der Vertrag vom 10.03.2016 erfüllt sei. Der Nettobetrag für Juli sei am 20.07.2016 überwiesen und am 27.07.2016 gutgeschrieben worden. Das Zeugnis sei versandt worden. Der Urlaubsanspruch sei in natura genommen worden. Mit Schreiben vom 26.09.2016 erklärte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin wiederum eine Abrechnung liege nicht vor. Auch sei das Nettoentgelt nicht gutgeschrieben worden. Das Zeugnis sei nicht eingegangen. Urlaubstage seien nicht gewährt worden. Gleiches gelte für die anteilmäßige Zahlung des Weihnachtgeldes. Vor diesem Hintergrund erkläre die Klägerin den Rücktritt vom Aufhebungsvertrag. 7Die Klägerin hat zunächst vorgetragen, Herr P. habe im Gespräch am 10.03.2016 erklärt, sie müsse den vorbereiteten Vertrag unterzeichnen. Er habe ihr eine Weisung erteilt. Daraufhin habe sie den Vertrag unterzeichnet. Dann erst sei ihr erläutert worden, dass Gegenstand des Vertrages Beendigung des Arbeitsverhältnisses sei. Hätte sie gewusst, dass es sich um einen Aufhebungsvertrag gehandelt habe, wäre sie der Weisung nicht gefolgt. Der Beklagte hätte sie nicht unter Druck setzen dürfen. Im Termin am 08.09.2016 hat die Klägerin dann erklärt, die Vertragsklauseln des Aufhebungsvertrages habe Herr P. vorgelesen, allerdings relativ flott. Mit Schriftsatz vom 26.10.2016 bestätigte sie ihren Vortrag, sie habe die Vereinbarung unterzeichnen müssen. Die Klägerin macht des Weiteren geltend, die Schriftform sei nicht eingehalten. Es fehle eine eigenhändige Unterschrift. Ein Vertretungsverhältnis werde nicht deutlich. Der Hinweis auf die Geschäftsführung lasse nicht auf ein Vertretungsverhältnis schließen. 8Sie habe die Vereinbarung nach § 312 ff. BGB widerrufen. Zudem sei die Vereinbarung nach § 307 ff. BGB unwirksam. Eine kompensierende Gegenleistung gebe es nicht. Schließlich sei sie wirksam vom Vertrag zurückgetreten. Der Beklagte sei der Vereinbarung nicht nachgekommen und habe das Arbeitsverhältnis nicht ordnungsgemäß abgerechnet; es seien nicht alle 18 offenen Urlaubsansprüche abgegolten worden. 9Die Klägerin beantragt zuletzt: 101.Den Beklagten zu verurteilen, sie über den 31.07.2016 zu den Konditionen des am 06.01.2015 geschlossenen Arbeitsvertrages als Mitarbeiterin in der Betreuung und Pflege mit fachspezifischer Berufsausbildung tatsächlich zu beschäftigten. 112.Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien fortbesteht. 12Der Beklagte beantragt, 13die Klage abzuweisen. 14Er macht geltend, die Klägerin sei im Februar 2016 an mehreren Tagen bei dem Dienst von 13:00 bis 22:00 Uhr eingeteilt gewesen. Diese Zeiten seien von der Klägerin auch auf der Stundenaufrechnung als Anwesenheitszeiten eingetragen worden. Tatsächlich sei sie allerdings am 09., 19., 22., 23. und 25.02.2016 jeweils 30 Minuten bzw. einmal 2,5 Stunden früher gegangen, was alles unstrittig ist. Insgesamt habe die Klägerin einen Arbeitszeitbetrug von 4,5 Stunden begangen. 15Im Gespräch am 10.03.2016 habe die Klägerin den Arbeitszeitbetrug grundsätzlich zugegeben. Herr P. habe ihr einen Aufhebungsvertrag bis zum 31.03.2016 angeboten und diesen vorgelesen, was inzwischen unstreitig ist. 16Der Beklagte macht des Weiteren geltend, Herr P. sei bevollmächtigt gewesen. Er habe am 15.01.2016 eine Vollmacht erhalten, was inzwischen ebenfalls unstreitig ist. Zudem sei er durch die Satzung und die Geschäftsordnung bevollmächtigt. Schließlich habe der Vorstand den Aufhebungsvertrag vom 14.10.2016 genehmigt (Bl. 44 d. Akte), was unstrittig ist. 17Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Parteienschriftsätze sowie den gesamten weiteren Akteninhalt Bezug genommen. 18Entscheidungsgründe: 19Die zulässige Klage ist unbegründet. 20A. 21Der Klageantrag zu 2 .ist unbegründet. Das Arbeitsverhältnis der Parteien besteht nicht fort; es ist durch den Aufhebungsvertrag vom 10.03.2016 zum 31.07.2016 beendet worden. Der Vertrag ist wirksam. 22I. Der Aufhebungsvertrag vom 10.03.2016 ist nicht gemäß §§ 142 Abs. 1, 123 BGB wegen Anfechtung unwirksam. Ein Anfechtungsgrund liegt nicht vor. 231. Ein Anfechtungsgrund ist nicht ersichtlich. Die Klägerin hat weder eine arglistige Täuschung noch die widerrechtliche Drohung mit einem Übel geltend gemacht. 24a) Den ursprünglichen Vortrag, sie habe den Vertrag unterschreiben müssen, ohne ihn zu kennen, hat die Klägerin so nicht aufrechterhalten können. Sie hat im Gütetermin zugestanden, dass Herr P. den Vertrag zunächst laut vorgelesen hat. Wie es zudem offensichtlich unzutreffenden Vortrag in der Klageschrift gekommen ist, hat die Klägerin im Übrigen nicht weiter geklärt. 25Im Übrigen ist auch keine widerrechtliche Drohung mit einem Übel zu erkennen. Nach der ständigen Rechtsprechung des BAG ist die Drohung mit einer außerordentlichen Kündigung dann widerrechtlich, wenn ein verständiger Arbeitgeber eine solche Kündigung nicht ernsthaft in Erwägung ziehen durfte ((BAG, 28.11.2007 - 6 AZR 1108/06). Bei einem Arbeitszeitbetrug darf ein verständiger Arbeitgeber aber eine außerordentliche Kündigung in Erwägung ziehen. 26b) Rechtlich nicht relevant ist auch der Vortrag der Klägerin, sie habe die Weisung erhalten, den Vertrag unterschreiben zu müssen. Selbst wenn dieser Vortrag als zutreffend unterstellt werden sollte, so hat dieser doch keine rechtlichen Folgen. Ein Weisungsrecht des Arbeitgebers besteht insoweit nicht. Gemäß § 106 Satz 1 GewO kann der Arbeitgeber Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung näher bestimmen. Dies bezieht sich daher nicht auf den Abschluss des Arbeitsvertrages bzw. des Aufhebungsvertrages. Sollte sich die Klägerin insoweit in einem Rechtsirrtum befunden haben, so führt dieser nicht zu einem Anfechtungsrecht. 27II. Der Aufhebungsvertrag ist auch nicht wegen Verstoßes §§ 125, 126, 623 BGB nichtig. 281. Gemäß § 623 BGB bedarf ein Aufhebungsvertrag zu seiner Wirksamkeit der Schriftform. Nach § 126 Abs. 1 BGB muss die Urkunde bei einer gesetzlich vorgeschriebenen Schriftform von dem Aussteller eigenhändig durch Namensunterschrift unterzeichnet werden. Nach § 125 Satz 1 BGB ist ein Rechtsgeschäft, das gegen die gesetzliche Schriftformerfordernis verstößt, nichtig. 29Unterzeichnet für eine Vertragspartei ein Vertreter die Erklärung, so muss das Vertretungsverhältnis in der Urkunde zum Ausdruck kommen, was insbesondere durch einen entsprechenden Zusatz bei der Unterschrift erfolgen kann (vgl. BAG, 28.11.2007 - 6 AZR 1108/06). Für die Frage, ob jemand eine Erklärung im fremden Namen abgibt, kommt es auf deren objektiven Erklärungswert an. Maßgeblich ist gemäß § 157 BGB, wie sich die Erklärung nach Treue und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte für den Empfänger darstellt. Hierbei sind außer dem Wortlaut der Erklärung alle Umstände zu berücksichtigen, die unter Beachtung der Verkehrssitte Schlüsse auf den Sinn der Erklärung zulassen. Von Bedeutung sind insbesondere die dem Rechtsverhältnis zugrunde liegenden Lebensverhältnisse, die Interessenlage, der Geschäftsbereich den der Erklärungsgegenstand angehört und verkehrstypische Verhaltensweisen. Die gesetzliche Schriftform ist gewahrt, wenn der so ermittelte rechtsgeschäftliche Vertretungswille in der Urkunde, wenn auch nur unvollkommen, Ausdruck gefunden hat (BAG, 28.11.2007 - 6 AZR 1108/06). 30Das Vertretungsverhältnis kann daher nicht nur durch einen entsprechenden Zusatz bei der Unterschrift, sondern auch durch sonstige Umstände und dem Vertragsinhalt nach zum Ausdruck kommen (vgl. etwa LAG Hessen, 04.03.2013 - 17 Sa 633/12). Der Zusatz "i.V." ist nicht erforderlich, wenn offensichtlich ist, dass der Unterzeichnende nicht im eigenen Namen handelt (BGH, 19.09.2007 - XII ZR 121/05). Ausreichend kann etwa sein, wenn der Unterzeichnende, der im Vertrag nicht als Vertragspartei aufgeführt wird, im Namen derjenigen Partei unterzeichnet, die im Vertrag als Partei bezeichnet wird (BGH 19.09.2007 - XII ZR 121/05). 312. Unter Anwendung dieser Grundsätze kommt im Aufhebungsvertrag vom 10.03.2016 hinreichend zum Ausdruck, dass der Mitarbeiter P. als Vertreter für den Beklagten gehandelt hat. Im Rubrum der Vereinbarung wird ausdrücklich der Beklagte als Partei des Aufhebungsvertrages aufgeführt. Des Weiteren ist dort klargestellt, dass der Verein durch den Vorstand vertreten wird. Namentlich sind die Vorsitzende und der stellvertretende Vorsitzende aufgeführt. Wenn der Mitarbeiter P. dann seine Unterschrift mit der Kennzeichnung Geschäftsführung leistet, wird hinreichend deutlich, dass er für den Beklagten als Vertreter handeln will. Er selbst ist eben nicht Partei des Vertrages. Und als Geschäftsführer des Beklagten will er eben auch für den Beklagten handeln. 32III. Die Klägerin hat den Aufhebungsvertrag auch nicht wirksam gemäß § 312 ff. BGB widerrufen. Es handelt sich nicht um ein Haustürgeschäft. 331. Das BAG hat bereits zur alten Fassung des § 312 BGB entschieden, dass der Aufhebungsvertrag kein Haustürgeschäft im Sinne dieser Vorschrift ist (BAG 27.11.2003 - 2 AZR 135/03). Zum 13.06.2014 sind die §§ 312 ff. BGB allerdings neu gefasst worden. Aber auch insoweit wird jedenfalls für innerhalb der Geschäftsräume des Arbeitgebers geschlossene Aufhebungsverträge kein Widerrufsrecht angenommen (vgl. etwa Fischinger/Werthmüller, NZA 2016, 193 ff.; Bauer/Arnold/Zeh, NZA 2016, 449 ff.; Kamanabrou, NZA 2016 919 ff.). 342. Dieser Auffassung schließt sich die Kammer an. Der Arbeitsplatz ist nicht als Geschäftsraum in diesem Sinne anzusehen. Die Situation beim Abschluss von arbeitsvertraglichen Aufhebungsverträgen am Arbeitsplatz ist nicht vergleichbar mit Verträgen außerhalb von Geschäftsräumen. 35IV. Der Aufhebungsvertrag ist auch nicht gemäß § 307 ff. BGB unwirksam. Eine unangemessene Benachteiligung besteht nicht. 361. Dabei kann zugunsten der Klägerin unterstellt werden, dass es sich um eine allgemeine Geschäftsbedingung im Sinne der §§ 305 ff. handelt. Kontrollfähig sind allerdings nicht die Hauptleistungspflichten. Dementsprechend ist die Beendigungsvereinbarung in einem Aufhebungsvertrag als solche nicht der Angemessenheitskontrolle unterworfen (vgl. etwa BAG, 24.02.2016 - 5 AZR 258/14). 372. Sofern die Klägerin geltend macht, der Beendigung stehe keine angemessene Gegenleistung gegenüber, scheint sie auf die Rechtsprechung Bezug zu nehmen, die Verzichtserklärungen, etwa der Verzicht auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage, zum Gegenstand haben. Dies ist aber nicht vergleichbar. Gesonderte Verzichtserklärungen im Rahmen von Aufhebungsverträgen betreffen nicht die Hauptleistungspflicht. Im Übrigen ist auch die Auffassung der Klägerin, es bestehe keine hinreichende Gegenleistungsverpflichtung der Beklagten, unzutreffend. Alternativ zum Abschluss des Aufhebungsvertrages hätte der Beklagte auch an eine fristlose Kündigung denken dürfen. Dem Vortrag des Beklagten zum Arbeitszeitbetrug ist die Klägerin nicht entgegengetreten. Vor diesem Hintergrund ist eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses erst zum 31.07.2016 und die entsprechende Abwicklung des Beendigungszeitpunkts sehr wohl eine angemessene Gegenleistung. 38V. Die Klägerin ist auch nicht wirksam vom Aufhebungsvertrag gemäß § 323 Abs. 1 BGB wegen nichtvertragsgemäßer Erbringung der Leistung zurückgetreten. 391. Gemäß § 323 Abs. 1 BGB kann der Gläubiger vom Vertrag zurücktreten, wenn der Schuldner bei einem gegenseitigen Vertrag eine fällige Leistung nicht oder nicht vertragsgemäß erbringt, sofern der Gläubiger dem Schuldner erfolglos eine angemessene Frist zur Leistung oder Nacherfüllung bestimmt hat. Auch ein Arbeitnehmer kann grundsätzlich von einer Aufhebungsvereinbarung gemäß 323 Abs. 1 BGB wegen Nichtleistung zurücktreten (vgl. BAG 2..11.2016 - 6 AZR 357/2.). So ist etwa der außergerichtliche Aufhebungsvertrag, mit dem das Arbeitsverhältnis gegen Zahlung einer Abfindung beendet wird, ein gegenseitiger Vertrag im Sinne des § 323 BGB. Allerdings ist § 323 BGB dispositiv (BAG 2..11.2011 - 6 AZR 357/2.). 402. Es kann nach Auffassung der Kammer dahinstehen, ob die Parteien in Nr. 8 des Aufhebungsvertrages ein Rücktrittsrecht ausgeschlossen haben. Dort heißt es, dass die Klägerin ausdrücklich auf ein Widerrufsrecht der Vereinbarung verzichtet. Andere Rechtsgrundlagen für ein etwaiges Widerrufsrecht sind nicht zu erkennen, so dass dies dafür sprechen würde, dass womöglich ein Rücktrittsrecht gemeint war. 413. a) Nach Auffassung der Kammer bestehen bereits erhebliche Bedenken, dass die Pflicht zur ordnungsgemäßen Abrechnung und Abwicklung des Arbeitsverhältnisses bis zum Beendigungszeitpunkt in einem synallagmatischen Gegenseitigkeitsverhältnis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses im Sinne des § 323 Abs. 1 BGB steht. 42b) Zum einen ist die Leistungspflicht nicht konkret bestimmt. Die Parteien haben die etwaige Gegenleistungspflicht des Beklagten nicht konkretisiert. Zum anderen handelt es sich bei der ordnungsgemäßen Abwicklung und Abrechnung um Pflichten im Rahmen eines Dauerschuldverhältnisses. Im Rahmen von Dauerschuldverhältnissen sind aber die Lösungsmöglichkeiten, wie etwa der Rücktritt wegen Leistungsstörungen, durch das Kündigungsrecht ersetzt. Insoweit besteht ein Unterschied zu einem Aufhebungsvertrag, in dem der Arbeitnehmer sich zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen die Zahlung einer Abfindung bereit erklärt. Bei der Abfindungszahlung handelt es sich um eine einmalige Leistungspflicht. 43Die Klägerin und ihr Vertreter scheinen dies zunächst genauso gesehen zu haben, da sie in ihrem Schreiben vom 09.09.2016 für den Fall der nicht vollständigen Lohnzahlung die Erweiterung des Rechtsstreits um den Zahlungsanspruch angedroht hatten. 444. Schließlich bestehen die Voraussetzungen eines Rücktrittsrechts auch deshalb nicht, weil die Klägerin keine Frist zur Leistung bestimmt hat. 45Im Schreiben vom 09.09.2016 hat die Klägerin konkret lediglich vollständige Lohnzahlung für den Monat Juli angemahnt. Mit Schriftsatz vom 26.10.2016 hat die Klägerin ihren Rücktritt damit begründet, dass der Beklagte den Urlaubsanspruch nicht vollständig abgegolten habe. Der Gläubiger muss aber den Schuldner auffordern, die konkret geschuldete Leistung zu erbringen. 465. Vor diesem Hintergrund kann offen bleiben, ob die Klägerin die Rücktrittserklärung der Klägerin gegen Treue und Glauben verstößt. 47Die Klägerin hat die Erfüllung des Aufhebungsvertrages verlangt, obwohl sie selbst zu erkennen gegeben hat, dass sie sich nicht mehr an diesen Aufhebungsvertrag gebunden gefühlt hat. Sie hat diesen vielmehr bereits im März sowie im August widerrufen bzw. angefochten. Nach Auffassung des BGH kann die Ausübung eines Rücktrittsrechts nach Treue und Glauben ausgeschlossen sein, wenn der Zurücktretende selbst nicht vertragstreu ist (vgl. etwa BGH, 13.11.1998 - VZR 386/97). 48VI. Nach alldem ist das Arbeitsverhältnis durch den Aufhebungsvertrag wirksam zum 31.07.2016 beendet worden. 49B. 50Vor diesem Hintergrund besteht auch kein Weiterbeschäftigungsanspruch, so dass der Klageantrag zu 1. ebenfalls abzuweisen war. 51C. 52Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO, 46 Abs. 2 ArbGG. 53D. 54Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 61 Abs. 1 ArbGG und entspricht 4 Gehältern. 55RECHTSMITTELBELEHRUNG 56Gegen dieses Urteil kann von der klagenden Partei Berufung eingelegt werden. 57Für die beklagte Partei ist gegen dieses Urteil kein Rechtsmittel gegeben. 58Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist* von einem Monat schriftlich oder in elektronischer Form beim 59Landesarbeitsgericht Düsseldorf 60Ludwig-Erhard-Allee 21 6140227 Düsseldorf 62Fax: 0211 7770-2199 63eingegangen sein. 64Die elektronische Form wird durch ein qualifiziert signiertes elektronisches Dokument gewahrt, das nach Maßgabe der Verordnung des Justizministeriums über den elektronischen Rechtsverkehr bei den Arbeitsgerichten im Lande Nordrhein-Westfalen (ERVVO ArbG) vom 2. Mai 2013 in der jeweils geltenden Fassung in die elektronische Poststelle zu übermitteln ist. Nähere Hinweise zum elektronischen Rechtsverkehr finden Sie auf der Internetseite www.egvp.de. 65Die Notfrist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach dessen Verkündung. 66Die Berufungsschrift muss von einem Bevollmächtigten unterzeichnet sein. Als Bevollmächtigte sind nur zugelassen: 671.Rechtsanwälte, 682.Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder, 693.juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in Nummer 2 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet. 70Eine Partei, die als Bevollmächtigte zugelassen ist, kann sich selbst vertreten. 71* Eine Notfrist ist unabänderlich und kann nicht verlängert werden. 72Dr. Hamacher
1.die klage wird abgewiesen. 2.die kosten des rechtsstreits trägt die klägerin. 3.der streitwert beträgt 11.200,00 € 1
2die parteien streiten über die wirksamkeit eines aufhebungsvertrages. 3die 49-jährige klägerin war bei dem beklagten, einem verein, seit dem 15.01.2015 gegen eine monatliche vergütung in höhe von 2.800,00 eur brutto tätig. das arbeitsverhältnis war bis zum 14.01.2017 befristet. 4am 10.03.2016 erschien der als "geschäftsführer" beschäftigte mitarbeiter des beklagten, herr p., während der arbeitszeit bei der klägerin und bat diese um ein gespräch. in diesem hielt er der klägerin vor, einen arbeitszeitbetrug begangen zu haben. nach vorlesen eines bereits vorbereiteten aufhebungsvertrages (bl. 62 ff.) unterzeichneten die klägerin und herr p. den vertrag. in dem aufhebungsvertrag wurde vereinbart, dass das arbeitsverhältnis zum 31.07.2016 sein ende finden sollte. bis zu diesem beendigungszeitpunkt sollte das arbeitsverhältnis ordnungsgemäß abrechnet und abgewickelt werden. des weiteren sollte die klägerin den jahresurlaub in natura nehmen. die arbeitnehmerin sollte zudem ein qualifiziertes zeugnis erhalten. ansprüche aus sämtlichen altersversorgungen sollten bestehen bleiben. im vertrag sind noch hinweise auf die pflicht zur arbeitslosmeldung bei der bundesagentur für arbeit sowie auf negative folgen, wie beispielsweise eine sperrzeit, enthalten. zudem heißt es darin, dass die arbeitnehmerin ausdrücklich auf ein widerrufsrecht verzichtet. der vertrag ist von herrn p. unterzeichnet. unter seinem namenszug steht "geschäftsführung". 5herrn p. wurde bereits am 15.01.2016 (bl. 36 d. akte) eine rechtsgeschäftliche vollmacht erteilt, insbesondere zum abschluss, änderung und beendigung von anstellungsverträgen mit mitarbeitern. in § 3 der geschäftsordnung für den vorstand des beklagten (bl. 41 ff. d. akte) heißt es, dass die vom vorstand eingestellte geschäftsführung für die operative abwicklung aller maßnahmen und einrichtungen des vereins zuständig ist. dies umfasse insbesondere die verantwortung für das personalwesen und das damit verbundene führungs- und weisungsrecht gegenüber den mitarbeitern sowie das finanz- und rechnungswesen. weiteres regele eine verbindliche stellenbeschreibung. in der stellenbeschreibung (bl. 43 d. akte) heißt es, dass zu den aufgaben der geschäftsführung insbesondere die verantwortung für das gesamte personalwesen und die personalführung, sowie beschaffung, auswahl, einstellung, entwicklung, beurteilung, entlassung, sowie das führen von arbeitsrechtsstreiten gehören. 6mit schreiben vom 10.03.2016 (bl. 56 d. akte) widerrief die klägerin die vereinbarung. im juli 2016 hat die klägerin nicht gearbeitet; in der zeit vom 08. bis 31.07.2016 war sie arbeitsunfähig erkrankt. mit schreiben vom 24.08.2016 (bl. 5 d. akte) hat die klägerin den aufhebungsvertrag angefochten. mit schreiben vom 09.09.2016 (bl. 58 d. akte) hat sie die vollständige lohnzahlung für den monat juli 2016 angemahnt. des weiteren hat sie eine zahlungsfrist von 7 tagen gesetzt, andernfalls werde überlegt, den rechtsstreit um einen zahlungsanspruch zu erweitern. mit schreiben vom 27.09.2016 (bl. 54 ff. d. akte) hat der beklagte erklären lassen, dass der vertrag vom 10.03.2016 erfüllt sei. der nettobetrag für juli sei am 20.07.2016 überwiesen und am 27.07.2016 gutgeschrieben worden. das zeugnis sei versandt worden. der urlaubsanspruch sei in natura genommen worden. mit schreiben vom 26.09.2016 erklärte der prozessbevollmächtigte der klägerin wiederum eine abrechnung liege nicht vor. auch sei das nettoentgelt nicht gutgeschrieben worden. das zeugnis sei nicht eingegangen. urlaubstage seien nicht gewährt worden. gleiches gelte für die anteilmäßige zahlung des weihnachtgeldes. vor diesem hintergrund erkläre die klägerin den rücktritt vom aufhebungsvertrag. 7die klägerin hat zunächst vorgetragen, herr p. habe im gespräch am 10.03.2016 erklärt, sie müsse den vorbereiteten vertrag unterzeichnen. er habe ihr eine weisung erteilt. daraufhin habe sie den vertrag unterzeichnet. dann erst sei ihr erläutert worden, dass gegenstand des vertrages beendigung des arbeitsverhältnisses sei. hätte sie gewusst, dass es sich um einen aufhebungsvertrag gehandelt habe, wäre sie der weisung nicht gefolgt. der beklagte hätte sie nicht unter druck setzen dürfen. im termin am 08.09.2016 hat die klägerin dann erklärt, die vertragsklauseln des aufhebungsvertrages habe herr p. vorgelesen, allerdings relativ flott. mit schriftsatz vom 26.10.2016 bestätigte sie ihren vortrag, sie habe die vereinbarung unterzeichnen müssen. die klägerin macht des weiteren geltend, die schriftform sei nicht eingehalten. es fehle eine eigenhändige unterschrift. ein vertretungsverhältnis werde nicht deutlich. der hinweis auf die geschäftsführung lasse nicht auf ein vertretungsverhältnis schließen. 8sie habe die vereinbarung nach § 312 ff. bgb widerrufen. zudem sei die vereinbarung nach § 307 ff. bgb unwirksam. eine kompensierende gegenleistung gebe es nicht. schließlich sei sie wirksam vom vertrag zurückgetreten. der beklagte sei der vereinbarung nicht nachgekommen und habe das arbeitsverhältnis nicht ordnungsgemäß abgerechnet; es seien nicht alle 18 offenen urlaubsansprüche abgegolten worden. 9die klägerin beantragt zuletzt: 101.den beklagten zu verurteilen, sie über den 31.07.2016 zu den konditionen des am 06.01.2015 geschlossenen arbeitsvertrages als mitarbeiterin in der betreuung und pflege mit fachspezifischer berufsausbildung tatsächlich zu beschäftigten. 112.es wird festgestellt, dass das arbeitsverhältnis der parteien fortbesteht. 12der beklagte beantragt, 13die klage abzuweisen. 14er macht geltend, die klägerin sei im februar 2016 an mehreren tagen bei dem dienst von 13:00 bis 22:00 uhr eingeteilt gewesen. diese zeiten seien von der klägerin auch auf der stundenaufrechnung als anwesenheitszeiten eingetragen worden. tatsächlich sei sie allerdings am 09., 19., 22., 23. und 25.02.2016 jeweils 30 minuten bzw. einmal 2,5 stunden früher gegangen, was alles unstrittig ist. insgesamt habe die klägerin einen arbeitszeitbetrug von 4,5 stunden begangen. 15im gespräch am 10.03.2016 habe die klägerin den arbeitszeitbetrug grundsätzlich zugegeben. herr p. habe ihr einen aufhebungsvertrag bis zum 31.03.2016 angeboten und diesen vorgelesen, was inzwischen unstreitig ist. 16der beklagte macht des weiteren geltend, herr p. sei bevollmächtigt gewesen. er habe am 15.01.2016 eine vollmacht erhalten, was inzwischen ebenfalls unstreitig ist. zudem sei er durch die satzung und die geschäftsordnung bevollmächtigt. schließlich habe der vorstand den aufhebungsvertrag vom 14.10.2016 genehmigt (bl. 44 d. akte), was unstrittig ist. 17wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den inhalt der parteienschriftsätze sowie den gesamten weiteren akteninhalt bezug genommen. 18
19die zulässige klage ist unbegründet. 20a. 21der klageantrag zu 2 .ist unbegründet. das arbeitsverhältnis der parteien besteht nicht fort; es ist durch den aufhebungsvertrag vom 10.03.2016 zum 31.07.2016 beendet worden. der vertrag ist wirksam. 22i. der aufhebungsvertrag vom 10.03.2016 ist nicht gemäß §§ 142 abs. 1, 123 bgb wegen anfechtung unwirksam. ein anfechtungsgrund liegt nicht vor. 231. ein anfechtungsgrund ist nicht ersichtlich. die klägerin hat weder eine arglistige täuschung noch die widerrechtliche drohung mit einem übel geltend gemacht. 24a) den ursprünglichen vortrag, sie habe den vertrag unterschreiben müssen, ohne ihn zu kennen, hat die klägerin so nicht aufrechterhalten können. sie hat im gütetermin zugestanden, dass herr p. den vertrag zunächst laut vorgelesen hat. wie es zudem offensichtlich unzutreffenden vortrag in der klageschrift gekommen ist, hat die klägerin im übrigen nicht weiter geklärt. 25im übrigen ist auch keine widerrechtliche drohung mit einem übel zu erkennen. nach der ständigen rechtsprechung des bag ist die drohung mit einer außerordentlichen kündigung dann widerrechtlich, wenn ein verständiger arbeitgeber eine solche kündigung nicht ernsthaft in erwägung ziehen durfte ((bag, 28.11.2007 - 6 azr 1108/06). bei einem arbeitszeitbetrug darf ein verständiger arbeitgeber aber eine außerordentliche kündigung in erwägung ziehen. 26b) rechtlich nicht relevant ist auch der vortrag der klägerin, sie habe die weisung erhalten, den vertrag unterschreiben zu müssen. selbst wenn dieser vortrag als zutreffend unterstellt werden sollte, so hat dieser doch keine rechtlichen folgen. ein weisungsrecht des arbeitgebers besteht insoweit nicht. gemäß § 106 satz 1 gewo kann der arbeitgeber inhalt, ort und zeit der arbeitsleistung näher bestimmen. dies bezieht sich daher nicht auf den abschluss des arbeitsvertrages bzw. des aufhebungsvertrages. sollte sich die klägerin insoweit in einem rechtsirrtum befunden haben, so führt dieser nicht zu einem anfechtungsrecht. 27ii. der aufhebungsvertrag ist auch nicht wegen verstoßes §§ 125, 126, 623 bgb nichtig. 281. gemäß § 623 bgb bedarf ein aufhebungsvertrag zu seiner wirksamkeit der schriftform. nach § 126 abs. 1 bgb muss die urkunde bei einer gesetzlich vorgeschriebenen schriftform von dem aussteller eigenhändig durch namensunterschrift unterzeichnet werden. nach § 125 satz 1 bgb ist ein rechtsgeschäft, das gegen die gesetzliche schriftformerfordernis verstößt, nichtig. 29unterzeichnet für eine vertragspartei ein vertreter die erklärung, so muss das vertretungsverhältnis in der urkunde zum ausdruck kommen, was insbesondere durch einen entsprechenden zusatz bei der unterschrift erfolgen kann (vgl. bag, 28.11.2007 - 6 azr 1108/06). für die frage, ob jemand eine erklärung im fremden namen abgibt, kommt es auf deren objektiven erklärungswert an. maßgeblich ist gemäß § 157 bgb, wie sich die erklärung nach treue und glauben unter berücksichtigung der verkehrssitte für den empfänger darstellt. hierbei sind außer dem wortlaut der erklärung alle umstände zu berücksichtigen, die unter beachtung der verkehrssitte schlüsse auf den sinn der erklärung zulassen. von bedeutung sind insbesondere die dem rechtsverhältnis zugrunde liegenden lebensverhältnisse, die interessenlage, der geschäftsbereich den der erklärungsgegenstand angehört und verkehrstypische verhaltensweisen. die gesetzliche schriftform ist gewahrt, wenn der so ermittelte rechtsgeschäftliche vertretungswille in der urkunde, wenn auch nur unvollkommen, ausdruck gefunden hat (bag, 28.11.2007 - 6 azr 1108/06). 30das vertretungsverhältnis kann daher nicht nur durch einen entsprechenden zusatz bei der unterschrift, sondern auch durch sonstige umstände und dem vertragsinhalt nach zum ausdruck kommen (vgl. etwa lag hessen, 04.03.2013 - 17 sa 633/12). der zusatz "i.v." ist nicht erforderlich, wenn offensichtlich ist, dass der unterzeichnende nicht im eigenen namen handelt (bgh, 19.09.2007 - xii zr 121/05). ausreichend kann etwa sein, wenn der unterzeichnende, der im vertrag nicht als vertragspartei aufgeführt wird, im namen derjenigen partei unterzeichnet, die im vertrag als partei bezeichnet wird (bgh 19.09.2007 - xii zr 121/05). 312. unter anwendung dieser grundsätze kommt im aufhebungsvertrag vom 10.03.2016 hinreichend zum ausdruck, dass der mitarbeiter p. als vertreter für den beklagten gehandelt hat. im rubrum der vereinbarung wird ausdrücklich der beklagte als partei des aufhebungsvertrages aufgeführt. des weiteren ist dort klargestellt, dass der verein durch den vorstand vertreten wird. namentlich sind die vorsitzende und der stellvertretende vorsitzende aufgeführt. wenn der mitarbeiter p. dann seine unterschrift mit der kennzeichnung geschäftsführung leistet, wird hinreichend deutlich, dass er für den beklagten als vertreter handeln will. er selbst ist eben nicht partei des vertrages. und als geschäftsführer des beklagten will er eben auch für den beklagten handeln. 32iii. die klägerin hat den aufhebungsvertrag auch nicht wirksam gemäß § 312 ff. bgb widerrufen. es handelt sich nicht um ein haustürgeschäft. 331. das bag hat bereits zur alten fassung des § 312 bgb entschieden, dass der aufhebungsvertrag kein haustürgeschäft im sinne dieser vorschrift ist (bag 27.11.2003 - 2 azr 135/03). zum 13.06.2014 sind die §§ 312 ff. bgb allerdings neu gefasst worden. aber auch insoweit wird jedenfalls für innerhalb der geschäftsräume des arbeitgebers geschlossene aufhebungsverträge kein widerrufsrecht angenommen (vgl. etwa fischinger/werthmüller, nza 2016, 193 ff.; bauer/arnold/zeh, nza 2016, 449 ff.; kamanabrou, nza 2016 919 ff.). 342. dieser auffassung schließt sich die kammer an. der arbeitsplatz ist nicht als geschäftsraum in diesem sinne anzusehen. die situation beim abschluss von arbeitsvertraglichen aufhebungsverträgen am arbeitsplatz ist nicht vergleichbar mit verträgen außerhalb von geschäftsräumen. 35iv. der aufhebungsvertrag ist auch nicht gemäß § 307 ff. bgb unwirksam. eine unangemessene benachteiligung besteht nicht. 361. dabei kann zugunsten der klägerin unterstellt werden, dass es sich um eine allgemeine geschäftsbedingung im sinne der §§ 305 ff. handelt. kontrollfähig sind allerdings nicht die hauptleistungspflichten. dementsprechend ist die beendigungsvereinbarung in einem aufhebungsvertrag als solche nicht der angemessenheitskontrolle unterworfen (vgl. etwa bag, 24.02.2016 - 5 azr 258/14). 372. sofern die klägerin geltend macht, der beendigung stehe keine angemessene gegenleistung gegenüber, scheint sie auf die rechtsprechung bezug zu nehmen, die verzichtserklärungen, etwa der verzicht auf die erhebung einer kündigungsschutzklage, zum gegenstand haben. dies ist aber nicht vergleichbar. gesonderte verzichtserklärungen im rahmen von aufhebungsverträgen betreffen nicht die hauptleistungspflicht. im übrigen ist auch die auffassung der klägerin, es bestehe keine hinreichende gegenleistungsverpflichtung der beklagten, unzutreffend. alternativ zum abschluss des aufhebungsvertrages hätte der beklagte auch an eine fristlose kündigung denken dürfen. dem vortrag des beklagten zum arbeitszeitbetrug ist die klägerin nicht entgegengetreten. vor diesem hintergrund ist eine beendigung des arbeitsverhältnisses erst zum 31.07.2016 und die entsprechende abwicklung des beendigungszeitpunkts sehr wohl eine angemessene gegenleistung. 38v. die klägerin ist auch nicht wirksam vom aufhebungsvertrag gemäß § 323 abs. 1 bgb wegen nichtvertragsgemäßer erbringung der leistung zurückgetreten. 391. gemäß § 323 abs. 1 bgb kann der gläubiger vom vertrag zurücktreten, wenn der schuldner bei einem gegenseitigen vertrag eine fällige leistung nicht oder nicht vertragsgemäß erbringt, sofern der gläubiger dem schuldner erfolglos eine angemessene frist zur leistung oder nacherfüllung bestimmt hat. auch ein arbeitnehmer kann grundsätzlich von einer aufhebungsvereinbarung gemäß 323 abs. 1 bgb wegen nichtleistung zurücktreten (vgl. bag 2..11.2016 - 6 azr 357/2.). so ist etwa der außergerichtliche aufhebungsvertrag, mit dem das arbeitsverhältnis gegen zahlung einer abfindung beendet wird, ein gegenseitiger vertrag im sinne des § 323 bgb. allerdings ist § 323 bgb dispositiv (bag 2..11.2011 - 6 azr 357/2.). 402. es kann nach auffassung der kammer dahinstehen, ob die parteien in nr. 8 des aufhebungsvertrages ein rücktrittsrecht ausgeschlossen haben. dort heißt es, dass die klägerin ausdrücklich auf ein widerrufsrecht der vereinbarung verzichtet. andere rechtsgrundlagen für ein etwaiges widerrufsrecht sind nicht zu erkennen, so dass dies dafür sprechen würde, dass womöglich ein rücktrittsrecht gemeint war. 413. a) nach auffassung der kammer bestehen bereits erhebliche bedenken, dass die pflicht zur ordnungsgemäßen abrechnung und abwicklung des arbeitsverhältnisses bis zum beendigungszeitpunkt in einem synallagmatischen gegenseitigkeitsverhältnis zur beendigung des arbeitsverhältnisses im sinne des § 323 abs. 1 bgb steht. 42b) zum einen ist die leistungspflicht nicht konkret bestimmt. die parteien haben die etwaige gegenleistungspflicht des beklagten nicht konkretisiert. zum anderen handelt es sich bei der ordnungsgemäßen abwicklung und abrechnung um pflichten im rahmen eines dauerschuldverhältnisses. im rahmen von dauerschuldverhältnissen sind aber die lösungsmöglichkeiten, wie etwa der rücktritt wegen leistungsstörungen, durch das kündigungsrecht ersetzt. insoweit besteht ein unterschied zu einem aufhebungsvertrag, in dem der arbeitnehmer sich zur beendigung des arbeitsverhältnisses gegen die zahlung einer abfindung bereit erklärt. bei der abfindungszahlung handelt es sich um eine einmalige leistungspflicht. 43die klägerin und ihr vertreter scheinen dies zunächst genauso gesehen zu haben, da sie in ihrem schreiben vom 09.09.2016 für den fall der nicht vollständigen lohnzahlung die erweiterung des rechtsstreits um den zahlungsanspruch angedroht hatten. 444. schließlich bestehen die voraussetzungen eines rücktrittsrechts auch deshalb nicht, weil die klägerin keine frist zur leistung bestimmt hat. 45im schreiben vom 09.09.2016 hat die klägerin konkret lediglich vollständige lohnzahlung für den monat juli angemahnt. mit schriftsatz vom 26.10.2016 hat die klägerin ihren rücktritt damit begründet, dass der beklagte den urlaubsanspruch nicht vollständig abgegolten habe. der gläubiger muss aber den schuldner auffordern, die konkret geschuldete leistung zu erbringen. 465. vor diesem hintergrund kann offen bleiben, ob die klägerin die rücktrittserklärung der klägerin gegen treue und glauben verstößt. 47die klägerin hat die erfüllung des aufhebungsvertrages verlangt, obwohl sie selbst zu erkennen gegeben hat, dass sie sich nicht mehr an diesen aufhebungsvertrag gebunden gefühlt hat. sie hat diesen vielmehr bereits im märz sowie im august widerrufen bzw. angefochten. nach auffassung des bgh kann die ausübung eines rücktrittsrechts nach treue und glauben ausgeschlossen sein, wenn der zurücktretende selbst nicht vertragstreu ist (vgl. etwa bgh, 13.11.1998 - vzr 386/97). 48vi. nach alldem ist das arbeitsverhältnis durch den aufhebungsvertrag wirksam zum 31.07.2016 beendet worden. 49b. 50vor diesem hintergrund besteht auch kein weiterbeschäftigungsanspruch, so dass der klageantrag zu 1. ebenfalls abzuweisen war. 51c. 52die kostenentscheidung beruht auf §§ 91 abs. 1 satz 1 zpo, 46 abs. 2 arbgg. 53d. 54die streitwertfestsetzung folgt aus § 61 abs. 1 arbgg und entspricht 4 gehältern. 55rechtsmittelbelehrung 56gegen dieses urteil kann von der klagenden partei berufung eingelegt werden. 57für die beklagte partei ist gegen dieses urteil kein rechtsmittel gegeben. 58die berufung muss innerhalb einer notfrist* von einem monat schriftlich oder in elektronischer form beim 59landesarbeitsgericht düsseldorf 60ludwig-erhard-allee 21 6140227 düsseldorf 62fax: 0211 7770-2199 63eingegangen sein. 64die elektronische form wird durch ein qualifiziert signiertes elektronisches dokument gewahrt, das nach maßgabe der verordnung des justizministeriums über den elektronischen rechtsverkehr bei den arbeitsgerichten im lande nordrhein-westfalen (ervvo arbg) vom 2. mai 2013 in der jeweils geltenden fassung in die elektronische poststelle zu übermitteln ist. nähere hinweise zum elektronischen rechtsverkehr finden sie auf der internetseite www.egvp.de. 65die notfrist beginnt mit der zustellung des in vollständiger form abgefassten urteils, spätestens mit ablauf von fünf monaten nach dessen verkündung. 66die berufungsschrift muss von einem bevollmächtigten unterzeichnet sein. als bevollmächtigte sind nur zugelassen: 671.rechtsanwälte, 682.gewerkschaften und vereinigungen von arbeitgebern sowie zusammenschlüsse solcher verbände für ihre mitglieder oder für andere verbände oder zusammenschlüsse mit vergleichbarer ausrichtung und deren mitglieder, 693.juristische personen, deren anteile sämtlich im wirtschaftlichen eigentum einer der in nummer 2 bezeichneten organisationen stehen, wenn die juristische person ausschließlich die rechtsberatung und prozessvertretung dieser organisation und ihrer mitglieder oder anderer verbände oder zusammenschlüsse mit vergleichbarer ausrichtung und deren mitglieder entsprechend deren satzung durchführt, und wenn die organisation für die tätigkeit der bevollmächtigten haftet. 70eine partei, die als bevollmächtigte zugelassen ist, kann sich selbst vertreten. 71* eine notfrist ist unabänderlich und kann nicht verlängert werden. 72dr. hamacher
Verklagte*r
0
319,187
S 12 SB 656/17
2019-04-23T00:00:00
Urteil
Tenor Die Klage wird abgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten 1Tatbestand: 2Die am 00.00.0000 geborene Klägerin begehrt die Feststellung eines Grades der Behinde-rung (GdB) von mehr als 60 sowie des Vorliegens der gesundheitlichen Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Merkzeichen G, aG, B, H und RF. 3Mit Bescheid vom 11.10.2006 stellte das Versorgungsamt B bei der Klägerin ab dem 13.08.2004 einen GdB von 50 fest. Am 16.06.2016 stellte sie einen Änderungsantrag, in dem sie angab, sie leide unter Bluthochdruck, Wirbelsäulenleiden, Depressionen, Schild-drüsenunterfunktion, Diabetes mellitus, einer beiderseitigen Kniearthrose, Bandscheiben-vorfällen, einem "damals gebrochenen Steiß-bein", inneren Leiden, Migräneattacken, Ma-genbeschwerden, und schlimmen Gleichgewichtsstörungen. Es sei eine ständige Beglei-tung erforderlich. Sie habe eine gestörte Orientierung und sei vergesslich. Auch bestünde ein Zustand nach älteren Knie-Operationen. Neben der Feststellung eines höheren GdB begehrte sie die Zuerkennung der Merkzeichen B, RF und H. Auf Nachfrage erklärte die Klägerin ihr Diabetes sei mit Metformin medikamentös behandelt. 4Der Beklagte holte Befundbericht der Allgemeinmedizinerin Dr. G und des Neurologen und Psychiaters M ein. Frau Dr. G gab hinsichtlich des Diabetes an, dieser werde diätisch be-handelt. 5Der ärztliche Dienst des Beklagten kam zu der Einschätzung, für die depressive Entwick-lung, Anpassungsstörung und Schmerzstörung sei ein GdB von 40, für Funktionsstörun-gen der Harnorgane eine GdB von 20 sowie für Funktionsstörungen der oberen Extremitä-ten, Funktionsstörungen der Kniegelenke bei Verschleiß und Funktionsbeeinträchtigungen der Wirbelsäule jeweils ein GdB von 10 in Ansatz zu bringen. Insgesamt sei der GdB mit 50 weiter zutreffend bewertet. Die Zuerkennung der Merkzeichen aG, B, RF und H kom-me nicht in Betracht. 6Mit Bescheid vom 23.11.2016 lehnte der Beklagte die Feststellung eines höheren GdB sowie die Zuerkennung der Merkzeichen aG, B, H und RF ab. Hiergegen legte die Klägerin am 01.12.2016 Widerspruch ein, den sie umfänglich handschriftlich begründete. Der Beklagte habe die bei ihr vorliegenden starken, zum Großteil in ihrer Kindheit begründe-ten, psychischen Probleme nicht hinreichend berücksichtig. Auch die Tatsache, dass sie ständig unter sehr starken Schmerzen leide finde sich in der Entscheidung des Beklagten nicht wieder. Ihr Rücken sei "total kaputt", ihr Steißbein sei gebrochen gewesen, sie habe in beiden Knien starke Arthrose, ebenso in der linken Hüfte. Sie sei völlig hilflos und stän-dig und umfänglich auf fremde Hilfe angewiesen. Die Klägerin legte ein Attest der Frau Dr. G vor, wonach bei ihr eine drittgradige Gonarthrose rechts, ein restless-legs-Syndrom so-wie eine chronische Schmerzkrankheit vorliege. Sie sei außerhalb des Hauses in ihrer Mobilität eingeschränkt und könne sich daher Termine nicht fest vornehmen. 7Der Beklagte zog ein Pflegegutachten des MDK Nordrhein vom 09.01.2017 bei, in dem eine Pflegestufe unter I festgestellt wurde. Daneben zog er einen weiteren Befundbericht des Herrn M bei und wertete diesen, zusammen mit einem Arztbericht des Orthopäden Dr. I. sowie radiologischen Befunden durch seinen ärztlichen Dienst aus. Dieser kam zu der Einschätzung, der GdB für die psychischen Beeinträchtigungen sei auf 50 zu erhöhen und der für die unteren Extremitäten auf 30. Insgesamt sei der GdB mit 60 zu bewerten. 8Am 21.04.2017 erging daraufhin ein (Teil-)Abhilfebescheid in dem der GdB der Klägerin mit 60 festgestellt wurde. Mit Widerspruchsbescheid vom 18.07.2017 wurde der Wider-spruch im Übrigen als unbegründet zurückgewiesen. 9Am 02.08.2017 hat die Klägerin, vertreten durch ihre Prozessbevollmächtigte, Klage er-hoben. Im Rahmen des Klageverfahrens hat die Klägerin ein Pflegegutachten vom 04.04.2017 vorgelegt, in dem die Pflegestufe I festgestellt wurde. Mit Beschluss vom 01.06.2018 ist das Verfahren zum Ruhen gebracht worden, weil die Klägerin im Verfahren S 21 P 63/17 gutachterlich untersucht werden sollte. Das entsprechende Gutachten des Dr. H., welches dieser am 06.07.2018 erstattet hat, ist beigezogen und das Verfahren fortgesetzt worden. Am 19.12.2018 hat eine erneute Begutachtung der Klägerin durch den MDK Nordrhein stattgefunden. Es ist bei der Klägerin in diesem Gutachten der Pflegegrad 3 festgestellt worden. Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines Gutachtens des Facharztes für Innere Medizin und Rehabilitationswesen Dr. K., welches dieser – nach Durchführung eines Hausbesuches bei der Klägerin am 18.01.2019 – gegenüber dem Ge-richt erstattet hat. 10Im Rahmen der am 23.04.2019 durchgeführten mündlichen Verhandlung hat die Klägerin, vertreten durch ihre Prozessbevollmächtigte, ausgeführt, sie halte die Einstufung des Be-klagten weiterhin für unzutreffend. Der festgestellte GdB und die Ablehnung der nunmehr begehrten Merkzeichen spiegele ihren Gesundheitszustand nicht zutreffend wider. Der Kammervorsitzende hat darauf hingewiesen, dass das Merkzeichen G weder beantragt worden war und der Beklagte hierüber auch nicht entschieden habe, weswegen dieses keinesfalls streitgegenständlich sein könne. 11Die Klägerin, vertreten durch ihre Prozessbevollmächtigte, beantragte gleichwohl, 12den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 23.11.2016 in der Fassung des Teilabhilfebescheides vom 21.04.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.07.2017 zu verurteilen, bei ihr einen Gesamtgrad der Behinderung vom mehr als 60 festzustellen sowie anzuerkennen, dass die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Merkzeichen G, aG, B, H und RF vorliegen. 13Der Beklagte beantragte, 14die Klage abzuweisen. 15Zur Begründung verwies er auf die Ausführungen im Verwaltungs- und Widerspruchsver-fahren sowie die Feststellungen des Gutachters Dr. K. 16Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die beigezogene Verwaltungsakte, die auszugweise beigezogene Verfahrensakte S 21 P 63/17 sowie die Gerichtsakte, deren wesentlicher Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewe-sen ist, Bezug genommen. 17Entscheidungsgründe: 18I. Die Klage ist, soweit die Klägerin die Feststellung des Vorliegens der gesundheitlichen Vo-raussetzungen für die Inanspruchnahme des Merkzeichens G begehrt, unzulässig. Die Klägerin kann die begehrte Feststellung gerichtlich allein im Rahmen einer entspre-chenden (Anfechtungs- und) Verpflichtungsklage im Sinne des § 54 Sozialgerichtsgesetz (SGG) geltend machen. Eine solche Klage ist indes nur dann zulässig, wenn die Klägerin zuvor den Erlass des entsprechenden Verwaltungsaktes beantragt hat und dies vom Be-klagten abgelehnt worden ist (vgl. Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl. 2017, § 54 Rn. 20. Schon hieran fehlt es im vorliegenden Fall. Die Klägerin hatte ausdrücklich im gesamten Verwaltungs- (und auch Widerspruchsverfahren) allein die Feststellung der Merkzeichen B, RF und H beantragt. Die sodann erstmalig auf Zuerken-nung des Merkzeichens G gerichtete Klage ist mithin unzulässig. Eine Entscheidung hier-über konnte nicht ergehen. Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass der Beklag-te in den angefochtenen Bescheiden, die Feststellung des – ebenfalls nicht beantragten – Merkzeichens aG abgelehnt hat. Das Merkzeichen G ist nicht etwa ein "Minus" zum Merk-zeichen aG; es sind beim Merkzeichen aG nicht etwa bloß die Voraussetzungen gegen-über dem Merkzeichen G gesteigert. Die Voraussetzungen besitzen insgesamt einen an-deren Charakter, was sich sowohl aus dem Wortlaut als auch aus der Systematik der Normen. Es handelt sich daher um ein "Aliud" (SG Dresden, Urteil vom 13.05.2014 – S 13 SB 590/12 = juris Rn. 49 unter Hinweis auf BSG Urteile vom 29.03.2007 – B 9a SB 1/06 R sowie B 9a SB 5/05 R = juris; vgl. auch unlängst LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 24.10.2018 – L 3 SB 2660/16 = juris Rn. 46). 19II. Im Übrigen ist die Klage zulässig. Die bereits erwähnte Tatsache, dass der Beklagte, ohne dass dies beantragt gewesen wäre, auch über das Merkzeichen aG entschieden hat, führt insoweit nicht zu einer Unzulässigkeit der Klage. Es stellt sich in diesem Zusammenhang zwar durchaus die Frage, ob ein Rechtsschutzbedürfnis für eine Klage auch dann besteht, wenn ein Merkzeichen abgelehnt worden ist, welches zunächst nicht beantragt gewesen ist und dass die Klägerin mithin zunächst gar nicht begehrte. Nach Auffassung der Kam-mer ist es bei einer solchen Sachlage aber durchaus möglich, sich im 20Nachgang anders zu entscheiden und die Bestandskraft der – insoweit ursprünglich nicht gewollten Feststellung – zu verhindern. Die Klage ist aber – soweit sie zulässig ist – unbe-gründet. 21Die Klägerin ist durch die angefochtenen Bescheide im Sinne des § 54 Abs. 2 SGG nicht beschwert, da diese rechtmäßig sind. Die Klägerin hat weder einen Anspruch auf Feststel-lung eines höheren Grades der Behinderung (GdB) als 60 (dazu unten 1.) noch auf Fest-stellung des Vorliegens der gesundheitlichen Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des Merkzeichens RF (dazu unten 2.), des Merkzeichens aG (dazu unten 3.), des Merk-zeichens H (dazu unten 4.) oder des Merkzeichens B (dazu unten 4.). 221. Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 des Neunten Buches des Sozialgesetzbuches – Rehabilitation und Teilhabe von Menschen mit Behinderungen – (SGB IX) in der Fassung des Gesetzes zur Stärkung der Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen (Bundes-teilhabegesetz – BTHG) vom 23.12.2016 (BGBl. I S. 3234) sind Menschen mit Behinde-rungen solche, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleich-berechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate hindern können. Eine Beeinträchtigung in diesem Sinne liegt dabei dann vor, wenn der Körper- und Gesundheitszustand von dem für das Lebensalter typischen Zustand ab-weicht, § 2 Abs. 1 Satz 2 SGB IX. Zum Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbeschei-des war freilich noch § 2 SGB IX a.F. maßgeblich, wonach Menschen behindert waren, wenn ihre körperliche Funktion oder geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit ho-her Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht und daher ihre Teilhabe am Leben der Gesellschaft beeinträchtigt ist. 23Gemäß § 152 Abs. 1 Satz 5 SGB IX (bzw. § 69 Abs. 1 Satz 5 SGB IX a.F.) werden die Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft als Grad der Behinderung nach 10er Graden abgestuft dargestellt. Bei dem Vorliegen mehrerer Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft wird nach § 152 Abs. 3 SGB IX (bzw. § 69 Abs. 3 SGB IX a.F.). der GdB nach den Auswirkungen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festgestellt. Die Bemessung des Gesamt-GdB hat dabei in mehreren Schritten zu erfolgen und ist tat-richterliche Aufgabe (Bundessozialgericht - BSG – Beschluss vom 01.06.2017 – B 9 SB 20/17 B = juris; BSG Beschluss vom 09.12.2010 – B 9 SB 35/10 B = juris Rn. 5 m.w.N.; Landessozialgericht - LSG – Nordrhein-Westfalen Urteil vom 29.06.2012 – L 13 SB 127/11 = juris Rn. 32). 24Zunächst sind unter Heranziehung ärztlichen Fachwissens die einzelnen, nicht nur vo-rübergehenden Gesundheitsstörungen im Sinn von regelwidrigen, von der Norm abwei-chenden Zuständen gemäß § 2 Abs. 1 SGB IX und die daraus ableitenden Teilhabebeein-trächtigungen festzustellen. Sodann sind diese den in den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen genannten Funktionssystemen zuzuordnen und mit einem Einzel-GdB zu bewerten. Schließlich ist unter Berücksichtigung der wechselseitigen Beziehungen in einer Gesamtschau der Gesamt-GdB zu bilden (BSG Urteil vom 30.09.2009 – B 9 SB 4/08 R = juris Rn. 18 m.w.N.; LSG Nordrhein-Westfalen Urteil vom 29.06.2012 – L 13 SB 127/11 = juris Rn. 32). 25Nach Teil A Ziffer 3 der Anlage zu § 2 der aufgrund § 30 Abs. 17 (a.F.) Bundesversor-gungsgesetzes (BVG) erlassenen Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, des § 30 Abs. 1 und des § 35 Abs. 1 BVG (BGBl. I 2008, S. 2412 - Versorgungsmedizin-Verordnung) vom 10.12.2008 (Versorgungsmedizinische Grundsätze), die wegen § 152 Abs. 1 Satz 4 SGB IX (bzw. § 69 Abs. 1 Satz 4 SGB IX a.F.) auch im Schwerbehinderten-recht zur Anwendung kommt, sind zur Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung rechnerische Methoden, insbesondere eine Addition der Einzelgrade der Behinderung, nicht zulässig. Vielmehr ist bei der Beurteilung des Gesamtgrades der Behinderung in der Regel von der Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, die den höchsten Einzelgrad der Behinderung bedingt und dann im Hinblick auf alle weiteren Funktionsbeeinträchtigungen zu prüfen, ob und inwieweit hierdurch das Ausmaß der Behinderung größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten Grad der Behinderung 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden. Hierbei ist gemäß Teil A Ziffer 3 lit. d) ee) der Versorgungsmedizinischen Grundsätze zu beachten, dass leichtere Gesundheitsstörungen mit einem Einzelgrad der Behinderung von 10 nicht zu einer Erhöhung des Gesamtgrades der Behinderung führen, selbst wenn mehrere dieser leichteren Behinderungen kumulativ nebeneinander vorlie- 26gen. Auch bei Leiden mit einem Einzelgrad der Behinderung von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine Zunahme des Gesamtausmaßes der Behinderung zu schließen. 27Schließlich sind bei der Festlegung des Gesamt-GdB zudem die Auswirkungen im konkre-ten Fall mit denjenigen zu vergleichen, für die in den Versorgungsmedizinischen Grunds-ätzen feste GdB-Werte angegeben sind (BSG Urteil vom 02.12.2010 – B 9 SB 4/10 R = juris Rn. 25; vgl. auch Teil A Ziffer 3 lit. b) Versorgungsmedizinische Grundsätze). 28Die anspruchsbegründenden Tatsachen sind, dies gilt nach allgemeinen Grundsätzen des sozialgerichtlichen Verfahrens auch im Schwerbehindertenrecht grundsätzlich im Vollbe-weis, d.h. mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, nachzuweisen (vgl. BSG Urteil vom 15.12.1999 - B 9 VS 2/98 R = juris Rn. 14; Bayerisches LSG Urteil vom 18.06.2013 – L 15 BL 6/10 = juris Rn. 67 ff.; Bayerisches LSG Urteil vom 05.02.2013 – L 15 SB 23/10= juris). Für diesen Beweisgrad ist es zwar nicht notwendig, dass die erforderlichen Tatsa-chen mit absoluter Gewissheit feststehen. Ausreichend, aber auch erforderlich ist indes-sen ein so hoher Grad der Wahrscheinlichkeit, dass bei Abwägung des Gesamtergebnis-ses des Verfahrens kein vernünftiger, den Sachverhalt überschauender Mensch mehr am Vorliegen der Tatsachen zweifelt (vgl. BSG, Urteil vom 28.06.2000 - B 9 VG 3/99 R = juris Rn. 11), d.h. dass die Wahrscheinlichkeit an Sicherheit grenzt (vgl. BSG, Urteil vom 05.05.1993 - 9/9a RV 1/92 = juris Rn. 14). Lässt sich der Vollbeweis nicht führen, geht die Nichterweislichkeit einer Tatsache zu Lasten dessen, der sich zur Begründung seines An-spruchs oder rechtlichen Handelns auf ihr Vorliegen stützen. 29Im vorliegenden Fall steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass die bei der Klägerin vorliegenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen nicht die Feststellung eines GdB von mehr als 60 rechtfertigen. 30Die Klägerin leidet zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung im Wesentlichen unter: 311. Depressive Entwicklung, Angststörung, sonstige neurotische Störungen, chroni-scher Schmerzstörung, nichtorganische Insomnie, Somatisierungsstörung, migrä-noider Kopfschmerz 2. Restless-legs-Syndrom 3. Funktionsstörung der Harnorgane 4. Funktionsstörung der Kniegelenke bei Verschleiß Gonarthrose Grad III, rechts 5. Coxarthrose 6. Senk-Spreiz-Füße 7. Funktionsstörungen der oberen Gliedmaße 8. Funktionsbeeinträchtigung der Wirbelsäule 9. Diabetes mellitus Typ II 10. Bluthochdruck 32Das Vorliegen dieser Gesundheitsbeeinträchtigungen steht nach Auffassung der Kammer aufgrund der im Verwaltungs- und Klageverfahren eingeholten Befund- und Arztberichte, des beigezogenen Gutachtens des Dr. H., der vorliegenden Pflegegutachten des MDK Nordrhein sowie insbesondere auch des Gutachten des Dr. K., welches dieser im Rahmen eines Hausbesuchs bei der Klägerin erstellt hat, fest. Das Gutachten beruht auf umfang-reichen Untersuchungen eines erfahrenen gerichtlichen Sachverständigen. Die Kammer hat keinen Anlass an der Richtigkeit der in den Gutachten erhobenen medizinischen Be-funde und gestellten Diagnosen zu zweifeln. Die Beteiligten haben nach Auffassung der Kammer auch keine substantiierten Einwände gegen die medizinischen Feststellungen er-hoben. Dass die Klägerin mit dem Ergebnis des Gutachtens nicht einverstanden ist, mag sein und hängt nach Auffassung der Kammer wohl auch mit den bei der Klägerin vorlie-genden psychischen Beeinträchtigungen zusammen. Nach Auffassung der Kammer ist das Gutachten aber lege artis und nachvollziehbar erstellt. Vor allem fügt es sich aber mit seinen Feststellungen auch in die übrigen eingeholten Gutachten ein. Objektiv besteht auch bei diesen ein erheblicher Widerspruch zum Vortrag der Klägerin. So hat die Klägerin schon im Verwaltungsverfahren angegeben, sie sei nahezu in allen Bereich auf umfängli-che Hilfe angewiesen. Dies haben weder die seinerzeit eingeholten Pflegegutachten des MDK noch das Gutachten des Dr. H. bestätigen können. Auch der Gutachter Dr. K. weist mehrfach darauf hin, dass die von der Klägerin geklagten Beschwerden teilweise objektiv nicht nachvollzogen werden können. 33Für die Kammer steht insgesamt fest, dass bei der Klägerin absolut im Vordergrund die psychischen Beeinträchtigungen stehen. Für diese kann – wie vom Beklagten vorgenom-men – gemäß Teil B Ziffer 3.7 der Versorgungsmedizinischen Grundsätze durchaus ein GdB von 50 in Ansatz gebracht werden. Im Rahmen der psychischen Beeinträchtigungen stehen dabei die chronifizierten Schmerzen und die Somatisierungsstörungen im Vorder-grund. Hierunter fallen auch insbesondere die Kopfschmerzen, die Probleme mit der Schlaflosigkeit aber auch die Beeinträchtigungen durch das restless-legs-Syndrom. Die daneben bestehenden depressiven Beschwerden stehen – auch unter Berücksichtigung des mit dem Tod des Ehemanns zwischenzeitlich erfolgten weiteren Schicksalsschlag – dahinter zurück. Der Psychiater M., der die Klägerin zuletzt gesehen hat, spricht insoweit von einer Dysthymie. Hierbei handelt es sich nach der Definition in ICD 10 F. 34.1 um "ei-ne chronische, wenigstens mehrere Jahre andauernde depressive Verstimmung, die we-der schwer noch hinsichtlich einzelner Episoden anhaltend genug ist, um die Kriterien ei-ner schweren, mittelgradigen oder leichten rezidivierenden depressiven Störung (F33.-) zu erfüllen" (vgl. dazu auch Schöpf, Psychiatrie für die Praxis, 2. Aufl. 2003, S 189; But-cher/Mineka/Hooley, Klinische Psychologie, S. 282 f.). Die Behandlung der depressiven Verstimmungen der Klägerin erfolgt mit Fluoxetin 40 mg, eine darüber hinausgehende Therapie erfolgt nicht. Daneben besteht zudem eine Angststörung und eine nicht orga-nisch bedingte Schlaflosigkeit. 34Die eingeholten Pflegegutachten machen freilich deutlich, dass die Klägerin im Bereich der sozialen Kontakte sowie der Gestaltung des Alltagslebens durchaus weitgehend selbstän-dig tätig ist. Auch das Verhalten der Klägerin im Rahmen des Verwaltungs- und Wider-spruchsverfahrens macht deutlich, dass die Klägerin durchaus bereit und in der Lage ist, die von ihr angestrebten Ziele zu verfolgen. Bei den Untersuchungen war sie insgesamt zu allen Qualitäten informiert, gab nachvollziehbare Antworten und war in der Lage ihre Situa-tion zu beschreiben. 35Die Kammer verkennt hierbei nicht, dass der Antrieb der Klägerin in bestimmten Berei-chen stark reduziert ist. Zwar stützt die Klägerin die Tatsache, dass sie kaum noch das Haus verlässt auf körperliche Beschwerden; diese lassen sich zur Überzeugung der Kammer indes nicht hinreichend objektivieren. Hier zeigen sich vielmehr wieder insbeson-dere die Auswirkungen der Schmerzerkrankung, die sich bei der Klägerin in den ver-schiedensten Gebieten (Kopf, Rücken, Beine, aber auch Knie) zeigen. Diese Auswirkun-gen insgesamt lassen es gerechtfertigt erscheinen, die Beeinträchtigungen der Klägerin schon als schwere Störung zu betrachten, die indes bislang mit einem GdB von 50 hinrei-chend bewertet sind. Hiervon sind ebenfalls schon die Beeinträchtigungen durch die "rest-less-legs" und die Kopfschmerzen, aber auch die somatisch nicht begründbaren Schmer-zen in verschiedenen Körperregionen mit berücksichtigt. Beeinträchtigungen, die darüber einen darüber hinausgehenden GdB rechtfertigen könnten sind – schon im Hinblick auf die niederschwellig intensive Therapie und dem Mangel einer fachärztlichen Behandlung – nicht objektiviert. 36Für das Funktionssystem der Harnorgane ist gemäß Teil B Ziffer 12.2.4 ein GdB von 20 in Ansatz zu bringen. Die Klägerin gibt an, unter eine Tröpfcheninkontinenz zu leiden, wes-wegen sie Vorlagen trägt. Im Hinblick auf den von der Klägerin – etwa gegenüber der Gutachterin im Rahmen der letzten Pflegebegutachtung – selbst angegeben Umfang der Inkontinenz ist ein GdB von mehr als 20 nach Auffassung der Kammer nicht zu berück-sichtigen. 37Für das Funktionssystem der unteren Extremitäten ist gemäß Teil B Ziffer 18.14 der Ver-sorgungsmedizinischen Grundsätze ein GdB von 30 in Ansatz zu bringen. Bei der Klägerin ist eine Gonarthrose Grad III des rechten Knies bei bestehendem beidseitigem Verschleiß der Knie sowie eine Coxarthrose diagnostiziert worden. Hinsichtlich des rechten Knies war auch eine Indikation zur totalendoprothetischen Versorgung gestellt worden. Nach den Feststellungen des Dr. K. konnten die Hüft- und Kniegelenke beidseits bis mindestens 90&730; gebeugt werden. Im Rahmen eines Gehtests konnte ein Streckdefizit in Hüft- und Kniege-lenken nicht festgestellt werden. Entsprechende Feststellungen finden sich auch im Gut-achten des Dr. H. Dieser beschreibt zudem kleine Narben im Bereich des rechten Knies nach Arthroskopie. Auch dort gelang im Sitzen die Beugung in Hüft- und Kniegelenken bis über 90&730;. Im Liegen wurde die passive Beugung links auch darüber hinaus ohne Schmerzangabe toleriert. Auffallend war freilich bei dieser Beurteilung, dass trotz der be-schriebenen Beugefähigkeit beider Knie, die demonstrierte Beugung rechts nur bis 30&730; er-folgt. Dieses Ergebnis ist in sich nicht schlüssig und spricht nach Auffassung der Kammer jedenfalls für ein Aggravieren der Klägerin, d.h. einer verschlimmernden bzw. überhöhen-den Darstellung tatsächlich vorhandener krankhaften Störungen zum Zweck der Erlangung von Vorteilen (vgl. Widder/Gaidzik, Begutachtung in der Neurologie, 2. Aufl. 2011, S. 66 ff.; Venlaff/Foerster/Dreßing/Habermeyer, Psychiatrische Begutachtung, 6. Aufl. 2015, S. 23; vgl. auch Hausotter, Neurologische Begutachtung, 2006, S. 158; Nedopill/Müller, Fo-rensische Psychiatrie, 4. Aufl.2012, S. 213 ff.). Hier sind nach Auffassung der Kammer die Grenzen zu bloßen (bewussten oder unbewussten) Verdeutlichungstendenzen, die in einer Begutachtungssituation durchaus üblich ist, überschritten. Unter Berücksichtigung der objektivierten Beeinträchtigungen im Bereich beider Knie so-wie der Hüftgelenke ist hier ein GdB von mehr als 30 keinesfalls in Ansatz zu bringen. Nach Auffassung der Kammer lässt sich dieser GdB nur dann rechtfertigen, wenn man hier die Schmerzproblematik mit in die Bewertung des GdB einbezieht. Dies ist in den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen so auch vorgesehen. Allerdings wurden die Schmerzen auch schon im Bereich der Psyche wesentlich bewertet, weswegen bei der Bildung des Gesamt-GdB hier eine Doppelbewertung zu vermeiden ist. Der bei der Kläge-rin diagnostizierte Senk-Spreizfuß erhöht den GdB nicht weiter. 38Für das Funktionssystem der oberen Gliedmaße ist ein höherer GdB als 10 gemäß Teil B Ziffer 18.13. der Versorgungsmedizinischen Grundsätze nicht objektiviert. Die Arme konn-ten bei der Untersuchung durch Dr. K. bis mindestens 120&730; gehoben werden. Die Ellenbo-gengelenke, die Handgelenke und das Fingerspiel waren ebenfalls unauffällig. 39Für die Funktionsstörungen der Wirbelsäule ist gemäß Teil B Ziffer 18.9 der Versor-gungsmedizinischen Grundsätze ein GdB von 10 in Ansatz bringen. Die Klägerin trägt vor, sie habe diverse Bandscheibenvorfälle und einen gebrochenen Steiß gehabt. Der sie zu-letzt behandelnden Orthopäde bestätigte im Verwaltungsverfahren eine multisegmentale Protrusion (Vorwölbung) der Lendenwirbelsäule und eine rezidivierende Lumbago. Hier-durch bedingte Bewegungseinschränkungen der einzelnen Wirbelsäulenabschnitte konn-ten bei der Untersuchung durch Dr. K. nicht objektiviert werden. Ein entsprechendes Er-gebnis zeigte auch schon die Untersuchung durch Dr. H ... Da maßgeblich nicht bestimmte Diagnosen sondern Funktionsbeeinträchtigungen sind, kommt eine höhere Bewertung des GdB nicht in Betracht. 40Für den bei der Klägerin diagnostizierten Diabetes mellitus Typ II ist ein GdB nicht festzu-stellen. Selbst wenn man die Aussage der Klägerin, sie nehme Metformin ein – eine Aus-sage, die der Feststellung der Hausärztin, die Behandlung erfolge rein diätisch, wider-spricht – und die von der Klägerin im Übrigen im Rahmen der Begutachtung auch nicht durch Vorlage entsprechender Medikamente untermauert werden konnte, als zutreffend unterstellt, resultiert hieraus kein GdB. Denn auch diese Behandlung kann keine regelhaf-ten Hypoglykämien auslösen (vgl. hierzu etwa Lüllmann/Mohr/Hein, Pharmakologie und Toxikologie, 17. Aufl. 2010, S. 446; Biesalski/Bischoff/Puchstein, Ernährungsmedizin 4. Aufl. 2010, 517), und ist daher mit keinem GdB (GdB 0) zu bewerten (vgl. dazu Teil B Zif-fer Nr. 15.1 der Versorgungsmedizinischen Grundsätze; vgl. dazu auch LSG Baden-Württemberg Urteil vom 20.07.2018 – L 8 SB 1348/18 = juris ). Soweit die Klägerin unter erhöhten Blutdruck leidet wird dieser behandelt. Schäden an Zielorganen sind bislang nicht objektiviert, so dass hier allerhöchstens ein GdB von 10 in Ansatz gebracht werden kann. 41Ausgehend von den objektivierten Beeinträchtigungen ist bei der Klägerin für den streitbe-fangenen Zeitraum nach § 152 Abs. 3 SGB IX (§ 69 Abs. 3 SGB IX a.F.) in Verbindung mit Teil A Nr. 3 der Versorgungsmedizinischen Grundsätze weiterhin ein GdB von 60 in Ansatz zu bringen. 42§ 152 Abs. 3 Satz 1 SGB IX (§ 69 Abs. 3 Satz 1 SGB IX a.F.) schreibt vor, bei Vorliegen mehrerer Teilhabebeeinträchtigungen den Grad der Behinderungen nach den Auswirkun-gen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseiti-gen Beziehungen festzusetzen. Der maßgebliche Gesamt-GdB ergibt sich dabei aus der Zusammenschau aller Funktionsbeeinträchtigungen. Er ist nicht nach starren Beweisre-geln, sondern aufgrund richterlicher Erfahrung unter Hinzuziehung der Sachverständigen-gutachten sowie der versorgungsmedizinischen Grundsätze in freier richterlicher Beweis-würdigung nach natürlicher, wirklichkeitsorientierter und funktionaler Betrachtungsweise festzustellen (LSG Nordrhein-Westfalen Urteil vom 29.06.2012 – L 13 SB 127/11 = juris Rn. 42 unter Bezugnahme auf BSG Urteil vom 11.03.1998 - B 9 SB 9/97 R = juris Rn. 10 m.w.N.). Dabei ist zu berücksichtigen, ob die Auswirkungen der einzelnen Beeinträchti-gungen ineinander aufgehen, sich überschneiden, sich verstärken oder beziehungslos ne-beneinander stehen (BSG Urteil vom 02.12.2010 - B 9 SB 4/10 R = juris). 43Im vorliegenden Fall ist zunächst als absolut führender GdB derjenige der Psyche zugrun-de zu legen. Dieser GdB ist – wie oben ausführlich dargelegt – mit 50 zu bewerten. Dane-ben sind erhöhend zu berücksichtigen die Beeinträchtigungen der unteren Extremitäten. Diese sind geeignet, den Gesamt-GdB auf 60 zu erhöhen. Eine weitere Erhöhung, insbe-sondere etwa im Hinblick auf die geklagten orthopädischen Beschwerden und die Tröpf-cheninkontinenz kommt nach Auffassung der Kammer nicht in Betracht. Die geklagten Schmerzen waren ebenso wie die geklagten Schwierigkeiten der Klägerin sich zu erheben, was letztlich das Tragen von Vorlagen insbesondere erforderlich macht, im Bereich der Psyche mit berücksichtigt worden. Eine doppelte Bewertung kommt insoweit – hierauf wurde bereits mehrfach hingewiesen – nicht in Betracht. Darüber hinaus rechtfertigt nach Teil A Ziffer 3 lit. d) ee) auch ein GdB von 20 – unabhängig davon, dass ein anderes Or-gansystem betroffen ist – vielfach nicht die Anhebung des GdB. Eine weitere Erhöhung des Gesamt-GdB durch andere Beeinträchtigungen kommt ebenfalls nicht in Betracht, weil diese lediglich einen GdB von höchstens 10 (teilweise allenfalls soeben 20) bedingen. Unter Berücksichtigung des Zusammenspiels der Beeinträchtigungen sind sie nach Auf-fassung der Kammer nicht geeignet, den Gesamt-GdB zu erhöhen. Die Klägerin hat mit-hin nach § 48 SGB X eine wesentliche Änderung im Sinne einer Verschlimmerung der Lei-den nicht hinreichend objektiviert hat. 442. Auch die Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des Merkzeichens RF scheidet aus. Rechtsgrundlage für einen entsprechenden Anspruch wäre § 152 Abs. 1, 4 SGB IX in der ab 01.01.2018 gültigen Fassung vom 23.12.2016 (der im Wesentlichen der Vorgängerre-gelung des § 69 Abs. 1, 4 SGB IX entspricht) i.V.m. den Regelungen des Rundfunkbei-tragsstaatsvertrags (RdFunkBeitrStVtr) in der Fassung der Bekanntmachung des Geset-zes zur Zustimmung zum Einundzwanzigsten Staatsvertrages zur Änderung rundfunk-rechtlicher Staatsverträge (Einundzwanzigster Rundfunkänderungsstaatsvertrag) vom 08.05.2018 (GV.NRW S, 211 ff.). Danach stellen die zuständigen Behörden neben einer Behinderung auch gesundheitliche Merkmale fest, die Voraussetzung für die Inanspruch-nahme von Nachteilsausgleichen für schwerbehinderte Menschen sind. Die Vorausset-zungen für eine Ermäßigung der Rundfunkgebührenpflicht aus gesundheitlichen Gründen auf ein Drittel sind gemäß § 4 Abs. 2 RdFunkBeitrStVtr erfüllt bei blinden oder nicht nur vorübergehend wesentlich sehbehinderten Menschen mit einem Grad der Behinderung von 60 vom Hundert allein wegen der Sehbehinderung (§ 4 Abs. 2 Nr. 1 RdFunkBeitrSt-Vtr), hörgeschädigten Menschen, die gehörlos sind oder denen eine ausreichende Ver-ständigung über das Gehör auch mit Hörhilfen nicht möglich ist (§ 4 Abs. 2 Nr. 2 RdFunk-BeitrStVtr), und bei behinderten Menschen, deren GdB nicht nur vorübergehend wenigs-tens 80 vom Hundert beträgt und die wegen ihres Leidens an öffentlichen Veranstaltungen ständig nicht teilnehmen können (§ 4 Abs. 2 Nr. 3 RdFunkBeitrStVtr). 45Um dem Zweck der Ermäßigung der Rundfunkgebühren zu genügen, ist eine enge Ausle-gung des § 4 Abs. 2 Nr. 3 RdFunkBeitrStVtr geboten (Bayerisches LSG Urteil vom 14.11.2018 – L 18 SB 84 = juris Rn. 19 unter Hinweis auf BSG Urteil vom 12.02.1997 - 9 RVs 2/96 = juris Rn 11 m.w.N.). § 4 Abs. 2 Nr. 3 RdFunkBeitrStVtr setzt daher - neben einem GdB von mindestens 80 - voraus, dass der Behinderte wegen seiner Leiden stän-dig, d.h. allgemein und umfassend, vom Besuch von Zusammenkünften politischer, künst-lerischer, wissenschaftlicher, kirchlicher, sportlicher, unterhaltender oder wirtschaftlicher Art ausgeschlossen ist. Es genügt nicht, dass er nur an einzelnen Veranstaltungen, etwa Massenveranstaltungen, nicht teilnehmen kann; vielmehr muss er praktisch an das Haus bzw. an die Wohnung gebunden sein (vgl. Bayerisches LSG Urteil vom 14.11.2018 – L 18 SB 84 = juris Rn. 19 unter Hinweis auf BSG Urteil vom 12.02.1997, 9 RVs 2/96 juris Rn 11 m.w.N). Maßgeblich ist dabei allein die Möglichkeit der körperlichen Teilnahme, gegebe-nenfalls mit technischen Hilfsmitteln, z.B. einem Rollstuhl, und/oder mit Hilfe einer Begleit-person (vgl. Bayerisches LSG Urteil vom 14.11.2018 – L 18 SB 84 = juris Rn. 19; BSG vom 03.06.1987, 9a RVs 27/85; vom 11.09.1991, 9a/9 RVs 15/89). Ein Ausschluss aus anderen als behinderungsbedingten Gründen begründet das Vorliegen der gesundheitli-chen Voraussetzungen des Merkzeichens RF nicht (vgl. BSG vom 03.06.1987, 9a RVs 27/85; LSG Bayern, a.a.O.). Bei der Klägerin liegen die Voraussetzungen nicht vor. Insbesondere ist der erforderliche Mindest-GdB nicht erreicht (vgl. dazu oben). Daneben ist aus dem im Rahmen des Ver-waltungsverfahrens vorgelegten Attestes der Fr. Dr. G. auch zu entnehmen, dass die Klä-ger zwar "außerhalb ihres Hauses in der Mobilität stark eingeschränkt ist" weswegen sie sich "Termine nicht fest vornehmen" könne. Dies macht aber deutlich, dass entsprechen-de Termine auch nach Ansicht der damals behandelnden Ärztin durchaus möglich wären. Die Kammer kann – mit dem Gutachter Dr. K. – auch keine objektivierbaren Anhaltspunk-te dafür erkennen, aus welchem Grund die Klägerin an den oben beispielsweise genann-ten Veranstaltungen nicht sollte teilnehmen können. Hierauf kommt es aber im Hinblick auf den GdB von 60 bei der Klägerin im Ergebnis indes nicht an. 3. Die Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des Merkzeichens aG kommt nicht in Betracht. 46Die am 01.01.2018 in Kraft getretenen Regelung des § 229 Abs. 3 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX) bestimmt - inhaltsgleich mit der bis zum 31.12.2017 geltenden Regelung des § 146 Abs. 3 SGB IX a.F. - dass schwerbehinderte Menschen mit außer-gewöhnlicher Gehbehinderung Personen mit einer erheblichen mobilitätsbezogenen Teil-habebeeinträchtigung sind, die einem Grad der Behinderung von mindestens 80 ent-spricht. Eine erhebliche mobilitätsbezogene Teilhabebeeinträchtigung liegt nach der Le-galdefinition des § 229 Abs. 3 Satz 2 SGB IX vor, wenn sich die schwerbehinderten Men-schen wegen der Schwere ihrer Beeinträchtigung dauernd nur mit fremder Hilfe oder mit großer Anstrengung außerhalb ihres Kraftfahrzeuges bewegen können. Nach Satz 3 der Vorschrift zählen hierzu insbesondere schwerbehinderte Menschen, die auf Grund der Beeinträchtigung der Gehfähigkeit und Fortbewegung - dauerhaft auch für sehr kurze Ent-fernungen - aus medizinischer Notwendigkeit auf die Verwendung eines Rollstuhls ange-wiesen sind. Weitere, in Satz 4 der Vorschrift beispielhaft aufgeführte Gesundheitsstörun-gen (Störungen bewegungsbezogener, neuromuskulärer oder mentaler Funktionen, Stö-rungen des kardiovaskulären oder Atmungssystems) sind nach § 229 Abs. 3 Satz 5 SGB IX als außergewöhnliche Gehbehinderung anzusehen, wenn nach versorgungsärztlicher Feststellung die Auswirkung der Gesundheitsstörungen sowie deren Kombination auf die Gehfähigkeit dauerhaft so schwer ist, dass sie der unter Satz 1 genannten Beeinträchti-gung gleich kommt. Für die Zuerkennung des Merkzeichens "aG" normiert § 229 Abs. 3 SGB IX somit zwei Voraussetzungen, welche kumulativ vorliegen müssen: Bei dem Betroffenen muss (1.) ei-ne erhebliche mobilitätsbezogene Teilhabebeeinträchtigung bestehen, die (2.) einem Grad der Behinderung (GdB) von mindestens 80 entspricht (LSG Nordrhein-Westfalen Be-schluss vom 02.05.2018 – L 17 SB 347/17 = juris Rn. 4). Schon der Gesamt-GdB der Klägerin beträgt nicht 80, weswegen das Merkzeichen schon aus diesem Grund ausschei-det. 4. Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf Feststellung der gesundheitlichen Vorausset-zungen für die Inanspruchnahme des Merkzeichens H. 47In den Schwerbehindertenausweis ist das Merkzeichen H einzutragen, wenn der schwer-behinderte Mensch hilflos im Sinne des § 33b Einkommenssteuergesetz (EStG) oder ent-sprechender Vorschriften ist, vgl. § 3 Abs. 1 Nr. 2 Schwerbehindertenausweisverordnung. Entsprechend § 33b Abs. 6 Satz 3 EStG ist derjenige als hilflos anzusehen, der infolge von Gesundheitsstörungen nicht nur vorübergehend für eine Reihe häufiger und wieder-kehrender Verrichtungen und zur Sicherung seiner persönlichen Existenz im Ablauf eines jeden Tages fremder Hilfe dauernd bedarf. Von der tatbestandlich vorausgesetzten "Reihe von Verrichtungen" kann - entsprechend der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts - regelmäßig erst dann ausgegangen werden, wenn es sich "um mindestens drei Verrich-tungen handelt, die einen Hilfebedarf in erheblichem Umfang erforderlich machen" (BSG, Urteil vom 24.11.2005 B 9 a SB 1/05 R). Der Umfang der wegen der Behinderung not-wendigen zusätzlichen Hilfeleistungen muss erheblich sein. Dabei ist in der Regel auf die Zahl der Verrichtungen, den wirtschaftlichen Wert der Hilfe und den zeitlichen Aufwand abzustellen (vgl. BSG, a.a.O.). 48Bislang wurde mit Blick auf die gesetzlichen Vorgaben in der sozialen Pflegeversicherung (vgl. § 15 SGB IX a.F.) die Erheblichkeit des Hilfebedarfs in erster Linie nach dem tägli-chen Zeitaufwand für erforderliche Betreuungsleistungen zu beurteilen (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 15.06.2007, L 8 SB 1421/06; vgl. auch BSG, a.a.O.). Nicht hilflos war nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, der sich die Kammer an-geschlossen hat, danach jedenfalls, wer nur in relativ geringem Umfange, täglich etwa ei-ne Stunde waren danach indes nicht zwingend die Voraussetzungen der Hilflosigkeit ge-geben. Vielmehr war der tägliche Zeitaufwand für die Hilfeleistung erst dann für sich allein genommen erheblich, wenn dieser mindestens zwei Stunden erreicht (vgl. zu alledem BSG, a.a.O.). Bei einem Hilfebedarf zwischen einer und zwei Stunden war bei der Frage der Erheblichkeit auf weitere Umstände, insbesondere den wirtschaftlichen Wert abzustel-len. Insbesondere für den Fall einer hohen Anzahl von Verrichtungen bzw. deren ungüns-tiger zeitlicher Verteilung, war auch bei einem Hilfebedarf von zwischen einer und zwei Stunden von dessen Erheblichkeit auszugehen (vgl. BSG, a.a.O.; LSG Baden-Württemberg, a.a.O.). Die notwendige Bereitschaftszeit einer Hilfsperson war hierbei dann berücksichtigungsfähig, wenn die Hilfsperson dadurch zeitlich und örtlich ebenso bean-sprucht werde, wie bei körperlicher Hilfeleistung (vgl. (BSG Urteil vom 12. Februar 2003, B 9 SB 1/02 R = juris). 49An diesen Rechtsgrundsätzen ändert sich auch nichts durch die durch das Zweite Gesetz zur Stärkung der pflegerischen Versorgung und zur Änderung weitere Vorschriften (Zwei-tes Pflegestärkungsgesetz – PSG II) vom 21.12.2015 (BGBl. 2015, S. 2424 ff.) zum 01.01.2017 erfolgte Einführung des neuen Pflegebegriffs §§ 14, 15 SGB XI n.F. Auch hier kommt es weiter auf den objektivierten Zeitaufwand an. Erst ab Pflegegrad 4 kann davon ausgegangen werden, dass generell eine Hilfebedürftigkeit besteht (so LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 25.10.2018 – L 6 SB 2329/18, rechtlich unbeanstandet gelassen durch BSG Beschluss vom 27.12.2018 – B 9 SB 5/18 BH). Bei der Klägerin war indes zur Zeit der Antragstellung bis zum 19.12.2018 der Pflegegrad 2 festgestellt worden. Ab die-sem Zeitpunkt geht die Pflegekasse vom Vorliegen des Pflegrades 3 aus. Der Pflegegrad 3 geht dabei definitionsgemäß vom Vorliegen schwerer Beeinträchtigungen der Selbstän-digkeit oder der Fähigkeiten aus. Bei der Klägerin ist in diesem Zusammenhang freilich zu berücksichtigen, dass bei ihr auch im letzten Gutachten des MDK aus Dezember 2018 gewichtete Punkte von 50,00 festgestellt worden, was im Hinblick auf die Spanne der Punkte für die Zuerkennung des Pflegegrades 3 von 47,5 bis 70 Punkten, deutlich am un-teren Ende des entsprechenden Pflegegrads sich bewegt. 50Unter Berücksichtigung der vorliegenden Gutachten – sowohl des Dr. K. als auch der im Pflegeverfahren eingeholten Gutachten des MDK sowie des Dr. H. – konnte die Kammer nicht mit hinreichender Gewissheit davon überzeugen, dass der Hilfebedarf der Klägerin tatsächlich in einem Maße besteht, welcher die Zuerkennung des Merkzeichens H be-gründen würde. Das letzte Pflegegutachten überzeugt die Kammer hierbei in einigen Punkten nicht sonderlich, da die Angaben der Klägerin nach Auffassung der Kammer teil-weise zu wenig hinterfragt werden. Hierauf weist auch Dr. K. in seinem Gutachten zutref-fend hin. Aber selbst wenn man das Gutachten des MDK zugrunde legt wird dort von ei-nem Pflegeaufwand von 10 Stunden verteilt auf regelmäßig zwei Tage ausgegangen. Hier wird schon deutlich, dass eine tägliche zeitumfängliche Hilfeleistung bei der Klägerin auch von der dortigen Gutachterin nicht gesehen wird. In vielen Bereichen der Selbstversor-gung wird die Klägerin als überwiegend selbständig beschrieben, lediglich im Bereich des Waschens des Intimbereichs, des Duschen und Badens einschließlich der Haare sowie des An- und Auskleidens des Unterkörpers wird sie als überwiegend unselbständig und hinsichtlich der Bewältigung der Folgen der Harninkontinenz als unselbständig beschrie-ben. Das Bereitstellen der Medikation erfolgt einmal pro Woche. Nachts bedarf die Kläge-rin nach eigenen Angaben auch Hilfe im Hinblick auf Ausscheidungen (Urin). Auch wenn hier für eine Reihe von Verrichtungen Hilfe in Anspruch genommen wird, so ist nach Auf-fassung der Kammer hier der erforderliche tägliche Rahmen bislang keinesfalls gegeben. Insoweit teilt die Kammer – unter Zugrundelegung der Darstellungen der Klägerin – die Auffassung der Gutachterin des MDK. Die Zuerkennung des Merkzeichens H scheidet mithin aus. 515. Die Feststellung des Vorliegens der gesundheitlichen Voraussetzungen für die Inan-spruchnahme des Merkzeichens B scheidet ebenfalls aus. 52Gemäß § § 228 Abs. 1 SGB IX n.F. wird die Begleitperson eines schwerbehinderten Men-schen, der infolge seiner Behinderung in seiner Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt oder hilflos oder gehörlos ist, im öffentlichen Personenverkehr un-entgeltlich befördert, wenn die Berechtigung zur Mitnahme einer Begleitperson nachge-wiesen und dies im Ausweis des schwerbehinderten Menschen eingetragen ist. Über das Vorliegen der damit angesprochenen gesundheitlichen Merkmale treffen die für die Durch-führung des Bundesversorgungsgesetzes zuständigen Behörden die erforderlichen Fest-stellungen (§ 69 Abs. 1 und 4 SGB IX a.F. bzw. § 152 Abs. 1 und 4 SGB IX n.F.). Nach Teil D Ziffer 2 lit b) der Versorgungsmedizinischen Grundsätze ist eine Berechtigung für eine ständige Begleitung bei schwerbehinderten Menschen (bei denen die Voraussetzun-gen für die Merkzeichen G, Gl oder H vorliegen) gegeben, die bei der Benutzung von öf-fentlichen Verkehrsmitteln infolge ihrer Behinderung regelmäßig auf fremde Hilfe angewie-sen sind. Der Tatbestand für die Zuerkennung des Merkzeichens B knüpft mithin an die "G", "Gl" und "H" an. Die Zuerkennung des Merkzeichens "B" kann somit nur erfolgen, wenn das Merkzeichen "G", "H" oder "Bl" zuerkannt ist (LSG Urteil vom 22.03.2019 - L 8 SB 3550/18 = juris unter Hinweis auf so BSG Urteil vom 11.11.1987 - 9a RVs 6/86 = juris, freilich noch zu, SchwebG). Weiter ist Voraussetzung, dass sie bei der Benutzung öffentli-cher Verkehrsmittel infolge ihrer Behinderung regelmäßig auf fremde Hilfe angewiesen sind (§ 229 Abs. 2 Satz 1 SGB IX; § 146 Abs. 2 Satz 1 SGB IX a.F.). Da bei der Klägerin weder das Merkzeichen G noch das Merkzeichen H festgestellt worden sind scheidet die Zuerkennung des Merkzeichens B ebenfalls aus. 53Die Klage war damit insgesamt abzuweisen. 54Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.
die klage wird abgewiesen. kosten sind nicht zu erstatten 1
2die am 00.00.0000 geborene klägerin begehrt die feststellung eines grades der behinde-rung (gdb) von mehr als 60 sowie des vorliegens der gesundheitlichen voraussetzungen für die inanspruchnahme der merkzeichen g, ag, b, h und rf. 3mit bescheid vom 11.10.2006 stellte das versorgungsamt b bei der klägerin ab dem 13.08.2004 einen gdb von 50 fest. am 16.06.2016 stellte sie einen änderungsantrag, in dem sie angab, sie leide unter bluthochdruck, wirbelsäulenleiden, depressionen, schild-drüsenunterfunktion, diabetes mellitus, einer beiderseitigen kniearthrose, bandscheiben-vorfällen, einem "damals gebrochenen steiß-bein", inneren leiden, migräneattacken, ma-genbeschwerden, und schlimmen gleichgewichtsstörungen. es sei eine ständige beglei-tung erforderlich. sie habe eine gestörte orientierung und sei vergesslich. auch bestünde ein zustand nach älteren knie-operationen. neben der feststellung eines höheren gdb begehrte sie die zuerkennung der merkzeichen b, rf und h. auf nachfrage erklärte die klägerin ihr diabetes sei mit metformin medikamentös behandelt. 4der beklagte holte befundbericht der allgemeinmedizinerin dr. g und des neurologen und psychiaters m ein. frau dr. g gab hinsichtlich des diabetes an, dieser werde diätisch be-handelt. 5der ärztliche dienst des beklagten kam zu der einschätzung, für die depressive entwick-lung, anpassungsstörung und schmerzstörung sei ein gdb von 40, für funktionsstörun-gen der harnorgane eine gdb von 20 sowie für funktionsstörungen der oberen extremitä-ten, funktionsstörungen der kniegelenke bei verschleiß und funktionsbeeinträchtigungen der wirbelsäule jeweils ein gdb von 10 in ansatz zu bringen. insgesamt sei der gdb mit 50 weiter zutreffend bewertet. die zuerkennung der merkzeichen ag, b, rf und h kom-me nicht in betracht. 6mit bescheid vom 23.11.2016 lehnte der beklagte die feststellung eines höheren gdb sowie die zuerkennung der merkzeichen ag, b, h und rf ab. hiergegen legte die klägerin am 01.12.2016 widerspruch ein, den sie umfänglich handschriftlich begründete. der beklagte habe die bei ihr vorliegenden starken, zum großteil in ihrer kindheit begründe-ten, psychischen probleme nicht hinreichend berücksichtig. auch die tatsache, dass sie ständig unter sehr starken schmerzen leide finde sich in der entscheidung des beklagten nicht wieder. ihr rücken sei "total kaputt", ihr steißbein sei gebrochen gewesen, sie habe in beiden knien starke arthrose, ebenso in der linken hüfte. sie sei völlig hilflos und stän-dig und umfänglich auf fremde hilfe angewiesen. die klägerin legte ein attest der frau dr. g vor, wonach bei ihr eine drittgradige gonarthrose rechts, ein restless-legs-syndrom so-wie eine chronische schmerzkrankheit vorliege. sie sei außerhalb des hauses in ihrer mobilität eingeschränkt und könne sich daher termine nicht fest vornehmen. 7der beklagte zog ein pflegegutachten des mdk nordrhein vom 09.01.2017 bei, in dem eine pflegestufe unter i festgestellt wurde. daneben zog er einen weiteren befundbericht des herrn m bei und wertete diesen, zusammen mit einem arztbericht des orthopäden dr. i. sowie radiologischen befunden durch seinen ärztlichen dienst aus. dieser kam zu der einschätzung, der gdb für die psychischen beeinträchtigungen sei auf 50 zu erhöhen und der für die unteren extremitäten auf 30. insgesamt sei der gdb mit 60 zu bewerten. 8am 21.04.2017 erging daraufhin ein (teil-)abhilfebescheid in dem der gdb der klägerin mit 60 festgestellt wurde. mit widerspruchsbescheid vom 18.07.2017 wurde der wider-spruch im übrigen als unbegründet zurückgewiesen. 9am 02.08.2017 hat die klägerin, vertreten durch ihre prozessbevollmächtigte, klage er-hoben. im rahmen des klageverfahrens hat die klägerin ein pflegegutachten vom 04.04.2017 vorgelegt, in dem die pflegestufe i festgestellt wurde. mit beschluss vom 01.06.2018 ist das verfahren zum ruhen gebracht worden, weil die klägerin im verfahren s 21 p 63/17 gutachterlich untersucht werden sollte. das entsprechende gutachten des dr. h., welches dieser am 06.07.2018 erstattet hat, ist beigezogen und das verfahren fortgesetzt worden. am 19.12.2018 hat eine erneute begutachtung der klägerin durch den mdk nordrhein stattgefunden. es ist bei der klägerin in diesem gutachten der pflegegrad 3 festgestellt worden. das gericht hat beweis erhoben durch einholung eines gutachtens des facharztes für innere medizin und rehabilitationswesen dr. k., welches dieser – nach durchführung eines hausbesuches bei der klägerin am 18.01.2019 – gegenüber dem ge-richt erstattet hat. 10im rahmen der am 23.04.2019 durchgeführten mündlichen verhandlung hat die klägerin, vertreten durch ihre prozessbevollmächtigte, ausgeführt, sie halte die einstufung des be-klagten weiterhin für unzutreffend. der festgestellte gdb und die ablehnung der nunmehr begehrten merkzeichen spiegele ihren gesundheitszustand nicht zutreffend wider. der kammervorsitzende hat darauf hingewiesen, dass das merkzeichen g weder beantragt worden war und der beklagte hierüber auch nicht entschieden habe, weswegen dieses keinesfalls streitgegenständlich sein könne. 11die klägerin, vertreten durch ihre prozessbevollmächtigte, beantragte gleichwohl, 12den beklagten unter aufhebung des bescheides vom 23.11.2016 in der fassung des teilabhilfebescheides vom 21.04.2017 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 18.07.2017 zu verurteilen, bei ihr einen gesamtgrad der behinderung vom mehr als 60 festzustellen sowie anzuerkennen, dass die voraussetzungen für die inanspruchnahme der merkzeichen g, ag, b, h und rf vorliegen. 13der beklagte beantragte, 14die klage abzuweisen. 15zur begründung verwies er auf die ausführungen im verwaltungs- und widerspruchsver-fahren sowie die feststellungen des gutachters dr. k. 16wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstands wird auf die beigezogene verwaltungsakte, die auszugweise beigezogene verfahrensakte s 21 p 63/17 sowie die gerichtsakte, deren wesentlicher inhalt gegenstand der mündlichen verhandlung gewe-sen ist, bezug genommen. 17
18i. die klage ist, soweit die klägerin die feststellung des vorliegens der gesundheitlichen vo-raussetzungen für die inanspruchnahme des merkzeichens g begehrt, unzulässig. die klägerin kann die begehrte feststellung gerichtlich allein im rahmen einer entspre-chenden (anfechtungs- und) verpflichtungsklage im sinne des § 54 sozialgerichtsgesetz (sgg) geltend machen. eine solche klage ist indes nur dann zulässig, wenn die klägerin zuvor den erlass des entsprechenden verwaltungsaktes beantragt hat und dies vom be-klagten abgelehnt worden ist (vgl. keller, in: meyer-ladewig/keller/leitherer/schmidt, sgg, 12. aufl. 2017, § 54 rn. 20. schon hieran fehlt es im vorliegenden fall. die klägerin hatte ausdrücklich im gesamten verwaltungs- (und auch widerspruchsverfahren) allein die feststellung der merkzeichen b, rf und h beantragt. die sodann erstmalig auf zuerken-nung des merkzeichens g gerichtete klage ist mithin unzulässig. eine entscheidung hier-über konnte nicht ergehen. etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass der beklag-te in den angefochtenen bescheiden, die feststellung des – ebenfalls nicht beantragten – merkzeichens ag abgelehnt hat. das merkzeichen g ist nicht etwa ein "minus" zum merk-zeichen ag; es sind beim merkzeichen ag nicht etwa bloß die voraussetzungen gegen-über dem merkzeichen g gesteigert. die voraussetzungen besitzen insgesamt einen an-deren charakter, was sich sowohl aus dem wortlaut als auch aus der systematik der normen. es handelt sich daher um ein "aliud" (sg dresden, urteil vom 13.05.2014 – s 13 sb 590/12 = juris rn. 49 unter hinweis auf bsg urteile vom 29.03.2007 – b 9a sb 1/06 r sowie b 9a sb 5/05 r = juris; vgl. auch unlängst lsg baden-württemberg, urteil vom 24.10.2018 – l 3 sb 2660/16 = juris rn. 46). 19ii. im übrigen ist die klage zulässig. die bereits erwähnte tatsache, dass der beklagte, ohne dass dies beantragt gewesen wäre, auch über das merkzeichen ag entschieden hat, führt insoweit nicht zu einer unzulässigkeit der klage. es stellt sich in diesem zusammenhang zwar durchaus die frage, ob ein rechtsschutzbedürfnis für eine klage auch dann besteht, wenn ein merkzeichen abgelehnt worden ist, welches zunächst nicht beantragt gewesen ist und dass die klägerin mithin zunächst gar nicht begehrte. nach auffassung der kam-mer ist es bei einer solchen sachlage aber durchaus möglich, sich im 20nachgang anders zu entscheiden und die bestandskraft der – insoweit ursprünglich nicht gewollten feststellung – zu verhindern. die klage ist aber – soweit sie zulässig ist – unbe-gründet. 21die klägerin ist durch die angefochtenen bescheide im sinne des § 54 abs. 2 sgg nicht beschwert, da diese rechtmäßig sind. die klägerin hat weder einen anspruch auf feststel-lung eines höheren grades der behinderung (gdb) als 60 (dazu unten 1.) noch auf fest-stellung des vorliegens der gesundheitlichen voraussetzungen für die inanspruchnahme des merkzeichens rf (dazu unten 2.), des merkzeichens ag (dazu unten 3.), des merk-zeichens h (dazu unten 4.) oder des merkzeichens b (dazu unten 4.). 221. nach § 2 abs. 1 satz 1 des neunten buches des sozialgesetzbuches – rehabilitation und teilhabe von menschen mit behinderungen – (sgb ix) in der fassung des gesetzes zur stärkung der teilhabe und selbstbestimmung von menschen mit behinderungen (bundes-teilhabegesetz – bthg) vom 23.12.2016 (bgbl. i s. 3234) sind menschen mit behinde-rungen solche, die körperliche, seelische, geistige oder sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten barrieren an der gleich-berechtigten teilhabe an der gesellschaft mit hoher wahrscheinlichkeit länger als sechs monate hindern können. eine beeinträchtigung in diesem sinne liegt dabei dann vor, wenn der körper- und gesundheitszustand von dem für das lebensalter typischen zustand ab-weicht, § 2 abs. 1 satz 2 sgb ix. zum zeitpunkt des erlasses des widerspruchsbeschei-des war freilich noch § 2 sgb ix a.f. maßgeblich, wonach menschen behindert waren, wenn ihre körperliche funktion oder geistige fähigkeit oder seelische gesundheit mit ho-her wahrscheinlichkeit länger als sechs monate von dem für das lebensalter typischen zustand abweicht und daher ihre teilhabe am leben der gesellschaft beeinträchtigt ist. 23gemäß § 152 abs. 1 satz 5 sgb ix (bzw. § 69 abs. 1 satz 5 sgb ix a.f.) werden die auswirkungen auf die teilhabe am leben in der gesellschaft als grad der behinderung nach 10er graden abgestuft dargestellt. bei dem vorliegen mehrerer beeinträchtigungen der teilhabe am leben in der gesellschaft wird nach § 152 abs. 3 sgb ix (bzw. § 69 abs. 3 sgb ix a.f.). der gdb nach den auswirkungen der beeinträchtigungen in ihrer gesamtheit unter berücksichtigung ihrer wechselseitigen beziehungen festgestellt. die bemessung des gesamt-gdb hat dabei in mehreren schritten zu erfolgen und ist tat-richterliche aufgabe (bundessozialgericht - bsg – beschluss vom 01.06.2017 – b 9 sb 20/17 b = juris; bsg beschluss vom 09.12.2010 – b 9 sb 35/10 b = juris rn. 5 m.w.n.; landessozialgericht - lsg – nordrhein-westfalen urteil vom 29.06.2012 – l 13 sb 127/11 = juris rn. 32). 24zunächst sind unter heranziehung ärztlichen fachwissens die einzelnen, nicht nur vo-rübergehenden gesundheitsstörungen im sinn von regelwidrigen, von der norm abwei-chenden zuständen gemäß § 2 abs. 1 sgb ix und die daraus ableitenden teilhabebeein-trächtigungen festzustellen. sodann sind diese den in den versorgungsmedizinischen grundsätzen genannten funktionssystemen zuzuordnen und mit einem einzel-gdb zu bewerten. schließlich ist unter berücksichtigung der wechselseitigen beziehungen in einer gesamtschau der gesamt-gdb zu bilden (bsg urteil vom 30.09.2009 – b 9 sb 4/08 r = juris rn. 18 m.w.n.; lsg nordrhein-westfalen urteil vom 29.06.2012 – l 13 sb 127/11 = juris rn. 32). 25nach teil a ziffer 3 der anlage zu § 2 der aufgrund § 30 abs. 17 (a.f.) bundesversor-gungsgesetzes (bvg) erlassenen verordnung zur durchführung des § 1 abs. 1 und 3, des § 30 abs. 1 und des § 35 abs. 1 bvg (bgbl. i 2008, s. 2412 - versorgungsmedizin-verordnung) vom 10.12.2008 (versorgungsmedizinische grundsätze), die wegen § 152 abs. 1 satz 4 sgb ix (bzw. § 69 abs. 1 satz 4 sgb ix a.f.) auch im schwerbehinderten-recht zur anwendung kommt, sind zur ermittlung des gesamtgrades der behinderung rechnerische methoden, insbesondere eine addition der einzelgrade der behinderung, nicht zulässig. vielmehr ist bei der beurteilung des gesamtgrades der behinderung in der regel von der funktionsbeeinträchtigung auszugehen, die den höchsten einzelgrad der behinderung bedingt und dann im hinblick auf alle weiteren funktionsbeeinträchtigungen zu prüfen, ob und inwieweit hierdurch das ausmaß der behinderung größer wird, ob also wegen der weiteren funktionsbeeinträchtigungen dem ersten grad der behinderung 10 oder 20 oder mehr punkte hinzuzufügen sind, um der behinderung insgesamt gerecht zu werden. hierbei ist gemäß teil a ziffer 3 lit. d) ee) der versorgungsmedizinischen grundsätze zu beachten, dass leichtere gesundheitsstörungen mit einem einzelgrad der behinderung von 10 nicht zu einer erhöhung des gesamtgrades der behinderung führen, selbst wenn mehrere dieser leichteren behinderungen kumulativ nebeneinander vorlie- 26gen. auch bei leiden mit einem einzelgrad der behinderung von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine zunahme des gesamtausmaßes der behinderung zu schließen. 27schließlich sind bei der festlegung des gesamt-gdb zudem die auswirkungen im konkre-ten fall mit denjenigen zu vergleichen, für die in den versorgungsmedizinischen grunds-ätzen feste gdb-werte angegeben sind (bsg urteil vom 02.12.2010 – b 9 sb 4/10 r = juris rn. 25; vgl. auch teil a ziffer 3 lit. b) versorgungsmedizinische grundsätze). 28die anspruchsbegründenden tatsachen sind, dies gilt nach allgemeinen grundsätzen des sozialgerichtlichen verfahrens auch im schwerbehindertenrecht grundsätzlich im vollbe-weis, d.h. mit an sicherheit grenzender wahrscheinlichkeit, nachzuweisen (vgl. bsg urteil vom 15.12.1999 - b 9 vs 2/98 r = juris rn. 14; bayerisches lsg urteil vom 18.06.2013 – l 15 bl 6/10 = juris rn. 67 ff.; bayerisches lsg urteil vom 05.02.2013 – l 15 sb 23/10= juris). für diesen beweisgrad ist es zwar nicht notwendig, dass die erforderlichen tatsa-chen mit absoluter gewissheit feststehen. ausreichend, aber auch erforderlich ist indes-sen ein so hoher grad der wahrscheinlichkeit, dass bei abwägung des gesamtergebnis-ses des verfahrens kein vernünftiger, den sachverhalt überschauender mensch mehr am vorliegen der tatsachen zweifelt (vgl. bsg, urteil vom 28.06.2000 - b 9 vg 3/99 r = juris rn. 11), d.h. dass die wahrscheinlichkeit an sicherheit grenzt (vgl. bsg, urteil vom 05.05.1993 - 9/9a rv 1/92 = juris rn. 14). lässt sich der vollbeweis nicht führen, geht die nichterweislichkeit einer tatsache zu lasten dessen, der sich zur begründung seines an-spruchs oder rechtlichen handelns auf ihr vorliegen stützen. 29im vorliegenden fall steht zur überzeugung der kammer fest, dass die bei der klägerin vorliegenden gesundheitlichen beeinträchtigungen nicht die feststellung eines gdb von mehr als 60 rechtfertigen. 30die klägerin leidet zum zeitpunkt der letzten mündlichen verhandlung im wesentlichen unter: 311. depressive entwicklung, angststörung, sonstige neurotische störungen, chroni-scher schmerzstörung, nichtorganische insomnie, somatisierungsstörung, migrä-noider kopfschmerz 2. restless-legs-syndrom 3. funktionsstörung der harnorgane 4. funktionsstörung der kniegelenke bei verschleiß gonarthrose grad iii, rechts 5. coxarthrose 6. senk-spreiz-füße 7. funktionsstörungen der oberen gliedmaße 8. funktionsbeeinträchtigung der wirbelsäule 9. diabetes mellitus typ ii 10. bluthochdruck 32das vorliegen dieser gesundheitsbeeinträchtigungen steht nach auffassung der kammer aufgrund der im verwaltungs- und klageverfahren eingeholten befund- und arztberichte, des beigezogenen gutachtens des dr. h., der vorliegenden pflegegutachten des mdk nordrhein sowie insbesondere auch des gutachten des dr. k., welches dieser im rahmen eines hausbesuchs bei der klägerin erstellt hat, fest. das gutachten beruht auf umfang-reichen untersuchungen eines erfahrenen gerichtlichen sachverständigen. die kammer hat keinen anlass an der richtigkeit der in den gutachten erhobenen medizinischen be-funde und gestellten diagnosen zu zweifeln. die beteiligten haben nach auffassung der kammer auch keine substantiierten einwände gegen die medizinischen feststellungen er-hoben. dass die klägerin mit dem ergebnis des gutachtens nicht einverstanden ist, mag sein und hängt nach auffassung der kammer wohl auch mit den bei der klägerin vorlie-genden psychischen beeinträchtigungen zusammen. nach auffassung der kammer ist das gutachten aber lege artis und nachvollziehbar erstellt. vor allem fügt es sich aber mit seinen feststellungen auch in die übrigen eingeholten gutachten ein. objektiv besteht auch bei diesen ein erheblicher widerspruch zum vortrag der klägerin. so hat die klägerin schon im verwaltungsverfahren angegeben, sie sei nahezu in allen bereich auf umfängli-che hilfe angewiesen. dies haben weder die seinerzeit eingeholten pflegegutachten des mdk noch das gutachten des dr. h. bestätigen können. auch der gutachter dr. k. weist mehrfach darauf hin, dass die von der klägerin geklagten beschwerden teilweise objektiv nicht nachvollzogen werden können. 33für die kammer steht insgesamt fest, dass bei der klägerin absolut im vordergrund die psychischen beeinträchtigungen stehen. für diese kann – wie vom beklagten vorgenom-men – gemäß teil b ziffer 3.7 der versorgungsmedizinischen grundsätze durchaus ein gdb von 50 in ansatz gebracht werden. im rahmen der psychischen beeinträchtigungen stehen dabei die chronifizierten schmerzen und die somatisierungsstörungen im vorder-grund. hierunter fallen auch insbesondere die kopfschmerzen, die probleme mit der schlaflosigkeit aber auch die beeinträchtigungen durch das restless-legs-syndrom. die daneben bestehenden depressiven beschwerden stehen – auch unter berücksichtigung des mit dem tod des ehemanns zwischenzeitlich erfolgten weiteren schicksalsschlag – dahinter zurück. der psychiater m., der die klägerin zuletzt gesehen hat, spricht insoweit von einer dysthymie. hierbei handelt es sich nach der definition in icd 10 f. 34.1 um "ei-ne chronische, wenigstens mehrere jahre andauernde depressive verstimmung, die we-der schwer noch hinsichtlich einzelner episoden anhaltend genug ist, um die kriterien ei-ner schweren, mittelgradigen oder leichten rezidivierenden depressiven störung (f33.-) zu erfüllen" (vgl. dazu auch schöpf, psychiatrie für die praxis, 2. aufl. 2003, s 189; but-cher/mineka/hooley, klinische psychologie, s. 282 f.). die behandlung der depressiven verstimmungen der klägerin erfolgt mit fluoxetin 40 mg, eine darüber hinausgehende therapie erfolgt nicht. daneben besteht zudem eine angststörung und eine nicht orga-nisch bedingte schlaflosigkeit. 34die eingeholten pflegegutachten machen freilich deutlich, dass die klägerin im bereich der sozialen kontakte sowie der gestaltung des alltagslebens durchaus weitgehend selbstän-dig tätig ist. auch das verhalten der klägerin im rahmen des verwaltungs- und wider-spruchsverfahrens macht deutlich, dass die klägerin durchaus bereit und in der lage ist, die von ihr angestrebten ziele zu verfolgen. bei den untersuchungen war sie insgesamt zu allen qualitäten informiert, gab nachvollziehbare antworten und war in der lage ihre situa-tion zu beschreiben. 35die kammer verkennt hierbei nicht, dass der antrieb der klägerin in bestimmten berei-chen stark reduziert ist. zwar stützt die klägerin die tatsache, dass sie kaum noch das haus verlässt auf körperliche beschwerden; diese lassen sich zur überzeugung der kammer indes nicht hinreichend objektivieren. hier zeigen sich vielmehr wieder insbeson-dere die auswirkungen der schmerzerkrankung, die sich bei der klägerin in den ver-schiedensten gebieten (kopf, rücken, beine, aber auch knie) zeigen. diese auswirkun-gen insgesamt lassen es gerechtfertigt erscheinen, die beeinträchtigungen der klägerin schon als schwere störung zu betrachten, die indes bislang mit einem gdb von 50 hinrei-chend bewertet sind. hiervon sind ebenfalls schon die beeinträchtigungen durch die "rest-less-legs" und die kopfschmerzen, aber auch die somatisch nicht begründbaren schmer-zen in verschiedenen körperregionen mit berücksichtigt. beeinträchtigungen, die darüber einen darüber hinausgehenden gdb rechtfertigen könnten sind – schon im hinblick auf die niederschwellig intensive therapie und dem mangel einer fachärztlichen behandlung – nicht objektiviert. 36für das funktionssystem der harnorgane ist gemäß teil b ziffer 12.2.4 ein gdb von 20 in ansatz zu bringen. die klägerin gibt an, unter eine tröpfcheninkontinenz zu leiden, wes-wegen sie vorlagen trägt. im hinblick auf den von der klägerin – etwa gegenüber der gutachterin im rahmen der letzten pflegebegutachtung – selbst angegeben umfang der inkontinenz ist ein gdb von mehr als 20 nach auffassung der kammer nicht zu berück-sichtigen. 37für das funktionssystem der unteren extremitäten ist gemäß teil b ziffer 18.14 der ver-sorgungsmedizinischen grundsätze ein gdb von 30 in ansatz zu bringen. bei der klägerin ist eine gonarthrose grad iii des rechten knies bei bestehendem beidseitigem verschleiß der knie sowie eine coxarthrose diagnostiziert worden. hinsichtlich des rechten knies war auch eine indikation zur totalendoprothetischen versorgung gestellt worden. nach den feststellungen des dr. k. konnten die hüft- und kniegelenke beidseits bis mindestens 90&730; gebeugt werden. im rahmen eines gehtests konnte ein streckdefizit in hüft- und kniege-lenken nicht festgestellt werden. entsprechende feststellungen finden sich auch im gut-achten des dr. h. dieser beschreibt zudem kleine narben im bereich des rechten knies nach arthroskopie. auch dort gelang im sitzen die beugung in hüft- und kniegelenken bis über 90&730;. im liegen wurde die passive beugung links auch darüber hinaus ohne schmerzangabe toleriert. auffallend war freilich bei dieser beurteilung, dass trotz der be-schriebenen beugefähigkeit beider knie, die demonstrierte beugung rechts nur bis 30&730; er-folgt. dieses ergebnis ist in sich nicht schlüssig und spricht nach auffassung der kammer jedenfalls für ein aggravieren der klägerin, d.h. einer verschlimmernden bzw. überhöhen-den darstellung tatsächlich vorhandener krankhaften störungen zum zweck der erlangung von vorteilen (vgl. widder/gaidzik, begutachtung in der neurologie, 2. aufl. 2011, s. 66 ff.; venlaff/foerster/dreßing/habermeyer, psychiatrische begutachtung, 6. aufl. 2015, s. 23; vgl. auch hausotter, neurologische begutachtung, 2006, s. 158; nedopill/müller, fo-rensische psychiatrie, 4. aufl.2012, s. 213 ff.). hier sind nach auffassung der kammer die grenzen zu bloßen (bewussten oder unbewussten) verdeutlichungstendenzen, die in einer begutachtungssituation durchaus üblich ist, überschritten. unter berücksichtigung der objektivierten beeinträchtigungen im bereich beider knie so-wie der hüftgelenke ist hier ein gdb von mehr als 30 keinesfalls in ansatz zu bringen. nach auffassung der kammer lässt sich dieser gdb nur dann rechtfertigen, wenn man hier die schmerzproblematik mit in die bewertung des gdb einbezieht. dies ist in den versorgungsmedizinischen grundsätzen so auch vorgesehen. allerdings wurden die schmerzen auch schon im bereich der psyche wesentlich bewertet, weswegen bei der bildung des gesamt-gdb hier eine doppelbewertung zu vermeiden ist. der bei der kläge-rin diagnostizierte senk-spreizfuß erhöht den gdb nicht weiter. 38für das funktionssystem der oberen gliedmaße ist ein höherer gdb als 10 gemäß teil b ziffer 18.13. der versorgungsmedizinischen grundsätze nicht objektiviert. die arme konn-ten bei der untersuchung durch dr. k. bis mindestens 120&730; gehoben werden. die ellenbo-gengelenke, die handgelenke und das fingerspiel waren ebenfalls unauffällig. 39für die funktionsstörungen der wirbelsäule ist gemäß teil b ziffer 18.9 der versor-gungsmedizinischen grundsätze ein gdb von 10 in ansatz bringen. die klägerin trägt vor, sie habe diverse bandscheibenvorfälle und einen gebrochenen steiß gehabt. der sie zu-letzt behandelnden orthopäde bestätigte im verwaltungsverfahren eine multisegmentale protrusion (vorwölbung) der lendenwirbelsäule und eine rezidivierende lumbago. hier-durch bedingte bewegungseinschränkungen der einzelnen wirbelsäulenabschnitte konn-ten bei der untersuchung durch dr. k. nicht objektiviert werden. ein entsprechendes er-gebnis zeigte auch schon die untersuchung durch dr. h ... da maßgeblich nicht bestimmte diagnosen sondern funktionsbeeinträchtigungen sind, kommt eine höhere bewertung des gdb nicht in betracht. 40für den bei der klägerin diagnostizierten diabetes mellitus typ ii ist ein gdb nicht festzu-stellen. selbst wenn man die aussage der klägerin, sie nehme metformin ein – eine aus-sage, die der feststellung der hausärztin, die behandlung erfolge rein diätisch, wider-spricht – und die von der klägerin im übrigen im rahmen der begutachtung auch nicht durch vorlage entsprechender medikamente untermauert werden konnte, als zutreffend unterstellt, resultiert hieraus kein gdb. denn auch diese behandlung kann keine regelhaf-ten hypoglykämien auslösen (vgl. hierzu etwa lüllmann/mohr/hein, pharmakologie und toxikologie, 17. aufl. 2010, s. 446; biesalski/bischoff/puchstein, ernährungsmedizin 4. aufl. 2010, 517), und ist daher mit keinem gdb (gdb 0) zu bewerten (vgl. dazu teil b zif-fer nr. 15.1 der versorgungsmedizinischen grundsätze; vgl. dazu auch lsg baden-württemberg urteil vom 20.07.2018 – l 8 sb 1348/18 = juris ). soweit die klägerin unter erhöhten blutdruck leidet wird dieser behandelt. schäden an zielorganen sind bislang nicht objektiviert, so dass hier allerhöchstens ein gdb von 10 in ansatz gebracht werden kann. 41ausgehend von den objektivierten beeinträchtigungen ist bei der klägerin für den streitbe-fangenen zeitraum nach § 152 abs. 3 sgb ix (§ 69 abs. 3 sgb ix a.f.) in verbindung mit teil a nr. 3 der versorgungsmedizinischen grundsätze weiterhin ein gdb von 60 in ansatz zu bringen. 42§ 152 abs. 3 satz 1 sgb ix (§ 69 abs. 3 satz 1 sgb ix a.f.) schreibt vor, bei vorliegen mehrerer teilhabebeeinträchtigungen den grad der behinderungen nach den auswirkun-gen der beeinträchtigungen in ihrer gesamtheit unter berücksichtigung ihrer wechselseiti-gen beziehungen festzusetzen. der maßgebliche gesamt-gdb ergibt sich dabei aus der zusammenschau aller funktionsbeeinträchtigungen. er ist nicht nach starren beweisre-geln, sondern aufgrund richterlicher erfahrung unter hinzuziehung der sachverständigen-gutachten sowie der versorgungsmedizinischen grundsätze in freier richterlicher beweis-würdigung nach natürlicher, wirklichkeitsorientierter und funktionaler betrachtungsweise festzustellen (lsg nordrhein-westfalen urteil vom 29.06.2012 – l 13 sb 127/11 = juris rn. 42 unter bezugnahme auf bsg urteil vom 11.03.1998 - b 9 sb 9/97 r = juris rn. 10 m.w.n.). dabei ist zu berücksichtigen, ob die auswirkungen der einzelnen beeinträchti-gungen ineinander aufgehen, sich überschneiden, sich verstärken oder beziehungslos ne-beneinander stehen (bsg urteil vom 02.12.2010 - b 9 sb 4/10 r = juris). 43im vorliegenden fall ist zunächst als absolut führender gdb derjenige der psyche zugrun-de zu legen. dieser gdb ist – wie oben ausführlich dargelegt – mit 50 zu bewerten. dane-ben sind erhöhend zu berücksichtigen die beeinträchtigungen der unteren extremitäten. diese sind geeignet, den gesamt-gdb auf 60 zu erhöhen. eine weitere erhöhung, insbe-sondere etwa im hinblick auf die geklagten orthopädischen beschwerden und die tröpf-cheninkontinenz kommt nach auffassung der kammer nicht in betracht. die geklagten schmerzen waren ebenso wie die geklagten schwierigkeiten der klägerin sich zu erheben, was letztlich das tragen von vorlagen insbesondere erforderlich macht, im bereich der psyche mit berücksichtigt worden. eine doppelte bewertung kommt insoweit – hierauf wurde bereits mehrfach hingewiesen – nicht in betracht. darüber hinaus rechtfertigt nach teil a ziffer 3 lit. d) ee) auch ein gdb von 20 – unabhängig davon, dass ein anderes or-gansystem betroffen ist – vielfach nicht die anhebung des gdb. eine weitere erhöhung des gesamt-gdb durch andere beeinträchtigungen kommt ebenfalls nicht in betracht, weil diese lediglich einen gdb von höchstens 10 (teilweise allenfalls soeben 20) bedingen. unter berücksichtigung des zusammenspiels der beeinträchtigungen sind sie nach auf-fassung der kammer nicht geeignet, den gesamt-gdb zu erhöhen. die klägerin hat mit-hin nach § 48 sgb x eine wesentliche änderung im sinne einer verschlimmerung der lei-den nicht hinreichend objektiviert hat. 442. auch die feststellung der gesundheitlichen voraussetzungen für die inanspruchnahme des merkzeichens rf scheidet aus. rechtsgrundlage für einen entsprechenden anspruch wäre § 152 abs. 1, 4 sgb ix in der ab 01.01.2018 gültigen fassung vom 23.12.2016 (der im wesentlichen der vorgängerre-gelung des § 69 abs. 1, 4 sgb ix entspricht) i.v.m. den regelungen des rundfunkbei-tragsstaatsvertrags (rdfunkbeitrstvtr) in der fassung der bekanntmachung des geset-zes zur zustimmung zum einundzwanzigsten staatsvertrages zur änderung rundfunk-rechtlicher staatsverträge (einundzwanzigster rundfunkänderungsstaatsvertrag) vom 08.05.2018 (gv.nrw s, 211 ff.). danach stellen die zuständigen behörden neben einer behinderung auch gesundheitliche merkmale fest, die voraussetzung für die inanspruch-nahme von nachteilsausgleichen für schwerbehinderte menschen sind. die vorausset-zungen für eine ermäßigung der rundfunkgebührenpflicht aus gesundheitlichen gründen auf ein drittel sind gemäß § 4 abs. 2 rdfunkbeitrstvtr erfüllt bei blinden oder nicht nur vorübergehend wesentlich sehbehinderten menschen mit einem grad der behinderung von 60 vom hundert allein wegen der sehbehinderung (§ 4 abs. 2 nr. 1 rdfunkbeitrst-vtr), hörgeschädigten menschen, die gehörlos sind oder denen eine ausreichende ver-ständigung über das gehör auch mit hörhilfen nicht möglich ist (§ 4 abs. 2 nr. 2 rdfunk-beitrstvtr), und bei behinderten menschen, deren gdb nicht nur vorübergehend wenigs-tens 80 vom hundert beträgt und die wegen ihres leidens an öffentlichen veranstaltungen ständig nicht teilnehmen können (§ 4 abs. 2 nr. 3 rdfunkbeitrstvtr). 45um dem zweck der ermäßigung der rundfunkgebühren zu genügen, ist eine enge ausle-gung des § 4 abs. 2 nr. 3 rdfunkbeitrstvtr geboten (bayerisches lsg urteil vom 14.11.2018 – l 18 sb 84 = juris rn. 19 unter hinweis auf bsg urteil vom 12.02.1997 - 9 rvs 2/96 = juris rn 11 m.w.n.). § 4 abs. 2 nr. 3 rdfunkbeitrstvtr setzt daher - neben einem gdb von mindestens 80 - voraus, dass der behinderte wegen seiner leiden stän-dig, d.h. allgemein und umfassend, vom besuch von zusammenkünften politischer, künst-lerischer, wissenschaftlicher, kirchlicher, sportlicher, unterhaltender oder wirtschaftlicher art ausgeschlossen ist. es genügt nicht, dass er nur an einzelnen veranstaltungen, etwa massenveranstaltungen, nicht teilnehmen kann; vielmehr muss er praktisch an das haus bzw. an die wohnung gebunden sein (vgl. bayerisches lsg urteil vom 14.11.2018 – l 18 sb 84 = juris rn. 19 unter hinweis auf bsg urteil vom 12.02.1997, 9 rvs 2/96 juris rn 11 m.w.n). maßgeblich ist dabei allein die möglichkeit der körperlichen teilnahme, gegebe-nenfalls mit technischen hilfsmitteln, z.b. einem rollstuhl, und/oder mit hilfe einer begleit-person (vgl. bayerisches lsg urteil vom 14.11.2018 – l 18 sb 84 = juris rn. 19; bsg vom 03.06.1987, 9a rvs 27/85; vom 11.09.1991, 9a/9 rvs 15/89). ein ausschluss aus anderen als behinderungsbedingten gründen begründet das vorliegen der gesundheitli-chen voraussetzungen des merkzeichens rf nicht (vgl. bsg vom 03.06.1987, 9a rvs 27/85; lsg bayern, a.a.o.). bei der klägerin liegen die voraussetzungen nicht vor. insbesondere ist der erforderliche mindest-gdb nicht erreicht (vgl. dazu oben). daneben ist aus dem im rahmen des ver-waltungsverfahrens vorgelegten attestes der fr. dr. g. auch zu entnehmen, dass die klä-ger zwar "außerhalb ihres hauses in der mobilität stark eingeschränkt ist" weswegen sie sich "termine nicht fest vornehmen" könne. dies macht aber deutlich, dass entsprechen-de termine auch nach ansicht der damals behandelnden ärztin durchaus möglich wären. die kammer kann – mit dem gutachter dr. k. – auch keine objektivierbaren anhaltspunk-te dafür erkennen, aus welchem grund die klägerin an den oben beispielsweise genann-ten veranstaltungen nicht sollte teilnehmen können. hierauf kommt es aber im hinblick auf den gdb von 60 bei der klägerin im ergebnis indes nicht an. 3. die feststellung der gesundheitlichen voraussetzungen für die inanspruchnahme des merkzeichens ag kommt nicht in betracht. 46die am 01.01.2018 in kraft getretenen regelung des § 229 abs. 3 sozialgesetzbuch neuntes buch (sgb ix) bestimmt - inhaltsgleich mit der bis zum 31.12.2017 geltenden regelung des § 146 abs. 3 sgb ix a.f. - dass schwerbehinderte menschen mit außer-gewöhnlicher gehbehinderung personen mit einer erheblichen mobilitätsbezogenen teil-habebeeinträchtigung sind, die einem grad der behinderung von mindestens 80 ent-spricht. eine erhebliche mobilitätsbezogene teilhabebeeinträchtigung liegt nach der le-galdefinition des § 229 abs. 3 satz 2 sgb ix vor, wenn sich die schwerbehinderten men-schen wegen der schwere ihrer beeinträchtigung dauernd nur mit fremder hilfe oder mit großer anstrengung außerhalb ihres kraftfahrzeuges bewegen können. nach satz 3 der vorschrift zählen hierzu insbesondere schwerbehinderte menschen, die auf grund der beeinträchtigung der gehfähigkeit und fortbewegung - dauerhaft auch für sehr kurze ent-fernungen - aus medizinischer notwendigkeit auf die verwendung eines rollstuhls ange-wiesen sind. weitere, in satz 4 der vorschrift beispielhaft aufgeführte gesundheitsstörun-gen (störungen bewegungsbezogener, neuromuskulärer oder mentaler funktionen, stö-rungen des kardiovaskulären oder atmungssystems) sind nach § 229 abs. 3 satz 5 sgb ix als außergewöhnliche gehbehinderung anzusehen, wenn nach versorgungsärztlicher feststellung die auswirkung der gesundheitsstörungen sowie deren kombination auf die gehfähigkeit dauerhaft so schwer ist, dass sie der unter satz 1 genannten beeinträchti-gung gleich kommt. für die zuerkennung des merkzeichens "ag" normiert § 229 abs. 3 sgb ix somit zwei voraussetzungen, welche kumulativ vorliegen müssen: bei dem betroffenen muss (1.) ei-ne erhebliche mobilitätsbezogene teilhabebeeinträchtigung bestehen, die (2.) einem grad der behinderung (gdb) von mindestens 80 entspricht (lsg nordrhein-westfalen be-schluss vom 02.05.2018 – l 17 sb 347/17 = juris rn. 4). schon der gesamt-gdb der klägerin beträgt nicht 80, weswegen das merkzeichen schon aus diesem grund ausschei-det. 4. die klägerin hat auch keinen anspruch auf feststellung der gesundheitlichen vorausset-zungen für die inanspruchnahme des merkzeichens h. 47in den schwerbehindertenausweis ist das merkzeichen h einzutragen, wenn der schwer-behinderte mensch hilflos im sinne des § 33b einkommenssteuergesetz (estg) oder ent-sprechender vorschriften ist, vgl. § 3 abs. 1 nr. 2 schwerbehindertenausweisverordnung. entsprechend § 33b abs. 6 satz 3 estg ist derjenige als hilflos anzusehen, der infolge von gesundheitsstörungen nicht nur vorübergehend für eine reihe häufiger und wieder-kehrender verrichtungen und zur sicherung seiner persönlichen existenz im ablauf eines jeden tages fremder hilfe dauernd bedarf. von der tatbestandlich vorausgesetzten "reihe von verrichtungen" kann - entsprechend der rechtsprechung des bundessozialgerichts - regelmäßig erst dann ausgegangen werden, wenn es sich "um mindestens drei verrich-tungen handelt, die einen hilfebedarf in erheblichem umfang erforderlich machen" (bsg, urteil vom 24.11.2005 b 9 a sb 1/05 r). der umfang der wegen der behinderung not-wendigen zusätzlichen hilfeleistungen muss erheblich sein. dabei ist in der regel auf die zahl der verrichtungen, den wirtschaftlichen wert der hilfe und den zeitlichen aufwand abzustellen (vgl. bsg, a.a.o.). 48bislang wurde mit blick auf die gesetzlichen vorgaben in der sozialen pflegeversicherung (vgl. § 15 sgb ix a.f.) die erheblichkeit des hilfebedarfs in erster linie nach dem tägli-chen zeitaufwand für erforderliche betreuungsleistungen zu beurteilen (lsg baden-württemberg, urteil vom 15.06.2007, l 8 sb 1421/06; vgl. auch bsg, a.a.o.). nicht hilflos war nach ständiger rechtsprechung des bundessozialgerichts, der sich die kammer an-geschlossen hat, danach jedenfalls, wer nur in relativ geringem umfange, täglich etwa ei-ne stunde waren danach indes nicht zwingend die voraussetzungen der hilflosigkeit ge-geben. vielmehr war der tägliche zeitaufwand für die hilfeleistung erst dann für sich allein genommen erheblich, wenn dieser mindestens zwei stunden erreicht (vgl. zu alledem bsg, a.a.o.). bei einem hilfebedarf zwischen einer und zwei stunden war bei der frage der erheblichkeit auf weitere umstände, insbesondere den wirtschaftlichen wert abzustel-len. insbesondere für den fall einer hohen anzahl von verrichtungen bzw. deren ungüns-tiger zeitlicher verteilung, war auch bei einem hilfebedarf von zwischen einer und zwei stunden von dessen erheblichkeit auszugehen (vgl. bsg, a.a.o.; lsg baden-württemberg, a.a.o.). die notwendige bereitschaftszeit einer hilfsperson war hierbei dann berücksichtigungsfähig, wenn die hilfsperson dadurch zeitlich und örtlich ebenso bean-sprucht werde, wie bei körperlicher hilfeleistung (vgl. (bsg urteil vom 12. februar 2003, b 9 sb 1/02 r = juris). 49an diesen rechtsgrundsätzen ändert sich auch nichts durch die durch das zweite gesetz zur stärkung der pflegerischen versorgung und zur änderung weitere vorschriften (zwei-tes pflegestärkungsgesetz – psg ii) vom 21.12.2015 (bgbl. 2015, s. 2424 ff.) zum 01.01.2017 erfolgte einführung des neuen pflegebegriffs §§ 14, 15 sgb xi n.f. auch hier kommt es weiter auf den objektivierten zeitaufwand an. erst ab pflegegrad 4 kann davon ausgegangen werden, dass generell eine hilfebedürftigkeit besteht (so lsg baden-württemberg, urteil vom 25.10.2018 – l 6 sb 2329/18, rechtlich unbeanstandet gelassen durch bsg beschluss vom 27.12.2018 – b 9 sb 5/18 bh). bei der klägerin war indes zur zeit der antragstellung bis zum 19.12.2018 der pflegegrad 2 festgestellt worden. ab die-sem zeitpunkt geht die pflegekasse vom vorliegen des pflegrades 3 aus. der pflegegrad 3 geht dabei definitionsgemäß vom vorliegen schwerer beeinträchtigungen der selbstän-digkeit oder der fähigkeiten aus. bei der klägerin ist in diesem zusammenhang freilich zu berücksichtigen, dass bei ihr auch im letzten gutachten des mdk aus dezember 2018 gewichtete punkte von 50,00 festgestellt worden, was im hinblick auf die spanne der punkte für die zuerkennung des pflegegrades 3 von 47,5 bis 70 punkten, deutlich am un-teren ende des entsprechenden pflegegrads sich bewegt. 50unter berücksichtigung der vorliegenden gutachten – sowohl des dr. k. als auch der im pflegeverfahren eingeholten gutachten des mdk sowie des dr. h. – konnte die kammer nicht mit hinreichender gewissheit davon überzeugen, dass der hilfebedarf der klägerin tatsächlich in einem maße besteht, welcher die zuerkennung des merkzeichens h be-gründen würde. das letzte pflegegutachten überzeugt die kammer hierbei in einigen punkten nicht sonderlich, da die angaben der klägerin nach auffassung der kammer teil-weise zu wenig hinterfragt werden. hierauf weist auch dr. k. in seinem gutachten zutref-fend hin. aber selbst wenn man das gutachten des mdk zugrunde legt wird dort von ei-nem pflegeaufwand von 10 stunden verteilt auf regelmäßig zwei tage ausgegangen. hier wird schon deutlich, dass eine tägliche zeitumfängliche hilfeleistung bei der klägerin auch von der dortigen gutachterin nicht gesehen wird. in vielen bereichen der selbstversor-gung wird die klägerin als überwiegend selbständig beschrieben, lediglich im bereich des waschens des intimbereichs, des duschen und badens einschließlich der haare sowie des an- und auskleidens des unterkörpers wird sie als überwiegend unselbständig und hinsichtlich der bewältigung der folgen der harninkontinenz als unselbständig beschrie-ben. das bereitstellen der medikation erfolgt einmal pro woche. nachts bedarf die kläge-rin nach eigenen angaben auch hilfe im hinblick auf ausscheidungen (urin). auch wenn hier für eine reihe von verrichtungen hilfe in anspruch genommen wird, so ist nach auf-fassung der kammer hier der erforderliche tägliche rahmen bislang keinesfalls gegeben. insoweit teilt die kammer – unter zugrundelegung der darstellungen der klägerin – die auffassung der gutachterin des mdk. die zuerkennung des merkzeichens h scheidet mithin aus. 515. die feststellung des vorliegens der gesundheitlichen voraussetzungen für die inan-spruchnahme des merkzeichens b scheidet ebenfalls aus. 52gemäß § § 228 abs. 1 sgb ix n.f. wird die begleitperson eines schwerbehinderten men-schen, der infolge seiner behinderung in seiner bewegungsfähigkeit im straßenverkehr erheblich beeinträchtigt oder hilflos oder gehörlos ist, im öffentlichen personenverkehr un-entgeltlich befördert, wenn die berechtigung zur mitnahme einer begleitperson nachge-wiesen und dies im ausweis des schwerbehinderten menschen eingetragen ist. über das vorliegen der damit angesprochenen gesundheitlichen merkmale treffen die für die durch-führung des bundesversorgungsgesetzes zuständigen behörden die erforderlichen fest-stellungen (§ 69 abs. 1 und 4 sgb ix a.f. bzw. § 152 abs. 1 und 4 sgb ix n.f.). nach teil d ziffer 2 lit b) der versorgungsmedizinischen grundsätze ist eine berechtigung für eine ständige begleitung bei schwerbehinderten menschen (bei denen die voraussetzun-gen für die merkzeichen g, gl oder h vorliegen) gegeben, die bei der benutzung von öf-fentlichen verkehrsmitteln infolge ihrer behinderung regelmäßig auf fremde hilfe angewie-sen sind. der tatbestand für die zuerkennung des merkzeichens b knüpft mithin an die "g", "gl" und "h" an. die zuerkennung des merkzeichens "b" kann somit nur erfolgen, wenn das merkzeichen "g", "h" oder "bl" zuerkannt ist (lsg urteil vom 22.03.2019 - l 8 sb 3550/18 = juris unter hinweis auf so bsg urteil vom 11.11.1987 - 9a rvs 6/86 = juris, freilich noch zu, schwebg). weiter ist voraussetzung, dass sie bei der benutzung öffentli-cher verkehrsmittel infolge ihrer behinderung regelmäßig auf fremde hilfe angewiesen sind (§ 229 abs. 2 satz 1 sgb ix; § 146 abs. 2 satz 1 sgb ix a.f.). da bei der klägerin weder das merkzeichen g noch das merkzeichen h festgestellt worden sind scheidet die zuerkennung des merkzeichens b ebenfalls aus. 53die klage war damit insgesamt abzuweisen. 54die kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 sgg.
Verklagte*r
0
165,753
26 O 275/14
2015-05-04T00:00:00
Urteil
Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, die Klägerin kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor ihrer Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. 1 Tatbestand: 2Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Rückabwicklung einer fondsgebundenen Lebensversicherung zur Versicherungsnummer #####, die die Klägerin am 19.06.1998 über einen Makler bei der Beklagten beantragt hatte. Auf den Antrag, Bl. 53 f. GA, wird für die Einzelheiten Bezug genommen. 3Die Beklagte übersendete daraufhin den Versicherungsschein vom 07.07.1998, Bl. 19 GA. 4Nachdem der Vertrag zwischenzeitlich beitragsfrei gestellt und später reaktiviert worden war, beantragte die Klägerin zunächst die Beitragsreduzierung auf 200,00 DM monatlich und später auf 50,00 Euro monatlich, dem die Beklagte jeweils nachkam. 5Eine erneute Beitragsfreistellung erfolgte ab dem 01.02.2009. 6Mit anwaltlichem Schreiben vom 06.10.2010, Bl. 30 ff. GA, erklärte die Klägerin den Widerruf des Vertrages, hilfsweise die Kündigung. Die Beklagte akzeptierte lediglich die Kündigung zum 01.11.2010 und rechnete mit Schreiben vom 20.11.2010, Bl. 32 GA, hierüber ab, wobei eine Auszahlung an die Klägerin in Höhe von 7.859,59 Euro erfolgte. Aufgrund einer Nachberechnung, Schreiben vom 15.03.2011, Bl. 33 GA, erhielt die Klägerin einen weiteren Betrag in Höhe von 230,91 Euro (inklusive Verzugszinsen). Insgesamt zahlte die Klägerin während der Vertragslaufzeit an die Beklagte Prämien in Höhe von 13.351,89 Euro. 7Die Klägerin ist der Ansicht, der Vertrag sei im Wege des Policenmodells geschlossen worden. Sie behauptet, die Belehrung über das Rücktrittsrecht sei nicht drucktechnisch hervorgehoben, ein Hinweis auf die erforderliche Form fehle. Sie habe daher zudem einen Schadensersatzanspruch aus cic. Sie habe bei Antragstellung auch nicht vollständig die Versicherungsbedingungen und Verbraucherinformationen erhalten. Sie sei zur Geltendmachung der Rechtsanwaltskosten im eigenen Namen berechtigt. Auch die mit dem Hilfsantrag geltend gemachten Ansprüche seien durch den Mahnantrag in der Verjährung gehemmt worden. 8Mit Schriftsatz vom 24.10.2014 hat die Klägerin den Antrag zu 1) in Höhe von 1.175,99 zurückgenommen, so dass sie nunmehr beantragt, 9die Beklagte zu verurteilen, 101) an die Klägerin 5.261,39 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 21.10.2010 zu zahlen 112) an die Klägerin 603,93 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen 12hilfsweise: 13die Beklagte zu verurteilen, 143) der Klägerin Auskunft zu erteilen 15a) über die Höhe des abgezogenen Stornobetrages 16b) über die Hälfte des zum Zeitpunkt der Kündigung bestehenden Fondsvermögens ohne Verrechnung von Abschlusskosten zum streitgegenständlichen Versicherungsvertrag mit der Nummer ##### sowie 174) der Klägerin einen weitergehenden Rückkaufswert in einer nach Erteilung der Auskunft noch zu bestimmenden Höhe nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.11.2010 zu zahlen. 18Die Beklagte beantragt, 19die Klage abzuweisen. 20Sie ist der Ansicht, der Vertrag sei im Wege des Antragsmodells abgeschlossen worden. Etwaiges Fehlverhalten des Maklers sei ihr nicht zuzurechnen. Sie rügt die Aktivlegitimation der Klägerin im Hinblick auf die geltend gemachten vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten und erhebt bezüglich des Hauptanspruchs die Einrede der Verwirkung und bezüglich der Hilfsansprüche die Einrede der Verjährung. 21Für die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen. 22Der am 24.12.2013 beantragte Mahnbescheid wegen „ungerechtfertigter Bereicherung gemäß Versicherungsschein ##### vom 01.08.1998“ ist vom Mahngericht am 27.12.2013 erlassen und der Beklagten am 06.01.2014 zugestellt worden. Nach Widerspruch der Beklagten erfolgte die Anspruchsbegründung mit Schriftsatz vom 24.06.2014, nachdem die Kosten zur Durchführung des streitigen Verfahrens am 10.01.2014 vom Mahngericht angefordert worden sind. 23Entscheidungsgründe: 24Die Klage ist unbegründet, der Klägerin stehen gegen die Beklagte keine Zahlungsansprüche zu. 25I. 26Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Rückzahlung der geleisteten Prämien nach § 812 BGB. Ein Widerrufsrecht nach § 5a VVG a.F. hat nie bestanden. Sofern die Klägerin zunächst behauptet hat, Versicherungsbedingungen und Verbraucherinformationen erst mit Übersendung des Versicherungsscheins bzw. bei Antragstellung nicht vollständig alle notwendigen Unterlagen erhalten zu haben (wobei schon nicht klar ist, welche Informationen gefehlt haben sollen), ist sie nach dem konkreten Vortrag der Beklagten, der Vertrag sei im Wege des Antragsmodells geschlossen worden, dem nicht mehr hinreichend entgegengetreten. So spricht die Empfangsbestätigung im Antrag, die die Klägerin gesondert unterschrieben hat (Bl. 54 GA), ausdrücklich gegen einen Vertragsschluss im Policenmodell. Warum diese Erklärung der Klägerin falsch sein soll, ist von ihr nicht dargelegt. Die Behauptung der Klägerin erfolgte offensichtlich ohne jede weitere Befassung mit dem konkreten Sachverhalt und ist daher unerheblich. 27Der Klägerin steht ein Anspruch auf Rückzahlung der Prämien jedoch auch nicht aus § 346 BGB zu. Insoweit könnte noch erwogen werden, den erklärten Widerspruch als Rücktritt auszulegen, auch wenn dieser bereits anwaltlich durch die jetzigen Prozessbevollmächtigten erfolgt ist. Jedenfalls wäre ein solcher Rücktritt nach § 8 VVG a.F. im Jahre 2010 jedoch nicht mehr möglich gewesen. Die Frist zur Erklärung des Rücktritts nach Antragstellung im Jahr 1998 war im Jahr 2010 längst abgelaufen. 28Die Belehrung im Antragsformular ist weder formal noch inhaltlich zu beanstanden. § 8 Abs. 5 VVG a.F. verlangt im Gegensatz zu § 5a VVG a.F. keine drucktechnisch hervorgehobene Belehrung. Im Sinne des Gesetzeszweckes darf die Belehrung lediglich nicht übersehen werden können, was jedoch bereits durch die gesondert geforderte und hier erfolgte Unterschrift verhindert wird. Der Belehrungstext ist darüber hinaus in Fettschrift abgedruckt und mit einer Überschrift versehen, die in größerer Schrift gehalten ist. Sie kann somit schlicht nicht übersehen werden. Auch inhaltlich ist die Belehrung nicht zu beanstanden, sie entspricht dem Gesetzestext. Bereits daher bedarf es keines Hinweises auf die Form des Rücktritts, da der Gesetzestext eine solche auch nicht benennt. Aus gleichem Grunde kann auch nicht angenommen werden, dass tatsächlich ein Rücktritt nur schriftlich erklärt werden konnte. 29Auf die Monatsfrist kommt es daher nicht entscheidend an. 30Da das Antragsmodell als solches nicht zu beanstanden ist, kommt es ebenso wenig auf die Frage der Verwirkung an. 31Da die Belehrung nicht fehlerhaft ist, kommt auch kein Schadensersatzanspruch wegen fehlerhafter Aufklärung in Betracht. 32II. 33Da der Hauptantrag unbegründet ist, ist die Bedingung zur Prüfung der Hilfsanträge eingetreten. 34Diese sind jedoch ebenfalls unbegründet. Soweit die Klägerin Auskünfte zum Rückkaufswert begehrt, bestehen solche nach der Rechtsprechung des BGH bereits nicht, da sie mit dem vertraglich vereinbarten und ausbezahlten Rückkaufswert bereits mehr als die Hälfte der eingezahlten Prämien zurückerstattet bekommen hat. 35Darüber hinaus sind sämtliche Ansprüche, die die Klägerin im Zusammenhang mit der Kündigung noch hätte haben können, verjährt. Die Kündigung wurde bereits durch anwaltlichen Schriftsatz vom 06.10.2010 erklärt, so dass etwaige Ansprüche mit Ablauf des Jahres 2013 gemäß § 195 BGB verjährt sind. Der Mahnbescheid konnte die Verjährung nicht hemmen, da der Anspruch auf weiteren Rückkaufswert oder auf Rückzahlung des Stornoabzugs, mithin Ansprüche aus der Abrechnung nach der Kündigung hierin nicht benannt sind (im Übrigen ein Auskunftsantrag sowieso nicht mit Mahnbescheid geltend gemacht werden kann). Ausdrücklich benannt werden nur Bereicherungsansprüche. Dabei handelt es sich jedoch um einen gänzlich anderen Sachverhalt, der auch einen anderen Streitgegenstand darstellt und damit eigenständig der Verjährung unterliegt. 36Soweit die Klägerin meint, im Mahnbescheidsantrag nicht verschiedene Ansprüche benennen zu können, ist dies nicht korrekt. Es ist durchaus möglich, innerhalb einer Zeile zu einem Antrag mehrere Begründungen einzutragen. Dies wird von anderen Parteien jedenfalls unproblematisch so gehandhabt. Unabhängig davon ist es Sache der Klägerin, wie sie die Hemmung der Verjährung bewirkt. 37III. 38Ein Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten besteht schon mangels begründeter Hauptforderung nicht. Darüber hinaus ergibt sich aus dem eigenen Vortrag der Klägerin, dass die Kosten bereits durch die Rechtsschutzversicherung gezahlt wurden, so dass der Anspruch auf diese übergegangen ist. Auf welcher Grundlage nunmehr die Klägerin berechtigt sein soll, diese hier geltend zu machen, hat sie nicht dargelegt und nachgewiesen. Im Übrigen ergibt sich aus dem Schreiben vom 06.10.2010, dass bereits unbedingter Klageauftrag bestanden hat. 39Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 269, 708 Nr. 11, 711 ZPO. 40Streitwert: 41Bis zum 24.10.2014: 6.437,38 Euro 42Ab dann: 5.261,39 Euro
die klage wird abgewiesen. die kosten des rechtsstreits trägt die klägerin. das urteil ist vorläufig vollstreckbar, die klägerin kann die vollstreckung gegen sicherheitsleistung in höhe von 120% des vollstreckbaren betrages abwenden, wenn nicht die beklagte vor ihrer vollstreckung sicherheit in höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden betrages leistet. 1
2die klägerin begehrt von der beklagten die rückabwicklung einer fondsgebundenen lebensversicherung zur versicherungsnummer #####, die die klägerin am 19.06.1998 über einen makler bei der beklagten beantragt hatte. auf den antrag, bl. 53 f. ga, wird für die einzelheiten bezug genommen. 3die beklagte übersendete daraufhin den versicherungsschein vom 07.07.1998, bl. 19 ga. 4nachdem der vertrag zwischenzeitlich beitragsfrei gestellt und später reaktiviert worden war, beantragte die klägerin zunächst die beitragsreduzierung auf 200,00 dm monatlich und später auf 50,00 euro monatlich, dem die beklagte jeweils nachkam. 5eine erneute beitragsfreistellung erfolgte ab dem 01.02.2009. 6mit anwaltlichem schreiben vom 06.10.2010, bl. 30 ff. ga, erklärte die klägerin den widerruf des vertrages, hilfsweise die kündigung. die beklagte akzeptierte lediglich die kündigung zum 01.11.2010 und rechnete mit schreiben vom 20.11.2010, bl. 32 ga, hierüber ab, wobei eine auszahlung an die klägerin in höhe von 7.859,59 euro erfolgte. aufgrund einer nachberechnung, schreiben vom 15.03.2011, bl. 33 ga, erhielt die klägerin einen weiteren betrag in höhe von 230,91 euro (inklusive verzugszinsen). insgesamt zahlte die klägerin während der vertragslaufzeit an die beklagte prämien in höhe von 13.351,89 euro. 7die klägerin ist der ansicht, der vertrag sei im wege des policenmodells geschlossen worden. sie behauptet, die belehrung über das rücktrittsrecht sei nicht drucktechnisch hervorgehoben, ein hinweis auf die erforderliche form fehle. sie habe daher zudem einen schadensersatzanspruch aus cic. sie habe bei antragstellung auch nicht vollständig die versicherungsbedingungen und verbraucherinformationen erhalten. sie sei zur geltendmachung der rechtsanwaltskosten im eigenen namen berechtigt. auch die mit dem hilfsantrag geltend gemachten ansprüche seien durch den mahnantrag in der verjährung gehemmt worden. 8mit schriftsatz vom 24.10.2014 hat die klägerin den antrag zu 1) in höhe von 1.175,99 zurückgenommen, so dass sie nunmehr beantragt, 9die beklagte zu verurteilen, 101) an die klägerin 5.261,39 euro nebst zinsen in höhe von 5 prozentpunkten über dem basiszinssatz seit dem 21.10.2010 zu zahlen 112) an die klägerin 603,93 euro nebst zinsen in höhe von 5 prozentpunkten über dem basiszinssatz seit rechtshängigkeit zu zahlen 12hilfsweise: 13die beklagte zu verurteilen, 143) der klägerin auskunft zu erteilen 15a) über die höhe des abgezogenen stornobetrages 16b) über die hälfte des zum zeitpunkt der kündigung bestehenden fondsvermögens ohne verrechnung von abschlusskosten zum streitgegenständlichen versicherungsvertrag mit der nummer ##### sowie 174) der klägerin einen weitergehenden rückkaufswert in einer nach erteilung der auskunft noch zu bestimmenden höhe nebst zinsen in höhe von 5 prozentpunkten über dem basiszinssatz seit dem 01.11.2010 zu zahlen. 18die beklagte beantragt, 19die klage abzuweisen. 20sie ist der ansicht, der vertrag sei im wege des antragsmodells abgeschlossen worden. etwaiges fehlverhalten des maklers sei ihr nicht zuzurechnen. sie rügt die aktivlegitimation der klägerin im hinblick auf die geltend gemachten vorgerichtlichen rechtsanwaltskosten und erhebt bezüglich des hauptanspruchs die einrede der verwirkung und bezüglich der hilfsansprüche die einrede der verjährung. 21für die weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf die wechselseitigen schriftsätze nebst anlagen bezug genommen. 22der am 24.12.2013 beantragte mahnbescheid wegen „ungerechtfertigter bereicherung gemäß versicherungsschein ##### vom 01.08.1998“ ist vom mahngericht am 27.12.2013 erlassen und der beklagten am 06.01.2014 zugestellt worden. nach widerspruch der beklagten erfolgte die anspruchsbegründung mit schriftsatz vom 24.06.2014, nachdem die kosten zur durchführung des streitigen verfahrens am 10.01.2014 vom mahngericht angefordert worden sind. 23
24die klage ist unbegründet, der klägerin stehen gegen die beklagte keine zahlungsansprüche zu. 25i. 26die klägerin hat gegen die beklagte keinen anspruch auf rückzahlung der geleisteten prämien nach § 812 bgb. ein widerrufsrecht nach § 5a vvg a.f. hat nie bestanden. sofern die klägerin zunächst behauptet hat, versicherungsbedingungen und verbraucherinformationen erst mit übersendung des versicherungsscheins bzw. bei antragstellung nicht vollständig alle notwendigen unterlagen erhalten zu haben (wobei schon nicht klar ist, welche informationen gefehlt haben sollen), ist sie nach dem konkreten vortrag der beklagten, der vertrag sei im wege des antragsmodells geschlossen worden, dem nicht mehr hinreichend entgegengetreten. so spricht die empfangsbestätigung im antrag, die die klägerin gesondert unterschrieben hat (bl. 54 ga), ausdrücklich gegen einen vertragsschluss im policenmodell. warum diese erklärung der klägerin falsch sein soll, ist von ihr nicht dargelegt. die behauptung der klägerin erfolgte offensichtlich ohne jede weitere befassung mit dem konkreten sachverhalt und ist daher unerheblich. 27der klägerin steht ein anspruch auf rückzahlung der prämien jedoch auch nicht aus § 346 bgb zu. insoweit könnte noch erwogen werden, den erklärten widerspruch als rücktritt auszulegen, auch wenn dieser bereits anwaltlich durch die jetzigen prozessbevollmächtigten erfolgt ist. jedenfalls wäre ein solcher rücktritt nach § 8 vvg a.f. im jahre 2010 jedoch nicht mehr möglich gewesen. die frist zur erklärung des rücktritts nach antragstellung im jahr 1998 war im jahr 2010 längst abgelaufen. 28die belehrung im antragsformular ist weder formal noch inhaltlich zu beanstanden. § 8 abs. 5 vvg a.f. verlangt im gegensatz zu § 5a vvg a.f. keine drucktechnisch hervorgehobene belehrung. im sinne des gesetzeszweckes darf die belehrung lediglich nicht übersehen werden können, was jedoch bereits durch die gesondert geforderte und hier erfolgte unterschrift verhindert wird. der belehrungstext ist darüber hinaus in fettschrift abgedruckt und mit einer überschrift versehen, die in größerer schrift gehalten ist. sie kann somit schlicht nicht übersehen werden. auch inhaltlich ist die belehrung nicht zu beanstanden, sie entspricht dem gesetzestext. bereits daher bedarf es keines hinweises auf die form des rücktritts, da der gesetzestext eine solche auch nicht benennt. aus gleichem grunde kann auch nicht angenommen werden, dass tatsächlich ein rücktritt nur schriftlich erklärt werden konnte. 29auf die monatsfrist kommt es daher nicht entscheidend an. 30da das antragsmodell als solches nicht zu beanstanden ist, kommt es ebenso wenig auf die frage der verwirkung an. 31da die belehrung nicht fehlerhaft ist, kommt auch kein schadensersatzanspruch wegen fehlerhafter aufklärung in betracht. 32ii. 33da der hauptantrag unbegründet ist, ist die bedingung zur prüfung der hilfsanträge eingetreten. 34diese sind jedoch ebenfalls unbegründet. soweit die klägerin auskünfte zum rückkaufswert begehrt, bestehen solche nach der rechtsprechung des bgh bereits nicht, da sie mit dem vertraglich vereinbarten und ausbezahlten rückkaufswert bereits mehr als die hälfte der eingezahlten prämien zurückerstattet bekommen hat. 35darüber hinaus sind sämtliche ansprüche, die die klägerin im zusammenhang mit der kündigung noch hätte haben können, verjährt. die kündigung wurde bereits durch anwaltlichen schriftsatz vom 06.10.2010 erklärt, so dass etwaige ansprüche mit ablauf des jahres 2013 gemäß § 195 bgb verjährt sind. der mahnbescheid konnte die verjährung nicht hemmen, da der anspruch auf weiteren rückkaufswert oder auf rückzahlung des stornoabzugs, mithin ansprüche aus der abrechnung nach der kündigung hierin nicht benannt sind (im übrigen ein auskunftsantrag sowieso nicht mit mahnbescheid geltend gemacht werden kann). ausdrücklich benannt werden nur bereicherungsansprüche. dabei handelt es sich jedoch um einen gänzlich anderen sachverhalt, der auch einen anderen streitgegenstand darstellt und damit eigenständig der verjährung unterliegt. 36soweit die klägerin meint, im mahnbescheidsantrag nicht verschiedene ansprüche benennen zu können, ist dies nicht korrekt. es ist durchaus möglich, innerhalb einer zeile zu einem antrag mehrere begründungen einzutragen. dies wird von anderen parteien jedenfalls unproblematisch so gehandhabt. unabhängig davon ist es sache der klägerin, wie sie die hemmung der verjährung bewirkt. 37iii. 38ein anspruch auf erstattung vorgerichtlicher rechtsanwaltskosten besteht schon mangels begründeter hauptforderung nicht. darüber hinaus ergibt sich aus dem eigenen vortrag der klägerin, dass die kosten bereits durch die rechtsschutzversicherung gezahlt wurden, so dass der anspruch auf diese übergegangen ist. auf welcher grundlage nunmehr die klägerin berechtigt sein soll, diese hier geltend zu machen, hat sie nicht dargelegt und nachgewiesen. im übrigen ergibt sich aus dem schreiben vom 06.10.2010, dass bereits unbedingter klageauftrag bestanden hat. 39die nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 269, 708 nr. 11, 711 zpo. 40streitwert: 41bis zum 24.10.2014: 6.437,38 euro 42ab dann: 5.261,39 euro
Verklagte*r
0
333,925
S 13 KR 428/19
2020-12-15T00:00:00
Urteil
Tenor Die Klage wird abgewiesen. Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten. 1Tatbestand: 2Die Beteiligten streiten über einen Anspruch des Klägers auf Versorgung mit dem Hilfsmittel "Innowalk medium" der Firma made for movement. Der am xx.xx.xxxx geborene Kläger leidet seit Geburt u. a. an therapieresistenter symptomatischer Epilepsie, Cerebralparese, spastischer Tetraparese, Aphasie, Dysphagie, chronisch wiederkehrenden Atemwegsinfektionen, Dystrophie, Mikrozephalie und Hüftluxation. Auch im Alter von 13 Jahren konnte er noch nicht eigenständig gehen und stehen. Vom xx. bis xx.xx.xxxx nahm der Kläger an einer Rehabilitations-(Reha-)Maßnahme zur Verbesserung seiner Bewegungsfähigkeit teil. Um u. a. der Epilepsie entgegenzuwirken, nahm er vom xx.xx. bis xx.xx.xxxx an einer Bewegungsstudie teil; im Rahmen dieser Studie nutzte er unter Aufsicht intensiv dreimal täglich den Bewegungstrainer "Innowalk". Derzeit ist der Kläger mit einem Rollstuhl "Swingbo", einer Sitzschale mit Untergestell, einer Ganzkörperlagerungshilfe, einem Kindersitz, einem Reha-Bett, einem Toiletten- und Duschstuhl, einer Alurampe, einem Motomed-Bewegungstrainer, Kommunikationshilfen, einer Unterschenkelorthese und Unterarmschienen versorgt. Am 10.12.2018 beantragte der Kläger die Versorgung mit einem "Innowalk" Steh- und Bewegungstrainer unter Vorlage einer entsprechenden vertragsärztlichen Verordnung vom 20.11.2018, einem Erprobungsbericht der Firma n. g. n. vom 21.06.2018 und einem Kostenvoranschlag der Firma n. g. n. vom 06.12.2018 über Kosten für die Miete des "Innowalk" für zwölf Monate in Höhe von 8.383,55 EUR. Mit Schreiben vom 17.12.2018 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass sie zwecks Prüfung des Hilfsmittelantrags den Medizinischen Dienst der Krankenkasse (MDK) eingeschaltet habe. In einem nach Aktenlage erstellten Gutachten vom 21.12.2018 gelangte der MDK-Arzt Dr. H. zum Ergebnis, das System Innowalk führe nicht zum Behinderungsausgleich; vielmehr sei es auf Unterstützung und Ergänzung der ärztlichen Behandlung ausgerichtet, wobei für solche Hilfsmittel der Nachweis sowohl des medizinischen Nutzens als auch der Wirtschaftlichkeit gefordert sei. Beide Voraussetzungen seien hier nicht erfüllt. Dass das gleichmäßige Durchbewegen der großen Gelenke über einen kürzeren oder längeren Zeitraum bei dem Kläger die Ausprägung und Häufigkeit von Krampfanfällen erhöhe, sei nicht auszuschließen. Insofern sollte ein Motorbewegungstrainer nur eingesetzt werden, wenn vorher gebietsnervenärztlicher-, idealerweise epilep-tologischerseits Unbedenklichkeit bestätigt worden sei. In Betracht komme ein Stehübungsgerät, welches der Neigung zur Beugefehlstellung in Hüft-, Knie- und Sprunggelenken aussichtsreich entgegenwirke und dabei allgemein günstige Effekte auf Verdauungs-, Kreislauf- und Atmungssystem habe. Gestützt hierauf lehnte die Beklagte den Antrag durch Bescheid vom 02.01.2019 ab. Dagegen legte der Kläger am 28.01.2019 Widerspruch ein, den er ausführlich unter Vorlage umfangreicher Anlagen begründete. Ärztlicherseits werde ihm zum Training mit dem Innowalk geraten bzw. die Versorgung mit diesem Gerät für medizinisch notwendig erachtet. Der Kläger vertrat die Auffassung, der Innowalk sei ein Hilfsmittel im Sinne von § 33 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V), kein Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens. Einer Empfehlung des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) bedürfe es nicht, um eine Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) zu begründen. Ziel der Nutzung des "Innowalk" sei sowohl ein unmittelbarer als auch ein mittelbarer Behinderungsausgleich. Dem unmittelbaren Behinderungsausgleich diene er insofern, als eine Vertikalisierung erfolge und die fehlende Stehfähigkeit ausgeglichen und Bewegung erst ermöglicht werde; dem mittelbaren Behinderungsausgleich diene das Hilfsmittel insofern, als es die Befriedigung des Grundbedürfnisses des Gehens sowie des Erschließens eines körperlichen und geistigen Freiraums ermögliche. Durch ein Training mit dem beantragten Bewegungstrainer "Innowalk" werde zudem einer weiteren drohenden Behinderung vorgebeugt. Der Kläger stützte sich für seine Auffassung auf diverse Studien und gerichtliche Entscheidungen. Die Beklagte holte daraufhin weitere MDK-Gutachten vom 30.04. und 25.07.2019 ein. In diesen kam die Ärztin C. zum Ergebnis, die Versorgung mit dem beantragten Steh- und Bewegungstrainer Innowalk könne nicht empfohlen werden. Dieses Gerät kombiniere einen Stehtrainer mit einem passiven Motorbewegungstrainer, könne in sitzender und stehender Position genutzt werden und verfüge über eine sogenannte Spastikkontrolle. Die Indikation bestehe gemäß Hersteller insbesondere bei Kindern mit neurologisch bedingter Bewegungsstörung wie Cerebralparese. Kontraindikationen bestünden laut Hersteller bei schwerwiegenden Kontrakturen, schwerwiegenden Deformitäten und Epilep-sie; Hüftgelenksluxaktion sei gemäß Hersteller eine relative Kontraindikation. Die im Fall des Klägers vorhandenen Erkrankungen Epilepsie, Gelenkkontrakturen und Hüftge-lenksluxation seien – so der MDK – alle zumindest relative Kontraindikationen zur Nutzung des beantragten Hilfsmittels. Darüber hinaus bestehe weder ein hinreichender wissenschaftlicher Wirksamkeitsnachweis der Behandlungsmethode noch liege bisher eine positive Bewertung des G-BA vor. Aus medizinischer Sicht sei intensive – insbesondere physiotherapeutische – Übungsbehandlung bei dem Kläger indiziert; auch der Einsatz eines Stehtrainers sei sinnvoll. Damit wären das Versorgungsziel des Behinderungsausgleiches (Stehen) und das Versorgungsziel der Sicherung der Krankenbehandlung durch die bekannten positiven Auswirkungen regelmäßigen Stehtrainings auf Lunge, Kreislauf und Verdauungssystem und eine Vermeidung der Zunahme der bereits vorhandenen Gelenkkontrakturen der unteren Gliedmaße zu erreichen. Der MDK empfahl den Austausch des vorhandenen Rollstuhls gegen einen Rollstuhl mit elektrischer Stehfunktion und Begleitsteuerung sowie der bereits in der aktuellen Rollstuhlversorgung vorhandenen Ausstattung (Kopfstütze etc). Gestützt hierauf wies die Beklagte den Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 23.09.2019 als unbegründet zurück. Dagegen hat der Kläger am 22.10.2019 Klage erhoben. Er hat seine Begründung aus dem Widerspruchsverfahren ergänzt und vertieft und erneut umfangreiche Anlagen dazu überreicht. Er verweist auf zahlreiche Entscheidungen aus der Sozialgerichtsbarkeit, die sein Begehren stützen. Er vertritt insbesondere die Auffassung, bei der Nutzung des "Innowalk" handele es sich nicht um eine neue, vom G-BA zu bewertende Behandlungsmethode. Auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat das Gericht ein medizinisches Sachverständigengutachten von dem vom Kläger benannten Professor Dr. V. I. eingeholt. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Gutachten vom 01.07.2020 verwiesen. Der Kläger sieht sich durch das Ergebnis der Begutachtung in seiner Auffassung bestätigt. Ein von der Beklagten angebotener Stehtrainer sei keine adäquate Hilfsmittelversorgung. Der Kläger hat klargestellt, dass er das streitgegenständliche Hilfsmittel nach der Erprobung im Mai/Juni 2018 nicht mehr in Gebrauch gehabt habe. Der Kläger beantragt schriftsätzlich, den Bescheid der Beklagten vom 02.01.2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.09.2019 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihn mit dem Hilfsmittel "Innowalk medium" der Firma n. g. n. zur Miete von zwölf Monaten zu einem Preis in Höhe von 8.383,55 EUR zu versorgen. Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. Sie verbleibt bei ihrer in den angefochtenen Bescheiden vertretenen Auffassung. In Bezug auf das Gutachten von Dr. I. weist sie darauf hin, dass dieser keine Kontraindikatio-nen für die Versorgung des Klägers mit einem Innowalk sehe, ohne hierfür jedoch eine adäquate Begründung abzugeben. Er verweise lediglich auf die bislang gemachten Erfahrungen bei anderen Patienten. Der Hersteller selbst beschreibe als Kontraindikation schwerwiegende Kontrakturen, schwerwiegende Deformationen und Epilepsie sowie Hüftgelenksluxation, die beim Kläger bestünden und bereits aus diesem Grund eine Versorgung mit dem Innowalk als problematisch erscheinen ließen. Die Beklagte ist der Auffassung, der Einsatz des Bewegungstrainers "Innowalk" erfolge vorrangig zur Sicherung des Erfolgs der Krankenbehandlung. Es handele sich dabei um eine neue Behandlungsmethode, für die keine positive Empfehlung des G-BA vorliege, sodass eine Leistungserbringung und eine Abrechnungsfähigkeit in der vertragsärztlichen Versorgung nicht in Betracht kämen. Alternativ zu der beantragten Versorgung mit dem Innowalk hält die Beklagte die Versorgung mit einem den Körpermaßen des Klägers angepassten Stehtrainer in Kombination mit einem fremdkraftbetriebenen Bewegungstrainer als Ergänzung zu Maßnahmen der beim Kläger regelmäßig durchgeführten Physiotherapie für medizinisch indiziert, zweckmäßig und wirtschaftlicher. Die Beklagte hat – konkret auf den vorliegenden Streitfall bezogen – vom MDK eine Stellungnahme des MFB (Medizinischer Fachbereich) Methodenbewertung (Meike Hansen) zum "Innowalk" vom 12.11 2020 und ein orthopädisches Gutachten von Dr. med S. I. vom 25.11.2020 eingeholt und in das Verfahren eingeführt. Die Beklagte sieht sich durch das Ergebnis dieser Stellungnahme und dieses Gutachtens in ihrer Auffassung bestätigt. Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung der Kammer ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und den sonstigen Inhalt der Ge-richtsakte sowie der beigezogenen den Kläger betreffenden Verwaltungsakten der Be-klagten, die bei der Entscheidung vorgelegen haben, Bezug genommen. 3Entscheidungsgründe: 4Die Kammer konnte durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil sich die Beteiligten übereinstimmend mit dieser Verfahrensweise einverstanden erklärt haben (§ 124 Abs. 2 SGG). Die Klage ist zulässig, jedoch nicht begründet. Der Kläger wird durch die angefochtenen Bescheide nicht im Sinne des § 54 Abs. 2 SGG beschwert, da sie nicht rechtswidrig sind. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Versorgung mit einem Bewegungstrainer "Innowalk" der Firma n. g. n. zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Nach § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Be-hinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 Abs. 4 SGB V ausgeschlossen sind. Bei dem begehrten "Innowalk medium" handelt es sich um ein Hilfsmittel; er wird speziell für die Bedürfnisse Behinderter hergestellt und zu medizinischen Zwecken eingesetzt. Es kann dahinstehen, ob es sich bei dem "Innowalk" um ein Hilfsmittel handelt, das dazu dient, eine Behinderung auszugleichen oder einer drohenden Behinderung vorzubeugen. Denn es dient jedenfalls auch und in erster Linie der Sicherung des Krankenbehandlungserfolges (vgl. dazu ausführlich: LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 28.06.2019 – L 9 KR 410/18 B ER; LSG Sachsen, Beschluss vom 09.05.2019 – L 9 KR 351/18 B ER; LSG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 20.08 2018 – L 5 KR 127/18 B ER; SG Darmstadt, Urteil vom 24.06.2019 – S 8 KR 116/18). Der Therapie mit dem "Innowalk" liegt eine eigenständig zu bewertende neue Behandlungsmethode im Sinne von § 135 SGB V zugrunde (vgl. zum Begriff der "Behand-lungsmethode" ausführlich: BSG, Urteil vom 11.05.2017 – B 3 KR 6/16 R – "Kopforthese"). Solange eine Therapie als neue Behandlungsmethode nicht zur Versorgung in der GKV empfohlen worden ist, sind die dabei eingesetzten Geräte grundsätzlich keine von der Leistungspflicht umfassten Hilfsmittel. Die für Versicherte und Leistungserbringer verbindliche Entscheidung über den Versorgungsumfang obliegt nach § 92 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 Nr. 6 SGB V auch im Bereich der Hilfsmittel dem G-BA. Der G-BA hat zu dem Einsatz des "Innowalk" als Krankenbehandlungsmethode noch keine – insbesondere befürwortende – Empfehlung gegeben. Deshalb ist die Versorgung Versicherter mit diesem Hilfsmittel zu Lasten der GKV ausgeschlossen (ebenso: LSG Berlin-Brandenburg, LSG Sachsen, LSG Schleswig-Holstein und SG Darmstadt a. a. o.). Soweit Prof. Dr. I. und die behandelnden Ärzte und Therapeuten des Klägers den Einsatz des "Innowalk" aus medizinischen Gründen empfohlen oder sogar dessen Notwendigkeit bejaht haben, ändert dies nichts an der rechtlichen Bewertung des Leistungsanspruchs. Solange die Behandlungsmethode vom G-BA in den einschlägigen Richtlinien nicht als Leistung der GKV befürwortet und empfohlen ist, kann der Kläger sie von der Beklagten nicht beanspruchen. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den Auskünften des G-BA vom 17.08. und 13.12.2018, auf die sich der Kläger wiederholt berufen hat. Dort hat der G-BA klar zum Ausdruck gebracht, dass das Hilfsmittel "Innowalk" des Herstellers n. g. n. bisher im G-BA nicht überprüft wurde und der G-BA bzw. seine Rechtsvorgänger bisher zu dieser Therapieform keine Empfehlung nach § 135 Abs. 1 SGB V abgegeben haben. Es liege bisher kein Antrag auf Prüfung dieser Therapieform als eine neue Behandlungsmethode der antragsberechtigten Organisationen entsprechend der Vorgabe des § 135 SGB V vor; es seien auch keine Anhaltspunkte dafür erkennbar, dass hinsichtlich der Therapieform die in ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung angenommenen Voraussetzungen einer Antragspflicht vorliegen würden. Dies hat der G-BA in seiner von der Beklagten vorgelegten Mitteilung vom 07.01.2019 an die Leiterin des Medizinischen Fachbereiches Orthopädie des MDK Nordrhein, Dr. med. S. I. im Wesentlichen nochmals bestätigt. Allein die Tatsache, dass bisher kein Antrag auf Befassung des G-BA mit dieser Therapieform gestellt worden ist und insofern auch keine Antragspflicht besteht, bedeutet aber – entgegen der Auffassung des Klägers – nicht, dass die Leistung ohne eine entsprechende (positive) Bewertung des G-BA als Leistung zu Lasten der GKV verordnet und erbracht werden kann. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
die klage wird abgewiesen. kosten haben die beteiligten einander nicht zu erstatten. 1
2die beteiligten streiten über einen anspruch des klägers auf versorgung mit dem hilfsmittel "innowalk medium" der firma made for movement. der am xx.xx.xxxx geborene kläger leidet seit geburt u. a. an therapieresistenter symptomatischer epilepsie, cerebralparese, spastischer tetraparese, aphasie, dysphagie, chronisch wiederkehrenden atemwegsinfektionen, dystrophie, mikrozephalie und hüftluxation. auch im alter von 13 jahren konnte er noch nicht eigenständig gehen und stehen. vom xx. bis xx.xx.xxxx nahm der kläger an einer rehabilitations-(reha-)maßnahme zur verbesserung seiner bewegungsfähigkeit teil. um u. a. der epilepsie entgegenzuwirken, nahm er vom xx.xx. bis xx.xx.xxxx an einer bewegungsstudie teil; im rahmen dieser studie nutzte er unter aufsicht intensiv dreimal täglich den bewegungstrainer "innowalk". derzeit ist der kläger mit einem rollstuhl "swingbo", einer sitzschale mit untergestell, einer ganzkörperlagerungshilfe, einem kindersitz, einem reha-bett, einem toiletten- und duschstuhl, einer alurampe, einem motomed-bewegungstrainer, kommunikationshilfen, einer unterschenkelorthese und unterarmschienen versorgt. am 10.12.2018 beantragte der kläger die versorgung mit einem "innowalk" steh- und bewegungstrainer unter vorlage einer entsprechenden vertragsärztlichen verordnung vom 20.11.2018, einem erprobungsbericht der firma n. g. n. vom 21.06.2018 und einem kostenvoranschlag der firma n. g. n. vom 06.12.2018 über kosten für die miete des "innowalk" für zwölf monate in höhe von 8.383,55 eur. mit schreiben vom 17.12.2018 teilte die beklagte dem kläger mit, dass sie zwecks prüfung des hilfsmittelantrags den medizinischen dienst der krankenkasse (mdk) eingeschaltet habe. in einem nach aktenlage erstellten gutachten vom 21.12.2018 gelangte der mdk-arzt dr. h. zum ergebnis, das system innowalk führe nicht zum behinderungsausgleich; vielmehr sei es auf unterstützung und ergänzung der ärztlichen behandlung ausgerichtet, wobei für solche hilfsmittel der nachweis sowohl des medizinischen nutzens als auch der wirtschaftlichkeit gefordert sei. beide voraussetzungen seien hier nicht erfüllt. dass das gleichmäßige durchbewegen der großen gelenke über einen kürzeren oder längeren zeitraum bei dem kläger die ausprägung und häufigkeit von krampfanfällen erhöhe, sei nicht auszuschließen. insofern sollte ein motorbewegungstrainer nur eingesetzt werden, wenn vorher gebietsnervenärztlicher-, idealerweise epilep-tologischerseits unbedenklichkeit bestätigt worden sei. in betracht komme ein stehübungsgerät, welches der neigung zur beugefehlstellung in hüft-, knie- und sprunggelenken aussichtsreich entgegenwirke und dabei allgemein günstige effekte auf verdauungs-, kreislauf- und atmungssystem habe. gestützt hierauf lehnte die beklagte den antrag durch bescheid vom 02.01.2019 ab. dagegen legte der kläger am 28.01.2019 widerspruch ein, den er ausführlich unter vorlage umfangreicher anlagen begründete. ärztlicherseits werde ihm zum training mit dem innowalk geraten bzw. die versorgung mit diesem gerät für medizinisch notwendig erachtet. der kläger vertrat die auffassung, der innowalk sei ein hilfsmittel im sinne von § 33 fünftes buch sozialgesetzbuch (sgb v), kein gebrauchsgegenstand des täglichen lebens. einer empfehlung des gemeinsamen bundesausschusses (g-ba) bedürfe es nicht, um eine leistungspflicht der gesetzlichen krankenversicherung (gkv) zu begründen. ziel der nutzung des "innowalk" sei sowohl ein unmittelbarer als auch ein mittelbarer behinderungsausgleich. dem unmittelbaren behinderungsausgleich diene er insofern, als eine vertikalisierung erfolge und die fehlende stehfähigkeit ausgeglichen und bewegung erst ermöglicht werde; dem mittelbaren behinderungsausgleich diene das hilfsmittel insofern, als es die befriedigung des grundbedürfnisses des gehens sowie des erschließens eines körperlichen und geistigen freiraums ermögliche. durch ein training mit dem beantragten bewegungstrainer "innowalk" werde zudem einer weiteren drohenden behinderung vorgebeugt. der kläger stützte sich für seine auffassung auf diverse studien und gerichtliche entscheidungen. die beklagte holte daraufhin weitere mdk-gutachten vom 30.04. und 25.07.2019 ein. in diesen kam die ärztin c. zum ergebnis, die versorgung mit dem beantragten steh- und bewegungstrainer innowalk könne nicht empfohlen werden. dieses gerät kombiniere einen stehtrainer mit einem passiven motorbewegungstrainer, könne in sitzender und stehender position genutzt werden und verfüge über eine sogenannte spastikkontrolle. die indikation bestehe gemäß hersteller insbesondere bei kindern mit neurologisch bedingter bewegungsstörung wie cerebralparese. kontraindikationen bestünden laut hersteller bei schwerwiegenden kontrakturen, schwerwiegenden deformitäten und epilep-sie; hüftgelenksluxaktion sei gemäß hersteller eine relative kontraindikation. die im fall des klägers vorhandenen erkrankungen epilepsie, gelenkkontrakturen und hüftge-lenksluxation seien – so der mdk – alle zumindest relative kontraindikationen zur nutzung des beantragten hilfsmittels. darüber hinaus bestehe weder ein hinreichender wissenschaftlicher wirksamkeitsnachweis der behandlungsmethode noch liege bisher eine positive bewertung des g-ba vor. aus medizinischer sicht sei intensive – insbesondere physiotherapeutische – übungsbehandlung bei dem kläger indiziert; auch der einsatz eines stehtrainers sei sinnvoll. damit wären das versorgungsziel des behinderungsausgleiches (stehen) und das versorgungsziel der sicherung der krankenbehandlung durch die bekannten positiven auswirkungen regelmäßigen stehtrainings auf lunge, kreislauf und verdauungssystem und eine vermeidung der zunahme der bereits vorhandenen gelenkkontrakturen der unteren gliedmaße zu erreichen. der mdk empfahl den austausch des vorhandenen rollstuhls gegen einen rollstuhl mit elektrischer stehfunktion und begleitsteuerung sowie der bereits in der aktuellen rollstuhlversorgung vorhandenen ausstattung (kopfstütze etc). gestützt hierauf wies die beklagte den widerspruch durch widerspruchsbescheid vom 23.09.2019 als unbegründet zurück. dagegen hat der kläger am 22.10.2019 klage erhoben. er hat seine begründung aus dem widerspruchsverfahren ergänzt und vertieft und erneut umfangreiche anlagen dazu überreicht. er verweist auf zahlreiche entscheidungen aus der sozialgerichtsbarkeit, die sein begehren stützen. er vertritt insbesondere die auffassung, bei der nutzung des "innowalk" handele es sich nicht um eine neue, vom g-ba zu bewertende behandlungsmethode. auf antrag des klägers nach § 109 sozialgerichtsgesetz (sgg) hat das gericht ein medizinisches sachverständigengutachten von dem vom kläger benannten professor dr. v. i. eingeholt. wegen des ergebnisses der beweisaufnahme wird auf das gutachten vom 01.07.2020 verwiesen. der kläger sieht sich durch das ergebnis der begutachtung in seiner auffassung bestätigt. ein von der beklagten angebotener stehtrainer sei keine adäquate hilfsmittelversorgung. der kläger hat klargestellt, dass er das streitgegenständliche hilfsmittel nach der erprobung im mai/juni 2018 nicht mehr in gebrauch gehabt habe. der kläger beantragt schriftsätzlich, den bescheid der beklagten vom 02.01.2019 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 23.09.2019 aufzuheben und die beklagte zu verurteilen, ihn mit dem hilfsmittel "innowalk medium" der firma n. g. n. zur miete von zwölf monaten zu einem preis in höhe von 8.383,55 eur zu versorgen. die beklagte beantragt, die klage abzuweisen. sie verbleibt bei ihrer in den angefochtenen bescheiden vertretenen auffassung. in bezug auf das gutachten von dr. i. weist sie darauf hin, dass dieser keine kontraindikatio-nen für die versorgung des klägers mit einem innowalk sehe, ohne hierfür jedoch eine adäquate begründung abzugeben. er verweise lediglich auf die bislang gemachten erfahrungen bei anderen patienten. der hersteller selbst beschreibe als kontraindikation schwerwiegende kontrakturen, schwerwiegende deformationen und epilepsie sowie hüftgelenksluxation, die beim kläger bestünden und bereits aus diesem grund eine versorgung mit dem innowalk als problematisch erscheinen ließen. die beklagte ist der auffassung, der einsatz des bewegungstrainers "innowalk" erfolge vorrangig zur sicherung des erfolgs der krankenbehandlung. es handele sich dabei um eine neue behandlungsmethode, für die keine positive empfehlung des g-ba vorliege, sodass eine leistungserbringung und eine abrechnungsfähigkeit in der vertragsärztlichen versorgung nicht in betracht kämen. alternativ zu der beantragten versorgung mit dem innowalk hält die beklagte die versorgung mit einem den körpermaßen des klägers angepassten stehtrainer in kombination mit einem fremdkraftbetriebenen bewegungstrainer als ergänzung zu maßnahmen der beim kläger regelmäßig durchgeführten physiotherapie für medizinisch indiziert, zweckmäßig und wirtschaftlicher. die beklagte hat – konkret auf den vorliegenden streitfall bezogen – vom mdk eine stellungnahme des mfb (medizinischer fachbereich) methodenbewertung (meike hansen) zum "innowalk" vom 12.11 2020 und ein orthopädisches gutachten von dr. med s. i. vom 25.11.2020 eingeholt und in das verfahren eingeführt. die beklagte sieht sich durch das ergebnis dieser stellungnahme und dieses gutachtens in ihrer auffassung bestätigt. die beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer entscheidung der kammer ohne mündliche verhandlung einverstanden erklärt. wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den inhalt der zwischen den beteiligten gewechselten schriftsätze und den sonstigen inhalt der ge-richtsakte sowie der beigezogenen den kläger betreffenden verwaltungsakten der be-klagten, die bei der entscheidung vorgelegen haben, bezug genommen. 3
4die kammer konnte durch urteil ohne mündliche verhandlung entscheiden, weil sich die beteiligten übereinstimmend mit dieser verfahrensweise einverstanden erklärt haben (§ 124 abs. 2 sgg). die klage ist zulässig, jedoch nicht begründet. der kläger wird durch die angefochtenen bescheide nicht im sinne des § 54 abs. 2 sgg beschwert, da sie nicht rechtswidrig sind. der kläger hat keinen anspruch auf versorgung mit einem bewegungstrainer "innowalk" der firma n. g. n. zu lasten der gesetzlichen krankenversicherung (gkv). nach § 33 abs. 1 satz 1 sgb v haben versicherte anspruch auf versorgung mit hörhilfen, körperersatzstücken, orthopädischen und anderen hilfsmitteln, die im einzelfall erforderlich sind, um den erfolg der krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden be-hinderung vorzubeugen oder eine behinderung auszugleichen, soweit die hilfsmittel nicht als allgemeine gebrauchsgegenstände des täglichen lebens anzusehen oder nach § 34 abs. 4 sgb v ausgeschlossen sind. bei dem begehrten "innowalk medium" handelt es sich um ein hilfsmittel; er wird speziell für die bedürfnisse behinderter hergestellt und zu medizinischen zwecken eingesetzt. es kann dahinstehen, ob es sich bei dem "innowalk" um ein hilfsmittel handelt, das dazu dient, eine behinderung auszugleichen oder einer drohenden behinderung vorzubeugen. denn es dient jedenfalls auch und in erster linie der sicherung des krankenbehandlungserfolges (vgl. dazu ausführlich: lsg berlin-brandenburg, beschluss vom 28.06.2019 – l 9 kr 410/18 b er; lsg sachsen, beschluss vom 09.05.2019 – l 9 kr 351/18 b er; lsg schleswig-holstein, beschluss vom 20.08 2018 – l 5 kr 127/18 b er; sg darmstadt, urteil vom 24.06.2019 – s 8 kr 116/18). der therapie mit dem "innowalk" liegt eine eigenständig zu bewertende neue behandlungsmethode im sinne von § 135 sgb v zugrunde (vgl. zum begriff der "behand-lungsmethode" ausführlich: bsg, urteil vom 11.05.2017 – b 3 kr 6/16 r – "kopforthese"). solange eine therapie als neue behandlungsmethode nicht zur versorgung in der gkv empfohlen worden ist, sind die dabei eingesetzten geräte grundsätzlich keine von der leistungspflicht umfassten hilfsmittel. die für versicherte und leistungserbringer verbindliche entscheidung über den versorgungsumfang obliegt nach § 92 abs. 1 satz 1 und satz 2 nr. 6 sgb v auch im bereich der hilfsmittel dem g-ba. der g-ba hat zu dem einsatz des "innowalk" als krankenbehandlungsmethode noch keine – insbesondere befürwortende – empfehlung gegeben. deshalb ist die versorgung versicherter mit diesem hilfsmittel zu lasten der gkv ausgeschlossen (ebenso: lsg berlin-brandenburg, lsg sachsen, lsg schleswig-holstein und sg darmstadt a. a. o.). soweit prof. dr. i. und die behandelnden ärzte und therapeuten des klägers den einsatz des "innowalk" aus medizinischen gründen empfohlen oder sogar dessen notwendigkeit bejaht haben, ändert dies nichts an der rechtlichen bewertung des leistungsanspruchs. solange die behandlungsmethode vom g-ba in den einschlägigen richtlinien nicht als leistung der gkv befürwortet und empfohlen ist, kann der kläger sie von der beklagten nicht beanspruchen. etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den auskünften des g-ba vom 17.08. und 13.12.2018, auf die sich der kläger wiederholt berufen hat. dort hat der g-ba klar zum ausdruck gebracht, dass das hilfsmittel "innowalk" des herstellers n. g. n. bisher im g-ba nicht überprüft wurde und der g-ba bzw. seine rechtsvorgänger bisher zu dieser therapieform keine empfehlung nach § 135 abs. 1 sgb v abgegeben haben. es liege bisher kein antrag auf prüfung dieser therapieform als eine neue behandlungsmethode der antragsberechtigten organisationen entsprechend der vorgabe des § 135 sgb v vor; es seien auch keine anhaltspunkte dafür erkennbar, dass hinsichtlich der therapieform die in ständiger höchstrichterlicher rechtsprechung angenommenen voraussetzungen einer antragspflicht vorliegen würden. dies hat der g-ba in seiner von der beklagten vorgelegten mitteilung vom 07.01.2019 an die leiterin des medizinischen fachbereiches orthopädie des mdk nordrhein, dr. med. s. i. im wesentlichen nochmals bestätigt. allein die tatsache, dass bisher kein antrag auf befassung des g-ba mit dieser therapieform gestellt worden ist und insofern auch keine antragspflicht besteht, bedeutet aber – entgegen der auffassung des klägers – nicht, dass die leistung ohne eine entsprechende (positive) bewertung des g-ba als leistung zu lasten der gkv verordnet und erbracht werden kann. die kostenentscheidung beruht auf § 193 sgg.
Verklagte*r
0
341,862
21 K 6276/20
2021-11-12T00:00:00
Urteil
Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages vorläufig vollstreckbar. 1Tatbestand: 2Die Beteiligten streiten um die Genehmigung zusätzlicher intensiv-medizinischer Behandlungskapazitäten nach COVID-19-Krankenhausentlastungsgesetz i.V.m. § 21 Abs. 5 KHG. 3Die Klägerin ist Trägerin des I. Klinikums O. , W. , das mit Feststellungsbescheid der Bezirksregierung Düsseldorf Nr. 1767 vom 29.05.2017 in den Krankenhausplan des Landes Nordrhein Westfalen aufgenommen worden ist. Die Anlage zum Feststellung weist ein Betten-Soll von 16 Intensivpflegebetten aus. 4Auf einen ersten Antrag der Klägerin vom 07.04.2020 hatte das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Beklagten (nachfolgend Ministerium) mit bestandskräftig gewordenem Teilgenehmigungsbescheid vom 03.06.2020 die Genehmigung zusätzlicher intensivmedizinischer Behandlungskapazitäten mit maschineller Beatmungsmöglichkeit für 10 Intensivpflegebetten (ICU high care – invasive Beatmung) ab dem 16.03.2020 erteilt und im Übrigen hinsichtlich weiterer 8 entsprechender Intensivpflegebetten den Antrag abgelehnt. Zur Begründung wurde angegeben, der von der Klägerin dargelegte Aufwuchs an zusätzlichen intensivmedizinischen Behandlungskapazitäten habe nicht in Gänze den in IG.NRW zur Verfügung stehende Intensivbetten entsprochen. Genehmigt und anschließend gefördert werden könnten nur zur Verfügung stehende intensivmedizinische Behandlungskapazitäten mit maschineller Beatmungsmöglichkeit. 5Unter dem 10.06.2020 beantragte die Klägerin unter Nutzung des von dem Ministerium vorgesehenen Formblattes für die zuvor nicht genehmigten Intensivpflegebetten mit maschineller Beatmungsmöglichkeit erneut die Genehmigung zusätzlicher intensiv-medizinischer Behandlungskapazitäten nach COVID-19-Krankenhausentlastungsgesetz i.V.m. § 21 Abs. 5 KHG. In der Übersendungsemail vom 05.06.2020 erläuterte die Klägerin, aus der Begründung des Teilgenehmigungsbescheids vom 03.06.2020 sei nicht zu entnehmen, wie die Antragsprüfung vorgenommen worden sei und welche Gründe gegen eine antragsgemäße Bescheidung angeführt würden. Auch bei der Betrachtung der IG.NRW-Daten für ihre Klinik sei die Entscheidung nicht nachvollziehbar. Daher würde für die nicht genehmigten Plätze nochmals ein Antrag gestellt. Die Klinik habe seit dem 16.03.2020 die gesetzlichen Voraussetzungen ‑ auch soweit die Gesetzesbegründung herangezogen werde ‑ erfüllt. Seit dem 06.04.2020 seien die insgesamt 18 zusätzlichen „high-care-Beatmungsbetten“ zur Verfügung gestellt worden. Diese seien auch immer einsatzbereit gewesen. Es müsse allerdings konstatiert werden, dass diese 18 Betten als „low-care“ gemeldet worden seien, da hier die Bezeichnung in der Meldedatei de IG.NRW initial irreführend gewesen sei. Die IG.NRW habe diese Bezeichnung zu einem späteren Zeitpunkt spezifiziert. Nach Spezifizierung hätte die Klägerin am 08.05.2020 die Meldung entsprechend korrigiert und alle Betten auf „high-care“ geändert. Somit sei eine Anpassung der „high-care“ bzw. „low-care“ während des Betrachtungszeitraums vorgenommen worden, was je nach Zeitpunkt (Datum) des „Abgriffs“ der Daten durch das Ministerium vermutlich zu einer falschen Datenbasis geführt habe. In der Klinik seien auch keine der beantragten und tatsächlich geschaffenen Bettenkapazitäten nach § 21 Abs. 5 KHG zurückgebaut worden, die nicht zur Wiederaufnahme des OP-Betriebs (Aufwachraum / Narkosegeräte) wieder benötigt worden seien oder würden, die aber im Falle einer verschlechterten Pandemielage mit erneut ansteigenden Fallzahlen auch jederzeit wieder zu intensivmedizinischen Versorgung und maschinellen Beatmung eingesetzt werden könnten. 6Mit Ablehnungsbescheid vom 21.09.2020 lehnte das Ministerium den weiteren Antrag unter dem 10.06.2020 ab. Zur Begründung wurde angegeben, bei der Auswahl der zu genehmigenden Maßnahmen hätten nur förderungsfähige Anträge berücksichtigt werden können. Als nicht förderfähig sei ein Antrag aus folgenden Gründen eingestuft worden: 7„- Der von Ihnen dargelegte Aufwuchs an zusätzlichen intensivmedizinischen Behandlungskapazität wird nicht in vollen Umfang im COVID-19-Modul in IG.NRW abgebildet, weil1. Ihr Antrag einen Planungsstand und damit einen zukünftigen Aufwuchs anzeigt oder2. Ihr Antrag einen Aufwuchs anzeigt, der nicht ordnungsgemäß im COVID-19-Modul in IG.NRW gemeldet ist.- Der krankenhausplanerische Versorgungsauftrag umfasst nicht die intensivmedizinische Versorgung.- Die Antragsfrist wurde nicht eingehalten.- Der Krankenhausträger befindet sich in einem laufenden Insolvenzverfahren.Genehmigt und anschließend gefördert werden können nur bereitgestellte intensivmedizinische Behandlungskapazitäten mit maschineller Beatmungsmöglichkeit.“ 8Dagegen hat die Klägerin am 21.10.2020 Klage erhoben. Zur Begründung wird im Wesentlichen vorgetragen, die Begründung des Beklagten, weshalb die Genehmigung im angegriffenen Ablehnungsbescheid versagt worden sei, könne bereits nicht nachvollzogen werden. Der Ablehnungsbescheid weise insoweit ein Begründungsdefizit auf. Nach § 39 Abs. 1 S. 1 VwVfG sei ein schriftlicher Verwaltungsakt mit einer Begründung zu versehen. In der Begründung seien im Wesentlichen die tatsächlichen und rechtlichen Gründe mitzuteilen, die die Behörde zu ihrer Entscheidung bewogen habe. Der Ablehnungsbescheid lasse nicht erkennen, aus welchen tatsächlichen und auch rechtlichen Grund die Genehmigung versagt worden sei. Der angegriffene Bescheid führe hierzu abstrakte Fallgruppen auf, bei denen aus Sicht des Beklagten keine Förderungsfähigkeit und damit Genehmigungsfähigkeit bestehe. Es seien einer möglichen Interpretation nach mehrere Gründe zur Wahl gestellt worden. Der Ablehnungsbescheid enthalte dann aber keine Angaben darüber, welche der Fallgruppen auf die Klägerin zutreffen solle. Insofern werde nur festgehalten, dass nur bereitgestellte intensivmedizinische Behandlungskapazitäten mit maschineller Beatmungsmöglichkeit genehmigt und anschließend gefördert werden könnten. Wo der konkrete Mangel für die fehlende Genehmigungsfähigkeit für die beantragten Intensivbetten läge, werde nicht genannt. Die Kapazitäten seien geschaffen worden und die gesetzlichen Voraussetzungen seien erfüllt worden. Soweit der Beklagte darauf abstellte, ein Begründungsmangel sei im Klageverfahren beseitigt worden, gehe dieser fehl. Die Voraussetzung für eine zulässige nachträgliche Begründung nach § 114 S. 2 VwGO liege nicht vor, da der Beklagte im Rahmen einer Entscheidung nach § 21 Abs. 5 KHG kein Ermessen zukomme. Ein Anspruch auf die Pauschale nach § 21 Abs. 5 KHG setze allein die Schaffung zusätzlicher intensivmedizinischer Behandlungskapazitäten voraus. Diese habe die Klägerin geschaffen; das werde vom Beklagten auch weiterhin nicht bestritten. Vielmehr beruhe die Versagung allein auf formellen Gründen (Meldung nach IG.NRW). Die konkrete Meldung zum IG.NRW auf deren Grundlage der Beklagte den angegriffenen Bescheid erlassen habe, sei der beigezogenen Verwaltungsakte nicht zu entnehmen. Daher könnten weder die Berechnung noch die Würdigung der eingegebenen Daten im IG.NRW-Portal nachvollzogen werden. Zudem bestehe keine materielle Präklusion dahingehend, dass die fehlende Meldung in IG.NRW den Anspruch aus § 21 Abs. 5 KHG ausschließe. Die bundesrechtliche Norm des § 21 Abs. 5 KHG mache den Anspruch nicht von einer Meldung abhängig. Eine Befugnis des Beklagten zum Unterlaufen von Bundesvorgaben bestehe nicht. Es bestünden auch keine Sachgründe, den Anspruch von einer Meldung in IG.NRW abhängig zu machen. Es sei dem Beklagten unproblematisch möglich, den tatsächlichen Aufwuchs und den hieraus resultierenden Refinanzierungsaufwand, der durch die Pauschale nach § 21 Abs. 5 KHG abgedeckt werden solle, unabhängig von einer Meldung in einem Datenportal zu ermitteln. Die bundesrechtliche Norm des § 21 Abs. 5 KHG mache den Anspruch nicht von einer Meldung abhängig. Die konzedierte materielle Präklusion sei unter Berücksichtigung der Frage des Gesetzesvorbehalts, der Unvereinbarkeit mit Bundesrecht und der Unvereinbarkeit mit basalen Anforderungen des Rechtsstaatsprinzips zu verneinen. Eine materielle Präklusion sei ersichtlich ohne Rechtsgrundlage. Der Aufwuchs an intensivmedizinischen Behandlungskapazitäten im Krankenhaus der Klägerin sei unstrittig. Selbiges gelte für die damit verbundenen Aufwendungen. Die Klägerin habe den Aufwuchs von 18 Betten über die Meldung an IG.NRW vor dem festgesetzten Stichtag 01./02.07.2020 mitgeteilt. Wie der Beklagte anhand der IG.NRW-Meldungen zu einem anderen Ergebnis komme, sei nicht nachvollziehbar, zumal nach der Verwaltungsakte der Aufwuchs von 26 Betten bestätigt werde. Diese Kapazitäten seien auch tatsächlich geschaffen worden. Im Übrigen komme es entgegen der Auffassung des Beklagten nicht ausschließlich auf die Meldung in IG.NRW an. § 21 Abs. 5 KHG sehe vor, dass ein Krankenhaus zuerst eine Genehmigung erhalte und dann die Betten schaffe oder umwidme. Damit folge die tatsächliche Aufstellung der Genehmigung nach statt ihr vorauszugehen, sodass es für die Genehmigung nicht auf eine Ist-Meldung ankomme. Nach den Förderungsvoraussetzungen komme es nicht notwendigerweise darauf an, dass zwingend zusätzliche Intensivbetten geschaffen würden. Auch eine Ausstattung eines Intensivbettes, dass bisher keine materielle Beatmung aufgewiesen habe, mit einer maschinellen Beatmung reiche aus; maßgeblich sei das Aufstellen von Betten oder die Umwidmung bereits vorhandene Betten wie auch der gesetzgeberischen Begründung (BT-Drs. 19/18112, S. 28) zu entnehmen sei. Tatbestandsvoraussetzung sei mithin nicht der Aufwuchs an Betten, sondern der Aufwuchs an Beatmungskapazitäten. Dementsprechend habe die Klägerin 18 zusätzliche Beatmungskapazitäten geschaffen, 10 durch Aufstellen von neuen Betten sowie die Beschaffung von zusätzlichen Beatmungsgeräten und weitere 8 durch Umwidmung und Aufrüstung von 8 Betten, die vormals nicht für die regelhafte Beatmung vorgesehen gewesen seien und dementsprechend nicht über Beatmungsmöglichkeiten verfügt hätte. 9Auf den Gerichtsbescheid vom 17.08.2021, den Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 23.08.2021 zugestellt, hat die Klägerin mit Schreiben 14.09.2021 Antrag auf mündliche Verhandlung gestellt. Zur weiteren Begründung trägt sie im Wesentlichen vor, Ausgangspunkt der Erwägungen bleibe, dass die Klägerin zum Stichtag des 16.03.2020 über 8 Betten mit maschineller Beatmungsmöglichkeit verfügt habe und am 01.07.2013 (Anm. Gericht: offensichtlicher Schreibfehler, richtig 2020) 26 Betten mit maschineller Beatmungsmöglichkeit. Mithin seien 18 Betten mit maschineller Beatmung im Sinne des § 21 Abs. 5 KHG zusätzlich für die Versorgung von COVID-19-Patienten zur Verfügung gestellt worden. Hierbei habe sie 10 Betten neu aufgestellt und 8 Intermediate-Care-Betten um eine maschinelle Beatmungsmöglichkeit aufgerüstet. Der Beklagte habe von den insgesamt 18 zusätzlichen Betten lediglich einen Aufwuchs von 10 Betten berücksichtigt und entsprechend beschieden. Demnach seien 8 Betten streitig, die nach klägerischer Einschätzung die aufgerüsteten Intermediate-Care-Betten betreffen. Auch um maschinelle Beatmungsmöglichkeit aufgerüstete Intermediate-Care-Betten unterlägen der Förderung nach § 21 Abs. 5 KHG. Entscheidend seien alleine zusätzliche maschinelle Beatmungskapazitäten. Für die Beurteilung über das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen für die Förderung nach § 21 Abs. 5 KHG komme es sodann nicht allein auf die IG.NRW-Meldungen an, sondern es müsse ein Nachweis auch auf andere Weise möglich sein. Dies folge u.a. daraus, dass keine rechtliche Grundlage für die Präklusion existiere. Gleichermaßen sei die im IG.NRW und in den Anträgen gewählte Klassifizierung in Low-Care- und High-Care-Betten unter dem tatsächlichen Aspekt ungeeignet, um das Vorliegen oder eben Nichtvorliegen der Fördervoraussetzungen zu beurteilen. Im Übrigen spreche nichts gegen eine vorläufige Beurteilung aufgrund Meldungen im IG.NRW. Seien die daraus abgeleiteten Ergebnisse aber sodann nachweislich unrichtig, müsse im Rahmen einer Nachprüfung eine Korrektur möglich sein. Das sei anderen Bundesländern möglich gewesen. Warum dem in NRW rechtliche Gründe oder gar tatsächliche Unmöglichkeiten entgegenstehen sollten, könne der Beklagte nicht nachvollziehbar machen. Der Auffassung des Beklagten, es bestehe keine Förderfähigkeit von aufgerüsteten Intermediate-Care-Betten, weil der Gesetzgeber ein Plus an Intensivbetten habe erreichen wollen, stehe entgegen, dass der Wortlaut die „Aufstellung von Betten mit maschineller Beatmung“ oder „Einbeziehung von Betten anderer Stationen mit maschineller Beatmung“ verlange. Der Umrüstungsfall sei in diesem Sinne eben ein Bett mit maschineller Beatmung, das erstmals aufgestellt werde. Auch gehe mit der Aufrüstung eines Intermediate-Care-Bettes um eine maschinelle Beatmungsmöglichkeit keine Reduktion her. Das Bett stehe auch für die Behandlung von Patienten ohne Covid-19 zur Verfügung. Der Beklagte verwechsle zudem den Stations- und Abteilungsbegriff. Eine Station sei die kleinste bettenführende Einheit eines Fachgebietes, was sich u.a. aus § 2 Abs. 4 Pflegepersonaluntergrenzen-Verordnung (PPuGV) ergebe. Hinsichtlich des IG.NRW-Portals werde eine Geeignetheit angenommen. Der Beklagte setze sich nicht damit auseinander, dass die Intermediate-Care-Betten oder andere Intensivbettentypen mit der gewählten Klassifizierung LC und HC eben nicht abgefragt werden könnten. Ebenso übergehe der Beklagte die Rüge, dass die Kategorisierung im IG.NRW schon generell am materiellen Maßstab des § 21 Abs. 5 KHG vorbeigehe. Die einzig relevante maschinelle Beatmung werde nicht abgefragt, sondern durchweg abweichende Kategorien. Wie ein Meldesystem insoweit geeignet sein solle, lasse sich der Begründung der Beklagten nicht entnehmen. Es gebe keinen Grund, andere Nachweise als den Eintrag in IG.NRW auszuschließen. In Niedersachsen sei es Verwaltungspraxis, mit der Antragstellung Nachweise für die zusätzliche Schaffung oder zusätzliches Vorhalten zu übermitteln, z.B. konkrete Angaben zum maschinellen Beatmungsgerät, Rechnungen, Lieferscheine sowie Auflistungen. Das Krankenhaus habe zum Nachweis eine Schilderung der intensivmedizinischen Behandlungskapazitäten vor der Pandemie sowie die getroffenen Anpassungsmöglichkeiten vorzusehen. Beigefügt werde eine Auflistung des Bestandes an Beatmungsgeräten vor und nach den Anpassungsnahmen unter Angabe der Bezeichnung, des Herstellers, der ID-Nummer, der Seriennummer sowie des IMT-Typ. Mithilfe eines Lageplanes werde dargelegt, in welchem Bereich Umbaumaßnahmen zum Betrieb der zusätzlichen Beatmungsplätze getroffen würden. Zudem begründe die Beklagte nicht, warum in einem Gerichtsverfahren anderweitige Beweismittel für das Vorliegen der Voraussetzungen nach § 21 Abs. 5 KHG ausgeschlossen sein sollten. Das sei der einzig strittige Punkt bzgl. des Meldeverfahrens und zu diesem einzig strittigen Punkt verhielten sich die Beklagte und der Gerichtsbescheid nicht. Es werde keine Rechtsgrundlage benannt, welche es begründen könne, dass die Beweisführung gemäß der VwGO unter Ausschöpfung der Beweismittel der VwGO ausgeschlossen sei. 10Die Klägerin beantragt, 11den Beklagten unter Aufhebung seines Ablehnungsbescheids vom 21.09.2020 zu verpflichten, die unter dem 10.06.2020 beantragte Genehmigung zusätzlicher intensiv-medizinischer Behandlungskapazitäten nach COVID-19-Krankenhausentlastungsgesetz i.V.m. § 21 Abs. 5 KHG für weitere 8 Intensivpflegebetten – über die bereits genehmigten 10 Intensivpflegebetten hinaus ‑ zu erteilen. 12Der Beklagte beantragt, 13die Klage abzuweisen. 14Zur Begründung wird angegeben, ausweislich der Handreichung im „Merkblatt über die Pauschale für die Schaffung zusätzlich intensivmedizinischer Behandlungskapazitäten nach § 21 Abs. 5 KHG i.V.m. Covid-19-Krankenhausentlastungsgesetz“ sei maßgebend für die Bestimmung der förderfähigen intensivmedizinischen Kapazitäten der tatsächlich vorhandene Bettenbestand zum 16.03.2020. Gefördert würden die zusätzlichen intensivmedizinischen Behandlungskapazitäten mit maschineller Beatmungsmöglichkeit (durch Aufstellung von Betten oder Einbeziehung aus anderen Stationen), welche zum tatsächlich aufgestellten Bettenbestand zum 16.03.2020 hinzukämen. Zur Überprüfung des Bettenbestandes würden entsprechend der internen Unterlage die beantragten zusätzlichen Intensivbetten mit den in dem landeseigenen Meldesystem IG.NRW hinterlegten Intensivbetten abgeglichen. Erst durch die Eintragung in IG.NRW werde durch die Antragstellerin der Nachweis für die Schaffung der zusätzlichen Bettenkapazität erbracht. Für den ersten Prüfungsdurchgang sei der Stichtag 21.04.2020 festgelegt worden. Bei Anträgen, die vor dem 22.04.2020 eingereicht worden seien, seien die beantragten zusätzlichen Intensivbetten mit den am 21.04.2020 bei IG.NRW gemeldeten Betten abgeglichen worden. Für die zweite Prüfungsrunde, also für Anträge, die nach dem 21.04.2020 eingereicht worden seien, sei der 01./02.07.2020 ausgewählt worden. Im Nachgang zu diesen Prüfungsdurchläufen seien weitere mit geringerem Antragsaufkommen durchgeführt worden. Nur durch diese Verfahren sei das Ministerium in der Lage gewesen, die große Zahl an Anträgen anhand derselben Maßstäbe zu prüfen. Aufgrund der Möglichkeit mehrere Anträge zu stellen, seien im Rahmen der an den ersten Durchgang anschließenden Prüfungsrunden sowohl Erstanträge als auch durch Krankenhäuser erneut gestellte Anträge beschieden worden. Auf die Möglichkeit der erneuten Antragstellung sei sowohl im Rahmen des Ablehnungsbescheids der ersten Prüfungsrunde als auch in der zugehörigen Begleit-E-Mail hingewiesen worden. Ebenso sei das Verfahren erläutert worden. Hierbei sei ausdrücklich auf die Stichtagsregelung und die maßgebliche Meldung im IG.NRW hingewiesen worden. Bereits mit dem Teilgenehmigungsbescheid vom 03.06.2020 seien 10 der am 10.06.2020 beantragten 18 Betten mit maschinellen Beatmungsmöglichkeiten genehmigt worden. Da insoweit bereits eine Förderung gewährt worden sei und in der Anzahl keine zusätzliche intensivmedizinische Bettenkapazität mit maschinellen Beatmungsmöglichkeiten geschaffen worden seien, sei der erneute Förderantrag insoweit rechtmäßiger Weise abgelehnt worden. Darüber hinaus sei auch der Antrag bezüglich der übrigen 8 Betten rechtmäßiger Weise abgelehnt worden, da die Klägerin die erforderlichen Voraussetzungen nicht erfülle. Zusätzliche Behandlungskapazitäten könnten durch das Aufstellen von Betten oder durch Einbeziehung von Betten auf anderen Stationen geschaffen werden und müssten in der täglichen Abfrage des IG.NRW spätestens zum Stichtag der jeweiligen Prüfungsrunde gemeldet sein. Zum für die zweite Genehmigungsrunde maßgeblichen Stichtag 01./02.07.2020 seien die beantragten 8 Betten nicht im IG.NRW gemeldet gewesen. Das Ministerium habe mit dieser Stichtagsregelung und der Meldepflicht im IG.NRW auch aufgrund seiner tatsächlichen Verwaltungspraxis in Anbetracht der Operabilität der zahlreichen Antragseingänge und zur Gewährleistung der einheitlichen und an den gleichen Maßstäben orientierten Bescheidung arbeiten dürfen. Dies sei auch sachgerecht und letztlich im Sinne der Antragsteller, da so ein einfacher Nachweis der tatsächlich vorhandenen Betten habe geführt werden können. Die Auswahl des Stichtags sei auch nicht willkürlich erfolgt, sondern habe der Vereinheitlichung der Verwaltungspraxis und damit der Gleichbehandlung der Antragsteller gedient. Ein etwaiger Begründungsmangel sei gemäß § 45 Abs. 1 Nr. 2 VwVfG NRW geheilt. Im Übrigen sei die tatsächliche Schaffung der beantragten intensivmedizinischen Behandlungskapazitäten entgegen der Auffassung der Klägerin nicht unstreitig. Vielmehr sei die tatsächliche Schaffung der Kapazitäten durch fehlende Meldung in IG.NRW nicht nachgewiesen. Das gleiche gelte auch für die von der Klägerin behaupteten Aufwendungen zur Schaffung der Kapazitäten. Aus den zum Verwaltungsvorgang genommenen Berechnungstabellen gehe hervor, dass die Klägerin zum 15.03.2020 16 intensivmedizinische Behandlungskapazitäten mit maschineller Beatmungsmöglichkeit gemeldet habe, 8 Betten der Kategorie ICU low care (nichtinvasive Beatmung) sowie 8 Betten der Kategorie ICU high care (invasive Beatmung), in der Summe also 16 Betten. Aus der weitergehend vorgelegten Tabelle zum Abgleich mit den System IG.NRW gehe hervor, dass 26 Betten der Kategorie ICU high care gemeldet worden seien. Für den belegten Aufwuchs gegenüber dem ursprünglichen Bettenbestand von 16 Betten sei mit Bescheid vom 03.06.2020 eine entsprechende Genehmigung erteilt worden. Ein weitergehender Aufwuchs ein Betten sei nicht nachgewiesen worden. Die behauptete Aufstellung weitergehender ICU high care Betten habe die Klägerin leicht in IG.NRW melden können. 15Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte und des beigezogenen Verwaltungsvorgangs des Beklagten. 16Entscheidungsgründe: 17Die zulässige Klage ist nicht begründet. 181.Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die beantragte Genehmigung von 8 zusätzlichen intensivmedizinischen Behandlungskapazitäten mit maschineller Beatmung nach COVID-19-Krankenhausentlastungsgesetz i.V.m. § 21 Abs. 5 KHG. Der angefochtene Bescheid vom 21.09.2020 ist im Ergebnis rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, §113 Abs. 1 S. 1 und Abs. 5 VwGO. 19a)Der angefochtene Bescheid vom 21.09.2020 bezüglich des (zweiten) Antrags unter dem 10.06.2020 war ursprünglich formell rechtswidrig, da er erhebliche Begründungsdefizite aufwies. Gemäß § 39 Abs. 1 S. 2 VwVfG NRW sind in der Begründung die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe mitzuteilen, die die Behörde zu ihrer Entscheidung bewogen haben. Hierbei hat die Behörde auf den konkreten Einzelfall abzustellen. 20Ramsauer, in: Kopp / Ramsauer, VwVfG, 18. Aufl. 2017, § 39, Rdnr. 18. 21Dies hat die Behörde bei der Begründung des Bescheides vom 21.09.2020 nicht hinreichend beachtet. Der (später mitgeteilte) Ablehnungsgrund, der Antrag zeige einen Aufwuchs an, der nicht ordnungsgemäß im COVID-19-Modul in IG.NRW gemeldet sei, wird in der Begründung des Bescheids zwar auch genannt, aber nur neben weiteren, formelhaft aufgeführten, nicht die Klinik der Klägerin betreffende Begründungsmöglichkeiten. Insoweit fehlt es der Begründung an der erforderlichen, 22Ramsauer, in: Kopp / Ramsauer, VwVfG, 18. Aufl. 2017, § 39, Rdnrn. 23, 24, 23Verständlichkeit, da die Begründung sich im Wesentlichen in einer Aufzählung von möglichen Ablehnungsgründen erschöpft, ohne diese auf den konkreten Einzelfall zu beziehen und es der Adressatin des Bescheids überlässt, den für die Ablehnung ihres Antrages zutreffenden Ablehnungsgrund zu ermitteln. 24Dieser Begründungsmangel ist jedoch gemäß § 45 Abs.1 Nr. 2 und Abs. 2 VwVfG NRW im Klageverfahren geheilt worden. 25b)Der angegriffene Bescheid ist materiell rechtmäßig. Die Klägerin erfüllt die Voraussetzungen für die Genehmigung der zusätzlichen Kapazitäten nicht. 26Nach § 21 Abs. 5 S. 1 KHG erhalten zugelassene Krankenhäuser, die mit Genehmigung der für die Krankenhausplanung zuständigen Landesbehörde zusätzliche intensivmedizinische Behandlungskapazitäten mit maschineller Beatmungsmöglichkeit durch Aufstellung von Betten schaffen oder durch Einbeziehung von Betten anderen Stationen vorhalten, für jedes bis zum 30.09.2020 aufgestellte oder vorgehaltene Bett einmalig einen Betrag in Höhe von 50.000 EUR aus der Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds. 27Diese Voraussetzungen erfüllt die Klägerin nicht, auch wenn sie bestehende intensivmedizinische Betten mit Beatmungsgeräten – wie zunächst im Schriftsatz der Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom 16.07.2021, Bl. 2, 4 dargestellt ‑ nachgerüstet haben sollte (vgl.). Soweit sie mit Schriftsatz vom 05.11.2021 und aufgrund des Vorbringens ihrer Prozessbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung zuletzt vorgebracht hat, sie habe sog. Intermediate-Care-Betten „aus anderen Stationen“ mit Beatmungsgeräten nachgerüstet, ergibt sich dies nicht aus den zu berücksichtigenden Einträgen in der IG.NRW-Datenbank. Nebenbei bemerkt handelt es sich insoweit – einerseits Aufrüstung intensivmedizinischer Betten mit Beatmungsgeräten, andererseits Nachrüstung von Intermediate-Care-Betten „aus anderen Stationen“ mit Beatmungsgeräten ‑ um widersprüchliches Vorbringen. 28(1)Die Kammer vertritt die Auffassung, 29Urteil vom 19.02.2021 – 4112/20 ‑, 30dass die Nachrüstung bestehender intensivmedizinischer Betten mit Beatmungsgeräten die gesetzlichen Voraussetzungen für die Genehmigung nach § 21 Abs. 5 S. 1 KHG durch die für die Krankenhausplanung zuständigen Landesbehörde nicht erfüllt. 31Für diese Auslegung spricht Sinn und Zweck der Regelung, die die erforderlichen Kapazitäten im Rahmen der Pandemie schaffen will. § 21 Abs. 5 Satz 1 KHG wurde im Rahmen des COVID-19-Krankenhausentlastungsgesetzes eingefügt. Damit wollte der Gesetzgeber leistungsfähige Intensivmedizin fördern, die in der Lage ist, einen effektiven Beitrag zur Bekämpfung der Pandemie zu leisten. Der Gesetzgeber ging davon aus, dass es aufgrund der COVID-19-Pandemie einen erwartbar steigenden Bedarf an Intensiv- und Beatmungskapazitäten geben wird, daher sollten die Krankenhäuser für zusätzlich provisorisch geschaffene oder vorgehaltene Intensivbetten einen Bonus erhalten. 32BT-Drs. 19/18112, S. 21. 33Mit Aufstellung von Betten ist die Schaffung gänzlich neuer Bettenkapazitäten gemeint, was bei der bloßen Aufrüstung bereits vorhandener Betten nicht der Fall ist. Auch die Einbeziehung von Betten anderer Stationen spricht vorliegend dafür, dass es sich um Betten handeln muss, die nicht der Intensivstation zugehören, denn dann würde es sich um Betten derselben Station handeln. 34Das Ziel der Erhöhung von Bettenkapazitäten für die Behandlung von COVID-19-Erkrankten durch Schaffung zusätzlicher intensivmedizinischer Behandlungskapazitäten wird aber nicht erreicht, wenn bestehende Intensivbetten lediglich aufgerüstet werden, denn dadurch wird keine zusätzliche intensivmedizinische Behandlungskapazität geschaffen. 35Daher sollte der Pauschbetrag von 50.000,00 Euro auch ausdrücklich für zusätzlich geschaffene oder vorgehaltene Intensivbetten gezahlt werden. 36BT-Drs. 19/18112, S. 2. 37Da der Gesetzgeber vor diesem Hintergrund auch von einem steigenden Bedarf an Intensivbetten ohne Beatmungsmöglichkeit ausgegangen ist, war die Aufrüstung bereits bestehender Intensivkapazitäten mangels zusätzlicher Bereitstellung für ihn kein förderungswürdiger Vorgang. Vielmehr sollte nach seiner Intention die Förderung daran geknüpft werden, dass die zusätzlich vorgehaltenen oder geschaffenen Intensivbetten über eine maschinelle Beatmungsmöglichkeit verfügen. 38BT-Drs. 19/18112, S. 28. 39Vor diesem Hintergrund wird hinreichend deutlich, dass der Gesetzgeber die Förderung an zwei Voraussetzungen knüpfen wollte. Zum einen mussten zusätzliche Intensivbetten geschaffen werden, sei es durch Neuaufstellung oder Einbeziehung von Betten anderer (Nicht-Intensiv-) Stationen, und zum anderen mussten diese zusätzlichen Betten mit der Möglichkeit zur maschinellen Beatmung ausgestattet werden. 40Gegen diese Auslegung der Bestimmung des § 21 Abs. 5 S. 1 KHG spricht auch nicht, dass – wie die Prozessbevollmächtigten nochmals in der mündlichen Verhandlung auch unter Hinweis auf die „Empfehlungen zur Struktur und Ausstattung von Intensivstationen ‑ Hintergrundtext ‑, verabschiedet mit Beschluss des Präsidiums der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) vom 30.11.2010“ vorgetragen haben ‑ ein Ausbau einer Intensivstation mit erheblichen technischen, baulichen und infrastrukturellen Schwierigkeiten sowie mit personellen Notwendigkeiten verbunden ist, die nicht in kurzen Zeit erreicht werden könnten, so dass aufgrund dessen dem Willen des Gesetzgebers zum raschen Aufbau von Beatmungskapazitäten keineswegs rechtzeitig hätte nachgekommen werden können. Diese Überlegungen müssten auch bei der Auslegung des gesetzlichen Tatbestandes berücksichtigt werden; dem Willen des Gesetzgebers werde man nur gerecht, wenn auch eine Aufrüstung bestehender Intensivbetten im Sinne des § 21 Abs. 5 S. 1 KHG genehmigungsfähig sei. Dieser Argumentation steht entgegen, dass der Gesetzgeber im Rahmen der COVID-19-Pandemie auch von einem steigenden Bedarf an Intensivbetten ohne Beatmungsmöglichkeit ausgegangen ist. Dieser steigende Bedarf hätte nicht dadurch gedeckt werden können, die bestehenden Intensivbetten – ohne ihre Anzahl zu erhöhen – mit Beatmungskapazität auszustatten, wie die Klägerin vorbringt. Davon abgesehen, kann die Kammer nicht erkennen, dass es anderen Krankenhäusern, als dem der Klägerin, nicht möglich gewesen wäre, bestehende Strukturen in den Intensivstationen durch zusätzliche Intensivbetten auszubauen und mit der erforderlichen Beatmungskapazität auszustatten. 41Maßgeblich ist auch nicht der von den Prozessbevollmächtigten der Klägerin vorgebrachte Stationsbegriff des § 2 Abs. 4 S. 1 Pflegepersonaluntergrenzen-Verordnung (PPuGV). Das Maß an intensivmedizinischen Behandlungskapazitäten, welches der Gesetzgeber durch die Einführung des § 21 Abs. 5 KHG hat aufstocken wollen, bestimmt sich nach dem krankenhausplanerisch festgestellten intensivmedizinischen Versorgungsauftrag eines jeden Krankenhauses. Nur wenn nach dem Aufwuchs der Kapazitäten die Zahl der intensivmedizinischen Behandlungskapazitäten des Krankenhauses im Vergleich zu den im Feststellungsbescheid ausgewiesenen Anzahl der Intensivbetten am Ende steigt, ist das gesetzgeberische Ziel erreicht, unabhängig davon, wo die ursprünglichen Intensivpflegebetten vormals räumlich und organisatorisch zugeordnet waren. Hierfür spricht auch das in § 21 Abs. 5 S. 1 KHG festgelegte Genehmigungserfordernis für die neuen intensivmedizinischen Behandlungskapazitäten mit maschineller Bearbeitung, denn krankenhausplanerisch wird lediglich eine bestimmte Anzahl von Intensivpflegebetten genehmigt, ohne deren konkrete Ausstattung zu bestimmen. Werden aufgrund des Feststellungsbescheides bereits genehmigte Intensivpflegebetten mit einer Möglichkeit zur maschinellen Beatmung aufgerüstet, so bedürfte es hierfür keiner gesonderten Genehmigung durch die für die Krankenhausplanung zuständige Landesbehörde. Einer solchen bedarf es nur, wenn neue, bisher vom Feststellungsbescheid nicht erfasste intensivmedizinischen Behandlungskapazitäten aufgestellt oder Betten, die nicht Intensivpflegebetten sind, umgewidmet werden. 42Die Klägerin täuscht sich, wenn sie vorbringen lässt, die Förderfähigkeit aufgerüsteter Betten, insbesondere aufgerüsteter Intermediate-Care-Betten um maschinelle Beatmungsmöglichkeit ergebe sich offensichtlich aus dem Erlass des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen vom 25.03.2020 – IV A 3 – und deshalb seien diese nach § 21 Abs. 5 S. 1 KHG zu genehmigen. Der von der Klägerin erwähnte Erlass bezieht sich auf ein eigenes, vom Land Nordrhein-Westfalen aufgelegtes, von der Genehmigung nach § 21 Abs. 5 S. 1 KHG unabhängiges Programm „Soforthilfe zur Stärkung der Langzeitbeatmungskapazitäten im Zusammenhang mit dem Corona-Virus in Nordrhein-Westfalen“, mit dem allein die Aufstockung bestehender Betten mit Langzeitbeatmungsmöglichkeiten gefördert wird. 43Vgl. dazu VG Düsseldorf, Urteil vom 19.02.2021 – 21 K 3928/20 ‑; Antrag auf Zulassung der Berufung abgelehnt: OVG NRW, Beschluss vom 08.09.2021 – 13 A 957/21 ‑. 44Das zugehörige (landesrechtliche) subventionsrechtliche Verwaltungsverfahren im Zusammenhang mit § 44 LHO weicht vom (nach Bundesrecht durchgeführtem) Genehmigungsverfahren nach § 21 Abs. 5 S. 1 KHG ab, z.B. im Hinblick auf die Regelung einer Ausschlussfrist, von Nachweiseerfordernissen (Vorlage Kaufvertrag), im Hinblick auf Auszahlungsmodalitäten, und die Beschleunigung durch Rechtsbehelfsverzichte. Das Landesprogramm stellt sich offensichtlich als echtes Subventionsprogramm des Landes Nordrhein-Westfalen dar mit der Folge einer Auszahlung eines Förderbetrages durch eine Landesbehörde und ist erkennbar abgesetzt von dem sich nach Bundesrecht richtendem Genehmigungsprogramm, dass Voraussetzung ist für eine Auszahlung eines Förderbetrags aus der Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds (§ 21 Abs. 5 S. 1 aE KHG) durch das Bundesamt für Soziale Sicherung als Bundesbehörde (§ 21 Abs. 5 S. 3 KHG). Die Heranziehung des Erlass des Ministeriums vom 25.03.2020 – IV A 3 – als Auslegungshilfe bei der Deutung des Willens des Bundesgesetzgebers stellt sich damit als völlig untaugliches Mittel dar. 45Da die Klägerin die dargestellten Voraussetzungen des § 21 Abs. 5 S. 1 KHG nicht erfüllt, hat sie gegen den Beklagten auch keinen Anspruch auf die Genehmigung aufgerüsteter Intensiv-Beatmungsplätze. 46(2)Soweit die Klägerin zuletzt mit Schriftsatz vom 05.11.2021 und aufgrund des Vorbringens ihrer Prozessbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung vortragen lässt, sie habe sog. Intermediate-Care-Betten „aus anderen Stationen“ mit Beatmungsgeräten nachgerüstet, ergibt sich dies nicht aus den zu berücksichtigenden Einträgen in der IG.NRW-Datenbank. 47Zutreffend weist der Beklagte darauf hin, aus den zum Verwaltungsvorgang genommenen Berechnungstabellen gehe hervor, dass die Klägerin zum 15.03.2020 16 intensivmedizinische Behandlungskapazitäten mit maschineller Beatmungsmöglichkeit gemeldet hat, 8 Betten der Kategorie ICU low care (nichtinvasive Beatmung) sowie 8 Betten der Kategorie ICU high care (invasive Beatmung), in der Summe also 16 Betten. Aus der weitergehend vorgelegten Tabelle zum Abgleich mit den System IG.NRW geht hervor, dass 26 Betten der Kategorie ICU high care gemeldet worden sind. Für den belegten Aufwuchs gegenüber dem ursprünglichen Bettenbestand von 16 Betten ist mit Bescheid vom 03.06.2020 eine entsprechende Genehmigung, also 10 Betten, erteilt worden. Ein weitergehender Aufwuchs an Betten ist nicht im IG.NRW nachgemeldet worden, obwohl dies der Klägerin unproblematisch möglich gewesen wäre. Die von ihr erwähnten „8 Intermediate-Care-Betten aus anderen Stationen“, hätte sie in IG.NRW entweder als „Aufstellung ICU low care“ oder als „Aufstellung ICU high care“ ausweisen sollen, soweit es sich um entweder nicht-invasive Beatmungskapazität oder invasive Beatmungskapazität gehandelt haben sollte und diese auch als Intensivbetten mit maschineller Beatmungsmöglichkeit aufgestellt worden sind. Auf diese Weise hätte sie deren Berücksichtigung bei der hier streitigen Genehmigung erreicht. Eine Genehmigungsmöglichkeit ergibt es aber nicht aus dem Erhalt als Intermediate-Care-Bett mit einfacher maschineller Beatmung (ohne Aufstellung als Intensivbett in der Intensivstation). Dies ergibt sich durch die klare Regelung des § 1 Abs. 2 der Verordnung zur Aufrechterhaltung und Sicherung intensivmedizinischer Krankenhauskapazitäten (DIVI IntensivRegister-Verordnung) vom 08.04.2020, BAnz AT 09.04.2020 VA. Die Kammer schließt sich nicht der Auffassung der Klägerin an, die Vorgaben des IG.NRW enthielten Kriterien, unter die nicht alle Arten von Betten subsumiert werden könnten, so dass es den Krankenhäusern unmöglich sei, bestimmte Arten zu melden. Die hier allein interessierende Meldung von Aufwuchs zusätzlicher intensivmedizinischer Behandlungskapazitäten mit maschineller Beatmungsmöglichkeit durch Aufstellung von Betten oder durch Einbeziehung von Betten anderen Stationen ist unproblematisch erfasst von dem Eintrag entweder in die Kategorie „ICU low care“ (von § 1 Abs 2 Nr. 1 DIVI-VO definiert als nicht-invasive Beatmungsmöglichkeit) oder in die Kategorie „ICU high care“ (von § 1 Abs 2 Nr. 2 DIVI-VO definiert als invasive Beatmungsmöglichkeit). Damit wäre für die von der Klägerin zuletzt behauptete Aufstellung von „8 Intermediate-Care-Betten aus anderen Stationen“ ein Eintrag auch in der Kategorie „ICU low care“ (von § 1 Abs 2 Nr. 1 DIVI-VO definiert als nicht-invasive Beatmungsmöglichkeit) möglich gewesen, wenn es sich nicht um eine invasive Beatmung (endotracheale Intubation) gehandelt haben mag. Voraussetzung ist aber immer die (Neu-) Aufstellung als oder Umwidmung zum Intensivbett (auf der Intensivstation). Die von den Prozessbevollmächtigten der Klägerin in der mündlichen Verhandlung gehegten Zweifel an der Sinnhaftigkeit der bestehenden Verwaltungspraxis teilt die Kammer nicht. Die Kriterien des IG.NRW und der Vorgaben des § 21 Abs. 5 KHG fallen nicht auseinander, da die Meldung des „Aufwuchses zusätzlicher intensivmedizinischer Behandlungskapazitäten mit maschineller Beatmungsmöglichkeit“, also sowohl „ICU low care“ als auch „ICU high care“ zu einer Genehmigung führen, soweit sich die Meldung bezieht auf die zusätzliche Aufstellung von Betten oder die Einbeziehung von Betten anderen Stationen. 48Die Kammer folgt auch nicht der Auffassung der Klägerin, mit der von dem Beklagten geübten Verwaltungspraxis werde faktisch eine materielle Präklusion verfolgt, die dem Wortlaut der bundesrechtlichen Normen des § 21 Abs. 5 KHG widerspreche. Die vom Beklagten aufgestellten Fördervoraussetzungen halten sich unter Beachtung des Rechtsstaatsprinzips an den von § 21 Abs. 5 KHG aufgestellten Rahmen. Der Bundesgesetzgeber hat mit dieser Regelung die Förderung zusätzlicher intensivmedizinische Behandlungskapazitäten mit maschineller Beatmungsmöglichkeit durch Aufstellung von Betten oder durch Einbeziehung von Betten anderen Stationen ermöglicht und dafür für jedes bis zum 30.09.2020 aufgestellte oder vorgehaltene Bett einmalig einen Betrag in Höhe von 50.000 EUR aus der Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds bereitgestellt. Die materielle Prüfung der Fördervoraussetzungen erfolgt durch die für die Krankenhausplanung zuständigen Landesbehörden (§ 21 Abs. 5 S. 1 KHG); nach durchgeführter Genehmigung erfolgt die Auszahlung durch das Bundesamt für Soziale Sicherung (§ 21 Abs. 5 S. 3 KHG). Die Durchführung der Genehmigungsverfahren wird den für die Krankenhausplanung zuständigen Landesbehörden überlassen und damit der jeweiligen Landesverwaltungspraxis unterworfen. Insoweit können die Bundesländer jeweils unterschiedliche Anforderungen an den Nachweis aufstellen, z.B. durch Förderrichtlinien. Die von dem Ministerium aufgestellten Grundsätze des Förderverfahrens sind niedergelegt in dem den antragstellenden Krankenhäusern zugänglich gemachten „Ergänzenden Merkblatt für die Pauschale für die Schaffung zusätzlich intensivmedizinischer Behandlungskapazitäten nach § 21 Abs. 5 KHG i.V.m. COVID-19-Krankenhausentlastungsgesetz“ und in der innerministeriellen Handreichung Auswahlverfahren „Soforthilfe zum Aufbau von Beatmungsplatzkapazitäten“ (Beatmungsgeräte) und „Förderung zusätzlicher Intensivkapazitäten mit maschineller Beatmung“ (Intensivbetten). 49Diese Fördergrundsätze unterliegen der rechtlichen Charakterisierung als förderrichtlinien-ähnliche Vorgaben, die das Verwaltungshandeln der Genehmigungsbehörde zu steuern geeignet sind. Sie bewirken eine interne rechtliche Bindung des Verwaltungshandelns. Eine über die der Verwaltungsvorschrift innewohnende interne Bindung der Verwaltung hinausgehende anspruchsbegründende Außenwirkung wird nur durch den Gleichheitssatz und das im Rechtsstaatsprinzip verankerte Gebot des Vertrauensschutzes vermittelt, jedoch nur in der Ausprägung, welche die Verwaltungsvorschriften durch die ständige Verwaltungspraxis gefunden haben. 50OVG Nds., Beschluss vom 07.10 2011 – 8 LA 93/11 -, in: juris (Rn. 6) m.w.N.;vgl. auch Urteil der Kammer vom 19.02.2021 – 21 K 3928/20 ‑. 51Maßgeblich ist mithin, wie die zur Anwendung der Verwaltungsvorschriften berufenen Behörden die Verwaltungsvorschrift im maßgeblichen Zeitpunkt in ständiger, vom Urheber der Vorschrift gebilligter oder jedenfalls geduldeter Praxis gehandhabt haben und in welchem Umfang sie infolgedessen durch den grundgesetzlichen Gleichheitssatz gebunden sind. 52OVG Nds., Beschluss vom 07.10.2011 – 8 LA 93/11 -, in: juris (Rn. 6) m.w.N.; OVG NRW, Urteil vom 03.09.2002 – 15 A 2777/00 -, in: juris (Rn. 36). 53Hält sich die Bewilligungsbehörde an die Förderrichtlinien, ist sie durch den Gleichheitssatz verpflichtet, dies auch weiterhin zu tun, sofern nicht sachliche Gründe eine Abweichung rechtfertigen oder gar gebieten. 54BVerwG, Urteil vom 25.04.2012 – 8 C 18/11 -, in: juris (Rn. 32). 55Weicht die Behörde indes generell von den Förderrichtlinien ab, so verlieren diese ihre ermessensbindende Wirkung, sodass sich die Vereinbarkeit des Verwaltungshandelns mit dem Gleichheitssatz dann nur noch nach der tatsächlichen Verwaltungspraxis beurteilt. 56BVerwG, Urteil vom 25.04.2012 – 8 C 18/11 -, in: juris (Rn. 32). 57Gemessen an diesen Voraussetzungen stellt sich die Entscheidung des Beklagten, die Genehmigung zu versagen, als rechtmäßig dar. Ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz setzt im Regelfall die Feststellung einer ansonsten abweichenden Verwaltungspraxis voraus. 58Vgl. BVerwG, Urteil vom 23.04.2003 – 3 C 25/02 -, in: juris (rn. 18). 59An einer solch abweichenden Verwaltungspraxis fehlt es vorliegend. Der Beklagte hat unwidersprochen vorgetragen, dass er bei der Antragstellung aller interessierten Krankenhäuser, die Überprüfung des Bettenbestandes auf zusätzliche Intensivbetten mit maschineller Beatmungskapazität mit dem Abgleich der in dem landeseigenen Meldesystem IG.NRW hinterlegten Intensivbetten abhängig gemacht hat. Damit hat er allen antragstellenden Krankenhäusern ‑ und damit auch der Klägerin ‑ ermöglicht, durch die Eintragung in IG.NRW im Sinne einer „Selbstauskunft“, 60Nr. 1 Pkt. 4 der Handreichung Auswahlverfahren „Soforthilfe zum Aufbau von Beatmungsplatzkapazitäten“ (Beatmungsgeräte) und „Förderung zusätzlicher Intensivkapazitäten mit maschineller Beatmung“ (Intensivbetten), 61den Nachweis für die Schaffung der zusätzlichen Bettenkapazität zu erbringen. Nach den Fördergrundsätzen ist für die Bestimmung der förderungsfähigen intensivmedizinischen Kapazitäten der tatsächlich aufgestellte Bettenbestand zum 16.03.2020 maßgebend. Für die zweite Prüfungsrunde (Anträge nach dem 21.04.2020) wurde der Stichtag 01./02.07.2020 ausgewählt. Das Verfahren sieht die Nutzung von Formblättern vor. Mit dem Nachweis des tatsächlichen intensivmedizinischen Bettenbestandes zu einem bestimmten Zeitpunkt ist die Eintragung der intensivmedizinischen Kapazitäten im landeseigenen Meldesystem IG.NRW verbunden. Es erfolgt ein entsprechender Abgleich der beantragten zusätzlichen Betten mit den in IG.NRW hinterlegten Intensivbetten. Darauf wurden die antragstellenden Krankenhäuser zudem mit Begleit-E-Mails hingewiesen (vgl. E-Mail an die Klägerin vom 18.06.2020). Die für das Förderverfahren niedergelegten Vorgaben widersprechen nicht dem Verhältnismäßigkeitsprinzip, da sie geeignet, erforderlich und angemessen sind. Mit dem Eintrag im Meldesystem IG.NRW konnten die antragstellenden Krankenhäuser, die das Meldeportal IG.NRW ohnehin auch in anderen Angelegenheiten des Krankenhausbetriebs nutzen, ohne großen Aufwand, zeitnah und wenig personalintensiv die Voraussetzungen für eine Förderung nachweisen. Die Klägerin trägt nicht vor, dass es ihr tatsächlich unmöglich gewesen wäre, das Meldeportal IG.NRW zu nutzen. Für den Nachweis des Aufwuchses an Beatmungskapazitäten war damit der Eintrag im Meldeportal IG.NRW (auch für die Klägerin) geeignet. Letztlich bedeutet der vorgeschriebene Nachweis nichts anderes als die Verwendung eines (elektronischen) Formulars. Die Kammer tritt der Auffassung der Klägerin nicht bei, dem Beklagten sei es unproblematisch möglich gewesen, zum Zeitpunkt der Antragstellung den tatsächlichen Aufwuchs und den hieraus resultierenden Refinanzierungsaufwand unabhängig von einer Meldung in einem Datenportal zu ermitteln. Zwar mag die Vorlage von Nachweisen (z.B. Kaufvertrag oder Aufstellplänen etc.) eine denkbare Möglichkeit sein; der Beklagte hat sich in seiner Verwaltungspraxis – wie dargestellt zulässigerweise – auf den Eintrag in IG.NRW beschränkt. Soweit die Klägerin mit ihrem Einwurf vorbringen will, der Beklagte hätte bei Zweifeln an der Richtigkeit von Angaben auch selbst vor Ort im Krankenhaus ermitteln können, erscheint dies lebensfremd. Dies widerspricht den allgemein bekannten tatsächlichen Verhältnissen im Rahmen der Pandemielage im Jahr 2020. Über den höherer verwaltungstechnischer Aufwand (z.B. Vorlage von Rechnungen, Auslieferungsbelegen, Aufstellungsdokumentationen) hätte dies einen höherer personeller Aufwand (z.B. Nachprüfung der vorgelegten Dokumente, Überprüfung vor Ort in den Krankenhäusern (z.B. durch Beschäftigte der zuständigen Behörden) bedeutet, der verbunden gewesen wäre mit hoher zeitlicher Inanspruchnahme. Dies widersprach zum damaligen Zeitpunkt der überwiegend vertretenen fachlichen Vorgaben der Reduzierung persönlicher Kontakte und der Notwendigkeit zügigen Eingreifens im Rahmen der Pandemielage unter schneller Schaffung finanzieller Mittel für die betroffenen Krankenhäuser zur Schaffung der erwünschten Kapazitäten unter beständiger Vorgabe der Herabsetzung des allgemeinen Infektionsrisikos. 62BT-Drs. 19/18112, passim, vgl. nur S. 2, 3, 21 f. 63Soweit die Klägerin darauf hinweist, die Verwaltungspraxis in anderen Bundesländer zeige, dass auch ein anderer Nachweis zusätzlicher intensivmedizinischer Behandlungskapazitäten möglich sei 64‑ Antragstellung versehen mit Nachweisen (Angaben zum maschinellen Beatmungsgerät, Rechnungen, Lieferscheine sowie Auflistungen), verbunden mit Schilderung der intensivmedizinischen Behandlungskapazitäten vor der Pandemie sowie die getroffenen Anpassungsmöglichkeiten (Auflistung des Bestandes an Beatmungsgeräten vor und nach den Anpassungsnahmen unter Angabe der Bezeichnung, des Herstellers, der ID-Nummer, der Seriennummer sowie des IMT-Typ; Lageplan, in welchem Bereich Umbaumaßnahmen zum Betrieb der zusätzlichen Beatmungsplätze getroffen wurden) ‑, 65steht dies nicht der vom Land Nordrhein-Westfalen ausgewählten Verwaltungspraxis entgegen, die den Nachweis an den Eintrag in der Datenbank IG.NRW vorgesehen hat und damit den Weg zur möglichen Detailprüfung in einem subventionsrechtlichen Nachprüfungsverfahren – zum Zweck der Überprüfung, ob die beantragten und genehmigten zusätzlichen intensivmedizinischen Behandlungskapazitäten mit maschineller Beatmungsmöglichkeit tatsächlich geschaffen worden sind ‑ eröffnet hat. Der Beklagte hat sich im Rahmen des ihm eingeräumten weiten Ermessens zur Regelung seiner Verwaltungspraxis gegen die von der Klägerin vorgeschlagenen aufwendigen Nachweismöglichkeiten zum Zeitpunkt der Genehmigungsentscheidung und für die Form einer „Selbstauskunft“ entschieden. Es ist der Kammer nicht ersichtlich, dass der Beklagte mit einer solchen letztlich den beteiligten Krankenhäuser entgegenkommende Lösung den rechtsstaatlichen Rahmen der Gestaltung seiner Verwaltungspraxis verlassen hätte. Im Übrigen ist damit eine auch in anderen Subventionsverfahren nicht unübliche Praxis der „Nachkontrolle“ verbunden, beispielsweise durch spätere Überprüfung der tatsächlichen Verhältnisse nach Vorlage von Verwendungsnachweisen. Auch in den vorliegenden Fällen der Förderung zusätzlicher Intensivbehandlungskapazitäten im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie erscheint eine spätere „Nachkontrolle“ genehmigter Kapazitäten und bewilligter Auszahlungen durch die zuständigen Behörden nicht ausgeschlossen. 662.Kosten: § 154 Abs. 1 VwGO. 67Vorläufige Vollstreckbarkeit: § 167 Abs. 1 und 2 VwGO i.V.m. § 709 ZPO. 68Rechtsmittelbelehrung: 69Gegen dieses Urteil kann innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) schriftlich die Zulassung der Berufung beantragt werden. Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. 70Der Antrag kann auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) eingereicht werden. 71Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. 72Die Berufung ist nur zuzulassen, 731. wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, 742. wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, 753. wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, 764. wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder 775. wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann. 78Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster oder Postfach 6309, 48033 Münster) schriftlich oder als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der ERVV einzureichen. 79Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen. 80Im Berufungs- und Berufungszulassungsverfahren müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die das Verfahren eingeleitet wird. Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Auf die zusätzlichen Vertretungsmöglichkeiten für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und § 5 Nr. 6 des Einführungsgesetzes zum Rechtsdienstleistungsgesetz – RDGEG –). Darüber hinaus sind die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen unter den dort genannten Voraussetzungen als Bevollmächtigte zugelassen. 81Die Antragsschrift und die Zulassungsbegründungsschrift sollen möglichst 3-fach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften. 82Beschluss: 83Der Streitwert wird auf 400.000 EUR festgesetzt. 84Gründe: 85Die Festsetzung des Streitwertes ist nach § 52 Abs. 1 GKG erfolgt orientiert sich an der mit der begehrten Genehmigung weiterer 8 zusätzlicher intensivmedizinischer Behandlungskapazitäten nach COVID-19-Krankenhausentlastungsgesetz i.V.m. § 21 Abs. 5 KHG verbundenen Ausgleichszahlung von 50.000 EUR je Bett (8*50.000 EUR). 86Rechtsmittelbelehrung: 87Gegen den Streitwertbeschluss kann schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) Beschwerde eingelegt werden, über die das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster entscheidet, falls ihr nicht abgeholfen wird. 88Die Beschwerde kann auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) oder zu Protokoll der Geschäftsstelle eingelegt werden; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. 89Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von sechs Monaten eingelegt wird, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. 90Die Beschwerde ist nicht gegeben, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,-- Euro nicht übersteigt. 91Die Beschwerdeschrift soll möglichst 3-fach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften. 92War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist angerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.
die klage wird abgewiesen. die klägerin trägt die kosten des verfahrens. das urteil ist hinsichtlich der kosten gegen sicherheitsleistung in höhe des beizutreibenden betrages vorläufig vollstreckbar. 1
2die beteiligten streiten um die genehmigung zusätzlicher intensiv-medizinischer behandlungskapazitäten nach covid-19-krankenhausentlastungsgesetz i.v.m. § 21 abs. 5 khg. 3die klägerin ist trägerin des i. klinikums o. , w. , das mit feststellungsbescheid der bezirksregierung düsseldorf nr. 1767 vom 29.05.2017 in den krankenhausplan des landes nordrhein westfalen aufgenommen worden ist. die anlage zum feststellung weist ein betten-soll von 16 intensivpflegebetten aus. 4auf einen ersten antrag der klägerin vom 07.04.2020 hatte das ministerium für arbeit, gesundheit und soziales des beklagten (nachfolgend ministerium) mit bestandskräftig gewordenem teilgenehmigungsbescheid vom 03.06.2020 die genehmigung zusätzlicher intensivmedizinischer behandlungskapazitäten mit maschineller beatmungsmöglichkeit für 10 intensivpflegebetten (icu high care – invasive beatmung) ab dem 16.03.2020 erteilt und im übrigen hinsichtlich weiterer 8 entsprechender intensivpflegebetten den antrag abgelehnt. zur begründung wurde angegeben, der von der klägerin dargelegte aufwuchs an zusätzlichen intensivmedizinischen behandlungskapazitäten habe nicht in gänze den in ig.nrw zur verfügung stehende intensivbetten entsprochen. genehmigt und anschließend gefördert werden könnten nur zur verfügung stehende intensivmedizinische behandlungskapazitäten mit maschineller beatmungsmöglichkeit. 5unter dem 10.06.2020 beantragte die klägerin unter nutzung des von dem ministerium vorgesehenen formblattes für die zuvor nicht genehmigten intensivpflegebetten mit maschineller beatmungsmöglichkeit erneut die genehmigung zusätzlicher intensiv-medizinischer behandlungskapazitäten nach covid-19-krankenhausentlastungsgesetz i.v.m. § 21 abs. 5 khg. in der übersendungsemail vom 05.06.2020 erläuterte die klägerin, aus der begründung des teilgenehmigungsbescheids vom 03.06.2020 sei nicht zu entnehmen, wie die antragsprüfung vorgenommen worden sei und welche gründe gegen eine antragsgemäße bescheidung angeführt würden. auch bei der betrachtung der ig.nrw-daten für ihre klinik sei die entscheidung nicht nachvollziehbar. daher würde für die nicht genehmigten plätze nochmals ein antrag gestellt. die klinik habe seit dem 16.03.2020 die gesetzlichen voraussetzungen ‑ auch soweit die gesetzesbegründung herangezogen werde ‑ erfüllt. seit dem 06.04.2020 seien die insgesamt 18 zusätzlichen „high-care-beatmungsbetten“ zur verfügung gestellt worden. diese seien auch immer einsatzbereit gewesen. es müsse allerdings konstatiert werden, dass diese 18 betten als „low-care“ gemeldet worden seien, da hier die bezeichnung in der meldedatei de ig.nrw initial irreführend gewesen sei. die ig.nrw habe diese bezeichnung zu einem späteren zeitpunkt spezifiziert. nach spezifizierung hätte die klägerin am 08.05.2020 die meldung entsprechend korrigiert und alle betten auf „high-care“ geändert. somit sei eine anpassung der „high-care“ bzw. „low-care“ während des betrachtungszeitraums vorgenommen worden, was je nach zeitpunkt (datum) des „abgriffs“ der daten durch das ministerium vermutlich zu einer falschen datenbasis geführt habe. in der klinik seien auch keine der beantragten und tatsächlich geschaffenen bettenkapazitäten nach § 21 abs. 5 khg zurückgebaut worden, die nicht zur wiederaufnahme des op-betriebs (aufwachraum / narkosegeräte) wieder benötigt worden seien oder würden, die aber im falle einer verschlechterten pandemielage mit erneut ansteigenden fallzahlen auch jederzeit wieder zu intensivmedizinischen versorgung und maschinellen beatmung eingesetzt werden könnten. 6mit ablehnungsbescheid vom 21.09.2020 lehnte das ministerium den weiteren antrag unter dem 10.06.2020 ab. zur begründung wurde angegeben, bei der auswahl der zu genehmigenden maßnahmen hätten nur förderungsfähige anträge berücksichtigt werden können. als nicht förderfähig sei ein antrag aus folgenden gründen eingestuft worden: 7„- der von ihnen dargelegte aufwuchs an zusätzlichen intensivmedizinischen behandlungskapazität wird nicht in vollen umfang im covid-19-modul in ig.nrw abgebildet, weil1. ihr antrag einen planungsstand und damit einen zukünftigen aufwuchs anzeigt oder2. ihr antrag einen aufwuchs anzeigt, der nicht ordnungsgemäß im covid-19-modul in ig.nrw gemeldet ist.- der krankenhausplanerische versorgungsauftrag umfasst nicht die intensivmedizinische versorgung.- die antragsfrist wurde nicht eingehalten.- der krankenhausträger befindet sich in einem laufenden insolvenzverfahren.genehmigt und anschließend gefördert werden können nur bereitgestellte intensivmedizinische behandlungskapazitäten mit maschineller beatmungsmöglichkeit.“ 8dagegen hat die klägerin am 21.10.2020 klage erhoben. zur begründung wird im wesentlichen vorgetragen, die begründung des beklagten, weshalb die genehmigung im angegriffenen ablehnungsbescheid versagt worden sei, könne bereits nicht nachvollzogen werden. der ablehnungsbescheid weise insoweit ein begründungsdefizit auf. nach § 39 abs. 1 s. 1 vwvfg sei ein schriftlicher verwaltungsakt mit einer begründung zu versehen. in der begründung seien im wesentlichen die tatsächlichen und rechtlichen gründe mitzuteilen, die die behörde zu ihrer entscheidung bewogen habe. der ablehnungsbescheid lasse nicht erkennen, aus welchen tatsächlichen und auch rechtlichen grund die genehmigung versagt worden sei. der angegriffene bescheid führe hierzu abstrakte fallgruppen auf, bei denen aus sicht des beklagten keine förderungsfähigkeit und damit genehmigungsfähigkeit bestehe. es seien einer möglichen interpretation nach mehrere gründe zur wahl gestellt worden. der ablehnungsbescheid enthalte dann aber keine angaben darüber, welche der fallgruppen auf die klägerin zutreffen solle. insofern werde nur festgehalten, dass nur bereitgestellte intensivmedizinische behandlungskapazitäten mit maschineller beatmungsmöglichkeit genehmigt und anschließend gefördert werden könnten. wo der konkrete mangel für die fehlende genehmigungsfähigkeit für die beantragten intensivbetten läge, werde nicht genannt. die kapazitäten seien geschaffen worden und die gesetzlichen voraussetzungen seien erfüllt worden. soweit der beklagte darauf abstellte, ein begründungsmangel sei im klageverfahren beseitigt worden, gehe dieser fehl. die voraussetzung für eine zulässige nachträgliche begründung nach § 114 s. 2 vwgo liege nicht vor, da der beklagte im rahmen einer entscheidung nach § 21 abs. 5 khg kein ermessen zukomme. ein anspruch auf die pauschale nach § 21 abs. 5 khg setze allein die schaffung zusätzlicher intensivmedizinischer behandlungskapazitäten voraus. diese habe die klägerin geschaffen; das werde vom beklagten auch weiterhin nicht bestritten. vielmehr beruhe die versagung allein auf formellen gründen (meldung nach ig.nrw). die konkrete meldung zum ig.nrw auf deren grundlage der beklagte den angegriffenen bescheid erlassen habe, sei der beigezogenen verwaltungsakte nicht zu entnehmen. daher könnten weder die berechnung noch die würdigung der eingegebenen daten im ig.nrw-portal nachvollzogen werden. zudem bestehe keine materielle präklusion dahingehend, dass die fehlende meldung in ig.nrw den anspruch aus § 21 abs. 5 khg ausschließe. die bundesrechtliche norm des § 21 abs. 5 khg mache den anspruch nicht von einer meldung abhängig. eine befugnis des beklagten zum unterlaufen von bundesvorgaben bestehe nicht. es bestünden auch keine sachgründe, den anspruch von einer meldung in ig.nrw abhängig zu machen. es sei dem beklagten unproblematisch möglich, den tatsächlichen aufwuchs und den hieraus resultierenden refinanzierungsaufwand, der durch die pauschale nach § 21 abs. 5 khg abgedeckt werden solle, unabhängig von einer meldung in einem datenportal zu ermitteln. die bundesrechtliche norm des § 21 abs. 5 khg mache den anspruch nicht von einer meldung abhängig. die konzedierte materielle präklusion sei unter berücksichtigung der frage des gesetzesvorbehalts, der unvereinbarkeit mit bundesrecht und der unvereinbarkeit mit basalen anforderungen des rechtsstaatsprinzips zu verneinen. eine materielle präklusion sei ersichtlich ohne rechtsgrundlage. der aufwuchs an intensivmedizinischen behandlungskapazitäten im krankenhaus der klägerin sei unstrittig. selbiges gelte für die damit verbundenen aufwendungen. die klägerin habe den aufwuchs von 18 betten über die meldung an ig.nrw vor dem festgesetzten stichtag 01./02.07.2020 mitgeteilt. wie der beklagte anhand der ig.nrw-meldungen zu einem anderen ergebnis komme, sei nicht nachvollziehbar, zumal nach der verwaltungsakte der aufwuchs von 26 betten bestätigt werde. diese kapazitäten seien auch tatsächlich geschaffen worden. im übrigen komme es entgegen der auffassung des beklagten nicht ausschließlich auf die meldung in ig.nrw an. § 21 abs. 5 khg sehe vor, dass ein krankenhaus zuerst eine genehmigung erhalte und dann die betten schaffe oder umwidme. damit folge die tatsächliche aufstellung der genehmigung nach statt ihr vorauszugehen, sodass es für die genehmigung nicht auf eine ist-meldung ankomme. nach den förderungsvoraussetzungen komme es nicht notwendigerweise darauf an, dass zwingend zusätzliche intensivbetten geschaffen würden. auch eine ausstattung eines intensivbettes, dass bisher keine materielle beatmung aufgewiesen habe, mit einer maschinellen beatmung reiche aus; maßgeblich sei das aufstellen von betten oder die umwidmung bereits vorhandene betten wie auch der gesetzgeberischen begründung (bt-drs. 19/18112, s. 28) zu entnehmen sei. tatbestandsvoraussetzung sei mithin nicht der aufwuchs an betten, sondern der aufwuchs an beatmungskapazitäten. dementsprechend habe die klägerin 18 zusätzliche beatmungskapazitäten geschaffen, 10 durch aufstellen von neuen betten sowie die beschaffung von zusätzlichen beatmungsgeräten und weitere 8 durch umwidmung und aufrüstung von 8 betten, die vormals nicht für die regelhafte beatmung vorgesehen gewesen seien und dementsprechend nicht über beatmungsmöglichkeiten verfügt hätte. 9auf den gerichtsbescheid vom 17.08.2021, den prozessbevollmächtigten der klägerin am 23.08.2021 zugestellt, hat die klägerin mit schreiben 14.09.2021 antrag auf mündliche verhandlung gestellt. zur weiteren begründung trägt sie im wesentlichen vor, ausgangspunkt der erwägungen bleibe, dass die klägerin zum stichtag des 16.03.2020 über 8 betten mit maschineller beatmungsmöglichkeit verfügt habe und am 01.07.2013 (anm. gericht: offensichtlicher schreibfehler, richtig 2020) 26 betten mit maschineller beatmungsmöglichkeit. mithin seien 18 betten mit maschineller beatmung im sinne des § 21 abs. 5 khg zusätzlich für die versorgung von covid-19-patienten zur verfügung gestellt worden. hierbei habe sie 10 betten neu aufgestellt und 8 intermediate-care-betten um eine maschinelle beatmungsmöglichkeit aufgerüstet. der beklagte habe von den insgesamt 18 zusätzlichen betten lediglich einen aufwuchs von 10 betten berücksichtigt und entsprechend beschieden. demnach seien 8 betten streitig, die nach klägerischer einschätzung die aufgerüsteten intermediate-care-betten betreffen. auch um maschinelle beatmungsmöglichkeit aufgerüstete intermediate-care-betten unterlägen der förderung nach § 21 abs. 5 khg. entscheidend seien alleine zusätzliche maschinelle beatmungskapazitäten. für die beurteilung über das vorliegen der tatbestandsvoraussetzungen für die förderung nach § 21 abs. 5 khg komme es sodann nicht allein auf die ig.nrw-meldungen an, sondern es müsse ein nachweis auch auf andere weise möglich sein. dies folge u.a. daraus, dass keine rechtliche grundlage für die präklusion existiere. gleichermaßen sei die im ig.nrw und in den anträgen gewählte klassifizierung in low-care- und high-care-betten unter dem tatsächlichen aspekt ungeeignet, um das vorliegen oder eben nichtvorliegen der fördervoraussetzungen zu beurteilen. im übrigen spreche nichts gegen eine vorläufige beurteilung aufgrund meldungen im ig.nrw. seien die daraus abgeleiteten ergebnisse aber sodann nachweislich unrichtig, müsse im rahmen einer nachprüfung eine korrektur möglich sein. das sei anderen bundesländern möglich gewesen. warum dem in nrw rechtliche gründe oder gar tatsächliche unmöglichkeiten entgegenstehen sollten, könne der beklagte nicht nachvollziehbar machen. der auffassung des beklagten, es bestehe keine förderfähigkeit von aufgerüsteten intermediate-care-betten, weil der gesetzgeber ein plus an intensivbetten habe erreichen wollen, stehe entgegen, dass der wortlaut die „aufstellung von betten mit maschineller beatmung“ oder „einbeziehung von betten anderer stationen mit maschineller beatmung“ verlange. der umrüstungsfall sei in diesem sinne eben ein bett mit maschineller beatmung, das erstmals aufgestellt werde. auch gehe mit der aufrüstung eines intermediate-care-bettes um eine maschinelle beatmungsmöglichkeit keine reduktion her. das bett stehe auch für die behandlung von patienten ohne covid-19 zur verfügung. der beklagte verwechsle zudem den stations- und abteilungsbegriff. eine station sei die kleinste bettenführende einheit eines fachgebietes, was sich u.a. aus § 2 abs. 4 pflegepersonaluntergrenzen-verordnung (ppugv) ergebe. hinsichtlich des ig.nrw-portals werde eine geeignetheit angenommen. der beklagte setze sich nicht damit auseinander, dass die intermediate-care-betten oder andere intensivbettentypen mit der gewählten klassifizierung lc und hc eben nicht abgefragt werden könnten. ebenso übergehe der beklagte die rüge, dass die kategorisierung im ig.nrw schon generell am materiellen maßstab des § 21 abs. 5 khg vorbeigehe. die einzig relevante maschinelle beatmung werde nicht abgefragt, sondern durchweg abweichende kategorien. wie ein meldesystem insoweit geeignet sein solle, lasse sich der begründung der beklagten nicht entnehmen. es gebe keinen grund, andere nachweise als den eintrag in ig.nrw auszuschließen. in niedersachsen sei es verwaltungspraxis, mit der antragstellung nachweise für die zusätzliche schaffung oder zusätzliches vorhalten zu übermitteln, z.b. konkrete angaben zum maschinellen beatmungsgerät, rechnungen, lieferscheine sowie auflistungen. das krankenhaus habe zum nachweis eine schilderung der intensivmedizinischen behandlungskapazitäten vor der pandemie sowie die getroffenen anpassungsmöglichkeiten vorzusehen. beigefügt werde eine auflistung des bestandes an beatmungsgeräten vor und nach den anpassungsnahmen unter angabe der bezeichnung, des herstellers, der id-nummer, der seriennummer sowie des imt-typ. mithilfe eines lageplanes werde dargelegt, in welchem bereich umbaumaßnahmen zum betrieb der zusätzlichen beatmungsplätze getroffen würden. zudem begründe die beklagte nicht, warum in einem gerichtsverfahren anderweitige beweismittel für das vorliegen der voraussetzungen nach § 21 abs. 5 khg ausgeschlossen sein sollten. das sei der einzig strittige punkt bzgl. des meldeverfahrens und zu diesem einzig strittigen punkt verhielten sich die beklagte und der gerichtsbescheid nicht. es werde keine rechtsgrundlage benannt, welche es begründen könne, dass die beweisführung gemäß der vwgo unter ausschöpfung der beweismittel der vwgo ausgeschlossen sei. 10die klägerin beantragt, 11den beklagten unter aufhebung seines ablehnungsbescheids vom 21.09.2020 zu verpflichten, die unter dem 10.06.2020 beantragte genehmigung zusätzlicher intensiv-medizinischer behandlungskapazitäten nach covid-19-krankenhausentlastungsgesetz i.v.m. § 21 abs. 5 khg für weitere 8 intensivpflegebetten – über die bereits genehmigten 10 intensivpflegebetten hinaus ‑ zu erteilen. 12der beklagte beantragt, 13die klage abzuweisen. 14zur begründung wird angegeben, ausweislich der handreichung im „merkblatt über die pauschale für die schaffung zusätzlich intensivmedizinischer behandlungskapazitäten nach § 21 abs. 5 khg i.v.m. covid-19-krankenhausentlastungsgesetz“ sei maßgebend für die bestimmung der förderfähigen intensivmedizinischen kapazitäten der tatsächlich vorhandene bettenbestand zum 16.03.2020. gefördert würden die zusätzlichen intensivmedizinischen behandlungskapazitäten mit maschineller beatmungsmöglichkeit (durch aufstellung von betten oder einbeziehung aus anderen stationen), welche zum tatsächlich aufgestellten bettenbestand zum 16.03.2020 hinzukämen. zur überprüfung des bettenbestandes würden entsprechend der internen unterlage die beantragten zusätzlichen intensivbetten mit den in dem landeseigenen meldesystem ig.nrw hinterlegten intensivbetten abgeglichen. erst durch die eintragung in ig.nrw werde durch die antragstellerin der nachweis für die schaffung der zusätzlichen bettenkapazität erbracht. für den ersten prüfungsdurchgang sei der stichtag 21.04.2020 festgelegt worden. bei anträgen, die vor dem 22.04.2020 eingereicht worden seien, seien die beantragten zusätzlichen intensivbetten mit den am 21.04.2020 bei ig.nrw gemeldeten betten abgeglichen worden. für die zweite prüfungsrunde, also für anträge, die nach dem 21.04.2020 eingereicht worden seien, sei der 01./02.07.2020 ausgewählt worden. im nachgang zu diesen prüfungsdurchläufen seien weitere mit geringerem antragsaufkommen durchgeführt worden. nur durch diese verfahren sei das ministerium in der lage gewesen, die große zahl an anträgen anhand derselben maßstäbe zu prüfen. aufgrund der möglichkeit mehrere anträge zu stellen, seien im rahmen der an den ersten durchgang anschließenden prüfungsrunden sowohl erstanträge als auch durch krankenhäuser erneut gestellte anträge beschieden worden. auf die möglichkeit der erneuten antragstellung sei sowohl im rahmen des ablehnungsbescheids der ersten prüfungsrunde als auch in der zugehörigen begleit-e-mail hingewiesen worden. ebenso sei das verfahren erläutert worden. hierbei sei ausdrücklich auf die stichtagsregelung und die maßgebliche meldung im ig.nrw hingewiesen worden. bereits mit dem teilgenehmigungsbescheid vom 03.06.2020 seien 10 der am 10.06.2020 beantragten 18 betten mit maschinellen beatmungsmöglichkeiten genehmigt worden. da insoweit bereits eine förderung gewährt worden sei und in der anzahl keine zusätzliche intensivmedizinische bettenkapazität mit maschinellen beatmungsmöglichkeiten geschaffen worden seien, sei der erneute förderantrag insoweit rechtmäßiger weise abgelehnt worden. darüber hinaus sei auch der antrag bezüglich der übrigen 8 betten rechtmäßiger weise abgelehnt worden, da die klägerin die erforderlichen voraussetzungen nicht erfülle. zusätzliche behandlungskapazitäten könnten durch das aufstellen von betten oder durch einbeziehung von betten auf anderen stationen geschaffen werden und müssten in der täglichen abfrage des ig.nrw spätestens zum stichtag der jeweiligen prüfungsrunde gemeldet sein. zum für die zweite genehmigungsrunde maßgeblichen stichtag 01./02.07.2020 seien die beantragten 8 betten nicht im ig.nrw gemeldet gewesen. das ministerium habe mit dieser stichtagsregelung und der meldepflicht im ig.nrw auch aufgrund seiner tatsächlichen verwaltungspraxis in anbetracht der operabilität der zahlreichen antragseingänge und zur gewährleistung der einheitlichen und an den gleichen maßstäben orientierten bescheidung arbeiten dürfen. dies sei auch sachgerecht und letztlich im sinne der antragsteller, da so ein einfacher nachweis der tatsächlich vorhandenen betten habe geführt werden können. die auswahl des stichtags sei auch nicht willkürlich erfolgt, sondern habe der vereinheitlichung der verwaltungspraxis und damit der gleichbehandlung der antragsteller gedient. ein etwaiger begründungsmangel sei gemäß § 45 abs. 1 nr. 2 vwvfg nrw geheilt. im übrigen sei die tatsächliche schaffung der beantragten intensivmedizinischen behandlungskapazitäten entgegen der auffassung der klägerin nicht unstreitig. vielmehr sei die tatsächliche schaffung der kapazitäten durch fehlende meldung in ig.nrw nicht nachgewiesen. das gleiche gelte auch für die von der klägerin behaupteten aufwendungen zur schaffung der kapazitäten. aus den zum verwaltungsvorgang genommenen berechnungstabellen gehe hervor, dass die klägerin zum 15.03.2020 16 intensivmedizinische behandlungskapazitäten mit maschineller beatmungsmöglichkeit gemeldet habe, 8 betten der kategorie icu low care (nichtinvasive beatmung) sowie 8 betten der kategorie icu high care (invasive beatmung), in der summe also 16 betten. aus der weitergehend vorgelegten tabelle zum abgleich mit den system ig.nrw gehe hervor, dass 26 betten der kategorie icu high care gemeldet worden seien. für den belegten aufwuchs gegenüber dem ursprünglichen bettenbestand von 16 betten sei mit bescheid vom 03.06.2020 eine entsprechende genehmigung erteilt worden. ein weitergehender aufwuchs ein betten sei nicht nachgewiesen worden. die behauptete aufstellung weitergehender icu high care betten habe die klägerin leicht in ig.nrw melden können. 15wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird bezug genommen auf den inhalt der gerichtsakte und des beigezogenen verwaltungsvorgangs des beklagten. 16
17die zulässige klage ist nicht begründet. 181.die klägerin hat keinen anspruch auf die beantragte genehmigung von 8 zusätzlichen intensivmedizinischen behandlungskapazitäten mit maschineller beatmung nach covid-19-krankenhausentlastungsgesetz i.v.m. § 21 abs. 5 khg. der angefochtene bescheid vom 21.09.2020 ist im ergebnis rechtmäßig und verletzt die klägerin nicht in ihren rechten, §113 abs. 1 s. 1 und abs. 5 vwgo. 19a)der angefochtene bescheid vom 21.09.2020 bezüglich des (zweiten) antrags unter dem 10.06.2020 war ursprünglich formell rechtswidrig, da er erhebliche begründungsdefizite aufwies. gemäß § 39 abs. 1 s. 2 vwvfg nrw sind in der begründung die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen gründe mitzuteilen, die die behörde zu ihrer entscheidung bewogen haben. hierbei hat die behörde auf den konkreten einzelfall abzustellen. 20ramsauer, in: kopp / ramsauer, vwvfg, 18. aufl. 2017, § 39, rdnr. 18. 21dies hat die behörde bei der begründung des bescheides vom 21.09.2020 nicht hinreichend beachtet. der (später mitgeteilte) ablehnungsgrund, der antrag zeige einen aufwuchs an, der nicht ordnungsgemäß im covid-19-modul in ig.nrw gemeldet sei, wird in der begründung des bescheids zwar auch genannt, aber nur neben weiteren, formelhaft aufgeführten, nicht die klinik der klägerin betreffende begründungsmöglichkeiten. insoweit fehlt es der begründung an der erforderlichen, 22ramsauer, in: kopp / ramsauer, vwvfg, 18. aufl. 2017, § 39, rdnrn. 23, 24, 23verständlichkeit, da die begründung sich im wesentlichen in einer aufzählung von möglichen ablehnungsgründen erschöpft, ohne diese auf den konkreten einzelfall zu beziehen und es der adressatin des bescheids überlässt, den für die ablehnung ihres antrages zutreffenden ablehnungsgrund zu ermitteln. 24dieser begründungsmangel ist jedoch gemäß § 45 abs.1 nr. 2 und abs. 2 vwvfg nrw im klageverfahren geheilt worden. 25b)der angegriffene bescheid ist materiell rechtmäßig. die klägerin erfüllt die voraussetzungen für die genehmigung der zusätzlichen kapazitäten nicht. 26nach § 21 abs. 5 s. 1 khg erhalten zugelassene krankenhäuser, die mit genehmigung der für die krankenhausplanung zuständigen landesbehörde zusätzliche intensivmedizinische behandlungskapazitäten mit maschineller beatmungsmöglichkeit durch aufstellung von betten schaffen oder durch einbeziehung von betten anderen stationen vorhalten, für jedes bis zum 30.09.2020 aufgestellte oder vorgehaltene bett einmalig einen betrag in höhe von 50.000 eur aus der liquiditätsreserve des gesundheitsfonds. 27diese voraussetzungen erfüllt die klägerin nicht, auch wenn sie bestehende intensivmedizinische betten mit beatmungsgeräten – wie zunächst im schriftsatz der prozessbevollmächtigten der klägerin vom 16.07.2021, bl. 2, 4 dargestellt ‑ nachgerüstet haben sollte (vgl.). soweit sie mit schriftsatz vom 05.11.2021 und aufgrund des vorbringens ihrer prozessbevollmächtigten in der mündlichen verhandlung zuletzt vorgebracht hat, sie habe sog. intermediate-care-betten „aus anderen stationen“ mit beatmungsgeräten nachgerüstet, ergibt sich dies nicht aus den zu berücksichtigenden einträgen in der ig.nrw-datenbank. nebenbei bemerkt handelt es sich insoweit – einerseits aufrüstung intensivmedizinischer betten mit beatmungsgeräten, andererseits nachrüstung von intermediate-care-betten „aus anderen stationen“ mit beatmungsgeräten ‑ um widersprüchliches vorbringen. 28(1)die kammer vertritt die auffassung, 29urteil vom 19.02.2021 – 4112/20 ‑, 30dass die nachrüstung bestehender intensivmedizinischer betten mit beatmungsgeräten die gesetzlichen voraussetzungen für die genehmigung nach § 21 abs. 5 s. 1 khg durch die für die krankenhausplanung zuständigen landesbehörde nicht erfüllt. 31für diese auslegung spricht sinn und zweck der regelung, die die erforderlichen kapazitäten im rahmen der pandemie schaffen will. § 21 abs. 5 satz 1 khg wurde im rahmen des covid-19-krankenhausentlastungsgesetzes eingefügt. damit wollte der gesetzgeber leistungsfähige intensivmedizin fördern, die in der lage ist, einen effektiven beitrag zur bekämpfung der pandemie zu leisten. der gesetzgeber ging davon aus, dass es aufgrund der covid-19-pandemie einen erwartbar steigenden bedarf an intensiv- und beatmungskapazitäten geben wird, daher sollten die krankenhäuser für zusätzlich provisorisch geschaffene oder vorgehaltene intensivbetten einen bonus erhalten. 32bt-drs. 19/18112, s. 21. 33mit aufstellung von betten ist die schaffung gänzlich neuer bettenkapazitäten gemeint, was bei der bloßen aufrüstung bereits vorhandener betten nicht der fall ist. auch die einbeziehung von betten anderer stationen spricht vorliegend dafür, dass es sich um betten handeln muss, die nicht der intensivstation zugehören, denn dann würde es sich um betten derselben station handeln. 34das ziel der erhöhung von bettenkapazitäten für die behandlung von covid-19-erkrankten durch schaffung zusätzlicher intensivmedizinischer behandlungskapazitäten wird aber nicht erreicht, wenn bestehende intensivbetten lediglich aufgerüstet werden, denn dadurch wird keine zusätzliche intensivmedizinische behandlungskapazität geschaffen. 35daher sollte der pauschbetrag von 50.000,00 euro auch ausdrücklich für zusätzlich geschaffene oder vorgehaltene intensivbetten gezahlt werden. 36bt-drs. 19/18112, s. 2. 37da der gesetzgeber vor diesem hintergrund auch von einem steigenden bedarf an intensivbetten ohne beatmungsmöglichkeit ausgegangen ist, war die aufrüstung bereits bestehender intensivkapazitäten mangels zusätzlicher bereitstellung für ihn kein förderungswürdiger vorgang. vielmehr sollte nach seiner intention die förderung daran geknüpft werden, dass die zusätzlich vorgehaltenen oder geschaffenen intensivbetten über eine maschinelle beatmungsmöglichkeit verfügen. 38bt-drs. 19/18112, s. 28. 39vor diesem hintergrund wird hinreichend deutlich, dass der gesetzgeber die förderung an zwei voraussetzungen knüpfen wollte. zum einen mussten zusätzliche intensivbetten geschaffen werden, sei es durch neuaufstellung oder einbeziehung von betten anderer (nicht-intensiv-) stationen, und zum anderen mussten diese zusätzlichen betten mit der möglichkeit zur maschinellen beatmung ausgestattet werden. 40gegen diese auslegung der bestimmung des § 21 abs. 5 s. 1 khg spricht auch nicht, dass – wie die prozessbevollmächtigten nochmals in der mündlichen verhandlung auch unter hinweis auf die „empfehlungen zur struktur und ausstattung von intensivstationen ‑ hintergrundtext ‑, verabschiedet mit beschluss des präsidiums der deutschen interdisziplinären vereinigung für intensiv- und notfallmedizin (divi) vom 30.11.2010“ vorgetragen haben ‑ ein ausbau einer intensivstation mit erheblichen technischen, baulichen und infrastrukturellen schwierigkeiten sowie mit personellen notwendigkeiten verbunden ist, die nicht in kurzen zeit erreicht werden könnten, so dass aufgrund dessen dem willen des gesetzgebers zum raschen aufbau von beatmungskapazitäten keineswegs rechtzeitig hätte nachgekommen werden können. diese überlegungen müssten auch bei der auslegung des gesetzlichen tatbestandes berücksichtigt werden; dem willen des gesetzgebers werde man nur gerecht, wenn auch eine aufrüstung bestehender intensivbetten im sinne des § 21 abs. 5 s. 1 khg genehmigungsfähig sei. dieser argumentation steht entgegen, dass der gesetzgeber im rahmen der covid-19-pandemie auch von einem steigenden bedarf an intensivbetten ohne beatmungsmöglichkeit ausgegangen ist. dieser steigende bedarf hätte nicht dadurch gedeckt werden können, die bestehenden intensivbetten – ohne ihre anzahl zu erhöhen – mit beatmungskapazität auszustatten, wie die klägerin vorbringt. davon abgesehen, kann die kammer nicht erkennen, dass es anderen krankenhäusern, als dem der klägerin, nicht möglich gewesen wäre, bestehende strukturen in den intensivstationen durch zusätzliche intensivbetten auszubauen und mit der erforderlichen beatmungskapazität auszustatten. 41maßgeblich ist auch nicht der von den prozessbevollmächtigten der klägerin vorgebrachte stationsbegriff des § 2 abs. 4 s. 1 pflegepersonaluntergrenzen-verordnung (ppugv). das maß an intensivmedizinischen behandlungskapazitäten, welches der gesetzgeber durch die einführung des § 21 abs. 5 khg hat aufstocken wollen, bestimmt sich nach dem krankenhausplanerisch festgestellten intensivmedizinischen versorgungsauftrag eines jeden krankenhauses. nur wenn nach dem aufwuchs der kapazitäten die zahl der intensivmedizinischen behandlungskapazitäten des krankenhauses im vergleich zu den im feststellungsbescheid ausgewiesenen anzahl der intensivbetten am ende steigt, ist das gesetzgeberische ziel erreicht, unabhängig davon, wo die ursprünglichen intensivpflegebetten vormals räumlich und organisatorisch zugeordnet waren. hierfür spricht auch das in § 21 abs. 5 s. 1 khg festgelegte genehmigungserfordernis für die neuen intensivmedizinischen behandlungskapazitäten mit maschineller bearbeitung, denn krankenhausplanerisch wird lediglich eine bestimmte anzahl von intensivpflegebetten genehmigt, ohne deren konkrete ausstattung zu bestimmen. werden aufgrund des feststellungsbescheides bereits genehmigte intensivpflegebetten mit einer möglichkeit zur maschinellen beatmung aufgerüstet, so bedürfte es hierfür keiner gesonderten genehmigung durch die für die krankenhausplanung zuständige landesbehörde. einer solchen bedarf es nur, wenn neue, bisher vom feststellungsbescheid nicht erfasste intensivmedizinischen behandlungskapazitäten aufgestellt oder betten, die nicht intensivpflegebetten sind, umgewidmet werden. 42die klägerin täuscht sich, wenn sie vorbringen lässt, die förderfähigkeit aufgerüsteter betten, insbesondere aufgerüsteter intermediate-care-betten um maschinelle beatmungsmöglichkeit ergebe sich offensichtlich aus dem erlass des ministeriums für arbeit, gesundheit und soziales des landes nordrhein-westfalen vom 25.03.2020 – iv a 3 – und deshalb seien diese nach § 21 abs. 5 s. 1 khg zu genehmigen. der von der klägerin erwähnte erlass bezieht sich auf ein eigenes, vom land nordrhein-westfalen aufgelegtes, von der genehmigung nach § 21 abs. 5 s. 1 khg unabhängiges programm „soforthilfe zur stärkung der langzeitbeatmungskapazitäten im zusammenhang mit dem corona-virus in nordrhein-westfalen“, mit dem allein die aufstockung bestehender betten mit langzeitbeatmungsmöglichkeiten gefördert wird. 43vgl. dazu vg düsseldorf, urteil vom 19.02.2021 – 21 k 3928/20 ‑; antrag auf zulassung der berufung abgelehnt: ovg nrw, beschluss vom 08.09.2021 – 13 a 957/21 ‑. 44das zugehörige (landesrechtliche) subventionsrechtliche verwaltungsverfahren im zusammenhang mit § 44 lho weicht vom (nach bundesrecht durchgeführtem) genehmigungsverfahren nach § 21 abs. 5 s. 1 khg ab, z.b. im hinblick auf die regelung einer ausschlussfrist, von nachweiseerfordernissen (vorlage kaufvertrag), im hinblick auf auszahlungsmodalitäten, und die beschleunigung durch rechtsbehelfsverzichte. das landesprogramm stellt sich offensichtlich als echtes subventionsprogramm des landes nordrhein-westfalen dar mit der folge einer auszahlung eines förderbetrages durch eine landesbehörde und ist erkennbar abgesetzt von dem sich nach bundesrecht richtendem genehmigungsprogramm, dass voraussetzung ist für eine auszahlung eines förderbetrags aus der liquiditätsreserve des gesundheitsfonds (§ 21 abs. 5 s. 1 ae khg) durch das bundesamt für soziale sicherung als bundesbehörde (§ 21 abs. 5 s. 3 khg). die heranziehung des erlass des ministeriums vom 25.03.2020 – iv a 3 – als auslegungshilfe bei der deutung des willens des bundesgesetzgebers stellt sich damit als völlig untaugliches mittel dar. 45da die klägerin die dargestellten voraussetzungen des § 21 abs. 5 s. 1 khg nicht erfüllt, hat sie gegen den beklagten auch keinen anspruch auf die genehmigung aufgerüsteter intensiv-beatmungsplätze. 46(2)soweit die klägerin zuletzt mit schriftsatz vom 05.11.2021 und aufgrund des vorbringens ihrer prozessbevollmächtigten in der mündlichen verhandlung vortragen lässt, sie habe sog. intermediate-care-betten „aus anderen stationen“ mit beatmungsgeräten nachgerüstet, ergibt sich dies nicht aus den zu berücksichtigenden einträgen in der ig.nrw-datenbank. 47zutreffend weist der beklagte darauf hin, aus den zum verwaltungsvorgang genommenen berechnungstabellen gehe hervor, dass die klägerin zum 15.03.2020 16 intensivmedizinische behandlungskapazitäten mit maschineller beatmungsmöglichkeit gemeldet hat, 8 betten der kategorie icu low care (nichtinvasive beatmung) sowie 8 betten der kategorie icu high care (invasive beatmung), in der summe also 16 betten. aus der weitergehend vorgelegten tabelle zum abgleich mit den system ig.nrw geht hervor, dass 26 betten der kategorie icu high care gemeldet worden sind. für den belegten aufwuchs gegenüber dem ursprünglichen bettenbestand von 16 betten ist mit bescheid vom 03.06.2020 eine entsprechende genehmigung, also 10 betten, erteilt worden. ein weitergehender aufwuchs an betten ist nicht im ig.nrw nachgemeldet worden, obwohl dies der klägerin unproblematisch möglich gewesen wäre. die von ihr erwähnten „8 intermediate-care-betten aus anderen stationen“, hätte sie in ig.nrw entweder als „aufstellung icu low care“ oder als „aufstellung icu high care“ ausweisen sollen, soweit es sich um entweder nicht-invasive beatmungskapazität oder invasive beatmungskapazität gehandelt haben sollte und diese auch als intensivbetten mit maschineller beatmungsmöglichkeit aufgestellt worden sind. auf diese weise hätte sie deren berücksichtigung bei der hier streitigen genehmigung erreicht. eine genehmigungsmöglichkeit ergibt es aber nicht aus dem erhalt als intermediate-care-bett mit einfacher maschineller beatmung (ohne aufstellung als intensivbett in der intensivstation). dies ergibt sich durch die klare regelung des § 1 abs. 2 der verordnung zur aufrechterhaltung und sicherung intensivmedizinischer krankenhauskapazitäten (divi intensivregister-verordnung) vom 08.04.2020, banz at 09.04.2020 va. die kammer schließt sich nicht der auffassung der klägerin an, die vorgaben des ig.nrw enthielten kriterien, unter die nicht alle arten von betten subsumiert werden könnten, so dass es den krankenhäusern unmöglich sei, bestimmte arten zu melden. die hier allein interessierende meldung von aufwuchs zusätzlicher intensivmedizinischer behandlungskapazitäten mit maschineller beatmungsmöglichkeit durch aufstellung von betten oder durch einbeziehung von betten anderen stationen ist unproblematisch erfasst von dem eintrag entweder in die kategorie „icu low care“ (von § 1 abs 2 nr. 1 divi-vo definiert als nicht-invasive beatmungsmöglichkeit) oder in die kategorie „icu high care“ (von § 1 abs 2 nr. 2 divi-vo definiert als invasive beatmungsmöglichkeit). damit wäre für die von der klägerin zuletzt behauptete aufstellung von „8 intermediate-care-betten aus anderen stationen“ ein eintrag auch in der kategorie „icu low care“ (von § 1 abs 2 nr. 1 divi-vo definiert als nicht-invasive beatmungsmöglichkeit) möglich gewesen, wenn es sich nicht um eine invasive beatmung (endotracheale intubation) gehandelt haben mag. voraussetzung ist aber immer die (neu-) aufstellung als oder umwidmung zum intensivbett (auf der intensivstation). die von den prozessbevollmächtigten der klägerin in der mündlichen verhandlung gehegten zweifel an der sinnhaftigkeit der bestehenden verwaltungspraxis teilt die kammer nicht. die kriterien des ig.nrw und der vorgaben des § 21 abs. 5 khg fallen nicht auseinander, da die meldung des „aufwuchses zusätzlicher intensivmedizinischer behandlungskapazitäten mit maschineller beatmungsmöglichkeit“, also sowohl „icu low care“ als auch „icu high care“ zu einer genehmigung führen, soweit sich die meldung bezieht auf die zusätzliche aufstellung von betten oder die einbeziehung von betten anderen stationen. 48die kammer folgt auch nicht der auffassung der klägerin, mit der von dem beklagten geübten verwaltungspraxis werde faktisch eine materielle präklusion verfolgt, die dem wortlaut der bundesrechtlichen normen des § 21 abs. 5 khg widerspreche. die vom beklagten aufgestellten fördervoraussetzungen halten sich unter beachtung des rechtsstaatsprinzips an den von § 21 abs. 5 khg aufgestellten rahmen. der bundesgesetzgeber hat mit dieser regelung die förderung zusätzlicher intensivmedizinische behandlungskapazitäten mit maschineller beatmungsmöglichkeit durch aufstellung von betten oder durch einbeziehung von betten anderen stationen ermöglicht und dafür für jedes bis zum 30.09.2020 aufgestellte oder vorgehaltene bett einmalig einen betrag in höhe von 50.000 eur aus der liquiditätsreserve des gesundheitsfonds bereitgestellt. die materielle prüfung der fördervoraussetzungen erfolgt durch die für die krankenhausplanung zuständigen landesbehörden (§ 21 abs. 5 s. 1 khg); nach durchgeführter genehmigung erfolgt die auszahlung durch das bundesamt für soziale sicherung (§ 21 abs. 5 s. 3 khg). die durchführung der genehmigungsverfahren wird den für die krankenhausplanung zuständigen landesbehörden überlassen und damit der jeweiligen landesverwaltungspraxis unterworfen. insoweit können die bundesländer jeweils unterschiedliche anforderungen an den nachweis aufstellen, z.b. durch förderrichtlinien. die von dem ministerium aufgestellten grundsätze des förderverfahrens sind niedergelegt in dem den antragstellenden krankenhäusern zugänglich gemachten „ergänzenden merkblatt für die pauschale für die schaffung zusätzlich intensivmedizinischer behandlungskapazitäten nach § 21 abs. 5 khg i.v.m. covid-19-krankenhausentlastungsgesetz“ und in der innerministeriellen handreichung auswahlverfahren „soforthilfe zum aufbau von beatmungsplatzkapazitäten“ (beatmungsgeräte) und „förderung zusätzlicher intensivkapazitäten mit maschineller beatmung“ (intensivbetten). 49diese fördergrundsätze unterliegen der rechtlichen charakterisierung als förderrichtlinien-ähnliche vorgaben, die das verwaltungshandeln der genehmigungsbehörde zu steuern geeignet sind. sie bewirken eine interne rechtliche bindung des verwaltungshandelns. eine über die der verwaltungsvorschrift innewohnende interne bindung der verwaltung hinausgehende anspruchsbegründende außenwirkung wird nur durch den gleichheitssatz und das im rechtsstaatsprinzip verankerte gebot des vertrauensschutzes vermittelt, jedoch nur in der ausprägung, welche die verwaltungsvorschriften durch die ständige verwaltungspraxis gefunden haben. 50ovg nds., beschluss vom 07.10 2011 – 8 la 93/11 -, in: juris (rn. 6) m.w.n.;vgl. auch urteil der kammer vom 19.02.2021 – 21 k 3928/20 ‑. 51maßgeblich ist mithin, wie die zur anwendung der verwaltungsvorschriften berufenen behörden die verwaltungsvorschrift im maßgeblichen zeitpunkt in ständiger, vom urheber der vorschrift gebilligter oder jedenfalls geduldeter praxis gehandhabt haben und in welchem umfang sie infolgedessen durch den grundgesetzlichen gleichheitssatz gebunden sind. 52ovg nds., beschluss vom 07.10.2011 – 8 la 93/11 -, in: juris (rn. 6) m.w.n.; ovg nrw, urteil vom 03.09.2002 – 15 a 2777/00 -, in: juris (rn. 36). 53hält sich die bewilligungsbehörde an die förderrichtlinien, ist sie durch den gleichheitssatz verpflichtet, dies auch weiterhin zu tun, sofern nicht sachliche gründe eine abweichung rechtfertigen oder gar gebieten. 54bverwg, urteil vom 25.04.2012 – 8 c 18/11 -, in: juris (rn. 32). 55weicht die behörde indes generell von den förderrichtlinien ab, so verlieren diese ihre ermessensbindende wirkung, sodass sich die vereinbarkeit des verwaltungshandelns mit dem gleichheitssatz dann nur noch nach der tatsächlichen verwaltungspraxis beurteilt. 56bverwg, urteil vom 25.04.2012 – 8 c 18/11 -, in: juris (rn. 32). 57gemessen an diesen voraussetzungen stellt sich die entscheidung des beklagten, die genehmigung zu versagen, als rechtmäßig dar. ein verstoß gegen den gleichheitssatz setzt im regelfall die feststellung einer ansonsten abweichenden verwaltungspraxis voraus. 58vgl. bverwg, urteil vom 23.04.2003 – 3 c 25/02 -, in: juris (rn. 18). 59an einer solch abweichenden verwaltungspraxis fehlt es vorliegend. der beklagte hat unwidersprochen vorgetragen, dass er bei der antragstellung aller interessierten krankenhäuser, die überprüfung des bettenbestandes auf zusätzliche intensivbetten mit maschineller beatmungskapazität mit dem abgleich der in dem landeseigenen meldesystem ig.nrw hinterlegten intensivbetten abhängig gemacht hat. damit hat er allen antragstellenden krankenhäusern ‑ und damit auch der klägerin ‑ ermöglicht, durch die eintragung in ig.nrw im sinne einer „selbstauskunft“, 60nr. 1 pkt. 4 der handreichung auswahlverfahren „soforthilfe zum aufbau von beatmungsplatzkapazitäten“ (beatmungsgeräte) und „förderung zusätzlicher intensivkapazitäten mit maschineller beatmung“ (intensivbetten), 61den nachweis für die schaffung der zusätzlichen bettenkapazität zu erbringen. nach den fördergrundsätzen ist für die bestimmung der förderungsfähigen intensivmedizinischen kapazitäten der tatsächlich aufgestellte bettenbestand zum 16.03.2020 maßgebend. für die zweite prüfungsrunde (anträge nach dem 21.04.2020) wurde der stichtag 01./02.07.2020 ausgewählt. das verfahren sieht die nutzung von formblättern vor. mit dem nachweis des tatsächlichen intensivmedizinischen bettenbestandes zu einem bestimmten zeitpunkt ist die eintragung der intensivmedizinischen kapazitäten im landeseigenen meldesystem ig.nrw verbunden. es erfolgt ein entsprechender abgleich der beantragten zusätzlichen betten mit den in ig.nrw hinterlegten intensivbetten. darauf wurden die antragstellenden krankenhäuser zudem mit begleit-e-mails hingewiesen (vgl. e-mail an die klägerin vom 18.06.2020). die für das förderverfahren niedergelegten vorgaben widersprechen nicht dem verhältnismäßigkeitsprinzip, da sie geeignet, erforderlich und angemessen sind. mit dem eintrag im meldesystem ig.nrw konnten die antragstellenden krankenhäuser, die das meldeportal ig.nrw ohnehin auch in anderen angelegenheiten des krankenhausbetriebs nutzen, ohne großen aufwand, zeitnah und wenig personalintensiv die voraussetzungen für eine förderung nachweisen. die klägerin trägt nicht vor, dass es ihr tatsächlich unmöglich gewesen wäre, das meldeportal ig.nrw zu nutzen. für den nachweis des aufwuchses an beatmungskapazitäten war damit der eintrag im meldeportal ig.nrw (auch für die klägerin) geeignet. letztlich bedeutet der vorgeschriebene nachweis nichts anderes als die verwendung eines (elektronischen) formulars. die kammer tritt der auffassung der klägerin nicht bei, dem beklagten sei es unproblematisch möglich gewesen, zum zeitpunkt der antragstellung den tatsächlichen aufwuchs und den hieraus resultierenden refinanzierungsaufwand unabhängig von einer meldung in einem datenportal zu ermitteln. zwar mag die vorlage von nachweisen (z.b. kaufvertrag oder aufstellplänen etc.) eine denkbare möglichkeit sein; der beklagte hat sich in seiner verwaltungspraxis – wie dargestellt zulässigerweise – auf den eintrag in ig.nrw beschränkt. soweit die klägerin mit ihrem einwurf vorbringen will, der beklagte hätte bei zweifeln an der richtigkeit von angaben auch selbst vor ort im krankenhaus ermitteln können, erscheint dies lebensfremd. dies widerspricht den allgemein bekannten tatsächlichen verhältnissen im rahmen der pandemielage im jahr 2020. über den höherer verwaltungstechnischer aufwand (z.b. vorlage von rechnungen, auslieferungsbelegen, aufstellungsdokumentationen) hätte dies einen höherer personeller aufwand (z.b. nachprüfung der vorgelegten dokumente, überprüfung vor ort in den krankenhäusern (z.b. durch beschäftigte der zuständigen behörden) bedeutet, der verbunden gewesen wäre mit hoher zeitlicher inanspruchnahme. dies widersprach zum damaligen zeitpunkt der überwiegend vertretenen fachlichen vorgaben der reduzierung persönlicher kontakte und der notwendigkeit zügigen eingreifens im rahmen der pandemielage unter schneller schaffung finanzieller mittel für die betroffenen krankenhäuser zur schaffung der erwünschten kapazitäten unter beständiger vorgabe der herabsetzung des allgemeinen infektionsrisikos. 62bt-drs. 19/18112, passim, vgl. nur s. 2, 3, 21 f. 63soweit die klägerin darauf hinweist, die verwaltungspraxis in anderen bundesländer zeige, dass auch ein anderer nachweis zusätzlicher intensivmedizinischer behandlungskapazitäten möglich sei 64‑ antragstellung versehen mit nachweisen (angaben zum maschinellen beatmungsgerät, rechnungen, lieferscheine sowie auflistungen), verbunden mit schilderung der intensivmedizinischen behandlungskapazitäten vor der pandemie sowie die getroffenen anpassungsmöglichkeiten (auflistung des bestandes an beatmungsgeräten vor und nach den anpassungsnahmen unter angabe der bezeichnung, des herstellers, der id-nummer, der seriennummer sowie des imt-typ; lageplan, in welchem bereich umbaumaßnahmen zum betrieb der zusätzlichen beatmungsplätze getroffen wurden) ‑, 65steht dies nicht der vom land nordrhein-westfalen ausgewählten verwaltungspraxis entgegen, die den nachweis an den eintrag in der datenbank ig.nrw vorgesehen hat und damit den weg zur möglichen detailprüfung in einem subventionsrechtlichen nachprüfungsverfahren – zum zweck der überprüfung, ob die beantragten und genehmigten zusätzlichen intensivmedizinischen behandlungskapazitäten mit maschineller beatmungsmöglichkeit tatsächlich geschaffen worden sind ‑ eröffnet hat. der beklagte hat sich im rahmen des ihm eingeräumten weiten ermessens zur regelung seiner verwaltungspraxis gegen die von der klägerin vorgeschlagenen aufwendigen nachweismöglichkeiten zum zeitpunkt der genehmigungsentscheidung und für die form einer „selbstauskunft“ entschieden. es ist der kammer nicht ersichtlich, dass der beklagte mit einer solchen letztlich den beteiligten krankenhäuser entgegenkommende lösung den rechtsstaatlichen rahmen der gestaltung seiner verwaltungspraxis verlassen hätte. im übrigen ist damit eine auch in anderen subventionsverfahren nicht unübliche praxis der „nachkontrolle“ verbunden, beispielsweise durch spätere überprüfung der tatsächlichen verhältnisse nach vorlage von verwendungsnachweisen. auch in den vorliegenden fällen der förderung zusätzlicher intensivbehandlungskapazitäten im zusammenhang mit der covid-19-pandemie erscheint eine spätere „nachkontrolle“ genehmigter kapazitäten und bewilligter auszahlungen durch die zuständigen behörden nicht ausgeschlossen. 662.kosten: § 154 abs. 1 vwgo. 67vorläufige vollstreckbarkeit: § 167 abs. 1 und 2 vwgo i.v.m. § 709 zpo. 68rechtsmittelbelehrung: 69gegen dieses urteil kann innerhalb eines monats nach zustellung des vollständigen urteils bei dem verwaltungsgericht düsseldorf (bastionstraße 39, 40213 düsseldorf oder postfach 20 08 60, 40105 düsseldorf) schriftlich die zulassung der berufung beantragt werden. der antrag muss das angefochtene urteil bezeichnen. 70der antrag kann auch als elektronisches dokument nach maßgabe des § 55a vwgo und der verordnung über die technischen rahmenbedingungen des elektronischen rechtsverkehrs und über das besondere elektronische behördenpostfach (elektronischer rechtsverkehr-verordnung – ervv) eingereicht werden. 71innerhalb von zwei monaten nach zustellung des vollständigen urteils sind die gründe darzulegen, aus denen die berufung zuzulassen ist. 72die berufung ist nur zuzulassen, 731. wenn ernstliche zweifel an der richtigkeit des urteils bestehen, 742. wenn die rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche schwierigkeiten aufweist, 753. wenn die rechtssache grundsätzliche bedeutung hat, 764. wenn das urteil von einer entscheidung des oberverwaltungsgerichts für das land nordrhein-westfalen, des bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen senats der obersten gerichtshöfe des bundes oder des bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser abweichung beruht oder 775. wenn ein der beurteilung des berufungsgerichts unterliegender verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die entscheidung beruhen kann. 78die begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem antrag vorgelegt worden ist, bei dem oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen (aegidiikirchplatz 5, 48143 münster oder postfach 6309, 48033 münster) schriftlich oder als elektronisches dokument nach maßgabe des § 55a vwgo und der ervv einzureichen. 79über den antrag entscheidet das oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen. 80im berufungs- und berufungszulassungsverfahren müssen sich die beteiligten durch prozessbevollmächtigte vertreten lassen. dies gilt auch für prozesshandlungen, durch die das verfahren eingeleitet wird. die beteiligten können sich durch einen rechtsanwalt oder einen rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten hochschule eines mitgliedstaates der europäischen union, eines anderen vertragsstaates des abkommens über den europäischen wirtschaftsraum oder der schweiz, der die befähigung zum richteramt besitzt, als bevollmächtigten vertreten lassen. auf die zusätzlichen vertretungsmöglichkeiten für behörden und juristische personen des öffentlichen rechts einschließlich der von ihnen zur erfüllung ihrer öffentlichen aufgaben gebildeten zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 abs. 4 satz 4 vwgo und § 5 nr. 6 des einführungsgesetzes zum rechtsdienstleistungsgesetz – rdgeg –). darüber hinaus sind die in § 67 abs. 2 satz 2 nr. 3 bis 7 vwgo bezeichneten personen und organisationen unter den dort genannten voraussetzungen als bevollmächtigte zugelassen. 81die antragsschrift und die zulassungsbegründungsschrift sollen möglichst 3-fach eingereicht werden. im fall der einreichung als elektronisches dokument bedarf es keiner abschriften. 82beschluss: 83der streitwert wird auf 400.000 eur festgesetzt. 84gründe: 85die festsetzung des streitwertes ist nach § 52 abs. 1 gkg erfolgt orientiert sich an der mit der begehrten genehmigung weiterer 8 zusätzlicher intensivmedizinischer behandlungskapazitäten nach covid-19-krankenhausentlastungsgesetz i.v.m. § 21 abs. 5 khg verbundenen ausgleichszahlung von 50.000 eur je bett (8*50.000 eur). 86rechtsmittelbelehrung: 87gegen den streitwertbeschluss kann schriftlich oder zur niederschrift des urkundsbeamten der geschäftsstelle bei dem verwaltungsgericht düsseldorf (bastionstraße 39, 40213 düsseldorf oder postfach 20 08 60, 40105 düsseldorf) beschwerde eingelegt werden, über die das oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen in münster entscheidet, falls ihr nicht abgeholfen wird. 88die beschwerde kann auch als elektronisches dokument nach maßgabe des § 55a vwgo und der verordnung über die technischen rahmenbedingungen des elektronischen rechtsverkehrs und über das besondere elektronische behördenpostfach (elektronischer rechtsverkehr-verordnung – ervv) oder zu protokoll der geschäftsstelle eingelegt werden; § 129a der zivilprozessordnung gilt entsprechend. 89die beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von sechs monaten eingelegt wird, nachdem die entscheidung in der hauptsache rechtskraft erlangt oder das verfahren sich anderweitig erledigt hat; ist der streitwert später als einen monat vor ablauf dieser frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines monats nach zustellung oder formloser mitteilung des festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. 90die beschwerde ist nicht gegeben, wenn der wert des beschwerdegegenstandes 200,-- euro nicht übersteigt. 91die beschwerdeschrift soll möglichst 3-fach eingereicht werden. im fall der einreichung als elektronisches dokument bedarf es keiner abschriften. 92war der beschwerdeführer ohne sein verschulden verhindert, die frist einzuhalten, ist ihm auf antrag von dem gericht, das über die beschwerde zu entscheiden hat, wiedereinsetzung in den vorigen stand zu gewähren, wenn er die beschwerde binnen zwei wochen nach der beseitigung des hindernisses einlegt und die tatsachen, welche die wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. nach ablauf eines jahres, von dem ende der versäumten frist angerechnet, kann die wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.
Verklagte*r
0
320,333
19 O 149/16
2019-08-23T00:00:00
Urteil
Tenor Die Beklagten zu 1) und zu 2) werden gesamtschuldnerisch verurteilt, an den Kläger 1.073,72 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz – die Beklagte zu 1) seit 16.07.2016, der Beklagte zu 2) seit 02.05.2018 – zu zahlen. Der Beklagte zu 2) wird darüber hinaus verurteilt, an den Kläger weitere 5.369,26 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 02.05.2018 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten des Klägers tragen dieser zu 10%, die Beklagten zu 1) und zu 2) gesamtschuldnerisch zu 26% sowie der Beklagte zu 2) alleine zu weiteren 64%. Der Kläger hat die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1) zu 22% sowie diejenigen des Beklagten zu 2) zu 8% zu tragen. Im Übrigen hat jeder seine eigenen Kosten zu tragen. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für den Kläger im Verhältnis zu dem Beklagten zu 2) gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages. Im Übrigen bleibt es dem jeweiligen Vollstreckungsschuldner nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. 1Tatbestand: 2Der Kläger macht gegen die Beklagten Schadensersatzansprüche wegen aufgrund Betreuerpflichtverletzung entgangener Erwerbsminderungsrente geltend. Der Kläger hat einen Grad der Behinderung von 100 und ihm wurden die Merkzeichen G, aG, H und RF zuerkannt. Der Kläger kann sich in keiner Angelegenheit selbst vertreten, weshalb er unter gesetzlicher Betreuung steht. Von ca. Anfang 2012 bis zum 30.12.2013 wurde der Kläger durch die Beklagte zu 1), die zugleich Rechtsanwältin und Fachanwältin für Familienrecht ist, als Berufsbetreuerin betreut. In der Zeit vom 31.12.2013 bis 22.03.2015 wurde der Beklagte zu 2) als Berufsbetreuer für den Kläger tätig. Seit dem 23.03.2015 ist der Prozessbevollmächtigte des Klägers dessen Berufsbetreuer. 3Der Kläger ist seit dem 08.11.1993 bei der T beschäftigt. Vor jener Tätigkeit ist er keiner anderen sich auf seine Rentenanwartschaft auswirkenden Tätigkeit nachgegangen. 4Zu Beginn der von ihr übernommenen Betreuung des Klägers, bat die Beklagte zu 1) die T schriftlich um Mitteilung, seit wann der Kläger seiner dortigen Beschäftigung nachgeht, um etwaige Rentenansprüche des Klägers prüfen zu können. Unter dem 24.01.2012 teilte ihr die T – fehlerhaft – den 08.11.1995 als Beschäftigungsbeginn des Klägers mit. Mit Schreiben vom 03.03.2014 korrigierte die T diesen Fehler und teilte mit, dass die Wartezeit von 240 Monaten seit dem 07.11.2013 erfüllt sei, weil der Kläger bereits seit 08.11.1993 bei ihr tätig ist, und der Kläger daher einen Anspruch auf Erwerbsminderungsrente seit 08.11.2013 habe. Die Beklagte zu 1) leitete dieses Schreiben an den Beklagten zu 2) weiter. Einen Antrag auf Bewilligung von Erwerbsminderungsrente stellten weder die Beklagte zu 1) noch der Beklagte zu 2). 5In der Zeit von November 2013 bis Juni 2015 erhielt der Kläger Sozialhilfe nach dem Zwölften Sozialgesetzbuch. Wegen der Einzelheiten der monatlichen Leistungen wird auf die Mitteilung der N, Amt für Soziales und Wohnen vom 08.06.2017 Bezug genommen (Anlage K8a). 6Nach Übernahme der Betreuung durch den Prozessbevollmächtigten des Klägers beantragte dieser am 27.07.2015 die Gewährung von Erwerbsminderungsrente bei der O . Aus deren Rentenbescheid vom 07.10.2015 folgt, dass die Voraussetzungen für eine Erwerbsunfähigkeitsrente bereits seit dem 31.10.2013 erfüllt waren. Nach § 99 SGB VI konnte der Prozessbevollmächtigte des Klägers eine Rente wegen voller Erwerbsminderung jedoch nur rückwirkend zum 01.07.2015 erreichen. 7Der Klägervertreter forderte in seiner Eigenschaft als Betreuer des Klägers die Beklagten mit Schreiben vom 15.06.2016 zur Zahlung von Schadensersatz wie aus der Anlage K4 ersichtlich unter Fristsetzung bis 15.07.2016 auf. Die Beklagte zu 1) wies die Ansprüche des Klägers mit Schreiben vom 07.07.2016 zurück. Für den Beklagten zu 2) meldete sich mit Schreiben vom 12.07.2016 dessen Haftpflichtversicherer und kündigte eine Rückmeldung an, welche nicht erfolgte. 8Der Kläger ist der Auffassung, einen Schadensersatzanspruch gegen die Beklagten zu haben, weil deren Unterlassen der Beantragung von Erwerbsminderungsrente pflichtwidrig gewesen sei. 9Hinsichtlich der Höhe des vermeintlichen Schadens legt der Kläger eine fiktive Rentenberechnung der O vom 05.11.2015 vor, wegen deren Inhalts auf Anlage K3 (Bl. 37 ff. d.A.) verwiesen wird. Von den darin ausgewiesenen Beträgen zieht er die monatlich erhaltenen Leistungen aus Sozialhilfe ab. Die Differenz begehrt der Kläger im Wege des Schadensersatzes für den Zeitraum von November 2013 – März 2014 von beiden Beklagten als Gesamtschuldner, sowie für den Zeitraum Juli 2014 bis Juni 2015 von dem Beklagten zu 2) alleine. Die fiktive Rentenberechnung berücksichtige zu Recht nicht die erhaltenen Sozialleistungen, weil jene bei Zahlung von Erwerbsminderungsrente gar nicht gewährt worden wären und insoweit auch ein Rückforderungsanspruch des Leistungsträgers bestünde. 10Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 14.02.2018 Klage erhoben. Die Klageschrift wurde der Beklagten zu 1) am 20.02.2018 zugestellt. Ein Zustelldatum hinsichtlich des Beklagten zu 2) lässt sich mangels Zurücksendung des Empfangsbekenntnisses nicht feststellen. Jedenfalls am Tag der Verteidigungsanzeige, 02.05.2018 (s. Bl. 175 d.A.), lag die Klageschrift dem Prozessbevollmächtigten des Beklagten zu 2) vor. 11Der Kläger beantragt, 121. die Beklagten zu 1) und 2) gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an ihn einen Betrag i.H.v. 1.368,92 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 16.07.2016 zu zahlen; 132. den Beklagten zu 2) zu verurteilen, an ihn einen Betrag i.H.v. 5.637,10 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 16.07.2016 zu zahlen. 14Die Beklagten beantragen, 15die Klage abzuweisen. 16Der Beklagte zu 2) rügt die örtliche Zuständigkeit des angerufenen Gerichts. 17Die Beklagten sind der Auffassung, nicht zu weitergehenden Ermittlungen hinsichtlich des Anspruchsbeginns auf Erwerbsminderungsrente verpflichtet gewesen zu sein. Insbesondere weil der Beklagten zu 1) aufgrund Auskunft der Eltern des Klägers bekannt gewesen sei, dass dieser keinen anderen Arbeitgeber als die T hatte, hätten sie sich auf deren (fehlerhafte) Auskunft vom 24.01.2012 verlassen dürfen. Ferner sei der Schaden nicht hinreichend substantiiert berechnet worden, weil sich – unstreitig – aus der fiktiven Rentenberechnung keine Berücksichtigung der erhaltenen Sozialhilfe ergibt. Außerdem sei der Prozessbevollmächtigte des Klägers diesem für die Zeit ab 01.03.2015 selbst schadensersatzpflichtig, weil er – unstreitig – trotz Übernahme der Betreuung ab 23.03.2015 erst am 27.07.2013 den Bewilligungsantrag gestellt hat. Im Übrigen sei es dem Prozessbevollmächtigten des Klägers auch jetzt noch möglich, Rente rückwirkend ab 01.11.2013 für seinen Betreuten zu erhalten, dies folge aus § 115 SGB VI. 18Entscheidungsgründe: 19Die zulässige Klage hat überwiegend Erfolg. 20Die örtliche Zuständigkeit des angerufenen Gerichts ergibt sich aus §§ 12, 13, 31 ZPO. Danach besteht ein besonderer Gerichtsstand der Vermögensverwaltung. Für Ansprüche aus § 1833 BGB, der im vorliegenden Fall über § 1908i BGB entsprechend anwendbar ist, ist dieser Gerichtsstand gegeben (vgl. Kroll-Ludwigs, in Münchener Kommentar zum BGB, 7. Aufl. 2017, § 1833 Rn. 13). Ort der Vermögensverwaltung ist mangels anderslautender Anhaltspunkte vorliegend der Wohnort des betreuten Klägers, der sich im hiesigen Gerichtsbezirk befindet. 21Die sachliche Zuständigkeit folgt aus §§ 23 Nr. 1, 71 Abs. 1 GVG – hinsichtlich der Beklagten zu 1) i.V.m. § 39 ZPO. 22Die Klage ist in dem tenorierten Umfang erfolgreich. 23Der Kläger hat aus § 1908i Abs. 1 Satz 1 BGB i.m.V. § 1833 Abs. 1 Satz 1 BGB einen Anspruch gegen die Beklagte zu 1) auf Zahlung von 1.073,72 EUR Schadensersatz wegen für den Zeitraum November 2013 bis einschließlich Februar 2013 entgangener Erwerbsminderungsrente in ebenjener Höhe. 24Die Beklagte zu 1) war jedenfalls für den Aufgabenkreis „Vermögenssorge“ für den Kläger, der aufgrund seiner schweren Behinderungen sich in keiner Angelegenheit selbst vertreten kann, als Berufsbetreuerin bestellt. Als solche war sie verpflichtet, rechtzeitig einen Antrag auf Gewährung von Erwerbsminderungsrente für den Kläger zu stellen (vgl. auch LG Berlin, Urt. v. 10.05.2001, 31 O 658/99, BeckRS 9998, 51937 m.w.N.). Dieser Verpflichtung ist sie unstreitig objektiv nicht nachgekommen. Denn sie hat bis zu ihrer Abberufung Ende des Jahres 2013 keinen Rentenantrag gestellt, obwohl die Voraussetzungen für eine Erwerbsunfähigkeitsrente ausweislich des Rentenbescheids der O vom 07.10.2015 seit dem 31.10.2013 erfüllt waren und der Kläger deshalb nach § 99 Abs. 1 Satz 1 SGB VI ab 01.11.2013 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung hätte beanspruchen können. Dass der Beklagten zu 1) auch bewusst war, einen etwaigen Anspruch des Klägers auf Erwerbsminderungsrente prüfen zu müssen, folgt bereits aus ihrer eigenen Anfrage bei der T. 25Die Beklagte zu 1) kann sich auch nicht dadurch entlasten, dass die T den Beschäftigungsbeginn des Klägers in dem Schreiben vom 24.01.2012 fehlerhaft mitgeteilt hat. Eine sichere Angabe zu den Rentenanwartschaften des Klägers wäre nur von dem zuständigen Rentenversicherungsträger zu erwarten gewesen, da dort sämtliche relevanten Informationen zusammengetragen werden. Dass die Beklagte zu 1) – diesen Vortrag als wahr unterstellt – bereits von den Eltern des Betreuten die korrekte Mitteilung erhalten hatte, dass der Kläger ausschließlich bei der T beschäftigt war, ist letztlich ein glücklicher Umstand. Angesichts der Tatsache, dass der Kläger am Tag des angeblichen Beschäftigungsbeginns des 08.11.1995 bereits 20 Jahre alt war, war dies jedoch nicht zwingend und auch die Aussage der Eltern hätte – ohne Absicht – fehlerhaft sein können. Dass über die Familie eine sichere Auskunft zur rentenrechtlichen Wartezeit des Klägers eingeholt werden kann, war nicht zu erwarten. Dies hätte der Beklagten zu 1), die die Betreuung des Klägers berufsmäßig übernommen hat, auch klar sein müssen. 26Das anzuwendende Maß der Sorgfalt bestimmt sich nach dem Lebenskreis, den Lebensumständen und der Rechts- und Geschäftserfahrung des Betreuers (vgl. BGH, Urt. v. 18.09.2003, XII ZR 13/01, BeckRS 2003, 09384; Kroll-Ludwigs, a.a.O., Rn. 4 m.w.N.). Von einem Berufsbetreuer war zu erwarten, dass er Auskunft zu der Rentenanwartschaft des Klägers bei dem Rentenversicherungsträger einholt, zumal der Aufwand nicht größer gewesen wäre, als die bei dem Arbeitgeber eingeholte Auskunft anzufordern. Dies gilt im Fall der Beklagten zu 1) umso mehr, als diese als Rechtsanwältin und Fachanwältin für Familienrecht in besonderem Maße Erfahrungen in diesem Bereich hat. 27Der Höhe nach besteht der Anspruch des Klägers gegen die Beklagte zu 1) für die Monate November und Dezember 2013 sowie Januar und Februar 2014 in dem geltend gemachten Umfang. Auszugehen ist von den in der als Anlage K3 zur Akte gereichten fiktiven Rentenbeträgen von monatlich 778,62 EUR. Hiervon abzuziehen sind ausweislich des Schreibens des Sozialamts vom 08.06.2017 (Anlage K8a) jeweils 486,14 EUR für die Monate November und Dezember 2013, 497,03 EUR für Januar 2014 sowie 571,45 EUR für Februar 2014. Entgegen der Auffassung der Beklagten handelt es sich bei der hier erhaltenen Sozialhilfe nach dem Zwölften Sozialgesetzbuch nicht um Hinzuverdienst, der nach § 96a SGB VI die zu leistende Erwerbsminderungsrente (anteilig) mindert. Vielmehr ist die gewährte Sozialhilfe nach § 2 Abs. 1 SGB XII nach der Erwerbsminderungsrente nachrangig, sodass der Anspruch des Klägers auf Sozialhilfe um die jeweilige Rente zu kürzen gewesen wäre. Dass keine Anrechnung auf die Erwerbsminderungsrente erfolgt, ergibt sich bereits aus dem Bescheid der O vom 07.10.2015, in welchem es heißt „Sozialleistungen, die Sie uns mitteilen müssen, sind Verletztengeld oder Übergangsgeld aus der gesetzlichen Unfallversicherung.“ (vgl. Anlage K2, Bl. 18 d.A.). Um Sozialleistungen aus Verletztengeld oder Übergangsgeld aus der gesetzlichen Unfallversicherung handelt es sich bei der an den Kläger gezahlten Sozialhilfe unstreitig nicht. 28Für die Zeit ab März 2014 steht dem Anspruch des Klägers gegen die Beklagte zu 1) ein Mitverschulden des seinerzeitigen neuen Betreuers, des Beklagten zu 2), entgegen, dass der Kläger sich nach §§ 254 Abs. 2 Satz 2, 278 Satz 1 Fall 1 BGB zurechnen lassen muss. Denn auch den Beklagten zu 2) traf ab Übernahme der Betreuung die eigenständige Verpflichtung, etwaige Ansprüche des Klägers auf Zahlung von Erwerbsminderungsrente zu überprüfen und einen entsprechenden Bewilligungsantrag zu stellen. Auch er war jedenfalls mit dem Aufgabenkreis „Vermögenssorge“ für den Kläger als Betreuer bestellt. Und auch er als Berufsbetreuer hätte sich nicht auf das Schreiben der T vom 24.01.2012 verlassen dürfen, sondern hätte seinerseits eine Auskunft bei dem Rentenversicherungsträger einholen müssen, weil nur von dort eine rechtssichere Information zu erwarten gewesen wäre. Im Rahmen der vorzunehmenden Abwägung der wechselseitigen Verschuldensbeiträge ist jedoch zu berücksichtigen, dass dem Beklagten zu 2) eine angemessene Frist zur Sichtung der Unterlagen des Klägers und Prüfung dessen etwaiger Ansprüche zuzugestehen ist. Eine Verschuldensüberlagerung unmittelbar ab Übernahme der Betreuung wäre unangemessen. Denn es kann nicht erwartet werden, dass ein neuer Betreuer bereits ab dem ersten Tag der Übernahme der Betreuung einen umfassenden Einblick in die relevanten Belange seines Betreuten hat und die jeweils erforderlichen Maßnahmen sofort ergreifen kann. So dauert es in der Regel schon mehrere Tage, bis der neue Betreuer überhaupt über die Betreuungsurkunde verfügt. Bis ihm dann alle Unterlagen des Betreuten vorliegen, sind in der Regel einige weitere Tage vergangen. Insgesamt dürfte eine Frist von rund zwei Monaten jedoch hinreichend lang und angemessen sein, um die Sichtung der Unterlagen abgeschlossen und etwaige Anträge gestellt zu haben. 29Der Anspruch des Klägers auf Zinsen seit dem 16.07.2016 folgt aus §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB i.V.m. § 308 ZPO. 30Im Verhältnis zu dem Beklagten zu 2) hat die Klage mit Ausnahme des für Juni 2015 begehrten Schadensersatzes in vollem Umfang Erfolg. Der Kläger hat gegen den Beklagten zu 2) aus § 1908i Abs. 1 Satz 1 BGB i.m.V. § 1833 Abs. 1 Satz 1 BGB einen Schadensersatzanspruch in Höhe von insgesamt 6.442,98 EUR. Auf die vorstehenden Ausführungen zur schuldhaften Pflichtverletzung aus dem Betreuungsverhältnis wird verwiesen. 31Im Umfang von 1.073,72 EUR haftet der Beklagte zu 2) dabei gesamtschuldnerisch mit der Beklagten zu 1) wegen der für November und Dezember 2013 sowie Januar und Februar 2014 entgangenen Erwerbsminderungsrente in ebenjener Höhe. Der Beklagte zu 2) ist zwar erst zum 31.12.2013 als Betreuer des Klägers bestellt worden. Nach § 99 Abs. 1 Satz 1 SGB VI hätte auch der Beklagte zu 2) aber bis Ende Februar 2014 noch rückwirkend Erwerbsminderungsrente ab 01.11.2013 erfolgreich beantragen können. Dabei wäre ihm die Prüfung und Beantragung binnen zwei Monaten ab Übernahme der Betreuung auch zumutbar gewesen, auf die vorstehenden Ausführungen wird verwiesen. 32Für den Zeitraum Januar bis März 2014 sowie Juli 2014 bis Mai 2015 haftet der Beklagte zu 2) alleine in Höhe weiterer 5.369,26 EUR. Auch diesbezüglich ist die jeweilige Differenz zwischen fiktivem Rentenanspruch und erhaltener Sozialhilfe wie auf Basis der Anlage K8a in der Klageschrift berechnet (Bl. 152 d.A.) zu erstatten. Eine Anrechnung der Sozialhilfe auf die Erwerbsminderungsrente hat nicht zu erfolgen (s.o.). 33Die Klage war hingegen abzuweisen, soweit Schadensersatz für die für Juni 2015 entgangene Erwerbsminderungsrente begehrt wird. Insoweit steht dem Anspruch des Klägers wegen schuldhafter Pflichtverletzung des Beklagten zu 2) ein Mitverschulden des aktuellen Betreuers des Klägers entgegen, welches der Kläger sich nach §§ 254 Abs. 2 Satz 2, 278 Satz 1 Fall 1 BGB zurechnen lassen muss. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers ist zwar letztlich derjenige, der überhaupt erst einen Antrag auf Bewilligung von Erwerbsminderungsrente gestellt hat. Bei Übernahme des Amtes zum 23.03.2015 und Antragstellung erst am 27.07.2015 hat er die ihm zuzugestehende Prüfungsfrist von rund zwei Monaten jedoch deutlich überschritten. Das zeitlich vorgelagerte Verschulden des Beklagten zu 2) tritt mithin nach Ablauf der zweimonatigen Prüfungsfrist vollständig hinter dem dem Kläger zuzurechnenden Verursachungsbeitrag seines neuen Betreuers zurück. 34Eine weitere Anspruchskürzung ist nicht angebracht, insbesondere auch nicht aus § 115 SGB VI. Der Vorwurf der Beklagten, der Prozessbevollmächtigte des Klägers habe es pflichtwidrig unterlassen, eine Rückwirkung der Bewilligung von Erwerbsminderungsrente zum 01.11.2013 zu erreichen und könne eine solche Rückwirkung auch jetzt noch erzielen, ist nicht tragfähig. Rechtlicher Anknüpfungspunkt könnte auch hier lediglich ein nach §§ 254 Abs. 2 Satz 2, 278 Satz 1 Fall 1 BGB dem Kläger zuzurechnendes Mitverschulden seines Prozessbevollmächtigten als neuem Betreuer sein. Für dessen Vorliegen sind die Beklagten nach allgemeinen Regeln darlegungs- und beweisbelastet. Diesen Anforderungen sind sie jedoch nicht gerecht geworden. 35Grundsätzlich dürfte unter § 115 SGB VI auch ein Anspruch auf Erwerbsminderungsrente fallen, sodass bei Verletzung einer Hinweispflicht der O nach § 115 Abs. 6 SGB VI i.V.m. § 99 SBG i.V.m. § 44 Abs. 4 SGB X analog ein Anspruch auf rückwirkende Zahlung von Erwerbsminderungsrente in Betracht hätte kommen können (vgl. Pflüger, in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VI, 2. Aufl. 2013, § 115 SGB VI, Rn. 99, wonach der Begriff der Hinweispflicht weit zu fassen ist und alle Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherer meint). Dabei handelt es sich nicht um eine eigene Antrags-/ Verfahrensart, die auch heute noch mit Erfolg durchgeführt werden könnte. Vielmehr wäre eine entsprechende Rückwirkung nur bei Einlegung eines Widerspruchs gegen den Bescheid der O vom 07.10.2015 und etwaiger Durchführung eines sozialgerichtlichen Rechtsstreits überhaupt in Betracht gekommen. 36Dass der Klägervertreter zur Rechtsmitteleinlegung gegen den Bescheid vom 07.10.2015 verpflichtet gewesen wäre, ist aber weder dargetan noch sonst ersichtlich. Ganz im Gegenteil wäre er seiner Vermögensbetreuungspflicht bei Einlegung eines Rechtsmittels wohl gerade nicht in hinreichendem Maße nachgekommen, weil ein solches keine Aussicht auf Erfolg gehabt haben dürfte. Es dürfte schon an dem Vorliegen einer Hinweispflicht der O gefehlt haben. Nach § 115 Abs. 6 SGB VI sollen die Träger der Rentenversicherung die Berechtigten in geeigneten Fällen darauf hinweisen, dass sie eine Leistung erhalten können, wenn sie diese beantragen. Die Hinweispflicht hat den Sinn und Zweck, Versicherte in bestimmten Fällen vor den Nachteilen des Antragsprinzips zu bewahren. Die Hinweispflicht entsteht ohne Auskunftsersuchen und ohne konkreten Anlass im Einzelfall, also ohne erkennbaren dringenden Beratungsbedarf aufgrund einer Sachbearbeitung allein aufgrund gespeicherter, maschinell nach verschiedenen Gesichtspunkten abrufbarer Daten der einzelnen Versicherten. § 115 Abs. 6 Satz 1 SGB VI bezieht sich auf Fallkonstellationen, in denen typischerweise Beratungsbedarf besteht, insbesondere wenn es um Weichenstellungen geht, die sich später nicht mehr ändern lassen (vgl. Kater, in Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, 99. EL Mai 2018, § 115 SGB VI Rn. 26). Fraglich ist, ob es sich bei dem vorliegenden Fall überhaupt um einen geeigneten Fall handelt, da nicht dargetan ist, dass sich sämtliche für die O erforderlichen Informationen unmittelbar aus dem Versicherungskonto des Klägers ergeben haben und hieraus ein potentieller Beratungsbedarf ersichtlich war. Auch wäre die Annahme, dass der Kläger die Versicherungsleistung in Anspruch nehmen möchte, nicht zwingend gewesen. Jedenfalls ist aber zu berücksichtigen, dass es sich bei dem Kläger um eine Person handelt, die – zumindest in dem hier maßgeblichen Zeitraum – von Berufsbetreuern betreut worden ist. Diese hatten – wie sich aus den obigen Ausführungen ergibt – gerade selbst die Pflicht, zu prüfen, ob und wann die Voraussetzungen für die Zahlung von Erwerbsminderungsrente vorliegen. Eine Situation, die auf einen Beratungsbedarf des Klägers durch die O hindeutet, dürfte danach nicht vorgelegen haben. 37Das Vorliegen von Erfolgsaussichten eines Rechtsmittels unterstellt, hätte der Prozessbevollmächtigte des Klägers mit seiner Beantragung der Bewilligung von Erwerbsminderungshilfe vom 27.07.2015 (wenn auch verspätet, s.o.) dennoch alle ihm zumutbaren Schritte unternommen. Dass die Einlegung eines Widerspruchs auf Basis einer Hinweispflichtverletzung der O Erfolgsaussicht gehabt hätte, war jedenfalls nicht hinreichend erkennbar. Der Bescheid vom 07.10.2015 enthält keinerlei Hinweise darauf, dass er einer rechtlichen Überprüfung bedurft hätte. Hinsichtlich des Beginns der Rente wird auf Seite 3 des Bescheides (Anlage K2) ausdrücklich ausgeführt, dass ein Beginn vor dem Antragsmonat nicht möglich ist, weil der Antrag erst nach Ende des dritten Kalendermonats nach Ablauf des Monats gestellt wurde, in dem die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt waren. Hierin wird § 99 Abs. 1 SGB VI zutreffend wiedergegeben. Ein früherer Zahlungsbeginn scheint danach vollkommen ausgeschlossen. Dass es die Möglichkeit hätte geben können, aufgrund Verletzung einer etwaig bestehenden Hinweispflicht des Rentenversicherungsträgers nach § 115 Abs. 6 SGB VI i.V.m. § 99 SBG VI i.V.m. § 44 Abs. 4 SGB X analog eine bis vier Jahre rückwirkende Bewilligung zu erhalten, ist in dem Bescheid nicht einmal ansatzweise angedeutet und kann als sehr vertiefte Kenntnis im Bereich des Sozialrechts auch von einem Berufsbetreuer, der Rechtsanwalt ist, nicht ohne Weiteres erwartet werden. Dass bei dem Klägervertreter entsprechende Spezialkenntnisse vorhanden waren, haben die Beklagten nicht dargelegt. 38Der Anspruch des Klägers auf Zinsen in dem tenorierten Umfang ergibt sich aus §§ 288 Abs. 1, 291 BGB. Ein Zinsanspruch ab 16.07.2016 ist nicht dargetan oder sonst ersichtlich. Nach § 286 Abs. 1 Satz 1 BGB hätte es einer Mahnung nach der ersten Zahlungsaufforderung bedurft, eine solche ist nicht erfolgt. Zinsen konnten erst ab dem Tag der Verteidigungsanzeige, 02.05.2018, zugesprochen werden, weil eine frühere Zustellung der Klageschrift an den Beklagten zu 2) mangels Zurücksendung des Empfangsbekenntnisses nicht ermittelbar ist. 39Eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung war auf die nach deren Schluss eingegangenen Schriftsätze hin nicht angezeigt, weil diese keinen neuen Tatsachenvortrag, sondern lediglich Rechtsauffassungen enthalten. 40Der Kostentenor beruht auf §§ 92 Abs. 1, 100 Abs. 4 ZPO. 41Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 709; 708 Nr. 11, 711 ZPO. 42Der Streitwert wird auf 7.006,20 EUR festgesetzt.
die beklagten zu 1) und zu 2) werden gesamtschuldnerisch verurteilt, an den kläger 1.073,72 eur nebst zinsen in höhe von 5 prozentpunkten über dem jeweiligen basiszinssatz – die beklagte zu 1) seit 16.07.2016, der beklagte zu 2) seit 02.05.2018 – zu zahlen. der beklagte zu 2) wird darüber hinaus verurteilt, an den kläger weitere 5.369,26 eur nebst zinsen in höhe von 5 prozentpunkten über dem jeweiligen basiszinssatz seit 02.05.2018 zu zahlen. im übrigen wird die klage abgewiesen. die gerichtskosten und die außergerichtlichen kosten des klägers tragen dieser zu 10%, die beklagten zu 1) und zu 2) gesamtschuldnerisch zu 26% sowie der beklagte zu 2) alleine zu weiteren 64%. der kläger hat die außergerichtlichen kosten der beklagten zu 1) zu 22% sowie diejenigen des beklagten zu 2) zu 8% zu tragen. im übrigen hat jeder seine eigenen kosten zu tragen. das urteil ist vorläufig vollstreckbar, für den kläger im verhältnis zu dem beklagten zu 2) gegen sicherheitsleistung in höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden betrages. im übrigen bleibt es dem jeweiligen vollstreckungsschuldner nachgelassen, die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe von 110% des vollstreckbaren betrages abzuwenden, wenn nicht der jeweilige vollstreckungsgläubiger vor der vollstreckung sicherheit in höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden betrages leistet. 1
2der kläger macht gegen die beklagten schadensersatzansprüche wegen aufgrund betreuerpflichtverletzung entgangener erwerbsminderungsrente geltend. der kläger hat einen grad der behinderung von 100 und ihm wurden die merkzeichen g, ag, h und rf zuerkannt. der kläger kann sich in keiner angelegenheit selbst vertreten, weshalb er unter gesetzlicher betreuung steht. von ca. anfang 2012 bis zum 30.12.2013 wurde der kläger durch die beklagte zu 1), die zugleich rechtsanwältin und fachanwältin für familienrecht ist, als berufsbetreuerin betreut. in der zeit vom 31.12.2013 bis 22.03.2015 wurde der beklagte zu 2) als berufsbetreuer für den kläger tätig. seit dem 23.03.2015 ist der prozessbevollmächtigte des klägers dessen berufsbetreuer. 3der kläger ist seit dem 08.11.1993 bei der t beschäftigt. vor jener tätigkeit ist er keiner anderen sich auf seine rentenanwartschaft auswirkenden tätigkeit nachgegangen. 4zu beginn der von ihr übernommenen betreuung des klägers, bat die beklagte zu 1) die t schriftlich um mitteilung, seit wann der kläger seiner dortigen beschäftigung nachgeht, um etwaige rentenansprüche des klägers prüfen zu können. unter dem 24.01.2012 teilte ihr die t – fehlerhaft – den 08.11.1995 als beschäftigungsbeginn des klägers mit. mit schreiben vom 03.03.2014 korrigierte die t diesen fehler und teilte mit, dass die wartezeit von 240 monaten seit dem 07.11.2013 erfüllt sei, weil der kläger bereits seit 08.11.1993 bei ihr tätig ist, und der kläger daher einen anspruch auf erwerbsminderungsrente seit 08.11.2013 habe. die beklagte zu 1) leitete dieses schreiben an den beklagten zu 2) weiter. einen antrag auf bewilligung von erwerbsminderungsrente stellten weder die beklagte zu 1) noch der beklagte zu 2). 5in der zeit von november 2013 bis juni 2015 erhielt der kläger sozialhilfe nach dem zwölften sozialgesetzbuch. wegen der einzelheiten der monatlichen leistungen wird auf die mitteilung der n, amt für soziales und wohnen vom 08.06.2017 bezug genommen (anlage k8a). 6nach übernahme der betreuung durch den prozessbevollmächtigten des klägers beantragte dieser am 27.07.2015 die gewährung von erwerbsminderungsrente bei der o . aus deren rentenbescheid vom 07.10.2015 folgt, dass die voraussetzungen für eine erwerbsunfähigkeitsrente bereits seit dem 31.10.2013 erfüllt waren. nach § 99 sgb vi konnte der prozessbevollmächtigte des klägers eine rente wegen voller erwerbsminderung jedoch nur rückwirkend zum 01.07.2015 erreichen. 7der klägervertreter forderte in seiner eigenschaft als betreuer des klägers die beklagten mit schreiben vom 15.06.2016 zur zahlung von schadensersatz wie aus der anlage k4 ersichtlich unter fristsetzung bis 15.07.2016 auf. die beklagte zu 1) wies die ansprüche des klägers mit schreiben vom 07.07.2016 zurück. für den beklagten zu 2) meldete sich mit schreiben vom 12.07.2016 dessen haftpflichtversicherer und kündigte eine rückmeldung an, welche nicht erfolgte. 8der kläger ist der auffassung, einen schadensersatzanspruch gegen die beklagten zu haben, weil deren unterlassen der beantragung von erwerbsminderungsrente pflichtwidrig gewesen sei. 9hinsichtlich der höhe des vermeintlichen schadens legt der kläger eine fiktive rentenberechnung der o vom 05.11.2015 vor, wegen deren inhalts auf anlage k3 (bl. 37 ff. d.a.) verwiesen wird. von den darin ausgewiesenen beträgen zieht er die monatlich erhaltenen leistungen aus sozialhilfe ab. die differenz begehrt der kläger im wege des schadensersatzes für den zeitraum von november 2013 – märz 2014 von beiden beklagten als gesamtschuldner, sowie für den zeitraum juli 2014 bis juni 2015 von dem beklagten zu 2) alleine. die fiktive rentenberechnung berücksichtige zu recht nicht die erhaltenen sozialleistungen, weil jene bei zahlung von erwerbsminderungsrente gar nicht gewährt worden wären und insoweit auch ein rückforderungsanspruch des leistungsträgers bestünde. 10der kläger hat mit schriftsatz vom 14.02.2018 klage erhoben. die klageschrift wurde der beklagten zu 1) am 20.02.2018 zugestellt. ein zustelldatum hinsichtlich des beklagten zu 2) lässt sich mangels zurücksendung des empfangsbekenntnisses nicht feststellen. jedenfalls am tag der verteidigungsanzeige, 02.05.2018 (s. bl. 175 d.a.), lag die klageschrift dem prozessbevollmächtigten des beklagten zu 2) vor. 11der kläger beantragt, 121. die beklagten zu 1) und 2) gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an ihn einen betrag i.h.v. 1.368,92 eur nebst zinsen in höhe von 5 prozentpunkten über dem jeweiligen basiszinssatz seit dem 16.07.2016 zu zahlen; 132. den beklagten zu 2) zu verurteilen, an ihn einen betrag i.h.v. 5.637,10 eur nebst zinsen in höhe von 5 prozentpunkten über dem jeweiligen basiszinssatz seit dem 16.07.2016 zu zahlen. 14die beklagten beantragen, 15die klage abzuweisen. 16der beklagte zu 2) rügt die örtliche zuständigkeit des angerufenen gerichts. 17die beklagten sind der auffassung, nicht zu weitergehenden ermittlungen hinsichtlich des anspruchsbeginns auf erwerbsminderungsrente verpflichtet gewesen zu sein. insbesondere weil der beklagten zu 1) aufgrund auskunft der eltern des klägers bekannt gewesen sei, dass dieser keinen anderen arbeitgeber als die t hatte, hätten sie sich auf deren (fehlerhafte) auskunft vom 24.01.2012 verlassen dürfen. ferner sei der schaden nicht hinreichend substantiiert berechnet worden, weil sich – unstreitig – aus der fiktiven rentenberechnung keine berücksichtigung der erhaltenen sozialhilfe ergibt. außerdem sei der prozessbevollmächtigte des klägers diesem für die zeit ab 01.03.2015 selbst schadensersatzpflichtig, weil er – unstreitig – trotz übernahme der betreuung ab 23.03.2015 erst am 27.07.2013 den bewilligungsantrag gestellt hat. im übrigen sei es dem prozessbevollmächtigten des klägers auch jetzt noch möglich, rente rückwirkend ab 01.11.2013 für seinen betreuten zu erhalten, dies folge aus § 115 sgb vi. 18
19die zulässige klage hat überwiegend erfolg. 20die örtliche zuständigkeit des angerufenen gerichts ergibt sich aus §§ 12, 13, 31 zpo. danach besteht ein besonderer gerichtsstand der vermögensverwaltung. für ansprüche aus § 1833 bgb, der im vorliegenden fall über § 1908i bgb entsprechend anwendbar ist, ist dieser gerichtsstand gegeben (vgl. kroll-ludwigs, in münchener kommentar zum bgb, 7. aufl. 2017, § 1833 rn. 13). ort der vermögensverwaltung ist mangels anderslautender anhaltspunkte vorliegend der wohnort des betreuten klägers, der sich im hiesigen gerichtsbezirk befindet. 21die sachliche zuständigkeit folgt aus §§ 23 nr. 1, 71 abs. 1 gvg – hinsichtlich der beklagten zu 1) i.v.m. § 39 zpo. 22die klage ist in dem tenorierten umfang erfolgreich. 23der kläger hat aus § 1908i abs. 1 satz 1 bgb i.m.v. § 1833 abs. 1 satz 1 bgb einen anspruch gegen die beklagte zu 1) auf zahlung von 1.073,72 eur schadensersatz wegen für den zeitraum november 2013 bis einschließlich februar 2013 entgangener erwerbsminderungsrente in ebenjener höhe. 24die beklagte zu 1) war jedenfalls für den aufgabenkreis „vermögenssorge“ für den kläger, der aufgrund seiner schweren behinderungen sich in keiner angelegenheit selbst vertreten kann, als berufsbetreuerin bestellt. als solche war sie verpflichtet, rechtzeitig einen antrag auf gewährung von erwerbsminderungsrente für den kläger zu stellen (vgl. auch lg berlin, urt. v. 10.05.2001, 31 o 658/99, beckrs 9998, 51937 m.w.n.). dieser verpflichtung ist sie unstreitig objektiv nicht nachgekommen. denn sie hat bis zu ihrer abberufung ende des jahres 2013 keinen rentenantrag gestellt, obwohl die voraussetzungen für eine erwerbsunfähigkeitsrente ausweislich des rentenbescheids der o vom 07.10.2015 seit dem 31.10.2013 erfüllt waren und der kläger deshalb nach § 99 abs. 1 satz 1 sgb vi ab 01.11.2013 eine rente wegen voller erwerbsminderung hätte beanspruchen können. dass der beklagten zu 1) auch bewusst war, einen etwaigen anspruch des klägers auf erwerbsminderungsrente prüfen zu müssen, folgt bereits aus ihrer eigenen anfrage bei der t. 25die beklagte zu 1) kann sich auch nicht dadurch entlasten, dass die t den beschäftigungsbeginn des klägers in dem schreiben vom 24.01.2012 fehlerhaft mitgeteilt hat. eine sichere angabe zu den rentenanwartschaften des klägers wäre nur von dem zuständigen rentenversicherungsträger zu erwarten gewesen, da dort sämtliche relevanten informationen zusammengetragen werden. dass die beklagte zu 1) – diesen vortrag als wahr unterstellt – bereits von den eltern des betreuten die korrekte mitteilung erhalten hatte, dass der kläger ausschließlich bei der t beschäftigt war, ist letztlich ein glücklicher umstand. angesichts der tatsache, dass der kläger am tag des angeblichen beschäftigungsbeginns des 08.11.1995 bereits 20 jahre alt war, war dies jedoch nicht zwingend und auch die aussage der eltern hätte – ohne absicht – fehlerhaft sein können. dass über die familie eine sichere auskunft zur rentenrechtlichen wartezeit des klägers eingeholt werden kann, war nicht zu erwarten. dies hätte der beklagten zu 1), die die betreuung des klägers berufsmäßig übernommen hat, auch klar sein müssen. 26das anzuwendende maß der sorgfalt bestimmt sich nach dem lebenskreis, den lebensumständen und der rechts- und geschäftserfahrung des betreuers (vgl. bgh, urt. v. 18.09.2003, xii zr 13/01, beckrs 2003, 09384; kroll-ludwigs, a.a.o., rn. 4 m.w.n.). von einem berufsbetreuer war zu erwarten, dass er auskunft zu der rentenanwartschaft des klägers bei dem rentenversicherungsträger einholt, zumal der aufwand nicht größer gewesen wäre, als die bei dem arbeitgeber eingeholte auskunft anzufordern. dies gilt im fall der beklagten zu 1) umso mehr, als diese als rechtsanwältin und fachanwältin für familienrecht in besonderem maße erfahrungen in diesem bereich hat. 27der höhe nach besteht der anspruch des klägers gegen die beklagte zu 1) für die monate november und dezember 2013 sowie januar und februar 2014 in dem geltend gemachten umfang. auszugehen ist von den in der als anlage k3 zur akte gereichten fiktiven rentenbeträgen von monatlich 778,62 eur. hiervon abzuziehen sind ausweislich des schreibens des sozialamts vom 08.06.2017 (anlage k8a) jeweils 486,14 eur für die monate november und dezember 2013, 497,03 eur für januar 2014 sowie 571,45 eur für februar 2014. entgegen der auffassung der beklagten handelt es sich bei der hier erhaltenen sozialhilfe nach dem zwölften sozialgesetzbuch nicht um hinzuverdienst, der nach § 96a sgb vi die zu leistende erwerbsminderungsrente (anteilig) mindert. vielmehr ist die gewährte sozialhilfe nach § 2 abs. 1 sgb xii nach der erwerbsminderungsrente nachrangig, sodass der anspruch des klägers auf sozialhilfe um die jeweilige rente zu kürzen gewesen wäre. dass keine anrechnung auf die erwerbsminderungsrente erfolgt, ergibt sich bereits aus dem bescheid der o vom 07.10.2015, in welchem es heißt „sozialleistungen, die sie uns mitteilen müssen, sind verletztengeld oder übergangsgeld aus der gesetzlichen unfallversicherung.“ (vgl. anlage k2, bl. 18 d.a.). um sozialleistungen aus verletztengeld oder übergangsgeld aus der gesetzlichen unfallversicherung handelt es sich bei der an den kläger gezahlten sozialhilfe unstreitig nicht. 28für die zeit ab märz 2014 steht dem anspruch des klägers gegen die beklagte zu 1) ein mitverschulden des seinerzeitigen neuen betreuers, des beklagten zu 2), entgegen, dass der kläger sich nach §§ 254 abs. 2 satz 2, 278 satz 1 fall 1 bgb zurechnen lassen muss. denn auch den beklagten zu 2) traf ab übernahme der betreuung die eigenständige verpflichtung, etwaige ansprüche des klägers auf zahlung von erwerbsminderungsrente zu überprüfen und einen entsprechenden bewilligungsantrag zu stellen. auch er war jedenfalls mit dem aufgabenkreis „vermögenssorge“ für den kläger als betreuer bestellt. und auch er als berufsbetreuer hätte sich nicht auf das schreiben der t vom 24.01.2012 verlassen dürfen, sondern hätte seinerseits eine auskunft bei dem rentenversicherungsträger einholen müssen, weil nur von dort eine rechtssichere information zu erwarten gewesen wäre. im rahmen der vorzunehmenden abwägung der wechselseitigen verschuldensbeiträge ist jedoch zu berücksichtigen, dass dem beklagten zu 2) eine angemessene frist zur sichtung der unterlagen des klägers und prüfung dessen etwaiger ansprüche zuzugestehen ist. eine verschuldensüberlagerung unmittelbar ab übernahme der betreuung wäre unangemessen. denn es kann nicht erwartet werden, dass ein neuer betreuer bereits ab dem ersten tag der übernahme der betreuung einen umfassenden einblick in die relevanten belange seines betreuten hat und die jeweils erforderlichen maßnahmen sofort ergreifen kann. so dauert es in der regel schon mehrere tage, bis der neue betreuer überhaupt über die betreuungsurkunde verfügt. bis ihm dann alle unterlagen des betreuten vorliegen, sind in der regel einige weitere tage vergangen. insgesamt dürfte eine frist von rund zwei monaten jedoch hinreichend lang und angemessen sein, um die sichtung der unterlagen abgeschlossen und etwaige anträge gestellt zu haben. 29der anspruch des klägers auf zinsen seit dem 16.07.2016 folgt aus §§ 280 abs. 1, abs. 2, 286 abs. 2 nr. 3 bgb i.v.m. § 308 zpo. 30im verhältnis zu dem beklagten zu 2) hat die klage mit ausnahme des für juni 2015 begehrten schadensersatzes in vollem umfang erfolg. der kläger hat gegen den beklagten zu 2) aus § 1908i abs. 1 satz 1 bgb i.m.v. § 1833 abs. 1 satz 1 bgb einen schadensersatzanspruch in höhe von insgesamt 6.442,98 eur. auf die vorstehenden ausführungen zur schuldhaften pflichtverletzung aus dem betreuungsverhältnis wird verwiesen. 31im umfang von 1.073,72 eur haftet der beklagte zu 2) dabei gesamtschuldnerisch mit der beklagten zu 1) wegen der für november und dezember 2013 sowie januar und februar 2014 entgangenen erwerbsminderungsrente in ebenjener höhe. der beklagte zu 2) ist zwar erst zum 31.12.2013 als betreuer des klägers bestellt worden. nach § 99 abs. 1 satz 1 sgb vi hätte auch der beklagte zu 2) aber bis ende februar 2014 noch rückwirkend erwerbsminderungsrente ab 01.11.2013 erfolgreich beantragen können. dabei wäre ihm die prüfung und beantragung binnen zwei monaten ab übernahme der betreuung auch zumutbar gewesen, auf die vorstehenden ausführungen wird verwiesen. 32für den zeitraum januar bis märz 2014 sowie juli 2014 bis mai 2015 haftet der beklagte zu 2) alleine in höhe weiterer 5.369,26 eur. auch diesbezüglich ist die jeweilige differenz zwischen fiktivem rentenanspruch und erhaltener sozialhilfe wie auf basis der anlage k8a in der klageschrift berechnet (bl. 152 d.a.) zu erstatten. eine anrechnung der sozialhilfe auf die erwerbsminderungsrente hat nicht zu erfolgen (s.o.). 33die klage war hingegen abzuweisen, soweit schadensersatz für die für juni 2015 entgangene erwerbsminderungsrente begehrt wird. insoweit steht dem anspruch des klägers wegen schuldhafter pflichtverletzung des beklagten zu 2) ein mitverschulden des aktuellen betreuers des klägers entgegen, welches der kläger sich nach §§ 254 abs. 2 satz 2, 278 satz 1 fall 1 bgb zurechnen lassen muss. der prozessbevollmächtigte des klägers ist zwar letztlich derjenige, der überhaupt erst einen antrag auf bewilligung von erwerbsminderungsrente gestellt hat. bei übernahme des amtes zum 23.03.2015 und antragstellung erst am 27.07.2015 hat er die ihm zuzugestehende prüfungsfrist von rund zwei monaten jedoch deutlich überschritten. das zeitlich vorgelagerte verschulden des beklagten zu 2) tritt mithin nach ablauf der zweimonatigen prüfungsfrist vollständig hinter dem dem kläger zuzurechnenden verursachungsbeitrag seines neuen betreuers zurück. 34eine weitere anspruchskürzung ist nicht angebracht, insbesondere auch nicht aus § 115 sgb vi. der vorwurf der beklagten, der prozessbevollmächtigte des klägers habe es pflichtwidrig unterlassen, eine rückwirkung der bewilligung von erwerbsminderungsrente zum 01.11.2013 zu erreichen und könne eine solche rückwirkung auch jetzt noch erzielen, ist nicht tragfähig. rechtlicher anknüpfungspunkt könnte auch hier lediglich ein nach §§ 254 abs. 2 satz 2, 278 satz 1 fall 1 bgb dem kläger zuzurechnendes mitverschulden seines prozessbevollmächtigten als neuem betreuer sein. für dessen vorliegen sind die beklagten nach allgemeinen regeln darlegungs- und beweisbelastet. diesen anforderungen sind sie jedoch nicht gerecht geworden. 35grundsätzlich dürfte unter § 115 sgb vi auch ein anspruch auf erwerbsminderungsrente fallen, sodass bei verletzung einer hinweispflicht der o nach § 115 abs. 6 sgb vi i.v.m. § 99 sbg i.v.m. § 44 abs. 4 sgb x analog ein anspruch auf rückwirkende zahlung von erwerbsminderungsrente in betracht hätte kommen können (vgl. pflüger, in schlegel/voelzke, jurispk-sgb vi, 2. aufl. 2013, § 115 sgb vi, rn. 99, wonach der begriff der hinweispflicht weit zu fassen ist und alle leistungen der gesetzlichen rentenversicherer meint). dabei handelt es sich nicht um eine eigene antrags-/ verfahrensart, die auch heute noch mit erfolg durchgeführt werden könnte. vielmehr wäre eine entsprechende rückwirkung nur bei einlegung eines widerspruchs gegen den bescheid der o vom 07.10.2015 und etwaiger durchführung eines sozialgerichtlichen rechtsstreits überhaupt in betracht gekommen. 36dass der klägervertreter zur rechtsmitteleinlegung gegen den bescheid vom 07.10.2015 verpflichtet gewesen wäre, ist aber weder dargetan noch sonst ersichtlich. ganz im gegenteil wäre er seiner vermögensbetreuungspflicht bei einlegung eines rechtsmittels wohl gerade nicht in hinreichendem maße nachgekommen, weil ein solches keine aussicht auf erfolg gehabt haben dürfte. es dürfte schon an dem vorliegen einer hinweispflicht der o gefehlt haben. nach § 115 abs. 6 sgb vi sollen die träger der rentenversicherung die berechtigten in geeigneten fällen darauf hinweisen, dass sie eine leistung erhalten können, wenn sie diese beantragen. die hinweispflicht hat den sinn und zweck, versicherte in bestimmten fällen vor den nachteilen des antragsprinzips zu bewahren. die hinweispflicht entsteht ohne auskunftsersuchen und ohne konkreten anlass im einzelfall, also ohne erkennbaren dringenden beratungsbedarf aufgrund einer sachbearbeitung allein aufgrund gespeicherter, maschinell nach verschiedenen gesichtspunkten abrufbarer daten der einzelnen versicherten. § 115 abs. 6 satz 1 sgb vi bezieht sich auf fallkonstellationen, in denen typischerweise beratungsbedarf besteht, insbesondere wenn es um weichenstellungen geht, die sich später nicht mehr ändern lassen (vgl. kater, in kasseler kommentar sozialversicherungsrecht, 99. el mai 2018, § 115 sgb vi rn. 26). fraglich ist, ob es sich bei dem vorliegenden fall überhaupt um einen geeigneten fall handelt, da nicht dargetan ist, dass sich sämtliche für die o erforderlichen informationen unmittelbar aus dem versicherungskonto des klägers ergeben haben und hieraus ein potentieller beratungsbedarf ersichtlich war. auch wäre die annahme, dass der kläger die versicherungsleistung in anspruch nehmen möchte, nicht zwingend gewesen. jedenfalls ist aber zu berücksichtigen, dass es sich bei dem kläger um eine person handelt, die – zumindest in dem hier maßgeblichen zeitraum – von berufsbetreuern betreut worden ist. diese hatten – wie sich aus den obigen ausführungen ergibt – gerade selbst die pflicht, zu prüfen, ob und wann die voraussetzungen für die zahlung von erwerbsminderungsrente vorliegen. eine situation, die auf einen beratungsbedarf des klägers durch die o hindeutet, dürfte danach nicht vorgelegen haben. 37das vorliegen von erfolgsaussichten eines rechtsmittels unterstellt, hätte der prozessbevollmächtigte des klägers mit seiner beantragung der bewilligung von erwerbsminderungshilfe vom 27.07.2015 (wenn auch verspätet, s.o.) dennoch alle ihm zumutbaren schritte unternommen. dass die einlegung eines widerspruchs auf basis einer hinweispflichtverletzung der o erfolgsaussicht gehabt hätte, war jedenfalls nicht hinreichend erkennbar. der bescheid vom 07.10.2015 enthält keinerlei hinweise darauf, dass er einer rechtlichen überprüfung bedurft hätte. hinsichtlich des beginns der rente wird auf seite 3 des bescheides (anlage k2) ausdrücklich ausgeführt, dass ein beginn vor dem antragsmonat nicht möglich ist, weil der antrag erst nach ende des dritten kalendermonats nach ablauf des monats gestellt wurde, in dem die anspruchsvoraussetzungen erfüllt waren. hierin wird § 99 abs. 1 sgb vi zutreffend wiedergegeben. ein früherer zahlungsbeginn scheint danach vollkommen ausgeschlossen. dass es die möglichkeit hätte geben können, aufgrund verletzung einer etwaig bestehenden hinweispflicht des rentenversicherungsträgers nach § 115 abs. 6 sgb vi i.v.m. § 99 sbg vi i.v.m. § 44 abs. 4 sgb x analog eine bis vier jahre rückwirkende bewilligung zu erhalten, ist in dem bescheid nicht einmal ansatzweise angedeutet und kann als sehr vertiefte kenntnis im bereich des sozialrechts auch von einem berufsbetreuer, der rechtsanwalt ist, nicht ohne weiteres erwartet werden. dass bei dem klägervertreter entsprechende spezialkenntnisse vorhanden waren, haben die beklagten nicht dargelegt. 38der anspruch des klägers auf zinsen in dem tenorierten umfang ergibt sich aus §§ 288 abs. 1, 291 bgb. ein zinsanspruch ab 16.07.2016 ist nicht dargetan oder sonst ersichtlich. nach § 286 abs. 1 satz 1 bgb hätte es einer mahnung nach der ersten zahlungsaufforderung bedurft, eine solche ist nicht erfolgt. zinsen konnten erst ab dem tag der verteidigungsanzeige, 02.05.2018, zugesprochen werden, weil eine frühere zustellung der klageschrift an den beklagten zu 2) mangels zurücksendung des empfangsbekenntnisses nicht ermittelbar ist. 39eine wiedereröffnung der mündlichen verhandlung war auf die nach deren schluss eingegangenen schriftsätze hin nicht angezeigt, weil diese keinen neuen tatsachenvortrag, sondern lediglich rechtsauffassungen enthalten. 40der kostentenor beruht auf §§ 92 abs. 1, 100 abs. 4 zpo. 41der ausspruch über die vorläufige vollstreckbarkeit folgt aus §§ 709; 708 nr. 11, 711 zpo. 42der streitwert wird auf 7.006,20 eur festgesetzt.
Klaeger*in
1
341,901
10 A 244/19
2021-10-28T00:00:00
Urteil
Tenor Die Berufung wird zurückgewiesen. Die Kläger tragen die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen, als Gesamtschuldner. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 von Hundert des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 von Hundert des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet. Die Revision wird nicht zugelassen. 1Tatbestand: 2Die Kläger sind Eigentümer des Grundstücks L. Straße 94 und 96 in P. (Gemarkung T., Flur 29, Flurstück 579). Die beigeladenen Wohnungseigentümergemeinschaften bestehen aus den Eigentümern der Grundstücke C. 23, 25 und 27 (Gemarkung T., Flur 29, Flurstück 838) beziehungsweise C. 29, 31 und 33 (Gemarkung T., Flur 29, Flurstück 837), die jeweils mit einem Mehrfamilienhaus bebaut sind. Die Flurstücke 838 und 837 liegen südwestlich der Straße C1. und nördlich beziehungsweise nordöstlich des Flurstücks 579, an dessen südlicher Grenze die L. Straße verläuft. 3In der Straße C1. liegt auf der Höhe der Wohnhäuser der Beigeladenen nach den Angaben der WBO Wirtschaftsbetriebe P. (im Folgenden: WBO) seit dem Jahr 1995 lediglich ein Schmutzwasserkanal. In der L. Straße liegt auf der Höhe des Wohnhauses der Kläger ein Mischwasserkanal. Im Baugenehmigungsverfahren betreffend die Errichtung der Wohngebäude auf den Grundstücken C. 23 bis 33 wies die WBO im Juni 1998 darauf hin, dass die Einleitung von Mischwasser in den Schmutzwasserkanal nicht zulässig sei. Am 7. September 1998 unterzeichneten die früheren Eigentümer des Flurstücks 579, C2. und C3. X., letzterer seinerzeit zugleich Bauherr der Wohngebäude C. 23 bis 33, eine Baulasterklärung (Nr. 5315) mit folgendem Inhalt: 4„Verpflichtung, die Entwässerungsleitung (Kanalanschluß) für die Häuser C. 23, 25, 27, 29, 31 u. 33 so lange sicherzustellen, bis von der Straße C1.‚selbst‘ die Ableitung möglich ist und die Entwässerung dort angeschlossen wird. 5Übernahme von 2 notwendigen Stellplätzen gemäß § 51 BauO NRW zugunsten der Wohnhäuser C. 23, 25, 27, 29, 31 u. 33. 6Übernahme der Abstandfläche, die durch das Wohnhaus C. 29, 31 u. 33 (Flurstück 585) ausgelöst und auf dem Baugrundstück selbst nicht eingehalten wird. 7Der Lageplan des ö.-b. Verm.-Ing. N. vom 22.07.1998 ist Gegenstand dieser Erklärung. Die Belastungen (Abstandfläche und Stellplatzverpflichtung) sind grün schraffiert dargestellt. Diese Baulast gilt auch gegenüber Rechtsnachfolgern.“ 8Der Baulasterklärung ist der genannte Lageplan mit Zugehörigkeitsvermerk („gehört zur Baulasterklärung Nr. 5315“) beigefügt. Der Lageplan stellt unter anderem an der südöstlichen Grundstücksgrenze zwei vom seinerzeitigen Baugrundstück bis zur L. Straße verlaufende regelmäßig unterbrochene Parallellinien dar, die mit DIN 150 bezeichnet sind. 9Mit Schreiben der Beklagten vom 8. September 1998, abgesandt ausweislich des auf dem Schreiben angebrachten Vermerks am 11. September 1998, wurden die früheren Eigentümer des Flurstücks 579 darüber informiert, dass für ihr Grundstück eine Baulasterklärung abgegeben worden sei, die in das Baulastenverzeichnis eingetragen werde. Nach dem Inhalt des Schreibens war diesem eine Ausfertigung der Baulasterklärung beigefügt. 10Die Baulast wurde am 22. Dezember 1998 im Baulastenverzeichnis unter der Nr. 5315 wie folgt eingetragen: 11Lfd. Nr. 1: Verpflichtung, die Entwässerungsleitung (Kanalanschluß) für die Häuser im C. 23, 25, 27, 29, 31 u. 33 so lange sicherzustellen, bis von der Straße C1. „selbst“ die Ableitung möglich ist und die Entwässerung dort angeschlossen wird. 12Lfd. Nr. 2: Übernahme von 2 notwendigen Stellplätzen gemäß § 51 BauO NW zugunsten der Wohnhäuser C. 23, 25, 27, 29, 31 u. 33. 13Lfd. Nr. 3: Übernahme der Abstandfläche, die durch das Wohnhaus C. 29, 31 u. 33 (Flurstück 585) ausgelöst und auf dem Baugrundstück selbst nicht eingehalten wird. 14In der Spalte Bemerkungen ist zur lfd. Nr. 1 ein Hinweis auf die Bauakte Nr. 493/98 eingetragen. Ausweislich eines in den Verwaltungsvorgängen der Beklagten befindlichen Vermerks wurden beglaubigte Abschriften der Eintragung am 4. Oktober 2000 an die Baulastnehmer und den Baulastbegünstigten übersandt. 15In der Folgezeit wurde eine bis heute genutzte Entwässerungsleitung für Niederschlagswasser verlegt, die von den Grundstücken der Beigeladenen über das Grundstück der Kläger in den Mischwasserkanal in der L. Straße führt. Die unter den lfd. Nrn. 2 und 3 eingetragenen Baulasten wurden zwischenzeitlich gelöscht. 16Mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 13. Juni 2017 beantragten die Kläger bei der Beklagten, die unter der lfd. Nr. 1 eingetragene Baulast (im Folgenden: Baulast oder (Baulast-)Eintragung) zu löschen. 17Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 18. Juli 2017 ab. Ein Anspruch auf Löschung der Baulast bestehe nicht. Ein öffentliches Interesse an der Baulast sei weiterhin gegeben. 18Zur Begründung ihrer am 18. August 2017 erhobenen Klage haben die Kläger im Wesentlichen vorgetragen: Sie hätten einen Anspruch auf Löschung der Baulast, weil diese in der eingetragenen Form unbestimmt sei. In der Baulasterklärung sei, anders als in dem Text der Eintragung der Baulast im Baulastenverzeichnis auf einen Lageplan Bezug genommen worden, der sich ohnehin nur auf die unter den laufenden Nrn. 2 und 3 eingetragenen Baulasten beziehe. Dass der Lageplan, ohne dass sich dies aus dem Text der Baulasterklärung ergebe, auch habe klarstellen sollen, dass es sich bei der angesprochenen „Entwässerungsleitung (Kanalanschluß)“ um eine solche für die Ableitung von Niederschlagswasser handele, sei nicht einmal angedeutet. Der Wortlaut der Eintragung ergebe etwas völlig anderes. Danach wäre es nämlich ohne weiteres möglich, auch das Schmutzwasser über ihr Grundstück abzuleiten. Zudem ergebe sich aus der Eintragung nicht, dass die Entwässerung dauerhaft sicherzustellen sei. In das Baulastenverzeichnis sei mithin etwas eingetragen worden, was in dieser Form nicht gewollt gewesen sei und über die für das Bauvorhaben notwendigen Sicherungen hinausgehe. 19Die Kläger haben beantragt, 20die Beklagte unter Aufhebung des Ablehnungsbescheids vom 18. Juli 2017 zu verpflichten, die im Baulastenverzeichnis der Beklagten unter Nr. 5315 auf dem Grundstück L. Straße 94 und 96 in P. zugunsten der Grundstücke C. 23, 25, 27, 29, 31 und 33 unter laufender Nr. 1 eingetragene Baulast zu löschen. 21Die Beklagte hat beantragt, 22die Klage abzuweisen. 23Zur Begründung hat sie im Wesentlichen vorgetragen: Ein Anspruch auf Löschung der Baulast stehe den Klägern nicht zu. An der Baulast bestehe nach wie vor ein öffentliches Interesse. Die begünstigten Grundstücke C. 23 bis 33 lägen in einem Bereich, in dem das auf den Grundstücken anfallende Abwasser getrennt nach Schmutz- und Niederschlagswasser den jeweils dafür bestimmten Anlagen zuzuführen sei (sogenanntes Trennsystem). Das Schmutzwasser werde in den in der Straße C1. liegenden Schmutzwasserkanal eingeleitet. Ein Niederschlagswasserkanal sei in der Straße C1. in Höhe der begünstigten Grundstücke nicht vorhanden. Eine Zuführung des auf den begünstigten Grundstücken anfallenden Niederschlagswassers in den Schmutzwasserkanal C1. sei nach der geltenden Entwässerungssatzung nicht zulässig. Das Niederschlagswasser müsse daher nach wie vor über die durch die Baulast gesicherte Anschlussleitung in den Mischwasserkanal in der L. Straße eingeleitet werden. 24Die Beigeladenen haben beantragt, 25die Klage abzuweisen. 26Sie haben sich den Ausführungen der Beklagten angeschlossen. 27Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Kläger hätten weder einen Anspruch auf Löschung der Baulast noch einen Anspruch darauf, dass die Beklagte auf die Baulast verzichte. 28Zur Begründung ihrer von dem Senat zugelassenen Berufung tragen die Kläger im Wesentlichen vor: Das Verwaltungsgericht habe die Baulasteintragung fehlerhaft ausgelegt. Bei der Ermittlung des wahren Inhalts von Baulasten müsse auch auf die Interessen derer abgestellt werden, die später im Grundstücksverkehr davon belastet seien. Dabei seien vergleichbare Maßstäbe wie bei der Auslegung grundbuchlicher Belastungen eines Grundstücks anzuwenden. Tatbestände außerhalb der grundbuchlichen Vorgänge würden zur Auslegung dortiger Eintragungen nicht oder nur dann herangezogen, wenn auch dies sich aus dem Grundbuch und den der Eintragung zugrunde liegenden Vorgänge ergebe. Der Inhalt einer Baulast müsse durch Einsichtnahme in das Baulastenverzeichnis festgestellt werden können. Dies sei hier nicht der Fall. Wäre die Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts richtig, könnte sich niemand mehr auf die im Baulastenverzeichnis erfolgten Eintragungen verlassen. 29Die Kläger beantragen schriftsätzlich, 30das Urteil des Verwaltungsgerichts zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung ihres Ablehnungsbescheids vom 18. Juli 2017 zu verpflichten, die im Baulastenverzeichnis der Beklagten unter Nr. 5315 auf dem Grundstück L. Straße 94 und 96 in P. zugunsten der Grundstücke C. 23, 25, 27, 29, 31 und 33 unter laufender Nummer 1 eingetragene Baulast zu löschen. 31Die Beklagte beantragt schriftsätzlich, 32die Berufung zurückzuweisen. 33Die Beigeladenen haben keinen Antrag gestellt. 34Die Berichterstatterin des Senats hat am 8. April 2021 die Örtlichkeit in Augenschein genommen. Auf den Inhalt des hierüber angefertigten Protokolls wird verwiesen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte insgesamt sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen. 35Entscheidungsgründe: 36Der Senat entscheidet im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung durch die Berichterstatterin. 37Die Berufung hat keinen Erfolg. Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet. 38Die Kläger haben keinen Anspruch auf Löschung der Baulast. 39Derjenige, der durch die unrichtige Eintragung einer Baulast im Baulastenverzeichnis in seinen Rechten verletzt ist, kann einen unmittelbaren, 40vgl. OVG NRW, Urteil vom 19. Juli 2017 – 7 A 1835/14 –, juris, Rn. 21, 41Anspruch auf Löschung der Eintragung geltend machen, 42vgl. OVG NRW, Beschluss vom 30. Oktober 2013 – 2 A 2554/12 –, juris, Rn. 9, mit weiteren Nachweisen. 43Ein unmittelbarer Löschungsanspruch der Kläger setzt hier voraus, dass die Baulast gemessen an § 44 VwVfG NRW nichtig ist, denn sie ist ihnen gegenüber bestandskräftig geworden. Die Rechtswidrigkeit der Eintragung an sich genügt nicht. 44Vgl. OVG NRW, Urteil vom 19. Juli 2017 – 7 A 1835/14 –, juris, Rn. 25. Siehe auch Nds. OVG, Urteil vom 8. Juli 2004 – 1 LB 48/04 –, juris, Rn. 54. 45Die Baulasteintragung ist ein (konstitutiver) Verwaltungsakt, 46vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 8. August 2013 – 7 A 3001/11 –, juris, Rn. 27, und vom 29. März 2010 – 7 A 663/10 –, juris, Rn. 7, jeweils mit weiteren Nachweisen, 47der auch den Rechtsnachfolger in das Eigentum an dem belasteten Grundstück bindet. Ausweislich der in der die Eintragung der Baulast betreffenden Baulastakte der Beklagten enthaltenen behördlichen Verfügung wurde den Rechtsvorgängern der Kläger, C3. und C2. X., eine beglaubigte Abschrift der Eintragung übersandt. Der „Abvermerk“ datiert auf den 4. Januar 2000. Es greift die Bekanntgabefiktion nach § 41 Abs. 2 Satz 1 VwVfG NRW. Zweifel im Sinne des § 41 Abs. 2 Satz 2, zweiter Halbsatz, VwVfG NRW bestehen nicht. Der Prozessbevollmächtigte der Kläger hat im Ortstermin angedeutet, dass er den Zugang der Abschrift der Eintragung bei den Rechtsvorgängern der Kläger bestreiten wolle. Das schlichte Bestreiten des Nichtzugangs vermag die Bekanntgabefiktion jedoch jedenfalls dann nicht zu beseitigen, 48vgl. zu den Anforderungen an die Substantiierung des Bestreitens allgemein etwa OVG NRW, Beschlüsse vom 4. April 2013 – 8 B 173/13 –, juris, Rn. 9, und vom 21. Juni 2012 – 12 A 828/12 –, juris, Rn. 4 ff., jeweils mit weiteren Nachweisen, 49wenn – wie hier – ein Dritter den Zugang beim Adressaten mit Nichtwissen bestreitet. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht für die Vorschrift § 122 Abs. 2 AO entschieden. Danach ist die Regelung in § 138 Abs. 4 ZPO, wonach eine Erklärung mit Nichtwissen (nur) über Tatsachen zulässig ist, die weder eigene Handlungen der Partei noch Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung gewesen sind, in dem vom Untersuchungsgrundsatz geprägten Verwaltungsprozess (§ 86 Abs. 1 VwGO) nicht anwendbar. Vielmehr richtet sich das Maß der gerichtlichen Aufklärungspflicht hier wie auch sonst nach der Substanz des Vorbringens der Beteiligten. Entscheidend ist danach, dass der Adressat, falls er den Zugang bestreitet, eine (negative) Tatsache aus seinem eigenen Einfluss- und Wahrnehmungsbereich bekundet, während sich der Dritte mangels eigener Erkenntnisse lediglich darauf berufen kann, dass die Frage des Zugangs offen sei. In dieser Konstellation bedarf es daher weiterer tatsächlicher Umstände, um die gesetzliche Zugangsvermutung zu erschüttern und Zweifel am Zugang zu wecken. 50Vgl. BVerwG, Urteil vom 15. Juni 2016 – 9 C 19.15 –, juris, Rn. 19 ff., mit weiteren Nachweisen. 51Für die gleichlautende Vorschrift § 41 Abs. 2 Satz 2 VwVfG NRW kann nichts anderes gelten. Tatsächliche Umstände, die die Zugangsvermutung erschüttern könnten, liegen hier nicht vor. Die Baulastakte enthält insbesondere keine Rückläufer der an die Rechtsvorgänger der Kläger gerichteten Schreiben der Beklagten. Die Kläger haben auch nach Einsichtnahme in die Baulastakte nichts weiter zu einem etwaig unterbliebenen Zugang bei den Adressaten vorgetragen. Letztere haben keine Rechtsbehelfe gegen die Eintragung der Baulast in das Baulastenverzeichnis eingelegt. 52Ein zur Nichtigkeit im Sinne des § 44 Abs. 1 VwVfG NRW führender Bestimmtheitsmangel liegt nicht vor. 53Vgl. allgemein zum Verhältnis zwischen fehlender Bestimmtheit und Nichtigkeit BVerwG, Urteil vom 26. Oktober 2017 – 8 C 14.16 –, juris, Rn. 12. 54Die Baulast ist schon nicht, wie die Kläger rügen, im Sinne des § 37 Abs. 1 VwVfG NRW unbestimmt. 55Zwar gibt die Eintragung lediglich den Text der übernommenen „Verpflichtung, die Entwässerungsleitung (Kanalanschluß) für die Häuser C. 23, 25, 27, 29, 31 u. 33 so lange sicherzustellen, bis von der Straße C1.‚ selbst‘ die Ableitung möglich ist und die Entwässerung dort angeschlossen wird“, wieder. Die Bezugnahme auf den Lageplan, wie sie in der Baulasterklärung enthalten ist, fehlt. In welchem Umfang (Schmutz- und/oder Niederschlagswasser) über das belastete Grundstück die Entwässerung sichergestellt werden und an welcher Stelle genau eine entsprechende Entwässerungsleitung über das belastete Grundstück verlaufen soll, geht aus der Eintragung nicht hervor. Dies macht die Baulast jedoch nicht unbestimmt. 56Hinreichend bestimmt ist ein Verwaltungsakt, wenn der Adressat erkennen kann, was von ihm gefordert wird, und wenn er geeignet ist, Grundlage für Maßnahmen zu einer zwangsweisen Durchsetzung zu sein. Im Einzelnen richten sich die Anforderungen an die notwendige Bestimmtheit eines Verwaltungsakts nach den Besonderheiten des jeweils anzuwendenden und mit dem Verwaltungsakt umzusetzenden materiellen Rechts. Der Regelungsgehalt eines Verwaltungsakts ist durch Auslegung nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung des Empfängerhorizontes und der speziellen Sachkunde des adressierten Fachkreises in entsprechender Anwendung der §§ 133, 157 BGB zu ermitteln. Er ist hinreichend bestimmt, wenn sich die Regelung aus seinem gesamten Inhalt, insbesondere seiner Begründung, sowie den weiteren, den Beteiligten bekannten oder ohne weiteres erkennbaren Umständen unzweifelhaft erkennen lässt. 57Vgl. BVerwG, Urteil vom 26. Oktober 2017 – 8 C 14.16 –, juris, Rn. 12 ff., mit weiteren Nachweisen. 58Danach muss eine Baulast, soll sie hinreichend bestimmt sein, Inhalt und Umfang der für das Grundstück zu übernehmenden Verpflichtung eindeutig erkennen lassen. Ausreichend ist, dass durch Auslegung nach den vorstehenden Maßstäben die Belastung des Grundstücks ermittelt werden kann. Dabei ist entscheidend, wie der Inhalt der jeweiligen konkreten Baulast bei verständiger Würdigung zu verstehen ist. Die Möglichkeit und damit auch die Notwendigkeit, die übernommene Verpflichtung zu konkretisieren, sind je nach dem Inhalt der Verpflichtung unterschiedlich. 59Vgl. OVG NRW, Urteil vom 19. Juli 2017 – 7 A 1835/14 –, juris, Rn. 27, und Beschluss vom 30. Oktober 2013 – 2 A 2554/12 –, juris, Rn. 15, jeweils mit weiteren Nachweisen. Siehe zur Auslegung von Baulasten auch Nds. OVG, Urteil vom 8. Juli 2004 – 1 LB 48/04 –, juris, Rn. 60 ff. 60Zur Auslegung einer Bauasteintragung können danach grundsätzlich jedenfalls die Baulasterklärung sowie ein in dieser gegebenenfalls in Bezug genommener Lageplan herangezogen werden. Diese gehören für jedermann erkennbar zu den für die Eintragung wesentlichen Umständen. Dies führt entgegen der Auffassung der Kläger nicht dazu, dass die Interessen der potentiellen Erwerber eines mit einer Baulast belasteten Grundstücks nicht hinreichend berücksichtigt würden, wenn sich aus der Eintragung – wie hier – die Belastung des Grundstücks seinem wesentlichen Inhalt nach, aber nicht in allen Einzelheiten erschließt. § 85 Abs. 5 Satz 1 BauO NRW (vgl. auch § 83 Abs. 5 BauO NRW a.F.) räumt jedem, der ein berechtigtes Interesse darlegen kann, das Recht ein, in das Baulastenverzeichnis Einsicht zu nehmen. Dies schließt das Recht ein, Einsicht in den der Eintragung zugrunde liegenden behördlichen Eintragungsvorgang zu nehmen (vgl. auch Nr. 83.8 der außer Kraft getretenen VV BauO NRW vom 12. Oktober 2000). Ohne dass es hierauf ankäme, entspricht es nach den Angaben des Vertreters der Beklagten im Ortstermin auch der dortigen Verwaltungspraxis, im Fall der Erteilung von Auskünften aus dem Baulastenverzeichnis nicht nur den Eintragungstext sondern auch die Baulasterklärung und gegebenenfalls einen dazugehörigen Lageplan zu übersenden. 61Soweit die Kläger in diesem Zusammenhang eine Parallele zur Eintragung von dinglichen Rechten in das Grundbuch ziehen und hieraus Anforderungen an die Auslegung von Baulasteintragungen herleiten wollen, sei darauf hingewiesen, dass § 874 BGB – zur Entlastung des Grundbuchs – eine Bezugnahme auf die Eintragungsbewilligung zur näheren Bezeichnung des Inhalts des Rechts ausdrücklich zulässt. Aus dem Grundbuch selbst muss nur der wesentliche Inhalt des Rechts ersichtlich sein. Auch Grundbucheintragungen sind – unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Grundstücksverkehrs – der Auslegung fähig. Bei deren Auslegung ist vorrangig auf den Wortlaut und den Sinn des Eintrags und der in Bezug genommenen Eintragungsbewilligung abzustellen, wie er sich für einen unbefangenen Betrachter als nächstliegende Bedeutung des Eingetragenen ergibt. Außerhalb dieser Urkunden liegende Umstände dürfen nur insoweit mit herangezogen werden, als sie nach den besonderen Verhältnissen des Einzelfalles für jedermann ohne weiteres erkennbar sind. 62Vgl. BGH, Urteile vom 15. November 2013 – V ZR 24/13 –, juris, Rn. 6, und vom 29. September 2006 – V ZR 25/06 –, juris, Rn. 13, mit weiteren Nachweisen. 63Die vorstehend formulierten Maßstäbe für die Auslegung von Baulasteintragungen sind danach, anders als die Kläger meinen, schon nicht weniger streng als die, die an die Auslegung von Grundbucheintragungen angelegt werden. 64Unter Heranziehung der Baulasterklärung und des ihr beigefügten Lageplans sind die Einzelheiten des Inhalts der eingetragenen „Verpflichtung, die Entwässerungsleitung (Kanalanschluß) … sicherzustellen“, hinreichend bestimmt. Der Verlauf der „Entwässerungsleitung (Kanalanschluß)“ über das belastete Grundstück ergibt sich aus dem Lageplan. Dieser gehört zu der Baulasterklärung insgesamt. Soweit es in der Bezugnahme auf den Lageplan heißt, die Belastungen seien in diesem grün schraffiert dargestellt, folgt aus dem dahinter stehenden Klammerzusatz „(Abstandfläche und Stellplatzverpflichtung)“, dass nur die entsprechend belasteten Flächen grün schraffiert dargestellt sind. Dass die „Entwässerungsleitung (Kanalanschluß)“ nicht grün schraffiert ist, ist dementsprechend unschädlich. Sie wurde in den Lageplan unter Verwendung des in der Anlage zur BauPrüfVO NRW in der zum damaligen Zeitpunkt geltenden Fassung vom 6. Dezember 1995 (GVBl. 1995, 1241 ff.) für Bauvorlagen vorgesehenen Zeichens für Regenwasserleitungen (Nr. 3.2 der Anlage) eingetragen. Daraus ergibt sich, dass die „Verpflichtung, die Entwässerungsleitung (Kanalanschluß) … sicherzustellen“, nur die Niederschlagsentwässerung betrifft. Im Übrigen war und ist die Ableitung von Schmutzwasser von der Straße C1. auf der Höhe der begünstigten Grundstücke über den dort zum Zeitpunkt der Abgabe der Baulasterklärung bereits vorhandenen Schmutzwasserkanal möglich, so dass die Verpflichtung ihrer Zielrichtung nach – „so lange sicherzustellen, bis von der Straße C1.‚selbst‘ die Ableitung möglich ist und die Entwässerung dort angeschlossen werden kann“ – nicht die Ableitung von Schmutzwasser meint. 65Die Baulasteintragung entspricht überdies auch in dieser Hinsicht der mit der Baulasterklärung übernommenen Verpflichtung, die potentiell zeitlich unbegrenzt bestehen bleiben kann. Bestimmtheits- oder andere Mängel der Baulast, die aus einer Abweichung der Eintragung von der Baulasterklärung resultieren könnten, sind auch sonst nicht erkennbar. Die Kläger machen in diesem Zusammenhang geltend, die Eintragung und das, „was gewollt gewesen sei“, stimmten nicht überein. Dass die Belastung des Grundstücks – wie die Kläger wohl unterstellen – auf der Annahme beruht hätte, der Bau eines Niederschlagswasserkanals in der Straße C1. in dem hier maßgeblichen Bereich sei in einem überschaubaren Zeitraum beabsichtigt, lässt sich jedoch weder der Baulasteintragung und der Baulasterklärung noch den sich aus der Bauakte ergebenden Umständen entnehmen. Die Rechtsvorgänger der Kläger haben mit der Abgabe der Baulasterklärung objektiv das Risiko übernommen, dass es die Möglichkeit, das Niederschlagswasser über die Straße C1. abzuleiten, auf unabsehbare Zeit nicht geben wird. Welche Auswirkungen eine diesbezügliche Fehlvorstellung der Rechtsvorgänger der Kläger, läge sie denn vor, auf die Wirksamkeit der Baulasterklärung und der Baulasteintragung (zum jetzigen Zeitpunkt noch) haben könnte, bedarf daher keiner weiteren Betrachtung. 66Selbst wenn aber – ungeachtet des Vorstehenden – die Auffassung der Kläger zuträfe, dass allein die Baulasteintragung für die Bestimmung des Inhalts der Baulast herangezogen werden könnte, führten daraus etwaig folgende Bestimmtheitsmängel nicht zur Nichtigkeit der Baulast im Sinne des § 44 Abs. 1 VwVfG NRW. 67Ein Verwaltungsakt ist nichtig, soweit er an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offensichtlich ist. Ein besonders schwerwiegender Fehler ist ein Mangel, der den Verwaltungsakt als schlechterdings unerträglich, das heißt mit den tragenden Verfassungsprinzipien oder der Rechtsordnung immanenten wesentlichen Wertvorstellungen unvereinbar erscheinen lässt. Die an eine ordnungsgemäße Verwaltung zu stellenden Anforderungen müssen in so erheblichem Maß verletzt sein, dass von niemandem erwartet werden kann, den Verwaltungsakt als verbindlich anzuerkennen. 68Vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 5. April 2011 – 6 B 41.10 –, juris, Rn. 4, mit weiteren Nachweisen. 69Ein besonders schwerwiegender Fehler eines Verwaltungsakts kann danach auch in der völligen Unbestimmtheit seines Inhalts liegen. 70Vgl. OVG NRW, Urteil vom 26. September 1991 – 11 A 1604/89 –, juris, Rn. 46 (zur Nichtigkeit einer Baugenehmigung wegen fehlender Bestimmtheit), mit weiteren Nachweisen. Siehe auch OVG S.-A., Urteil vom 17. Juni 2021 – 2 L 104/19 –, juris, Rn. 66, ebenfalls mit weiteren Nachweisen. 71Dies zugrunde gelegt wäre die Baulasteintragung nicht nichtig, auch wenn sich ihr die genaue Lage einer zur Erfüllung der übernommenen Verpflichtung erforderlichen Entwässerungsleitung auf dem belasteten Grundstück nicht entnehmen ließe. Der wesentliche Inhalt der übernommenen Verpflichtung käme trotz derartiger etwaiger Bestimmtheitsmängel immer noch zum Ausdruck. Eine dem Eigentumsrecht an dem belasteten Grundstück genügende Umsetzung der übernommenen Verpflichtung erwiese sich ohne weiteres als möglich, auch wenn die genaue Lage der Entwässerungsleitung in der Baulast nicht festgelegt wäre. Eine von den Klägern angenommene Unklarheit betreffend den genauen Umfang – Schmutz- und/oder Niederschlagswasser –, in dem die Entwässerung über das belastete Grundstück sichergestellt werden soll, beziehungsweise eine etwaige Abweichung der Eintragung von der Baulasterklärung insoweit führten ebenfalls nicht zur Nichtigkeit der Baulast. Dass das auf den Grundstücken der Beigeladenen anfallende Schmutzwasser dem in der Straße C1. liegenden Schmutzwasserkanal zugeführt wird, sieht die Baugenehmigung für die Wohnhäuser der Beigeladenen im Einklang mit den satzungsrechtlichen Bestimmungen der Beklagten betreffend die Entwässerung in Bereichen, in denen das Trennsystem vorgeschrieben ist, vor (vgl. § 8 Abs. 5 der (aktuellen) Entwässerungssatzung der Beklagten vom 18. Dezember 2006). Die Ableitung von Schmutzwasser über das Grundstück der Kläger steht schon in keiner Weise in Rede. Selbst wenn die Kläger die Ableitung auch von Schmutzwasser über ihr Grundstück aufgrund der Baulast hinnehmen müssten, führte dies nicht zu einem nach dem Vorstehenden unerträglichen Ergebnis. 72Weitere Fehler der Baulasteintragung, die einen unmittelbaren Anspruch auf deren Löschung begründen könnten, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. 73Ob ein unmittelbarer Anspruch auf Löschung der Baulast nicht ohnehin verwirkt wäre, weil die Rechtsvorgänger der Kläger – soweit bekannt – einen Fehler der Baulasteintragung nie geltend gemacht, die Schaffung der Entwässerungsleitung auf dem belasteten Grundstück und deren Nutzung hingenommen haben und eine Änderung der Nutzung nicht in Rede steht, bedarf nach dem Vorstehenden keiner Entscheidung. 74Die Kläger haben auch keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte einen Verzicht auf die Baulast erklärt und die Baulast sodann im Baulastenverzeichnis löscht (vgl. § 85 Abs. 3 Satz 1 und Satz 4 BauO NRW). Nach § 85 Abs. 3 Satz 2 BauO NRW ist der Verzicht auf die Baulast zu erklären, wenn ein öffentliches Interesse an ihr nicht mehr besteht. Ein Wegfall des öffentlichen Interesses kann nur in Fällen angenommen werden, in denen sich gegenüber der Situation, in der die Baulast übernommen wurde, eine Änderung dieses öffentlichen Interesses ergeben hat. 75Vgl. OVG NRW, Urteil vom 21. November 2017 – 2 A 1393/16 –, juris, Rn. 52 ff., und Beschluss vom 29. März 2010 – 7 A 663/10 –, juris, Rn. 14, jeweils mit weiteren Nachweisen. 76Hier haben sich die maßgeblichen tatsächlichen und rechtlichen Grundlagen für die Eintragung der Baulast nicht geändert. Nach den von den Klägern nicht substantiiert bestrittenen Angaben der Beklagten, die im Verwaltungsverfahren eine entsprechende Auskunft der WBO eingeholt hat, besteht weiterhin keine Möglichkeit für die begünstigten Grundstücke, das anfallende Niederschlagswasser wie vorgeschrieben getrennt über die Straße C1. abzuleiten. 77Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 154 Abs. 2, 159 Satz 2, 162 Abs. 3 VwGO. 78Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit den §§ 708 ff. ZPO. 79Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.
die berufung wird zurückgewiesen. die kläger tragen die kosten des berufungsverfahrens mit ausnahme der außergerichtlichen kosten der beigeladenen, die diese selbst tragen, als gesamtschuldner. das urteil ist hinsichtlich der kosten vorläufig vollstreckbar. die kläger dürfen die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe von 110 von hundert des auf grund des urteils vollstreckbaren betrags abwenden, wenn nicht die beklagte vor der vollstreckung sicherheit in höhe von 110 von hundert des jeweils zu vollstreckenden betrags leistet. die revision wird nicht zugelassen. 1
2die kläger sind eigentümer des grundstücks l. straße 94 und 96 in p. (gemarkung t., flur 29, flurstück 579). die beigeladenen wohnungseigentümergemeinschaften bestehen aus den eigentümern der grundstücke c. 23, 25 und 27 (gemarkung t., flur 29, flurstück 838) beziehungsweise c. 29, 31 und 33 (gemarkung t., flur 29, flurstück 837), die jeweils mit einem mehrfamilienhaus bebaut sind. die flurstücke 838 und 837 liegen südwestlich der straße c1. und nördlich beziehungsweise nordöstlich des flurstücks 579, an dessen südlicher grenze die l. straße verläuft. 3in der straße c1. liegt auf der höhe der wohnhäuser der beigeladenen nach den angaben der wbo wirtschaftsbetriebe p. (im folgenden: wbo) seit dem jahr 1995 lediglich ein schmutzwasserkanal. in der l. straße liegt auf der höhe des wohnhauses der kläger ein mischwasserkanal. im baugenehmigungsverfahren betreffend die errichtung der wohngebäude auf den grundstücken c. 23 bis 33 wies die wbo im juni 1998 darauf hin, dass die einleitung von mischwasser in den schmutzwasserkanal nicht zulässig sei. am 7. september 1998 unterzeichneten die früheren eigentümer des flurstücks 579, c2. und c3. x., letzterer seinerzeit zugleich bauherr der wohngebäude c. 23 bis 33, eine baulasterklärung (nr. 5315) mit folgendem inhalt: 4„verpflichtung, die entwässerungsleitung (kanalanschluß) für die häuser c. 23, 25, 27, 29, 31 u. 33 so lange sicherzustellen, bis von der straße c1.‚selbst‘ die ableitung möglich ist und die entwässerung dort angeschlossen wird. 5übernahme von 2 notwendigen stellplätzen gemäß § 51 bauo nrw zugunsten der wohnhäuser c. 23, 25, 27, 29, 31 u. 33. 6übernahme der abstandfläche, die durch das wohnhaus c. 29, 31 u. 33 (flurstück 585) ausgelöst und auf dem baugrundstück selbst nicht eingehalten wird. 7der lageplan des ö.-b. verm.-ing. n. vom 22.07.1998 ist gegenstand dieser erklärung. die belastungen (abstandfläche und stellplatzverpflichtung) sind grün schraffiert dargestellt. diese baulast gilt auch gegenüber rechtsnachfolgern.“ 8der baulasterklärung ist der genannte lageplan mit zugehörigkeitsvermerk („gehört zur baulasterklärung nr. 5315“) beigefügt. der lageplan stellt unter anderem an der südöstlichen grundstücksgrenze zwei vom seinerzeitigen baugrundstück bis zur l. straße verlaufende regelmäßig unterbrochene parallellinien dar, die mit din 150 bezeichnet sind. 9mit schreiben der beklagten vom 8. september 1998, abgesandt ausweislich des auf dem schreiben angebrachten vermerks am 11. september 1998, wurden die früheren eigentümer des flurstücks 579 darüber informiert, dass für ihr grundstück eine baulasterklärung abgegeben worden sei, die in das baulastenverzeichnis eingetragen werde. nach dem inhalt des schreibens war diesem eine ausfertigung der baulasterklärung beigefügt. 10die baulast wurde am 22. dezember 1998 im baulastenverzeichnis unter der nr. 5315 wie folgt eingetragen: 11lfd. nr. 1: verpflichtung, die entwässerungsleitung (kanalanschluß) für die häuser im c. 23, 25, 27, 29, 31 u. 33 so lange sicherzustellen, bis von der straße c1. „selbst“ die ableitung möglich ist und die entwässerung dort angeschlossen wird. 12lfd. nr. 2: übernahme von 2 notwendigen stellplätzen gemäß § 51 bauo nw zugunsten der wohnhäuser c. 23, 25, 27, 29, 31 u. 33. 13lfd. nr. 3: übernahme der abstandfläche, die durch das wohnhaus c. 29, 31 u. 33 (flurstück 585) ausgelöst und auf dem baugrundstück selbst nicht eingehalten wird. 14in der spalte bemerkungen ist zur lfd. nr. 1 ein hinweis auf die bauakte nr. 493/98 eingetragen. ausweislich eines in den verwaltungsvorgängen der beklagten befindlichen vermerks wurden beglaubigte abschriften der eintragung am 4. oktober 2000 an die baulastnehmer und den baulastbegünstigten übersandt. 15in der folgezeit wurde eine bis heute genutzte entwässerungsleitung für niederschlagswasser verlegt, die von den grundstücken der beigeladenen über das grundstück der kläger in den mischwasserkanal in der l. straße führt. die unter den lfd. nrn. 2 und 3 eingetragenen baulasten wurden zwischenzeitlich gelöscht. 16mit schreiben ihres prozessbevollmächtigten vom 13. juni 2017 beantragten die kläger bei der beklagten, die unter der lfd. nr. 1 eingetragene baulast (im folgenden: baulast oder (baulast-)eintragung) zu löschen. 17die beklagte lehnte den antrag mit bescheid vom 18. juli 2017 ab. ein anspruch auf löschung der baulast bestehe nicht. ein öffentliches interesse an der baulast sei weiterhin gegeben. 18zur begründung ihrer am 18. august 2017 erhobenen klage haben die kläger im wesentlichen vorgetragen: sie hätten einen anspruch auf löschung der baulast, weil diese in der eingetragenen form unbestimmt sei. in der baulasterklärung sei, anders als in dem text der eintragung der baulast im baulastenverzeichnis auf einen lageplan bezug genommen worden, der sich ohnehin nur auf die unter den laufenden nrn. 2 und 3 eingetragenen baulasten beziehe. dass der lageplan, ohne dass sich dies aus dem text der baulasterklärung ergebe, auch habe klarstellen sollen, dass es sich bei der angesprochenen „entwässerungsleitung (kanalanschluß)“ um eine solche für die ableitung von niederschlagswasser handele, sei nicht einmal angedeutet. der wortlaut der eintragung ergebe etwas völlig anderes. danach wäre es nämlich ohne weiteres möglich, auch das schmutzwasser über ihr grundstück abzuleiten. zudem ergebe sich aus der eintragung nicht, dass die entwässerung dauerhaft sicherzustellen sei. in das baulastenverzeichnis sei mithin etwas eingetragen worden, was in dieser form nicht gewollt gewesen sei und über die für das bauvorhaben notwendigen sicherungen hinausgehe. 19die kläger haben beantragt, 20die beklagte unter aufhebung des ablehnungsbescheids vom 18. juli 2017 zu verpflichten, die im baulastenverzeichnis der beklagten unter nr. 5315 auf dem grundstück l. straße 94 und 96 in p. zugunsten der grundstücke c. 23, 25, 27, 29, 31 und 33 unter laufender nr. 1 eingetragene baulast zu löschen. 21die beklagte hat beantragt, 22die klage abzuweisen. 23zur begründung hat sie im wesentlichen vorgetragen: ein anspruch auf löschung der baulast stehe den klägern nicht zu. an der baulast bestehe nach wie vor ein öffentliches interesse. die begünstigten grundstücke c. 23 bis 33 lägen in einem bereich, in dem das auf den grundstücken anfallende abwasser getrennt nach schmutz- und niederschlagswasser den jeweils dafür bestimmten anlagen zuzuführen sei (sogenanntes trennsystem). das schmutzwasser werde in den in der straße c1. liegenden schmutzwasserkanal eingeleitet. ein niederschlagswasserkanal sei in der straße c1. in höhe der begünstigten grundstücke nicht vorhanden. eine zuführung des auf den begünstigten grundstücken anfallenden niederschlagswassers in den schmutzwasserkanal c1. sei nach der geltenden entwässerungssatzung nicht zulässig. das niederschlagswasser müsse daher nach wie vor über die durch die baulast gesicherte anschlussleitung in den mischwasserkanal in der l. straße eingeleitet werden. 24die beigeladenen haben beantragt, 25die klage abzuweisen. 26sie haben sich den ausführungen der beklagten angeschlossen. 27das verwaltungsgericht hat die klage abgewiesen. die kläger hätten weder einen anspruch auf löschung der baulast noch einen anspruch darauf, dass die beklagte auf die baulast verzichte. 28zur begründung ihrer von dem senat zugelassenen berufung tragen die kläger im wesentlichen vor: das verwaltungsgericht habe die baulasteintragung fehlerhaft ausgelegt. bei der ermittlung des wahren inhalts von baulasten müsse auch auf die interessen derer abgestellt werden, die später im grundstücksverkehr davon belastet seien. dabei seien vergleichbare maßstäbe wie bei der auslegung grundbuchlicher belastungen eines grundstücks anzuwenden. tatbestände außerhalb der grundbuchlichen vorgänge würden zur auslegung dortiger eintragungen nicht oder nur dann herangezogen, wenn auch dies sich aus dem grundbuch und den der eintragung zugrunde liegenden vorgänge ergebe. der inhalt einer baulast müsse durch einsichtnahme in das baulastenverzeichnis festgestellt werden können. dies sei hier nicht der fall. wäre die rechtsauffassung des verwaltungsgerichts richtig, könnte sich niemand mehr auf die im baulastenverzeichnis erfolgten eintragungen verlassen. 29die kläger beantragen schriftsätzlich, 30das urteil des verwaltungsgerichts zu ändern und die beklagte unter aufhebung ihres ablehnungsbescheids vom 18. juli 2017 zu verpflichten, die im baulastenverzeichnis der beklagten unter nr. 5315 auf dem grundstück l. straße 94 und 96 in p. zugunsten der grundstücke c. 23, 25, 27, 29, 31 und 33 unter laufender nummer 1 eingetragene baulast zu löschen. 31die beklagte beantragt schriftsätzlich, 32die berufung zurückzuweisen. 33die beigeladenen haben keinen antrag gestellt. 34die berichterstatterin des senats hat am 8. april 2021 die örtlichkeit in augenschein genommen. auf den inhalt des hierüber angefertigten protokolls wird verwiesen. wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den inhalt der gerichtsakte insgesamt sowie der beigezogenen verwaltungsvorgänge der beklagten bezug genommen. 35
36der senat entscheidet im einverständnis der beteiligten ohne mündliche verhandlung durch die berichterstatterin. 37die berufung hat keinen erfolg. die klage ist zulässig, aber nicht begründet. 38die kläger haben keinen anspruch auf löschung der baulast. 39derjenige, der durch die unrichtige eintragung einer baulast im baulastenverzeichnis in seinen rechten verletzt ist, kann einen unmittelbaren, 40vgl. ovg nrw, urteil vom 19. juli 2017 – 7 a 1835/14 –, juris, rn. 21, 41anspruch auf löschung der eintragung geltend machen, 42vgl. ovg nrw, beschluss vom 30. oktober 2013 – 2 a 2554/12 –, juris, rn. 9, mit weiteren nachweisen. 43ein unmittelbarer löschungsanspruch der kläger setzt hier voraus, dass die baulast gemessen an § 44 vwvfg nrw nichtig ist, denn sie ist ihnen gegenüber bestandskräftig geworden. die rechtswidrigkeit der eintragung an sich genügt nicht. 44vgl. ovg nrw, urteil vom 19. juli 2017 – 7 a 1835/14 –, juris, rn. 25. siehe auch nds. ovg, urteil vom 8. juli 2004 – 1 lb 48/04 –, juris, rn. 54. 45die baulasteintragung ist ein (konstitutiver) verwaltungsakt, 46vgl. ovg nrw, beschlüsse vom 8. august 2013 – 7 a 3001/11 –, juris, rn. 27, und vom 29. märz 2010 – 7 a 663/10 –, juris, rn. 7, jeweils mit weiteren nachweisen, 47der auch den rechtsnachfolger in das eigentum an dem belasteten grundstück bindet. ausweislich der in der die eintragung der baulast betreffenden baulastakte der beklagten enthaltenen behördlichen verfügung wurde den rechtsvorgängern der kläger, c3. und c2. x., eine beglaubigte abschrift der eintragung übersandt. der „abvermerk“ datiert auf den 4. januar 2000. es greift die bekanntgabefiktion nach § 41 abs. 2 satz 1 vwvfg nrw. zweifel im sinne des § 41 abs. 2 satz 2, zweiter halbsatz, vwvfg nrw bestehen nicht. der prozessbevollmächtigte der kläger hat im ortstermin angedeutet, dass er den zugang der abschrift der eintragung bei den rechtsvorgängern der kläger bestreiten wolle. das schlichte bestreiten des nichtzugangs vermag die bekanntgabefiktion jedoch jedenfalls dann nicht zu beseitigen, 48vgl. zu den anforderungen an die substantiierung des bestreitens allgemein etwa ovg nrw, beschlüsse vom 4. april 2013 – 8 b 173/13 –, juris, rn. 9, und vom 21. juni 2012 – 12 a 828/12 –, juris, rn. 4 ff., jeweils mit weiteren nachweisen, 49wenn – wie hier – ein dritter den zugang beim adressaten mit nichtwissen bestreitet. dies hat das bundesverwaltungsgericht für die vorschrift § 122 abs. 2 ao entschieden. danach ist die regelung in § 138 abs. 4 zpo, wonach eine erklärung mit nichtwissen (nur) über tatsachen zulässig ist, die weder eigene handlungen der partei noch gegenstand ihrer eigenen wahrnehmung gewesen sind, in dem vom untersuchungsgrundsatz geprägten verwaltungsprozess (§ 86 abs. 1 vwgo) nicht anwendbar. vielmehr richtet sich das maß der gerichtlichen aufklärungspflicht hier wie auch sonst nach der substanz des vorbringens der beteiligten. entscheidend ist danach, dass der adressat, falls er den zugang bestreitet, eine (negative) tatsache aus seinem eigenen einfluss- und wahrnehmungsbereich bekundet, während sich der dritte mangels eigener erkenntnisse lediglich darauf berufen kann, dass die frage des zugangs offen sei. in dieser konstellation bedarf es daher weiterer tatsächlicher umstände, um die gesetzliche zugangsvermutung zu erschüttern und zweifel am zugang zu wecken. 50vgl. bverwg, urteil vom 15. juni 2016 – 9 c 19.15 –, juris, rn. 19 ff., mit weiteren nachweisen. 51für die gleichlautende vorschrift § 41 abs. 2 satz 2 vwvfg nrw kann nichts anderes gelten. tatsächliche umstände, die die zugangsvermutung erschüttern könnten, liegen hier nicht vor. die baulastakte enthält insbesondere keine rückläufer der an die rechtsvorgänger der kläger gerichteten schreiben der beklagten. die kläger haben auch nach einsichtnahme in die baulastakte nichts weiter zu einem etwaig unterbliebenen zugang bei den adressaten vorgetragen. letztere haben keine rechtsbehelfe gegen die eintragung der baulast in das baulastenverzeichnis eingelegt. 52ein zur nichtigkeit im sinne des § 44 abs. 1 vwvfg nrw führender bestimmtheitsmangel liegt nicht vor. 53vgl. allgemein zum verhältnis zwischen fehlender bestimmtheit und nichtigkeit bverwg, urteil vom 26. oktober 2017 – 8 c 14.16 –, juris, rn. 12. 54die baulast ist schon nicht, wie die kläger rügen, im sinne des § 37 abs. 1 vwvfg nrw unbestimmt. 55zwar gibt die eintragung lediglich den text der übernommenen „verpflichtung, die entwässerungsleitung (kanalanschluß) für die häuser c. 23, 25, 27, 29, 31 u. 33 so lange sicherzustellen, bis von der straße c1.‚ selbst‘ die ableitung möglich ist und die entwässerung dort angeschlossen wird“, wieder. die bezugnahme auf den lageplan, wie sie in der baulasterklärung enthalten ist, fehlt. in welchem umfang (schmutz- und/oder niederschlagswasser) über das belastete grundstück die entwässerung sichergestellt werden und an welcher stelle genau eine entsprechende entwässerungsleitung über das belastete grundstück verlaufen soll, geht aus der eintragung nicht hervor. dies macht die baulast jedoch nicht unbestimmt. 56hinreichend bestimmt ist ein verwaltungsakt, wenn der adressat erkennen kann, was von ihm gefordert wird, und wenn er geeignet ist, grundlage für maßnahmen zu einer zwangsweisen durchsetzung zu sein. im einzelnen richten sich die anforderungen an die notwendige bestimmtheit eines verwaltungsakts nach den besonderheiten des jeweils anzuwendenden und mit dem verwaltungsakt umzusetzenden materiellen rechts. der regelungsgehalt eines verwaltungsakts ist durch auslegung nach treu und glauben unter berücksichtigung des empfängerhorizontes und der speziellen sachkunde des adressierten fachkreises in entsprechender anwendung der §§ 133, 157 bgb zu ermitteln. er ist hinreichend bestimmt, wenn sich die regelung aus seinem gesamten inhalt, insbesondere seiner begründung, sowie den weiteren, den beteiligten bekannten oder ohne weiteres erkennbaren umständen unzweifelhaft erkennen lässt. 57vgl. bverwg, urteil vom 26. oktober 2017 – 8 c 14.16 –, juris, rn. 12 ff., mit weiteren nachweisen. 58danach muss eine baulast, soll sie hinreichend bestimmt sein, inhalt und umfang der für das grundstück zu übernehmenden verpflichtung eindeutig erkennen lassen. ausreichend ist, dass durch auslegung nach den vorstehenden maßstäben die belastung des grundstücks ermittelt werden kann. dabei ist entscheidend, wie der inhalt der jeweiligen konkreten baulast bei verständiger würdigung zu verstehen ist. die möglichkeit und damit auch die notwendigkeit, die übernommene verpflichtung zu konkretisieren, sind je nach dem inhalt der verpflichtung unterschiedlich. 59vgl. ovg nrw, urteil vom 19. juli 2017 – 7 a 1835/14 –, juris, rn. 27, und beschluss vom 30. oktober 2013 – 2 a 2554/12 –, juris, rn. 15, jeweils mit weiteren nachweisen. siehe zur auslegung von baulasten auch nds. ovg, urteil vom 8. juli 2004 – 1 lb 48/04 –, juris, rn. 60 ff. 60zur auslegung einer bauasteintragung können danach grundsätzlich jedenfalls die baulasterklärung sowie ein in dieser gegebenenfalls in bezug genommener lageplan herangezogen werden. diese gehören für jedermann erkennbar zu den für die eintragung wesentlichen umständen. dies führt entgegen der auffassung der kläger nicht dazu, dass die interessen der potentiellen erwerber eines mit einer baulast belasteten grundstücks nicht hinreichend berücksichtigt würden, wenn sich aus der eintragung – wie hier – die belastung des grundstücks seinem wesentlichen inhalt nach, aber nicht in allen einzelheiten erschließt. § 85 abs. 5 satz 1 bauo nrw (vgl. auch § 83 abs. 5 bauo nrw a.f.) räumt jedem, der ein berechtigtes interesse darlegen kann, das recht ein, in das baulastenverzeichnis einsicht zu nehmen. dies schließt das recht ein, einsicht in den der eintragung zugrunde liegenden behördlichen eintragungsvorgang zu nehmen (vgl. auch nr. 83.8 der außer kraft getretenen vv bauo nrw vom 12. oktober 2000). ohne dass es hierauf ankäme, entspricht es nach den angaben des vertreters der beklagten im ortstermin auch der dortigen verwaltungspraxis, im fall der erteilung von auskünften aus dem baulastenverzeichnis nicht nur den eintragungstext sondern auch die baulasterklärung und gegebenenfalls einen dazugehörigen lageplan zu übersenden. 61soweit die kläger in diesem zusammenhang eine parallele zur eintragung von dinglichen rechten in das grundbuch ziehen und hieraus anforderungen an die auslegung von baulasteintragungen herleiten wollen, sei darauf hingewiesen, dass § 874 bgb – zur entlastung des grundbuchs – eine bezugnahme auf die eintragungsbewilligung zur näheren bezeichnung des inhalts des rechts ausdrücklich zulässt. aus dem grundbuch selbst muss nur der wesentliche inhalt des rechts ersichtlich sein. auch grundbucheintragungen sind – unter berücksichtigung der besonderheiten des grundstücksverkehrs – der auslegung fähig. bei deren auslegung ist vorrangig auf den wortlaut und den sinn des eintrags und der in bezug genommenen eintragungsbewilligung abzustellen, wie er sich für einen unbefangenen betrachter als nächstliegende bedeutung des eingetragenen ergibt. außerhalb dieser urkunden liegende umstände dürfen nur insoweit mit herangezogen werden, als sie nach den besonderen verhältnissen des einzelfalles für jedermann ohne weiteres erkennbar sind. 62vgl. bgh, urteile vom 15. november 2013 – v zr 24/13 –, juris, rn. 6, und vom 29. september 2006 – v zr 25/06 –, juris, rn. 13, mit weiteren nachweisen. 63die vorstehend formulierten maßstäbe für die auslegung von baulasteintragungen sind danach, anders als die kläger meinen, schon nicht weniger streng als die, die an die auslegung von grundbucheintragungen angelegt werden. 64unter heranziehung der baulasterklärung und des ihr beigefügten lageplans sind die einzelheiten des inhalts der eingetragenen „verpflichtung, die entwässerungsleitung (kanalanschluß) … sicherzustellen“, hinreichend bestimmt. der verlauf der „entwässerungsleitung (kanalanschluß)“ über das belastete grundstück ergibt sich aus dem lageplan. dieser gehört zu der baulasterklärung insgesamt. soweit es in der bezugnahme auf den lageplan heißt, die belastungen seien in diesem grün schraffiert dargestellt, folgt aus dem dahinter stehenden klammerzusatz „(abstandfläche und stellplatzverpflichtung)“, dass nur die entsprechend belasteten flächen grün schraffiert dargestellt sind. dass die „entwässerungsleitung (kanalanschluß)“ nicht grün schraffiert ist, ist dementsprechend unschädlich. sie wurde in den lageplan unter verwendung des in der anlage zur bauprüfvo nrw in der zum damaligen zeitpunkt geltenden fassung vom 6. dezember 1995 (gvbl. 1995, 1241 ff.) für bauvorlagen vorgesehenen zeichens für regenwasserleitungen (nr. 3.2 der anlage) eingetragen. daraus ergibt sich, dass die „verpflichtung, die entwässerungsleitung (kanalanschluß) … sicherzustellen“, nur die niederschlagsentwässerung betrifft. im übrigen war und ist die ableitung von schmutzwasser von der straße c1. auf der höhe der begünstigten grundstücke über den dort zum zeitpunkt der abgabe der baulasterklärung bereits vorhandenen schmutzwasserkanal möglich, so dass die verpflichtung ihrer zielrichtung nach – „so lange sicherzustellen, bis von der straße c1.‚selbst‘ die ableitung möglich ist und die entwässerung dort angeschlossen werden kann“ – nicht die ableitung von schmutzwasser meint. 65die baulasteintragung entspricht überdies auch in dieser hinsicht der mit der baulasterklärung übernommenen verpflichtung, die potentiell zeitlich unbegrenzt bestehen bleiben kann. bestimmtheits- oder andere mängel der baulast, die aus einer abweichung der eintragung von der baulasterklärung resultieren könnten, sind auch sonst nicht erkennbar. die kläger machen in diesem zusammenhang geltend, die eintragung und das, „was gewollt gewesen sei“, stimmten nicht überein. dass die belastung des grundstücks – wie die kläger wohl unterstellen – auf der annahme beruht hätte, der bau eines niederschlagswasserkanals in der straße c1. in dem hier maßgeblichen bereich sei in einem überschaubaren zeitraum beabsichtigt, lässt sich jedoch weder der baulasteintragung und der baulasterklärung noch den sich aus der bauakte ergebenden umständen entnehmen. die rechtsvorgänger der kläger haben mit der abgabe der baulasterklärung objektiv das risiko übernommen, dass es die möglichkeit, das niederschlagswasser über die straße c1. abzuleiten, auf unabsehbare zeit nicht geben wird. welche auswirkungen eine diesbezügliche fehlvorstellung der rechtsvorgänger der kläger, läge sie denn vor, auf die wirksamkeit der baulasterklärung und der baulasteintragung (zum jetzigen zeitpunkt noch) haben könnte, bedarf daher keiner weiteren betrachtung. 66selbst wenn aber – ungeachtet des vorstehenden – die auffassung der kläger zuträfe, dass allein die baulasteintragung für die bestimmung des inhalts der baulast herangezogen werden könnte, führten daraus etwaig folgende bestimmtheitsmängel nicht zur nichtigkeit der baulast im sinne des § 44 abs. 1 vwvfg nrw. 67ein verwaltungsakt ist nichtig, soweit er an einem besonders schwerwiegenden fehler leidet und dies bei verständiger würdigung aller in betracht kommenden umstände offensichtlich ist. ein besonders schwerwiegender fehler ist ein mangel, der den verwaltungsakt als schlechterdings unerträglich, das heißt mit den tragenden verfassungsprinzipien oder der rechtsordnung immanenten wesentlichen wertvorstellungen unvereinbar erscheinen lässt. die an eine ordnungsgemäße verwaltung zu stellenden anforderungen müssen in so erheblichem maß verletzt sein, dass von niemandem erwartet werden kann, den verwaltungsakt als verbindlich anzuerkennen. 68vgl. etwa bverwg, beschluss vom 5. april 2011 – 6 b 41.10 –, juris, rn. 4, mit weiteren nachweisen. 69ein besonders schwerwiegender fehler eines verwaltungsakts kann danach auch in der völligen unbestimmtheit seines inhalts liegen. 70vgl. ovg nrw, urteil vom 26. september 1991 – 11 a 1604/89 –, juris, rn. 46 (zur nichtigkeit einer baugenehmigung wegen fehlender bestimmtheit), mit weiteren nachweisen. siehe auch ovg s.-a., urteil vom 17. juni 2021 – 2 l 104/19 –, juris, rn. 66, ebenfalls mit weiteren nachweisen. 71dies zugrunde gelegt wäre die baulasteintragung nicht nichtig, auch wenn sich ihr die genaue lage einer zur erfüllung der übernommenen verpflichtung erforderlichen entwässerungsleitung auf dem belasteten grundstück nicht entnehmen ließe. der wesentliche inhalt der übernommenen verpflichtung käme trotz derartiger etwaiger bestimmtheitsmängel immer noch zum ausdruck. eine dem eigentumsrecht an dem belasteten grundstück genügende umsetzung der übernommenen verpflichtung erwiese sich ohne weiteres als möglich, auch wenn die genaue lage der entwässerungsleitung in der baulast nicht festgelegt wäre. eine von den klägern angenommene unklarheit betreffend den genauen umfang – schmutz- und/oder niederschlagswasser –, in dem die entwässerung über das belastete grundstück sichergestellt werden soll, beziehungsweise eine etwaige abweichung der eintragung von der baulasterklärung insoweit führten ebenfalls nicht zur nichtigkeit der baulast. dass das auf den grundstücken der beigeladenen anfallende schmutzwasser dem in der straße c1. liegenden schmutzwasserkanal zugeführt wird, sieht die baugenehmigung für die wohnhäuser der beigeladenen im einklang mit den satzungsrechtlichen bestimmungen der beklagten betreffend die entwässerung in bereichen, in denen das trennsystem vorgeschrieben ist, vor (vgl. § 8 abs. 5 der (aktuellen) entwässerungssatzung der beklagten vom 18. dezember 2006). die ableitung von schmutzwasser über das grundstück der kläger steht schon in keiner weise in rede. selbst wenn die kläger die ableitung auch von schmutzwasser über ihr grundstück aufgrund der baulast hinnehmen müssten, führte dies nicht zu einem nach dem vorstehenden unerträglichen ergebnis. 72weitere fehler der baulasteintragung, die einen unmittelbaren anspruch auf deren löschung begründen könnten, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. 73ob ein unmittelbarer anspruch auf löschung der baulast nicht ohnehin verwirkt wäre, weil die rechtsvorgänger der kläger – soweit bekannt – einen fehler der baulasteintragung nie geltend gemacht, die schaffung der entwässerungsleitung auf dem belasteten grundstück und deren nutzung hingenommen haben und eine änderung der nutzung nicht in rede steht, bedarf nach dem vorstehenden keiner entscheidung. 74die kläger haben auch keinen anspruch darauf, dass die beklagte einen verzicht auf die baulast erklärt und die baulast sodann im baulastenverzeichnis löscht (vgl. § 85 abs. 3 satz 1 und satz 4 bauo nrw). nach § 85 abs. 3 satz 2 bauo nrw ist der verzicht auf die baulast zu erklären, wenn ein öffentliches interesse an ihr nicht mehr besteht. ein wegfall des öffentlichen interesses kann nur in fällen angenommen werden, in denen sich gegenüber der situation, in der die baulast übernommen wurde, eine änderung dieses öffentlichen interesses ergeben hat. 75vgl. ovg nrw, urteil vom 21. november 2017 – 2 a 1393/16 –, juris, rn. 52 ff., und beschluss vom 29. märz 2010 – 7 a 663/10 –, juris, rn. 14, jeweils mit weiteren nachweisen. 76hier haben sich die maßgeblichen tatsächlichen und rechtlichen grundlagen für die eintragung der baulast nicht geändert. nach den von den klägern nicht substantiiert bestrittenen angaben der beklagten, die im verwaltungsverfahren eine entsprechende auskunft der wbo eingeholt hat, besteht weiterhin keine möglichkeit für die begünstigten grundstücke, das anfallende niederschlagswasser wie vorgeschrieben getrennt über die straße c1. abzuleiten. 77die kostenentscheidung folgt aus den §§ 154 abs. 2, 159 satz 2, 162 abs. 3 vwgo. 78die entscheidung zur vorläufigen vollstreckbarkeit beruht auf § 167 vwgo in verbindung mit den §§ 708 ff. zpo. 79die revision ist nicht zuzulassen, weil die voraussetzungen des § 132 abs. 2 vwgo nicht vorliegen.
Verklagte*r
0
321,280
4 O 478/18
2019-07-02T00:00:00
Urteil
Tenor Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 42.612,41 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 25.08.2015 zu zahlen. Die Kosten des Rechtsstreits und der Nebenintervention trägt die Beklagte. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar. 1Tatbestand: 2Die Parteien streiten über Rückzahlungsansprüche aus Bausparverträgen. 3Die Klägerin hat mit Herrn C, im folgenden Erblasser genannt, zwei Bausparverträge geschlossen. Ursprünglich waren die Verträge zwischen der Rechtsvorgängerin der Klägerin, der E Gemeinnützige Bausparkasse für den öffentlichen Dienst GmbH, und dem Erblasser geschlossen worden. Ein Bausparvertrag wurde unter der Nummer ####### über eine Bausparsumme von 20.000,00 DM im Jahr 1986 geschlossen. Unter dem 21.09.1989 schloss der Erblasser einen weiteren Bausparvertrag unter der Endziffer 04 über eine Bausparsumme von 16.000,00 DM ab, die noch im gleichen Jahr um 10.000,00 DM auf 26.000,00 DM erhöht wurde. Beide Verträge wurden im Jahr 1993 zusammengelegt. 4Der Erblasser verstarb im Jahr 1993 und wurde ausweislich des gemeinschaftlichen Erbscheins von seiner Ehefrau und den Kindern beerbt, Anlage K2. Die Beklagte ist eine Tochter des Erblassers. Die Ehefrau des Erblassers, Frau D, verstarb am 07.04.2017. 5Im Januar 2005 nahm die Beklagte telefonisch Kontakt zur Klägerin auf und erklärte, die Ansprechpartnerin der Erbengemeinschaft zu sein und bat um Umschreibung der Verträge auf die Erbengemeinschaft. Die Verträge wurden in der Folge umgeschrieben und die Beklagte als Ansprechpartnerin geführt. Der Erbschein wurde der Klägerin im Jahr 2008 erstmals vorgelegt. Zur alleinigen Vertretung der Erbengemeinschaft war die Beklagte nicht berechtigt. 6Unter dem 18.12.2014 kündigte die Klägerin die Bausparverträge gegenüber der Beklagten, Anlage K4. Das Abrechnungsguthaben betrug für den Vertrag mit der Endziffer 02 25.982,01 Euro und für den Vertrag mit der Endziffer 01 16.630,44 Euro. Der Betrag wurde der Beklagten mittels Scheck zur Verfügung gestellt. Der Scheck wurde am 24.08.2015 von der Beklagten eingelöst. Die Gesamtsumme ist Gegenstand der vorliegenden Klage. 7Mit Schreiben vom 12.04.2017 wurde die Klägerin von einem anderen Mitglied der Erbengemeinschaft kontaktiert. Ihr wurde mitgeteilt, dass die Beklagte nicht im Auftrag der Erbengemeinschaft tätig geworden sei. 8Mit Schreiben vom 10.11.2017 forderte die Klägerin die Beklagte auf, die an sie ausgezahlten Beträge in Höhe von insgesamt 42.612,41 Euro spätestens bis zum 30.11.2017 auf ein bei der Klägerin für die Erbengemeinschaft geführtes Konto zurückzuzahlen, Anlage K9. 9Die Klägerin ist der Ansicht, die Beklagte sei zur Rückzahlung verpflichtet. Zinsen schulde sie ab dem Zeitpunkt der Einlösung des Schecks. 10Die Klägerin beantragt, 11die Beklagte zu verurteilen, an sie 42.612,41 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 25.08.2015 zu zahlen. 12Die Streithelferin schließt sich dem Antrag an. 13Die Beklagte beantragt, 14die Klage abzuweisen. 15Sie behauptet, die Ehefrau des Erblassers sei von dem Erblasser bevollmächtigt worden, im Todesfall alle Rechte und Pflichten aus den Bausparverträgen geltend zu machen und die Verträge auf die Ehefrau des Erblassers umzuschreiben. Die Ehefrau des Erblassers habe am 24.01.2004 eine entsprechende Erklärung abgegeben und um Umschreibung der Verträge auf sich gebeten, Bl. 59 d.A.. Diese Erklärung sei der Klägerin zugegangen. 16Entscheidungsgründe: 17Die zulässige Klage ist begründet. 18Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von 42.612,45 Euro aus § 812 Abs. 1 S. 1, 1. Alt. BGB. Die Beklagte hat etwas durch Leistung der Klägerin jedoch ohne Rechtsgrund erlangt. 19Die Beklagte hat von der Klägerin den Betrag in Höhe von 42.612,45 Euro durch einen Scheck erhalten. Hierbei handelte sich um eine bewusste und zweckgerichtete Mehrung fremden Vermögens, mithin eine Leistung. 20Dies geschah auch ohne Rechtsgrund. Die Beklagte ist nicht Inhaberin der beiden Bausparverträge geworden. Die Bausparverträge sind in den Nachlass nach dem Erblasser gefallen und stehen der ungeteilten Erbengemeinschaft nach dem Erblasser zur gesamten Hand zu, nicht jedoch der Beklagten. 21Ursprünglich war der Erblasser der Inhaber der Bausparverträge. Die hieraus resultierenden Ansprüche sind im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf die Erbengemeinschaft übergegangen, § 1922 BGB. Etwas anderes ergibt sich auch dann nicht, wenn die Ehefrau des Erblassers, wie von der Beklagten vorgetragen, bevollmächtigt gewesen wäre. Allein die Erteilung einer Vollmacht bewirkt nicht, dass die Ehefrau des Erblassers Inhaberin der Ansprüche geworden wäre. Hierzu hätte es einer Verfügung von Todes wegen bedurft, die jedoch nicht vorgetragen ist. Alternativ wäre eine Schenkung unter Lebenden auf den Todesfall denkbar. Allerdings ist auch hierzu nicht vorgetragen. Eine solche Schenkung wäre zudem formunwirksam gewesen. Eine Heilung durch Vollzug käme nicht in Betracht, da die Ehefrau des Erblassers den Betrag aus den Bausparverträgen nicht erhalten hat. 22Letztlich sind die Bausparverträge auch nie aufgrund dieser Vollmacht umgeschrieben worden. Soweit von der behaupteten Vollmacht durch das Schreiben vom 24.01.2004 Gebrauch gemacht worden sein soll, hätte es sich hierbei um ein Angebot zu einer Vertragsumschreibung gehandelt. Der Zugang des Schreibens bei der Klägerin ist jedoch streitig. Das Angebot wurde daher nicht angenommen. Sofern zu einem späteren Zeitpunkt eine Umschreibung auf die Beklagte erfolgte, geschah dies nicht als Reaktion auf dieses Schreiben aus dem Jahr 2004. Dort war gerade eine Umschreibung auf die Ehefrau des Erblassers gewünscht und eine Auskehrung des Guthabens an die Beklagte. 23Dass dieses Schreiben der Klägerin um laufenden Prozess durch die Beklagte übermittelt worden ist, ändert hieran nichts. Die in dem Schreiben enthaltene Erklärung wurde nicht wissentlich und willentlich von der mittlerweile verstorbenen Ehefrau des Erblassers abgegeben. 24Die Nebenforderungen ergeben sich aus §§ 819, 818 Abs. 4, 291 BGB. Die Beklagte haftet gem. §§ 818 Abs. 4, 819 BGB verschärft, da ihr der Mangel des Rechtsgrundes bei dem Empfang der Leistung bekannt war. Die Beklagte hat gegenüber der Klägerin angegeben, sie sei für die Erbengemeinschaft nach dem Erblasser vertretungsberechtigt und hat deshalb eine Umschreibung der Bausparverträge begehrt. Ihr war jedoch positiv bekannt, dass sie keine Vertretungsbefugnis für die Erbengemeinschaft besaß. Eine Stundung kann in einer eindeutigen Zahlungsaufforderung unter Fristsetzung nicht gesehen werden. 25Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 101, 709 ZPO. 26Der Streitwert wird festgesetzt auf 42.612,41 Euro.
die beklagte wird verurteilt, an die klägerin 42.612,41 euro zuzüglich zinsen in höhe von fünf prozentpunkten über dem jeweiligen basiszinssatz seit 25.08.2015 zu zahlen. die kosten des rechtsstreits und der nebenintervention trägt die beklagte. das urteil ist gegen sicherheitsleistung in höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden betrages vorläufig vollstreckbar. 1
2die parteien streiten über rückzahlungsansprüche aus bausparverträgen. 3die klägerin hat mit herrn c, im folgenden erblasser genannt, zwei bausparverträge geschlossen. ursprünglich waren die verträge zwischen der rechtsvorgängerin der klägerin, der e gemeinnützige bausparkasse für den öffentlichen dienst gmbh, und dem erblasser geschlossen worden. ein bausparvertrag wurde unter der nummer ####### über eine bausparsumme von 20.000,00 dm im jahr 1986 geschlossen. unter dem 21.09.1989 schloss der erblasser einen weiteren bausparvertrag unter der endziffer 04 über eine bausparsumme von 16.000,00 dm ab, die noch im gleichen jahr um 10.000,00 dm auf 26.000,00 dm erhöht wurde. beide verträge wurden im jahr 1993 zusammengelegt. 4der erblasser verstarb im jahr 1993 und wurde ausweislich des gemeinschaftlichen erbscheins von seiner ehefrau und den kindern beerbt, anlage k2. die beklagte ist eine tochter des erblassers. die ehefrau des erblassers, frau d, verstarb am 07.04.2017. 5im januar 2005 nahm die beklagte telefonisch kontakt zur klägerin auf und erklärte, die ansprechpartnerin der erbengemeinschaft zu sein und bat um umschreibung der verträge auf die erbengemeinschaft. die verträge wurden in der folge umgeschrieben und die beklagte als ansprechpartnerin geführt. der erbschein wurde der klägerin im jahr 2008 erstmals vorgelegt. zur alleinigen vertretung der erbengemeinschaft war die beklagte nicht berechtigt. 6unter dem 18.12.2014 kündigte die klägerin die bausparverträge gegenüber der beklagten, anlage k4. das abrechnungsguthaben betrug für den vertrag mit der endziffer 02 25.982,01 euro und für den vertrag mit der endziffer 01 16.630,44 euro. der betrag wurde der beklagten mittels scheck zur verfügung gestellt. der scheck wurde am 24.08.2015 von der beklagten eingelöst. die gesamtsumme ist gegenstand der vorliegenden klage. 7mit schreiben vom 12.04.2017 wurde die klägerin von einem anderen mitglied der erbengemeinschaft kontaktiert. ihr wurde mitgeteilt, dass die beklagte nicht im auftrag der erbengemeinschaft tätig geworden sei. 8mit schreiben vom 10.11.2017 forderte die klägerin die beklagte auf, die an sie ausgezahlten beträge in höhe von insgesamt 42.612,41 euro spätestens bis zum 30.11.2017 auf ein bei der klägerin für die erbengemeinschaft geführtes konto zurückzuzahlen, anlage k9. 9die klägerin ist der ansicht, die beklagte sei zur rückzahlung verpflichtet. zinsen schulde sie ab dem zeitpunkt der einlösung des schecks. 10die klägerin beantragt, 11die beklagte zu verurteilen, an sie 42.612,41 euro zuzüglich zinsen in höhe von fünf prozentpunkten über dem jeweiligen basiszinssatz seit 25.08.2015 zu zahlen. 12die streithelferin schließt sich dem antrag an. 13die beklagte beantragt, 14die klage abzuweisen. 15sie behauptet, die ehefrau des erblassers sei von dem erblasser bevollmächtigt worden, im todesfall alle rechte und pflichten aus den bausparverträgen geltend zu machen und die verträge auf die ehefrau des erblassers umzuschreiben. die ehefrau des erblassers habe am 24.01.2004 eine entsprechende erklärung abgegeben und um umschreibung der verträge auf sich gebeten, bl. 59 d.a.. diese erklärung sei der klägerin zugegangen. 16
17die zulässige klage ist begründet. 18die klägerin hat gegen die beklagte einen anspruch auf zahlung von 42.612,45 euro aus § 812 abs. 1 s. 1, 1. alt. bgb. die beklagte hat etwas durch leistung der klägerin jedoch ohne rechtsgrund erlangt. 19die beklagte hat von der klägerin den betrag in höhe von 42.612,45 euro durch einen scheck erhalten. hierbei handelte sich um eine bewusste und zweckgerichtete mehrung fremden vermögens, mithin eine leistung. 20dies geschah auch ohne rechtsgrund. die beklagte ist nicht inhaberin der beiden bausparverträge geworden. die bausparverträge sind in den nachlass nach dem erblasser gefallen und stehen der ungeteilten erbengemeinschaft nach dem erblasser zur gesamten hand zu, nicht jedoch der beklagten. 21ursprünglich war der erblasser der inhaber der bausparverträge. die hieraus resultierenden ansprüche sind im wege der gesamtrechtsnachfolge auf die erbengemeinschaft übergegangen, § 1922 bgb. etwas anderes ergibt sich auch dann nicht, wenn die ehefrau des erblassers, wie von der beklagten vorgetragen, bevollmächtigt gewesen wäre. allein die erteilung einer vollmacht bewirkt nicht, dass die ehefrau des erblassers inhaberin der ansprüche geworden wäre. hierzu hätte es einer verfügung von todes wegen bedurft, die jedoch nicht vorgetragen ist. alternativ wäre eine schenkung unter lebenden auf den todesfall denkbar. allerdings ist auch hierzu nicht vorgetragen. eine solche schenkung wäre zudem formunwirksam gewesen. eine heilung durch vollzug käme nicht in betracht, da die ehefrau des erblassers den betrag aus den bausparverträgen nicht erhalten hat. 22letztlich sind die bausparverträge auch nie aufgrund dieser vollmacht umgeschrieben worden. soweit von der behaupteten vollmacht durch das schreiben vom 24.01.2004 gebrauch gemacht worden sein soll, hätte es sich hierbei um ein angebot zu einer vertragsumschreibung gehandelt. der zugang des schreibens bei der klägerin ist jedoch streitig. das angebot wurde daher nicht angenommen. sofern zu einem späteren zeitpunkt eine umschreibung auf die beklagte erfolgte, geschah dies nicht als reaktion auf dieses schreiben aus dem jahr 2004. dort war gerade eine umschreibung auf die ehefrau des erblassers gewünscht und eine auskehrung des guthabens an die beklagte. 23dass dieses schreiben der klägerin um laufenden prozess durch die beklagte übermittelt worden ist, ändert hieran nichts. die in dem schreiben enthaltene erklärung wurde nicht wissentlich und willentlich von der mittlerweile verstorbenen ehefrau des erblassers abgegeben. 24die nebenforderungen ergeben sich aus §§ 819, 818 abs. 4, 291 bgb. die beklagte haftet gem. §§ 818 abs. 4, 819 bgb verschärft, da ihr der mangel des rechtsgrundes bei dem empfang der leistung bekannt war. die beklagte hat gegenüber der klägerin angegeben, sie sei für die erbengemeinschaft nach dem erblasser vertretungsberechtigt und hat deshalb eine umschreibung der bausparverträge begehrt. ihr war jedoch positiv bekannt, dass sie keine vertretungsbefugnis für die erbengemeinschaft besaß. eine stundung kann in einer eindeutigen zahlungsaufforderung unter fristsetzung nicht gesehen werden. 25die prozessualen nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 101, 709 zpo. 26der streitwert wird festgesetzt auf 42.612,41 euro.
Klaeger*in
1
126,446
57 C 237/14
2016-02-09T00:00:00
Urteil
Tenor Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 4.405,77 € nebst Zinsen in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 20.08.2014 aus 2.668,22 €, aus 714,00 € seit dem 15.08.2014 und nebst 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 1.023,55 € seit dem 20.08.2014 sowie vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 413,90 € nebst Zinsen in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 06.10.2014 zu zahlen. Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages. 1Tatbestand: 2Die Parteien streiten um Honoraransprüche aus einem Steuerberatungsvertrag. 3Der Kläger war bis zum Mandatsentzug im Juli 2014 für den Beklagten als Steuerberater tätig. Inhalt der zugrundeliegenden Vereinbarung war die Übernahme der laufenden steuerlichen Beratung. 4Der Kläger stellte dem Beklagten folgende Leistungen in Rechnung: 5Mit Rechnung vom 29.07.2014 für die Erstellung der Gewerbesteuererklärung 2012, der Umsatzsteuererklärung 2012 und des Jahresabschlusses 2012: 2.668,22 €; 6mit Rechnung vom 29.07.2014 für die Erstellung der Einkommenssteuererklärung 2012 und die Ermittlung diverser Überschüsse. 1.023,55; 7darüber hinaus wurde 714,00 € mit Rechnung vom 24.07.2014 abgerechnet. 8Mit der Klage nimmt der Kläger den Beklagten auf Zahlung in Anspruch. 9Er behauptet, er habe alle Leistungen vertragsgemäß erbracht. Die Stundenarbeiten seien insbesondere aufgrund einer Betriebsprüfung angefallen. 10Der Kläger beantragt, 11den Beklagten zu verurteilen, an ihn 4.405,77 € nebst Zinsen in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 20.08.2014 aus 2.668,22 € sowie aus 714,00 € seit dem 15.08.2014 bzw. nebst 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 1.023,55 € seit dem 20.08.2014 zuzüglich vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 413,90 € nebst Zinsen in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 06.10.2014 zu zahlen. 12Der Beklagte beantragt, 13 die Klage abzuweisen. 14Er ist der Ansicht, dem Kläger stehe der geltend gemachte Anspruch nicht zu. Bereits die Rechnungen seien nicht entsprechend den gesetzlichen Anforderungen erstellt worden. Es seien die Gegenstandswerte nicht angegeben und die Berechnungsgrundlagen seien fehlerhaft. Hilfsweise werde die Aufrechnung mit Schadensersatzansprüchen erklärt. So sei die Entschädigungszahlung der RAG wegen Bergbauschäden fehlerhaft verbucht worden, da diese durch den Kläger nicht als Betriebseinnahmen angesetzt worden seien. 15Darüber hinaus sei eine entsprechende Absetzung eines im August 2011 angeschafften Pkw Audi Q7 fehlerhaft erfolgt. Darüber hinaus seien die Buchführungen bzw. Bilanzwerte nicht an das Jahr 2012 angepasst worden. 16Durch die fehlerhafte Beratung bei der Anschaffung und Absetzung des Audi Q7 habe das Finanzamt den Investitionsabzugsbetrag nach § 7 g Einkommenssteuergesetz nicht gewährt. Außerdem habe der Kläger ihn, den Beklagten, nicht darüber aufgeklärt, dass für die ausschließliche betriebliche Nutzung ein Fahrtenbuch zu führen sei, um in den Genuss des Absetzungsbetrages zu kommen. Hierdurch sei ein Schaden in Höhe der Steuermehrbelastung von 3.837,71 € sowie vom Finanzamt berechnete Zinsen in Höhe von 841,00 € entstanden. Durch die erforderliche Nachversteuerung der fehlerhaft verbuchten Entschädigungszahlungen der RAG seien Steuermehrbelastungen in Höhe von 9.723,20 € und Nachzahlungen in Höhe von 625,00 € an das Finanzamt zu erbringen gewesen. 17Die fehlerhafte Verbuchung der Entschädigungszahlung der RAG und auch die fehlerhafte Belehrung über die Absetzung des Fahrzeugs Audi Q7 ist im Laufe des Rechtsstreits vom Kläger eingeräumt worden. 18Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze Bezug genommen. 19Entscheidungsgründe: 20Die Klage ist begründet. 21Dem Kläger steht der geltend gemachte Honoraranspruch in Höhe von 4.405,77 € gegen den Beklagten gemäß §§ 611, 675 BGB zu. Zwischen den Parteien ist ein Steuerberatungsvertrag zustande gekommen, der die fortlaufende steuerliche Beratung und die Wahrnehmung der steuerlichen Interessen des Beklagten beinhaltete. 22Der Kläger kann danach die bis zum Mandatsentzug im Juli 2014 erbrachten Leistungen gemäß seinen Rechnungen honoriert verlangen. Die vom Kläger gestellten Rechnungen vom 29.07.2014 genügen nach Auffassung des Gerichtes den Erfordernissen des § 9 Abs. 1, 2 Steuerberatervergütungsverordnung. Insbesondere sind den Rechnungen Nummer 20141543 und 20141547 die Beträge der einzelnen Gebühren und Auslagen, die Vorschüsse, eine Bezeichnung des Gebührentatbestandes, die Bezeichnung der Auslagen sowie die angewandten Vorschriften zu entnehmen. Darüber hinaus sind die Gegenstandswerteinheiten in den Rechnungen vom 29.07.2014 deutlich erkennbar angegeben. 23Nach Auffassung des Gerichtes greifen die Einwendungen des Beklagten deshalb nicht durch. 24Die Rechnungen sind auch fällig im Sinne von § 7 Steuerberatervergütungsverordnung, da der Auftrag im Sinne der Vorschrift mit der Anfertigung der Erklärung als erbracht anzusehen ist (§ 24 Steuerberatervergütungsverordnung). 25Nach Auffassung des Gerichtes ist auch die Rechnung vom 24.07.2014 über die Arbeitsstunden hinreichend substantiiert dargelegt und demzufolge berechtigt. Der Kläger hatte im Einzelnen nachvollziehbar die erbrachten Leistungen substantiiert. Die Einwendungen des Beklagten sind demgegenüber unerheblich. Allein das pauschale Bestreiten genügt hier nach Auffassung des Gerichtes nicht. Vielmehr hätte der Beklagte zumindest ansatzweise darlegen müssen, warum der Stundenaufwand nicht gerechtfertigt ist. 26Der klägerische Anspruch ist auch nicht durch die vom Beklagten erklärte Aufrechnung gemäß § 389 BGB erloschen. 27Nach Auffassung des Gerichtes steht dem Beklagten kein Gegenanspruch gemäß § 280 Abs. 1 BGB hinsichtlich der fehlerhaften Verbuchung der RAG-Entschädigung zu. Dabei kann dahinstehen, ob der Anspruch dem Grunde nach als gegeben anzusehen ist. Der Beklagte hatte jedenfalls den Anspruch der Höhe nach nicht hinreichend nachvollziehbar dargelegt. Die nachzuzahlende Steuerschuld in Höhe von 9.723,20 € stellt keinen Schaden dar. Vielmehr war der Beklagte insoweit nach den gesetzlichen Vorschriften zur Zahlung verpflichtet. Die RAG-Entschädigung war grundsätzlich nicht steuerfrei, wie zwischen den Parteien unstreitig sein dürfte. 28Ein Schaden ist dem Beklagten deshalb insoweit nicht entstanden. Die auf die Nachzahlung entfallenen Zinsen von 1.062,00 € kann der Beklagte ebenfalls nicht als Schadensposition zur Aufrechnung stellen. Es fehlt nach Auffassung des Gerichtes insoweit ein hinreichender Vortrag zu den Grundsätzen der Vorteilsausgleichung (vergleiche BGH NJW 2006, 499 und 2042). 29Der Beklagte muss sich nämlich insoweit den Liquiditätsvorteil anrechnen lassen. So kommen als Vorteil ersparte Kreditzinsen mangels Kontoüberziehung oder Anlagezinsen in Betracht. Grundsätzlich ist dabei davon auszugehen, dass der Beklagte die Möglichkeit hatte, diese Beträge entsprechend anzulegen. Anderenfalls wäre von einem überwiegenden Mitverschulden im Sinne von § 254 Abs. 1 BGB auszugehen. 30Danach kann ein Schaden in Höhe der angefallenen Zinsen nicht festgestellt werden. Insoweit ist die Aufrechnung deshalb unbegründet. 31Dies gilt auch hinsichtlich der fehlerhaften Absetzung des Pkw Audi Q7. Die Schadensberechnung im Schriftsatz des Beklagten-Vertreters vom 12.05.2015 ist nach Auffassung des Gerichtes nicht geeignet, einen Schadensersatzanspruch zu begründen. Der zugrunde gelegte Schaden aufgrund der unterschiedlichen Steuersätze für 2010 und 2011 von 3.837,71 € ist für das Gericht aufgrund der vorgelegten Unterlagen nicht hinreichend nachvollziehbar. Insoweit hätte es dem Beklagten oblegen, ggfls. die Steuerbescheide vorzulegen. Nach Auffassung des Gerichtes ist jedenfalls aufgrund der vorliegenden Unterlagen eine konkrete Schadensberechnung nicht möglich. Dies geht zu Lasten des darlegungs- und beweispflichtigen Beklagten. 32Infolge dessen kann auch ein etwaiger Zinsnachteil nicht hinreichend sicher festgestellt werden. 33Ebenso wenig steht dem Beklagten ein aufrechenbarer Schadensersatzanspruch wegen Schlechterfüllung des Steuerberatervertrages im Rahmen der Jahresabschlussarbeiten 2013 gemäß §§ 280 Abs. 1, 281 BGB in Höhe von 600,00 € zu. Der Beklagte hätte dem Kläger hier nach Auffassung des Gerichtes Gelegenheit zur Nachbesserung einräumen müssen. Dies ist nur dann entbehrlich, wenn der bisherige Steuerberater seine Nachbesserung ernsthaft und endgültig verweigert (vergleiche OLG Koblenz, 3 U 1027/02). Dies ist vorliegend nicht ersichtlich. 34Auch wegen der geltend gemachten Ansprüche auf Schadensersatz der vom Finanzamt festgesetzten Säumniszuschläge in Höhe von 110,00 € ist der Beklagte mangels Vorlage entsprechend nachvollziehbarer Bescheide beweisfällig geblieben. 35Danach stehen dem Beklagten nach Auffassung des Gerichtes keine Gegenansprüche zu. 36Der Klage war deshalb insgesamt stattzugeben. 37Der Zinsanspruch ergibt sich aus dem Gesichtspunkt des Verzuges. 38Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91, 709 ZPO. 39Rechtsbehelfsbelehrung: 40Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist, 411. wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder 422. wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht zugelassen worden ist. 43Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Landgericht Bochum, Westring 8, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten. 44Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Landgericht Bochum zu begründen. 45Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Bochum durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein. 46Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden. 47
der beklagte wird verurteilt, an den kläger 4.405,77 € nebst zinsen in höhe von 9 prozentpunkten über dem basiszinssatz seit dem 20.08.2014 aus 2.668,22 €, aus 714,00 € seit dem 15.08.2014 und nebst 5 prozentpunkten über dem basiszinssatz aus 1.023,55 € seit dem 20.08.2014 sowie vorgerichtliche anwaltskosten in höhe von 413,90 € nebst zinsen in höhe von 9 prozentpunkten über dem basiszinssatz seit dem 06.10.2014 zu zahlen. der beklagte trägt die kosten des rechtsstreits. das urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen sicherheitsleistung in höhe von 110 % des jeweils beizutreibenden betrages. 1
2die parteien streiten um honoraransprüche aus einem steuerberatungsvertrag. 3der kläger war bis zum mandatsentzug im juli 2014 für den beklagten als steuerberater tätig. inhalt der zugrundeliegenden vereinbarung war die übernahme der laufenden steuerlichen beratung. 4der kläger stellte dem beklagten folgende leistungen in rechnung: 5mit rechnung vom 29.07.2014 für die erstellung der gewerbesteuererklärung 2012, der umsatzsteuererklärung 2012 und des jahresabschlusses 2012: 2.668,22 €; 6mit rechnung vom 29.07.2014 für die erstellung der einkommenssteuererklärung 2012 und die ermittlung diverser überschüsse. 1.023,55; 7darüber hinaus wurde 714,00 € mit rechnung vom 24.07.2014 abgerechnet. 8mit der klage nimmt der kläger den beklagten auf zahlung in anspruch. 9er behauptet, er habe alle leistungen vertragsgemäß erbracht. die stundenarbeiten seien insbesondere aufgrund einer betriebsprüfung angefallen. 10der kläger beantragt, 11den beklagten zu verurteilen, an ihn 4.405,77 € nebst zinsen in höhe von 9 prozentpunkten über dem basiszinssatz seit dem 20.08.2014 aus 2.668,22 € sowie aus 714,00 € seit dem 15.08.2014 bzw. nebst 5 prozentpunkten über dem basiszinssatz aus 1.023,55 € seit dem 20.08.2014 zuzüglich vorgerichtliche anwaltskosten in höhe von 413,90 € nebst zinsen in höhe von 9 prozentpunkten über dem basiszinssatz seit dem 06.10.2014 zu zahlen. 12der beklagte beantragt, 13 die klage abzuweisen. 14er ist der ansicht, dem kläger stehe der geltend gemachte anspruch nicht zu. bereits die rechnungen seien nicht entsprechend den gesetzlichen anforderungen erstellt worden. es seien die gegenstandswerte nicht angegeben und die berechnungsgrundlagen seien fehlerhaft. hilfsweise werde die aufrechnung mit schadensersatzansprüchen erklärt. so sei die entschädigungszahlung der rag wegen bergbauschäden fehlerhaft verbucht worden, da diese durch den kläger nicht als betriebseinnahmen angesetzt worden seien. 15darüber hinaus sei eine entsprechende absetzung eines im august 2011 angeschafften pkw audi q7 fehlerhaft erfolgt. darüber hinaus seien die buchführungen bzw. bilanzwerte nicht an das jahr 2012 angepasst worden. 16durch die fehlerhafte beratung bei der anschaffung und absetzung des audi q7 habe das finanzamt den investitionsabzugsbetrag nach § 7 g einkommenssteuergesetz nicht gewährt. außerdem habe der kläger ihn, den beklagten, nicht darüber aufgeklärt, dass für die ausschließliche betriebliche nutzung ein fahrtenbuch zu führen sei, um in den genuss des absetzungsbetrages zu kommen. hierdurch sei ein schaden in höhe der steuermehrbelastung von 3.837,71 € sowie vom finanzamt berechnete zinsen in höhe von 841,00 € entstanden. durch die erforderliche nachversteuerung der fehlerhaft verbuchten entschädigungszahlungen der rag seien steuermehrbelastungen in höhe von 9.723,20 € und nachzahlungen in höhe von 625,00 € an das finanzamt zu erbringen gewesen. 17die fehlerhafte verbuchung der entschädigungszahlung der rag und auch die fehlerhafte belehrung über die absetzung des fahrzeugs audi q7 ist im laufe des rechtsstreits vom kläger eingeräumt worden. 18wegen der weiteren einzelheiten des vorbringens wird auf die zwischen den parteien gewechselten schriftsätze bezug genommen. 19
20die klage ist begründet. 21dem kläger steht der geltend gemachte honoraranspruch in höhe von 4.405,77 € gegen den beklagten gemäß §§ 611, 675 bgb zu. zwischen den parteien ist ein steuerberatungsvertrag zustande gekommen, der die fortlaufende steuerliche beratung und die wahrnehmung der steuerlichen interessen des beklagten beinhaltete. 22der kläger kann danach die bis zum mandatsentzug im juli 2014 erbrachten leistungen gemäß seinen rechnungen honoriert verlangen. die vom kläger gestellten rechnungen vom 29.07.2014 genügen nach auffassung des gerichtes den erfordernissen des § 9 abs. 1, 2 steuerberatervergütungsverordnung. insbesondere sind den rechnungen nummer 20141543 und 20141547 die beträge der einzelnen gebühren und auslagen, die vorschüsse, eine bezeichnung des gebührentatbestandes, die bezeichnung der auslagen sowie die angewandten vorschriften zu entnehmen. darüber hinaus sind die gegenstandswerteinheiten in den rechnungen vom 29.07.2014 deutlich erkennbar angegeben. 23nach auffassung des gerichtes greifen die einwendungen des beklagten deshalb nicht durch. 24die rechnungen sind auch fällig im sinne von § 7 steuerberatervergütungsverordnung, da der auftrag im sinne der vorschrift mit der anfertigung der erklärung als erbracht anzusehen ist (§ 24 steuerberatervergütungsverordnung). 25nach auffassung des gerichtes ist auch die rechnung vom 24.07.2014 über die arbeitsstunden hinreichend substantiiert dargelegt und demzufolge berechtigt. der kläger hatte im einzelnen nachvollziehbar die erbrachten leistungen substantiiert. die einwendungen des beklagten sind demgegenüber unerheblich. allein das pauschale bestreiten genügt hier nach auffassung des gerichtes nicht. vielmehr hätte der beklagte zumindest ansatzweise darlegen müssen, warum der stundenaufwand nicht gerechtfertigt ist. 26der klägerische anspruch ist auch nicht durch die vom beklagten erklärte aufrechnung gemäß § 389 bgb erloschen. 27nach auffassung des gerichtes steht dem beklagten kein gegenanspruch gemäß § 280 abs. 1 bgb hinsichtlich der fehlerhaften verbuchung der rag-entschädigung zu. dabei kann dahinstehen, ob der anspruch dem grunde nach als gegeben anzusehen ist. der beklagte hatte jedenfalls den anspruch der höhe nach nicht hinreichend nachvollziehbar dargelegt. die nachzuzahlende steuerschuld in höhe von 9.723,20 € stellt keinen schaden dar. vielmehr war der beklagte insoweit nach den gesetzlichen vorschriften zur zahlung verpflichtet. die rag-entschädigung war grundsätzlich nicht steuerfrei, wie zwischen den parteien unstreitig sein dürfte. 28ein schaden ist dem beklagten deshalb insoweit nicht entstanden. die auf die nachzahlung entfallenen zinsen von 1.062,00 € kann der beklagte ebenfalls nicht als schadensposition zur aufrechnung stellen. es fehlt nach auffassung des gerichtes insoweit ein hinreichender vortrag zu den grundsätzen der vorteilsausgleichung (vergleiche bgh njw 2006, 499 und 2042). 29der beklagte muss sich nämlich insoweit den liquiditätsvorteil anrechnen lassen. so kommen als vorteil ersparte kreditzinsen mangels kontoüberziehung oder anlagezinsen in betracht. grundsätzlich ist dabei davon auszugehen, dass der beklagte die möglichkeit hatte, diese beträge entsprechend anzulegen. anderenfalls wäre von einem überwiegenden mitverschulden im sinne von § 254 abs. 1 bgb auszugehen. 30danach kann ein schaden in höhe der angefallenen zinsen nicht festgestellt werden. insoweit ist die aufrechnung deshalb unbegründet. 31dies gilt auch hinsichtlich der fehlerhaften absetzung des pkw audi q7. die schadensberechnung im schriftsatz des beklagten-vertreters vom 12.05.2015 ist nach auffassung des gerichtes nicht geeignet, einen schadensersatzanspruch zu begründen. der zugrunde gelegte schaden aufgrund der unterschiedlichen steuersätze für 2010 und 2011 von 3.837,71 € ist für das gericht aufgrund der vorgelegten unterlagen nicht hinreichend nachvollziehbar. insoweit hätte es dem beklagten oblegen, ggfls. die steuerbescheide vorzulegen. nach auffassung des gerichtes ist jedenfalls aufgrund der vorliegenden unterlagen eine konkrete schadensberechnung nicht möglich. dies geht zu lasten des darlegungs- und beweispflichtigen beklagten. 32infolge dessen kann auch ein etwaiger zinsnachteil nicht hinreichend sicher festgestellt werden. 33ebenso wenig steht dem beklagten ein aufrechenbarer schadensersatzanspruch wegen schlechterfüllung des steuerberatervertrages im rahmen der jahresabschlussarbeiten 2013 gemäß §§ 280 abs. 1, 281 bgb in höhe von 600,00 € zu. der beklagte hätte dem kläger hier nach auffassung des gerichtes gelegenheit zur nachbesserung einräumen müssen. dies ist nur dann entbehrlich, wenn der bisherige steuerberater seine nachbesserung ernsthaft und endgültig verweigert (vergleiche olg koblenz, 3 u 1027/02). dies ist vorliegend nicht ersichtlich. 34auch wegen der geltend gemachten ansprüche auf schadensersatz der vom finanzamt festgesetzten säumniszuschläge in höhe von 110,00 € ist der beklagte mangels vorlage entsprechend nachvollziehbarer bescheide beweisfällig geblieben. 35danach stehen dem beklagten nach auffassung des gerichtes keine gegenansprüche zu. 36der klage war deshalb insgesamt stattzugeben. 37der zinsanspruch ergibt sich aus dem gesichtspunkt des verzuges. 38die nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91, 709 zpo. 39rechtsbehelfsbelehrung: 40gegen dieses urteil ist das rechtsmittel der berufung für jeden zulässig, der durch dieses urteil in seinen rechten benachteiligt ist, 411. wenn der wert des beschwerdegegenstandes 600,00 eur übersteigt oder 422. wenn die berufung in dem urteil durch das amtsgericht zugelassen worden ist. 43die berufung muss innerhalb einer notfrist von einem monat nach zustellung dieses urteils schriftlich bei dem landgericht bochum, westring 8, eingegangen sein. die berufungsschrift muss die bezeichnung des urteils, gegen das die berufung gerichtet wird, sowie die erklärung, dass gegen dieses urteil berufung eingelegt werde, enthalten. 44die berufung ist, sofern nicht bereits in der berufungsschrift erfolgt, binnen zwei monaten nach zustellung dieses urteils schriftlich gegenüber dem landgericht bochum zu begründen. 45die parteien müssen sich vor dem landgericht bochum durch einen rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die berufungs- und die berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein. 46mit der berufungsschrift soll eine ausfertigung oder beglaubigte abschrift des angefochtenen urteils vorgelegt werden. 47
Klaeger*in
1
179,367
3 K 3853/13
2014-05-06T00:00:00
Urteil
Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen. Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar. 1Tatbestand: 2Die Beteiligten streiten um die bei der Durchführung des Schützen- und Heimatfestes in L. -G. einzuhaltenden Lärmobergrenzen. 3Das von der Klägerin seit mehr als sechzig Jahren auf dem dortigen N.-----platz (und dem angrenzenden Parkplatz) veranstaltete Schützen- und Heimatfest findet alle zwei Jahre (zuletzt 2013) statt. 4Bereits 2004 verklagte die Beigeladene, Miteigentümerin und Bewohnerin des dem N.-----platz benachbarten Grundstücks N1.-----straße 74-76 in L. -G. , die Beklagte vor dem Landgericht L. auf die Einhaltung von Immissionsrichtwerten u. a. bei der Durchführung des Schützenfestes. In dem von der Beklagten angestrengten Berufungsverfahren (- I-9 U 118/05 -), an dem die Klägerin ebenfalls nicht beteiligt war, schlossen die Beklagte und die Beigeladene auf Vorschlag des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf am 12. Juni 2006 den folgenden Vergleich: 5„Die Beklagte verpflichtet sich, durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, dass dem Hausgrundstück der Klägerin N2.-----straße 74-76 in L. -G. keine Lärmimmissionen zugeführt werden, die durch den Betrieb von Bürger- und Schützenfesten auf dem benachbarten Grundstück N.-----platz hervorgerufen werden, die folgende Beurteilungspegel überschreiten: 6a) Für das einmal im Jahr stattfindende Bürgerfest ist am Hause der Klägerin ein Beurteilungspegel für die Zeit bis 24.00 Uhr von 70 dB(A) – mit einzelnen Spitzen bis 90 dB(A) – und ab Mitternacht von 55 dB(A) einzuhalten. 7b) Für das alle zwei Jahre stattfindende Schützenfest sind die genannten Werte für zwei Tage einzuhalten. Für die übrigen Tage sind die Werte von seltenen Störereignissen im Sinne der LAI-Freizeitlärm-Richtlinie einzuhalten, d. h. von 70 dB(A) außerhalb der Ruhezeiten (8.00 bis 20.00 Uhr), 65 dB(A) innerhalb der Ruhezeiten (6.00 bis 8.00 Uhr und 20.00 bis 22.00 Uhr) und 55 dB(A) nachts (22.00 bis 6.00 Uhr).“ 8In den vergangenen Jahren beantragte die Klägerin für jedes Schützenfest eine Ausnahmegenehmigung nach dem Landesimmissionsschutzgesetz. Diese versah die Beklagte jeweils mit Nebenbestimmungen, die dem Inhalt des vorgenannten Vergleichs entsprachen. Die Beigeladene betrieb gegen die Beklagte jedenfalls einmal (erfolgreich) die Vollstreckung aus diesem Vergleich. 9Die mit der Klage am 18. April 2013 angegriffene Ausnahmegenehmigung vom 18. März 2013 enthält unter Auflage Ziffer 1. die Verpflichtung sicherzustellen, dass zu den nachstehenden Zeiträumen die folgenden Beurteilungspegel nicht überschritten werden: 10Freitag, ... , von 19:00 bis 24:00 Uhr: 70 dB(A)Samstag, … , von 20:00 bis 24:00 Uhr: 70 dB(A)Sonntag, … , von 24:00 bis 01:00 Uhr: 55 dB(A)Sonntag, … , von 11:00 bis 13:00 Uhr: 70 dB(A)Sonntag, … , von 20:00 bis 22:00 Uhr: 65 dB(A)Sonntag, … , von 22:00 bis 24:00 Uhr: 55 dB(A)Montag, … , von 11:00 bis 20:00 Uhr: 70 dB(A)Montag, … , von 20:00 bis 22:00 Uhr: 65 dB(A)Dienstag, … , von 19:00 bis 20:00 Uhr: 70 dB (A)Dienstag, … , von 20:00 bis 22:00 Uhr: 65 dB (A)Dienstag, … , von 22:00 bis 24:00 Uhr: 55 dB (A) 11Sie erklärt ferner am Freitag und am Samstag jeweils bis Mitternacht einzelne kurzzeitige Geräuschspitzen bis 90 dB (A) für zulässig. 12Die Klägerin hält demgegenüber einen Beurteilungspegel von 70 dB (A) mit einzelnen kurzzeitigen Geräuschspitzen bis 90 dB (A) während aller genehmigten Zeiträume für angemessen. Denn die von der Beklagten verfügten Nebenbestimmungen führten dazu, dass die Veranstaltung nicht bzw. nicht mit den beantragten Zeiten durchgeführt werden könne. Ausweislich des von ihr eingeholten Messberichts des Büros C. & C1. über die Ermittlung der Geräuschimmissionen, verursacht durch die Nutzung des Schützenzeltes im Rahmen des Schützenfestes im Juli 2013, sei insbesondere die 55 dB (A)-Vorgabe unrealistisch; sie könne selbst bei vollständigem Abschalten der Lautsprecheranlage angesichts des allein von den Besuchern erzeugten „Geräuschteppichs“ nicht eingehalten werden. Die festgesetzten Lärmwerte seien zum Schutz der Beigeladenen nicht geboten; dies ergebe sich auch aus der einschlägigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts Aachen und des Landgerichts Siegen zu ähnlichen Sachverhalten. Der Vergleich von 2006 stelle sich als unzulässiger Vertrag zu Lasten Dritter dar, der ihren – der Klägerin – Anspruch auf fehlerfreie Ermessensausübung in unzulässiger Weise einschränke und damit gegen ein gesetzliches Verbot verstoße. Aus dem an die Arbeitsgemeinschaft der L1. Schützenvereine gerichteten Schreiben des Oberbürgermeisters vom 28. März 2014 ergebe sich, dass sich die Beklagte durch den zu Lasten der Klägerin abgeschlossenen Vergleich gehindert sehe, eine vergleichbar großzügigere Genehmigungspraxis anzuwenden als in allen anderen Verfahren auf Erteilung einer Ausnahmegenehmigung für Schützenfeste in L. . 13Die Klägerin, deren Klage zunächst auf die Verpflichtung zur Erteilung einer weitergehenden Ausnahmegenehmigung für das Schützen- und Heimatfest 2013 und hilfsweise auf Neubescheidung gerichtet gewesen ist, beantragt nach dessen Abschluss nunmehr, 14festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet gewesen ist, ihr eine Ausnahmegenehmigung nach dem Landesimmissionsschutzgesetz für die Durchführung des Schützen- und Heimatfestes in der Zeit vom 5. bis zum 9. Juli 2013 in L. , N.-----platz , mit folgenden Abweichungen von der Ausnahmegenehmigung vom 18. März 2013 zu erteilen:Auflage Ziffer 1:„Es ist sicherzustellen, dass während der genehmigten Zeiträume der Beurteilungspegel von 70 dB(A) nicht überschritten wird.Einzelne kurzzeitige Geräuschspitzen von 90 dB(A) sind zulässig.“, 15hilfsweise, 16festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet gewesen ist, über den Antrag der Klägerin auf Erteilung einer Ausnahmegenehmigung nach dem Landesimmissionsschutzgesetz für die Durchführung der im Hauptantrag genannten Veranstaltung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden. 17Die Beklagte beantragt, 18die Klage abzuweisen. 19Sie stellt ihre am Freizeitlärmerlass des seinerzeitigen MUNLV NRW orientierte generelle Genehmigungspraxis dar. Diese fordere nach 22.00 Uhr eine deutliche Reduzierung der Lärmbelastung. Eine Ausnahme dürfe bei einer mehrtägigen Veranstaltung im Durchschnitt nicht über 24.00 Uhr hinaus erteilt werden. Wenn der Folgetag ein Samstag, Sonntag oder Feiertag sei, könne diese mit besonderer Begründung bis 1.00 Uhr genehmigt werden. Bei der vorliegenden Genehmigung sei maßgeblich der Vergleich von 2006 zu Grunde gelegt worden, da dieser Bindungswirkung entfalte. Selbst bei einer anderen Betrachtung müsse die intensive Nutzung des N3.-----platzes (z. B. 2011: Frühjahrskirmes im Mai, Schützen- und Heimatfest im Juli, Prumetaatkirmes im August, Weihnachtsmarkt im November und wöchentlicher Wochenmarkt donnerstags) berücksichtigt werden; hinzu komme, dass im unmittelbaren Umfeld des N3.-----platzes eine enge Wohnbebauung vorzufinden sei. 20Die Beigeladene beantragt, 21die Klage abzuweisen. 22Sie verweist auf den Vergleich von 2006, der mangels Begründung einer Rechtspflicht der Klägerin kein unzulässiger Vertrag zu Lasten Dritter sei. Wenn die Klägerin die Lärmwerte nicht einhalten könne, müsse sie von der Durchführung des Schützenfestes auf dem N.-----platz nach 22.00 Uhr Abstand nehmen; im Übrigen gebe es in G. geeignete Ausweichstandorte. 23Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen. 24Entscheidungsgründe: 25Die Klage hat keinen Erfolg. 26Sie ist sowohl mit dem Hauptantrag als auch mit dem Hilfsantrag als Fortsetzungsfeststellungsklage analog § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO zulässig, da sich die ursprüngliche (zulässige) Verpflichtungs- bzw. Bescheidungsklage mit dem Abschluss des Schützen- und Heimatfestes 2013 erledigt hat; auch das erforderliche berechtigte Interesse an der begehrten Feststellung steht der Klägerin im Hinblick auf die turnusmäßige Durchführung des Schützen- und Heimatfestes alle zwei Jahre und die hinreichend konkrete Gefahr identischer oder zumindest vergleichbarer Nebenbestimmungen hinsichtlich des Lärms zur Seite. 27Der auf die Feststellung einer Verpflichtung der Beklagten (auf Erteilung einer weitergehenden Ausnahmegenehmigung) abzielende Hauptantrag ist jedoch unbegründet, weil die allein in Betracht kommenden Vorschriften der §§ 9 Abs. 2 und 10 Abs. 4 LImSchG NRW jeweils Ermessen einräumen und eine Reduzierung auf Null im Sinne der Klägerin als einzig rechtmäßige Maßnahme weder im Hinblick auf den Freizeitlärmerlass, die generelle (den N.-----platz ohnehin ausnehmende) L1. Genehmigungspraxis überzeugend dargetan noch sonst ersichtlich ist. 28Auch der auf die Feststellung einer Verpflichtung der Beklagten zur Neubescheidung gerichtete Hilfsantrag ist unbegründet, weil das der Beklagten nach den beiden vorgenannten Bestimmungen jeweils grundsätzlich zustehende Ermessen hier in zulässiger Weise durch den Vergleich von 2006 begrenzt ist. Nach dem Grundsatz der „Einheit der Rechtsordnung“ kann die Beklagte nämlich öffentlich-rechtlich nichts einräumen, das ihr zivilrechtlich untersagt ist, mit anderen Worten: Der N.-----platz steht überhaupt nur mit diesen privatrechtlichen Bindungen (für die im Vergleich genannten Veranstaltungen) zur Verfügung; das (öffentlich-rechtliche) Ermessen der Beklagten ist nur in diesem begrenzten Rahmen eröffnet. Eine andere Bewertung zwänge die Beklagte dazu, sich entweder (mit entsprechenden vollstreckungsrechtlichen Folgen) vergleichswidrig oder immissionsschutzrechtlich rechtswidrig zu verhalten.Die Kammer vermag keine Gesichtspunkte zu erkennen, welche die Bindungswirkung des Vergleichs von 2006 hinsichtlich der nach den §§ 9 Abs. 2 und 10 Abs. 4 LImSchG NRW zu treffenden Ermessensentscheidung(en) durchgreifend in Frage stellen könnten. Zunächst ist der Grundsatz der Privatautonomie zu betonen, der den Abschluss derartiger zivilrechtlicher Verträge auch durch die Beklagte ohne Weiteres umfasst. Vorliegend tritt hinzu, dass der Vergleich sogar auf Vorschlag des Oberlandesgerichts Düsseldorf geschlossen wurde, dessen 9. Zivilsenat sich erkennbar an den einschlägigen (öffentlich-rechtlichen) Lärmregelungen orientiert hat. Der seitens der Kammer allein vorzunehmenden Plausibilitätskontrolle halten sowohl die zu Grunde liegenden Überlegungen als auch das gefundene Ergebnis – der Vergleich – ohne Bedenken stand; insbesondere sind die Grenzen der zivilrechtlichen Bindungsmöglichkeiten einer Kommune ersichtlich nicht überschritten worden. Die mangelnde Beteiligung der Klägerin an dem zivilrechtlichen Verfahren ändert an der Wirksamkeit des (zwischen Beklagter und Beigeladener geschlossenen) Vergleichs schon deshalb nichts, weil die Klägerin ihn auch bei förmlicher Beteiligung und einem Widerspruch dagegen nicht hätte verhindern können. Dass es sich bei dem Vergleich (materiell-rechtlich) nicht um einen unzulässigen (zivilrechtlichen) Vertrag zu Lasten Dritter handelt, hat die Beigeladene unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs überzeugend dargetan; dem ist die Klägerin nicht mit rechtserheblichem Vorbringen entgegengetreten. Auch soweit sie in der mündlichen Verhandlung unter Hinweis auf § 58 Abs. 1 VwVfG NRW und zwei obergerichtliche Urteile (der Oberverwaltungsgerichte in Münster vom 11. November 1987 und Lüneburg vom 22. Oktober 1999) die Unwirksamkeit des Vergleichs reklamiert hat, vermag sie nicht durchzudringen, zumal es sich bei dem Vergleich von 2006 angesichts der eindeutigen zivilrechtlichen Ausrichtung gar nicht um einen öffentlich-rechtlichen Vertrag im Sinne der §§ 54 und 55 VwVfG NRW handelt. Vor diesem Hintergrund kann dahinstehen, ob der Tatbestand des Eingriffs in Rechte Dritter erfüllt ist; dies erscheint der Kammer mehr als zweifelhaft, weil § 58 Abs. 1 VwVfG NRW bloße faktische Nachteile oder tatsächliche Beeinträchtigungen nicht ausreichend sein lässt. Dass die Klägerin (entgegen Sinn und Zweck der Vorschrift) nicht vor vollendete Tatsachen gestellt wird, die es ihr dann unmöglich machen, ihre Rechte zu wahren, zeigt das vorliegende Verfahren und die durch die Kammer vorgenommene Plausibilitätskontrolle des Vergleichs von 2006. 29Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 1 und 162 Abs. 3 VwGO und die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 Abs. 1 und 2 VwGO i. V. m. § 709 Sätze 1 und 2 ZPO. 30Beschluss: 31Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 1 GKG auf 10.000,00 Euro festgesetzt; der Hilfsantrag wirkt sich nach § 45 Abs. 1 Satz 3 GKG nicht streitwerterhöhend aus.
die klage wird abgewiesen. die klägerin trägt die kosten des verfahrens einschließlich der außergerichtlichen kosten der beigeladenen. das urteil ist wegen der kosten gegen sicherheitsleistung in höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden betrages vorläufig vollstreckbar. 1
2die beteiligten streiten um die bei der durchführung des schützen- und heimatfestes in l. -g. einzuhaltenden lärmobergrenzen. 3das von der klägerin seit mehr als sechzig jahren auf dem dortigen n.-----platz (und dem angrenzenden parkplatz) veranstaltete schützen- und heimatfest findet alle zwei jahre (zuletzt 2013) statt. 4bereits 2004 verklagte die beigeladene, miteigentümerin und bewohnerin des dem n.-----platz benachbarten grundstücks n1.-----straße 74-76 in l. -g. , die beklagte vor dem landgericht l. auf die einhaltung von immissionsrichtwerten u. a. bei der durchführung des schützenfestes. in dem von der beklagten angestrengten berufungsverfahren (- i-9 u 118/05 -), an dem die klägerin ebenfalls nicht beteiligt war, schlossen die beklagte und die beigeladene auf vorschlag des 9. zivilsenats des oberlandesgerichts düsseldorf am 12. juni 2006 den folgenden vergleich: 5„die beklagte verpflichtet sich, durch geeignete maßnahmen sicherzustellen, dass dem hausgrundstück der klägerin n2.-----straße 74-76 in l. -g. keine lärmimmissionen zugeführt werden, die durch den betrieb von bürger- und schützenfesten auf dem benachbarten grundstück n.-----platz hervorgerufen werden, die folgende beurteilungspegel überschreiten: 6a) für das einmal im jahr stattfindende bürgerfest ist am hause der klägerin ein beurteilungspegel für die zeit bis 24.00 uhr von 70 db(a) – mit einzelnen spitzen bis 90 db(a) – und ab mitternacht von 55 db(a) einzuhalten. 7b) für das alle zwei jahre stattfindende schützenfest sind die genannten werte für zwei tage einzuhalten. für die übrigen tage sind die werte von seltenen störereignissen im sinne der lai-freizeitlärm-richtlinie einzuhalten, d. h. von 70 db(a) außerhalb der ruhezeiten (8.00 bis 20.00 uhr), 65 db(a) innerhalb der ruhezeiten (6.00 bis 8.00 uhr und 20.00 bis 22.00 uhr) und 55 db(a) nachts (22.00 bis 6.00 uhr).“ 8in den vergangenen jahren beantragte die klägerin für jedes schützenfest eine ausnahmegenehmigung nach dem landesimmissionsschutzgesetz. diese versah die beklagte jeweils mit nebenbestimmungen, die dem inhalt des vorgenannten vergleichs entsprachen. die beigeladene betrieb gegen die beklagte jedenfalls einmal (erfolgreich) die vollstreckung aus diesem vergleich. 9die mit der klage am 18. april 2013 angegriffene ausnahmegenehmigung vom 18. märz 2013 enthält unter auflage ziffer 1. die verpflichtung sicherzustellen, dass zu den nachstehenden zeiträumen die folgenden beurteilungspegel nicht überschritten werden: 10freitag, ... , von 19:00 bis 24:00 uhr: 70 db(a)samstag, … , von 20:00 bis 24:00 uhr: 70 db(a)sonntag, … , von 24:00 bis 01:00 uhr: 55 db(a)sonntag, … , von 11:00 bis 13:00 uhr: 70 db(a)sonntag, … , von 20:00 bis 22:00 uhr: 65 db(a)sonntag, … , von 22:00 bis 24:00 uhr: 55 db(a)montag, … , von 11:00 bis 20:00 uhr: 70 db(a)montag, … , von 20:00 bis 22:00 uhr: 65 db(a)dienstag, … , von 19:00 bis 20:00 uhr: 70 db (a)dienstag, … , von 20:00 bis 22:00 uhr: 65 db (a)dienstag, … , von 22:00 bis 24:00 uhr: 55 db (a) 11sie erklärt ferner am freitag und am samstag jeweils bis mitternacht einzelne kurzzeitige geräuschspitzen bis 90 db (a) für zulässig. 12die klägerin hält demgegenüber einen beurteilungspegel von 70 db (a) mit einzelnen kurzzeitigen geräuschspitzen bis 90 db (a) während aller genehmigten zeiträume für angemessen. denn die von der beklagten verfügten nebenbestimmungen führten dazu, dass die veranstaltung nicht bzw. nicht mit den beantragten zeiten durchgeführt werden könne. ausweislich des von ihr eingeholten messberichts des büros c. & c1. über die ermittlung der geräuschimmissionen, verursacht durch die nutzung des schützenzeltes im rahmen des schützenfestes im juli 2013, sei insbesondere die 55 db (a)-vorgabe unrealistisch; sie könne selbst bei vollständigem abschalten der lautsprecheranlage angesichts des allein von den besuchern erzeugten „geräuschteppichs“ nicht eingehalten werden. die festgesetzten lärmwerte seien zum schutz der beigeladenen nicht geboten; dies ergebe sich auch aus der einschlägigen rechtsprechung des verwaltungsgerichts aachen und des landgerichts siegen zu ähnlichen sachverhalten. der vergleich von 2006 stelle sich als unzulässiger vertrag zu lasten dritter dar, der ihren – der klägerin – anspruch auf fehlerfreie ermessensausübung in unzulässiger weise einschränke und damit gegen ein gesetzliches verbot verstoße. aus dem an die arbeitsgemeinschaft der l1. schützenvereine gerichteten schreiben des oberbürgermeisters vom 28. märz 2014 ergebe sich, dass sich die beklagte durch den zu lasten der klägerin abgeschlossenen vergleich gehindert sehe, eine vergleichbar großzügigere genehmigungspraxis anzuwenden als in allen anderen verfahren auf erteilung einer ausnahmegenehmigung für schützenfeste in l. . 13die klägerin, deren klage zunächst auf die verpflichtung zur erteilung einer weitergehenden ausnahmegenehmigung für das schützen- und heimatfest 2013 und hilfsweise auf neubescheidung gerichtet gewesen ist, beantragt nach dessen abschluss nunmehr, 14festzustellen, dass die beklagte verpflichtet gewesen ist, ihr eine ausnahmegenehmigung nach dem landesimmissionsschutzgesetz für die durchführung des schützen- und heimatfestes in der zeit vom 5. bis zum 9. juli 2013 in l. , n.-----platz , mit folgenden abweichungen von der ausnahmegenehmigung vom 18. märz 2013 zu erteilen:auflage ziffer 1:„es ist sicherzustellen, dass während der genehmigten zeiträume der beurteilungspegel von 70 db(a) nicht überschritten wird.einzelne kurzzeitige geräuschspitzen von 90 db(a) sind zulässig.“, 15hilfsweise, 16festzustellen, dass die beklagte verpflichtet gewesen ist, über den antrag der klägerin auf erteilung einer ausnahmegenehmigung nach dem landesimmissionsschutzgesetz für die durchführung der im hauptantrag genannten veranstaltung unter beachtung der rechtsauffassung des gerichts erneut zu entscheiden. 17die beklagte beantragt, 18die klage abzuweisen. 19sie stellt ihre am freizeitlärmerlass des seinerzeitigen munlv nrw orientierte generelle genehmigungspraxis dar. diese fordere nach 22.00 uhr eine deutliche reduzierung der lärmbelastung. eine ausnahme dürfe bei einer mehrtägigen veranstaltung im durchschnitt nicht über 24.00 uhr hinaus erteilt werden. wenn der folgetag ein samstag, sonntag oder feiertag sei, könne diese mit besonderer begründung bis 1.00 uhr genehmigt werden. bei der vorliegenden genehmigung sei maßgeblich der vergleich von 2006 zu grunde gelegt worden, da dieser bindungswirkung entfalte. selbst bei einer anderen betrachtung müsse die intensive nutzung des n3.-----platzes (z. b. 2011: frühjahrskirmes im mai, schützen- und heimatfest im juli, prumetaatkirmes im august, weihnachtsmarkt im november und wöchentlicher wochenmarkt donnerstags) berücksichtigt werden; hinzu komme, dass im unmittelbaren umfeld des n3.-----platzes eine enge wohnbebauung vorzufinden sei. 20die beigeladene beantragt, 21die klage abzuweisen. 22sie verweist auf den vergleich von 2006, der mangels begründung einer rechtspflicht der klägerin kein unzulässiger vertrag zu lasten dritter sei. wenn die klägerin die lärmwerte nicht einhalten könne, müsse sie von der durchführung des schützenfestes auf dem n.-----platz nach 22.00 uhr abstand nehmen; im übrigen gebe es in g. geeignete ausweichstandorte. 23wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den inhalt der gerichtsakte sowie der beigezogenen verwaltungsvorgänge der beklagten bezug genommen. 24
25die klage hat keinen erfolg. 26sie ist sowohl mit dem hauptantrag als auch mit dem hilfsantrag als fortsetzungsfeststellungsklage analog § 113 abs. 1 satz 4 vwgo zulässig, da sich die ursprüngliche (zulässige) verpflichtungs- bzw. bescheidungsklage mit dem abschluss des schützen- und heimatfestes 2013 erledigt hat; auch das erforderliche berechtigte interesse an der begehrten feststellung steht der klägerin im hinblick auf die turnusmäßige durchführung des schützen- und heimatfestes alle zwei jahre und die hinreichend konkrete gefahr identischer oder zumindest vergleichbarer nebenbestimmungen hinsichtlich des lärms zur seite. 27der auf die feststellung einer verpflichtung der beklagten (auf erteilung einer weitergehenden ausnahmegenehmigung) abzielende hauptantrag ist jedoch unbegründet, weil die allein in betracht kommenden vorschriften der §§ 9 abs. 2 und 10 abs. 4 limschg nrw jeweils ermessen einräumen und eine reduzierung auf null im sinne der klägerin als einzig rechtmäßige maßnahme weder im hinblick auf den freizeitlärmerlass, die generelle (den n.-----platz ohnehin ausnehmende) l1. genehmigungspraxis überzeugend dargetan noch sonst ersichtlich ist. 28auch der auf die feststellung einer verpflichtung der beklagten zur neubescheidung gerichtete hilfsantrag ist unbegründet, weil das der beklagten nach den beiden vorgenannten bestimmungen jeweils grundsätzlich zustehende ermessen hier in zulässiger weise durch den vergleich von 2006 begrenzt ist. nach dem grundsatz der „einheit der rechtsordnung“ kann die beklagte nämlich öffentlich-rechtlich nichts einräumen, das ihr zivilrechtlich untersagt ist, mit anderen worten: der n.-----platz steht überhaupt nur mit diesen privatrechtlichen bindungen (für die im vergleich genannten veranstaltungen) zur verfügung; das (öffentlich-rechtliche) ermessen der beklagten ist nur in diesem begrenzten rahmen eröffnet. eine andere bewertung zwänge die beklagte dazu, sich entweder (mit entsprechenden vollstreckungsrechtlichen folgen) vergleichswidrig oder immissionsschutzrechtlich rechtswidrig zu verhalten.die kammer vermag keine gesichtspunkte zu erkennen, welche die bindungswirkung des vergleichs von 2006 hinsichtlich der nach den §§ 9 abs. 2 und 10 abs. 4 limschg nrw zu treffenden ermessensentscheidung(en) durchgreifend in frage stellen könnten. zunächst ist der grundsatz der privatautonomie zu betonen, der den abschluss derartiger zivilrechtlicher verträge auch durch die beklagte ohne weiteres umfasst. vorliegend tritt hinzu, dass der vergleich sogar auf vorschlag des oberlandesgerichts düsseldorf geschlossen wurde, dessen 9. zivilsenat sich erkennbar an den einschlägigen (öffentlich-rechtlichen) lärmregelungen orientiert hat. der seitens der kammer allein vorzunehmenden plausibilitätskontrolle halten sowohl die zu grunde liegenden überlegungen als auch das gefundene ergebnis – der vergleich – ohne bedenken stand; insbesondere sind die grenzen der zivilrechtlichen bindungsmöglichkeiten einer kommune ersichtlich nicht überschritten worden. die mangelnde beteiligung der klägerin an dem zivilrechtlichen verfahren ändert an der wirksamkeit des (zwischen beklagter und beigeladener geschlossenen) vergleichs schon deshalb nichts, weil die klägerin ihn auch bei förmlicher beteiligung und einem widerspruch dagegen nicht hätte verhindern können. dass es sich bei dem vergleich (materiell-rechtlich) nicht um einen unzulässigen (zivilrechtlichen) vertrag zu lasten dritter handelt, hat die beigeladene unter hinweis auf die rechtsprechung des bundesgerichtshofs überzeugend dargetan; dem ist die klägerin nicht mit rechtserheblichem vorbringen entgegengetreten. auch soweit sie in der mündlichen verhandlung unter hinweis auf § 58 abs. 1 vwvfg nrw und zwei obergerichtliche urteile (der oberverwaltungsgerichte in münster vom 11. november 1987 und lüneburg vom 22. oktober 1999) die unwirksamkeit des vergleichs reklamiert hat, vermag sie nicht durchzudringen, zumal es sich bei dem vergleich von 2006 angesichts der eindeutigen zivilrechtlichen ausrichtung gar nicht um einen öffentlich-rechtlichen vertrag im sinne der §§ 54 und 55 vwvfg nrw handelt. vor diesem hintergrund kann dahinstehen, ob der tatbestand des eingriffs in rechte dritter erfüllt ist; dies erscheint der kammer mehr als zweifelhaft, weil § 58 abs. 1 vwvfg nrw bloße faktische nachteile oder tatsächliche beeinträchtigungen nicht ausreichend sein lässt. dass die klägerin (entgegen sinn und zweck der vorschrift) nicht vor vollendete tatsachen gestellt wird, die es ihr dann unmöglich machen, ihre rechte zu wahren, zeigt das vorliegende verfahren und die durch die kammer vorgenommene plausibilitätskontrolle des vergleichs von 2006. 29die kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 abs. 1 und 162 abs. 3 vwgo und die entscheidung zur vorläufigen vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 abs. 1 und 2 vwgo i. v. m. § 709 sätze 1 und 2 zpo. 30beschluss: 31der streitwert wird gemäß § 52 abs. 1 gkg auf 10.000,00 euro festgesetzt; der hilfsantrag wirkt sich nach § 45 abs. 1 satz 3 gkg nicht streitwerterhöhend aus.
Verklagte*r
0
172,269
16 A 2806/13
2014-08-01T00:00:00
Urteil
Tenor Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Verwaltungsgerichts Arnsberg vom 11. November 2013 wird zurückgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet. Die Revision wird zugelassen. 1 Tatbestand: 2Der im Jahre 1986 geborene Kläger war Inhaber einer Fahrerlaubnis unter anderem der Klassen A und B. Am 19. Juli 2011 führte er gegen 13.15 Uhr in T. ein Fahrzeug unter Cannabiseinfluss. Das Gutachten des Universitätsklinikums C. ‑ Institut für Rechtsmedizin ‑ vom 19. August 2011 über die Untersuchung einer dem Kläger entnommenen Blutprobe ergab einen Wert des Cannabiswirkstoffs THC von 1,3 ng/ml sowie eine Konzentrationen des THC-Metaboliten THC‑COOH von 41,1 ng/ml. Fahrerlaubnisrechtliche Maßnahmen löste dieser Vorfall für sich genommen ‑ soweit bekannt ‑ nicht aus. 3Am 19. März 2013 geriet der Kläger gegen 16.50 Uhr in O. /Kreis T. -X. als Führer eines Personenkraftwagens in eine allgemeine Verkehrskontrolle. Ein Drogenvortest verlief positiv auf THC. Die Blutprobe ergab nach dem ärztlichen Befundbericht des Labors L. vom 28. März 2013 für THC einen Wert von 1,1 ng/ml sowie für THC‑COOH einen Wert von 14 ng/ml. Zusammenfassend kommt der Befundbericht zu dem Schluss, das Auffinden von THC und seinen Metaboliten beweise eine kürzliche Cannabiseinnahme. Es könne davon ausgegangen werden, dass der Kläger zum Zeitpunkt der Blutentnahme und somit auch zum Vorfallszeitpunkt unter dem Einfluss der nachgewiesenen berauschenden Mittel (THC) gestanden habe. 4Mit Ordnungsverfügung vom 9. April 2013 entzog der Beklagte dem Kläger unter Anordnung der sofortigen Vollziehung die Fahrerlaubnis und gab ihm unter Androhung eines Zwangsgeldes auf, seinen Führerschein unverzüglich, spätestens bis zum 23. April 2013 abzugeben. Zur Begründung führte er an, die Entziehung der Fahrerlaubnis sei nach Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung gerechtfertigt. Der Kläger habe am 19. Juli 2011 und am 19. März 2013 jeweils unter Cannabiseinfluss ein Kraftfahrzeug geführt. Die in den nachfolgenden chemisch-toxikologischen Untersuchungen festgestellten Konzentrationen sprächen dafür, dass der Kläger zum Zeitpunkt der Blutentnahme unter der Wirkung dieses berauschenden Mittels gestanden habe. Damit sei bewiesen, dass er zwischen dem Konsum von Cannabis und dem Fahren nicht trennen könne. Aufgrund der wiederholten Fahrten unter Cannabiseinfluss sei zudem erwiesen, dass zumindest ein gelegentlicher Cannabiskonsum vorliege. 5Am 8. Mai 2013 hat der Kläger Klage erhoben. Er hat vorgetragen: Im Zusammenhang mit dem Vorfall seien bei ihm abgesehen von mittelweit geöffneten Pupillen keine Ausfallerscheinungen festgestellt worden. Das Ergebnis der nachfolgenden Blutprobe habe ihn dann sehr überrascht; er könne sich diesen Wert nicht erklären. Es stelle sich die Frage, ob der festgestellte Wert von 1,1 ng/ml THC überhaupt den Tatbestand des Cannabiskonsums erfülle. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur verfassungskonformen Auslegung des § 24a Abs. 2 StVG rechtfertige nicht jede nachgewiesene Menge eines berauschenden Mittels behördliches Einschreiten. Vielmehr müsse eine Konzen-tration festgestellt werden, die es als möglich erscheinen lasse, dass der Verkehrsteilnehmer in seiner Fahrtüchtigkeit eingeschränkt gewesen sei. Einen bestimmten Grenzwert habe das Bundesverfassungsgericht nicht eingeführt. Es habe lediglich festgestellt, dass der Wirkstoffnachweis ab bestimmten Werten den Rückschluss erlaube, der Betroffene habe bei der Verkehrsteilnahme unter einer tatbestandlich relevanten Rauschmittelwirkung gestanden. Dafür müssten aber konkrete Angaben und Hinweise vorliegen, an denen es hier fehle; denn bei der Verkehrskontrolle im März 2013 hätten die beteiligten Polizeibeamten keine Auffälligkeiten festgestellt, die für einen relevanten Cannabiseinfluss sprächen. Im Hinblick auf das Trennungsgebot nach Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV sei entscheidend, ob ein gelegentlicher Cannabiskonsument unter dem Einfluss einer solchen THC‑Konzentration am Straßenverkehr teilgenommen habe, dass sich das Risiko einer Beeinträchtigung der Verkehrssicherheit signifikant erhöhe. Der derzeitige naturwissenschaftliche Erkenntnisstand rechtfertige es nicht, bereits ab einer THC‑Konzentration von 1,0 ng/ml ohne weitere Sachverhaltsaufklärung von einer solchen Risikoerhöhung auszugehen; vielmehr sei bei gelegentlichem Cannabiskonsum und der Verkehrsteilnahme mit einem THC‑Wert zwischen 1 und 2 ng/ml vor einer etwaigen Fahrerlaubnisentziehung ein Gutachten einzuholen. Daran fehle es hier. Ferner stelle sich die Frage einer Messungenauigkeit. Da er, der Kläger, sich das Erreichen eines THC‑Wertes von 1,1 ng/ml nicht erklären könne, müsse der vom Labor L. ermittelte Befund diesbezüglich untersucht werden, zumal der festgestellte Wert den vom Beklagten zugrundegelegten Grenzwert nur geringfügig überschreite. Gehe man, wie in der Literatur diskutiert, von einer Messwerttoleranz von 30 bis 40% aus, sei im günstigsten Fall von einer THC‑Konzentration von nur 0,66 ng/ml und damit weit unter dem Grenzwert auszugehen. Er habe auch weder erkennen können noch erkennen müssen, dass er bei seiner Fahrt vom 19. März 2013 unter der Wirkung von Cannabis gestanden habe. Schließlich sei er aus beruflichen Gründen dringend auf die Fahrerlaubnis angewiesen, um seine Aufgaben innerhalb des von seinem Vater und ihm geführten Handwerksbetrieb erfüllen zu können. 6Der Kläger, dessen zugleich mit der Klage gestellter Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz ohne Erfolg geblieben ist, hat beantragt, 7die Ordnungsverfügung des Beklagten vom 9. April 2013 aufzuheben. 8Der Beklagte hat beantragt, 9die Klage abzuweisen, 10und vorgetragen: Entscheidend sei, dass der Kläger in zwei Fällen unter Cannabiseinfluss ein Kraftfahrzeug geführt habe und dabei jeweils den maßgeblichen Grenzwert überschritten habe. Die zugrundeliegenden rechtsmedizinischen Gutachten seien in sich logisch, frei von Widersprüchen und beruhten auf den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen. Es stehe mithin fest, dass der Kläger nicht zwischen dem Konsum von Cannabis und dem Führen eines Kraftfahrzeuges trennen und seinen Cannabiskonsum nicht kontrollieren könne. 11Das Verwaltungsgericht hat die Klage durch den angefochtenen Gerichtsbescheid unter Bezugnahme auf seine ablehnende Entscheidung im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes abgewiesen. 12Mit seiner vom Senat zugelassenen Berufung wiederholt und vertieft der Kläger sein bisheriges Vorbringen. Ergänzend trägt er vor: Das rechtsmedizinische Gutachten des Labors L. über die Untersuchung der Blutprobe aus dem Jahr 2013 lasse nicht erkennen, ob eine Messtoleranz berücksichtigt worden sei. Die Frage der Notwendigkeit eines Sicherheitsabschlages sei weder vom Bundesverfassungsgericht noch von der sog. Grenzwertkommission entschieden worden. Die verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung gehe bisher davon aus, der von der Grenzwertkommission im Zusammenhang mit der Feststellung einer Ordnungswidrigkeit nach § 24a Abs. 2 StVG empfohlene "analytische Grenzwert" von 1,0 ng/ml enthalte bereits einen Sicherheitsabschlag. Eine höchstrichterliche Klärung dieser Frage stehe aber noch aus. Wegen der gravierenden Folgen von Fahrerlaubnisentziehungen müsse zumindest gefordert werden, dass die mit der Blutuntersuchung beauftragten Labore verpflichtet würden, die Streubreite ihrer jeweiligen Messergebnisse offenzulegen. Zudem sei bei einer THC‑Konzentration von lediglich 1,1 ng/ml nicht von einem signifikant erhöhten Gefährdungsgrad für den Straßenverkehr auszugehen. Weiter erweise sich die Entziehung der Fahrerlaubnis wegen der Gefährdung des Familienbetriebes als unverhältnismäßig. Den Anforderungen der Sicherheit des Straßenverkehrs wäre schon dann ausreichend Rechnung getragen, wenn ihm, dem Kläger, die Gelegenheit eingeräumt würde, im Wege einer laufenden Abstinenzkontrolle durch eine anerkannteBegutachtungsstelle seine aktuelle Fahreignung nachzuweisen. Schließlich hat der Kläger noch ein vom AG T. im diesbezüglichen Ordnungswidrigkeiten-verfahren eingeholtes rechtsmedizinisches Gutachten von Prof. Dr. Q. vom 8. Juni 2014 vorgelegt, das unter anderem die Frage eines Cannabiskonsums des Klägers am 19. März 2013 und die Frage einer Messungenauigkeit betrifft. Auf die einzelnen gutachterlichen Ausführungen wird Bezug genommen. 13Der Kläger beantragt, 14den angefochtenen Gerichtsbescheid aufzuheben und nach seinem erstinstanzlich gestellten Antrag zu erkennen. 15Der Beklagte beantragt, 16die Berufung zurückzuweisen. 17Er wiederholt und vertieft sein erstinstanzliches Vorbringen. 18Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Verfahrensakte, die Gerichtsakte 6 L 278/13 und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten ergänzend Bezug genommen. 19Entscheidungsgründe: 20Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat die Anfechtungsklage zu Recht abgewiesen. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 9. April 2013 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger daher nicht in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO). 21Der Bescheid ist nicht bereits aus verfahrensrechtlichen Gründen rechtswidrig. Der Umstand, dass möglicherweise das ordnungswidrigkeitenrechtliche Verfahren hinsichtlich der Fahrt des Klägers unter Cannabiseinfluss vom 19. März 2013 noch nicht abgeschlossen ist, steht der eigenständigen Prüfung der Fahreignung des Klägers durch die Fahrerlaubnisbehörde des Beklagten und auch dem Erlass der angefochtenen Ordnungsverfügung des Beklagten vom 9. April 2013 nicht entgegen. § 3 Abs. 3 Satz 1 StVG, wonach die Fahrerlaubnisbehörde einen Sachverhalt, der Gegenstand eines noch anhängigen Strafverfahrens ist, in dem die Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 69 des Strafgesetzbuchs (StGB) in Betracht kommt, in einem Entziehungsverfahren nicht berücksichtigen darf, ist vorliegend nicht entsprechend anwendbar. Eine erweiternde Auslegung dieser Bestimmung auch auf ein noch anhängiges Ordnungswidrigkeitenverfahren scheidet aus, weil in diesem eine Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 69 StGB oder nach einer anderen Bestimmung nicht in Betracht kommt. Außerdem spricht die systematische Gegenüberstellung der genannten Bestimmung mit § 3 Abs. 4 StVG gegen die Anwendung des Berücksichtigungsverbotes des § 3 Abs. 3 Satz 1 StVG im Falle eines noch nicht abgeschlossenen Ordnungswidrigkeitenverfah-rens. Denn das Abweichungsverbot nach § 3 Abs. 4 StVG bezieht sich ausdrücklich nicht nur auf Feststellungen aus einem (abgeschlossenen) Strafverfahren, sondern auch auf Feststellungen in Bußgeldentscheidungen, soweit diese den zugrundegelegten Sachverhalt und die Beurteilung der Schuldfrage betreffen. Wenn demnach § 3 Abs. 4 StVG für seinen Anwendungsbereich das Strafverfahren und das Ordnungswidrigkeitenverfahren ausdrücklich gleichstellt, während § 3 Abs. 3 StVG eine solche Gleichstellung nicht vorsieht, muss von einer bewussten Entscheidung des Gesetzgebers ausgegangen werden, die nicht im Wege der Analogie korrigiert werden kann. 22Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 16. August 2012 ‑ 16 E 726/12 ‑; Bay. VGH, Beschluss vom 7. September 2007 ‑ 11 CS 07.898, 11 C 07.1371 ‑, Blutalkohol 45 (2008), 84 = juris, Rn. 18; OVG S.‑A., Beschluss vom 13. April 2012 ‑ 3 M 47/12 ‑, Blutalkohol 49 (2012), 327 = juris, Rn. 3 f.; a.A. Fromm/Schmidt, NZV 2007, 217, 219. 23Der Gesetzgeber wird in diesem Zusammenhang auch bedacht haben, dass unter bestimmten Umständen ein Ordnungswidrigkeitenverfahren in ein Strafverfahren übergehen kann (vgl. die §§ 41 f. OWiG) und dass die Gefahr divergierender Entscheidungen in den jeweils noch laufenden Verfahren auch im Verhältnis zwischen Bußgeldstelle und Fahrerlaubnisbehörde bestehen kann. 24Ermächtigungsgrundlage für die angefochtene Ordnungsverfügung ist § 3 Abs. 1 Satz 1 des Straßenverkehrsgesetzes (StVG) und § 46 Abs. 1 der Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV). Nach diesen Vorschriften hat die Fahrerlaubnisbehörde dem Fahrerlaubnisinhaber die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn dieser sich als ungeeignet oder nicht befähigt zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Es handelt sich um eine gebundene, nicht im Ermessen der Behörde stehende Entscheidung. Die Fahreignung des Betroffenen beurteilt sich nach § 46 Abs. 3 FeV und den §§ 11 bis 14 FeV i. V. m. der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung. 25Der hier in Rede stehende Konsum von Cannabis wird in Nr. 9.2 der Anlage 4 zur FeV behandelt. Der regelmäßige Konsum von Cannabis lässt die Fahreignung in jedem Fall entfallen (Nr. 9.2.1). Bei gelegentlicher Einnahme von Cannabis entfällt die Fahreignung nicht, wenn der Fahrerlaubnisinhaber zwischen Konsum und Fahren trennt und kein zusätzlicher Gebrauch von Alkohol oder anderen psychoaktiv wirkenden Stoffen, keine Störung der Persönlichkeit und kein Kontrollverlust vorliegt (Nr. 9.2.2). Die hier allein interessierende Trennung zwischen Konsum und Fahren betrifft die Frage, ob der gelegentlich Cannabis konsumierende Fahrerlaubnisinhaber bereit bzw. in der Lage ist, zuverlässig diesen Konsum und das Führen von Kraftfahrzeugen auseinanderzuhalten. Sind gelegentlicher Cannabiskonsum und mangelndes Trennen von Konsum und Fahren erwiesen, darf die Fahrerlaubnisbehörde gemäß § 11 Abs. 7 FeV ohne weitere Sachverhaltsauf-klärung die Fahrerlaubnis entziehen. Dabei ist für die Verwirklichung des Merkmals des unzureichenden Trennungsvermögens im Sinne von Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV nicht auf ein subjektives Element wie die persönliche Wahrnehmung des Betroffenen von seiner eigenen Leistungsfähigkeit abzustellen. Vielmehr ist entscheidend, ob der Betroffene objektiv unter dem Einfluss einer Cannabiskonzentration am Straßenverkehr teilgenommen hat, bei der nach wissenschaftlichen Erkenntnissen davon ausgegangen werden muss, dass sich das Risiko von Beeinträchtigungen erhöht, die negative Auswirkungen auf die Verkehrssicherheit haben. 26OVG NRW, Beschluss vom 7. Februar 2006 ‑ 16 B 1392/05 ‑, juris, Rn. 2 bis 8, und Urteil vom 21. März 2013 ‑ 16 A 2006/12 ‑, NJW 2013, 2841 = Blutalkohol 50 (2013), 146 und 196 = NZV 2014, 102 = NWVBl. 2013, 329 = juris, Rn. 22 f. 27Auch charakterliche Mängel können die Fahreignung ausschließen. Solche Mängel liegen vor, wenn der Betroffene bereit ist, das Interesse der Allgemeinheit an sicherer und verkehrsgerechter Fahrweise den jeweiligen eigenen Interessen unterzuordnen und hieraus resultierende Gefährdungen oder Beeinträchtigungen des Verkehrs in Kauf zu nehmen. Ausdruck eines Mangels dieser Art ist es, wenn ein Fahrerlaubnisinhaber ungeachtet einer im Einzelfall anzunehmenden oder jedenfalls nicht auszuschließenden drogenkonsumbedingten Fahruntüchtigkeit nicht bereit ist, vom Führen eines Kraftfahrzeugs im öffentlichen Straßenverkehr abzusehen. 28Vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 20. Juni 2002 ‑ 1 BvR 2062/96 ‑, NJW 2002, 2378 = juris, Rn. 49. 29Im Zusammenhang mit dem Merkmal des Trennens des Cannabiskonsums vom Führen von Kraftfahrzeugen kann nicht jeder Nachweis von THC im Blut eines Verkehrsteilnehmers für eine Entziehung der Fahrerlaubnis ausreichen. Es muss vielmehr eine Konzentration feststellbar sein, die es als möglich erscheinen lässt, dass der untersuchte Kraftfahrzeugführer am Straßenverkehr teilgenommen hat, obwohl seine Fahrtüchtigkeit eingeschränkt war. 30Vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 21. Dezember 2004 ‑ 1 BvR 2652/03 ‑, NJW 2005, 349 = NZV 2005, 270 = DAR 2005, 70 = Blutalkohol 42 (2005), 156 = juris, Rn. 29. 31Das entspricht dem verfassungsrechtlichen Erfordernis, Beschränkungen der allgemeinen Handlungsfreiheit ‑ zu der auch der Genuss hoher individueller Mobilität zählt, wie sie das Führen von Kraftfahrzeugen vermittelt ‑ nur als verfassungsrechtlich unbedenklich zu bewerten, wenn sie zum Schutz des Rechtsguts nicht nur geeignet und erforderlich sind, sondern auch zur Art und Intensität der Rechtsgütergefährdung in einem angemessenen Verhältnis stehen. Es muss daher eine hinreichende Gefahr vorliegen, die eine eingeschränkte Fahrtüchtigkeit des Fahrerlaubnisinhabers als naheliegend erscheinen lässt. 32Vgl. BVerfG, Beschluss vom 20. Juni 2002 ‑ 1 BvR 2062/96 ‑, a. a. O. = juris, Rn. 39 und 51. 33Eine in diesem Sinne hinreichende Gefahr für die Sicherheit des Straßenverkehrs im Zusammenhang mit dem Konsum von Cannabis, d.h. ein mangelndes Trennen zwischen dem (gelegentlichen) Cannabiskonsum und dem Führen von Kraftfahrzeugen, liegt nach Auffassung des Senats und anderer Obergerichte bei einem THC-Wert ab 1,0 ng/ml im Blutserum vor. 34Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 4. Januar 2012 ‑ 16 A 2075/11 ‑, juris, Rn. 15, und vom 22. Mai 2012 ‑ 16 B 536/12 ‑, juris, Rn. 5, sowie Urteil vom 21. März 2013 ‑ 16 A 2006/12 ‑, a. a. O. (juris, Rn. 34 ff.); ebenso VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 27. März 2006 ‑ 10 S 2519/05 ‑, NJW 2006, 2135 = juris, Rn. 7, und Urteil vom 22. November 2012 ‑ 10 S 3174/11 ‑, juris, Rn. 30; OVG Berlin-Bbg., Beschluss vom 16. Juni 2009 ‑ 1 S 17.09 ‑, NZV 2010, 531 = juris, Rn. 6; OVG Bremen, Beschluss vom 20. Juli 2012 ‑ 2 B 341/11 ‑, NJW 2012, 3526 = juris, Rn. 14; Hamb. OVG, Beschluss vom 15. Dezember 2005 ‑ 3 Bs 214/05 ‑, NJW 2006, 1367 = juris, Rn. 20; Nds. OVG, Beschluss vom 11. Juli 2003 ‑ 12 ME 287/03 ‑, juris, Rn. 7; Schl.‑H. OVG, Urteil vom 17. Februar 2009 ‑ 4 LB 61/08 ‑, juris, Rn. 36; Thür. OVG, Beschluss vom 6. September 2012 ‑ 2 EO 37/11 ‑, DAR 2012, 719 = juris, Rn. 16; a. A. (mangelnde Trennung erst oberhalb von 2,0 ng/ml THC) Bay. VGH, Beschlüsse vom 11. November 2004 ‑ 11 CS 04.2348 ‑, Blutalkohol 43 (2006), 414 = juris, Rn. 16, und vom 25. Januar 2006 ‑ 11 CS 05.1711 ‑, DAR 2006, 407 = juris, Rn. 45; vgl. auch OVG M.‑V., Beschluss vom 19. Dezember 2006 ‑ 1 M 142/06 ‑, juris, Rn. 18; Heß/Burmann, NJW 2007, 486, 492. 35In seinem Urteil vom 21. März 2013 ‑ 16 A 2006/12 ‑ hat der Senat hierzu folgendes ausgeführt: 36"Ausschlaggebend für diese Einschätzung ist der Beschluss der Gemeinsamen Arbeitsgruppe für Grenzwertfragen und Qualitätskontrolle (sog. Grenzwertkommission) vom 20. November 2002 ‑ aktualisiert durch Beschluss vom 22. Mai 2007, Blutalkohol 44 (2007), 311 ‑, wonach der Grenzwert für die Annahme einer Ordnungswidrigkeit nach § 24a Abs. 2 StVG für THC bei 1 ng/ml im Serum liegt. Eine solche Konzentration kann ‑ einschließlich eines entsprechenden Sicherheitszuschlags ‑ sicher nachgewiesen und quantitativ präzise bestimmt werden. Insbesondere erscheint bei Erreichen einer derartigen Konzentration eine Einschränkung der Fahrtauglichkeit möglich. 37Vgl. auch BVerfG, Kammerbeschluss vom 21. Dezember 2004 ‑ 1 BvR 2652/03 ‑, a. a. O. = juris, Rn. 29. 38Nimmt ein Fahrerlaubnisinhaber trotz eines nicht lange zurückliegenden Cannabiskonsums und einer deshalb jedenfalls möglichen cannabisbedingten Fahrungeeignetheit am Straßenverkehr teil, ist das als ein hinreichend aussagekräftiger Beleg dafür zu werten, dass ihm das zu fordernde Trennungsvermögen fehlt. 39Darüber hinaus ergeben sich aus einer neueren Veröffentlichung deutliche und somit für die rechtliche Beurteilung entscheidende Hinweise, dass konkrete Straßenverkehrsgefährdungen und Unfälle nach Cannabiskonsum bei einer THC‑Konzentration zwischen 1,0 und 2,0 ng/ml nicht seltener als bei deutlich höheren Werten dieses Cannabiswirkstoffs auftreten, dass also bei Konzentrationen ab 1,0 ng/ml im Serum sogar mehr als bloß die Möglichkeit der Fahruntüchtigkeit besteht. Des Weiteren ist die Unfall‑ und Gefährdungshäufigkeit in der späteren Phase der Cannabiswirkung signifikant höher als im akuten Rauschzustand. 40Vgl. Drasch/von Meyer/Roider/Staack/Paul/ Eisenmenger, Unfälle und reale Gefährdung des Straßenverkehrs unter Cannabis-Wirkung, Blutalkohol 43 (2006), 441 ff. 41Das Verwaltungsgericht hat zu Recht in dem in Bezug genommenen Urteil vom 14. Juni 2010 ‑ 11 K 1059/10 ‑, juris, auf weitere Untersuchungen hingewiesen, die den von der Grenzwertkommission bestimmten Grenzwert bestätigen. So kommt etwa die Studie der Universität Maastricht aus dem Jahr 2005 zu dem Ergebnis, dass bei dem THC‑Grenzwert von 1 ng/ml im Blutserum in jedem Fall noch von einer möglichen Wirkung auszugehen ist, da auch noch im Zeitraum von fünf bis sechs Stunden nach Rauchende bei den Versuchspersonen Störungen der Feinmotorik feststellbar waren. 42Vgl. die Darstellung bei Möller, Straßenverkehr und Grenzwerte für Drogen aus forensisch-toxikologischer Sicht, Arbeitstagung der Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht in DAV 2005, Deutscher Anwaltsverlag, S. 109 ff., und Möller/Kauert/Tönnes/Schneider/Theunissen/Ramaekers, Leistungsverhalten und Toxikokinetik der Cannabinoide nach inhalativer Marihuanaaufnahme, Blutalkohol 43 (2006), 361 ff. 43Zudem hat das Verwaltungsgericht auf toxikologische Studien Bezug genommen, die belegen, dass das subjektive Einflussempfinden (High-Gefühl) eines Kraftfahrzeugführers noch vorhanden sein kann und damit verbunden auch relativ deutliche Ausfallerscheinungen auftreten können, obwohl nur noch eine sehr geringe (oder möglicherweise überhaupt keine) THC-Konzentration mehr im Blut nachweisbar ist. 44Vgl. Berr/Krause/Sachs, Drogen im Straßenverkehr, 2007, Rn. 517 f. 45Dies erklärt sich damit, dass die THC-Konzentration im Blut nicht zwingend mit der THC-Konzentration im Gehirn korreliert, also nicht die Konzentration am Wirkort widerspiegelt. 46Vgl. Drasch/von Meer/Roider/Staack/Paul/Eisenmenger, a. a. O., S. 446 f. 47Der Annahme, ab einem Grenzwert von 1 ng/ml THC (im Blut) sei die Fahrtüchtigkeit möglicherweise eingeschränkt, ist das Bundesverfassungsgericht nicht entgegengetreten. Auf einen bestimmten Mindestwert hat sich das Bundesverfassungsgericht indes nicht festgelegt, den Mindestwert von einem 1 ng/ml als ausreichenden Nachweis für die Feststellung von hinreichenden Konzentrationen von THC im Blut im Hinblick auf die Möglichkeit der Fahruntüchtigkeit aber auch nicht beanstandet. 48BVerfG, Beschluss vom 21. Dezember 2004 ‑ 1 BvR 2652/03 ‑, a. a. O., zu § 24a Abs. 2 StVG. 49Demgegenüber nimmt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof mangelnde Trennung erst ab einem THC‑Wert ab 2,0 ng/ml im Blutserum an. 50Vgl. Bay. VGH, Beschluss vom 25. Januar 2006 ‑ 11 CS 05.1711 ‑, a. a. O.; vgl. auch Beschlüsse vom 11. November 2004 ‑ 11 CS 04.2348 ‑, a. a. O, und vom 13. Dezember 2010 ‑ 11 CS 10.2873 ‑, juris. 51Zur Begründung hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in seiner grundlegenden Entscheidung vom 25. Januar 2006 zahlreiche Gutachten zu der Frage der Fahruntüchtigkeit unter der Wirkung von Cannabis und der Bestimmung eines Grenzwerts ausgewertet, die einschlägige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts berücksichtigt und ist unter Berufung auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu dem Ergebnis gekommen, dass es bei den bestehenden Unsicherheiten nicht gerechtfertigt erscheine, bereits ab einer THC-Konzentration von 1,0 ng/ml von einer Erhöhung des Risikos für die Verkehrssicherheit und von mangelndem Trennen zwischen Cannabiskonsum und dem Führen eines Kraftfahrzeugs auszugehen. Bei gelegentlichem Cannabiskonsum und Fahren mit einer THC-Konzentration zwischen 1,0 und 2,0 ng/ml bestünden lediglich Eignungsbedenken (vgl. § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV). Um sie zu klären, sei vor einer etwaigen Entziehung der Fahrerlaubnis gemäß § 14 Abs. 1 Satz 4 FeV ein medizinisch-psychologisches Gutachten einzuholen, mit dem ermittelt werden könne, ob der Betroffene künftig zwischen der Einnahme von Cannabis und der motorisierten Teilnahme am Straßenverkehr trennen werde. 52Dieser Auffassung vermag der Senat nicht zu folgen. Aufgrund der vorliegenden medizinischen und toxikologischen Feststellungen geht der Senat von gesicherten Erkenntnissen aus, dass ab dem THC-Grenzwert von 1 ng/ml eine Wirkung und damit eine drogenkonsumbedingte Gefährdung des Straßenverkehrs möglich ist. Hierzu ist insbesondere auf die bereits angeführte Untersuchung von Drasch/von Meyer/Roider/Staack/Paul/Eisenmenger (a. a. O.) zu verweisen, die die tatsächlichen Annahmen des Bay. VGH in der Entscheidung vom 25. Januar 2006 eingehend berücksichtigen, ihnen mit Rücksicht auf neuere Untersuchungsergebnisse und mit einleuchtender Begründung aber nicht folgen. Aus diesem Grund liegen nicht nur Eignungsbedenken vor. Es ist daher bei einer THC-Konzentration zwischen 1,0 und 2,0 ng/ml nicht aus Gründen der Verhältnismäßigkeit vor einer Entziehung der Fahrerlaubnis ein medizinisch-psychologisches Gutachten einzuholen. 53Des Weiteren stimmt der Senat nicht mit dem vom Bay. VGH gewählten Gefahrenmaßstab überein. Es heißt zwar in dem Beschluss vom 25. Januar 2006 (a. a. O., Rn. 17) zunächst, entscheidend sei, ob der Betroffene objektiv unter dem Einfluss einer Cannabiskonzentration am Straßenverkehr teilgenommen habe, bei der nach wissenschaftlichen Erkenntnissen davon ausgegangen werden müsse, dass sich das Risiko von Beeinträchtigungen erhöhe, die negative Auswirkungen auf die Verkehrssicherheit hätten. An anderer Stelle setzt der Bay. VGH aber eine signifikante Erhöhung des Risikos für die Verkehrssicherheit ausdrücklich voraus (a. a. O., Rn. 17). Ein solches besonderes Gefahrenerfordernis lässt sich aus den einschlägigen straßenverkehrsrechtlichen Bestimmungen jedoch nicht entnehmen, wie die nachfolgenden Ausführungen belegen. 54Der Verstoß gegen das in Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV zum Ausdruck gebrachte Trennungsgebot muss als im Sinne von § 11 Abs. 7 FeV erwiesen angesehen werden können, um dem Betroffenen die Fahrerlaubnis ohne weitere Sachverhaltsaufklärung zu entziehen. § 11 Abs. 7 FeV verlangt, dass die mangelnde Fahreignung des Fahrerlaubnisinhabers zum Führen von Kraftfahrzeugen feststeht. So liegt es, wenn ein Fahrerlaubnisinhaber ungeachtet der wegen der gemessenen THC-Konzentration anzunehmenden oder jedenfalls nicht auszuschließenden drogenbedingten Fahruntüchtigkeit, also ab dem Grenzwert von 1,0 ng/ml im Blutserum, am Straßenverkehr teilnimmt. Damit belegt er, dass er das entsprechende Trennungsvermögen nicht besitzt und deshalb zum Führen eines Fahrzeugs ungeeignet ist. Daraus folgt zugleich, dass das Risiko einer Beeinträchtigung der Verkehrssicherheit als negative Folge des Konsums möglich ist. Eine signifikante Erhöhung des Risikos für die Verkehrssicherheit ist nicht erforderlich. Hierfür spricht schließlich, dass bei der Frage der Entziehung der Fahrerlaubnis Gefahrenabwehrrecht in Rede steht und insoweit eine Parallele zu dem abstrakten Gefährdungsdelikt des § 24a StVG besteht, das der Entscheidung des BVerfG vom 21. Dezember 2004 als einfachrechtliche Vorschrift zugrundelag. Auch diese Norm hebt auf die Möglichkeit eines Schadenseintritts, nämlich einer Einschränkung der Fahrtüchtigkeit, ab. 55Ist von einer Leistungsbeeinträchtigung der für die Fahreignung relevanten Eigenschaften also bereits bei einer THC-Konzentration von 1 ng/ml Serum auszugehen, ist bei einer Fahrt mit einer derartigen THC-Konzentration das fehlende Trennungsvermögen belegt. 56Außerdem ist von einem die Fahreignung ausschließenden charakterlich-sittlichen Mangel auszugehen, wenn ein Fahrerlaubnisinhaber bei einer möglichen drogenkonsumbedingten Fahruntüchtigkeit angesichts einer Konzentration von 1,0 ng/ml THC im Blutserum nicht bereit ist, vom Führen eines Kraftfahrzeugs im öffentlichen Straßenverkehr abzusehen. 57Vgl. auch OVG Bremen, Beschluss vom 20. Juli 2012 ‑ 2 B 341/11 ‑, a. a. O., juris, Rn. 18. 58Diese Annahme gründet sich auf die Unsicherheit des Dosis-Wirkungs-Effekts von Cannabis. THC ist, wie Drasch/von Meer/Roider/Staack/Paul/Eisenmenger (a. a. O., S. 446 f.) unter Hinweis auf die Untersuchung von Mura et al. (THC can be detected in brain while absent in blood, 2005, J. Anal. Toxicol. 29, S. 842) ausgeführt haben, eine hoch lipophile, d.h. gut fettlösliche Verbindung. Entsprechend hoch ist ihr Verteilungsfaktor und entsprechend lange dauert es bis zur Einstellung eines Fließgleichgewichts zwischen wasserreichen Kompartimenten wie etwa dem Blutserum und fettreichen Kompartimenten wie dem Gehirn in der Eliminationsphase. Die THC-Konzentration im Blut spiegelt daher die Konzentration am Wirkort nicht wider. Da die gesicherten medizinischen und toxikologischen Erkenntnisse bei einem THC-Wert von 1,0 ng/ml eine Einschränkung der Fahrtauglichkeit als möglich belegen, liegt eine unzureichende Trennungsbereitschaft des Betroffenen, also auch bei dem Kläger, bei Erreichen des Werts vor. Ist ein Fahrerlaubnisinhaber aber ungeachtet dieser Gefährdung nicht bereit, vom Führen eines Kraftfahrzeugs im öffentlichen Straßenverkehr abzusehen, lässt dies auf einen charakterlichen Mangel schließen, der seine Nichteignung begründet. Denn der Fahrerlaubnisinhaber nimmt für seine privaten Bedürfnisse nicht hinnehmbare Risiken für die Sicherheit des Straßenverkehrs in Kauf. Dieses Verhalten genießt indes weder verfassungsrechtlichen noch einfachrechtlichen Schutz." 59An dieser Sichtweise hält der Senat fest. Neuere Erkenntnisse, welche die Sachgerechtigkeit des Abstellens auf einen Grenzwert von 1 ng/ml in Frage stellen könnten, sind nicht ersichtlich. Soweit methodische Zweifel an den Ergebnissen der Untersuchung von Drasch/von Meyer/Roider/Staack/Paul/Eisenmenger (s.o.) geäußert worden sind, weil diese im Ausgangspunkt wesentlich auf "subjektiven polizeilichen Feststellungen im Raum München zu Verkehrsauffälligkeiten" beruhten, 60vgl. hierzu die Wiedergabe einer entsprechenden gutachterlichen Äußerung in VGH Bad.‑Württ., Urteil vom 22. November 2012 ‑ 10 S 3174/11 ‑, VRS 124 (2013), 168 = juris, Rn. 53, 61vermag der Senat nicht ohne Weiteres nachzuvollziehen, warum die Einschätzungen von Polizeibeamten, die in der Regel über vielfältige Erfahrungen mit Verkehrsteilnehmern unter dem Einfluss von Rauschmitteln (einschließlich Alkohol) verfügen, von vornherein unergiebig sein sollten, zumal das Erkennen drogenbedingter Auffälligkeiten im Straßenverkehr seit längerer Zeit einen Schwerpunkt der Fortbildung für Polizeibeamte bildet. 62Vgl. Bönke, Anm. zu BVerfG, Beschluss vom 21. Dezember 2004 ‑ 1 BvR 2652/03 ‑, NZV 2005, 272; ders., Blutalkohol 41 (2004), Suppl. 1, S. 8; Möller, Blutalkohol 41 (2004), Suppl. 1, S. 16. 63Entgegen der Auffassung des Klägers ist bei der Zugrundelegung eines Grenzwertes von 1,0 ng/ml im Blutserum für die Annahme mangelnden Trennens i. S. v. Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV auch kein Sicherheitsabschlag zum Ausgleich etwaiger Messungenauigkeiten bei der rechtsmedizinischen Feststellung des THC‑Gehaltes vorzunehmen. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass eine ‑ wiederholt von einschlägig tätigen Instituten eingeräumte und vermutlich nie ganz auszuschließende ‑ Schwankungsbreite bei der Untersuchung von Blutproben im Zuge der Festsetzung von Grenzwerten wie dem der 1‑ng/ml‑THC‑Grenze bereits berücksichtigt worden ist, 64vgl. die Empfehlung der Grenzwertkommission zur Änderung der Anlage zu § 24a StVG, Blutalkohol 44 (2007), 311; s. auch Wehowsky, Blutalkohol 43 (2006), 125, 130, 65und nicht (nochmals) durch Abschläge berücksichtigt werden muss. Das entspricht auch der Rechtsprechung zu § 24a Abs. 2 StVG, 66vgl. OLG Karlsruhe, Beschluss vom 29. Januar 2007 ‑ 3 Ss 205/06 ‑, NZV 2007, 248 = VRS 112 (2007), 130 = Blutalkohol 44 (2007), 101 = juris, Rn. 4 f. und Brandenb. OLG, Beschluss vom 30. März 2007 ‑ 1 Ss (OWi) 291B/06 ‑, Blutalkohol 45 (2008), 135 = juris, Rn. 11 und 13, jeweils m. w. N., 67und auch der ‑ soweit ersichtlich ‑ einhelligen Auffassung in der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung, die indessen weit überwiegend diese Frage nicht eigens thematisiert, aber im Ergebnis die ermittelten Werte ohne Abschläge zugrundelegt. 68Ausdrücklich die Notwendigkeit eines Sicherheitsabschlages ablehnend VGH Bad.‑Württ., Urteil vom 22. November 2012 ‑ 10 S 3174/11 ‑, a. a. O. (juris, Rn. 34 ff.); vgl. auch OVG Bremen, Beschluss vom 20. Juli 2012 ‑ 2 B 341/11 ‑, a. a. O. (juris, Rn. 15); VG München, Urteil vom 17. Mai 2011 ‑ M 1 K 11.1120 ‑, juris, Rn. 21. 69Ob diese Praxis bereits mit dem Hinweis gerechtfertigt werden kann, der "wahre" Wert bei der Annahme oder dem Fürmöglichhalten einer Schwankungsbreite des Messergebnisses könne statistisch mit gleich hoher Wahrscheinlichkeit an der untersten oder an der obersten Grenze des Schwankungsbereichs liegen, erscheint allerdings zweifelhaft. Denn wenn es ‑ anders als nach den Empfehlungen der Grenzwertkommission und der dargestellten Rechtsprechung ‑ auf den zweifelsfreien Nachweis gerade einer THC‑Konzentration von 1,0 ng/ml oder mehr und nicht auf den abweichend definierten Eintritt einer abstrakten Straßenverkehrsgefährdung durch gesichert feststehende Drogenbeeinflussung ankäme, könnte die Sanktionierung von demnach "falsch positiven" Messbefunden schwerlich mit der Erwägung gerechtfertigt werden, dass in anders gelagerten Fällen, das heißt bei "falsch negativen" Befunden, auf die an sich erforderliche Sanktionierung verzichtet werden müsse, also möglicherweise rechtswidrigen Belastungen auch Fälle rechtswidriger Besserstellung gegenüberständen. Schwerer wiegt die Überlegung, dass üblicherweise in der Zeit zwischen der Beendigung der Fahrt durch eine Polizeikontrolle und der Blutentnahme ‑ und erst recht zwischen dem eigentlich relevanten Fahrtantritt und der Blutentnahme ‑ eine deutliche Verringerung der THC‑Messwerte eintritt. Wenngleich der Substanzabbau bei Cannabis "polyphasisch" erfolgt und daher schwieriger als etwa beim Alkohol berechnet werden kann, 70vgl. Zwerger, Blutalkohol 43 (2006), 105, 110; Drasch/von Meyer/Roider/Staack/Paul/Eisenmenger, Blutalkohol 43 (2006), 441, 446 f., 71steht doch außer Frage, dass THC verhältnismäßig schnell verstoffwechselt und jedenfalls bei einmalig und desgleichen wohl auch bei eher sporadisch konsumierenden Personen nach inhalativem Konsum selbst hoher Dosen zumindest überwiegend innerhalb von vier bis sechs Stunden auf Werte unterhalb von 1,0 ng/ml sinkt. 72Vgl. Möller/Kauert/Tönnes/Schnei-der/Theunissen/Ramaekers, Blutalkohol 43 (2006), 361, 363, 365, 372; Möller, in: Hettenbach/Kalus/Möller/Uhle, Drogen und Straßenverkehr, 2. Aufl. (2010), § 3 Rn. 109 ff.; Eisenmenger, NZV 2006, 24, 25. 73Im Übrigen dürfte es nicht oder allenfalls nur mit unverhältnismäßigem Aufwand möglich sein, im Einzelfall den "wahren" Wert der THC‑Konzentration zu ermitteln. Berücksichtigt man weiter, dass sich der jeweils Betroffene zu einem Zeitpunkt ans Steuer gesetzt hat, zu dem jedenfalls er selbst nicht das Ausmaß eines fortbestehenden THC‑Einflusses und einer darauf beruhenden Straßenverkehrsgefährdung abschätzen konnte, erscheint es hinnehmbar, ihm das Risiko zuzumuten, zugunsten der Sicherheitsinteressen der anderen Verkehrsteilnehmer und mit Blick auf die Schutzpflicht des Staates auf deren höchstrangige Rechtsgüter die Unsicherheit hinzunehmen, die auf der (zumindest weitgehend) unvermeidlichen Schwankungsbreite der THC‑Messergebnisse beruht. 74Vgl. VGH Bad.‑Württ., Urteil vom 22. November 2012 ‑ 10 S 3174/11 ‑, a. a. O. (juris, Rn. 38 f.). 75Dass der Kläger gelegentlich Cannabis konsumiert, folgt schon daraus, dass er bereits 2011 unter Cannabiseinfluss im Straßenverkehr angetroffen worden ist. Abgesehen davon fehlt es an jeglichem Vorbringen des Klägers, das einen zumindest gelegentlichen Konsum in Frage stellen könnte. 76Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. 77Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 1 und 2 VwGO i. V. m. den §§ 708 Nr. 10, 711 Satz 1 und 2 sowie 709 Satz 2 der Zivilprozessordnung (ZPO). 78Die Revision ist zuzulassen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Die entscheidungserheblichen Fragen, welcher Wahrscheinlichkeitsmaßstab hinsichtlich der Beeinträchtigung der Fahrtauglichkeit oder der Verkehrssicherheit bei gelegentlichem Konsum von Cannabis maßgeblich ist und ‑ hieraus folgend ‑ ab welcher THC‑Konzentration im Blutserum ein Verstoß gegen das Trennungserfordernis nach Nr.9.2.2 der Anlage 4 zur FeV vorliegt, ist höchstrichterlich nicht geklärt und für eine Vielzahl ähnlich gelagerter Fälle von Bedeutung.
die berufung des klägers gegen den gerichtsbescheid des verwaltungsgerichts arnsberg vom 11. november 2013 wird zurückgewiesen. der kläger trägt die kosten des berufungsverfahrens. das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. der kläger darf die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe von 110% des auf grund des urteils vollstreckbaren betrags abwenden, wenn nicht die beklagte vor der vollstreckung sicherheit in höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden betrags leistet. die revision wird zugelassen. 1
2der im jahre 1986 geborene kläger war inhaber einer fahrerlaubnis unter anderem der klassen a und b. am 19. juli 2011 führte er gegen 13.15 uhr in t. ein fahrzeug unter cannabiseinfluss. das gutachten des universitätsklinikums c. ‑ institut für rechtsmedizin ‑ vom 19. august 2011 über die untersuchung einer dem kläger entnommenen blutprobe ergab einen wert des cannabiswirkstoffs thc von 1,3 ng/ml sowie eine konzentrationen des thc-metaboliten thc‑cooh von 41,1 ng/ml. fahrerlaubnisrechtliche maßnahmen löste dieser vorfall für sich genommen ‑ soweit bekannt ‑ nicht aus. 3am 19. märz 2013 geriet der kläger gegen 16.50 uhr in o. /kreis t. -x. als führer eines personenkraftwagens in eine allgemeine verkehrskontrolle. ein drogenvortest verlief positiv auf thc. die blutprobe ergab nach dem ärztlichen befundbericht des labors l. vom 28. märz 2013 für thc einen wert von 1,1 ng/ml sowie für thc‑cooh einen wert von 14 ng/ml. zusammenfassend kommt der befundbericht zu dem schluss, das auffinden von thc und seinen metaboliten beweise eine kürzliche cannabiseinnahme. es könne davon ausgegangen werden, dass der kläger zum zeitpunkt der blutentnahme und somit auch zum vorfallszeitpunkt unter dem einfluss der nachgewiesenen berauschenden mittel (thc) gestanden habe. 4mit ordnungsverfügung vom 9. april 2013 entzog der beklagte dem kläger unter anordnung der sofortigen vollziehung die fahrerlaubnis und gab ihm unter androhung eines zwangsgeldes auf, seinen führerschein unverzüglich, spätestens bis zum 23. april 2013 abzugeben. zur begründung führte er an, die entziehung der fahrerlaubnis sei nach nr. 9.2.2 der anlage 4 zur fahrerlaubnis-verordnung gerechtfertigt. der kläger habe am 19. juli 2011 und am 19. märz 2013 jeweils unter cannabiseinfluss ein kraftfahrzeug geführt. die in den nachfolgenden chemisch-toxikologischen untersuchungen festgestellten konzentrationen sprächen dafür, dass der kläger zum zeitpunkt der blutentnahme unter der wirkung dieses berauschenden mittels gestanden habe. damit sei bewiesen, dass er zwischen dem konsum von cannabis und dem fahren nicht trennen könne. aufgrund der wiederholten fahrten unter cannabiseinfluss sei zudem erwiesen, dass zumindest ein gelegentlicher cannabiskonsum vorliege. 5am 8. mai 2013 hat der kläger klage erhoben. er hat vorgetragen: im zusammenhang mit dem vorfall seien bei ihm abgesehen von mittelweit geöffneten pupillen keine ausfallerscheinungen festgestellt worden. das ergebnis der nachfolgenden blutprobe habe ihn dann sehr überrascht; er könne sich diesen wert nicht erklären. es stelle sich die frage, ob der festgestellte wert von 1,1 ng/ml thc überhaupt den tatbestand des cannabiskonsums erfülle. nach der rechtsprechung des bundesverfassungsgerichts zur verfassungskonformen auslegung des § 24a abs. 2 stvg rechtfertige nicht jede nachgewiesene menge eines berauschenden mittels behördliches einschreiten. vielmehr müsse eine konzen-tration festgestellt werden, die es als möglich erscheinen lasse, dass der verkehrsteilnehmer in seiner fahrtüchtigkeit eingeschränkt gewesen sei. einen bestimmten grenzwert habe das bundesverfassungsgericht nicht eingeführt. es habe lediglich festgestellt, dass der wirkstoffnachweis ab bestimmten werten den rückschluss erlaube, der betroffene habe bei der verkehrsteilnahme unter einer tatbestandlich relevanten rauschmittelwirkung gestanden. dafür müssten aber konkrete angaben und hinweise vorliegen, an denen es hier fehle; denn bei der verkehrskontrolle im märz 2013 hätten die beteiligten polizeibeamten keine auffälligkeiten festgestellt, die für einen relevanten cannabiseinfluss sprächen. im hinblick auf das trennungsgebot nach nr. 9.2.2 der anlage 4 zur fev sei entscheidend, ob ein gelegentlicher cannabiskonsument unter dem einfluss einer solchen thc‑konzentration am straßenverkehr teilgenommen habe, dass sich das risiko einer beeinträchtigung der verkehrssicherheit signifikant erhöhe. der derzeitige naturwissenschaftliche erkenntnisstand rechtfertige es nicht, bereits ab einer thc‑konzentration von 1,0 ng/ml ohne weitere sachverhaltsaufklärung von einer solchen risikoerhöhung auszugehen; vielmehr sei bei gelegentlichem cannabiskonsum und der verkehrsteilnahme mit einem thc‑wert zwischen 1 und 2 ng/ml vor einer etwaigen fahrerlaubnisentziehung ein gutachten einzuholen. daran fehle es hier. ferner stelle sich die frage einer messungenauigkeit. da er, der kläger, sich das erreichen eines thc‑wertes von 1,1 ng/ml nicht erklären könne, müsse der vom labor l. ermittelte befund diesbezüglich untersucht werden, zumal der festgestellte wert den vom beklagten zugrundegelegten grenzwert nur geringfügig überschreite. gehe man, wie in der literatur diskutiert, von einer messwerttoleranz von 30 bis 40% aus, sei im günstigsten fall von einer thc‑konzentration von nur 0,66 ng/ml und damit weit unter dem grenzwert auszugehen. er habe auch weder erkennen können noch erkennen müssen, dass er bei seiner fahrt vom 19. märz 2013 unter der wirkung von cannabis gestanden habe. schließlich sei er aus beruflichen gründen dringend auf die fahrerlaubnis angewiesen, um seine aufgaben innerhalb des von seinem vater und ihm geführten handwerksbetrieb erfüllen zu können. 6der kläger, dessen zugleich mit der klage gestellter antrag auf vorläufigen rechtsschutz ohne erfolg geblieben ist, hat beantragt, 7die ordnungsverfügung des beklagten vom 9. april 2013 aufzuheben. 8der beklagte hat beantragt, 9die klage abzuweisen, 10und vorgetragen: entscheidend sei, dass der kläger in zwei fällen unter cannabiseinfluss ein kraftfahrzeug geführt habe und dabei jeweils den maßgeblichen grenzwert überschritten habe. die zugrundeliegenden rechtsmedizinischen gutachten seien in sich logisch, frei von widersprüchen und beruhten auf den neuesten wissenschaftlichen erkenntnissen. es stehe mithin fest, dass der kläger nicht zwischen dem konsum von cannabis und dem führen eines kraftfahrzeuges trennen und seinen cannabiskonsum nicht kontrollieren könne. 11das verwaltungsgericht hat die klage durch den angefochtenen gerichtsbescheid unter bezugnahme auf seine ablehnende entscheidung im verfahren des vorläufigen rechtsschutzes abgewiesen. 12mit seiner vom senat zugelassenen berufung wiederholt und vertieft der kläger sein bisheriges vorbringen. ergänzend trägt er vor: das rechtsmedizinische gutachten des labors l. über die untersuchung der blutprobe aus dem jahr 2013 lasse nicht erkennen, ob eine messtoleranz berücksichtigt worden sei. die frage der notwendigkeit eines sicherheitsabschlages sei weder vom bundesverfassungsgericht noch von der sog. grenzwertkommission entschieden worden. die verwaltungsgerichtliche rechtsprechung gehe bisher davon aus, der von der grenzwertkommission im zusammenhang mit der feststellung einer ordnungswidrigkeit nach § 24a abs. 2 stvg empfohlene "analytische grenzwert" von 1,0 ng/ml enthalte bereits einen sicherheitsabschlag. eine höchstrichterliche klärung dieser frage stehe aber noch aus. wegen der gravierenden folgen von fahrerlaubnisentziehungen müsse zumindest gefordert werden, dass die mit der blutuntersuchung beauftragten labore verpflichtet würden, die streubreite ihrer jeweiligen messergebnisse offenzulegen. zudem sei bei einer thc‑konzentration von lediglich 1,1 ng/ml nicht von einem signifikant erhöhten gefährdungsgrad für den straßenverkehr auszugehen. weiter erweise sich die entziehung der fahrerlaubnis wegen der gefährdung des familienbetriebes als unverhältnismäßig. den anforderungen der sicherheit des straßenverkehrs wäre schon dann ausreichend rechnung getragen, wenn ihm, dem kläger, die gelegenheit eingeräumt würde, im wege einer laufenden abstinenzkontrolle durch eine anerkanntebegutachtungsstelle seine aktuelle fahreignung nachzuweisen. schließlich hat der kläger noch ein vom ag t. im diesbezüglichen ordnungswidrigkeiten-verfahren eingeholtes rechtsmedizinisches gutachten von prof. dr. q. vom 8. juni 2014 vorgelegt, das unter anderem die frage eines cannabiskonsums des klägers am 19. märz 2013 und die frage einer messungenauigkeit betrifft. auf die einzelnen gutachterlichen ausführungen wird bezug genommen. 13der kläger beantragt, 14den angefochtenen gerichtsbescheid aufzuheben und nach seinem erstinstanzlich gestellten antrag zu erkennen. 15der beklagte beantragt, 16die berufung zurückzuweisen. 17er wiederholt und vertieft sein erstinstanzliches vorbringen. 18wegen der weiteren einzelheiten des sachverhalts wird auf die verfahrensakte, die gerichtsakte 6 l 278/13 und die beigezogenen verwaltungsvorgänge des beklagten ergänzend bezug genommen. 19
20die berufung des klägers hat keinen erfolg. das verwaltungsgericht hat die anfechtungsklage zu recht abgewiesen. der angefochtene bescheid der beklagten vom 9. april 2013 ist rechtmäßig und verletzt den kläger daher nicht in seinen rechten (vgl. § 113 abs. 1 satz 1 der verwaltungsgerichtsordnung - vwgo). 21der bescheid ist nicht bereits aus verfahrensrechtlichen gründen rechtswidrig. der umstand, dass möglicherweise das ordnungswidrigkeitenrechtliche verfahren hinsichtlich der fahrt des klägers unter cannabiseinfluss vom 19. märz 2013 noch nicht abgeschlossen ist, steht der eigenständigen prüfung der fahreignung des klägers durch die fahrerlaubnisbehörde des beklagten und auch dem erlass der angefochtenen ordnungsverfügung des beklagten vom 9. april 2013 nicht entgegen. § 3 abs. 3 satz 1 stvg, wonach die fahrerlaubnisbehörde einen sachverhalt, der gegenstand eines noch anhängigen strafverfahrens ist, in dem die entziehung der fahrerlaubnis nach § 69 des strafgesetzbuchs (stgb) in betracht kommt, in einem entziehungsverfahren nicht berücksichtigen darf, ist vorliegend nicht entsprechend anwendbar. eine erweiternde auslegung dieser bestimmung auch auf ein noch anhängiges ordnungswidrigkeitenverfahren scheidet aus, weil in diesem eine entziehung der fahrerlaubnis nach § 69 stgb oder nach einer anderen bestimmung nicht in betracht kommt. außerdem spricht die systematische gegenüberstellung der genannten bestimmung mit § 3 abs. 4 stvg gegen die anwendung des berücksichtigungsverbotes des § 3 abs. 3 satz 1 stvg im falle eines noch nicht abgeschlossenen ordnungswidrigkeitenverfah-rens. denn das abweichungsverbot nach § 3 abs. 4 stvg bezieht sich ausdrücklich nicht nur auf feststellungen aus einem (abgeschlossenen) strafverfahren, sondern auch auf feststellungen in bußgeldentscheidungen, soweit diese den zugrundegelegten sachverhalt und die beurteilung der schuldfrage betreffen. wenn demnach § 3 abs. 4 stvg für seinen anwendungsbereich das strafverfahren und das ordnungswidrigkeitenverfahren ausdrücklich gleichstellt, während § 3 abs. 3 stvg eine solche gleichstellung nicht vorsieht, muss von einer bewussten entscheidung des gesetzgebers ausgegangen werden, die nicht im wege der analogie korrigiert werden kann. 22vgl. ovg nrw, beschluss vom 16. august 2012 ‑ 16 e 726/12 ‑; bay. vgh, beschluss vom 7. september 2007 ‑ 11 cs 07.898, 11 c 07.1371 ‑, blutalkohol 45 (2008), 84 = juris, rn. 18; ovg s.‑a., beschluss vom 13. april 2012 ‑ 3 m 47/12 ‑, blutalkohol 49 (2012), 327 = juris, rn. 3 f.; a.a. fromm/schmidt, nzv 2007, 217, 219. 23der gesetzgeber wird in diesem zusammenhang auch bedacht haben, dass unter bestimmten umständen ein ordnungswidrigkeitenverfahren in ein strafverfahren übergehen kann (vgl. die §§ 41 f. owig) und dass die gefahr divergierender entscheidungen in den jeweils noch laufenden verfahren auch im verhältnis zwischen bußgeldstelle und fahrerlaubnisbehörde bestehen kann. 24ermächtigungsgrundlage für die angefochtene ordnungsverfügung ist § 3 abs. 1 satz 1 des straßenverkehrsgesetzes (stvg) und § 46 abs. 1 der fahrerlaubnis-verordnung (fev). nach diesen vorschriften hat die fahrerlaubnisbehörde dem fahrerlaubnisinhaber die fahrerlaubnis zu entziehen, wenn dieser sich als ungeeignet oder nicht befähigt zum führen von kraftfahrzeugen erweist. es handelt sich um eine gebundene, nicht im ermessen der behörde stehende entscheidung. die fahreignung des betroffenen beurteilt sich nach § 46 abs. 3 fev und den §§ 11 bis 14 fev i. v. m. der anlage 4 zur fahrerlaubnis-verordnung. 25der hier in rede stehende konsum von cannabis wird in nr. 9.2 der anlage 4 zur fev behandelt. der regelmäßige konsum von cannabis lässt die fahreignung in jedem fall entfallen (nr. 9.2.1). bei gelegentlicher einnahme von cannabis entfällt die fahreignung nicht, wenn der fahrerlaubnisinhaber zwischen konsum und fahren trennt und kein zusätzlicher gebrauch von alkohol oder anderen psychoaktiv wirkenden stoffen, keine störung der persönlichkeit und kein kontrollverlust vorliegt (nr. 9.2.2). die hier allein interessierende trennung zwischen konsum und fahren betrifft die frage, ob der gelegentlich cannabis konsumierende fahrerlaubnisinhaber bereit bzw. in der lage ist, zuverlässig diesen konsum und das führen von kraftfahrzeugen auseinanderzuhalten. sind gelegentlicher cannabiskonsum und mangelndes trennen von konsum und fahren erwiesen, darf die fahrerlaubnisbehörde gemäß § 11 abs. 7 fev ohne weitere sachverhaltsauf-klärung die fahrerlaubnis entziehen. dabei ist für die verwirklichung des merkmals des unzureichenden trennungsvermögens im sinne von nr. 9.2.2 der anlage 4 zur fev nicht auf ein subjektives element wie die persönliche wahrnehmung des betroffenen von seiner eigenen leistungsfähigkeit abzustellen. vielmehr ist entscheidend, ob der betroffene objektiv unter dem einfluss einer cannabiskonzentration am straßenverkehr teilgenommen hat, bei der nach wissenschaftlichen erkenntnissen davon ausgegangen werden muss, dass sich das risiko von beeinträchtigungen erhöht, die negative auswirkungen auf die verkehrssicherheit haben. 26ovg nrw, beschluss vom 7. februar 2006 ‑ 16 b 1392/05 ‑, juris, rn. 2 bis 8, und urteil vom 21. märz 2013 ‑ 16 a 2006/12 ‑, njw 2013, 2841 = blutalkohol 50 (2013), 146 und 196 = nzv 2014, 102 = nwvbl. 2013, 329 = juris, rn. 22 f. 27auch charakterliche mängel können die fahreignung ausschließen. solche mängel liegen vor, wenn der betroffene bereit ist, das interesse der allgemeinheit an sicherer und verkehrsgerechter fahrweise den jeweiligen eigenen interessen unterzuordnen und hieraus resultierende gefährdungen oder beeinträchtigungen des verkehrs in kauf zu nehmen. ausdruck eines mangels dieser art ist es, wenn ein fahrerlaubnisinhaber ungeachtet einer im einzelfall anzunehmenden oder jedenfalls nicht auszuschließenden drogenkonsumbedingten fahruntüchtigkeit nicht bereit ist, vom führen eines kraftfahrzeugs im öffentlichen straßenverkehr abzusehen. 28vgl. bverfg, kammerbeschluss vom 20. juni 2002 ‑ 1 bvr 2062/96 ‑, njw 2002, 2378 = juris, rn. 49. 29im zusammenhang mit dem merkmal des trennens des cannabiskonsums vom führen von kraftfahrzeugen kann nicht jeder nachweis von thc im blut eines verkehrsteilnehmers für eine entziehung der fahrerlaubnis ausreichen. es muss vielmehr eine konzentration feststellbar sein, die es als möglich erscheinen lässt, dass der untersuchte kraftfahrzeugführer am straßenverkehr teilgenommen hat, obwohl seine fahrtüchtigkeit eingeschränkt war. 30vgl. bverfg, kammerbeschluss vom 21. dezember 2004 ‑ 1 bvr 2652/03 ‑, njw 2005, 349 = nzv 2005, 270 = dar 2005, 70 = blutalkohol 42 (2005), 156 = juris, rn. 29. 31das entspricht dem verfassungsrechtlichen erfordernis, beschränkungen der allgemeinen handlungsfreiheit ‑ zu der auch der genuss hoher individueller mobilität zählt, wie sie das führen von kraftfahrzeugen vermittelt ‑ nur als verfassungsrechtlich unbedenklich zu bewerten, wenn sie zum schutz des rechtsguts nicht nur geeignet und erforderlich sind, sondern auch zur art und intensität der rechtsgütergefährdung in einem angemessenen verhältnis stehen. es muss daher eine hinreichende gefahr vorliegen, die eine eingeschränkte fahrtüchtigkeit des fahrerlaubnisinhabers als naheliegend erscheinen lässt. 32vgl. bverfg, beschluss vom 20. juni 2002 ‑ 1 bvr 2062/96 ‑, a. a. o. = juris, rn. 39 und 51. 33eine in diesem sinne hinreichende gefahr für die sicherheit des straßenverkehrs im zusammenhang mit dem konsum von cannabis, d.h. ein mangelndes trennen zwischen dem (gelegentlichen) cannabiskonsum und dem führen von kraftfahrzeugen, liegt nach auffassung des senats und anderer obergerichte bei einem thc-wert ab 1,0 ng/ml im blutserum vor. 34vgl. ovg nrw, beschlüsse vom 4. januar 2012 ‑ 16 a 2075/11 ‑, juris, rn. 15, und vom 22. mai 2012 ‑ 16 b 536/12 ‑, juris, rn. 5, sowie urteil vom 21. märz 2013 ‑ 16 a 2006/12 ‑, a. a. o. (juris, rn. 34 ff.); ebenso vgh bad.-württ., beschluss vom 27. märz 2006 ‑ 10 s 2519/05 ‑, njw 2006, 2135 = juris, rn. 7, und urteil vom 22. november 2012 ‑ 10 s 3174/11 ‑, juris, rn. 30; ovg berlin-bbg., beschluss vom 16. juni 2009 ‑ 1 s 17.09 ‑, nzv 2010, 531 = juris, rn. 6; ovg bremen, beschluss vom 20. juli 2012 ‑ 2 b 341/11 ‑, njw 2012, 3526 = juris, rn. 14; hamb. ovg, beschluss vom 15. dezember 2005 ‑ 3 bs 214/05 ‑, njw 2006, 1367 = juris, rn. 20; nds. ovg, beschluss vom 11. juli 2003 ‑ 12 me 287/03 ‑, juris, rn. 7; schl.‑h. ovg, urteil vom 17. februar 2009 ‑ 4 lb 61/08 ‑, juris, rn. 36; thür. ovg, beschluss vom 6. september 2012 ‑ 2 eo 37/11 ‑, dar 2012, 719 = juris, rn. 16; a. a. (mangelnde trennung erst oberhalb von 2,0 ng/ml thc) bay. vgh, beschlüsse vom 11. november 2004 ‑ 11 cs 04.2348 ‑, blutalkohol 43 (2006), 414 = juris, rn. 16, und vom 25. januar 2006 ‑ 11 cs 05.1711 ‑, dar 2006, 407 = juris, rn. 45; vgl. auch ovg m.‑v., beschluss vom 19. dezember 2006 ‑ 1 m 142/06 ‑, juris, rn. 18; heß/burmann, njw 2007, 486, 492. 35in seinem urteil vom 21. märz 2013 ‑ 16 a 2006/12 ‑ hat der senat hierzu folgendes ausgeführt: 36"ausschlaggebend für diese einschätzung ist der beschluss der gemeinsamen arbeitsgruppe für grenzwertfragen und qualitätskontrolle (sog. grenzwertkommission) vom 20. november 2002 ‑ aktualisiert durch beschluss vom 22. mai 2007, blutalkohol 44 (2007), 311 ‑, wonach der grenzwert für die annahme einer ordnungswidrigkeit nach § 24a abs. 2 stvg für thc bei 1 ng/ml im serum liegt. eine solche konzentration kann ‑ einschließlich eines entsprechenden sicherheitszuschlags ‑ sicher nachgewiesen und quantitativ präzise bestimmt werden. insbesondere erscheint bei erreichen einer derartigen konzentration eine einschränkung der fahrtauglichkeit möglich. 37vgl. auch bverfg, kammerbeschluss vom 21. dezember 2004 ‑ 1 bvr 2652/03 ‑, a. a. o. = juris, rn. 29. 38nimmt ein fahrerlaubnisinhaber trotz eines nicht lange zurückliegenden cannabiskonsums und einer deshalb jedenfalls möglichen cannabisbedingten fahrungeeignetheit am straßenverkehr teil, ist das als ein hinreichend aussagekräftiger beleg dafür zu werten, dass ihm das zu fordernde trennungsvermögen fehlt. 39darüber hinaus ergeben sich aus einer neueren veröffentlichung deutliche und somit für die rechtliche beurteilung entscheidende hinweise, dass konkrete straßenverkehrsgefährdungen und unfälle nach cannabiskonsum bei einer thc‑konzentration zwischen 1,0 und 2,0 ng/ml nicht seltener als bei deutlich höheren werten dieses cannabiswirkstoffs auftreten, dass also bei konzentrationen ab 1,0 ng/ml im serum sogar mehr als bloß die möglichkeit der fahruntüchtigkeit besteht. des weiteren ist die unfall‑ und gefährdungshäufigkeit in der späteren phase der cannabiswirkung signifikant höher als im akuten rauschzustand. 40vgl. drasch/von meyer/roider/staack/paul/ eisenmenger, unfälle und reale gefährdung des straßenverkehrs unter cannabis-wirkung, blutalkohol 43 (2006), 441 ff. 41das verwaltungsgericht hat zu recht in dem in bezug genommenen urteil vom 14. juni 2010 ‑ 11 k 1059/10 ‑, juris, auf weitere untersuchungen hingewiesen, die den von der grenzwertkommission bestimmten grenzwert bestätigen. so kommt etwa die studie der universität maastricht aus dem jahr 2005 zu dem ergebnis, dass bei dem thc‑grenzwert von 1 ng/ml im blutserum in jedem fall noch von einer möglichen wirkung auszugehen ist, da auch noch im zeitraum von fünf bis sechs stunden nach rauchende bei den versuchspersonen störungen der feinmotorik feststellbar waren. 42vgl. die darstellung bei möller, straßenverkehr und grenzwerte für drogen aus forensisch-toxikologischer sicht, arbeitstagung der arbeitsgemeinschaft verkehrsrecht in dav 2005, deutscher anwaltsverlag, s. 109 ff., und möller/kauert/tönnes/schneider/theunissen/ramaekers, leistungsverhalten und toxikokinetik der cannabinoide nach inhalativer marihuanaaufnahme, blutalkohol 43 (2006), 361 ff. 43zudem hat das verwaltungsgericht auf toxikologische studien bezug genommen, die belegen, dass das subjektive einflussempfinden (high-gefühl) eines kraftfahrzeugführers noch vorhanden sein kann und damit verbunden auch relativ deutliche ausfallerscheinungen auftreten können, obwohl nur noch eine sehr geringe (oder möglicherweise überhaupt keine) thc-konzentration mehr im blut nachweisbar ist. 44vgl. berr/krause/sachs, drogen im straßenverkehr, 2007, rn. 517 f. 45dies erklärt sich damit, dass die thc-konzentration im blut nicht zwingend mit der thc-konzentration im gehirn korreliert, also nicht die konzentration am wirkort widerspiegelt. 46vgl. drasch/von meer/roider/staack/paul/eisenmenger, a. a. o., s. 446 f. 47der annahme, ab einem grenzwert von 1 ng/ml thc (im blut) sei die fahrtüchtigkeit möglicherweise eingeschränkt, ist das bundesverfassungsgericht nicht entgegengetreten. auf einen bestimmten mindestwert hat sich das bundesverfassungsgericht indes nicht festgelegt, den mindestwert von einem 1 ng/ml als ausreichenden nachweis für die feststellung von hinreichenden konzentrationen von thc im blut im hinblick auf die möglichkeit der fahruntüchtigkeit aber auch nicht beanstandet. 48bverfg, beschluss vom 21. dezember 2004 ‑ 1 bvr 2652/03 ‑, a. a. o., zu § 24a abs. 2 stvg. 49demgegenüber nimmt der bayerische verwaltungsgerichtshof mangelnde trennung erst ab einem thc‑wert ab 2,0 ng/ml im blutserum an. 50vgl. bay. vgh, beschluss vom 25. januar 2006 ‑ 11 cs 05.1711 ‑, a. a. o.; vgl. auch beschlüsse vom 11. november 2004 ‑ 11 cs 04.2348 ‑, a. a. o, und vom 13. dezember 2010 ‑ 11 cs 10.2873 ‑, juris. 51zur begründung hat der bayerische verwaltungsgerichtshof in seiner grundlegenden entscheidung vom 25. januar 2006 zahlreiche gutachten zu der frage der fahruntüchtigkeit unter der wirkung von cannabis und der bestimmung eines grenzwerts ausgewertet, die einschlägige rechtsprechung des bundesverfassungsgerichts berücksichtigt und ist unter berufung auf den verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu dem ergebnis gekommen, dass es bei den bestehenden unsicherheiten nicht gerechtfertigt erscheine, bereits ab einer thc-konzentration von 1,0 ng/ml von einer erhöhung des risikos für die verkehrssicherheit und von mangelndem trennen zwischen cannabiskonsum und dem führen eines kraftfahrzeugs auszugehen. bei gelegentlichem cannabiskonsum und fahren mit einer thc-konzentration zwischen 1,0 und 2,0 ng/ml bestünden lediglich eignungsbedenken (vgl. § 14 abs. 1 satz 3 fev). um sie zu klären, sei vor einer etwaigen entziehung der fahrerlaubnis gemäß § 14 abs. 1 satz 4 fev ein medizinisch-psychologisches gutachten einzuholen, mit dem ermittelt werden könne, ob der betroffene künftig zwischen der einnahme von cannabis und der motorisierten teilnahme am straßenverkehr trennen werde. 52dieser auffassung vermag der senat nicht zu folgen. aufgrund der vorliegenden medizinischen und toxikologischen feststellungen geht der senat von gesicherten erkenntnissen aus, dass ab dem thc-grenzwert von 1 ng/ml eine wirkung und damit eine drogenkonsumbedingte gefährdung des straßenverkehrs möglich ist. hierzu ist insbesondere auf die bereits angeführte untersuchung von drasch/von meyer/roider/staack/paul/eisenmenger (a. a. o.) zu verweisen, die die tatsächlichen annahmen des bay. vgh in der entscheidung vom 25. januar 2006 eingehend berücksichtigen, ihnen mit rücksicht auf neuere untersuchungsergebnisse und mit einleuchtender begründung aber nicht folgen. aus diesem grund liegen nicht nur eignungsbedenken vor. es ist daher bei einer thc-konzentration zwischen 1,0 und 2,0 ng/ml nicht aus gründen der verhältnismäßigkeit vor einer entziehung der fahrerlaubnis ein medizinisch-psychologisches gutachten einzuholen. 53des weiteren stimmt der senat nicht mit dem vom bay. vgh gewählten gefahrenmaßstab überein. es heißt zwar in dem beschluss vom 25. januar 2006 (a. a. o., rn. 17) zunächst, entscheidend sei, ob der betroffene objektiv unter dem einfluss einer cannabiskonzentration am straßenverkehr teilgenommen habe, bei der nach wissenschaftlichen erkenntnissen davon ausgegangen werden müsse, dass sich das risiko von beeinträchtigungen erhöhe, die negative auswirkungen auf die verkehrssicherheit hätten. an anderer stelle setzt der bay. vgh aber eine signifikante erhöhung des risikos für die verkehrssicherheit ausdrücklich voraus (a. a. o., rn. 17). ein solches besonderes gefahrenerfordernis lässt sich aus den einschlägigen straßenverkehrsrechtlichen bestimmungen jedoch nicht entnehmen, wie die nachfolgenden ausführungen belegen. 54der verstoß gegen das in nr. 9.2.2 der anlage 4 zur fev zum ausdruck gebrachte trennungsgebot muss als im sinne von § 11 abs. 7 fev erwiesen angesehen werden können, um dem betroffenen die fahrerlaubnis ohne weitere sachverhaltsaufklärung zu entziehen. § 11 abs. 7 fev verlangt, dass die mangelnde fahreignung des fahrerlaubnisinhabers zum führen von kraftfahrzeugen feststeht. so liegt es, wenn ein fahrerlaubnisinhaber ungeachtet der wegen der gemessenen thc-konzentration anzunehmenden oder jedenfalls nicht auszuschließenden drogenbedingten fahruntüchtigkeit, also ab dem grenzwert von 1,0 ng/ml im blutserum, am straßenverkehr teilnimmt. damit belegt er, dass er das entsprechende trennungsvermögen nicht besitzt und deshalb zum führen eines fahrzeugs ungeeignet ist. daraus folgt zugleich, dass das risiko einer beeinträchtigung der verkehrssicherheit als negative folge des konsums möglich ist. eine signifikante erhöhung des risikos für die verkehrssicherheit ist nicht erforderlich. hierfür spricht schließlich, dass bei der frage der entziehung der fahrerlaubnis gefahrenabwehrrecht in rede steht und insoweit eine parallele zu dem abstrakten gefährdungsdelikt des § 24a stvg besteht, das der entscheidung des bverfg vom 21. dezember 2004 als einfachrechtliche vorschrift zugrundelag. auch diese norm hebt auf die möglichkeit eines schadenseintritts, nämlich einer einschränkung der fahrtüchtigkeit, ab. 55ist von einer leistungsbeeinträchtigung der für die fahreignung relevanten eigenschaften also bereits bei einer thc-konzentration von 1 ng/ml serum auszugehen, ist bei einer fahrt mit einer derartigen thc-konzentration das fehlende trennungsvermögen belegt. 56außerdem ist von einem die fahreignung ausschließenden charakterlich-sittlichen mangel auszugehen, wenn ein fahrerlaubnisinhaber bei einer möglichen drogenkonsumbedingten fahruntüchtigkeit angesichts einer konzentration von 1,0 ng/ml thc im blutserum nicht bereit ist, vom führen eines kraftfahrzeugs im öffentlichen straßenverkehr abzusehen. 57vgl. auch ovg bremen, beschluss vom 20. juli 2012 ‑ 2 b 341/11 ‑, a. a. o., juris, rn. 18. 58diese annahme gründet sich auf die unsicherheit des dosis-wirkungs-effekts von cannabis. thc ist, wie drasch/von meer/roider/staack/paul/eisenmenger (a. a. o., s. 446 f.) unter hinweis auf die untersuchung von mura et al. (thc can be detected in brain while absent in blood, 2005, j. anal. toxicol. 29, s. 842) ausgeführt haben, eine hoch lipophile, d.h. gut fettlösliche verbindung. entsprechend hoch ist ihr verteilungsfaktor und entsprechend lange dauert es bis zur einstellung eines fließgleichgewichts zwischen wasserreichen kompartimenten wie etwa dem blutserum und fettreichen kompartimenten wie dem gehirn in der eliminationsphase. die thc-konzentration im blut spiegelt daher die konzentration am wirkort nicht wider. da die gesicherten medizinischen und toxikologischen erkenntnisse bei einem thc-wert von 1,0 ng/ml eine einschränkung der fahrtauglichkeit als möglich belegen, liegt eine unzureichende trennungsbereitschaft des betroffenen, also auch bei dem kläger, bei erreichen des werts vor. ist ein fahrerlaubnisinhaber aber ungeachtet dieser gefährdung nicht bereit, vom führen eines kraftfahrzeugs im öffentlichen straßenverkehr abzusehen, lässt dies auf einen charakterlichen mangel schließen, der seine nichteignung begründet. denn der fahrerlaubnisinhaber nimmt für seine privaten bedürfnisse nicht hinnehmbare risiken für die sicherheit des straßenverkehrs in kauf. dieses verhalten genießt indes weder verfassungsrechtlichen noch einfachrechtlichen schutz." 59an dieser sichtweise hält der senat fest. neuere erkenntnisse, welche die sachgerechtigkeit des abstellens auf einen grenzwert von 1 ng/ml in frage stellen könnten, sind nicht ersichtlich. soweit methodische zweifel an den ergebnissen der untersuchung von drasch/von meyer/roider/staack/paul/eisenmenger (s.o.) geäußert worden sind, weil diese im ausgangspunkt wesentlich auf "subjektiven polizeilichen feststellungen im raum münchen zu verkehrsauffälligkeiten" beruhten, 60vgl. hierzu die wiedergabe einer entsprechenden gutachterlichen äußerung in vgh bad.‑württ., urteil vom 22. november 2012 ‑ 10 s 3174/11 ‑, vrs 124 (2013), 168 = juris, rn. 53, 61vermag der senat nicht ohne weiteres nachzuvollziehen, warum die einschätzungen von polizeibeamten, die in der regel über vielfältige erfahrungen mit verkehrsteilnehmern unter dem einfluss von rauschmitteln (einschließlich alkohol) verfügen, von vornherein unergiebig sein sollten, zumal das erkennen drogenbedingter auffälligkeiten im straßenverkehr seit längerer zeit einen schwerpunkt der fortbildung für polizeibeamte bildet. 62vgl. bönke, anm. zu bverfg, beschluss vom 21. dezember 2004 ‑ 1 bvr 2652/03 ‑, nzv 2005, 272; ders., blutalkohol 41 (2004), suppl. 1, s. 8; möller, blutalkohol 41 (2004), suppl. 1, s. 16. 63entgegen der auffassung des klägers ist bei der zugrundelegung eines grenzwertes von 1,0 ng/ml im blutserum für die annahme mangelnden trennens i. s. v. nr. 9.2.2 der anlage 4 zur fev auch kein sicherheitsabschlag zum ausgleich etwaiger messungenauigkeiten bei der rechtsmedizinischen feststellung des thc‑gehaltes vorzunehmen. es ist vielmehr davon auszugehen, dass eine ‑ wiederholt von einschlägig tätigen instituten eingeräumte und vermutlich nie ganz auszuschließende ‑ schwankungsbreite bei der untersuchung von blutproben im zuge der festsetzung von grenzwerten wie dem der 1‑ng/ml‑thc‑grenze bereits berücksichtigt worden ist, 64vgl. die empfehlung der grenzwertkommission zur änderung der anlage zu § 24a stvg, blutalkohol 44 (2007), 311; s. auch wehowsky, blutalkohol 43 (2006), 125, 130, 65und nicht (nochmals) durch abschläge berücksichtigt werden muss. das entspricht auch der rechtsprechung zu § 24a abs. 2 stvg, 66vgl. olg karlsruhe, beschluss vom 29. januar 2007 ‑ 3 ss 205/06 ‑, nzv 2007, 248 = vrs 112 (2007), 130 = blutalkohol 44 (2007), 101 = juris, rn. 4 f. und brandenb. olg, beschluss vom 30. märz 2007 ‑ 1 ss (owi) 291b/06 ‑, blutalkohol 45 (2008), 135 = juris, rn. 11 und 13, jeweils m. w. n., 67und auch der ‑ soweit ersichtlich ‑ einhelligen auffassung in der verwaltungsgerichtlichen rechtsprechung, die indessen weit überwiegend diese frage nicht eigens thematisiert, aber im ergebnis die ermittelten werte ohne abschläge zugrundelegt. 68ausdrücklich die notwendigkeit eines sicherheitsabschlages ablehnend vgh bad.‑württ., urteil vom 22. november 2012 ‑ 10 s 3174/11 ‑, a. a. o. (juris, rn. 34 ff.); vgl. auch ovg bremen, beschluss vom 20. juli 2012 ‑ 2 b 341/11 ‑, a. a. o. (juris, rn. 15); vg münchen, urteil vom 17. mai 2011 ‑ m 1 k 11.1120 ‑, juris, rn. 21. 69ob diese praxis bereits mit dem hinweis gerechtfertigt werden kann, der "wahre" wert bei der annahme oder dem fürmöglichhalten einer schwankungsbreite des messergebnisses könne statistisch mit gleich hoher wahrscheinlichkeit an der untersten oder an der obersten grenze des schwankungsbereichs liegen, erscheint allerdings zweifelhaft. denn wenn es ‑ anders als nach den empfehlungen der grenzwertkommission und der dargestellten rechtsprechung ‑ auf den zweifelsfreien nachweis gerade einer thc‑konzentration von 1,0 ng/ml oder mehr und nicht auf den abweichend definierten eintritt einer abstrakten straßenverkehrsgefährdung durch gesichert feststehende drogenbeeinflussung ankäme, könnte die sanktionierung von demnach "falsch positiven" messbefunden schwerlich mit der erwägung gerechtfertigt werden, dass in anders gelagerten fällen, das heißt bei "falsch negativen" befunden, auf die an sich erforderliche sanktionierung verzichtet werden müsse, also möglicherweise rechtswidrigen belastungen auch fälle rechtswidriger besserstellung gegenüberständen. schwerer wiegt die überlegung, dass üblicherweise in der zeit zwischen der beendigung der fahrt durch eine polizeikontrolle und der blutentnahme ‑ und erst recht zwischen dem eigentlich relevanten fahrtantritt und der blutentnahme ‑ eine deutliche verringerung der thc‑messwerte eintritt. wenngleich der substanzabbau bei cannabis "polyphasisch" erfolgt und daher schwieriger als etwa beim alkohol berechnet werden kann, 70vgl. zwerger, blutalkohol 43 (2006), 105, 110; drasch/von meyer/roider/staack/paul/eisenmenger, blutalkohol 43 (2006), 441, 446 f., 71steht doch außer frage, dass thc verhältnismäßig schnell verstoffwechselt und jedenfalls bei einmalig und desgleichen wohl auch bei eher sporadisch konsumierenden personen nach inhalativem konsum selbst hoher dosen zumindest überwiegend innerhalb von vier bis sechs stunden auf werte unterhalb von 1,0 ng/ml sinkt. 72vgl. möller/kauert/tönnes/schnei-der/theunissen/ramaekers, blutalkohol 43 (2006), 361, 363, 365, 372; möller, in: hettenbach/kalus/möller/uhle, drogen und straßenverkehr, 2. aufl. (2010), § 3 rn. 109 ff.; eisenmenger, nzv 2006, 24, 25. 73im übrigen dürfte es nicht oder allenfalls nur mit unverhältnismäßigem aufwand möglich sein, im einzelfall den "wahren" wert der thc‑konzentration zu ermitteln. berücksichtigt man weiter, dass sich der jeweils betroffene zu einem zeitpunkt ans steuer gesetzt hat, zu dem jedenfalls er selbst nicht das ausmaß eines fortbestehenden thc‑einflusses und einer darauf beruhenden straßenverkehrsgefährdung abschätzen konnte, erscheint es hinnehmbar, ihm das risiko zuzumuten, zugunsten der sicherheitsinteressen der anderen verkehrsteilnehmer und mit blick auf die schutzpflicht des staates auf deren höchstrangige rechtsgüter die unsicherheit hinzunehmen, die auf der (zumindest weitgehend) unvermeidlichen schwankungsbreite der thc‑messergebnisse beruht. 74vgl. vgh bad.‑württ., urteil vom 22. november 2012 ‑ 10 s 3174/11 ‑, a. a. o. (juris, rn. 38 f.). 75dass der kläger gelegentlich cannabis konsumiert, folgt schon daraus, dass er bereits 2011 unter cannabiseinfluss im straßenverkehr angetroffen worden ist. abgesehen davon fehlt es an jeglichem vorbringen des klägers, das einen zumindest gelegentlichen konsum in frage stellen könnte. 76die kostenentscheidung beruht auf § 154 abs. 2 vwgo. 77die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit folgt aus § 167 abs. 1 und 2 vwgo i. v. m. den §§ 708 nr. 10, 711 satz 1 und 2 sowie 709 satz 2 der zivilprozessordnung (zpo). 78die revision ist zuzulassen, weil die rechtssache grundsätzliche bedeutung hat (§ 132 abs. 2 nr. 1 vwgo). die entscheidungserheblichen fragen, welcher wahrscheinlichkeitsmaßstab hinsichtlich der beeinträchtigung der fahrtauglichkeit oder der verkehrssicherheit bei gelegentlichem konsum von cannabis maßgeblich ist und ‑ hieraus folgend ‑ ab welcher thc‑konzentration im blutserum ein verstoß gegen das trennungserfordernis nach nr.9.2.2 der anlage 4 zur fev vorliegt, ist höchstrichterlich nicht geklärt und für eine vielzahl ähnlich gelagerter fälle von bedeutung.
Verklagte*r
0
183,796
32 C 15079/13
2014-02-20T00:00:00
Urteil
Tenor Das Versäumnisurteil vom 19.12.2013 bleibt aufrecht erhalten. Die Beklagte trägt die weiteren Kosten des Rechtsstreits. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet. 1Tatbestand: 2Die Beklagte übersandte dem Kläger im März 2013 ein Vertragsformular über eine Eintragung der Kontaktdaten des Klägers bei der „Gewerbeauskunft-Zentrale.de“. Das Formular war auf der linken Seite überschrieben mit „Ergänzen oder korrigieren Sie bitte bei Annahme fehlende oder fehlerhafte Daten“. Unter dieser Aufforderung waren einige Kontaktdaten des Klägers bereits voreingetragen. Die linke Spalte endete mit einem Fettdruck „Rückantwort gebührenfrei per Fax bis 02.04.2013 an #####/####.“ Der Fließtext auf der rechten Seite des Formulars sah eine zweijährige Vertragsbindung bei einer jährlichen Vergütung von 569,06 € vor. Unter der Überschrift enthielt das Formular in Fettdruck folgenden unterstrichenen Hinweise: „Schreiben ist Ihnen schon am 20.02.2013 per Post zugesandt worden!“. Wegen der weiteren Einzelheiten des Formulars wird auf Blatt 7 GA Bezug genommen. 3Der Kläger stellte fest, dass die in dem Formular enthaltenen Kontaktdaten teilweise unzutreffend wiedergegeben waren. Er korrigierte und ergänzte die Angaben und sandte das Formular sodann unterzeichnet an die Beklagte zurück. 4Am 17.05.2013 übersandte die Beklagte dem Kläger eine Rechnung über 569,06 €. Die Beklagte mahnte den Betrag mehrmals an. Der Kläger wandte sich sodann an seinen Prozessbevollmächtigten. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers erklärte durch Schreiben vom 08.10.2013 unter anderem die Anfechtung des Vertrages wegen arglistiger Täuschung. Er forderte die Beklagte in dem Schreiben weiter erfolglos auf, bis zum 19.10.2013 zu bestätigen, dass die Beklagte sich keiner Forderungen aus Anlass der Unterzeichnung des Formulars berühme und forderte die Beklagte auf, Rechtsanwaltskosten in Höhe von 201,71 zu erstatten. 5Der Kläger hat ursprünglich beantragt, festzustellen, dass der Kläger nicht verpflichtet ist, insgesamt 1.138,12 € an die Beklagte aufgrund des am 24.03.2013 unterzeichneten Formulars zu bezahlen sowie die Beklagte zu verurteilen, die im Verzeichnis Gewerbeauskunft-Zentrale.de gespeicherten Daten des Klägers zu löschen. Weiter hat der Kläger beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger außergerichtlich entstandene und nicht anrechenbare Anwaltsgebühren in Höhe von 201,71 € zu bezahlen. Das Gericht hat am 19.12.2013 antragsgemäß ein Versäumnisurteil gegen die Beklagte erlassen. 6Der Kläger beantragt nunmehr, 7das Versäumnisurteil vom 19.12.2013 aufrecht zu erhalten. 8Die Beklagte beantragt, 9das Versäumnisurteil vom 19.12.2013 aufzuheben und die Klage abzuweisen. 10Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Akteninhalt Bezug genommen. 11Entscheidungsgründe: 12 I 13Die Klage ist zulässig. Der Kläger hat insbesondere ein Feststellungsinteresse, da sich die Parteien über die Wirksamkeit eines etwaigen Vertrages aufgrund des vom Kläger unterzeichneten Formulars streiten und die Beklagte vorprozessual Zahlungsansprüche gegen den Kläger geltend gemacht hat. 14 II 15Die Klage ist auch begründet. 161. 17Der Kläger ist nicht verpflichtet, 1.138,12 € aufgrund des am 24.03.2013 unterzeichneten Formulars an die Beklagte zu zahlen. Es kann letztendlich offen bleiben, ob zwischen den Parteien durch die Rücksendung des streitgegenständlichen Formulars ein Vertrag zustande gekommen ist. Ein etwaiger Vertrag ist jedenfalls nichtig gem. § 142 I BGB, da der Kläger den Vertrag durch Schreiben vom 08.10.2013 wirksam angefochten hat. Es liegt ein Anfechtungsgrund gem. § 123 I BGB vor. Der Kläger wurde durch arglistige Täuschung zur Unterzeichnung des streitgegenständlichen Formulars bestimmt. Die Übersendung des Formulars im März 2013 durch die Beklagte erfüllt den Tatbestand der arglistigen Täuschung, da aus dem Formular nicht hinreichend hervor geht, dass es sich um ein Angebot auf Abschluss eines kostenpflichtigen Vertrags handelt. Die Form des Formulars erweckt den Eindruck, dass es sich bei der angepriesenen Eintragung um eine amtliche Eintragung handle. Dies ergibt sich zum einem aus der Überschrift „Gewerbeauskunft-Zentrale.de – Erfassung gewerblicher Einträge-“. Diese Begriffe erwecken den Eindruck, dass hier Daten von einer Behörde gesammelt werden. zum anderen enthielt das Formular unmittelbar unter der Überschrift den Hinweis „Schreiben ist Ihnen schon am 20.02.2013 per Post zugesandt worden!“. Für die Rückantwort war unten auf dem Formular eine Frist gesetzt. Auch dies erweckt den Eindruck, dass eine Verpflichtung des Adressaten bestünde, die erforderlichen Daten mitzuteilen. Auch der Umstand, dass bereits einige Daten voreingetragen sind, lässt den Eindruck entstehen, dass hier hoheitlich Daten erfasst wurden, die zu ergänzen sind, wie der Adressat durch das Formular ja auch aufgefordert wird („ergänzen oder korrigieren Sie bitte bei Annahme fehlende oder fehlerhafte Daten“). Dass es sich bei dem Schreiben um ein Angebot auf den Abschluss eines kostenpflichtigen Vertrages handelt, geht aus dem Schreiben nicht ausreichend deutlich hervor. Das von der Beklagten erwünschte Entgelt wird in dem kleingedruckten Text auf der rechten Seite des Formulars genannt, und zwar an einer Stelle, an der ein durchschnittlicher Betrachter des Lesens bereits müde ist. Einem durchschnittlichen Leser wird durch diese Gestaltung des Schreibens die Rechtsverbindlichkeit, die mit der Rücksendung des unterzeichneten Formulars einhergeht, verschleiert. Dies erfüllt den Tatbestand der Täuschung. Die Beklagte handelte dabei auch arglistig, da die Art der Gestaltung des Schreibens ersichtlich den Sinn hat, Adressaten zum Abschluss eines Vertrages zu bewegen, den sie bei Kenntnis sämtlicher Umstände gar nicht abschließen würden. Die arglistige Täuschung war auch ursächlich für den Vertragsschluss (so im Ergebnis auch AG Düsseldorf, Urteil vom 23.11.2011, 42 C 11568/11; AG Düsseldorf, Urteil vom 07.01.2014, 20 C 11278/13). 182. 19Der Anspruch auf Löschung der Daten erfolgt aus §§ 823 I, 1004 I BGB analog in Verbindung mit dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung des Klägers. 203. 21Der Anspruch auf Erstattung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten folgt aus §§ 280 I, 249 BGB. Die durch die Anfechtung der auf den Vertrag gerichteten Willenserklärung angefallenen Rechtsanwaltskosten stellen notwendige Rechtsverfolgungskosten dar. 22 III 23Prozessuale Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 I 1, 708 Nr. 11, 711 ZPO. 24Streitwert: 1.738,12 €. 25Rechtsbehelfsbelehrung: 26Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist, 27a) wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder 28b) wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht zugelassen worden ist. 29Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Landgericht Düsseldorf, Werdener Straße 1, 40227 Düsseldorf, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten. 30Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Landgericht Düsseldorf zu begründen. 31Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Düsseldorf durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein. 32Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.
das versäumnisurteil vom 19.12.2013 bleibt aufrecht erhalten. die beklagte trägt die weiteren kosten des rechtsstreits. das urteil ist vorläufig vollstreckbar. die beklagte kann die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe von 120 % des aufgrund des urteils vollstreckbaren betrags abwenden, wenn nicht der kläger vor der vollstreckung sicherheit in höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden betrags leistet. 1
2die beklagte übersandte dem kläger im märz 2013 ein vertragsformular über eine eintragung der kontaktdaten des klägers bei der „gewerbeauskunft-zentrale.de“. das formular war auf der linken seite überschrieben mit „ergänzen oder korrigieren sie bitte bei annahme fehlende oder fehlerhafte daten“. unter dieser aufforderung waren einige kontaktdaten des klägers bereits voreingetragen. die linke spalte endete mit einem fettdruck „rückantwort gebührenfrei per fax bis 02.04.2013 an #####/####.“ der fließtext auf der rechten seite des formulars sah eine zweijährige vertragsbindung bei einer jährlichen vergütung von 569,06 € vor. unter der überschrift enthielt das formular in fettdruck folgenden unterstrichenen hinweise: „schreiben ist ihnen schon am 20.02.2013 per post zugesandt worden!“. wegen der weiteren einzelheiten des formulars wird auf blatt 7 ga bezug genommen. 3der kläger stellte fest, dass die in dem formular enthaltenen kontaktdaten teilweise unzutreffend wiedergegeben waren. er korrigierte und ergänzte die angaben und sandte das formular sodann unterzeichnet an die beklagte zurück. 4am 17.05.2013 übersandte die beklagte dem kläger eine rechnung über 569,06 €. die beklagte mahnte den betrag mehrmals an. der kläger wandte sich sodann an seinen prozessbevollmächtigten. der prozessbevollmächtigte des klägers erklärte durch schreiben vom 08.10.2013 unter anderem die anfechtung des vertrages wegen arglistiger täuschung. er forderte die beklagte in dem schreiben weiter erfolglos auf, bis zum 19.10.2013 zu bestätigen, dass die beklagte sich keiner forderungen aus anlass der unterzeichnung des formulars berühme und forderte die beklagte auf, rechtsanwaltskosten in höhe von 201,71 zu erstatten. 5der kläger hat ursprünglich beantragt, festzustellen, dass der kläger nicht verpflichtet ist, insgesamt 1.138,12 € an die beklagte aufgrund des am 24.03.2013 unterzeichneten formulars zu bezahlen sowie die beklagte zu verurteilen, die im verzeichnis gewerbeauskunft-zentrale.de gespeicherten daten des klägers zu löschen. weiter hat der kläger beantragt, die beklagte zu verurteilen, an den kläger außergerichtlich entstandene und nicht anrechenbare anwaltsgebühren in höhe von 201,71 € zu bezahlen. das gericht hat am 19.12.2013 antragsgemäß ein versäumnisurteil gegen die beklagte erlassen. 6der kläger beantragt nunmehr, 7das versäumnisurteil vom 19.12.2013 aufrecht zu erhalten. 8die beklagte beantragt, 9das versäumnisurteil vom 19.12.2013 aufzuheben und die klage abzuweisen. 10wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den akteninhalt bezug genommen. 11
12 i 13die klage ist zulässig. der kläger hat insbesondere ein feststellungsinteresse, da sich die parteien über die wirksamkeit eines etwaigen vertrages aufgrund des vom kläger unterzeichneten formulars streiten und die beklagte vorprozessual zahlungsansprüche gegen den kläger geltend gemacht hat. 14 ii 15die klage ist auch begründet. 161. 17der kläger ist nicht verpflichtet, 1.138,12 € aufgrund des am 24.03.2013 unterzeichneten formulars an die beklagte zu zahlen. es kann letztendlich offen bleiben, ob zwischen den parteien durch die rücksendung des streitgegenständlichen formulars ein vertrag zustande gekommen ist. ein etwaiger vertrag ist jedenfalls nichtig gem. § 142 i bgb, da der kläger den vertrag durch schreiben vom 08.10.2013 wirksam angefochten hat. es liegt ein anfechtungsgrund gem. § 123 i bgb vor. der kläger wurde durch arglistige täuschung zur unterzeichnung des streitgegenständlichen formulars bestimmt. die übersendung des formulars im märz 2013 durch die beklagte erfüllt den tatbestand der arglistigen täuschung, da aus dem formular nicht hinreichend hervor geht, dass es sich um ein angebot auf abschluss eines kostenpflichtigen vertrags handelt. die form des formulars erweckt den eindruck, dass es sich bei der angepriesenen eintragung um eine amtliche eintragung handle. dies ergibt sich zum einem aus der überschrift „gewerbeauskunft-zentrale.de – erfassung gewerblicher einträge-“. diese begriffe erwecken den eindruck, dass hier daten von einer behörde gesammelt werden. zum anderen enthielt das formular unmittelbar unter der überschrift den hinweis „schreiben ist ihnen schon am 20.02.2013 per post zugesandt worden!“. für die rückantwort war unten auf dem formular eine frist gesetzt. auch dies erweckt den eindruck, dass eine verpflichtung des adressaten bestünde, die erforderlichen daten mitzuteilen. auch der umstand, dass bereits einige daten voreingetragen sind, lässt den eindruck entstehen, dass hier hoheitlich daten erfasst wurden, die zu ergänzen sind, wie der adressat durch das formular ja auch aufgefordert wird („ergänzen oder korrigieren sie bitte bei annahme fehlende oder fehlerhafte daten“). dass es sich bei dem schreiben um ein angebot auf den abschluss eines kostenpflichtigen vertrages handelt, geht aus dem schreiben nicht ausreichend deutlich hervor. das von der beklagten erwünschte entgelt wird in dem kleingedruckten text auf der rechten seite des formulars genannt, und zwar an einer stelle, an der ein durchschnittlicher betrachter des lesens bereits müde ist. einem durchschnittlichen leser wird durch diese gestaltung des schreibens die rechtsverbindlichkeit, die mit der rücksendung des unterzeichneten formulars einhergeht, verschleiert. dies erfüllt den tatbestand der täuschung. die beklagte handelte dabei auch arglistig, da die art der gestaltung des schreibens ersichtlich den sinn hat, adressaten zum abschluss eines vertrages zu bewegen, den sie bei kenntnis sämtlicher umstände gar nicht abschließen würden. die arglistige täuschung war auch ursächlich für den vertragsschluss (so im ergebnis auch ag düsseldorf, urteil vom 23.11.2011, 42 c 11568/11; ag düsseldorf, urteil vom 07.01.2014, 20 c 11278/13). 182. 19der anspruch auf löschung der daten erfolgt aus §§ 823 i, 1004 i bgb analog in verbindung mit dem recht auf informationelle selbstbestimmung des klägers. 203. 21der anspruch auf erstattung der vorgerichtlichen rechtsanwaltskosten folgt aus §§ 280 i, 249 bgb. die durch die anfechtung der auf den vertrag gerichteten willenserklärung angefallenen rechtsanwaltskosten stellen notwendige rechtsverfolgungskosten dar. 22 iii 23prozessuale nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 i 1, 708 nr. 11, 711 zpo. 24streitwert: 1.738,12 €. 25rechtsbehelfsbelehrung: 26gegen dieses urteil ist das rechtsmittel der berufung für jeden zulässig, der durch dieses urteil in seinen rechten benachteiligt ist, 27a) wenn der wert des beschwerdegegenstandes 600,00 eur übersteigt oder 28b) wenn die berufung in dem urteil durch das amtsgericht zugelassen worden ist. 29die berufung muss innerhalb einer notfrist von einem monat nach zustellung dieses urteils schriftlich bei dem landgericht düsseldorf, werdener straße 1, 40227 düsseldorf, eingegangen sein. die berufungsschrift muss die bezeichnung des urteils, gegen das die berufung gerichtet wird, sowie die erklärung, dass gegen dieses urteil berufung eingelegt werde, enthalten. 30die berufung ist, sofern nicht bereits in der berufungsschrift erfolgt, binnen zwei monaten nach zustellung dieses urteils schriftlich gegenüber dem landgericht düsseldorf zu begründen. 31die parteien müssen sich vor dem landgericht düsseldorf durch einen rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die berufungs- und die berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein. 32mit der berufungsschrift soll eine ausfertigung oder beglaubigte abschrift des angefochtenen urteils vorgelegt werden.
Klaeger*in
1
330,706
10 D 63/18.NE
2020-07-13T00:00:00
Urteil
Tenor Der Antrag wird abgelehnt. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Antragstellerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 von Hundert des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Antragsgegnerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 von Hundert des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet. Die Revision wird nicht zugelassen. 1Tatbestand: 2Die Antragstellerin wendet sich gegen die 4. Änderung des Bebauungsplans Nr. Teil 3 – D. Straße – (im Folgenden: 4. Änderung) der Antragsgegnerin. Sie ist Eigentümerin des im Plangebiet liegenden Grundstücks D. Straße 76 in B. (Gemarkung B., Flur 29, Flurstücke 138, 139), auf dem sich mehrere Einzelhandelsbetriebe, namentlich ein Textil- und Haushaltswaren-Discountmarkt befinden. 3Das circa 2,7 ha große Plangebiet liegt am südlichen Siedlungsrand der Ortslage von B. zwischen den Straßen B1., D. Straße und O. Auf den ebenfalls im Plangebiet gelegenen Grundstücken D. Straße 66, 68a, 70 bis 72 befinden sich weitere Einzelhandelsbetriebe, hierunter auch ein Lebensmittel-Discountmarkt. 4Der Bebauungsplan Nr. Teil 3 – D. Straße – setzt weite Teile des Geltungsbereichs der 4. Änderung, darunter auch das Grundstück der Antragstellerin, als Mischgebiet mit einer Grundflächenzahl von 0,4 fest. Mit der textlichen Festsetzung Nr. 1 (1) der 4. Änderung schließt er insbesondere Einzelhandelsbetriebe mit zentrenrelevantem Sortiment in dem Mischgebiet aus. Einzelhandelsbetriebe mit nicht-zentrenrelevantem Sortiment dürfen zentrenrelevante Sortimente als Randsortimente nach weiteren Maßgaben (Nr. 1 (2) der textlichen Festsetzungen) führen. Die Zulässigkeit von Einzelhandelsbetrieben mit nahversorgungsrelevantem Sortiment ist auf Lebensmittelläden und -märkte beschränkt. Ausgenommen von dieser Beschränkung sind Kioske und Tankstellenshops (Nr. 1 (3) der textlichen Festsetzungen). Zentrenrelevante, nahversorgungsrelevante und nicht-zentrenrelevante Sortimente werden im Einzelnen aufgelistet (Nr. 1 (4) der textlichen Festsetzungen). 5Das Planverfahren nahm im Wesentlichen folgenden Verlauf: 6Der Rat der Antragsgegnerin beschloss am 16. Dezember 2015 die Aufstellung der 4. Änderung. In der Beschlussvorlage wird zum Anlass der Planung ausgeführt, dass für das im Plangebiet liegende Grundstück D. Straße 68 ein – letztlich nicht weiterverfolgter – Antrag auf Erteilung eines Vorbescheids für den Neubau eines Gebäudes unter anderem mit einem Bekleidungs- und einem Schuhgeschäft gestellt worden sei. Der Standort D. Straße sei im Einzelhandelskonzept für die Stadt B. aus dem Jahr 2006 (im Folgenden: Einzelhandelskonzept 2006) noch als Nahversorgungszentrum dargestellt. Nach dem Entwurf für eine Fortschreibung des Einzelhandelskonzepts aus August 2015 erfülle der Standort jedoch seine ihm eigentlich zugewiesene Funktion nur noch nachrangig. Der Schwerpunkt des Angebots der dort vorhandenen Einzelhandelsbetriebe habe sich hin zu Warengruppen des mittelfristigen Bedarfs verschoben. Derzeit entfielen nur noch 29 Prozent der dort verfügbaren Verkaufsfläche auf Warengruppen des kurzfristigen Bedarfs. Die fußläufige Erreichbarkeit des Standorts sei lediglich für die nördlich angrenzenden Wohngebiete gegeben. Pläne für eine Entwicklung der Wohnbebauung südlich der Straße B1. habe man aufgegeben. An dem Standort solle daher künftig ein zu Lasten des zentralen Versorgungsbereichs der Innenstadt gehender weiterer Ausbau beziehungsweise die Neuansiedlung von Einzelhandelsbetrieben mit zentren- und nahversorgungsrelevanten Hauptsortimenten über den genehmigten Bestand hinaus unterbunden werden. Der Aufstellungsbeschluss wurde im Amtsblatt der Antragsgegnerin (im Folgenden: Amtsblatt) vom 7. Januar 2016 bekannt gemacht. Der Entwurf der 4. Änderung lag in der Zeit vom 19. Juni bis 18. Juli 2017 öffentlich aus. Aus der Bekanntmachung des Beschlusses über die öffentliche Auslegung im Amtsblatt vom 8. Juni 2017 geht hervor, dass der Bebauungsplan im beschleunigten Verfahren gemäß § 13a BauGB aufgestellt werden sollte. Parallel dazu fand die Beteiligung der Behörden und sonstiger Träger öffentlicher Belange statt. Am 6. November 2017 befand der Rat über die abgegebenen Stellungnahmen aufgrund der Abwägungsvorschläge der Verwaltung und beschloss die 4. Änderung als Satzung. Der Satzungsbeschluss wurde aufgrund der Bekanntmachungsanordnung vom 7. September 2017 im Amtsblatt vom 14. September 2017 bekannt gemacht. 7In der Planbegründung, die wesentliche Teile der Begründung des Aufstellungsbeschlusses wiederholt, wird das Planungsziel, Einzelhandelsbetriebe mit zentren- und nahversorgungsrelevanten Hauptsortimenten im Plangebiet zur Stärkung und zum Schutz des zentralen Versorgungsbereichs Innenstadt im Einklang mit dem zwischenzeitlich beschlossenen fortgeschriebenen Einzelhandelskonzept aus dem Jahr 2016 (im Folgenden: Einzelhandelskonzept 2016) auszuschließen, hervorgehoben. Die privaten Interessen der Eigentümer der im Plangebiet gelegenen Grundstücke, ihr Grundeigentum auch weiterhin für den ausgeschlossenen Einzelhandel unbeschränkt nutzen zu können, träten hinter diesem Planungsziel zurück. Durch die Zulassung von Einzelhandelsbetrieben mit nahversorgungsrelevanten Sortimenten in Form von Lebensmittelläden und -märkten werde die Versorgung der umliegenden Wohngebiete im Hinblick auf die Warengruppe Nahrungs- und Genussmittel gestärkt und gesichert. 8Die Antragstellerin hatte mit Schreiben vom 18. Juli 2017 Einwendungen gegen die Planung erhoben. 9Sie hat am 12. September 2018 den Normenkontrollantrag gestellt. 10Zur Begründung trägt sie im Wesentlichen vor: 11Die 4. Änderung sei unwirksam. Die textlichen Festsetzungen zum Ausschluss von Einzelhandelsbetrieben mit zentrenrelevanten Hauptsortimenten seien städtebaulich nicht gerechtfertigt. Auf das Einzelhandelskonzept könne sich die Antragsgegnerin insoweit nicht stützen. Der Einzelhandelsausschluss sei überdies abwägungsfehlerhaft. Er stelle einen massiven Eingriff in ihr Eigentumsrecht dar. Zwar könne die auf ihrem Grundstück derzeit ausgeübte genehmigte Nutzung weiterhin stattfinden. Im Fall einer Beendigung der Nutzung durch einen der Betriebe bestehe jedoch keine Möglichkeit, dort eine neue vergleichbare Einzelhandelsnutzung aufzunehmen beziehungsweise die bisherigen Nutzungen zu erweitern. Diese fehlende Möglichkeit von Erweiterungen sei mit dem bloßen Verweis auf den Bestandsschutz nicht zu rechtfertigen. Die Antragsgegnerin habe im Aufstellungsverfahren weder den Bestand der im Plangebiet vorhandenen Nutzungen festgestellt noch insoweit eine dem Einzelfall entsprechende Abwägung vorgenommen. Der Verweis auf das Einzelhandelskonzept habe in diesem Zusammenhang nicht ausgereicht. Vielmehr hätte die örtliche Situation individuell in den Blick genommen und bewertet werden müssen. Dies sei nicht geschehen. 12Der Antragstellerin beantragt, 13die 4. Änderung des Bebauungsplans Nr. Teil 3 – D. Straße – für unwirksam zu erklären. 14Die Antragsgegnerin beantragt, 15den Antrag abzulehnen. 16Zur Begründung trägt sie im Wesentlichen vor: 17Es fehle nicht an der städtebaulichen Erforderlichkeit der in der 4. Änderung getroffenen Festsetzungen. Für den Ausschluss von Einzelhandelsbetrieben mit zentren- und nahversorgungsrelevanten Hauptsortimenten bilde das Einzelhandelskonzept 2016 eine tragfähige Grundlage. Mit dem Einzelhandelsausschluss solle der Gefahr nachteiliger Auswirkungen begegnet werden, die von entsprechenden Einzelhandelsbetrieben im Plangebiet auf die Innenstadt als zentraler Versorgungsbereich ausgingen. Die Versorgungsfunktion des Innenstadtbereichs solle geschützt und weiterentwickelt, die dortigen Einzelhandelsnutzungen verdichtet und ausgeweitet werden. Das Plangebiet sei zudem als Einzelhandelsagglomeration im Sinne des Landesentwicklungsplans (LEP) anzusehen. Nach dessen Ziel 6.5-8 in Verbindung mit § 1 Abs. 4 BauGB hätten die Gemeinden dem Entstehen neuer sowie der Verfestigung und Erweiterung bestehender Einzelhandelsagglomerationen mit zentrenrelevanten Sortimenten außerhalb zentraler Versorgungsbereiche entgegenzuwirken. Die für die Abwägung bedeutsamen Belange seien fehlerfrei ermittelt worden. Insbesondere sei der im Plangebiet vorhandene Bestand an Einzelhandelsbetrieben festgestellt und es seien die Belange der Eigentümer der im Plangebiet liegenden Grundstücke erfasst und individuell in den Blick genommen worden. Dass die im Plangebiet vorhandenen Einzelhandelsbetriebe mit zentrenrelevanten Hauptsortimenten wie die auf dem Grundstück der Antragstellerin befindlichen Geschäfte für Bekleidung und Schuhe durch den Bebauungsplan auf den Bestandsschutz gesetzt würden, habe der Rat in seinem Beschluss über die abwägungsrelevanten Stellungnahmen ausdrücklich berücksichtigt. Der Rat habe die sich hieraus ergebenden Konsequenzen mit Blick auf seine städtebauliche Zielsetzung, die Attraktivität des zentralen Versorgungsbereichs Innenstadt zu erhalten und zu steigern, hingenommen. Eine Fehlgewichtung der diesbezüglichen miteinander und gegeneinander abzuwägenden Belange liege hierin nicht. Der Rat habe in Rechnung gestellt, dass sich die Verhältnisse des Einzelhandels in der Innenstadt gegenüber dem Jahr 2006 nicht nachhaltig verbessert hätten. Es seien daher besondere Anstrengungen erforderlich, um die Innenstadt attraktiver zu machen und im Hinblick auf den Einzelhandelsbesatz zu beleben. 18Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie den der im Parallelverfahren 10 D 37/18.NE beigezogenen Verwaltungsvorgänge (Beiakten Hefte 1 bis 6) Bezug genommen. 19Entscheidungsgründe: 20Der zulässige Antrag hat keinen Erfolg. 21Die Antragstellerin ist als Eigentümerin eines innerhalb des räumlichen Geltungsbereichs der 4. Änderung liegenden Grundstücks, das durch deren textliche Festsetzungen in seiner gewerblichen Nutzbarkeit einschränkt wird, in ihrer durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützten Rechtsstellung betroffen und damit antragsbefugt im Sinne des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO. 22Der Antrag ist unbegründet. 23Zur Unwirksamkeit führende formelle Fehler der 4. Änderung hat die Antragstellerin nicht gerügt. Solche sind auch mit Blick auf das gewählte Verfahren nach § 13a BauGB nicht ersichtlich. 24Die 4. Änderung hat keine materiellen Fehler die ihre Unwirksamkeit zur Folge hätten. 25Ihr fehlt nicht die städtebauliche Erforderlichkeit im Sinne von § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB, denn ihr liegt ausweislich der Planbegründung eine von städtebaulich legitimen Zielen getragene positive Planungskonzeption zugrunde. Der Rat verfolgt mit den textlichen Festsetzungen zur Beschränkung der Zulässigkeit von Einzelhandelsnutzungen mit bestimmten Warensortimenten die städtebaulichen Belange des § 1 Abs. 6 Nr. 11 BauGB. Er reagiert auf die Entwicklung des Einzelhandelsstandorts D. Straße und will diese im Einklang mit dem Einzelhandelskonzept 2016 steuern. 26Die textlichen Festsetzungen zur Beschränkung der Zulässigkeit von Einzelhandel mit bestimmten Warensortimenten lassen sich auf § 9 Abs. 1 Nr. 1 BauGB in Verbindung mit § 1 Abs. 9 BauNVO stützen. 27Dabei legt der Senat die textlichen Festsetzungen in Nr. 1 (1) und (3) dahingehend aus, dass der dort formulierte Einzelhandelsausschluss solche Einzelhandelsbetriebe erfasst, die zentren- und nahversorgungsrelevante Hauptsortimente führen, nicht aber solche, die lediglich entsprechende Randsortimente führen. Zwar wird mit dem Begriff „Sortiment“ im Allgemeinen die Gesamtheit der Waren bezeichnet, die ein Handelsunternehmen anbietet. Werden jedoch Einzelhandelsbetriebe – wie hier – über ihr Sortiment gekennzeichnet, wird regelmäßig auf den Sortimentsschwerpunkt abgestellt. 28Vgl. OVG NRW, Urteil vom 29. Oktober 2018 – 10 A 964/16 –, juris, Rn. 45, mit weiteren Nachweisen. 29Dass der Rat von einem solchen Verständnis ausgegangen ist, ergibt sich aus der in Nr. 1 (2) der textlichen Festsetzungen formulierten Ausnahme sowie aus dem mit der Planbegründung in Bezug genommenen Einzelhandelskonzept 2016, wonach zur Erreichung der damit verfolgten Ziele Einzelhandelsausschlüsse erfolgen sollen, die an das Kern- beziehungsweise Hauptsortiment anknüpfen (siehe etwa Seite 113, 127 ff. des Einzelhandelskonzepts 2016). 30Einzelhandelsbetriebe mit einem zentren- beziehungsweise nahversorgungsrelevanten Hauptsortiment stellen als in der sozialen und ökonomischen Realität vorkommende Nutzungen eine Unterart eines Gewerbebetriebs dar und können folglich in einem durch Bebauungsplan festgesetzten Mischgebiet über § 9 Abs. 1 Nr. 1 BauGB in Verbindung mit § 1 Abs. 9 BauNVO ausgeschlossen werden. 31Vgl. OVG NRW, Urteile vom 25. Februar 2019 – 10 A 2557/16 –, juris, Rn. 123, vom 2. Juni 2014 – 10 A 1343/12 –, juris, Rn. 67, und vom 26. April 2013 – 10 D 9/11.NE –, juris, Rn. 34; Kuschnerus/Bischopink/Wirth, Der standortgerechte Einzelhandel, 2. Aufl. 2018, Rn. 562, 564. 32Die für eine solche Feindifferenzierung erforderlichen besonderen städtebaulichen Gründe im Sinne des § 1 Abs. 9 BauNVO sind hier gegeben. Die Vorschrift stellt insoweit zusätzliche, über § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB hinausgehende Anforderungen an einen partiellen Einzelhandelsausschluss. Verlangt werden keine besonders gewichtigen Gründe, sondern Gründe, welche die jeweilige Feindifferenzierung aus der konkreten Planungssituation heraus zu rechtfertigen vermögen. Im Fall eines Ausschlusses von Einzelhandelsbetrieben mit zentren- und nahversorgungsrelevanten Hauptsortimenten kann der Plangeber sich in diesem Zusammenhang die rechtfertigende Wirkung eines städtebaulichen Entwicklungskonzepts im Sinne des § 1 Abs. 6 Nr. 11 BauGB zunutze machen, sofern die Festsetzungen des Bebauungsplans jedenfalls geeignet sind, einen Beitrag zur Förderung der hiermit verfolgten Ziele zu leisten. 33Vgl. OVG NRW, Urteile vom 25. Februar 2019 – 10 A 2557/16 –, juris, Rn. 128, vom 15. November 2017 – 7 A 2048/15 –, juris, Rn. 57, vom 12. April 2017 – 2 D 70/15.NE –, juris, Rn. 41, vom 30. Oktober 2015 – 7 A 2621/13 –, juris, Rn. 53, und vom 14. Oktober 2013 – 2 D 103/12.NE –, juris, Rn. 67 ff.; Beschluss vom 3. August 2015 – 10 A 567/14 –, juris, Rn. 6 ff., jeweils zu § 9 Abs. 2a BauGB, unter Aufgabe der bisherigen Rechtsprechung im Anschluss an BVerwG, Urteil vom 27. März 2013 – 4 CN 7.11 –, juris, Rn. 11 ff. Siehe auch BVerwG, Urteile vom selben Tag – 4 CN 6.11 und 4 C 13.11 –, jeweils juris, Rn. 10 ff. 34Ein Nachweis, dass durch die Zulassung von Einzelhandelsbetrieben mit zentren- und nahversorgungsrelevanten Hauptsortimenten im Plangebiet eine Beeinträchtigung der zentralen Versorgungsbereiche der Gemeinde tatsächlich eintreten wird, ist nicht Voraussetzung für einen entsprechenden Ausschluss auf der Grundlage von § 1 Abs. 9 BauNVO. 35Vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 15. Mai 2013 – 4 BN 1.13 –, juris, Rn. 11, und vom 14. Februar 2013 – 4 B 44.12 –, juris, Rn. 4; OVG NRW, Urteil vom 15. November 2017 – 7 A 2048/15 –, juris, Rn. 67, jeweils zu § 9 Abs. 2a BauGB. 36Diesen Vorgaben des § 1 Abs. 9 BauNVO wird die 4. Änderung gerecht. Der Einzelhandelsausschluss im Plangebiet ist in der konkreten Planungssituation gerechtfertigt. Er dient der Umsetzung des Einzelhandelskonzepts 2016, das als Hauptziel die Sicherung und Profilierung der räumlichen Angebotsstruktur mit einer Konzentration auf die B2. Innenstadt nennt, wobei auch die wohnungsnahe Grundversorgung zu erhalten sei (siehe etwa Seite 84 f., 86, 91 f., 104). Zu diesem Zweck wurde das bereits im Einzelhandelskonzept 2006 entworfene Standortstrukturmodell weiterentwickelt (siehe Seite 93 ff.). Folgende Grundsätze zur Einzelhandels- und Zentrenentwicklung werden formuliert: Einzelhandelsbetriebe mit nahversorgungsrelevanten Hauptsortimenten werden zukünftig nur noch in den zentralen Versorgungsbereichen sowie – je nach Lage und Verkaufsflächendimension – zur wohnortnahen Grundversorgung an integrierten Nahversorgungsstandorten in den Ortsteilen und Siedlungsbereichen ermöglicht (Grundsatz 1). Einzelhandelsbetriebe mit zentrenrelevanten Hauptsortimenten sind zukünftig nur noch in den zentralen Versorgungsbereichen sowie ausnahmsweise zur Grundversorgung in den Siedlungsbereichen möglich (Grundsatz 2). Auch insoweit wird hervorgehoben, dass es eine „klare Priorisierung“ des zentralen Versorgungsbereichs Innenstadt geben soll (siehe Seite 127 ff.). Der Standort D. Straße (siehe Seite 53 ff., 74) wird unter Berücksichtigung der dort vorhandenen Einzelhandelsnutzungen – anders als noch im Einzelhandelskonzept 2006 – nicht mehr als Nahversorgungsstandort, sondern als Sonderstandort eingestuft. Der hauptsächlich autokundenorientierte Standort mit einem Schwerpunkt auf zentrenrelevanten Sortimenten erfülle heute nicht die Funktion eines Nahversorgungsstandorts. Allein der vorhandene Lebensmittel-Discountmarkt habe Nahversorgungsfunktion, da er eine wohnortnahe Grundversorgung für die nördlich des Standorts gelegenen Wohnsiedlungsbereiche gewährleiste. Zu den Entwicklungszielen heißt es im fortgeschriebenen Einzelhandelskonzept 2016 insoweit: „Aufhebung des zentralen Versorgungsbereichs als Nahversorgungszentrum, neue Definition als Sonderstandort, Bestandsschutz für bestehende Anbieter mit zentren- und nahversorgungsrelevantem Kernsortiment, keine Ansiedlung beziehungsweise kein weiterer Ausbau nahversorgungs- und zentrenrelevanter Angebote als Hauptsortiment über den bauplanungsrechtlich genehmigten Bestand hinaus zur Sicherung des zentralen Versorgungsbereichs Hauptzentrum B. und der wohnortnahen Grundversorgung, Ausnahme: Lebensmittel-Discountmarkt B3. als Nahversorgungsstandort für umliegende Siedlungsbereiche, nicht zentren-relevante Angebotserweiterungen grundsätzlich denkbar.“ (Seite 96, 97 ff.) Der Ausschluss von Einzelhandelsbetrieben mit zentren- und nahversorgungsrelevanten Hauptsortimenten in den textlichen Festsetzungen Nr. 1 (1) und (3) im Plangebiet erweist sich damit als geeignet, einen Beitrag zur Förderung der Ziele des Einzelhandelskonzepts 2016 zu leisten. 37Der von der Antragstellerin geltend machte Abwägungsmangel, der Rat habe die im Plangebiet vorhandenen Einzelhandelsbetriebe mit zentrenrelevanten Hauptsortimenten abwägungsfehlerhaft auf den Bestandsschutz gesetzt, ohne darüber hinausgehende Entwicklungsmöglichkeiten für diese Betriebe vorzusehen, liegt nicht vor. 38Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Senats kann eine Gemeinde durch ihre Bauleitplanung die (bauliche) Nutzbarkeit von Grundstücken verändern und dabei auch die privaten Nutzungsmöglichkeiten einschränken oder gar aufheben. Einen Planungsgrundsatz, nach dem die vorhandene Bebauung eines Gebiets nach Art und Maß auch bei einer Überplanung weiterhin zugelassen werden muss, gibt es nicht. Allerdings setzt eine wirksame städtebauliche Planung voraus, dass hinreichend gewichtige städtebaulich beachtliche Allgemeinbelange für sie sprechen. Diese städtebaulich beachtlichen Allgemeinbelange müssen umso gewichtiger sein, je stärker die Festsetzungen eines Bebauungsplans die Befugnisse des Eigentümers einschränken oder Grundstücke von einer Bebauung ganz ausschließen. Denn das durch Art. 14 GG gewährleistete Eigentumsrecht gehört in hervorgehobener Weise zu den von der Bauleitplanung zu berücksichtigenden Belangen. Es umfasst neben der Substanz des Eigentums auch die Beachtung des verfassungsrechtlichen Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit und des allgemeinen Gleichheitssatzes. Die Beschränkung der Nutzungsmöglichkeiten eines Grundstücks muss daher vom Plangeber als ein wichtiger Belang privater Eigentümerinteressen bei der nach § 1 Abs. 7 BauGB gebotenen Abwägung der öffentlichen und der privaten Belange beachtet werden. Im Rahmen der Abwägungsentscheidung nach § 1 Abs. 7 BauGB hat dieser folglich die Nachteile einer Planung für die Planunterworfenen zu berücksichtigen. 39Vgl. BVerwG, Beschluss vom 15. Mai 2013 – 4 BN 1.13 –, juris, Rn. 17. 40Mit Blick auf die von der Antragstellerin geltend gemachten, in der mündlichen Verhandlung nochmals hervorgehobenen Bestandsschutzinteressen setzt das Gebot zur Ermittlung und Bewertung des Abwägungsmaterials eine sorgfältige Bestandsaufnahme der im Plangebiet vorhandenen Nutzungen voraus. 41Vgl. OVG NRW, Urteile vom 22. November 2010 – 7 D 1/09.NE –, juris, Rn. 132, und vom 18. Mai 2010 – 10 D 92/08.NE –, juris, Rn. 52. 42Entgegen dem Vorbringen der Antragstellerin liegt dem Beschluss des Rates über die 4. Änderung eine solche Bestandsaufnahme zugrunde. Schon im Rahmen der Fortschreibung des Einzelhandelskonzepts wurde der Bestand an Einzelhandelsnutzungen am Standort D. Straße erhoben (siehe Seite 53 ff., 64, 113 des Einzelhandelskonzepts 2016). Nach den Angaben der Antragsgegnerin wurde der Bestand im Rahmen des Aufstellungsverfahrens zur 4. Änderung im Januar 2017 nochmals überprüft. In den Abwägungsvorschlägen betreffend die im Rahmen der öffentlichen Auslegung des Planentwurfs eingegangenen Stellungnahmen (unter anderem der Antragstellerin) sind die im Plangebiet damals vorhandenen Einzelhandelsnutzungen nochmals aufgeführt (siehe Seite 5 f., 12, 14 und 16 der Anlage 2 zur Sitzungsvorlage V/2015/0358/2). Auch bereits zu jener Zeit bekannte beabsichtigte Nutzungen wurden erfasst. Konkrete Fehler, die ihrer Ansicht nach bei der Bestandsaufnahme begangen worden sind, benennt die Antragstellerin nicht. Dass der auf ihrem Grundstück jeweils betriebene Textil- und Haushaltswaren-Discountmarkt sowie die auf dem Grundstück D. Straße 66 betriebenen Bekleidungs- und Schuhgeschäfte durch die Überplanung auf den Bestandsschutz gesetzt werden, hat der Rat in seinem Beschluss über die abwägungsrelevanten Stellungnahmen ausdrücklich berücksichtigt. Die 4. Änderung habe zur Folge, dass die vom partiellen Einzelhandelsausschluss betroffenen Betriebe Bestandsschutz genössen, jede Erweiterung, Änderung und Erneuerung aber nicht mehr zugelassen werden könne; zulässig blieben im Wesentlichen Unterhaltungsmaßnahmen. 43Diese Folgen hat der Rat mit Blick auf das mit der 4. Änderung verfolgte Ziel, insbesondere die Funktion und Attraktivität des zentralen Versorgungsbereichs Innenstadt zu sichern und zu entwickeln, für hinnehmbar gehalten, ohne dass hierin – maßgeblich ist gemäß § 214 Abs. 3 Satz 1 BauGB der Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses – eine Fehlgewichtung der zu berücksichtigenden Belange der betroffenen Grundeigentümer beziehungsweise Nutzer zu erkennen wäre. 44Eine sachgerechte Abwägungsentscheidung, die – wie hier – dazu führt, dass legal bestehende Betriebe auf den Bestandsschutz gesetzt werden, setzt im Regelfall voraus, dass sich der Plangeber mit der Frage auseinandersetzt, ob und in welchem Umfang der Bebauungsplan mit Festsetzungen nach § 1 Abs. 10 BauNVO der herausgehobenen Stellung privaten Eigentums in Form eines erweiterten Bestandsschutzes Rechnung tragen kann und soll. Dass eine Absicherung vorhandener, künftig unzulässiger Nutzungen über den Bestandsschutz hinaus auf diese Weise möglich ist, bedeutet aber nicht, dass eine solche Absicherung auch regelmäßig erfolgen muss. Eine Gemeinde kann im Grundsatz eine bestimmte vorhandene Nutzung auf den Bestand „festschreiben“, um die mit möglichen Erweiterungen dieser Nutzung verbundenen städtebaulich unerwünschten negativen Auswirkungen – etwa auf zentrale Versorgungsbereiche – zu verhindern. Die Frage, ob eine Festsetzung, die den Bestand festschreibt, fehlerfrei abgewogen und insbesondere der Schutz des Eigentums seiner Bedeutung entsprechend gewichtet worden ist, lässt sich nicht generell beantworten. Maßgeblich ist, ob im konkreten Fall gewichtige städtebauliche Gründe vorliegen, die die Zurücksetzung der privaten Belange des auf den Bestandsschutz gesetzten Grundstückseigentümers rechtfertigen. 45Vgl. OVG NRW, Urteile vom 22. November 2010 – 7 D 1/09.NE –, juris, Rn. 136 ff., vom 24. September 2010 – 2 D 74/08.NE –, juris, Rn. 77, und vom 18. Mai 2010 – 10 D 92/08.NE –, juris, Rn. 53 und 57, jeweils mit weiteren Nachweisen auch zur Rechtsprechung des BVerwG. 46Der Rat hat ausweislich des Beschlusses über die Abwägungsvorschläge betreffend die eingegangenen Stellungnahmen seiner Abwägung zugrunde gelegt, dass der zentrale Versorgungsbereich Innenstadt hinsichtlich seiner Funktion und Attraktivität Mängel aufweise. Bereits nach den Untersuchungsergebnissen des Einzelhandelskonzepts 2006 sei im Hauptgeschäftsbereich der B2. Innenstadt der Einzelhandel bezogen auf das gesamtstädtische Angebot unter quantitativen Gesichtspunkten im Vergleich zu vergleichbaren Mittelstädten deutlich unterrepräsentiert. Auffallend sei der geringe Anteil innenstadttypischer Sortimente wie Spielwaren/Hobby/Basteln, Hausrat/Glas/Porzellan, Sport- und Freizeitbedarf oder Medien am gesamten Warengruppenbestand. In den weiteren innenstadttypischen Warengruppen wie Bekleidung, Schuhe/Lederwaren usw. stelle sich die Situation zwar besser dar, doch seien die insoweit feststellbaren innerstädtischen Verkaufsflächenanteile im Verhältnis zu vergleichbaren Städten eher gering. Auf der Nachfrageseite verzeichne B. in den Leitsortimenten des innerstädtischen Einzelhandels (zum Beispiel Bekleidung/Wäsche) Kaufkraftbindungsquoten von zum Teil unter 70 Prozent. Diese Untersuchungsergebnisse würden durch die im Rahmen der Fortschreibung des Einzelhandelskonzepts gewonnenen Erkenntnisse tendenziell bestätigt. Ein wesentlicher Grund für die Schwäche des innerstädtischen Einzelhandels seien die Einzelhandelsbetriebe mit zentrenrelevanten Sortimenten an Standorten außerhalb der Innenstadt. Diese erschwerten nicht nur die Ansiedlung entsprechender Einzelhandelsbetriebe in der Innenstadt, sondern gefährdeten auf Dauer auch die Existenz bestehender Betriebe. In den Randbereichen des Hauptgeschäftsbereichs seien solche Entwicklungen bereits im Ansatz zu beobachten. Die Schwäche der B2. Innenstadt als Einzelhandelsstandort und die Annahme eines dahingehenden Abwärtstrends bestätigten die IHK-Passantenfrequenzzählung aus dem Jahr 2014 sowie die GfK-Kaufkraft- und Zentralitätsdaten aus dem Jahr 2015. Einzelhandelsprojekte in den Nachbarkommunen sowie der stetig wachsende Online-Handel setzten den innerstädtischen Einzelhandel zusätzlich unter Druck. Vor diesem Hintergrund sei der Ausschluss von Einzelhandel mit zentrenrelevanten Hauptsortimenten im Plangebiet zur Sicherung und Entwicklung des zentralen Versorgungsbereichs Innenstadt zwingend, zumal insbesondere am Standort D. Straße in den letzten Jahren der Einzelhandel mit zentrenrelevanten Hauptsortimenten erheblich zugenommen habe. Die Schwäche des innerstädtischen Einzelhandels könne nur überwunden werden, wenn es gelinge, das mit den zentrenrelevanten Bestandsbetrieben auch am Standort D. Straße verbundene Entwicklungspotenzial für die Innenstadt nutzbar zu machen. Allein Neuansiedlungen würden mit Blick auf die Rahmenbedingungen hierfür nicht ausreichen. Der vollständige Ausschluss von Einzelhandelsbetrieben mit zentrenrelevantem Hauptsortiment ohne Regelungen für Bestandsbetriebe am Einzelhandelsstandort D. Straße solle die betroffenen Betriebe dazu bewegen, sich auf Dauer in der Innenstadt anzusiedeln. Dieses Entwicklungsziel würde bei Einräumung von Entwicklungsmöglichkeiten, die über den Bestandsschutz hinausgingen, konterkariert. 47Dass die der vorstehenden Einschätzung des Rates zugrunde liegenden tatsächlichen Annahmen unzutreffend seien, trägt die Antragstellerin – deren Grundstück im Übrigen schon nicht zum Nahversorgungszentrum nach dem Einzelhandelskonzept 2006 gehörte – nicht vor. Das fortgeschriebene Einzelhandelskonzept 2016 hebt unter detaillierter Erfassung der Einzelhandelsentwicklung in B. hervor, dass sich der Hauptgeschäftsbereich in den letzten Jahren im Hinblick auf die Einzelhandelsstruktur nicht nennenswert weiterentwickelt habe. Zwar sei die relative Bedeutung der Innenstadt im Vergleich zu der Erhebung aus den Jahren 2005/2006 leicht angestiegen, doch sei dies nicht auf Entwicklungen im Innenstadtbereich zurückzuführen. Das Verkaufsflächenangebot und die Anzahl der Betriebe seien hier rückläufig. Ein wesentliches Ziel der zukünftigen Einzelhandelsentwicklung müssten daher der Erhalt und die Weiterentwicklung der Funktionsvielfalt und des Einzelhandelsangebots als wesentliche Leitfunktionen in der Innenstadt sein (siehe Seite 67 des Einzelhandelskonzepts 2016). 48Der Rat hat damit hinreichende Gründe dafür aufgezeigt, den mit der 4. Änderung verfolgten städtebaulichen Belangen, die mit der Einräumung eines erweiterten Bestandsschutzes für Einzelhandelsbetriebe mit zentrenrelevanten Hauptsortimenten nicht vereinbar sind, unter den konkreten Umständen ein besonderes Gewicht zu verleihen. Die von dem Einzelhandelsausschluss betroffenen bestehenden Einzelhandelsbetriebe sind mit Blick auf ihr typisch innenstadtprägendes Warenangebot, nämlich Bekleidung, Textilien, Schuhe und Haushaltswaren (siehe auch Seite 48 des Einzelhandelskonzepts 2016) besonders geeignet, den zentralen Versorgungsbereich Innenstadt zu beeinträchtigen, zumal der Standort D. Straße von dessen südlichem Rand nur etwa 500 m entfernt gelegen und mit dem Auto gut zu erreichen ist. Anders als der zentrale Versorgungsbereich Innenstadt ist der Standort in den letzten Jahren gewachsen. Einzelhandelsbetriebe mit zentrenrelevanten Hauptsortimenten haben sich auch außerhalb des Nahversorgungszentrums, wie es noch im Jahr 2006 abgegrenzt worden ist, angesiedelt. Unter Berücksichtigung der Gesamtumstände konnte der Rat daher fehlerfrei dem öffentlichen Interesse an der Vermeidung jeglicher weiterer Beeinträchtigung der Entwicklungsmöglichkeiten des zentralen Versorgungsbereichs Innenstadt den Vorzug geben. Dass etwa die Gewährung von Verkaufsflächenerweiterungen zur Erhaltung der Wettbewerbsfähigkeit der auf den Bestandsschutz gesetzten Einzelhandelsbetriebe notwendig wäre, hat auch die Antragstellerin nicht substantiiert vorgetragen. Ihr und den anderen betroffenen Grundeigentümern verbleibt zudem angesichts der getroffenen Baugebietsfestsetzungen und der damit allgemein verbundenen Nutzungsmöglichkeiten auch bei einem künftigen Wegfall der derzeitigen Nutzungen eine hinreichende Bandbreite an möglichen Nutzungsvarianten. 49Es kann danach offen bleiben, ob – wie die Prozessbevollmächtigte der Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung vorgetragen hat – Festsetzungen nach § 1 Abs. 10 BauNVO in der konkreten Planungssituation für die auf den Grundstücken der Antragstellerin vorhandenen Betrieben ohnehin unzulässig gewesen wären. Diese Ermächtigung setzt voraus, dass die Anlagen, zu deren Absicherung erweiternde bestandssichernde Festsetzungen getroffen werden, innerhalb des jeweiligen Baugebiets keine zentrale Bedeutung oder eine die städtebauliche Situation beherrschende Größe aufweisen. Andernfalls käme den nach den Baugebietsfestsetzungen allgemein zulässigen Anlagen keine prägende Wirkung mehr zu und die Festsetzungen, denen die nach § 1 Abs. 10 BauNVO abzusichernde Anlage widerspricht, würden weitgehend leerlaufen. 50Vgl. OVG NRW, Urteil vom 19. Mai 2015 – 10 D 115/12.NE –, juris, Rn. 50, mit weiteren Nachweisen. 51Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO und den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. 52Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.
der antrag wird abgelehnt. die antragstellerin trägt die kosten des verfahrens. das urteil ist hinsichtlich der kosten vorläufig vollstreckbar. die antragstellerin darf die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe von 110 von hundert des auf grund des urteils vollstreckbaren betrags abwenden, wenn nicht die antragsgegnerin vor der vollstreckung sicherheit in höhe von 110 von hundert des jeweils zu vollstreckenden betrags leistet. die revision wird nicht zugelassen. 1
2die antragstellerin wendet sich gegen die 4. änderung des bebauungsplans nr. teil 3 – d. straße – (im folgenden: 4. änderung) der antragsgegnerin. sie ist eigentümerin des im plangebiet liegenden grundstücks d. straße 76 in b. (gemarkung b., flur 29, flurstücke 138, 139), auf dem sich mehrere einzelhandelsbetriebe, namentlich ein textil- und haushaltswaren-discountmarkt befinden. 3das circa 2,7 ha große plangebiet liegt am südlichen siedlungsrand der ortslage von b. zwischen den straßen b1., d. straße und o. auf den ebenfalls im plangebiet gelegenen grundstücken d. straße 66, 68a, 70 bis 72 befinden sich weitere einzelhandelsbetriebe, hierunter auch ein lebensmittel-discountmarkt. 4der bebauungsplan nr. teil 3 – d. straße – setzt weite teile des geltungsbereichs der 4. änderung, darunter auch das grundstück der antragstellerin, als mischgebiet mit einer grundflächenzahl von 0,4 fest. mit der textlichen festsetzung nr. 1 (1) der 4. änderung schließt er insbesondere einzelhandelsbetriebe mit zentrenrelevantem sortiment in dem mischgebiet aus. einzelhandelsbetriebe mit nicht-zentrenrelevantem sortiment dürfen zentrenrelevante sortimente als randsortimente nach weiteren maßgaben (nr. 1 (2) der textlichen festsetzungen) führen. die zulässigkeit von einzelhandelsbetrieben mit nahversorgungsrelevantem sortiment ist auf lebensmittelläden und -märkte beschränkt. ausgenommen von dieser beschränkung sind kioske und tankstellenshops (nr. 1 (3) der textlichen festsetzungen). zentrenrelevante, nahversorgungsrelevante und nicht-zentrenrelevante sortimente werden im einzelnen aufgelistet (nr. 1 (4) der textlichen festsetzungen). 5das planverfahren nahm im wesentlichen folgenden verlauf: 6der rat der antragsgegnerin beschloss am 16. dezember 2015 die aufstellung der 4. änderung. in der beschlussvorlage wird zum anlass der planung ausgeführt, dass für das im plangebiet liegende grundstück d. straße 68 ein – letztlich nicht weiterverfolgter – antrag auf erteilung eines vorbescheids für den neubau eines gebäudes unter anderem mit einem bekleidungs- und einem schuhgeschäft gestellt worden sei. der standort d. straße sei im einzelhandelskonzept für die stadt b. aus dem jahr 2006 (im folgenden: einzelhandelskonzept 2006) noch als nahversorgungszentrum dargestellt. nach dem entwurf für eine fortschreibung des einzelhandelskonzepts aus august 2015 erfülle der standort jedoch seine ihm eigentlich zugewiesene funktion nur noch nachrangig. der schwerpunkt des angebots der dort vorhandenen einzelhandelsbetriebe habe sich hin zu warengruppen des mittelfristigen bedarfs verschoben. derzeit entfielen nur noch 29 prozent der dort verfügbaren verkaufsfläche auf warengruppen des kurzfristigen bedarfs. die fußläufige erreichbarkeit des standorts sei lediglich für die nördlich angrenzenden wohngebiete gegeben. pläne für eine entwicklung der wohnbebauung südlich der straße b1. habe man aufgegeben. an dem standort solle daher künftig ein zu lasten des zentralen versorgungsbereichs der innenstadt gehender weiterer ausbau beziehungsweise die neuansiedlung von einzelhandelsbetrieben mit zentren- und nahversorgungsrelevanten hauptsortimenten über den genehmigten bestand hinaus unterbunden werden. der aufstellungsbeschluss wurde im amtsblatt der antragsgegnerin (im folgenden: amtsblatt) vom 7. januar 2016 bekannt gemacht. der entwurf der 4. änderung lag in der zeit vom 19. juni bis 18. juli 2017 öffentlich aus. aus der bekanntmachung des beschlusses über die öffentliche auslegung im amtsblatt vom 8. juni 2017 geht hervor, dass der bebauungsplan im beschleunigten verfahren gemäß § 13a baugb aufgestellt werden sollte. parallel dazu fand die beteiligung der behörden und sonstiger träger öffentlicher belange statt. am 6. november 2017 befand der rat über die abgegebenen stellungnahmen aufgrund der abwägungsvorschläge der verwaltung und beschloss die 4. änderung als satzung. der satzungsbeschluss wurde aufgrund der bekanntmachungsanordnung vom 7. september 2017 im amtsblatt vom 14. september 2017 bekannt gemacht. 7in der planbegründung, die wesentliche teile der begründung des aufstellungsbeschlusses wiederholt, wird das planungsziel, einzelhandelsbetriebe mit zentren- und nahversorgungsrelevanten hauptsortimenten im plangebiet zur stärkung und zum schutz des zentralen versorgungsbereichs innenstadt im einklang mit dem zwischenzeitlich beschlossenen fortgeschriebenen einzelhandelskonzept aus dem jahr 2016 (im folgenden: einzelhandelskonzept 2016) auszuschließen, hervorgehoben. die privaten interessen der eigentümer der im plangebiet gelegenen grundstücke, ihr grundeigentum auch weiterhin für den ausgeschlossenen einzelhandel unbeschränkt nutzen zu können, träten hinter diesem planungsziel zurück. durch die zulassung von einzelhandelsbetrieben mit nahversorgungsrelevanten sortimenten in form von lebensmittelläden und -märkten werde die versorgung der umliegenden wohngebiete im hinblick auf die warengruppe nahrungs- und genussmittel gestärkt und gesichert. 8die antragstellerin hatte mit schreiben vom 18. juli 2017 einwendungen gegen die planung erhoben. 9sie hat am 12. september 2018 den normenkontrollantrag gestellt. 10zur begründung trägt sie im wesentlichen vor: 11die 4. änderung sei unwirksam. die textlichen festsetzungen zum ausschluss von einzelhandelsbetrieben mit zentrenrelevanten hauptsortimenten seien städtebaulich nicht gerechtfertigt. auf das einzelhandelskonzept könne sich die antragsgegnerin insoweit nicht stützen. der einzelhandelsausschluss sei überdies abwägungsfehlerhaft. er stelle einen massiven eingriff in ihr eigentumsrecht dar. zwar könne die auf ihrem grundstück derzeit ausgeübte genehmigte nutzung weiterhin stattfinden. im fall einer beendigung der nutzung durch einen der betriebe bestehe jedoch keine möglichkeit, dort eine neue vergleichbare einzelhandelsnutzung aufzunehmen beziehungsweise die bisherigen nutzungen zu erweitern. diese fehlende möglichkeit von erweiterungen sei mit dem bloßen verweis auf den bestandsschutz nicht zu rechtfertigen. die antragsgegnerin habe im aufstellungsverfahren weder den bestand der im plangebiet vorhandenen nutzungen festgestellt noch insoweit eine dem einzelfall entsprechende abwägung vorgenommen. der verweis auf das einzelhandelskonzept habe in diesem zusammenhang nicht ausgereicht. vielmehr hätte die örtliche situation individuell in den blick genommen und bewertet werden müssen. dies sei nicht geschehen. 12der antragstellerin beantragt, 13die 4. änderung des bebauungsplans nr. teil 3 – d. straße – für unwirksam zu erklären. 14die antragsgegnerin beantragt, 15den antrag abzulehnen. 16zur begründung trägt sie im wesentlichen vor: 17es fehle nicht an der städtebaulichen erforderlichkeit der in der 4. änderung getroffenen festsetzungen. für den ausschluss von einzelhandelsbetrieben mit zentren- und nahversorgungsrelevanten hauptsortimenten bilde das einzelhandelskonzept 2016 eine tragfähige grundlage. mit dem einzelhandelsausschluss solle der gefahr nachteiliger auswirkungen begegnet werden, die von entsprechenden einzelhandelsbetrieben im plangebiet auf die innenstadt als zentraler versorgungsbereich ausgingen. die versorgungsfunktion des innenstadtbereichs solle geschützt und weiterentwickelt, die dortigen einzelhandelsnutzungen verdichtet und ausgeweitet werden. das plangebiet sei zudem als einzelhandelsagglomeration im sinne des landesentwicklungsplans (lep) anzusehen. nach dessen ziel 6.5-8 in verbindung mit § 1 abs. 4 baugb hätten die gemeinden dem entstehen neuer sowie der verfestigung und erweiterung bestehender einzelhandelsagglomerationen mit zentrenrelevanten sortimenten außerhalb zentraler versorgungsbereiche entgegenzuwirken. die für die abwägung bedeutsamen belange seien fehlerfrei ermittelt worden. insbesondere sei der im plangebiet vorhandene bestand an einzelhandelsbetrieben festgestellt und es seien die belange der eigentümer der im plangebiet liegenden grundstücke erfasst und individuell in den blick genommen worden. dass die im plangebiet vorhandenen einzelhandelsbetriebe mit zentrenrelevanten hauptsortimenten wie die auf dem grundstück der antragstellerin befindlichen geschäfte für bekleidung und schuhe durch den bebauungsplan auf den bestandsschutz gesetzt würden, habe der rat in seinem beschluss über die abwägungsrelevanten stellungnahmen ausdrücklich berücksichtigt. der rat habe die sich hieraus ergebenden konsequenzen mit blick auf seine städtebauliche zielsetzung, die attraktivität des zentralen versorgungsbereichs innenstadt zu erhalten und zu steigern, hingenommen. eine fehlgewichtung der diesbezüglichen miteinander und gegeneinander abzuwägenden belange liege hierin nicht. der rat habe in rechnung gestellt, dass sich die verhältnisse des einzelhandels in der innenstadt gegenüber dem jahr 2006 nicht nachhaltig verbessert hätten. es seien daher besondere anstrengungen erforderlich, um die innenstadt attraktiver zu machen und im hinblick auf den einzelhandelsbesatz zu beleben. 18wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den inhalt der gerichtsakte sowie den der im parallelverfahren 10 d 37/18.ne beigezogenen verwaltungsvorgänge (beiakten hefte 1 bis 6) bezug genommen. 19
20der zulässige antrag hat keinen erfolg. 21die antragstellerin ist als eigentümerin eines innerhalb des räumlichen geltungsbereichs der 4. änderung liegenden grundstücks, das durch deren textliche festsetzungen in seiner gewerblichen nutzbarkeit einschränkt wird, in ihrer durch art. 14 abs. 1 gg geschützten rechtsstellung betroffen und damit antragsbefugt im sinne des § 47 abs. 2 satz 1 vwgo. 22der antrag ist unbegründet. 23zur unwirksamkeit führende formelle fehler der 4. änderung hat die antragstellerin nicht gerügt. solche sind auch mit blick auf das gewählte verfahren nach § 13a baugb nicht ersichtlich. 24die 4. änderung hat keine materiellen fehler die ihre unwirksamkeit zur folge hätten. 25ihr fehlt nicht die städtebauliche erforderlichkeit im sinne von § 1 abs. 3 satz 1 baugb, denn ihr liegt ausweislich der planbegründung eine von städtebaulich legitimen zielen getragene positive planungskonzeption zugrunde. der rat verfolgt mit den textlichen festsetzungen zur beschränkung der zulässigkeit von einzelhandelsnutzungen mit bestimmten warensortimenten die städtebaulichen belange des § 1 abs. 6 nr. 11 baugb. er reagiert auf die entwicklung des einzelhandelsstandorts d. straße und will diese im einklang mit dem einzelhandelskonzept 2016 steuern. 26die textlichen festsetzungen zur beschränkung der zulässigkeit von einzelhandel mit bestimmten warensortimenten lassen sich auf § 9 abs. 1 nr. 1 baugb in verbindung mit § 1 abs. 9 baunvo stützen. 27dabei legt der senat die textlichen festsetzungen in nr. 1 (1) und (3) dahingehend aus, dass der dort formulierte einzelhandelsausschluss solche einzelhandelsbetriebe erfasst, die zentren- und nahversorgungsrelevante hauptsortimente führen, nicht aber solche, die lediglich entsprechende randsortimente führen. zwar wird mit dem begriff „sortiment“ im allgemeinen die gesamtheit der waren bezeichnet, die ein handelsunternehmen anbietet. werden jedoch einzelhandelsbetriebe – wie hier – über ihr sortiment gekennzeichnet, wird regelmäßig auf den sortimentsschwerpunkt abgestellt. 28vgl. ovg nrw, urteil vom 29. oktober 2018 – 10 a 964/16 –, juris, rn. 45, mit weiteren nachweisen. 29dass der rat von einem solchen verständnis ausgegangen ist, ergibt sich aus der in nr. 1 (2) der textlichen festsetzungen formulierten ausnahme sowie aus dem mit der planbegründung in bezug genommenen einzelhandelskonzept 2016, wonach zur erreichung der damit verfolgten ziele einzelhandelsausschlüsse erfolgen sollen, die an das kern- beziehungsweise hauptsortiment anknüpfen (siehe etwa seite 113, 127 ff. des einzelhandelskonzepts 2016). 30einzelhandelsbetriebe mit einem zentren- beziehungsweise nahversorgungsrelevanten hauptsortiment stellen als in der sozialen und ökonomischen realität vorkommende nutzungen eine unterart eines gewerbebetriebs dar und können folglich in einem durch bebauungsplan festgesetzten mischgebiet über § 9 abs. 1 nr. 1 baugb in verbindung mit § 1 abs. 9 baunvo ausgeschlossen werden. 31vgl. ovg nrw, urteile vom 25. februar 2019 – 10 a 2557/16 –, juris, rn. 123, vom 2. juni 2014 – 10 a 1343/12 –, juris, rn. 67, und vom 26. april 2013 – 10 d 9/11.ne –, juris, rn. 34; kuschnerus/bischopink/wirth, der standortgerechte einzelhandel, 2. aufl. 2018, rn. 562, 564. 32die für eine solche feindifferenzierung erforderlichen besonderen städtebaulichen gründe im sinne des § 1 abs. 9 baunvo sind hier gegeben. die vorschrift stellt insoweit zusätzliche, über § 1 abs. 3 satz 1 baugb hinausgehende anforderungen an einen partiellen einzelhandelsausschluss. verlangt werden keine besonders gewichtigen gründe, sondern gründe, welche die jeweilige feindifferenzierung aus der konkreten planungssituation heraus zu rechtfertigen vermögen. im fall eines ausschlusses von einzelhandelsbetrieben mit zentren- und nahversorgungsrelevanten hauptsortimenten kann der plangeber sich in diesem zusammenhang die rechtfertigende wirkung eines städtebaulichen entwicklungskonzepts im sinne des § 1 abs. 6 nr. 11 baugb zunutze machen, sofern die festsetzungen des bebauungsplans jedenfalls geeignet sind, einen beitrag zur förderung der hiermit verfolgten ziele zu leisten. 33vgl. ovg nrw, urteile vom 25. februar 2019 – 10 a 2557/16 –, juris, rn. 128, vom 15. november 2017 – 7 a 2048/15 –, juris, rn. 57, vom 12. april 2017 – 2 d 70/15.ne –, juris, rn. 41, vom 30. oktober 2015 – 7 a 2621/13 –, juris, rn. 53, und vom 14. oktober 2013 – 2 d 103/12.ne –, juris, rn. 67 ff.; beschluss vom 3. august 2015 – 10 a 567/14 –, juris, rn. 6 ff., jeweils zu § 9 abs. 2a baugb, unter aufgabe der bisherigen rechtsprechung im anschluss an bverwg, urteil vom 27. märz 2013 – 4 cn 7.11 –, juris, rn. 11 ff. siehe auch bverwg, urteile vom selben tag – 4 cn 6.11 und 4 c 13.11 –, jeweils juris, rn. 10 ff. 34ein nachweis, dass durch die zulassung von einzelhandelsbetrieben mit zentren- und nahversorgungsrelevanten hauptsortimenten im plangebiet eine beeinträchtigung der zentralen versorgungsbereiche der gemeinde tatsächlich eintreten wird, ist nicht voraussetzung für einen entsprechenden ausschluss auf der grundlage von § 1 abs. 9 baunvo. 35vgl. bverwg, beschlüsse vom 15. mai 2013 – 4 bn 1.13 –, juris, rn. 11, und vom 14. februar 2013 – 4 b 44.12 –, juris, rn. 4; ovg nrw, urteil vom 15. november 2017 – 7 a 2048/15 –, juris, rn. 67, jeweils zu § 9 abs. 2a baugb. 36diesen vorgaben des § 1 abs. 9 baunvo wird die 4. änderung gerecht. der einzelhandelsausschluss im plangebiet ist in der konkreten planungssituation gerechtfertigt. er dient der umsetzung des einzelhandelskonzepts 2016, das als hauptziel die sicherung und profilierung der räumlichen angebotsstruktur mit einer konzentration auf die b2. innenstadt nennt, wobei auch die wohnungsnahe grundversorgung zu erhalten sei (siehe etwa seite 84 f., 86, 91 f., 104). zu diesem zweck wurde das bereits im einzelhandelskonzept 2006 entworfene standortstrukturmodell weiterentwickelt (siehe seite 93 ff.). folgende grundsätze zur einzelhandels- und zentrenentwicklung werden formuliert: einzelhandelsbetriebe mit nahversorgungsrelevanten hauptsortimenten werden zukünftig nur noch in den zentralen versorgungsbereichen sowie – je nach lage und verkaufsflächendimension – zur wohnortnahen grundversorgung an integrierten nahversorgungsstandorten in den ortsteilen und siedlungsbereichen ermöglicht (grundsatz 1). einzelhandelsbetriebe mit zentrenrelevanten hauptsortimenten sind zukünftig nur noch in den zentralen versorgungsbereichen sowie ausnahmsweise zur grundversorgung in den siedlungsbereichen möglich (grundsatz 2). auch insoweit wird hervorgehoben, dass es eine „klare priorisierung“ des zentralen versorgungsbereichs innenstadt geben soll (siehe seite 127 ff.). der standort d. straße (siehe seite 53 ff., 74) wird unter berücksichtigung der dort vorhandenen einzelhandelsnutzungen – anders als noch im einzelhandelskonzept 2006 – nicht mehr als nahversorgungsstandort, sondern als sonderstandort eingestuft. der hauptsächlich autokundenorientierte standort mit einem schwerpunkt auf zentrenrelevanten sortimenten erfülle heute nicht die funktion eines nahversorgungsstandorts. allein der vorhandene lebensmittel-discountmarkt habe nahversorgungsfunktion, da er eine wohnortnahe grundversorgung für die nördlich des standorts gelegenen wohnsiedlungsbereiche gewährleiste. zu den entwicklungszielen heißt es im fortgeschriebenen einzelhandelskonzept 2016 insoweit: „aufhebung des zentralen versorgungsbereichs als nahversorgungszentrum, neue definition als sonderstandort, bestandsschutz für bestehende anbieter mit zentren- und nahversorgungsrelevantem kernsortiment, keine ansiedlung beziehungsweise kein weiterer ausbau nahversorgungs- und zentrenrelevanter angebote als hauptsortiment über den bauplanungsrechtlich genehmigten bestand hinaus zur sicherung des zentralen versorgungsbereichs hauptzentrum b. und der wohnortnahen grundversorgung, ausnahme: lebensmittel-discountmarkt b3. als nahversorgungsstandort für umliegende siedlungsbereiche, nicht zentren-relevante angebotserweiterungen grundsätzlich denkbar.“ (seite 96, 97 ff.) der ausschluss von einzelhandelsbetrieben mit zentren- und nahversorgungsrelevanten hauptsortimenten in den textlichen festsetzungen nr. 1 (1) und (3) im plangebiet erweist sich damit als geeignet, einen beitrag zur förderung der ziele des einzelhandelskonzepts 2016 zu leisten. 37der von der antragstellerin geltend machte abwägungsmangel, der rat habe die im plangebiet vorhandenen einzelhandelsbetriebe mit zentrenrelevanten hauptsortimenten abwägungsfehlerhaft auf den bestandsschutz gesetzt, ohne darüber hinausgehende entwicklungsmöglichkeiten für diese betriebe vorzusehen, liegt nicht vor. 38nach der rechtsprechung des bundesverwaltungsgerichts und des senats kann eine gemeinde durch ihre bauleitplanung die (bauliche) nutzbarkeit von grundstücken verändern und dabei auch die privaten nutzungsmöglichkeiten einschränken oder gar aufheben. einen planungsgrundsatz, nach dem die vorhandene bebauung eines gebiets nach art und maß auch bei einer überplanung weiterhin zugelassen werden muss, gibt es nicht. allerdings setzt eine wirksame städtebauliche planung voraus, dass hinreichend gewichtige städtebaulich beachtliche allgemeinbelange für sie sprechen. diese städtebaulich beachtlichen allgemeinbelange müssen umso gewichtiger sein, je stärker die festsetzungen eines bebauungsplans die befugnisse des eigentümers einschränken oder grundstücke von einer bebauung ganz ausschließen. denn das durch art. 14 gg gewährleistete eigentumsrecht gehört in hervorgehobener weise zu den von der bauleitplanung zu berücksichtigenden belangen. es umfasst neben der substanz des eigentums auch die beachtung des verfassungsrechtlichen grundsatzes der verhältnismäßigkeit und des allgemeinen gleichheitssatzes. die beschränkung der nutzungsmöglichkeiten eines grundstücks muss daher vom plangeber als ein wichtiger belang privater eigentümerinteressen bei der nach § 1 abs. 7 baugb gebotenen abwägung der öffentlichen und der privaten belange beachtet werden. im rahmen der abwägungsentscheidung nach § 1 abs. 7 baugb hat dieser folglich die nachteile einer planung für die planunterworfenen zu berücksichtigen. 39vgl. bverwg, beschluss vom 15. mai 2013 – 4 bn 1.13 –, juris, rn. 17. 40mit blick auf die von der antragstellerin geltend gemachten, in der mündlichen verhandlung nochmals hervorgehobenen bestandsschutzinteressen setzt das gebot zur ermittlung und bewertung des abwägungsmaterials eine sorgfältige bestandsaufnahme der im plangebiet vorhandenen nutzungen voraus. 41vgl. ovg nrw, urteile vom 22. november 2010 – 7 d 1/09.ne –, juris, rn. 132, und vom 18. mai 2010 – 10 d 92/08.ne –, juris, rn. 52. 42entgegen dem vorbringen der antragstellerin liegt dem beschluss des rates über die 4. änderung eine solche bestandsaufnahme zugrunde. schon im rahmen der fortschreibung des einzelhandelskonzepts wurde der bestand an einzelhandelsnutzungen am standort d. straße erhoben (siehe seite 53 ff., 64, 113 des einzelhandelskonzepts 2016). nach den angaben der antragsgegnerin wurde der bestand im rahmen des aufstellungsverfahrens zur 4. änderung im januar 2017 nochmals überprüft. in den abwägungsvorschlägen betreffend die im rahmen der öffentlichen auslegung des planentwurfs eingegangenen stellungnahmen (unter anderem der antragstellerin) sind die im plangebiet damals vorhandenen einzelhandelsnutzungen nochmals aufgeführt (siehe seite 5 f., 12, 14 und 16 der anlage 2 zur sitzungsvorlage v/2015/0358/2). auch bereits zu jener zeit bekannte beabsichtigte nutzungen wurden erfasst. konkrete fehler, die ihrer ansicht nach bei der bestandsaufnahme begangen worden sind, benennt die antragstellerin nicht. dass der auf ihrem grundstück jeweils betriebene textil- und haushaltswaren-discountmarkt sowie die auf dem grundstück d. straße 66 betriebenen bekleidungs- und schuhgeschäfte durch die überplanung auf den bestandsschutz gesetzt werden, hat der rat in seinem beschluss über die abwägungsrelevanten stellungnahmen ausdrücklich berücksichtigt. die 4. änderung habe zur folge, dass die vom partiellen einzelhandelsausschluss betroffenen betriebe bestandsschutz genössen, jede erweiterung, änderung und erneuerung aber nicht mehr zugelassen werden könne; zulässig blieben im wesentlichen unterhaltungsmaßnahmen. 43diese folgen hat der rat mit blick auf das mit der 4. änderung verfolgte ziel, insbesondere die funktion und attraktivität des zentralen versorgungsbereichs innenstadt zu sichern und zu entwickeln, für hinnehmbar gehalten, ohne dass hierin – maßgeblich ist gemäß § 214 abs. 3 satz 1 baugb der zeitpunkt des satzungsbeschlusses – eine fehlgewichtung der zu berücksichtigenden belange der betroffenen grundeigentümer beziehungsweise nutzer zu erkennen wäre. 44eine sachgerechte abwägungsentscheidung, die – wie hier – dazu führt, dass legal bestehende betriebe auf den bestandsschutz gesetzt werden, setzt im regelfall voraus, dass sich der plangeber mit der frage auseinandersetzt, ob und in welchem umfang der bebauungsplan mit festsetzungen nach § 1 abs. 10 baunvo der herausgehobenen stellung privaten eigentums in form eines erweiterten bestandsschutzes rechnung tragen kann und soll. dass eine absicherung vorhandener, künftig unzulässiger nutzungen über den bestandsschutz hinaus auf diese weise möglich ist, bedeutet aber nicht, dass eine solche absicherung auch regelmäßig erfolgen muss. eine gemeinde kann im grundsatz eine bestimmte vorhandene nutzung auf den bestand „festschreiben“, um die mit möglichen erweiterungen dieser nutzung verbundenen städtebaulich unerwünschten negativen auswirkungen – etwa auf zentrale versorgungsbereiche – zu verhindern. die frage, ob eine festsetzung, die den bestand festschreibt, fehlerfrei abgewogen und insbesondere der schutz des eigentums seiner bedeutung entsprechend gewichtet worden ist, lässt sich nicht generell beantworten. maßgeblich ist, ob im konkreten fall gewichtige städtebauliche gründe vorliegen, die die zurücksetzung der privaten belange des auf den bestandsschutz gesetzten grundstückseigentümers rechtfertigen. 45vgl. ovg nrw, urteile vom 22. november 2010 – 7 d 1/09.ne –, juris, rn. 136 ff., vom 24. september 2010 – 2 d 74/08.ne –, juris, rn. 77, und vom 18. mai 2010 – 10 d 92/08.ne –, juris, rn. 53 und 57, jeweils mit weiteren nachweisen auch zur rechtsprechung des bverwg. 46der rat hat ausweislich des beschlusses über die abwägungsvorschläge betreffend die eingegangenen stellungnahmen seiner abwägung zugrunde gelegt, dass der zentrale versorgungsbereich innenstadt hinsichtlich seiner funktion und attraktivität mängel aufweise. bereits nach den untersuchungsergebnissen des einzelhandelskonzepts 2006 sei im hauptgeschäftsbereich der b2. innenstadt der einzelhandel bezogen auf das gesamtstädtische angebot unter quantitativen gesichtspunkten im vergleich zu vergleichbaren mittelstädten deutlich unterrepräsentiert. auffallend sei der geringe anteil innenstadttypischer sortimente wie spielwaren/hobby/basteln, hausrat/glas/porzellan, sport- und freizeitbedarf oder medien am gesamten warengruppenbestand. in den weiteren innenstadttypischen warengruppen wie bekleidung, schuhe/lederwaren usw. stelle sich die situation zwar besser dar, doch seien die insoweit feststellbaren innerstädtischen verkaufsflächenanteile im verhältnis zu vergleichbaren städten eher gering. auf der nachfrageseite verzeichne b. in den leitsortimenten des innerstädtischen einzelhandels (zum beispiel bekleidung/wäsche) kaufkraftbindungsquoten von zum teil unter 70 prozent. diese untersuchungsergebnisse würden durch die im rahmen der fortschreibung des einzelhandelskonzepts gewonnenen erkenntnisse tendenziell bestätigt. ein wesentlicher grund für die schwäche des innerstädtischen einzelhandels seien die einzelhandelsbetriebe mit zentrenrelevanten sortimenten an standorten außerhalb der innenstadt. diese erschwerten nicht nur die ansiedlung entsprechender einzelhandelsbetriebe in der innenstadt, sondern gefährdeten auf dauer auch die existenz bestehender betriebe. in den randbereichen des hauptgeschäftsbereichs seien solche entwicklungen bereits im ansatz zu beobachten. die schwäche der b2. innenstadt als einzelhandelsstandort und die annahme eines dahingehenden abwärtstrends bestätigten die ihk-passantenfrequenzzählung aus dem jahr 2014 sowie die gfk-kaufkraft- und zentralitätsdaten aus dem jahr 2015. einzelhandelsprojekte in den nachbarkommunen sowie der stetig wachsende online-handel setzten den innerstädtischen einzelhandel zusätzlich unter druck. vor diesem hintergrund sei der ausschluss von einzelhandel mit zentrenrelevanten hauptsortimenten im plangebiet zur sicherung und entwicklung des zentralen versorgungsbereichs innenstadt zwingend, zumal insbesondere am standort d. straße in den letzten jahren der einzelhandel mit zentrenrelevanten hauptsortimenten erheblich zugenommen habe. die schwäche des innerstädtischen einzelhandels könne nur überwunden werden, wenn es gelinge, das mit den zentrenrelevanten bestandsbetrieben auch am standort d. straße verbundene entwicklungspotenzial für die innenstadt nutzbar zu machen. allein neuansiedlungen würden mit blick auf die rahmenbedingungen hierfür nicht ausreichen. der vollständige ausschluss von einzelhandelsbetrieben mit zentrenrelevantem hauptsortiment ohne regelungen für bestandsbetriebe am einzelhandelsstandort d. straße solle die betroffenen betriebe dazu bewegen, sich auf dauer in der innenstadt anzusiedeln. dieses entwicklungsziel würde bei einräumung von entwicklungsmöglichkeiten, die über den bestandsschutz hinausgingen, konterkariert. 47dass die der vorstehenden einschätzung des rates zugrunde liegenden tatsächlichen annahmen unzutreffend seien, trägt die antragstellerin – deren grundstück im übrigen schon nicht zum nahversorgungszentrum nach dem einzelhandelskonzept 2006 gehörte – nicht vor. das fortgeschriebene einzelhandelskonzept 2016 hebt unter detaillierter erfassung der einzelhandelsentwicklung in b. hervor, dass sich der hauptgeschäftsbereich in den letzten jahren im hinblick auf die einzelhandelsstruktur nicht nennenswert weiterentwickelt habe. zwar sei die relative bedeutung der innenstadt im vergleich zu der erhebung aus den jahren 2005/2006 leicht angestiegen, doch sei dies nicht auf entwicklungen im innenstadtbereich zurückzuführen. das verkaufsflächenangebot und die anzahl der betriebe seien hier rückläufig. ein wesentliches ziel der zukünftigen einzelhandelsentwicklung müssten daher der erhalt und die weiterentwicklung der funktionsvielfalt und des einzelhandelsangebots als wesentliche leitfunktionen in der innenstadt sein (siehe seite 67 des einzelhandelskonzepts 2016). 48der rat hat damit hinreichende gründe dafür aufgezeigt, den mit der 4. änderung verfolgten städtebaulichen belangen, die mit der einräumung eines erweiterten bestandsschutzes für einzelhandelsbetriebe mit zentrenrelevanten hauptsortimenten nicht vereinbar sind, unter den konkreten umständen ein besonderes gewicht zu verleihen. die von dem einzelhandelsausschluss betroffenen bestehenden einzelhandelsbetriebe sind mit blick auf ihr typisch innenstadtprägendes warenangebot, nämlich bekleidung, textilien, schuhe und haushaltswaren (siehe auch seite 48 des einzelhandelskonzepts 2016) besonders geeignet, den zentralen versorgungsbereich innenstadt zu beeinträchtigen, zumal der standort d. straße von dessen südlichem rand nur etwa 500 m entfernt gelegen und mit dem auto gut zu erreichen ist. anders als der zentrale versorgungsbereich innenstadt ist der standort in den letzten jahren gewachsen. einzelhandelsbetriebe mit zentrenrelevanten hauptsortimenten haben sich auch außerhalb des nahversorgungszentrums, wie es noch im jahr 2006 abgegrenzt worden ist, angesiedelt. unter berücksichtigung der gesamtumstände konnte der rat daher fehlerfrei dem öffentlichen interesse an der vermeidung jeglicher weiterer beeinträchtigung der entwicklungsmöglichkeiten des zentralen versorgungsbereichs innenstadt den vorzug geben. dass etwa die gewährung von verkaufsflächenerweiterungen zur erhaltung der wettbewerbsfähigkeit der auf den bestandsschutz gesetzten einzelhandelsbetriebe notwendig wäre, hat auch die antragstellerin nicht substantiiert vorgetragen. ihr und den anderen betroffenen grundeigentümern verbleibt zudem angesichts der getroffenen baugebietsfestsetzungen und der damit allgemein verbundenen nutzungsmöglichkeiten auch bei einem künftigen wegfall der derzeitigen nutzungen eine hinreichende bandbreite an möglichen nutzungsvarianten. 49es kann danach offen bleiben, ob – wie die prozessbevollmächtigte der antragsgegnerin in der mündlichen verhandlung vorgetragen hat – festsetzungen nach § 1 abs. 10 baunvo in der konkreten planungssituation für die auf den grundstücken der antragstellerin vorhandenen betrieben ohnehin unzulässig gewesen wären. diese ermächtigung setzt voraus, dass die anlagen, zu deren absicherung erweiternde bestandssichernde festsetzungen getroffen werden, innerhalb des jeweiligen baugebiets keine zentrale bedeutung oder eine die städtebauliche situation beherrschende größe aufweisen. andernfalls käme den nach den baugebietsfestsetzungen allgemein zulässigen anlagen keine prägende wirkung mehr zu und die festsetzungen, denen die nach § 1 abs. 10 baunvo abzusichernde anlage widerspricht, würden weitgehend leerlaufen. 50vgl. ovg nrw, urteil vom 19. mai 2015 – 10 d 115/12.ne –, juris, rn. 50, mit weiteren nachweisen. 51die kostenentscheidung folgt aus § 154 abs. 1 vwgo. die entscheidung zur vorläufigen vollstreckbarkeit beruht auf § 167 vwgo und den §§ 708 nr. 10, 711 zpo. 52die revision ist nicht zuzulassen, weil die voraussetzungen des § 132 abs. 2 vwgo nicht vorliegen.
Verklagte*r
0
172,020
5 K 1174/14
2014-08-14T00:00:00
Urteil
Tenor Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet. 1Tatbestand: 2Der Kläger wendet sich gegen eine Ordnungsverfügung, mit dem ihm das Betreiben einer Pizzeria untersagt wird. 3Der Kläger betreibt einen Pizzaservice in der I.------straße 16 in F. . Im Zuge eines Umbaus der zu der Pizzeria gehörenden Räumlichkeiten wurde der zur Straßenseite gerichtete Wandabschluss entfernt, so dass dieser zunächst offen stand und nur durch ein Rolltor verschlossen werden konnte. 4Im Rahmen einer Ortskontrolle am 21. Mai 2013 stellte die Beklagte fest, dass der Abschluss zum Vorraum entfernt wurde und der zur Straße offene Vorraum als Abstellplatz für Kühlschränke genutzt wurde. Die Beklagte richtete sodann unter dem 7. Juni 2013 und erneut unter dem 25. November 2013 ein Anhörungsschreiben an den Kläger hinsichtlich einer beabsichtigten Nutzungsuntersagung. 5Mit Ordnungsverfügung vom 23. Januar 2014 untersagte die Beklagte dem Kläger, die im Gebäude „I.------straße 16“ vorhandene Pizzeria zu bertreiben. Zum Nachweis seien die Räumlichkeiten freizuziehen und das Mobiliar zu entfernen (Ziffer 1). Zudem drohte die Beklagte für den Fall der Nichterfüllung die Festsetzung eines Zwangsgeldes in Höhe von 2.500,00 € an (Ziffer 2). Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus, die Entfernung des baulichen Abschlusses zum Vorraum der Pizzeria zur öffentlichen Straße hin entspreche nicht der erteilten Baugenehmigung. Da für die bauliche Veränderung keine Baugenehmigung erteilt worden sei, sei die Nutzung der Pizzeria zumindest formell illegal. 6Die Zustellung der Ordnungsverfügung unter der Meldeanschrift des Klägers, E.----weg 17 in I1. , blieb erfolglos. 7Am 4. Februar 2014 führte eine Angestellte der Beklagten, die Zeugin B. C. , zunächst gegen 16 Uhr eine Ortskontrolle durch, bei der festgestellt wurde, dass der Pizzabetrieb weiter in Nutzung war. Der Kläger wurde zu diesem Zeitpunkt nicht an der Örtlichkeit angetroffen. Ebenfalls am 4. Februar 2014 führte die Zeugin gegen 18 Uhr eine erneute Ortskontrolle durch, im Rahmen derer sie dem Kläger die Ordnungsverfügung vom 23. Januar 2014 übergab. 8Aus der in den Verwaltungsvorgängen befindlichen „Zustellungsurkunde“ geht hervor, dass dem Kläger unter der Anschrift I.------straße 16 in F. die Ordnungsverfügung am 4. Februar 2014 um 18.15 Uhr persönlich durch die Zeugin übergeben wurde. Weitere Vermerke enthält die Zustellungsurkunde nicht. 9Am 17. Februar 2014 richtete eine Mitarbeiterin der Beklagten, Frau E1. , eine Email an die Lebensmittelkontrolle der Beklagten, in der diese unter anderem mitteilte, dass die Verfügung dem Kläger am 4. Februar 2014 persönlich zugestellt worden sei. 10Der Kläger hat am 5. März 2014 Klage erhoben. 11Er behauptet, er habe erst am 5. Februar 2014 Kenntnis von der Ordnungsverfügung erlangt. Die Ordnungsverfügung habe ihm gar nicht am 4. Februar 2014 persönlich übergeben werden können, da er an diesem Tag nicht in dem Geschäftsbetrieb anwesend gewesen sei. Ferner ist er der Ansicht, die Ordnungsverfügung sei bereits aus formellen Gründen unwirksam, da er nicht ordnungsgemäß angehört worden sei. Zudem sei ein ordnungsgemäßer baulicher Abschluss bereits vor Zustellung der Ordnungsverfügung vorhanden gewesen, nachdem er, wie sich aus der Email vom 29. Januar 2014 ergebe, eine Tür eingebaut habe. 12Der Kläger beantragt, 13 die Ordnungsverfügung vom 23. Januar 2014 aufzuheben. 14Die Beklagte beantragt, 15 die Klage abzuweisen. 16Sie ist der Ansicht, die Klage sei bereits unzulässig, da ausweislich der Zustellungsurkunde die Ordnungsverfügung am 4. Februar 2014 persönlich übergeben worden und die Klageerhebung am 5. März 2014 nicht mehr innerhalb der gesetzlichen Klagefrist erfolgt sei. Jedenfalls sei die Klage auch unbegründet, da die bauliche Änderung nicht genehmigt sei und die Nutzungsuntersagung bereits aufgrund formeller Illegalität hätte ergehen dürfen. 17Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte sowie den beigezogenen Verwaltungsvorgang verwiesen. 18Entscheidungsgründe: 19Die Klage ist bereits unzulässig, da die Klagefrist des § 74 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) nicht eingehalten wurde. 20Nach § 74 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit Satz 2 VwGO muss die Anfechtungsklage innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsakts erhoben werden. Die Klageerhebung am 5. März 2014 war verspätet. 21Die Frist begann am 5. Februar 2014 zu laufen. Nach § 173 VwGO i.V.m. § 222 der Zivilprozessordnung (ZPO) i.V.m. § 187 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) wird, sofern für den Anfang der Frist ein Ereignis maßgebend ist, der Tag nicht mitgerechnet, in dem das Ereignis fällt. Tag des Ereignisses ist hier der Tag der Bekanntgabe der angefochtenen Ordnungsverfügung und damit der 4. Februar 2014. 22Die Zustellung der Ordnungsverfügung durch die Zeugin ist zwar fehlerhaft erfolgt und damit unwirksam. Denn entgegen § 5 Abs. 1 Satz 3 des Verwaltungszustellungsgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (LZG NRW) hat der Kläger kein mit dem Datum der Aushändigung versehenes Empfangsbekenntnis unterschrieben. Der Zustellungsmangel wurde jedoch durch tatsächliche Kenntnisnahme am 4. Februar 2014 nach § 8 LZG NRW geheilt. Nach dieser Vorschrift gilt ein Dokument, dessen formgerechte Zustellung sich nicht nachweisen lässt oder welches unter Verletzung zwingender Zustellungsvorschriften zugegangen ist, als in dem Zeitpunkt zugestellt, in dem es dem Empfangsberechtigten nachweislich zugegangen ist. 23Nach der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass dem Kläger die hier angefochtene Ordnungsverfügung vom 23. Januar 2013 am 4. Februar 2014 durch die Zeugin übergeben wurde. 24Die Zeugin hat bekundet, sie sei an dem 4. Februar nachmittags an der Pizzeria in der I.------straße gewesen. Die Pizzeria sei aber verschlossen gewesen. Ein Nachbar habe ihr geöffnet und ihr die Zustände im Keller gezeigt. Der Kläger selbst sei zu der Zeit nicht da gewesen. Am gleichen Tag sei sie am Abend gegen 18.15 Uhr noch einmal zur Pizzeria gefahren und habe den Kläger persönlich angetroffen. Sie habe ihm den Brief persönlich übergeben. Der Kläger habe ihr dann den Hausflur und auch noch einen Briefkasten gezeigt, in den Post hineingeworfen werden könne. Sie habe deshalb auf der Zustellungsurkunde vermerkt, dass sie dem Kläger den Brief persönlich übergeben habe. Die Zeugin bejahte zudem die Frage des Gerichts, ob es sich bei der Person, der der Brief übergeben worden sei, um den neben ihr sitzenden Kläger handele. 25Die Aussage der Zeugin ist insgesamt glaubhaft. Sie war in der Lage, detailliert und widerspruchsfrei die Geschehnisse im Rahmen der beiden Ortskontrollen vom 4. Februar 2014 wiederzugeben. Der Vortrag spiegelt insbesondere den Verfahrensablauf, wie er auch in den Verwaltungsvorgängen dokumentiert wurde, wieder und ist mit diesem identisch. Für die Glaubhaftigkeit spricht schließlich auch, dass die Zeugin der Mitarbeiterin der Beklagten, Frau E1. , von der Übergabe des Dokumentes am 4. Februar 2014 berichtet haben muss, da diese in ihrer Email vom 17. Februar 2014 ebenfalls von einer persönlichen Zustellung am 4. Februar 2014 ausging und nur durch den Bericht der Zeugin hiervon Kenntnis erlangt haben konnte. Anhaltspunkte dafür, dass es sich bei dem in der Zustellungsurkunde notierten Datum um einen Irrtum gehandelt haben könnte, liegen nicht vor. Auch im Übrigen ist unter keinem Gesichtspunkt an der Glaubhaftigkeit der Aussage zu zweifeln. 26An der Glaubwürdigkeit der Zeugin bestehen ebenfalls keine Zweifel. Anhaltspunkte dafür, dass die Zeugin ein Interesse an einer bewussten Rückdatierung gehabt haben könnte, sind nicht zu erkennen. 27Der Kläger vermochte im Rahmen seiner persönlichen Anhörung die Aussage der Zeugin nicht zu wiederlegen. Seine pauschale Behauptung, er habe die Ordnungsverfügung vom 23. Januar 2014 nicht am 4. Februar 2014 erhalten, da er sich zu diesem Zeitpunkt in I1. befunden habe, ist unsubstantiiert und insgesamt nicht glaubhaft. Insbesondere ist es dem Kläger selbst im Rahmen der weiteren Erörterung der Sach- und Rechtslage im Nachgang zur Vernehmung der Zeugin nicht gelungen, Tatsachen dafür, dass er zu dem fraglichen Zeitpunkt nicht vor Ort gewesen sei, vorzubringen, geschweige denn, diese durch Vorlage von Beweisen oder Benennung von Zeugen zu untermauern. Bei den Behauptungen des Klägers, der Brief sei wohl an einen Nachbarn oder einen seiner Mitarbeiter übergeben worden, handelt es sich um bloße Vermutungen. 28Da der Tag des Ereignisses im Sinne des § 187 Abs. 1 BGB der 4. Februar 2014 war, fiel das Fristende auf den 4. März 2014. Nach § 188 Abs. 2 BGB endet eine Frist, die nach Monaten bestimmt ist, mit dem Ablauf desjenigen Tages des letzten Monats, welcher durch seine Zahl dem Tage entspricht, in den das Ereignis fällt. Die Klageerhebung am 5. März 2014 war daher verspätet. 29Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. 30Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 711 der Zivilprozessordnung.
die klage wird abgewiesen. der kläger trägt die kosten des verfahrens. das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. der kläger darf die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe des aufgrund des urteils vollstreckbaren betrages abwenden, wenn nicht die beklagte zuvor sicherheit in gleicher höhe leistet. 1
2der kläger wendet sich gegen eine ordnungsverfügung, mit dem ihm das betreiben einer pizzeria untersagt wird. 3der kläger betreibt einen pizzaservice in der i.------straße 16 in f. . im zuge eines umbaus der zu der pizzeria gehörenden räumlichkeiten wurde der zur straßenseite gerichtete wandabschluss entfernt, so dass dieser zunächst offen stand und nur durch ein rolltor verschlossen werden konnte. 4im rahmen einer ortskontrolle am 21. mai 2013 stellte die beklagte fest, dass der abschluss zum vorraum entfernt wurde und der zur straße offene vorraum als abstellplatz für kühlschränke genutzt wurde. die beklagte richtete sodann unter dem 7. juni 2013 und erneut unter dem 25. november 2013 ein anhörungsschreiben an den kläger hinsichtlich einer beabsichtigten nutzungsuntersagung. 5mit ordnungsverfügung vom 23. januar 2014 untersagte die beklagte dem kläger, die im gebäude „i.------straße 16“ vorhandene pizzeria zu bertreiben. zum nachweis seien die räumlichkeiten freizuziehen und das mobiliar zu entfernen (ziffer 1). zudem drohte die beklagte für den fall der nichterfüllung die festsetzung eines zwangsgeldes in höhe von 2.500,00 € an (ziffer 2). zur begründung führte sie im wesentlichen aus, die entfernung des baulichen abschlusses zum vorraum der pizzeria zur öffentlichen straße hin entspreche nicht der erteilten baugenehmigung. da für die bauliche veränderung keine baugenehmigung erteilt worden sei, sei die nutzung der pizzeria zumindest formell illegal. 6die zustellung der ordnungsverfügung unter der meldeanschrift des klägers, e.----weg 17 in i1. , blieb erfolglos. 7am 4. februar 2014 führte eine angestellte der beklagten, die zeugin b. c. , zunächst gegen 16 uhr eine ortskontrolle durch, bei der festgestellt wurde, dass der pizzabetrieb weiter in nutzung war. der kläger wurde zu diesem zeitpunkt nicht an der örtlichkeit angetroffen. ebenfalls am 4. februar 2014 führte die zeugin gegen 18 uhr eine erneute ortskontrolle durch, im rahmen derer sie dem kläger die ordnungsverfügung vom 23. januar 2014 übergab. 8aus der in den verwaltungsvorgängen befindlichen „zustellungsurkunde“ geht hervor, dass dem kläger unter der anschrift i.------straße 16 in f. die ordnungsverfügung am 4. februar 2014 um 18.15 uhr persönlich durch die zeugin übergeben wurde. weitere vermerke enthält die zustellungsurkunde nicht. 9am 17. februar 2014 richtete eine mitarbeiterin der beklagten, frau e1. , eine email an die lebensmittelkontrolle der beklagten, in der diese unter anderem mitteilte, dass die verfügung dem kläger am 4. februar 2014 persönlich zugestellt worden sei. 10der kläger hat am 5. märz 2014 klage erhoben. 11er behauptet, er habe erst am 5. februar 2014 kenntnis von der ordnungsverfügung erlangt. die ordnungsverfügung habe ihm gar nicht am 4. februar 2014 persönlich übergeben werden können, da er an diesem tag nicht in dem geschäftsbetrieb anwesend gewesen sei. ferner ist er der ansicht, die ordnungsverfügung sei bereits aus formellen gründen unwirksam, da er nicht ordnungsgemäß angehört worden sei. zudem sei ein ordnungsgemäßer baulicher abschluss bereits vor zustellung der ordnungsverfügung vorhanden gewesen, nachdem er, wie sich aus der email vom 29. januar 2014 ergebe, eine tür eingebaut habe. 12der kläger beantragt, 13 die ordnungsverfügung vom 23. januar 2014 aufzuheben. 14die beklagte beantragt, 15 die klage abzuweisen. 16sie ist der ansicht, die klage sei bereits unzulässig, da ausweislich der zustellungsurkunde die ordnungsverfügung am 4. februar 2014 persönlich übergeben worden und die klageerhebung am 5. märz 2014 nicht mehr innerhalb der gesetzlichen klagefrist erfolgt sei. jedenfalls sei die klage auch unbegründet, da die bauliche änderung nicht genehmigt sei und die nutzungsuntersagung bereits aufgrund formeller illegalität hätte ergehen dürfen. 17wegen der weiteren einzelheiten wird auf die gerichtsakte sowie den beigezogenen verwaltungsvorgang verwiesen. 18
19die klage ist bereits unzulässig, da die klagefrist des § 74 der verwaltungsgerichtsordnung (vwgo) nicht eingehalten wurde. 20nach § 74 abs. 1 satz 1 in verbindung mit satz 2 vwgo muss die anfechtungsklage innerhalb eines monats nach bekanntgabe des verwaltungsakts erhoben werden. die klageerhebung am 5. märz 2014 war verspätet. 21die frist begann am 5. februar 2014 zu laufen. nach § 173 vwgo i.v.m. § 222 der zivilprozessordnung (zpo) i.v.m. § 187 abs. 1 des bürgerlichen gesetzbuches (bgb) wird, sofern für den anfang der frist ein ereignis maßgebend ist, der tag nicht mitgerechnet, in dem das ereignis fällt. tag des ereignisses ist hier der tag der bekanntgabe der angefochtenen ordnungsverfügung und damit der 4. februar 2014. 22die zustellung der ordnungsverfügung durch die zeugin ist zwar fehlerhaft erfolgt und damit unwirksam. denn entgegen § 5 abs. 1 satz 3 des verwaltungszustellungsgesetzes für das land nordrhein-westfalen (lzg nrw) hat der kläger kein mit dem datum der aushändigung versehenes empfangsbekenntnis unterschrieben. der zustellungsmangel wurde jedoch durch tatsächliche kenntnisnahme am 4. februar 2014 nach § 8 lzg nrw geheilt. nach dieser vorschrift gilt ein dokument, dessen formgerechte zustellung sich nicht nachweisen lässt oder welches unter verletzung zwingender zustellungsvorschriften zugegangen ist, als in dem zeitpunkt zugestellt, in dem es dem empfangsberechtigten nachweislich zugegangen ist. 23nach der beweisaufnahme steht zur überzeugung des gerichts fest, dass dem kläger die hier angefochtene ordnungsverfügung vom 23. januar 2013 am 4. februar 2014 durch die zeugin übergeben wurde. 24die zeugin hat bekundet, sie sei an dem 4. februar nachmittags an der pizzeria in der i.------straße gewesen. die pizzeria sei aber verschlossen gewesen. ein nachbar habe ihr geöffnet und ihr die zustände im keller gezeigt. der kläger selbst sei zu der zeit nicht da gewesen. am gleichen tag sei sie am abend gegen 18.15 uhr noch einmal zur pizzeria gefahren und habe den kläger persönlich angetroffen. sie habe ihm den brief persönlich übergeben. der kläger habe ihr dann den hausflur und auch noch einen briefkasten gezeigt, in den post hineingeworfen werden könne. sie habe deshalb auf der zustellungsurkunde vermerkt, dass sie dem kläger den brief persönlich übergeben habe. die zeugin bejahte zudem die frage des gerichts, ob es sich bei der person, der der brief übergeben worden sei, um den neben ihr sitzenden kläger handele. 25die aussage der zeugin ist insgesamt glaubhaft. sie war in der lage, detailliert und widerspruchsfrei die geschehnisse im rahmen der beiden ortskontrollen vom 4. februar 2014 wiederzugeben. der vortrag spiegelt insbesondere den verfahrensablauf, wie er auch in den verwaltungsvorgängen dokumentiert wurde, wieder und ist mit diesem identisch. für die glaubhaftigkeit spricht schließlich auch, dass die zeugin der mitarbeiterin der beklagten, frau e1. , von der übergabe des dokumentes am 4. februar 2014 berichtet haben muss, da diese in ihrer email vom 17. februar 2014 ebenfalls von einer persönlichen zustellung am 4. februar 2014 ausging und nur durch den bericht der zeugin hiervon kenntnis erlangt haben konnte. anhaltspunkte dafür, dass es sich bei dem in der zustellungsurkunde notierten datum um einen irrtum gehandelt haben könnte, liegen nicht vor. auch im übrigen ist unter keinem gesichtspunkt an der glaubhaftigkeit der aussage zu zweifeln. 26an der glaubwürdigkeit der zeugin bestehen ebenfalls keine zweifel. anhaltspunkte dafür, dass die zeugin ein interesse an einer bewussten rückdatierung gehabt haben könnte, sind nicht zu erkennen. 27der kläger vermochte im rahmen seiner persönlichen anhörung die aussage der zeugin nicht zu wiederlegen. seine pauschale behauptung, er habe die ordnungsverfügung vom 23. januar 2014 nicht am 4. februar 2014 erhalten, da er sich zu diesem zeitpunkt in i1. befunden habe, ist unsubstantiiert und insgesamt nicht glaubhaft. insbesondere ist es dem kläger selbst im rahmen der weiteren erörterung der sach- und rechtslage im nachgang zur vernehmung der zeugin nicht gelungen, tatsachen dafür, dass er zu dem fraglichen zeitpunkt nicht vor ort gewesen sei, vorzubringen, geschweige denn, diese durch vorlage von beweisen oder benennung von zeugen zu untermauern. bei den behauptungen des klägers, der brief sei wohl an einen nachbarn oder einen seiner mitarbeiter übergeben worden, handelt es sich um bloße vermutungen. 28da der tag des ereignisses im sinne des § 187 abs. 1 bgb der 4. februar 2014 war, fiel das fristende auf den 4. märz 2014. nach § 188 abs. 2 bgb endet eine frist, die nach monaten bestimmt ist, mit dem ablauf desjenigen tages des letzten monats, welcher durch seine zahl dem tage entspricht, in den das ereignis fällt. die klageerhebung am 5. märz 2014 war daher verspätet. 29die kostenentscheidung beruht auf § 154 abs. 1 vwgo. 30die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit folgt aus § 167 vwgo in verbindung mit §§ 708 nr. 11, 711 der zivilprozessordnung.
Verklagte*r
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120,680
S 36 EG 40/16
2016-10-24T00:00:00
Urteil
Tenor Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten. 1Tatbestand: 2Die Klägerin begehrt die Gewährung höheren Elterngeldes unter Berücksichtigung der Steuerklasse III. 3Die 1983 geborene Klägerin beantragte am 15.03.2016 die Gewährung von Elterngeld für ihren am 00.00.2016 geborenen Sohn L F. Für den 1. und 2. Lebensmonat des Kindes werde Basiselterngeld unter Anrechnung von Mutterschaftsgeld (MuSchG) begehrt, für den 4. – 23. Lebensmonat Elterngeld plus. Vor der Geburt habe sie eine nichtselbstständige Tätigkeit ausgeübt, in der Zeit vom 09.12.2017 bis 10.02.2018 sei eine nichtselbstständige Tätigkeit mit einem wöchentlichen Umfang von 15 Stunden geplant. Die Klägerin legte dazu eine Bescheinigung der Techniker Krankenkasse über den Bezug von Mutterschaftsgeld in der Zeit vom 27.12.2015 bis 07.04.2016 mit einem kalendertäglichen Zahlbetrag von 13,00 Euro vor, ferner die Gehaltsabrechnungen für die Monate Dezember 2014 bis Januar 2016. Bei dem von ihr erzielten Einkommen wurden danach in den Monaten Dezember 2014 bis Mai 2015 die Steuerklasse I, von Juni bis Juli 2015 die Steuerklasse IV und ab August 2015 die Steuerklasse III berücksichtigt. 4Durch Bescheid vom 22.03.2016 bewilligte die Beklagte Elterngeld für den 1. Lebensmonat (11.02. – 10.03.2016) in Höhe von 0 Euro, für den 2. Lebensmonat (11.03. – 10.04.2016) in Höhe von 105,36 Euro und für die Zeit vom 4. – 23. Kalendermonat (11.05.2016 – 10.01.2018) in Höhe von 600,70 Euro monatlich. Bei der Berechnung der Einkünfte der Klägerin wurde dabei die Steuerklasse I zugrundegelegt. 5Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin am 04.04.2016 Widerspruch ein, mit dem sie begehrte, bei der Berechnung des Einkommens die Steuerklasse III zugrundezulegen. Sie führte dazu aus, gemäß § 2c Abs. 3 Satz 1 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) sei in ihrem Falle die Steuerklasse III zu berücksichtigen, da die Steuerklasse I nicht in der überwiegenden Zahl der Monate des Bemessungszeitraums gegolten habe. Damit sei jedoch die Grundregel des § 2c Abs. 3 Satz 1 anzuwenden, wonach die Steuerklasse des letzten Monats des Bemessungszeitraums zu berücksichtigen sei. Da der Bemessungszeitraum 12 Kalendermonate betrage, käme eine Anwendung des § 2c Abs. 3 Satz 2 nur dann in Betracht, wenn die abweichende Steuerklasse für einen Zeitraum von mehr als 6 Monaten vorgelegen habe. In ihrem Falle sei die Steuerklasse aber zweimal geändert worden. Die Ausnahmevorschrift des Abs. 3 Satz 2 sei nicht so zu verstehen, dass dann die Steuerklasse heranzuziehen sei, die am längsten gegolten habe. 6Durch Teilabhilfebescheid vom 05.04.2016 bewilligte die Beklagte Elterngeld für den 2. Lebensmonat in Höhe von 105,36 Euro, für den 4. – 9. Lebensmonat (11.05. – 10.11.2016) und für den 11. – 24. Lebensmonat (11.12.2016 – 10.02.2018) in Höhe von jeweils 600,70 Euro monatlich. Den Widerspruch der Klägerin im Übrigen wies die Bezirksregierung Münster durch Widerspruchsbescheid vom 14.06.2016 als unbegründet zurück. Als Bemessungszeitraum sei hier die Zeit von Dezember 2014 bis November 2015 zugrundezulegen, da Kalendermonate, in denen Mutterschaftsgeld bezogen worden sei, bei der Ermittlung des Bemessungszeitraumes unberücksichtigt blieben. Für die Ermittlung der zu berücksichtigenden Steuerklasse seien die Angaben in der Lohn- und Gehaltsbescheinigung, die für den letzten Monat im Bemessungszeitraum mit Einnahmen nach § 2c Abs. 1 erstellt worden sei, Grundlage. Mit der neuen Regelung ab 2013 habe nur noch die Lohnsteuerklasse Bewandtnis für das Elterngeld, die am längsten vor dem Elterngeldbezug Bestand gehabt habe. Bei einem Wechsel sei darauf zu achten, dass sie mindestens 7 Monate vor der Geburt des Kindes Bestand habe. Im Falle der Klägerin lägen 6 Lohnabrechnungen mit der Lohnsteuerklasse I, 2 mit der Lohnsteuerklasse IV und 4 mit der Lohnsteuerklasse III vor. Die Berücksichtigung der Steuerklasse III sei damit nicht möglich, da das BEEG keine Auswahlmöglichkeit vorsehe. 7Dagegen richtet sich die am 20.06.2016 erhobene Klage, mit der die Klägerin die Gewährung höheren Elterngeldes unter Zugrundelegung der Steuerklasse III begehrt. Sie hat vorgetragen, die Zugrundelegung der Steuerklasse I durch die Beklagte widerspreche dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift des § 2c Abs. 3 Satz 1 BEEG, wonach die Steuerklasse des letzten Monats des Bezugszeitraums zu berücksichtigen sei. Die Ausnahmevorschrift des § 3 Satz 2 sei hingegen nicht einschlägig, da keine Steuerklasse in der überwiegenden Zahl der Monate des Bemessungszeitraums, d.h. für mehr als 6 Monate gegolten habe. Die Vorschrift sei nicht so zu verstehen, dass die Steuerklasse zu berücksichtigen sei, die innerhalb des zwölfmonatigen Bemessungszeitraumes am längsten gegolten habe. Eventuell entgegenstehende Verwaltungsvorschriften seien für die gerichtliche Entscheidung ohne Bedeutung. 8Die Klägerin beantragt schriftsätzlich sinngemäß, 9die Beklagte unter Änderung der Bescheide vom 22.03. und 05.04.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.06.2016 zu verurteilen, ihr höheres Elterngeld unter Berücksichtigung der Steuerklasse III zu gewähren. 10Die Beklagte beantragt schriftsätzlich, 11die Klage abzuweisen. 12Sie hält die angefochtenen Bescheide für rechtmäßig. 13Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt. 14Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den übrigen Inhalt der Verwaltungs- und Streitakten Bezug genommen. 15Entscheidungsgründe: 16Das Gericht konnte im Termin vom 24.10.2016 in der Streitsache ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entscheiden, da sich die Beteiligten damit einverstanden erklärt haben. 17Die Klage ist form- und fristgerecht erhoben worden. Sie ist jedoch nicht begründet. 18Die angefochtenen Bescheide sind nicht rechtwidrig und beschweren die Klägerin nicht im Sinne von § 54 Abs. 2 SGG. Die Beklagte hat Elterngeld in zutreffender Höhe bewilligt. 19Die Anspruchsvoraussetzungen für die Gewährung von Elterngeld gemäß § 1 BEEG werden von der Klägerin erfüllt, denn sie hat einen Wohnsitz in Deutschland, lebt mit ihrem Kind in einem Haushalt, betreut und erzieht das Kind selbst und übt keine oder keine volle Erwerbstätigkeit aus. 20Die Höhe des zu gewährenden Elterngeldes bestimmt sich nach § 2 BEEG, hier anwendbar in der ab dem 01.01.2015 gültigen Fassung vom 27.01.2015. Nach Absatz 1 dieser Vorschrift wird Elterngeld in Höhe von 67 % des Einkommens aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt des Kindes gewährt. Es wird bis zu einem Höchstbetrag von 1.800,00 Euro monatlich für volle Monate gezahlt, in denen die berechtige Person kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit hat. Das Einkommen aus Erwerbstätigkeit errechnet sich nach Maßgabe der §§ 2c – 2f aus der um die Abzüge für Steuern und Sozialabgaben verminderten Summe der positiven Einkünfte aus 211. nichtselbstständiger Arbeit nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 des Einkommensteuergesetzes sowie 2. Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbstständiger Arbeit nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 – 3 des Einkommensteuergesetzes, 22die im Inland zu versteuern sind und die die berechtigte Person durchschnittlich monatlich im Bemessungszeitraum nach § 2b oder in Monaten der Bezugszeit nach § 2 Abs. 3 hat. 23Die Bestimmung des der Bemessung zugrundezulegenden Bemessungszeitraumes erfolgt nach § 2b BEEG. Für die Ermittlung des Einkommens aus nichtselbstständiger Erwerbstätigkeit im Sinne von § 2c vor der Geburt sind die 12 Kalendermonate vor dem Monat der Geburt des Kindes maßgeblich (§ 2b Abs. 1 Satz 1 BEEG). Bei der Bestimmung des Bemessungszeitraums nach Satz 1 bleiben Kalendermonate unberücksichtigt, in denen die berechtigte Person u.a. Mutterschaftsgeld nach dem Fünften Buch Sozialgesetzbuch oder nach dem 2. Gesetz über die Krankenversicherung der Landwirte bezogen hat (§ 2b Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BEEG). Da die Klägerin ab Dezember 2015 Mutterschaftsgeld bezogen hat, hat die Beklagte den Bemessungszeitraum unter Außerachtlassung dieses Monats zutreffend auf die Zeit von Dezember 2014 bis November 2015 festgelegt. 24Der monatlich durchschnittlich zu berücksichtigende Überschuss der Einnahmen aus nichtselbstständiger Arbeit in Geld oder Geldeswert über 1/12 des Arbeitnehmer-Pauschbetrages, vermindert um die Abzüge für Steuern und Sozialabgaben nach den §§ 2e und 2f, ergibt das Einkommen aus nichtselbstständiger Erwerbstätigkeit (§ 2c Abs. 1 Satz 1 BEEG). Welche Steuerklasse zu berücksichtigen ist, ergibt sich aus Abs. 3 der Vorschrift. Grundlage der Ermittlung der nach den §§ 2e und 2f erforderlichen Abzugsmerkmale für Steuern und Sozialabgaben sind die Angaben in der Lohn- und Gehaltsbescheinigung, die für den letzten Monat im Bemessungszeitraum mit Einnahmen nach Abs. 1 erstellt wurde. Soweit sich in den Lohn- und Gehaltsbescheinigungen des Bemessungszeitraums eine Angabe zu einem Abzugsmerkmal geändert hat, ist die von der Angabe nach Satz 1 abweichende Angabe maßgeblich, wenn sie in der überwiegenden Zahl der Monate des Bemessungszeitraums gegolten hat. Unter Berücksichtigung dieser Vorschriften hat die Beklagte zutreffend die Lohnsteuerklasse I der Berechnung des Elterngeldes zugrundegelegt. 25Grundsätzlich ist nach § 2c Abs. 3 Satz 1 für die Feststellung der Lohnsteuerklasse die Angabe in der Lohn- und Gehaltsbescheinigung, die für den letzten Monat im Bemessungszeitraum mit Einnahmen nach Abs. 1 erstellt wurde, maßgeblich. Die Ausnahmevorschrift des Abs. 3 Satz 2 greift nur ein, soweit sich in den Lohn- und Gehaltsbescheinigungen des Bemessungszeitraums eine Angabe zu einem Abzugsmerkmal geändert hat. Eine solche Steuerklassenänderung ist im Falle der Klägerin nicht nur einmal, sondern zweimal im Bemessungszeitraum vorgenommen worden. Die von der Angabe nach Satz 1 abweichende Angabe ist dann maßgeblich, wenn sie in der überwiegenden Zahl der Monate des Bemessungszeitraums gegolten hat. Diese Ausnahmeregelung ist hier einschlägig, da im Vergleich zu der im letzten Monat des Bemessungszeitraums geltenden Steuerklasse III in der überwiegenden Zahl der Monate des Bemessungszeitraums –nämlich 6 Monate bezüglich der Steuerklasse I und 2 Monate mit der Steuerklasse IV und damit insgesamt für 8 Monate- eine abweichende Angabe maßgeblich war. Eine derartige Lesart der Ausnahmevorschrift des Absatzes 3 Satz 2 erscheint im Hinblick auf Sinn und Zweck der Regelung zulässig. Das Gesetz knüpft nämlich an die im Bemessungszeitraum überwiegend geltende Steuerklasse mit dem Ziel an, ein annähernd zutreffendes verfügbares Einkommen zu ermitteln (vgl. Dau injurisPR-SozR 2/2015 Anmerkung 4). Im Ergebnis entspricht dies der Bewertung in den Richtlinien des BMFSF zum BEEG (BMFSFJ/211 Ziffer 2c.3.2.2), wonach eine Angabe in der überwiegenden Zahl der Monate des Bemessungszeitraums gegolten hat, wenn sie länger gegolten hat als jeweils die anderen Angaben. Sie muss nicht notwendigerweise in der Hälfte der Monate des Bemessungszeitraums gegolten haben. Es ergibt sich danach eine Berücksichtigung der Steuerklasse I, die innerhalb des Änderungszeitraums von 8 Monaten die überwiegende Zahl der Monate gegolten hat. Damit ist dem Willen des Gesetzgebers Genüge getan, der bei der Berücksichtigung der Steuerklasse auf diejenige abstellen will, die den Bemessungszeitraum geprägt hat, da nur so ein annähernd zutreffendes verfügbares Einkommen ermittelt werden kann. 26Die Klage war daher abzuweisen. 27Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
die klage wird abgewiesen. außergerichtliche kosten haben die beteiligten einander nicht zu erstatten. 1
2die klägerin begehrt die gewährung höheren elterngeldes unter berücksichtigung der steuerklasse iii. 3die 1983 geborene klägerin beantragte am 15.03.2016 die gewährung von elterngeld für ihren am 00.00.2016 geborenen sohn l f. für den 1. und 2. lebensmonat des kindes werde basiselterngeld unter anrechnung von mutterschaftsgeld (muschg) begehrt, für den 4. – 23. lebensmonat elterngeld plus. vor der geburt habe sie eine nichtselbstständige tätigkeit ausgeübt, in der zeit vom 09.12.2017 bis 10.02.2018 sei eine nichtselbstständige tätigkeit mit einem wöchentlichen umfang von 15 stunden geplant. die klägerin legte dazu eine bescheinigung der techniker krankenkasse über den bezug von mutterschaftsgeld in der zeit vom 27.12.2015 bis 07.04.2016 mit einem kalendertäglichen zahlbetrag von 13,00 euro vor, ferner die gehaltsabrechnungen für die monate dezember 2014 bis januar 2016. bei dem von ihr erzielten einkommen wurden danach in den monaten dezember 2014 bis mai 2015 die steuerklasse i, von juni bis juli 2015 die steuerklasse iv und ab august 2015 die steuerklasse iii berücksichtigt. 4durch bescheid vom 22.03.2016 bewilligte die beklagte elterngeld für den 1. lebensmonat (11.02. – 10.03.2016) in höhe von 0 euro, für den 2. lebensmonat (11.03. – 10.04.2016) in höhe von 105,36 euro und für die zeit vom 4. – 23. kalendermonat (11.05.2016 – 10.01.2018) in höhe von 600,70 euro monatlich. bei der berechnung der einkünfte der klägerin wurde dabei die steuerklasse i zugrundegelegt. 5gegen diesen bescheid legte die klägerin am 04.04.2016 widerspruch ein, mit dem sie begehrte, bei der berechnung des einkommens die steuerklasse iii zugrundezulegen. sie führte dazu aus, gemäß § 2c abs. 3 satz 1 bundeselterngeld- und elternzeitgesetz (beeg) sei in ihrem falle die steuerklasse iii zu berücksichtigen, da die steuerklasse i nicht in der überwiegenden zahl der monate des bemessungszeitraums gegolten habe. damit sei jedoch die grundregel des § 2c abs. 3 satz 1 anzuwenden, wonach die steuerklasse des letzten monats des bemessungszeitraums zu berücksichtigen sei. da der bemessungszeitraum 12 kalendermonate betrage, käme eine anwendung des § 2c abs. 3 satz 2 nur dann in betracht, wenn die abweichende steuerklasse für einen zeitraum von mehr als 6 monaten vorgelegen habe. in ihrem falle sei die steuerklasse aber zweimal geändert worden. die ausnahmevorschrift des abs. 3 satz 2 sei nicht so zu verstehen, dass dann die steuerklasse heranzuziehen sei, die am längsten gegolten habe. 6durch teilabhilfebescheid vom 05.04.2016 bewilligte die beklagte elterngeld für den 2. lebensmonat in höhe von 105,36 euro, für den 4. – 9. lebensmonat (11.05. – 10.11.2016) und für den 11. – 24. lebensmonat (11.12.2016 – 10.02.2018) in höhe von jeweils 600,70 euro monatlich. den widerspruch der klägerin im übrigen wies die bezirksregierung münster durch widerspruchsbescheid vom 14.06.2016 als unbegründet zurück. als bemessungszeitraum sei hier die zeit von dezember 2014 bis november 2015 zugrundezulegen, da kalendermonate, in denen mutterschaftsgeld bezogen worden sei, bei der ermittlung des bemessungszeitraumes unberücksichtigt blieben. für die ermittlung der zu berücksichtigenden steuerklasse seien die angaben in der lohn- und gehaltsbescheinigung, die für den letzten monat im bemessungszeitraum mit einnahmen nach § 2c abs. 1 erstellt worden sei, grundlage. mit der neuen regelung ab 2013 habe nur noch die lohnsteuerklasse bewandtnis für das elterngeld, die am längsten vor dem elterngeldbezug bestand gehabt habe. bei einem wechsel sei darauf zu achten, dass sie mindestens 7 monate vor der geburt des kindes bestand habe. im falle der klägerin lägen 6 lohnabrechnungen mit der lohnsteuerklasse i, 2 mit der lohnsteuerklasse iv und 4 mit der lohnsteuerklasse iii vor. die berücksichtigung der steuerklasse iii sei damit nicht möglich, da das beeg keine auswahlmöglichkeit vorsehe. 7dagegen richtet sich die am 20.06.2016 erhobene klage, mit der die klägerin die gewährung höheren elterngeldes unter zugrundelegung der steuerklasse iii begehrt. sie hat vorgetragen, die zugrundelegung der steuerklasse i durch die beklagte widerspreche dem eindeutigen wortlaut der vorschrift des § 2c abs. 3 satz 1 beeg, wonach die steuerklasse des letzten monats des bezugszeitraums zu berücksichtigen sei. die ausnahmevorschrift des § 3 satz 2 sei hingegen nicht einschlägig, da keine steuerklasse in der überwiegenden zahl der monate des bemessungszeitraums, d.h. für mehr als 6 monate gegolten habe. die vorschrift sei nicht so zu verstehen, dass die steuerklasse zu berücksichtigen sei, die innerhalb des zwölfmonatigen bemessungszeitraumes am längsten gegolten habe. eventuell entgegenstehende verwaltungsvorschriften seien für die gerichtliche entscheidung ohne bedeutung. 8die klägerin beantragt schriftsätzlich sinngemäß, 9die beklagte unter änderung der bescheide vom 22.03. und 05.04.2016 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 14.06.2016 zu verurteilen, ihr höheres elterngeld unter berücksichtigung der steuerklasse iii zu gewähren. 10die beklagte beantragt schriftsätzlich, 11die klage abzuweisen. 12sie hält die angefochtenen bescheide für rechtmäßig. 13die beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer entscheidung ohne mündliche verhandlung einverstanden erklärt. 14wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den übrigen inhalt der verwaltungs- und streitakten bezug genommen. 15
16das gericht konnte im termin vom 24.10.2016 in der streitsache ohne mündliche verhandlung gemäß § 124 abs. 3 sozialgerichtsgesetz (sgg) entscheiden, da sich die beteiligten damit einverstanden erklärt haben. 17die klage ist form- und fristgerecht erhoben worden. sie ist jedoch nicht begründet. 18die angefochtenen bescheide sind nicht rechtwidrig und beschweren die klägerin nicht im sinne von § 54 abs. 2 sgg. die beklagte hat elterngeld in zutreffender höhe bewilligt. 19die anspruchsvoraussetzungen für die gewährung von elterngeld gemäß § 1 beeg werden von der klägerin erfüllt, denn sie hat einen wohnsitz in deutschland, lebt mit ihrem kind in einem haushalt, betreut und erzieht das kind selbst und übt keine oder keine volle erwerbstätigkeit aus. 20die höhe des zu gewährenden elterngeldes bestimmt sich nach § 2 beeg, hier anwendbar in der ab dem 01.01.2015 gültigen fassung vom 27.01.2015. nach absatz 1 dieser vorschrift wird elterngeld in höhe von 67 % des einkommens aus erwerbstätigkeit vor der geburt des kindes gewährt. es wird bis zu einem höchstbetrag von 1.800,00 euro monatlich für volle monate gezahlt, in denen die berechtige person kein einkommen aus erwerbstätigkeit hat. das einkommen aus erwerbstätigkeit errechnet sich nach maßgabe der §§ 2c – 2f aus der um die abzüge für steuern und sozialabgaben verminderten summe der positiven einkünfte aus 211. nichtselbstständiger arbeit nach § 2 abs. 1 satz 1 nr. 4 des einkommensteuergesetzes sowie 2. land- und forstwirtschaft, gewerbebetrieb und selbstständiger arbeit nach § 2 abs. 1 satz 1 nr. 1 – 3 des einkommensteuergesetzes, 22die im inland zu versteuern sind und die die berechtigte person durchschnittlich monatlich im bemessungszeitraum nach § 2b oder in monaten der bezugszeit nach § 2 abs. 3 hat. 23die bestimmung des der bemessung zugrundezulegenden bemessungszeitraumes erfolgt nach § 2b beeg. für die ermittlung des einkommens aus nichtselbstständiger erwerbstätigkeit im sinne von § 2c vor der geburt sind die 12 kalendermonate vor dem monat der geburt des kindes maßgeblich (§ 2b abs. 1 satz 1 beeg). bei der bestimmung des bemessungszeitraums nach satz 1 bleiben kalendermonate unberücksichtigt, in denen die berechtigte person u.a. mutterschaftsgeld nach dem fünften buch sozialgesetzbuch oder nach dem 2. gesetz über die krankenversicherung der landwirte bezogen hat (§ 2b abs. 1 satz 2 nr. 2 beeg). da die klägerin ab dezember 2015 mutterschaftsgeld bezogen hat, hat die beklagte den bemessungszeitraum unter außerachtlassung dieses monats zutreffend auf die zeit von dezember 2014 bis november 2015 festgelegt. 24der monatlich durchschnittlich zu berücksichtigende überschuss der einnahmen aus nichtselbstständiger arbeit in geld oder geldeswert über 1/12 des arbeitnehmer-pauschbetrages, vermindert um die abzüge für steuern und sozialabgaben nach den §§ 2e und 2f, ergibt das einkommen aus nichtselbstständiger erwerbstätigkeit (§ 2c abs. 1 satz 1 beeg). welche steuerklasse zu berücksichtigen ist, ergibt sich aus abs. 3 der vorschrift. grundlage der ermittlung der nach den §§ 2e und 2f erforderlichen abzugsmerkmale für steuern und sozialabgaben sind die angaben in der lohn- und gehaltsbescheinigung, die für den letzten monat im bemessungszeitraum mit einnahmen nach abs. 1 erstellt wurde. soweit sich in den lohn- und gehaltsbescheinigungen des bemessungszeitraums eine angabe zu einem abzugsmerkmal geändert hat, ist die von der angabe nach satz 1 abweichende angabe maßgeblich, wenn sie in der überwiegenden zahl der monate des bemessungszeitraums gegolten hat. unter berücksichtigung dieser vorschriften hat die beklagte zutreffend die lohnsteuerklasse i der berechnung des elterngeldes zugrundegelegt. 25grundsätzlich ist nach § 2c abs. 3 satz 1 für die feststellung der lohnsteuerklasse die angabe in der lohn- und gehaltsbescheinigung, die für den letzten monat im bemessungszeitraum mit einnahmen nach abs. 1 erstellt wurde, maßgeblich. die ausnahmevorschrift des abs. 3 satz 2 greift nur ein, soweit sich in den lohn- und gehaltsbescheinigungen des bemessungszeitraums eine angabe zu einem abzugsmerkmal geändert hat. eine solche steuerklassenänderung ist im falle der klägerin nicht nur einmal, sondern zweimal im bemessungszeitraum vorgenommen worden. die von der angabe nach satz 1 abweichende angabe ist dann maßgeblich, wenn sie in der überwiegenden zahl der monate des bemessungszeitraums gegolten hat. diese ausnahmeregelung ist hier einschlägig, da im vergleich zu der im letzten monat des bemessungszeitraums geltenden steuerklasse iii in der überwiegenden zahl der monate des bemessungszeitraums –nämlich 6 monate bezüglich der steuerklasse i und 2 monate mit der steuerklasse iv und damit insgesamt für 8 monate- eine abweichende angabe maßgeblich war. eine derartige lesart der ausnahmevorschrift des absatzes 3 satz 2 erscheint im hinblick auf sinn und zweck der regelung zulässig. das gesetz knüpft nämlich an die im bemessungszeitraum überwiegend geltende steuerklasse mit dem ziel an, ein annähernd zutreffendes verfügbares einkommen zu ermitteln (vgl. dau injurispr-sozr 2/2015 anmerkung 4). im ergebnis entspricht dies der bewertung in den richtlinien des bmfsf zum beeg (bmfsfj/211 ziffer 2c.3.2.2), wonach eine angabe in der überwiegenden zahl der monate des bemessungszeitraums gegolten hat, wenn sie länger gegolten hat als jeweils die anderen angaben. sie muss nicht notwendigerweise in der hälfte der monate des bemessungszeitraums gegolten haben. es ergibt sich danach eine berücksichtigung der steuerklasse i, die innerhalb des änderungszeitraums von 8 monaten die überwiegende zahl der monate gegolten hat. damit ist dem willen des gesetzgebers genüge getan, der bei der berücksichtigung der steuerklasse auf diejenige abstellen will, die den bemessungszeitraum geprägt hat, da nur so ein annähernd zutreffendes verfügbares einkommen ermittelt werden kann. 26die klage war daher abzuweisen. 27die kostenentscheidung folgt aus § 193 sgg.
Verklagte*r
0
143,940
S 34 KR 733/14
2015-10-27T00:00:00
Urteil
Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Beteiligten haben einander außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten. 1Tatbestand: 2Die Klägerin wendet sich gegen die Beitragserhebung. 3Gegenüber der am 29.06.1979 geborenen Klägerin stellte die Beklagte mit Bescheid vom 15.11.2010 die freiwillige Mitgliedschaft fest und erhob Beiträge zur freiwilligen Krankenversicherung ab 01.09.2010 unter Zugrundelegung monatlicher Einnahmen in Höhe der Mindestbemessungsgrenze (851,67 Euro). Einen hiergegen gerichteten Widerspruch der Klägerin vom 12.12.2010 wies die Beklagte mit rechtskräftig gewordenem Widerspruchsbescheid vom 20.01.2012 als unbegründet zurück. 4Mit Schreiben vom 24.03.2014 beantragte die Klägerin gegenüber der Beklagten die Aufhebung des Bescheides vom 15.11.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.01.2012. Der Anspruch auf Aufhebung der Bescheide resultiere aus dem sozialrechtlichen Herstellungsanspruch. Die Beklagte habe die Klägerin nach Kenntnis von deren Mittellosigkeit nicht rechtzeitig auf die Möglichkeit der Übernahme der Krankenversicherungsbeiträge durch die Bundesagentur für Arbeit hingewiesen. Aufgrund dieser Pflichtverletzung sei der Klägerin ein Schaden in Höhe der Beitragsforderung der Beklagten entstanden. Die Beklagte wertete dieses Schreiben als Überprüfungsantrag, den sie mit Bescheid vom 08.04.2014 ablehnte. Sie habe die Klägerin erstmals am 17.12.2010 und danach fortlaufend darauf hingewiesen, dass diese sich an das Sozialamt wenden könne, sofern sie nicht in der Lage sei, Beitragsrückstände zu begleichen. Ihren Aufklärungspflichten sei sie nachgekommen. Den hiergegen erhobenen Widerspruch der Klägerin vom 05.05.2014 wies die Beklagte mit im laufenden Klageverfahren ergangenem Widerspruchsbescheid vom 24.09.2014 als unbegründet zurück. 5Die Klägerin hat am 28.08.2014 Klage vor dem Sozialgericht Köln erhoben. Sie führt im Wesentlichen aus: Die Klägerin hat am 28.08.2014 Klage vor dem Sozialgericht Köln erhoben. Sie führt im Wesentlichen aus: Sie habe von Januar 2009 bis August 2010 sowie von April 2011 bis September 2011 in einem öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnis bei dem Land Nordrhein-Westfalen gestanden. Der vorliegende Rechtsstreit um Beiträge zur Sozialversicherung bezieht sich auf den dazwischen liegenden Zeitraum September 2010 bis März 2011. Die Klägerin sei in diesem Zeitraum arbeitslos gewesen und habe gar kein Gehalt bezogen. Der Klägerin sei es nicht möglich gewesen, in der Zeit des Referendariats von Januar 2009 bis August 2010 so viel Geld anzusparen, dass sie davon den Krankenkassenbeitrag in dem hier streitigen Zeitraum von September 2010 bis März 2011 hätte bezahlen können. Der Bescheid vom 15.11.2010 sehe aus wie eine Rechnung, nicht wie ein Bescheid. Auch sei keine Rechtsbehelfsbelehrung enthalten gewesen, so dass offensichtlich kein vollstreckbarer Verwaltungsakt vorliege. Auch sei der Bescheid nicht unterschrieben. Es sei ein Verwaltungsakt mit EDV erstellt, dann aber manuell abgeändert worden. Es liegt kein automatisierter Verwaltungsakt vor. Gemäß § 33 Abs. 3 SGB X müsse der Verwaltungsakt die Unterschrift oder die Namenswiedergabe des Behördenleiters, seines Vertreters oder seines Beauftragten enthalten. Daran fehlt es in dem hier angegriffenen Bescheid vom 15.11.2010. Mangelnde Unterschrift oder Namenswiedergabe führe zur Rechtswidrigkeit und Aufhebbarkeit des Verwaltungsaktes. Darüber hinaus werde die Befugnis des Sachbearbeiters der Beklagten zum Erlass eines vollstreckbaren Verwaltungsaktes bestritten. Nach den Grundsätzen über den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch sei die Klägerin so zu stellen, als sei sie rechtzeitig über die Möglichkeit der Unterstützung durch Sozialleistungsträger beraten worden. Die Beklagte habe durch Verletzung ihrer aus dem Sozialleistungsverhältnis obliegenden Haupt- und Nebenpflicht, insbesondere zur Auskunft und Beratung, nachteilige Folgen für die Rechtsposition der Klägerin herbeigeführt. Diese Rechtfolgen könnten durch ein rechtmäßiges Verwaltungshandeln, die Aufhebung des Bescheides vom 15.11.2010, wieder beseitigt werden. Der Bescheid vom 15.11.2010 enthalte keine Auskunft darüber, welche Versicherungsmöglichkeit für die Klägerin besteht. Da die Klägerin einkommenslos gewesen sei, sei nicht auf ein fiktives Einkommen abzustellen, sondern auf anderweitige Versicherungsmöglichkeiten hinzuweisen gewesen. 6Die Klägerin beantragt (sinngemäß), 7den Bescheid der Beklagten vom 08.04.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24.09.2014 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den Bescheid vom 15.11.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.01.2012 zurückzunehmen. 8Die Beklagte beantragt, 9die Klage abzuweisen. 10Zur Begründung verweist sie im Wesentlichen auf den Inhalt der angefochtenen Bescheide. 11Das Gericht hat die Verfahrensakte S 34 KR 868/14 ER beigezogen. Die die Klägerin betreffenden Verwaltungsakten der Beklagten lagen vor. Diese sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung gewesen. Wegen der weiteren Einzelheiten sowie des Vorbringens der Beteiligten im Einzelnen wird auf den Inhalt dieser Vorgänge sowie der Gerichtsakten Bezug genommen. 12Entscheidungsgründe: 13Die form- und fristgerecht erhobene Klage (§§ 87, 90 Sozialgerichtsgesetz - SGG) ist zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 08.04.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24.09.2014 hält einer gerichtlichen Überprüfung stand; die Klägerin wird hierdurch nicht beschwert (§ 54 SGG). Die Kammer folgt der Begründung des angefochtenen Bescheides und sieht gemäß § 136 Abs. 3 SGG insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab. Ergänzend ist folgendes auszuführen: 14Die fehlende Rechtsmittelbelehrung eröffnet lediglich die Möglichkeit, innerhalb einer verlängerten Frist von einem Jahr Widerspruch einzulegen, führt jedoch ebenso wenig zur Rechtswidrigkeit wie die vorliegend fehlende Unterschrift. Gemäß § 42 SGB X kann die Aufhebung eines Verwaltungsaktes, der nicht nach § 40 SGB X nichtig ist, nicht allein deshalb beansprucht werden kann, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren, die Form oder die örtliche Zuständigkeit zu Stande gekommen ist, wenn offensichtlich ist, dass die Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat. Der Bescheid vom 15.11.2010 genügt gemäß § 33 Abs. 5 SGB X den Formerfordernissen. Anders als die Klägerin geltend macht, ist der Erlass eines Beitragsbescheides nicht deshalb nicht mit Hilfe automatischer Einrichtungen möglich, weil damit ein konkreter, sie betreffender Sachverhalt geregelt wird. Die Klägerin verkennt, dass ein Verwaltungsakt definitionsgemäß (§ 31 Satz 1 SGB X) eine Verfügung zur Regelung eines Einzelfalles voraussetzt. Im Übrigen stellt das Fehlen eines Hinweises auf ein automatisiertes Verfahren zur Dokumentation des Bekanntgabewillens der Behörde keinen formellen Fehler dar (Pattar in jurisPK-SGB X, § 33 SGB X, Rn. 93 m.w.N.). Dabei spricht schon der Inhalt des weiteren Bescheides vom 15.11.2010, der auf den Erlass eines gesonderten Beitragsbescheides verweist, ohne Weiteres für einen auch für die Klägerin erkennbaren Bekanntgabewillen. Im Zusammenhang mit § 44 Abs.1 SGB X ist zudem darauf hinzuweisen, dass die Rücknahme eines Verwaltungsaktes in der Regel nur aufgrund solcher Rechtsanwendungsfehler erfolgen kann, die für eine Verkürzung von materiellen Rechtspositionen des VA-Adressaten ursächlich waren, mithin nicht wegen reiner Formverstöße (Schütze in von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Auflage 2014, § 44 Rn. 17). 15Selbst wenn eine freiwillige Versicherung der Klägerin im streitigen Zeitraum mangels erforderlichen Beitritts zu verneinen sei, wäre die Beitragsbemessung durch die Beklagte nicht zu beanstanden, weil ansonsten Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V im fraglichen Zeitraum bestanden hätte. Für die Beitragsbemessung verweist § 227 SGB V insoweit auf § 240 SGB V und damit insbesondere § 240 Abs. 4 SGB V. Als unterste Grenze der Beitragsbelastung gilt insoweit auch die Mindestbemessungsgrundlage. Auch bei geringerem Einkommen muss mithin der aus der Mindestbemessungsgrundlage errechnete Beitrag entrichtet werden. Das LSG NRW weist insoweit zu Recht darauf hin, dass die Vorstellung der Klägerin, „wenn man nichts verdient, dann ist auch nichts vorhanden, wovon man Beiträge bezahlen kann“, mit der Folge einer abweichenden, geringeren Beitragsbemessung, nicht den Vorstellungen des Gesetzgebers entspricht (LSG NRW 03.03.2015 – L 16 KR 20/15 B ER). 16Soweit sich die Klägerin auf den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch beruft, wonach sie so zu stellen sei, als hätte eine Versicherungspflicht wegen des Bezuges von Leistungen nach dem SGB II (§ 5 Abs. 1 Nr. 2a SGB V) oder SGB III (§ 5 Abs. 1 Nr. 2 SGB V) bestanden, verkennt sie - ungeachtet des fraglichen Vorliegens der weiteren tatbestandlichen Voraussetzungen -, dass die Beklagte jedenfalls angesichts der Angaben der Klägerin über die Fortführung eines Studiums eine weitergehende Beratungspflicht nicht traf (LSG NRW 03.03.2015 – L 16 KR 20/15 B ER). 17Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG. 18Rechtsmittelbelehrung: 19Dieses Urteil kann mit der Berufung angefochten werden. 20Die Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils beim 21Landessozialgericht 22Nordrhein-Westfalen, 23Zweigertstraße 54, 2445130 Essen, 25schriftlich oder mündlich zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. 26Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Frist bei dem 27Sozialgericht Köln, 28An den Dominikanern 2, 2950668 Köln, 30schriftlich oder mündlich zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird. 31Die Berufungsschrift muss bis zum Ablauf der Frist bei einem der vorgenannten Gerichte eingegangen sein. Sie soll das angefochtene Urteil bezeichnen, einen bestimmten Antrag enthalten und die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel angeben. 32Die Einreichung in elektronischer Form erfolgt durch die Übertragung des elektronischen Dokuments in die elektronische Poststelle. Diese ist über die Internetseite www.sg-koeln.nrw.de erreichbar. Die elektronische Form wird nur gewahrt durch eine qualifiziert signierte Datei, die den Maßgaben der Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr bei den Sozialgerichten im Lande Nordrhein-Westfalen (ERVVO SG) vom 07.11.2012 (GV.NRW, 551) entspricht. Hierzu sind die elektronischen Dokumente mit einer qualifizierten Signatur nach § 2 Nummer 3 des Signaturgesetzes vom 16.05.2001 (BGBl. I, 876) in der jeweils geltenden Fassung zu versehen. Die qualifizierte elektronische Signatur und das ihr zugrunde liegende Zertifikat müssen durch das Gericht überprüfbar sein. Auf der Internetseite www.justiz.nrw.de sind die Bearbeitungsvoraussetzungen bekanntgegeben. 33Zusätzlich wird darauf hingewiesen, dass einem Beteiligten auf seinen Antrag für das Verfahren vor dem Landessozialgericht unter bestimmten Voraussetzungen Prozesskostenhilfe bewilligt werden kann. 34Gegen das Urteil steht den Beteiligten die Revision zum Bundessozialgericht unter Übergehung der Berufungsinstanz zu, wenn der Gegner schriftlich zustimmt und wenn sie von dem Sozialgericht auf Antrag durch Beschluss zugelassen wird. Der Antrag auf Zulassung der Revision ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils bei dem Sozialgericht Köln schriftlich zu stellen. Die Zustimmung des Gegners ist dem Antrag beizufügen. 35Lehnt das Sozialgericht den Antrag auf Zulassung der Revision durch Beschluss ab, so beginnt mit der Zustellung dieser Entscheidung der Lauf der Berufungsfrist von neuem, sofern der Antrag auf Zulassung der Revision in der gesetzlichen Form und Frist gestellt und die Zustimmungserklärung des Gegners beigefügt war. 36Die Einlegung der Revision und die Zustimmung des Gegners gelten als Verzicht auf die Berufung, wenn das Sozialgericht die Revision zugelassen hat. 37Urmersbach 38Richter am Sozialgericht
die klage wird abgewiesen. die beteiligten haben einander außergerichtliche kosten nicht zu erstatten. 1
2die klägerin wendet sich gegen die beitragserhebung. 3gegenüber der am 29.06.1979 geborenen klägerin stellte die beklagte mit bescheid vom 15.11.2010 die freiwillige mitgliedschaft fest und erhob beiträge zur freiwilligen krankenversicherung ab 01.09.2010 unter zugrundelegung monatlicher einnahmen in höhe der mindestbemessungsgrenze (851,67 euro). einen hiergegen gerichteten widerspruch der klägerin vom 12.12.2010 wies die beklagte mit rechtskräftig gewordenem widerspruchsbescheid vom 20.01.2012 als unbegründet zurück. 4mit schreiben vom 24.03.2014 beantragte die klägerin gegenüber der beklagten die aufhebung des bescheides vom 15.11.2010 in gestalt des widerspruchsbescheides vom 20.01.2012. der anspruch auf aufhebung der bescheide resultiere aus dem sozialrechtlichen herstellungsanspruch. die beklagte habe die klägerin nach kenntnis von deren mittellosigkeit nicht rechtzeitig auf die möglichkeit der übernahme der krankenversicherungsbeiträge durch die bundesagentur für arbeit hingewiesen. aufgrund dieser pflichtverletzung sei der klägerin ein schaden in höhe der beitragsforderung der beklagten entstanden. die beklagte wertete dieses schreiben als überprüfungsantrag, den sie mit bescheid vom 08.04.2014 ablehnte. sie habe die klägerin erstmals am 17.12.2010 und danach fortlaufend darauf hingewiesen, dass diese sich an das sozialamt wenden könne, sofern sie nicht in der lage sei, beitragsrückstände zu begleichen. ihren aufklärungspflichten sei sie nachgekommen. den hiergegen erhobenen widerspruch der klägerin vom 05.05.2014 wies die beklagte mit im laufenden klageverfahren ergangenem widerspruchsbescheid vom 24.09.2014 als unbegründet zurück. 5die klägerin hat am 28.08.2014 klage vor dem sozialgericht köln erhoben. sie führt im wesentlichen aus: die klägerin hat am 28.08.2014 klage vor dem sozialgericht köln erhoben. sie führt im wesentlichen aus: sie habe von januar 2009 bis august 2010 sowie von april 2011 bis september 2011 in einem öffentlich-rechtlichen ausbildungsverhältnis bei dem land nordrhein-westfalen gestanden. der vorliegende rechtsstreit um beiträge zur sozialversicherung bezieht sich auf den dazwischen liegenden zeitraum september 2010 bis märz 2011. die klägerin sei in diesem zeitraum arbeitslos gewesen und habe gar kein gehalt bezogen. der klägerin sei es nicht möglich gewesen, in der zeit des referendariats von januar 2009 bis august 2010 so viel geld anzusparen, dass sie davon den krankenkassenbeitrag in dem hier streitigen zeitraum von september 2010 bis märz 2011 hätte bezahlen können. der bescheid vom 15.11.2010 sehe aus wie eine rechnung, nicht wie ein bescheid. auch sei keine rechtsbehelfsbelehrung enthalten gewesen, so dass offensichtlich kein vollstreckbarer verwaltungsakt vorliege. auch sei der bescheid nicht unterschrieben. es sei ein verwaltungsakt mit edv erstellt, dann aber manuell abgeändert worden. es liegt kein automatisierter verwaltungsakt vor. gemäß § 33 abs. 3 sgb x müsse der verwaltungsakt die unterschrift oder die namenswiedergabe des behördenleiters, seines vertreters oder seines beauftragten enthalten. daran fehlt es in dem hier angegriffenen bescheid vom 15.11.2010. mangelnde unterschrift oder namenswiedergabe führe zur rechtswidrigkeit und aufhebbarkeit des verwaltungsaktes. darüber hinaus werde die befugnis des sachbearbeiters der beklagten zum erlass eines vollstreckbaren verwaltungsaktes bestritten. nach den grundsätzen über den sozialrechtlichen herstellungsanspruch sei die klägerin so zu stellen, als sei sie rechtzeitig über die möglichkeit der unterstützung durch sozialleistungsträger beraten worden. die beklagte habe durch verletzung ihrer aus dem sozialleistungsverhältnis obliegenden haupt- und nebenpflicht, insbesondere zur auskunft und beratung, nachteilige folgen für die rechtsposition der klägerin herbeigeführt. diese rechtfolgen könnten durch ein rechtmäßiges verwaltungshandeln, die aufhebung des bescheides vom 15.11.2010, wieder beseitigt werden. der bescheid vom 15.11.2010 enthalte keine auskunft darüber, welche versicherungsmöglichkeit für die klägerin besteht. da die klägerin einkommenslos gewesen sei, sei nicht auf ein fiktives einkommen abzustellen, sondern auf anderweitige versicherungsmöglichkeiten hinzuweisen gewesen. 6die klägerin beantragt (sinngemäß), 7den bescheid der beklagten vom 08.04.2014 in gestalt des widerspruchsbescheids vom 24.09.2014 aufzuheben und die beklagte zu verpflichten, den bescheid vom 15.11.2010 in gestalt des widerspruchsbescheides vom 20.01.2012 zurückzunehmen. 8die beklagte beantragt, 9die klage abzuweisen. 10zur begründung verweist sie im wesentlichen auf den inhalt der angefochtenen bescheide. 11das gericht hat die verfahrensakte s 34 kr 868/14 er beigezogen. die die klägerin betreffenden verwaltungsakten der beklagten lagen vor. diese sind gegenstand der mündlichen verhandlung und beratung gewesen. wegen der weiteren einzelheiten sowie des vorbringens der beteiligten im einzelnen wird auf den inhalt dieser vorgänge sowie der gerichtsakten bezug genommen. 12
13die form- und fristgerecht erhobene klage (§§ 87, 90 sozialgerichtsgesetz - sgg) ist zulässig. sie ist jedoch nicht begründet. der bescheid der beklagten vom 08.04.2014 in gestalt des widerspruchsbescheids vom 24.09.2014 hält einer gerichtlichen überprüfung stand; die klägerin wird hierdurch nicht beschwert (§ 54 sgg). die kammer folgt der begründung des angefochtenen bescheides und sieht gemäß § 136 abs. 3 sgg insoweit von einer weiteren darstellung der entscheidungsgründe ab. ergänzend ist folgendes auszuführen: 14die fehlende rechtsmittelbelehrung eröffnet lediglich die möglichkeit, innerhalb einer verlängerten frist von einem jahr widerspruch einzulegen, führt jedoch ebenso wenig zur rechtswidrigkeit wie die vorliegend fehlende unterschrift. gemäß § 42 sgb x kann die aufhebung eines verwaltungsaktes, der nicht nach § 40 sgb x nichtig ist, nicht allein deshalb beansprucht werden kann, weil er unter verletzung von vorschriften über das verfahren, die form oder die örtliche zuständigkeit zu stande gekommen ist, wenn offensichtlich ist, dass die verletzung die entscheidung in der sache nicht beeinflusst hat. der bescheid vom 15.11.2010 genügt gemäß § 33 abs. 5 sgb x den formerfordernissen. anders als die klägerin geltend macht, ist der erlass eines beitragsbescheides nicht deshalb nicht mit hilfe automatischer einrichtungen möglich, weil damit ein konkreter, sie betreffender sachverhalt geregelt wird. die klägerin verkennt, dass ein verwaltungsakt definitionsgemäß (§ 31 satz 1 sgb x) eine verfügung zur regelung eines einzelfalles voraussetzt. im übrigen stellt das fehlen eines hinweises auf ein automatisiertes verfahren zur dokumentation des bekanntgabewillens der behörde keinen formellen fehler dar (pattar in jurispk-sgb x, § 33 sgb x, rn. 93 m.w.n.). dabei spricht schon der inhalt des weiteren bescheides vom 15.11.2010, der auf den erlass eines gesonderten beitragsbescheides verweist, ohne weiteres für einen auch für die klägerin erkennbaren bekanntgabewillen. im zusammenhang mit § 44 abs.1 sgb x ist zudem darauf hinzuweisen, dass die rücknahme eines verwaltungsaktes in der regel nur aufgrund solcher rechtsanwendungsfehler erfolgen kann, die für eine verkürzung von materiellen rechtspositionen des va-adressaten ursächlich waren, mithin nicht wegen reiner formverstöße (schütze in von wulffen/schütze, sgb x, 8. auflage 2014, § 44 rn. 17). 15selbst wenn eine freiwillige versicherung der klägerin im streitigen zeitraum mangels erforderlichen beitritts zu verneinen sei, wäre die beitragsbemessung durch die beklagte nicht zu beanstanden, weil ansonsten versicherungspflicht nach § 5 abs. 1 nr. 13 sgb v im fraglichen zeitraum bestanden hätte. für die beitragsbemessung verweist § 227 sgb v insoweit auf § 240 sgb v und damit insbesondere § 240 abs. 4 sgb v. als unterste grenze der beitragsbelastung gilt insoweit auch die mindestbemessungsgrundlage. auch bei geringerem einkommen muss mithin der aus der mindestbemessungsgrundlage errechnete beitrag entrichtet werden. das lsg nrw weist insoweit zu recht darauf hin, dass die vorstellung der klägerin, „wenn man nichts verdient, dann ist auch nichts vorhanden, wovon man beiträge bezahlen kann“, mit der folge einer abweichenden, geringeren beitragsbemessung, nicht den vorstellungen des gesetzgebers entspricht (lsg nrw 03.03.2015 – l 16 kr 20/15 b er). 16soweit sich die klägerin auf den sozialrechtlichen herstellungsanspruch beruft, wonach sie so zu stellen sei, als hätte eine versicherungspflicht wegen des bezuges von leistungen nach dem sgb ii (§ 5 abs. 1 nr. 2a sgb v) oder sgb iii (§ 5 abs. 1 nr. 2 sgb v) bestanden, verkennt sie - ungeachtet des fraglichen vorliegens der weiteren tatbestandlichen voraussetzungen -, dass die beklagte jedenfalls angesichts der angaben der klägerin über die fortführung eines studiums eine weitergehende beratungspflicht nicht traf (lsg nrw 03.03.2015 – l 16 kr 20/15 b er). 17die kostenentscheidung folgt aus § 193 sgg. 18rechtsmittelbelehrung: 19dieses urteil kann mit der berufung angefochten werden. 20die berufung ist innerhalb eines monats nach zustellung des urteils beim 21landessozialgericht 22nordrhein-westfalen, 23zweigertstraße 54, 2445130 essen, 25schriftlich oder mündlich zur niederschrift des urkundsbeamten der geschäftsstelle einzulegen. 26die berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die berufung innerhalb der frist bei dem 27sozialgericht köln, 28an den dominikanern 2, 2950668 köln, 30schriftlich oder mündlich zur niederschrift des urkundsbeamten der geschäftsstelle eingelegt wird. 31die berufungsschrift muss bis zum ablauf der frist bei einem der vorgenannten gerichte eingegangen sein. sie soll das angefochtene urteil bezeichnen, einen bestimmten antrag enthalten und die zur begründung dienenden tatsachen und beweismittel angeben. 32die einreichung in elektronischer form erfolgt durch die übertragung des elektronischen dokuments in die elektronische poststelle. diese ist über die internetseite www.sg-koeln.nrw.de erreichbar. die elektronische form wird nur gewahrt durch eine qualifiziert signierte datei, die den maßgaben der verordnung über den elektronischen rechtsverkehr bei den sozialgerichten im lande nordrhein-westfalen (ervvo sg) vom 07.11.2012 (gv.nrw, 551) entspricht. hierzu sind die elektronischen dokumente mit einer qualifizierten signatur nach § 2 nummer 3 des signaturgesetzes vom 16.05.2001 (bgbl. i, 876) in der jeweils geltenden fassung zu versehen. die qualifizierte elektronische signatur und das ihr zugrunde liegende zertifikat müssen durch das gericht überprüfbar sein. auf der internetseite www.justiz.nrw.de sind die bearbeitungsvoraussetzungen bekanntgegeben. 33zusätzlich wird darauf hingewiesen, dass einem beteiligten auf seinen antrag für das verfahren vor dem landessozialgericht unter bestimmten voraussetzungen prozesskostenhilfe bewilligt werden kann. 34gegen das urteil steht den beteiligten die revision zum bundessozialgericht unter übergehung der berufungsinstanz zu, wenn der gegner schriftlich zustimmt und wenn sie von dem sozialgericht auf antrag durch beschluss zugelassen wird. der antrag auf zulassung der revision ist innerhalb eines monats nach zustellung des urteils bei dem sozialgericht köln schriftlich zu stellen. die zustimmung des gegners ist dem antrag beizufügen. 35lehnt das sozialgericht den antrag auf zulassung der revision durch beschluss ab, so beginnt mit der zustellung dieser entscheidung der lauf der berufungsfrist von neuem, sofern der antrag auf zulassung der revision in der gesetzlichen form und frist gestellt und die zustimmungserklärung des gegners beigefügt war. 36die einlegung der revision und die zustimmung des gegners gelten als verzicht auf die berufung, wenn das sozialgericht die revision zugelassen hat. 37urmersbach 38richter am sozialgericht
Verklagte*r
0
182,063
14 A 2113/11
2014-03-20T00:00:00
Urteil
Tenor Die Berufung wird zurückgewiesen. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Vollstreckungsschuldnerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Vollstreckungsgläubigerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. Die Revision wird nicht zugelassen. 1Tatbestand: 2Die Klägerin ist seit 2008 Eigentümerin des Grundstücks Gemarkung N. , Flur , Flurstücknummern , , mit der postalischen Anschrift F. Str. in Köln. Auf dem Grundstück befindet sich ein 6‑geschossiges Gebäude mit Labor-, Büro- und Lagerflächen. Von den in dem Gebäude zur Verfügung stehenden ca. 3.295 qm waren zu Beginn des Jahres 2009 ca. 1.100 qm vermietet. Die weitere Vermarktung übertrug die Klägerin der Maklerfirma S. . Im Laufe des Jahres 2009 kam es zur zeitweisen Vermietung einer 315,95 qm großen Büroeinheit im 6. Obergeschoss sowie einer kleinen Einheit im Keller ab dem 15. Dezember 2009. 3Die Klägerin stellte am 16. März 2010 einen Antrag auf Teilerlass der Grundsteuer für das Jahr 2009, die auf 15.005,15 € festgesetzt worden war. Sie gab den normalen Rohertrag bei Vollvermietung mit 234.650,52 € und den tatsächlichen Ertrag mit 107.620,43 € an. Hierzu legte sie Aufstellungen zu den Leerständen, eine Auflistung der Makleraktivitäten sowie einen Teil der einschlägigen Mietverträge vor. Ergänzend teilte sie mit, dass sie einige der früheren, die jetzt leer stehenden Einheiten betreffenden Mietverträge wegen des erst 2008 erfolgten Kaufs und einem zwischenzeitlichen Verwalterwechsel nicht in ihren Unterlagen habe. 4Mit Bescheid vom 25. August 2010 lehnte die Beklagte den Erlassantrag unter Hinweis auf die nicht vorgelegten Alt-Mietverträge und diesbezügliche Kündigungsschreiben ab. Eine gesicherte Überprüfung der Erlassvoraussetzungen sei so nicht möglich. 5Die Klägerin hat am 13. September 2010 Klage erhoben und führt zur Begründung im Wesentlichen aus: Der Ertrag sei im Erlasszeitraum um mehr als 50 % gemindert gewesen. Die Begründung der Beklagten für die Ablehnung sei grob ermessensfehlerhaft, da die Alt-Mietverträge nicht zwingend vorzulegen gewesen seien. Die Vermietungsbemühungen seien ausreichend nachgewiesen. Der eingeschaltete Makler habe die leerstehenden Einheiten ins Internet gestellt, vorgemerkte Kunden und andere Makler angeschrieben und das Angebot an das Amt für Wirtschaftsförderung in Köln weitergeleitet. 6Die Klägerin hat beantragt, 7die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 25.08.2010 zu verpflichten, die Grundsteuer für das Objekt F. Straße für das Jahr 2009 in Höhe von 25 % zu erlassen. 8Die Beklagte hat beantragt, 9die Klage abzuweisen. 10Sie hat die Auffassung vertreten, dass die Ertragsminderung nicht auf atypischen Umständen beruhe, so dass ein Erlass ausscheide. Weiterhin habe die Klägerin die erforderlichen Vermietungsbemühungen nicht hinreichend nachgewiesen. Zeitungsannoncen seien unstreitig nicht geschaltet worden. Das sei jedoch für einen Grundsteuererlass zwingend erforderlich. 11Mit dem angefochtenen Urteil, auf das Bezug genommen wird, hat das Verwaltungsgericht der Klage stattgegeben, weil es der Auffassung war, mit den im Jahr 2009 durchgehenden Bewerbungen im Weg der Einschaltung von Maklern habe die Klägerin alles ihr Zumutbare zur Vermietung des Objekts unternommen. Anzeigen in den Printmedien habe es nicht bedurft. 12Auf Antrag der Beklagten hat der Senat mit Beschluss vom 5. September 2012 die Berufung zugelassen. 13Im Verlauf des Berufungsverfahrens hat der Senat den Immobilienverband IVD Region West in Köln mit einer Anfrage um Auskunft zur Bedeutung von Vermietungsanzeigen einerseits im Internet und andererseits in den Printmedien gebeten. 14In seiner Antwort hat der IVD West e. V. vom 10. September 2013 mitgeteilt, es sei grundsätzlich festzustellen, dass die Aufteilung des Anzeigenbudgets zwischen offline und online sich inzwischen in einem Verhältnis 10 % zu 90 % darstelle (Wohnbereich). Bei der Vermittlung von Gewerbeobjekten sei der Anteil an Printanzeigen gar nur noch marginal. Dabei spiele weder die Größe der Städte/Gemeinden eine signifikante Rolle noch die jeweilige Region. Wenn es in nennenswertem Umfang zu Anzeigenschaltungen in Tageszeitungen komme, habe dies in erster Linie Gründe der Markenpflege und des Brandings. Konkrete Objektbewerbung finde fast ausschließlich online statt. Diese Entwicklung habe spätestens seit Mitte des ersten Jahrzehnts dieses Jahrhunderts begonnen und sei seit einigen Jahren stabil. 15Zur Begründung ihrer Berufung führt die Beklagte aus: Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts im erstinstanzlichen Urteil sei auch noch im hier in Rede stehenden Steuerjahr 2009 die Schaltung von Annoncen in regionalen und überregionalen Zeitungen zumutbar und geboten gewesen. Dies sei auch der bisherigen Rechtsprechung des Senats, 16vgl. Beschluss vom 11. Juli 2011 - 14 A 918/10 -, NRWE Rn. 11, 17zu entnehmen. Zwar beziehe sich der dort in Rede stehende Erlass auf das Steuerjahr 2005, die vom Senat in Bezug genommene Rechtsprechung des Bayrischen VGH jedoch auf die Steuerjahre 2007 und 2008. Eine unterschiedliche Behandlung der Jahre 2007/2008 und 2009 sei nicht gerechtfertigt. In der Sache sei das Schalten von Anzeigen in den Printmedien deshalb zu fordern, weil sich dadurch ein zusätzlicher Kreis möglicher Interessenten erschließe, insbesondere geprägt durch diejenigen, die konventionelle Wege bevorzugten. Dafür sprächen auch die tatsächlich umfangreichen Annoncen in den Printmedien, auf die Bezug genommen werde. Insoweit verweise sie auf eine von ihr angefertigte CD sowie entsprechende Ausdrucke. 18Die Beklagte beantragt, 19das angegriffene Urteil zu ändern und die Klage abzuweisen. 20Die Klägerin beantragt, 21die Berufung zurückzuweisen. 22Zur Begründung beruft sie sich darauf, mit der Einschaltung von Maklern und der durch diese erfolgte Bewerbung u. a. in verschiedenen Internetportalen alles Zumutbare zur Vermeidung von Leerständen unternommen zu haben. Die Schaltung von Anzeigen in den Printmedien sei angesichts der dadurch entstehenden Kosten einerseits und der Erfolgsaussichten andererseits unverhältnismäßig. Zudem weise das hier in Rede stehende Objekt die Besonderheit auf, das es im Technologiepark Köln gelegen sei und daher der Interessentenkreis vornehmlich aus technologisch interessierten bzw. technologisch spezialisierten Gewerbetreibenden bestehe. Dass die Bewerbung über Internetportale grundsätzlich ausreiche, werde auch durch die Ausführungen des IVD West e. V. in seiner Stellungnahme vom 10. September 2013 bestätigt. 23Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Parteivorbringens im Übrigen wird auf den Inhalt der Verfahrensakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen. 24Entscheidungsgründe: 25Die Berufung der Beklagten ist zulässig, hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. 26Das Verwaltungsgericht hat mit dem angefochtenen Urteil die Beklagte zu Recht verpflichtet, der Klägerin die Grundsteuer für das Jahr 2009 in Höhe von 25 % zu erlassen. 27Zutreffend hat sich das Verwaltungsgericht auf den Standpunkt gestellt, die begehrte Erlassentscheidung finde ihre Rechtsgrundlage in § 33 Abs. 1 Satz 1 des Grundsteuergesetzes - GrStG -, wonach die Grundsteuer in Höhe von 25 % zu erlassen ist, sofern bei bebauten Grundstücken der normale Rohertrag des Steuergegenstandes um mehr als 50 v. H. gemindert ist und der Steuerschuldner die Minderung des Rohertrags nicht zu vertreten hat. 28Ebenfalls zutreffend hat das Verwaltungsgericht die Rohertragsminderung für das Jahr 2009 auf mehr als 50 % beziffert und darauf hingewiesen, dass auch die Beklagte eine erlassrelevante Ertragsminderung nicht mehr in Zweifel gezogen hat. 29Entgegen der Auffassung der Beklagten hat die Klägerin diese Ertragsminderung auch nicht zu vertreten. 30Ein Steuerpflichtiger hat eine Ertragsminderung dann nicht zu vertreten, wenn sie auf Umständen beruht, die außerhalb seines Einflussbereiches liegen, d. h. wenn er die Ertragsminderung weder durch ein ihm zurechenbares Verhalten herbeigeführt noch ihren Eintritt durch geeignete und ihm zumutbare Maßnahmen hat verhindern können. 31Vgl. Urteil des Senats vom 20.11.2012 ‑ 14 A 580/11 -, NRWE, Rn. 37, unter Bezugnahme auf u. a. BVerwG, Urteil vom 25.6.2008 - 9 C 8.07 -, DVBl. 2008, 1313. 32Da für die Ablehnung des Erlasses nicht etwa positiv festzustellen ist, dass der Steuerschuldner die Ertragsminderung zu vertreten hat, sondern vielmehr umgekehrt für die Gewährung des Erlasses das negative Merkmal feststehen muss, dass der Steuerschuldner die Ertragsminderung nicht zu vertreten hat, kommt es nicht auf den Nachweis der Kausalität der fehlenden Vermietungsbemühungen für die eingetretene Ertragsminderung an. Das negative Merkmal kann nämlich zugunsten des Erlassbegehrens erst dann bejaht werden, wenn festgestellt worden ist, dass die fehlende Vermietungsbemühung keine Auswirkung auf die Ertragsminderung gehabt hat. 33Vgl. Urteil des Senats vom 20.11.2012 ‑ 14 A 580/11 -, NRWE, Rn. 40, unter Bezugnahme auf den Beschluss des Senats vom 11.7.2011 - 14 A 918/10 -, NRWE, Rn. 23. 34Gemessen an diesen Maßstäben kann festgestellt werden, dass es keine Vermietungsbemühungen gibt, deren Fehlen dazu geführt hätte, dass die Klägerin die Ertragsminderung hätte vertreten müssen. Die Schaltung von Printanzeigen war nicht zumutbar. 35Welche Vermietungsbemühungen im Einzelnen erforderlich sind, um ein Vertretenmüssen der Rohertragsminderung auszuschließen, lässt sich nur begrenzt abstrakt beschreiben. Allerdings ist es unabdingbar, dass der Grundstückseigentümer das Objekt durch Vermietungsangebote überhaupt an den Markt, d. h. den potenziellen Mietinteressenten, zur Kenntnis bringt. Dem ist der Kläger durch das Schalten von Anzeigen im Internet nachgekommen. Welche Vermietungsbemühungen nach Art und Umfang als hinreichend anzusehen sind, um ein Vertretenmüssen der Rohertragsminderung auszuschließen, ist grundsätzlich eine Frage des Einzelfalls. 36Vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 27.6.2011 - 9 B 16.10 -, juris Rn. 22 und 23; Sächsisches OVG, Beschluss vom 12.7.2013 ‑ 3 A 278/12 -, juris Rn. 3. 37Die Feststellung, dass fehlende Vermietungsbemühungen keine Auswirkung auf die Ertragsminderung gehabt haben, ist nur möglich, wenn der Grundeigentümer bzw. die von ihm beauftragten Personen versucht haben, den Kreis möglicher Interessenten möglichst umfassend zu erreichen. Auf der anderen Seite ist ein Eigentümer nicht gehalten, Werbemaßnahmen zu ergreifen, die nur in geringem Umfang erfolgversprechend sind und deren Kosten ein vernünftiges Maß zur Erhöhung der Vermietungschancen vermissen lassen. Eine solche Anforderung würde die Grenzen des Zumutbaren überschreiten. 38Vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 27.6.2011 - 9 B 16.10 -, juris Rn. 23. 39Im Rahmen der so erforderlichen Prüfung des Einzelfalles ist hinsichtlich des in Rede stehenden Objekts die Art seiner Nutzung, seine Größe, aber auch seine Lage zu berücksichtigen, weil sich daraus ermessen lässt, welcher potenzielle Interessentenkreis für eine Vermietung überhaupt in Frage kommt und damit auch wer potenzieller Ansprechpartner für die entsprechenden Vermietungsangebote sein kann. 40Nach diesen Maßstäben bemisst sich auch die Frage, inwieweit neben einer Nutzung des Internets Anzeigen in den Printmedien erforderlich sind. Dabei ist die Tatsache in Rechnung zu stellen, dass sich das Wirtschaftsleben, jedenfalls soweit es um die Beziehung zwischen anbietendem Unternehmer und nachfragendem Verbraucher geht, durch das Internet grundlegend gewandelt hat. In starkem und wachsendem Umfang werden diese Beziehungen nicht geknüpft durch persönlichen Kontakt in einem Ladengeschäft (Reisebüro, Einzelhandelsgeschäft), sondern durch Sichtung von Angeboten im Internet. Auch die Werbung in den Printmedien büßt ihre vormals dominierende Stellung zugunsten des Internets ein. 41Das gilt auch für die Immobilienbranche, in deren Geschäftszweig mehrere Internetportale tätig sind (www.immobilienscout24.de; www.immowelt.de; www.immopool.de). Neben diesen kostenpflichtigen Portalen gibt es weitere Portale, die ‑ bei allerdings geringerer Verbreitung ‑ kostenlose Anzeigen ermöglichen (www.immozentral.com; www.privatimmobilien.de; www.myimmo.de) Zum Teil haben die Printmedien auf die verstärkte Nutzung des Internets im Immobilienbereich reagiert, indem sie ihre Kompetenz in eigene Immobilieninternetportale einbringen (www.immonet.de durch die Axel-Springer-Gruppe; http://immobilien.faz.net durch die Frankfurter Allgemeinen Zeitung; http://immobilienmarkt.sueddeutsche.de durch die Süddeutschen Zeitung) oder in Kooperation mit gewerblichen Internetportalen auftreten (etwa die Westdeutsche Allgemeine Zeitung mit http://waz.immowelt.de). Diese mit Printmedien verbundenen Immobilienportale bieten neben Anzeigen in diesen Portalen auch kombinierte Anzeigen in den Portalen und Zeitungen, gelegentlich auch zusätzlich in allgemeinen Verkaufsplattformen wie Ebay an (Crossmedia). Diese Vielfalt der Internetportale und das Eindringen der Printmedien in diesen Bereich zeigen, dass der Internetnutzung zwischenzeitlich gegenüber den Printmedien eine herausgehobene Rolle im Immobilienmarketing zufällt. 42Das ist wegen der gegenüber Zeitungsanzeigen weitaus flexibleren und interaktiv möglichen Präsentation im Internet unmittelbar einleuchtend. Eine Bewerbung über das Internet bietet im Vergleich zu den Printmedien offenkundige Vorteile. Mit einer Bewerbung über das Internet wird ein möglicher Interessentenkreis erreicht, wie derartig umfassend und intensiv es über die Printmedien nicht möglich wäre. Dies gilt zunächst hinsichtlich des Verbreitungsgebietes der regionalen wie auch der überregionalen Presse. Personen außerhalb des Erscheinungsgebiets dürften über die Printmedien im Wesentlichen nicht erreichbar sein. Über das Internet besteht für alle weltweit Zugang. Des weiteren bietet das Internet den Vorteil einer längerfristigen und damit dauerhaften Präsenz, während sich die Bewerbung über die Printmedien auf die jeweiligen Ausgaben der Zeitungen beschränkt, in denen inseriert wurde. Deutliche Vorteile bietet das Internet auch für die Präsentation der Objekte. Bilder, Filme, Texte, Grundrisse, Landkarten, Luftbilder und Zusatzinformationen über die Umgebung durch eigenständige Information oder Verknüpfung mit anderen Websites bei der Internetpräsentation stehen den nur beschränkten Raumangeboten und drucktechnischen Möglichkeiten der Printmedien gegenüber. Weiter besteht bei der Internetsuche der Vorteil, auf entsprechenden Immobilienportalen unter Benutzung von Filtern die Suche auf danach in Betracht kommende Objekte einzuschränken und dadurch die allein interessierenden Objekte "auf einen Blick" zur Verfügung gestellt zu bekommen. Demgegenüber muss sich eine zeitsparende Sortierung der Angebote in den Printmedien auf die nur sehr groben Rubriken beschränken. Schließlich bietet das Internet den Vorteil einer sofortigen Kontaktaufnahme im Weg einer E-Mail über dasselbe Kommunikationsmedium, während im Fall einer Bewerbung über die Printmedien die Kontaktaufnahme zumindest einen Medienwechsel erfordert, wenn nicht gar der konventionelle Weg einer Chiffrenantwort auf dem Postwege gewählt wird. 43Allgemein ist festzustellen, dass Tageszeitungen mittlerweile massive Nutzungseinbrüche zu verzeichnen haben. 44Vgl. van Eimeren/Frees, Rasanter Anstieg des Internetkonsums - Onliner fast drei Stunden täglich im Netz, Media Perspektiven 2013, 358 (369). 45Wenn auch im Hinblick auf den hier in Rede stehenden Steuerzeitraum des Jahres 2009 der bis heute eingetretene Zeitablauf in der schnelllebigen elektronischen Medienlandschaft durchaus als beachtlich bezeichnet werden kann, treffen die vorgenannten Erwägungen schon auf das Jahr 2009 zu. 46Maßgebliche Bedeutung für die Frage, ob neben einer Internetbewerbung zusätzlich die Bewerbung in Printmedien erforderlich ist, kommt der Verbreitung und Nutzung des Internets zu. Im zeitlichen Verlauf verfügten (Privat-)Haushalte über einen Internetzugang in Nordrhein-Westfalen wie folgt: 4763,3 % im Jahr 2007, 70,1 % im Jahr 2008, 76,9 % im Jahr 2009, 78,8 % im Jahr 2010, 79,4 % im Jahre 2011 und 80,2 % im Jahr 2012. 48Landesbetrieb Information und Technik, Statistisches Jahrbuch Nordrhein-Westfalen 2010, Kap. XIX Tabelle 10, Statistische Jahrbücher Nordrhein-Westfalen 2011 und 2013, jeweils Kap. XIX Tabelle 8, auch im Internet unter www.it.nrw.de. 49Gleichfalls gestiegen ist die tatsächliche Onlinenutzung der Bevölkerung ab 14 Jahren. Sie weist allerdings erhebliche Unterschiede zwischen den Altersgruppen auf: Durchschnittlich nutzen mindestens gelegentlich das Internet 67,1 % im Jahr 2009, 69,4 % im Jahr 2010, 73,3 % im Jahre 2011, 75,9 % im Jahre 2012 und 77,2 % im Jahr 2013. Die Nutzerquote des Internets betrug im Altersbereich von 14 - 19 Jahren 97,5 % im Jahr 2009, danach 100 %. Demgegenüber lag die Nutzerquote im Altersbereich ab 60 Jahren im Jahr 2009 nur bei 27,1 %, im Jahr 2010 bei 28,2 %, im Jahre 2011 bei 34,5 %, im Jahre 2012 bei 39,2 % und im Jahr 2013 bei 42,9 %. 50ARD/ZDF Onlinestudien 1998 - 2013, www.ard‑zdf-onlinestudie.de. 51Die Entwicklung im Privatbereich zeichnet sich also durch einen kontinuierlichen Anstieg des Internetzugangs aus, der allerdings erst im Jahre 2012 vier Fünftel der Haushalte erreichte. Hinsichtlich der tatsächlichen Internetnutzung war selbst im Jahre 2013 weniger als die Hälfte der älteren Generation erreichbar. 52Deutlich günstiger noch stellen sich die Verhältnisse im gewerblichen Bereich dar. Die Ausstattung der Unternehmen mit einem Internetzugang betrug 77 % im Jahr 2007, 79 % im Jahr 2008, 81 % im Jahr 2009, 82 % im Jahr 2010 und 2011 sowie 85 % im Jahr 2012. Der Zugang der Unternehmen zum Internet, der also bereits im Jahre 2009 die Marke von vier Fünfteln im Durchschnitt aller Unternehmen überschritten hat, stellt sich noch umfassender dar, wenn man den Zugang nach Branchen unterschieden betrachtet. So stieg zum Beispiel die Anschlussquote im nur unterdurchschnittlich internetaffinen Gastgewerbe von 45 % im Jahr 2007 auf 58 % im Jahr 2012. Demgegenüber lag die Vernetzung in freiberuflichen, wissenschaftlichen und technischen (wirtschaftlichen) Dienstleistungsbetrieben im Jahr 2007 bereits bei 91 % und schwankt seit 2009 um 95 %. 53Statistisches Bundesamt, Statistisches Jahrbuch 2009 für die Bundesrepublik Deutschland Tabelle 5.8 und Statistisches Jahrbuch 2013 für die Bundesrepublik Deutschland, Tabelle 20.5.1., auch im Internet unter www.destatis.de. 54Angesichts dieser Zahlen ist für den hier in Rede stehenden Steuerzeitraum wegen der weitreichenden Erschließung durch das Internet und der offensichtlichen technischen Vorteile einer Bewerbung durch dieses Medium zu fordern, dass im Regelfall immer eine Bewerbung über das Internet erfolgen muss, um einen Ertragsausfall nicht vertreten zu müssen. Eine zusätzliche Bewerbung durch Printmedien ist demgegenüber in Übereinstimmung mit der genannten Rechtsprechung des Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg und des Sächsischen Oberverwaltungsgericht bei der beabsichtigten Vermietung von Gewerberäumen nicht mehr zumutbar, es sei denn, Umstände des Einzelfalls zwingen zu einer anderen Bewertung. Bei dem Angebot von Gewerbeobjekten kann im Regelfall nicht ernsthaft angenommen werden, dass eine zusätzliche Printwerbung weitere Interessentenkreise erschließt. Das gilt insbesondere für Räume zur Büronutzung. 55Demgegenüber vermögen die von der Beklagten zuletzt mit Schriftsatz vom 26. Februar 2014 vorgelegten Übersichten und Fotokopien aus dem Immobilienteil des Kölner Stadt-Anzeigers keine noch erhebliche tatsächliche Bedeutung der Printmedien neben der Internetbewerbung zu belegen. Aus ihnen folgt alleine, dass es nach wie vor auch Immobilienanzeigen in Printmedien für Gewerberäume gibt, jedoch nichts über deren quantitatives Verhältnis zu Internetanzeigen und nichts über eine reale zusätzliche Markterschließung durch Printmedien. Die Annahme, die bloße Tatsache der Existenz kostenpflichtiger Printanzeigen belege deren Wirksamkeit, ist genauso unergiebige Spekulation wie die gegenteilige Annahme, der vielfach zu beobachtende Verzicht von Maklern auf Printanzeigen neben Internetbewerbung belege die Unwirksamkeit jener Vermietungsbemühung. 56Eine Entscheidung zur Frage, ob bei der Vermietung von Wohnungen die Schaltung von Anzeigen in den Printmedien zumutbar und erforderlich ist, bedarf es nicht, weil das hier in Rede stehende Objekt über keine Wohneinheiten verfügt. Lediglich ergänzend weist der Senat darauf hin, dass er diese Frage mit Urteil vom heutigen Tag im Verfahren 14 A 1513/12 bejaht hat. 57Die vorstehenden auf allgemeinkundige Tatsachen gestützten Bewertungen decken sich mit der vom Senat eingeholten Stellungnahme des IVD West e. V. vom 10. September 2013, die ebenfalls auf eine Verdrängung des Printanzeigenmarkts durch das Internet schließen lässt, und zwar für gewerbliche Objekte praktisch vollständig, für Wohnungen sehr stark. Dort wird ausgeführt, dass die Aufteilung des Anzeigenbudgets zwischen "offline" und "online" in einem Verhältnis 10 % zu 90 % bei zu Wohnzwecken genutzten Räumlichkeiten beträgt. Den Anteil der Anzeigen in den Printmedien bei Gewerbeobjekten hat der IVD West e. V. als marginal bezeichnet. In diesem Zusammenhang hat er die Motivation für die Schaltung von Anzeigen in den Printmedien in erster Linie der Markenpflege zugewiesen, also den Werbecharakter solcher Anzeigen für das jeweilige Maklerunternehmen in den Vordergrund gestellt, während die konkrete Objektbewerbung dabei in den Hintergrund tritt. Den Beginn dieser Entwicklung hat er auf einen Zeitpunkt spätestens seit Mitte des letzten Jahrzehnts datiert und auf eine Stabilisierung hingewiesen, so dass das hier in Rede stehende Steuerjahr 2009 von den Ausführungen des IVD West e. V. umfasst ist. 58Für den vorliegenden Fall bedeutet dies, dass die Klägerin grundsätzlich mit der Schaltung von Anzeigen im Internet alle ihr zumutbaren Maßnahmen ergriffen hat, um eine Vermietung der gewerblich genutzten Räume zu erreichen und damit einen Einnahmeausfall zu vermeiden. Besonderheiten des Einzelfalls, die dieser Einschätzung hier entgegenstehen könnten, sind nicht ersichtlich. 59Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. 60Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 10 und § 711 der Zivilprozessordnung - ZPO -. 61Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.
die berufung wird zurückgewiesen. die beklagte trägt die kosten des berufungsverfahrens. das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. die vollstreckungsschuldnerin darf die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe des vollstreckbaren betrages abwenden, wenn nicht die vollstreckungsgläubigerin vor der vollstreckung sicherheit in höhe des jeweils zu vollstreckenden betrages leistet. die revision wird nicht zugelassen. 1
2die klägerin ist seit 2008 eigentümerin des grundstücks gemarkung n. , flur , flurstücknummern , , mit der postalischen anschrift f. str. in köln. auf dem grundstück befindet sich ein 6‑geschossiges gebäude mit labor-, büro- und lagerflächen. von den in dem gebäude zur verfügung stehenden ca. 3.295 qm waren zu beginn des jahres 2009 ca. 1.100 qm vermietet. die weitere vermarktung übertrug die klägerin der maklerfirma s. . im laufe des jahres 2009 kam es zur zeitweisen vermietung einer 315,95 qm großen büroeinheit im 6. obergeschoss sowie einer kleinen einheit im keller ab dem 15. dezember 2009. 3die klägerin stellte am 16. märz 2010 einen antrag auf teilerlass der grundsteuer für das jahr 2009, die auf 15.005,15 € festgesetzt worden war. sie gab den normalen rohertrag bei vollvermietung mit 234.650,52 € und den tatsächlichen ertrag mit 107.620,43 € an. hierzu legte sie aufstellungen zu den leerständen, eine auflistung der makleraktivitäten sowie einen teil der einschlägigen mietverträge vor. ergänzend teilte sie mit, dass sie einige der früheren, die jetzt leer stehenden einheiten betreffenden mietverträge wegen des erst 2008 erfolgten kaufs und einem zwischenzeitlichen verwalterwechsel nicht in ihren unterlagen habe. 4mit bescheid vom 25. august 2010 lehnte die beklagte den erlassantrag unter hinweis auf die nicht vorgelegten alt-mietverträge und diesbezügliche kündigungsschreiben ab. eine gesicherte überprüfung der erlassvoraussetzungen sei so nicht möglich. 5die klägerin hat am 13. september 2010 klage erhoben und führt zur begründung im wesentlichen aus: der ertrag sei im erlasszeitraum um mehr als 50 % gemindert gewesen. die begründung der beklagten für die ablehnung sei grob ermessensfehlerhaft, da die alt-mietverträge nicht zwingend vorzulegen gewesen seien. die vermietungsbemühungen seien ausreichend nachgewiesen. der eingeschaltete makler habe die leerstehenden einheiten ins internet gestellt, vorgemerkte kunden und andere makler angeschrieben und das angebot an das amt für wirtschaftsförderung in köln weitergeleitet. 6die klägerin hat beantragt, 7die beklagte unter aufhebung ihres bescheides vom 25.08.2010 zu verpflichten, die grundsteuer für das objekt f. straße für das jahr 2009 in höhe von 25 % zu erlassen. 8die beklagte hat beantragt, 9die klage abzuweisen. 10sie hat die auffassung vertreten, dass die ertragsminderung nicht auf atypischen umständen beruhe, so dass ein erlass ausscheide. weiterhin habe die klägerin die erforderlichen vermietungsbemühungen nicht hinreichend nachgewiesen. zeitungsannoncen seien unstreitig nicht geschaltet worden. das sei jedoch für einen grundsteuererlass zwingend erforderlich. 11mit dem angefochtenen urteil, auf das bezug genommen wird, hat das verwaltungsgericht der klage stattgegeben, weil es der auffassung war, mit den im jahr 2009 durchgehenden bewerbungen im weg der einschaltung von maklern habe die klägerin alles ihr zumutbare zur vermietung des objekts unternommen. anzeigen in den printmedien habe es nicht bedurft. 12auf antrag der beklagten hat der senat mit beschluss vom 5. september 2012 die berufung zugelassen. 13im verlauf des berufungsverfahrens hat der senat den immobilienverband ivd region west in köln mit einer anfrage um auskunft zur bedeutung von vermietungsanzeigen einerseits im internet und andererseits in den printmedien gebeten. 14in seiner antwort hat der ivd west e. v. vom 10. september 2013 mitgeteilt, es sei grundsätzlich festzustellen, dass die aufteilung des anzeigenbudgets zwischen offline und online sich inzwischen in einem verhältnis 10 % zu 90 % darstelle (wohnbereich). bei der vermittlung von gewerbeobjekten sei der anteil an printanzeigen gar nur noch marginal. dabei spiele weder die größe der städte/gemeinden eine signifikante rolle noch die jeweilige region. wenn es in nennenswertem umfang zu anzeigenschaltungen in tageszeitungen komme, habe dies in erster linie gründe der markenpflege und des brandings. konkrete objektbewerbung finde fast ausschließlich online statt. diese entwicklung habe spätestens seit mitte des ersten jahrzehnts dieses jahrhunderts begonnen und sei seit einigen jahren stabil. 15zur begründung ihrer berufung führt die beklagte aus: entgegen der auffassung des verwaltungsgerichts im erstinstanzlichen urteil sei auch noch im hier in rede stehenden steuerjahr 2009 die schaltung von annoncen in regionalen und überregionalen zeitungen zumutbar und geboten gewesen. dies sei auch der bisherigen rechtsprechung des senats, 16vgl. beschluss vom 11. juli 2011 - 14 a 918/10 -, nrwe rn. 11, 17zu entnehmen. zwar beziehe sich der dort in rede stehende erlass auf das steuerjahr 2005, die vom senat in bezug genommene rechtsprechung des bayrischen vgh jedoch auf die steuerjahre 2007 und 2008. eine unterschiedliche behandlung der jahre 2007/2008 und 2009 sei nicht gerechtfertigt. in der sache sei das schalten von anzeigen in den printmedien deshalb zu fordern, weil sich dadurch ein zusätzlicher kreis möglicher interessenten erschließe, insbesondere geprägt durch diejenigen, die konventionelle wege bevorzugten. dafür sprächen auch die tatsächlich umfangreichen annoncen in den printmedien, auf die bezug genommen werde. insoweit verweise sie auf eine von ihr angefertigte cd sowie entsprechende ausdrucke. 18die beklagte beantragt, 19das angegriffene urteil zu ändern und die klage abzuweisen. 20die klägerin beantragt, 21die berufung zurückzuweisen. 22zur begründung beruft sie sich darauf, mit der einschaltung von maklern und der durch diese erfolgte bewerbung u. a. in verschiedenen internetportalen alles zumutbare zur vermeidung von leerständen unternommen zu haben. die schaltung von anzeigen in den printmedien sei angesichts der dadurch entstehenden kosten einerseits und der erfolgsaussichten andererseits unverhältnismäßig. zudem weise das hier in rede stehende objekt die besonderheit auf, das es im technologiepark köln gelegen sei und daher der interessentenkreis vornehmlich aus technologisch interessierten bzw. technologisch spezialisierten gewerbetreibenden bestehe. dass die bewerbung über internetportale grundsätzlich ausreiche, werde auch durch die ausführungen des ivd west e. v. in seiner stellungnahme vom 10. september 2013 bestätigt. 23hinsichtlich der weiteren einzelheiten des sachverhalts und des parteivorbringens im übrigen wird auf den inhalt der verfahrensakte und der beigezogenen verwaltungsvorgänge bezug genommen. 24
25die berufung der beklagten ist zulässig, hat jedoch in der sache keinen erfolg. 26das verwaltungsgericht hat mit dem angefochtenen urteil die beklagte zu recht verpflichtet, der klägerin die grundsteuer für das jahr 2009 in höhe von 25 % zu erlassen. 27zutreffend hat sich das verwaltungsgericht auf den standpunkt gestellt, die begehrte erlassentscheidung finde ihre rechtsgrundlage in § 33 abs. 1 satz 1 des grundsteuergesetzes - grstg -, wonach die grundsteuer in höhe von 25 % zu erlassen ist, sofern bei bebauten grundstücken der normale rohertrag des steuergegenstandes um mehr als 50 v. h. gemindert ist und der steuerschuldner die minderung des rohertrags nicht zu vertreten hat. 28ebenfalls zutreffend hat das verwaltungsgericht die rohertragsminderung für das jahr 2009 auf mehr als 50 % beziffert und darauf hingewiesen, dass auch die beklagte eine erlassrelevante ertragsminderung nicht mehr in zweifel gezogen hat. 29entgegen der auffassung der beklagten hat die klägerin diese ertragsminderung auch nicht zu vertreten. 30ein steuerpflichtiger hat eine ertragsminderung dann nicht zu vertreten, wenn sie auf umständen beruht, die außerhalb seines einflussbereiches liegen, d. h. wenn er die ertragsminderung weder durch ein ihm zurechenbares verhalten herbeigeführt noch ihren eintritt durch geeignete und ihm zumutbare maßnahmen hat verhindern können. 31vgl. urteil des senats vom 20.11.2012 ‑ 14 a 580/11 -, nrwe, rn. 37, unter bezugnahme auf u. a. bverwg, urteil vom 25.6.2008 - 9 c 8.07 -, dvbl. 2008, 1313. 32da für die ablehnung des erlasses nicht etwa positiv festzustellen ist, dass der steuerschuldner die ertragsminderung zu vertreten hat, sondern vielmehr umgekehrt für die gewährung des erlasses das negative merkmal feststehen muss, dass der steuerschuldner die ertragsminderung nicht zu vertreten hat, kommt es nicht auf den nachweis der kausalität der fehlenden vermietungsbemühungen für die eingetretene ertragsminderung an. das negative merkmal kann nämlich zugunsten des erlassbegehrens erst dann bejaht werden, wenn festgestellt worden ist, dass die fehlende vermietungsbemühung keine auswirkung auf die ertragsminderung gehabt hat. 33vgl. urteil des senats vom 20.11.2012 ‑ 14 a 580/11 -, nrwe, rn. 40, unter bezugnahme auf den beschluss des senats vom 11.7.2011 - 14 a 918/10 -, nrwe, rn. 23. 34gemessen an diesen maßstäben kann festgestellt werden, dass es keine vermietungsbemühungen gibt, deren fehlen dazu geführt hätte, dass die klägerin die ertragsminderung hätte vertreten müssen. die schaltung von printanzeigen war nicht zumutbar. 35welche vermietungsbemühungen im einzelnen erforderlich sind, um ein vertretenmüssen der rohertragsminderung auszuschließen, lässt sich nur begrenzt abstrakt beschreiben. allerdings ist es unabdingbar, dass der grundstückseigentümer das objekt durch vermietungsangebote überhaupt an den markt, d. h. den potenziellen mietinteressenten, zur kenntnis bringt. dem ist der kläger durch das schalten von anzeigen im internet nachgekommen. welche vermietungsbemühungen nach art und umfang als hinreichend anzusehen sind, um ein vertretenmüssen der rohertragsminderung auszuschließen, ist grundsätzlich eine frage des einzelfalls. 36vgl. ovg berlin-brandenburg, urteil vom 27.6.2011 - 9 b 16.10 -, juris rn. 22 und 23; sächsisches ovg, beschluss vom 12.7.2013 ‑ 3 a 278/12 -, juris rn. 3. 37die feststellung, dass fehlende vermietungsbemühungen keine auswirkung auf die ertragsminderung gehabt haben, ist nur möglich, wenn der grundeigentümer bzw. die von ihm beauftragten personen versucht haben, den kreis möglicher interessenten möglichst umfassend zu erreichen. auf der anderen seite ist ein eigentümer nicht gehalten, werbemaßnahmen zu ergreifen, die nur in geringem umfang erfolgversprechend sind und deren kosten ein vernünftiges maß zur erhöhung der vermietungschancen vermissen lassen. eine solche anforderung würde die grenzen des zumutbaren überschreiten. 38vgl. ovg berlin-brandenburg, urteil vom 27.6.2011 - 9 b 16.10 -, juris rn. 23. 39im rahmen der so erforderlichen prüfung des einzelfalles ist hinsichtlich des in rede stehenden objekts die art seiner nutzung, seine größe, aber auch seine lage zu berücksichtigen, weil sich daraus ermessen lässt, welcher potenzielle interessentenkreis für eine vermietung überhaupt in frage kommt und damit auch wer potenzieller ansprechpartner für die entsprechenden vermietungsangebote sein kann. 40nach diesen maßstäben bemisst sich auch die frage, inwieweit neben einer nutzung des internets anzeigen in den printmedien erforderlich sind. dabei ist die tatsache in rechnung zu stellen, dass sich das wirtschaftsleben, jedenfalls soweit es um die beziehung zwischen anbietendem unternehmer und nachfragendem verbraucher geht, durch das internet grundlegend gewandelt hat. in starkem und wachsendem umfang werden diese beziehungen nicht geknüpft durch persönlichen kontakt in einem ladengeschäft (reisebüro, einzelhandelsgeschäft), sondern durch sichtung von angeboten im internet. auch die werbung in den printmedien büßt ihre vormals dominierende stellung zugunsten des internets ein. 41das gilt auch für die immobilienbranche, in deren geschäftszweig mehrere internetportale tätig sind (www.immobilienscout24.de; www.immowelt.de; www.immopool.de). neben diesen kostenpflichtigen portalen gibt es weitere portale, die ‑ bei allerdings geringerer verbreitung ‑ kostenlose anzeigen ermöglichen (www.immozentral.com; www.privatimmobilien.de; www.myimmo.de) zum teil haben die printmedien auf die verstärkte nutzung des internets im immobilienbereich reagiert, indem sie ihre kompetenz in eigene immobilieninternetportale einbringen (www.immonet.de durch die axel-springer-gruppe; http://immobilien.faz.net durch die frankfurter allgemeinen zeitung; http://immobilienmarkt.sueddeutsche.de durch die süddeutschen zeitung) oder in kooperation mit gewerblichen internetportalen auftreten (etwa die westdeutsche allgemeine zeitung mit http://waz.immowelt.de). diese mit printmedien verbundenen immobilienportale bieten neben anzeigen in diesen portalen auch kombinierte anzeigen in den portalen und zeitungen, gelegentlich auch zusätzlich in allgemeinen verkaufsplattformen wie ebay an (crossmedia). diese vielfalt der internetportale und das eindringen der printmedien in diesen bereich zeigen, dass der internetnutzung zwischenzeitlich gegenüber den printmedien eine herausgehobene rolle im immobilienmarketing zufällt. 42das ist wegen der gegenüber zeitungsanzeigen weitaus flexibleren und interaktiv möglichen präsentation im internet unmittelbar einleuchtend. eine bewerbung über das internet bietet im vergleich zu den printmedien offenkundige vorteile. mit einer bewerbung über das internet wird ein möglicher interessentenkreis erreicht, wie derartig umfassend und intensiv es über die printmedien nicht möglich wäre. dies gilt zunächst hinsichtlich des verbreitungsgebietes der regionalen wie auch der überregionalen presse. personen außerhalb des erscheinungsgebiets dürften über die printmedien im wesentlichen nicht erreichbar sein. über das internet besteht für alle weltweit zugang. des weiteren bietet das internet den vorteil einer längerfristigen und damit dauerhaften präsenz, während sich die bewerbung über die printmedien auf die jeweiligen ausgaben der zeitungen beschränkt, in denen inseriert wurde. deutliche vorteile bietet das internet auch für die präsentation der objekte. bilder, filme, texte, grundrisse, landkarten, luftbilder und zusatzinformationen über die umgebung durch eigenständige information oder verknüpfung mit anderen websites bei der internetpräsentation stehen den nur beschränkten raumangeboten und drucktechnischen möglichkeiten der printmedien gegenüber. weiter besteht bei der internetsuche der vorteil, auf entsprechenden immobilienportalen unter benutzung von filtern die suche auf danach in betracht kommende objekte einzuschränken und dadurch die allein interessierenden objekte "auf einen blick" zur verfügung gestellt zu bekommen. demgegenüber muss sich eine zeitsparende sortierung der angebote in den printmedien auf die nur sehr groben rubriken beschränken. schließlich bietet das internet den vorteil einer sofortigen kontaktaufnahme im weg einer e-mail über dasselbe kommunikationsmedium, während im fall einer bewerbung über die printmedien die kontaktaufnahme zumindest einen medienwechsel erfordert, wenn nicht gar der konventionelle weg einer chiffrenantwort auf dem postwege gewählt wird. 43allgemein ist festzustellen, dass tageszeitungen mittlerweile massive nutzungseinbrüche zu verzeichnen haben. 44vgl. van eimeren/frees, rasanter anstieg des internetkonsums - onliner fast drei stunden täglich im netz, media perspektiven 2013, 358 (369). 45wenn auch im hinblick auf den hier in rede stehenden steuerzeitraum des jahres 2009 der bis heute eingetretene zeitablauf in der schnelllebigen elektronischen medienlandschaft durchaus als beachtlich bezeichnet werden kann, treffen die vorgenannten erwägungen schon auf das jahr 2009 zu. 46maßgebliche bedeutung für die frage, ob neben einer internetbewerbung zusätzlich die bewerbung in printmedien erforderlich ist, kommt der verbreitung und nutzung des internets zu. im zeitlichen verlauf verfügten (privat-)haushalte über einen internetzugang in nordrhein-westfalen wie folgt: 4763,3 % im jahr 2007, 70,1 % im jahr 2008, 76,9 % im jahr 2009, 78,8 % im jahr 2010, 79,4 % im jahre 2011 und 80,2 % im jahr 2012. 48landesbetrieb information und technik, statistisches jahrbuch nordrhein-westfalen 2010, kap. xix tabelle 10, statistische jahrbücher nordrhein-westfalen 2011 und 2013, jeweils kap. xix tabelle 8, auch im internet unter www.it.nrw.de. 49gleichfalls gestiegen ist die tatsächliche onlinenutzung der bevölkerung ab 14 jahren. sie weist allerdings erhebliche unterschiede zwischen den altersgruppen auf: durchschnittlich nutzen mindestens gelegentlich das internet 67,1 % im jahr 2009, 69,4 % im jahr 2010, 73,3 % im jahre 2011, 75,9 % im jahre 2012 und 77,2 % im jahr 2013. die nutzerquote des internets betrug im altersbereich von 14 - 19 jahren 97,5 % im jahr 2009, danach 100 %. demgegenüber lag die nutzerquote im altersbereich ab 60 jahren im jahr 2009 nur bei 27,1 %, im jahr 2010 bei 28,2 %, im jahre 2011 bei 34,5 %, im jahre 2012 bei 39,2 % und im jahr 2013 bei 42,9 %. 50ard/zdf onlinestudien 1998 - 2013, www.ard‑zdf-onlinestudie.de. 51die entwicklung im privatbereich zeichnet sich also durch einen kontinuierlichen anstieg des internetzugangs aus, der allerdings erst im jahre 2012 vier fünftel der haushalte erreichte. hinsichtlich der tatsächlichen internetnutzung war selbst im jahre 2013 weniger als die hälfte der älteren generation erreichbar. 52deutlich günstiger noch stellen sich die verhältnisse im gewerblichen bereich dar. die ausstattung der unternehmen mit einem internetzugang betrug 77 % im jahr 2007, 79 % im jahr 2008, 81 % im jahr 2009, 82 % im jahr 2010 und 2011 sowie 85 % im jahr 2012. der zugang der unternehmen zum internet, der also bereits im jahre 2009 die marke von vier fünfteln im durchschnitt aller unternehmen überschritten hat, stellt sich noch umfassender dar, wenn man den zugang nach branchen unterschieden betrachtet. so stieg zum beispiel die anschlussquote im nur unterdurchschnittlich internetaffinen gastgewerbe von 45 % im jahr 2007 auf 58 % im jahr 2012. demgegenüber lag die vernetzung in freiberuflichen, wissenschaftlichen und technischen (wirtschaftlichen) dienstleistungsbetrieben im jahr 2007 bereits bei 91 % und schwankt seit 2009 um 95 %. 53statistisches bundesamt, statistisches jahrbuch 2009 für die bundesrepublik deutschland tabelle 5.8 und statistisches jahrbuch 2013 für die bundesrepublik deutschland, tabelle 20.5.1., auch im internet unter www.destatis.de. 54angesichts dieser zahlen ist für den hier in rede stehenden steuerzeitraum wegen der weitreichenden erschließung durch das internet und der offensichtlichen technischen vorteile einer bewerbung durch dieses medium zu fordern, dass im regelfall immer eine bewerbung über das internet erfolgen muss, um einen ertragsausfall nicht vertreten zu müssen. eine zusätzliche bewerbung durch printmedien ist demgegenüber in übereinstimmung mit der genannten rechtsprechung des oberverwaltungsgericht berlin-brandenburg und des sächsischen oberverwaltungsgericht bei der beabsichtigten vermietung von gewerberäumen nicht mehr zumutbar, es sei denn, umstände des einzelfalls zwingen zu einer anderen bewertung. bei dem angebot von gewerbeobjekten kann im regelfall nicht ernsthaft angenommen werden, dass eine zusätzliche printwerbung weitere interessentenkreise erschließt. das gilt insbesondere für räume zur büronutzung. 55demgegenüber vermögen die von der beklagten zuletzt mit schriftsatz vom 26. februar 2014 vorgelegten übersichten und fotokopien aus dem immobilienteil des kölner stadt-anzeigers keine noch erhebliche tatsächliche bedeutung der printmedien neben der internetbewerbung zu belegen. aus ihnen folgt alleine, dass es nach wie vor auch immobilienanzeigen in printmedien für gewerberäume gibt, jedoch nichts über deren quantitatives verhältnis zu internetanzeigen und nichts über eine reale zusätzliche markterschließung durch printmedien. die annahme, die bloße tatsache der existenz kostenpflichtiger printanzeigen belege deren wirksamkeit, ist genauso unergiebige spekulation wie die gegenteilige annahme, der vielfach zu beobachtende verzicht von maklern auf printanzeigen neben internetbewerbung belege die unwirksamkeit jener vermietungsbemühung. 56eine entscheidung zur frage, ob bei der vermietung von wohnungen die schaltung von anzeigen in den printmedien zumutbar und erforderlich ist, bedarf es nicht, weil das hier in rede stehende objekt über keine wohneinheiten verfügt. lediglich ergänzend weist der senat darauf hin, dass er diese frage mit urteil vom heutigen tag im verfahren 14 a 1513/12 bejaht hat. 57die vorstehenden auf allgemeinkundige tatsachen gestützten bewertungen decken sich mit der vom senat eingeholten stellungnahme des ivd west e. v. vom 10. september 2013, die ebenfalls auf eine verdrängung des printanzeigenmarkts durch das internet schließen lässt, und zwar für gewerbliche objekte praktisch vollständig, für wohnungen sehr stark. dort wird ausgeführt, dass die aufteilung des anzeigenbudgets zwischen "offline" und "online" in einem verhältnis 10 % zu 90 % bei zu wohnzwecken genutzten räumlichkeiten beträgt. den anteil der anzeigen in den printmedien bei gewerbeobjekten hat der ivd west e. v. als marginal bezeichnet. in diesem zusammenhang hat er die motivation für die schaltung von anzeigen in den printmedien in erster linie der markenpflege zugewiesen, also den werbecharakter solcher anzeigen für das jeweilige maklerunternehmen in den vordergrund gestellt, während die konkrete objektbewerbung dabei in den hintergrund tritt. den beginn dieser entwicklung hat er auf einen zeitpunkt spätestens seit mitte des letzten jahrzehnts datiert und auf eine stabilisierung hingewiesen, so dass das hier in rede stehende steuerjahr 2009 von den ausführungen des ivd west e. v. umfasst ist. 58für den vorliegenden fall bedeutet dies, dass die klägerin grundsätzlich mit der schaltung von anzeigen im internet alle ihr zumutbaren maßnahmen ergriffen hat, um eine vermietung der gewerblich genutzten räume zu erreichen und damit einen einnahmeausfall zu vermeiden. besonderheiten des einzelfalls, die dieser einschätzung hier entgegenstehen könnten, sind nicht ersichtlich. 59die kostenentscheidung beruht auf § 154 abs. 2 vwgo. 60die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 vwgo i. v. m. § 708 nr. 10 und § 711 der zivilprozessordnung - zpo -. 61die revision ist nicht zuzulassen, da die voraussetzungen des § 132 abs. 2 vwgo nicht vorliegen.
Verklagte*r
0
341,262
16 O 614/20
2021-10-19T00:00:00
Urteil
Tenor Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger einen Betrag i.H.v. 6.984,68 € nebst Zinsen hieraus i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 5.500,00 € vom 16.02.2021 bis 23.03.2021 und aus 6.984,68 € seit dem 24.03.2021 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages. 1Tatbestand: 2Der Kläger macht gegen die Beklagte Ansprüche im Zusammenhang mit Online-Glücksspielen geltend. 3Mit der Klageschrift hat der Kläger den Widerruf sämtlicher von ihm behaupteter und von der Beklagten bestrittener Spielverträge erklärt. 4Die Beklagte erhebt die Rüge der internationalen und örtlichen Zuständigkeit sowie die Einrede der Verjährung. 5Der Kläger ist der Ansicht, das Landgericht Köln sei international und örtlich zuständig. Er mache von seiner Wahlmöglichkeit aus Art. 18 Abs. 1, 2. Alt. GVVO Gebrauch in dem er das an seinen Wohnsitz zuständige Gericht für den hiesigen Rechtsstreit angerufen habe. Dieses Wahlrecht stehe ihm zu, weil die Beklagte ihr Online-Glücksspielangebot von Malta aus in unerlaubterweise auf Deutschland ausrichte (Art. 17 Abs. 1 lit. c neu GVVO) und er im konkreten Vertragsverhältnis mit der Beklagten Verbraucher sei. Für die ebenfalls geltend gemachten Ansprüche aus unerlaubter Handlung sei das Landgericht Köln als Wohnsitzgericht des Klägers ebenfalls zuständig. Dies zum einen wegen Sachzusammenhangs der deliktischen Haftung der Beklagten zu den in Rede stehenden Spielverträge, daneben ergebe sich die Zuständigkeit des Landgerichts Köln für Ansprüche aus unerlaubter Handlung auch aus Art. 7 Nr. 2 GVVO. 6Auf den vorliegenden Rechtsstreit sei gemäß Art. 6 Abs. 1 Rom I-VO deutsches Recht anwendbar. Der Kläger bestreitet, dass in den damals geltenden AGB eine Rechtswahlklausel enthalten war. Jedenfalls wäre eine solche Klausel unwirksam. 7Der Kläger behauptet, er habe im Zeitraum 24.04.2015 bis 11.01.2017 über die deutschsprachige Internetdomain der Beklagten https://de.entfernt.com aus seiner Wohnung in Köln, und nur von dort aus, an Online-Glücksspielen in Form von Casinospielen teilgenommen. In keinem einzigen hier streitgegenständlichen Fall habe er Sportwetten getätigt. Er habe die Anmeldeinformation: Kto.-Nr. 00000, E-Mail, Adresse [email protected] verwendet. Bei den Online-Glücksspielen habe er in diesem Zeitraum 19.010,00 € eingezahlt und 12.025,00 € ausgezahlt erhalten, sodass er insgesamt 6.985,00 € verloren habe. Wegen der Einzelheiten der behaupteten Zahlungen und Auszahlungen wird auf die Aufstellung des Klägers in dem Schriftsatz vom 18.05.2021, Seite 4-5/Bl. 184-185 der Akte Bezug genommen. Die Zahlungen des Klägers an die Beklagte seien jeweils über den Personal Computer oder die mobile Webseite des Smartphones des Klägers in seiner im Rubrum genannten Wohnung erfolgt. Die Abbuchungen seien sodann über sein in Deutschland geführtes Girokonto und Kreditkartenkonto erfolgt. 8Das von der Beklagten übergebene Dokument „List of sport stakes and winnings“ gemäß Anlage K 11 belege die Passivlegitimation der Beklagten. Gemäß der AGB der Webseite www.entfernt.com würden sich die beiden Gesellschaften C Internet Limited und die Beklagte das Geschäft in der Weise teilen, dass die Beklagte für das Online-Casinogeschäft zuständig gewesen sei und die C Internet Limited für Sportwetten. Das unsubstantiierte Bestreiten der Beklagten sei daher unzulässig. Ebenso unzulässig sei das Bestreiten der Zahlungen und dass der Kläger überhaupt gespielt habe. Die Beklagte treffe vorliegend eine sekundäre Darlegungslast. Im Übrigen sei die Beklagte ohnehin nach der DSGVO zur Herausgabe dieser Informationen hinsichtlich der konkreten Glücksspiele, Glücksspielarten, der Ergebnisse sowie der Ein- und Auszahlungen verpflichtet. 9Der Kläger behauptet, er habe angenommen, dass die von der Beklagten in Deutschland angebotenen Casinospiele gesetzlich erlaubt seien. Er habe im April 2020 durch einen Zufall im Internet von der Rechtswidrigkeit von Online-Casinospielen erfahren. Erst nach späterer Konsultation seiner Prozessbevollmächtigten habe er erfahren, dass die von der Beklagten angebotenen Online-Glücksspiele am Wohnort des Klägers in Deutschland gesetzlich verboten seien. Zuvor habe er nie an der Legalität gezweifelt. 10Der Kläger ist der Ansicht, der Rahmenvertrag und die Spielverträge zwischen ihm und der Beklagten seien nichtig, weil gemäß § 4 Abs. 4 Glücksspielstaatsvertrag NRW das Veranstalten und das Vermitteln öffentlicher Glücksspiele im Internet verboten sei. Die Beklagte schulde daher die Rückzahlung der Spieleinsätze gemäß § 812 Abs. 1 S. 1 1. Alt. BGB. Daneben bestehe auch ein deliktischer Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 4 Abs. 4 Glücksspielstaatsvertrag Nordrhein-Westfalen sowie § 284 StGB. Die Beklagte verstoße gegen § 4 GlüStV in Verbindung mit § 134 BGB, denn sie betreibe ohne Erlaubnis einer für das Land NRW zuständige Behörde Online-Sportwetten und Online-Casinospiele vom Ausland aus und sie richte ihr Angebot in deutscher Sprache auf den deutschen Markt aus und lasse deutsche Spieler zu. Die Veranstaltung von Online-Casinospielen der Beklagten sei nach dem geltenden Glücksspiel Staatsvertrag von vornherein nicht genehmigungsfähig und eine ausländische Lizenz genüge nicht dem Erlaubnisvorbehalt aus § 4 Abs. 1 S. 1 GlüStV. Sowohl der Erlaubnisvorbehalt für die Veranstaltung von Glücksspielen als auch das Internetverbot stünden mit höherrangigem Recht im Einklang. Dieser Annahme stehe auch die Dienstleistungsfreiheit aus Art. 56 AEUV für die Veranstaltung von Online-Casinospiel nicht entgegen. Der GlüStV 2021 führen nicht zu einer rückwirkenden Legalisierung. 11Des Weiteren würden die zwischen den Parteien geschlossenen Spielverträge gegen § 284 Abs. 1 StGB verstoßen und seien auch deshalb gemäß § 134 BGB nichtig. Für § 284 StGB reiche ein nicht gänzlich unerhebliche Einsatz während für den gesamten GlüStV und dessen Norm eine entsprechende Bagatellgrenze ohnehin nicht gelte. 12Der Kläger ist der Ansicht, der Rückforderungsausschluss gemäß § 762 Abs. 1 S. 2 BGB greife nicht, weil der Anwendungsbereich der Norm nicht eröffnet sei, sofern der Spielvertrag wegen eines Gesetzesverstoßes gemäß § 134 BGB nichtig sei, wie im vorliegenden Fall. 13§ 814 1. Alt BGB greife nicht ein, weil der Kläger nicht gewusst habe, dass die Teilnahme an Online-Casinospielen der Beklagten verboten sei. 14Der Anspruch sei auch nicht gemäß § 817 S. 2 1. HS BGB ausgeschlossen. Es fehle bereits an einem Gesetzesverstoß des Klägers. Zudem seien die notwendigen subjektiven Voraussetzungen auf Klägerseite nicht erfüllt, er sei über die Legalität des Glücksspielangebots der Beklagten getäuscht worden. Jedenfalls sei die Norm des § 817 S. 2 HS 1 BGB bei Vorliegen der Voraussetzungen teleologisch zu reduzieren. 15Die Beklagte könne sich nicht mit Erfolg auf eine behördliche Duldung von Internet Glücksspielen wie Casinospielen berufen. Eine solche Duldung sei gesetzeswidrig erfolgt. Sowohl der Erlaubnisvorbehalt für die Veranstaltung von Glücksspielen als auch das Internetverbot stünden nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung mit höherrangigem Recht in Einklang. 16Der Anspruch sei nicht verjährt. Er habe erst im Jahr 2020 von der Illegalität des Angebots der Beklagten erfahren. Die Verjährung habe daher auch erst ab diesem Zeitpunkt zu laufen begonnen. Die Illegalität von Online-Casinospielen sei wegen der zivilrechtlich ungeklärten Rechtslage sogar von Experten nicht ohne Weiteres erkennbar und entscheidbar gewesen. 17Der Kläger hat mit dem der Beklagten am 15.02.2021 zugestellten Schriftsatz zunächst beantragt, 18die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger einen Betrag i.H.v. 5.500,00 € nebst Zinsen hieraus i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen. 19Mit bei Gericht am 04.03.2021 eingegangenem und der Beklagten am 23.03.2021 zugestellten Schriftsatz hat der Kläger die Klage erhöht. 20Der Kläger beantragt nunmehr, 21die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger einen Betrag i.H.v. 6.985,00 € nebst Zinsen hieraus i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen. 22Die Beklagte beantragt, 23die Klage abzuweisen. 24Die Beklagte rügt die internationale und örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Köln. In den vom Kläger und jedem anderen Spielkunden vor Teilnahme an etwaigen Spielen zu bestätigenden Allgemeinen Geschäftsbedingungen sei unter Ziffer A.5 geregelt, dass die Rechtsbeziehungen zwischen dem Kläger und der Beklagten dem maltesischen Recht unter Ausschluss der Verweisungsnormen des internationalen Zivilrechts unterlägen. Gerichtsstand für sämtliche Rechtsstreitigkeiten sei Valletta/Malta. Die Beklagte ist der Ansicht, diese Rechtswahl sei wirksam. Zu einem Rückforderungsanspruch aus maltesischen Recht habe der Kläger nichts vorgetragen. 25In der Sache behauptet die Beklagte, entgegen der Behauptung des Klägers biete sie keine illegalen Glücksspiele im Internet an. Ihr Angebot sei damals und heute rechtlich zulässig gewesen. 26Darüber hinaus sei die Klage unter mehreren Gesichtspunkten unschlüssig. Der Kläger lege weder konkret dar, wann er welche Spiele gespielt habe, wieviel er jeweils pro Spiel eingezahlt habe, welche Spiele er überhaupt gespielt und welche Einsätze er pro Spiel getätigt haben will. Der Auflistung eines angeblich einmalig überwiesenen Betrages in Höhe der Klageforderung an die „C“ könne all dies nicht entnommen werden. Insoweit bestreite sie, dass der Kläger diese Beträge bei ihr gesetzt habe, wobei er selbst eben auch nicht angebe oder schlüssig darlege, an welchen konkreten Spielen er wann und mit welchem Einsatz teilgenommen haben will. Der Vortrag des Klägers zu dem angeblichen Zahlungsanspruch sei nicht nachvollziehbar und widersprüchlich. So habe der Kläger zunächst einen Zahlungsanspruch von 5.500,00 € für einen Zeitraum vom 10.01.2017 bis 11.01.2017 mit der Klage geltend gemacht, wobei die vorgelegte Anlage K1 einen Zeitraum vom 01.10.2017 bis 01.11.2017 benenne. Mit der Klageerweiterung habe der Kläger dann den klageweise geltend gemachten Zeitraum auf den Zeitraum 24.04.2015 bis 01.11.2017 ausgedehnt. Dazu habe er vorgetragen, insgesamt habe er 20.745,00 € eingezahlt und 13.875,00 ausgezahlt, woraus sich eine Differenz von 6.985,00 € ergebe, was die nunmehrige Klageforderung ausmache. In der zuletzt vorgelegten Anlage K 23 ergebe sich dagegen ein Einsatz über 323.764,00 € über viele Jahre seit 2011. Es sei nicht nachvollziehbar und widersprüchlich, wenn der Kläger nach seinem bisherigen Vortrag nur 20.745,00 € eingezahlt haben soll. Im Übrigen sollen dieser Summe nach der eingereichten Aufstellung Anlage K 23 Auszahlungen in annähernd vergleichbare Höhe entgegenstehen, sodass die Auflistung eine Differenz von Einzahlung-Auszahlung von 6.985,00 € ausweise. Soweit der Kläger im Schriftsatz vom 18.05.2021 zudem eine Summe von -6.737,68 € angegeben habe, sei diese rechnerisch nicht nachvollziehbar. Weiterhin sei fraglich, weshalb der Kläger einen angeblichen Anspruch von 6.985,00 € für den Zeitraum 2015-2017 haben soll, wenn er selbst vortrage, er habe einen Gesamtverlust von 6.870,00 € im Zeitraum von 2011-2017 gehabt. Demnach solle der Kläger im relevanten Zeitraum von 2011-2017 mehr Verluste gemacht haben als in dem gesamten Zeitraum vom 03.12.2011 bis 11.01.2017. Dies sei unschlüssig, da der Verlust im Zeitraum von 2015-2017 in den Gesamtverlust von 2011-2017 mit einfließen würde. 27Auf der Internetseite www.entfernt.com würden zudem von zwei unterschiedlichen Unternehmen verschiedene Arten von Spielen/Wetten angeboten. So biete die Firma C.com Internet Ltd., die überdies über eine bundesweit gültige Sportwettenlizenz verfüge, Sportwetten an, während die Beklagte einige andere Spielangebote offerieren, wie beispielsweise Poker oder bestimmte sogenannte virtuelle Automatenspiele, die nach den Vorgaben der deutschen Bundesländer aktuell so auch angeboten werden könnten. Ob der Kläger die behaupteten Einzahlungen an das eine oder das andere Unternehmen getätigt habe, sei nicht ersichtlich und auch nicht schlüssig vorgetragen und ebenso wenig, was konkret an Spielen bei welchem der Unternehmen mit welchem jeweiligen Einsatz und zur Teilnahme an welchen Spielen getätigt worden seien. Der Kläger unterscheide weder nach den unterschiedlichen Glücks- und Geschicklichkeitsprodukten noch nach den unterschiedlichen Anbietern. Dies sei aber für die Beurteilung, ob eine Teilnahme an einem „Glücksspiel“ vorliege, erforderlich. 28Zudem sei darauf hinzuweisen, dass ein zivilrechtlicher Vertrag zwischen dem Kunden und dem Anbieter eines Spiels oder Glücksspiels jeweils einzeln, für jedes einzelne Spiel geschlossen werde. Dazu fehle jeder Vortrag des Klägers, sodass nur bestritten werden könne, dass der Kläger beim „Glücksspiel“ von ihm behauptete Gelder verloren habe. Schon tatbestandlich werde nach herrschender Rechtsprechung ein „Glücksspiel“ überhaupt nur „veranstaltet“, wenn ein „nicht ganz unerheblicher Geldeinsatz getätigt“ werde. Für die Frage der Einordnung als „Glücksspiel“ könne zudem erheblich sein, ob das Geschicklichkeitselement oder das Zufallselement überwiege. Auch hierzu fehle Vortrag des Klägers. 29Zudem werde in der Rechtsprechung zu § 284 StGB und zu § 4 GlüStV aktuelle Fassung seit Jahren auch umfangreich diskutiert, wann überhaupt die sogenannte Einsatz-Schwelle zur Erfüllung des Tatbestandes zur Teilnahme an einem Glücksspiel erfüllt ist, wenn nur recht niedrige Einsätze getätigt werden. Denn es bedürfe auch eines „nicht ganz unerheblichen Einsatzes“ pro konkretem Spiel, um den Tatbestand der Veranstaltung eines Glücksspiels überhaupt erfüllen zu können. 30Im Übrigen verfüge die Beklagte über die dafür in Malta, dem Veranstaltungsort der Spiele, notwendigen Erlaubnis, erteilt durch die zuständigen Behörden in Malta. Auch veranstalte die Beklagte keine Glücksspiele in Deutschland, sondern die Veranstaltung von Spielen erfolge in Malta, wo auch der Sitz der Beklagten ist und das Angebot von der zuständigen Behörde innerhalb der EU beaufsichtigt werde. 31Entgegen der Behauptung des Klägers sei das Online-Glücksspiel in Deutschland nicht pauschal verboten. Unter anderem Poker, virtuelle Automatenspiele oder auch bestimmte Casinospiele seien seit Jahren geduldet und werde auch heute von den Behörden in Deutschland fortlaufend aktiv geduldet, dies seit vielen Jahren und aktuell auf Grundlage eines sogenannten Umlaufbeschlusses der. Es habe bereits bisher eine aktive Duldung des Online-Glücksspiels durch die verschiedenen Aufsichtsbehörden in Deutschland und damit verbunden ein flächendeckender Vollzugsverzicht, auch in 2017, bestanden. Daraus ergebe sich, dass Online-Glücksspiele eben nicht verboten seien, vor allem dass das formal noch im Gesetz verankerte Verbot des § 4 GlüStV längst keine Anwendung mehr finde und zudem unionrechtswidrig sei. Abweichend davon seien verschiedene Glücksspielangebote zudem erlaubnisfähig und erlaubt. 32Es gebe weitere Punkte, die jeder für sich die Verbotsnorm unanwendbar gegenüber der Beklagten und aller anderen Unternehmen machen würde. So gebe es bis heute keinerlei Daten und wissenschaftliche Erhebungen, aus denen sich ergebe, dass das Verbot von Casinoangeboten im Internet zu rechtfertigen wäre, wenn gleichzeitig aber Sportwetten und Pferdewetten im Internet angeboten werden dürften. Es sei unionsrechtswidrig, dann das Verbot zu manifestieren. Es sei auch nicht ersichtlich und verhältnismäßig, dass in stationären Spielbanken die Kasinoangebote offeriert und beworben werden dürfen, dies aber im Internet nicht zulässig sein soll. 33Weiter könne es nicht dem Kohärenzgebot entsprechen, wenn in Schleswig-Holstein Online-Kasinospiel erlaubt seien und aktiv im Internet angeboten werden, in den anderen Bundesländern aber nicht. Die weiterhin massive Bewerbung von staatlichen Lotterieprodukten konterkariere ebenfalls nicht nur das Sportwettenmonopol, sondern auch das Verbot von anderen Online-Spielangeboten. 34Im Übrigen hätte der Kläger selbst dann keinen Anspruch gegen die Beklagte, wenn er - was bestritten werde - konkret bei irgendeinem angeblich nicht erlaubten Glücksspiel teilgenommen hätte. Denn dann stünde einem nur theoretischen Rückzahlungsanspruch des Klägers jedenfalls § 762 Abs. 1 S. 2 BGB entgegen. Auch stünde einem solchen Anspruch darüber hinaus § 817 S. 2 BGB entgegen. Insoweit sei naturgemäß davon auszugehen, dass dem Kläger auch bewusst gewesen sei, dass die Spielteilnahme an etwaigen Spielen oder Wetten, die nicht einmal differenziert aufgezeigt werden, möglicherweise rechtlich problematisch sein könnten und jedenfalls womöglich gegen eine, wenn auch aus Sicht der Beklagten unanwendbare Verbotsregelung verstoßen könnte. Dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten, die über die Website der Beklagten abrufbar seien, unter anderem darauf hingewiesen werde, dass Online-Glücksspiel und/oder -Wetten gemäß der Gesetzgebung im Heimatland des Kunden wie auch gemäß der Gesetzgebung des Aufenthaltsstaates illegal sein können und es ausschließlich im Verantwortungsbereich des Kunden liege, sich über etwaige Beschränkungen und/oder Verbote in seinem jeweiligen Heimatland bzw. im Aufenthaltsstaat zu informieren. Der Kläger habe diese AGB zur Kenntnis genommen und diese auch bestätigt. Selbst wenn er diese nicht aktiv im Detail zur Kenntnis genommen hätte, wäre er so zu behandeln, als hätte er davon gewusst, jedenfalls habe der Kläger eine etwaige Illegalität billigend in Kauf genommen. Zudem habe der Kläger selbst vorgetragen, über mehrere Jahre an Online-Casinospielen teilgenommen und die TV-Werbung zu Online-Casino spielen zu kennen. In dieser Werbung werde regelmäßig darauf hingewiesen, dass die Online-Casinospiele nur in Schleswig-Holstein zulässig seien. 35Wenn der Kläger nun in nicht schlüssiger Form im Übrigen vortragen lasse, er habe bereits Verluste seit 2011 gemacht, berufe sich die Beklagte vorsorglich auf die Einrede der Verjährung. Da der Kläger offenbar bereits seit über 10 Jahren bei Online-Anbietern spiele, werde er naturgemäß schon deshalb Kenntnis von der Sach- und Rechtslage, insbesondere auch von der Verbotsregelung im GlüStV 2012 gehabt haben. Hätte er sich über 10 Jahre nicht damit befasst, obwohl er sogar in den AGBs der Beklagten auf die unterschiedlichen Rechtslagen in unterschiedlichen Ländern und der selbstständigen Erkundigungspflicht hingewiesen werde, so hätte er sich bewusst dieser Einsicht verschlossen. Hinzu komme, dass über die Jahre, auch von 2015-2017, in nahezu jedem deutschen Fernsehsender regelmäßig Werbung für Online-Casinoanbieter zu sehen sei und zu sehen gewesen sei, in der am Ende der Werbung stets drauf hingewiesen worden sei, dass das Angebot des Casinosspiels nur für das Land Schleswig-Holstein bzw. Spieler, die sich dort aufhielten, gelte. Eine andere Teilnahme sei nicht zulässig. Auch diese Fernsehwerbung werde jedermann wahrgenommen haben. Soweit der Kläger vortrage, über die Illegalität nichts gewusst zu haben, da aus seiner Sicht die tägliche aggressive Werbung im TV für eine Legalität gesprochen habe, habe er selbst bestätigt, dass ihm die TV-Werbung bekannt sei und gewesen sei, er diese sogar täglich wahrgenommen habe. Mithin werde er auch die Hinweise gesehen und gehört haben, wonach das Angebot der Online-Casinoanbieter nur und ausschließlich in Schleswig-Holstein erlaubt war und ist. 36Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die von den Parteien zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen. 37Entscheidungsgründe: 38Die Klage ist zulässig und weit überwiegend begründet. 39I. Das LG Köln ist gemäß Art. 7 Nr. 1 lit. b), 2. der VO Nr. 1215/2021, Art. 5 Nr. 1 lit b) Brüssel-I-VO (EuGVVO) international und örtlich zuständig, da nach dem Vortrag der Kläger seinen Wohnsitz in Köln/Deutschland hat und er nach seinem Vortrag ausschließlich von dort aus über die deutschsprachige Internetdomain der Beklagten an unerlaubten Online-Glücksspielen (Casinospielen) teilgenommen hat und die Abbuchungen über sein in Deutschland geführtes Girokonto erfolgten. Die Beklagte übt ihre gewerbliche Tätigkeit in Deutschland aus. Sie hat ihr gewerbliches Angebot der Veranstaltung von Glücksspielen auf Deutschland ausgerichtet, indem sie ihre Dienste über ihre deutschsprachige Internetdomain Kunden in Deutschland angeboten hat. 40Die Beklagten kann sich nicht mit Erfolg auf eine Gerichtsstandsvereinbarung in Ziffer A.5 ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen berufen, wonach die Rechtsbeziehungen zwischen dem Kläger und der Beklagten dem maltesischen Recht unter Ausschluss der Verweisungsnormen des internationalen Zivilrechts unterlägen und Gerichtsstand für sämtliche Rechtsstreitigkeiten Valletta/Malta sei. 41Diese Gerichtsstandklausel ist - ungeachtet der Frage der streitigen Einbeziehung der AGB - deshalb nicht maßgeblich, weil eine solche Klausel, die in einem Vertrag zwischen einem Verbraucher, nämlich dem Spielenden, und einem Gewerbetreibenden, nämlich dem Betreiber der Online-Glücksspiele (Casinospiele), enthalten ist, ohne im Einzelnen ausgehandelt worden zu sein, und die dem Gericht, in dessen Bezirk sich der Sitz der Betreibergesellschaft befindet, eine ausschließliche Zuständigkeit zuweist, als missbräuchlich im Sinne von Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen anzusehen ist (vgl. EuGH, Urteil vom 18.11.2020, C-519/19 zu Streitigkeiten zwischen Verbrauchern und Fluggesellschaften, juris). Die Richtlinie 93/13 gilt nämlich nach ihrem Art. 1 Abs. 1 und ihrem Art. 3 Abs. 1 für Klauseln in Verträgen zwischen einem Gewerbetreibenden und einem Verbraucher, die nicht im Einzelnen ausgehandelt wurden (EuGH, Urteil vom 18.11.2020, C. 519/19, Rn 55, juris m.w.N). 42II. Auf den jeweiligen Spielvertrag ist gemäß Art. 6 Rom-I-Verordnung deutsches Recht anzuwenden, da nach dem schlüssigen Vortrag des Klägers er seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat, er von seiner Wohnung in Köln aus über die deutschsprachige Internetdomain der Beklagten an den Online-Casinospielen teilgenommen hat und die Abbuchungen über sein in Deutschland geführtes Girokonto erfolgten. 43Die von der Beklagten in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthaltene Rechtswahlklausel steht dem nicht entgegen. Es kann dahinstehen, ob die Rechtswahlklausel, mit dem maltesisches Recht gewählt wurde, wirksam in den Spielvertrag einbezogen wurde, denn die Vereinbarung der Anwendung von maltesichem Recht in den AGB der Beklagten ist wegen Verstoßes gegen die Richtlinie EG 93/13 (Klausel-RL) und wegen Verstoßes gegen Art. 14 Abs. 1 S. 1 lit. a) Rom-II-VO unwirksam. 44III. Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von 6.984,68 € aus § 812 Abs. 1 S. 1 1. Alt. BGB. 451.a) Die Beklagte ist passivlegitimiert. Das nach unwidersprochenem Vortrag des Klägers ihm von der Beklagten übergebene Dokumente „List auf sport stakes and winnings“ gemäß Anlage K 11 (Bl. 234 d.A.) belegt die Passivlegitimation der Beklagten. Zudem ist die Beklagte dem weiteren Vortrag des Klägers, gemäß der AGB der Webseite www.entfernt.com würden sich die beiden Gesellschaften C Internet Limited und die Beklagte das Geschäft in der Weise teilen, dass die Beklagte für das Online-Casinogeschäft zuständig (gewesen) sei und die C Internet Limited für Sportwetten, nicht erheblich entgegengetragen. Das - pauschale - Bestreiten der Beklagten ist daher unerheblich. 46b) Die Beklagte hat die vom Kläger in der Replik im Einzelnen dargelegten Zahlungen erhalten. Dies wird belegt durch die vom Kläger vorgelegte Anlage K9 „Transactions to account number“ (Bl. 231 d.A.). Nach unwidersprochenem Vortrag des Klägers wurde ihm diese Auflistung von der Beklagten übergeben. Das Bestreiten der Beklagten ist vor diesem Hintergrund unschlüssig. 47c) Der Kläger hat den Anspruch auch im Übrigen schlüssig dargelegt. 48Soweit der Kläger in der Klageschrift als Zeitraum zunächst angegeben hatte 10.01.2017 - 11.01.2017 und er im Schriftsatz vom 03.03.2021 als Datum 01.11.2017 angegeben hat, so wie in Anlage K 1 und K19, handelt es sich vor dem Hintergrund der Anl. K23 (AO), in welcher ein Zeitraum bis 11.01.2017 angegeben und substantiiert dargelegt, offensichtlich um einen Irrtum, den der Kläger mit Schriftsatz vom 18.05.2021 korrigiert hat. 49Auch die übrigen Einwendungen der Beklagten gegen die Schlüssigkeit der Klageforderung greifen nicht. Soweit der Kläger im Schriftsatz am 18.05.2021 für die Jahre 2011-2017 als Gesamtbetrag bezüglich der Einzahlung die Summe von 20.745,00 Euro und einen Verlust in Höhe eines Gesamtbetrages von 6.737,68 € angegeben hat, hat er diese Beträge substantiiert in den Aufstellungen Seite 3-4 und 5-8 des vorgenannten Schriftsatzes dargelegt. Es ist auch nicht unschlüssig, dass bezogen auf die Jahre 2015-2017 ein höherer Verlust seitens des Klägers geltend gemacht wird. Denn sowohl nach seinem Vortrag als auch nach den vorgenannten Aufstellungen ergab die Gegenüberstellung der Ein- und Auszahlungen beschränkt auf die Jahre 2015 bis 2017 in diesem Zeitraum einen Saldo von 6.984,68 €. Dies entspricht auch dem Betrag, der in der Anlage K 23 letztlich als Gesamtverlust ausgewiesen wird. In der Anlage K 23 hat der Kläger sämtliche Spielvorgänge und den daraus resultierende Gesamteinsatz aufgelistet. Dem ist die Beklagte nicht erheblich entgegengetreten. Aus der Anlage K 23 ist auch ersichtlich, dass der Kläger Spieleinsätze in Jahr 2011 und dann erst wieder 2015 getätigt hat. 502. Die Beklagte hat die Zahlungen des Klägers ohne Rechtsgrund erlangt. Denn die Spielverträge zwischen den Parteien sind gemäß §§ 134 BGB, § 4 GlüStV unwirksam. 51a) Die Beklagten wird mit dem Internetangebot der Casinospiele in Deutschland und damit auch in Nordrhein-Westfalen tätig. Nach unwidersprochenem Vortrag des Klägers richtet die Beklagte ihr Angebot in deutscher Sprache auf den deutschen Markt aus und lässt, insoweit unstreitig, deutsche Spieler zu. Damit wendet sich die Beklagten mit ihren Spielangeboten gerade auch an Verbraucher in Deutschland. Damit veranstaltet und vermittelt sie ihre Glücksspiele in Deutschland, so dass der Anwendungsbereich des Glücksspielstaatsvertrags eröffnet ist (vgl. § 3 Abs. 4 GlüStV). Dabei ist unerheblich, ob sich der Server und sämtliche Einrichtungen der Beklagten außerhalb Deutschlands befinden. Bei Nutzung des Internets wird die Möglichkeit zur Spielteilnahme nicht am Sitz des Veranstalters, sondern am Wohnsitz des Spielers oder einem anderen Standort seines Computers eröffnet (vgl. BGH, Urteil vom 28. September 2011 – I ZR 93/10 –, Rn. 26, juris). 52b) Die Beklagte hat gegen den im streitgegenständlichen Zeitraum geltenden § 4 Abs. 4 GlüStV 2012 verstoßen. 53Nach § 4 Abs. 1 GlüStV ist das Veranstalten oder Vermitteln von öffentlichen Glücksspielen nur mit behördlicher Erlaubnis zulässig und im Internet nach § 4 Abs. 4 GlüStV grundsätzlich verboten, vorbehaltlich der in § 4 Abs. 5 GlüStV eröffneten Ausnahmen (Verbot mit Befreiungsvorbehalt). 54Ein Glücksspiel liegt vor, wenn für den Erwerb einer zumindest überwiegend zufallsabhängigen Gewinnchance ein Entgelt bezahlt wird, § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV. Das Glücksspiel ist öffentlich, wenn für einen größeren, nicht geschlossenen Personenkreis eine Teilnahmemöglichkeit besteht, § 3 Abs. 2 GlüStV. Beides ist bei den von der Beklagten angebotenen sog. Online-Casinospielen der Fall (vgl.OLG Köln, Urteil vom 10. Mai 2019 – I-6 U 196/18 –, Rn. 62 - 64, juris). 55Die Beklagte verfügt über keine deutsche Erlaubnis für das Veranstalten oder Vermitteln öffentlicher Glücksspiele. Eine ihr im EU-Ausland (Malta) erteilte Konzession ist für das vorliegende Verfahren ohne Belang (vgl. OLG Köln, Urteil vom 10. Mai 2019 – I-6 U 196/18 –, Rn. 66, juris). 56Die Beklagte kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass die in Bezug auf Online-Glücksspiele als Totalverbot ohne Erlaubnismöglichkeit ausgestaltete Regelung unionsrechtswidrig sei und daher keine Anwendung als Verbotsgesetz finden könne. Die Vorschriften des GlüStV verstoßen nicht gegen die Dienstleistungsfreiheit gemäß Art. 56 AEUV. Streitentscheidend ist nicht, ob alle Vorschriften des GlüStV oder auch nur das deutsche Glücksspielmonopol mit dem Unionsrecht in Einklang stehen. Maßgeblich ist allein die Frage, ob das Internetverbot des § 4 Abs. 4 GlüStV mit dem Unionsrecht zu vereinbaren ist, da die unionsrechtliche Prüfung grundsätzlich für jede nationale Beschränkung im Bereich der Glücksspiele gesondert zu erfolgen hat (vgl. EuGH C-46/08 - Carmen Media, juris-Tz. 60; BGH GRUR 2012, 193 - Sportwetten im Internet II, juris.Tz. 48, OLG Köln, Urteil vom 10. Mai 2019 – I-6 U 196/18 –, Rn. 67 - 69, juris). 57Wie bereits das OLG Köln in seinem Urteil vom 10. Mai 2019 (– I-6 U 196/18 –, Rn. 70, juris) unter Verweis auf das BVerwG ausführt, hat das BVerwG die Frage der Vereinbarkeit des § 4 Abs. 4 GlüStV mit Unionsrecht in einer Entscheidung aus Oktober 2017 (BVerwGE 160, 193 - Internetverbot für drei Glücksspielarten, juris-Tz. 30 ff.) überzeugend bejaht. Das Bundesverwaltungsgericht hat - wie auch schon der Bundesgerichtshof zu § 4 GlüStV 2008 (vgl. Urteil v. 28. September 2011, I ZR 93/10, juris) - unter umfassender Berücksichtigung der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ausgeführt: 58„b) Soweit der Bescheid vom 21. Januar 2010 auf die Untersagung des Online-Poker- und Online-Casinospielangebots zielt, kann der Klägerin das Internetverbot des § 4 Abs. 4 und 5 GlüStV 2012 entgegengehalten werden. Es steht mit Verfassungs- und Unionsrecht im Einklang. Wie der Senat ..., das Bundesverfassungsgericht ... und der Europäische Gerichtshof ... zum damaligen § 4 Abs. 4 GlüStV 2008 bereits entschieden haben, ist ein generelles Internetverbot für öffentliches Glücksspiel mit dem Grundrecht der Berufsfreiheit und dem allgemeinen Gleichheitssatz sowie mit Unionsrecht vereinbar. Dass nunmehr nach § 4 Abs. 5 des geänderten Glücksspielstaatsvertrages der Eigenvertrieb und die Vermittlung von Lotterien sowie die Veranstaltung und Vermittlung von Sport- bzw. Pferdewetten (vgl. § 27 Abs. 2 GlüStV 2012) im Internet erlaubt werden können, führt zu keiner anderen rechtlichen Bewertung. 59aa) Mit dem Internetverbot werden in nicht diskriminierender Weise verfassungs- und unionsrechtlich legitime Gemeinwohlziele, insbesondere des Jugendschutzes sowie der Bekämpfung der Spielsucht und Begleitkriminalität, verfolgt. In der eben zitierten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Europäischen Gerichtshofs ist anerkannt, dass Glücksspiele im Internet die genannten Ziele in besonderem Maße gefährden, weil das Anbieten von Spielen über das Internet spezifische Gefahren mit sich bringt. Schon wegen des fehlenden unmittelbaren Kontakts zwischen dem Verbraucher und dem Anbieter bergen Online-Glücksspiele anders geartete und größere Gefahren des Auftretens krimineller Verhaltensweisen wie der betrügerischen Manipulation und der Geldwäsche. Zudem begründen die Eigenheiten des Internets, verglichen mit herkömmlichen Vertriebsformen, anders geartete und größere Gefahren, insbesondere für Jugendliche und für Personen, die eine besonders ausgeprägte Spielneigung besitzen oder entwickeln könnten. Auch der besonders leichte und ständige Zugang zu den im Internet angebotenen Spielen sowie die potenziell große Menge und Frequenz von Spielangeboten in einem Umfeld, das überdies durch die Isolation des Spielers, durch Anonymität und durch fehlende soziale Kontrolle gekennzeichnet ist, stellen Faktoren dar, die die Entwicklung von Spielsucht und übermäßige Ausgaben für das Spielen begünstigen und deshalb die damit verbundenen negativen sozialen und moralischen Folgen vergrößern können ... 60Dass sich an diesem Befund zwischenzeitlich etwas geändert hätte, ist weder berufungsgerichtlich festgestellt noch vorgetragen oder im Hinblick auf die weiterhin bestehenden Besonderheiten des Internets sonst ersichtlich. Gerade in Anbetracht der spezifischen Gefahren, die mit dem Anbieten von Glücksspielen über das Internet verbunden sind, haben die Länder das Internetverbot grundsätzlich beibehalten ... Den spezifischen Sucht-, Betrugs-, Manipulations- und Kriminalitätspotenzialen der einzelnen Glücksspielformen soll nunmehr lediglich mit differenzierten Maßnahmen begegnet werden (§ 1 Satz 2 GlüStV 2012). So soll die in § 1 Satz 1 Nr. 2 GlüStV 2012 hervorgehobene Schwarzmarktbekämpfung unter anderem durch die teilweise Öffnung des Internets für erlaubte Lotterie- sowie Sport- und Pferdewettangebote verwirklicht werden. Damit wird bezweckt, die Nachfrage spielaffiner Personen in Richtung der legalen Angebote und bei diesen wiederum in Richtung der, insbesondere aus suchtpräventiven Gesichtspunkten weniger gefahrenträchtigen Spielformen zu lenken (amtl. Erl. S. 6 = LT-Drs. BW 15/1570, S. 53). Das Online-Verbot von Casinospielen und Poker hat der Gesetzgeber hingegen beibehalten, da bei diesen Spielen ein herausragendes Suchtpotenzial, eine hohe Manipulationsanfälligkeit und eine Anfälligkeit zur Nutzung für Geldwäsche bestünden (amtl. Erl. S. 12 = LT-Drs. BW 15/1570, S. 59). 61Ausgehend von den dargestellten legitimen Gemeinwohlzielen ist das Internetverbot auch nach dem neuen Glücksspielstaatsvertrag verfassungs- (bb) und unionsrechtskonform (cc). 62bb) Das Internetverbot verstößt weiterhin nicht gegen Art. 12 Abs. 1 GG ... 63cc) Das Internetverbot des § 4 Abs. 4 und 5 GlüStV 2012 ist auch mit Unionsrecht vereinbar. Es schränkt zwar die durch Art. 56 f. AEUV gewährleistete Dienstleistungsfreiheit von Glücksspielanbietern ein, die - wie die Klägerin - ihren Sitz in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union haben und ihre Dienstleistungen im Bundesgebiet erbringen wollen. Diese Beschränkung ist aber gerechtfertigt, weil sie auch im unionsrechtlichen Sinne verhältnismäßig und insbesondere geeignet ist, zur Erreichung der mit ihr verfolgten Gemeinwohlzwecke in systematischer und kohärenter Weise beizutragen. 64Es ist grundsätzlich Sache des Mitgliedstaates, das nationale Schutzniveau in Bezug auf Glücksspiele selbst zu bestimmen und die Erforderlichkeit einzelner Maßnahmen zu beurteilen ... Die staatlichen Stellen verfügen im besonderen Bereich der Veranstaltung von Glücksspielen über ein ausreichendes Ermessen, um festzulegen, welche Erfordernisse sich aus dem Schutz der Verbraucher und der Sozialordnung ergeben ... Gleichwohl obliegt es dem Mitgliedstaat, der sich auf ein Ziel berufen möchte, mit dem sich eine Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs rechtfertigen lässt, dem Gericht, das über diese Frage zu entscheiden hat, alle Umstände darzulegen, anhand derer dieses Gericht sich vergewissern kann, dass die Maßnahme tatsächlich den sich aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ergebenden Anforderungen genügt ... Das nationale Gericht muss eine Gesamtwürdigung der Umstände vornehmen, unter denen die streitigen restriktiven Rechtsvorschriften erlassen und durchgeführt worden sind ... 65Ausgehend von diesen Maßstäben steht die Eignung des Internetverbots zur Verfolgung der legitimen Gemeinwohlziele des Glücksspielstaatsvertrages nicht in Zweifel. Mit der kontrollierten Zulassung des Vertriebswegs Internet für Lotterien sowie Sport- und Pferdewetten soll den unerlaubten Angeboten im Internet zur besseren Erreichung der Ziele des § 1 GlüStV 2012 eine legale, sichere und den Spielerschutz gewährleistende Alternative gegenübergestellt werden. Eine begrenzte Erlaubnis von Glücksspielen im Rahmen von Sonder- oder Ausschließlichkeitsrechten kann der Verwirklichung der im Allgemeininteresse liegenden Ziele des Verbraucherschutzes und des Schutzes der Sozialordnung dienen, da sie die Spiellust und den Betrieb der Spiele in kontrollierte Bahnen lenkt ... Etwaige praktische Probleme des Staates, Verbote im Glücksspielwesen wirksam durchzusetzen, insbesondere im Zusammenhang mit dem Internet als einem schwer zu kontrollierenden transnationalen Medium, vermögen die grundsätzliche Eignung der Maßnahme nicht in Frage zu stellen ... 66Das Internetverbot trägt auch nach Zulassung der Ausnahmen für Lotterien sowie Sport- und Pferdewetten in systematischer und kohärenter Weise zur Erreichung der dargelegten Ziele des Glücksspielstaatsvertrages bei. Der Europäische Gerichtshof hat die unionsrechtlichen Anforderungen aus dem Kohärenzgebot für den Bereich des Glücksspiels dahin konkretisiert, dass Regelungen im Monopolbereich zur Sicherung ihrer Binnenkohärenz an einer tatsächlichen Verfolgung unionsrechtlich legitimer Ziele ausgerichtet sein müssen. Über den Monopolsektor hinausgreifend fordert das Kohärenzgebot, dass eine die Dienstleistungsfreiheit einschränkende Regelung nicht durch eine gegenläufige mitgliedstaatliche Politik in anderen Glücksspielbereichen mit gleich hohem oder höherem Suchtpotenzial in einer Weise konterkariert werden darf, die ihre Eignung zur Zielerreichung aufhebt ... Hingegen verpflichten die unionsrechtlichen Grundfreiheiten den Mitgliedstaat nicht zu einer sämtliche Glücksspielsektoren und föderale Zuständigkeiten übergreifenden Gesamtkohärenz glücksspielrechtlicher Maßnahmen ... 67Die teilweise Zulassung der Veranstaltung und Vermittlung von Glücksspielen im Internet widerspricht keiner konsequenten Eindämmung der den Glücksspielen immanenten Gefahren. Sie bezieht sich lediglich auf die nach Einschätzung des Gesetzgebers unter suchtpräventiven Gesichtspunkten weniger gefährlichen Lotterien sowie Sport- und Pferdewetten. Das demgegenüber höhere Suchtpotenzial von Online-Casinospielen und Online-Poker haben die Länder in ihren amtlichen Erläuterungen zum Glücksspielstaatsvertrag unter Bezugnahme auf eingeholte Studien und Berichte hinreichend dargestellt. Diese Glücksspiele weisen nach der entsprechenden Einschätzung der Länder außerdem eine gegenüber anderen Glücksspielangeboten höhere Anfälligkeit für Manipulationen und die Nutzung für Geldwäsche auf (vgl. amtl. Erl. S. 12 = LT-Drs. BW 15/1570, S. 59). Darüber hinaus ist die ausnahmsweise Erlaubniserteilung für Lotterien sowie Sport- und Pferdewetten im Internet nach § 4 Abs. 5 GlüStV 2012 an strenge Voraussetzungen geknüpft, die dem spezifischen Gefährdungspotenzial des Online-Glücksspiels Rechnung tragen ... Insbesondere ist gemäß § 4 Abs. 5 Nr. 3 GlüStV 2012 eine Erlaubnis für solche Online-Glücksspiele ausgeschlossen, bei denen besondere Suchtanreize durch schnelle Wiederholung bestehen. Lotterien mit hoher Ziehungsfrequenz, die dadurch zum Weiterspielen animieren, sind im Internet daher nicht erlaubnisfähig. Entsprechendes gilt für Sportwetten, bei denen nach § 21 Abs. 4 Satz 4 GlüStV 2012 ein generelles Verbot von Live-Ereigniswetten besteht. Auch im Übrigen ist nicht ersichtlich, inwieweit die begrenzte und regulierte Zulassung von Lotterien sowie Sport- und Pferdewetten im Internet die Erreichung des Ziels der Suchtbekämpfung bei im Internet weiterhin verbotenen Glücksspielen konterkarieren würde. 68Dass es bei der Prüfung der unionsrechtlichen Verhältnismäßigkeit einer restriktiven nationalen Regelung im Bereich der Glücksspiele nicht nur auf die Zielsetzung dieser Regelung im Moment ihres Erlasses ankommt, sondern auch auf die nach ihrem Erlass zu bewertenden Auswirkungen ..., führt zu keiner anderen Beurteilung. Vorliegend ist zu berücksichtigen, dass die partielle und streng regulierte Öffnung des Internetvertriebswegs hinsichtlich der Sportwetten ausdrücklich Experimentiercharakter hat (vgl. § 10a GlüStV 2012). Im Rahmen der Experimentierklausel soll erprobt werden, ob sich durch ein kontrolliertes Angebot privater Konzessionäre die Ziele des Glücksspielstaatsvertrages, insbesondere das Ziel, den Schwarzmarkt zurückzuführen bzw. in ein legales Feld zu überführen (vgl. amtl. Erl. S. 8 = LT-Drs. BW 15/1570, S. 55), besser verwirklichen lassen. Die Experimentierklausel ist gerade darauf angelegt, Erfahrungen zu sammeln und die Ergebnisse der probeweisen Öffnung systematisch zu beobachten und auszuwerten (vgl. amtl. Erl. S. 10 = LT-Drs. BW 15/1570, S. 57). Da dieses Experiment noch nicht abgeschlossen ist, sondern die Erteilung der zahlenmäßig limitierten Sportwettenkonzessionen angesichts noch hierzu anhängiger gerichtlicher Verfahren weiterhin aussteht, kann die probeweise Öffnung des Vertriebswegs Internet, insbesondere hinsichtlich seiner Eignung, noch nicht abschließend bewertet werden. Die beschränkte Öffnung für Online-Lotterien und -Pferdewetten steht zwar nicht unter diesem Experimentiervorbehalt. Es fehlen aber jegliche Anhaltspunkte dafür, dass die regulierte Öffnung dieser Glücksspielarten eine allgemeine Spielleidenschaft über diesen begrenzten Markt hinaus entfacht hätte.“ 69Der Kammer schließt sich dieser überzeugend begründeten Ansicht an, zumal der Bundesgerichtshof bereits den § 4 Abs. 4 GlüStV a.F., der ein absolutes Online-Verbot vorgesehen hatte, allerdings mit einer geduldeten Ausnahme für Pferdewetten, als europarechtskonform angesehen hat (BGH GRUR 2012, 193 - Sportwetten im Internet II, juris-Tz. 39 ff., 57 ff; dem EuGH war diese Ausnahme bei seiner Rechtsprechung zu § 4 GlüStV, Carmen Media, bekannt, s. BGH a.a.O., juris-Tz. 79). 70Die von der Beklagten angeführten Ince-Entscheidung des EuGH (C-336/14) steht der durch die Kammer übernommenen Ansicht des BVerwG nicht entgegen (und war dem BVerwG im Übrigen bekannt, s. BVerwGE 160, 193 - Internetverbot für drei Glücksspielarten, juris-Tz. 45); sie betrifft die Vermittlung von Sportwetten vor Ort, nicht das Online-Verbot des § 4 Abs. 4 GlüStV. 71Die o.a. Entscheidung des BVerwG ist auf die von der Beklagten angebotenen Online-Casinospiele unmittelbar anwendbar (vgl. OLG Köln, Urteil vom 10. Mai 2019 – I-6 U 196/18 –, Rn. 71 - 84, juris). 72Dass das Internetverbot faktisch Glücksspielanbieter außerhalb Deutschlands stärker als solche, die im Inland ansässig sind, beeinträchtigt, weil ihnen ein für den unmittelbaren Zugang zum deutschen Markt besonders wirksames Vermarktungsmittel genommen wird, steht einer unionsrechtlichen Rechtfertigung des Internetverbots nicht entgegen. Vielmehr kommt es auch dann darauf an, ob diese Beschränkung zwingenden Belangen des Allgemeinwohls dient, kohärent und systematisch zur Begrenzung der Glücksspieltätigkeit beiträgt und nicht über das erforderliche Maß hinausgeht (s. BGH GRUR 2012, 193 - Sportwetten im Internet II, juris-Tz. 40). Das Verbot von Online-Casinospielen trägt systematisch zur Begrenzung des Glücksspielangebotes und Lenkung der Wettleidenschaft sowie des Jugend- und Spielerschutzes bei. Eine inkohärente Regelung liegt nicht vor (vgl. OLG Köln, Urteil vom 10. Mai 2019 – I-6 U 196/18 –, Rn. 86, juris). 73Aufgrund des bestehenden Totalverbots für Online-Casinospiele kommt es nicht darauf an, ob die Beklagte sich um eine Erlaubnis hätte bemühen müssen. Aber selbst wenn - wie nicht - § 4 Abs. 4 GlüStV unionsrechtswidrig sein sollte, wäre die Beklagte jedenfalls nicht davon befreit, sich um eine Erlaubnis zu bemühen, weil selbst ein inkohärentes Internetverbot nicht dazu führen würde, dass Casionospiele gänzlich ohne Erlaubnis angeboten werden dürften (vgl. BVerwG ZfWG 2015, 227 - Untersagung der Vermittlung von Glücksspielen über das Internet, juris-Tz. 30; OLG Köln, Urteil vom 10. Mai 2019 – I-6 U 196/18 –, Rn. 87, juris). Unerheblich ist deshalb auch der Einwand der Beklagten, Online-Casinospiele bzw. Online-Glücksspiele seien bisher behördlich geduldet worden. 74c) Der Glücksspielstaatsvertrag und insbesondere das Internetverbot des § 4 Abs. 4 GlüSpV sind formell und materiell mit dem Verfassungsrecht vereinbar (BVerwGE 160, 193 ff; schon früher BGH, Urteil vom 28. September 2011 – I ZR 93/10 –, Rn. 27 - 74, juris). Die Länder haben mit dem Glücksspielstaatsvertrag ihre Kompetenzen nicht überschritten. Von einer möglichen Gesetzgebungskompetenz nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG hat der Bund ungeachtet der Regelungen in §§ 33c ff. GewO jedenfalls nicht in der Weise Gebrauch gemacht, dass die Länder an den im Glücksspielstaatsvertrag getroffenen Regelungen gemäß Art. 72 Abs. 1 GG gehindert wären (BVerfG, Kammerbeschluss vom 14. Oktober 2008 - 1 BvR 928/08, NVwZ 2008, 1338 Rn. 25; früher BGH, Urteil vom 28. September 2011 – I ZR 93/10). Der Glücksspielstaatsvertrag ist auch materiell verfassungsgemäß. Die durch ihn bewirkten Eingriffe in das Grundrecht der Berufsfreiheit (Art. 12 GG) sind, wie ausgeführt, durch überragend wichtige Gemeinwohlziele gerechtfertigt, nämlich den Schutz der Bevölkerung vor den Gefahren der Glücksspielsucht und vor der mit Glücksspielen verbundenen Folge- und Begleitkriminalität. 753. a) Der Bereicherungsanspruch scheitert nicht an § 817 Satz 2 BGB. Danach ist eine Rückforderung ausgeschlossen, wenn dem Leistenden gleichfalls ein Gesetzes- oder Sittenverstoß zur Last fällt. 76Es kann hier dahin stehen, ob dem Kläger objektiv ein Gesetzes- oder Sittenverstoß anzulasten ist. Es fehlt jedenfalls an den erforderlichen subjektiven Voraussetzungen. Der Leistende muss sich zumindest leichtfertig dem Gesetzes- oder Sittenverstoß verschlossen haben. Die Darlegungs- und Beweislast hierfür trägt die Beklagte (vgl. Palandt, 79. Aufl. 2020, § 817, Rn. 24). Ihrer Darlegungslast ist die Beklagte nicht nachgekommen. 77Der Kläger hat angegeben, dass er davon ausging, dass es sich um ein legales Online-Glücksspiel handele. Die Beklagte gibt an, über eine Lizenz zu verfügen und hat ihren Geschäftsbetrieb zudem gezielt auf den deutschen Markt ausgerichtet, indem die Internetseite auf deutsch verfügbar ist, die Vertragssprache deutsch ist, die Allgemeinen Geschäftsbedingungen auf deutsch sind. Der Kläger hat angegeben, er sei davon ausgegangen, dass das Spielen bei der Beklagten legal sei. Dies insbesondere aufgrund der Tatsache, dass Werbung betrieben werde oder auch im Internet. Es ist deshalb bereits fraglich, ob sich der Kläger der Einsicht der Illegalität des Spiels leichtfertig verschlossen hat. Für einen nicht juristisch gebildeten Laien stellt sich die Gesetzeslage zu derartigen Glücksspielen jedenfalls völlig unübersichtlich dar. Die Beklagte hat selbst vorgetragen, in ihren AGB lediglich darauf hingewiesen zu haben, dass das Spielen illegal sein könnte. Dies stellt eine unzureichende Aufklärung dar, deren Unzulänglichkeit nicht dadurch beseitigt werden kann, dass dem Spieler im Wege von AGB einseitig eine Erkundigungspflicht auferlegt und das Risiko der Illegalität auf ihn abgewälzt wird. Insofern führt weder ein Zeitraum von mehreren Jahren des Spielens noch die Kenntnis von TV-Werbung dazu, dass von einer Kenntnis des Klägers von der Illegalität auszugehen wäre oder dass er sich dieser Kenntnis leichtfertig verschlossen hat. Im Übrigen ist nicht dargelegt, dass sich die TV-Werbung auch auf die Beklagte bezog. 78Hinzu kommt folgendes: Die Beklagte ist insoweit allgemein bekannt im Bereich Online-Gaming und Online-Sportwetten tätig. Die bei der Beklagten dann tatsächlich vorliegende Aufspaltung ist einem außenstehenden Dritten in dieser Form weder bekannt noch bewusst. Insoweit hat die Beklagte in Deutschland eine Konzession für Sportwetten erhalten. Darüber hinaus wirbt die Beklagte auf der streitgegenständlichen Internetseite damit, dass eine Konzession für Malta vorliegt. Einer Privatperson ist es insoweit schwer möglich nachzuvollziehen, dass dies dann zu einem illegalen Glücksspiel führt, noch dazu, weil die Beklagte die gesamte Internetseite auf den deutschsprachigen Markt angelegt hat. 79Unabhängig davon steht § 817 Satz 2 BGB dem Anspruch auch deshalb nicht entgegen, weil nämlich die Kondiktionssperre teleologisch einzuschränken ist (so auch Landgericht Coburg, Urteil vom 11.05.2021, AZ: 23 0 416/20, vom Kläger vorgelegt als Anlage K 7, Bl. 335 ff. d.A.). Die Kondiktion darf nicht gemäß § 817 Satz 2 BGB deswegen ausgeschlossen sein, soweit der Verbleib der Leistung beim Empfänger weiteren gesetzes- oder sittenwidrigen Handlungen Vorschub leisten bzw. diese geradezu erzwingen oder legalisieren würde. Die Kondiktionssperre würde ansonsten den Anreiz sittenwidriges Handeln bilden. Dies hat der Bundesgerichtshof beispielsweise im Falle von sogenannten „Schenk-Kreisen" angenommen (vgl. BGH, Urteil vom 10. November 2005, III ZR 72/05, juris). Auch bei Einzahlung von Beiträgen in ein sogenanntes Schneeball-System wurde die Vorschrift des § 817 Satz 2 BGB schutzzweckorientiert eingeschränkt. Würde man die Kondiktionssperre anwenden, so würden die Initiatoren solcher Systeme zum Weitermachen geradezu eingeladen. Auf die Frage, ob die Teilnehmer sich leichtfertig der Einsicht in die Sittenwidrigkeit eines solchen Spielsystems verschlossen haben, kommt es nach Ansicht des BGH folglich nicht mehr an. Diese Rechtsprechung ist auf den vorliegenden Fall zu übertragen. Insbesondere die zugedachte Präventionswirkung des § 4 Abs. 4 GlüStV macht die Einschränkung erforderlich (so auch Landgericht Coburg, Urteil vom 11.05.2021, AZ: 23 0 416/20). 80Es ist hierbei maßgeblich auf den Zweck des Verbotsgesetzes abzustellen. Der Gesetzgeber hat sich mit § 4 Abs. 4 GlückStV bewusst für ein absolutes Verbot von Casino-Spielen im Internet entschieden. Angesichts der hohen Manipulationsanfälligkeit solcher Spiele und ihrem herausragenden Suchtpotenzial sowie ihrer Anfälligkeit für eine Nutzung zu Zwecken der Geldwäsche erscheint es nicht vertretbar, auch hier das Internet als Vertriebsweg zu eröffnen, so die Gesetzesbegründung. Weiter wird ausgeführt, dass das Angebot solcher Spiele im Internet mit Nachdruck bekämpft werden soll, insbesondere auch durch Maßnahmen zur Unterbindung entsprechender Zahlungsströme. 81Die Beklagte hat aus einem anderen Mitgliedsstaat der EU heraus ein nach Deutschem Recht nicht genehmigtes Casino-Spiel im Internet veranstaltet und damit gegen diese Vorschrift verstoßen. Würde die Kondiktionssperre greifen, würde die Initiatorin zum Weitermachen geradezu eingeladen. Es erfolgt eine „quasi" Legalisierung. Die Regelungen des GlüStV sind insbesondere dazu bestimmt, dem Schutz der Spielteilnehmer vor suchtfördernden, ruinösen und/oder betrügerischen Erscheinungsform des Glücksspiels zu schützen. Diese Intension des Verbotsgesetzes würde jedoch vollständig unterlaufen, wenn die Spieleinsätze, die ein Spieler tätigt, in zivilrechtlicher Hinsicht kondiktionsfest wären, also dem Anbieter des verbotenen Glücksspiels dauerhaft verblieben (vgl. Landgericht Coburg, Urteil vom 11.05.2021, AZ: 23 0 416/20). 82b) Die Vorschrift des § 814 BGB steht dem Anspruch ebenfalls nicht entgegen. Denn, wie vorstehend ausgeführt, hat die Beklagte nicht schlüssig dargetan, dass dem Kläger die Illegalität des Online-Casinospiels bekannt war oder er sich in der Einsicht der Illegalität leichtfertig verschlossen hat. 83c) Wegen der Nichtigkeit der Vereinbarung zwischen dem Kläger und der Beklagten hindert auch § 762 BGB die Rückforderbarkeit nicht (Palandt/Sprau, BGB, 79. Aufl, § 762 Rn 9). Denn diese Vorschrift setzt einen wirksamen Spielvertrag voraus, woran es vorliegend, wie dargelegt, fehlt. 844. Der Anspruch des Klägers für den hier geltend gemachten Zeitraum 2015-12017 ist nicht verjährt. Für die ab 2017 geltend gemachten Ansprüche wäre die gemäß §§ 195, 199 BGB geltende dreijährige Verjährungsfrist im Zeitpunkt der Klageerhebung in 2020 selbst bei Kenntnis des Klägers nicht abgelaufen gewesen. 85Im Übrigen greift die Einrede der Verjährung auch deshalb nicht, weil Beklagte die Voraussetzungen der Einrede und damit die Kenntnis des Klägers darlegen und beweisen muss. An entsprechenden Darlegungen fehlt es vorliegend. Der - bestrittene - Hinweis in ihren AGB genügt hierfür ebenso wenig, wie eine mehrjährige Spielzeit oder die Kenntnis der TV-Werbung. 865. Nach § 249 BGB ist nach der Differenzhypothese die tatsächliche Vermögenslage des Klägers mit der Vermögenslage zu vergleichen, die ohne das schädigende Ereignis bestanden hätte. Nach dem substantiierten Vortrag des Klägers, der die einzelnen Einzahlungen und Auszahlungen in der Replik (Anlage K9, Bl. 231 der Akte) dargelegt hat, hat er im streitgegenständlichen Zeitraum 2015 bis 2017 insgesamt 6.984,68 € mehr eingezahlt als er ausgezahlt bekommen hat. Die Beklagte hat daher an den Kläger den Betrag von 6.984,68 € zu zahlen. Hinsichtlich der darüber hinaus geltend gemachten 0,32 € war die Klage abzuweisen. Denn in Höhe dieses Betrages besteht nach Vortrag des Klägers zu seinen Gunsten bei der Beklagten ein Kontoguthaben, auch wenn er auf dieses derzeit keinen Zugriff haben sollte. 876. Der Zinsanspruch ist wie tenoriert gemäß §§ 288, 291, 187 BGB begründet. 88IV. Die prozessuale Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 2, 709 ZPO. 89Streitwert: 6.985,00 €
die beklagte wird verurteilt, an den kläger einen betrag i.h.v. 6.984,68 € nebst zinsen hieraus i.h.v. 5 prozentpunkten über dem basiszinssatz aus 5.500,00 € vom 16.02.2021 bis 23.03.2021 und aus 6.984,68 € seit dem 24.03.2021 zu zahlen. im übrigen wird die klage abgewiesen. die kosten des rechtsstreits werden der beklagten auferlegt. das urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen sicherheitsleistung in höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden betrages. 1
2der kläger macht gegen die beklagte ansprüche im zusammenhang mit online-glücksspielen geltend. 3mit der klageschrift hat der kläger den widerruf sämtlicher von ihm behaupteter und von der beklagten bestrittener spielverträge erklärt. 4die beklagte erhebt die rüge der internationalen und örtlichen zuständigkeit sowie die einrede der verjährung. 5der kläger ist der ansicht, das landgericht köln sei international und örtlich zuständig. er mache von seiner wahlmöglichkeit aus art. 18 abs. 1, 2. alt. gvvo gebrauch in dem er das an seinen wohnsitz zuständige gericht für den hiesigen rechtsstreit angerufen habe. dieses wahlrecht stehe ihm zu, weil die beklagte ihr online-glücksspielangebot von malta aus in unerlaubterweise auf deutschland ausrichte (art. 17 abs. 1 lit. c neu gvvo) und er im konkreten vertragsverhältnis mit der beklagten verbraucher sei. für die ebenfalls geltend gemachten ansprüche aus unerlaubter handlung sei das landgericht köln als wohnsitzgericht des klägers ebenfalls zuständig. dies zum einen wegen sachzusammenhangs der deliktischen haftung der beklagten zu den in rede stehenden spielverträge, daneben ergebe sich die zuständigkeit des landgerichts köln für ansprüche aus unerlaubter handlung auch aus art. 7 nr. 2 gvvo. 6auf den vorliegenden rechtsstreit sei gemäß art. 6 abs. 1 rom i-vo deutsches recht anwendbar. der kläger bestreitet, dass in den damals geltenden agb eine rechtswahlklausel enthalten war. jedenfalls wäre eine solche klausel unwirksam. 7der kläger behauptet, er habe im zeitraum 24.04.2015 bis 11.01.2017 über die deutschsprachige internetdomain der beklagten https://de.entfernt.com aus seiner wohnung in köln, und nur von dort aus, an online-glücksspielen in form von casinospielen teilgenommen. in keinem einzigen hier streitgegenständlichen fall habe er sportwetten getätigt. er habe die anmeldeinformation: kto.-nr. 00000, e-mail, adresse [email protected] verwendet. bei den online-glücksspielen habe er in diesem zeitraum 19.010,00 € eingezahlt und 12.025,00 € ausgezahlt erhalten, sodass er insgesamt 6.985,00 € verloren habe. wegen der einzelheiten der behaupteten zahlungen und auszahlungen wird auf die aufstellung des klägers in dem schriftsatz vom 18.05.2021, seite 4-5/bl. 184-185 der akte bezug genommen. die zahlungen des klägers an die beklagte seien jeweils über den personal computer oder die mobile webseite des smartphones des klägers in seiner im rubrum genannten wohnung erfolgt. die abbuchungen seien sodann über sein in deutschland geführtes girokonto und kreditkartenkonto erfolgt. 8das von der beklagten übergebene dokument „list of sport stakes and winnings“ gemäß anlage k 11 belege die passivlegitimation der beklagten. gemäß der agb der webseite www.entfernt.com würden sich die beiden gesellschaften c internet limited und die beklagte das geschäft in der weise teilen, dass die beklagte für das online-casinogeschäft zuständig gewesen sei und die c internet limited für sportwetten. das unsubstantiierte bestreiten der beklagten sei daher unzulässig. ebenso unzulässig sei das bestreiten der zahlungen und dass der kläger überhaupt gespielt habe. die beklagte treffe vorliegend eine sekundäre darlegungslast. im übrigen sei die beklagte ohnehin nach der dsgvo zur herausgabe dieser informationen hinsichtlich der konkreten glücksspiele, glücksspielarten, der ergebnisse sowie der ein- und auszahlungen verpflichtet. 9der kläger behauptet, er habe angenommen, dass die von der beklagten in deutschland angebotenen casinospiele gesetzlich erlaubt seien. er habe im april 2020 durch einen zufall im internet von der rechtswidrigkeit von online-casinospielen erfahren. erst nach späterer konsultation seiner prozessbevollmächtigten habe er erfahren, dass die von der beklagten angebotenen online-glücksspiele am wohnort des klägers in deutschland gesetzlich verboten seien. zuvor habe er nie an der legalität gezweifelt. 10der kläger ist der ansicht, der rahmenvertrag und die spielverträge zwischen ihm und der beklagten seien nichtig, weil gemäß § 4 abs. 4 glücksspielstaatsvertrag nrw das veranstalten und das vermitteln öffentlicher glücksspiele im internet verboten sei. die beklagte schulde daher die rückzahlung der spieleinsätze gemäß § 812 abs. 1 s. 1 1. alt. bgb. daneben bestehe auch ein deliktischer anspruch aus § 823 abs. 2 bgb in verbindung mit § 4 abs. 4 glücksspielstaatsvertrag nordrhein-westfalen sowie § 284 stgb. die beklagte verstoße gegen § 4 glüstv in verbindung mit § 134 bgb, denn sie betreibe ohne erlaubnis einer für das land nrw zuständige behörde online-sportwetten und online-casinospiele vom ausland aus und sie richte ihr angebot in deutscher sprache auf den deutschen markt aus und lasse deutsche spieler zu. die veranstaltung von online-casinospielen der beklagten sei nach dem geltenden glücksspiel staatsvertrag von vornherein nicht genehmigungsfähig und eine ausländische lizenz genüge nicht dem erlaubnisvorbehalt aus § 4 abs. 1 s. 1 glüstv. sowohl der erlaubnisvorbehalt für die veranstaltung von glücksspielen als auch das internetverbot stünden mit höherrangigem recht im einklang. dieser annahme stehe auch die dienstleistungsfreiheit aus art. 56 aeuv für die veranstaltung von online-casinospiel nicht entgegen. der glüstv 2021 führen nicht zu einer rückwirkenden legalisierung. 11des weiteren würden die zwischen den parteien geschlossenen spielverträge gegen § 284 abs. 1 stgb verstoßen und seien auch deshalb gemäß § 134 bgb nichtig. für § 284 stgb reiche ein nicht gänzlich unerhebliche einsatz während für den gesamten glüstv und dessen norm eine entsprechende bagatellgrenze ohnehin nicht gelte. 12der kläger ist der ansicht, der rückforderungsausschluss gemäß § 762 abs. 1 s. 2 bgb greife nicht, weil der anwendungsbereich der norm nicht eröffnet sei, sofern der spielvertrag wegen eines gesetzesverstoßes gemäß § 134 bgb nichtig sei, wie im vorliegenden fall. 13§ 814 1. alt bgb greife nicht ein, weil der kläger nicht gewusst habe, dass die teilnahme an online-casinospielen der beklagten verboten sei. 14der anspruch sei auch nicht gemäß § 817 s. 2 1. hs bgb ausgeschlossen. es fehle bereits an einem gesetzesverstoß des klägers. zudem seien die notwendigen subjektiven voraussetzungen auf klägerseite nicht erfüllt, er sei über die legalität des glücksspielangebots der beklagten getäuscht worden. jedenfalls sei die norm des § 817 s. 2 hs 1 bgb bei vorliegen der voraussetzungen teleologisch zu reduzieren. 15die beklagte könne sich nicht mit erfolg auf eine behördliche duldung von internet glücksspielen wie casinospielen berufen. eine solche duldung sei gesetzeswidrig erfolgt. sowohl der erlaubnisvorbehalt für die veranstaltung von glücksspielen als auch das internetverbot stünden nach der höchstrichterlichen rechtsprechung mit höherrangigem recht in einklang. 16der anspruch sei nicht verjährt. er habe erst im jahr 2020 von der illegalität des angebots der beklagten erfahren. die verjährung habe daher auch erst ab diesem zeitpunkt zu laufen begonnen. die illegalität von online-casinospielen sei wegen der zivilrechtlich ungeklärten rechtslage sogar von experten nicht ohne weiteres erkennbar und entscheidbar gewesen. 17der kläger hat mit dem der beklagten am 15.02.2021 zugestellten schriftsatz zunächst beantragt, 18die beklagte zu verurteilen, an den kläger einen betrag i.h.v. 5.500,00 € nebst zinsen hieraus i.h.v. 5 prozentpunkten über dem basiszinssatz seit rechtshängigkeit zu zahlen. 19mit bei gericht am 04.03.2021 eingegangenem und der beklagten am 23.03.2021 zugestellten schriftsatz hat der kläger die klage erhöht. 20der kläger beantragt nunmehr, 21die beklagte zu verurteilen, an den kläger einen betrag i.h.v. 6.985,00 € nebst zinsen hieraus i.h.v. 5 prozentpunkten über dem basiszinssatz seit rechtshängigkeit zu zahlen. 22die beklagte beantragt, 23die klage abzuweisen. 24die beklagte rügt die internationale und örtliche zuständigkeit des landgerichts köln. in den vom kläger und jedem anderen spielkunden vor teilnahme an etwaigen spielen zu bestätigenden allgemeinen geschäftsbedingungen sei unter ziffer a.5 geregelt, dass die rechtsbeziehungen zwischen dem kläger und der beklagten dem maltesischen recht unter ausschluss der verweisungsnormen des internationalen zivilrechts unterlägen. gerichtsstand für sämtliche rechtsstreitigkeiten sei valletta/malta. die beklagte ist der ansicht, diese rechtswahl sei wirksam. zu einem rückforderungsanspruch aus maltesischen recht habe der kläger nichts vorgetragen. 25in der sache behauptet die beklagte, entgegen der behauptung des klägers biete sie keine illegalen glücksspiele im internet an. ihr angebot sei damals und heute rechtlich zulässig gewesen. 26darüber hinaus sei die klage unter mehreren gesichtspunkten unschlüssig. der kläger lege weder konkret dar, wann er welche spiele gespielt habe, wieviel er jeweils pro spiel eingezahlt habe, welche spiele er überhaupt gespielt und welche einsätze er pro spiel getätigt haben will. der auflistung eines angeblich einmalig überwiesenen betrages in höhe der klageforderung an die „c“ könne all dies nicht entnommen werden. insoweit bestreite sie, dass der kläger diese beträge bei ihr gesetzt habe, wobei er selbst eben auch nicht angebe oder schlüssig darlege, an welchen konkreten spielen er wann und mit welchem einsatz teilgenommen haben will. der vortrag des klägers zu dem angeblichen zahlungsanspruch sei nicht nachvollziehbar und widersprüchlich. so habe der kläger zunächst einen zahlungsanspruch von 5.500,00 € für einen zeitraum vom 10.01.2017 bis 11.01.2017 mit der klage geltend gemacht, wobei die vorgelegte anlage k1 einen zeitraum vom 01.10.2017 bis 01.11.2017 benenne. mit der klageerweiterung habe der kläger dann den klageweise geltend gemachten zeitraum auf den zeitraum 24.04.2015 bis 01.11.2017 ausgedehnt. dazu habe er vorgetragen, insgesamt habe er 20.745,00 € eingezahlt und 13.875,00 ausgezahlt, woraus sich eine differenz von 6.985,00 € ergebe, was die nunmehrige klageforderung ausmache. in der zuletzt vorgelegten anlage k 23 ergebe sich dagegen ein einsatz über 323.764,00 € über viele jahre seit 2011. es sei nicht nachvollziehbar und widersprüchlich, wenn der kläger nach seinem bisherigen vortrag nur 20.745,00 € eingezahlt haben soll. im übrigen sollen dieser summe nach der eingereichten aufstellung anlage k 23 auszahlungen in annähernd vergleichbare höhe entgegenstehen, sodass die auflistung eine differenz von einzahlung-auszahlung von 6.985,00 € ausweise. soweit der kläger im schriftsatz vom 18.05.2021 zudem eine summe von -6.737,68 € angegeben habe, sei diese rechnerisch nicht nachvollziehbar. weiterhin sei fraglich, weshalb der kläger einen angeblichen anspruch von 6.985,00 € für den zeitraum 2015-2017 haben soll, wenn er selbst vortrage, er habe einen gesamtverlust von 6.870,00 € im zeitraum von 2011-2017 gehabt. demnach solle der kläger im relevanten zeitraum von 2011-2017 mehr verluste gemacht haben als in dem gesamten zeitraum vom 03.12.2011 bis 11.01.2017. dies sei unschlüssig, da der verlust im zeitraum von 2015-2017 in den gesamtverlust von 2011-2017 mit einfließen würde. 27auf der internetseite www.entfernt.com würden zudem von zwei unterschiedlichen unternehmen verschiedene arten von spielen/wetten angeboten. so biete die firma c.com internet ltd., die überdies über eine bundesweit gültige sportwettenlizenz verfüge, sportwetten an, während die beklagte einige andere spielangebote offerieren, wie beispielsweise poker oder bestimmte sogenannte virtuelle automatenspiele, die nach den vorgaben der deutschen bundesländer aktuell so auch angeboten werden könnten. ob der kläger die behaupteten einzahlungen an das eine oder das andere unternehmen getätigt habe, sei nicht ersichtlich und auch nicht schlüssig vorgetragen und ebenso wenig, was konkret an spielen bei welchem der unternehmen mit welchem jeweiligen einsatz und zur teilnahme an welchen spielen getätigt worden seien. der kläger unterscheide weder nach den unterschiedlichen glücks- und geschicklichkeitsprodukten noch nach den unterschiedlichen anbietern. dies sei aber für die beurteilung, ob eine teilnahme an einem „glücksspiel“ vorliege, erforderlich. 28zudem sei darauf hinzuweisen, dass ein zivilrechtlicher vertrag zwischen dem kunden und dem anbieter eines spiels oder glücksspiels jeweils einzeln, für jedes einzelne spiel geschlossen werde. dazu fehle jeder vortrag des klägers, sodass nur bestritten werden könne, dass der kläger beim „glücksspiel“ von ihm behauptete gelder verloren habe. schon tatbestandlich werde nach herrschender rechtsprechung ein „glücksspiel“ überhaupt nur „veranstaltet“, wenn ein „nicht ganz unerheblicher geldeinsatz getätigt“ werde. für die frage der einordnung als „glücksspiel“ könne zudem erheblich sein, ob das geschicklichkeitselement oder das zufallselement überwiege. auch hierzu fehle vortrag des klägers. 29zudem werde in der rechtsprechung zu § 284 stgb und zu § 4 glüstv aktuelle fassung seit jahren auch umfangreich diskutiert, wann überhaupt die sogenannte einsatz-schwelle zur erfüllung des tatbestandes zur teilnahme an einem glücksspiel erfüllt ist, wenn nur recht niedrige einsätze getätigt werden. denn es bedürfe auch eines „nicht ganz unerheblichen einsatzes“ pro konkretem spiel, um den tatbestand der veranstaltung eines glücksspiels überhaupt erfüllen zu können. 30im übrigen verfüge die beklagte über die dafür in malta, dem veranstaltungsort der spiele, notwendigen erlaubnis, erteilt durch die zuständigen behörden in malta. auch veranstalte die beklagte keine glücksspiele in deutschland, sondern die veranstaltung von spielen erfolge in malta, wo auch der sitz der beklagten ist und das angebot von der zuständigen behörde innerhalb der eu beaufsichtigt werde. 31entgegen der behauptung des klägers sei das online-glücksspiel in deutschland nicht pauschal verboten. unter anderem poker, virtuelle automatenspiele oder auch bestimmte casinospiele seien seit jahren geduldet und werde auch heute von den behörden in deutschland fortlaufend aktiv geduldet, dies seit vielen jahren und aktuell auf grundlage eines sogenannten umlaufbeschlusses der. es habe bereits bisher eine aktive duldung des online-glücksspiels durch die verschiedenen aufsichtsbehörden in deutschland und damit verbunden ein flächendeckender vollzugsverzicht, auch in 2017, bestanden. daraus ergebe sich, dass online-glücksspiele eben nicht verboten seien, vor allem dass das formal noch im gesetz verankerte verbot des § 4 glüstv längst keine anwendung mehr finde und zudem unionrechtswidrig sei. abweichend davon seien verschiedene glücksspielangebote zudem erlaubnisfähig und erlaubt. 32es gebe weitere punkte, die jeder für sich die verbotsnorm unanwendbar gegenüber der beklagten und aller anderen unternehmen machen würde. so gebe es bis heute keinerlei daten und wissenschaftliche erhebungen, aus denen sich ergebe, dass das verbot von casinoangeboten im internet zu rechtfertigen wäre, wenn gleichzeitig aber sportwetten und pferdewetten im internet angeboten werden dürften. es sei unionsrechtswidrig, dann das verbot zu manifestieren. es sei auch nicht ersichtlich und verhältnismäßig, dass in stationären spielbanken die kasinoangebote offeriert und beworben werden dürfen, dies aber im internet nicht zulässig sein soll. 33weiter könne es nicht dem kohärenzgebot entsprechen, wenn in schleswig-holstein online-kasinospiel erlaubt seien und aktiv im internet angeboten werden, in den anderen bundesländern aber nicht. die weiterhin massive bewerbung von staatlichen lotterieprodukten konterkariere ebenfalls nicht nur das sportwettenmonopol, sondern auch das verbot von anderen online-spielangeboten. 34im übrigen hätte der kläger selbst dann keinen anspruch gegen die beklagte, wenn er - was bestritten werde - konkret bei irgendeinem angeblich nicht erlaubten glücksspiel teilgenommen hätte. denn dann stünde einem nur theoretischen rückzahlungsanspruch des klägers jedenfalls § 762 abs. 1 s. 2 bgb entgegen. auch stünde einem solchen anspruch darüber hinaus § 817 s. 2 bgb entgegen. insoweit sei naturgemäß davon auszugehen, dass dem kläger auch bewusst gewesen sei, dass die spielteilnahme an etwaigen spielen oder wetten, die nicht einmal differenziert aufgezeigt werden, möglicherweise rechtlich problematisch sein könnten und jedenfalls womöglich gegen eine, wenn auch aus sicht der beklagten unanwendbare verbotsregelung verstoßen könnte. dies insbesondere vor dem hintergrund, dass in den allgemeinen geschäftsbedingungen der beklagten, die über die website der beklagten abrufbar seien, unter anderem darauf hingewiesen werde, dass online-glücksspiel und/oder -wetten gemäß der gesetzgebung im heimatland des kunden wie auch gemäß der gesetzgebung des aufenthaltsstaates illegal sein können und es ausschließlich im verantwortungsbereich des kunden liege, sich über etwaige beschränkungen und/oder verbote in seinem jeweiligen heimatland bzw. im aufenthaltsstaat zu informieren. der kläger habe diese agb zur kenntnis genommen und diese auch bestätigt. selbst wenn er diese nicht aktiv im detail zur kenntnis genommen hätte, wäre er so zu behandeln, als hätte er davon gewusst, jedenfalls habe der kläger eine etwaige illegalität billigend in kauf genommen. zudem habe der kläger selbst vorgetragen, über mehrere jahre an online-casinospielen teilgenommen und die tv-werbung zu online-casino spielen zu kennen. in dieser werbung werde regelmäßig darauf hingewiesen, dass die online-casinospiele nur in schleswig-holstein zulässig seien. 35wenn der kläger nun in nicht schlüssiger form im übrigen vortragen lasse, er habe bereits verluste seit 2011 gemacht, berufe sich die beklagte vorsorglich auf die einrede der verjährung. da der kläger offenbar bereits seit über 10 jahren bei online-anbietern spiele, werde er naturgemäß schon deshalb kenntnis von der sach- und rechtslage, insbesondere auch von der verbotsregelung im glüstv 2012 gehabt haben. hätte er sich über 10 jahre nicht damit befasst, obwohl er sogar in den agbs der beklagten auf die unterschiedlichen rechtslagen in unterschiedlichen ländern und der selbstständigen erkundigungspflicht hingewiesen werde, so hätte er sich bewusst dieser einsicht verschlossen. hinzu komme, dass über die jahre, auch von 2015-2017, in nahezu jedem deutschen fernsehsender regelmäßig werbung für online-casinoanbieter zu sehen sei und zu sehen gewesen sei, in der am ende der werbung stets drauf hingewiesen worden sei, dass das angebot des casinosspiels nur für das land schleswig-holstein bzw. spieler, die sich dort aufhielten, gelte. eine andere teilnahme sei nicht zulässig. auch diese fernsehwerbung werde jedermann wahrgenommen haben. soweit der kläger vortrage, über die illegalität nichts gewusst zu haben, da aus seiner sicht die tägliche aggressive werbung im tv für eine legalität gesprochen habe, habe er selbst bestätigt, dass ihm die tv-werbung bekannt sei und gewesen sei, er diese sogar täglich wahrgenommen habe. mithin werde er auch die hinweise gesehen und gehört haben, wonach das angebot der online-casinoanbieter nur und ausschließlich in schleswig-holstein erlaubt war und ist. 36wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird bezug genommen auf die von den parteien zur akte gereichten schriftsätze nebst anlagen. 37
38die klage ist zulässig und weit überwiegend begründet. 39i. das lg köln ist gemäß art. 7 nr. 1 lit. b), 2. der vo nr. 1215/2021, art. 5 nr. 1 lit b) brüssel-i-vo (eugvvo) international und örtlich zuständig, da nach dem vortrag der kläger seinen wohnsitz in köln/deutschland hat und er nach seinem vortrag ausschließlich von dort aus über die deutschsprachige internetdomain der beklagten an unerlaubten online-glücksspielen (casinospielen) teilgenommen hat und die abbuchungen über sein in deutschland geführtes girokonto erfolgten. die beklagte übt ihre gewerbliche tätigkeit in deutschland aus. sie hat ihr gewerbliches angebot der veranstaltung von glücksspielen auf deutschland ausgerichtet, indem sie ihre dienste über ihre deutschsprachige internetdomain kunden in deutschland angeboten hat. 40die beklagten kann sich nicht mit erfolg auf eine gerichtsstandsvereinbarung in ziffer a.5 ihrer allgemeinen geschäftsbedingungen berufen, wonach die rechtsbeziehungen zwischen dem kläger und der beklagten dem maltesischen recht unter ausschluss der verweisungsnormen des internationalen zivilrechts unterlägen und gerichtsstand für sämtliche rechtsstreitigkeiten valletta/malta sei. 41diese gerichtsstandklausel ist - ungeachtet der frage der streitigen einbeziehung der agb - deshalb nicht maßgeblich, weil eine solche klausel, die in einem vertrag zwischen einem verbraucher, nämlich dem spielenden, und einem gewerbetreibenden, nämlich dem betreiber der online-glücksspiele (casinospiele), enthalten ist, ohne im einzelnen ausgehandelt worden zu sein, und die dem gericht, in dessen bezirk sich der sitz der betreibergesellschaft befindet, eine ausschließliche zuständigkeit zuweist, als missbräuchlich im sinne von art. 3 abs. 1 der richtlinie 93/13/ewg des rates vom 5. april 1993 über missbräuchliche klauseln in verbraucherverträgen anzusehen ist (vgl. eugh, urteil vom 18.11.2020, c-519/19 zu streitigkeiten zwischen verbrauchern und fluggesellschaften, juris). die richtlinie 93/13 gilt nämlich nach ihrem art. 1 abs. 1 und ihrem art. 3 abs. 1 für klauseln in verträgen zwischen einem gewerbetreibenden und einem verbraucher, die nicht im einzelnen ausgehandelt wurden (eugh, urteil vom 18.11.2020, c. 519/19, rn 55, juris m.w.n). 42ii. auf den jeweiligen spielvertrag ist gemäß art. 6 rom-i-verordnung deutsches recht anzuwenden, da nach dem schlüssigen vortrag des klägers er seinen gewöhnlichen aufenthalt in deutschland hat, er von seiner wohnung in köln aus über die deutschsprachige internetdomain der beklagten an den online-casinospielen teilgenommen hat und die abbuchungen über sein in deutschland geführtes girokonto erfolgten. 43die von der beklagten in ihren allgemeinen geschäftsbedingungen enthaltene rechtswahlklausel steht dem nicht entgegen. es kann dahinstehen, ob die rechtswahlklausel, mit dem maltesisches recht gewählt wurde, wirksam in den spielvertrag einbezogen wurde, denn die vereinbarung der anwendung von maltesichem recht in den agb der beklagten ist wegen verstoßes gegen die richtlinie eg 93/13 (klausel-rl) und wegen verstoßes gegen art. 14 abs. 1 s. 1 lit. a) rom-ii-vo unwirksam. 44iii. der kläger hat gegen die beklagte einen anspruch auf zahlung von 6.984,68 € aus § 812 abs. 1 s. 1 1. alt. bgb. 451.a) die beklagte ist passivlegitimiert. das nach unwidersprochenem vortrag des klägers ihm von der beklagten übergebene dokumente „list auf sport stakes and winnings“ gemäß anlage k 11 (bl. 234 d.a.) belegt die passivlegitimation der beklagten. zudem ist die beklagte dem weiteren vortrag des klägers, gemäß der agb der webseite www.entfernt.com würden sich die beiden gesellschaften c internet limited und die beklagte das geschäft in der weise teilen, dass die beklagte für das online-casinogeschäft zuständig (gewesen) sei und die c internet limited für sportwetten, nicht erheblich entgegengetragen. das - pauschale - bestreiten der beklagten ist daher unerheblich. 46b) die beklagte hat die vom kläger in der replik im einzelnen dargelegten zahlungen erhalten. dies wird belegt durch die vom kläger vorgelegte anlage k9 „transactions to account number“ (bl. 231 d.a.). nach unwidersprochenem vortrag des klägers wurde ihm diese auflistung von der beklagten übergeben. das bestreiten der beklagten ist vor diesem hintergrund unschlüssig. 47c) der kläger hat den anspruch auch im übrigen schlüssig dargelegt. 48soweit der kläger in der klageschrift als zeitraum zunächst angegeben hatte 10.01.2017 - 11.01.2017 und er im schriftsatz vom 03.03.2021 als datum 01.11.2017 angegeben hat, so wie in anlage k 1 und k19, handelt es sich vor dem hintergrund der anl. k23 (ao), in welcher ein zeitraum bis 11.01.2017 angegeben und substantiiert dargelegt, offensichtlich um einen irrtum, den der kläger mit schriftsatz vom 18.05.2021 korrigiert hat. 49auch die übrigen einwendungen der beklagten gegen die schlüssigkeit der klageforderung greifen nicht. soweit der kläger im schriftsatz am 18.05.2021 für die jahre 2011-2017 als gesamtbetrag bezüglich der einzahlung die summe von 20.745,00 euro und einen verlust in höhe eines gesamtbetrages von 6.737,68 € angegeben hat, hat er diese beträge substantiiert in den aufstellungen seite 3-4 und 5-8 des vorgenannten schriftsatzes dargelegt. es ist auch nicht unschlüssig, dass bezogen auf die jahre 2015-2017 ein höherer verlust seitens des klägers geltend gemacht wird. denn sowohl nach seinem vortrag als auch nach den vorgenannten aufstellungen ergab die gegenüberstellung der ein- und auszahlungen beschränkt auf die jahre 2015 bis 2017 in diesem zeitraum einen saldo von 6.984,68 €. dies entspricht auch dem betrag, der in der anlage k 23 letztlich als gesamtverlust ausgewiesen wird. in der anlage k 23 hat der kläger sämtliche spielvorgänge und den daraus resultierende gesamteinsatz aufgelistet. dem ist die beklagte nicht erheblich entgegengetreten. aus der anlage k 23 ist auch ersichtlich, dass der kläger spieleinsätze in jahr 2011 und dann erst wieder 2015 getätigt hat. 502. die beklagte hat die zahlungen des klägers ohne rechtsgrund erlangt. denn die spielverträge zwischen den parteien sind gemäß §§ 134 bgb, § 4 glüstv unwirksam. 51a) die beklagten wird mit dem internetangebot der casinospiele in deutschland und damit auch in nordrhein-westfalen tätig. nach unwidersprochenem vortrag des klägers richtet die beklagte ihr angebot in deutscher sprache auf den deutschen markt aus und lässt, insoweit unstreitig, deutsche spieler zu. damit wendet sich die beklagten mit ihren spielangeboten gerade auch an verbraucher in deutschland. damit veranstaltet und vermittelt sie ihre glücksspiele in deutschland, so dass der anwendungsbereich des glücksspielstaatsvertrags eröffnet ist (vgl. § 3 abs. 4 glüstv). dabei ist unerheblich, ob sich der server und sämtliche einrichtungen der beklagten außerhalb deutschlands befinden. bei nutzung des internets wird die möglichkeit zur spielteilnahme nicht am sitz des veranstalters, sondern am wohnsitz des spielers oder einem anderen standort seines computers eröffnet (vgl. bgh, urteil vom 28. september 2011 – i zr 93/10 –, rn. 26, juris). 52b) die beklagte hat gegen den im streitgegenständlichen zeitraum geltenden § 4 abs. 4 glüstv 2012 verstoßen. 53nach § 4 abs. 1 glüstv ist das veranstalten oder vermitteln von öffentlichen glücksspielen nur mit behördlicher erlaubnis zulässig und im internet nach § 4 abs. 4 glüstv grundsätzlich verboten, vorbehaltlich der in § 4 abs. 5 glüstv eröffneten ausnahmen (verbot mit befreiungsvorbehalt). 54ein glücksspiel liegt vor, wenn für den erwerb einer zumindest überwiegend zufallsabhängigen gewinnchance ein entgelt bezahlt wird, § 3 abs. 1 satz 1 glüstv. das glücksspiel ist öffentlich, wenn für einen größeren, nicht geschlossenen personenkreis eine teilnahmemöglichkeit besteht, § 3 abs. 2 glüstv. beides ist bei den von der beklagten angebotenen sog. online-casinospielen der fall (vgl.olg köln, urteil vom 10. mai 2019 – i-6 u 196/18 –, rn. 62 - 64, juris). 55die beklagte verfügt über keine deutsche erlaubnis für das veranstalten oder vermitteln öffentlicher glücksspiele. eine ihr im eu-ausland (malta) erteilte konzession ist für das vorliegende verfahren ohne belang (vgl. olg köln, urteil vom 10. mai 2019 – i-6 u 196/18 –, rn. 66, juris). 56die beklagte kann sich nicht mit erfolg darauf berufen, dass die in bezug auf online-glücksspiele als totalverbot ohne erlaubnismöglichkeit ausgestaltete regelung unionsrechtswidrig sei und daher keine anwendung als verbotsgesetz finden könne. die vorschriften des glüstv verstoßen nicht gegen die dienstleistungsfreiheit gemäß art. 56 aeuv. streitentscheidend ist nicht, ob alle vorschriften des glüstv oder auch nur das deutsche glücksspielmonopol mit dem unionsrecht in einklang stehen. maßgeblich ist allein die frage, ob das internetverbot des § 4 abs. 4 glüstv mit dem unionsrecht zu vereinbaren ist, da die unionsrechtliche prüfung grundsätzlich für jede nationale beschränkung im bereich der glücksspiele gesondert zu erfolgen hat (vgl. eugh c-46/08 - carmen media, juris-tz. 60; bgh grur 2012, 193 - sportwetten im internet ii, juris.tz. 48, olg köln, urteil vom 10. mai 2019 – i-6 u 196/18 –, rn. 67 - 69, juris). 57wie bereits das olg köln in seinem urteil vom 10. mai 2019 (– i-6 u 196/18 –, rn. 70, juris) unter verweis auf das bverwg ausführt, hat das bverwg die frage der vereinbarkeit des § 4 abs. 4 glüstv mit unionsrecht in einer entscheidung aus oktober 2017 (bverwge 160, 193 - internetverbot für drei glücksspielarten, juris-tz. 30 ff.) überzeugend bejaht. das bundesverwaltungsgericht hat - wie auch schon der bundesgerichtshof zu § 4 glüstv 2008 (vgl. urteil v. 28. september 2011, i zr 93/10, juris) - unter umfassender berücksichtigung der rechtsprechung des europäischen gerichtshofs ausgeführt: 58„b) soweit der bescheid vom 21. januar 2010 auf die untersagung des online-poker- und online-casinospielangebots zielt, kann der klägerin das internetverbot des § 4 abs. 4 und 5 glüstv 2012 entgegengehalten werden. es steht mit verfassungs- und unionsrecht im einklang. wie der senat ..., das bundesverfassungsgericht ... und der europäische gerichtshof ... zum damaligen § 4 abs. 4 glüstv 2008 bereits entschieden haben, ist ein generelles internetverbot für öffentliches glücksspiel mit dem grundrecht der berufsfreiheit und dem allgemeinen gleichheitssatz sowie mit unionsrecht vereinbar. dass nunmehr nach § 4 abs. 5 des geänderten glücksspielstaatsvertrages der eigenvertrieb und die vermittlung von lotterien sowie die veranstaltung und vermittlung von sport- bzw. pferdewetten (vgl. § 27 abs. 2 glüstv 2012) im internet erlaubt werden können, führt zu keiner anderen rechtlichen bewertung. 59aa) mit dem internetverbot werden in nicht diskriminierender weise verfassungs- und unionsrechtlich legitime gemeinwohlziele, insbesondere des jugendschutzes sowie der bekämpfung der spielsucht und begleitkriminalität, verfolgt. in der eben zitierten rechtsprechung des bundesverfassungsgerichts und des europäischen gerichtshofs ist anerkannt, dass glücksspiele im internet die genannten ziele in besonderem maße gefährden, weil das anbieten von spielen über das internet spezifische gefahren mit sich bringt. schon wegen des fehlenden unmittelbaren kontakts zwischen dem verbraucher und dem anbieter bergen online-glücksspiele anders geartete und größere gefahren des auftretens krimineller verhaltensweisen wie der betrügerischen manipulation und der geldwäsche. zudem begründen die eigenheiten des internets, verglichen mit herkömmlichen vertriebsformen, anders geartete und größere gefahren, insbesondere für jugendliche und für personen, die eine besonders ausgeprägte spielneigung besitzen oder entwickeln könnten. auch der besonders leichte und ständige zugang zu den im internet angebotenen spielen sowie die potenziell große menge und frequenz von spielangeboten in einem umfeld, das überdies durch die isolation des spielers, durch anonymität und durch fehlende soziale kontrolle gekennzeichnet ist, stellen faktoren dar, die die entwicklung von spielsucht und übermäßige ausgaben für das spielen begünstigen und deshalb die damit verbundenen negativen sozialen und moralischen folgen vergrößern können ... 60dass sich an diesem befund zwischenzeitlich etwas geändert hätte, ist weder berufungsgerichtlich festgestellt noch vorgetragen oder im hinblick auf die weiterhin bestehenden besonderheiten des internets sonst ersichtlich. gerade in anbetracht der spezifischen gefahren, die mit dem anbieten von glücksspielen über das internet verbunden sind, haben die länder das internetverbot grundsätzlich beibehalten ... den spezifischen sucht-, betrugs-, manipulations- und kriminalitätspotenzialen der einzelnen glücksspielformen soll nunmehr lediglich mit differenzierten maßnahmen begegnet werden (§ 1 satz 2 glüstv 2012). so soll die in § 1 satz 1 nr. 2 glüstv 2012 hervorgehobene schwarzmarktbekämpfung unter anderem durch die teilweise öffnung des internets für erlaubte lotterie- sowie sport- und pferdewettangebote verwirklicht werden. damit wird bezweckt, die nachfrage spielaffiner personen in richtung der legalen angebote und bei diesen wiederum in richtung der, insbesondere aus suchtpräventiven gesichtspunkten weniger gefahrenträchtigen spielformen zu lenken (amtl. erl. s. 6 = lt-drs. bw 15/1570, s. 53). das online-verbot von casinospielen und poker hat der gesetzgeber hingegen beibehalten, da bei diesen spielen ein herausragendes suchtpotenzial, eine hohe manipulationsanfälligkeit und eine anfälligkeit zur nutzung für geldwäsche bestünden (amtl. erl. s. 12 = lt-drs. bw 15/1570, s. 59). 61ausgehend von den dargestellten legitimen gemeinwohlzielen ist das internetverbot auch nach dem neuen glücksspielstaatsvertrag verfassungs- (bb) und unionsrechtskonform (cc). 62bb) das internetverbot verstößt weiterhin nicht gegen art. 12 abs. 1 gg ... 63cc) das internetverbot des § 4 abs. 4 und 5 glüstv 2012 ist auch mit unionsrecht vereinbar. es schränkt zwar die durch art. 56 f. aeuv gewährleistete dienstleistungsfreiheit von glücksspielanbietern ein, die - wie die klägerin - ihren sitz in anderen mitgliedstaaten der europäischen union haben und ihre dienstleistungen im bundesgebiet erbringen wollen. diese beschränkung ist aber gerechtfertigt, weil sie auch im unionsrechtlichen sinne verhältnismäßig und insbesondere geeignet ist, zur erreichung der mit ihr verfolgten gemeinwohlzwecke in systematischer und kohärenter weise beizutragen. 64es ist grundsätzlich sache des mitgliedstaates, das nationale schutzniveau in bezug auf glücksspiele selbst zu bestimmen und die erforderlichkeit einzelner maßnahmen zu beurteilen ... die staatlichen stellen verfügen im besonderen bereich der veranstaltung von glücksspielen über ein ausreichendes ermessen, um festzulegen, welche erfordernisse sich aus dem schutz der verbraucher und der sozialordnung ergeben ... gleichwohl obliegt es dem mitgliedstaat, der sich auf ein ziel berufen möchte, mit dem sich eine beschränkung des freien dienstleistungsverkehrs rechtfertigen lässt, dem gericht, das über diese frage zu entscheiden hat, alle umstände darzulegen, anhand derer dieses gericht sich vergewissern kann, dass die maßnahme tatsächlich den sich aus dem grundsatz der verhältnismäßigkeit ergebenden anforderungen genügt ... das nationale gericht muss eine gesamtwürdigung der umstände vornehmen, unter denen die streitigen restriktiven rechtsvorschriften erlassen und durchgeführt worden sind ... 65ausgehend von diesen maßstäben steht die eignung des internetverbots zur verfolgung der legitimen gemeinwohlziele des glücksspielstaatsvertrages nicht in zweifel. mit der kontrollierten zulassung des vertriebswegs internet für lotterien sowie sport- und pferdewetten soll den unerlaubten angeboten im internet zur besseren erreichung der ziele des § 1 glüstv 2012 eine legale, sichere und den spielerschutz gewährleistende alternative gegenübergestellt werden. eine begrenzte erlaubnis von glücksspielen im rahmen von sonder- oder ausschließlichkeitsrechten kann der verwirklichung der im allgemeininteresse liegenden ziele des verbraucherschutzes und des schutzes der sozialordnung dienen, da sie die spiellust und den betrieb der spiele in kontrollierte bahnen lenkt ... etwaige praktische probleme des staates, verbote im glücksspielwesen wirksam durchzusetzen, insbesondere im zusammenhang mit dem internet als einem schwer zu kontrollierenden transnationalen medium, vermögen die grundsätzliche eignung der maßnahme nicht in frage zu stellen ... 66das internetverbot trägt auch nach zulassung der ausnahmen für lotterien sowie sport- und pferdewetten in systematischer und kohärenter weise zur erreichung der dargelegten ziele des glücksspielstaatsvertrages bei. der europäische gerichtshof hat die unionsrechtlichen anforderungen aus dem kohärenzgebot für den bereich des glücksspiels dahin konkretisiert, dass regelungen im monopolbereich zur sicherung ihrer binnenkohärenz an einer tatsächlichen verfolgung unionsrechtlich legitimer ziele ausgerichtet sein müssen. über den monopolsektor hinausgreifend fordert das kohärenzgebot, dass eine die dienstleistungsfreiheit einschränkende regelung nicht durch eine gegenläufige mitgliedstaatliche politik in anderen glücksspielbereichen mit gleich hohem oder höherem suchtpotenzial in einer weise konterkariert werden darf, die ihre eignung zur zielerreichung aufhebt ... hingegen verpflichten die unionsrechtlichen grundfreiheiten den mitgliedstaat nicht zu einer sämtliche glücksspielsektoren und föderale zuständigkeiten übergreifenden gesamtkohärenz glücksspielrechtlicher maßnahmen ... 67die teilweise zulassung der veranstaltung und vermittlung von glücksspielen im internet widerspricht keiner konsequenten eindämmung der den glücksspielen immanenten gefahren. sie bezieht sich lediglich auf die nach einschätzung des gesetzgebers unter suchtpräventiven gesichtspunkten weniger gefährlichen lotterien sowie sport- und pferdewetten. das demgegenüber höhere suchtpotenzial von online-casinospielen und online-poker haben die länder in ihren amtlichen erläuterungen zum glücksspielstaatsvertrag unter bezugnahme auf eingeholte studien und berichte hinreichend dargestellt. diese glücksspiele weisen nach der entsprechenden einschätzung der länder außerdem eine gegenüber anderen glücksspielangeboten höhere anfälligkeit für manipulationen und die nutzung für geldwäsche auf (vgl. amtl. erl. s. 12 = lt-drs. bw 15/1570, s. 59). darüber hinaus ist die ausnahmsweise erlaubniserteilung für lotterien sowie sport- und pferdewetten im internet nach § 4 abs. 5 glüstv 2012 an strenge voraussetzungen geknüpft, die dem spezifischen gefährdungspotenzial des online-glücksspiels rechnung tragen ... insbesondere ist gemäß § 4 abs. 5 nr. 3 glüstv 2012 eine erlaubnis für solche online-glücksspiele ausgeschlossen, bei denen besondere suchtanreize durch schnelle wiederholung bestehen. lotterien mit hoher ziehungsfrequenz, die dadurch zum weiterspielen animieren, sind im internet daher nicht erlaubnisfähig. entsprechendes gilt für sportwetten, bei denen nach § 21 abs. 4 satz 4 glüstv 2012 ein generelles verbot von live-ereigniswetten besteht. auch im übrigen ist nicht ersichtlich, inwieweit die begrenzte und regulierte zulassung von lotterien sowie sport- und pferdewetten im internet die erreichung des ziels der suchtbekämpfung bei im internet weiterhin verbotenen glücksspielen konterkarieren würde. 68dass es bei der prüfung der unionsrechtlichen verhältnismäßigkeit einer restriktiven nationalen regelung im bereich der glücksspiele nicht nur auf die zielsetzung dieser regelung im moment ihres erlasses ankommt, sondern auch auf die nach ihrem erlass zu bewertenden auswirkungen ..., führt zu keiner anderen beurteilung. vorliegend ist zu berücksichtigen, dass die partielle und streng regulierte öffnung des internetvertriebswegs hinsichtlich der sportwetten ausdrücklich experimentiercharakter hat (vgl. § 10a glüstv 2012). im rahmen der experimentierklausel soll erprobt werden, ob sich durch ein kontrolliertes angebot privater konzessionäre die ziele des glücksspielstaatsvertrages, insbesondere das ziel, den schwarzmarkt zurückzuführen bzw. in ein legales feld zu überführen (vgl. amtl. erl. s. 8 = lt-drs. bw 15/1570, s. 55), besser verwirklichen lassen. die experimentierklausel ist gerade darauf angelegt, erfahrungen zu sammeln und die ergebnisse der probeweisen öffnung systematisch zu beobachten und auszuwerten (vgl. amtl. erl. s. 10 = lt-drs. bw 15/1570, s. 57). da dieses experiment noch nicht abgeschlossen ist, sondern die erteilung der zahlenmäßig limitierten sportwettenkonzessionen angesichts noch hierzu anhängiger gerichtlicher verfahren weiterhin aussteht, kann die probeweise öffnung des vertriebswegs internet, insbesondere hinsichtlich seiner eignung, noch nicht abschließend bewertet werden. die beschränkte öffnung für online-lotterien und -pferdewetten steht zwar nicht unter diesem experimentiervorbehalt. es fehlen aber jegliche anhaltspunkte dafür, dass die regulierte öffnung dieser glücksspielarten eine allgemeine spielleidenschaft über diesen begrenzten markt hinaus entfacht hätte.“ 69der kammer schließt sich dieser überzeugend begründeten ansicht an, zumal der bundesgerichtshof bereits den § 4 abs. 4 glüstv a.f., der ein absolutes online-verbot vorgesehen hatte, allerdings mit einer geduldeten ausnahme für pferdewetten, als europarechtskonform angesehen hat (bgh grur 2012, 193 - sportwetten im internet ii, juris-tz. 39 ff., 57 ff; dem eugh war diese ausnahme bei seiner rechtsprechung zu § 4 glüstv, carmen media, bekannt, s. bgh a.a.o., juris-tz. 79). 70die von der beklagten angeführten ince-entscheidung des eugh (c-336/14) steht der durch die kammer übernommenen ansicht des bverwg nicht entgegen (und war dem bverwg im übrigen bekannt, s. bverwge 160, 193 - internetverbot für drei glücksspielarten, juris-tz. 45); sie betrifft die vermittlung von sportwetten vor ort, nicht das online-verbot des § 4 abs. 4 glüstv. 71die o.a. entscheidung des bverwg ist auf die von der beklagten angebotenen online-casinospiele unmittelbar anwendbar (vgl. olg köln, urteil vom 10. mai 2019 – i-6 u 196/18 –, rn. 71 - 84, juris). 72dass das internetverbot faktisch glücksspielanbieter außerhalb deutschlands stärker als solche, die im inland ansässig sind, beeinträchtigt, weil ihnen ein für den unmittelbaren zugang zum deutschen markt besonders wirksames vermarktungsmittel genommen wird, steht einer unionsrechtlichen rechtfertigung des internetverbots nicht entgegen. vielmehr kommt es auch dann darauf an, ob diese beschränkung zwingenden belangen des allgemeinwohls dient, kohärent und systematisch zur begrenzung der glücksspieltätigkeit beiträgt und nicht über das erforderliche maß hinausgeht (s. bgh grur 2012, 193 - sportwetten im internet ii, juris-tz. 40). das verbot von online-casinospielen trägt systematisch zur begrenzung des glücksspielangebotes und lenkung der wettleidenschaft sowie des jugend- und spielerschutzes bei. eine inkohärente regelung liegt nicht vor (vgl. olg köln, urteil vom 10. mai 2019 – i-6 u 196/18 –, rn. 86, juris). 73aufgrund des bestehenden totalverbots für online-casinospiele kommt es nicht darauf an, ob die beklagte sich um eine erlaubnis hätte bemühen müssen. aber selbst wenn - wie nicht - § 4 abs. 4 glüstv unionsrechtswidrig sein sollte, wäre die beklagte jedenfalls nicht davon befreit, sich um eine erlaubnis zu bemühen, weil selbst ein inkohärentes internetverbot nicht dazu führen würde, dass casionospiele gänzlich ohne erlaubnis angeboten werden dürften (vgl. bverwg zfwg 2015, 227 - untersagung der vermittlung von glücksspielen über das internet, juris-tz. 30; olg köln, urteil vom 10. mai 2019 – i-6 u 196/18 –, rn. 87, juris). unerheblich ist deshalb auch der einwand der beklagten, online-casinospiele bzw. online-glücksspiele seien bisher behördlich geduldet worden. 74c) der glücksspielstaatsvertrag und insbesondere das internetverbot des § 4 abs. 4 glüspv sind formell und materiell mit dem verfassungsrecht vereinbar (bverwge 160, 193 ff; schon früher bgh, urteil vom 28. september 2011 – i zr 93/10 –, rn. 27 - 74, juris). die länder haben mit dem glücksspielstaatsvertrag ihre kompetenzen nicht überschritten. von einer möglichen gesetzgebungskompetenz nach art. 74 abs. 1 nr. 11 gg hat der bund ungeachtet der regelungen in §§ 33c ff. gewo jedenfalls nicht in der weise gebrauch gemacht, dass die länder an den im glücksspielstaatsvertrag getroffenen regelungen gemäß art. 72 abs. 1 gg gehindert wären (bverfg, kammerbeschluss vom 14. oktober 2008 - 1 bvr 928/08, nvwz 2008, 1338 rn. 25; früher bgh, urteil vom 28. september 2011 – i zr 93/10). der glücksspielstaatsvertrag ist auch materiell verfassungsgemäß. die durch ihn bewirkten eingriffe in das grundrecht der berufsfreiheit (art. 12 gg) sind, wie ausgeführt, durch überragend wichtige gemeinwohlziele gerechtfertigt, nämlich den schutz der bevölkerung vor den gefahren der glücksspielsucht und vor der mit glücksspielen verbundenen folge- und begleitkriminalität. 753. a) der bereicherungsanspruch scheitert nicht an § 817 satz 2 bgb. danach ist eine rückforderung ausgeschlossen, wenn dem leistenden gleichfalls ein gesetzes- oder sittenverstoß zur last fällt. 76es kann hier dahin stehen, ob dem kläger objektiv ein gesetzes- oder sittenverstoß anzulasten ist. es fehlt jedenfalls an den erforderlichen subjektiven voraussetzungen. der leistende muss sich zumindest leichtfertig dem gesetzes- oder sittenverstoß verschlossen haben. die darlegungs- und beweislast hierfür trägt die beklagte (vgl. palandt, 79. aufl. 2020, § 817, rn. 24). ihrer darlegungslast ist die beklagte nicht nachgekommen. 77der kläger hat angegeben, dass er davon ausging, dass es sich um ein legales online-glücksspiel handele. die beklagte gibt an, über eine lizenz zu verfügen und hat ihren geschäftsbetrieb zudem gezielt auf den deutschen markt ausgerichtet, indem die internetseite auf deutsch verfügbar ist, die vertragssprache deutsch ist, die allgemeinen geschäftsbedingungen auf deutsch sind. der kläger hat angegeben, er sei davon ausgegangen, dass das spielen bei der beklagten legal sei. dies insbesondere aufgrund der tatsache, dass werbung betrieben werde oder auch im internet. es ist deshalb bereits fraglich, ob sich der kläger der einsicht der illegalität des spiels leichtfertig verschlossen hat. für einen nicht juristisch gebildeten laien stellt sich die gesetzeslage zu derartigen glücksspielen jedenfalls völlig unübersichtlich dar. die beklagte hat selbst vorgetragen, in ihren agb lediglich darauf hingewiesen zu haben, dass das spielen illegal sein könnte. dies stellt eine unzureichende aufklärung dar, deren unzulänglichkeit nicht dadurch beseitigt werden kann, dass dem spieler im wege von agb einseitig eine erkundigungspflicht auferlegt und das risiko der illegalität auf ihn abgewälzt wird. insofern führt weder ein zeitraum von mehreren jahren des spielens noch die kenntnis von tv-werbung dazu, dass von einer kenntnis des klägers von der illegalität auszugehen wäre oder dass er sich dieser kenntnis leichtfertig verschlossen hat. im übrigen ist nicht dargelegt, dass sich die tv-werbung auch auf die beklagte bezog. 78hinzu kommt folgendes: die beklagte ist insoweit allgemein bekannt im bereich online-gaming und online-sportwetten tätig. die bei der beklagten dann tatsächlich vorliegende aufspaltung ist einem außenstehenden dritten in dieser form weder bekannt noch bewusst. insoweit hat die beklagte in deutschland eine konzession für sportwetten erhalten. darüber hinaus wirbt die beklagte auf der streitgegenständlichen internetseite damit, dass eine konzession für malta vorliegt. einer privatperson ist es insoweit schwer möglich nachzuvollziehen, dass dies dann zu einem illegalen glücksspiel führt, noch dazu, weil die beklagte die gesamte internetseite auf den deutschsprachigen markt angelegt hat. 79unabhängig davon steht § 817 satz 2 bgb dem anspruch auch deshalb nicht entgegen, weil nämlich die kondiktionssperre teleologisch einzuschränken ist (so auch landgericht coburg, urteil vom 11.05.2021, az: 23 0 416/20, vom kläger vorgelegt als anlage k 7, bl. 335 ff. d.a.). die kondiktion darf nicht gemäß § 817 satz 2 bgb deswegen ausgeschlossen sein, soweit der verbleib der leistung beim empfänger weiteren gesetzes- oder sittenwidrigen handlungen vorschub leisten bzw. diese geradezu erzwingen oder legalisieren würde. die kondiktionssperre würde ansonsten den anreiz sittenwidriges handeln bilden. dies hat der bundesgerichtshof beispielsweise im falle von sogenannten „schenk-kreisen" angenommen (vgl. bgh, urteil vom 10. november 2005, iii zr 72/05, juris). auch bei einzahlung von beiträgen in ein sogenanntes schneeball-system wurde die vorschrift des § 817 satz 2 bgb schutzzweckorientiert eingeschränkt. würde man die kondiktionssperre anwenden, so würden die initiatoren solcher systeme zum weitermachen geradezu eingeladen. auf die frage, ob die teilnehmer sich leichtfertig der einsicht in die sittenwidrigkeit eines solchen spielsystems verschlossen haben, kommt es nach ansicht des bgh folglich nicht mehr an. diese rechtsprechung ist auf den vorliegenden fall zu übertragen. insbesondere die zugedachte präventionswirkung des § 4 abs. 4 glüstv macht die einschränkung erforderlich (so auch landgericht coburg, urteil vom 11.05.2021, az: 23 0 416/20). 80es ist hierbei maßgeblich auf den zweck des verbotsgesetzes abzustellen. der gesetzgeber hat sich mit § 4 abs. 4 glückstv bewusst für ein absolutes verbot von casino-spielen im internet entschieden. angesichts der hohen manipulationsanfälligkeit solcher spiele und ihrem herausragenden suchtpotenzial sowie ihrer anfälligkeit für eine nutzung zu zwecken der geldwäsche erscheint es nicht vertretbar, auch hier das internet als vertriebsweg zu eröffnen, so die gesetzesbegründung. weiter wird ausgeführt, dass das angebot solcher spiele im internet mit nachdruck bekämpft werden soll, insbesondere auch durch maßnahmen zur unterbindung entsprechender zahlungsströme. 81die beklagte hat aus einem anderen mitgliedsstaat der eu heraus ein nach deutschem recht nicht genehmigtes casino-spiel im internet veranstaltet und damit gegen diese vorschrift verstoßen. würde die kondiktionssperre greifen, würde die initiatorin zum weitermachen geradezu eingeladen. es erfolgt eine „quasi" legalisierung. die regelungen des glüstv sind insbesondere dazu bestimmt, dem schutz der spielteilnehmer vor suchtfördernden, ruinösen und/oder betrügerischen erscheinungsform des glücksspiels zu schützen. diese intension des verbotsgesetzes würde jedoch vollständig unterlaufen, wenn die spieleinsätze, die ein spieler tätigt, in zivilrechtlicher hinsicht kondiktionsfest wären, also dem anbieter des verbotenen glücksspiels dauerhaft verblieben (vgl. landgericht coburg, urteil vom 11.05.2021, az: 23 0 416/20). 82b) die vorschrift des § 814 bgb steht dem anspruch ebenfalls nicht entgegen. denn, wie vorstehend ausgeführt, hat die beklagte nicht schlüssig dargetan, dass dem kläger die illegalität des online-casinospiels bekannt war oder er sich in der einsicht der illegalität leichtfertig verschlossen hat. 83c) wegen der nichtigkeit der vereinbarung zwischen dem kläger und der beklagten hindert auch § 762 bgb die rückforderbarkeit nicht (palandt/sprau, bgb, 79. aufl, § 762 rn 9). denn diese vorschrift setzt einen wirksamen spielvertrag voraus, woran es vorliegend, wie dargelegt, fehlt. 844. der anspruch des klägers für den hier geltend gemachten zeitraum 2015-12017 ist nicht verjährt. für die ab 2017 geltend gemachten ansprüche wäre die gemäß §§ 195, 199 bgb geltende dreijährige verjährungsfrist im zeitpunkt der klageerhebung in 2020 selbst bei kenntnis des klägers nicht abgelaufen gewesen. 85im übrigen greift die einrede der verjährung auch deshalb nicht, weil beklagte die voraussetzungen der einrede und damit die kenntnis des klägers darlegen und beweisen muss. an entsprechenden darlegungen fehlt es vorliegend. der - bestrittene - hinweis in ihren agb genügt hierfür ebenso wenig, wie eine mehrjährige spielzeit oder die kenntnis der tv-werbung. 865. nach § 249 bgb ist nach der differenzhypothese die tatsächliche vermögenslage des klägers mit der vermögenslage zu vergleichen, die ohne das schädigende ereignis bestanden hätte. nach dem substantiierten vortrag des klägers, der die einzelnen einzahlungen und auszahlungen in der replik (anlage k9, bl. 231 der akte) dargelegt hat, hat er im streitgegenständlichen zeitraum 2015 bis 2017 insgesamt 6.984,68 € mehr eingezahlt als er ausgezahlt bekommen hat. die beklagte hat daher an den kläger den betrag von 6.984,68 € zu zahlen. hinsichtlich der darüber hinaus geltend gemachten 0,32 € war die klage abzuweisen. denn in höhe dieses betrages besteht nach vortrag des klägers zu seinen gunsten bei der beklagten ein kontoguthaben, auch wenn er auf dieses derzeit keinen zugriff haben sollte. 876. der zinsanspruch ist wie tenoriert gemäß §§ 288, 291, 187 bgb begründet. 88iv. die prozessuale nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 abs. 2, 709 zpo. 89streitwert: 6.985,00 €
Klaeger*in
1
121,032
25 O 53/16
2016-09-30T00:00:00
Urteil
Tenor Der Beklagte wird verurteilt, als Gesamtschuldner mit dem im Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts Hagen, erlassen am 08.10.2015, Geschäftsnummer ##- #######-#-#, als Antragsgegner genannten Herrn E2, W-Straße, I4, an die Klägerin 700, 00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 15.09.2015 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 89 % und der Beklagte zu 11%. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils vollstreckbaren Betrages leistet. 1Tatbestand: 2Die Klägerin betreibt eine Autovermietung und macht Schadensersatzansprüche im Hinblick auf die Beschädigung eines von ihr vermieteten Transporters geltend. Der Beklagte war der Fahrer des Transporters, als sich der streitgegenständliche Unfall ereignete. 3Ein Bekannter des Beklagten, Herr E2, mietete bei der Klägerin für den Zeitraum 16.03.2015 - 23.03.2015 einen Transporter der Marke Fiat Ducato, amtliches Kennzeichen ##-## ###. 4Der Mietvertrag sah als Gegenleistung für die Miete unter anderem eine Selbstbeteiligung im Schadensfalle in Höhe von 700, 00 Euro vor. Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Mietvertrages („Mietbedingungen“) berechtigten den Mieter in Ziffer 2 grundsätzlich zur Weitergabe des Fahrzeugs. Überdies machten sie in Ziffer 8 von der Haftungsbeschränkung auf die Selbstbeteiligung eine Ausnahme für den Fall, dass ein von dem Mieter zu vertretender Schaden durch die Nichtbeachtung einer Durchfahrtshöhe entsteht. Schließlich sehen die Mietbedingungen eine volle Haftung des Mieters auch dann vor, wenn er vorsätzlich oder grob fahrlässig Schäden herbeigeführt hat und/ oder bei einem Schadensfall – ob mit oder ohne die Beteiligung Dritter – die Polizei nicht hinzugezogen hat. 5Wegen der Einzelheiten wird auf den Mietvertrag, Blatt 23f. der Akte, sowie auf die Mietbedingungen, Blatt 28 der Akte, verwiesen. 6Am 20.03.2015 fuhr nun der Beklagte mit Einverständnis des Mieters Herrn E2 auf der X-Straße in E im Rahmen eines Wendemanövers gegen einen vorstehenden Hausvorsprung, wobei das Dach des Transporters beschädigt wurde. Dieser Hausvorsprung wies keinerlei Hinweis dahingehend auf, dass eine Durchfahrtshöhe zu beachten sei. 7Wegen der Einzelheiten wird auf den Unfallbericht, Blatt 26 der Akte, sowie auf die zur Akte gereichten Lichtbilder der Örtlichkeit verwiesen. 8Die Klägerin verlangt anhand der Vorlage der Reparatur-Rechnung der Werkstatt „Die Autowerkstatt C2“ Ersatz von Reparaturkosten in Höhe von 6.117, 20 Euro netto. 9Die Klägerin behauptet, der Beklagte habe die Kollision des Transporters mit dem Hausvorsprung bemerkt und dennoch die Fahrt fortgesetzt. 10Die Klägerin ist der Auffassung, dass Einzelheiten aus dem Mietverhältnis für die Haftung des Beklagten keine Bedeutung hätten. Es handle sich nämlich um ein gesetzliches Schuldverhältnis. 11Die von der Klägerin verwendeten Mietbedingungen seien aber ohnehin wirksam, sollte den Einzelheiten aus dem Mietverhältnis auch im Verhältnis zum Beklagten Bedeutung zukommen, so die Klägerin weiter. Die Haftung des Beklagten sei (ob aus Vertrag oder aus einem gesetzlichen Schuldverhältnis) mithin nicht auf die im Mietvertrag vereinbarte Selbstbeteiligung beschränkt, da eine Nichtbeachtung der Durchfahrtshöhe vorliegen würde, bei deren Vorliegen durch die Mietbedingungen eine Ausnahme von der Beschränkung auf die Selbstbeteiligung gemacht werde. Überdies habe der Beklagte auch grob fahrlässig gehandelt, was ebenfalls der Beschränkung auf die Selbstbeteiligung im Wege stehe. 12Die Klägerin hat zunächst am 10.09.2015 den Erlass eines Mahnbescheides über 6.117, 10 Euro beantragt, der noch am selben Tag erlassen worden ist. Nach der Zustellung des Mahnbescheids am 15.09.2015 ist das Verfahren nach dem Eingang des Widerspruchs am 26.09.2015 am 09.12.2015 an das Landgericht Dortmund abgegeben worden. Gegen den Mieter des Transporters, Herrn E2, ist am 08.10.2015 ein Vollstreckungsbescheid ergangen, der am 10.10.2015 zugestellt worden ist. 13Die Klägerin beantragt nunmehr, 14den Beklagten zu verurteilen, an sie gesamtschuldnerisch mit Herrn E2, W-Straße in I4 6.117,10 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Zustellung des Mahnbescheides zu zahlen. 15Der Beklagte beantragt, 16die Klage abzuweisen. 17Der Beklagte ist der Auffassung, die seitens der Klägerin verwendeten Mietbedingungen, welche hier eine Haftung über die Selbstbeteiligung hinaus vorsehen, seien unwirksam. Die Haftung des Beklagten sei auf die Selbstbeteiligung beschränkt. Im Übrigen bestreitet der Beklagte die Höhe der Seitens der Klägerin vorgelegten Reparaturrechnung. 18Im Übrigen wird auf die wechselseitig zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen. 19Entscheidungsgründe: 20Die Klage ist zulässig und im aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet. 21Der Klägerin steht ein Anspruch aus § 823 I BGB in der aus dem Tenor ersichtlichen Höhe gegen den Beklagten zu. Einen über die Selbstbeteiligung hinausgehenden Schadensersatz kann die Klägerin hingegen nicht verlangen. 22Der Anspruch aus § 823 I BGB setzt hier auf haftungsbegründender Seite voraus, dass der Beklagte das Eigentum der Klägerin durch sein Tun kausal und zurechenbar geschädigt hat, wobei er rechtswidrig und schuldhaft handelte. 23Diese Voraussetzungen sind erfüllt. 24Indem der Beklagte beim Wenden mit dem Transporter gegen den Hausvorsprung fuhr, verursachte er die Schäden an dem Dach des Transporters und verletzte die sich aus § 9 V StVO im Rahmen des Wendens ergebenden Sorgfaltspflichten. 25Auf haftungsausfüllender Seite sind im Hinblick auf eine Reparatur allenfalls 700, 00 Euro der Kosten ersatzfähig, §§ 823 I, 249 ff. BGB. Zwar ist der Klägerin kausal durch den Unfall ein Schaden in Höhe von 6117, 70 Euro entstanden. Die Haftung des Beklagten bleibt aber der Höhe nach auf die Selbstbeteiligung von 700, 00 Euro beschränkt. 26Die Ziffer 8 der Mietbedingungen ist unwirksam, §§ 307, 310 BGB, so dass die im Mietvertrag vereinbarte Selbstbeteiligung maßgebend für die Haftung des Beklagten ist: 27Zunächst ist festzuhalten, dass eine Prüfung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen nach §§ 307, 310 BGB auch im Haftungsverhältnis zum Beklagten, obwohl dieser nicht der Mieter des Transporters war, stattfindet. Die Klägerin kann nicht auf der einen Seiten eine Selbstbeteiligung gegen Mietzins, Ausnahmen davon sowie die Berechtigung zur Weitergabe des Transporters an einen Dritten vereinbaren, und dann auf der anderen Seite geltend machen, dass diese Vereinbarungen sämtlich keine Rolle spielen, wenn bei einer berechtigten Nutzung durch einen Dritten ein Schaden entsteht. Dann wäre die Klägerin nämlich besser gestellt, wenn ein (berechtigter) Dritter den Wagen fährt und es zu einem Unfall kommt, als wenn dies dem Mieter passieren würde. Der Einwand der Klägerin, wonach Einzelheiten aus dem Mietverhältnis für die Haftung des Beklagten keine Rolle spielen würden, geht mithin ins Leere. Dies gilt freilich auch insoweit, als es um die Haftung des Beklagten aus einem gesetzlichen Schuldverhältnis und um die Geltung der im Mietvertrag vereinbarten Selbstbeteiligung geht. Die im Mietvertrag mit Herrn E2 vereinbarte Selbstbeteiligung beschränkt auch die Haftung des Beklagten als berechtigten Fahrer des Transporters, der aus einem gesetzlichen Schuldverhältnis haftet. Andernfalls würden weder die Möglichkeit der Vereinbarung einer Selbstbeteiligung, noch die Möglichkeit der Weitergabe des gemieteten Fahrzeugs an einen Dritten ihren vertragsgemäßen Zweck erfüllen, nämlich den Umgang des Mieters mit dem Fahrzeug zu bestimmen. 28Die Mietbedingung Ziffer 8 benachteiligt den Verwender unangemessen und ist daher unwirksam, §§ 306, 307 BGB. Auch insoweit ist die gegenteilige Ansicht der Klägerin unzutreffend. Es ist anerkannt, dass derjenige, der gegen Zahlung eines Entgelts eine Haftungsfreistellung bzw. Haftungsreduzierung gewährt, diese dem Leitbild der (Voll-)Kaskoversicherung anpassen muss (vgl. u.a. BGH Urteil vom 20.05.2009, Az.: XII ZR 94/ 07). Dem Mieter geht es bei der Vereinbarung einer Selbstbeteiligung um die Verbesserung seiner Rechtsstellung, er geht davon aus, dass ihm bei einer solchen Vereinbarung Schutz wie bei einer (Voll-)Kaskoversicherung zugutekommt. Nach dem Leitbild der Kaskoversicherung wird die Leistungspflicht nur bei vorsätzlichem Handeln gänzlich ausgeschlossen, vgl. § 81 I VVG. Bei grob fahrlässigem Verhalten kann es zu einer Kürzung der Leistungen kommen, vgl. § 81 II VVG. Eine gänzliche, einzelfallunabhängige und pauschale Haftung des Mieters auf den vollen Schaden bei grober Fahrlässigkeit, die sich aus Allgemeinen Geschäftsbedingungen ergibt, läuft daher dem Bild der (Voll-)Kaskoversicherung zuwider (vgl. BGH Urteil vom 14.01.2015, Az.: XII ZR 176/ 13). 29Die Mietbedingung Ziffer 8 schließt das Eingreifen der Beschränkung auf die Selbstbeteiligung bei Vorliegen von grober Fahrlässigkeit bzw. Vorsatz pauschal und ohne jede Bezugnahme auf den Einzelfall aus und hält sich somit nicht an das beschriebene Leitbild der (Voll-)Kaskoversicherung. Der Zweck einer (Voll-)Kaskoversicherung, den der Mieter erwarten kann, wird nicht erreicht. 30Es kann hier auch nicht, wie von Seiten der Klägerin mit Verweis auf das BGH Urteil vom 14.01.2015, Az.: XII ZR 176/ 13 getan, angeführt werden, dass die einschlägige Mietbedingung dennoch eine Haftung über die Selbstbeteiligung hinaus zur Folge hat, weil sie in einen inhaltlich zulässigen und einen inhaltlich unzulässigen Teil separiert werden kann. Denn auch der letzte Teil der Mietbedingung Ziffer 8 stellt pauschal und unbeweglich auf „alle von ihm (dem Mieter) zu vertretenden Schäden“ ab und läuft damit wiederum dem beschriebenen Leitbild der (Voll-)Kaskoversicherung zuwider. 31Im Übrigen halten auch Mietbedingungen, die starr und uneingeschränkt eine Haftungsbeschränkung auf die Selbstbeteiligung beim Nichtverständigen der Polizei vorsehen, einer AGB Prüfung nicht stand (vgl. BGH Urteil vom 14.03.2012, Az.: XII ZR 44/ 10). Eine solche starre Regelung sieht Ziffer 8 auch im Hinblick auf die polizeiliche Unfallaufnahme indes vor und benachteiligt den Mieter auch insoweit unangemessen. 32Es kann daher dahingestellt bleiben, ob im streitgegenständlichen Unfallvorgang überhaupt ein Fall der „Nichtbeachtung der Durchfahrtshöhe“ vorliegt. Hieran bestehen deshalb begründete Zweifel, weil gerade kein Schild auf die Beachtung der Durchfahrtshöhe hinwies und daher nicht die Rede davon sein kann, dass der Fahrer eine sich evident aufdrängende Sorgfaltspflicht missachtet hat, worauf die Regelung zur Haftungserweiterung in der Ziffer 8 aber ihrem Sinn und Zweck nach erkennbar abstellt. 33Im Ergebnis kann es schließlich dahingestellt bleiben, ob der Beklagte sogar, wie von Seiten der Klägerin geltend gemacht, grob fahrlässig gehandelt hat, als er mit dem Transporter gegen den Hausvorsprung fuhr. Dem Grad des Verschuldens käme allenfalls dann Bedeutung zu, wenn die Ziffer 8 der Mietbedingungen wirksam wäre und aufgrund des Vorliegens grob fahrlässigen Verhaltens auf Seiten des Beklagten eine über die Selbstbeteiligung hinausgehende Haftung zur Folge hätte. Das ist aber wie aufgezeigt nicht der Fall. 34Die gesamtschuldnerische Haftung des Beklagten folgt aus §§ 421 ff. BGB. 35Die Nebenforderung folgt aus §§ 286, 288 I BGB. Die Forderung in Höhe von 700, 00 Euro wird entsprechend dem klägerischen Begehren von der Zustellung des Mahnbescheids an verzinst, vgl. § 286 I 2 BGB. 36Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus § 92 I 1 Alt.2 ZPO und §§ 708 I Nr. 11, 711 ZPO.
der beklagte wird verurteilt, als gesamtschuldner mit dem im vollstreckungsbescheid des amtsgerichts hagen, erlassen am 08.10.2015, geschäftsnummer ##- #######-#-#, als antragsgegner genannten herrn e2, w-straße, i4, an die klägerin 700, 00 euro nebst zinsen in höhe von 5 prozentpunkten über dem basiszinssatz seit 15.09.2015 zu zahlen. im übrigen wird die klage abgewiesen. die kosten des rechtsstreits tragen die klägerin zu 89 % und der beklagte zu 11%. das urteil ist vorläufig vollstreckbar. der vollstreckungsschuldner kann die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe von 110% des aufgrund des urteils vollstreckbaren betrages abwenden, wenn nicht der vollstreckungsgläubiger vor der vollstreckung sicherheit in höhe von 110% des jeweils vollstreckbaren betrages leistet. 1
2die klägerin betreibt eine autovermietung und macht schadensersatzansprüche im hinblick auf die beschädigung eines von ihr vermieteten transporters geltend. der beklagte war der fahrer des transporters, als sich der streitgegenständliche unfall ereignete. 3ein bekannter des beklagten, herr e2, mietete bei der klägerin für den zeitraum 16.03.2015 - 23.03.2015 einen transporter der marke fiat ducato, amtliches kennzeichen ##-## ###. 4der mietvertrag sah als gegenleistung für die miete unter anderem eine selbstbeteiligung im schadensfalle in höhe von 700, 00 euro vor. die allgemeinen geschäftsbedingungen des mietvertrages („mietbedingungen“) berechtigten den mieter in ziffer 2 grundsätzlich zur weitergabe des fahrzeugs. überdies machten sie in ziffer 8 von der haftungsbeschränkung auf die selbstbeteiligung eine ausnahme für den fall, dass ein von dem mieter zu vertretender schaden durch die nichtbeachtung einer durchfahrtshöhe entsteht. schließlich sehen die mietbedingungen eine volle haftung des mieters auch dann vor, wenn er vorsätzlich oder grob fahrlässig schäden herbeigeführt hat und/ oder bei einem schadensfall – ob mit oder ohne die beteiligung dritter – die polizei nicht hinzugezogen hat. 5wegen der einzelheiten wird auf den mietvertrag, blatt 23f. der akte, sowie auf die mietbedingungen, blatt 28 der akte, verwiesen. 6am 20.03.2015 fuhr nun der beklagte mit einverständnis des mieters herrn e2 auf der x-straße in e im rahmen eines wendemanövers gegen einen vorstehenden hausvorsprung, wobei das dach des transporters beschädigt wurde. dieser hausvorsprung wies keinerlei hinweis dahingehend auf, dass eine durchfahrtshöhe zu beachten sei. 7wegen der einzelheiten wird auf den unfallbericht, blatt 26 der akte, sowie auf die zur akte gereichten lichtbilder der örtlichkeit verwiesen. 8die klägerin verlangt anhand der vorlage der reparatur-rechnung der werkstatt „die autowerkstatt c2“ ersatz von reparaturkosten in höhe von 6.117, 20 euro netto. 9die klägerin behauptet, der beklagte habe die kollision des transporters mit dem hausvorsprung bemerkt und dennoch die fahrt fortgesetzt. 10die klägerin ist der auffassung, dass einzelheiten aus dem mietverhältnis für die haftung des beklagten keine bedeutung hätten. es handle sich nämlich um ein gesetzliches schuldverhältnis. 11die von der klägerin verwendeten mietbedingungen seien aber ohnehin wirksam, sollte den einzelheiten aus dem mietverhältnis auch im verhältnis zum beklagten bedeutung zukommen, so die klägerin weiter. die haftung des beklagten sei (ob aus vertrag oder aus einem gesetzlichen schuldverhältnis) mithin nicht auf die im mietvertrag vereinbarte selbstbeteiligung beschränkt, da eine nichtbeachtung der durchfahrtshöhe vorliegen würde, bei deren vorliegen durch die mietbedingungen eine ausnahme von der beschränkung auf die selbstbeteiligung gemacht werde. überdies habe der beklagte auch grob fahrlässig gehandelt, was ebenfalls der beschränkung auf die selbstbeteiligung im wege stehe. 12die klägerin hat zunächst am 10.09.2015 den erlass eines mahnbescheides über 6.117, 10 euro beantragt, der noch am selben tag erlassen worden ist. nach der zustellung des mahnbescheids am 15.09.2015 ist das verfahren nach dem eingang des widerspruchs am 26.09.2015 am 09.12.2015 an das landgericht dortmund abgegeben worden. gegen den mieter des transporters, herrn e2, ist am 08.10.2015 ein vollstreckungsbescheid ergangen, der am 10.10.2015 zugestellt worden ist. 13die klägerin beantragt nunmehr, 14den beklagten zu verurteilen, an sie gesamtschuldnerisch mit herrn e2, w-straße in i4 6.117,10 euro zuzüglich zinsen in höhe von 5 prozentpunkten über dem basiszinssatz seit zustellung des mahnbescheides zu zahlen. 15der beklagte beantragt, 16die klage abzuweisen. 17der beklagte ist der auffassung, die seitens der klägerin verwendeten mietbedingungen, welche hier eine haftung über die selbstbeteiligung hinaus vorsehen, seien unwirksam. die haftung des beklagten sei auf die selbstbeteiligung beschränkt. im übrigen bestreitet der beklagte die höhe der seitens der klägerin vorgelegten reparaturrechnung. 18im übrigen wird auf die wechselseitig zur akte gereichten schriftsätze nebst anlagen verwiesen. 19
20die klage ist zulässig und im aus dem tenor ersichtlichen umfang begründet. 21der klägerin steht ein anspruch aus § 823 i bgb in der aus dem tenor ersichtlichen höhe gegen den beklagten zu. einen über die selbstbeteiligung hinausgehenden schadensersatz kann die klägerin hingegen nicht verlangen. 22der anspruch aus § 823 i bgb setzt hier auf haftungsbegründender seite voraus, dass der beklagte das eigentum der klägerin durch sein tun kausal und zurechenbar geschädigt hat, wobei er rechtswidrig und schuldhaft handelte. 23diese voraussetzungen sind erfüllt. 24indem der beklagte beim wenden mit dem transporter gegen den hausvorsprung fuhr, verursachte er die schäden an dem dach des transporters und verletzte die sich aus § 9 v stvo im rahmen des wendens ergebenden sorgfaltspflichten. 25auf haftungsausfüllender seite sind im hinblick auf eine reparatur allenfalls 700, 00 euro der kosten ersatzfähig, §§ 823 i, 249 ff. bgb. zwar ist der klägerin kausal durch den unfall ein schaden in höhe von 6117, 70 euro entstanden. die haftung des beklagten bleibt aber der höhe nach auf die selbstbeteiligung von 700, 00 euro beschränkt. 26die ziffer 8 der mietbedingungen ist unwirksam, §§ 307, 310 bgb, so dass die im mietvertrag vereinbarte selbstbeteiligung maßgebend für die haftung des beklagten ist: 27zunächst ist festzuhalten, dass eine prüfung der allgemeinen geschäftsbedingungen nach §§ 307, 310 bgb auch im haftungsverhältnis zum beklagten, obwohl dieser nicht der mieter des transporters war, stattfindet. die klägerin kann nicht auf der einen seiten eine selbstbeteiligung gegen mietzins, ausnahmen davon sowie die berechtigung zur weitergabe des transporters an einen dritten vereinbaren, und dann auf der anderen seite geltend machen, dass diese vereinbarungen sämtlich keine rolle spielen, wenn bei einer berechtigten nutzung durch einen dritten ein schaden entsteht. dann wäre die klägerin nämlich besser gestellt, wenn ein (berechtigter) dritter den wagen fährt und es zu einem unfall kommt, als wenn dies dem mieter passieren würde. der einwand der klägerin, wonach einzelheiten aus dem mietverhältnis für die haftung des beklagten keine rolle spielen würden, geht mithin ins leere. dies gilt freilich auch insoweit, als es um die haftung des beklagten aus einem gesetzlichen schuldverhältnis und um die geltung der im mietvertrag vereinbarten selbstbeteiligung geht. die im mietvertrag mit herrn e2 vereinbarte selbstbeteiligung beschränkt auch die haftung des beklagten als berechtigten fahrer des transporters, der aus einem gesetzlichen schuldverhältnis haftet. andernfalls würden weder die möglichkeit der vereinbarung einer selbstbeteiligung, noch die möglichkeit der weitergabe des gemieteten fahrzeugs an einen dritten ihren vertragsgemäßen zweck erfüllen, nämlich den umgang des mieters mit dem fahrzeug zu bestimmen. 28die mietbedingung ziffer 8 benachteiligt den verwender unangemessen und ist daher unwirksam, §§ 306, 307 bgb. auch insoweit ist die gegenteilige ansicht der klägerin unzutreffend. es ist anerkannt, dass derjenige, der gegen zahlung eines entgelts eine haftungsfreistellung bzw. haftungsreduzierung gewährt, diese dem leitbild der (voll-)kaskoversicherung anpassen muss (vgl. u.a. bgh urteil vom 20.05.2009, az.: xii zr 94/ 07). dem mieter geht es bei der vereinbarung einer selbstbeteiligung um die verbesserung seiner rechtsstellung, er geht davon aus, dass ihm bei einer solchen vereinbarung schutz wie bei einer (voll-)kaskoversicherung zugutekommt. nach dem leitbild der kaskoversicherung wird die leistungspflicht nur bei vorsätzlichem handeln gänzlich ausgeschlossen, vgl. § 81 i vvg. bei grob fahrlässigem verhalten kann es zu einer kürzung der leistungen kommen, vgl. § 81 ii vvg. eine gänzliche, einzelfallunabhängige und pauschale haftung des mieters auf den vollen schaden bei grober fahrlässigkeit, die sich aus allgemeinen geschäftsbedingungen ergibt, läuft daher dem bild der (voll-)kaskoversicherung zuwider (vgl. bgh urteil vom 14.01.2015, az.: xii zr 176/ 13). 29die mietbedingung ziffer 8 schließt das eingreifen der beschränkung auf die selbstbeteiligung bei vorliegen von grober fahrlässigkeit bzw. vorsatz pauschal und ohne jede bezugnahme auf den einzelfall aus und hält sich somit nicht an das beschriebene leitbild der (voll-)kaskoversicherung. der zweck einer (voll-)kaskoversicherung, den der mieter erwarten kann, wird nicht erreicht. 30es kann hier auch nicht, wie von seiten der klägerin mit verweis auf das bgh urteil vom 14.01.2015, az.: xii zr 176/ 13 getan, angeführt werden, dass die einschlägige mietbedingung dennoch eine haftung über die selbstbeteiligung hinaus zur folge hat, weil sie in einen inhaltlich zulässigen und einen inhaltlich unzulässigen teil separiert werden kann. denn auch der letzte teil der mietbedingung ziffer 8 stellt pauschal und unbeweglich auf „alle von ihm (dem mieter) zu vertretenden schäden“ ab und läuft damit wiederum dem beschriebenen leitbild der (voll-)kaskoversicherung zuwider. 31im übrigen halten auch mietbedingungen, die starr und uneingeschränkt eine haftungsbeschränkung auf die selbstbeteiligung beim nichtverständigen der polizei vorsehen, einer agb prüfung nicht stand (vgl. bgh urteil vom 14.03.2012, az.: xii zr 44/ 10). eine solche starre regelung sieht ziffer 8 auch im hinblick auf die polizeiliche unfallaufnahme indes vor und benachteiligt den mieter auch insoweit unangemessen. 32es kann daher dahingestellt bleiben, ob im streitgegenständlichen unfallvorgang überhaupt ein fall der „nichtbeachtung der durchfahrtshöhe“ vorliegt. hieran bestehen deshalb begründete zweifel, weil gerade kein schild auf die beachtung der durchfahrtshöhe hinwies und daher nicht die rede davon sein kann, dass der fahrer eine sich evident aufdrängende sorgfaltspflicht missachtet hat, worauf die regelung zur haftungserweiterung in der ziffer 8 aber ihrem sinn und zweck nach erkennbar abstellt. 33im ergebnis kann es schließlich dahingestellt bleiben, ob der beklagte sogar, wie von seiten der klägerin geltend gemacht, grob fahrlässig gehandelt hat, als er mit dem transporter gegen den hausvorsprung fuhr. dem grad des verschuldens käme allenfalls dann bedeutung zu, wenn die ziffer 8 der mietbedingungen wirksam wäre und aufgrund des vorliegens grob fahrlässigen verhaltens auf seiten des beklagten eine über die selbstbeteiligung hinausgehende haftung zur folge hätte. das ist aber wie aufgezeigt nicht der fall. 34die gesamtschuldnerische haftung des beklagten folgt aus §§ 421 ff. bgb. 35die nebenforderung folgt aus §§ 286, 288 i bgb. die forderung in höhe von 700, 00 euro wird entsprechend dem klägerischen begehren von der zustellung des mahnbescheids an verzinst, vgl. § 286 i 2 bgb. 36die prozessualen nebenentscheidungen folgen aus § 92 i 1 alt.2 zpo und §§ 708 i nr. 11, 711 zpo.
Klaeger*in
1
143,531
L 11 KA 47/13
2015-11-11T00:00:00
Urteil
Tenor Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 27.02.2013 wird zurückgewiesen. Die Beklagte trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens. Die Revision wird nicht zugelassen. 1Tatbestand: 2Die Klägerin begehrt von der Beklagten Verzugszinsen wegen verspäteter Zahlungen auf die Gesamtvergütung in den Jahren 2009 und 2010. 31. Unter dem 21.07.2009 übermittelte die Klägerin der Beklagten die "vorläufige Rechnung" für das Quartal I/2009 i.H.v. 4.768.103,55 EUR. Der Rechnung war die Ermittlung der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung für das Quartal I/2009 gemäß § 87c Fünftes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Krankenversicherung - (SGB V) beigefügt. 4Unter dem 03.08.2009 teilte die Beklagte mit, dass sie nicht grundsätzlich die Zahlung verweigere, aber zunächst um die Lieferung der in § 295 Abs. 2 Satz 1 SGB V näher bezeichneten Daten bitte. 5Unter dem 02.09.2009 erinnerte die Klägerin an die Restzahlung i.H.v. 486.443,55 EUR. 62. Unter dem 22.10.2009 übersandte die Klägerin der Beklagten die "vorläufige Rechnung" für das Quartal II/2009 i.H.v. 4.508.496,36 EUR, der die Ermittlung der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung für das Quartal II/2009 anlag. 7Mit Schreiben vom 02.11.2009 teilte die Beklagte mit, dass sie nicht grundsätzlich die Zahlung verweigere, aber auf der Lieferung der in § 295 Abs. 2 Satz 1 SGB V näher bezeichneten Daten bestehe. 8Die Klägerin erwiderte unter dem 10.11.2009, dass es sich bei der vorläufigen Rechnung lediglich um eine vierte Abschlagszahlung handele, die nicht die Verpflichtung zur elektronischen Übermittlung von Behandlungsfällen (sog. EFN-Daten) auslöse. Dies habe der Beigeladene bereits für das Quartal I/2009 mitgeteilt. Die EFN-Daten würden zusammen mit der Endabrechnung für das Quartal II/2009 zur Verfügung gestellt. 9Unter dem 23.11.2009 erinnerte die Klägerin an eine Restzahlung i.H.v. von 393.416,36 EUR. Mit Schreiben vom 15.12.2009 führte sie ergänzend aus, nach dem Willen der Partner der Gesamtverträge finde die streitige Datenlieferung erst im Rahmen der endgültigen Abrechnung statt. Sie weise darauf hin, dass § 6 Abs. 6 der Gesamtverträge, Vergütungsvertrag Teil A (im Folgenden: Honorarvertrag), einen Anspruch auf Verzugszinsen vorsehe. Die Beklagte werde zur Begleichung der vorläufigen Rechnung aufgefordert; anderenfalls werde die Forderung über den Rechtsweg verfolgt werden. 10Unter dem 12.02.2010 teilte die Beklagte mit, dass ihr die EFN-Daten nunmehr zur Verfügung stünden und eine Überweisung erfolgen werde. 113. Unter dem 21.01.2010 übersandte die Klägerin der Beklagten die "vorläufige Rechnung" für das Quartal III/2009 i.H.v. 418.818,20 EUR. Diesem lag die Ermittlung der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung an. 12Die Beklagte wiederholte mit Schreiben vom 05.02.2010, dass sie die Zahlung nicht grundsätzlich verweigere, aber zunächst um die Lieferung der EFN-Daten bitte. 13Die Klägerin erwiderte unter dem 25.02.2010, § 295 Abs. 2 Satz 1 SGB V beziehe sich auf die Abrechnung von Leistungen. Mit der vorläufigen Rechnung sei jedoch keine abschließende Abrechnung von Leistungsaufwendungen für ein einzelnes Quartal erfolgt, sondern lediglich die Anforderung einer vierten Abschlagszahlung auf der Basis der Abrechnungsergebnisse aus der Honorarverteilung bereichseigener Ärzte. Für sie und auch für die Partner der Gesamtverträge sei mit der Formulierung des § 6 Honorarvertrag klar gewesen, dass die Datenlieferung nach § 295 Abs. 2 Satz 1 SGB V erst mit der Endabrechnung erfolgen werde. Es irritiere, dass die Beklagte, ohne an den Vertragsverhandlungen direkt teilgenommen zu haben, die Interpretation eines Vertragswerkes und die Wertung desselben einseitig trotz gegenteiliger Aufklärung durch die Vertragspartner vornehme. Unbeschadet dessen hätten sich die Vertragspartner im Zuge der Verhandlungen für das Jahr 2010 darauf verständigt, die Formulierung in § 6 Honorarvertrag zu präzisieren und deutlich zu machen, dass mit der vorläufigen Rechnung nicht die Datenlieferung nach § 295 Abs. 2 Satz 1 SGB V erfolge. 14Sie werde nunmehr die Verzugszinsen durchsetzen. 154. Unter dem 15.04.2010 übersandte die Klägerin der Beklagten die "vorläufige Rechnung" für das Quartal IV/2009 i.H.v. 446.616,41 EUR. Dieser lag der Ermittlung der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung an. 16Die Beklagte wiederholte unter dem 23.04.2010, sie verweigere nicht grundsätzlich die Zahlung, bitte aber um vorherige Lieferung der EFN-Daten. 17Unter dem 04.05.2010 erinnerte die Klägerin an die Zahlung. 185. Unter dem 12.07.2010 übersandte die Klägerin der Beklagten die "vorläufige Rechnung" für das Quartal I/2010 i.H.v. 368.743,53 EUR. Dieser lag die Ermittlung der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung an. 19Die Beklagte entgegnete wiederum, dass sie die Zahlung nicht grundsätzlich verweigere, aber um die vorherige Lieferung der EFN-Daten bitte (Schreiben vom 22.07.2010). 206. Unter dem 13.10.2010 übersandte die Klägerin der Beklagten schließlich die "vorläufige" Rechnung für das Quartal II/2010 i.H.v. 347.951,36 EUR, der die Ermittlung der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung beigefügt war. 21Erneut machte die Beklagte geltend, die Fälligkeit der Gesamtvergütung sei gemäß § 295 Abs. 2 Satz 1 SGB V von der Lieferung der dort bezeichneten Daten abhängig. Es handele sich um eine bundesrechtliche Rahmenvorschrift, an der sich die auf Landesebene abgeschlossenen Verträge orientieren müssten. Aus der Anlage 6 zum Bundesmantelvertrag-Ärzte (BMV-Ä), § 1 Abs. 5, ergebe sich, dass spätestens zum Ende des fünften auf das Abrechnungsquartal folgenden Monats die elektronischen Datenlieferungen vorliegen müssten. Wenn landesvertraglich frühere Abrechnungstermine vereinbart würden, führe dies unter dem bundesvertraglichen Gesichtspunkt dazu, dass die Frist zur Datenlieferung entsprechend früher ende. Die EFN-Daten seien nicht nur Nachweis für die Ausgaben der Krankenkasse, sondern flössen aufgrund der Diagnosequellen in die Datenmeldung nach § 30 der Verordnung über das Verfahren zum Risikostrukturausgleich in der Gesetzlichen Krankenversicherung für den morbiditätsbedingten Risikostrukturausgleich ein und dienten der sachgerechten Zuweisung von Mitteln aus dem Gesundheitsfonds. Zusätzlich müsse ihr auch in Verfahren nach der Prüfvereinbarung zu § 106a SGB V ermöglicht werden, die Daten zu prüfen, zu bereinigen und Prüfanträge zu stellen. Entsprechende Prüffristen wären anderenfalls nicht einzuhalten. 22Mit ihrer Klage vom 15.03.2011 hat die Klägerin vorgetragen, die Beklagte habe ihre Verpflichtung aus § 6 Honorarvertrag verletzt. § 295 Abs. 2 Satz 1 SGB V beziehe sich lediglich auf die Endabrechnung und nicht auf die vorläufige Rechnung. Nach § 6 Abs. 1 des jeweils geltenden Honorarvertrages handele es sich bei der vorläufigen Rechnung nach dem Willen der Vertragspartner um eine sogenannte vierte Abschlagszahlung. Die EFN-Daten seien keine rechnungsbegründenden Unterlagen. Diese Auffassung finde ihre Bestätigung im Rundschreiben des Beigeladenen Nr. 218-2009. Für die Auslegung von Verträgen sei vor allem der Wille der Vertragspartner maßgebend. Bestehe ein übereinstimmender Wille, sei dieser allein maßgebend, selbst wenn der Wille aus dem Inhalt der Erklärung nicht direkt oder unvollkommen hervorgehe. Eine einseitige Auslegung von Vertragsinhalten, wie sie die Beklagte vornehme, stehe ihr nicht zu und sei auch nicht geboten, denn der Beklagten sei der Wille der Vertragspartner bekannt gewesen. Die Zinsen berechneten sich bis einschließlich des Quartals II/2010 auf 18.575,68 EUR: 23Für das Quartal III/2010 beliefen sich die Zinsen auf 2.463,04 EUR; seit dem Quartal IV/2010 zahle die Beklagte auf die vorläufigen Rechnungen ohne vorherige Lieferung der EFN-Daten. 24Die Klägerin hat beantragt, 25die Beklagte zu verurteilen, ihr einen Betrag in Höhe von 21.038,72 EUR nebst Prozesszinsen in Höhe von 5 % über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen. 26Die Beklagte hat schriftsätzlich beantragt, 27die Klage abzuweisen. 28Sie hat vorgetragen, nach § 295 Abs. 2 Satz 1 SGB V hätten die Kassenärztlichen Vereinigungen für die Abrechnung der Vergütung die dort näher bezeichneten Daten zu liefern. Aus der Formulierung des Gesetzes ergebe sich, dass die Fälligkeit der Gesamtvergütung von der Lieferung dieser Daten abhänge. Die Vorschrift spreche von der Abrechnung der "Vergütung". Gemäß § 6 Abs. 1 Honorarvertrag beinhalte die vorläufige Rechnung alle Abrechnungsdaten mit Ausnahme der Daten der Fremdärzte. Folglich seien für die übersandten Abrechnungen der eigenen Ärzte die EFN-Daten zu übermitteln. Die Verpflichtung zur Datenlieferung ergebe sich auch aus § 5 Honorarvertrag. Dieser nenne im Zusammenhang mit den Rechnungsunterlagen die EFN-Daten. 29Der Beigeladene hat das u.a. an die nordrhein-westfälischen Betriebskrankenkassen gerichtete Rundschreiben Nr. 218-2009 vom 21.07.2009 übersandt. Dieses enthält den Absatz: "Sie erhalten in diesen Tagen die vorläufige Rechnung (4. Abschlagszahlung) der KV Nordrhein für das 1. Quartal 2009. Die vorläufige Rechnung beinhaltet den Rechnungsbrief mit der Aufstellung der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung und der Leistungen, die außerhalb der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung (Einzelleistungen) vergütet werden." 30Das Sozialgericht (SG) Düsseldorf hat die Beklagte verurteilt, der Klägerin einen Betrag in Höhe von 21.038,72 EUR nebst Prozesszinsen in Höhe von 5 % über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen (Urteil vom 27.02.2013). Die Klägerin habe gegen die Beklagte nach § 6 Abs. 6 Honorarvertrag für die Jahre 2009 und 2010 einen Anspruch auf Verzugszinsen in zutreffend geltend gemachter Höhe. Die Klägerin sei mit den Zahlungen auf die einzelnen vorläufigen Rechnungen in Verzug geraten, sie könne sich nicht darauf berufen, erst nach Lieferung der in § 295 Abs. 2 Satz 1 SGB V näher bezeichneten Daten zur Zahlung verpflichtet zu sein. Bei der Verpflichtung nach § 295 Abs. 2 Satz 1 SGB V handele es sich im Hinblick auf die Formulierung "Abrechnung der Vergütung" um eine erst bei der Schlussrechnung zum Tragen kommende Verpflichtung. Demgegenüber verwende § 6 Abs. 1 Honorarvertrag den Begriff "vorläufige Rechnung". Diese stelle einen der in § 295 Abs. 2 Satz 1 SGB V geregelten Abrechnung vorgelagerten Vorgang dar. Dies finde Bestätigung in dem Rundschreiben des Beigeladenen Nr. 218-2009, nach dem die vorläufige Rechnung den Rechnungsbrief mit der Aufstellung der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung und der Leistungen, die außerhalb der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung (Einzelleistungen) vergütet werden, beinhalte. Damit handele es sich bei den mit den vorläufigen Rechnungen angeforderten Zahlungen um zu den monatlichen Abschlagszahlungen nach § 6 Abs. 3 Honorarvertrag hinzutretende weitere, mithin vierte Abschlagszahlungen für die jeweiligen Quartale. 31Zur Begründung ihrer gegen das am 09.04.2013 zugestellte Urteil eingelegten Berufung vom 08.05.2013 hat die Beklagte vorgetragen, das SG sei falsch besetzt gewesen. Die Kammer habe nicht in der Besetzung mit zwei ehrenamtlichen Richtern aus den Kreisen der Vertragsärzte, Vertragszahnärzte und Psychotherapeuten i.S.d. § 12 Abs. 3 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entscheiden dürfen; es handele sich um eine Angelegenheit des Vertragsarztrechts, so dass nach § 12 Abs. 3 Satz 1 SGG ein ehrenamtlicher Richter aus den Kreisen der Krankenkassen mitzuwirken habe. Sie sei zur Zahlung von Verzugszinsen nicht verpflichtet. Ihr habe ein Zurückbehaltungsrecht auf der Grundlage des § 295 SGB V zugestanden; allein dies sei im Berufungsverfahren zu klären. Bei den Gesamtverträgen und Honorarvereinbarungen gemäß §§ 82, 83 SGB V handele es um normative Verträge mit Drittwirkung, so dass die mittelbar betroffenen Krankenkassen auf der einen und die Vertragsärzte auf der anderen Seite an die Festlegungen dieser Verträge zwingend gebunden seien. Diese Verträge seien nur in eingeschränktem Maß auslegungsfähig; in erster Linie sei auf den Wortlaut abzustellen. Dabei sollten untergesetzliche Normen naturgemäß so bestimmt sein, dass sie ohne Auslegung aus sich heraus verständlich seien. Lediglich bei erkennbaren und auf der Hand liegenden Ungenauigkeiten im Vertragstext sei eine Auslegung zulässig und angezeigt. Die Honorarvereinbarungen unterlägen als öffentlich-rechtliche Verträge dem Gebot der Schriftform; nicht in dem Vertrag festgelegte Regelungen müssten folglich grundsätzlich als nicht vereinbart gelten. Das bedeute, dass die Honorarverträge der Jahre 2009 (geschlossen mit Datum 18.11.2008) und 2010 (geschlossen mit Datum 30.06.2010) so anzuwenden seien, wie es dem Wortlaut der Regelungen entspreche. Eine durch Unterlassen der Gesamtvertragsparteien hervorgerufene Regelungslücke könne nicht durch extensive Vertragsauslegung oder analoge Anwendung des § 89 SGB V geschlossen werden. Nach § 6 Abs. 6 Honorarvertrag für die Jahre 2009 und 2010 habe eine Krankenkasse Verzugszinsen zu zahlen, wenn sie mit fälligen Zahlungen in Verzug gerate. Sie, die Beklagte, sei mit ihrer Zahlung jedoch nicht in Verzug geraten; denn sie habe die Zahlung zunächst verweigern dürfen. Nach dem Wortlaut und dem Wesen habe es sich um vorläufige Rechnungen gehandelt. Für die Rechnungslegung sähen das Gesetz, der BMV-Ä in seinen Anlagen und der Honorarvertrag selbst die Übermittlung bestimmter Unterlagen und Daten vor. Da diese noch nicht geliefert gewesen seien, habe sie die Zahlung zurückbehalten dürfen. Die Aussage, dass mit der vorläufigen Rechnung entsprechende Daten nicht geliefert werden müssten, sei erst mit der am 30.06.2010 geschlossen Honorarvereinbarung 2010 erfolgt. Bis dahin sei die Klägerin verpflichtet gewesen, die Daten mit der Rechnung zu liefern. Die Klägerin meine zwar, nach den Motiven der Vertragspartner dürfe sie gemäß § 6 Abs. 1 Honorarvertrag eine weitere Abschlagszahlung ohne weitere Nachweise verlangen. Aus dem Vertrag ergebe sich aber nicht, dass es sich um eine Abschlagszahlung handele. Demnach handele es sich um eine, wenn auch vorläufige Rechnung. Auch die entsprechenden Anforderungsschreiben seien als Rechnungen bezeichnet worden. Nach § 295 Abs. 2 Satz 1 SGB V seien die EFN-Daten "für die Abrechnung der Vergütung" an die Kasse zu liefern. Die Regelung sei obligatorisch und stehe nicht zur Disposition der Gesamtvertragsparteien. Sinn und Zweck sei, dass die Kassen mit den EFN-Daten die entsprechenden Gelder aus dem Risikostrukturausgleich erhalten können, mit denen sie dann auch die Gesamtvergütung bezahlten. Habe die Kassenärztliche Vereinigung die Gesamtvergütung schon erhalten, fehle jeder Anreiz, den Kassen die entsprechenden Daten vollständig und richtig zu liefern. Bei Gesamtverträgen sei der vermutliche Wille der Vertragspartner in der Regel unbeachtlich. Die Gesamtverträge beträfen Dritte. Da diese regelmäßig keine Kenntnis davon hätten, ob und was die Gesamtvertragsparteien sich gedacht hätten, sei in erster Linie auf den Vertragstext und in zweiter Linie auf eine gesetzeskonforme Auslegung abzustellen. 32Die Beklagte beantragt, 33das Urteil des Sozialgerichts vom 27.02.2013 abzuändern und die Klage abzuweisen. 34Der Klägerin beantragt, 35die Berufung der Beklagten zurückweisen. 36Die Beklagte hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend. Eine fehlerhafte Besetzung führe nicht zu einer Aufhebung, da in der Berufungsinstanz in zutreffender Besetzung entscheiden werden könne. In der Sache nehme die Beklagte eine Auslegung vor, die ihr nicht zustehe; der tatsächliche Wille der Gesamtvertragspartner sei ihr bekannt gewesen. Einer Auslegung seitens des Gerichts habe es nicht bedurft. Die Beklagte habe im Übrigen bereits im Rechtsstreit L 11 KA 14/10 Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen nach Befragen durch den Senat erklärt, dass sie ihr Vorbringen zu § 295 bzw. 296 SGB V mit Blick auf die Rechnungsstellung nicht aufrechterhalte. 37Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten, der Akten L 11 KA 14/10 LSG Nordrhein-Westfalen sowie der Verwaltungsvorgänge der Klägerin und der Beklagten Bezug genommen. Sie waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. 38Entscheidungsgründe: 39Die zulässige Berufung der Beklagten ist nicht begründet. Das SG hat der Klage zu Recht stattgegeben; denn die Klägerin hat gegen die Beklagte Anspruch auf die geltend gemachten Verzugszinsen. 40Der von der Klägerin erhobene Anspruch (§ 123 SGG) betrifft eine Beziehung zwischen Ärzten bzw. ihrer Vereinigung und Krankenkassen. Über die diesen Anspruch zum Gegenstand habende Berufung entscheidet der Senat in paritätischer Besetzung, d.h. es wirken je ein ehrenamtlicher Richter aus den Kreisen der Krankenkassen einerseits und der Vertragsärzte, Vertragszahnärzte bzw. Psychotherapeuten andererseits mit. Es handelt sich nämlich, wie die Beklagte zu Recht ausführt, um eine Angelegenheit des Vertragsarztrechts (§ 12 Abs. 3 Satz 1 SGG) und nicht um eine Angelegenheit der Vertragsärzte, Vertragszahnärzte bzw. Psychotherapeuten (§ 12 Abs. 3 Satz 2 SGG). 41Der Umstand, dass das SG in nicht den gesetzlichen Vorgaben entsprechender Besetzung entschieden hat, berührt nicht die Zulässigkeit der Klage und führt im Übrigen auch als wesentlicher Verfahrensmangel i.S.d. § 159 Abs. 1 Nr. 2 SGG nicht zwingend zu einer Zurückverweisung. Diese käme überhaupt nur in Betracht, wenn aufgrund des Mangels, anders als vorliegend, eine umfangreiche und aufwändige Beweisaufnahme notwendig wäre (§ 159 Abs. 1 Nr. 2 2. Halbsatz SGG). 42Im Übrigen nimmt der Senat auf die zutreffenden Entscheidungsgründe des Urteils des SG Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG) und führt ergänzend aus: 43Gegenüber dem sich in Ermangelung anwendbarer gesetzlicher Regelungen (insbesondere scheidet § 288 Bürgerliches Gesetzbuch aus, s. Bundesssozialgericht (BSG), Urteile vom 28.09.2005 - B 6 KA 71/04 R - und - B 6 KA 72/04 R -, vom 17.11.1999 - B 6 KA 14/99 - und vom 20.01.1968 - 6 RKa 19/67 -)) ausschließlich aus § 6 Abs. 6 der zwischen der Klägerin und u.a. der Beigeladenen geschlossenen Honorarverträge vom 18.11.2008 (für 2009) und vom 02.11.2009 (für 2010) ergebenden Anspruch auf Verzugszinsen kann die Beklagte aus den bereits vom SG ausgeführten Gründen ein Zurückbehaltungsrecht nicht mit Erfolg geltend machen. 44Auf die Frage, ob § 295 Abs. 2 Satz 1 SGB V einer Krankenkasse überhaupt das Recht gewährt, die Zahlung der Gesamtvergütung zurückzubehalten, wenn ihr nicht die in der Vorschrift im Einzelnen bezeichneten Daten übermittelt werden, kommt es nicht an (s. dazu auch am Ende). § 295 Abs. 2 Satz 1 SGB V bezieht sich bereits ausweislich seines Wortlauts ausschließlich auf die "Abrechnung der Vergütung" und nicht auf die in den Honorarverträgen vom 18.11.2008 und vom 02.11.2009 für das Jahr 2009 bzw. 2010 geregelten, hier streitigen Abschlagszahlungen auf die Gesamtvergütung. § 6 Honorarvertrag regelt die "Zahlung der Gesamtvergütung" und unterscheidet dabei zwischen "Regelungen für Abschlagszahlungen bzw. Restzahlungen" (Satz 1). Die ersten drei in einem Quartal zu erbringenden Abschlagszahlungen sind in § 6 Abs. 3 Honorarvertrag ausdrücklich benannt ("Die Krankenkassen leisten nach Anforderung durch die Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein monatlich Abschlagszahlungen in Höhe von 31% der voraussichtlichen morbiditätsbedingten Gesamtvergütung nach der Anlage Al sowie für die Vergütung von Leistungen ). Die von den Vertragsparteien nachfolgend als vierte Abschlagszahlung bezeichnete Zahlung ist in § 6 Abs. 1 Honorarvertrag geregelt: "Die einzelnen Krankenkassen erhalten eine vorläufige Rechnung, aus der die von der Krankenkasse zu zahlende voraussichtliche morbiditätsbedingte Gesamtvergütung lt. Berechnung nach Anlage A1 unter Berücksichtigung der Zahl der Versicherten nach § 1 Abs. 3 a) und b), die bereichseigenen Einzelleistungen - getrennt nach Leistungsbereichen - sowie die bereichseigenen Sachkosten bzw. Beträge zu ersehen sind." Auch hier handelt es sich, wie sich aus den Worten "vorläufige" und "voraussichtliche" ergibt, nicht um die Restzahlung auf die Gesamtvergütung, sondern inhaltlich um eine weitere Abschlagszahlung. Die Pflicht zur abschließenden, endgültigen Restzahlung, der allenfalls (s.o.) ein Zurückbehaltungsrecht der Krankenkasse wegen fehlender Übermittlung der Daten i.S.d. § 295 Abs. 2 Satz 1 SGB V entgegenstehen kann, ergibt sich erst aus dem vorliegend nicht einschlägigen § 6 Abs. 2 Honorarvertrag. 45Auch aus den Honorarverträgen vom 18.11.2008 und vom 02.11.2009 ergibt sich keine Verpflichtung der Klägerin, der Beklagten im Zusammenhang mit der vorläufigen Rechnung i.S.d. § 6 Abs. 1 Honorarvertrag die Daten nach § 295 Abs. 2 Satz 1 SGB V zu übermitteln. § 6 Abs. 1 Honorarvertrag vom 18.11.2008 enthält derartige Vorgaben nicht. § 6 Abs. 1 Honorarvertrag vom 02.11.2009 führt sogar ausdrücklich aus "Mit der vorläufigen Rechnung werden das Formblatt 3 sowie die weiteren Abrechnungsunterlagen nach dem Vertrag über den Datenaustausch auf Datenträgern nicht zur Verfügung gestellt. Diese Abrechnungsunterlagen erhalten die Krankenkassen mit der endgültigen Rechnung nach Abs. 2 für das jeweilige Abrechnungsquartal." § 5 Honorarvertrag regelt schließlich lediglich, welche Rechnungs- bzw. Abrechnungsunterlagen den Krankenkassen vorzulegen sind; dazu gehören zwar auch die sog. EFN-Daten (§ 5 Abs. 4 Honorarvertrag). § 5 Honorarvertrag regelt aber nicht, zu welchem Zeitpunkt die Daten zu übermitteln sind. Schon deshalb führt auch die Überschrift "Rechnungsunterlagen" nicht weiter. § 6 Abs. 1 Honorarvertrag regelt im Übrigen nicht nur die lediglich "vorläufige Rechnung", sondern gibt zudem konkret vor, was mit dieser zusammen vorzulegen ist; EFN-Daten gehören nicht dazu. 46Der Frage, ob sich die Beklagte überhaupt auf die Rechtswidrigkeit einzelner Regelungen der Gesamtverträge berufen kann, ist nicht weiter nachzugehen. Denn der Umstand, dass die Vertragspartner die Übermittlung der Daten i.S.d. § 295 Abs. 2 Satz 1 SGB V nicht als Voraussetzung für eine rechtswirksame vorläufige Rechnung i.S.d. § 6 Abs. 1 Honorarvertrag normiert haben, beinhaltet keinen Rechtsverstoß. Wie bereits dargelegt erfordert § 295 Abs. 2 Satz 1 SGB V dies nicht. Im Übrigen ist der bei Einführung der Regelung bestehende Zusammenhang zwischen abgerechneten Leistungen und Höhe der von den Krankenkassen zu zahlenden Vergütung seit der Neufassung von Absatz 2 Satz 1 ab 01.01.1993 zumindest fraglich (s. dazu Didong in jurisPK-SGB V, 2. Auflage 2012, § 296 Rdn. 13 mit Hinweis auf BT-Drs. 15/1525 S. 146; Hess in Kasseler Kommentar, 83. Ergänzungslieferung, 2015, § 295 Rdn. 4). 47Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 und 2 Verwaltungsgerichtsordnung. 48Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG).
die berufung der beklagten gegen das urteil des sozialgerichts düsseldorf vom 27.02.2013 wird zurückgewiesen. die beklagte trägt auch die kosten des berufungsverfahrens. die revision wird nicht zugelassen. 1
2die klägerin begehrt von der beklagten verzugszinsen wegen verspäteter zahlungen auf die gesamtvergütung in den jahren 2009 und 2010. 31. unter dem 21.07.2009 übermittelte die klägerin der beklagten die "vorläufige rechnung" für das quartal i/2009 i.h.v. 4.768.103,55 eur. der rechnung war die ermittlung der morbiditätsbedingten gesamtvergütung für das quartal i/2009 gemäß § 87c fünftes buch sozialgesetzbuch - gesetzliche krankenversicherung - (sgb v) beigefügt. 4unter dem 03.08.2009 teilte die beklagte mit, dass sie nicht grundsätzlich die zahlung verweigere, aber zunächst um die lieferung der in § 295 abs. 2 satz 1 sgb v näher bezeichneten daten bitte. 5unter dem 02.09.2009 erinnerte die klägerin an die restzahlung i.h.v. 486.443,55 eur. 62. unter dem 22.10.2009 übersandte die klägerin der beklagten die "vorläufige rechnung" für das quartal ii/2009 i.h.v. 4.508.496,36 eur, der die ermittlung der morbiditätsbedingten gesamtvergütung für das quartal ii/2009 anlag. 7mit schreiben vom 02.11.2009 teilte die beklagte mit, dass sie nicht grundsätzlich die zahlung verweigere, aber auf der lieferung der in § 295 abs. 2 satz 1 sgb v näher bezeichneten daten bestehe. 8die klägerin erwiderte unter dem 10.11.2009, dass es sich bei der vorläufigen rechnung lediglich um eine vierte abschlagszahlung handele, die nicht die verpflichtung zur elektronischen übermittlung von behandlungsfällen (sog. efn-daten) auslöse. dies habe der beigeladene bereits für das quartal i/2009 mitgeteilt. die efn-daten würden zusammen mit der endabrechnung für das quartal ii/2009 zur verfügung gestellt. 9unter dem 23.11.2009 erinnerte die klägerin an eine restzahlung i.h.v. von 393.416,36 eur. mit schreiben vom 15.12.2009 führte sie ergänzend aus, nach dem willen der partner der gesamtverträge finde die streitige datenlieferung erst im rahmen der endgültigen abrechnung statt. sie weise darauf hin, dass § 6 abs. 6 der gesamtverträge, vergütungsvertrag teil a (im folgenden: honorarvertrag), einen anspruch auf verzugszinsen vorsehe. die beklagte werde zur begleichung der vorläufigen rechnung aufgefordert; anderenfalls werde die forderung über den rechtsweg verfolgt werden. 10unter dem 12.02.2010 teilte die beklagte mit, dass ihr die efn-daten nunmehr zur verfügung stünden und eine überweisung erfolgen werde. 113. unter dem 21.01.2010 übersandte die klägerin der beklagten die "vorläufige rechnung" für das quartal iii/2009 i.h.v. 418.818,20 eur. diesem lag die ermittlung der morbiditätsbedingten gesamtvergütung an. 12die beklagte wiederholte mit schreiben vom 05.02.2010, dass sie die zahlung nicht grundsätzlich verweigere, aber zunächst um die lieferung der efn-daten bitte. 13die klägerin erwiderte unter dem 25.02.2010, § 295 abs. 2 satz 1 sgb v beziehe sich auf die abrechnung von leistungen. mit der vorläufigen rechnung sei jedoch keine abschließende abrechnung von leistungsaufwendungen für ein einzelnes quartal erfolgt, sondern lediglich die anforderung einer vierten abschlagszahlung auf der basis der abrechnungsergebnisse aus der honorarverteilung bereichseigener ärzte. für sie und auch für die partner der gesamtverträge sei mit der formulierung des § 6 honorarvertrag klar gewesen, dass die datenlieferung nach § 295 abs. 2 satz 1 sgb v erst mit der endabrechnung erfolgen werde. es irritiere, dass die beklagte, ohne an den vertragsverhandlungen direkt teilgenommen zu haben, die interpretation eines vertragswerkes und die wertung desselben einseitig trotz gegenteiliger aufklärung durch die vertragspartner vornehme. unbeschadet dessen hätten sich die vertragspartner im zuge der verhandlungen für das jahr 2010 darauf verständigt, die formulierung in § 6 honorarvertrag zu präzisieren und deutlich zu machen, dass mit der vorläufigen rechnung nicht die datenlieferung nach § 295 abs. 2 satz 1 sgb v erfolge. 14sie werde nunmehr die verzugszinsen durchsetzen. 154. unter dem 15.04.2010 übersandte die klägerin der beklagten die "vorläufige rechnung" für das quartal iv/2009 i.h.v. 446.616,41 eur. dieser lag der ermittlung der morbiditätsbedingten gesamtvergütung an. 16die beklagte wiederholte unter dem 23.04.2010, sie verweigere nicht grundsätzlich die zahlung, bitte aber um vorherige lieferung der efn-daten. 17unter dem 04.05.2010 erinnerte die klägerin an die zahlung. 185. unter dem 12.07.2010 übersandte die klägerin der beklagten die "vorläufige rechnung" für das quartal i/2010 i.h.v. 368.743,53 eur. dieser lag die ermittlung der morbiditätsbedingten gesamtvergütung an. 19die beklagte entgegnete wiederum, dass sie die zahlung nicht grundsätzlich verweigere, aber um die vorherige lieferung der efn-daten bitte (schreiben vom 22.07.2010). 206. unter dem 13.10.2010 übersandte die klägerin der beklagten schließlich die "vorläufige" rechnung für das quartal ii/2010 i.h.v. 347.951,36 eur, der die ermittlung der morbiditätsbedingten gesamtvergütung beigefügt war. 21erneut machte die beklagte geltend, die fälligkeit der gesamtvergütung sei gemäß § 295 abs. 2 satz 1 sgb v von der lieferung der dort bezeichneten daten abhängig. es handele sich um eine bundesrechtliche rahmenvorschrift, an der sich die auf landesebene abgeschlossenen verträge orientieren müssten. aus der anlage 6 zum bundesmantelvertrag-ärzte (bmv-ä), § 1 abs. 5, ergebe sich, dass spätestens zum ende des fünften auf das abrechnungsquartal folgenden monats die elektronischen datenlieferungen vorliegen müssten. wenn landesvertraglich frühere abrechnungstermine vereinbart würden, führe dies unter dem bundesvertraglichen gesichtspunkt dazu, dass die frist zur datenlieferung entsprechend früher ende. die efn-daten seien nicht nur nachweis für die ausgaben der krankenkasse, sondern flössen aufgrund der diagnosequellen in die datenmeldung nach § 30 der verordnung über das verfahren zum risikostrukturausgleich in der gesetzlichen krankenversicherung für den morbiditätsbedingten risikostrukturausgleich ein und dienten der sachgerechten zuweisung von mitteln aus dem gesundheitsfonds. zusätzlich müsse ihr auch in verfahren nach der prüfvereinbarung zu § 106a sgb v ermöglicht werden, die daten zu prüfen, zu bereinigen und prüfanträge zu stellen. entsprechende prüffristen wären anderenfalls nicht einzuhalten. 22mit ihrer klage vom 15.03.2011 hat die klägerin vorgetragen, die beklagte habe ihre verpflichtung aus § 6 honorarvertrag verletzt. § 295 abs. 2 satz 1 sgb v beziehe sich lediglich auf die endabrechnung und nicht auf die vorläufige rechnung. nach § 6 abs. 1 des jeweils geltenden honorarvertrages handele es sich bei der vorläufigen rechnung nach dem willen der vertragspartner um eine sogenannte vierte abschlagszahlung. die efn-daten seien keine rechnungsbegründenden unterlagen. diese auffassung finde ihre bestätigung im rundschreiben des beigeladenen nr. 218-2009. für die auslegung von verträgen sei vor allem der wille der vertragspartner maßgebend. bestehe ein übereinstimmender wille, sei dieser allein maßgebend, selbst wenn der wille aus dem inhalt der erklärung nicht direkt oder unvollkommen hervorgehe. eine einseitige auslegung von vertragsinhalten, wie sie die beklagte vornehme, stehe ihr nicht zu und sei auch nicht geboten, denn der beklagten sei der wille der vertragspartner bekannt gewesen. die zinsen berechneten sich bis einschließlich des quartals ii/2010 auf 18.575,68 eur: 23für das quartal iii/2010 beliefen sich die zinsen auf 2.463,04 eur; seit dem quartal iv/2010 zahle die beklagte auf die vorläufigen rechnungen ohne vorherige lieferung der efn-daten. 24die klägerin hat beantragt, 25die beklagte zu verurteilen, ihr einen betrag in höhe von 21.038,72 eur nebst prozesszinsen in höhe von 5 % über dem jeweiligen basiszinssatz seit rechtshängigkeit zu zahlen. 26die beklagte hat schriftsätzlich beantragt, 27die klage abzuweisen. 28sie hat vorgetragen, nach § 295 abs. 2 satz 1 sgb v hätten die kassenärztlichen vereinigungen für die abrechnung der vergütung die dort näher bezeichneten daten zu liefern. aus der formulierung des gesetzes ergebe sich, dass die fälligkeit der gesamtvergütung von der lieferung dieser daten abhänge. die vorschrift spreche von der abrechnung der "vergütung". gemäß § 6 abs. 1 honorarvertrag beinhalte die vorläufige rechnung alle abrechnungsdaten mit ausnahme der daten der fremdärzte. folglich seien für die übersandten abrechnungen der eigenen ärzte die efn-daten zu übermitteln. die verpflichtung zur datenlieferung ergebe sich auch aus § 5 honorarvertrag. dieser nenne im zusammenhang mit den rechnungsunterlagen die efn-daten. 29der beigeladene hat das u.a. an die nordrhein-westfälischen betriebskrankenkassen gerichtete rundschreiben nr. 218-2009 vom 21.07.2009 übersandt. dieses enthält den absatz: "sie erhalten in diesen tagen die vorläufige rechnung (4. abschlagszahlung) der kv nordrhein für das 1. quartal 2009. die vorläufige rechnung beinhaltet den rechnungsbrief mit der aufstellung der morbiditätsbedingten gesamtvergütung und der leistungen, die außerhalb der morbiditätsbedingten gesamtvergütung (einzelleistungen) vergütet werden." 30das sozialgericht (sg) düsseldorf hat die beklagte verurteilt, der klägerin einen betrag in höhe von 21.038,72 eur nebst prozesszinsen in höhe von 5 % über dem jeweiligen basiszinssatz seit rechtshängigkeit zu zahlen (urteil vom 27.02.2013). die klägerin habe gegen die beklagte nach § 6 abs. 6 honorarvertrag für die jahre 2009 und 2010 einen anspruch auf verzugszinsen in zutreffend geltend gemachter höhe. die klägerin sei mit den zahlungen auf die einzelnen vorläufigen rechnungen in verzug geraten, sie könne sich nicht darauf berufen, erst nach lieferung der in § 295 abs. 2 satz 1 sgb v näher bezeichneten daten zur zahlung verpflichtet zu sein. bei der verpflichtung nach § 295 abs. 2 satz 1 sgb v handele es sich im hinblick auf die formulierung "abrechnung der vergütung" um eine erst bei der schlussrechnung zum tragen kommende verpflichtung. demgegenüber verwende § 6 abs. 1 honorarvertrag den begriff "vorläufige rechnung". diese stelle einen der in § 295 abs. 2 satz 1 sgb v geregelten abrechnung vorgelagerten vorgang dar. dies finde bestätigung in dem rundschreiben des beigeladenen nr. 218-2009, nach dem die vorläufige rechnung den rechnungsbrief mit der aufstellung der morbiditätsbedingten gesamtvergütung und der leistungen, die außerhalb der morbiditätsbedingten gesamtvergütung (einzelleistungen) vergütet werden, beinhalte. damit handele es sich bei den mit den vorläufigen rechnungen angeforderten zahlungen um zu den monatlichen abschlagszahlungen nach § 6 abs. 3 honorarvertrag hinzutretende weitere, mithin vierte abschlagszahlungen für die jeweiligen quartale. 31zur begründung ihrer gegen das am 09.04.2013 zugestellte urteil eingelegten berufung vom 08.05.2013 hat die beklagte vorgetragen, das sg sei falsch besetzt gewesen. die kammer habe nicht in der besetzung mit zwei ehrenamtlichen richtern aus den kreisen der vertragsärzte, vertragszahnärzte und psychotherapeuten i.s.d. § 12 abs. 3 satz 2 sozialgerichtsgesetz (sgg) entscheiden dürfen; es handele sich um eine angelegenheit des vertragsarztrechts, so dass nach § 12 abs. 3 satz 1 sgg ein ehrenamtlicher richter aus den kreisen der krankenkassen mitzuwirken habe. sie sei zur zahlung von verzugszinsen nicht verpflichtet. ihr habe ein zurückbehaltungsrecht auf der grundlage des § 295 sgb v zugestanden; allein dies sei im berufungsverfahren zu klären. bei den gesamtverträgen und honorarvereinbarungen gemäß §§ 82, 83 sgb v handele es um normative verträge mit drittwirkung, so dass die mittelbar betroffenen krankenkassen auf der einen und die vertragsärzte auf der anderen seite an die festlegungen dieser verträge zwingend gebunden seien. diese verträge seien nur in eingeschränktem maß auslegungsfähig; in erster linie sei auf den wortlaut abzustellen. dabei sollten untergesetzliche normen naturgemäß so bestimmt sein, dass sie ohne auslegung aus sich heraus verständlich seien. lediglich bei erkennbaren und auf der hand liegenden ungenauigkeiten im vertragstext sei eine auslegung zulässig und angezeigt. die honorarvereinbarungen unterlägen als öffentlich-rechtliche verträge dem gebot der schriftform; nicht in dem vertrag festgelegte regelungen müssten folglich grundsätzlich als nicht vereinbart gelten. das bedeute, dass die honorarverträge der jahre 2009 (geschlossen mit datum 18.11.2008) und 2010 (geschlossen mit datum 30.06.2010) so anzuwenden seien, wie es dem wortlaut der regelungen entspreche. eine durch unterlassen der gesamtvertragsparteien hervorgerufene regelungslücke könne nicht durch extensive vertragsauslegung oder analoge anwendung des § 89 sgb v geschlossen werden. nach § 6 abs. 6 honorarvertrag für die jahre 2009 und 2010 habe eine krankenkasse verzugszinsen zu zahlen, wenn sie mit fälligen zahlungen in verzug gerate. sie, die beklagte, sei mit ihrer zahlung jedoch nicht in verzug geraten; denn sie habe die zahlung zunächst verweigern dürfen. nach dem wortlaut und dem wesen habe es sich um vorläufige rechnungen gehandelt. für die rechnungslegung sähen das gesetz, der bmv-ä in seinen anlagen und der honorarvertrag selbst die übermittlung bestimmter unterlagen und daten vor. da diese noch nicht geliefert gewesen seien, habe sie die zahlung zurückbehalten dürfen. die aussage, dass mit der vorläufigen rechnung entsprechende daten nicht geliefert werden müssten, sei erst mit der am 30.06.2010 geschlossen honorarvereinbarung 2010 erfolgt. bis dahin sei die klägerin verpflichtet gewesen, die daten mit der rechnung zu liefern. die klägerin meine zwar, nach den motiven der vertragspartner dürfe sie gemäß § 6 abs. 1 honorarvertrag eine weitere abschlagszahlung ohne weitere nachweise verlangen. aus dem vertrag ergebe sich aber nicht, dass es sich um eine abschlagszahlung handele. demnach handele es sich um eine, wenn auch vorläufige rechnung. auch die entsprechenden anforderungsschreiben seien als rechnungen bezeichnet worden. nach § 295 abs. 2 satz 1 sgb v seien die efn-daten "für die abrechnung der vergütung" an die kasse zu liefern. die regelung sei obligatorisch und stehe nicht zur disposition der gesamtvertragsparteien. sinn und zweck sei, dass die kassen mit den efn-daten die entsprechenden gelder aus dem risikostrukturausgleich erhalten können, mit denen sie dann auch die gesamtvergütung bezahlten. habe die kassenärztliche vereinigung die gesamtvergütung schon erhalten, fehle jeder anreiz, den kassen die entsprechenden daten vollständig und richtig zu liefern. bei gesamtverträgen sei der vermutliche wille der vertragspartner in der regel unbeachtlich. die gesamtverträge beträfen dritte. da diese regelmäßig keine kenntnis davon hätten, ob und was die gesamtvertragsparteien sich gedacht hätten, sei in erster linie auf den vertragstext und in zweiter linie auf eine gesetzeskonforme auslegung abzustellen. 32die beklagte beantragt, 33das urteil des sozialgerichts vom 27.02.2013 abzuändern und die klage abzuweisen. 34der klägerin beantragt, 35die berufung der beklagten zurückweisen. 36die beklagte hält die erstinstanzliche entscheidung für zutreffend. eine fehlerhafte besetzung führe nicht zu einer aufhebung, da in der berufungsinstanz in zutreffender besetzung entscheiden werden könne. in der sache nehme die beklagte eine auslegung vor, die ihr nicht zustehe; der tatsächliche wille der gesamtvertragspartner sei ihr bekannt gewesen. einer auslegung seitens des gerichts habe es nicht bedurft. die beklagte habe im übrigen bereits im rechtsstreit l 11 ka 14/10 landessozialgericht (lsg) nordrhein-westfalen nach befragen durch den senat erklärt, dass sie ihr vorbringen zu § 295 bzw. 296 sgb v mit blick auf die rechnungsstellung nicht aufrechterhalte. 37wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstands wird auf den inhalt der gerichtsakten, der akten l 11 ka 14/10 lsg nordrhein-westfalen sowie der verwaltungsvorgänge der klägerin und der beklagten bezug genommen. sie waren gegenstand der mündlichen verhandlung. 38
39die zulässige berufung der beklagten ist nicht begründet. das sg hat der klage zu recht stattgegeben; denn die klägerin hat gegen die beklagte anspruch auf die geltend gemachten verzugszinsen. 40der von der klägerin erhobene anspruch (§ 123 sgg) betrifft eine beziehung zwischen ärzten bzw. ihrer vereinigung und krankenkassen. über die diesen anspruch zum gegenstand habende berufung entscheidet der senat in paritätischer besetzung, d.h. es wirken je ein ehrenamtlicher richter aus den kreisen der krankenkassen einerseits und der vertragsärzte, vertragszahnärzte bzw. psychotherapeuten andererseits mit. es handelt sich nämlich, wie die beklagte zu recht ausführt, um eine angelegenheit des vertragsarztrechts (§ 12 abs. 3 satz 1 sgg) und nicht um eine angelegenheit der vertragsärzte, vertragszahnärzte bzw. psychotherapeuten (§ 12 abs. 3 satz 2 sgg). 41der umstand, dass das sg in nicht den gesetzlichen vorgaben entsprechender besetzung entschieden hat, berührt nicht die zulässigkeit der klage und führt im übrigen auch als wesentlicher verfahrensmangel i.s.d. § 159 abs. 1 nr. 2 sgg nicht zwingend zu einer zurückverweisung. diese käme überhaupt nur in betracht, wenn aufgrund des mangels, anders als vorliegend, eine umfangreiche und aufwändige beweisaufnahme notwendig wäre (§ 159 abs. 1 nr. 2 2. halbsatz sgg). 42im übrigen nimmt der senat auf die zutreffenden entscheidungsgründe des urteils des sg bezug (§ 153 abs. 2 sgg) und führt ergänzend aus: 43gegenüber dem sich in ermangelung anwendbarer gesetzlicher regelungen (insbesondere scheidet § 288 bürgerliches gesetzbuch aus, s. bundesssozialgericht (bsg), urteile vom 28.09.2005 - b 6 ka 71/04 r - und - b 6 ka 72/04 r -, vom 17.11.1999 - b 6 ka 14/99 - und vom 20.01.1968 - 6 rka 19/67 -)) ausschließlich aus § 6 abs. 6 der zwischen der klägerin und u.a. der beigeladenen geschlossenen honorarverträge vom 18.11.2008 (für 2009) und vom 02.11.2009 (für 2010) ergebenden anspruch auf verzugszinsen kann die beklagte aus den bereits vom sg ausgeführten gründen ein zurückbehaltungsrecht nicht mit erfolg geltend machen. 44auf die frage, ob § 295 abs. 2 satz 1 sgb v einer krankenkasse überhaupt das recht gewährt, die zahlung der gesamtvergütung zurückzubehalten, wenn ihr nicht die in der vorschrift im einzelnen bezeichneten daten übermittelt werden, kommt es nicht an (s. dazu auch am ende). § 295 abs. 2 satz 1 sgb v bezieht sich bereits ausweislich seines wortlauts ausschließlich auf die "abrechnung der vergütung" und nicht auf die in den honorarverträgen vom 18.11.2008 und vom 02.11.2009 für das jahr 2009 bzw. 2010 geregelten, hier streitigen abschlagszahlungen auf die gesamtvergütung. § 6 honorarvertrag regelt die "zahlung der gesamtvergütung" und unterscheidet dabei zwischen "regelungen für abschlagszahlungen bzw. restzahlungen" (satz 1). die ersten drei in einem quartal zu erbringenden abschlagszahlungen sind in § 6 abs. 3 honorarvertrag ausdrücklich benannt ("die krankenkassen leisten nach anforderung durch die kassenärztliche vereinigung nordrhein monatlich abschlagszahlungen in höhe von 31% der voraussichtlichen morbiditätsbedingten gesamtvergütung nach der anlage al sowie für die vergütung von leistungen ). die von den vertragsparteien nachfolgend als vierte abschlagszahlung bezeichnete zahlung ist in § 6 abs. 1 honorarvertrag geregelt: "die einzelnen krankenkassen erhalten eine vorläufige rechnung, aus der die von der krankenkasse zu zahlende voraussichtliche morbiditätsbedingte gesamtvergütung lt. berechnung nach anlage a1 unter berücksichtigung der zahl der versicherten nach § 1 abs. 3 a) und b), die bereichseigenen einzelleistungen - getrennt nach leistungsbereichen - sowie die bereichseigenen sachkosten bzw. beträge zu ersehen sind." auch hier handelt es sich, wie sich aus den worten "vorläufige" und "voraussichtliche" ergibt, nicht um die restzahlung auf die gesamtvergütung, sondern inhaltlich um eine weitere abschlagszahlung. die pflicht zur abschließenden, endgültigen restzahlung, der allenfalls (s.o.) ein zurückbehaltungsrecht der krankenkasse wegen fehlender übermittlung der daten i.s.d. § 295 abs. 2 satz 1 sgb v entgegenstehen kann, ergibt sich erst aus dem vorliegend nicht einschlägigen § 6 abs. 2 honorarvertrag. 45auch aus den honorarverträgen vom 18.11.2008 und vom 02.11.2009 ergibt sich keine verpflichtung der klägerin, der beklagten im zusammenhang mit der vorläufigen rechnung i.s.d. § 6 abs. 1 honorarvertrag die daten nach § 295 abs. 2 satz 1 sgb v zu übermitteln. § 6 abs. 1 honorarvertrag vom 18.11.2008 enthält derartige vorgaben nicht. § 6 abs. 1 honorarvertrag vom 02.11.2009 führt sogar ausdrücklich aus "mit der vorläufigen rechnung werden das formblatt 3 sowie die weiteren abrechnungsunterlagen nach dem vertrag über den datenaustausch auf datenträgern nicht zur verfügung gestellt. diese abrechnungsunterlagen erhalten die krankenkassen mit der endgültigen rechnung nach abs. 2 für das jeweilige abrechnungsquartal." § 5 honorarvertrag regelt schließlich lediglich, welche rechnungs- bzw. abrechnungsunterlagen den krankenkassen vorzulegen sind; dazu gehören zwar auch die sog. efn-daten (§ 5 abs. 4 honorarvertrag). § 5 honorarvertrag regelt aber nicht, zu welchem zeitpunkt die daten zu übermitteln sind. schon deshalb führt auch die überschrift "rechnungsunterlagen" nicht weiter. § 6 abs. 1 honorarvertrag regelt im übrigen nicht nur die lediglich "vorläufige rechnung", sondern gibt zudem konkret vor, was mit dieser zusammen vorzulegen ist; efn-daten gehören nicht dazu. 46der frage, ob sich die beklagte überhaupt auf die rechtswidrigkeit einzelner regelungen der gesamtverträge berufen kann, ist nicht weiter nachzugehen. denn der umstand, dass die vertragspartner die übermittlung der daten i.s.d. § 295 abs. 2 satz 1 sgb v nicht als voraussetzung für eine rechtswirksame vorläufige rechnung i.s.d. § 6 abs. 1 honorarvertrag normiert haben, beinhaltet keinen rechtsverstoß. wie bereits dargelegt erfordert § 295 abs. 2 satz 1 sgb v dies nicht. im übrigen ist der bei einführung der regelung bestehende zusammenhang zwischen abgerechneten leistungen und höhe der von den krankenkassen zu zahlenden vergütung seit der neufassung von absatz 2 satz 1 ab 01.01.1993 zumindest fraglich (s. dazu didong in jurispk-sgb v, 2. auflage 2012, § 296 rdn. 13 mit hinweis auf bt-drs. 15/1525 s. 146; hess in kasseler kommentar, 83. ergänzungslieferung, 2015, § 295 rdn. 4). 47die kostenentscheidung beruht auf § 197a abs. 1 satz 1 teilsatz 3 sgg i.v.m. § 154 abs. 1 und 2 verwaltungsgerichtsordnung. 48die voraussetzungen für die zulassung der revision liegen nicht vor (§ 160 abs. 2 sgg).
Verklagte*r
0
325,612
2 O 93/19
2020-01-23T00:00:00
Urteil
Tenor 1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin. 3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages. 1Tatbestand: 2Die Klägerin nimmt die Beklagte wegen eines Sturzes am 05.07.2017 gegen 17:47 Uhr vor dem Aufzug in der zweiten Etage im T- Krankhaus in M, dessen Trägerin die Beklagte ist, auf Schadensersatz in Anspruch. Sie macht Schmerzensgeld, Behandlungs- und Fahrtkosten, Ersatz für die Inanspruchnahme ihre Ehemannes für Fahrten zu Behandlungsterminen und zur Arbeitsstätte, einen Haushaltsführungsschaden, Verdienstausfall und vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten geltend. 3Die Klägerin ging an besagtem Tag zunächst von dem an den Raum vor den Aufzügen angrenzenden Flur zunächst zu einem Mülleimer in diesem Raum, der an der Außenwand stand und warf dort etwas hinein. Sodann drehte sich die Klägerin und lief auf die Aufzüge zu, wobei sie in Richtung der Aufzugstüren blickte. Zwischen dem Mülleimer und den Aufzügen befanden sich Sitzbankreihen. Jeweils drei schwarze Sitze bildeten eine Sitzgruppe. Zwei Sitzgruppen waren mit einem grauen Verbindungsholm verbunden. Auf dem Verbindungsholm befand sich ein nicht mittig zwischen den beiden Sitzgruppen befindlicher und auf dem Verbindungsholm angebrachter runder schwarzer Tisch. Die Klägerin stürzte über diesen Verbindungsholm und verletzte sich. Es wird auf die zur Akte gereichten Lichtbilder (Anlage K1, Bl 16 f; Anlage zum Schriftsatz des Beklagtenvertreters vom 13.05.2019, Bl 61 ff) verwiesen. 4Die Klägerin behauptet, sie habe den Verbindungsholm nicht gesehen. Der Verbindungsholm sei nicht erkennbar gewesen, insbesondere weil der Verbindungsholm dieselbe Farbe aufweise wie der Bodenbelag. Sie ist der Ansicht, dass der Verbindungsholm eine von der Beklagten zu sichernde Gefahrenquelle gewesen sei. 5Die Klägerin beantragt, 6die Beklagte zu verurteilen, an sie ein in das Ermessen des Gerichts zu stellendes, angemessenes Schmerzensgeld für den Zeitraum vom 2017 bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung, mindestens jedoch 1000 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über Basiszinssatz aus diesem Betrag seit Rechtshängigkeit zu zahlen; 7die Beklagte weiterhin zu verurteilen, an die Klägerin Schadensersatz von 1192 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen; 8die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 5455,60 € Haushaltsführungsschaden nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus diesem Betrag seit Rechtshängigkeit zahlen; 9die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 313,04 € vorbehaltlich einer wesentlichen Änderung der Verhältnisse eine Haushaltsführungsschadensrente monatlich für jeweils drei Monate im Voraus beginnend ab dem 01.04.2019 jeweils zum 1. Juli, 1. Oktober, 1. Januar und 1. April eines jeden Jahres zu zahlen; 10die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 429,03 € Verdienstausfallschaden nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus diesem Betrag seit Rechtshängigkeit zahlen; 11an die Klägerin vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten des Rechtsanwalts T, B-Straße in R in Höhe eines Betrages von 1101,67 € zu zahlen nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen. 12Die Beklagte beantragt, 13die Klage abzuweisen. 14Sie ist der Ansicht, dass es schon an einer Verkehrssicherungspflichtverletzung fehle. 15Das Gericht hat Beweis erhoben durch Inaugenscheinnahme der streitgegenständlichen Sitzgruppe und des streitgegenständlichen Raumes anlässlich des Ortstermins am 16.12.2019. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 16.12.2019 verwiesen. 16Entscheidungsgründe: 17I. Die zulässige Klage hat keinen Erfolg. 181. Die Beklagte hat keinen Anspruch auf Schadenersatz und Schmerzengeld gegen die Beklagte aus dem Sturzereignis am 05.07.2017 im Krankenhaus der Beklagten. 19Der Beklagten kann bereits keine Verletzung der ihr obliegenden Verkehrssicherungspflicht vorgeworfen werden. 20Der Umfang der einem Verantwortlichen obliegenden Verkehrssicherungspflicht wird von Art und Häufigkeit der Benutzung des Verkehrsweges und seiner Bedeutung maßgebend bestimmt. Die Verkehrssicherungspflicht umfasst die notwendigen Maßnahmen zur Herbeiführung und Erhaltung eines für den Benutzer hinreichend sicheren Zustandes der Verkehrswege. Der Verkehrssicherungspflichtige hat jedoch nicht für alle denkbaren Möglichkeiten eine Schadenseintrittsvorsorge zu treffen, vielmehr sind nur diejenigen Maßnahmen vorzunehmen, die nach den Sicherungserwartungen des jeweiligen Verkehrs im Rahmen des wirtschaftlich zumutbaren geeignet sind, Gefahren von Dritten abzuwenden, die bei bestimmungsgemäßer Benutzung drohen. Der Verkehrssicherungspflichtige muss in geeigneter und objektiv zumutbarer Weise alle, aber auch nur diejenigen Gefahren ausräumen und erforderlichenfalls vor ihnen warnen, die für den Benutzer, der die erforderliche Sorgfalt walten lässt, nicht oder nicht rechtzeitig erkennbar sind und auf die er sich nicht oder nicht rechtzeitig einzurichten vermag (BGH VersR 1979, 1055). Grundsätzlich muss sich der Benutzer allerdings den gegebenen Verhältnissen anpassen und den Verkehrsweg so hinnehmen, wie er sich ihm erkennbar darbietet. Eine vollkommene Verkehrssicherheit, die jeden Unfall ausschließt, lässt sich jedenfalls mit wirtschaftlich zumutbaren Maßnahmen nicht erreichen. 21Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe lässt sich eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht nach dem Vorbringen der Klägerin und der Inaugenscheinnahme der vermeintlichen Stolperfalle nicht feststellen. 22Bei der streitgegenständlichen Sitzgruppe handelt es sich nicht um eine solche Gefahrenquelle. Das Gericht verkennt dabei nicht, dass die Sitzgruppe ein Stolpern auslösen kann, wenn sie nicht rechtzeitig wahrgenommen wird. 23Allerdings ist von einem Krankenhausbesucher zu erwarten, dass er sich auf die für ein Krankenhaus typischen und von Betreibern nie völlig auszuräumenden Risiken einstellt und durch entsprechende Aufmerksamkeit auch selbst für die eigene Sicherheit sorgt. Neben Krankenbetten und medizinischem Gerät zählen auch in den öffentlichen Bereichen des Krankenhauses aufgestellte Sitzgruppen für Besucher und Patienten zu den Hindernissen, auf die ein Besucher beim Betreten des Krankenhauses erwartbar treffen kann. Grundsätzlich ist von dem Besucher zu erwarten, dass er diese Hindernisse erkennt und um dieser herumgeht. 24Aber auch der Verbindungsholm der Sitzgruppe, über den die Klägerin gestürzt ist, stellt weder eine Gefahrenquelle da, die beseitigt werden müsste, noch vor der gewarnt werden müsste. 25Diese Überzeugung hat das Gericht anlässlich des Ortstermins gewonnen. Unter Berücksichtigung der zu den Akten gereichten Lichtbildern hat der Gericht die Position der Sitzbankgruppe bestimmt und so gestellt, wie sie zum Zeitpunkt des Sturzes der Klägerin gestanden hatte. Dabei wurden die Ausrichtung anhand der Anzahl der Kunststeinplatten zwischen den Füßen der Sitzgruppe und dem Papierkorb sowie der Position der auf dem Verbindungsholm angebrachten Tischplatte zum Papierkorb vorgenommen. 26Das Gericht stellte fest, dass der Fußboden mit hellbeigefarbenen, marmorierten Kunststeinplatten belegt ist. Zwischen den rechteckigen Kunststeinplatten befinden sich im Vergleich zum Bodenbelag erheblich dunklere Fugen, die ein kariertes Muster auf dem Boden im gesamten Raum ergeben. Vor diesem Hintergrund zeichnete sich der Verbindungsholm, der aluminiumfarben, mithin hell grau ist und die Querschnittsmaße von ca. sieben mal sieben Zentimeter aufweist, was der Richter mit Hilfe eine Metermaßstabs gemessen hat, deutlich ab. Dies ist dem farblichen Kontrast zwischen dem eher warmen hellbeigefarbenem Untergrund und dem eher kalten hellgrau des Verbindungsholms und ferner dem Umstand geschuldet, dass der Verbindungsholm das karierte Muster der Fugen des Bodenbelages unterbricht. 27Die künstliche Beleuchtung führt nicht zu einer Verschleierung des Verbindungsholms. Das Gericht stellte nämlich fest, dass der Bodenbelag matt ist und keine Lichtreflexion zeigt. Es finden sich durch die künstliche Beleuchtung lediglich einige hellere Stellen auf dem Boden. Aufgrund der Mattigkeit des Bodenbelags kommt es nach Auffassung des Gerichts auch nicht auf den Sonnenstand zum Unfallzeitpunkt an. 28Zu berücksichtigen ist zudem, dass sich auf dem Verbindungsholm, der die zwei Dreiersitze verbindet ein, eine runde, dunkelgraue Tischplatte angebracht ist, die nach Messung mit Hilfe eines Metermaßstabs durch den Richter während des Ortstermins einen Durchmesser von ca. 58 cm hat, und der Abstand zwischen der Tischplatte und den sich anschließenden Dreiersitz nach Messung durch den Richter während des Ortstermins lediglich ca. 61 cm beträgt. Aufgrund dieses geringen Abstands war objektiv erkennbar, dass an dieser Stelle kein Durchgang ist. Zumindest ist aber, sofern man den erkennbaren Verbindungsholm übersieht, eine vermeintliche Engstelle zwischen dem Tisch und dem Dreiersitz wahrzunehmen, die eine erhöhte Aufmerksamkeit der Klägerin erfordert hätte. So sind auch in den eigenen Wohnräumen vielfach Engstellen mit sog. Stolperfallen vorhanden, die ein zumindest gleich großes Verletzungsrisiko mit sich bringen. Im letzteren Falle würde man aber nicht die Schuld bei einem anderen suchen, wenn es dann tatsächlich zu einem Unglück kommt. Vielmehr realisiert sich in einem solchen Fall, wie auch in dem streitgegenständlichen, das allgemeine Lebensrisiko einer möglichen Verletzung. Dieses darf allerdings nicht im Wege der Verkehrssicherungspflicht auf Dritte abgewälzt werden, insbesondere wenn sich eine mögliche Gefahr – wie hier – für die Klägerin hinreichend deutlich ergeben hat. Diese erhöhte Aufmerksamkeit hat die Klägerin nicht gezeigt. Denn sie hat nach eigenem Vortrag zu den Aufzugstüren geblickt. 29Es besteht daher auf Seiten der Beklagten keine Verpflichtung, vor derart offensichtlichen Gefahren zu schützen. Auch kann nicht erwartet werden, dass der Betreiber von Krankenhäusern seine Besucher vor sämtlichen potentiellen Gefahrenquellen schützt und diese entschärft. Eine derart umfassende Verkehrssicherungspflicht würde sich als unverhältnismäßig und damit unzumutbar darstellen. 302. Die Beklagte hat aus demselben Grund kein Anspruch auf Zahlung einer zukünftigen Haushaltsführungsschadensrente. 313. Der Feststellungsantrag hat keinen Erfolg. Die Beklagte hat keine Verkehrssicherungspflicht verletzt (s.o.). 323. Die Nebenansprüche teilen das Schicksal der Hauptforderungen. 33II. Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 709 ZPO. 34Streitwert: 7.000,00 € (Klageantrag zu 1) 35 1.192,97 € (Klageantrag zu 2) 36 5.455,63 € (Klageantrag zu 3) 37 13.147,68 € (Klageantrag zu 4) 38 429,03 € (Klageantrag zu 5) 39 5.000.00 € (Klageantrag zu 7) 40Gesamt: 32.225,31 € 41Rechtsbehelfsbelehrung: 42A) Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist, 431. wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder 442. wenn die Berufung in dem Urteil durch das Landgericht zugelassen worden ist. 45Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Oberlandesgericht Köln, Reichenspergerplatz 1, 50670 Köln, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils (Datum des Urteils, Geschäftsnummer und Parteien) gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten. 46Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Oberlandesgericht Köln zu begründen. 47Die Parteien müssen sich vor dem Oberlandesgericht Köln durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein. 48Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden. 49B) Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist, 501. wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder 512. wenn die Berufung in dem Urteil durch das Landgericht zugelassen worden ist. 52Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Oberlandesgericht Köln, Reichenspergerplatz 1, 50670 Köln, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils (Datum des Urteils, Geschäftsnummer und Parteien) gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten. 53Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Oberlandesgericht Köln zu begründen. 54Die Parteien müssen sich vor dem Oberlandesgericht Köln durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein. 55Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.
1. die klage wird abgewiesen. 2. die kosten des rechtsstreits trägt die klägerin. 3. das urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen sicherheitsleistung in höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden betrages. 1
2die klägerin nimmt die beklagte wegen eines sturzes am 05.07.2017 gegen 17:47 uhr vor dem aufzug in der zweiten etage im t- krankhaus in m, dessen trägerin die beklagte ist, auf schadensersatz in anspruch. sie macht schmerzensgeld, behandlungs- und fahrtkosten, ersatz für die inanspruchnahme ihre ehemannes für fahrten zu behandlungsterminen und zur arbeitsstätte, einen haushaltsführungsschaden, verdienstausfall und vorgerichtliche rechtsanwaltskosten geltend. 3die klägerin ging an besagtem tag zunächst von dem an den raum vor den aufzügen angrenzenden flur zunächst zu einem mülleimer in diesem raum, der an der außenwand stand und warf dort etwas hinein. sodann drehte sich die klägerin und lief auf die aufzüge zu, wobei sie in richtung der aufzugstüren blickte. zwischen dem mülleimer und den aufzügen befanden sich sitzbankreihen. jeweils drei schwarze sitze bildeten eine sitzgruppe. zwei sitzgruppen waren mit einem grauen verbindungsholm verbunden. auf dem verbindungsholm befand sich ein nicht mittig zwischen den beiden sitzgruppen befindlicher und auf dem verbindungsholm angebrachter runder schwarzer tisch. die klägerin stürzte über diesen verbindungsholm und verletzte sich. es wird auf die zur akte gereichten lichtbilder (anlage k1, bl 16 f; anlage zum schriftsatz des beklagtenvertreters vom 13.05.2019, bl 61 ff) verwiesen. 4die klägerin behauptet, sie habe den verbindungsholm nicht gesehen. der verbindungsholm sei nicht erkennbar gewesen, insbesondere weil der verbindungsholm dieselbe farbe aufweise wie der bodenbelag. sie ist der ansicht, dass der verbindungsholm eine von der beklagten zu sichernde gefahrenquelle gewesen sei. 5die klägerin beantragt, 6die beklagte zu verurteilen, an sie ein in das ermessen des gerichts zu stellendes, angemessenes schmerzensgeld für den zeitraum vom 2017 bis zum schluss der mündlichen verhandlung, mindestens jedoch 1000 € nebst zinsen i.h.v. 5 prozentpunkten über basiszinssatz aus diesem betrag seit rechtshängigkeit zu zahlen; 7die beklagte weiterhin zu verurteilen, an die klägerin schadensersatz von 1192 € nebst zinsen i.h.v. 5 prozentpunkten über dem jeweiligen basiszinssatz seit rechtshängigkeit zu zahlen; 8die beklagte zu verurteilen, an die klägerin 5455,60 € haushaltsführungsschaden nebst zinsen i.h.v. 5 prozentpunkten über dem jeweiligen basiszinssatz aus diesem betrag seit rechtshängigkeit zahlen; 9die beklagte zu verurteilen, an die klägerin 313,04 € vorbehaltlich einer wesentlichen änderung der verhältnisse eine haushaltsführungsschadensrente monatlich für jeweils drei monate im voraus beginnend ab dem 01.04.2019 jeweils zum 1. juli, 1. oktober, 1. januar und 1. april eines jeden jahres zu zahlen; 10die beklagte zu verurteilen, an die klägerin 429,03 € verdienstausfallschaden nebst zinsen i.h.v. 5 prozentpunkten über dem jeweiligen basiszinssatz aus diesem betrag seit rechtshängigkeit zahlen; 11an die klägerin vorgerichtliche rechtsanwaltskosten des rechtsanwalts t, b-straße in r in höhe eines betrages von 1101,67 € zu zahlen nebst zinsen i.h.v. 5 prozentpunkten über dem jeweiligen basiszinssatz seit rechtshängigkeit zu zahlen. 12die beklagte beantragt, 13die klage abzuweisen. 14sie ist der ansicht, dass es schon an einer verkehrssicherungspflichtverletzung fehle. 15das gericht hat beweis erhoben durch inaugenscheinnahme der streitgegenständlichen sitzgruppe und des streitgegenständlichen raumes anlässlich des ortstermins am 16.12.2019. hinsichtlich des ergebnisses der beweisaufnahme wird auf das protokoll der mündlichen verhandlung vom 16.12.2019 verwiesen. 16
17i. die zulässige klage hat keinen erfolg. 181. die beklagte hat keinen anspruch auf schadenersatz und schmerzengeld gegen die beklagte aus dem sturzereignis am 05.07.2017 im krankenhaus der beklagten. 19der beklagten kann bereits keine verletzung der ihr obliegenden verkehrssicherungspflicht vorgeworfen werden. 20der umfang der einem verantwortlichen obliegenden verkehrssicherungspflicht wird von art und häufigkeit der benutzung des verkehrsweges und seiner bedeutung maßgebend bestimmt. die verkehrssicherungspflicht umfasst die notwendigen maßnahmen zur herbeiführung und erhaltung eines für den benutzer hinreichend sicheren zustandes der verkehrswege. der verkehrssicherungspflichtige hat jedoch nicht für alle denkbaren möglichkeiten eine schadenseintrittsvorsorge zu treffen, vielmehr sind nur diejenigen maßnahmen vorzunehmen, die nach den sicherungserwartungen des jeweiligen verkehrs im rahmen des wirtschaftlich zumutbaren geeignet sind, gefahren von dritten abzuwenden, die bei bestimmungsgemäßer benutzung drohen. der verkehrssicherungspflichtige muss in geeigneter und objektiv zumutbarer weise alle, aber auch nur diejenigen gefahren ausräumen und erforderlichenfalls vor ihnen warnen, die für den benutzer, der die erforderliche sorgfalt walten lässt, nicht oder nicht rechtzeitig erkennbar sind und auf die er sich nicht oder nicht rechtzeitig einzurichten vermag (bgh versr 1979, 1055). grundsätzlich muss sich der benutzer allerdings den gegebenen verhältnissen anpassen und den verkehrsweg so hinnehmen, wie er sich ihm erkennbar darbietet. eine vollkommene verkehrssicherheit, die jeden unfall ausschließt, lässt sich jedenfalls mit wirtschaftlich zumutbaren maßnahmen nicht erreichen. 21unter zugrundelegung dieser maßstäbe lässt sich eine verletzung der verkehrssicherungspflicht nach dem vorbringen der klägerin und der inaugenscheinnahme der vermeintlichen stolperfalle nicht feststellen. 22bei der streitgegenständlichen sitzgruppe handelt es sich nicht um eine solche gefahrenquelle. das gericht verkennt dabei nicht, dass die sitzgruppe ein stolpern auslösen kann, wenn sie nicht rechtzeitig wahrgenommen wird. 23allerdings ist von einem krankenhausbesucher zu erwarten, dass er sich auf die für ein krankenhaus typischen und von betreibern nie völlig auszuräumenden risiken einstellt und durch entsprechende aufmerksamkeit auch selbst für die eigene sicherheit sorgt. neben krankenbetten und medizinischem gerät zählen auch in den öffentlichen bereichen des krankenhauses aufgestellte sitzgruppen für besucher und patienten zu den hindernissen, auf die ein besucher beim betreten des krankenhauses erwartbar treffen kann. grundsätzlich ist von dem besucher zu erwarten, dass er diese hindernisse erkennt und um dieser herumgeht. 24aber auch der verbindungsholm der sitzgruppe, über den die klägerin gestürzt ist, stellt weder eine gefahrenquelle da, die beseitigt werden müsste, noch vor der gewarnt werden müsste. 25diese überzeugung hat das gericht anlässlich des ortstermins gewonnen. unter berücksichtigung der zu den akten gereichten lichtbildern hat der gericht die position der sitzbankgruppe bestimmt und so gestellt, wie sie zum zeitpunkt des sturzes der klägerin gestanden hatte. dabei wurden die ausrichtung anhand der anzahl der kunststeinplatten zwischen den füßen der sitzgruppe und dem papierkorb sowie der position der auf dem verbindungsholm angebrachten tischplatte zum papierkorb vorgenommen. 26das gericht stellte fest, dass der fußboden mit hellbeigefarbenen, marmorierten kunststeinplatten belegt ist. zwischen den rechteckigen kunststeinplatten befinden sich im vergleich zum bodenbelag erheblich dunklere fugen, die ein kariertes muster auf dem boden im gesamten raum ergeben. vor diesem hintergrund zeichnete sich der verbindungsholm, der aluminiumfarben, mithin hell grau ist und die querschnittsmaße von ca. sieben mal sieben zentimeter aufweist, was der richter mit hilfe eine metermaßstabs gemessen hat, deutlich ab. dies ist dem farblichen kontrast zwischen dem eher warmen hellbeigefarbenem untergrund und dem eher kalten hellgrau des verbindungsholms und ferner dem umstand geschuldet, dass der verbindungsholm das karierte muster der fugen des bodenbelages unterbricht. 27die künstliche beleuchtung führt nicht zu einer verschleierung des verbindungsholms. das gericht stellte nämlich fest, dass der bodenbelag matt ist und keine lichtreflexion zeigt. es finden sich durch die künstliche beleuchtung lediglich einige hellere stellen auf dem boden. aufgrund der mattigkeit des bodenbelags kommt es nach auffassung des gerichts auch nicht auf den sonnenstand zum unfallzeitpunkt an. 28zu berücksichtigen ist zudem, dass sich auf dem verbindungsholm, der die zwei dreiersitze verbindet ein, eine runde, dunkelgraue tischplatte angebracht ist, die nach messung mit hilfe eines metermaßstabs durch den richter während des ortstermins einen durchmesser von ca. 58 cm hat, und der abstand zwischen der tischplatte und den sich anschließenden dreiersitz nach messung durch den richter während des ortstermins lediglich ca. 61 cm beträgt. aufgrund dieses geringen abstands war objektiv erkennbar, dass an dieser stelle kein durchgang ist. zumindest ist aber, sofern man den erkennbaren verbindungsholm übersieht, eine vermeintliche engstelle zwischen dem tisch und dem dreiersitz wahrzunehmen, die eine erhöhte aufmerksamkeit der klägerin erfordert hätte. so sind auch in den eigenen wohnräumen vielfach engstellen mit sog. stolperfallen vorhanden, die ein zumindest gleich großes verletzungsrisiko mit sich bringen. im letzteren falle würde man aber nicht die schuld bei einem anderen suchen, wenn es dann tatsächlich zu einem unglück kommt. vielmehr realisiert sich in einem solchen fall, wie auch in dem streitgegenständlichen, das allgemeine lebensrisiko einer möglichen verletzung. dieses darf allerdings nicht im wege der verkehrssicherungspflicht auf dritte abgewälzt werden, insbesondere wenn sich eine mögliche gefahr – wie hier – für die klägerin hinreichend deutlich ergeben hat. diese erhöhte aufmerksamkeit hat die klägerin nicht gezeigt. denn sie hat nach eigenem vortrag zu den aufzugstüren geblickt. 29es besteht daher auf seiten der beklagten keine verpflichtung, vor derart offensichtlichen gefahren zu schützen. auch kann nicht erwartet werden, dass der betreiber von krankenhäusern seine besucher vor sämtlichen potentiellen gefahrenquellen schützt und diese entschärft. eine derart umfassende verkehrssicherungspflicht würde sich als unverhältnismäßig und damit unzumutbar darstellen. 302. die beklagte hat aus demselben grund kein anspruch auf zahlung einer zukünftigen haushaltsführungsschadensrente. 313. der feststellungsantrag hat keinen erfolg. die beklagte hat keine verkehrssicherungspflicht verletzt (s.o.). 323. die nebenansprüche teilen das schicksal der hauptforderungen. 33ii. die prozessualen nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 709 zpo. 34streitwert: 7.000,00 € (klageantrag zu 1) 35 1.192,97 € (klageantrag zu 2) 36 5.455,63 € (klageantrag zu 3) 37 13.147,68 € (klageantrag zu 4) 38 429,03 € (klageantrag zu 5) 39 5.000.00 € (klageantrag zu 7) 40gesamt: 32.225,31 € 41rechtsbehelfsbelehrung: 42a) gegen dieses urteil ist das rechtsmittel der berufung für jeden zulässig, der durch dieses urteil in seinen rechten benachteiligt ist, 431. wenn der wert des beschwerdegegenstandes 600,00 eur übersteigt oder 442. wenn die berufung in dem urteil durch das landgericht zugelassen worden ist. 45die berufung muss innerhalb einer notfrist von einem monat nach zustellung dieses urteils schriftlich bei dem oberlandesgericht köln, reichenspergerplatz 1, 50670 köln, eingegangen sein. die berufungsschrift muss die bezeichnung des urteils (datum des urteils, geschäftsnummer und parteien) gegen das die berufung gerichtet wird, sowie die erklärung, dass gegen dieses urteil berufung eingelegt werde, enthalten. 46die berufung ist, sofern nicht bereits in der berufungsschrift erfolgt, binnen zwei monaten nach zustellung dieses urteils schriftlich gegenüber dem oberlandesgericht köln zu begründen. 47die parteien müssen sich vor dem oberlandesgericht köln durch einen rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die berufungs- und die berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein. 48mit der berufungsschrift soll eine ausfertigung oder beglaubigte abschrift des angefochtenen urteils vorgelegt werden. 49b) gegen dieses urteil ist das rechtsmittel der berufung für jeden zulässig, der durch dieses urteil in seinen rechten benachteiligt ist, 501. wenn der wert des beschwerdegegenstandes 600,00 eur übersteigt oder 512. wenn die berufung in dem urteil durch das landgericht zugelassen worden ist. 52die berufung muss innerhalb einer notfrist von einem monat nach zustellung dieses urteils schriftlich bei dem oberlandesgericht köln, reichenspergerplatz 1, 50670 köln, eingegangen sein. die berufungsschrift muss die bezeichnung des urteils (datum des urteils, geschäftsnummer und parteien) gegen das die berufung gerichtet wird, sowie die erklärung, dass gegen dieses urteil berufung eingelegt werde, enthalten. 53die berufung ist, sofern nicht bereits in der berufungsschrift erfolgt, binnen zwei monaten nach zustellung dieses urteils schriftlich gegenüber dem oberlandesgericht köln zu begründen. 54die parteien müssen sich vor dem oberlandesgericht köln durch einen rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die berufungs- und die berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein. 55mit der berufungsschrift soll eine ausfertigung oder beglaubigte abschrift des angefochtenen urteils vorgelegt werden.
Verklagte*r
0
320,618
10 A 1860/17
2019-05-27T00:00:00
Urteil
Tenor Das angefochtene Urteil wird geändert. Die Klage wird abgewiesen. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen als Gesamtschuldner. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 von Hundert des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 von Hundert des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. Die Revision wird nicht zugelassen. 1Tatbestand: 2Die Kläger sind Eigentümer des Grundstücks S. Straße 118 in C. (Gemarkung C., Flur 50, Flurstücke 652, 653). Das Grundstück ist etwa 16 m breit und 150 m tief. Mit seiner nördlichen schmalen Seite grenzt es an die S. Straße. Es ist im nördlichen Teil mit dem Wohnhaus der Kläger bebaut; in Richtung Süden erstreckt sich der dazugehörige Garten. Der nördliche Teil des Grundstücks – bis etwa 50 m südlich der S. Straße – liegt im Geltungsbereich des Bebauungsplans … „Im T.“ und wird dort als Allgemeines Wohngebiet festgesetzt. 3Der Beklagte erteilte der Beigeladenen am 22. Juni 2016 eine Baugenehmigung für die Errichtung eines Antennenträgers – 35 m Stahlgittermast (im Folgenden: Vorhaben) auf dem Grundstück Gemarkung C. , Flur 50, Flurstück 170 (im Folgenden: Vorhabengrundstück). Das im Landschaftsschutzgebiet … „T1. “ im Geltungsbereich des Landschaftsplans Nr. … des Beklagten „F. Wald“ (im Folgenden: Landschaftsplan) liegende Vorhabengrundstück schließt sich südlich an das Grundstück der Kläger an. 4Für das Vorhaben liegt eine Standortbescheinigung der Bundesnetzagentur zum Nachweis der Gewährleistung des Schutzes von Personen in den durch den Betrieb von ortsfesten Funkanagen entstehenden elektromagnetischen Feldern vom 22. Juni 2016 vor, die einen standortbezogenen Sicherheitsabstand in Hauptstrahlrichtung von 12,87 m vorgibt. Die Standortbescheinigung vom 20. September 2016 weist einen standortbezogenen Sicherheitsabstand in Hauptstrahlrichtung von 14,73 m aus. Unter dem 23. November 2015 hatte der Beklagte bereits eine Befreiung von den im Landschaftsplan für das Landschaftsschutzgebiet festgesetzten Verboten erteilt. 5Die Beigeladene begann am 5. Dezember 2016 mit der Errichtung des Vorhabens. 6Die Kläger haben am 7. Februar 2017 Klage gegen die Baugenehmigung erhoben. 7Zur Begründung haben sie im Wesentlichen vorgetragen, von dem Vorhaben gehe eine optisch bedrängende Wirkung zu Lasten ihres Grundstücks aus. Es wirke objektiv bedrohlich und belastend. Da das Vorhabengrundstück ein gutes Stück höher als ihr Grundstück und dahinter ein Waldstück liege, werde die bedrängende Wirkung des Antennenträgers massiv verstärkt. Wenn sie sich in ihrem mühevoll angelegten Garten befänden, könnten sie sich dem Anblick des Antennenträgers zu keinem Zeitpunkt entziehen. Dies führe zu einer Wertminderung ihres Grundstücks. Es sei nicht berücksichtigt worden, dass es Alternativstandorte für das Vorhaben gebe. Dass im Innenbereich kein geeigneter Standort zur Verfügung gestanden habe, würden sie bestreiten. 8Die Kläger haben beantragt, 9die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung zur Errichtung eines Antennenträgers auf dem Grundstück Gemarkung C. , Flur 50, Flurstück 170 vom 22. Juni 2016 aufzuheben. 10Der Beklagte hat beantragt, 11die Klage abzuweisen. 12Zur Begründung hat er unter anderem ausgeführt, das Vorhaben sei gemäß § 35 Abs. 1 Nr. 3 BauGB als ein solches, das der öffentlichen Versorgung mit Telekommunikationsleistungen diene, privilegiert. Der Suchkreisanalyse sei zu entnehmen, dass geeignete Standorte im Innenbereich nicht zur Verfügung gestanden hätten. Eine Darlegung von Alternativflächen im Außenbereich sei nicht erforderlich gewesen. Eine rücksichtslose, optisch bedrängende Wirkung gehe von dem etwa 35 m hohen Vorhaben nicht aus. Der Abstand zum Wohnhaus der Kläger betrage mehr als 140 m. 13Die Beigeladene hat beantragt, 14die Klage abzuweisen. 15Zur Begründung hat sie im Wesentlichen vorgetragen, ein Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot liege nicht vor. Das Vorhaben übe auf das Wohnhaus der Kläger keine erdrückende Wirkung aus. Es befinde sich im Außenbereich. Hier seien Anlagen, die der öffentlichen Versorgung mit Telekommunikationsdienstleistungen dienten, privilegiert zulässig. Da mit der Errichtung solcher privilegierter Anlagen im Außenbereich gerechnet werden müsse, sei der Schutzanspruch für Wohnnutzungen an der Grenze zum Außenbereich geringer als im Innenbereich. Das Vorhaben werde zudem in deutlichem Abstand zum Wohnhaus der Kläger sowie in Stahlgitterbauweise errichtet. Dies schließe eine erdrückende Wirkung aus. Es wirke auch nicht „optisch erschlagend“. Der Abstand zwischen dem Vorhaben und dem Wohnhaus der Kläger betrage mehr als das Dreifache seiner Gesamthöhe, was nach der zu Windenergieanlagen ergangenen Rechtsprechung eine solche Wirkung regelmäßig ausschließe. Die optischen Beeinträchtigungen durch einen Mobilfunkmast seien überdies geringer als die durch Windenergieanlagen, weil er keine beweglichen Teile habe. Das hier erforderliche Maß der Rücksichtnahme werde auch nicht durch die besonders aufwändige Gestaltung des Grundstücks der Kläger erhöht. Ebenso wenig bewirke die von ihnen als Folge der Verwirklichung des Vorhabens geltend gemachte Wertminderung ihres Grundstücks eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots. Eine solche Rechtsverletzung wäre nur anzunehmen, wenn das Vorhaben selbst den Klägern billigerweise nicht zumutbar wäre. Auf mögliche Standortvarianten könnten sie sich nicht berufen. Ob eine Mobilfunkanlage nach den vom Bundesverwaltungsgericht gestellten Anforderungen im Außenbereich privilegiert sei oder ob andere mögliche Standorte zur Verfügung stünden, sei ausschließlich für die objektiv-rechtliche Zulässigkeit des Vorhabens von Bedeutung. 16Das Verwaltungsgericht hat der Klage im Wesentlichen mit der Begründung stattgegeben, das Vorhaben sei den Klägern gegenüber rücksichtslos. Zwar verstoße es weder gegen die bauordnungsrechtlichen Abstandsflächenregelungen noch unterschreite es die nach der Sechsundzwanzigsten Verordnung zur Durchführung des Bundes-Im-missionsschutzgesetzes (Verordnung über elektromagnetische Felder – 26. BImSchV) erforderlichen Abstände, doch habe es eine optisch bedrängende Wirkung auf das Grundstück der Kläger. Die Ortsbesichtigung habe ergeben, dass die Kombination des auf das Vorhaben zulaufenden Grundstücks, des in Richtung des Vorhabens ansteigenden Geländes und der Höhe des Vorhabens bewirke, dass es unausweichlich in dem nach Süden ausgerichteten Sichtfeld präsent sei und deshalb die Wohnnutzung auf dem Grundstück in unzumutbarer Weise beeinträchtige. Die mit dem Vorhaben verfolgten Interessen der Beigeladenen als Träger der öffentlichen Versorgung mit Telekommunikationsdienstleistungen seien nicht etwa unabweisbar, denn es sei nicht anzunehmen, dass das Vorhaben nur an dem ausgewählten Standort verwirklicht werden könne. 17Der Senat hat die Berufungen des Beklagten und der Beigeladenen zugelassen. 18Der Beklagte hat zur Begründung der Berufung im Wesentlichen ausgeführt, das Vorhaben sei nicht zu Lasten der Kläger rücksichtslos. Der Schutzanspruch der Kläger sei wegen der Lage des Vorhabengrundstücks im Außenbereich vermindert. Einen Anspruch darauf, dass der unverbaute Blick von ihrem Grundstück in die freie Landschaft fortbestehe, hätten die Kläger nicht. Umso weniger könne eine optisch bedrängende Wirkung des Vorhabens auf ihr Grundstück angenommen werden. Auch stehe das Vorhaben allein und wirke nicht zusammen mit anderen Anlagen vergleichbarer Dimensionen auf das Grundstück der Kläger ein. Diese könnten, wenn sie wollten, die optischen Wirkungen des Vorhabens abmildern. Es sei ihnen zuzumuten, die nach ihren eigenen Angaben bewusst niedrig gehaltenen Bepflanzungen im Garten in die Höhe wachsen zu lassen und so die optische Präsenz des Vorhabens abzuschwächen. 19Der Beklagte beantragt, 20das Urteil des Verwaltungsgerichts zu ändern und die Klage abzuweisen. 21Die Beigeladene führt zur Begründung der Berufung im Wesentlichen aus, die zu Windenergieanlagen ergangene Rechtsprechung sei, was die optisch bedrängende beziehungsweise erdrückende Wirkung solcher Anlagen angehe, hier jedenfalls nicht ohne Modifizierung anwendbar. Als Hauptursache für eine möglicherweise erdrückende Wirkung von Windenergieanlagen gelte der Effekt der sich drehenden Rotoren. Das Vorhaben habe keine beweglichen Bauteile. Windenergieanlagen verursachten zudem – anders als das Vorhaben – Schlagschatten und Lärmimmissionen. Das Vorhaben sei überdies lichtdurchlässig und habe wegen seiner geringeren Höhe und seiner Bauweise eine weitaus weniger massige Gestalt als eine heute übliche Windenergieanlage. Weder aus der Ausrichtung der Aufenthaltsbereiche auf dem Grundstück der Kläger noch aus der fehlenden optischen Abschirmung oder aus den topographischen Verhältnissen ergäben sich besondere Gründe, die abweichend von der Regel die Annahme einer optisch bedrängenden Wirkung des Vorhabens auf das Grundstück der Kläger rechtfertigten. Mitten auf dem Grundstück stehe ein Gartenhaus mit einer vorgelagerten Terrasse. Der Eingang des Gartenhauses und die Terrasse seien auf das Wohnhaus ausgerichtet. Sitze man dort, liege das Vorhaben nicht im Blickfeld. Im Garten stünden einige Bäume, die die Blickbeziehungen zu dem Vorhaben unterbrächen. Der Höhenunterschied zwischen dem Wohnhaus der Kläger und dem Vorhabenstandort betrage nur etwa 2,5 m. 22Die Beigeladene beantragt, 23das Urteil des Verwaltungsgerichts zu ändern und die Klage abzuweisen. 24Die Kläger beantragen, 25die Berufungen zurückzuweisen. 26Zur Begründung wiederholen sie ihr erstinstanzliches Vorbringen und führen im Übrigen im Wesentlichen aus, es könne nicht allein auf den Abstand des Vorhabens zu ihrem Wohnhaus abgestellt werden. Dieser Abstand allein schließe eine optisch bedrängende Wirkung des Vorhabens auf ihr Grundstück nicht aus. Durch die großen Fenster im Wohnzimmer blicke man in den aufwändig angelegten Garten. Dieser schöne Anblick werde durch die optische Präsenz des Vorhabens massiv gestört. Auch von der Terrasse aus blicke man ständig und unmittelbar auf das Vorhaben. Sich seinem Anblick zu entziehen, sei nicht möglich. Eine Abschirmung durch Anpflanzungen im Garten lasse sich wegen der Höhe des Vorhabens nicht realisieren. Das Vorhaben werfe auch einen erheblichen Schatten auf ihr Grundstück. Es sei zudem mit zwei begehbaren Wartungsplattformen versehen, von denen aus ihr Grundstück eingesehen werde könne. Werde das Vorhaben von der Morgen- und Abendsonne angestrahlt, reflektiere es das Sonnenlicht und werde dadurch zusätzlich optisch hervorgehoben, was bedrohlich wirke. 27Die Berichterstatterin des Senats hat am 17. Mai 2019 eine Ortsbesichtigung durchgeführt. Hinsichtlich der hierbei getroffenen Feststellungen wird auf das Protokoll vom gleichen Tage verwiesen. 28Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten (Beiakten Hefte 1 bis 13) Bezug genommen. 29Entscheidungsgründe: 30Die zulässigen Berufungen haben Erfolg. Die Klage ist unbegründet. 31Die der Beigeladenen von dem Beklagten erteilte Baugenehmigung vom 22. Juni 2016 verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). 32Ein Verstoß gegen bauordnungsrechtliche Vorschriften, die dem Schutz der Kläger zu dienen bestimmt sind, liegt nicht vor. 33Das Vorhaben genügt insbesondere den in Bezug auf die Grenze zum Grundstück der Kläger einschlägigen Abstandsflächenvorschriften. 34Gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 BauO NRW sind vor Außenwänden von Gebäuden Abstandsflächen von oberirdischen Gebäuden freizuhalten, wobei die Abstandsflächen auf dem Baugrundstück selbst liegen müssen (§ 6 Abs. 2 Satz 1 BauO NRW). Diese Regelungen gelten gegenüber Gebäuden und Grundstücksgrenzen entsprechend für Anlagen, die nicht Gebäude sind, soweit sie höher als 2 m über der Geländeoberfläche sind und von ihnen Wirkungen wie von Gebäuden ausgehen (vgl. § 6 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BauO NRW und § 6 Abs. 10 Satz 1 Nr. 2 BauO NRW in der bis zum 31. Dezember 2018 geltenden Fassung, im Folgenden: a.F.). 35Für das Vorhaben ist allein wegen seiner Bausubstanz unter dem Gesichtspunkt des Bedürfnisses nach einem Sozialabstand eine gebäudegleiche Wirkung anzunehmen. Dabei geht die gebäudegleiche Wirkung von dem Vorhaben als Gesamtanlage aus. Hierzu gehören – wie bereits das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat – auch die Aufsatzrohre mit den Antennenhalterungen und den Antennen, 36vgl. hierzu ausführlich OVG NRW, Urteil vom 19. April 2012 – 10 A 2310/10 –, juris, Rn. 28 ff., 37so dass hier ausgehend von einer (durchschnittlichen) Geländeoberfläche von 50,50 m üNN und der Höhe der Oberkante der Tragrohre bei 86,80 m üNN in entsprechender Anwendung der Abstandsflächenvorschriften eine maßgebliche Wandhöhe von 36,30 m zugrunde zu legen ist. 38Die Tiefe der Abstandsfläche bestimmt sich nach der Wandhöhe, die senkrecht zur Wand gemessen wird (§ 6 Abs. 4 Satz 1 BauO NRW). Sie beträgt nach § 6 Abs. 5 Satz 1 BauO NRW – in der nunmehr geltenden Fassung (siehe zuvor § 6 Abs. 5 Satz 1 BauO NRW a.F.) – 0,4 H. Diese Regelung findet hier Anwendung. Zwar ist für die Prüfung des Anspruchs eines Nachbarn auf Aufhebung einer Baugenehmigung die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Erteilung der Genehmigung maßgeblich, doch sind nachträgliche Änderungen insoweit zu berücksichtigen, als sie für den Bauherrn günstig sind. 39Vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 23. April 1998 – 4 B 40.98 –, juris, Rn. 3, mit weiteren Nachweisen. 40Danach bedarf es hier gegenüber der Grenze des Grundstücks der Kläger einer Abstandsfläche von 14,64 m Tiefe. Die Entfernung des Vorhabens zur besagten Grundstücksgrenze beträgt mindestens 16 m, so dass die hier maßgebliche Abstandsfläche auf dem Vorhabengrundstück selbst liegt. 41Die Baugenehmigung verstößt auch nicht zum Nachteil der Kläger gegen das bauplanungsrechtliche Rücksichtnahmegebot, das in Bezug auf schädliche Umwelteinwirkungen in § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB ausdrücklich geregelt ist. Soweit es um sonstige nachteilige Wirkungen eines Außenbereichsvorhabens geht, ist es ein ungeschriebener öffentlicher Belang im Sinne von § 35 Abs. 3 Satz 1 BauGB. 42Vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 27. Juni 2017 – 4 C 3.16 –, juris, Rn. 11, Beschluss vom 11. Dezember 2006 – 4 B 72.06 –, juris, Rn. 4, jeweils mit weiteren Nachweisen. 43Wie das Verwaltungsgericht bereits zutreffend angenommen hat, hält das Vorhaben nach der Standortbescheinigung der Bundesnetzagentur vom 20. September 2016 die nach der 26. BImSchV erforderlichen Abstände ein und ruft daher insoweit keine schädlichen Umwelteinwirkungen zum Nachteil der Kläger hervor. 44Vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2013 – 4 C 2.12 –, juris, Rn. 19; OVG NRW, Beschluss 45vom 2. Februar 2011 – 7 A 662/10 –, juris, Rn. 8 ff., Urteil vom 17. Dezember 2008 – 10 A 2999/07 –, juris, Rn. 87. Siehe auch OVG NRW, Beschluss vom 15. April 2010 – 13 B 162/10 –, juris, Rn. 7 ff. 46Das Vorhaben ist auch nicht wegen der von ihm ausgehenden optischen Wirkungen zum Nachteil der Kläger rücksichtslos. 47Eine bauliche Anlage kann im Ausnahmefall eine erdrückende Wirkung auf ein benachbartes Grundstück haben, wenn sie dieses wegen ihrer Ausmaße, ihrer Baumasse oder ihrer massiven Gestaltung unangemessen benachteiligt, indem sie ihm förmlich „die Luft nimmt“, wenn für den Nachbarn das Gefühl des „Eingemauertseins“ entsteht oder wenn die „erdrückende“ Anlage auf Grund der Besonderheiten des Einzelfalls trotz Wahrung der erforderlichen Abstandsflächen derartig übermächtig ist, dass das „erdrückte“ Grundstück oder seine Bebauung nur noch oder überwiegend als von einer „herrschenden“ Anlage dominiert ohne eigene baurechtliche Charakteristik wahrgenommen wird. 48Vgl. zum Beispiel OVG NRW, Beschlüsse vom 30. August 2012 – 2 B 983/12 –, juris, Rn. 10, und vom 9. Februar 2009 – 10 B 1713/08 –, juris, Rn. 25, Urteile vom 15. März 2007 – 10 A 998/06 –, juris, Rn. 63, und vom 9. August 2006 – 8 A 3726/05 –, juris, Rn. 69. 49Ob eine solche Wirkung vorliegt oder nicht, kann nur unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls entschieden werden. Neben den Ausmaßen der „erdrückenden“ Anlage auch im Verhältnis zu einer möglichen Bebauung des „erdrückten“ Grundstücks – Bauhöhe, Ausdehnung und Gestaltung der Fassaden, Baumasse, usw. – kann die konkrete Lage der Baukörper eine wesentlich Rolle spielen. Von besonderer Bedeutung werden regelmäßig die Entfernung zwischen den Baukörpern beziehungsweise Grundstücksgrenzen, die Nutzung der Grundstücke und die jeweilige Umgebung sein. So kann es beispielsweise darauf ankommen, ob die „erdrückende“ Anlage für sich steht oder ob das „erdrückte“ Grundstück von anderen Anlagen vergleichbarer Dimension umgeben ist, die zu der erdrückenden Wirkung beitragen und diese verstärken können. 50Vgl. BVerwG, Urteil vom 13. März 1982 – 4 C 1.78 –, juris, Rn. 38; OVG NRW, Urteil vom 29. August 2005 – 10 A 3138/02 –, juris, Rn. 50. 51Das Bundesverwaltungsgericht hat zuletzt wiederholt hervorgehoben, dass die Annahme einer erdrückenden Wirkung Ausnahmefällen vorbehalten ist, in denen sich die bauliche Situation im Verhältnis der betroffenen Grundstücke nach den konkreten Umständen als extrem darstellt. 52Vgl. BVerwG, Urteil vom 14. März 2018 – 4 A 5.17 –, juris, Rn. 89, und vom 22. Juni 2017 – 4 A 18.16 –, juris, Rn. 44. 53Ebenso hat es klargestellt, dass die Überlegungen der Rechtsprechung zur optisch bedrängenden Wirkung von Windenergieanlagen und zu den von ihnen regelmäßig einzuhaltenden Mindestabständen zu Wohngebäuden, 54vgl. hierzu BVerwG, Beschluss vom 11. Dezember 2006 – 4 B 72.06 –, juris, Rn. 5 ff., OVG NRW, Urteil vom 9. August 2006 – 8 A 3726/05 –, juris, Rn. 73 ff., 55wegen der Besonderheiten solcher Windenergieanlagen nicht auf statische Anlagen wie etwa auf Stromgittermasten von Hochspannungsfreileitungen oder Oberfeuer zu übertragen sind. Maßgeblich für eine mögliche optisch bedrängende Wirkung von Windenergieanlagen ist nämlich die in der Höhe wahrzunehmende Drehbewegung des Rotors, 56vgl. BVerwG, Urteile vom 14. März 2018 – 4 A 5.17 –, juris, Rn. 89, und vom 19. Dezember 2017 – 7 A 10.17 –, juris, Rn. 42. Siehe auch OVG NRW, Beschluss vom 6. August 2002 – 10 B 939/02 –, juris, Rn. 14, 57über den die genannten statischen Anlagen ebenso wie das Vorhaben nicht verfügen. 58Bei der im Rahmen der Prüfung der möglichen Rücksichtslosigkeit des Vorhabens vorzunehmenden Gewichtung der Schutzwürdigkeit des Grundstücks der Kläger, 59vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 14. September 2017 – 4 B 26.17 –, juris, Rn. 6, mit weiteren Nachweisen, 60ist im Übrigen zu beachten, dass der Eigentümer eines an der Grenze zum Außenbereich gelegenen Grundstücks selbst dann, wenn sein Grundstück im Geltungsbereich eines Bebauungsplans liegt, mit einer Veränderung in der Umgebung grundsätzlich rechnen muss. Der Außenbereich ist ausweislich des § 35 BauGB einer baulichen Nutzung nicht gänzlich entzogen. Gerade im Außenbereich privilegierte Vorhaben setzen sich dort regelmäßig durch. Aus einem augenblicklichen Lagevorteil am Rand des Außenbereichs lässt sich daher insbesondere auch kein Schutz vor einer Verschlechterung der freien Aussicht durch später genehmigte bauliche Anlagen herleiten. Die Aufrechterhaltung einer ungeschmälerten Aussicht und das Fehlen von baulichen Anlagen, von denen aus das Grundstück eingesehen werden kann, stellen eine Chance dar, deren Vereitelung nicht dem Entzug einer Rechtsposition gleichkommt. 61Vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Oktober 1993 – 4 C 5.93 –, juris, Rn. 24; Nds. OVG, Beschluss vom 20. Januar 2004 – 1 LA 309/02 –, juris, Rn. 9. 62Gemessen an diesen Maßstäben und bestätigt durch den von der Berichterstatterin vor Ort gewonnenen, den übrigen Senatsmitgliedern vermittelten Eindruck geht hier von dem Vorhaben keine erdrückende Wirkung zu Lasten des Grundstücks der Kläger aus. 63Zwar überragt das Vorhaben das eineinhalbgeschossige Wohnhaus der Kläger um ein Mehrfaches, doch steht es circa 140 m davon entfernt. Mit den aus dem Boden herausragenden Fundamentteilen hat das Vorhaben an seinem Fuß eine quadratische Grundfläche von 4,90 m Seitenlänge. Es verjüngt sich mit zunehmender Höhe stark, bevor es sich mit dem Aufsatzbereich für die Antennen wieder auf etwa 3 m Seitenlänge verbreitert. Da es als vergleichsweise schlanker Stahlgittermast konstruiert ist, ist ein – wenn auch eingeschränkter – Blick durch den Mast hindurch und an ihm vorbei auf die dahinter liegenden Bäume und den Himmel weiterhin möglich. Zwar sind das Wohnzimmer, die Terrasse und der Garten der Kläger nach Süden in Richtung des Vorhabens ausgerichtet. Jedoch grenzt das Grundstück der Kläger an seinen langgestreckten westlichen und östlichen Seiten weitgehend an die unbebauten Gartenbereiche der benachbarten Wohngrundstücke. Davon, dass das allein stehende Vorhaben jenseits der südlichen Grenze des Grundstücks der Kläger diesem „die Luft nehmen“ oder es „einmauern würde“, kann daher keine Rede sein. 64Das Vorhaben ist auch nicht optisch derart übermächtig, dass das Grundstück der Kläger mit dem Wohnhaus nur noch oder überwiegend von dem Vorhaben dominiert wird. Ein solche Wirkung ergibt sich nach dem vor Ort gewonnene Eindruck nicht etwa daraus, dass das Vorhaben wegen seiner Höhe und dem im oberen Bereich befindlichen Antennenaufbau den Blick des Betrachters auf sich und damit auch nach oben zieht und dieser Effekt durch den Zuschnitt des Grundstücks und den sanften Anstieg des Geländes in Richtung des Vorhabenstandorts verstärkt wird. Schon wegen der Größe des Grundstücks und insbesondere des Gartens sowie der vergleichsweise großen Entfernung zwischen dem Wohnhaus und dem Vorhaben, die – auch wenn die Kläger dies bestreiten – sehr wohl wahrnehmbar ist, behält das Grundstück trotz der von ihnen nachvollziehbar als störend empfundenen Wirkung des Vorhabens als „Blickfang“ ohne Zweifel seine eigene, von dem Vorhaben völlig verschiedene baurechtliche Charakteristik, die – was die im Ortstermin gefertigten Lichtbilder eindrucksvoll belegen – durch ein auffällig gestaltetes Wohnhaus eingebettet in ein weitläufiges Grundstück geprägt und durch den parkähnlichen Garten dominiert wird. In dem nach Süden ausgerichteten geräumigen Wohnzimmer, auf der anschließenden großzügigen Terrasse und in dem großen Garten verbleiben zudem verschiedene Möglichkeiten sich aufzuhalten, ohne quasi ständig auf das Vorhaben blicken zu müssen. Dass die Wohnnutzung auf dem Grundstück den Klägern wegen der optischen Wirkungen des Vorhabens auf das Grundstück, mögen diese auch störend sein, billigerweise nicht zuzumuten ist, lässt sich nach dem vor Ort gewonnen Eindruck im Ergebnis nicht feststellen. Dass sich Teile des Vorhabens bei tiefstehender Sonne bisweilen aufgrund von Lichtreflexionen für kurze Zeit „glühend“ am Himmel abzeichnen, wie die Kläger beklagen, vermag hieran nichts zu ändern. Die Schwelle zur Unzumutbarkeit optischer Beeinträchtigungen wird durch ein solches gelegentlich und kurzfristig auftretendes Phänomen keinesfalls überschritten. 65Das Vorhaben ist auch nicht wegen des von ihm verursachten Schattenwurfs den Klägern gegenüber rücksichtslos. 66Vgl. dazu etwa OVG NRW, Urteil vom 6. Juli 2012 – 2 D 27/11.NE –, juris, Rn. 63, Beschluss vom 9. Februar 2009 – 10 B 1713/08 –, juris, Rn. 28 ff. 67Angesichts der schmalen und Licht hindurchlassenden Silhouette der Stahlgitterkonstruktion, ihrer Lage im Süden des Grundstücks der Kläger sowie ihrer großen Entfernung zum Wohnhaus und zum wohnhausnahen Gartenbereich ist auszuschließen, dass der Schatten des Vorhabens nach Umfang und Dauer die Belichtungs- und Besonnungssituation auf dem Grundstück der Kläger unzumutbar beeinträchtigen kann. 68Das Vorhaben schafft angesichts seiner großen Entfernung zum Wohnhaus und dem wohnhausnahen Gartenbereich sowie des nur gelegentlichen Betretens des Antennenträgers durch technisches Personal auch keine unzumutbaren Einsichtsmöglichkeiten auf das Grundstück der Kläger. 69Nach alldem ergibt sich ein Abwehranspruch der Kläger auch nicht aus einer wegen der Errichtung des Vorhabens eintretenden Wertminderung ihres Grundstücks. Wertminderungen als Folge der Ausnutzung der einem Dritten erteilten Baugenehmigung bilden für sich genommen keinen Maßstab dafür, ob Beeinträchtigungen im Sinne des Rücksichtnahmegebots zumutbar sind oder nicht. Einen allgemeinen Rechtssatz des Inhalts, dass der Einzelne einen Anspruch darauf hat, vor jeglicher Wertminderung seines Grundstücks bewahrt zu werden, gibt es nicht. Eine Schutzgewähr besteht insoweit nur nach Maßgabe des einschlägigen Rechts. 70Vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 13. November 1997 – 4 B 195.97 –, juris, Rn. 6, und vom 24. April 1992 – 4 B 60.92 –, juris, Rn. 6. 71Vorschriften, die dem Schutz der Kläger zu dienen bestimmt sind, insbesondere das aus den oben genannten Vorschriften herzuleitende Gebot der Rücksichtnahme, sind hier jedoch nach dem Vorstehenden nicht verletzt. 72Der Senat verkennt nicht die subjektive Betroffenheit der Kläger. In der mündlichen Verhandlung haben sie geäußert, sie würden sich so sehr über das Vorhaben ärgern, dass sie keine Freude mehr an ihrem mit viel Mühe angelegten Garten hätten, sie sich praktisch nicht mehr im Freien aufhielten und dies sie krank mache. Subjektive wehrfähige Rechte können daraus jedoch nicht erwachsen. Die Rechtsordnung verlangt in solchen Fällen, dass derjenige, der einen bestimmten baulichen Zustand als störend und unbefriedigend erlebt, sich letztlich damit abfindet, denn allein subjektive Betroffenheiten vermögen keinen verlässlichen Maßstab für eine allen privaten und öffentlichen Belangen gerecht werdende städtebauliche Entwicklung und Ordnung zu geben. 73Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 1, 159 Satz 2, 162 Abs. 3 VwGO. 74Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO in Verbindung mit den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. 75Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.
das angefochtene urteil wird geändert. die klage wird abgewiesen. die kläger tragen die kosten des verfahrens in beiden rechtszügen einschließlich der außergerichtlichen kosten der beigeladenen als gesamtschuldner. das urteil ist hinsichtlich der kosten vorläufig vollstreckbar. die kläger dürfen die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe von 110 von hundert des aufgrund des urteils vollstreckbaren betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige vollstreckungsgläubiger vor der vollstreckung sicherheit in höhe von 110 von hundert des jeweils zu vollstreckenden betrages leistet. die revision wird nicht zugelassen. 1
2die kläger sind eigentümer des grundstücks s. straße 118 in c. (gemarkung c., flur 50, flurstücke 652, 653). das grundstück ist etwa 16 m breit und 150 m tief. mit seiner nördlichen schmalen seite grenzt es an die s. straße. es ist im nördlichen teil mit dem wohnhaus der kläger bebaut; in richtung süden erstreckt sich der dazugehörige garten. der nördliche teil des grundstücks – bis etwa 50 m südlich der s. straße – liegt im geltungsbereich des bebauungsplans … „im t.“ und wird dort als allgemeines wohngebiet festgesetzt. 3der beklagte erteilte der beigeladenen am 22. juni 2016 eine baugenehmigung für die errichtung eines antennenträgers – 35 m stahlgittermast (im folgenden: vorhaben) auf dem grundstück gemarkung c. , flur 50, flurstück 170 (im folgenden: vorhabengrundstück). das im landschaftsschutzgebiet … „t1. “ im geltungsbereich des landschaftsplans nr. … des beklagten „f. wald“ (im folgenden: landschaftsplan) liegende vorhabengrundstück schließt sich südlich an das grundstück der kläger an. 4für das vorhaben liegt eine standortbescheinigung der bundesnetzagentur zum nachweis der gewährleistung des schutzes von personen in den durch den betrieb von ortsfesten funkanagen entstehenden elektromagnetischen feldern vom 22. juni 2016 vor, die einen standortbezogenen sicherheitsabstand in hauptstrahlrichtung von 12,87 m vorgibt. die standortbescheinigung vom 20. september 2016 weist einen standortbezogenen sicherheitsabstand in hauptstrahlrichtung von 14,73 m aus. unter dem 23. november 2015 hatte der beklagte bereits eine befreiung von den im landschaftsplan für das landschaftsschutzgebiet festgesetzten verboten erteilt. 5die beigeladene begann am 5. dezember 2016 mit der errichtung des vorhabens. 6die kläger haben am 7. februar 2017 klage gegen die baugenehmigung erhoben. 7zur begründung haben sie im wesentlichen vorgetragen, von dem vorhaben gehe eine optisch bedrängende wirkung zu lasten ihres grundstücks aus. es wirke objektiv bedrohlich und belastend. da das vorhabengrundstück ein gutes stück höher als ihr grundstück und dahinter ein waldstück liege, werde die bedrängende wirkung des antennenträgers massiv verstärkt. wenn sie sich in ihrem mühevoll angelegten garten befänden, könnten sie sich dem anblick des antennenträgers zu keinem zeitpunkt entziehen. dies führe zu einer wertminderung ihres grundstücks. es sei nicht berücksichtigt worden, dass es alternativstandorte für das vorhaben gebe. dass im innenbereich kein geeigneter standort zur verfügung gestanden habe, würden sie bestreiten. 8die kläger haben beantragt, 9die der beigeladenen erteilte baugenehmigung zur errichtung eines antennenträgers auf dem grundstück gemarkung c. , flur 50, flurstück 170 vom 22. juni 2016 aufzuheben. 10der beklagte hat beantragt, 11die klage abzuweisen. 12zur begründung hat er unter anderem ausgeführt, das vorhaben sei gemäß § 35 abs. 1 nr. 3 baugb als ein solches, das der öffentlichen versorgung mit telekommunikationsleistungen diene, privilegiert. der suchkreisanalyse sei zu entnehmen, dass geeignete standorte im innenbereich nicht zur verfügung gestanden hätten. eine darlegung von alternativflächen im außenbereich sei nicht erforderlich gewesen. eine rücksichtslose, optisch bedrängende wirkung gehe von dem etwa 35 m hohen vorhaben nicht aus. der abstand zum wohnhaus der kläger betrage mehr als 140 m. 13die beigeladene hat beantragt, 14die klage abzuweisen. 15zur begründung hat sie im wesentlichen vorgetragen, ein verstoß gegen das rücksichtnahmegebot liege nicht vor. das vorhaben übe auf das wohnhaus der kläger keine erdrückende wirkung aus. es befinde sich im außenbereich. hier seien anlagen, die der öffentlichen versorgung mit telekommunikationsdienstleistungen dienten, privilegiert zulässig. da mit der errichtung solcher privilegierter anlagen im außenbereich gerechnet werden müsse, sei der schutzanspruch für wohnnutzungen an der grenze zum außenbereich geringer als im innenbereich. das vorhaben werde zudem in deutlichem abstand zum wohnhaus der kläger sowie in stahlgitterbauweise errichtet. dies schließe eine erdrückende wirkung aus. es wirke auch nicht „optisch erschlagend“. der abstand zwischen dem vorhaben und dem wohnhaus der kläger betrage mehr als das dreifache seiner gesamthöhe, was nach der zu windenergieanlagen ergangenen rechtsprechung eine solche wirkung regelmäßig ausschließe. die optischen beeinträchtigungen durch einen mobilfunkmast seien überdies geringer als die durch windenergieanlagen, weil er keine beweglichen teile habe. das hier erforderliche maß der rücksichtnahme werde auch nicht durch die besonders aufwändige gestaltung des grundstücks der kläger erhöht. ebenso wenig bewirke die von ihnen als folge der verwirklichung des vorhabens geltend gemachte wertminderung ihres grundstücks eine verletzung des rücksichtnahmegebots. eine solche rechtsverletzung wäre nur anzunehmen, wenn das vorhaben selbst den klägern billigerweise nicht zumutbar wäre. auf mögliche standortvarianten könnten sie sich nicht berufen. ob eine mobilfunkanlage nach den vom bundesverwaltungsgericht gestellten anforderungen im außenbereich privilegiert sei oder ob andere mögliche standorte zur verfügung stünden, sei ausschließlich für die objektiv-rechtliche zulässigkeit des vorhabens von bedeutung. 16das verwaltungsgericht hat der klage im wesentlichen mit der begründung stattgegeben, das vorhaben sei den klägern gegenüber rücksichtslos. zwar verstoße es weder gegen die bauordnungsrechtlichen abstandsflächenregelungen noch unterschreite es die nach der sechsundzwanzigsten verordnung zur durchführung des bundes-im-missionsschutzgesetzes (verordnung über elektromagnetische felder – 26. bimschv) erforderlichen abstände, doch habe es eine optisch bedrängende wirkung auf das grundstück der kläger. die ortsbesichtigung habe ergeben, dass die kombination des auf das vorhaben zulaufenden grundstücks, des in richtung des vorhabens ansteigenden geländes und der höhe des vorhabens bewirke, dass es unausweichlich in dem nach süden ausgerichteten sichtfeld präsent sei und deshalb die wohnnutzung auf dem grundstück in unzumutbarer weise beeinträchtige. die mit dem vorhaben verfolgten interessen der beigeladenen als träger der öffentlichen versorgung mit telekommunikationsdienstleistungen seien nicht etwa unabweisbar, denn es sei nicht anzunehmen, dass das vorhaben nur an dem ausgewählten standort verwirklicht werden könne. 17der senat hat die berufungen des beklagten und der beigeladenen zugelassen. 18der beklagte hat zur begründung der berufung im wesentlichen ausgeführt, das vorhaben sei nicht zu lasten der kläger rücksichtslos. der schutzanspruch der kläger sei wegen der lage des vorhabengrundstücks im außenbereich vermindert. einen anspruch darauf, dass der unverbaute blick von ihrem grundstück in die freie landschaft fortbestehe, hätten die kläger nicht. umso weniger könne eine optisch bedrängende wirkung des vorhabens auf ihr grundstück angenommen werden. auch stehe das vorhaben allein und wirke nicht zusammen mit anderen anlagen vergleichbarer dimensionen auf das grundstück der kläger ein. diese könnten, wenn sie wollten, die optischen wirkungen des vorhabens abmildern. es sei ihnen zuzumuten, die nach ihren eigenen angaben bewusst niedrig gehaltenen bepflanzungen im garten in die höhe wachsen zu lassen und so die optische präsenz des vorhabens abzuschwächen. 19der beklagte beantragt, 20das urteil des verwaltungsgerichts zu ändern und die klage abzuweisen. 21die beigeladene führt zur begründung der berufung im wesentlichen aus, die zu windenergieanlagen ergangene rechtsprechung sei, was die optisch bedrängende beziehungsweise erdrückende wirkung solcher anlagen angehe, hier jedenfalls nicht ohne modifizierung anwendbar. als hauptursache für eine möglicherweise erdrückende wirkung von windenergieanlagen gelte der effekt der sich drehenden rotoren. das vorhaben habe keine beweglichen bauteile. windenergieanlagen verursachten zudem – anders als das vorhaben – schlagschatten und lärmimmissionen. das vorhaben sei überdies lichtdurchlässig und habe wegen seiner geringeren höhe und seiner bauweise eine weitaus weniger massige gestalt als eine heute übliche windenergieanlage. weder aus der ausrichtung der aufenthaltsbereiche auf dem grundstück der kläger noch aus der fehlenden optischen abschirmung oder aus den topographischen verhältnissen ergäben sich besondere gründe, die abweichend von der regel die annahme einer optisch bedrängenden wirkung des vorhabens auf das grundstück der kläger rechtfertigten. mitten auf dem grundstück stehe ein gartenhaus mit einer vorgelagerten terrasse. der eingang des gartenhauses und die terrasse seien auf das wohnhaus ausgerichtet. sitze man dort, liege das vorhaben nicht im blickfeld. im garten stünden einige bäume, die die blickbeziehungen zu dem vorhaben unterbrächen. der höhenunterschied zwischen dem wohnhaus der kläger und dem vorhabenstandort betrage nur etwa 2,5 m. 22die beigeladene beantragt, 23das urteil des verwaltungsgerichts zu ändern und die klage abzuweisen. 24die kläger beantragen, 25die berufungen zurückzuweisen. 26zur begründung wiederholen sie ihr erstinstanzliches vorbringen und führen im übrigen im wesentlichen aus, es könne nicht allein auf den abstand des vorhabens zu ihrem wohnhaus abgestellt werden. dieser abstand allein schließe eine optisch bedrängende wirkung des vorhabens auf ihr grundstück nicht aus. durch die großen fenster im wohnzimmer blicke man in den aufwändig angelegten garten. dieser schöne anblick werde durch die optische präsenz des vorhabens massiv gestört. auch von der terrasse aus blicke man ständig und unmittelbar auf das vorhaben. sich seinem anblick zu entziehen, sei nicht möglich. eine abschirmung durch anpflanzungen im garten lasse sich wegen der höhe des vorhabens nicht realisieren. das vorhaben werfe auch einen erheblichen schatten auf ihr grundstück. es sei zudem mit zwei begehbaren wartungsplattformen versehen, von denen aus ihr grundstück eingesehen werde könne. werde das vorhaben von der morgen- und abendsonne angestrahlt, reflektiere es das sonnenlicht und werde dadurch zusätzlich optisch hervorgehoben, was bedrohlich wirke. 27die berichterstatterin des senats hat am 17. mai 2019 eine ortsbesichtigung durchgeführt. hinsichtlich der hierbei getroffenen feststellungen wird auf das protokoll vom gleichen tage verwiesen. 28wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den inhalt der gerichtsakte sowie der beigezogenen verwaltungsvorgänge des beklagten (beiakten hefte 1 bis 13) bezug genommen. 29
30die zulässigen berufungen haben erfolg. die klage ist unbegründet. 31die der beigeladenen von dem beklagten erteilte baugenehmigung vom 22. juni 2016 verletzt die kläger nicht in ihren rechten (§ 113 abs. 1 satz 1 vwgo). 32ein verstoß gegen bauordnungsrechtliche vorschriften, die dem schutz der kläger zu dienen bestimmt sind, liegt nicht vor. 33das vorhaben genügt insbesondere den in bezug auf die grenze zum grundstück der kläger einschlägigen abstandsflächenvorschriften. 34gemäß § 6 abs. 1 satz 1 bauo nrw sind vor außenwänden von gebäuden abstandsflächen von oberirdischen gebäuden freizuhalten, wobei die abstandsflächen auf dem baugrundstück selbst liegen müssen (§ 6 abs. 2 satz 1 bauo nrw). diese regelungen gelten gegenüber gebäuden und grundstücksgrenzen entsprechend für anlagen, die nicht gebäude sind, soweit sie höher als 2 m über der geländeoberfläche sind und von ihnen wirkungen wie von gebäuden ausgehen (vgl. § 6 abs. 1 satz 2 nr. 1 bauo nrw und § 6 abs. 10 satz 1 nr. 2 bauo nrw in der bis zum 31. dezember 2018 geltenden fassung, im folgenden: a.f.). 35für das vorhaben ist allein wegen seiner bausubstanz unter dem gesichtspunkt des bedürfnisses nach einem sozialabstand eine gebäudegleiche wirkung anzunehmen. dabei geht die gebäudegleiche wirkung von dem vorhaben als gesamtanlage aus. hierzu gehören – wie bereits das verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat – auch die aufsatzrohre mit den antennenhalterungen und den antennen, 36vgl. hierzu ausführlich ovg nrw, urteil vom 19. april 2012 – 10 a 2310/10 –, juris, rn. 28 ff., 37so dass hier ausgehend von einer (durchschnittlichen) geländeoberfläche von 50,50 m ünn und der höhe der oberkante der tragrohre bei 86,80 m ünn in entsprechender anwendung der abstandsflächenvorschriften eine maßgebliche wandhöhe von 36,30 m zugrunde zu legen ist. 38die tiefe der abstandsfläche bestimmt sich nach der wandhöhe, die senkrecht zur wand gemessen wird (§ 6 abs. 4 satz 1 bauo nrw). sie beträgt nach § 6 abs. 5 satz 1 bauo nrw – in der nunmehr geltenden fassung (siehe zuvor § 6 abs. 5 satz 1 bauo nrw a.f.) – 0,4 h. diese regelung findet hier anwendung. zwar ist für die prüfung des anspruchs eines nachbarn auf aufhebung einer baugenehmigung die sach- und rechtslage im zeitpunkt der erteilung der genehmigung maßgeblich, doch sind nachträgliche änderungen insoweit zu berücksichtigen, als sie für den bauherrn günstig sind. 39vgl. etwa bverwg, beschluss vom 23. april 1998 – 4 b 40.98 –, juris, rn. 3, mit weiteren nachweisen. 40danach bedarf es hier gegenüber der grenze des grundstücks der kläger einer abstandsfläche von 14,64 m tiefe. die entfernung des vorhabens zur besagten grundstücksgrenze beträgt mindestens 16 m, so dass die hier maßgebliche abstandsfläche auf dem vorhabengrundstück selbst liegt. 41die baugenehmigung verstößt auch nicht zum nachteil der kläger gegen das bauplanungsrechtliche rücksichtnahmegebot, das in bezug auf schädliche umwelteinwirkungen in § 35 abs. 3 satz 1 nr. 3 baugb ausdrücklich geregelt ist. soweit es um sonstige nachteilige wirkungen eines außenbereichsvorhabens geht, ist es ein ungeschriebener öffentlicher belang im sinne von § 35 abs. 3 satz 1 baugb. 42vgl. etwa bverwg, urteil vom 27. juni 2017 – 4 c 3.16 –, juris, rn. 11, beschluss vom 11. dezember 2006 – 4 b 72.06 –, juris, rn. 4, jeweils mit weiteren nachweisen. 43wie das verwaltungsgericht bereits zutreffend angenommen hat, hält das vorhaben nach der standortbescheinigung der bundesnetzagentur vom 20. september 2016 die nach der 26. bimschv erforderlichen abstände ein und ruft daher insoweit keine schädlichen umwelteinwirkungen zum nachteil der kläger hervor. 44vgl. hierzu bverwg, urteil vom 20. juni 2013 – 4 c 2.12 –, juris, rn. 19; ovg nrw, beschluss 45vom 2. februar 2011 – 7 a 662/10 –, juris, rn. 8 ff., urteil vom 17. dezember 2008 – 10 a 2999/07 –, juris, rn. 87. siehe auch ovg nrw, beschluss vom 15. april 2010 – 13 b 162/10 –, juris, rn. 7 ff. 46das vorhaben ist auch nicht wegen der von ihm ausgehenden optischen wirkungen zum nachteil der kläger rücksichtslos. 47eine bauliche anlage kann im ausnahmefall eine erdrückende wirkung auf ein benachbartes grundstück haben, wenn sie dieses wegen ihrer ausmaße, ihrer baumasse oder ihrer massiven gestaltung unangemessen benachteiligt, indem sie ihm förmlich „die luft nimmt“, wenn für den nachbarn das gefühl des „eingemauertseins“ entsteht oder wenn die „erdrückende“ anlage auf grund der besonderheiten des einzelfalls trotz wahrung der erforderlichen abstandsflächen derartig übermächtig ist, dass das „erdrückte“ grundstück oder seine bebauung nur noch oder überwiegend als von einer „herrschenden“ anlage dominiert ohne eigene baurechtliche charakteristik wahrgenommen wird. 48vgl. zum beispiel ovg nrw, beschlüsse vom 30. august 2012 – 2 b 983/12 –, juris, rn. 10, und vom 9. februar 2009 – 10 b 1713/08 –, juris, rn. 25, urteile vom 15. märz 2007 – 10 a 998/06 –, juris, rn. 63, und vom 9. august 2006 – 8 a 3726/05 –, juris, rn. 69. 49ob eine solche wirkung vorliegt oder nicht, kann nur unter berücksichtigung aller umstände des einzelfalls entschieden werden. neben den ausmaßen der „erdrückenden“ anlage auch im verhältnis zu einer möglichen bebauung des „erdrückten“ grundstücks – bauhöhe, ausdehnung und gestaltung der fassaden, baumasse, usw. – kann die konkrete lage der baukörper eine wesentlich rolle spielen. von besonderer bedeutung werden regelmäßig die entfernung zwischen den baukörpern beziehungsweise grundstücksgrenzen, die nutzung der grundstücke und die jeweilige umgebung sein. so kann es beispielsweise darauf ankommen, ob die „erdrückende“ anlage für sich steht oder ob das „erdrückte“ grundstück von anderen anlagen vergleichbarer dimension umgeben ist, die zu der erdrückenden wirkung beitragen und diese verstärken können. 50vgl. bverwg, urteil vom 13. märz 1982 – 4 c 1.78 –, juris, rn. 38; ovg nrw, urteil vom 29. august 2005 – 10 a 3138/02 –, juris, rn. 50. 51das bundesverwaltungsgericht hat zuletzt wiederholt hervorgehoben, dass die annahme einer erdrückenden wirkung ausnahmefällen vorbehalten ist, in denen sich die bauliche situation im verhältnis der betroffenen grundstücke nach den konkreten umständen als extrem darstellt. 52vgl. bverwg, urteil vom 14. märz 2018 – 4 a 5.17 –, juris, rn. 89, und vom 22. juni 2017 – 4 a 18.16 –, juris, rn. 44. 53ebenso hat es klargestellt, dass die überlegungen der rechtsprechung zur optisch bedrängenden wirkung von windenergieanlagen und zu den von ihnen regelmäßig einzuhaltenden mindestabständen zu wohngebäuden, 54vgl. hierzu bverwg, beschluss vom 11. dezember 2006 – 4 b 72.06 –, juris, rn. 5 ff., ovg nrw, urteil vom 9. august 2006 – 8 a 3726/05 –, juris, rn. 73 ff., 55wegen der besonderheiten solcher windenergieanlagen nicht auf statische anlagen wie etwa auf stromgittermasten von hochspannungsfreileitungen oder oberfeuer zu übertragen sind. maßgeblich für eine mögliche optisch bedrängende wirkung von windenergieanlagen ist nämlich die in der höhe wahrzunehmende drehbewegung des rotors, 56vgl. bverwg, urteile vom 14. märz 2018 – 4 a 5.17 –, juris, rn. 89, und vom 19. dezember 2017 – 7 a 10.17 –, juris, rn. 42. siehe auch ovg nrw, beschluss vom 6. august 2002 – 10 b 939/02 –, juris, rn. 14, 57über den die genannten statischen anlagen ebenso wie das vorhaben nicht verfügen. 58bei der im rahmen der prüfung der möglichen rücksichtslosigkeit des vorhabens vorzunehmenden gewichtung der schutzwürdigkeit des grundstücks der kläger, 59vgl. etwa bverwg, beschluss vom 14. september 2017 – 4 b 26.17 –, juris, rn. 6, mit weiteren nachweisen, 60ist im übrigen zu beachten, dass der eigentümer eines an der grenze zum außenbereich gelegenen grundstücks selbst dann, wenn sein grundstück im geltungsbereich eines bebauungsplans liegt, mit einer veränderung in der umgebung grundsätzlich rechnen muss. der außenbereich ist ausweislich des § 35 baugb einer baulichen nutzung nicht gänzlich entzogen. gerade im außenbereich privilegierte vorhaben setzen sich dort regelmäßig durch. aus einem augenblicklichen lagevorteil am rand des außenbereichs lässt sich daher insbesondere auch kein schutz vor einer verschlechterung der freien aussicht durch später genehmigte bauliche anlagen herleiten. die aufrechterhaltung einer ungeschmälerten aussicht und das fehlen von baulichen anlagen, von denen aus das grundstück eingesehen werden kann, stellen eine chance dar, deren vereitelung nicht dem entzug einer rechtsposition gleichkommt. 61vgl. bverwg, urteil vom 28. oktober 1993 – 4 c 5.93 –, juris, rn. 24; nds. ovg, beschluss vom 20. januar 2004 – 1 la 309/02 –, juris, rn. 9. 62gemessen an diesen maßstäben und bestätigt durch den von der berichterstatterin vor ort gewonnenen, den übrigen senatsmitgliedern vermittelten eindruck geht hier von dem vorhaben keine erdrückende wirkung zu lasten des grundstücks der kläger aus. 63zwar überragt das vorhaben das eineinhalbgeschossige wohnhaus der kläger um ein mehrfaches, doch steht es circa 140 m davon entfernt. mit den aus dem boden herausragenden fundamentteilen hat das vorhaben an seinem fuß eine quadratische grundfläche von 4,90 m seitenlänge. es verjüngt sich mit zunehmender höhe stark, bevor es sich mit dem aufsatzbereich für die antennen wieder auf etwa 3 m seitenlänge verbreitert. da es als vergleichsweise schlanker stahlgittermast konstruiert ist, ist ein – wenn auch eingeschränkter – blick durch den mast hindurch und an ihm vorbei auf die dahinter liegenden bäume und den himmel weiterhin möglich. zwar sind das wohnzimmer, die terrasse und der garten der kläger nach süden in richtung des vorhabens ausgerichtet. jedoch grenzt das grundstück der kläger an seinen langgestreckten westlichen und östlichen seiten weitgehend an die unbebauten gartenbereiche der benachbarten wohngrundstücke. davon, dass das allein stehende vorhaben jenseits der südlichen grenze des grundstücks der kläger diesem „die luft nehmen“ oder es „einmauern würde“, kann daher keine rede sein. 64das vorhaben ist auch nicht optisch derart übermächtig, dass das grundstück der kläger mit dem wohnhaus nur noch oder überwiegend von dem vorhaben dominiert wird. ein solche wirkung ergibt sich nach dem vor ort gewonnene eindruck nicht etwa daraus, dass das vorhaben wegen seiner höhe und dem im oberen bereich befindlichen antennenaufbau den blick des betrachters auf sich und damit auch nach oben zieht und dieser effekt durch den zuschnitt des grundstücks und den sanften anstieg des geländes in richtung des vorhabenstandorts verstärkt wird. schon wegen der größe des grundstücks und insbesondere des gartens sowie der vergleichsweise großen entfernung zwischen dem wohnhaus und dem vorhaben, die – auch wenn die kläger dies bestreiten – sehr wohl wahrnehmbar ist, behält das grundstück trotz der von ihnen nachvollziehbar als störend empfundenen wirkung des vorhabens als „blickfang“ ohne zweifel seine eigene, von dem vorhaben völlig verschiedene baurechtliche charakteristik, die – was die im ortstermin gefertigten lichtbilder eindrucksvoll belegen – durch ein auffällig gestaltetes wohnhaus eingebettet in ein weitläufiges grundstück geprägt und durch den parkähnlichen garten dominiert wird. in dem nach süden ausgerichteten geräumigen wohnzimmer, auf der anschließenden großzügigen terrasse und in dem großen garten verbleiben zudem verschiedene möglichkeiten sich aufzuhalten, ohne quasi ständig auf das vorhaben blicken zu müssen. dass die wohnnutzung auf dem grundstück den klägern wegen der optischen wirkungen des vorhabens auf das grundstück, mögen diese auch störend sein, billigerweise nicht zuzumuten ist, lässt sich nach dem vor ort gewonnen eindruck im ergebnis nicht feststellen. dass sich teile des vorhabens bei tiefstehender sonne bisweilen aufgrund von lichtreflexionen für kurze zeit „glühend“ am himmel abzeichnen, wie die kläger beklagen, vermag hieran nichts zu ändern. die schwelle zur unzumutbarkeit optischer beeinträchtigungen wird durch ein solches gelegentlich und kurzfristig auftretendes phänomen keinesfalls überschritten. 65das vorhaben ist auch nicht wegen des von ihm verursachten schattenwurfs den klägern gegenüber rücksichtslos. 66vgl. dazu etwa ovg nrw, urteil vom 6. juli 2012 – 2 d 27/11.ne –, juris, rn. 63, beschluss vom 9. februar 2009 – 10 b 1713/08 –, juris, rn. 28 ff. 67angesichts der schmalen und licht hindurchlassenden silhouette der stahlgitterkonstruktion, ihrer lage im süden des grundstücks der kläger sowie ihrer großen entfernung zum wohnhaus und zum wohnhausnahen gartenbereich ist auszuschließen, dass der schatten des vorhabens nach umfang und dauer die belichtungs- und besonnungssituation auf dem grundstück der kläger unzumutbar beeinträchtigen kann. 68das vorhaben schafft angesichts seiner großen entfernung zum wohnhaus und dem wohnhausnahen gartenbereich sowie des nur gelegentlichen betretens des antennenträgers durch technisches personal auch keine unzumutbaren einsichtsmöglichkeiten auf das grundstück der kläger. 69nach alldem ergibt sich ein abwehranspruch der kläger auch nicht aus einer wegen der errichtung des vorhabens eintretenden wertminderung ihres grundstücks. wertminderungen als folge der ausnutzung der einem dritten erteilten baugenehmigung bilden für sich genommen keinen maßstab dafür, ob beeinträchtigungen im sinne des rücksichtnahmegebots zumutbar sind oder nicht. einen allgemeinen rechtssatz des inhalts, dass der einzelne einen anspruch darauf hat, vor jeglicher wertminderung seines grundstücks bewahrt zu werden, gibt es nicht. eine schutzgewähr besteht insoweit nur nach maßgabe des einschlägigen rechts. 70vgl. bverwg, beschlüsse vom 13. november 1997 – 4 b 195.97 –, juris, rn. 6, und vom 24. april 1992 – 4 b 60.92 –, juris, rn. 6. 71vorschriften, die dem schutz der kläger zu dienen bestimmt sind, insbesondere das aus den oben genannten vorschriften herzuleitende gebot der rücksichtnahme, sind hier jedoch nach dem vorstehenden nicht verletzt. 72der senat verkennt nicht die subjektive betroffenheit der kläger. in der mündlichen verhandlung haben sie geäußert, sie würden sich so sehr über das vorhaben ärgern, dass sie keine freude mehr an ihrem mit viel mühe angelegten garten hätten, sie sich praktisch nicht mehr im freien aufhielten und dies sie krank mache. subjektive wehrfähige rechte können daraus jedoch nicht erwachsen. die rechtsordnung verlangt in solchen fällen, dass derjenige, der einen bestimmten baulichen zustand als störend und unbefriedigend erlebt, sich letztlich damit abfindet, denn allein subjektive betroffenheiten vermögen keinen verlässlichen maßstab für eine allen privaten und öffentlichen belangen gerecht werdende städtebauliche entwicklung und ordnung zu geben. 73die kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 abs. 1, 159 satz 2, 162 abs. 3 vwgo. 74die entscheidung zur vorläufigen vollstreckbarkeit folgt aus § 167 vwgo in verbindung mit den §§ 708 nr. 10, 711 zpo. 75die revision ist nicht zuzulassen, weil die voraussetzungen des § 132 abs. 2 vwgo nicht vorliegen.
Verklagte*r
0
319,198
L 2 AS 1267/17
2019-04-09T00:00:00
Urteil
Tenor Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 12.05.2017 aufgehoben und die Klage abgewiesen. Außergerichtliche Kosten des Rechtsstreits haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen. 1Tatbestand: 2Streitig ist die Gewährung von Kosten für Unterkunft und Heizung im Zeitraum von Oktober 2015 bis März 2016 i.H.v. 320 EUR monatlich. 3Der 1982 geborene Kläger, gelernter Elektroinstallateur, bezieht mit Unterbrechungen seit 2009 Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch 2. Buch (SGB II). 2009 zog er erneut in ein im Alleineigentum seiner Mutter stehendes Mehrfamilienhaus mit sechs Wohnungen, in dem er seither verschiedene Wohnungen bewohnt hat. In diesem Haus hatte er bereits zuvor langjährig gewohnt. Wegen 2005 entstandenen Mietschulden hatte die Mutter des Klägers gegen diesen eine Zahlungs- und Räumungsklage im Jahr 2006 angestrengt. Dieses Verfahren endete durch einen Vergleich, mit dem sich der Kläger verpflichtete, Mietschulden i.H.v. 4.800 EUR in monatlichen Raten von 300 EUR zu begleichen; die Mutter des Klägers verzichtete ihrerseits auf Räumungsansprüche. 4Die Beteiligten haben seither wiederholt darüber gestritten, ob ein reguläres Mietverhältnis vorliegt, aus dem der Kläger wirksamen Mietzahlungsansprüchen ausgesetzt ist. Das Verfahren beim Sozialgericht Gelsenkirchen zum Aktenzeichen S 33 AS 2642/14 betraf Unterkunftskosten für den Zeitraum Dezember 2013 bis Mai 2014 und endete durch einen Vergleich, mit dem sich der Beklagte verpflichtete, dem Kläger 1.320 EUR an Kosten der Unterkunft für den vorgenannten Zeitraum zu gewähren. Zuletzt ist der Kläger am 15.08.2014 von einer im Erdgeschoss liegenden Wohnung (Miete inklusive Betriebskosten 225 EUR - siehe Mietvertrag vom 22.09.2009, Bl. 36 der Gerichtsakten S 33 AS 2642/14) in eine im ersten Obergeschoss liegende Wohnung verzogen, für die nach dem von ihm vorgelegten und mit seiner Mutter geschlossenen Mietvertrag vom 04.08.2014 250 EUR Miete zzgl. 70 EUR Betriebskostenvorauszahlungen, also insgesamt 320 EUR, zu entrichten sind. Dazu wurde von ihm mit Schreiben vom 06.08.2014 angegeben (siehe Bl. 441 der Verwaltungsakten), er sei gezwungen, seine bisherige Wohnung zum 15.08.2014 zu verlassen, weil er dafür vom Beklagten noch immer keinen "Mietkostenersatz" erhalten habe. 5Nach einer mehrmonatigen Beschäftigung beim DRK von Februar bis August 2015 und dem anschließenden Bezug von Krankengeld wurden dem Kläger mit Bescheid vom 22.10.2015 ausschließlich Regelleistungen nach dem SGB II für den Zeitraum vom 01.10.2015 bis 31.03.2016 bewilligt. Wegen der nicht bewilligten Kosten für Unterkunft und Heizung findet sich im Bescheid der folgende Hinweis: "Sie wurden in der Vergangenheit mehrmals darauf hingewiesen, dass die Kosten der Unterkunft erst bewilligt werden können, wenn eine Überprüfung durch den Zentralen Ermittlungsdienst stattgefunden hat. Bisher fand keine Überprüfung statt. Ich gebe Ihnen daher weiterhin die Gelegenheit, eine Überprüfung durch den Zentralen Ermittlungsdienst durchführen zu lassen. Falls Sie einer Überprüfung zustimmen, setzen Sie sich bitte mit mir in Verbindung, damit ein Termin mit dem Zentralen Ermittlungsdienst vereinbart werden kann." 6Der wegen der Nichtgewährung von Kosten der Unterkunft eingelegte Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 01.12.2015 zurückgewiesen. Dagegen hat sich der Kläger mit der am 17.12.2015 beim Sozialgericht erhobenen Klage gewandt. Er habe sich nicht grundsätzlich geweigert, einer Wohnungsbesichtigung zuzustimmen, jedoch habe der Beklagte keinen sachlich gerechtfertigten Grund für eine Betretung der Wohnung angegeben. Er sei aufgrund eines wirksamen Mietvertrags Mietzahlungsansprüchen ausgesetzt, so dass die Ablehnung der Gewährung von Kosten für Unterkunft und Heizung rechtswidrig sei. Die Beklagte ist dem entgegengetreten und hat geltend gemacht, dem Kläger seien die Gründe für eine Überprüfung seiner Wohnverhältnisse aus vorangegangenen Verwaltungsentscheidungen hinlänglich bekannt. Insbesondere sei sein Vorbringen in Bezug auf das Mietverhältnis widersprüchlich und damit nicht plausibel, weshalb ohne weitere Ermittlungen eine Gewährung von Unterkunftskosten nicht habe erfolgen können. 7Das Sozialgericht hat zur Erörterung des Sachverhalts mit den Beteiligten einen Termin durchgeführt, in dem die Mutter des Klägers als Zeugin vernommen wurde. Vom Kläger wurde dabei unter anderem angegeben, er habe nur während seines Beschäftigungsverhältnisses von Februar bis September 2015 die vereinbarte Miete an seine Mutter gezahlt. Die Zahlungen seien bar erfolgt. Demgegenüber wurde von der Mutter erklärt, die Miete sei von ihrem Sohn während seines Arbeitsverhältnisses überwiesen worden. 8Mit Urteil vom 12.05.2017 hat das Sozialgericht die Beklagte verurteilt, dem Kläger für den Zeitraum vom 01.10.2015 bis 31.03.2016 Leistungen für Unterkunft und Heizung i.H.v. 320 EUR monatlich zu gewähren. Gemäß § 22 Abs. 1 SGB II umfasse der Leistungsanspruch auch die dem Arbeitslosen entstehenden angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung. Der Kläger sei auch einer wirksamen Mietzahlungsverpflichtung ausgesetzt. Ob ein wirksames Mietverhältnis zwischen Familienangehörigen vorliege, beurteile sich nach den tatrichterlichen Feststellungen der Umstände des jeweiligen Einzelfalls. Hier sei zu berücksichtigen, dass ein schriftlicher Mietvertrag geschlossen worden sei und der Kläger, soweit es ihm finanziell möglich gewesen sei, darauf auch Mietzahlungen geleistet habe. Das 2006 von der Zeugin gegen den Kläger angestrengte Räumungsverfahren belege zudem die Ernsthaftigkeit des aus dem Mietverhältnis resultierenden Zahlungsanspruchs. Schließlich müsse auch berücksichtigt werden, dass sich die Beklagte in einem anderen Verfahren wegen eines ähnlich gelagerten Mietverhältnisses zwischen dem Kläger und der Zeugin bereits zu einer Zahlung von Kosten der Unterkunft bereitgefunden habe. 9Gegen das ihr am 09.06.2017 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 30.06.2017 Berufung eingelegt. Sie macht zu deren Begründung geltend, es bestehe kein wirksames Mietverhältnis weshalb der Kläger auch keinem wirksamen Mietzahlungsverlangen ausgesetzt sei. Es sei sehr lebensfremd, dass nach einer ernsthaft angestrengten Räumungsklage und auch danach immer wieder auftretenden Zahlungsrückständen neue Mietverträge mit der selben Person abgeschlossen würden. Es müsse deshalb an der Ernsthaftigkeit der damaligen Räumungsklage gezweifelt werden. Dies gelte auch deshalb, weil die Zeugin bei ihrer Vernehmung angegeben habe, dass sie den Kläger, ihren Sohn, auch dann nicht aus der Wohnung "rausschmeißen" würde, wenn keine Mietzahlung erfolge. 10Die Beklagte beantragt, 11das Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 12.05.2017 aufzuheben und die Klage abzuweisen. 12Der Kläger beantragt, 13die Berufung zurückzuweisen. 14Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. 15Auf Nachfrage des Berufungsgerichts hat die Zeugin Q schriftlich mitgeteilt, sie habe bis 2015 keine Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung steuerlich erklärt. Ausweislich der vom Gericht beigezogenen Steuererklärung für 2016 betrugen die Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung in diesem Jahr 6.120 EUR, wobei Werbungskosten i.H.v. 1.286 EUR angefallen waren. 16In einem Termin zur Erörterung des Sachverhalts hat das Gericht die Beteiligten angehört und die Mutter des Klägers erneut als Zeugin vernommen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 06.11.2018 verwiesen. 17Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Gerichts ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt. 18Entscheidungsgründe: 19Die Berufung der Beklagten, über die der Senat gemäß § 153 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) i.V.m. § 124 Abs. 2 SGG aufgrund des Einverständnisses der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden konnte, ist zulässig und begründet. Das Sozialgericht hat der Klage zu Unrecht stattgegeben. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung von Kosten für Unterkunft und Heizung im Zeitraum von Oktober 2015 bis März 2016. 20Streitbefangen sind im Verfahren nur Kosten der Unterkunft und Heizung. Der Kläger hat sich mit der Klage ausschließlich gegen die Nichtgewährung von Unterkunfts- und Heizungskosten gewandt. Es handelt sich insoweit um einen abtrennbaren Streitgegenstand (vergleiche Bundessozialgericht, Urteil vom 03.03.2009 zum Az. B 4 AS 37/08 R, zur Rn. 13 bei juris), so dass vom Gericht die Rechtmäßigkeit der Leistungsbewilligung im Übrigen im Verfahren nicht zu prüfen war. 21Leistungsberechtigte Personen nach dem SGB II (§ 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II) - der Kläger erfüllt diese Voraussetzungen - erhalten gemäß § 22 Abs. 1 SGB II Bedarfe für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen, soweit diese angemessen sind. Bedarfe für Unterkunft und Heizung bestehen, wenn die leistungsberechtigte Person einem rechtlich wirksamen und ernsthaften Zahlungsverlangen des Vermieters ausgesetzt ist. Grundsätzlich ohne Bedeutung ist die Person des Vermieters. Auch unter engen Verwandten können rechtlich wirksam Mietverträge geschlossen und damit vertragliche Verpflichtungen, wie beispielsweise die Mietzahlungspflicht, begründet werden. Die mietvertraglichen Vereinbarungen müssen auch nicht in jeder Hinsicht einem sogenannten "Fremdvergleich" standhalten, d.h. den zwischen Fremden üblichen mietvertraglichen Vereinbarungen entsprechen. Eine wegen verwandtschaftlicher Verbundenheit beispielsweise verbilligte Wohnraumüberlassung an Angehörige hindert deshalb nicht das Entstehen von Bedarfen für Unterkunft und Heizung. 22Entscheidend ist hingegen, dass trotz verwandtschaftlicher Verbundenheit der Mieter einer ernsthaften und nicht dauerhaft gestundeten Mietzinsforderung des Vermieters ausgesetzt ist (siehe Bundessozialgericht, am angegebenen Ort, zu Rn. 25 bei juris). Davon vermochte sich der Senat nicht zu überzeugen. Das Gericht sieht es nicht als erwiesen an, dass der Kläger und seine Mutter einen beide Seiten rechtlich bindenden Mietvertrag einschließlich wirksamer Verpflichtung zur Mietzahlung haben schließen und einhalten wollen. Es überwiegen vielmehr die Indizien für ein Scheinmietverhältnis, § 117 Bürgerliches Gesetzbuch, geschlossen zur Erlangung von Leistungen der Beklagten. 23Dafür sprechen bereits die Formalien. Vom Kläger ist zunächst ein zwar ausgefüllter, aber nicht unterschriebener Mietvertrag zum Verfahren gereicht worden. Darauf hingewiesen, folgte die Einlassung, es handele sich dabei um eine PDF Datei, die er ausgefüllt habe. Es gebe auch eine von seiner Mutter unterzeichnete Mietvertragsversion. Diese wurde sodann zum Verfahren gereicht. Allerdings sind die Unterschriften darauf (Bl. 89 GA ) anders als auf dem zuvor zu den Verwaltungsakten gereichten Mietvertrag (Bl. 463 VA). Schon dies legt nahe, dass hier Mietverträge nicht zur rechtswirksamen Bindung der Vertragsschließenden, sondern vordergründig zum Zwecke der Präsentation gegenüber der Behörde bzw. dem Gericht erstellt wurden. 24Gegen den Willen des Klägers und seiner Mutter, einen rechtlich verpflichtenden Mietvertrag zu schließen, spricht zudem Folgendes: Der Kläger ist im August 2014 im Haus vom Erdgeschoss ins Obergeschoss umgezogen. Dazu haben sowohl der Kläger als auch seine Mutter angegeben, der Umzug sei erfolgt, weil die untere Wohnung einfacher zu vermieten gewesen sei. Die Zeugin hat diesbezüglich beim Sozialgericht erklärt, sie habe ihrem Sohn gesagt, "du musst nach oben ziehen". Bei einem beide Seiten entsprechend den gesetzlichen und vertraglichen Regelungen verpflichtenden Mietvertrag reicht ein Wunsch des Vermieters, dem Mieter eine neue Wohnung zuweisen zu wollen, jedoch nicht aus. Es hätte einer fristgemäßen und auch im Übrigen wirksamen Kündigung bedurft. 25Vom Kläger ist im Verfahren angegeben wurde, er habe aus der im Erdgeschoss gelegenen kostengünstigeren Wohnung ausziehen müssen, weil wegen der Nichtzahlung von Unterkunftskosten seitens der Beklagten Mietschulden eingetreten seien. Es ist aber nicht nachvollziehbar, wenn in dieser Situation bei unveränderten finanziellen Verhältnissen des Mieters die Mietvertragsparteien einen neuen Mietvertrag über eine ca. 50 % teuere Wohnung schließen, denn es war absehbar, dass der Kläger erst recht nicht die höhere Miete wird aufbringen und zahlen können. Auch dies spricht gegen ein echtes Mietverhältnis mit einem ernsthaften Mietzinsverlangen der Mutter gegenüber ihrem Sohn. Gleiches ergibt sich aus der Tatsache, dass nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme der Kläger nunmehr schon seit über drei Jahren keine Miete zahlt, seine Mutter jedoch auf Maßnahmen zur Beendigung des Mietverhältnisses oder zur Durchsetzung der Mietzinsforderung gegenüber dem Kläger verzichtet hat. Aufgrund der Angaben der Zeugin bei ihrer Vernehmung vor dem Berufungsgericht hat der Senat vielmehr den Eindruck gewonnen, dass zwischen ihr und dem Kläger nicht der Abschluss eines Vertrages mit uneingeschränktem Bindungswillen der Vertragsparteien an das Geregelte, sondern ein durch (nachvollziehbare) familiäre Rücksichtnahmen gekennzeichnetes Wohnen gewollt war. Bezüglich der Einzelheiten des Mietverhältnisses gab die Zeugin beispielsweise an, sie habe diese gemeinsam jeweils mit ihrem Sohn geregelt. So seien von ihr und ihrem Sohn etwa die Betriebskosten der Wohnung sehr gering angesetzt worden, Ärger (mit der Beklagten) habe vermieden werden sollen. Zur Überzeugung des Senats bestehen zwischen der Zeugin und dem Kläger nicht die typischerweise zwischen Vermieter und Mieter vorhandenen widerstreitenden Interessen (u. a. an einer möglichst hohen bzw. möglichst niedrigen Mietzahlung), sondern ein gemeinsames Interesse an der Erlangung von Kosten der Unterkunft durch die Beklagte. Dies kommt beispielsweise durch die Angaben der Zeugin, sie erwarte eine Nachzahlung von Kosten der Unterkunft an "uns" (gemeint: an sie und den Kläger) zum Ausdruck und findet seine Bestätigung zudem in ihrer Aussage, sie werde ihr Kind jedenfalls nicht vor die Tür setzen und rausklagen. Auch ihre an den Gerichtspräsidenten gerichtete Eingabe mit einer Beschwerde über die Dauer des Verfahrens zeigt, dass sie, obwohl am Rechtsstreit nicht beteiligt, den Mietausfall allein durch eine Verpflichtung der Beklagten, nicht jedoch durch ein Vorgehen gegenüber ihrem Mieter zu beheben versucht. 26Unabhängig davon, dass es sich um ein anderes Mietverhältnis handelte, das einer getrennte Beurteilung zuzuführen ist, belegt entgegen der Auffassung des Sozialgerichts der Umstand, dass die Mutter des Klägers gegen diesen 2006 wegen fehlender Mietzahlungen Klage erhoben hatte, nicht die Ernsthaftigkeit des damaligen Mietzahlungsverlangens. Der Kläger hatte sich zwar in jedem Verfahren zur ratenweisen Zahlung der Mietzinsschuld verpflichtet, es wurden von ihm aber im Folgenden und auch während der Zeit seiner Erwerbstätigkeit keine Zahlungen auf diese Schuld geleistet. Die Mutter des Klägers hat offenkundig davon abgesehen, den titulierten Anspruch gegen den Kläger durchzusetzen. Auch dies ist ein weiteres Indiz dafür, dass der Kläger einem ernsthaften Mietzahlungsverlangen zu keiner Zeit ausgesetzt war. 27Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. 28Anlass, die Revision zuzulassen, hat nicht bestanden (§ 160 SGG).
auf die berufung der beklagten wird das urteil des sozialgerichts gelsenkirchen vom 12.05.2017 aufgehoben und die klage abgewiesen. außergerichtliche kosten des rechtsstreits haben die beteiligten einander nicht zu erstatten. die revision wird nicht zugelassen. 1
2streitig ist die gewährung von kosten für unterkunft und heizung im zeitraum von oktober 2015 bis märz 2016 i.h.v. 320 eur monatlich. 3der 1982 geborene kläger, gelernter elektroinstallateur, bezieht mit unterbrechungen seit 2009 leistungen nach dem sozialgesetzbuch 2. buch (sgb ii). 2009 zog er erneut in ein im alleineigentum seiner mutter stehendes mehrfamilienhaus mit sechs wohnungen, in dem er seither verschiedene wohnungen bewohnt hat. in diesem haus hatte er bereits zuvor langjährig gewohnt. wegen 2005 entstandenen mietschulden hatte die mutter des klägers gegen diesen eine zahlungs- und räumungsklage im jahr 2006 angestrengt. dieses verfahren endete durch einen vergleich, mit dem sich der kläger verpflichtete, mietschulden i.h.v. 4.800 eur in monatlichen raten von 300 eur zu begleichen; die mutter des klägers verzichtete ihrerseits auf räumungsansprüche. 4die beteiligten haben seither wiederholt darüber gestritten, ob ein reguläres mietverhältnis vorliegt, aus dem der kläger wirksamen mietzahlungsansprüchen ausgesetzt ist. das verfahren beim sozialgericht gelsenkirchen zum aktenzeichen s 33 as 2642/14 betraf unterkunftskosten für den zeitraum dezember 2013 bis mai 2014 und endete durch einen vergleich, mit dem sich der beklagte verpflichtete, dem kläger 1.320 eur an kosten der unterkunft für den vorgenannten zeitraum zu gewähren. zuletzt ist der kläger am 15.08.2014 von einer im erdgeschoss liegenden wohnung (miete inklusive betriebskosten 225 eur - siehe mietvertrag vom 22.09.2009, bl. 36 der gerichtsakten s 33 as 2642/14) in eine im ersten obergeschoss liegende wohnung verzogen, für die nach dem von ihm vorgelegten und mit seiner mutter geschlossenen mietvertrag vom 04.08.2014 250 eur miete zzgl. 70 eur betriebskostenvorauszahlungen, also insgesamt 320 eur, zu entrichten sind. dazu wurde von ihm mit schreiben vom 06.08.2014 angegeben (siehe bl. 441 der verwaltungsakten), er sei gezwungen, seine bisherige wohnung zum 15.08.2014 zu verlassen, weil er dafür vom beklagten noch immer keinen "mietkostenersatz" erhalten habe. 5nach einer mehrmonatigen beschäftigung beim drk von februar bis august 2015 und dem anschließenden bezug von krankengeld wurden dem kläger mit bescheid vom 22.10.2015 ausschließlich regelleistungen nach dem sgb ii für den zeitraum vom 01.10.2015 bis 31.03.2016 bewilligt. wegen der nicht bewilligten kosten für unterkunft und heizung findet sich im bescheid der folgende hinweis: "sie wurden in der vergangenheit mehrmals darauf hingewiesen, dass die kosten der unterkunft erst bewilligt werden können, wenn eine überprüfung durch den zentralen ermittlungsdienst stattgefunden hat. bisher fand keine überprüfung statt. ich gebe ihnen daher weiterhin die gelegenheit, eine überprüfung durch den zentralen ermittlungsdienst durchführen zu lassen. falls sie einer überprüfung zustimmen, setzen sie sich bitte mit mir in verbindung, damit ein termin mit dem zentralen ermittlungsdienst vereinbart werden kann." 6der wegen der nichtgewährung von kosten der unterkunft eingelegte widerspruch wurde mit widerspruchsbescheid vom 01.12.2015 zurückgewiesen. dagegen hat sich der kläger mit der am 17.12.2015 beim sozialgericht erhobenen klage gewandt. er habe sich nicht grundsätzlich geweigert, einer wohnungsbesichtigung zuzustimmen, jedoch habe der beklagte keinen sachlich gerechtfertigten grund für eine betretung der wohnung angegeben. er sei aufgrund eines wirksamen mietvertrags mietzahlungsansprüchen ausgesetzt, so dass die ablehnung der gewährung von kosten für unterkunft und heizung rechtswidrig sei. die beklagte ist dem entgegengetreten und hat geltend gemacht, dem kläger seien die gründe für eine überprüfung seiner wohnverhältnisse aus vorangegangenen verwaltungsentscheidungen hinlänglich bekannt. insbesondere sei sein vorbringen in bezug auf das mietverhältnis widersprüchlich und damit nicht plausibel, weshalb ohne weitere ermittlungen eine gewährung von unterkunftskosten nicht habe erfolgen können. 7das sozialgericht hat zur erörterung des sachverhalts mit den beteiligten einen termin durchgeführt, in dem die mutter des klägers als zeugin vernommen wurde. vom kläger wurde dabei unter anderem angegeben, er habe nur während seines beschäftigungsverhältnisses von februar bis september 2015 die vereinbarte miete an seine mutter gezahlt. die zahlungen seien bar erfolgt. demgegenüber wurde von der mutter erklärt, die miete sei von ihrem sohn während seines arbeitsverhältnisses überwiesen worden. 8mit urteil vom 12.05.2017 hat das sozialgericht die beklagte verurteilt, dem kläger für den zeitraum vom 01.10.2015 bis 31.03.2016 leistungen für unterkunft und heizung i.h.v. 320 eur monatlich zu gewähren. gemäß § 22 abs. 1 sgb ii umfasse der leistungsanspruch auch die dem arbeitslosen entstehenden angemessenen kosten für unterkunft und heizung. der kläger sei auch einer wirksamen mietzahlungsverpflichtung ausgesetzt. ob ein wirksames mietverhältnis zwischen familienangehörigen vorliege, beurteile sich nach den tatrichterlichen feststellungen der umstände des jeweiligen einzelfalls. hier sei zu berücksichtigen, dass ein schriftlicher mietvertrag geschlossen worden sei und der kläger, soweit es ihm finanziell möglich gewesen sei, darauf auch mietzahlungen geleistet habe. das 2006 von der zeugin gegen den kläger angestrengte räumungsverfahren belege zudem die ernsthaftigkeit des aus dem mietverhältnis resultierenden zahlungsanspruchs. schließlich müsse auch berücksichtigt werden, dass sich die beklagte in einem anderen verfahren wegen eines ähnlich gelagerten mietverhältnisses zwischen dem kläger und der zeugin bereits zu einer zahlung von kosten der unterkunft bereitgefunden habe. 9gegen das ihr am 09.06.2017 zugestellte urteil hat die beklagte am 30.06.2017 berufung eingelegt. sie macht zu deren begründung geltend, es bestehe kein wirksames mietverhältnis weshalb der kläger auch keinem wirksamen mietzahlungsverlangen ausgesetzt sei. es sei sehr lebensfremd, dass nach einer ernsthaft angestrengten räumungsklage und auch danach immer wieder auftretenden zahlungsrückständen neue mietverträge mit der selben person abgeschlossen würden. es müsse deshalb an der ernsthaftigkeit der damaligen räumungsklage gezweifelt werden. dies gelte auch deshalb, weil die zeugin bei ihrer vernehmung angegeben habe, dass sie den kläger, ihren sohn, auch dann nicht aus der wohnung "rausschmeißen" würde, wenn keine mietzahlung erfolge. 10die beklagte beantragt, 11das urteil des sozialgerichts gelsenkirchen vom 12.05.2017 aufzuheben und die klage abzuweisen. 12der kläger beantragt, 13die berufung zurückzuweisen. 14er hält die angefochtene entscheidung für zutreffend. 15auf nachfrage des berufungsgerichts hat die zeugin q schriftlich mitgeteilt, sie habe bis 2015 keine einkünfte aus vermietung und verpachtung steuerlich erklärt. ausweislich der vom gericht beigezogenen steuererklärung für 2016 betrugen die einnahmen aus vermietung und verpachtung in diesem jahr 6.120 eur, wobei werbungskosten i.h.v. 1.286 eur angefallen waren. 16in einem termin zur erörterung des sachverhalts hat das gericht die beteiligten angehört und die mutter des klägers erneut als zeugin vernommen. wegen des ergebnisses der beweisaufnahme wird auf die sitzungsniederschrift vom 06.11.2018 verwiesen. 17die beteiligten haben sich mit einer entscheidung des gerichts ohne mündliche verhandlung einverstanden erklärt. 18
19die berufung der beklagten, über die der senat gemäß § 153 abs. 1 des sozialgerichtsgesetzes (sgg) i.v.m. § 124 abs. 2 sgg aufgrund des einverständnisses der beteiligten ohne mündliche verhandlung durch urteil entscheiden konnte, ist zulässig und begründet. das sozialgericht hat der klage zu unrecht stattgegeben. der kläger hat keinen anspruch auf gewährung von kosten für unterkunft und heizung im zeitraum von oktober 2015 bis märz 2016. 20streitbefangen sind im verfahren nur kosten der unterkunft und heizung. der kläger hat sich mit der klage ausschließlich gegen die nichtgewährung von unterkunfts- und heizungskosten gewandt. es handelt sich insoweit um einen abtrennbaren streitgegenstand (vergleiche bundessozialgericht, urteil vom 03.03.2009 zum az. b 4 as 37/08 r, zur rn. 13 bei juris), so dass vom gericht die rechtmäßigkeit der leistungsbewilligung im übrigen im verfahren nicht zu prüfen war. 21leistungsberechtigte personen nach dem sgb ii (§ 7 abs. 1 satz 1 sgb ii) - der kläger erfüllt diese voraussetzungen - erhalten gemäß § 22 abs. 1 sgb ii bedarfe für unterkunft und heizung in höhe der tatsächlichen aufwendungen, soweit diese angemessen sind. bedarfe für unterkunft und heizung bestehen, wenn die leistungsberechtigte person einem rechtlich wirksamen und ernsthaften zahlungsverlangen des vermieters ausgesetzt ist. grundsätzlich ohne bedeutung ist die person des vermieters. auch unter engen verwandten können rechtlich wirksam mietverträge geschlossen und damit vertragliche verpflichtungen, wie beispielsweise die mietzahlungspflicht, begründet werden. die mietvertraglichen vereinbarungen müssen auch nicht in jeder hinsicht einem sogenannten "fremdvergleich" standhalten, d.h. den zwischen fremden üblichen mietvertraglichen vereinbarungen entsprechen. eine wegen verwandtschaftlicher verbundenheit beispielsweise verbilligte wohnraumüberlassung an angehörige hindert deshalb nicht das entstehen von bedarfen für unterkunft und heizung. 22entscheidend ist hingegen, dass trotz verwandtschaftlicher verbundenheit der mieter einer ernsthaften und nicht dauerhaft gestundeten mietzinsforderung des vermieters ausgesetzt ist (siehe bundessozialgericht, am angegebenen ort, zu rn. 25 bei juris). davon vermochte sich der senat nicht zu überzeugen. das gericht sieht es nicht als erwiesen an, dass der kläger und seine mutter einen beide seiten rechtlich bindenden mietvertrag einschließlich wirksamer verpflichtung zur mietzahlung haben schließen und einhalten wollen. es überwiegen vielmehr die indizien für ein scheinmietverhältnis, § 117 bürgerliches gesetzbuch, geschlossen zur erlangung von leistungen der beklagten. 23dafür sprechen bereits die formalien. vom kläger ist zunächst ein zwar ausgefüllter, aber nicht unterschriebener mietvertrag zum verfahren gereicht worden. darauf hingewiesen, folgte die einlassung, es handele sich dabei um eine pdf datei, die er ausgefüllt habe. es gebe auch eine von seiner mutter unterzeichnete mietvertragsversion. diese wurde sodann zum verfahren gereicht. allerdings sind die unterschriften darauf (bl. 89 ga ) anders als auf dem zuvor zu den verwaltungsakten gereichten mietvertrag (bl. 463 va). schon dies legt nahe, dass hier mietverträge nicht zur rechtswirksamen bindung der vertragsschließenden, sondern vordergründig zum zwecke der präsentation gegenüber der behörde bzw. dem gericht erstellt wurden. 24gegen den willen des klägers und seiner mutter, einen rechtlich verpflichtenden mietvertrag zu schließen, spricht zudem folgendes: der kläger ist im august 2014 im haus vom erdgeschoss ins obergeschoss umgezogen. dazu haben sowohl der kläger als auch seine mutter angegeben, der umzug sei erfolgt, weil die untere wohnung einfacher zu vermieten gewesen sei. die zeugin hat diesbezüglich beim sozialgericht erklärt, sie habe ihrem sohn gesagt, "du musst nach oben ziehen". bei einem beide seiten entsprechend den gesetzlichen und vertraglichen regelungen verpflichtenden mietvertrag reicht ein wunsch des vermieters, dem mieter eine neue wohnung zuweisen zu wollen, jedoch nicht aus. es hätte einer fristgemäßen und auch im übrigen wirksamen kündigung bedurft. 25vom kläger ist im verfahren angegeben wurde, er habe aus der im erdgeschoss gelegenen kostengünstigeren wohnung ausziehen müssen, weil wegen der nichtzahlung von unterkunftskosten seitens der beklagten mietschulden eingetreten seien. es ist aber nicht nachvollziehbar, wenn in dieser situation bei unveränderten finanziellen verhältnissen des mieters die mietvertragsparteien einen neuen mietvertrag über eine ca. 50 % teuere wohnung schließen, denn es war absehbar, dass der kläger erst recht nicht die höhere miete wird aufbringen und zahlen können. auch dies spricht gegen ein echtes mietverhältnis mit einem ernsthaften mietzinsverlangen der mutter gegenüber ihrem sohn. gleiches ergibt sich aus der tatsache, dass nach dem ergebnis der beweisaufnahme der kläger nunmehr schon seit über drei jahren keine miete zahlt, seine mutter jedoch auf maßnahmen zur beendigung des mietverhältnisses oder zur durchsetzung der mietzinsforderung gegenüber dem kläger verzichtet hat. aufgrund der angaben der zeugin bei ihrer vernehmung vor dem berufungsgericht hat der senat vielmehr den eindruck gewonnen, dass zwischen ihr und dem kläger nicht der abschluss eines vertrages mit uneingeschränktem bindungswillen der vertragsparteien an das geregelte, sondern ein durch (nachvollziehbare) familiäre rücksichtnahmen gekennzeichnetes wohnen gewollt war. bezüglich der einzelheiten des mietverhältnisses gab die zeugin beispielsweise an, sie habe diese gemeinsam jeweils mit ihrem sohn geregelt. so seien von ihr und ihrem sohn etwa die betriebskosten der wohnung sehr gering angesetzt worden, ärger (mit der beklagten) habe vermieden werden sollen. zur überzeugung des senats bestehen zwischen der zeugin und dem kläger nicht die typischerweise zwischen vermieter und mieter vorhandenen widerstreitenden interessen (u. a. an einer möglichst hohen bzw. möglichst niedrigen mietzahlung), sondern ein gemeinsames interesse an der erlangung von kosten der unterkunft durch die beklagte. dies kommt beispielsweise durch die angaben der zeugin, sie erwarte eine nachzahlung von kosten der unterkunft an "uns" (gemeint: an sie und den kläger) zum ausdruck und findet seine bestätigung zudem in ihrer aussage, sie werde ihr kind jedenfalls nicht vor die tür setzen und rausklagen. auch ihre an den gerichtspräsidenten gerichtete eingabe mit einer beschwerde über die dauer des verfahrens zeigt, dass sie, obwohl am rechtsstreit nicht beteiligt, den mietausfall allein durch eine verpflichtung der beklagten, nicht jedoch durch ein vorgehen gegenüber ihrem mieter zu beheben versucht. 26unabhängig davon, dass es sich um ein anderes mietverhältnis handelte, das einer getrennte beurteilung zuzuführen ist, belegt entgegen der auffassung des sozialgerichts der umstand, dass die mutter des klägers gegen diesen 2006 wegen fehlender mietzahlungen klage erhoben hatte, nicht die ernsthaftigkeit des damaligen mietzahlungsverlangens. der kläger hatte sich zwar in jedem verfahren zur ratenweisen zahlung der mietzinsschuld verpflichtet, es wurden von ihm aber im folgenden und auch während der zeit seiner erwerbstätigkeit keine zahlungen auf diese schuld geleistet. die mutter des klägers hat offenkundig davon abgesehen, den titulierten anspruch gegen den kläger durchzusetzen. auch dies ist ein weiteres indiz dafür, dass der kläger einem ernsthaften mietzahlungsverlangen zu keiner zeit ausgesetzt war. 27die kostenentscheidung beruht auf § 193 sgg. 28anlass, die revision zuzulassen, hat nicht bestanden (§ 160 sgg).
Verklagte*r
0
143,205
146 C 113/14
2015-11-24T00:00:00
Urteil
Tenor Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger einen Betrag in Höhe von 2.709,51 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.07.2014 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger 27% und die Beklagte 73%. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für den Kläger jedoch nur gegen Leistung einer Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit leistet in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages. 1 Tatbestand: 2Der Kläger unterhielt im streitgegenständlichen Zeitraum bei der Beklagten eine Krankheitskostenversicherung nach dem Tarif CV3H250 (Versicherungsnummer: 000/000000000). Die Erstattung von Aufwendungen von Zahnbehandlungen ist wie folgt geregelt (Ziffer 1.3 und 2.1 des Tarifblattes): 3 Zahnbehandlung (außer Zahnkronen aller Art und Inlays) sowie prophylaktische Leitungen : 100% 4 Zahnersatz, Zahnkronen aller Art, Inlays sowie Zahn- und Kieferregulierung einschließlich des zahnärztlichen Honorars für diese Maßnahmen: 75% 5Bei dem Kläger wurde in den Jahren 2012 bis 2014 eine umfangreiche implantologische und prothetische zahnmedizinische Behandlung in der Praxis Dr. C.C. in Köln durchgeführt. Die Behandlung wurde wie folgt abgerechnet: 6 Rechnung Dr.C. vom 20.12.2012: 5.374,58 Euro 7 Rechnung Dr.C. vom 26.06.2013: 13.880,26 Euro 8 Rechnung Dr.C. vom 19.12.2013: 15.914,87 Euro 9 Rechnung Dr.C. vom 24.02.2014: 5.781,58 Euro 10 Rechnung Dr.C. vom 24.06.2014: 11.651,60 Euro 11Die Beklagte hat auf die vorgenannten Rechnungen die folgenden Zahlungen an den Kläger erbracht: 12 Rechnung Dr.C. vom 20.12.2012: 4.979,51 Euro 13 Rechnung Dr.C. vom 26.06.2013: 10.779,26 Euro 14 Rechnung Dr.C. vom 19.12.2013: 11.471,03 Euro 15 Rechnung Dr.C. vom 24.02.2014: 4.108,44 Euro 16 Rechnung Dr.C. vom 24.06.2014: 8.817,87 Euro 17Wegen der einzelnen Kürzungen, die die Beklagte vorgenommen hat, wird auf den von den Parteien vorgelegten vorgerichtlichen Schriftverkehr, die Leistungsabrechnungen und die Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen. 18Mit der vorliegenden Klage begehrt der Kläger von der Beklagten die Zahlung der Differenz zwischen dem bereits erstatteten Betrag und dem Betrag, der nach dem vereinbarten Tarif bei vollständiger Regulierung nach seiner Ansicht zu erstatten wäre, insgesamt einen Betrag in Höhe von 3.698,19 Euro. Dieser Betrag setzt sich wie folgt zusammen: 19 Rechnung Dr.C. vom 20.12.2012: 241,67 Euro 20 Rechnung Dr.C. vom 26.06.2013: 1.075,93 Euro 21 Rechnung Dr.C. vom 19.12.2013: 1.513,19 Euro 22 Rechnung Dr.C. vom 24.02.2014: 322,53 Euro 23 Rechnung Dr.C. vom 24.06.2014: 544,87 Euro 24Die Prozessbevollmächtigten des Klägers forderten die Beklagte vorgerichtlich zur Zahlung des nunmehr klageweise geltend gemachten Betrages auf. 25Der Kläger begehrt mit der vorliegenden Klage darüber hinaus vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 473,62 Euro, die sich aus einer 1,5-Geschäftsgebühr aus einem Gegenstandswert von 3.304,12 Euro sowie der Pauschale und der Umsatzsteuer zusammensetzen. 26Der Kläger ist der Ansicht, dass die Behandlung insgesamt medizinisch notwendig war. Dies gelte insbesondere für die Implantate in Regio 17 und 47. Im Oberkiefer müssten aus statischen Gründen zwei Implantate in Regio 16 und 17 eingesetzt werden, da die Verankerung einer implantatgetragenen Brücke auf nur einem Implantat langfristig zu instabil sei. Zur Wahrung der Stabilität der Bezahnung des Gegenkiefers sei dann auch die Insertaion eines Implantats in Regio 47 notwendig. 27Der Kläger hat mit der am 15.07.2014 zugestellten Klage zunächst beantragt, die Beklagte zur Zahlung von insgesamt 3.153,32 Euro sowie Nebenforderungen zu verurteilen. Mit dem Schriftsatz vom 22.09.2015 beantragt der Kläger nunmehr, 281. die Beklagte zu verurteilen, an ihn einen Betrag in Höhe von 3.698,19 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus einem Betrag in Höhe von 3.153,32 Euro seit Rechtshängigkeit sowie aus einem weiteren Betrag in Höhe von 544,87 seit dem 23.09.2014 zu zahlen. 292. die Beklagte zu verurteilen, an ihn außergerichtliche Kosten in Höhe von 473,62 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen. 30Die Beklagte beantragt, 31 die Klage abzuweisen. 32Sie ist der Ansicht, dass die Implantate in Regio 17 und 47 nicht medizinisch notwendig waren, da laut den Indikationsklassen der implantologischen Berufsverbände keine Notwendigkeit besteht, die fehlenden Zähne 17 und 47 durch Implantate zu ersetzen. Zudem liege im linken Oberkiefer - was unstreitig ist - ebenfalls keine Versorgung in der Regio 7 vor. 33Im Übrigen wird auf die Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen. 34Das Gericht hat Beweis erhoben gemäß der Beweisbeschlüsse vom 27.11.2014 und vom 03.07.2015 durch Einholung eines Sachverständigengutachtens nebst Ergänzungsgutachten. Auf die Gutachten des Sachverständigen Dr. F.F. vom 13.04.2015 und 30.08.2015 wird insoweit vollumgänglich Bezug genommen. 35Entscheidungsgründe: 36Die zulässige Klage hat teilweise Erfolg. 37I. 38Der Kläger hat gegen die Beklagte auf Grund des zwischen den Parteien bestehenden Krankenversicherungsvertrages i.V.m. § 192 Abs. 1 VVG einen Anspruch auf Zahlung von 2.709,51 Euro. 39Die Beklagte ist dazu verpflichtet, im vertraglich vereinbarten Umfang die Aufwendungen für eine medizinisch notwendige Heilbehandlung zu erstatten. Die Notwendigkeit bestimmt sich nach objektiven Kriterien. Nach der ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung ist eine Heilbehandlung dann als medizinisch notwendig i.S.d. § 192 Abs. 1 VVG anzusehen, wenn es nach den objektiven medizinischen Befunden und Erkenntnissen im Zeitpunkt der Vornahme der ärztlichen Behandlung vertretbar war, sie als notwendig anzusehen (Prölss/Martin, VVG, 28. Aufl., § 192, Rn. 61 m.w.N.). Mit dem Begriff der medizinischen Notwendigkeit einer Heilbehandlung wird - für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer erkennbar - zur Bestimmung des Versicherungsfalles ein objektiver, vom Vertrag zwischen Arzt und Patient unabhängiger Maßstab eingeführt. Insoweit hängt die Beurteilung nicht allein von der Auffassung des Versicherungsnehmers oder des ihn behandelnden Arztes ab, sondern von den objektiven medizinischen Befunden und Erkenntnissen im Zeitpunkt der Vornahme der Behandlung. Steht danach die Eignung einer Behandlung, eine Krankheit zu heilen oder zu lindern, nach medizinischen Erkenntnissen fest, folgt daraus grundsätzlich auch die Eintrittspflicht des Versicherers. Medizinisch notwendig kann eine Behandlung aber auch dann sein, wenn ihr Erfolg nicht sicher vorhersehbar ist. Es genügt insoweit, wenn die medizinischen Befunde und Erkenntnisse es im Zeitpunkt der Behandlung vertretbar erscheinen lassen, die Behandlung als notwendig anzusehen. Ob dies der Fall ist, kann nur anhand der im Einzelfall maßgeblichen objektiven Gesichtspunkte mit Rücksicht auf die Besonderheiten der jeweiligen Erkrankung und der auf sie bezogenen Heilbehandlung bestimmt werden (vgl. BGH, VersR 2005, 1673 ff.). 40Das Gericht ist nach Durchführung der Beweisaufnahme davon überzeugt, dass die Beklagte dazu verpflichtet ist, dem Kläger auf die vorgenannten Rechnungen weitere 2.709,51 Euro zu erstatten. Die Kürzung durch die Beklagte war nur in Höhe von insgesamt 988,68 Euro berechtigt. Im Übrigen war die Kürzung unberechtigt, da es sich bei den betroffenen Positionen um medizinisch notwendige Teilschritte der durchgeführten Heilbehandlung handelt. Die Gutachten des Sachverständigen Dr. F. - die bis auf eine Position im Ergebnis von beiden Parteien akzeptiert worden sind - überzeugen das Gericht vollumfänglich. Die Beweisaufnahme hat bezüglich der streitigen Positionen zu den folgenden Ergebnissen geführt: 41Rechnung vom 20.12.2012: 42Die auf dem Eigenlaborbeleg (Nr. 0707) ausgewiesenen Kosten für eine Fotodokumentation ausgewiesenen Kosten in Höhe von 15,10 Euro sind nicht erstattungsfähig. Der Behandlungsdokumentation kann nicht entnommen werden, wozu die Fotos konkret bei der Zusammenarbeit mit dem Zahntechniker dienlich waren. Der Sachverständige hat darüber hinaus darauf hingewiesen, dass es sich um eine Fotodokumentation und nicht um diagnostische Fotos handelt. Die Fotos dienten demnach der praxisinternen Dokumentation der Behandlung. 43Zusammenfassung: 44Im Ergebnis war die Beklagte demnach berechtigt, die Rechnung vom 20.12.2012 um 15,10 Euro zu kürzen 45Rechnung vom 26.06.2013: 46(1.) Die Ziffer 2220 analog GOZ (127,88 Euro) durfte für den 15.01.2013 für die Rekonstruktion am Zahn 15 nicht berechnet werden, da die durchgeführte Tätigkeit mit der Analogberechnung der vorgenannten Ziffer nicht richtig abgebildet wird. Die von der Beklagten vorgenommene Kürzung war demnach berechtigt. 47(2.) Vorliegend durfte die Ziffer 2681analog GOÄ (46,62 Euro) für die erfolgte „Manipulation des Unterkiefers“ berechnet werden, da es von der Tätigkeit her der Leistungsbeschreibung der Ziffer 2681analog GOÄ („Einrenkung der alten Luxation des Kiefergelenks“) entspricht. Es handelt sich um eine falladäquate, plausibel indizierte und gemäß den Unterlagen auch tatsächlich erfolgte berechnungsfähige Leistung. Die von der Beklagten vorgenommene Kürzung war demnach nicht berechtigt. 48(3.) Die einmalige Kürzung der Rechnung um die Ziffer 9010 GOZ (304,13 Euro) war nicht berechtigt. Angesichts der verringerten Knochenmenge und Knochenqualität im Unterkiefer hätte ein einziges Implantat in Regio 46 ziemlich sicher zu einer baldigen Überlastung geführt. Eine auf zwei Implantaten getragene Brücke, welche die Kaulast von drei Zähnen zu tragen hätte, wäre auf Dauer zu instabil gewesen. Das zusätzliche Implantat in Regio 47 war demnach medizinisch notwendig. 49(4.) Die von der Beklagten vorgenommene einmalige Kürzung der Rechnung um die Ziffer 9150 GOZ (125,28 Euro) war berechtigt. Die Ziffer 9150 kann nur einmal je Kieferhälfte berechnet werden und damit nicht - wie vorliegend erfolgt - jeweils einmal für die Regionen 47 und 46, da diese unmittelbar benachbart sind. Eine Abrechnung der vorgenannten Ziffer je tatsächlich versorgter Zahnregion ist nicht zulässig. 50(5.) Die Berechnung der Ziffer 7000 analog GOZ (12,94 Euro) am 07.03.2013 in Regio 46-47 für die Herstellung der Schablone war zulässig. Die Ziffer 7000 analog GOZ kann neben Ziffer 9003 GOZ berechnet werden, da diese Ziffer das „Verwenden einer Orientierungsschablone / Positionierungsschablone zur Implantation“ zum Gegenstand hat. Der Begriff „Verwenden“ inkludiert nicht notwendig das „Erstellen“ der Schablone. Die von der Beklagten vorgenommene Kürzung war demnach nicht berechtigt. 51(6.) Der Ansatz von Material- und Laborkosten im Zusammenhang mit dem Implantat in Regio 47 (258,18 Euro) war zulässig. Das Implantat in regio 47 war – wie bereits ausgeführt - medizinisch notwendig und damit auch die im Zusammenhang damit stehenden Material- und Laborkosten. Die von der Beklagten vorgenommene Kürzung war demnach nicht berechtigt. 52Zusammenfassung: 53Im Ergebnis war die Beklagte demnach berechtigt, die Rechnung vom 26.06.2013 um 253,16 Euro zu kürzen. In Höhe von 621,87 Euro war die Kürzung unberechtigt. 54Rechnung vom 19.12.2013: 55(1.) Die dreimalige Berechnung der Ziffer 2040 analog GOZ (3 x 8,41Euro = 25,23 Euro) für den Optragate-Lippenschutz war nicht berechtigt. Das Anlegen einer Lippen offen haltenden und schützenden Vorrichtung ist eine unselbständige Hilfsleistung. Die Maßnahme ist bereits gemäß § 4 Abs. 3 GOZ („Anwendung von Instrumenten und Apparaten“) abgegolten. 56(2.) Die von der Beklagten vorgenommene Kürzung der Ziffer 2382 GOÄ (129,21 Euro) war berechtigt. Die mit dieser Ziffer berechnete Behandlung („Schwierige Hautlappenplastik oder Spalthauttransplantation“) wurde so wie angegeben sicher nicht durchgeführt. Eine Indikation für eine Schleimhautplastik ist nicht ersichtlich. 57(3.) Der Ansatz der Ziffer 443 GOÄ (43,72 Euro) war nicht zulässig, da es sich um einen gebührentechnischen Zuschlag zur Leistung nach Ziffer 2382 GOÄ bei ambulanter Durchführung dieser OP handelt. Da der Ansatz der Ziffer 2382 GOÄ nicht berechtigt war, kann auch der Zuschlag nicht verlangt werden. 58(4.) Im Hinblick auf den Ansatz der Ziffer 6220 GOZ (35,43 Euro = 3,5 x 10,12 Euro), war die von der Beklagten vorgenommene Kürzung zum Teil berechtigt. Die Leistung ist grundsätzlich zutreffend für die Abformung und Bissfixierung eines Arbeitsmodells als vorbereitende Maßnahme angesetzt. Sie kann jedoch nur zum 2,3-fachen (23,28 Euro) und nicht zum 3,5-fachen (35,43 Euro) Satz berechnet werden. Es durfte demnach eine Kürzung in Höhe der Differenz (12,15 Euro) vorgenommen werden. 59(5.) Im Hinblick auf den Ansatz der Ziffer 6230 GOZ (35,43 Euro = 3,5 x 10,12 Euro), war die von der Beklagten vorgenommene Kürzung zum Teil berechtigt. Die Leistung ist grundsätzlich zutreffend für das Einkleben oder Einbinden eines Teilinnenbogens aus Draht angesetzt. Sie kann jedoch nur zum 2,3-fachen (23,28 Euro) und nicht zum 3,5-fachen (35,43 Euro) Satz berechnet werden. Es durfte demnach eine Kürzung in Höhe der Differenz (12,15 Euro) vorgenommen werden. 60(6.) Die von der Beklagten vorgenommene Kürzung für die Ziffer 6260 GOZ (216,53 Euro) war berechtigt, da die mit dieser Ziffer berechnete kieferorthopädische Einordnung eines Zahnes in den Zahnbogen nicht erfolgte. 61(7.) Die Ziffer 2697GOÄ (46,92 Euro) wurde zutreffend für das Anbringen eines Drahthäkchens o.ä. in den Rest von Zahn 14 in Ansatz gebracht. Die von dem Beklagten vorgenommene Kürzung war nicht berechtigt. 62(8.) Die Ziffer 6210 GOZ (2 x 11,64 Euro = 23,28 Euro) wurde zutreffend zweimal für die Kontrolle des Behandlungsverlaufs angesetzt. Die von dem Beklagten vorgenommene Kürzung war nicht berechtigt. 63(9.) Die Kürzung für die Ziffer 2030 GOZ (8,41 Euro) war nicht berechtigt. Die Leistung wurde nach den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen zutreffend angesetzt, wenngleich sie nicht eindeutig dokumentiert worden ist. 64(10.) Der Ansatz der Ziffer 2702 GOÄ (40,23 Euro) für das Wiederanbringen einer gelösten Apparatur war berechtigt, wenngleich sie nicht eindeutig dokumentiert worden ist. Die von dem Beklagten vorgenommene Kürzung war somit nicht berechtigt. 65(11.) Die dreimalige Berechnung der Ziffer 2040 GOZ („Anlegen von Spanngummi, je Kieferhälfte oder Frontzahnbereich“) für den 12.11.2013 war nicht zulässig. Die Ziffer 2040 GOZ hätte nur zweimal in Ansatz gebracht werden dürfen, so dass die Kürzung um 11,33 Euro berechtigt war. In einem Fall ist die Leistung nämlich weder hinreichend dokumentiert noch anhand der Röntgenbilder zahnmedizinisch plausibel nachvollziehbar. 66(12.) Die von der Beklagten vorgenommene zweimalige Kürzung der Ziffer 2170 analog GOZ (2 x 182,62 Euro = 365,24 Euro) war nicht berechtigt. Die Ziffer 2170 analog GOZ konnte jeweils für die Zähne 37 und 35 für den präendodontischen Aufbau berechnet werden. Der Ansatz mit dem 1,9-fachen Satz ist zutreffend und angemessen. 67(13.) Der zweimalige Ansatz der Ziffer 2410 analog GOZ (66,14 Euro + 33,07 Euro = 99,21 Euro) für die Zähne 35 und 37 war nicht berechtigt. Die Ziffer 2410 GOZ konnte nicht zweimal analog berechnet werden. Aus den Aufzeichnungen ergibt sich kein Hinweis auf die tatsächlich erbrachte Leistungsausprägung der Ziffer 2410 analog GOZ. Im Ergebnis war die von der Beklagten vorgenommene Kürzung in Höhe von 99,21 Euro demnach zulässig. 68(14.) Die zweimalige Kürzung der Ziffer 2330 analog GOZ (2 x 14,23 Euro = 28,46 Euro) war berechtigt. Die berechnete Analogleistung für das Anfärben zur Kariesdiagnostik ist nach Kosten- und Zeitaufwand in Relation zur Hauptleistung nach Ziffer 2330 GOZ nicht gleichwertig. 69(15.) Der Ansatz der Ziffer 2681 analog GOÄ (46,62 Euro) für die Einrenkung der alten Luxation des Unterkiefers war zulässig. Die Berechnung der Ziffer erfolgte als falladäquate, plausibel indizierte, tatsächlich erfolgte und zutreffend berechnungsfähige Leistung. Der Patient konnte wegen offenkundiger Gelenkveränderungen infolge einseitiger Gelenkkompression links seine richtige Bisslage nicht mehr einnehmen. 70(16.) Die von der Beklagten vorgenommene zweifache Kürzung der Ziffer 250 GOÄ (2 x 5,36 Euro = 10,72 Euro) war nicht berechtigt. Das Blut zur Durchfeuchtung des Augmentats wurde aus einer Vene entnommen und diese Leistung wurde zutreffend zweimal mit der Ziffer 250 GOÄ berechnet. Es muss sich dabei um unkontaminiertes Blut handeln, nicht um aufgesaugtes Sickerblut aus der Mundhöhle. 71(17.) Die von der Beklagten vorgenommene zweifache Kürzung der Ziffer 253 GOÄ (2 x 9,38 Euro = 18,76 Euro) war nicht berechtigt. In beiden Implantationssitzungen erhielt der Patient ein entzündungshemmendes Kortisonpräparat (Urbason), welches intravenös injiziert wurde. 72(18.) Der dreifache Ansatz der Ziffer 7000 analog GOZ (3 x 12,94 Euro = 38,82 Euro) für die Herstellung einer Schablone war berechtigt. In der vorliegenden Sondersituation, dass Implantationsorte von Brücken überspannt sind, die kurzfristig entfernt und sofort wieder eingegliedert werden müssen, ist die Verwendung von Einzelschablonen für jede Kieferhälfte plausibel. 73(19.) Die von der Beklagten vorgenommene Kürzung bei der Ziffer 8100 GOZ (15,76 Euro) war nicht berechtigt. Mit Schriftsatz vom 24.11.2014 hat die Beklagte bereits erklärt, dass sie die Leistung anerkennt. 74(20.) Der zweimalige Ansatz der Ziffer 8080 GOZ (2 x 32,34 Euro) war nicht zulässig. Die Ziffer hätte vielmehr nur einmal für den 21.11.2013 in Rechnung gestellt werden dürfen, so dass die Kürzung in Höhe von 32,34 Euro berechtigt war. In den Behandlungsunterlagen finden sich keine Angaben, aus denen sich die medizinische Notwendigkeit der zweimaligen Berechnung der vorgenannten Ziffer ergibt. 75(21.) Die Kürzung für die Ziffer 9000 GOZ (164,07 Euro) war nicht berechtigt. In der Sitzung vom 28.11.2013 wurde ein Implantat im Oberkiefer (24) und eins im Unterkiefer (36) inseriert. Daher konnte die Ziffer 9000 GOZ zweimal berechnet werden. 76Zusammenfassung: 77Im Ergebnis war die Beklagte demnach berechtigt, die Rechnung vom 19.12.2013 um 610,33 Euro zu kürzen. In Höhe von 825,35 Euro war die Kürzung unberechtigt. 78Rechnung vom 24.02.2014: 79(1.) Der Ansatz der Ziffer 2681 analog GOÄ (46,62 Euro) war berechtigt. Die Berechnung der Ziffer erfolgte als falladäquate, plausibel indizierte, tatsächlich erfolgte und zutreffend berechnungsfähige Leistung. Der Patient konnte wegen offenkundiger Gelenkveränderungen infolge einseitiger Gelenkkompression links seine richtige Bisslage nicht mehr einnehmen. 80(2.) Die Ziffer 5170 GOZ durfte für den 04.02.2014 dreimal in Rechnung gestellt werden. Die Beklagte war demnach nicht dazu berechtigt, die Ziffer 5170 GOZ (35,15 Euro) einmal zu kürzen. Die von dem behandelnden Zahnarzt durchgeführten Leistungen sprechen für ein deutlich gehobenes Qualitäts- und Präzisionsniveau. 81(3.) Die von der Beklagten vorgenommene Kürzung für die Ziffer 0723 des Fremdlaborbelegs (26,89 Euro = 25,13 Euro zzgl. MwSt.) des Labors H.H. war nicht berechtigt. Die hier erfolgte Farbbestimmung durch den Zahntechniker auf Anforderung des Zahnarztes stellt eine medizinisch notwendige Leistung dar. Die Vielfalt an Nuancen der Form, Struktur und Farben erfordert insbesondere bei gut sichtbaren Zähnen, wie im vorliegenden Fall, ein möglichst unauffälliges Einordnen des Ersatzzahnes durch zahntechnische Leistungen. 82(4.) Der Ansatz der Ziffer 4005 analog GOZ (10,35 Euro) war zulässig. Die Analogberechnung ist in angemessener Höhe für eine zweifelsfrei selbständige, nicht mehr in der GOZ enthaltene Leistung (Periotestmessung) erfolgt, die hier als indiziert angesehen werden kann, da die Einheilung der Implantate mit Problemen verbunden war. 83(5.) Der Ansatz der Nummern 2309 und 2310 in dem Eigenlaborbeleg vom 19.02.2014 (63,63 Euro = 17,52 Euro + 41,94 Euro zzgl. MwSt.) war nicht zulässig. Es gibt intraoral keinen Anlass für die Berechnung einer zahntechnischen Leistung. Der Zahntechniker hat dort keine Wirkungsbefugnis. Bei der Innenraumversiegelung eines Implantats erfolgt keine zahntechnische Leistung, sondern eine zahnärztliche. 84(6.) Der Ansatz der Ziffer 2130 GOZ (13,45 Euro) für den Zahn 43 war zulässig. Die Leistungen nach den Ziffern 2200, 2210, 2220 GOZ haben mit der Rekonstruktionsleistung nach Ziffer 2130 GOZ am Zahn 43 nichts zu tun, so dass die Ziffern nebeneinander stehen können. Die Behandlungsunterlagen sprechen für eine medizinisch notwendige Leistung, die mit der Ziffer 2130 GOZ abgerechnet werden durfte. 85(7.) Die von der Beklagten vorgenommene Kürzung für die Nr. 0706 des Eigenlaborbelegs für den 04.02.2014 (Fotodokumentation) in Höhe von 14,12 Euro war berechtigt. Es ist nicht erkennbar, wozu die Fotos für die Zusammenarbeit mit dem Zahntechniker dienlich sein könnten. 86Zusammenfassung: 87Im Ergebnis war die Beklagte demnach berechtigt, die Rechnung vom 24.02.2014 um 77,75 Euro zu kürzen. In Höhe von 132,46 Euro war die Kürzung unberechtigt. 88Rechnung vom 24.06.2014: 89(1.) Die von der Beklagten vorgenommene einmalige Kürzung für die Ziffer 8080 GOZ (32,34 Euro) war berechtigt. Der Sachverständige konnte den Behandlungsunterlagen nicht entnommen werden, welche konkreten diagnostischen Maßnahmen tatsächlich erfolgt sind. Er konnte somit nicht feststellen, wie oft die Ziffer 8080 GOZ am 26.05.2014 berechnet werden durfte. 90(2.) Der Ansatz der Ziffer 2681 analog GOÄ (46,62 Euro) war zulässig. Die Berechnung der Ziffer erfolgte als falladäquate, plausibel indizierte, tatsächlich erfolgte und zutreffend berechnungsfähige Leistung. 91(3.) Der Ansatz der Nummer 2908 in dem Fremdlaborbeleg H.H. (199,16 Euro = 186,13 Euro zzgl. MwSt.) war zulässig. Das individuelle Charakterisieren umfasst u.a. die Bestimmung von Oberflächenform, -textur und –struktur, von Irregularitäten und Oberflächenveränderungen. Diese Leistung kommt zu der korrekten Farbbestimmung hinzu und ist für das möglichst unauffällige Einordnen der Ersatzzähne als zahntechnische Leistung medizinisch notwendig. 92(4.) Der Ansatz der Nummer 0723 in dem Fremdlaborbeleg H.H. (26,89 Euro = 25,13 Euro zzgl. MwSt.) war zulässig. Die hier erfolgte Farbbestimmung durch den Zahntechniker auf Anforderung des Zahnarztes stellt eine medizinisch notwendige Leistung dar. Die Vielfalt an Nuancen der Form, Struktur und Farben erfordert insbesondere bei gut sichtbaren Zähnen, wie im vorliegenden Fall, ein möglichst unauffälliges Einordnen des Ersatzzahnes durch zahntechnische Leistungen. 93Zusammenfassung: 94Im Ergebnis war die Beklagte demnach berechtigt, die Rechnung vom 24.06.2014 um 32,34 Euro zu kürzen. In Höhe von 272,67 Euro war die Kürzung unberechtigt. 95II. 96Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 473,62 Euro nebst Zinsen. Diese wären nur unter den Gesichtspunkt des Verzuges (§§ 280 Abs. 1 und 2, 286 BGB) erstattungsfähig. Das Gericht ist nicht überzeugt davon, dass sich die Beklagte bereits zum Zeitpunkt der erstmaligen vorgerichtlichen Tätigkeit der Prozessbevollmächtigten des Klägers in Verzug befand. Dieser wurde erst durch die Schreiben der Prozessbevollmächtigten begründet. Der Kläger hat, trotz mehrerer richterlicher Hinweise nicht substantiiert vorgetragen worden, dass und in welcher Form der Kläger die Beklagte selbst gemahnt und ihr eine Frist zur Zahlung gesetzt hat. Die Mahnung war vorliegend auch nicht entbehrlich. Die Beklagte hat bis zum Tätigwerden der Prozessbevollmächtigten die Leistung nicht ernsthaft und endgültig verweigert (§ 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB). 97III. 98Der Anspruch auf Zahlung von Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 2.709,51 Euro seit Rechtshängigkeit, d.h. ab dem 15.07.2014, ergibt sich aus §§ 291 S. 1 und 2, 288 Abs. 1 S. 2 BGB. 99IV. 100Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 1 S. 1, 708 Nr. 11 Alt. 2, 711 S. 1 und 2, 709 S. 1 und 2 ZPO. 101Streitwert: 102Zunächst: 3.153,32 Euro 103Ab dem 23.09.2014: 3.698,19 Euro 104Rechtsbehelfsbelehrung: 105Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist, 1061. wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder 1072. wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht zugelassen worden ist. 108Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Landgericht Köln, Luxemburger Str. 101, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten. 109Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Landgericht Köln zu begründen. 110Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Köln durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein. 111Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden. 112Gegen die Streitwertfestsetzung ist die Beschwerde an das Amtsgericht Köln statthaft, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteigt oder das Amtsgericht die Beschwerde zugelassen hat. Die Beschwerde ist spätestens innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, bei dem Amtsgericht Köln, Luxemburger Str. 101, 50939 Köln, schriftlich in deutscher Sprache oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Die Beschwerde kann auch zur Niederschrift der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichtes abgegeben werden. 113Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann die Beschwerde noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. 114 Köln, 10.11.2015Amtsgericht
die beklagte wird verurteilt, an den kläger einen betrag in höhe von 2.709,51 euro nebst zinsen in höhe von 5 prozentpunkten über dem basiszinssatz seit dem 15.07.2014 zu zahlen. im übrigen wird die klage abgewiesen. von den kosten des rechtsstreits tragen der kläger 27% und die beklagte 73%. das urteil ist vorläufig vollstreckbar, für den kläger jedoch nur gegen leistung einer sicherheit in höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden betrages. der kläger kann die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe von 110 % des auf grund des urteils vollstreckbaren betrages abwenden, wenn nicht die beklagte vor der vollstreckung sicherheit leistet in höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden betrages. 1
2der kläger unterhielt im streitgegenständlichen zeitraum bei der beklagten eine krankheitskostenversicherung nach dem tarif cv3h250 (versicherungsnummer: 000/000000000). die erstattung von aufwendungen von zahnbehandlungen ist wie folgt geregelt (ziffer 1.3 und 2.1 des tarifblattes): 3 zahnbehandlung (außer zahnkronen aller art und inlays) sowie prophylaktische leitungen : 100% 4 zahnersatz, zahnkronen aller art, inlays sowie zahn- und kieferregulierung einschließlich des zahnärztlichen honorars für diese maßnahmen: 75% 5bei dem kläger wurde in den jahren 2012 bis 2014 eine umfangreiche implantologische und prothetische zahnmedizinische behandlung in der praxis dr. c.c. in köln durchgeführt. die behandlung wurde wie folgt abgerechnet: 6 rechnung dr.c. vom 20.12.2012: 5.374,58 euro 7 rechnung dr.c. vom 26.06.2013: 13.880,26 euro 8 rechnung dr.c. vom 19.12.2013: 15.914,87 euro 9 rechnung dr.c. vom 24.02.2014: 5.781,58 euro 10 rechnung dr.c. vom 24.06.2014: 11.651,60 euro 11die beklagte hat auf die vorgenannten rechnungen die folgenden zahlungen an den kläger erbracht: 12 rechnung dr.c. vom 20.12.2012: 4.979,51 euro 13 rechnung dr.c. vom 26.06.2013: 10.779,26 euro 14 rechnung dr.c. vom 19.12.2013: 11.471,03 euro 15 rechnung dr.c. vom 24.02.2014: 4.108,44 euro 16 rechnung dr.c. vom 24.06.2014: 8.817,87 euro 17wegen der einzelnen kürzungen, die die beklagte vorgenommen hat, wird auf den von den parteien vorgelegten vorgerichtlichen schriftverkehr, die leistungsabrechnungen und die schriftsätze nebst anlagen bezug genommen. 18mit der vorliegenden klage begehrt der kläger von der beklagten die zahlung der differenz zwischen dem bereits erstatteten betrag und dem betrag, der nach dem vereinbarten tarif bei vollständiger regulierung nach seiner ansicht zu erstatten wäre, insgesamt einen betrag in höhe von 3.698,19 euro. dieser betrag setzt sich wie folgt zusammen: 19 rechnung dr.c. vom 20.12.2012: 241,67 euro 20 rechnung dr.c. vom 26.06.2013: 1.075,93 euro 21 rechnung dr.c. vom 19.12.2013: 1.513,19 euro 22 rechnung dr.c. vom 24.02.2014: 322,53 euro 23 rechnung dr.c. vom 24.06.2014: 544,87 euro 24die prozessbevollmächtigten des klägers forderten die beklagte vorgerichtlich zur zahlung des nunmehr klageweise geltend gemachten betrages auf. 25der kläger begehrt mit der vorliegenden klage darüber hinaus vorgerichtliche rechtsanwaltskosten in höhe von 473,62 euro, die sich aus einer 1,5-geschäftsgebühr aus einem gegenstandswert von 3.304,12 euro sowie der pauschale und der umsatzsteuer zusammensetzen. 26der kläger ist der ansicht, dass die behandlung insgesamt medizinisch notwendig war. dies gelte insbesondere für die implantate in regio 17 und 47. im oberkiefer müssten aus statischen gründen zwei implantate in regio 16 und 17 eingesetzt werden, da die verankerung einer implantatgetragenen brücke auf nur einem implantat langfristig zu instabil sei. zur wahrung der stabilität der bezahnung des gegenkiefers sei dann auch die insertaion eines implantats in regio 47 notwendig. 27der kläger hat mit der am 15.07.2014 zugestellten klage zunächst beantragt, die beklagte zur zahlung von insgesamt 3.153,32 euro sowie nebenforderungen zu verurteilen. mit dem schriftsatz vom 22.09.2015 beantragt der kläger nunmehr, 281. die beklagte zu verurteilen, an ihn einen betrag in höhe von 3.698,19 euro nebst zinsen in höhe von 5 prozentpunkten über dem basiszinssatz aus einem betrag in höhe von 3.153,32 euro seit rechtshängigkeit sowie aus einem weiteren betrag in höhe von 544,87 seit dem 23.09.2014 zu zahlen. 292. die beklagte zu verurteilen, an ihn außergerichtliche kosten in höhe von 473,62 euro nebst zinsen in höhe von 5 prozentpunkten über dem basiszinssatz seit rechtshängigkeit zu zahlen. 30die beklagte beantragt, 31 die klage abzuweisen. 32sie ist der ansicht, dass die implantate in regio 17 und 47 nicht medizinisch notwendig waren, da laut den indikationsklassen der implantologischen berufsverbände keine notwendigkeit besteht, die fehlenden zähne 17 und 47 durch implantate zu ersetzen. zudem liege im linken oberkiefer - was unstreitig ist - ebenfalls keine versorgung in der regio 7 vor. 33im übrigen wird auf die schriftsätze nebst anlagen bezug genommen. 34das gericht hat beweis erhoben gemäß der beweisbeschlüsse vom 27.11.2014 und vom 03.07.2015 durch einholung eines sachverständigengutachtens nebst ergänzungsgutachten. auf die gutachten des sachverständigen dr. f.f. vom 13.04.2015 und 30.08.2015 wird insoweit vollumgänglich bezug genommen. 35
36die zulässige klage hat teilweise erfolg. 37i. 38der kläger hat gegen die beklagte auf grund des zwischen den parteien bestehenden krankenversicherungsvertrages i.v.m. § 192 abs. 1 vvg einen anspruch auf zahlung von 2.709,51 euro. 39die beklagte ist dazu verpflichtet, im vertraglich vereinbarten umfang die aufwendungen für eine medizinisch notwendige heilbehandlung zu erstatten. die notwendigkeit bestimmt sich nach objektiven kriterien. nach der ständigen höchstrichterlichen rechtsprechung ist eine heilbehandlung dann als medizinisch notwendig i.s.d. § 192 abs. 1 vvg anzusehen, wenn es nach den objektiven medizinischen befunden und erkenntnissen im zeitpunkt der vornahme der ärztlichen behandlung vertretbar war, sie als notwendig anzusehen (prölss/martin, vvg, 28. aufl., § 192, rn. 61 m.w.n.). mit dem begriff der medizinischen notwendigkeit einer heilbehandlung wird - für den durchschnittlichen versicherungsnehmer erkennbar - zur bestimmung des versicherungsfalles ein objektiver, vom vertrag zwischen arzt und patient unabhängiger maßstab eingeführt. insoweit hängt die beurteilung nicht allein von der auffassung des versicherungsnehmers oder des ihn behandelnden arztes ab, sondern von den objektiven medizinischen befunden und erkenntnissen im zeitpunkt der vornahme der behandlung. steht danach die eignung einer behandlung, eine krankheit zu heilen oder zu lindern, nach medizinischen erkenntnissen fest, folgt daraus grundsätzlich auch die eintrittspflicht des versicherers. medizinisch notwendig kann eine behandlung aber auch dann sein, wenn ihr erfolg nicht sicher vorhersehbar ist. es genügt insoweit, wenn die medizinischen befunde und erkenntnisse es im zeitpunkt der behandlung vertretbar erscheinen lassen, die behandlung als notwendig anzusehen. ob dies der fall ist, kann nur anhand der im einzelfall maßgeblichen objektiven gesichtspunkte mit rücksicht auf die besonderheiten der jeweiligen erkrankung und der auf sie bezogenen heilbehandlung bestimmt werden (vgl. bgh, versr 2005, 1673 ff.). 40das gericht ist nach durchführung der beweisaufnahme davon überzeugt, dass die beklagte dazu verpflichtet ist, dem kläger auf die vorgenannten rechnungen weitere 2.709,51 euro zu erstatten. die kürzung durch die beklagte war nur in höhe von insgesamt 988,68 euro berechtigt. im übrigen war die kürzung unberechtigt, da es sich bei den betroffenen positionen um medizinisch notwendige teilschritte der durchgeführten heilbehandlung handelt. die gutachten des sachverständigen dr. f. - die bis auf eine position im ergebnis von beiden parteien akzeptiert worden sind - überzeugen das gericht vollumfänglich. die beweisaufnahme hat bezüglich der streitigen positionen zu den folgenden ergebnissen geführt: 41rechnung vom 20.12.2012: 42die auf dem eigenlaborbeleg (nr. 0707) ausgewiesenen kosten für eine fotodokumentation ausgewiesenen kosten in höhe von 15,10 euro sind nicht erstattungsfähig. der behandlungsdokumentation kann nicht entnommen werden, wozu die fotos konkret bei der zusammenarbeit mit dem zahntechniker dienlich waren. der sachverständige hat darüber hinaus darauf hingewiesen, dass es sich um eine fotodokumentation und nicht um diagnostische fotos handelt. die fotos dienten demnach der praxisinternen dokumentation der behandlung. 43zusammenfassung: 44im ergebnis war die beklagte demnach berechtigt, die rechnung vom 20.12.2012 um 15,10 euro zu kürzen 45rechnung vom 26.06.2013: 46(1.) die ziffer 2220 analog goz (127,88 euro) durfte für den 15.01.2013 für die rekonstruktion am zahn 15 nicht berechnet werden, da die durchgeführte tätigkeit mit der analogberechnung der vorgenannten ziffer nicht richtig abgebildet wird. die von der beklagten vorgenommene kürzung war demnach berechtigt. 47(2.) vorliegend durfte die ziffer 2681analog goä (46,62 euro) für die erfolgte „manipulation des unterkiefers“ berechnet werden, da es von der tätigkeit her der leistungsbeschreibung der ziffer 2681analog goä („einrenkung der alten luxation des kiefergelenks“) entspricht. es handelt sich um eine falladäquate, plausibel indizierte und gemäß den unterlagen auch tatsächlich erfolgte berechnungsfähige leistung. die von der beklagten vorgenommene kürzung war demnach nicht berechtigt. 48(3.) die einmalige kürzung der rechnung um die ziffer 9010 goz (304,13 euro) war nicht berechtigt. angesichts der verringerten knochenmenge und knochenqualität im unterkiefer hätte ein einziges implantat in regio 46 ziemlich sicher zu einer baldigen überlastung geführt. eine auf zwei implantaten getragene brücke, welche die kaulast von drei zähnen zu tragen hätte, wäre auf dauer zu instabil gewesen. das zusätzliche implantat in regio 47 war demnach medizinisch notwendig. 49(4.) die von der beklagten vorgenommene einmalige kürzung der rechnung um die ziffer 9150 goz (125,28 euro) war berechtigt. die ziffer 9150 kann nur einmal je kieferhälfte berechnet werden und damit nicht - wie vorliegend erfolgt - jeweils einmal für die regionen 47 und 46, da diese unmittelbar benachbart sind. eine abrechnung der vorgenannten ziffer je tatsächlich versorgter zahnregion ist nicht zulässig. 50(5.) die berechnung der ziffer 7000 analog goz (12,94 euro) am 07.03.2013 in regio 46-47 für die herstellung der schablone war zulässig. die ziffer 7000 analog goz kann neben ziffer 9003 goz berechnet werden, da diese ziffer das „verwenden einer orientierungsschablone / positionierungsschablone zur implantation“ zum gegenstand hat. der begriff „verwenden“ inkludiert nicht notwendig das „erstellen“ der schablone. die von der beklagten vorgenommene kürzung war demnach nicht berechtigt. 51(6.) der ansatz von material- und laborkosten im zusammenhang mit dem implantat in regio 47 (258,18 euro) war zulässig. das implantat in regio 47 war – wie bereits ausgeführt - medizinisch notwendig und damit auch die im zusammenhang damit stehenden material- und laborkosten. die von der beklagten vorgenommene kürzung war demnach nicht berechtigt. 52zusammenfassung: 53im ergebnis war die beklagte demnach berechtigt, die rechnung vom 26.06.2013 um 253,16 euro zu kürzen. in höhe von 621,87 euro war die kürzung unberechtigt. 54rechnung vom 19.12.2013: 55(1.) die dreimalige berechnung der ziffer 2040 analog goz (3 x 8,41euro = 25,23 euro) für den optragate-lippenschutz war nicht berechtigt. das anlegen einer lippen offen haltenden und schützenden vorrichtung ist eine unselbständige hilfsleistung. die maßnahme ist bereits gemäß § 4 abs. 3 goz („anwendung von instrumenten und apparaten“) abgegolten. 56(2.) die von der beklagten vorgenommene kürzung der ziffer 2382 goä (129,21 euro) war berechtigt. die mit dieser ziffer berechnete behandlung („schwierige hautlappenplastik oder spalthauttransplantation“) wurde so wie angegeben sicher nicht durchgeführt. eine indikation für eine schleimhautplastik ist nicht ersichtlich. 57(3.) der ansatz der ziffer 443 goä (43,72 euro) war nicht zulässig, da es sich um einen gebührentechnischen zuschlag zur leistung nach ziffer 2382 goä bei ambulanter durchführung dieser op handelt. da der ansatz der ziffer 2382 goä nicht berechtigt war, kann auch der zuschlag nicht verlangt werden. 58(4.) im hinblick auf den ansatz der ziffer 6220 goz (35,43 euro = 3,5 x 10,12 euro), war die von der beklagten vorgenommene kürzung zum teil berechtigt. die leistung ist grundsätzlich zutreffend für die abformung und bissfixierung eines arbeitsmodells als vorbereitende maßnahme angesetzt. sie kann jedoch nur zum 2,3-fachen (23,28 euro) und nicht zum 3,5-fachen (35,43 euro) satz berechnet werden. es durfte demnach eine kürzung in höhe der differenz (12,15 euro) vorgenommen werden. 59(5.) im hinblick auf den ansatz der ziffer 6230 goz (35,43 euro = 3,5 x 10,12 euro), war die von der beklagten vorgenommene kürzung zum teil berechtigt. die leistung ist grundsätzlich zutreffend für das einkleben oder einbinden eines teilinnenbogens aus draht angesetzt. sie kann jedoch nur zum 2,3-fachen (23,28 euro) und nicht zum 3,5-fachen (35,43 euro) satz berechnet werden. es durfte demnach eine kürzung in höhe der differenz (12,15 euro) vorgenommen werden. 60(6.) die von der beklagten vorgenommene kürzung für die ziffer 6260 goz (216,53 euro) war berechtigt, da die mit dieser ziffer berechnete kieferorthopädische einordnung eines zahnes in den zahnbogen nicht erfolgte. 61(7.) die ziffer 2697goä (46,92 euro) wurde zutreffend für das anbringen eines drahthäkchens o.ä. in den rest von zahn 14 in ansatz gebracht. die von dem beklagten vorgenommene kürzung war nicht berechtigt. 62(8.) die ziffer 6210 goz (2 x 11,64 euro = 23,28 euro) wurde zutreffend zweimal für die kontrolle des behandlungsverlaufs angesetzt. die von dem beklagten vorgenommene kürzung war nicht berechtigt. 63(9.) die kürzung für die ziffer 2030 goz (8,41 euro) war nicht berechtigt. die leistung wurde nach den überzeugenden ausführungen des sachverständigen zutreffend angesetzt, wenngleich sie nicht eindeutig dokumentiert worden ist. 64(10.) der ansatz der ziffer 2702 goä (40,23 euro) für das wiederanbringen einer gelösten apparatur war berechtigt, wenngleich sie nicht eindeutig dokumentiert worden ist. die von dem beklagten vorgenommene kürzung war somit nicht berechtigt. 65(11.) die dreimalige berechnung der ziffer 2040 goz („anlegen von spanngummi, je kieferhälfte oder frontzahnbereich“) für den 12.11.2013 war nicht zulässig. die ziffer 2040 goz hätte nur zweimal in ansatz gebracht werden dürfen, so dass die kürzung um 11,33 euro berechtigt war. in einem fall ist die leistung nämlich weder hinreichend dokumentiert noch anhand der röntgenbilder zahnmedizinisch plausibel nachvollziehbar. 66(12.) die von der beklagten vorgenommene zweimalige kürzung der ziffer 2170 analog goz (2 x 182,62 euro = 365,24 euro) war nicht berechtigt. die ziffer 2170 analog goz konnte jeweils für die zähne 37 und 35 für den präendodontischen aufbau berechnet werden. der ansatz mit dem 1,9-fachen satz ist zutreffend und angemessen. 67(13.) der zweimalige ansatz der ziffer 2410 analog goz (66,14 euro + 33,07 euro = 99,21 euro) für die zähne 35 und 37 war nicht berechtigt. die ziffer 2410 goz konnte nicht zweimal analog berechnet werden. aus den aufzeichnungen ergibt sich kein hinweis auf die tatsächlich erbrachte leistungsausprägung der ziffer 2410 analog goz. im ergebnis war die von der beklagten vorgenommene kürzung in höhe von 99,21 euro demnach zulässig. 68(14.) die zweimalige kürzung der ziffer 2330 analog goz (2 x 14,23 euro = 28,46 euro) war berechtigt. die berechnete analogleistung für das anfärben zur kariesdiagnostik ist nach kosten- und zeitaufwand in relation zur hauptleistung nach ziffer 2330 goz nicht gleichwertig. 69(15.) der ansatz der ziffer 2681 analog goä (46,62 euro) für die einrenkung der alten luxation des unterkiefers war zulässig. die berechnung der ziffer erfolgte als falladäquate, plausibel indizierte, tatsächlich erfolgte und zutreffend berechnungsfähige leistung. der patient konnte wegen offenkundiger gelenkveränderungen infolge einseitiger gelenkkompression links seine richtige bisslage nicht mehr einnehmen. 70(16.) die von der beklagten vorgenommene zweifache kürzung der ziffer 250 goä (2 x 5,36 euro = 10,72 euro) war nicht berechtigt. das blut zur durchfeuchtung des augmentats wurde aus einer vene entnommen und diese leistung wurde zutreffend zweimal mit der ziffer 250 goä berechnet. es muss sich dabei um unkontaminiertes blut handeln, nicht um aufgesaugtes sickerblut aus der mundhöhle. 71(17.) die von der beklagten vorgenommene zweifache kürzung der ziffer 253 goä (2 x 9,38 euro = 18,76 euro) war nicht berechtigt. in beiden implantationssitzungen erhielt der patient ein entzündungshemmendes kortisonpräparat (urbason), welches intravenös injiziert wurde. 72(18.) der dreifache ansatz der ziffer 7000 analog goz (3 x 12,94 euro = 38,82 euro) für die herstellung einer schablone war berechtigt. in der vorliegenden sondersituation, dass implantationsorte von brücken überspannt sind, die kurzfristig entfernt und sofort wieder eingegliedert werden müssen, ist die verwendung von einzelschablonen für jede kieferhälfte plausibel. 73(19.) die von der beklagten vorgenommene kürzung bei der ziffer 8100 goz (15,76 euro) war nicht berechtigt. mit schriftsatz vom 24.11.2014 hat die beklagte bereits erklärt, dass sie die leistung anerkennt. 74(20.) der zweimalige ansatz der ziffer 8080 goz (2 x 32,34 euro) war nicht zulässig. die ziffer hätte vielmehr nur einmal für den 21.11.2013 in rechnung gestellt werden dürfen, so dass die kürzung in höhe von 32,34 euro berechtigt war. in den behandlungsunterlagen finden sich keine angaben, aus denen sich die medizinische notwendigkeit der zweimaligen berechnung der vorgenannten ziffer ergibt. 75(21.) die kürzung für die ziffer 9000 goz (164,07 euro) war nicht berechtigt. in der sitzung vom 28.11.2013 wurde ein implantat im oberkiefer (24) und eins im unterkiefer (36) inseriert. daher konnte die ziffer 9000 goz zweimal berechnet werden. 76zusammenfassung: 77im ergebnis war die beklagte demnach berechtigt, die rechnung vom 19.12.2013 um 610,33 euro zu kürzen. in höhe von 825,35 euro war die kürzung unberechtigt. 78rechnung vom 24.02.2014: 79(1.) der ansatz der ziffer 2681 analog goä (46,62 euro) war berechtigt. die berechnung der ziffer erfolgte als falladäquate, plausibel indizierte, tatsächlich erfolgte und zutreffend berechnungsfähige leistung. der patient konnte wegen offenkundiger gelenkveränderungen infolge einseitiger gelenkkompression links seine richtige bisslage nicht mehr einnehmen. 80(2.) die ziffer 5170 goz durfte für den 04.02.2014 dreimal in rechnung gestellt werden. die beklagte war demnach nicht dazu berechtigt, die ziffer 5170 goz (35,15 euro) einmal zu kürzen. die von dem behandelnden zahnarzt durchgeführten leistungen sprechen für ein deutlich gehobenes qualitäts- und präzisionsniveau. 81(3.) die von der beklagten vorgenommene kürzung für die ziffer 0723 des fremdlaborbelegs (26,89 euro = 25,13 euro zzgl. mwst.) des labors h.h. war nicht berechtigt. die hier erfolgte farbbestimmung durch den zahntechniker auf anforderung des zahnarztes stellt eine medizinisch notwendige leistung dar. die vielfalt an nuancen der form, struktur und farben erfordert insbesondere bei gut sichtbaren zähnen, wie im vorliegenden fall, ein möglichst unauffälliges einordnen des ersatzzahnes durch zahntechnische leistungen. 82(4.) der ansatz der ziffer 4005 analog goz (10,35 euro) war zulässig. die analogberechnung ist in angemessener höhe für eine zweifelsfrei selbständige, nicht mehr in der goz enthaltene leistung (periotestmessung) erfolgt, die hier als indiziert angesehen werden kann, da die einheilung der implantate mit problemen verbunden war. 83(5.) der ansatz der nummern 2309 und 2310 in dem eigenlaborbeleg vom 19.02.2014 (63,63 euro = 17,52 euro + 41,94 euro zzgl. mwst.) war nicht zulässig. es gibt intraoral keinen anlass für die berechnung einer zahntechnischen leistung. der zahntechniker hat dort keine wirkungsbefugnis. bei der innenraumversiegelung eines implantats erfolgt keine zahntechnische leistung, sondern eine zahnärztliche. 84(6.) der ansatz der ziffer 2130 goz (13,45 euro) für den zahn 43 war zulässig. die leistungen nach den ziffern 2200, 2210, 2220 goz haben mit der rekonstruktionsleistung nach ziffer 2130 goz am zahn 43 nichts zu tun, so dass die ziffern nebeneinander stehen können. die behandlungsunterlagen sprechen für eine medizinisch notwendige leistung, die mit der ziffer 2130 goz abgerechnet werden durfte. 85(7.) die von der beklagten vorgenommene kürzung für die nr. 0706 des eigenlaborbelegs für den 04.02.2014 (fotodokumentation) in höhe von 14,12 euro war berechtigt. es ist nicht erkennbar, wozu die fotos für die zusammenarbeit mit dem zahntechniker dienlich sein könnten. 86zusammenfassung: 87im ergebnis war die beklagte demnach berechtigt, die rechnung vom 24.02.2014 um 77,75 euro zu kürzen. in höhe von 132,46 euro war die kürzung unberechtigt. 88rechnung vom 24.06.2014: 89(1.) die von der beklagten vorgenommene einmalige kürzung für die ziffer 8080 goz (32,34 euro) war berechtigt. der sachverständige konnte den behandlungsunterlagen nicht entnommen werden, welche konkreten diagnostischen maßnahmen tatsächlich erfolgt sind. er konnte somit nicht feststellen, wie oft die ziffer 8080 goz am 26.05.2014 berechnet werden durfte. 90(2.) der ansatz der ziffer 2681 analog goä (46,62 euro) war zulässig. die berechnung der ziffer erfolgte als falladäquate, plausibel indizierte, tatsächlich erfolgte und zutreffend berechnungsfähige leistung. 91(3.) der ansatz der nummer 2908 in dem fremdlaborbeleg h.h. (199,16 euro = 186,13 euro zzgl. mwst.) war zulässig. das individuelle charakterisieren umfasst u.a. die bestimmung von oberflächenform, -textur und –struktur, von irregularitäten und oberflächenveränderungen. diese leistung kommt zu der korrekten farbbestimmung hinzu und ist für das möglichst unauffällige einordnen der ersatzzähne als zahntechnische leistung medizinisch notwendig. 92(4.) der ansatz der nummer 0723 in dem fremdlaborbeleg h.h. (26,89 euro = 25,13 euro zzgl. mwst.) war zulässig. die hier erfolgte farbbestimmung durch den zahntechniker auf anforderung des zahnarztes stellt eine medizinisch notwendige leistung dar. die vielfalt an nuancen der form, struktur und farben erfordert insbesondere bei gut sichtbaren zähnen, wie im vorliegenden fall, ein möglichst unauffälliges einordnen des ersatzzahnes durch zahntechnische leistungen. 93zusammenfassung: 94im ergebnis war die beklagte demnach berechtigt, die rechnung vom 24.06.2014 um 32,34 euro zu kürzen. in höhe von 272,67 euro war die kürzung unberechtigt. 95ii. 96der kläger hat gegen die beklagte keinen anspruch auf zahlung von vorgerichtlichen rechtsanwaltskosten in höhe von 473,62 euro nebst zinsen. diese wären nur unter den gesichtspunkt des verzuges (§§ 280 abs. 1 und 2, 286 bgb) erstattungsfähig. das gericht ist nicht überzeugt davon, dass sich die beklagte bereits zum zeitpunkt der erstmaligen vorgerichtlichen tätigkeit der prozessbevollmächtigten des klägers in verzug befand. dieser wurde erst durch die schreiben der prozessbevollmächtigten begründet. der kläger hat, trotz mehrerer richterlicher hinweise nicht substantiiert vorgetragen worden, dass und in welcher form der kläger die beklagte selbst gemahnt und ihr eine frist zur zahlung gesetzt hat. die mahnung war vorliegend auch nicht entbehrlich. die beklagte hat bis zum tätigwerden der prozessbevollmächtigten die leistung nicht ernsthaft und endgültig verweigert (§ 286 abs. 2 nr. 3 bgb). 97iii. 98der anspruch auf zahlung von zinsen in höhe von 5 prozentpunkten über dem basiszinssatz aus 2.709,51 euro seit rechtshängigkeit, d.h. ab dem 15.07.2014, ergibt sich aus §§ 291 s. 1 und 2, 288 abs. 1 s. 2 bgb. 99iv. 100die nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 abs. 1 s. 1, 708 nr. 11 alt. 2, 711 s. 1 und 2, 709 s. 1 und 2 zpo. 101streitwert: 102zunächst: 3.153,32 euro 103ab dem 23.09.2014: 3.698,19 euro 104rechtsbehelfsbelehrung: 105gegen dieses urteil ist das rechtsmittel der berufung für jeden zulässig, der durch dieses urteil in seinen rechten benachteiligt ist, 1061. wenn der wert des beschwerdegegenstandes 600,00 eur übersteigt oder 1072. wenn die berufung in dem urteil durch das amtsgericht zugelassen worden ist. 108die berufung muss innerhalb einer notfrist von einem monat nach zustellung dieses urteils schriftlich bei dem landgericht köln, luxemburger str. 101, eingegangen sein. die berufungsschrift muss die bezeichnung des urteils, gegen das die berufung gerichtet wird, sowie die erklärung, dass gegen dieses urteil berufung eingelegt werde, enthalten. 109die berufung ist, sofern nicht bereits in der berufungsschrift erfolgt, binnen zwei monaten nach zustellung dieses urteils schriftlich gegenüber dem landgericht köln zu begründen. 110die parteien müssen sich vor dem landgericht köln durch einen rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die berufungs- und die berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein. 111mit der berufungsschrift soll eine ausfertigung oder beglaubigte abschrift des angefochtenen urteils vorgelegt werden. 112gegen die streitwertfestsetzung ist die beschwerde an das amtsgericht köln statthaft, wenn der wert des beschwerdegegenstandes 200,00 eur übersteigt oder das amtsgericht die beschwerde zugelassen hat. die beschwerde ist spätestens innerhalb von sechs monaten, nachdem die entscheidung in der hauptsache rechtskraft erlangt oder das verfahren sich anderweitig erledigt hat, bei dem amtsgericht köln, luxemburger str. 101, 50939 köln, schriftlich in deutscher sprache oder zur niederschrift des urkundsbeamten der geschäftsstelle einzulegen. die beschwerde kann auch zur niederschrift der geschäftsstelle eines jeden amtsgerichtes abgegeben werden. 113ist der streitwert später als einen monat vor ablauf dieser frist festgesetzt worden, so kann die beschwerde noch innerhalb eines monats nach zustellung oder formloser mitteilung des festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. 114 köln, 10.11.2015amtsgericht
Klaeger*in
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143,749
15 K 1252/14 U
2015-11-03T00:00:00
Urteil
Tenor Unter Änderung des Umsatzsteuerbescheides des Beklagten für 2013 vom 16.10.2014 wird die Umsatzsteuer auf ./. 165.842,11 € festgesetzt. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist wegen der Kosten ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Klägerin abwenden, soweit nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in derselben Höhe leistet. Die Revision wird nicht zugelassen. 1Tatbestand: 2Streitig ist, ob der von der Stadt I (I.) im Streitjahr 2013 gegründeten und betriebenen Klägerin (Klin.) ein Vorsteuerabzug aus den bei der Errichtung einer Zweifeldsporthalle angefallenen Baukosten zusteht. 3Die Klin., deren Gründerin und alleinige Gesellschafterin die Stadt I. ist, wurde laut § 1 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrages vom 24.01.2013 mit der Firma „T GmbH“ gegründet. Die Präambel des Ergänzungsvertrags vom 11.04.2013 zum Gesellschaftsvertrag vom 24.01.2013 lautet auszugsweise: „Im Hinblick darauf, dass die Prüfung des Finanzamtes, ob Gemeinnützigkeit anerkannt wird oder nicht, längere Zeit in Anspruch nimmt und eine zeitnahe Eintragung gewünscht wird, gründen wir hiermit zunächst eine entsprechende Gesellschaft mit beschränkter Haftung ohne Gemeinnützigkeit, die nachbeantragt wird, sobald die Anerkennung durch das Finanzamt vorliegt.“ § 1 Abs. 1 in der Fassung des Gesellschaftsvertrages vom 11.04.2013 bestimmt: „Die Firma lautet: T GmbH.“ § 2 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrages in der Fassung vom 11.04.2013 regelt: „Gegenstand des Unternehmens ist die Erstellung und Betreibung von Sportstätten, die kostengünstig zur Verfügung gestellt werden und die Durchführung von sportlichen Veranstaltungen.“ § 5 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrags in der Fassung 11.04.2013, auf den wegen seiner weiteren Einzelheiten Bezug genommen wird, lautet: „Die Gesellschaft hat einen oder mehrere Geschäftsführer.“ § 5 Abs. 4 lautet: „Die Geschäftsführer werden von der Gesellschafterversammlung bestellt und abberufen.“ § 5 Abs. 5 lautet: „Die Befugnis der Geschäftsführung nach Abs.1 ist auf den gewöhnlichen laufenden Geschäftsverkehr beschränkt.“ 4Geschäftsführer der Klin. waren in 2013 die bei der Stadt I. tätigen Beamten D E und T P . Die Stadt I. bestellte beide Bediensteten durch gleichlautende Bestellungsschreiben vom 13.02.2013, auf die verwiesen wird, zu Geschäftsführern der Klin. Die Bestellungsschreiben lauten auszugsweise: „Wie Ihnen bereits mitgeteilt, werden Sie gemäß § 20 Abs. 1 Beamtenstatusgesetz mit Wirkung vom 24.01.2013 bis auf Widerruf der Gemeinnützigen T GmbH zur Wahrnehmung von Geschäftsführerfunktionen zugewiesen. Die Zuweisung erfolgt teilweise, d.h. mit dem Anteil ihrer Arbeitszeit, die für die Wahrnehmung der Geschäftsführerfunktionen erforderlich ist. Durch notarielle Niederschrift vom 24.01.2013 sind Sie neben Frau P (Herrn E ) zum alleinvertretungsberechtigten Geschäftsführer gemäß § 5 des Gesellschaftsvertrages (ohne Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB) bestellt worden. … Die Zuweisung hat auch dann Bestand, wenn sich Eigenschaften der Gesellschaft ändern (z.B. Wegfall der Gemeinnützigkeit). Ihre Rechtsstellung als Beamtin (Beamter) und das Ihnen übertragene Amt im Fachbereich… sind durch die Zuweisung nicht berührt. Dienstherrin bleibt die Stadt I , die die aus dem weiterhin bestehenden Beamtenverhältnis zu gewährende Besoldung zahlt. Dies gilt auch für die Zeitanteile der Geschäftsführertätigkeit, für die zusätzliche Bezüge nicht gezahlt werden. … Die Überwachung der Geschäftsführerfunktionen ergibt sich aus den §§ 6 Abs. 7 Buchst. j und 8 Abs. 1 Satz 4 des Gesellschaftsvertrages.“ 5Am 02.04.2013 schlossen die Stadt I. als Vermieter und die Gemeinnützige T GmbH i.G. als Mieter einen in Bezug genommenen Mietvertrag. Nach § 1 Abs. 2 in Verbindung mit § 2 Abs. 3 des Vertrages vermietet die Stadt I. an den Mieter eine Teilfläche von 3.448 qm von dem im Eigentum der Stadt I. stehenden Grundstück G1 zum Betrieb einer Sporthalle mit Umgriff. Das laut § 2 Abs. 1 des Vertrages am 01.04.2013 begonnene Mietverhältnis endet am 31.12.2024, sofern die Vertragspartner von der vereinbarten Verlängerungsmöglichkeit keinen Gebrauch machen. Nach § 5 Abs. 1 des Vertrages errichtet der Mieter auf dem Grundstück eine Sporthalle, nachdem der Vermieter dem Bauvorhaben zugestimmt hat sowie alle fachlichen Voraussetzungen und Genehmigungen vorliegen. 6Ab 2013 bebaute die Klin. das Mietgrundstück mit einer nach Fertigstellung im Juni 2014 in Betrieb genommenen Zweifeldsporthalle mit Betriebsvorrichtungen zur Ausübung verschiedener Sportarten. Die Klin. überließ in 2014 die Sporthalle an 6 Vereine bzw. Verbände auf der Grundlage der wegen ihrer Einzelheiten in Bezug genommenen, von der Klin. laut dem Vermerk im Kopf „als Betreiber der Sporthalle“ aufgestellten Benutzungs- und Entgeltordnung (Benutzungsordnung) vom 01.01.2013. § 2 lautet unter der Überschrift „Überlassung der Einrichtung“ auszugsweise: „(1) Die Benutzung der Sporthallen bedarf der Erlaubnis. (2) Der Betreiber entscheidet nach billigem Ermessen, wenn mehrere Benutzungsanträge für den gleichen Zeitraum vorliegen, oder wenn durch einen solchen Antrag eine bereits feststehende Belegung oder ein anderer wichtiger Termin im Stadtgebiet berührt wird. Veranstaltungen der Stadt haben in jedem Fall Vorrang. (3) Der Betreiber kann die Überlassung der Halle widerrufen, wenn wichtige Gründe dies erfordern, ohne dass dadurch ein Anspruch auf Schadensersatz entsteht. Im letzteren Falle wird der betroffene Benutzer durch den Betreiber unverzüglich benachrichtigt.“ § 3 lautet unter der Überschrift „Ordnung“ auszugsweise: (1) Der Hausmeister übt das Hausrecht aus. Seinen Anordnungen ist in jedem Falle Folge zu leisten. Er kann die sofortige Räumung der Halle verlangen, wenn gegen die Bestimmungen der Hallen- und Benutzungsordnung vorsätzlich oder grob fahrlässig verstoßen wird. (4) Änderungen an der Einrichtung, an Geräten und an Ausstattungsgegenständen bedürfen in jedem Falle der Zustimmung des Betreibers und dürfen nur im Beisein des Hausmeisters vorgenommen werden.“ § 5 lautet unter der Überschrift „Verhalten in der Halle“ auszugsweise: (2) Nicht gestattet ist insbesondere a) der Genuss von Alkohol in den Sport- und Umkleideräumen b) das Mitbringen von Tieren c) die Verteilung von Druck- und Werbeschriften (ausgenommen Programme).“ § 9 lautet unter der Überschrift „Benutzungsentgelt“: „Für die Benutzung der Halle wird ein Entgelt nach Maßgabe des Abschnittes B in seiner jeweils geltenden Fassung erhoben“. § 14 lautet unter der Überschrift „Erhebungsgrundsatz“: „Die T GmbH (kurz Betreiber) erhebt zur teilweisen Deckung ihres Aufwands für den Betrieb (Unterhaltung, Reinigung, Heizung, etc.) der Sporthallen Benutzungsgebühren als privatrechtliches Entgelt.“ § 17 regelt unter der Überschrift „Entgelthöhe“ Entgelte für Dauernutzungen und für Einzelnutzungen je Veranstaltungstag sowie den Kostenersatz für die Räum- und Streupflicht. 7Die Klin. schloss mit keinem Nutzer der Sporthalle schriftliche Mietverträge ab. Vielmehr trug jeder Nutzer die von ihm gewünschten Nutzungszeiten in einen Hallenbelegungsplan ein. Der Belegungsplan bezog sich auf die Nutzung für eine ganze Saison, und zusätzlich auf die Nutzung in den Ferienzeiten sowie auf die Nutzung an Wochenenden. An Hand des Belegungsplans wies die Klin. jedem Antragsteller bestimmte Zeiten zur Nutzung zu und entschied auch darüber, welchem Antragsteller im Falle beantragter Doppelbelegung die Halle zur Nutzung überlassen wurde. Die Nutzer vermerkten und bestätigten mit Unterschrift des jeweiligen Übungsleiters im von der Klin. geführten sog. Hallenbuch, welche Nutzungszeiten sie tatsächlich in Anspruch genommen hatten. An Hand dieser Angaben erteilte die Klin. in der Regel quartalsweise jedem Verein und sonstigem Nutzer eine Entgeltabrechnung für die tatsächlich von ihm in Anspruch genommenen Nutzungszeiten unter offenem Umsatzsteuer(USt)-Ausweis. 8In nach § 168 Satz 2 der Abgabenordnung (AO) zustimmungsbedürftigen USt-Voran-meldungen 01/2013, 04/2013, 05/2013 bis 09/2013 erklärte die Klin. keine Umsätze, sondern nur Vorsteuerbeträge aus den Baukosten für die Zweifeldsporthalle. Den begehrten Vorsteuerabzug begründete die Klin. mit einer steuerpflichtig geplanten zivilrechtlichen Vermietung der Sporthalle an Sportvereine für ein Entgelt von 20 € pro Stunde. Die Stadt I. wolle eine Belastung der Sportvereine mit dem von den Vereinen an die Klin. zu zahlenden Entgelt vermeiden. Der X I (X) werde seinen in I. ansässigen Mitgliedsvereinen, sofern sie auch Mitglieder des Landessportbundes seien, auf deren Antrag hin die an die Klin. gezahlten Entgelte erstatten und die Stadt I. werde in Höhe der vom X an die Vereine geleisteten Erstattungen zusätzliche Zuschüsse an den X leisten. 9In Abstimmung mit der Oberfinanzdirektion hielt das beklagte Finanzamt (FA) die Gestaltung für rechtsmissbräuchlich. Von den vorgenannten USt-Voranmeldungen abweichend erließ das FA am 21.10.2013 bzw. 05.11.2013 Bescheide für die USt-Vor-anmeldungsräume 01/2013 bis 09/2013, in denen es die USt jeweils auf 0 € festsetzte. Die gegen die Bescheide eingelegten Einsprüche wies das FA durch Einspruchsentscheidung (EE) vom 19.03.2014 als unbegründet zurück: Der Klin. stehe kein Vorsteu-erabzug aus den Baukosten für die Sporthalle zu. Die gewählte Konstruktion sei ein Gestaltungsmissbrauch im Sinne des § 42 Satz 1 AO, die allein auf die Auskehrung von (Steuer)Überschüssen an die Klin. und damit mittelbar an die Stadt I. ziele. Die Vereine könnten die neu errichtete Sportstätte ohne finanzielle Belastung nutzen. Dieses Ziel könne die Stadt I. in steuerlich anzuerkennender Weise mittels einer eigengeschäftlichen unentgeltlichen Überlassung der Sporthalle an die Vereine erreichen. Ohne Berücksichtigung des Ziels der Vorsteuererstattung sei die Einschaltung der Klin. und des X unwirtschaftlich, umständlich, gekünstelt und überflüssig. Im Vergleich zu der direkten unentgeltlichen Überlassung der Sporthalle an die Vereine durch die Stadt I. bedinge der Umweg über die Klin. einen erhöhten Verwaltungsaufwand auf allen Seiten, der zum Aufbau eines kostenintensiven Apparats zur Abrechnung von Kleinbeträgen - Entgelt 20 € pro Stunde - führe. Abgesehen vom erstrebten Steuervorteil sei die Zwischenschaltung der Klin. in den Vermietungsvorgang unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten ineffektiv und überflüssig. Auch die Beschlussvorlage … des Schul-, Kultur- und Sportausschusses der Stadt I. dokumentiere den Gestaltungsmissbrauch wie folgt: „Der geplante Vorsteuerabzug der …. (T GmbH) ist laut Finanzamt insbesondere nur dann möglich, wenn die (T GmbH) einer wirtschaftlichen Tätigkeit nachgeht. Die Einnahme von Nutzungsentgelten ist wesentlicher Bestandteil dieser wirtschaftlichen Tätigkeit und damit unabdingbar.“ An anderer Stelle stellte die Vorlage klar, dass „es erforderlich ist, die gezahlten Nutzungsentgelte an die Vereine zu erstatten.“ Dass die Vereine bezüglich ihrer Entgeltzahlungen an die Klin. laut dem Vortrag der Klin. keinen Erstattungsanspruch gegen den X hätten, ändere nichts an der rechtsmissbräuchlichen Gestaltung. 10Daraufhin erhob die Klin. am 19.04.2014 die vorliegende Klage. Abweichend von der anschließend am 25.07.2014 eingereichten USt-Jahreserklärung für 2013, in der die Klin. keine Umsätze, sondern nur Vorsteuerbeträge aus den Baukosten für die Zweifeldsporthalle von 165.842,11 € erklärte, erließ das FA am 16.10.2014 einen USt-Jahressteuerbescheid für 2013, in dem es die USt für 2013 auf 0 € festsetzte. Die Klin. begehrt eine erklärungsgemäße USt-Jahresfestsetzung für 2013 mit folgender Begründung: Vorrangiges Ziel des jeweiligen Hallennutzers sei die Ausübung der in der Halle mit den dort vorgehaltenen Sportgeräten angebotenen Sportarten. Die stundenweise entgeltliche Überlassung der Sporthalle einschließlich ihrer Einrichtungen und Betriebsvorrichtungen an die Vereine sei keine steuerfreie Grundstücksvermietung im Sinne des § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a des Umsatzsteuergesetzes (UStG). Das Nutzungsentgelt von 20 € pro Stunde sei ein marktübliches Entgelt, das auf dem Verhältnis der geschätzten Kosten zu der Anzahl der möglichen Nutzungsstunden beruhe. Laut dem Sportentwicklungsbericht 2009/2010 des Deutschen Olympischen Sportbundes betrage der Mietzins für eine vergleichbare Sporthalle mit vergleichbarer Ausstattung durchschnittlich 5 € pro Stunde. Geplant sei die entgeltliche Überlassung der Sporthalle auch an Dritte, nicht dem X angehörende Personen. Im III. und im IV. Quartal 2014 hätten nur dem X angehörende Vereine die Halle genutzt. Eine Vermietung an nicht dem X angehörende Dritte sei derzeit schwierig. Nachdem der Rechtstreit öffentlich geworden sei, schreckten potenzielle Drittnutzer, die sich bereits nach den Möglichkeiten und den Bedingungen einer (stundenweisen) Anmietung der Sporthalle erkundigt hätten, angesichts des Risikos ihrer (endgültigen) Belastung mit nicht als Vorsteuer abzugsfähiger USt vor einer entgeltlichen Nutzung der Sporthalle zurück. In der Sporthalle habe am 05.02.2015 eine dreistündige Veranstaltung der Firma H stattgefunden. 11Die Klin. beantragt, 12 unter Änderung des USt-Bescheides des Beklagten für 2013 vom 16.10.2014 die USt auf ./. 165.842,11 € festzusetzen, 13 hilfsweise, die Revision zuzulassen. 14Das FA beantragt, 15 die Klage abzuweisen, 16 hilfsweise, die Revision zuzulassen. 17Neben seinem Verweis auf seine Verwaltungsentscheidungen trägt es ergänzend vor: Zwar sei die Klin. unter Erfüllung der weiteren Voraussetzungen des § 2 UStG mit der Tätigkeit der entgeltlichen Hallenvermietung -- unstreitig -- Unternehmer im Sinne des § 2 UStG und führe steuerpflichtige Umsätze aus. Die entgeltliche Überlassung der Sporthalle an die Vereine widerspreche aber Tz. 3.1.1 und 4.1 des Sportförderungsplans der Stadt I., wonach die Sporthallen der Stadt I. den örtlichen Sportvereinen kostenlos/unentgeltlich zur Durchführung von Übungsstunden und Sport- sowie sonstigen Veranstaltungen zu überlassen seien und wegen dessen weiterer Einzelheiten auf die Fassung 2011 Bezug genommen werde. Bei unentgeltlicher Überlassung der Sporthalle an die Vereine durch die Stadt I. durch ein Eigengeschäft werde die Stadt I. nicht als Unternehmer im Sinne des § 2 UStG tätig. Für die Annahme eines Gestaltungsmissbrauchs sprächen auch die Beschlüsse der 21. Sitzung des Rats der Stadt I. und der 17. Sitzung des Haupt-, Finanz- und Wirtschaftsförderungsausschusses der Stadt I. Im Beschluss des Haupt-, Finanz- und Wirtschaftsförderungsausschusses werde die in der Ausschusssitzung von den Prozessbevollmächtigten der Klin. erteilte Rechtsauskunft wiedergegeben, dass eine direkte Verknüpfung der Zahlung von Hallenmieten mit Zuschüssen/Erstattungen an die Vereine vermieden werden müsse. Es sei klargestellt worden, dass die Gründung einer GmbH durch die Stadt I. aufwändige Genehmigungs- und Prüfungsverfahren nach sich zögen. Angesichts dieses Folgeaufwandes sei die gewählte Gestaltung unwirtschaftlich, umständlich, kompliziert, schwerfällig und ineffektiv. 18Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte einschließlich des Protokolls über die mündliche Verhandlung vom 03.11.2015 sowie auf die beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen. 19Entscheidungsgründe: 20Die Klage ist begründet. 21Der nach § 68 der Finanzgerichtsordnung (FGO) Gegenstand des Klageverfahrens gewordene USt-Jahresbescheid für 2013 vom 16.10.2014 ist rechtswidrig und verletzt die Klin. in ihren Rechten, § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO. Unzutreffend hat das FA in diesem Bescheid die von der Klin. für 2013 erklärten Vorsteuerbeträge nicht berücksichtigt, obwohl die Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug vorliegen. 22Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 UStG kann der Unternehmer als Vorsteuerbeträge die gesetzliche geschuldete Steuer für Lieferungen und sonstigen Leistungen abziehen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind. Zusätzlich setzt § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 2 UStG für den Vorsteuerabzug voraus, dass der Unternehmer eine nach den §§ 14, 14a UStG ausgestellte Rechnung besitzt. Zum Vorsteuerabzug nach diesen Vorschriften ist der Unternehmer berechtigt, soweit er Leistungen für sein Unternehmen im Sinne des § 2 Abs. 1 UStG bzw. des Art. 168 der Mehrwertsteuersystemrichtlinie (MwStSystRL) zur nachhaltigen Erbringung entgeltlicher Leistungen verwendet oder zu verwenden beabsichtigt, die steuerpflichtig bzw. nach § 15 Abs. 3 UStG steuerfrei sind (vgl. BFH Urteil vom 10.11.2011 V R 41/10, BFHE 235, 554, BFH/NV 2012, 670). 23Entgeltliche Leistungen sind nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG steuerbare Vorgänge, wenn zwischen dem Unternehmer und dem Leistungsempfänger ein Rechtsverhältnis besteht, das einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen Leistung und Entgelt begründet, so dass das Entgelt als Gegenwert für die Leistung anzusehen ist (vgl. BFH Urteile vom 04.07.2013 V R 33/11, BFHE 242, 280, BStBl II 2013, 937, vom 03.03.2011 V R 24/10, BFHE 233, 282, BStBl II 2011, 950 mit weiteren Nachweisen aus der Rechtsprechung des BFH und des EuGH, Beschluss vom 11.06.2015 V B 140/14, Ziffer 1 b, BFH/NV 2015, 1442). Im Streitfall liegen diese Voraussetzungen vor. Entsprechend ihres in § 2 des Gesellschaftsvertrages beschriebenen Geschäftszwecks „Betrieb von Sporthallen“, auf den die Klin. im Kopf der vor ihr aufgestellten, ihren Status „als Betreiber der Sporthalle“ ausdrücklich betonenden Benutzungsordnung sowie in § 14 der Benutzungsordnung „Die T GmbH (kurz Betreiber) erhebt“ klarstellend hinweist, betrieb die Klin. -- und nicht etwa die im X zusammengeschlossenen Vereine -- die Sporthalle. Auf der Grundlage der in der Benutzungsordnung festgelegten Vertragsbedingungen überließ die Klin. aufgrund einer zivilrechtlichen Vereinbarung gegen Zahlung eines laut § 14 der Benutzungsordnung „zivilrechtlichen Entgelts“ die Sporthalle einschließlich der darin vorgehaltenen Einrichtungen und Betriebsvorrichtungen an dem X angehörige Vereine zur stundenweisen Nutzung. Schriftliche Verträge zwischen der Klin. als der Betreiberin und Anbieterin der Sporthalle zur Nutzung insbesondere für sportliche Aktivitäten und den Vereinen und sonstigen Dritten als den Hallennutzern sind zwar nicht abgeschlossen worden. Vertragliche Rechtsbeziehungen entstanden im Streitfall aber konkludent dadurch, dass die Nutzer mit der Nutzung der Halle die von der Klin. in der Benutzungsordnung formulierten Vertragsbedingungen anerkannten und stillschweigend zu diesen Bedingungen eine zivilrechtliche Beziehung zur Klin. eingingen. Folgerichtig entrichteten die Nutzer die durch ihre Hallennutzung nach den Vorgaben in § 14 der Benutzungsordnung angefallenen Entgelte entsprechend der von der Klin. erteilten Abrechnungen. 24Ihre in Form der Überlassung der Sporthalle an Nutzer gegen Entgelt ausgeführten Leistungen führte die Klin. als Unternehmerin im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 UStG aus. 25Unternehmer ist gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 UStG, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausübt. Gewerblich oder beruflich ist nach § 2 Abs. 1 Satz 3 UStG jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen, auch wenn die Absicht fehlt, Gewinne zu erzielen, oder eine Personenvereinigung nur gegenüber ihren Mitgliedern tätig wird. 26§ 2 UStG ist richtlinenkonform auszulegen, d.h. es muss eine wirtschaftliche Tätigkeit im Sinne des Art. 9 Abs. 1 Unterabs. 2 der MwStSystRL ausgeübt werden (vgl. BFH Urteile vom 13.02.2014 V R 5/13, BFH/NV 2014, 1159 - betreffend die Unternehmereigenschaft der öffentlichen Hand -, vom 26.04.2012 V R 2/11, BFHE 237, 286, BStBl II 2012, 634, vom 27.01.2011 V R 21/09, BFHE 233, 77, BStBl II 2011, 524, vom 08.12.2008 V R 80/07, BFHE 225, 163, BStBl 2011, 292 m.w.N., Beschluss vom 25.04.2013 XI B 123/12, BFH/NV 2013, 1273). Art. 9 Abs. 1 der MwStSystRL definiert den Begriff des Steuerpflichtigen unter Bezugnahme auf den der „wirtschaftlichen Tätigkeit“. Liegt eine solche Tätigkeit vor, rechtfertigt dieser Umstand die Einstufung der handelnden Person als Steuerpflichtiger. Art. 9 der MwStSystRL definiert den Begriff „wirtschaftliche Tätigkeit“ dahin, dass er alle Tätigkeiten und insbesondere die Umsätze, die durch die Nutzung von körperlichen oder nicht körperlichen Gegenständen zur nachhaltigen Erzielung von Einnahmen gekennzeichnet sind, eines Erzeugers, Händlers oder Dienstleistenden, der Landwirte sowie der freien Berufe und der diesen gleichgestellten Berufe umfasst. Nach der Rechtsprechung des BFH (Urteil vom 26.08.2014 XI R 26/10, BFHE 247, 269, BFH/NV 2015, 35) sprechen für die Selbständigkeit insbesondere die Übernahme des Unternehmerrisikos (Vergütungsrisikos) und geschäftliche Beziehungen zu mehreren Vertragspartnern. Ob eine wirtschaftliche Tätigkeit im Sinne des Unionsrechts bzw. des nationalen Steuerrechts gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 UStG vorliegt, ist im konkreten Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände abzuwägen (vgl. BFH Urteil vom 27.01.2011 V R 21/09, a.a.O.). Mit der Überlassung der Sporthalle an die Nutzer gegen Entgelt übte die Klin. eine wirtschaftliche Tätigkeit im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 2 UStG aus, mit der sie das die Selbständigkeit im Sinne des § 2 UStG charakterisierende Unternehmerrisiko trug. Die Höhe der von der Klin. mit der seit der Bezugsfertigkeit der Halle als Hallenbetreiber erzielten Umsätze hing und hängt neben der allgemeinen Marktlage insbesondere von der Fähigkeit der Klin. ab, in welchem Umfang sie die Sporthalle in Konkurrenz zu anderen Hallenanbietern an verschiedene Nutzer entgeltlich vermieten kann. Ob die Klin. in der Absicht handelte, Gewinn zu erzielen, ist unerheblich (vgl. BFH Urteil vom 10.11.2011 V R 41/10, BFHE 235, 554, BFH/NV 2012, 670). Die Klin. ist auch nachhaltig tätig, da sie seit 2014 über mehrere Jahre gegen Entgelt Dritten die Sporthalle überlässt. 27Ihre wirtschaftliche Tätigkeit führte die Klin. selbständig im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 UStG aus. 28Zwar wird nach § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 UStG eine gewerbliche Tätigkeit dann nicht selbständig im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 UStG ausgeführt, wenn eine juristische Person -- wie im Streitfall die Klin. -- nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in das Unternehmen des Organträgers eingegliedert ist. 29Diese Voraussetzungen liegen aber nicht vor. Zwar war die Klin. in 2013 im Sinne des § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG finanziell und wirtschaftlich in die Stadt I. eingegliedert (vgl. dazu BFH Urteil vom 07.07.2011 V R 53/10, BFHE 234, 548, BStBl II 2013, 218). Die Stadt I. war alleiniger Gesellschafter der Klin., und die Klin. hatte das für die Erfüllung ihres Geschäftszwecks benötigte Geschäftsgrundstück bis mindestens 31.12.2024 von der Stadt I. gemietet, wobei dieses Mietverhältnis nur durch eine außerordentliche Kündigung vorfristig aufgelöst werden kann. Es fehlt aber eine organisatorische Eingliederung der Klin. in die Stadt I. Nach der Rechtsprechung des BFH (Urteile vom 07.07.2011 V R 53/10 BFHE 234, 548, BStBl II 2013, 218 Ziffer II 3 a aa, vom 10.07.2012 XI R 31/10, BFH/NV 2013, 95 Ziffer II 2) besteht eine organisatorische Eingliederung regelmäßig bei Personenidentität in den Geschäftsführungsorganen der Organträgerin und der Organgesellschaft. Diese Voraussetzung ist im Streitfall nicht erfüllt. In 2013 vertrat die Bürgermeisterin der Stadt I. gemäß § 63 Abs. 1 der Gemeindeordnung NRW (GO NRW) die Stadt I. bei allen Verwaltungs- und Rechtsgeschäften. Hingegen waren Geschäftsführer der Klin. die städtischen Beamten D E und T P . Dass beide Beamte ihrer Geschäftsführeraufgaben aufgrund Abordnung durch die Stadt I. wahrnahmen und auch heute noch wahrnehmen, begründet keine organisatorische Eingliederung der Klin. in die Stadt I. Zwar sind nach der Rechtsprechung des BFH (vgl. Urteil vom 07.07.2011 V R 53/10, a.a.O.) die Voraussetzungen für eine organisatorische Eingliederung der GmbH im Rahmen einer Organschaft unter Erfüllung weiterer Voraussetzungen auch dann erfüllt, wenn der Geschäftsführer der GmbH leitender Mitarbeiter des Organträgers ist. Bei den zu Einzelgeschäftsführern der Klin. bestellten städtischen Bediensteten handelt es sich aber nicht um leitende Mitarbeiter der Stadt I. Leitende Mitarbeiter der Stadt I. waren in 2013 nach § 63 GO NRW der Bürgermeister und gemäß den §§ 70 bis 72 GO NRW die Beigeordneten der Stadt I. Dass die Stadt I. zur Bestellung und Abberufung der GmbH-Geschäftsführer berechtigt ist, bzw. dass der Stadt I. auf Grund ihrer Stellung als Gesellschafterin der Klin. ein Weisungsrecht gegenüber der Geschäftsführung der GmbH zusteht, begründet für sich allein betrachtet keine organisatorische Eingliederung. Ein die organisatorische Eingliederung begründendes Weisungsrecht ergibt sich nicht allein schon aus dem Umstand, dass der alleinige Gesellschafter in der Gesellschafterversammlung der Gesellschaft gegenüber deren Geschäftsführer weisungsbefugt ist. Ebenso wenig reicht es für die Annahme einer organisatorischen Organschaft aus, dass die Satzung der GmbH Zustimmungsvorbehalte zu Gunsten der Gesellschafterversammlung festlegt (vgl. BFH Urteil vom 07.07.2011 V R 53/10, a.a.O.). In diesem Zusammenhang ist auch zu berücksichtigen, dass die organisatorische Eingliederung voraussetzt, dass die mit der finanziellen Eingliederung verbundene Möglichkeit der Beherrschung der GmbH durch die Gesellschafterin in der laufenden Geschäftsführung wirklich, d.h. tatsächlich wahrgenommen wird (vgl. FG Sachen-Anhalt Urteil vom 20.03.2013 2 K 1631/08, juris; Bestätigung durch BFH Beschluss vom 21.01.2014 XI B 53/13, nicht dokumentiert; Schmidt, GmbHR 1996, 175, Ziffer III 2). Auch diese Voraussetzung ist nicht erfüllt. Die Geschäftsführer der Klin. erfüllten ihre Geschäftsführeraufgaben nach der Bestimmung des § 5 des Gesellschaftsvertrages. Maßstab für ihre Tätigkeit waren die Interessen der Klin. und nicht die Interessenlage der Stadt I. Nach Aktenlage ergingen keine laufenden konkreten Einzelweisungen der Stadt I. auf Grund deren Stellung als Gesellschafterin der Klin. an die Geschäftsführer der Klin. betreffend Art und Inhalt ihrer Geschäftsführertätigkeit. Nur fortlaufende Weisungen durch die Stadt I. in ihrer Eigenschaft als Gesellschafterin der Klin. an die Geschäftsführer der Klin. und die damit verbundenen dauernden Eingriffe der Gesellschafterin Stadt I. in die Art und Weise der Geschäftsführung der Klin. könnten den Schluss einer organisatorischen Beherrschung der Klin. durch die Stadt I. rechtfertigen. 30Die Klin. erbrachte keine steuerfreien Umsätze im Sinne des § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG. 31Die Klin. übte mit der von ihr als Betreiber durchgeführten entgeltlichen Überlassung der Räumlichkeiten der Sporthalle an die Nutzer keine unter die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 12 a Satz 1 Buchst. a UStG fallende Leistung aus. 32§ 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a UStG ist unter Beachtung ihrer unionsrechtlichen Grundlage des Art. 135 Abs. 1 Buchst l der MwStSystRL, wonach die Vermietung und Verpachtung von Grundstücken steuerfrei ist, auszulegen. Das grundlegende Merkmal des Begriffs „Vermietung von Grundstücken“ im Sinne von Art. 135 Abs. 1 Buchst. l der MwStSystRL besteht, ohne dass zu seiner Begriffsbestimmung auf das nationale Zivilrecht zurück gegriffen werden darf, darin, dass dem Vertragspartner auf bestimmte Zeit gegen eine Vergütung das Recht eingeräumt wird, ein Grundstück so in Besitz zu nehmen, als wäre er dessen Eigentümer, und jede andere Person von diesem Recht auszuschließen. Der Begriff „Vermietung von Grundstücken“ im Sinne des § 4 Nr. 12 a Satz 1 Buchst. a UStG und des Art. 135 1 Buchst. I der MwStSystRL (bzw. der inhaltlich identischen Vorgängervorschrift des Art. 13 Teil B Buchst. b der Richtlinie 77/388/EWG) ist eng auszulegen, da diese Bestimmungen eine Ausnahme von dem Grundsatz vorsehen, dass jede Dienstleistung, die ein Unternehmer gegen Entgelt erbringt, der USt unterliegt (vgl. BFH Urteil vom 17.12.2014 XI R 16/11 Ziffer II 1 b, BFHE 248, 436, BStBl II 2015, 427 m.w.N. aus der Rechtsprechung des EuGH). Maßgebend ist der objektive Inhalt des Vorgangs unabhängig von der Bezeichnung, den die Parteien ihm gegeben haben (vgl. BFH Urteil vom 21.02.2013 V R 10/12, BFH/NV 2013, 1635, Urteil vom 17.12.2014 XI R 16/11, a.a.O.). Zu beachten ist auch die tatsächliche Durchführung unter Berücksichtigung der Interessenlage der Beteiligten (vgl. BFH Urteil vom 25.02.2015 XI R 15/14, BFHE 249, 343, BFH/NV 2015, 772, Ziffer II 4 c). Nach der Rechtsprechung des BFH (Urteile vom 10.11.2011 V R 41/10, a.a.O., vom 31.05.2011 V R 97/98, BFHE 194, 555, BStBl II 2001, 658; Beschluss vom 07.05.2014 V B 94/13, BFH/NV 2014, 1242) stellt die entgeltliche Überlassung der Räumlichkeiten einer Sporthalle durch deren Betreiber an deren Nutzer gegen Entgelt keine unter die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 12 a Satz 1 Buchst. a UStG fallende Leistung dar. Angesichts der in § 2 und in § 3 der Benutzungsordnung vorgegebenen, von den Nutzern mit der Nutzung der Sporthalle stillschweigend akzeptierten Vertragsbedingungen überließ die Klin. die Sporthalle den Nutzern gerade nicht für einen befristeten Zeitraum in der Weise, dass die Nutzer für diesen Zeitraum in eine eigentümerähnliche Position einrückten. Ausweislich des Abrechnungsmodus in § 17 der Benutzungsordnung, der eine Entgeltabrechnung nach Maßgabe einer tageweisen bzw. stundenweisen Nutzung der Sporthalle vorsieht, erfolgte jeweils eine stunden- bzw. tageweise Überlassung der Sporthalle an die Nutzer. Die von der Klin. als der Betreiberin der Sporthalle dem jeweiligen Nutzer zugewiesene Nutzungszeit stand nach § 2 der Benutzungsordnung unter dem Vorbehalt des jederzeitigen, auch kurzfristigen Widerrufs der zugesagten Nutzungsmöglichkeit, ohne dass der Nutzer einem Widerruf ein vertraglich begründetes Besitzrecht entgegen halten konnte. Vertraglich vereinbart stand der Klin. vielmehr das Recht zu, die vertragliche Beziehung zu jedem Nutzer jeder Zeit kurzfristig „von einem auf den anderen Tag“ auflösen zu können. Kann aber der Hallenbetreiber auf Grund eines zu seinen Gunsten vertraglich vereinbarten Rechts die eingeräumte Nutzungsmöglichkeit kurzfristig entziehen, liegt kein Fall einer Vermietung im Sinne des § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a UStG durch den Betreiber an den Nutzenden vor (vgl. BFH Beschluss vom 26.04.2002 V B 168/01, BFH/NV 2002, 1345 m.w.N.; BFH Urteil vom 17.12.2014 XI R 16/11 Ziffer II 2 f am Ende, a.a.O., betreffend die Überlassung von Räumen an Prostituierte zur Ausübung ihrer geschäftlichen Tätigkeit). Zusätzlich ist zu beachten, dass die Klin. auch nach tatsächlichem Nutzungsbeginn aufgrund des ihrem Hausmeister gemäß § 3 der Benutzungsordnung vertraglich zugestandenen Hausrechts einseitig und vor Ablauf der dem Nutzer eingeräumten Nutzungszeit diesen der Halle verweisen konnte, ohne dass der Nutzer einem solchen Verweis ein Besitzrecht entgegenhalten konnte. Gegen die Überlassung einer eigentümerähnlichen Stellung an die Vertragspartner der Klin. spricht desweiteren, dass für den Fall eines Widerrufs einer eingeräumten Nutzungsmöglichkeit bzw. für den Fall eines unberechtigten Verweises aus der Sporthalle durch den Hausmeister den Nutzern kein Schadensersatzanspruch gegen die Klin. zustand. Schließlich sprechen auch die in den § 4 und in § 5 der Benutzungsordnung zu Lasten der Nutzer vereinbarten Beschränkungen der Ausübung ihres Nutzungsrechts gegen die Einräumung einer eigentümerähnlichen Stellung an den Hallennutzer. 33Sollte man aber die vom Senat nicht geteilte Auffassung vertreten, dass die entgeltliche Überlassung der Sporthalle an die Nutzer eine steuerfreie Leistung der Klin. im Sinne des § 4 Nr. 12 a Satz 1 Buchst. a UStG darstellt, so führt dieser Gesichtspunkt nicht zur Abweisung der Klage. Für diesen Fall wäre die Klin. berechtigt, auf die Steuerfreiheit ihrer entgeltlichen Überlassungstätigkeit zu verzichten. Nach § 9 Abs. 1 UStG kann der Unternehmer einen Umsatz, der nach § 4 Nr. 12 UStG steuerfrei ist, als steuerpflichtig behandeln, wenn der Umsatz an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen ausgeführt wird. Diese Voraussetzungen lägen im Streitfall vor. Denn die die Sporthalle „mietenden“ Vereine sind Unternehmer im Sinne des § 9 Abs. 1 UStG. Nach der Rechtsprechung des BFH (Urteil vom 20.03.2014 V R 4/13 BFHE 245, 397, BFH/NV 2014, 1470) erbringt ein Verein, der seinen Mitgliedern Sportanlagen und damit verbundene Vorteile zur Verfügung stellt, im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG entgeltliche und mangels Erfüllung eines Befreiungstatbestands steuerpflichte Leistungen, wobei die Mitglieder die vom Verein an sie erbrachten Leistungen durch ihre Jahresbeiträge vergüten, ohne dass es für die Steuerbarkeit dieses Leistungsaustausches darauf ankommt, ob der Verein auf Verlangen seiner Mitglieder gezielte Leistungen erbringt. Nach dem unwidersprochenen Vortrag der Klin. überließen ihre Vertragspartner, die Vereine, die ihr zur Nutzung überlassene Halle an ihre Vereinsmitglieder gegen Zahlung des Mitgliedsbeitrags zur Ausübung sportlicher Aktivitäten. Die nach § 9 Abs. 1 UStG erforderliche Verzichtserklärung liegt im Streitfall vor, da die Klin. durch die Geltendmachung der Vorsteuerbeträge aus den für den Bau der Sporthalle angefallenen Baukosten auf die Steuerfreiheit der mittels der Sporthalle geplanten Umsätze verzichtet hat. 34Der Hinweis des FA auf eine rechtsmissbräuchliche Gestaltung durch die Klin. gebietet keine Abweisung der Klage. Zwar kann nach § 42 Satz 1 AO das Steuergesetz durch Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten nicht umgangen werden. Liegt ein Missbrauch vor, so entsteht gemäß § 42 Satz 2 AO der Steueranspruch so, wie er bei einer den wirtschaftlichen Vorgängen angemessenen Gestaltung entsteht. Die Vorschrift des § 42 AO ist nach der Rechtsprechung des BFH (zuletzt Urteil vom 16.06.2015 XI R 17/13, DB 2015, 2244) auch im Rahmen des Umsatzsteuerrechts anzuwenden. § 42 AO stellt keine Sondermaßnahme im Sinne des Art. 395 der MwStSystRL dar. Gemäß der Rechtsprechung des EuGH (Urteile vom 21.02.2006 C-255/02 „Halifax“, Slg 2006, I-1609, BFH/NV 2006, Beilage 3, S. 260, vom 22.12.2010 C-103/09 „Weald Leasing“, Slg 2010, I-13589, BFH/NV 2011, 153, vom 18.12.2014 C-131/13, UR 2015, 106) und des BFH (Urteil vom 16.06.2015 XI R 17/13, a.a.O.) ist Art. 395 der MwStSystRL so auszulegen, dass die Anwendung des Unionsrechts nicht so weit geht, dass sie von den Wirtschaftsteilnehmern begangene missbräuchliche Praktiken deckt. Umsätze, die nicht als normale Handelsgeschäfte, sondern nur zu dem Zweck getätigt werden, missbräuchlich in den Genuss von im Unionsrecht vorgesehenen Vorteilen zu gelangen, sind durch die MwStSystRL nicht gedeckt. Die Feststellung einer missbräuchlichen Praxis auf dem Gebiet der Mehrwertsteuer setzt zum einen voraus, dass die fraglichen Umsätze trotz formaler Erfüllung der einschlägigen Bestimmungen der MwStSystRL und des zu ihrer Umsetzung erlassenen nationalen Rechts einen Steuervorteil zum Ergebnis haben, dessen Gewährung mit dem mit diesen Bestimmungen verfolgten Zweck zuwiderläuft, und dass zum anderen aufgrund einer Reihe objektiver Anhaltspunkte ersichtlich ist, dass mit den fraglichen Umsätzen im Wesentlichen ein Steuervorteil bezweckt wird. Nicht einschlägig ist das Missbrauchsverbot, wenn die fraglichen Umsätze eine andere Erklärung als nur die Erlangung von Steuervorteilen haben können, wobei der Steuerpflichtige grundsätzlich das Recht hat, seine Tätigkeit so zu gestalten, dass er seine Steuerschuld in Grenzen hält. 35Zwar hat der BFH die mit dem Ziel, die Voraussetzungen für einen Vorsteuerabzug aus den beim Vermieter für das Mietobjekt angefallenen Baukosten zu erfüllen, erfolgte Auslagerung von Vermietungsumsätzen für mehrere Fallgruppen als rechtsmissbräuchlich im Sinne des § 42 Satz 1 AO angesehen. Nach der Rechtsprechung des BFH (Urteile vom 14.05.1992 V R 12/88, BFHE 168, 468, BStBl II 1992, 931, vom 12.03.1998 V R 17/96, BFH/NV 1998, 1067) ist die Einschaltung eines gewerblichen Zwischenmieters in die Vermietung von Wohnraum aufgrund eines von vorneherein vereinbarten Gesamtkonzepts ein Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten, weil dieses Konzept der gesetzlichen Leitentscheidung widerspricht, dass die Vermietung von Wohnraum nicht mit USt belastet werden soll. Auch die Auslagerung des Vermietungsumsatzes im Rahmen des sog. Ehegatten-Vorschaltmodells stellt jedenfalls dann einen Rechtsmissbrauch dar, wenn die Vermietung von Arztpraxisräumen durch einen vermögenslosen Familienangehörigen bei gleichzeitiger Refinanzierung der aufgrund der vorangegangenen Errichtung der Mieträume beim mittellosen Vermieter angefallenen Baukosten durch den ärztlichen Mieter der Praxisräume erfolgt (vgl. BFH Urteile vom 14.12.1995 V R 12/95, BFHE 179, 472, BStBl II 1996, 252, vom 16.03.2000 V R 9/99, BFH/NV 2000, 1254, aber anders für den Fall des Pkw-Erwerbs: BFH Urteil vom 04.05.1994 XI R 67/93, BFHE 175, 139, BStBl II 1994, 829). Die Auslagerung des Vermietungsumsatzes auf den vermögenslosen Familienangehörigen widerspricht ebenfalls dem gesetzlichen Leitbild, das durch die – wenn auch systemwidrige - Steuerbefreiung ärztlicher Leistungen in § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG klar und eindeutig zum Ausdruck bringt, dass ärztliche Leistungen nicht mit USt belastet und dass auf diesem Wege die Sozialversicherungsträger und die Endverbraucher von ärztlichen Heilbehandlungsleistungen von Kosten durch Belastung mit USt befreit werden sollen (vgl. BFH Beschluss vom 31.07.2007 V B 98/06, BFHE 217, 94, BStBl II 2008, 35). Parallel zum sog. Ehegatten-Vorschaltfall hat der BFH auch die dadurch gekennzeichneten Sparkassenmodelle, dass die Vermietung der von der Sparkasse genutzten Betriebsräume zur Ausführung von im wesentlich nach § 4 Nr. 8 UStG steuerfreien Umsätzen auf eine mittellose und wirtschaftlich von der mietenden Sparkasse abhängige Personenhandelsgesellschaft ausgelagert wurde, für rechtsmissbräuchlich erachtet (vgl. BFH Urteile vom 18.12.1996 XI R 12/96, BFHE 182, 395, BStBl II 1997, 374, vom 29.01.1997 XI R 27/95, BFH/NV 1997, 816). 36Entgegen der Auffassung des FA fehlt es im Streitfall an einer unangemessenen Gestaltung im Sinne des § 42 Satz 1 AO. Dass die entgeltlichen Leistungen der Klin. an die Vereine die Möglichkeit eines Vorsteuerabzugs begründen, widerspricht nicht dem Sinn und dem Zweck der gesetzlichen Vorgaben des § 2 UStG in Verbindung mit § 15 UStG. 37Hätte die Stadt I. als Eigengeschäft die Sporthalle errichtet und anschließend steuerpflichtig vermietet, hätte ihr nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG ein Vorsteuerabzug aus den Baukosten zugestanden. 38Nach der Rechtsprechung des BFH (Urteil vom 10.11.2011 V R 41/10 BFHE 235, 554, BFH/NV 2012, 670, Beschluss vom 19.03.2014 XI B 126/13, juris mit weiteren Nachweisen, vgl. auch FG Baden-Württemberg Urteil vom 13.05.2015 9 K 2732/13, juris) ist eine juristische Person des öffentlichen Rechts wie eine Gemeinde gerade dann als Unternehmer im Sinne des § 2 Abs. 3 Satz 1 UStG in Verbindung mit § 4 des Körperschaftssteuergesetzes (KStG) anzusehen, wenn sie Leistungen entweder auf zivilrechtlicher Grundlage oder im Wettbewerb zu Dritten auf öffentlich-rechtlicher Grundlage erbringt. Im Urteil vom 10.11.2011 V R 41/10 (a.a.O.) hat der BFH ausdrücklich betont, dass ein Träger öffentlicher Gewalt mit der Überlassung vom Räumlichkeiten einer Sport- und Freizeithalle in Form eines Eigengeschäfts gegen Entgelt bereits nach der Art seiner Tätigkeit im Wettbewerb zu privaten Anbietern steht, und dass es für die Beurteilung des Sachverhalts nicht auf die Verhältnisse auf dem lokalen Markt im Gebiet der Gemeinde ankommt, so dass eine Gemeinde mit dem entgeltlichen Betrieb einer Sport- und Freizeithalle als Unternehmer im Sinne des § 2 Abs. 3 UStG anzusehen ist. Im Urteil vom 13.02.2014 V R 5/13 (a.a.O.) hat der BFH unter Bezugnahme auf das Urteil vom 10.11.2011 V R 41/10 (a.a.O.) die von einer Gemeinde als Eigengeschäft durchgeführte Vermietung von Standflächen bei einer Kirmesveranstaltung auf zivilrechtlicher Grundlage als eine wirtschaftliche Tätigkeit im Sinne des § 2 Abs. 3 Satz 1 UStG in Verbindung mit § 4 KStG angesehen. Bezogen auf den Streitfall hätte die Stadt I. mit einer eigengeschäftlichen entgeltlichen Überlassung der Sporthalle an Nutzer steuerbare Leistungen ausgeführt. Ob die Stadt I. in der Absicht gehandelt hätte, Gewinn zu erzielen, ist unerheblich (vgl. BFH Urteil vom 10.11.2011 V R 41/10, a.a.O.). 39Bei Anwendung der in der Benutzungsordnung der Klin. festgelegten Vertragsbedingungen im Falle einer eigengeschäftlichen Überlassung der Sporthalle durch die Stadt I. an Nutzer gegen Entgelt lägen steuerpflichtige, weil nicht nach § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a UStG steuerbefreite Umsätze vor. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die vorstehenden Ausführungen zur Steuerpflicht der entgeltlichen Überlassungsumsätze der Klin. an die Hallennutzer hingewiesen. 40Das FA kann sich in diesem Zusammenhang nicht auf die Rechtsprechung des BFH zur Fallgestaltung der Zwischenvermietung von Wohnraum bzw. zu den Vorschaltmodellen berufen. Während im Streitfall die entgeltliche Überlassung der Sporthalle durch die Klin. wie auch alternativ durch die Stadt I. im Rahmen eines Eigengeschäfts einen Vorsteuerabzug begründet, der nicht der in § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 UStG niedergelegten gesetzlichen Konzeption des Vorsteuerabzugs aus vom Vermieter bezogenen Bauleistungen widerspricht, steht in den vorgenannten Vorschaltfällen dem jeweiligen Hintermann (Arzt, Sparkasse) gerade kein Vorsteuerabzug aus den aufgrund eines Eigengeschäfts dieses Hintermanns angefallenen Baukosten zu, weil in diesen Fällen ein Vorsteuerabzug aus den Baukosten Sinn und Zweck des § 15 UStG widerspricht. 41Der Senat folgt auch nicht der Begründung des FA, die Stadt I. sei verpflichtet, eine von ihr als Eigengeschäft in eigenem Namen und für eigene Rechnung errichtete Sporthalle angesichts der Richtlinien des Sportförderungsplans der Stadt I. den Sportvereinen unentgeltlich zur Nutzung zu überlassen. Der vom FA angestellte Vergleich berücksichtigt nicht, dass ein Unternehmer seine Leistungen selbst dann steuerlich unterschiedlich gestalten kann, wenn er diese Leistungen an denselben Leistungsempfänger erbringt, d.h. es obliegt allein der Entscheidung des Unternehmers, ob er Leistungen entgeltlich oder unentgeltlich ausführen will. Der Senat teilt nicht die unter Bezug auf den Sportförderungsplan der Stadt I. vom FA gezogene Schlussfolgerung, dass jede andere Verwendung der Sporthalle als in Form einer unentgeltlichen Überlassung an die in I. ansässigen Sportvereine eine unangemessene Gestaltung im Sinne des § 42 Satz 1 AO ist. Zum einen übersieht das FA, dass ausweislich des in Tz. 3.1 des Sportförderungsplans der Stadt I. ausdrücklich aufgenommenen Vorbehalts die Vereine und die übrigen Nutzer städtischer Sporteinrichtungen der Stadt I. jederzeit damit rechnen müssen, dass neugeschaffene Sporteinrichtungen, etwa Sporthallen, zukünftig nur gegen Entgelt zur Nutzung überlassen werden würden. Die in 2013 geltende Fassung des Sportförderungsplans begründet gerade keinen Anspruch der Vereine gegen die Stadt I. auf unentgeltliche Überlassung der von der Stadt I. unterhaltenen Sporteinrichtungen. Der Annahme eines Rechtsmissbrauch steht desweiteren eine Abweichung des zur Beurteilung anstehenden Sachverhalts von dem vom FA herangezogenen Vergleichsfall der unentgeltlichen Nutzungsüberlassung der Sporthalle durch die Stadt I. an die auf dem Gemeindegebiet ansässigen Sportvereine entgegen. Nach dem unwiderlegt gebliebenen Sachvortrag plante die Klin. die Sporthalle gegen Entgelt auch an andere Interessenten als die auf dem Gebiet der Stadt I. ansässigen Sportvereine zur Nutzung zu überlassen und konnte in 2015 auch zumindest in einem Fall eine solche Vermietung vereinbaren. 42Auch der Hinweis des FA auf den bei der Klin. anfallenden Verwaltungsaufwand überzeugt nicht. Unternehmer im Sinne des § 2 UStG bzw. im Sinne des Art. 9 Abs. 1 der MwStSystRL ist jede „wirtschaftlich tätige Person“, wobei bereits eine solche Tätigkeit deren Einstufung als Steuerpflichtiger rechtfertigt. Für umsatzsteuerliche Zwecke ist nicht entscheidungserheblich, mit welchem (kostenauslösenden) Aufwand eine „wirtschaftliche Tätigkeit“ im Sinne des Unionsrechts bzw. des nationalen Umsatzsteuerrechts verbunden ist, und ob die Tätigkeit kurz- oder langfristig einen Überschuss der Einnahmen über die Ausgaben mit sich bringt. Auch eine eigengeschäftliche entgeltliche Überlassung der Sporthalle durch die Stadt I. hätte Verwaltungs- und Prüfungsaufwand ausgelöst. Zudem hätte der Gemeinderat hinsichtlich der Übernahme eines eventuellen Betriebskostendefizits der Halle durch die Stadt I. jährlich entscheiden müssen. Die Vorbereitung und Umsetzung einer solchen Entscheidung des Gemeinderats hätte ebenfalls Verwaltungsaufwand ausgelöst. Dass Ziel der Auslagerung der streitigen Umsätze auf die Klin. der Vermeidung von Verwaltungs- und Entscheidungsaufwand bei der Stadt I. diente, ist umsatzsteuerlich nicht zu beanstanden. 43Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. 44Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung. 45Gründe für die Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 FGO liegen nicht vor.
unter änderung des umsatzsteuerbescheides des beklagten für 2013 vom 16.10.2014 wird die umsatzsteuer auf ./. 165.842,11 € festgesetzt. der beklagte trägt die kosten des verfahrens. das urteil ist wegen der kosten ohne sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. der beklagte kann die vollstreckung durch sicherheitsleistung oder hinterlegung in höhe des kostenerstattungsanspruchs der klägerin abwenden, soweit nicht die klägerin zuvor sicherheit in derselben höhe leistet. die revision wird nicht zugelassen. 1
2streitig ist, ob der von der stadt i (i.) im streitjahr 2013 gegründeten und betriebenen klägerin (klin.) ein vorsteuerabzug aus den bei der errichtung einer zweifeldsporthalle angefallenen baukosten zusteht. 3die klin., deren gründerin und alleinige gesellschafterin die stadt i. ist, wurde laut § 1 abs. 1 des gesellschaftsvertrages vom 24.01.2013 mit der firma „t gmbh“ gegründet. die präambel des ergänzungsvertrags vom 11.04.2013 zum gesellschaftsvertrag vom 24.01.2013 lautet auszugsweise: „im hinblick darauf, dass die prüfung des finanzamtes, ob gemeinnützigkeit anerkannt wird oder nicht, längere zeit in anspruch nimmt und eine zeitnahe eintragung gewünscht wird, gründen wir hiermit zunächst eine entsprechende gesellschaft mit beschränkter haftung ohne gemeinnützigkeit, die nachbeantragt wird, sobald die anerkennung durch das finanzamt vorliegt.“ § 1 abs. 1 in der fassung des gesellschaftsvertrages vom 11.04.2013 bestimmt: „die firma lautet: t gmbh.“ § 2 abs. 1 des gesellschaftsvertrages in der fassung vom 11.04.2013 regelt: „gegenstand des unternehmens ist die erstellung und betreibung von sportstätten, die kostengünstig zur verfügung gestellt werden und die durchführung von sportlichen veranstaltungen.“ § 5 abs. 1 des gesellschaftsvertrags in der fassung 11.04.2013, auf den wegen seiner weiteren einzelheiten bezug genommen wird, lautet: „die gesellschaft hat einen oder mehrere geschäftsführer.“ § 5 abs. 4 lautet: „die geschäftsführer werden von der gesellschafterversammlung bestellt und abberufen.“ § 5 abs. 5 lautet: „die befugnis der geschäftsführung nach abs.1 ist auf den gewöhnlichen laufenden geschäftsverkehr beschränkt.“ 4geschäftsführer der klin. waren in 2013 die bei der stadt i. tätigen beamten d e und t p . die stadt i. bestellte beide bediensteten durch gleichlautende bestellungsschreiben vom 13.02.2013, auf die verwiesen wird, zu geschäftsführern der klin. die bestellungsschreiben lauten auszugsweise: „wie ihnen bereits mitgeteilt, werden sie gemäß § 20 abs. 1 beamtenstatusgesetz mit wirkung vom 24.01.2013 bis auf widerruf der gemeinnützigen t gmbh zur wahrnehmung von geschäftsführerfunktionen zugewiesen. die zuweisung erfolgt teilweise, d.h. mit dem anteil ihrer arbeitszeit, die für die wahrnehmung der geschäftsführerfunktionen erforderlich ist. durch notarielle niederschrift vom 24.01.2013 sind sie neben frau p (herrn e ) zum alleinvertretungsberechtigten geschäftsführer gemäß § 5 des gesellschaftsvertrages (ohne befreiung von den beschränkungen des § 181 bgb) bestellt worden. … die zuweisung hat auch dann bestand, wenn sich eigenschaften der gesellschaft ändern (z.b. wegfall der gemeinnützigkeit). ihre rechtsstellung als beamtin (beamter) und das ihnen übertragene amt im fachbereich… sind durch die zuweisung nicht berührt. dienstherrin bleibt die stadt i , die die aus dem weiterhin bestehenden beamtenverhältnis zu gewährende besoldung zahlt. dies gilt auch für die zeitanteile der geschäftsführertätigkeit, für die zusätzliche bezüge nicht gezahlt werden. … die überwachung der geschäftsführerfunktionen ergibt sich aus den §§ 6 abs. 7 buchst. j und 8 abs. 1 satz 4 des gesellschaftsvertrages.“ 5am 02.04.2013 schlossen die stadt i. als vermieter und die gemeinnützige t gmbh i.g. als mieter einen in bezug genommenen mietvertrag. nach § 1 abs. 2 in verbindung mit § 2 abs. 3 des vertrages vermietet die stadt i. an den mieter eine teilfläche von 3.448 qm von dem im eigentum der stadt i. stehenden grundstück g1 zum betrieb einer sporthalle mit umgriff. das laut § 2 abs. 1 des vertrages am 01.04.2013 begonnene mietverhältnis endet am 31.12.2024, sofern die vertragspartner von der vereinbarten verlängerungsmöglichkeit keinen gebrauch machen. nach § 5 abs. 1 des vertrages errichtet der mieter auf dem grundstück eine sporthalle, nachdem der vermieter dem bauvorhaben zugestimmt hat sowie alle fachlichen voraussetzungen und genehmigungen vorliegen. 6ab 2013 bebaute die klin. das mietgrundstück mit einer nach fertigstellung im juni 2014 in betrieb genommenen zweifeldsporthalle mit betriebsvorrichtungen zur ausübung verschiedener sportarten. die klin. überließ in 2014 die sporthalle an 6 vereine bzw. verbände auf der grundlage der wegen ihrer einzelheiten in bezug genommenen, von der klin. laut dem vermerk im kopf „als betreiber der sporthalle“ aufgestellten benutzungs- und entgeltordnung (benutzungsordnung) vom 01.01.2013. § 2 lautet unter der überschrift „überlassung der einrichtung“ auszugsweise: „(1) die benutzung der sporthallen bedarf der erlaubnis. (2) der betreiber entscheidet nach billigem ermessen, wenn mehrere benutzungsanträge für den gleichen zeitraum vorliegen, oder wenn durch einen solchen antrag eine bereits feststehende belegung oder ein anderer wichtiger termin im stadtgebiet berührt wird. veranstaltungen der stadt haben in jedem fall vorrang. (3) der betreiber kann die überlassung der halle widerrufen, wenn wichtige gründe dies erfordern, ohne dass dadurch ein anspruch auf schadensersatz entsteht. im letzteren falle wird der betroffene benutzer durch den betreiber unverzüglich benachrichtigt.“ § 3 lautet unter der überschrift „ordnung“ auszugsweise: (1) der hausmeister übt das hausrecht aus. seinen anordnungen ist in jedem falle folge zu leisten. er kann die sofortige räumung der halle verlangen, wenn gegen die bestimmungen der hallen- und benutzungsordnung vorsätzlich oder grob fahrlässig verstoßen wird. (4) änderungen an der einrichtung, an geräten und an ausstattungsgegenständen bedürfen in jedem falle der zustimmung des betreibers und dürfen nur im beisein des hausmeisters vorgenommen werden.“ § 5 lautet unter der überschrift „verhalten in der halle“ auszugsweise: (2) nicht gestattet ist insbesondere a) der genuss von alkohol in den sport- und umkleideräumen b) das mitbringen von tieren c) die verteilung von druck- und werbeschriften (ausgenommen programme).“ § 9 lautet unter der überschrift „benutzungsentgelt“: „für die benutzung der halle wird ein entgelt nach maßgabe des abschnittes b in seiner jeweils geltenden fassung erhoben“. § 14 lautet unter der überschrift „erhebungsgrundsatz“: „die t gmbh (kurz betreiber) erhebt zur teilweisen deckung ihres aufwands für den betrieb (unterhaltung, reinigung, heizung, etc.) der sporthallen benutzungsgebühren als privatrechtliches entgelt.“ § 17 regelt unter der überschrift „entgelthöhe“ entgelte für dauernutzungen und für einzelnutzungen je veranstaltungstag sowie den kostenersatz für die räum- und streupflicht. 7die klin. schloss mit keinem nutzer der sporthalle schriftliche mietverträge ab. vielmehr trug jeder nutzer die von ihm gewünschten nutzungszeiten in einen hallenbelegungsplan ein. der belegungsplan bezog sich auf die nutzung für eine ganze saison, und zusätzlich auf die nutzung in den ferienzeiten sowie auf die nutzung an wochenenden. an hand des belegungsplans wies die klin. jedem antragsteller bestimmte zeiten zur nutzung zu und entschied auch darüber, welchem antragsteller im falle beantragter doppelbelegung die halle zur nutzung überlassen wurde. die nutzer vermerkten und bestätigten mit unterschrift des jeweiligen übungsleiters im von der klin. geführten sog. hallenbuch, welche nutzungszeiten sie tatsächlich in anspruch genommen hatten. an hand dieser angaben erteilte die klin. in der regel quartalsweise jedem verein und sonstigem nutzer eine entgeltabrechnung für die tatsächlich von ihm in anspruch genommenen nutzungszeiten unter offenem umsatzsteuer(ust)-ausweis. 8in nach § 168 satz 2 der abgabenordnung (ao) zustimmungsbedürftigen ust-voran-meldungen 01/2013, 04/2013, 05/2013 bis 09/2013 erklärte die klin. keine umsätze, sondern nur vorsteuerbeträge aus den baukosten für die zweifeldsporthalle. den begehrten vorsteuerabzug begründete die klin. mit einer steuerpflichtig geplanten zivilrechtlichen vermietung der sporthalle an sportvereine für ein entgelt von 20 € pro stunde. die stadt i. wolle eine belastung der sportvereine mit dem von den vereinen an die klin. zu zahlenden entgelt vermeiden. der x i (x) werde seinen in i. ansässigen mitgliedsvereinen, sofern sie auch mitglieder des landessportbundes seien, auf deren antrag hin die an die klin. gezahlten entgelte erstatten und die stadt i. werde in höhe der vom x an die vereine geleisteten erstattungen zusätzliche zuschüsse an den x leisten. 9in abstimmung mit der oberfinanzdirektion hielt das beklagte finanzamt (fa) die gestaltung für rechtsmissbräuchlich. von den vorgenannten ust-voranmeldungen abweichend erließ das fa am 21.10.2013 bzw. 05.11.2013 bescheide für die ust-vor-anmeldungsräume 01/2013 bis 09/2013, in denen es die ust jeweils auf 0 € festsetzte. die gegen die bescheide eingelegten einsprüche wies das fa durch einspruchsentscheidung (ee) vom 19.03.2014 als unbegründet zurück: der klin. stehe kein vorsteu-erabzug aus den baukosten für die sporthalle zu. die gewählte konstruktion sei ein gestaltungsmissbrauch im sinne des § 42 satz 1 ao, die allein auf die auskehrung von (steuer)überschüssen an die klin. und damit mittelbar an die stadt i. ziele. die vereine könnten die neu errichtete sportstätte ohne finanzielle belastung nutzen. dieses ziel könne die stadt i. in steuerlich anzuerkennender weise mittels einer eigengeschäftlichen unentgeltlichen überlassung der sporthalle an die vereine erreichen. ohne berücksichtigung des ziels der vorsteuererstattung sei die einschaltung der klin. und des x unwirtschaftlich, umständlich, gekünstelt und überflüssig. im vergleich zu der direkten unentgeltlichen überlassung der sporthalle an die vereine durch die stadt i. bedinge der umweg über die klin. einen erhöhten verwaltungsaufwand auf allen seiten, der zum aufbau eines kostenintensiven apparats zur abrechnung von kleinbeträgen - entgelt 20 € pro stunde - führe. abgesehen vom erstrebten steuervorteil sei die zwischenschaltung der klin. in den vermietungsvorgang unter wirtschaftlichen gesichtspunkten ineffektiv und überflüssig. auch die beschlussvorlage … des schul-, kultur- und sportausschusses der stadt i. dokumentiere den gestaltungsmissbrauch wie folgt: „der geplante vorsteuerabzug der …. (t gmbh) ist laut finanzamt insbesondere nur dann möglich, wenn die (t gmbh) einer wirtschaftlichen tätigkeit nachgeht. die einnahme von nutzungsentgelten ist wesentlicher bestandteil dieser wirtschaftlichen tätigkeit und damit unabdingbar.“ an anderer stelle stellte die vorlage klar, dass „es erforderlich ist, die gezahlten nutzungsentgelte an die vereine zu erstatten.“ dass die vereine bezüglich ihrer entgeltzahlungen an die klin. laut dem vortrag der klin. keinen erstattungsanspruch gegen den x hätten, ändere nichts an der rechtsmissbräuchlichen gestaltung. 10daraufhin erhob die klin. am 19.04.2014 die vorliegende klage. abweichend von der anschließend am 25.07.2014 eingereichten ust-jahreserklärung für 2013, in der die klin. keine umsätze, sondern nur vorsteuerbeträge aus den baukosten für die zweifeldsporthalle von 165.842,11 € erklärte, erließ das fa am 16.10.2014 einen ust-jahressteuerbescheid für 2013, in dem es die ust für 2013 auf 0 € festsetzte. die klin. begehrt eine erklärungsgemäße ust-jahresfestsetzung für 2013 mit folgender begründung: vorrangiges ziel des jeweiligen hallennutzers sei die ausübung der in der halle mit den dort vorgehaltenen sportgeräten angebotenen sportarten. die stundenweise entgeltliche überlassung der sporthalle einschließlich ihrer einrichtungen und betriebsvorrichtungen an die vereine sei keine steuerfreie grundstücksvermietung im sinne des § 4 nr. 12 satz 1 buchst. a des umsatzsteuergesetzes (ustg). das nutzungsentgelt von 20 € pro stunde sei ein marktübliches entgelt, das auf dem verhältnis der geschätzten kosten zu der anzahl der möglichen nutzungsstunden beruhe. laut dem sportentwicklungsbericht 2009/2010 des deutschen olympischen sportbundes betrage der mietzins für eine vergleichbare sporthalle mit vergleichbarer ausstattung durchschnittlich 5 € pro stunde. geplant sei die entgeltliche überlassung der sporthalle auch an dritte, nicht dem x angehörende personen. im iii. und im iv. quartal 2014 hätten nur dem x angehörende vereine die halle genutzt. eine vermietung an nicht dem x angehörende dritte sei derzeit schwierig. nachdem der rechtstreit öffentlich geworden sei, schreckten potenzielle drittnutzer, die sich bereits nach den möglichkeiten und den bedingungen einer (stundenweisen) anmietung der sporthalle erkundigt hätten, angesichts des risikos ihrer (endgültigen) belastung mit nicht als vorsteuer abzugsfähiger ust vor einer entgeltlichen nutzung der sporthalle zurück. in der sporthalle habe am 05.02.2015 eine dreistündige veranstaltung der firma h stattgefunden. 11die klin. beantragt, 12 unter änderung des ust-bescheides des beklagten für 2013 vom 16.10.2014 die ust auf ./. 165.842,11 € festzusetzen, 13 hilfsweise, die revision zuzulassen. 14das fa beantragt, 15 die klage abzuweisen, 16 hilfsweise, die revision zuzulassen. 17neben seinem verweis auf seine verwaltungsentscheidungen trägt es ergänzend vor: zwar sei die klin. unter erfüllung der weiteren voraussetzungen des § 2 ustg mit der tätigkeit der entgeltlichen hallenvermietung -- unstreitig -- unternehmer im sinne des § 2 ustg und führe steuerpflichtige umsätze aus. die entgeltliche überlassung der sporthalle an die vereine widerspreche aber tz. 3.1.1 und 4.1 des sportförderungsplans der stadt i., wonach die sporthallen der stadt i. den örtlichen sportvereinen kostenlos/unentgeltlich zur durchführung von übungsstunden und sport- sowie sonstigen veranstaltungen zu überlassen seien und wegen dessen weiterer einzelheiten auf die fassung 2011 bezug genommen werde. bei unentgeltlicher überlassung der sporthalle an die vereine durch die stadt i. durch ein eigengeschäft werde die stadt i. nicht als unternehmer im sinne des § 2 ustg tätig. für die annahme eines gestaltungsmissbrauchs sprächen auch die beschlüsse der 21. sitzung des rats der stadt i. und der 17. sitzung des haupt-, finanz- und wirtschaftsförderungsausschusses der stadt i. im beschluss des haupt-, finanz- und wirtschaftsförderungsausschusses werde die in der ausschusssitzung von den prozessbevollmächtigten der klin. erteilte rechtsauskunft wiedergegeben, dass eine direkte verknüpfung der zahlung von hallenmieten mit zuschüssen/erstattungen an die vereine vermieden werden müsse. es sei klargestellt worden, dass die gründung einer gmbh durch die stadt i. aufwändige genehmigungs- und prüfungsverfahren nach sich zögen. angesichts dieses folgeaufwandes sei die gewählte gestaltung unwirtschaftlich, umständlich, kompliziert, schwerfällig und ineffektiv. 18wegen der weiteren einzelheiten des sachverhalts wird auf die gerichtsakte einschließlich des protokolls über die mündliche verhandlung vom 03.11.2015 sowie auf die beigezogenen verwaltungsvorgänge bezug genommen. 19
20die klage ist begründet. 21der nach § 68 der finanzgerichtsordnung (fgo) gegenstand des klageverfahrens gewordene ust-jahresbescheid für 2013 vom 16.10.2014 ist rechtswidrig und verletzt die klin. in ihren rechten, § 100 abs. 1 satz 1 fgo. unzutreffend hat das fa in diesem bescheid die von der klin. für 2013 erklärten vorsteuerbeträge nicht berücksichtigt, obwohl die voraussetzungen für den vorsteuerabzug vorliegen. 22nach § 15 abs. 1 satz 1 nr. 1 satz 1 ustg kann der unternehmer als vorsteuerbeträge die gesetzliche geschuldete steuer für lieferungen und sonstigen leistungen abziehen, die von einem anderen unternehmer für sein unternehmen ausgeführt worden sind. zusätzlich setzt § 15 abs. 1 satz 1 nr. 1 satz 2 ustg für den vorsteuerabzug voraus, dass der unternehmer eine nach den §§ 14, 14a ustg ausgestellte rechnung besitzt. zum vorsteuerabzug nach diesen vorschriften ist der unternehmer berechtigt, soweit er leistungen für sein unternehmen im sinne des § 2 abs. 1 ustg bzw. des art. 168 der mehrwertsteuersystemrichtlinie (mwstsystrl) zur nachhaltigen erbringung entgeltlicher leistungen verwendet oder zu verwenden beabsichtigt, die steuerpflichtig bzw. nach § 15 abs. 3 ustg steuerfrei sind (vgl. bfh urteil vom 10.11.2011 v r 41/10, bfhe 235, 554, bfh/nv 2012, 670). 23entgeltliche leistungen sind nach § 1 abs. 1 nr. 1 ustg steuerbare vorgänge, wenn zwischen dem unternehmer und dem leistungsempfänger ein rechtsverhältnis besteht, das einen unmittelbaren zusammenhang zwischen leistung und entgelt begründet, so dass das entgelt als gegenwert für die leistung anzusehen ist (vgl. bfh urteile vom 04.07.2013 v r 33/11, bfhe 242, 280, bstbl ii 2013, 937, vom 03.03.2011 v r 24/10, bfhe 233, 282, bstbl ii 2011, 950 mit weiteren nachweisen aus der rechtsprechung des bfh und des eugh, beschluss vom 11.06.2015 v b 140/14, ziffer 1 b, bfh/nv 2015, 1442). im streitfall liegen diese voraussetzungen vor. entsprechend ihres in § 2 des gesellschaftsvertrages beschriebenen geschäftszwecks „betrieb von sporthallen“, auf den die klin. im kopf der vor ihr aufgestellten, ihren status „als betreiber der sporthalle“ ausdrücklich betonenden benutzungsordnung sowie in § 14 der benutzungsordnung „die t gmbh (kurz betreiber) erhebt“ klarstellend hinweist, betrieb die klin. -- und nicht etwa die im x zusammengeschlossenen vereine -- die sporthalle. auf der grundlage der in der benutzungsordnung festgelegten vertragsbedingungen überließ die klin. aufgrund einer zivilrechtlichen vereinbarung gegen zahlung eines laut § 14 der benutzungsordnung „zivilrechtlichen entgelts“ die sporthalle einschließlich der darin vorgehaltenen einrichtungen und betriebsvorrichtungen an dem x angehörige vereine zur stundenweisen nutzung. schriftliche verträge zwischen der klin. als der betreiberin und anbieterin der sporthalle zur nutzung insbesondere für sportliche aktivitäten und den vereinen und sonstigen dritten als den hallennutzern sind zwar nicht abgeschlossen worden. vertragliche rechtsbeziehungen entstanden im streitfall aber konkludent dadurch, dass die nutzer mit der nutzung der halle die von der klin. in der benutzungsordnung formulierten vertragsbedingungen anerkannten und stillschweigend zu diesen bedingungen eine zivilrechtliche beziehung zur klin. eingingen. folgerichtig entrichteten die nutzer die durch ihre hallennutzung nach den vorgaben in § 14 der benutzungsordnung angefallenen entgelte entsprechend der von der klin. erteilten abrechnungen. 24ihre in form der überlassung der sporthalle an nutzer gegen entgelt ausgeführten leistungen führte die klin. als unternehmerin im sinne des § 2 abs. 1 satz 1 ustg aus. 25unternehmer ist gemäß § 2 abs. 1 satz 1 ustg, wer eine gewerbliche oder berufliche tätigkeit selbständig ausübt. gewerblich oder beruflich ist nach § 2 abs. 1 satz 3 ustg jede nachhaltige tätigkeit zur erzielung von einnahmen, auch wenn die absicht fehlt, gewinne zu erzielen, oder eine personenvereinigung nur gegenüber ihren mitgliedern tätig wird. 26§ 2 ustg ist richtlinenkonform auszulegen, d.h. es muss eine wirtschaftliche tätigkeit im sinne des art. 9 abs. 1 unterabs. 2 der mwstsystrl ausgeübt werden (vgl. bfh urteile vom 13.02.2014 v r 5/13, bfh/nv 2014, 1159 - betreffend die unternehmereigenschaft der öffentlichen hand -, vom 26.04.2012 v r 2/11, bfhe 237, 286, bstbl ii 2012, 634, vom 27.01.2011 v r 21/09, bfhe 233, 77, bstbl ii 2011, 524, vom 08.12.2008 v r 80/07, bfhe 225, 163, bstbl 2011, 292 m.w.n., beschluss vom 25.04.2013 xi b 123/12, bfh/nv 2013, 1273). art. 9 abs. 1 der mwstsystrl definiert den begriff des steuerpflichtigen unter bezugnahme auf den der „wirtschaftlichen tätigkeit“. liegt eine solche tätigkeit vor, rechtfertigt dieser umstand die einstufung der handelnden person als steuerpflichtiger. art. 9 der mwstsystrl definiert den begriff „wirtschaftliche tätigkeit“ dahin, dass er alle tätigkeiten und insbesondere die umsätze, die durch die nutzung von körperlichen oder nicht körperlichen gegenständen zur nachhaltigen erzielung von einnahmen gekennzeichnet sind, eines erzeugers, händlers oder dienstleistenden, der landwirte sowie der freien berufe und der diesen gleichgestellten berufe umfasst. nach der rechtsprechung des bfh (urteil vom 26.08.2014 xi r 26/10, bfhe 247, 269, bfh/nv 2015, 35) sprechen für die selbständigkeit insbesondere die übernahme des unternehmerrisikos (vergütungsrisikos) und geschäftliche beziehungen zu mehreren vertragspartnern. ob eine wirtschaftliche tätigkeit im sinne des unionsrechts bzw. des nationalen steuerrechts gemäß § 2 abs. 1 satz 1 ustg vorliegt, ist im konkreten einzelfall unter berücksichtigung aller umstände abzuwägen (vgl. bfh urteil vom 27.01.2011 v r 21/09, a.a.o.). mit der überlassung der sporthalle an die nutzer gegen entgelt übte die klin. eine wirtschaftliche tätigkeit im sinne des § 2 abs. 1 satz 2 ustg aus, mit der sie das die selbständigkeit im sinne des § 2 ustg charakterisierende unternehmerrisiko trug. die höhe der von der klin. mit der seit der bezugsfertigkeit der halle als hallenbetreiber erzielten umsätze hing und hängt neben der allgemeinen marktlage insbesondere von der fähigkeit der klin. ab, in welchem umfang sie die sporthalle in konkurrenz zu anderen hallenanbietern an verschiedene nutzer entgeltlich vermieten kann. ob die klin. in der absicht handelte, gewinn zu erzielen, ist unerheblich (vgl. bfh urteil vom 10.11.2011 v r 41/10, bfhe 235, 554, bfh/nv 2012, 670). die klin. ist auch nachhaltig tätig, da sie seit 2014 über mehrere jahre gegen entgelt dritten die sporthalle überlässt. 27ihre wirtschaftliche tätigkeit führte die klin. selbständig im sinne des § 2 abs. 1 satz 1 ustg aus. 28zwar wird nach § 2 abs. 2 satz 1 nr. 2 ustg eine gewerbliche tätigkeit dann nicht selbständig im sinne des § 2 abs. 1 satz 1 ustg ausgeführt, wenn eine juristische person -- wie im streitfall die klin. -- nach dem gesamtbild der tatsächlichen verhältnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in das unternehmen des organträgers eingegliedert ist. 29diese voraussetzungen liegen aber nicht vor. zwar war die klin. in 2013 im sinne des § 2 abs. 2 satz 1 nr. 1 ustg finanziell und wirtschaftlich in die stadt i. eingegliedert (vgl. dazu bfh urteil vom 07.07.2011 v r 53/10, bfhe 234, 548, bstbl ii 2013, 218). die stadt i. war alleiniger gesellschafter der klin., und die klin. hatte das für die erfüllung ihres geschäftszwecks benötigte geschäftsgrundstück bis mindestens 31.12.2024 von der stadt i. gemietet, wobei dieses mietverhältnis nur durch eine außerordentliche kündigung vorfristig aufgelöst werden kann. es fehlt aber eine organisatorische eingliederung der klin. in die stadt i. nach der rechtsprechung des bfh (urteile vom 07.07.2011 v r 53/10 bfhe 234, 548, bstbl ii 2013, 218 ziffer ii 3 a aa, vom 10.07.2012 xi r 31/10, bfh/nv 2013, 95 ziffer ii 2) besteht eine organisatorische eingliederung regelmäßig bei personenidentität in den geschäftsführungsorganen der organträgerin und der organgesellschaft. diese voraussetzung ist im streitfall nicht erfüllt. in 2013 vertrat die bürgermeisterin der stadt i. gemäß § 63 abs. 1 der gemeindeordnung nrw (go nrw) die stadt i. bei allen verwaltungs- und rechtsgeschäften. hingegen waren geschäftsführer der klin. die städtischen beamten d e und t p . dass beide beamte ihrer geschäftsführeraufgaben aufgrund abordnung durch die stadt i. wahrnahmen und auch heute noch wahrnehmen, begründet keine organisatorische eingliederung der klin. in die stadt i. zwar sind nach der rechtsprechung des bfh (vgl. urteil vom 07.07.2011 v r 53/10, a.a.o.) die voraussetzungen für eine organisatorische eingliederung der gmbh im rahmen einer organschaft unter erfüllung weiterer voraussetzungen auch dann erfüllt, wenn der geschäftsführer der gmbh leitender mitarbeiter des organträgers ist. bei den zu einzelgeschäftsführern der klin. bestellten städtischen bediensteten handelt es sich aber nicht um leitende mitarbeiter der stadt i. leitende mitarbeiter der stadt i. waren in 2013 nach § 63 go nrw der bürgermeister und gemäß den §§ 70 bis 72 go nrw die beigeordneten der stadt i. dass die stadt i. zur bestellung und abberufung der gmbh-geschäftsführer berechtigt ist, bzw. dass der stadt i. auf grund ihrer stellung als gesellschafterin der klin. ein weisungsrecht gegenüber der geschäftsführung der gmbh zusteht, begründet für sich allein betrachtet keine organisatorische eingliederung. ein die organisatorische eingliederung begründendes weisungsrecht ergibt sich nicht allein schon aus dem umstand, dass der alleinige gesellschafter in der gesellschafterversammlung der gesellschaft gegenüber deren geschäftsführer weisungsbefugt ist. ebenso wenig reicht es für die annahme einer organisatorischen organschaft aus, dass die satzung der gmbh zustimmungsvorbehalte zu gunsten der gesellschafterversammlung festlegt (vgl. bfh urteil vom 07.07.2011 v r 53/10, a.a.o.). in diesem zusammenhang ist auch zu berücksichtigen, dass die organisatorische eingliederung voraussetzt, dass die mit der finanziellen eingliederung verbundene möglichkeit der beherrschung der gmbh durch die gesellschafterin in der laufenden geschäftsführung wirklich, d.h. tatsächlich wahrgenommen wird (vgl. fg sachen-anhalt urteil vom 20.03.2013 2 k 1631/08, juris; bestätigung durch bfh beschluss vom 21.01.2014 xi b 53/13, nicht dokumentiert; schmidt, gmbhr 1996, 175, ziffer iii 2). auch diese voraussetzung ist nicht erfüllt. die geschäftsführer der klin. erfüllten ihre geschäftsführeraufgaben nach der bestimmung des § 5 des gesellschaftsvertrages. maßstab für ihre tätigkeit waren die interessen der klin. und nicht die interessenlage der stadt i. nach aktenlage ergingen keine laufenden konkreten einzelweisungen der stadt i. auf grund deren stellung als gesellschafterin der klin. an die geschäftsführer der klin. betreffend art und inhalt ihrer geschäftsführertätigkeit. nur fortlaufende weisungen durch die stadt i. in ihrer eigenschaft als gesellschafterin der klin. an die geschäftsführer der klin. und die damit verbundenen dauernden eingriffe der gesellschafterin stadt i. in die art und weise der geschäftsführung der klin. könnten den schluss einer organisatorischen beherrschung der klin. durch die stadt i. rechtfertigen. 30die klin. erbrachte keine steuerfreien umsätze im sinne des § 15 abs. 2 satz 1 nr. 1 ustg. 31die klin. übte mit der von ihr als betreiber durchgeführten entgeltlichen überlassung der räumlichkeiten der sporthalle an die nutzer keine unter die steuerbefreiung des § 4 nr. 12 a satz 1 buchst. a ustg fallende leistung aus. 32§ 4 nr. 12 satz 1 buchst. a ustg ist unter beachtung ihrer unionsrechtlichen grundlage des art. 135 abs. 1 buchst l der mwstsystrl, wonach die vermietung und verpachtung von grundstücken steuerfrei ist, auszulegen. das grundlegende merkmal des begriffs „vermietung von grundstücken“ im sinne von art. 135 abs. 1 buchst. l der mwstsystrl besteht, ohne dass zu seiner begriffsbestimmung auf das nationale zivilrecht zurück gegriffen werden darf, darin, dass dem vertragspartner auf bestimmte zeit gegen eine vergütung das recht eingeräumt wird, ein grundstück so in besitz zu nehmen, als wäre er dessen eigentümer, und jede andere person von diesem recht auszuschließen. der begriff „vermietung von grundstücken“ im sinne des § 4 nr. 12 a satz 1 buchst. a ustg und des art. 135 1 buchst. i der mwstsystrl (bzw. der inhaltlich identischen vorgängervorschrift des art. 13 teil b buchst. b der richtlinie 77/388/ewg) ist eng auszulegen, da diese bestimmungen eine ausnahme von dem grundsatz vorsehen, dass jede dienstleistung, die ein unternehmer gegen entgelt erbringt, der ust unterliegt (vgl. bfh urteil vom 17.12.2014 xi r 16/11 ziffer ii 1 b, bfhe 248, 436, bstbl ii 2015, 427 m.w.n. aus der rechtsprechung des eugh). maßgebend ist der objektive inhalt des vorgangs unabhängig von der bezeichnung, den die parteien ihm gegeben haben (vgl. bfh urteil vom 21.02.2013 v r 10/12, bfh/nv 2013, 1635, urteil vom 17.12.2014 xi r 16/11, a.a.o.). zu beachten ist auch die tatsächliche durchführung unter berücksichtigung der interessenlage der beteiligten (vgl. bfh urteil vom 25.02.2015 xi r 15/14, bfhe 249, 343, bfh/nv 2015, 772, ziffer ii 4 c). nach der rechtsprechung des bfh (urteile vom 10.11.2011 v r 41/10, a.a.o., vom 31.05.2011 v r 97/98, bfhe 194, 555, bstbl ii 2001, 658; beschluss vom 07.05.2014 v b 94/13, bfh/nv 2014, 1242) stellt die entgeltliche überlassung der räumlichkeiten einer sporthalle durch deren betreiber an deren nutzer gegen entgelt keine unter die steuerbefreiung des § 4 nr. 12 a satz 1 buchst. a ustg fallende leistung dar. angesichts der in § 2 und in § 3 der benutzungsordnung vorgegebenen, von den nutzern mit der nutzung der sporthalle stillschweigend akzeptierten vertragsbedingungen überließ die klin. die sporthalle den nutzern gerade nicht für einen befristeten zeitraum in der weise, dass die nutzer für diesen zeitraum in eine eigentümerähnliche position einrückten. ausweislich des abrechnungsmodus in § 17 der benutzungsordnung, der eine entgeltabrechnung nach maßgabe einer tageweisen bzw. stundenweisen nutzung der sporthalle vorsieht, erfolgte jeweils eine stunden- bzw. tageweise überlassung der sporthalle an die nutzer. die von der klin. als der betreiberin der sporthalle dem jeweiligen nutzer zugewiesene nutzungszeit stand nach § 2 der benutzungsordnung unter dem vorbehalt des jederzeitigen, auch kurzfristigen widerrufs der zugesagten nutzungsmöglichkeit, ohne dass der nutzer einem widerruf ein vertraglich begründetes besitzrecht entgegen halten konnte. vertraglich vereinbart stand der klin. vielmehr das recht zu, die vertragliche beziehung zu jedem nutzer jeder zeit kurzfristig „von einem auf den anderen tag“ auflösen zu können. kann aber der hallenbetreiber auf grund eines zu seinen gunsten vertraglich vereinbarten rechts die eingeräumte nutzungsmöglichkeit kurzfristig entziehen, liegt kein fall einer vermietung im sinne des § 4 nr. 12 satz 1 buchst. a ustg durch den betreiber an den nutzenden vor (vgl. bfh beschluss vom 26.04.2002 v b 168/01, bfh/nv 2002, 1345 m.w.n.; bfh urteil vom 17.12.2014 xi r 16/11 ziffer ii 2 f am ende, a.a.o., betreffend die überlassung von räumen an prostituierte zur ausübung ihrer geschäftlichen tätigkeit). zusätzlich ist zu beachten, dass die klin. auch nach tatsächlichem nutzungsbeginn aufgrund des ihrem hausmeister gemäß § 3 der benutzungsordnung vertraglich zugestandenen hausrechts einseitig und vor ablauf der dem nutzer eingeräumten nutzungszeit diesen der halle verweisen konnte, ohne dass der nutzer einem solchen verweis ein besitzrecht entgegenhalten konnte. gegen die überlassung einer eigentümerähnlichen stellung an die vertragspartner der klin. spricht desweiteren, dass für den fall eines widerrufs einer eingeräumten nutzungsmöglichkeit bzw. für den fall eines unberechtigten verweises aus der sporthalle durch den hausmeister den nutzern kein schadensersatzanspruch gegen die klin. zustand. schließlich sprechen auch die in den § 4 und in § 5 der benutzungsordnung zu lasten der nutzer vereinbarten beschränkungen der ausübung ihres nutzungsrechts gegen die einräumung einer eigentümerähnlichen stellung an den hallennutzer. 33sollte man aber die vom senat nicht geteilte auffassung vertreten, dass die entgeltliche überlassung der sporthalle an die nutzer eine steuerfreie leistung der klin. im sinne des § 4 nr. 12 a satz 1 buchst. a ustg darstellt, so führt dieser gesichtspunkt nicht zur abweisung der klage. für diesen fall wäre die klin. berechtigt, auf die steuerfreiheit ihrer entgeltlichen überlassungstätigkeit zu verzichten. nach § 9 abs. 1 ustg kann der unternehmer einen umsatz, der nach § 4 nr. 12 ustg steuerfrei ist, als steuerpflichtig behandeln, wenn der umsatz an einen anderen unternehmer für dessen unternehmen ausgeführt wird. diese voraussetzungen lägen im streitfall vor. denn die die sporthalle „mietenden“ vereine sind unternehmer im sinne des § 9 abs. 1 ustg. nach der rechtsprechung des bfh (urteil vom 20.03.2014 v r 4/13 bfhe 245, 397, bfh/nv 2014, 1470) erbringt ein verein, der seinen mitgliedern sportanlagen und damit verbundene vorteile zur verfügung stellt, im sinne des § 1 abs. 1 nr. 1 ustg entgeltliche und mangels erfüllung eines befreiungstatbestands steuerpflichte leistungen, wobei die mitglieder die vom verein an sie erbrachten leistungen durch ihre jahresbeiträge vergüten, ohne dass es für die steuerbarkeit dieses leistungsaustausches darauf ankommt, ob der verein auf verlangen seiner mitglieder gezielte leistungen erbringt. nach dem unwidersprochenen vortrag der klin. überließen ihre vertragspartner, die vereine, die ihr zur nutzung überlassene halle an ihre vereinsmitglieder gegen zahlung des mitgliedsbeitrags zur ausübung sportlicher aktivitäten. die nach § 9 abs. 1 ustg erforderliche verzichtserklärung liegt im streitfall vor, da die klin. durch die geltendmachung der vorsteuerbeträge aus den für den bau der sporthalle angefallenen baukosten auf die steuerfreiheit der mittels der sporthalle geplanten umsätze verzichtet hat. 34der hinweis des fa auf eine rechtsmissbräuchliche gestaltung durch die klin. gebietet keine abweisung der klage. zwar kann nach § 42 satz 1 ao das steuergesetz durch missbrauch von gestaltungsmöglichkeiten nicht umgangen werden. liegt ein missbrauch vor, so entsteht gemäß § 42 satz 2 ao der steueranspruch so, wie er bei einer den wirtschaftlichen vorgängen angemessenen gestaltung entsteht. die vorschrift des § 42 ao ist nach der rechtsprechung des bfh (zuletzt urteil vom 16.06.2015 xi r 17/13, db 2015, 2244) auch im rahmen des umsatzsteuerrechts anzuwenden. § 42 ao stellt keine sondermaßnahme im sinne des art. 395 der mwstsystrl dar. gemäß der rechtsprechung des eugh (urteile vom 21.02.2006 c-255/02 „halifax“, slg 2006, i-1609, bfh/nv 2006, beilage 3, s. 260, vom 22.12.2010 c-103/09 „weald leasing“, slg 2010, i-13589, bfh/nv 2011, 153, vom 18.12.2014 c-131/13, ur 2015, 106) und des bfh (urteil vom 16.06.2015 xi r 17/13, a.a.o.) ist art. 395 der mwstsystrl so auszulegen, dass die anwendung des unionsrechts nicht so weit geht, dass sie von den wirtschaftsteilnehmern begangene missbräuchliche praktiken deckt. umsätze, die nicht als normale handelsgeschäfte, sondern nur zu dem zweck getätigt werden, missbräuchlich in den genuss von im unionsrecht vorgesehenen vorteilen zu gelangen, sind durch die mwstsystrl nicht gedeckt. die feststellung einer missbräuchlichen praxis auf dem gebiet der mehrwertsteuer setzt zum einen voraus, dass die fraglichen umsätze trotz formaler erfüllung der einschlägigen bestimmungen der mwstsystrl und des zu ihrer umsetzung erlassenen nationalen rechts einen steuervorteil zum ergebnis haben, dessen gewährung mit dem mit diesen bestimmungen verfolgten zweck zuwiderläuft, und dass zum anderen aufgrund einer reihe objektiver anhaltspunkte ersichtlich ist, dass mit den fraglichen umsätzen im wesentlichen ein steuervorteil bezweckt wird. nicht einschlägig ist das missbrauchsverbot, wenn die fraglichen umsätze eine andere erklärung als nur die erlangung von steuervorteilen haben können, wobei der steuerpflichtige grundsätzlich das recht hat, seine tätigkeit so zu gestalten, dass er seine steuerschuld in grenzen hält. 35zwar hat der bfh die mit dem ziel, die voraussetzungen für einen vorsteuerabzug aus den beim vermieter für das mietobjekt angefallenen baukosten zu erfüllen, erfolgte auslagerung von vermietungsumsätzen für mehrere fallgruppen als rechtsmissbräuchlich im sinne des § 42 satz 1 ao angesehen. nach der rechtsprechung des bfh (urteile vom 14.05.1992 v r 12/88, bfhe 168, 468, bstbl ii 1992, 931, vom 12.03.1998 v r 17/96, bfh/nv 1998, 1067) ist die einschaltung eines gewerblichen zwischenmieters in die vermietung von wohnraum aufgrund eines von vorneherein vereinbarten gesamtkonzepts ein missbrauch von gestaltungsmöglichkeiten, weil dieses konzept der gesetzlichen leitentscheidung widerspricht, dass die vermietung von wohnraum nicht mit ust belastet werden soll. auch die auslagerung des vermietungsumsatzes im rahmen des sog. ehegatten-vorschaltmodells stellt jedenfalls dann einen rechtsmissbrauch dar, wenn die vermietung von arztpraxisräumen durch einen vermögenslosen familienangehörigen bei gleichzeitiger refinanzierung der aufgrund der vorangegangenen errichtung der mieträume beim mittellosen vermieter angefallenen baukosten durch den ärztlichen mieter der praxisräume erfolgt (vgl. bfh urteile vom 14.12.1995 v r 12/95, bfhe 179, 472, bstbl ii 1996, 252, vom 16.03.2000 v r 9/99, bfh/nv 2000, 1254, aber anders für den fall des pkw-erwerbs: bfh urteil vom 04.05.1994 xi r 67/93, bfhe 175, 139, bstbl ii 1994, 829). die auslagerung des vermietungsumsatzes auf den vermögenslosen familienangehörigen widerspricht ebenfalls dem gesetzlichen leitbild, das durch die – wenn auch systemwidrige - steuerbefreiung ärztlicher leistungen in § 4 nr. 14 buchst. a ustg klar und eindeutig zum ausdruck bringt, dass ärztliche leistungen nicht mit ust belastet und dass auf diesem wege die sozialversicherungsträger und die endverbraucher von ärztlichen heilbehandlungsleistungen von kosten durch belastung mit ust befreit werden sollen (vgl. bfh beschluss vom 31.07.2007 v b 98/06, bfhe 217, 94, bstbl ii 2008, 35). parallel zum sog. ehegatten-vorschaltfall hat der bfh auch die dadurch gekennzeichneten sparkassenmodelle, dass die vermietung der von der sparkasse genutzten betriebsräume zur ausführung von im wesentlich nach § 4 nr. 8 ustg steuerfreien umsätzen auf eine mittellose und wirtschaftlich von der mietenden sparkasse abhängige personenhandelsgesellschaft ausgelagert wurde, für rechtsmissbräuchlich erachtet (vgl. bfh urteile vom 18.12.1996 xi r 12/96, bfhe 182, 395, bstbl ii 1997, 374, vom 29.01.1997 xi r 27/95, bfh/nv 1997, 816). 36entgegen der auffassung des fa fehlt es im streitfall an einer unangemessenen gestaltung im sinne des § 42 satz 1 ao. dass die entgeltlichen leistungen der klin. an die vereine die möglichkeit eines vorsteuerabzugs begründen, widerspricht nicht dem sinn und dem zweck der gesetzlichen vorgaben des § 2 ustg in verbindung mit § 15 ustg. 37hätte die stadt i. als eigengeschäft die sporthalle errichtet und anschließend steuerpflichtig vermietet, hätte ihr nach § 15 abs. 1 satz 1 nr. 1 ustg ein vorsteuerabzug aus den baukosten zugestanden. 38nach der rechtsprechung des bfh (urteil vom 10.11.2011 v r 41/10 bfhe 235, 554, bfh/nv 2012, 670, beschluss vom 19.03.2014 xi b 126/13, juris mit weiteren nachweisen, vgl. auch fg baden-württemberg urteil vom 13.05.2015 9 k 2732/13, juris) ist eine juristische person des öffentlichen rechts wie eine gemeinde gerade dann als unternehmer im sinne des § 2 abs. 3 satz 1 ustg in verbindung mit § 4 des körperschaftssteuergesetzes (kstg) anzusehen, wenn sie leistungen entweder auf zivilrechtlicher grundlage oder im wettbewerb zu dritten auf öffentlich-rechtlicher grundlage erbringt. im urteil vom 10.11.2011 v r 41/10 (a.a.o.) hat der bfh ausdrücklich betont, dass ein träger öffentlicher gewalt mit der überlassung vom räumlichkeiten einer sport- und freizeithalle in form eines eigengeschäfts gegen entgelt bereits nach der art seiner tätigkeit im wettbewerb zu privaten anbietern steht, und dass es für die beurteilung des sachverhalts nicht auf die verhältnisse auf dem lokalen markt im gebiet der gemeinde ankommt, so dass eine gemeinde mit dem entgeltlichen betrieb einer sport- und freizeithalle als unternehmer im sinne des § 2 abs. 3 ustg anzusehen ist. im urteil vom 13.02.2014 v r 5/13 (a.a.o.) hat der bfh unter bezugnahme auf das urteil vom 10.11.2011 v r 41/10 (a.a.o.) die von einer gemeinde als eigengeschäft durchgeführte vermietung von standflächen bei einer kirmesveranstaltung auf zivilrechtlicher grundlage als eine wirtschaftliche tätigkeit im sinne des § 2 abs. 3 satz 1 ustg in verbindung mit § 4 kstg angesehen. bezogen auf den streitfall hätte die stadt i. mit einer eigengeschäftlichen entgeltlichen überlassung der sporthalle an nutzer steuerbare leistungen ausgeführt. ob die stadt i. in der absicht gehandelt hätte, gewinn zu erzielen, ist unerheblich (vgl. bfh urteil vom 10.11.2011 v r 41/10, a.a.o.). 39bei anwendung der in der benutzungsordnung der klin. festgelegten vertragsbedingungen im falle einer eigengeschäftlichen überlassung der sporthalle durch die stadt i. an nutzer gegen entgelt lägen steuerpflichtige, weil nicht nach § 4 nr. 12 satz 1 buchst. a ustg steuerbefreite umsätze vor. zur vermeidung von wiederholungen wird auf die vorstehenden ausführungen zur steuerpflicht der entgeltlichen überlassungsumsätze der klin. an die hallennutzer hingewiesen. 40das fa kann sich in diesem zusammenhang nicht auf die rechtsprechung des bfh zur fallgestaltung der zwischenvermietung von wohnraum bzw. zu den vorschaltmodellen berufen. während im streitfall die entgeltliche überlassung der sporthalle durch die klin. wie auch alternativ durch die stadt i. im rahmen eines eigengeschäfts einen vorsteuerabzug begründet, der nicht der in § 15 abs. 1 satz 1 nr. 1 satz 1 ustg niedergelegten gesetzlichen konzeption des vorsteuerabzugs aus vom vermieter bezogenen bauleistungen widerspricht, steht in den vorgenannten vorschaltfällen dem jeweiligen hintermann (arzt, sparkasse) gerade kein vorsteuerabzug aus den aufgrund eines eigengeschäfts dieses hintermanns angefallenen baukosten zu, weil in diesen fällen ein vorsteuerabzug aus den baukosten sinn und zweck des § 15 ustg widerspricht. 41der senat folgt auch nicht der begründung des fa, die stadt i. sei verpflichtet, eine von ihr als eigengeschäft in eigenem namen und für eigene rechnung errichtete sporthalle angesichts der richtlinien des sportförderungsplans der stadt i. den sportvereinen unentgeltlich zur nutzung zu überlassen. der vom fa angestellte vergleich berücksichtigt nicht, dass ein unternehmer seine leistungen selbst dann steuerlich unterschiedlich gestalten kann, wenn er diese leistungen an denselben leistungsempfänger erbringt, d.h. es obliegt allein der entscheidung des unternehmers, ob er leistungen entgeltlich oder unentgeltlich ausführen will. der senat teilt nicht die unter bezug auf den sportförderungsplan der stadt i. vom fa gezogene schlussfolgerung, dass jede andere verwendung der sporthalle als in form einer unentgeltlichen überlassung an die in i. ansässigen sportvereine eine unangemessene gestaltung im sinne des § 42 satz 1 ao ist. zum einen übersieht das fa, dass ausweislich des in tz. 3.1 des sportförderungsplans der stadt i. ausdrücklich aufgenommenen vorbehalts die vereine und die übrigen nutzer städtischer sporteinrichtungen der stadt i. jederzeit damit rechnen müssen, dass neugeschaffene sporteinrichtungen, etwa sporthallen, zukünftig nur gegen entgelt zur nutzung überlassen werden würden. die in 2013 geltende fassung des sportförderungsplans begründet gerade keinen anspruch der vereine gegen die stadt i. auf unentgeltliche überlassung der von der stadt i. unterhaltenen sporteinrichtungen. der annahme eines rechtsmissbrauch steht desweiteren eine abweichung des zur beurteilung anstehenden sachverhalts von dem vom fa herangezogenen vergleichsfall der unentgeltlichen nutzungsüberlassung der sporthalle durch die stadt i. an die auf dem gemeindegebiet ansässigen sportvereine entgegen. nach dem unwiderlegt gebliebenen sachvortrag plante die klin. die sporthalle gegen entgelt auch an andere interessenten als die auf dem gebiet der stadt i. ansässigen sportvereine zur nutzung zu überlassen und konnte in 2015 auch zumindest in einem fall eine solche vermietung vereinbaren. 42auch der hinweis des fa auf den bei der klin. anfallenden verwaltungsaufwand überzeugt nicht. unternehmer im sinne des § 2 ustg bzw. im sinne des art. 9 abs. 1 der mwstsystrl ist jede „wirtschaftlich tätige person“, wobei bereits eine solche tätigkeit deren einstufung als steuerpflichtiger rechtfertigt. für umsatzsteuerliche zwecke ist nicht entscheidungserheblich, mit welchem (kostenauslösenden) aufwand eine „wirtschaftliche tätigkeit“ im sinne des unionsrechts bzw. des nationalen umsatzsteuerrechts verbunden ist, und ob die tätigkeit kurz- oder langfristig einen überschuss der einnahmen über die ausgaben mit sich bringt. auch eine eigengeschäftliche entgeltliche überlassung der sporthalle durch die stadt i. hätte verwaltungs- und prüfungsaufwand ausgelöst. zudem hätte der gemeinderat hinsichtlich der übernahme eines eventuellen betriebskostendefizits der halle durch die stadt i. jährlich entscheiden müssen. die vorbereitung und umsetzung einer solchen entscheidung des gemeinderats hätte ebenfalls verwaltungsaufwand ausgelöst. dass ziel der auslagerung der streitigen umsätze auf die klin. der vermeidung von verwaltungs- und entscheidungsaufwand bei der stadt i. diente, ist umsatzsteuerlich nicht zu beanstanden. 43die kostenentscheidung beruht auf § 135 abs. 1 fgo. 44die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit folgt aus §§ 151 abs. 3, 155 fgo i. v. m. §§ 708 nr. 10, 711 der zivilprozessordnung. 45gründe für die zulassung der revision nach § 115 abs. 2 fgo liegen nicht vor.
Klaeger*in
1
330,143
22 K 8760/18.A
2020-07-21T00:00:00
Urteil
Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. Die Revision gegen dieses Urteil wird unter Übergehung der Berufungsinstanz zugelassen. 1Tatbestand: 2Die Klägerin ist am 00.00.1991 geboren und iranische Staatsangehörige. Nach eigenen Angaben ist sie verheiratet mit Herrn F. S. . Dieser betreibt unter dem Aktenzeichen 22 K 8762/18.A ein asylrechtliches Klageverfahren beim Verwaltungsgericht Düsseldorf. 3Die Klägerin reiste ihren Angaben zufolge zusammen mit Herr S. am 6. September 2018 in die Bundesrepublik ein. Beide stellten am 19. September 2018 beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (nachfolgend: Bundesamt) förmliche Asylanträge. Der Asylantrag von Herrn S. wird vom Bundesamt unter dem Geschäftszeichen 0000000-439 geführt. 4Bereits am 14. September 2018 war die Klägerin in Deutschland erkennungsdienstlich behandelt worden. Die in diesem Zusammenhang durchgeführte Eurodac-Abfrage am 14. September 2018 ergab bezüglich der Klägerin keinen Treffer. Jedoch zeigte der am gleichen Tag durchgeführte Abgleich mit dem Visainformationssystem (VIS), dass der Klägerin am 17. August 2018 durch das polnische Konsulat in Teheran ein Schengen-Visum mit Gültigkeit vom 4. September 2018 bis zum 13. September 2018 erteilt worden war. 5Bei ihrer Anhörung durch das Bundesamt am 19. September 2018 gab die Klägerin an: Sie habe von der polnischen Botschaft in Teheran ein Visum erhalten mit Gültigkeit bis zum 13. September 2018. Am 4. September 2018 habe sie den Iran verlassen und sei mit einem Zwischenstopp am Flughafen Dubai auf dem Luftweg nach Polen eingereist; dort habe sie sich zwei Tage aufgehalten und sei am 6. September 2018 von dort aus mit dem Zug nach Deutschland eingereist. Das Gebiet der Mitgliedstaaten habe sie seitdem nicht verlassen. Bei ihrer weiteren Anhörung durch das Bundesamt am 4. Oktober 2018 trug die Klägerin im Wesentlichen vor: Sie habe das Visum legal über eine Agentur zum Zweck der Durchführung ihrer Flitterwochen beantragt. Sie wolle gerne in Deutschland bleiben; sie habe keine gesundheitlichen Beschwerden, Erkrankungen, Gebrechen oder eine Behinderung. In Deutschland lebe ihr Mann, ein Cousin zweiten Grades und ein Onkel ihres Mannes. 6Das Bundesamt richtete am 5. Oktober 2018 ein Aufnahmegesuch an die Republik Polen. Diesem stimmte die Republik Polen mit Schreiben vom 18. Oktober 2018 mit der Begründung zu, dass das Aufnahmegesuch im Einklang mit Art. 12 Abs. 4 der Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates Nr. 604/2013 im Hinblick auf das erteilte Schengen-Visum stehe. Ferner wurde in dem Zustimmungsschreiben darum gebeten, die polnische Behörde gemäß Art. 8 Abs. 2 der Verordnung der Kommission (EG) Nr. 1560/2003 vom 2. September 2003 mindestens drei Werktage vor der Überstellung über die vorgeschlagenen Einzelheiten der Überstellung zu informieren. 7Mit Bescheid vom 22. Oktober 2018 lehnte das Bundesamt den Asylantrag der Klägerin nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 AsylG als unzulässig ab (Ziffer 1), stellte fest, dass keine Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG vorliegen (Ziffer 2), ordnete die Abschiebung der Klägerin nach Polen an (Ziffer 3) und befristete das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot auf 6 Monate ab dem Tag der Abschiebung (Ziffer 4). Auf die Gründe des Bescheides wird verwiesen. 8Dem Bescheid war ein Dokument mit der Überschrift „Wichtige Mitteilungen nach dem Aufenthaltsgesetz (AufenthG)“ beigefügt. Darin enthalten ist auch eine „Belehrung nach § 50 Abs. 4 AufenthG“, in der ausgeführt wird, dass die Klägerin auf Grund ihrer Ausreisepflicht nach § 50 Abs. 4 AufenthG verpflichtet sei, jeden Wohnungswechsel und jedes Verlassen des Bezirks der Ausländerbehörde für mehr als drei Tage vorher der für sie zuständigen Ausländerbehörde anzuzeigen. 9Der Bescheid wurde der Klägerin am 26. Oktober 2018 gegen Empfangsbekenntnis zugestellt. 10Die Klägerin hat am 30. Oktober 2018 Klage erhoben. 11Am gleichen Tag hat sie einen Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gestellt (22 L 3170/18.A). Diesen hat das erkennende Gericht mit Beschluss vom 7. Januar 2019 (bekannt gegeben am 8. Januar 2019) als unbegründet abgelehnt. Auf die Gründe des Bescheides wird verwiesen. 12Ab dem 28. Januar 2019 hat sich die Klägerin nach eigenen Angaben nicht mehr in der ihr zugewiesenen Unterkunft in der Zentralen Unterbringungseinrichtung O. aufgehalten. Die aktenführende Zentrale Ausländerbehörde F1. hat die Klägerin am 22. Februar 2019 als seit diesem Tag unbekannt verzogen abgemeldet. 13Am 19. März 2019 teilte das Bundesamt den polnischen Behörden mit, dass ein Rechtsbehelf mit aufschiebender Wirkung am 30. Oktober 2018 eingelegt worden, die aufschiebende Wirkung zum 7. Januar 2019 entfallen sei und das Fristende nunmehr auf den 7. Juli 2019 falle. 14Mit Schriftsatz vom 1. April 2019 hat die Klägerin dem Gericht mitgeteilt, dass sie sich im Kirchenasyl befinde. Beigefügt hat sie ein mit dem Stempelaufdruck „Internationale G. L. “ versehenes und über der Namensangabe „S1. A. , Ältester“ handschriftlich unterzeichnetes Dokument. Dieses weist ein Adressfeld auf, in dem eine Anschrift des Bundesamtes in Nürnberg angegeben ist. Darunter befindet sich der Zusatz: 15„Per E-Mail [email protected] (cc; [email protected], [email protected])“. 17Das Dokument trägt das Datum 28. Januar 2019 und enthält die Mitteilung, dass sich die Klägerin und Herr F. S. „seit dem heutigen Tag (28.01.2019)“ im Kirchenasyl in der evangelischen Kirchengemeinde Internationale G. L. , T.-----ring 00, 00000 L. aufhielten. Weiter heißt es: „Die zuständige Ausländerbehörde und die zuständige Außenstelle des BAMF werden zeitgleich ebenfalls informiert. Der für uns zuständige Ansprechpartner (benennen) ist über das Kirchenasyl informiert.“ 18Mit einem weiteren, an das Bundesamt gerichteten Schreiben vom 1. April 2019 gab die Klägerin durch ihren Prozessbevollmächtigten unter Beifügung des inhaltsgleichen, zuvor beschriebenen Dokuments an, dass sie sich nunmehr unter der angegebenen Anschrift im Kirchenasyl befinde. 19Seither gibt die Klägerin gegenüber dem Gericht die Anschrift c/o Kirchengemeinde Internationale G. L. , T.-----ring 00, 00000 L. als diejenige Anschrift an, unter der sie sich überwiegend aufhalte. 20Die Beklagte hat dem Gericht mit Schriftsatz vom 6. Mai 2019 mitgeteilt, dass die achtzehnmonatige Überstellungsfrist gelte, da die Klägerin flüchtig im Sinne des Art. 29 Abs. 2 Dublin III‑VO sei; die Überstellungsfrist ende nunmehr mit Ablauf des 7. Juli 2020. Als Anlagen zu diesem Schriftsatz hat die Beklagte drei Dokumente vorgelegt, die sämtlich ebenfalls auf den 6. Mai 2019 datiert sind: Ein internes elektronisches Schreiben des Bundesamtes, in dem festgestellt wird, dass vom kirchlichen Ansprechpartner kein begründetes Härtefalldossier für die Klägerin eingereicht worden sei, ein Schreiben an die polnische Dublin-Behörde, in dem diese über die Verlängerung der Überstellungsfrist bis zum 7. Juli 2020 informiert wird, sowie ein automatisch generiertes Empfangsbekenntnis der polnischen Behörde. 21Am 29. Juli 2019 hat die Klägerin beantragt, unter Änderung des ablehnenden Eilbeschlusses vom 7. Januar 2019 die aufschiebende Wirkung der Klage nunmehr anzuordnen (22 L 2119/19.A). Zur Begründung hat sie ausgeführt, die Zuständigkeit für die Prüfung ihres Asylantrages sei auf die Beklagte übergegangen, da die Überstellungsfrist nach Art. 29 Abs. 2 Satz 1 Dublin III-VO abgelaufen sei. Insbesondere habe die Überstellungsfrist nicht gemäß Art. 29 Abs. 2 Satz 2 Dublin III-VO auf bis zu 18 Monate verlängert werden dürfen, denn sie sei nicht flüchtig im Sinne dieser Vorschrift. Diesen Antrag hat das Gericht mit Beschluss vom 10. September 2019 abgelehnt. Die Klägerin sei zumindest ab dem 28. Januar 2019 bis zum 1. April 2019 flüchtig gewesen, weil sie sich unstreitig ab dem 28. Januar 2019 nicht mehr in der ihr zugewiesenen Unterkunft aufgehalten und nicht hinreichend dargelegt habe, dass sie die zuständigen nationalen Behörden über ihre Abwesenheit pflichtgemäß informiert habe. Insbesondere lasse sich aus dem mit Schriftsatz vom 1. April 2019 übersandten Dokument kein substantiierter Vortrag der Klägerin entnehmen, dass – und gegebenenfalls wann – eine Benachrichtigung des Bundesamt per E-Mail tatsächlich abgesandt wurde. Die fehlende Mitteilung der neuen Anschrift habe auch bewirkt, dass die Überstellung nicht habe durchgeführt werden können. Denn die Ausländerbehörde habe die Klägerin am 22. Februar 2019 als seit diesem Tag unbekannt verzogen abgemeldet. 22Mit elektronischer Nachricht vom 12. März 2020 hat die polnische Dublin-Stelle der Beklagten sowie einer Vielzahl weiterer Mitgliedstaaten unter dem Betreff „transfer suspension 16.03.2020-03.04.2020 – Poland – COVID-19 – POLISH BORDER GUARD“ mitgeteilt, dass Polen entschieden habe, alle Überstellungen nach Polen ab dem 16. März 2020 bis zum 3. April 2020 auszusetzen („to suspend“); eine eventuelle Verlängerung der Aussetzung der Dublin-Überstellung werde eine Woche vorher mitgeteilt. Mit weiterer elektronischer Nachricht vom 26. März 2020 hat Polen der Beklagten und einer Vielzahl weiterer Mitgliedstaaten unter dem Betreff „transfer suspension – Poland – COVID-19 – POLISH BORDER GUARD“ mitgeteilt, dass Polen entschieden habe, bis auf Weiteres („until further notice“) alle Überstellungen von und nach Polen auszusetzen. 23Das Bundesamt hat mit Schreiben vom 15. April 2020 an die Klägerin die Vollziehung der Abschiebungsanordnung im streitgegenständlichen Bescheid gemäß § 80 Abs. 4 VwGO i.V.m. Art. 27 Abs. 4 Dublin III‑VO „bis auf Weiteres“ ausgesetzt und zur Begründung im Wesentlichen angegeben, derzeit seien Dublin-Überstellungen im Hinblick auf die Entwicklung der Corona-Krise nicht zu vertreten. Weiter wird in dem Schreiben ausgeführt, die zeitweise Aussetzung des Überstellungsverfahrens impliziere nicht, dass der zuständige Dublin-Staat nicht mehr zur Übernahme bereit und verpflichtet sei; vielmehr sei der Vollzug nur vorübergehend nicht möglich; die abgegebene Erklärung gelte unter dem Vorbehalt des Widerrufs. Unter dem 16. April 2020 hat das Bundesamt der polnischen Dublin-Behörde mitgeteilt, dass eine Überstellung im Hinblick auf ein Rechtsmittel mit aufschiebender Wirkung vom 15. April 2020 derzeit nicht möglich sei. Dieses Schreiben ist ausweislich der vorgelegten automatisch generierten Empfangsbestätigung am 16. April 2020 bei der polnischen Behörde eingegangen. 24Zur Begründung ihrer Klage macht die Klägerin im Wesentlichen geltend, dass der angefochtene Bescheid rechtswidrig sei, da ihr in Polen mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne von Art. 4 EU-GRCh bzw. Art. 3 EMRK drohe. Aus diesem Grund lägen auch Abschiebungsverbote gemäß § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG vor. Sie müsse damit rechnen, inhaftiert zu werden. Im Falle einer Zuerkennung internationalen Schutzes sei sie dem Risiko der Verarmung ausgesetzt. Ferner sei mittlerweile die Überstellungsfrist abgelaufen. Sie widerspreche der Aussetzung der Vollziehung, denn die Beklagte nutze die Corona-Situation aus, um eine angebliche Unterbrechung der Frist herbeizuführen. Es sei den Asylbewerbern nicht zuzumuten, in eine völlig ungewisse Zukunft blicken zu müssen. Vielmehr solle das nationale Verfahren zügig durchgeführt werden. 25Die Klägerin beantragt schriftsätzlich wörtlich, 26den Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 22. Oktober 2018 aufzuheben. 27Die Beklagte beantragt schriftsätzlich, 28die Klage abzuweisen. 29Sie bezieht sich zur Begründung auf die Gründe des streitgegenständlichen Bescheides und trägt ergänzend vor: Ihr sei es im Zeitpunkt der behördlichen Aussetzung der Vollziehung der Überstellungsentscheidung tatsächlich und über das Ende der zunächst bis zum 7. Juli 2020 verlängerten Überstellungsfrist hinaus objektiv unmöglich gewesen, die Klägerin in den als zuständig bestimmten Mitgliedstaat Polen zu überstellen. Das Überstellungsverfahren nach Polen solle erst ab dem 13. Juli 2020 wieder aufgenommen werden. 30Mit Schriftsatz vom 10. Juli 2020 hat die Beklagte ferner mitgeteilt, sie sehe sich veranlasst, eine neuerliche Vollzugsaussetzung zu verfügen, und zwar nunmehr bis zur Klärung der in der instanzgerichtlichen Spruchpraxis umstrittenen, hier entscheidungserheblichen Rechtsfrage, ob die behördliche Aussetzung der Überstellungsentscheidung im Kontext mit der Corona-Pandemie zu einer Unterbrechung der Überstellungsfrist geführt habe. 31Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt (die Klägerin mit Schriftsatz vom 10. Juli 2020, die Beklagte mit der allgemeinen Prozesserklärung vom 27. Juni 2017, Az. 000-0000/0.00). 32Die Beklagte hat ferner beantragt, die Sprungrevision zuzulassen. Beide Beteiligten haben der Sprungrevision zugestimmt (jeweils mit Schriftsatz vom 10. Juli 2020). 33Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakte, den Inhalt der beigezogenen Gerichtsakten 22 K 8762/18.A, 22 L 3170/18.A, 22 L 3171/18.A, 22 L 2116/19.A sowie 22 L 2119/19.A und den Inhalt der hierzu beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten und der Zentralen Ausländerbehörde F1. sowie auf die Auskünfte und Erkenntnisse, auf die die Beteiligten mit gerichtlichem Schreiben vom 13. Juli 2020 hingewiesen worden sind, Bezug genommen. 34Entscheidungsgründe: 35Das Gericht entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten gemäß § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung. 36Der schriftsätzlich gestellte Klageantrag ist gemäß § 88 VwGO dahingehend auszulegen, dass die Klägerin neben dem wörtlich gestellten Hauptantrag beantragt, 37hilfsweise, und zwar für den Fall, dass der Hauptantrag in Bezug auf die Unzulässigkeitsentscheidung in Ziffer 1 des streitgegenständlichen Bescheides keinen Erfolg hat, die Beklagte unter entsprechender Aufhebung der Ziffern 2 bis 4 des streitgegenständlichen Bescheides zu verpflichten festzustellen, dass hinsichtlich Polens Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG vorliegen. 38Dies entspricht dem erkennbaren Klagebegehren der Klägerin. Sie beruft sich ausdrücklich auf das Vorliegen von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG in Bezug auf Polen. Dieses Klageziel ist nur mit einer (hilfsweise zu verfolgenden) Verpflichtungsklage zu erreichen. 39Die Klage hat keinen Erfolg. 40A. Die Klage ist zulässig. 41I. Die Klage entspricht den Anforderungen des § 82 Abs. 1 VwGO, insbesondere ist die Klägerin hinreichend bezeichnet. 42Das Erfordernis der Bezeichnung des Klägers erstreckt sich grundsätzlich auch auf die Angabe der ladungsfähigen Anschrift, d.h. seiner Wohnanschrift, unter der er tatsächlich erreichbar ist. Im Falle einer insofern erfolgenden Änderung hat der Kläger diese mitzuteilen. Eine ladungsfähige Anschrift ist dann nicht erforderlich, wenn sich diese aus den von der Behörde gemäß § 99 VwGO vorzulegenden Akten ergibt, sonstwie bekannt ist oder sich auf andere Weise ohne Schwierigkeiten ermitteln lässt. 43Vgl. BVerwG, Urteil vom 13. April 1999 ‑ 1 C 24/97 ‑, Rn. 28 ff., juris sowie Beschluss vom 14. Februar 2012 ‑ 9 B 79/11 ‑, Rn. 7, juris. 44Nach diesen Maßstäben liegt dem Gericht eine ladungsfähige Anschrift vor. Die Klägerin hat eine konkrete und vollständige Anschrift angegeben sowie hierzu eine Bestätigung der Internationalen G. L. vorgelegt. Dem Gericht liegen zudem keine Anhaltspunkte dafür vor, dass sich die Klägerin tatsächlich nicht an der von ihr angegebenen Anschrift überwiegend aufhält. 45II. Die gegen den Bescheid insgesamt gerichtete Klage ist als Anfechtungsklage gemäß § 42 Abs. 1, 1. Var. VwGO statthaft, 46vgl. im Einzelnen: BVerwG, Urteil vom 27. Oktober 2015 ‑ 1 C 32/14 ‑, Rn. 13 ff., juris; OVG NRW, Urteile vom 7. März 2014 ‑ 1 A 21/12.A ‑, Rn. 28 ff., juris und vom 16. September 2015 ‑ 13 A 800/15.A ‑, Rn. 22 ff. m. w. N., juris. 47Die isolierte Aufhebung dieser Regelungen führt auf die weitere Prüfung des Asylantrags der Klägerin durch die Beklagte. Denn mit der Aufhebung des streitgegenständlichen Bescheids wird das Verwaltungsverfahren in den Verfahrensstand zurückversetzt, in dem es vor Erlass der streitgegenständlichen Regelungen war. Das Bundesamt ist im Falle einer Aufhebung des Bescheides gemäß §§ 24, 31 AsylG gesetzlich verpflichtet, das Asylverfahren weiterzuführen. 48III. Mit dem Hilfsbegehren, die Beklagte unter entsprechender Aufhebung der Ziffern 2 bis 4 des streitgegenständlichen Bescheides zu verpflichten festzustellen, dass in der Person der Klägerin ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 oder 7 Satz 1 AufenthG in Bezug auf Polen vorliegt, ist die Klage als Hilfsantrag für den Fall, dass die Anfechtungsklage gegen Ziffer 1 des Bescheides abgewiesen wird, 49vgl. BVerwG, Urteil vom 14. Dezember 2016 ‑ 1 C 4.16 ‑, Rn. 20 a. E., juris und BVerwGE 157, 18, 50zulässig. 51B. Die Klage ist unbegründet. 52I. Die Klage ist mit dem Hauptantrag unbegründet. 53In dem für die rechtliche Beurteilung maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts (vgl. § 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG) ist Ziffer 1 des streitgegenständlichen Bescheides des Bundesamtes nicht rechtswidrig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. 54Die Unzulässigkeitsentscheidung in Ziffer 1 des streitgegenständlichen Bescheides findet ihre Ermächtigungsgrundlage in § 29 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a AsylG. Danach ist ein Asylantrag unzulässig, wenn ein anderer Staat nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (Dublin III‑VO), für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. 55Vorliegend ist Polen (und nicht die Beklagte) für die Prüfung des Asylantrages der Klägerin zuständig. Denn die Zuständigkeit Polens ist nach Maßgabe der Vorschriften der Dublin III‑VO für das Aufnahmeverfahren begründet worden (1.), die Zuständigkeit ist nicht gemäß Art. 29 Abs. 1 oder 2 Dublin III‑VO auf die Beklagte übergegangen (2.) und die Beklagte ist nicht wegen systemischer Schwachstellen des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen in Polen gemäß Art. 3 Abs. 2 Dublin III‑VO gehindert, die Klägerin nach Polen zu überstellen (3.). 561. Die Zuständigkeit Polens ist nach Maßgabe der Vorschriften der Dublin III‑VO für das Aufnahmeverfahren begründet worden. Im Aufnahmeverfahren gemäß Art. 21, 22 Dublin III-VO wird der für die Prüfung des Antrages zuständige Staat grundsätzlich nach den Kriterien des Kapitels III der Dublin III-VO bestimmt, 57EuGH, Urteil vom 2. April 2019, C‑582/17 und C‑583/17, Rn. 55 - 57, juris, 58wobei gemäß Art. 7 Abs. 2 Dublin III-VO grundsätzlich von der Situation auszugehen ist, die zu dem Zeitpunkt gegeben ist, zu dem der Antragsteller seinen Antrag auf internationalen Schutz zum ersten Mal in einem Mitgliedstaat stellt. Vorliegend ist der zuständige Staat nach Art. 12 Abs. 4 Dublin III‑VO zu bestimmen, da vorrangig zu prüfende andere Kriterien des Kapitels III der Dublin III-VO (vgl. Art. 7 Abs. 1 Dublin III‑VO) nicht einschlägig sind. 59Nach Art. 12 Abs. 4 Dublin III‑VO ist Polen für die Prüfung des Asylantrages der Klägerin zuständig. Die Anfrage des Bundesamtes im Visainformationssystem (VIS) hat ausweislich des Übermittlungsprotokolls vom 14. September 2018 ergeben, dass der Klägerin am 17. August 2018 von der polnischen Auslandsvertretung ein Schengen-Visum mit Gültigkeit vom 4. bis 13. September 2018 erteilt worden war. Nach Art. 12 Abs. 2 Satz 1, 1. Halbsatz Dublin III‑VO ist in den Fällen, in denen der Antragsteller ein gültiges Visum besitzt, der Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrages auf internationalen Schutz zuständig, der das Visum erteilt hat. Dies gilt gemäß Art. 12 Abs. 4 Dublin III-VO auch, wenn das Visum, aufgrund dessen ein Antragsteller in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einreisen konnte, bei Stellung des Asylantrages (vgl. Art. 7 Abs. 2 Dublin III‑VO) zwar nicht mehr gültig ist, aber seit weniger als sechs Monaten abgelaufen ist, solange der Antragsteller das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten nicht verlassen hat. So liegt der Fall hier. Die Gültigkeit des Visums, aufgrund dessen die Klägerin in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einreisen konnte, war bei Asylbeantragung (förmlicher Asylantrag am 19. September 2018) weniger als sechs Monate abgelaufen, und die Klägerin hatte nach eigenem Vortrag das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten nicht verlassen. 60Ferner erfolgte das Aufnahmegesuch des Bundesamtes an Polen vom 5. Oktober 2018 innerhalb der in Art. 21 Abs. 1 Unterabs. 1 Dublin III-VO genannten Dreimonatsfrist ab Asylantragstellung. Polen nahm dieses Ersuchen mit Schreiben vom 18. Oktober 2018, welches am 19. Oktober 2018 beim Bundesamt einging, an. 612. Die Zuständigkeit ist nicht gemäß Art. 29 Abs. 1 oder 2 Dublin III‑VO von Polen auf die Beklagte übergegangen. Ein Zuständigkeitsübergang erfolgte weder gemäß Art. 29 Abs. 1, Satz 1, 1. Alt. Dublin III‑VO sechs Monate nach Annahme des Aufnahmegesuchs durch Polen, hier am 19. April 2019 (a), noch gemäß Art. 29 Abs. 1, Satz 1, 2. Alt. Dublin III‑VO sechs Monate nach der endgültigen Entscheidung über einen Rechtsbehelf mit aufschiebender Wirkung, hier am 8. Juli 2019 (b), noch gemäß Art. 29 Abs. 2 Dublin III‑VO spätestens 18 Monate nach der endgültigen Entscheidung über einen Rechtsbehelf mit aufschiebender Wirkung, hier am 8. Juli 2020 (c). 62a) Ein Zuständigkeitsübergang auf die Beklagte erfolgte nicht gemäß Art. 29 Abs. 1, Satz 1, 1. Alt. Dublin III‑VO sechs Monate nach Annahme des Aufnahmegesuchs durch Polen, hier am 19. April 2019. Denn die in dieser Vorschrift bestimmte Sechsmonatsfrist, deren Lauf mit der Annahme des Aufnahmegesuchs durch Polen am 19. Oktober 2018 begann, wurde durch die fristgerechte Stellung des Eilantrages der Klägerin am 30. Oktober 2018 unterbrochen und begann erst mit der Bekanntgabe des ablehnenden Eilbeschlusses vom 7. Januar 2019 im Verfahren 22 L 3170/18.A am 8. Januar 2019 neu zu laufen. 63Vgl. hierzu: BVerwG, Urteil vom 26. Mai 2016 ‑ 1 C 15/15 ‑, Rn. 11, juris. 64Für die Unterbrechung der Überstellungsfrist ist unerheblich, dass die Beklagte die Einlegung des Rechtsbehelfs mit aufschiebender Wirkung den polnischen Behörden erst am 19. März 2019 mitgeteilt hat, und zwar zusammen mit der Information, dass die aufschiebende Wirkung zum 7. Januar 2019 weggefallen sei und das Fristende nunmehr auf den 7. Juli 2019 falle. 65Zwar bestimmt Art. 9 Abs. 1 Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 (Dublin-DVO), dass der zuständige Mitgliedstaat unverzüglich unterrichtet wird, wenn sich die Überstellung wegen eines Rechtsbehelfsverfahrens mit aufschiebender Wirkung verzögert. Die Norm nennt aber weder eine Frist für diese Mitteilung noch wird eine Rechtsfolge für den Fall aufgestellt, dass eine solche Mitteilung unterbleibt. Insbesondere enthält Art. 9 Abs. 1 Dublin‑DVO keine dem Art. 9 Abs. 2 Satz 2 Dublin-DVO entsprechende Zuständigkeitsübergangsregelung. Zudem spricht eine systematische Auslegung der Absätze 1 und 2 des Art. 9 Dublin-DVO gegen eine Anwendung des Art. 9 Abs. 2 Satz 2 Dublin-DVO auf die Fälle des Art. 9 Abs. 1 Dublin-DVO, weil die Regelung in Satz 2 des Art. 9 Abs. 2 Dublin-DVO als Rechtsfolgenregelung an die in Art. 9 Abs. 2 Satz 1 Dublin-DVO für eine Fristverlängerungsmitteilung nach Art. 29 Abs. 2 Dublin III‑VO bestimmte Frist anknüpft, 66vgl. VG Düsseldorf, Beschluss der Kammer vom 7. Juni 2018 ‑ 22 L 1708/18.A ‑, Rn. 15, juris; VG Minden, Urteil vom 5. Januar 2018 ‑ 12 K 1744/17.A -, Rn. 50 f., juris - anders ohne weitere Begründung VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 5. Juli 2016 - A 11 S 974/16 -, Rn 46, juris und Asylmagazin 2016, 259; VG Würzburg, Beschluss vom 8. März 2016 ‑ W 1 K 16.30131 ‑, Rn. 14, juris; VG Ansbach, Urteil vom 7. Juli 2015 - AN 4 K 14.30064 -, Rn. 27, juris. 67Schließlich liegen auch die Voraussetzungen einer analogen Anwendung des Art. 9 Abs. 2 Satz 2 Dublin-DVO auf die Fälle des Art. 9 Abs. 1 Dublin-DVO nicht vor. Weder ist eine planwidrige Regelungslücke ersichtlich noch liegt eine vergleichbare Interessenlage vor, 68vgl. eingehend: VG Minden, Urteil vom 5. Januar 2018 - 12 K 1744/17.A -, Rn. 52 ff., juris; VG Düsseldorf, Beschluss der Kammer vom 7. Juni 2018 ‑ 22 L 1708/18.A ‑, Rn. 17, juris. 69Vor diesem Hintergrund genügt jedenfalls die Mitteilung des Bundesamtes vom 19. März 2019, mit der es die polnischen Behörden noch vor Ablauf der durch die Annahme des Aufnahmegesuchs durch Polen in Gang gesetzten, am 19. April 2019 endenden Sechsmonatsfrist über das neue Fristende (7. Juli 2019) informierte. Polen konnte zu keinem Zeitpunkt davon ausgehen, dass die Überstellungsfrist abgelaufen und es daher zur Aufnahme der Klägerin nicht mehr verpflichtet wäre. 70b) Die Zuständigkeit für die Prüfung des Schutzgesuchs der Klägerin ist auch nicht sechs Monate nach dem 8. Januar 2019 (Bekanntgabe des ablehnenden Eilbeschlusses vom 7. Januar 2019 im Verfahren 22 L 3170/18.A), also am 8. Juli 2019, gemäß Art. 29 Abs. 1, Satz 1, 2. Alt. Dublin III‑VO von Polen auf die Beklagte übergegangen. Denn die Überstellungsfrist ist noch vor Ablauf dieser sechs Monate gemäß Art. 29 Abs. 2 Satz 2 Dublin III‑VO bis zum 7. Juli 2020 verlängert worden. 71Die Verlängerung wurde dadurch bewirkt, dass das Bundesamt am 6. Mai 2019 entschieden hat, eine Verlängerung der Frist auf 18 Monate vorzunehmen und mit Schreiben vom gleichen Tag der zuständigen polnischen Behörde mitgeteilt hat, dass wegen Flüchtigkeit der Klägerin eine nach Art. 29 Abs. 2 Dublin III‑VO verlängerte Frist bis zum 7. Juli 2020 gelte. 72Die für diese Verlängerung der Überstellungsfrist erforderlichen Voraussetzungen lagen vor. Denn die Klägerin war flüchtig im Sinne des Art. 29 Abs. 2 Satz 2 Dublin III-VO. 73Art. 29 Abs. 2 Satz 2 der Dublin III-VO ist dahin auszulegen, dass ein Antragsteller „flüchtig ist“ im Sinne dieser Bestimmung, wenn er sich den für die Durchführung seiner Überstellung zuständigen nationalen Behörden gezielt entzieht, um die Überstellung zu vereiteln. Dies kann angenommen werden, wenn die Überstellung nicht durchgeführt werden kann, weil der Antragsteller die ihm zugewiesene Wohnung verlassen hat, ohne die zuständigen nationalen Behörden über seine Abwesenheit zu informieren, sofern er über die ihm insoweit obliegenden Pflichten unterrichtet wurde, was das erkennende Gericht zu prüfen hat. Der Antragsteller behält die Möglichkeit, nachzuweisen, dass er diesen Behörden seine Abwesenheit aus stichhaltigen Gründen nicht mitgeteilt hat, und nicht in der Absicht, sich den Behörden zu entziehen. 74Vgl. EuGH, Urteil vom 19. März 2019, Jawo, ‑ C-163/17 ‑, EU:C:2019:218, Rn. 70, juris; vgl. OVG NRW, Beschluss vom 29. August 2019 ‑ 11 A 2874/19.A ‑, Rn. 12 ff., m. w. N., NRWE. 75Nach diesen Maßstäben ist die Klägerin im bezeichneten Zeitraum flüchtig gewesen. Es ist unstreitig, dass sie sich seit dem 28. Januar 2019 nicht mehr in der ihr zugewiesenen Unterkunft in der Zentralen Unterbringungseinrichtung O. aufhielt, sondern sich nach L. (in ein Kirchenasyl) begeben hat. Es ist indes nicht hinreichend dargelegt, dass sie die zuständigen nationalen Behörden über ihre Abwesenheit pflichtgemäß informiert hat. Das Vorbringen der Klägerin zu den Umständen einer eventuellen Mitteilung ihrer Anschrift gegenüber dem Bundesamt oder der Ausländerbehörde nach dem Verlassen der ihr zugewiesenen Unterkunft am 28. Januar 2019 beschränkt sich darauf, auf das am 1. April 2019 bei Gericht vorgelegte Dokument zu verweisen, das einen Stempel mit dem Schriftzug „Internationale G. L. “ trägt, auf den 28. Januar 2019 datiert ist und die Mitteilung enthält, dass sich die Klägerin seit diesem Tag im Kirchenasyl aufhalte. Diesem Vorbringen lässt sich kein Sachvortrag dazu entnehmen, dass und gegebenenfalls wann die Mitteilung an das im Adressfeld genannte Bundesamt abgesandt wurde. Auch fehlt jegliches Vorbringen dazu, dass die Klägerin die zuständige Ausländerbehörde über den Wechsel ihrer Anschrift informiert habe. 76Das dauerhafte Verlassen der zugewiesenen Unterkunft, ohne das Bundesamt oder die zuständige Ausländerbehörde über den Wechsel der Anschrift zu informieren, führte dazu, dass die Überstellung der Klägerin bis zur Bekanntgabe ihrer neuen Anschrift am 1. April 2020 nicht durchgeführt werden konnte. Denn die Ausländerbehörde hat die Klägerin am 22. Februar 2019 als seit diesem Tag unbekannt verzogen abgemeldet. Bis zur Mitteilung des aktuellen Aufenthaltsorts der Klägerin an das Bundesamt mit Schreiben vom 1. April 2019 war die Ausländerbehörde von vornherein gehindert, einen Termin zur Überstellung der Klägerin nach Polen vorzubereiten. 77Die Klägerin wurde durch das Dokument „Wichtige Mitteilungen nach dem Aufenthaltsgesetz (AufenthG)“ des Bundesamtes, welches ausweislich der beigezogenen Verwaltungsvorgänge dem streitgegenständlichen Bescheid angehängt war, auch über die ihr insoweit obliegenden Pflichten unterrichtet. 78Der Verlängerung der Überstellungsfrist steht nicht entgegen, dass dem Bundesamt zum Zeitpunkt seiner Verlängerungsentscheidung am 6. Mai 2019 die neue und damals weiterhin gültige Anschrift der Klägerin in L. aufgrund der Mitteilung des Prozessbevollmächtigten der Klägerin an das Bundesamt vom 1. April 2019 bekannt war. 79Unerheblich ist, dass sich die Klägerin ausweislich ihrer Mitteilung vom 1. April 2019 an das Bundesamt darauf berief, sich im Kirchenasyl aufzuhalten. Denn der Staat ist durch das Kirchenasyl selbst weder rechtlich noch tatsächlich daran gehindert, die Überstellung durchzuführen. Tatsächliche Hindernisse sind auch weder von der Beklagten geltend gemacht worden noch sonst ersichtlich. Vielmehr verzichtet der Staat bewusst darauf, das Recht durchzusetzen. Ein Sonderrecht der Kirchen, aufgrund dessen die Behörden bei Aufnahme einer Person in das Kirchenasyl gehindert wären, eine Überstellung durchzuführen und hierzu gegebenenfalls unmittelbaren Zwang anzuwenden, existiert nicht. Die am 24. Februar 2015 zwischen dem Bundesamt mit Vertretern der evangelischen und katholischen Kirche getroffene Vereinbarung zum Kirchenasyl stellt nur eine rechtlich nicht verbindliche Verfahrensabsprache dar. 80Vgl. BayVGH, Urteil vom 12. Februar 2020 ‑ 14 B 19.50010 ‑, Rn. 21, juris; OVG NRW, Beschluss vom 29. August 2019 ‑ 11 A 2874/19.A ‑, Rn. 13, juris; OVG Lüneburg, Beschluss vom 25. Juli 2019 ‑ 10 LA 155/19 ‑, Rn. 14, juris, jeweils m.w.N. 81Ohne Belang ist ferner, dass der Beklagten bis zum Ablauf der sechsmonatigen Überstellungsfrist nach Art. 29 Abs. 1 Dublin III‑VO noch drei Monate und sechs Tage verlieben, um die Überstellung durchzuführen. Jedenfalls führt eine Verzögerung der Mitteilung der neuen Anschrift von mehr als zwei Monaten – wie hier zwischen dem Verlassen der Unterkunft am 28. Januar 2019 und der Mitteilung am 1. April 2019 – dazu, dass die in diesem Zeitraum erfüllten tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Verlängerungsentscheidung auch am 6. Mai 2019 weiterhin vorlagen. Dies gilt ungeachtet der Frage, ob sich die neue Anschrift (wie hier) auf einen Aufenthalt im (nunmehr) offenen Kirchenasyl bezieht oder auf eine beliebig andere Anschrift im Bundesgebiet. Die für die Annahme der Flüchtigkeit im Sinne des Art. 29 Abs. 2 Satz 2 Dublin III‑VO erforderliche Kausalität des „Untertauchens“ eines Antragstellers für die Unmöglichkeit der Überstellung kann auch dann vorliegen, wenn das Bundesamt noch vor Ablauf der Sechsmonatsfrist Kenntnis von der neuen Anschrift des Antragstellers erlangt, 82a.A. Sächs. OVG, Beschluss vom 27. April 2020 ‑ 5 A 157/20.A ‑, Rn. 4, juris. 83Denn die Behörden des ersuchenden Staates können nach dem Fristenregime der Dublin III‑VO immer mindestens sechs zusammenhängende Monate für eine Überstellung beanspruchen, um diese in vollem Umfang zur Regelung der Überstellungsmodalitäten und Bewerkstelligung der Überstellung zu nutzen, 84vgl. EuGH, Urteil vom 29. Januar 2009, Petrosian, C-19/08, juris; BVerwG, Urteil vom 9. August 2016 – 1 C 6/16 ‑, Rn. 17, juris zu Art. 20 Abs. 1 Buchst. d Satz 2 Dublin II-VO; BVerwG, Urteil vom 26. Februar 2019 ‑ 1 C 30/17 ‑, Rn. 31, juris; BVerwG, Beschluss vom 2. Dezember 2019 ‑ 1 B 75/19 ‑, Rn. 17, juris. 85Vorliegend standen der Beklagten keine sechs zusammenhängenden Monate für die Regelung der Überstellungsmodalitäten und Bewerkstelligung der Überstellung zur Verfügung. Die Klägerin war für die mit der Überstellung befassten Behörden während eines Zeitraums von mehr als zwei Monaten nicht greifbar, wovon diese ausweislich der Abmeldung der Klägerin durch die aktenführende Ausländerbehörde (Fortzug nach unbekannt) auch Kenntnis hatten. 86Selbst wenn zu Gunsten der Klägerin davon auszugehen wäre, dass eine pflichtwidrig nicht mitgeteilte Abwesenheit eines Asylantragstellers dann nicht kausal für die mangelnde Durchführbarkeit der Überstellung ist, wenn der nach Bekanntwerden der neuen Anschrift verbleibende Zeitraum nur unwesentlich kürzer ist als die vorgesehene Sechsmonatsfrist, führt das vorliegend zu keinem für die Klägerin günstigeren Ergebnis. Denn der nach Mitteilung der Anschrift durch die Klägerin am 1. April 2019 noch verbleibende Zeitraum von drei Monaten und sechs Tagen verkürzt den vorgesehenen Sechsmonatszeitraum erheblich. 87Für die Verlängerung der Überstellungsfrist ist ferner unerheblich, dass die Verlängerungsentscheidung des Bundesamtes vom 6. Mai 2019 nicht auf die zuvor dargelegten, die Flüchtigkeit der Klägerin begründenden Umstände gestützt wurde, sondern ausdrücklich darauf, dass dem Bundesamt bis zum 1. Mai 2019 kein über den zuständigen Ansprechpartner eingereichtes vollständiges Dossier mit Härtefallbegründung vorlag. Denn es kommt für die Verlängerungsentscheidung allein darauf an, ob die tatbestandlichen Voraussetzungen hierfür vorlagen. 88Die Verlängerungsentscheidung ist (innerstaatlich) eine – tatbestandlich gebundene – Verfahrensentscheidung, die (außerstaatlich) dem zuständigen, ersuchten Staat mitzuteilen ist, um einem Zuständigkeitsübergang durch Ablauf der Überstellungsfrist zu begegnen. Art. 29 Abs. 2 Satz 2 Dublin III-VO ist dahin auszulegen, dass es für eine Verlängerung der Überstellungsfrist höchstens auf 18 Monate genügt, dass der ersuchende Mitgliedstaat vor Ablauf der sechsmonatigen Überstellungsfrist den zuständigen Mitgliedstaat darüber informiert, dass die betreffende Person flüchtig ist, und zugleich die neue Überstellungsfrist benennt. 89Vgl. BVerwG, Beschluss vom 2. Dezember 2019 – 1 B 75/19 ‑, Rn. 9, juris mit Hinweis auf EuGH, Urteil vom 19. März 2019 ‑ C-163/17 ‑ EU:C:2019:218, Jawo, Rn. 75, juris. 90Der Schutzsuchende hat zwar einen subjektiv-öffentlichen Anspruch darauf, dass die objektive Zuständigkeitsordnung eingehalten und insbesondere ein durch das Fristenregime des Art. 29 Abs. 2 Dublin III-VO bewirkter Zuständigkeitsübergang auch beachtet wird. Insbesondere ist Art. 27 Abs. 1 Dublin III-VO dahin auszulegen, dass im Rahmen eines gegen eine Überstellungsentscheidung gerichteten Verfahrens die betreffende Person sich auf Art. 29 Abs. 2 der Verordnung berufen und geltend machen kann, dass die sechsmonatige Überstellungsfrist abgelaufen sei, weil sie nicht flüchtig gewesen sei, 91vgl. BVerwG, Beschluss vom 2 Dezember 2019 – 1 B 75/19 ‑, Rn. 10, juris mit Hinweis auf EuGH, Urteil vom 19. März 2019 - C-163/17 - EU:C:2019:218, Jawo, Rn. 70, juris. 92Der Umstand, dass das Bundesamt im Rahmen seines weiten Verfahrensermessens sowohl darüber zu befinden hat, ob die Verlängerungsmitteilung an den zuständigen Mitgliedstaat ergeht, als auch darüber, ob für die neue Überstellungsfrist die unionsrechtlich eröffnete Höchstfrist von achtzehn Monaten auszuschöpfen ist, macht diese Entscheidung jedoch nicht zu einer „Ermessensentscheidung“ im Sinne des § 40 VwVfG, die nach § 39 Abs. 1 Satz 3 VwVfG zu begründen wäre. Lagen – wie hier – die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Verlängerungsmitteilung an den zuständigen Mitgliedstaat vor, ist eine Verlängerung auf bis zu achtzehn Monate unionsrechtlich vorgesehen und willkürfrei möglich. Der bei nationalem Begriffsverständnis auf eine Ermessensentscheidung deutende Begriff „kann“ in Art. 29 Abs. 2 Satz 2 Dublin III‑VO weist bei der unionsweit gebotenen Betrachtung lediglich auf die Einräumung einer entsprechenden Ermächtigung (sog. „Kompetenz-Kann“). Weitere Einschränkungen ergeben sich weder aus Art. 29 Abs. 2 Satz 2 Dublin III-VO noch aus sonstigen einschlägigen Regelungen des Unionsrechts. 93Vgl. BVerwG, Beschluss vom 2. Dezember 2019 – 1 B 75/19 ‑, Rn. 13, juris m.w.N. und näherer Begründung. 94c) Schließlich ist die Zuständigkeit für die Prüfung des Asylantrages der Klägerin auch nicht gemäß Art. 29 Abs. 2 Dublin III‑VO mit Ablauf der bis zum 7. Juli 2020 verlängerten Überstellungsfrist von Polen auf die Beklagte übergegangen. Denn die Überstellungsfrist ist vor diesem Zeitpunkt durch die Aussetzung der Vollziehung der Abschiebungsanordnung mit Schreiben des Bundesamtes vom 15. April 2020 unterbrochen worden. 95aa) Die Überstellungsfrist beginnt in den Fällen, in denen ein Rechtsbehelf gemäß Art. 27 Abs. 3 Dublin III‑VO aufschiebende Wirkung hat, erst mit der endgültigen Entscheidung über den Rechtsbehelf. Art. 27 Abs. 4 Dublin III‑VO lässt eine nationale Regelung für eine behördliche Aussetzung der Vollziehung zu. 96Diese unionsrechtlich vorgesehene Möglichkeit ist im nationalen Recht durch § 80 Abs. 4 VwGO eröffnet. 97Vgl. BVerwG, Urteil vom 8. Januar 2019 – 1 C 16/18 ‑, Rn. 19, juris und BVerwGE 164, 165 98Nichts anderes folgt für die Unterbrechungswirkung daraus, dass Art. 29 Abs. 1 Unterabs. 1 Dublin III-VO nicht auch auf Art. 27 Abs. 4 Dublin III-VO Bezug nimmt. Nach Art. 29 Abs. 1 Unterabs. 1 Dublin III-VO ist allein entscheidend, dass ein Rechtsbehelf im Sinne des Art. 27 Abs. 3 Dublin III-VO aufschiebende Wirkung hat und daher eine Überstellung nicht durchgeführt werden kann. Die in Art. 27 Abs. 4 Dublin III-VO den Mitgliedstaaten eröffnete Möglichkeit, dass auch die zuständigen Behörden die Durchführung der Überstellungsentscheidung aussetzen können, erweitert lediglich die Fallgruppen, in denen einem Rechtsbehelf aufschiebende Wirkung im Sinne des Art. 27 Abs. 3 Dublin III-VO zukommt. Art. 27 Abs. 4 Dublin III-VO würde im Übrigen in weitem Maße seine praktische Wirksamkeit verlieren, wenn die Regelung nicht angewendet werden könnte, ohne dass die Gefahr bestünde, dass die Überstellungsfrist abläuft und ein Zuständigkeitsübergang die Folge wäre. 99Vgl. EuGH, Urteil vom 13. September 2017 ‑ C-60/16 ‑, Rn. 71, juris. 100Unionsrecht setzt in Art. 27 Abs. 4 Dublin III-VO eine behördliche Aussetzung der Vollziehung voraus, steht also § 80 Abs. 4 VwGO gerade nicht entgegen. Das Unionsrecht setzt aber der behördlichen Aussetzung der Vollziehung, für die das nationale Recht (§ 80 Abs. 4 Satz 1 VwGO) der Behörde einen weiten Handlungsspielraum eröffnet, in Bezug auf die unionsrechtliche Rechtsfolge der Unterbrechung der Überstellungsfrist gewisse Grenzen (vgl. insbesondere Art. 27 und 28 Dublin III-VO). Diese Beschränkungen ergeben sich daraus, dass die behördliche Aussetzungsentscheidung den Antragsteller nicht nur begünstigt, indem aufenthaltsbeendende Maßnahmen auf der Grundlage der Abschiebungsanordnung zunächst nicht mehr erfolgen können, sondern mittelbar auch belastet, weil sie die Überstellungsfrist unterbricht und so dazu führen kann, dass ein vom Antragsteller möglicherweise erstrebter Zuständigkeitsübergang nicht erfolgt; zu berücksichtigen sind auch die Belange des zuständigen Mitgliedstaats. 101Vgl. BVerwG, Urteil vom 8. Januar 2019 - 1 C 16/18 ‑, Rn. 25, juris und BVerwGE 164, 165. 102Mindestvoraussetzung einer behördlichen Aussetzungsentscheidung nach § 80 Abs. 4 VwGO ist, dass der Antragsteller einen Rechtsbehelf gegen die Abschiebungsanordnung eingelegt hat (Art. 27 Abs. 4 und Art. 29 Abs. 1 Unterabs. 1 Dublin III-VO). Weitere Grenzen folgen aus dem von Art. 27 Abs. 3 und 4 i. V .m. Art. 29 Abs. 1 Unterabs. 1 Dublin III-VO angestrebten Ziel eines angemessenen Ausgleichs zwischen einerseits der Gewährung effektiven Rechtsschutzes und der Ermöglichung einer raschen Bestimmung des für die inhaltliche Prüfung des Asylantrags zuständigen Mitgliedstaats (vgl. Erwägungsgrund 5 zur Dublin III-VO) und andererseits dem Ziel zu verhindern, dass sich Asylbewerber durch Weiterwanderung den für die Prüfung ihres Asylbegehrens zuständigen Mitgliedstaat aussuchen (Verhinderung von Sekundärmigration). 103Vgl. BVerwG, Urteil vom 27. April 2016 – 1 C 24/15 ‑ Buchholz 451.902 Europ. Ausl.- u. Asylrecht Nr. 82 Rn. 13. 104Der Zuständigkeitsübergang nach Ablauf der Überstellungsfrist soll verhindern, dass Asylanträge monate- oder gar jahrelang nicht geprüft werden. Zugleich soll das Ziel einer möglichst schnellen Prüfung nicht dazu führen, dass dem jeweiligen Mitgliedstaat keine zusammenhängende Überstellungsfrist von sechs Monaten zur Verfügung steht, in der nur noch die Überstellungsmodalitäten zu regeln sind, 105vgl. EuGH, Urteil vom 29. Januar 2009 ‑ C-19/08 ‑ Rn. 43 ff., juris, 106oder dass der Beschleunigungsgedanke zulasten eines effektiven Rechtsschutzes verwirklicht wird (vgl. Art. 27 Abs. 3 und 4 Dublin III-VO). 107Vgl. BVerwG, Urteil vom 8. Januar 2019 ‑ 1 C 16.18 ‑, Rn. 26, juris und BVerwGE 164, 165. 108Eine behördliche Aussetzungsentscheidung darf hiernach auch unionsrechtlich jedenfalls dann ergehen, wenn Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Abschiebungsanordnung bestehen, 109so bereits BVerwG, Urteil vom 9. August 2016 ‑ 1 C 6/16 ‑, Rn. 18, BVerwGE 156, 9; 110dann haben die Belange eines Antragstellers auf Gewährung effektiven Rechtsschutzes offenkundig Vorrang vor dem Beschleunigungsgedanken. Die Wirksamkeit des gerichtlichen Rechtsschutzes (s.a. Art. 46 der Richtlinie 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zu gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes) erlaubt eine behördliche Aussetzung aus sachlich vertretbaren Erwägungen, die nicht rechtlich zwingend sein müssen, auch unterhalb dieser Schwelle, wenn diese den Beschleunigungsgedanken und die Interessen des zuständigen Mitgliedstaats nicht willkürlich verkennen und auch sonst nicht missbräuchlich sind. 111Vgl. BVerwG, Urteil vom 8. Januar 2019 ‑ 1 C 16/18 ‑, Rn. 27, juris und BVerwGE 164, 165. 112bb) Die Aussetzungsentscheidung des Bundesamtes vom 15. April 2020 hat nach diesen Grundsätzen die Überstellungsfrist (neuerlich) unterbrochen. 113(1) Das unionsrechtliche Mindesterfordernis, dass die Klägerin einen Rechtsbehelf im Sinne des Art. 27 Abs. 4 Dublin III-VO eingelegt hat, ist mit der vorliegenden Klage, die sich auch gegen die Abschiebungsanordnung richtet, erfüllt. 114Dieses Klageverfahren ist tauglicher Rechtsbehelf im Sinne dieser Vorschrift. Dass die beiden bei Gericht gestellten Anträge der Klägerin auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung erfolglos geblieben sind, ist insofern unbeachtlich. Unionsrecht verbietet es den Mitgliedstaaten jedenfalls nicht, von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen oder Überstellungsmaßnahmen auch dann abzusehen, wenn zwar eine erste gerichtliche Überprüfung der Überstellungsentscheidung nicht zur Gewährung aufschiebender Wirkung geführt hat, über den Rechtsbehelf gegen die Überstellungsentscheidung aber noch nicht endgültig entschieden ist. 115Vgl. BVerwG, Urteil vom 8. Januar 2019 ‑ 1 C 16/18 ‑, Rn. 29, juris und BVerwGE 164, 165. 116Dem steht auch eine Rechtskraftwirkung der ablehnenden Eilbeschlüsse nicht entgegen, da sich diese von vornherein nicht auf Umstände bezieht, die – wie hier etwaige Überstellungshindernisse infolge der COVID-19-Pandemie – erst nach deren Ergehen eingetreten sind. 117(2) Die Aussetzungsentscheidung verkennt auch nicht den Beschleunigungsgedanken und die Interessen des zuständigen Mitgliedstaats oder ist aus sonstigen Gründen missbräuchlich. Vielmehr ist sie durch tatsächlich vorliegende, der Überstellung der Klägerin nach Polen entgegenstehende Hindernisse sachlich gerechtfertigt und frei von Willkür. 118Es lag zum Zeitpunkt der Aussetzungsentscheidung eine Schwebesituationen unklarer oder umstrittener Rechts- und Tatsachenlage vor, 119vgl. hierzu: Berlit, jurisPR-BVerwG 5/2019 Anm. 4 Buchst. D, 120die dem Bundesamt die rechtliche Möglichkeit eröffnete, hierauf mit einer Aussetzung der Vollziehung adäquat zu reagieren. Die Erklärungen der polnischen Behörden vom 12. März 2020 und vom 26. März 2020 lassen es zweifelhaft erscheinen, ob im Sinne von § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG feststand, dass die Abschiebung der Klägerin nach Polen hätte durchgeführt werden können. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts in Anlehnung an die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) können die Mitgliedstaaten eine zusammenhängende Frist von sechs Monaten für die Regelung der Überstellungsmodalitäten und die Bewerkstelligung der Überstellung beanspruchen. An dieser fehlt es auch in Fällen, in denen eine Überstellung – wie hier – lediglich zeitweise ausgeschlossen war. 121Die Aussetzung der Vollziehung diente vorliegend erkennbar nicht (nur) dazu, auf außerhalb des konkreten Sachverhalts und des konkreten Verfahrens liegende Entwicklungen (wie das Auftreten einer Pandemie und damit zusammenhängender rechtlicher oder auch nur tatsächlicher Überstellungshindernisse) zu reagieren, 122so angenommen von VG München, Urteil vom 7. Juli 2020 ‑ M 2 K 19.51274 ‑, Rn. 17, juris. 123Vielmehr lag mit den Mitteilungen der polnischen Behörden vom 12. März 2020 und vom 26. März 2020 eine konkrete, auf den Sachverhalt im vorliegenden Verfahren bezogene Entwicklung vor, die die tatsächliche Möglichkeit der Überstellung der Klägerin nach Polen in Zweifel zog. Dass die Entwicklung zugleich auch eine Vielzahl anderer Verfahren betraf, ist insoweit ohne Belang. Das Fristenregime der Dublin III‑VO beansprucht uneingeschränkte Gültigkeit, auch wenn es auf eine (unerwartet) hohe Zahl von Einzelfällen anzuwenden ist. 124(3) Die von der Europäischen Kommission aus Anlass der COVID-19-Pandemie veröffentlichten Hinweise zur Umsetzung der einschlägigen EU-Bestimmungen im Bereich der Asyl- und Rückführungsverfahren und zur Neuansiedlung vom 17. April 2020, 2020/C 126/12, S. 5., 125abrufbar unter: https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:52020XC0417(07)&from=EN, 126stehen der Annahme nicht entgegen, dass im jeweiligen konkreten Verfahren ein Hindernis bei der Durchführung der Überstellung infolge dieser Pandemie vorliegen kann. Dort heißt es: 127„Wird die Überstellung in den zuständigen Mitgliedstaat nicht innerhalb der geltenden Frist durchgeführt, so geht die Zuständigkeit nach Artikel 29 Absatz 2 der Dublin-Verordnung auf den ersuchenden Mitgliedstaat über. Keine Bestimmung der Verordnung erlaubt es, in einer Situation wie der, die sich aus der COVID-19-Pandemie ergibt, von dieser Regel abzuweichen.“ 128Damit wird bekräftigt, dass die sich aus der COVID-19-Pandemie ergebende Situation als solche keine Abweichung vom Fristenregime der Dublin III‑VO rechtfertigt. Dem schließt sich die Kammer uneingeschränkt an. Das Fristenregime der Dublin III‑VO ist uneingeschränkt zu beachten. Die durch die Pandemie ausgelösten Umstände vermögen keine hiervon abweichende Handhabung zu rechtfertigen. 129(4) Dass die Aussetzungsentscheidung einem Umstand Rechnung trägt, der die Überstellung der Klägerin nach Polen voraussichtlich nur vorübergehend unmöglich macht, führt nicht dazu, dass ein Eingriff in den für das Dublin-System zentralen Beschleunigungsgedanken (vgl. Erwägungsgrund 5 Satz 2 der Dublin III‑VO) und die Interessen des Asylantragstellers vorliegt, der nicht durch eine tragfähige Rechtschutzerwägung gerechtfertigt werden könnte, 130so aber: VG Aachen, Urteil vom 10. Juni 2020 ‑ 9 K 2584/19.A ‑, Rn. 61, juris und Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht, Urteil vom 15. Mai 2020 ‑ 10 A 596/19 ‑, Rn. 23, juris; wie hier hingegen: VG Osnabrück, Beschluss vom 12. Mai 2020 ‑ 5 B 95/20 ‑, Rn. 16, juris. 131Bei der Unterbrechung der Überstellungsfrist handelt es sich (unabhängig davon, ob sie von der Beklagten „beabsichtigt“ ist, 132darauf abstellend: VG Aachen, Urteil vom 10. Juni 2020 ‑ 9 K 2584/19.A ‑, Rn. 61, juris), 133um eine mit der Aussetzungsentscheidung untrennbar verknüpfte Folge und führt dazu, dass ein zum Zeitpunkt der Aussetzungsentscheidung noch nicht eingetretener, lediglich in der Zukunft zu einem bestimmten Zeitpunkt erwarteter Zuständigkeitsübergang auf den ersuchenden Staat hinausgeschoben wird. Das Interesse des Asylantragstellers an dem für die Zukunft erwarteten Zuständigkeitsübergang ist jedoch nicht als solches rechtlich geschützt. Der Asylantragsteller hat insoweit lediglich das aus Art. 3 Abs. 1 GG, Art. 20 EU-GRCh folgende Recht auf Gleichbehandlung und willkürfreies hoheitliches Handeln. Ein Verstoß hiergegen läge vor, wenn die Behörde eine Unterbrechung der Überstellungsfrist ohne sachlichen Grund herbeiführt, etwa um zu verhindern, dass diese aufgrund behördlicher Versäumnisse ansonsten nicht (mehr) gewahrt werden könnte. 134Ein rechtlich geschütztes Interesse des Asylantragstellers an dem für die Zukunft erwarteten Zuständigkeitsübergang (gleichsam ein „Anwartschaftsrecht“ auf Ablauf der Überstellungsfrist) folgt insbesondere nicht aus dem Beschleunigungsgebot. Hat der Antragsteller der Rechtmäßigkeit der Überstellungsentscheidung keine anderen Gründe entgegenzusetzen als den (erst für die Zukunft) erwarteten Übergang der Zuständigkeit infolge des Ablaufs der Überstellungsfrist, so ist es ihm zuzumuten, eine Beschleunigung in der Weise herbeizuführen, dass er keinen Rechtsbehelf einlegt, dessen aufschiebende Wirkung angeordnet werden könnte, oder den Rechtsbehelf, dessen aufschiebende Wirkung angeordnet wurde, zurückzunimmt. In solchen Fällen läuft die Überstellungsfrist und kann nicht durch eine behördliche Aussetzung der Vollziehung unterbrochen werden. Zugleich muss der Antragsteller aber auch mit der Durchführung der Überstellung rechnen. Setzt der Antragsteller der Überstellungsentscheidung indes (auch) andere Gründe entgegen, so wird die Effektivität seines Rechtsschutzes durch die Aussetzung der Vollziehung verbessert, indem es ihm gestattet wird, sich während der gerichtlichen Überprüfung der Überstellungsentscheidung im betreffenden Mitgliedstaat weiter aufzuhalten. 135Dem entspricht es, dass das von der Dublin III-VO anerkannte Instrument der Aussetzung der Vollziehung keine Maximaldauer des Überstellungsverfahrens vorgibt. 136Vgl. VGH BW, Urteil vom 29. Juli 2019 ‑ A 4 S 749/19 ‑, Rn. 124, juris. 137Die Dublin-Fristen entfalten nach der Rechtsprechung des EuGH Individualschutz vor allem „im Hinblick auf die Leistungsfähigkeit des Dublin-Systems“ und „den Schutz der Antragsteller“; denn ihr Asylbegehren soll möglichst rasch durch den zuständigen Staat geprüft werden. 138VGH BW, Urteil vom 29. Juli 2019 ‑ A 4 S 749/19 ‑, Rn. 124, juris mit Hinweis auf EuGH, Urteil vom 7. Juni 2016, Ghezelbash, ‑ C-63/15 ‑, Rn. 52, juris. 139Hieraus folgt im Umkehrschluss, dass ein Antragsteller insoweit grundsätzlich nicht schutzwürdig ist, wenn er, etwa durch Flüchtigkeit oder vergleichbare Verhaltensweisen, den Effet-utile der Dublin III-VO bewusst und gewollt unterläuft, um den fruchtlosen Ablauf der - gerade zu seinem Schutz einzuhaltenden - Fristen herbeizuführen, und damit zu verhindern, dass sein Asylbegehren durch den nach den übrigen Vorgaben bis dahin zuständigen Staat geprüft wird. Nach der Rechtsprechung des EuGH zum Missbrauchsverbot kann sich niemand auf unionsrechtliche Vorteile berufen, wenn in der Absicht gehandelt wird, „sich einen unionsrechtlich vorgesehenen Vorteil dadurch zu verschaffen, dass die entsprechenden Voraussetzungen willkürlich geschaffen werden“. 140Vgl. VGH BW, Urteil vom 29. Juli 2019 ‑ A 4 S 749/19 ‑, Rn. 124, juris mit Hinweis auf EuGH, Urteil vom 14. Dezember 2000, Emsland-Stärke, ‑ C-110/99 ‑, Rn. 52 f. 141(5) Die behördliche Aussetzungsentscheidung vom 15. April 2020 ist auch nicht deshalb als unionsrechtswidrig und damit für den Lauf der Überstellungsfrist unbeachtlich einzustufen, weil im Wortlaut des Art. 27 Abs. 4 Dublin III‑VO lediglich eine Aussetzung „bis zum Abschluss“ des Rechtsbehelfs oder der Überprüfung erwähnt ist, nicht jedoch eine Aussetzung, die womöglich vor Abschluss des Rechtsbehelfs oder der Überprüfung endet – wie hier die vom Bundesamt ausgesprochene Aussetzung „bis auf Weiteres“ und „unter Vorbehalt des Widerrufs“, 142ebenso: VG Osnabrück, Beschluss vom 12. Mai 2020 ‑ 5 B 95/20 ‑, Rn. 15, juris; a.A. VG Düsseldorf, Beschluss vom 18. Mai 2020 ‑ 15 L 776/20.A ‑, Rn. 14, juris; VG Aachen, Urteil vom 10. Juni 2020 ‑ 9 K 2584/19.A ‑, Rn. 39, juris; Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht, Urteil vom 15. Mai 2020 ‑ 10 A 596/19 ‑, Rn. 20, juris. 143Denn Art. 27 Abs. 4 Dublin III‑VO ist als Öffnungsklausel zu verstehen, die es den Mitgliedstaaten ermöglicht, den Regelungsbereich innerhalb des definierten äußeren Rahmens durch nationales Recht zu gestalten. Ein Grund dafür, dass diese Vorschrift vorgeben sollte, dass das nationale Recht, sofern es denn überhaupt eine behördliche Aussetzungsbefugnis vorsieht, nur eine solche bis zum Abschluss des Rechtsbehelfs oder der Überprüfung vorsehen darf, ist nicht ersichtlich. Es würde auch dem Beschleunigungsgebot widersprechen, dass die Aussetzung zwingend bis zum Abschluss des Rechtsbehelfs fortzudauern hätte, obwohl mittlerweile die Gründe für die Aussetzung entfallen sein mögen. 144Die Aussetzungsentscheidung des Bundesamtes dient dazu, der Klägerin effektiven Rechtsschutz zu gewähren, auch wenn sie – wie hier – nur „bis auf Weiteres“ und unter „Vorbehalt des Widerrufs“ erfolgt, 145a.A. VG Aachen, Urteil vom 10. Juni 2020 ‑ 9 K 2584/19.A ‑, Rn. 58, juris; Schleswig-Holsteinisches VG, Urteil vom 15. Mai 2020 ‑ 10 A 596/19 ‑, Rn. 20, juris und Gerichtsbescheid vom 18. Mai 2020 ‑ 5 A 255/19 ‑, Rn. 19, juris. 146Denn die Effektivität des Rechtsschutzes wird schon dadurch erhöht, dass dem jeweiligen Kläger der Verbleib im ersuchenden Staat auch nur vorübergehend während der Anhängigkeit seines Rechtsbehelfs gestattet wird. 147(6) Schließlich steht der Annahme, dass die Aussetzungsentscheidung des Bundesamtes vom 15. April 2020 die Überstellungsfrist unterbrochen hat, auch nicht entgegen, dass sie ausschließlich wegen tatsächlicher Hindernisse beim Vollzug der Überstellung ausgesprochen wurde und gerade nicht wegen Zweifeln an der Rechtmäßigkeit der Unzulässigkeitsentscheidung in Ziffer 1 des streitgegenständlichen Bescheides. Die Kammer folgt der Rechtsprechung, die eine Unterbrechung der Überstellungsfrist durch eine gerichtliche oder behördliche Aussetzungsentscheidung nur dann annimmt, wenn diese wegen Zweifeln an der Rechtmäßigkeit der asylrechtlichen Unzulässigkeitsentscheidung ergeht, 148vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 13. Februar 2019 ‑ 15 K 15396/17.A ‑, Rn. 28 ff., juris; VG Düsseldorf, Beschluss vom 18. Mai 2020 ‑ 15 L 776/20.A ‑, Rn. 18, juris, 149nicht. 150Diese Differenzierung lässt sich insbesondere nicht dem Urteil des EuGH vom 16. Februar 2017, 151C.K., H.F. und A.S. / Slowenien, ‑ C-578/16 PPU ‑, juris, 152entnehmen. Zum einen lag der Entscheidung ein Vorlagefall zugrunde, in dem vor allem die Zuständigkeitsfrage (Verpflichtung zum Selbsteintritt) gerichtlich im Streit stand. Zum anderen geht auch der EuGH davon aus, dass der ersuchende Mitgliedstaat in einem solchen Fall die Durchführung seiner Überstellung auszusetzen und den zuständigen Mitgliedstaat über die dadurch eingetretene Verzögerung zu unterrichten habe, 153EuGH, Urteil vom 16. Februar 2017, C.K., H.F. und A.S. / Slowenien, ‑ C-578/16 PPU ‑, Rn. 85 ff., juris. 154Dem Hinweis, dass im Falle des Ablaufs der Überstellungsfrist die Zuständigkeit auf den ersuchenden Staat übergeht, 155EuGH, Urteil vom 16. Februar 2017, C.K., H.F. und A.S. / Slowenien, ‑ C-578/16 PPU ‑, Rn. 89, juris, 156lässt sich vor diesem Hintergrund keine Aussage des Inhalts entnehmen, dass die Überstellungsfrist selbst im Falle einer Aussetzung der Vollziehung und Mitteilung an den zuständigen Mitgliedstaat ohne Unterbrechung weiter läuft. Vielmehr dürfte es sich um einen allgemeinen Hinweis auf die Wirkungen des Ablaufs der Überstellungsfrist handeln, der auch für den Fall gilt, dass der Lauf der Überstellungsfrist durch eine etwaige Aussetzung der Vollziehung unterbrochen wurde und nach Wegfall der aufschiebenden Wirkung des Rechtsbehelfs (neu) beginnt. Schließlich spricht der Hinweis auf die Möglichkeit des Selbsteintritts nach Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO, wenn „bei einer langfristigen Aussetzung des Verfahrens“ die Gefahr der Verschlechterung des Zustands des Asylantragstellers bestünde, 157EuGH, Urteil vom 16. Februar 2017, C.K., H.F. und A.S. / Slowenien, ‑ C-578/16 PPU ‑, Rn. 88 und 96 letzter Spiegelstrich, juris, 158gegen die Annahme, dass die Überstellungsfrist durch eine etwaige Aussetzung der Vollziehung nicht unterbrochen würde. Denn für einen Selbsteintritt wäre kein Anlass mehr, wenn in einer solchen Konstellation die Überstellungsfrist gerade unabhängig von der Aussetzung der Vollziehung weiterlaufen würde. Der Zuständigkeitsübergang auf den ersuchenden Staat würde in absehbarer Zeit auch ohne Ausübung des Selbsteintritts eintreten. 159Es kann dahinstehen, ob es sich bei der Überstellungsentscheidung im Sinne des Art. 26 Abs. 1 Dublin III‑VO (ausschließlich) um die Unzulässigkeitsentscheidung im Hinblick auf die Zuständigkeit eines anderen Staates handelt und der Vollzug der Überstellung einschließlich der Abschiebungsanordnung nach § 34a AsylG hiervon unionsrechtlich zu trennen ist, 160so VG Düsseldorf, Urteil vom 13. Februar 2019 ‑ 15 K 15396/17.A ‑, Rn. 28 ff., juris. 161Denn beide Regelungen werden durch Art. 29 Abs. 1 und 2 Dublin III‑VO in Bezug auf die Rechtsfolgen einer nicht fristgerechten Überstellung miteinander verknüpft. Nach Maßgabe des Art. 29 Abs. 1 Satz 1 Dublin III‑VO soll die Überstellung erfolgen, sobald dies praktisch möglich ist. Die Bestimmung des § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG dient lediglich der Umsetzung dieser Vorgabe im nationalen Recht. Eine Auslegung der Dublin III‑VO, die dazu führen würde, dass die Frist für die Durchführung der Überstellung trotz Aussetzung der Vollziehung der Abschiebungsanordnung ab der Annahme des Aufnahme- oder Wiederaufnahmegesuchs durch einen anderen Mitgliedstaat zu berechnen wäre, liefe dieser unionsrechtlichen Verknüpfung zuwider. Sie würde Art. 27 Abs. 3 und 4 Dublin III‑VO in der Praxis in weitem Maße ihre praktische Wirksamkeit nehmen, da die Aussetzung nicht angewandt werden könnte, ohne dass die Gefahr bestünde, dass sie die Durchführung der Überstellung innerhalb der von der Dublin-III-Verordnung vorgegebenen Fristen behindert. 162Vgl. zu Art. 27 Abs. 4 Dublin III‑VO: EuGH, Urteil vom 13. September 2017 ‑ C-60/16 ‑, Rn. 71, juris. 1633. Eine Zuständigkeit der Beklagten – anstelle Polens – ergibt sich schließlich auch nicht aus Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 und 3 Dublin III-VO. Denn die Beklagte ist nicht gemäß Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin III-VO gehindert, die Klägerin nach Polen zu überstellen. Nach dieser Vorschrift steht es der Überstellung eines Antragstellers in den zunächst als zuständig bestimmten Staat entgegen, wenn es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller in diesem Mitgliedstaat systemische Schwachstellen aufwiesen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 EU-GRCh bzw. Art. 3 EMRK mit sich bringen. Die Voraussetzungen, unter denen dies nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte und des EuGH, 164EuGH, Urteile vom 19. März 2019, Jawo, ‑ C-163/17 ‑, EU:C:2019:218, Rn. 87, juris und vom 21. Dezember 2011 ‑ C-411/10 et al. ‑, Rn. 83 ff., 99; juris; EGMR, Urteil vom 21. Januar 2011 ‑ 30696/09 ‑, NVwZ 2011, 413, 165der Fall wäre, liegen hier nicht vor. 166Zwar bezieht sich Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin III-Verordnung nur auf die Situation, in der sich die tatsächliche Gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 EU-GRCh aus systemischen Schwachstellen des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Personen, die internationalen Schutz beantragen, in dem Mitgliedstaat ergibt, der nach dieser Verordnung als für die Prüfung des Antrags zuständig bestimmt ist. Aus der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes sowie aus dem allgemeinen und absoluten Charakter des Verbots in Art. 4 EU-GRCh geht jedoch hervor, dass die Überstellung eines Antragstellers in diesen Mitgliedstaat in all jenen Situationen ausgeschlossen ist, in denen ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme vorliegen, dass der Antragsteller bei seiner Überstellung oder infolge seiner Überstellung eine solche Gefahr laufen wird. 167Vgl. EuGH, Urteil vom 19. März 2019, Jawo, ‑ C-163/17 ‑, EU:C:2019:218, Rn. 87, juris. 168Dabei ist für die Anwendung von Art. 4 EU-GRCh gleichgültig, ob es zum Zeitpunkt der Überstellung, während des Asylverfahrens oder nach dessen Abschluss, das heißt im Falle der Gewährung internationalen Schutzes, dazu kommt, dass die betreffende Person aufgrund ihrer Überstellung an den zuständigen Mitgliedstaat im Sinne der Dublin III-Verordnung einem ernsthaften Risiko ausgesetzt wäre, eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung zu erfahren. 169Vgl. EuGH, Urteil vom 19. März 2019, Jawo, ‑ C-163/17 ‑, EU:C:2019:218, Rn. 88, 76, juris. 170Insoweit ist das mit einem Rechtsbehelf gegen eine Überstellungsentscheidung befasste Gericht in dem Fall, dass es über Angaben verfügt, die die betreffende Person zum Nachweis des Vorliegens eines solchen Risikos vorgelegt hat, verpflichtet, auf der Grundlage objektiver, zuverlässiger, genauer und gebührend aktualisierter Angaben und im Hinblick auf den durch das Unionsrecht gewährleisteten Schutzstandard der Grundrechte zu würdigen, ob entweder systemische oder allgemeine oder aber bestimmte Personengruppen betreffende Schwachstellen vorliegen. 171Vgl. EuGH, Urteil vom 19. März 2019, Jawo, ‑ C-163/17 ‑, EU:C:2019:218, Rn. 90, juris, unter Bezugnahme auf Urteil vom 5. April 2016, Aranyosi und Căldăraru, ‑ C‑404/15 und C‑659/15 PPU ‑, EU:C:2016:198, Rn. 89. 172Schwachstellen fallen nur dann unter Art. 4 EU-GRCh, der Art. 3 EMRK entspricht und nach Art. 52 Abs. 3 EU-GRCh die gleiche Bedeutung und Tragweite hat, wie sie ihm in der EMRK verliehen wird, wenn sie eine besonders hohe Schwelle der Erheblichkeit erreichen, die von sämtlichen Umständen des Falles abhängt. 173Vgl. EGMR, 21. Januar 2011, M.S.S./Belgien und Griechenland, CE:ECHR:2011:0121JUD003069609, § 254. 174Denn im Kontext des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems und insbesondere der Dublin III-VO, die auf dem Grundsatz des gegenseitigen Vertrauens beruht und durch eine Rationalisierung der Anträge auf internationalen Schutz deren Bearbeitung im Interesse sowohl der Antragsteller als auch der teilnehmenden Staaten beschleunigen soll, gilt die Vermutung, dass die Behandlung dieser Antragsteller in jedem einzelnen Mitgliedstaat in Einklang mit den Erfordernissen der EU-GRCh, der GFK und der EMRK steht. 175Vgl. EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011, N. S. u. a., ‑ C-411/10 und C-493/10 ‑, EU:C:2011:865, Rn. 78 bis 80, juris. 176Diese besonders hohe Schwelle der Erheblichkeit wäre erreicht, wenn die Gleichgültigkeit der Behörden eines Mitgliedstaats zur Folge hätte, dass eine vollständig von öffentlicher Unterstützung abhängige Person sich unabhängig von ihrem Willen und ihren persönlichen Entscheidungen in einer Situation extremer materieller Not befände, die es ihr nicht erlaubte, ihre elementarsten Bedürfnisse zu befriedigen, wie insbesondere sich zu ernähren, sich zu waschen und eine Unterkunft zu finden, und die ihre physische oder psychische Gesundheit beeinträchtigte oder sie in einen Zustand der Verelendung versetzte, der mit der Menschenwürde unvereinbar wäre. Diese Schwelle ist daher selbst in durch große Armut oder eine starke Verschlechterung der Lebensverhältnisse der betreffenden Person gekennzeichneten Situationen nicht erreicht, sofern sie nicht mit extremer materieller Not verbunden sind, aufgrund deren sich diese Person in einer solch schwerwiegenden Lage befindet, dass sie einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung gleichgestellt werden kann. 177Vgl. EuGH, Urteil vom 19. März 2019, Jawo, ‑ C-163/17 ‑, EU:C:2019:218, Rn. 89 ff., juris unter Bezugnahme auf EGMR, 21. Januar 2011, M.S.S./Belgien und Griechenland, CE:ECHR:2011:0121JUD003069609, §§ 252 bis 263. 178Unter Anwendung dieser Maßstäbe fehlt es an hinreichenden Anhaltspunkten dafür, dass das Asylverfahren oder die Aufnahmebedingungen in Polen mit systemischen Mängeln behaftet wären, die eine beachtliche Gefahr einer der Klägerin drohenden unmenschlichen Behandlung im Sinne von Art. 4 EU-GRCh bzw. Art. 3 EMRK zum Zeitpunkt der Überstellung, während des Asylverfahrens oder nach dessen Abschluss nach sich ziehen könnten. 179Entsprechende Anhaltspunkte ergeben sich aus den dem Gericht vorliegenden aktuellen Erkenntnismaterial nicht, 180ebenso in der jüngeren Rspr.: VG Regensburg, Beschluss vom 5. Februar 2020 ‑ RO 12 S 20.50020 ‑, Rn. 48, juris; VG Würzburg, Beschluss vom 3. Januar 2020 ‑ W 8 S 19.50825 ‑, juris; VG Düsseldorf, Urteil vom 25. Juli 2019 ‑ 12 K 8342/18.A ‑, juris; VG Augsburg, Beschluss vom 21. Mai 2019 ‑ Au 6 S 19.50444 ‑, juris. 181Auch im Hinblick auf Gesundheitsgefahren, die sich durch die Gefahr einer Ansteckung der Klägerin mit dem COVID-19 auslösenden Virus im Falle ihrer Überstellung nach Polen oder infolge einer Überlastung des dortigen Gesundheitssystems wegen einer Vielzahl von COVID-19-Erkrankungen ergeben könnten, fehlt es an Anhaltspunkten dafür, dass die Klägerin mit erheblicher Wahrscheinlichkeit in Polen eine ihre physische oder psychische Gesundheit beeinträchtigende Behandlung erwartet. Eine erhebliche Wahrscheinlichkeit einer Ansteckung der Klägerin mit diesem Virus im Falle ihrer Überstellung nach Polen oder eine Überlastung des dortigen Gesundheitssystems lässt sich nicht feststellen. Nach der Veröffentlichung des European Centre for Disease Prevention and Control, die zu den der Klägerin mitgeteilten Erkenntnismitteln des Gerichts zählt, 182COVID-19 situation update for the EU/EEA and the UK, as of 12. July 2020. Datum der Veröffentlichung: 13.07.2020, abgerufen am 13. Juli 2020 unter: https://www.ecdc.europa.eu/en/cases-2019-ncov-eueea, 183waren in den 14 Tagen vor dem 12. Juli 2020 in Polen pro 100.000 Einwohnern insgesamt 10,0 COVID-19-Fälle sowie insgesamt 0,4 COVID-19-Sterbefälle gemeldet worden. Zugunsten der Klägerin wird berücksichtigt, dass sich diese Gesamtzahl der gemeldeten COVID-19-Fälle in den letzten 14 Tagen pro 100.000 Einwohnern zum maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts auf 11,1 erhöht hat (bei einem nahezu unveränderten Wert von 0,3 Sterbefällen), 184vgl. European Centre for Disease Prevention and Control: COVID-19 situation update for the EU/EEA and the UK, as of 21. July 2020. Datum der Veröffentlichung: 21.07.2020. https://www.ecdc.europa.eu/en/cases-2019-ncov-eueea. 185Hierbei handelt es sich jedoch nicht um eine wesentliche Änderung, die eine andere Bewertung im Hinblick auf die Gefahr einer Ansteckung oder einer Überlastung des Gesundheitssystems rechtfertigen könnte. 186Das Auswärtige Amt spricht derzeit vor dem Hintergrund, dass Polen nach den veröffentlichten Zahlen von COVID-19 weniger stark betroffen sei, auch keine Reisewarnung nach Polen aus, 187vgl. Auswärtiges Amt: Polen: Reise- und Sicherheitshinweise. Datum der Veröffentlichung: 13.07.2020. abrufbar unter: https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/polen-node/polensicherheit/199124. 188II. Da die Klage mit dem Hauptantrag gegen die Unzulässigkeitsentscheidung in Ziffer 1 des streitgegenständlichen Bescheides keinen Erfolg hat, ist über den für diesen Fall gestellten Hilfsantrag zu entscheiden. 189Der Hilfsantrag ist unbegründet. 1901. Die Beklagte kann nicht zu der mit dem Hilfsantrag begehrten Feststellung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 oder 7 Satz 1 AufenthG verpflichtet werden, da die Klägerin keinen Anspruch auf diese Feststellung hat und durch deren Versagung nicht in ihren Rechten verletzt wird, vgl. § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO. 191Es liegen keine greifbaren Anhaltspunkte dafür vor, dass in der Person der Klägerin ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 oder 7 Satz 1 AufenthG in Bezug auf Polen vorliegt. 192Gemäß § 60 Abs. 5 AufenthG darf ein Ausländer nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist. Im vorliegenden Fall ergibt sich in Bezug auf Griechenland kein Abschiebungsverbot aus den insoweit allein in Betracht kommenden Schutzwirkungen des Art. 3 EMRK. 193Art. 3 EMRK bestimmt, dass niemand der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe unterworfen werden darf. Hieraus folgen neben Unterlassungs- auch staatliche Schutzpflichten. Unter Zugrundelegung des Maßstabs des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte muss die Verletzung von Art. 3 EMRK mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohen („real risk“). Dies hängt von den Gesamtumständen des jeweiligen Einzelfalls ab, wie etwa der Art und dem Kontext der Fehlbehandlung, der Dauer, den körperlichen und geistigen Auswirkungen, sowie – in einigen Fällen – vom Geschlecht, Alter und Gesundheitszustand des Opfers. 194Vgl. ständige Rechtsprechung des EGMR, Urteil vom 4. November 2014 ‑ 29217/12 ‑, Tarakhel/Switzerland -, Rn. 93 f., m. w. N.; zum Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit: BVerwG, Urteil vom 27. April 2010 ‑ 10 C 5.09 ‑, Rn. 22, juris. 195Bezugspunkt dieser Prüfung ist grundsätzlich der gesamte Abschiebungszielstaat und zunächst der Ort, an dem die Abschiebung endet. 196Vgl. EGMR, Urteil vom 28. Juni 2011 - 8319/07, 11449/07, Sufi und Elmi/Vereinigtes Königreich - Rn. 65, 301, 309; BVerwG, Urteil vom 31. Januar 2013 ‑ 10 C 15.12 ‑, Rn. 26, juris. 197Nach diesen Maßstäben liegen keine Anhaltspunkte für die Annahme vor, dass die Klägerin im Falle einer Abschiebung nach Polen mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit Gefahr laufen würde, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 3 EMRK ausgesetzt zu werden. Es wird insoweit auf die obigen Ausführungen in Bezug auf die Gewährleistungen aus Art. 4 EU-GRCh, welche mit Art. 3 EMRK deckungsgleich sind (vgl. Art. 52 Abs. 3 EU-GRCh), verwiesen. 198Die Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG liegen ebenfalls nicht vor. Nach der Vorschrift soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Anhaltspunkte hierfür sind weder vorgetragen noch ersichtlich. 1992. Die Abschiebungsanordnung in Ziffer 3 des Bescheides ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. 200Sie findet ihre Rechtsgrundlage in § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG. Danach ordnet das Bundesamt die Abschiebung in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 29 Abs. 1 Nr. 1 AsylG) an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Diese Voraussetzungen waren hier erfüllt. 201Polen ist – wie zuvor ausgeführt – für die Durchführung des Asylverfahrens der Klägerin zuständig. Es steht auch im Sinne von § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG fest, dass die Abschiebung durchgeführt werden kann. Insbesondere stehen der Abschiebung der Klägerin weder zielstaatsbezogene Abschiebungsverbote noch inlandsbezogene Vollzugshindernisse entgegen. 202Polen ist ausweislich der unwidersprochenen Mitteilung der Beklagten seit dem 13. Juli 2020 wieder bereit, Asylantragsteller im Wege der Überstellung auf der Grundlage der Dublin III‑VO aufzunehmen. 203Sonstige Vollzugshindernisse sind weder dargelegt noch im Übrigen ersichtlich. 2043. Die auf § 11 Abs. 1 und 2 AufenthG in der Fassung des Art. 1 Nr. 5 des Gesetzes zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung vom 27. Juli 2015, BGBl. I 1386 (AufenthG a.F.) gestützte Regelung eines auf 6 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristeten Einreise- und Aufenthaltsverbotes in Ziffer 4 des streitgegenständlichen Bescheides ist ebenfalls rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Zum maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts (§ 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG) findet diese Regelung als Anordnung eines befristeten Einreise- und Aufenthaltsverbots ihre Rechtsgrundlage in § 11 Abs. 1 und 2 AufenthG. 205Die Zuständigkeit des Bundesamtes ergibt sich aus § 75 Nr. 12 AufenthG. 206Es ist nach Maßgabe der heranzuziehenden aktuell gültigen Fassung des § 11 Abs. 1 und 2 AufenthG unschädlich, dass das Bundesamt den Ausspruch und die Ermessensausübung an § 11 AufenthG a.F. orientiert. Denn durch die Neufassung des § 11 AufenthG haben sich die für die behördliche Anordnung und Fristbestimmung zu berücksichtigenden Umstände nicht geändert. Der Gesetzgeber hat lediglich klarstellend die bisherige Rechtslage an die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, wonach die Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbotes unionsrechtskonform als behördliche Anordnung eines befristeten Einreise- und Aufenthaltsverbotes zu verstehen ist, 207vgl. BVerwG, Beschluss vom 13. Juli 2017 ‑ 1 VR 3/17 ‑, Rn. 70 ff., juris, 208angepasst. 209Vgl. OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 23. April 2020 ‑ 2 L 30/20 ‑, Rn. 17 m.w.N., juris; VG Karlsruhe, Urteil vom 22. August 2019 ‑ A 19 K 1718/17 ‑, Rn. 38, juris; VG Düsseldorf, Urteil vom 25. November 2019 ‑ 27 K 1769/18.A ‑ Rn. 33 - 36, juris. 210Die Ermessensentscheidung des Bundesamtes begegnet auch im Übrigen keinen Bedenken. Diese ist gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbar, nämlich nur darauf, ob die Behörde das Ermessen in seiner Reichweite erkannt, ihre Erwägungen am Zweck der Ermessensermächtigung ausgerichtet und die gesetzlichen Grenzen ihres Ermessens nicht überschritten hat, § 114 Satz 1 VwGO, § 40 VwVfG. Mit einer Befristung auf 6 Monate ab dem Tag der Abschiebung hat das Bundesamt die Reichweite seines Ermessens nicht überschritten. Aus der Begründung ist zudem erkennbar, dass es seine Erwägungen am Zweck der Ermessensermächtigung ausgerichtet hat, indem es das öffentliche Interesse an dem Verbot einer kurzfristigen Wiedereinreise der Klägerin mit deren Interesse an einer erneuten Einreise in das Bundesgebiet abgewogen hat. Dabei hat es mit Hinweis darauf, dass besondere schutzwürdige Interessen der Klägerin an einer kurzfristigen Wiedereinreise nicht ersichtlich sind, das öffentliche Interesse in nicht zu beanstandender Weise entsprechend seiner ständigen Verwaltungspraxis für vergleichbare Fälle gewichtet. 211Vgl. zur Überprüfung der Ermessensentscheidung nach § 11 Abs. 2 und 3 AufenthG auch: OVG NRW, Urteil vom 19. Mai 2017 ‑ 11 A 52/17.A ‑, Rn. 110, juris. 212Schließlich ist auch nichts dafür ersichtlich, dass das Bundesamt diese Abwägung auf der Grundlage eines falschen Sachverhalts vorgenommen hätte oder sich der entscheidungserhebliche Sachverhalt nachträglich in einer Weise verändert hätte, die eine Ergänzung der Ermessensausübung erfordern würde. Entsprechendes wird von den Klägern auch nicht vorgetragen. 213Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, §§ 83b, 83c AsylG. 214Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO. 215Die Revision wird nach § 134 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 VwGO i.V.m. § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO unter Übergehung der Berufungsinstanz als Sprungrevision zugelassen. Die Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung. Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache zu, wenn sie eine für die Revisionsentscheidung erhebliche Frage des revisiblen Rechts aufwirft, die im Interesse der Einheit oder der Fortbildung des Rechts revisionsgerichtlicher Klärung bedarf. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Insbesondere die aufgeworfene Frage der Unterbrechung der Überstellungsfrist bei behördlicher Aussetzung der Vollziehung der Überstellungsentscheidung ist bislang nur für den Fall einer verfassungsrechtlichen Überprüfung der Überstellungsentscheidung höchstrichterlich geklärt, nicht jedoch für Fallkonstellationen der vorliegenden Art. Diese Frage betrifft eine Vielzahl von Fällen. 216Rechtsmittelbelehrung: 217Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu. Die Revision ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) schriftlich einzulegen. 218Die Revision kann auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) eingelegt werden. 219Die Revisionsfrist ist auch gewahrt, wenn die Revision innerhalb der Frist bei dem Bundesverwaltungsgericht (Simsonplatz 1, 04107 Leipzig) schriftlich oder als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der ERVV eingelegt wird. 220Die Revision muss das angefochtene Urteil bezeichnen. 221Die Revision ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils zu begründen. Die Begründung ist bei dem Bundesverwaltungsgericht (Simsonplatz 1, 04107 Leipzig) schriftlich oder als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der ERVV einzureichen. 222Im Revisionsverfahren müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die das Verfahren eingeleitet wird. Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Auf die zusätzlichen Vertretungsmöglichkeiten für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und § 5 Nr. 6 des Einführungsgesetzes zum Rechtsdienstleistungsgesetz – RDGEG –). Darüber hinaus sind die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 5 und 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen unter den dort genannten Voraussetzungen als Bevollmächtigte zugelassen. 223Die Revision und die Revisionsbegründungsschrift sollen möglichst dreifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften.
die klage wird abgewiesen. die klägerin trägt die kosten des verfahrens, für das gerichtskosten nicht erhoben werden. das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. die klägerin darf die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe von 110 % des auf grund des urteils vollstreckbaren betrages abwenden, wenn nicht die beklagte vor der vollstreckung sicherheit in höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden betrages leistet. die revision gegen dieses urteil wird unter übergehung der berufungsinstanz zugelassen. 1
2die klägerin ist am 00.00.1991 geboren und iranische staatsangehörige. nach eigenen angaben ist sie verheiratet mit herrn f. s. . dieser betreibt unter dem aktenzeichen 22 k 8762/18.a ein asylrechtliches klageverfahren beim verwaltungsgericht düsseldorf. 3die klägerin reiste ihren angaben zufolge zusammen mit herr s. am 6. september 2018 in die bundesrepublik ein. beide stellten am 19. september 2018 beim bundesamt für migration und flüchtlinge (nachfolgend: bundesamt) förmliche asylanträge. der asylantrag von herrn s. wird vom bundesamt unter dem geschäftszeichen 0000000-439 geführt. 4bereits am 14. september 2018 war die klägerin in deutschland erkennungsdienstlich behandelt worden. die in diesem zusammenhang durchgeführte eurodac-abfrage am 14. september 2018 ergab bezüglich der klägerin keinen treffer. jedoch zeigte der am gleichen tag durchgeführte abgleich mit dem visainformationssystem (vis), dass der klägerin am 17. august 2018 durch das polnische konsulat in teheran ein schengen-visum mit gültigkeit vom 4. september 2018 bis zum 13. september 2018 erteilt worden war. 5bei ihrer anhörung durch das bundesamt am 19. september 2018 gab die klägerin an: sie habe von der polnischen botschaft in teheran ein visum erhalten mit gültigkeit bis zum 13. september 2018. am 4. september 2018 habe sie den iran verlassen und sei mit einem zwischenstopp am flughafen dubai auf dem luftweg nach polen eingereist; dort habe sie sich zwei tage aufgehalten und sei am 6. september 2018 von dort aus mit dem zug nach deutschland eingereist. das gebiet der mitgliedstaaten habe sie seitdem nicht verlassen. bei ihrer weiteren anhörung durch das bundesamt am 4. oktober 2018 trug die klägerin im wesentlichen vor: sie habe das visum legal über eine agentur zum zweck der durchführung ihrer flitterwochen beantragt. sie wolle gerne in deutschland bleiben; sie habe keine gesundheitlichen beschwerden, erkrankungen, gebrechen oder eine behinderung. in deutschland lebe ihr mann, ein cousin zweiten grades und ein onkel ihres mannes. 6das bundesamt richtete am 5. oktober 2018 ein aufnahmegesuch an die republik polen. diesem stimmte die republik polen mit schreiben vom 18. oktober 2018 mit der begründung zu, dass das aufnahmegesuch im einklang mit art. 12 abs. 4 der verordnung des europäischen parlaments und des rates nr. 604/2013 im hinblick auf das erteilte schengen-visum stehe. ferner wurde in dem zustimmungsschreiben darum gebeten, die polnische behörde gemäß art. 8 abs. 2 der verordnung der kommission (eg) nr. 1560/2003 vom 2. september 2003 mindestens drei werktage vor der überstellung über die vorgeschlagenen einzelheiten der überstellung zu informieren. 7mit bescheid vom 22. oktober 2018 lehnte das bundesamt den asylantrag der klägerin nach § 29 abs. 1 nr. 1 asylg als unzulässig ab (ziffer 1), stellte fest, dass keine abschiebungsverbote nach § 60 abs. 5 und 7 satz 1 aufenthg vorliegen (ziffer 2), ordnete die abschiebung der klägerin nach polen an (ziffer 3) und befristete das gesetzliche einreise- und aufenthaltsverbot auf 6 monate ab dem tag der abschiebung (ziffer 4). auf die gründe des bescheides wird verwiesen. 8dem bescheid war ein dokument mit der überschrift „wichtige mitteilungen nach dem aufenthaltsgesetz (aufenthg)“ beigefügt. darin enthalten ist auch eine „belehrung nach § 50 abs. 4 aufenthg“, in der ausgeführt wird, dass die klägerin auf grund ihrer ausreisepflicht nach § 50 abs. 4 aufenthg verpflichtet sei, jeden wohnungswechsel und jedes verlassen des bezirks der ausländerbehörde für mehr als drei tage vorher der für sie zuständigen ausländerbehörde anzuzeigen. 9der bescheid wurde der klägerin am 26. oktober 2018 gegen empfangsbekenntnis zugestellt. 10die klägerin hat am 30. oktober 2018 klage erhoben. 11am gleichen tag hat sie einen antrag auf gewährung vorläufigen rechtsschutzes gestellt (22 l 3170/18.a). diesen hat das erkennende gericht mit beschluss vom 7. januar 2019 (bekannt gegeben am 8. januar 2019) als unbegründet abgelehnt. auf die gründe des bescheides wird verwiesen. 12ab dem 28. januar 2019 hat sich die klägerin nach eigenen angaben nicht mehr in der ihr zugewiesenen unterkunft in der zentralen unterbringungseinrichtung o. aufgehalten. die aktenführende zentrale ausländerbehörde f1. hat die klägerin am 22. februar 2019 als seit diesem tag unbekannt verzogen abgemeldet. 13am 19. märz 2019 teilte das bundesamt den polnischen behörden mit, dass ein rechtsbehelf mit aufschiebender wirkung am 30. oktober 2018 eingelegt worden, die aufschiebende wirkung zum 7. januar 2019 entfallen sei und das fristende nunmehr auf den 7. juli 2019 falle. 14mit schriftsatz vom 1. april 2019 hat die klägerin dem gericht mitgeteilt, dass sie sich im kirchenasyl befinde. beigefügt hat sie ein mit dem stempelaufdruck „internationale g. l. “ versehenes und über der namensangabe „s1. a. , ältester“ handschriftlich unterzeichnetes dokument. dieses weist ein adressfeld auf, in dem eine anschrift des bundesamtes in nürnberg angegeben ist. darunter befindet sich der zusatz: 15„per e-mail [email protected] (cc; [email protected], [email protected])“. 17das dokument trägt das datum 28. januar 2019 und enthält die mitteilung, dass sich die klägerin und herr f. s. „seit dem heutigen tag (28.01.2019)“ im kirchenasyl in der evangelischen kirchengemeinde internationale g. l. , t.-----ring 00, 00000 l. aufhielten. weiter heißt es: „die zuständige ausländerbehörde und die zuständige außenstelle des bamf werden zeitgleich ebenfalls informiert. der für uns zuständige ansprechpartner (benennen) ist über das kirchenasyl informiert.“ 18mit einem weiteren, an das bundesamt gerichteten schreiben vom 1. april 2019 gab die klägerin durch ihren prozessbevollmächtigten unter beifügung des inhaltsgleichen, zuvor beschriebenen dokuments an, dass sie sich nunmehr unter der angegebenen anschrift im kirchenasyl befinde. 19seither gibt die klägerin gegenüber dem gericht die anschrift c/o kirchengemeinde internationale g. l. , t.-----ring 00, 00000 l. als diejenige anschrift an, unter der sie sich überwiegend aufhalte. 20die beklagte hat dem gericht mit schriftsatz vom 6. mai 2019 mitgeteilt, dass die achtzehnmonatige überstellungsfrist gelte, da die klägerin flüchtig im sinne des art. 29 abs. 2 dublin iii‑vo sei; die überstellungsfrist ende nunmehr mit ablauf des 7. juli 2020. als anlagen zu diesem schriftsatz hat die beklagte drei dokumente vorgelegt, die sämtlich ebenfalls auf den 6. mai 2019 datiert sind: ein internes elektronisches schreiben des bundesamtes, in dem festgestellt wird, dass vom kirchlichen ansprechpartner kein begründetes härtefalldossier für die klägerin eingereicht worden sei, ein schreiben an die polnische dublin-behörde, in dem diese über die verlängerung der überstellungsfrist bis zum 7. juli 2020 informiert wird, sowie ein automatisch generiertes empfangsbekenntnis der polnischen behörde. 21am 29. juli 2019 hat die klägerin beantragt, unter änderung des ablehnenden eilbeschlusses vom 7. januar 2019 die aufschiebende wirkung der klage nunmehr anzuordnen (22 l 2119/19.a). zur begründung hat sie ausgeführt, die zuständigkeit für die prüfung ihres asylantrages sei auf die beklagte übergegangen, da die überstellungsfrist nach art. 29 abs. 2 satz 1 dublin iii-vo abgelaufen sei. insbesondere habe die überstellungsfrist nicht gemäß art. 29 abs. 2 satz 2 dublin iii-vo auf bis zu 18 monate verlängert werden dürfen, denn sie sei nicht flüchtig im sinne dieser vorschrift. diesen antrag hat das gericht mit beschluss vom 10. september 2019 abgelehnt. die klägerin sei zumindest ab dem 28. januar 2019 bis zum 1. april 2019 flüchtig gewesen, weil sie sich unstreitig ab dem 28. januar 2019 nicht mehr in der ihr zugewiesenen unterkunft aufgehalten und nicht hinreichend dargelegt habe, dass sie die zuständigen nationalen behörden über ihre abwesenheit pflichtgemäß informiert habe. insbesondere lasse sich aus dem mit schriftsatz vom 1. april 2019 übersandten dokument kein substantiierter vortrag der klägerin entnehmen, dass – und gegebenenfalls wann – eine benachrichtigung des bundesamt per e-mail tatsächlich abgesandt wurde. die fehlende mitteilung der neuen anschrift habe auch bewirkt, dass die überstellung nicht habe durchgeführt werden können. denn die ausländerbehörde habe die klägerin am 22. februar 2019 als seit diesem tag unbekannt verzogen abgemeldet. 22mit elektronischer nachricht vom 12. märz 2020 hat die polnische dublin-stelle der beklagten sowie einer vielzahl weiterer mitgliedstaaten unter dem betreff „transfer suspension 16.03.2020-03.04.2020 – poland – covid-19 – polish border guard“ mitgeteilt, dass polen entschieden habe, alle überstellungen nach polen ab dem 16. märz 2020 bis zum 3. april 2020 auszusetzen („to suspend“); eine eventuelle verlängerung der aussetzung der dublin-überstellung werde eine woche vorher mitgeteilt. mit weiterer elektronischer nachricht vom 26. märz 2020 hat polen der beklagten und einer vielzahl weiterer mitgliedstaaten unter dem betreff „transfer suspension – poland – covid-19 – polish border guard“ mitgeteilt, dass polen entschieden habe, bis auf weiteres („until further notice“) alle überstellungen von und nach polen auszusetzen. 23das bundesamt hat mit schreiben vom 15. april 2020 an die klägerin die vollziehung der abschiebungsanordnung im streitgegenständlichen bescheid gemäß § 80 abs. 4 vwgo i.v.m. art. 27 abs. 4 dublin iii‑vo „bis auf weiteres“ ausgesetzt und zur begründung im wesentlichen angegeben, derzeit seien dublin-überstellungen im hinblick auf die entwicklung der corona-krise nicht zu vertreten. weiter wird in dem schreiben ausgeführt, die zeitweise aussetzung des überstellungsverfahrens impliziere nicht, dass der zuständige dublin-staat nicht mehr zur übernahme bereit und verpflichtet sei; vielmehr sei der vollzug nur vorübergehend nicht möglich; die abgegebene erklärung gelte unter dem vorbehalt des widerrufs. unter dem 16. april 2020 hat das bundesamt der polnischen dublin-behörde mitgeteilt, dass eine überstellung im hinblick auf ein rechtsmittel mit aufschiebender wirkung vom 15. april 2020 derzeit nicht möglich sei. dieses schreiben ist ausweislich der vorgelegten automatisch generierten empfangsbestätigung am 16. april 2020 bei der polnischen behörde eingegangen. 24zur begründung ihrer klage macht die klägerin im wesentlichen geltend, dass der angefochtene bescheid rechtswidrig sei, da ihr in polen mit beachtlicher wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende behandlung im sinne von art. 4 eu-grch bzw. art. 3 emrk drohe. aus diesem grund lägen auch abschiebungsverbote gemäß § 60 abs. 5 und 7 aufenthg vor. sie müsse damit rechnen, inhaftiert zu werden. im falle einer zuerkennung internationalen schutzes sei sie dem risiko der verarmung ausgesetzt. ferner sei mittlerweile die überstellungsfrist abgelaufen. sie widerspreche der aussetzung der vollziehung, denn die beklagte nutze die corona-situation aus, um eine angebliche unterbrechung der frist herbeizuführen. es sei den asylbewerbern nicht zuzumuten, in eine völlig ungewisse zukunft blicken zu müssen. vielmehr solle das nationale verfahren zügig durchgeführt werden. 25die klägerin beantragt schriftsätzlich wörtlich, 26den bescheid des bundesamtes für migration und flüchtlinge vom 22. oktober 2018 aufzuheben. 27die beklagte beantragt schriftsätzlich, 28die klage abzuweisen. 29sie bezieht sich zur begründung auf die gründe des streitgegenständlichen bescheides und trägt ergänzend vor: ihr sei es im zeitpunkt der behördlichen aussetzung der vollziehung der überstellungsentscheidung tatsächlich und über das ende der zunächst bis zum 7. juli 2020 verlängerten überstellungsfrist hinaus objektiv unmöglich gewesen, die klägerin in den als zuständig bestimmten mitgliedstaat polen zu überstellen. das überstellungsverfahren nach polen solle erst ab dem 13. juli 2020 wieder aufgenommen werden. 30mit schriftsatz vom 10. juli 2020 hat die beklagte ferner mitgeteilt, sie sehe sich veranlasst, eine neuerliche vollzugsaussetzung zu verfügen, und zwar nunmehr bis zur klärung der in der instanzgerichtlichen spruchpraxis umstrittenen, hier entscheidungserheblichen rechtsfrage, ob die behördliche aussetzung der überstellungsentscheidung im kontext mit der corona-pandemie zu einer unterbrechung der überstellungsfrist geführt habe. 31die beteiligten haben ihr einverständnis mit einer entscheidung ohne mündliche verhandlung erklärt (die klägerin mit schriftsatz vom 10. juli 2020, die beklagte mit der allgemeinen prozesserklärung vom 27. juni 2017, az. 000-0000/0.00). 32die beklagte hat ferner beantragt, die sprungrevision zuzulassen. beide beteiligten haben der sprungrevision zugestimmt (jeweils mit schriftsatz vom 10. juli 2020). 33wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird ergänzend auf den inhalt der gerichtsakte, den inhalt der beigezogenen gerichtsakten 22 k 8762/18.a, 22 l 3170/18.a, 22 l 3171/18.a, 22 l 2116/19.a sowie 22 l 2119/19.a und den inhalt der hierzu beigezogenen verwaltungsvorgänge der beklagten und der zentralen ausländerbehörde f1. sowie auf die auskünfte und erkenntnisse, auf die die beteiligten mit gerichtlichem schreiben vom 13. juli 2020 hingewiesen worden sind, bezug genommen. 34
35das gericht entscheidet mit einverständnis der beteiligten gemäß § 101 abs. 2 vwgo ohne mündliche verhandlung. 36der schriftsätzlich gestellte klageantrag ist gemäß § 88 vwgo dahingehend auszulegen, dass die klägerin neben dem wörtlich gestellten hauptantrag beantragt, 37hilfsweise, und zwar für den fall, dass der hauptantrag in bezug auf die unzulässigkeitsentscheidung in ziffer 1 des streitgegenständlichen bescheides keinen erfolg hat, die beklagte unter entsprechender aufhebung der ziffern 2 bis 4 des streitgegenständlichen bescheides zu verpflichten festzustellen, dass hinsichtlich polens abschiebungsverbote nach § 60 abs. 5 oder abs. 7 satz 1 aufenthg vorliegen. 38dies entspricht dem erkennbaren klagebegehren der klägerin. sie beruft sich ausdrücklich auf das vorliegen von abschiebungsverboten nach § 60 abs. 5 und abs. 7 satz 1 aufenthg in bezug auf polen. dieses klageziel ist nur mit einer (hilfsweise zu verfolgenden) verpflichtungsklage zu erreichen. 39die klage hat keinen erfolg. 40a. die klage ist zulässig. 41i. die klage entspricht den anforderungen des § 82 abs. 1 vwgo, insbesondere ist die klägerin hinreichend bezeichnet. 42das erfordernis der bezeichnung des klägers erstreckt sich grundsätzlich auch auf die angabe der ladungsfähigen anschrift, d.h. seiner wohnanschrift, unter der er tatsächlich erreichbar ist. im falle einer insofern erfolgenden änderung hat der kläger diese mitzuteilen. eine ladungsfähige anschrift ist dann nicht erforderlich, wenn sich diese aus den von der behörde gemäß § 99 vwgo vorzulegenden akten ergibt, sonstwie bekannt ist oder sich auf andere weise ohne schwierigkeiten ermitteln lässt. 43vgl. bverwg, urteil vom 13. april 1999 ‑ 1 c 24/97 ‑, rn. 28 ff., juris sowie beschluss vom 14. februar 2012 ‑ 9 b 79/11 ‑, rn. 7, juris. 44nach diesen maßstäben liegt dem gericht eine ladungsfähige anschrift vor. die klägerin hat eine konkrete und vollständige anschrift angegeben sowie hierzu eine bestätigung der internationalen g. l. vorgelegt. dem gericht liegen zudem keine anhaltspunkte dafür vor, dass sich die klägerin tatsächlich nicht an der von ihr angegebenen anschrift überwiegend aufhält. 45ii. die gegen den bescheid insgesamt gerichtete klage ist als anfechtungsklage gemäß § 42 abs. 1, 1. var. vwgo statthaft, 46vgl. im einzelnen: bverwg, urteil vom 27. oktober 2015 ‑ 1 c 32/14 ‑, rn. 13 ff., juris; ovg nrw, urteile vom 7. märz 2014 ‑ 1 a 21/12.a ‑, rn. 28 ff., juris und vom 16. september 2015 ‑ 13 a 800/15.a ‑, rn. 22 ff. m. w. n., juris. 47die isolierte aufhebung dieser regelungen führt auf die weitere prüfung des asylantrags der klägerin durch die beklagte. denn mit der aufhebung des streitgegenständlichen bescheids wird das verwaltungsverfahren in den verfahrensstand zurückversetzt, in dem es vor erlass der streitgegenständlichen regelungen war. das bundesamt ist im falle einer aufhebung des bescheides gemäß §§ 24, 31 asylg gesetzlich verpflichtet, das asylverfahren weiterzuführen. 48iii. mit dem hilfsbegehren, die beklagte unter entsprechender aufhebung der ziffern 2 bis 4 des streitgegenständlichen bescheides zu verpflichten festzustellen, dass in der person der klägerin ein abschiebungsverbot nach § 60 abs. 5 oder 7 satz 1 aufenthg in bezug auf polen vorliegt, ist die klage als hilfsantrag für den fall, dass die anfechtungsklage gegen ziffer 1 des bescheides abgewiesen wird, 49vgl. bverwg, urteil vom 14. dezember 2016 ‑ 1 c 4.16 ‑, rn. 20 a. e., juris und bverwge 157, 18, 50zulässig. 51b. die klage ist unbegründet. 52i. die klage ist mit dem hauptantrag unbegründet. 53in dem für die rechtliche beurteilung maßgeblichen zeitpunkt der entscheidung des gerichts (vgl. § 77 abs. 1 satz 1 asylg) ist ziffer 1 des streitgegenständlichen bescheides des bundesamtes nicht rechtswidrig und verletzt die klägerin nicht in ihren rechten, vgl. § 113 abs. 1 satz 1 vwgo. 54die unzulässigkeitsentscheidung in ziffer 1 des streitgegenständlichen bescheides findet ihre ermächtigungsgrundlage in § 29 abs. 1 nr. 1 buchst. a asylg. danach ist ein asylantrag unzulässig, wenn ein anderer staat nach maßgabe der verordnung (eu) nr. 604/2013 des europäischen parlaments und des rates vom 26. juni 2013 zur festlegung der kriterien und verfahren zur bestimmung des mitgliedstaats, der für die prüfung eines von einem drittstaatsangehörigen oder staatenlosen in einem mitgliedstaat gestellten antrags auf internationalen schutz zuständig ist (dublin iii‑vo), für die durchführung des asylverfahrens zuständig ist. 55vorliegend ist polen (und nicht die beklagte) für die prüfung des asylantrages der klägerin zuständig. denn die zuständigkeit polens ist nach maßgabe der vorschriften der dublin iii‑vo für das aufnahmeverfahren begründet worden (1.), die zuständigkeit ist nicht gemäß art. 29 abs. 1 oder 2 dublin iii‑vo auf die beklagte übergegangen (2.) und die beklagte ist nicht wegen systemischer schwachstellen des asylverfahrens und der aufnahmebedingungen in polen gemäß art. 3 abs. 2 dublin iii‑vo gehindert, die klägerin nach polen zu überstellen (3.). 561. die zuständigkeit polens ist nach maßgabe der vorschriften der dublin iii‑vo für das aufnahmeverfahren begründet worden. im aufnahmeverfahren gemäß art. 21, 22 dublin iii-vo wird der für die prüfung des antrages zuständige staat grundsätzlich nach den kriterien des kapitels iii der dublin iii-vo bestimmt, 57eugh, urteil vom 2. april 2019, c‑582/17 und c‑583/17, rn. 55 - 57, juris, 58wobei gemäß art. 7 abs. 2 dublin iii-vo grundsätzlich von der situation auszugehen ist, die zu dem zeitpunkt gegeben ist, zu dem der antragsteller seinen antrag auf internationalen schutz zum ersten mal in einem mitgliedstaat stellt. vorliegend ist der zuständige staat nach art. 12 abs. 4 dublin iii‑vo zu bestimmen, da vorrangig zu prüfende andere kriterien des kapitels iii der dublin iii-vo (vgl. art. 7 abs. 1 dublin iii‑vo) nicht einschlägig sind. 59nach art. 12 abs. 4 dublin iii‑vo ist polen für die prüfung des asylantrages der klägerin zuständig. die anfrage des bundesamtes im visainformationssystem (vis) hat ausweislich des übermittlungsprotokolls vom 14. september 2018 ergeben, dass der klägerin am 17. august 2018 von der polnischen auslandsvertretung ein schengen-visum mit gültigkeit vom 4. bis 13. september 2018 erteilt worden war. nach art. 12 abs. 2 satz 1, 1. halbsatz dublin iii‑vo ist in den fällen, in denen der antragsteller ein gültiges visum besitzt, der mitgliedstaat für die prüfung des antrages auf internationalen schutz zuständig, der das visum erteilt hat. dies gilt gemäß art. 12 abs. 4 dublin iii-vo auch, wenn das visum, aufgrund dessen ein antragsteller in das hoheitsgebiet eines mitgliedstaats einreisen konnte, bei stellung des asylantrages (vgl. art. 7 abs. 2 dublin iii‑vo) zwar nicht mehr gültig ist, aber seit weniger als sechs monaten abgelaufen ist, solange der antragsteller das hoheitsgebiet der mitgliedstaaten nicht verlassen hat. so liegt der fall hier. die gültigkeit des visums, aufgrund dessen die klägerin in das hoheitsgebiet der mitgliedstaaten einreisen konnte, war bei asylbeantragung (förmlicher asylantrag am 19. september 2018) weniger als sechs monate abgelaufen, und die klägerin hatte nach eigenem vortrag das hoheitsgebiet der mitgliedstaaten nicht verlassen. 60ferner erfolgte das aufnahmegesuch des bundesamtes an polen vom 5. oktober 2018 innerhalb der in art. 21 abs. 1 unterabs. 1 dublin iii-vo genannten dreimonatsfrist ab asylantragstellung. polen nahm dieses ersuchen mit schreiben vom 18. oktober 2018, welches am 19. oktober 2018 beim bundesamt einging, an. 612. die zuständigkeit ist nicht gemäß art. 29 abs. 1 oder 2 dublin iii‑vo von polen auf die beklagte übergegangen. ein zuständigkeitsübergang erfolgte weder gemäß art. 29 abs. 1, satz 1, 1. alt. dublin iii‑vo sechs monate nach annahme des aufnahmegesuchs durch polen, hier am 19. april 2019 (a), noch gemäß art. 29 abs. 1, satz 1, 2. alt. dublin iii‑vo sechs monate nach der endgültigen entscheidung über einen rechtsbehelf mit aufschiebender wirkung, hier am 8. juli 2019 (b), noch gemäß art. 29 abs. 2 dublin iii‑vo spätestens 18 monate nach der endgültigen entscheidung über einen rechtsbehelf mit aufschiebender wirkung, hier am 8. juli 2020 (c). 62a) ein zuständigkeitsübergang auf die beklagte erfolgte nicht gemäß art. 29 abs. 1, satz 1, 1. alt. dublin iii‑vo sechs monate nach annahme des aufnahmegesuchs durch polen, hier am 19. april 2019. denn die in dieser vorschrift bestimmte sechsmonatsfrist, deren lauf mit der annahme des aufnahmegesuchs durch polen am 19. oktober 2018 begann, wurde durch die fristgerechte stellung des eilantrages der klägerin am 30. oktober 2018 unterbrochen und begann erst mit der bekanntgabe des ablehnenden eilbeschlusses vom 7. januar 2019 im verfahren 22 l 3170/18.a am 8. januar 2019 neu zu laufen. 63vgl. hierzu: bverwg, urteil vom 26. mai 2016 ‑ 1 c 15/15 ‑, rn. 11, juris. 64für die unterbrechung der überstellungsfrist ist unerheblich, dass die beklagte die einlegung des rechtsbehelfs mit aufschiebender wirkung den polnischen behörden erst am 19. märz 2019 mitgeteilt hat, und zwar zusammen mit der information, dass die aufschiebende wirkung zum 7. januar 2019 weggefallen sei und das fristende nunmehr auf den 7. juli 2019 falle. 65zwar bestimmt art. 9 abs. 1 verordnung (eg) nr. 1560/2003 (dublin-dvo), dass der zuständige mitgliedstaat unverzüglich unterrichtet wird, wenn sich die überstellung wegen eines rechtsbehelfsverfahrens mit aufschiebender wirkung verzögert. die norm nennt aber weder eine frist für diese mitteilung noch wird eine rechtsfolge für den fall aufgestellt, dass eine solche mitteilung unterbleibt. insbesondere enthält art. 9 abs. 1 dublin‑dvo keine dem art. 9 abs. 2 satz 2 dublin-dvo entsprechende zuständigkeitsübergangsregelung. zudem spricht eine systematische auslegung der absätze 1 und 2 des art. 9 dublin-dvo gegen eine anwendung des art. 9 abs. 2 satz 2 dublin-dvo auf die fälle des art. 9 abs. 1 dublin-dvo, weil die regelung in satz 2 des art. 9 abs. 2 dublin-dvo als rechtsfolgenregelung an die in art. 9 abs. 2 satz 1 dublin-dvo für eine fristverlängerungsmitteilung nach art. 29 abs. 2 dublin iii‑vo bestimmte frist anknüpft, 66vgl. vg düsseldorf, beschluss der kammer vom 7. juni 2018 ‑ 22 l 1708/18.a ‑, rn. 15, juris; vg minden, urteil vom 5. januar 2018 ‑ 12 k 1744/17.a -, rn. 50 f., juris - anders ohne weitere begründung vgh baden-württemberg, urteil vom 5. juli 2016 - a 11 s 974/16 -, rn 46, juris und asylmagazin 2016, 259; vg würzburg, beschluss vom 8. märz 2016 ‑ w 1 k 16.30131 ‑, rn. 14, juris; vg ansbach, urteil vom 7. juli 2015 - an 4 k 14.30064 -, rn. 27, juris. 67schließlich liegen auch die voraussetzungen einer analogen anwendung des art. 9 abs. 2 satz 2 dublin-dvo auf die fälle des art. 9 abs. 1 dublin-dvo nicht vor. weder ist eine planwidrige regelungslücke ersichtlich noch liegt eine vergleichbare interessenlage vor, 68vgl. eingehend: vg minden, urteil vom 5. januar 2018 - 12 k 1744/17.a -, rn. 52 ff., juris; vg düsseldorf, beschluss der kammer vom 7. juni 2018 ‑ 22 l 1708/18.a ‑, rn. 17, juris. 69vor diesem hintergrund genügt jedenfalls die mitteilung des bundesamtes vom 19. märz 2019, mit der es die polnischen behörden noch vor ablauf der durch die annahme des aufnahmegesuchs durch polen in gang gesetzten, am 19. april 2019 endenden sechsmonatsfrist über das neue fristende (7. juli 2019) informierte. polen konnte zu keinem zeitpunkt davon ausgehen, dass die überstellungsfrist abgelaufen und es daher zur aufnahme der klägerin nicht mehr verpflichtet wäre. 70b) die zuständigkeit für die prüfung des schutzgesuchs der klägerin ist auch nicht sechs monate nach dem 8. januar 2019 (bekanntgabe des ablehnenden eilbeschlusses vom 7. januar 2019 im verfahren 22 l 3170/18.a), also am 8. juli 2019, gemäß art. 29 abs. 1, satz 1, 2. alt. dublin iii‑vo von polen auf die beklagte übergegangen. denn die überstellungsfrist ist noch vor ablauf dieser sechs monate gemäß art. 29 abs. 2 satz 2 dublin iii‑vo bis zum 7. juli 2020 verlängert worden. 71die verlängerung wurde dadurch bewirkt, dass das bundesamt am 6. mai 2019 entschieden hat, eine verlängerung der frist auf 18 monate vorzunehmen und mit schreiben vom gleichen tag der zuständigen polnischen behörde mitgeteilt hat, dass wegen flüchtigkeit der klägerin eine nach art. 29 abs. 2 dublin iii‑vo verlängerte frist bis zum 7. juli 2020 gelte. 72die für diese verlängerung der überstellungsfrist erforderlichen voraussetzungen lagen vor. denn die klägerin war flüchtig im sinne des art. 29 abs. 2 satz 2 dublin iii-vo. 73art. 29 abs. 2 satz 2 der dublin iii-vo ist dahin auszulegen, dass ein antragsteller „flüchtig ist“ im sinne dieser bestimmung, wenn er sich den für die durchführung seiner überstellung zuständigen nationalen behörden gezielt entzieht, um die überstellung zu vereiteln. dies kann angenommen werden, wenn die überstellung nicht durchgeführt werden kann, weil der antragsteller die ihm zugewiesene wohnung verlassen hat, ohne die zuständigen nationalen behörden über seine abwesenheit zu informieren, sofern er über die ihm insoweit obliegenden pflichten unterrichtet wurde, was das erkennende gericht zu prüfen hat. der antragsteller behält die möglichkeit, nachzuweisen, dass er diesen behörden seine abwesenheit aus stichhaltigen gründen nicht mitgeteilt hat, und nicht in der absicht, sich den behörden zu entziehen. 74vgl. eugh, urteil vom 19. märz 2019, jawo, ‑ c-163/17 ‑, eu:c:2019:218, rn. 70, juris; vgl. ovg nrw, beschluss vom 29. august 2019 ‑ 11 a 2874/19.a ‑, rn. 12 ff., m. w. n., nrwe. 75nach diesen maßstäben ist die klägerin im bezeichneten zeitraum flüchtig gewesen. es ist unstreitig, dass sie sich seit dem 28. januar 2019 nicht mehr in der ihr zugewiesenen unterkunft in der zentralen unterbringungseinrichtung o. aufhielt, sondern sich nach l. (in ein kirchenasyl) begeben hat. es ist indes nicht hinreichend dargelegt, dass sie die zuständigen nationalen behörden über ihre abwesenheit pflichtgemäß informiert hat. das vorbringen der klägerin zu den umständen einer eventuellen mitteilung ihrer anschrift gegenüber dem bundesamt oder der ausländerbehörde nach dem verlassen der ihr zugewiesenen unterkunft am 28. januar 2019 beschränkt sich darauf, auf das am 1. april 2019 bei gericht vorgelegte dokument zu verweisen, das einen stempel mit dem schriftzug „internationale g. l. “ trägt, auf den 28. januar 2019 datiert ist und die mitteilung enthält, dass sich die klägerin seit diesem tag im kirchenasyl aufhalte. diesem vorbringen lässt sich kein sachvortrag dazu entnehmen, dass und gegebenenfalls wann die mitteilung an das im adressfeld genannte bundesamt abgesandt wurde. auch fehlt jegliches vorbringen dazu, dass die klägerin die zuständige ausländerbehörde über den wechsel ihrer anschrift informiert habe. 76das dauerhafte verlassen der zugewiesenen unterkunft, ohne das bundesamt oder die zuständige ausländerbehörde über den wechsel der anschrift zu informieren, führte dazu, dass die überstellung der klägerin bis zur bekanntgabe ihrer neuen anschrift am 1. april 2020 nicht durchgeführt werden konnte. denn die ausländerbehörde hat die klägerin am 22. februar 2019 als seit diesem tag unbekannt verzogen abgemeldet. bis zur mitteilung des aktuellen aufenthaltsorts der klägerin an das bundesamt mit schreiben vom 1. april 2019 war die ausländerbehörde von vornherein gehindert, einen termin zur überstellung der klägerin nach polen vorzubereiten. 77die klägerin wurde durch das dokument „wichtige mitteilungen nach dem aufenthaltsgesetz (aufenthg)“ des bundesamtes, welches ausweislich der beigezogenen verwaltungsvorgänge dem streitgegenständlichen bescheid angehängt war, auch über die ihr insoweit obliegenden pflichten unterrichtet. 78der verlängerung der überstellungsfrist steht nicht entgegen, dass dem bundesamt zum zeitpunkt seiner verlängerungsentscheidung am 6. mai 2019 die neue und damals weiterhin gültige anschrift der klägerin in l. aufgrund der mitteilung des prozessbevollmächtigten der klägerin an das bundesamt vom 1. april 2019 bekannt war. 79unerheblich ist, dass sich die klägerin ausweislich ihrer mitteilung vom 1. april 2019 an das bundesamt darauf berief, sich im kirchenasyl aufzuhalten. denn der staat ist durch das kirchenasyl selbst weder rechtlich noch tatsächlich daran gehindert, die überstellung durchzuführen. tatsächliche hindernisse sind auch weder von der beklagten geltend gemacht worden noch sonst ersichtlich. vielmehr verzichtet der staat bewusst darauf, das recht durchzusetzen. ein sonderrecht der kirchen, aufgrund dessen die behörden bei aufnahme einer person in das kirchenasyl gehindert wären, eine überstellung durchzuführen und hierzu gegebenenfalls unmittelbaren zwang anzuwenden, existiert nicht. die am 24. februar 2015 zwischen dem bundesamt mit vertretern der evangelischen und katholischen kirche getroffene vereinbarung zum kirchenasyl stellt nur eine rechtlich nicht verbindliche verfahrensabsprache dar. 80vgl. bayvgh, urteil vom 12. februar 2020 ‑ 14 b 19.50010 ‑, rn. 21, juris; ovg nrw, beschluss vom 29. august 2019 ‑ 11 a 2874/19.a ‑, rn. 13, juris; ovg lüneburg, beschluss vom 25. juli 2019 ‑ 10 la 155/19 ‑, rn. 14, juris, jeweils m.w.n. 81ohne belang ist ferner, dass der beklagten bis zum ablauf der sechsmonatigen überstellungsfrist nach art. 29 abs. 1 dublin iii‑vo noch drei monate und sechs tage verlieben, um die überstellung durchzuführen. jedenfalls führt eine verzögerung der mitteilung der neuen anschrift von mehr als zwei monaten – wie hier zwischen dem verlassen der unterkunft am 28. januar 2019 und der mitteilung am 1. april 2019 – dazu, dass die in diesem zeitraum erfüllten tatbestandlichen voraussetzungen für eine verlängerungsentscheidung auch am 6. mai 2019 weiterhin vorlagen. dies gilt ungeachtet der frage, ob sich die neue anschrift (wie hier) auf einen aufenthalt im (nunmehr) offenen kirchenasyl bezieht oder auf eine beliebig andere anschrift im bundesgebiet. die für die annahme der flüchtigkeit im sinne des art. 29 abs. 2 satz 2 dublin iii‑vo erforderliche kausalität des „untertauchens“ eines antragstellers für die unmöglichkeit der überstellung kann auch dann vorliegen, wenn das bundesamt noch vor ablauf der sechsmonatsfrist kenntnis von der neuen anschrift des antragstellers erlangt, 82a.a. sächs. ovg, beschluss vom 27. april 2020 ‑ 5 a 157/20.a ‑, rn. 4, juris. 83denn die behörden des ersuchenden staates können nach dem fristenregime der dublin iii‑vo immer mindestens sechs zusammenhängende monate für eine überstellung beanspruchen, um diese in vollem umfang zur regelung der überstellungsmodalitäten und bewerkstelligung der überstellung zu nutzen, 84vgl. eugh, urteil vom 29. januar 2009, petrosian, c-19/08, juris; bverwg, urteil vom 9. august 2016 – 1 c 6/16 ‑, rn. 17, juris zu art. 20 abs. 1 buchst. d satz 2 dublin ii-vo; bverwg, urteil vom 26. februar 2019 ‑ 1 c 30/17 ‑, rn. 31, juris; bverwg, beschluss vom 2. dezember 2019 ‑ 1 b 75/19 ‑, rn. 17, juris. 85vorliegend standen der beklagten keine sechs zusammenhängenden monate für die regelung der überstellungsmodalitäten und bewerkstelligung der überstellung zur verfügung. die klägerin war für die mit der überstellung befassten behörden während eines zeitraums von mehr als zwei monaten nicht greifbar, wovon diese ausweislich der abmeldung der klägerin durch die aktenführende ausländerbehörde (fortzug nach unbekannt) auch kenntnis hatten. 86selbst wenn zu gunsten der klägerin davon auszugehen wäre, dass eine pflichtwidrig nicht mitgeteilte abwesenheit eines asylantragstellers dann nicht kausal für die mangelnde durchführbarkeit der überstellung ist, wenn der nach bekanntwerden der neuen anschrift verbleibende zeitraum nur unwesentlich kürzer ist als die vorgesehene sechsmonatsfrist, führt das vorliegend zu keinem für die klägerin günstigeren ergebnis. denn der nach mitteilung der anschrift durch die klägerin am 1. april 2019 noch verbleibende zeitraum von drei monaten und sechs tagen verkürzt den vorgesehenen sechsmonatszeitraum erheblich. 87für die verlängerung der überstellungsfrist ist ferner unerheblich, dass die verlängerungsentscheidung des bundesamtes vom 6. mai 2019 nicht auf die zuvor dargelegten, die flüchtigkeit der klägerin begründenden umstände gestützt wurde, sondern ausdrücklich darauf, dass dem bundesamt bis zum 1. mai 2019 kein über den zuständigen ansprechpartner eingereichtes vollständiges dossier mit härtefallbegründung vorlag. denn es kommt für die verlängerungsentscheidung allein darauf an, ob die tatbestandlichen voraussetzungen hierfür vorlagen. 88die verlängerungsentscheidung ist (innerstaatlich) eine – tatbestandlich gebundene – verfahrensentscheidung, die (außerstaatlich) dem zuständigen, ersuchten staat mitzuteilen ist, um einem zuständigkeitsübergang durch ablauf der überstellungsfrist zu begegnen. art. 29 abs. 2 satz 2 dublin iii-vo ist dahin auszulegen, dass es für eine verlängerung der überstellungsfrist höchstens auf 18 monate genügt, dass der ersuchende mitgliedstaat vor ablauf der sechsmonatigen überstellungsfrist den zuständigen mitgliedstaat darüber informiert, dass die betreffende person flüchtig ist, und zugleich die neue überstellungsfrist benennt. 89vgl. bverwg, beschluss vom 2. dezember 2019 – 1 b 75/19 ‑, rn. 9, juris mit hinweis auf eugh, urteil vom 19. märz 2019 ‑ c-163/17 ‑ eu:c:2019:218, jawo, rn. 75, juris. 90der schutzsuchende hat zwar einen subjektiv-öffentlichen anspruch darauf, dass die objektive zuständigkeitsordnung eingehalten und insbesondere ein durch das fristenregime des art. 29 abs. 2 dublin iii-vo bewirkter zuständigkeitsübergang auch beachtet wird. insbesondere ist art. 27 abs. 1 dublin iii-vo dahin auszulegen, dass im rahmen eines gegen eine überstellungsentscheidung gerichteten verfahrens die betreffende person sich auf art. 29 abs. 2 der verordnung berufen und geltend machen kann, dass die sechsmonatige überstellungsfrist abgelaufen sei, weil sie nicht flüchtig gewesen sei, 91vgl. bverwg, beschluss vom 2 dezember 2019 – 1 b 75/19 ‑, rn. 10, juris mit hinweis auf eugh, urteil vom 19. märz 2019 - c-163/17 - eu:c:2019:218, jawo, rn. 70, juris. 92der umstand, dass das bundesamt im rahmen seines weiten verfahrensermessens sowohl darüber zu befinden hat, ob die verlängerungsmitteilung an den zuständigen mitgliedstaat ergeht, als auch darüber, ob für die neue überstellungsfrist die unionsrechtlich eröffnete höchstfrist von achtzehn monaten auszuschöpfen ist, macht diese entscheidung jedoch nicht zu einer „ermessensentscheidung“ im sinne des § 40 vwvfg, die nach § 39 abs. 1 satz 3 vwvfg zu begründen wäre. lagen – wie hier – die tatbestandlichen voraussetzungen für die verlängerungsmitteilung an den zuständigen mitgliedstaat vor, ist eine verlängerung auf bis zu achtzehn monate unionsrechtlich vorgesehen und willkürfrei möglich. der bei nationalem begriffsverständnis auf eine ermessensentscheidung deutende begriff „kann“ in art. 29 abs. 2 satz 2 dublin iii‑vo weist bei der unionsweit gebotenen betrachtung lediglich auf die einräumung einer entsprechenden ermächtigung (sog. „kompetenz-kann“). weitere einschränkungen ergeben sich weder aus art. 29 abs. 2 satz 2 dublin iii-vo noch aus sonstigen einschlägigen regelungen des unionsrechts. 93vgl. bverwg, beschluss vom 2. dezember 2019 – 1 b 75/19 ‑, rn. 13, juris m.w.n. und näherer begründung. 94c) schließlich ist die zuständigkeit für die prüfung des asylantrages der klägerin auch nicht gemäß art. 29 abs. 2 dublin iii‑vo mit ablauf der bis zum 7. juli 2020 verlängerten überstellungsfrist von polen auf die beklagte übergegangen. denn die überstellungsfrist ist vor diesem zeitpunkt durch die aussetzung der vollziehung der abschiebungsanordnung mit schreiben des bundesamtes vom 15. april 2020 unterbrochen worden. 95aa) die überstellungsfrist beginnt in den fällen, in denen ein rechtsbehelf gemäß art. 27 abs. 3 dublin iii‑vo aufschiebende wirkung hat, erst mit der endgültigen entscheidung über den rechtsbehelf. art. 27 abs. 4 dublin iii‑vo lässt eine nationale regelung für eine behördliche aussetzung der vollziehung zu. 96diese unionsrechtlich vorgesehene möglichkeit ist im nationalen recht durch § 80 abs. 4 vwgo eröffnet. 97vgl. bverwg, urteil vom 8. januar 2019 – 1 c 16/18 ‑, rn. 19, juris und bverwge 164, 165 98nichts anderes folgt für die unterbrechungswirkung daraus, dass art. 29 abs. 1 unterabs. 1 dublin iii-vo nicht auch auf art. 27 abs. 4 dublin iii-vo bezug nimmt. nach art. 29 abs. 1 unterabs. 1 dublin iii-vo ist allein entscheidend, dass ein rechtsbehelf im sinne des art. 27 abs. 3 dublin iii-vo aufschiebende wirkung hat und daher eine überstellung nicht durchgeführt werden kann. die in art. 27 abs. 4 dublin iii-vo den mitgliedstaaten eröffnete möglichkeit, dass auch die zuständigen behörden die durchführung der überstellungsentscheidung aussetzen können, erweitert lediglich die fallgruppen, in denen einem rechtsbehelf aufschiebende wirkung im sinne des art. 27 abs. 3 dublin iii-vo zukommt. art. 27 abs. 4 dublin iii-vo würde im übrigen in weitem maße seine praktische wirksamkeit verlieren, wenn die regelung nicht angewendet werden könnte, ohne dass die gefahr bestünde, dass die überstellungsfrist abläuft und ein zuständigkeitsübergang die folge wäre. 99vgl. eugh, urteil vom 13. september 2017 ‑ c-60/16 ‑, rn. 71, juris. 100unionsrecht setzt in art. 27 abs. 4 dublin iii-vo eine behördliche aussetzung der vollziehung voraus, steht also § 80 abs. 4 vwgo gerade nicht entgegen. das unionsrecht setzt aber der behördlichen aussetzung der vollziehung, für die das nationale recht (§ 80 abs. 4 satz 1 vwgo) der behörde einen weiten handlungsspielraum eröffnet, in bezug auf die unionsrechtliche rechtsfolge der unterbrechung der überstellungsfrist gewisse grenzen (vgl. insbesondere art. 27 und 28 dublin iii-vo). diese beschränkungen ergeben sich daraus, dass die behördliche aussetzungsentscheidung den antragsteller nicht nur begünstigt, indem aufenthaltsbeendende maßnahmen auf der grundlage der abschiebungsanordnung zunächst nicht mehr erfolgen können, sondern mittelbar auch belastet, weil sie die überstellungsfrist unterbricht und so dazu führen kann, dass ein vom antragsteller möglicherweise erstrebter zuständigkeitsübergang nicht erfolgt; zu berücksichtigen sind auch die belange des zuständigen mitgliedstaats. 101vgl. bverwg, urteil vom 8. januar 2019 - 1 c 16/18 ‑, rn. 25, juris und bverwge 164, 165. 102mindestvoraussetzung einer behördlichen aussetzungsentscheidung nach § 80 abs. 4 vwgo ist, dass der antragsteller einen rechtsbehelf gegen die abschiebungsanordnung eingelegt hat (art. 27 abs. 4 und art. 29 abs. 1 unterabs. 1 dublin iii-vo). weitere grenzen folgen aus dem von art. 27 abs. 3 und 4 i. v .m. art. 29 abs. 1 unterabs. 1 dublin iii-vo angestrebten ziel eines angemessenen ausgleichs zwischen einerseits der gewährung effektiven rechtsschutzes und der ermöglichung einer raschen bestimmung des für die inhaltliche prüfung des asylantrags zuständigen mitgliedstaats (vgl. erwägungsgrund 5 zur dublin iii-vo) und andererseits dem ziel zu verhindern, dass sich asylbewerber durch weiterwanderung den für die prüfung ihres asylbegehrens zuständigen mitgliedstaat aussuchen (verhinderung von sekundärmigration). 103vgl. bverwg, urteil vom 27. april 2016 – 1 c 24/15 ‑ buchholz 451.902 europ. ausl.- u. asylrecht nr. 82 rn. 13. 104der zuständigkeitsübergang nach ablauf der überstellungsfrist soll verhindern, dass asylanträge monate- oder gar jahrelang nicht geprüft werden. zugleich soll das ziel einer möglichst schnellen prüfung nicht dazu führen, dass dem jeweiligen mitgliedstaat keine zusammenhängende überstellungsfrist von sechs monaten zur verfügung steht, in der nur noch die überstellungsmodalitäten zu regeln sind, 105vgl. eugh, urteil vom 29. januar 2009 ‑ c-19/08 ‑ rn. 43 ff., juris, 106oder dass der beschleunigungsgedanke zulasten eines effektiven rechtsschutzes verwirklicht wird (vgl. art. 27 abs. 3 und 4 dublin iii-vo). 107vgl. bverwg, urteil vom 8. januar 2019 ‑ 1 c 16.18 ‑, rn. 26, juris und bverwge 164, 165. 108eine behördliche aussetzungsentscheidung darf hiernach auch unionsrechtlich jedenfalls dann ergehen, wenn zweifel an der rechtmäßigkeit der abschiebungsanordnung bestehen, 109so bereits bverwg, urteil vom 9. august 2016 ‑ 1 c 6/16 ‑, rn. 18, bverwge 156, 9; 110dann haben die belange eines antragstellers auf gewährung effektiven rechtsschutzes offenkundig vorrang vor dem beschleunigungsgedanken. die wirksamkeit des gerichtlichen rechtsschutzes (s.a. art. 46 der richtlinie 2013/32/eu des europäischen parlaments und des rates vom 26. juni 2013 zu gemeinsamen verfahren für die zuerkennung und aberkennung des internationalen schutzes) erlaubt eine behördliche aussetzung aus sachlich vertretbaren erwägungen, die nicht rechtlich zwingend sein müssen, auch unterhalb dieser schwelle, wenn diese den beschleunigungsgedanken und die interessen des zuständigen mitgliedstaats nicht willkürlich verkennen und auch sonst nicht missbräuchlich sind. 111vgl. bverwg, urteil vom 8. januar 2019 ‑ 1 c 16/18 ‑, rn. 27, juris und bverwge 164, 165. 112bb) die aussetzungsentscheidung des bundesamtes vom 15. april 2020 hat nach diesen grundsätzen die überstellungsfrist (neuerlich) unterbrochen. 113(1) das unionsrechtliche mindesterfordernis, dass die klägerin einen rechtsbehelf im sinne des art. 27 abs. 4 dublin iii-vo eingelegt hat, ist mit der vorliegenden klage, die sich auch gegen die abschiebungsanordnung richtet, erfüllt. 114dieses klageverfahren ist tauglicher rechtsbehelf im sinne dieser vorschrift. dass die beiden bei gericht gestellten anträge der klägerin auf anordnung der aufschiebenden wirkung erfolglos geblieben sind, ist insofern unbeachtlich. unionsrecht verbietet es den mitgliedstaaten jedenfalls nicht, von aufenthaltsbeendenden maßnahmen oder überstellungsmaßnahmen auch dann abzusehen, wenn zwar eine erste gerichtliche überprüfung der überstellungsentscheidung nicht zur gewährung aufschiebender wirkung geführt hat, über den rechtsbehelf gegen die überstellungsentscheidung aber noch nicht endgültig entschieden ist. 115vgl. bverwg, urteil vom 8. januar 2019 ‑ 1 c 16/18 ‑, rn. 29, juris und bverwge 164, 165. 116dem steht auch eine rechtskraftwirkung der ablehnenden eilbeschlüsse nicht entgegen, da sich diese von vornherein nicht auf umstände bezieht, die – wie hier etwaige überstellungshindernisse infolge der covid-19-pandemie – erst nach deren ergehen eingetreten sind. 117(2) die aussetzungsentscheidung verkennt auch nicht den beschleunigungsgedanken und die interessen des zuständigen mitgliedstaats oder ist aus sonstigen gründen missbräuchlich. vielmehr ist sie durch tatsächlich vorliegende, der überstellung der klägerin nach polen entgegenstehende hindernisse sachlich gerechtfertigt und frei von willkür. 118es lag zum zeitpunkt der aussetzungsentscheidung eine schwebesituationen unklarer oder umstrittener rechts- und tatsachenlage vor, 119vgl. hierzu: berlit, jurispr-bverwg 5/2019 anm. 4 buchst. d, 120die dem bundesamt die rechtliche möglichkeit eröffnete, hierauf mit einer aussetzung der vollziehung adäquat zu reagieren. die erklärungen der polnischen behörden vom 12. märz 2020 und vom 26. märz 2020 lassen es zweifelhaft erscheinen, ob im sinne von § 34a abs. 1 satz 1 asylg feststand, dass die abschiebung der klägerin nach polen hätte durchgeführt werden können. nach ständiger rechtsprechung des bundesverwaltungsgerichts in anlehnung an die rechtsprechung des europäischen gerichtshofs (eugh) können die mitgliedstaaten eine zusammenhängende frist von sechs monaten für die regelung der überstellungsmodalitäten und die bewerkstelligung der überstellung beanspruchen. an dieser fehlt es auch in fällen, in denen eine überstellung – wie hier – lediglich zeitweise ausgeschlossen war. 121die aussetzung der vollziehung diente vorliegend erkennbar nicht (nur) dazu, auf außerhalb des konkreten sachverhalts und des konkreten verfahrens liegende entwicklungen (wie das auftreten einer pandemie und damit zusammenhängender rechtlicher oder auch nur tatsächlicher überstellungshindernisse) zu reagieren, 122so angenommen von vg münchen, urteil vom 7. juli 2020 ‑ m 2 k 19.51274 ‑, rn. 17, juris. 123vielmehr lag mit den mitteilungen der polnischen behörden vom 12. märz 2020 und vom 26. märz 2020 eine konkrete, auf den sachverhalt im vorliegenden verfahren bezogene entwicklung vor, die die tatsächliche möglichkeit der überstellung der klägerin nach polen in zweifel zog. dass die entwicklung zugleich auch eine vielzahl anderer verfahren betraf, ist insoweit ohne belang. das fristenregime der dublin iii‑vo beansprucht uneingeschränkte gültigkeit, auch wenn es auf eine (unerwartet) hohe zahl von einzelfällen anzuwenden ist. 124(3) die von der europäischen kommission aus anlass der covid-19-pandemie veröffentlichten hinweise zur umsetzung der einschlägigen eu-bestimmungen im bereich der asyl- und rückführungsverfahren und zur neuansiedlung vom 17. april 2020, 2020/c 126/12, s. 5., 125abrufbar unter: https://eur-lex.europa.eu/legal-content/de/txt/pdf/?uri=celex:52020xc0417(07)&from=en, 126stehen der annahme nicht entgegen, dass im jeweiligen konkreten verfahren ein hindernis bei der durchführung der überstellung infolge dieser pandemie vorliegen kann. dort heißt es: 127„wird die überstellung in den zuständigen mitgliedstaat nicht innerhalb der geltenden frist durchgeführt, so geht die zuständigkeit nach artikel 29 absatz 2 der dublin-verordnung auf den ersuchenden mitgliedstaat über. keine bestimmung der verordnung erlaubt es, in einer situation wie der, die sich aus der covid-19-pandemie ergibt, von dieser regel abzuweichen.“ 128damit wird bekräftigt, dass die sich aus der covid-19-pandemie ergebende situation als solche keine abweichung vom fristenregime der dublin iii‑vo rechtfertigt. dem schließt sich die kammer uneingeschränkt an. das fristenregime der dublin iii‑vo ist uneingeschränkt zu beachten. die durch die pandemie ausgelösten umstände vermögen keine hiervon abweichende handhabung zu rechtfertigen. 129(4) dass die aussetzungsentscheidung einem umstand rechnung trägt, der die überstellung der klägerin nach polen voraussichtlich nur vorübergehend unmöglich macht, führt nicht dazu, dass ein eingriff in den für das dublin-system zentralen beschleunigungsgedanken (vgl. erwägungsgrund 5 satz 2 der dublin iii‑vo) und die interessen des asylantragstellers vorliegt, der nicht durch eine tragfähige rechtschutzerwägung gerechtfertigt werden könnte, 130so aber: vg aachen, urteil vom 10. juni 2020 ‑ 9 k 2584/19.a ‑, rn. 61, juris und schleswig-holsteinisches verwaltungsgericht, urteil vom 15. mai 2020 ‑ 10 a 596/19 ‑, rn. 23, juris; wie hier hingegen: vg osnabrück, beschluss vom 12. mai 2020 ‑ 5 b 95/20 ‑, rn. 16, juris. 131bei der unterbrechung der überstellungsfrist handelt es sich (unabhängig davon, ob sie von der beklagten „beabsichtigt“ ist, 132darauf abstellend: vg aachen, urteil vom 10. juni 2020 ‑ 9 k 2584/19.a ‑, rn. 61, juris), 133um eine mit der aussetzungsentscheidung untrennbar verknüpfte folge und führt dazu, dass ein zum zeitpunkt der aussetzungsentscheidung noch nicht eingetretener, lediglich in der zukunft zu einem bestimmten zeitpunkt erwarteter zuständigkeitsübergang auf den ersuchenden staat hinausgeschoben wird. das interesse des asylantragstellers an dem für die zukunft erwarteten zuständigkeitsübergang ist jedoch nicht als solches rechtlich geschützt. der asylantragsteller hat insoweit lediglich das aus art. 3 abs. 1 gg, art. 20 eu-grch folgende recht auf gleichbehandlung und willkürfreies hoheitliches handeln. ein verstoß hiergegen läge vor, wenn die behörde eine unterbrechung der überstellungsfrist ohne sachlichen grund herbeiführt, etwa um zu verhindern, dass diese aufgrund behördlicher versäumnisse ansonsten nicht (mehr) gewahrt werden könnte. 134ein rechtlich geschütztes interesse des asylantragstellers an dem für die zukunft erwarteten zuständigkeitsübergang (gleichsam ein „anwartschaftsrecht“ auf ablauf der überstellungsfrist) folgt insbesondere nicht aus dem beschleunigungsgebot. hat der antragsteller der rechtmäßigkeit der überstellungsentscheidung keine anderen gründe entgegenzusetzen als den (erst für die zukunft) erwarteten übergang der zuständigkeit infolge des ablaufs der überstellungsfrist, so ist es ihm zuzumuten, eine beschleunigung in der weise herbeizuführen, dass er keinen rechtsbehelf einlegt, dessen aufschiebende wirkung angeordnet werden könnte, oder den rechtsbehelf, dessen aufschiebende wirkung angeordnet wurde, zurückzunimmt. in solchen fällen läuft die überstellungsfrist und kann nicht durch eine behördliche aussetzung der vollziehung unterbrochen werden. zugleich muss der antragsteller aber auch mit der durchführung der überstellung rechnen. setzt der antragsteller der überstellungsentscheidung indes (auch) andere gründe entgegen, so wird die effektivität seines rechtsschutzes durch die aussetzung der vollziehung verbessert, indem es ihm gestattet wird, sich während der gerichtlichen überprüfung der überstellungsentscheidung im betreffenden mitgliedstaat weiter aufzuhalten. 135dem entspricht es, dass das von der dublin iii-vo anerkannte instrument der aussetzung der vollziehung keine maximaldauer des überstellungsverfahrens vorgibt. 136vgl. vgh bw, urteil vom 29. juli 2019 ‑ a 4 s 749/19 ‑, rn. 124, juris. 137die dublin-fristen entfalten nach der rechtsprechung des eugh individualschutz vor allem „im hinblick auf die leistungsfähigkeit des dublin-systems“ und „den schutz der antragsteller“; denn ihr asylbegehren soll möglichst rasch durch den zuständigen staat geprüft werden. 138vgh bw, urteil vom 29. juli 2019 ‑ a 4 s 749/19 ‑, rn. 124, juris mit hinweis auf eugh, urteil vom 7. juni 2016, ghezelbash, ‑ c-63/15 ‑, rn. 52, juris. 139hieraus folgt im umkehrschluss, dass ein antragsteller insoweit grundsätzlich nicht schutzwürdig ist, wenn er, etwa durch flüchtigkeit oder vergleichbare verhaltensweisen, den effet-utile der dublin iii-vo bewusst und gewollt unterläuft, um den fruchtlosen ablauf der - gerade zu seinem schutz einzuhaltenden - fristen herbeizuführen, und damit zu verhindern, dass sein asylbegehren durch den nach den übrigen vorgaben bis dahin zuständigen staat geprüft wird. nach der rechtsprechung des eugh zum missbrauchsverbot kann sich niemand auf unionsrechtliche vorteile berufen, wenn in der absicht gehandelt wird, „sich einen unionsrechtlich vorgesehenen vorteil dadurch zu verschaffen, dass die entsprechenden voraussetzungen willkürlich geschaffen werden“. 140vgl. vgh bw, urteil vom 29. juli 2019 ‑ a 4 s 749/19 ‑, rn. 124, juris mit hinweis auf eugh, urteil vom 14. dezember 2000, emsland-stärke, ‑ c-110/99 ‑, rn. 52 f. 141(5) die behördliche aussetzungsentscheidung vom 15. april 2020 ist auch nicht deshalb als unionsrechtswidrig und damit für den lauf der überstellungsfrist unbeachtlich einzustufen, weil im wortlaut des art. 27 abs. 4 dublin iii‑vo lediglich eine aussetzung „bis zum abschluss“ des rechtsbehelfs oder der überprüfung erwähnt ist, nicht jedoch eine aussetzung, die womöglich vor abschluss des rechtsbehelfs oder der überprüfung endet – wie hier die vom bundesamt ausgesprochene aussetzung „bis auf weiteres“ und „unter vorbehalt des widerrufs“, 142ebenso: vg osnabrück, beschluss vom 12. mai 2020 ‑ 5 b 95/20 ‑, rn. 15, juris; a.a. vg düsseldorf, beschluss vom 18. mai 2020 ‑ 15 l 776/20.a ‑, rn. 14, juris; vg aachen, urteil vom 10. juni 2020 ‑ 9 k 2584/19.a ‑, rn. 39, juris; schleswig-holsteinisches verwaltungsgericht, urteil vom 15. mai 2020 ‑ 10 a 596/19 ‑, rn. 20, juris. 143denn art. 27 abs. 4 dublin iii‑vo ist als öffnungsklausel zu verstehen, die es den mitgliedstaaten ermöglicht, den regelungsbereich innerhalb des definierten äußeren rahmens durch nationales recht zu gestalten. ein grund dafür, dass diese vorschrift vorgeben sollte, dass das nationale recht, sofern es denn überhaupt eine behördliche aussetzungsbefugnis vorsieht, nur eine solche bis zum abschluss des rechtsbehelfs oder der überprüfung vorsehen darf, ist nicht ersichtlich. es würde auch dem beschleunigungsgebot widersprechen, dass die aussetzung zwingend bis zum abschluss des rechtsbehelfs fortzudauern hätte, obwohl mittlerweile die gründe für die aussetzung entfallen sein mögen. 144die aussetzungsentscheidung des bundesamtes dient dazu, der klägerin effektiven rechtsschutz zu gewähren, auch wenn sie – wie hier – nur „bis auf weiteres“ und unter „vorbehalt des widerrufs“ erfolgt, 145a.a. vg aachen, urteil vom 10. juni 2020 ‑ 9 k 2584/19.a ‑, rn. 58, juris; schleswig-holsteinisches vg, urteil vom 15. mai 2020 ‑ 10 a 596/19 ‑, rn. 20, juris und gerichtsbescheid vom 18. mai 2020 ‑ 5 a 255/19 ‑, rn. 19, juris. 146denn die effektivität des rechtsschutzes wird schon dadurch erhöht, dass dem jeweiligen kläger der verbleib im ersuchenden staat auch nur vorübergehend während der anhängigkeit seines rechtsbehelfs gestattet wird. 147(6) schließlich steht der annahme, dass die aussetzungsentscheidung des bundesamtes vom 15. april 2020 die überstellungsfrist unterbrochen hat, auch nicht entgegen, dass sie ausschließlich wegen tatsächlicher hindernisse beim vollzug der überstellung ausgesprochen wurde und gerade nicht wegen zweifeln an der rechtmäßigkeit der unzulässigkeitsentscheidung in ziffer 1 des streitgegenständlichen bescheides. die kammer folgt der rechtsprechung, die eine unterbrechung der überstellungsfrist durch eine gerichtliche oder behördliche aussetzungsentscheidung nur dann annimmt, wenn diese wegen zweifeln an der rechtmäßigkeit der asylrechtlichen unzulässigkeitsentscheidung ergeht, 148vgl. vg düsseldorf, urteil vom 13. februar 2019 ‑ 15 k 15396/17.a ‑, rn. 28 ff., juris; vg düsseldorf, beschluss vom 18. mai 2020 ‑ 15 l 776/20.a ‑, rn. 18, juris, 149nicht. 150diese differenzierung lässt sich insbesondere nicht dem urteil des eugh vom 16. februar 2017, 151c.k., h.f. und a.s. / slowenien, ‑ c-578/16 ppu ‑, juris, 152entnehmen. zum einen lag der entscheidung ein vorlagefall zugrunde, in dem vor allem die zuständigkeitsfrage (verpflichtung zum selbsteintritt) gerichtlich im streit stand. zum anderen geht auch der eugh davon aus, dass der ersuchende mitgliedstaat in einem solchen fall die durchführung seiner überstellung auszusetzen und den zuständigen mitgliedstaat über die dadurch eingetretene verzögerung zu unterrichten habe, 153eugh, urteil vom 16. februar 2017, c.k., h.f. und a.s. / slowenien, ‑ c-578/16 ppu ‑, rn. 85 ff., juris. 154dem hinweis, dass im falle des ablaufs der überstellungsfrist die zuständigkeit auf den ersuchenden staat übergeht, 155eugh, urteil vom 16. februar 2017, c.k., h.f. und a.s. / slowenien, ‑ c-578/16 ppu ‑, rn. 89, juris, 156lässt sich vor diesem hintergrund keine aussage des inhalts entnehmen, dass die überstellungsfrist selbst im falle einer aussetzung der vollziehung und mitteilung an den zuständigen mitgliedstaat ohne unterbrechung weiter läuft. vielmehr dürfte es sich um einen allgemeinen hinweis auf die wirkungen des ablaufs der überstellungsfrist handeln, der auch für den fall gilt, dass der lauf der überstellungsfrist durch eine etwaige aussetzung der vollziehung unterbrochen wurde und nach wegfall der aufschiebenden wirkung des rechtsbehelfs (neu) beginnt. schließlich spricht der hinweis auf die möglichkeit des selbsteintritts nach art. 17 abs. 1 dublin iii-vo, wenn „bei einer langfristigen aussetzung des verfahrens“ die gefahr der verschlechterung des zustands des asylantragstellers bestünde, 157eugh, urteil vom 16. februar 2017, c.k., h.f. und a.s. / slowenien, ‑ c-578/16 ppu ‑, rn. 88 und 96 letzter spiegelstrich, juris, 158gegen die annahme, dass die überstellungsfrist durch eine etwaige aussetzung der vollziehung nicht unterbrochen würde. denn für einen selbsteintritt wäre kein anlass mehr, wenn in einer solchen konstellation die überstellungsfrist gerade unabhängig von der aussetzung der vollziehung weiterlaufen würde. der zuständigkeitsübergang auf den ersuchenden staat würde in absehbarer zeit auch ohne ausübung des selbsteintritts eintreten. 159es kann dahinstehen, ob es sich bei der überstellungsentscheidung im sinne des art. 26 abs. 1 dublin iii‑vo (ausschließlich) um die unzulässigkeitsentscheidung im hinblick auf die zuständigkeit eines anderen staates handelt und der vollzug der überstellung einschließlich der abschiebungsanordnung nach § 34a asylg hiervon unionsrechtlich zu trennen ist, 160so vg düsseldorf, urteil vom 13. februar 2019 ‑ 15 k 15396/17.a ‑, rn. 28 ff., juris. 161denn beide regelungen werden durch art. 29 abs. 1 und 2 dublin iii‑vo in bezug auf die rechtsfolgen einer nicht fristgerechten überstellung miteinander verknüpft. nach maßgabe des art. 29 abs. 1 satz 1 dublin iii‑vo soll die überstellung erfolgen, sobald dies praktisch möglich ist. die bestimmung des § 34a abs. 1 satz 1 asylg dient lediglich der umsetzung dieser vorgabe im nationalen recht. eine auslegung der dublin iii‑vo, die dazu führen würde, dass die frist für die durchführung der überstellung trotz aussetzung der vollziehung der abschiebungsanordnung ab der annahme des aufnahme- oder wiederaufnahmegesuchs durch einen anderen mitgliedstaat zu berechnen wäre, liefe dieser unionsrechtlichen verknüpfung zuwider. sie würde art. 27 abs. 3 und 4 dublin iii‑vo in der praxis in weitem maße ihre praktische wirksamkeit nehmen, da die aussetzung nicht angewandt werden könnte, ohne dass die gefahr bestünde, dass sie die durchführung der überstellung innerhalb der von der dublin-iii-verordnung vorgegebenen fristen behindert. 162vgl. zu art. 27 abs. 4 dublin iii‑vo: eugh, urteil vom 13. september 2017 ‑ c-60/16 ‑, rn. 71, juris. 1633. eine zuständigkeit der beklagten – anstelle polens – ergibt sich schließlich auch nicht aus art. 3 abs. 2 unterabs. 2 und 3 dublin iii-vo. denn die beklagte ist nicht gemäß art. 3 abs. 2 unterabs. 2 dublin iii-vo gehindert, die klägerin nach polen zu überstellen. nach dieser vorschrift steht es der überstellung eines antragstellers in den zunächst als zuständig bestimmten staat entgegen, wenn es wesentliche gründe für die annahme gibt, dass das asylverfahren und die aufnahmebedingungen für antragsteller in diesem mitgliedstaat systemische schwachstellen aufwiesen, die eine gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden behandlung im sinne des art. 4 eu-grch bzw. art. 3 emrk mit sich bringen. die voraussetzungen, unter denen dies nach der rechtsprechung des europäischen gerichtshofs für menschenrechte und des eugh, 164eugh, urteile vom 19. märz 2019, jawo, ‑ c-163/17 ‑, eu:c:2019:218, rn. 87, juris und vom 21. dezember 2011 ‑ c-411/10 et al. ‑, rn. 83 ff., 99; juris; egmr, urteil vom 21. januar 2011 ‑ 30696/09 ‑, nvwz 2011, 413, 165der fall wäre, liegen hier nicht vor. 166zwar bezieht sich art. 3 abs. 2 unterabs. 2 dublin iii-verordnung nur auf die situation, in der sich die tatsächliche gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden behandlung im sinne von art. 4 eu-grch aus systemischen schwachstellen des asylverfahrens und der aufnahmebedingungen für personen, die internationalen schutz beantragen, in dem mitgliedstaat ergibt, der nach dieser verordnung als für die prüfung des antrags zuständig bestimmt ist. aus der rechtsprechung des europäischen gerichtshofes sowie aus dem allgemeinen und absoluten charakter des verbots in art. 4 eu-grch geht jedoch hervor, dass die überstellung eines antragstellers in diesen mitgliedstaat in all jenen situationen ausgeschlossen ist, in denen ernsthafte und durch tatsachen bestätigte gründe für die annahme vorliegen, dass der antragsteller bei seiner überstellung oder infolge seiner überstellung eine solche gefahr laufen wird. 167vgl. eugh, urteil vom 19. märz 2019, jawo, ‑ c-163/17 ‑, eu:c:2019:218, rn. 87, juris. 168dabei ist für die anwendung von art. 4 eu-grch gleichgültig, ob es zum zeitpunkt der überstellung, während des asylverfahrens oder nach dessen abschluss, das heißt im falle der gewährung internationalen schutzes, dazu kommt, dass die betreffende person aufgrund ihrer überstellung an den zuständigen mitgliedstaat im sinne der dublin iii-verordnung einem ernsthaften risiko ausgesetzt wäre, eine unmenschliche oder erniedrigende behandlung zu erfahren. 169vgl. eugh, urteil vom 19. märz 2019, jawo, ‑ c-163/17 ‑, eu:c:2019:218, rn. 88, 76, juris. 170insoweit ist das mit einem rechtsbehelf gegen eine überstellungsentscheidung befasste gericht in dem fall, dass es über angaben verfügt, die die betreffende person zum nachweis des vorliegens eines solchen risikos vorgelegt hat, verpflichtet, auf der grundlage objektiver, zuverlässiger, genauer und gebührend aktualisierter angaben und im hinblick auf den durch das unionsrecht gewährleisteten schutzstandard der grundrechte zu würdigen, ob entweder systemische oder allgemeine oder aber bestimmte personengruppen betreffende schwachstellen vorliegen. 171vgl. eugh, urteil vom 19. märz 2019, jawo, ‑ c-163/17 ‑, eu:c:2019:218, rn. 90, juris, unter bezugnahme auf urteil vom 5. april 2016, aranyosi und căldăraru, ‑ c‑404/15 und c‑659/15 ppu ‑, eu:c:2016:198, rn. 89. 172schwachstellen fallen nur dann unter art. 4 eu-grch, der art. 3 emrk entspricht und nach art. 52 abs. 3 eu-grch die gleiche bedeutung und tragweite hat, wie sie ihm in der emrk verliehen wird, wenn sie eine besonders hohe schwelle der erheblichkeit erreichen, die von sämtlichen umständen des falles abhängt. 173vgl. egmr, 21. januar 2011, m.s.s./belgien und griechenland, ce:echr:2011:0121jud003069609, § 254. 174denn im kontext des gemeinsamen europäischen asylsystems und insbesondere der dublin iii-vo, die auf dem grundsatz des gegenseitigen vertrauens beruht und durch eine rationalisierung der anträge auf internationalen schutz deren bearbeitung im interesse sowohl der antragsteller als auch der teilnehmenden staaten beschleunigen soll, gilt die vermutung, dass die behandlung dieser antragsteller in jedem einzelnen mitgliedstaat in einklang mit den erfordernissen der eu-grch, der gfk und der emrk steht. 175vgl. eugh, urteil vom 21. dezember 2011, n. s. u. a., ‑ c-411/10 und c-493/10 ‑, eu:c:2011:865, rn. 78 bis 80, juris. 176diese besonders hohe schwelle der erheblichkeit wäre erreicht, wenn die gleichgültigkeit der behörden eines mitgliedstaats zur folge hätte, dass eine vollständig von öffentlicher unterstützung abhängige person sich unabhängig von ihrem willen und ihren persönlichen entscheidungen in einer situation extremer materieller not befände, die es ihr nicht erlaubte, ihre elementarsten bedürfnisse zu befriedigen, wie insbesondere sich zu ernähren, sich zu waschen und eine unterkunft zu finden, und die ihre physische oder psychische gesundheit beeinträchtigte oder sie in einen zustand der verelendung versetzte, der mit der menschenwürde unvereinbar wäre. diese schwelle ist daher selbst in durch große armut oder eine starke verschlechterung der lebensverhältnisse der betreffenden person gekennzeichneten situationen nicht erreicht, sofern sie nicht mit extremer materieller not verbunden sind, aufgrund deren sich diese person in einer solch schwerwiegenden lage befindet, dass sie einer unmenschlichen oder erniedrigenden behandlung gleichgestellt werden kann. 177vgl. eugh, urteil vom 19. märz 2019, jawo, ‑ c-163/17 ‑, eu:c:2019:218, rn. 89 ff., juris unter bezugnahme auf egmr, 21. januar 2011, m.s.s./belgien und griechenland, ce:echr:2011:0121jud003069609, §§ 252 bis 263. 178unter anwendung dieser maßstäbe fehlt es an hinreichenden anhaltspunkten dafür, dass das asylverfahren oder die aufnahmebedingungen in polen mit systemischen mängeln behaftet wären, die eine beachtliche gefahr einer der klägerin drohenden unmenschlichen behandlung im sinne von art. 4 eu-grch bzw. art. 3 emrk zum zeitpunkt der überstellung, während des asylverfahrens oder nach dessen abschluss nach sich ziehen könnten. 179entsprechende anhaltspunkte ergeben sich aus den dem gericht vorliegenden aktuellen erkenntnismaterial nicht, 180ebenso in der jüngeren rspr.: vg regensburg, beschluss vom 5. februar 2020 ‑ ro 12 s 20.50020 ‑, rn. 48, juris; vg würzburg, beschluss vom 3. januar 2020 ‑ w 8 s 19.50825 ‑, juris; vg düsseldorf, urteil vom 25. juli 2019 ‑ 12 k 8342/18.a ‑, juris; vg augsburg, beschluss vom 21. mai 2019 ‑ au 6 s 19.50444 ‑, juris. 181auch im hinblick auf gesundheitsgefahren, die sich durch die gefahr einer ansteckung der klägerin mit dem covid-19 auslösenden virus im falle ihrer überstellung nach polen oder infolge einer überlastung des dortigen gesundheitssystems wegen einer vielzahl von covid-19-erkrankungen ergeben könnten, fehlt es an anhaltspunkten dafür, dass die klägerin mit erheblicher wahrscheinlichkeit in polen eine ihre physische oder psychische gesundheit beeinträchtigende behandlung erwartet. eine erhebliche wahrscheinlichkeit einer ansteckung der klägerin mit diesem virus im falle ihrer überstellung nach polen oder eine überlastung des dortigen gesundheitssystems lässt sich nicht feststellen. nach der veröffentlichung des european centre for disease prevention and control, die zu den der klägerin mitgeteilten erkenntnismitteln des gerichts zählt, 182covid-19 situation update for the eu/eea and the uk, as of 12. july 2020. datum der veröffentlichung: 13.07.2020, abgerufen am 13. juli 2020 unter: https://www.ecdc.europa.eu/en/cases-2019-ncov-eueea, 183waren in den 14 tagen vor dem 12. juli 2020 in polen pro 100.000 einwohnern insgesamt 10,0 covid-19-fälle sowie insgesamt 0,4 covid-19-sterbefälle gemeldet worden. zugunsten der klägerin wird berücksichtigt, dass sich diese gesamtzahl der gemeldeten covid-19-fälle in den letzten 14 tagen pro 100.000 einwohnern zum maßgeblichen zeitpunkt der entscheidung des gerichts auf 11,1 erhöht hat (bei einem nahezu unveränderten wert von 0,3 sterbefällen), 184vgl. european centre for disease prevention and control: covid-19 situation update for the eu/eea and the uk, as of 21. july 2020. datum der veröffentlichung: 21.07.2020. https://www.ecdc.europa.eu/en/cases-2019-ncov-eueea. 185hierbei handelt es sich jedoch nicht um eine wesentliche änderung, die eine andere bewertung im hinblick auf die gefahr einer ansteckung oder einer überlastung des gesundheitssystems rechtfertigen könnte. 186das auswärtige amt spricht derzeit vor dem hintergrund, dass polen nach den veröffentlichten zahlen von covid-19 weniger stark betroffen sei, auch keine reisewarnung nach polen aus, 187vgl. auswärtiges amt: polen: reise- und sicherheitshinweise. datum der veröffentlichung: 13.07.2020. abrufbar unter: https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/polen-node/polensicherheit/199124. 188ii. da die klage mit dem hauptantrag gegen die unzulässigkeitsentscheidung in ziffer 1 des streitgegenständlichen bescheides keinen erfolg hat, ist über den für diesen fall gestellten hilfsantrag zu entscheiden. 189der hilfsantrag ist unbegründet. 1901. die beklagte kann nicht zu der mit dem hilfsantrag begehrten feststellung von abschiebungsverboten nach § 60 abs. 5 oder 7 satz 1 aufenthg verpflichtet werden, da die klägerin keinen anspruch auf diese feststellung hat und durch deren versagung nicht in ihren rechten verletzt wird, vgl. § 113 abs. 5 satz 1 vwgo. 191es liegen keine greifbaren anhaltspunkte dafür vor, dass in der person der klägerin ein abschiebungsverbot nach § 60 abs. 5 oder 7 satz 1 aufenthg in bezug auf polen vorliegt. 192gemäß § 60 abs. 5 aufenthg darf ein ausländer nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der anwendung der konvention vom 4. november 1950 zum schutze der menschenrechte und grundfreiheiten (emrk) ergibt, dass die abschiebung unzulässig ist. im vorliegenden fall ergibt sich in bezug auf griechenland kein abschiebungsverbot aus den insoweit allein in betracht kommenden schutzwirkungen des art. 3 emrk. 193art. 3 emrk bestimmt, dass niemand der folter oder unmenschlicher oder erniedrigender behandlung oder strafe unterworfen werden darf. hieraus folgen neben unterlassungs- auch staatliche schutzpflichten. unter zugrundelegung des maßstabs des europäischen gerichtshofes für menschenrechte muss die verletzung von art. 3 emrk mit beachtlicher wahrscheinlichkeit drohen („real risk“). dies hängt von den gesamtumständen des jeweiligen einzelfalls ab, wie etwa der art und dem kontext der fehlbehandlung, der dauer, den körperlichen und geistigen auswirkungen, sowie – in einigen fällen – vom geschlecht, alter und gesundheitszustand des opfers. 194vgl. ständige rechtsprechung des egmr, urteil vom 4. november 2014 ‑ 29217/12 ‑, tarakhel/switzerland -, rn. 93 f., m. w. n.; zum maßstab der beachtlichen wahrscheinlichkeit: bverwg, urteil vom 27. april 2010 ‑ 10 c 5.09 ‑, rn. 22, juris. 195bezugspunkt dieser prüfung ist grundsätzlich der gesamte abschiebungszielstaat und zunächst der ort, an dem die abschiebung endet. 196vgl. egmr, urteil vom 28. juni 2011 - 8319/07, 11449/07, sufi und elmi/vereinigtes königreich - rn. 65, 301, 309; bverwg, urteil vom 31. januar 2013 ‑ 10 c 15.12 ‑, rn. 26, juris. 197nach diesen maßstäben liegen keine anhaltspunkte für die annahme vor, dass die klägerin im falle einer abschiebung nach polen mit beachtlicher wahrscheinlichkeit gefahr laufen würde, einer unmenschlichen oder erniedrigenden behandlung im sinne von art. 3 emrk ausgesetzt zu werden. es wird insoweit auf die obigen ausführungen in bezug auf die gewährleistungen aus art. 4 eu-grch, welche mit art. 3 emrk deckungsgleich sind (vgl. art. 52 abs. 3 eu-grch), verwiesen. 198die voraussetzungen für ein abschiebungsverbot gemäß § 60 abs. 7 satz 1 aufenthg liegen ebenfalls nicht vor. nach der vorschrift soll von der abschiebung eines ausländers in einen anderen staat abgesehen werden, wenn dort für diesen ausländer eine erhebliche konkrete gefahr für leib, leben oder freiheit besteht. anhaltspunkte hierfür sind weder vorgetragen noch ersichtlich. 1992. die abschiebungsanordnung in ziffer 3 des bescheides ist rechtmäßig und verletzt die klägerin nicht in ihren rechten, vgl. § 113 abs. 1 satz 1 vwgo. 200sie findet ihre rechtsgrundlage in § 34a abs. 1 satz 1 asylg. danach ordnet das bundesamt die abschiebung in einen für die durchführung des asylverfahrens zuständigen staat (§ 29 abs. 1 nr. 1 asylg) an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. diese voraussetzungen waren hier erfüllt. 201polen ist – wie zuvor ausgeführt – für die durchführung des asylverfahrens der klägerin zuständig. es steht auch im sinne von § 34a abs. 1 satz 1 asylg fest, dass die abschiebung durchgeführt werden kann. insbesondere stehen der abschiebung der klägerin weder zielstaatsbezogene abschiebungsverbote noch inlandsbezogene vollzugshindernisse entgegen. 202polen ist ausweislich der unwidersprochenen mitteilung der beklagten seit dem 13. juli 2020 wieder bereit, asylantragsteller im wege der überstellung auf der grundlage der dublin iii‑vo aufzunehmen. 203sonstige vollzugshindernisse sind weder dargelegt noch im übrigen ersichtlich. 2043. die auf § 11 abs. 1 und 2 aufenthg in der fassung des art. 1 nr. 5 des gesetzes zur neubestimmung des bleiberechts und der aufenthaltsbeendigung vom 27. juli 2015, bgbl. i 1386 (aufenthg a.f.) gestützte regelung eines auf 6 monate ab dem tag der abschiebung befristeten einreise- und aufenthaltsverbotes in ziffer 4 des streitgegenständlichen bescheides ist ebenfalls rechtmäßig und verletzt die klägerin nicht in ihren rechten, § 113 abs. 1 satz 1 vwgo. zum maßgeblichen zeitpunkt der entscheidung des gerichts (§ 77 abs. 1 satz 1 asylg) findet diese regelung als anordnung eines befristeten einreise- und aufenthaltsverbots ihre rechtsgrundlage in § 11 abs. 1 und 2 aufenthg. 205die zuständigkeit des bundesamtes ergibt sich aus § 75 nr. 12 aufenthg. 206es ist nach maßgabe der heranzuziehenden aktuell gültigen fassung des § 11 abs. 1 und 2 aufenthg unschädlich, dass das bundesamt den ausspruch und die ermessensausübung an § 11 aufenthg a.f. orientiert. denn durch die neufassung des § 11 aufenthg haben sich die für die behördliche anordnung und fristbestimmung zu berücksichtigenden umstände nicht geändert. der gesetzgeber hat lediglich klarstellend die bisherige rechtslage an die rechtsprechung des bundesverwaltungsgerichts, wonach die befristung des gesetzlichen einreise- und aufenthaltsverbotes unionsrechtskonform als behördliche anordnung eines befristeten einreise- und aufenthaltsverbotes zu verstehen ist, 207vgl. bverwg, beschluss vom 13. juli 2017 ‑ 1 vr 3/17 ‑, rn. 70 ff., juris, 208angepasst. 209vgl. ovg sachsen-anhalt, beschluss vom 23. april 2020 ‑ 2 l 30/20 ‑, rn. 17 m.w.n., juris; vg karlsruhe, urteil vom 22. august 2019 ‑ a 19 k 1718/17 ‑, rn. 38, juris; vg düsseldorf, urteil vom 25. november 2019 ‑ 27 k 1769/18.a ‑ rn. 33 - 36, juris. 210die ermessensentscheidung des bundesamtes begegnet auch im übrigen keinen bedenken. diese ist gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbar, nämlich nur darauf, ob die behörde das ermessen in seiner reichweite erkannt, ihre erwägungen am zweck der ermessensermächtigung ausgerichtet und die gesetzlichen grenzen ihres ermessens nicht überschritten hat, § 114 satz 1 vwgo, § 40 vwvfg. mit einer befristung auf 6 monate ab dem tag der abschiebung hat das bundesamt die reichweite seines ermessens nicht überschritten. aus der begründung ist zudem erkennbar, dass es seine erwägungen am zweck der ermessensermächtigung ausgerichtet hat, indem es das öffentliche interesse an dem verbot einer kurzfristigen wiedereinreise der klägerin mit deren interesse an einer erneuten einreise in das bundesgebiet abgewogen hat. dabei hat es mit hinweis darauf, dass besondere schutzwürdige interessen der klägerin an einer kurzfristigen wiedereinreise nicht ersichtlich sind, das öffentliche interesse in nicht zu beanstandender weise entsprechend seiner ständigen verwaltungspraxis für vergleichbare fälle gewichtet. 211vgl. zur überprüfung der ermessensentscheidung nach § 11 abs. 2 und 3 aufenthg auch: ovg nrw, urteil vom 19. mai 2017 ‑ 11 a 52/17.a ‑, rn. 110, juris. 212schließlich ist auch nichts dafür ersichtlich, dass das bundesamt diese abwägung auf der grundlage eines falschen sachverhalts vorgenommen hätte oder sich der entscheidungserhebliche sachverhalt nachträglich in einer weise verändert hätte, die eine ergänzung der ermessensausübung erfordern würde. entsprechendes wird von den klägern auch nicht vorgetragen. 213die kostenentscheidung folgt aus § 154 abs. 1 vwgo, §§ 83b, 83c asylg. 214die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit beruht auf § 167 vwgo i. v. m. § 708 nr. 11, § 711 zpo. 215die revision wird nach § 134 abs. 1, abs. 2 satz 1 vwgo i.v.m. § 132 abs. 2 nr. 1 vwgo unter übergehung der berufungsinstanz als sprungrevision zugelassen. die rechtssache hat grundsätzliche bedeutung. grundsätzliche bedeutung kommt einer rechtssache zu, wenn sie eine für die revisionsentscheidung erhebliche frage des revisiblen rechts aufwirft, die im interesse der einheit oder der fortbildung des rechts revisionsgerichtlicher klärung bedarf. diese voraussetzungen sind hier erfüllt. insbesondere die aufgeworfene frage der unterbrechung der überstellungsfrist bei behördlicher aussetzung der vollziehung der überstellungsentscheidung ist bislang nur für den fall einer verfassungsrechtlichen überprüfung der überstellungsentscheidung höchstrichterlich geklärt, nicht jedoch für fallkonstellationen der vorliegenden art. diese frage betrifft eine vielzahl von fällen. 216rechtsmittelbelehrung: 217gegen dieses urteil steht den beteiligten die revision an das bundesverwaltungsgericht zu. die revision ist innerhalb eines monats nach zustellung des vollständigen urteils bei dem verwaltungsgericht düsseldorf (bastionstraße 39, 40213 düsseldorf oder postfach 20 08 60, 40105 düsseldorf) schriftlich einzulegen. 218die revision kann auch als elektronisches dokument nach maßgabe des § 55a vwgo und der verordnung über die technischen rahmenbedingungen des elektronischen rechtsverkehrs und über das besondere elektronische behördenpostfach (elektronischer rechtsverkehr-verordnung – ervv) eingelegt werden. 219die revisionsfrist ist auch gewahrt, wenn die revision innerhalb der frist bei dem bundesverwaltungsgericht (simsonplatz 1, 04107 leipzig) schriftlich oder als elektronisches dokument nach maßgabe des § 55a vwgo und der ervv eingelegt wird. 220die revision muss das angefochtene urteil bezeichnen. 221die revision ist innerhalb von zwei monaten nach zustellung dieses urteils zu begründen. die begründung ist bei dem bundesverwaltungsgericht (simsonplatz 1, 04107 leipzig) schriftlich oder als elektronisches dokument nach maßgabe des § 55a vwgo und der ervv einzureichen. 222im revisionsverfahren müssen sich die beteiligten durch prozessbevollmächtigte vertreten lassen. dies gilt auch für prozesshandlungen, durch die das verfahren eingeleitet wird. die beteiligten können sich durch einen rechtsanwalt oder einen rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten hochschule eines mitgliedstaates der europäischen union, eines anderen vertragsstaates des abkommens über den europäischen wirtschaftsraum oder der schweiz, der die befähigung zum richteramt besitzt, als bevollmächtigten vertreten lassen. auf die zusätzlichen vertretungsmöglichkeiten für behörden und juristische personen des öffentlichen rechts einschließlich der von ihnen zur erfüllung ihrer öffentlichen aufgaben gebildeten zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 abs. 4 satz 4 vwgo und § 5 nr. 6 des einführungsgesetzes zum rechtsdienstleistungsgesetz – rdgeg –). darüber hinaus sind die in § 67 abs. 2 satz 2 nr. 5 und 7 vwgo bezeichneten personen und organisationen unter den dort genannten voraussetzungen als bevollmächtigte zugelassen. 223die revision und die revisionsbegründungsschrift sollen möglichst dreifach eingereicht werden. im fall der einreichung als elektronisches dokument bedarf es keiner abschriften.
Verklagte*r
0
188,778
1 K 3677/12
2013-10-22T00:00:00
Urteil
Tenor Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Außergerichtliche Kosten des Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des Vollstreckungsbetrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. 1Tatbestand: 2Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit der Eintragung eines im Eigentum des Klägers stehenden Wohn- und Geschäftshauses in die Denkmalliste der Beklagten. 3Für das streitbefangene Wohn- und Geschäftshaus N. Straße in Q. war bereits im Jahr 1994 ein denkmalrechtliches Eintragungsverfahren eingeleitet worden. Der Beigeladene hatte seinerzeit eine Unterschutzstellung abgelehnt, zugleich aber angesichts des Standorts gegenüber des ehemaligen Amtsgerichts und der weitgehend erhaltenen historischen Ausgestaltung die Einstufung der Fassade als „erhaltenswerte Bausubstanz“ gemäß § 25 DSchG NRW empfohlen. Daraufhin wurde das Verfahren eingestellt. In einem Schreiben an die damaligen Grundstückseigentümer vom 14.06.1995 hatte die Beklagte ausgeführt, dass das Gebäude „nach heutigem Kenntnisstand und nach heutiger Anschauung“ kein Baudenkmal darstelle, zugleich aber darauf hingewiesen, dass die Denkmalwürdigkeit künftig nochmals überprüft werden könne, ggf. mit dem Ergebnis einer Eintragung in die Denkmalliste. 4Im Jahr 2009 nahm die Beklagte einen entsprechenden Antrag des Ortsheimatpflegers sowie ein seinerzeit eingeleitetes Zwangsversteigerungsverfahren zum Anlass, die Denkmaleigenschaft des Gebäudes erneut zu prüfen. Unter dem 22.03.2011 stellte der Beigeladene das Benehmen her zur Eintragung des Gebäudes in die Denkmalliste. Denkmalwert seien danach das Hauptgebäude sowie der bauzeitliche Flügelbau, nicht aber der jüngere Anbau entlang der G.---straße sowie die 1950 errichtete Kegelbahn. 5Nachdem der Kläger sein Interesse an der Ersteigerung des Grundstücks bekundet hatte, fanden am 26.03.2012 sowie am 15.05.2013 gemeinsame Ortsbesichtigungen mit Vertretern der Beklagten und der Beigeladenen statt, bei denen auch der Umfang der Unterschutzstellung erörtert wurde. Im Rahmen des Zwangsversteigerungstermins vom 30.05.2012 erwarb der Kläger das Eigentum an dem Grundstück. 6Mit an den Kläger gerichtetem Bescheid vom 12.06.2012 verfügte die Beklagte gemäß § 4 DSchG NRW die vorläufige Unterschutzstellung des Gebäudes und ordnete die sofortige Vollziehung dieser Regelung an. 7Unter dem 31.07.2012 modifizierte der Beigeladene seine Denkmalwertbegründung vom 22.03.2011 dahingehend, dass lediglich das traufenständig zur N. Straße errichtete Wohn- und Geschäftshaus denkmalwert sei, nicht dagegen der etwa zeitgleich errichtete rückwärtige Flügelbau. Als großvolumiger Neubau der Jahre nach 1900 bezeuge das Objekt das Eindringen der damals neuen Zeit auch in das behäbige Kleinstädtchen Q1. . Gemeinsam mit dem wenig später entstandenen Amtsgericht markiere es - als Gastwirtschaft an der wichtigsten Straßenkreuzung der damaligen Zeit - den neben der Kirche zweiten städtischen Mittelpunkt, weshalb ihm Bedeutung für die Geschichte des Menschen in Q. und zugleich eine Zeugniskraft in städtebaulicher Hinsicht zukomme. In seiner traditionalistische Elemente übernehmenden Architektur sei das Gebäude ein charakteristisches Beispiel für eine der wichtigen Strömungen der Zeit, so dass für eine Erhaltung und Nutzung auch wissenschaftlich-architekturgeschichtliche Gründe vorlägen. Dazu gesellten sich volkskundliche Gründe, da aufgrund des hervorragend erhaltenen Zustands von Ober- und Dachgeschoss die Lebensverhältnisse im Gebäude klar ablesbar geblieben seien. 8Nach Anhörung des Klägers erteilte die Beklagte dem Kläger mit Datum vom 22.11.2012 einen Bescheid über die Eintragung des Gebäudes in die Denkmalliste nach § 3 DSchG NRW. Zur Begründung stützte sie sich im Wesentlichen auf die Denkmalwertbegründung der Beigeladenen vom 31.07.2012. 9Am 20.12.2012 hat der Kläger Klage gegen die endgültige Eintragung des Gebäudes in die Denkmalliste erhoben. Zur Begründung trägt er vor, dass die behaupteten städtebaulichen, wissenschaftlichen und volkskundlichen Gründe nicht vorlägen. Das Gebäude habe keinerlei dokumentarische Aussagekraft hinsichtlich der Entwicklung der Wissenschaft. Es besitze auch keinerlei Potential, um als Gegenstand wissenschaftlicher Forschung dienen zu können. Die Bauweise sei nicht außergewöhnlich. Außerdem seien zahlreiche Änderungen, insbesondere an der Fassade im Bereich des Erdgeschosses sowie bei der Raumaufteilung in den Geschossen vorgenommen worden. Weder (heimat-)geschichtliche noch städtebauliche Entwicklungen seien ablesbar. Es sei nicht nachvollziehbar, dass der Beigeladene seine noch im Jahr 1994 getroffene Einschätzung zum Denkmalwert geändert habe. Völlig unverständlich sei angesichts des extrem schlechten Erhaltungszustands des Gebäudes der Umfang des von der Beklagten benannten Denkmalschutzes. Allenfalls die Fassade könne ein öffentliches Erhaltungsinteresse begründen. Die Beklagte verkenne weiterhin, dass die denkmalschutzrechtlichen Regelungen zu einer wesentlichen Einschränkung der Eigentumsfreiheit führten. Schließlich beruft sich der Kläger auf den Gleichbehandlungsgrundsatz. Im Jahr 2009 sei es einem Großkaufmann gestattet worden, in Q1. mehrere Häuser abzureißen, die deutlich eher als Denkmal einzustufen seien. 10Der Kläger beantragt, 11den Bescheid der Beklagten vom 22.11.2012 aufzuheben. 12Die Beklagte beantragt, 13die Klage abzuweisen. 14Zur Begründung verweist sie auf Ihre Ausführungen im angefochtenen Bescheid. 15Der Beigeladene stellt keinen eigenen Antrag. 16Zur Sache führt er Folgendes aus: Der Kläger verneine die Ausführungen der Beigeladenen zum Denkmalwert pauschal und ohne den Ansatz einer Gegenargumentation. Neue, den Denkmalwert tangierende Sachverhalte trage er nicht vor. Städtebauliche Gründe für Erhalt und Nutzung des Gebäudes lägen vor. Gemeinsam mit dem wenig älteren Amtsgericht und wenigen Nachbarhäusern bezeuge die ehemalige Gastwirtschaft den Umbau der zentralen Kreuzung der Hauptdurchgangsstraße mit der Straße G1. zu einem städtischen Mittelpunkt, der - typisch für diese Zeit - an den Großstädten der wilhelminischen Epoche orientiert sei. Wissenschaftlich-architekturgeschichtliche und volkskundliche Gründe lägen ebenfalls vor, da sich das Gebäude zur Erforschung des Bauens und Wohnens in einer kleinen Landstadt eigne, das sich im frühen 20. Jahrhundert deutlich von den Verhältnissen früherer Zeit unterscheide. Die fraglos vorgenommenen baulichen Veränderungen sprengten nicht das bei historischen Gebäuden dieses Alters übliche Maß und hätten dessen Zeugniskraft keineswegs beseitigt. Diesen Veränderungen sei durch Benennung im Eintragungsbescheid sowie in der teilweisen Reduktion des Denkmalumfangs Rechnung getragen worden. Eine Abgängigkeit des Gebäudes oder einzelner seiner Teile, z.B. der Treppe, sei nicht zu konstatieren. Die abweichende Beurteilung des Denkmalwerts im Jahre 1994 habe auf einer Besichtigung nur des im Erdgeschoss betriebenen Speiselokals beruht. Erst die nunmehr erfolgte Begehung auch des Ober- und des Dachgeschosses habe gezeigt, dass weit größere Teile des Gebäudeinneren einen bauhistorisch guten Erhaltungszustand aufwiesen. 17Der Berichterstatter hat die Örtlichkeit anlässlich eines Erörterungstermins in Augenschein genommen. Auf das Protokoll vom 29.05.2013 wird Bezug genommen. 18Die Kammer hat den Rechtsstreit durch Beschluss vom 01.07.2013 gemäß § 6 VwGO dem Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen. 19Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie des beigezogenen Verwaltungsvorgangs der Beklagten. 20Entscheidungsgründe: 21Die zulässige Anfechtungsklage ist unbegründet. 22Der Bescheid der Beklagten vom 22.11.2012 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. 23Die Eintragung des Wohn- und Geschäftshauses in die Denkmalliste der Stadt Q1. hat ihre Rechtsgrundlage in § 3 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 und § 2 Abs. 1 Sätze 1 und 2 des Gesetzes zum Schutz und zur Pflege der Denkmäler im Lande Nordrhein-Westfalen (Denkmalschutzgesetz – DSchG NRW). 24Die Voraussetzungen für die Unterschutzstellung liegen vor. Gem. § 3 Abs. 1 Satz 1 DSchG NRW sind Denkmäler in die Denkmalliste einzutragen. Denkmäler sind Sachen, an deren Erhaltung und Nutzung ein öffentliches Interesse besteht (§ 2 Abs. 1 Satz 1 DSchG NRW). Ein öffentliches Interesse besteht, wenn die Sachen bedeutend für die Geschichte des Menschen, für Städte und Siedlungen oder für die Entwicklung der Arbeits- und Produktionsverhältnisse sind und für die Erhaltung und Nutzung künstlerische, wissenschaftliche, volkskundliche oder städtebauliche Gründe vorliegen (§ 2 Abs. 1 Satz 2 DSchG NRW). 25Den einzelnen Merkmalen, aus denen sich die Bedeutung des Objekts ergeben soll, ist die Kategorie des Geschichtlichen gemeinsam. Die Bedeutung des Objekts folgt aus seinem Wert für die Dokumentation früherer Bauweisen und der gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse, die in der baulichen Anlage und ihrer Bauweise zum Ausdruck kommen. Das Objekt muss in besonderem Maße geeignet sein, geschichtliche Entwicklungen aufzuzeigen und zu erforschen. 26Vgl. OVG NRW, Urteil vom 12.09.2006 - 10 A 1541/05 ‑, BauR 2007, 363. 27Dabei sollen nicht nur museumswürdige Objekte oder klassische Denkmäler Schutz genießen, sondern auch solche Objekte, die unterhalb dieser Schwelle in besonderer Weise einen geschichtlichen Bezug aufweisen. Nicht zu verlangen ist, dass sich die Sache in Bezug auf die für eine Denkmaleigenschaft maßgebenden Kriterien als einzigartig oder hervorragend erweist und sich daher die Bedeutung auch jedem durchschnittlichen Betrachter unmittelbar aufdrängt. Das Tatbestandsmerkmal „bedeutend“ hat in diesem Sinne vor allem die Funktion, aus dem Bereich des Denkmalschutzes solche Gegenstände auszuschließen, die zwar einen historischen oder städtebaulichen Bezug haben, jedoch deshalb nicht von Bedeutung sind, weil es sich um Massenprodukte handelt oder weil die Sache wegen zu weitgreifender Veränderungen keinen geschichtlichen Aussagewert mehr hat. 28Vgl. OVG NRW, Urteil vom 12.09.2006, a. a. O. 29Hieran gemessen sind die Eintragungsvoraussetzungen im vorliegenden Fall erfüllt. Das Gericht kann die Denkmaleigenschaft aufgrund der Ausführungen der Beigeladenen in der Denkmalwertbegründung vom 31.07.2012 sowie den ergänzenden schriftlichen Erläuterungen im Verlauf des Klageverfahrens einschätzen. Danach liegen sowohl städtebauliche als auch wissenschaftlich-architekturgeschichtliche sowie volkskundliche Gründe für den Erhalt des Wohn- und Geschäftshauses vor. 30Konkrete Bedenken gegen die Verwertung dieser gutachterlichen Stellungnahmen bestehen nicht. Die fachliche Sachkunde der Denkmalpflegeämter der Landschaftsverbände ergibt sich generell aus der gesetzlichen Zuweisung der von ihnen wahrzunehmenden Aufgaben, zu denen unter anderem die Erstattung von Gutachten in allen Angelegenheiten des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege gehört. Der Einschätzung der Denkmalpflegeämter kommt nicht zuletzt wegen der in § 22 Abs. 4 DSchG NRW statuierten Weisungsunabhängigkeit eine wesentliche Bedeutung zu. Die fachliche Sachkunde wird durch die allenfalls fakultative Beiladung im denkmalschutzrechtlichen Klageverfahren nicht berührt. 31Vgl. OVG NRW, Urteil vom 05.03.1992 - 10 A 1748/86 -, bei juris (Rn. 79 ff.). 32Die Einwände des Klägers gegen die vom Beigeladenen gegebene Begründung des Denkmalwertes greifen nicht durch. 33Zwar weist er zu Recht darauf hin, dass an dem Gebäude im Laufe der Jahrzehnte bauliche Änderungen vorgenommen wurden. So wurde beispielsweise im Bereich des Erdgeschosses ein vormaliges Fenster zur Tür und eine vormalige Tür zu einem Fenster umgewandelt. Auch zeigen die vom Kläger vorgelegten Fotografien, dass die Fenster im Erdgeschoss verändert wurden. Die Beigeladene hat jedoch plausibel und nachvollziehbar dargelegt, dass die erkennbaren baulichen Änderungen, die so oder ähnlich bei jedem Gebäude dieses Alters zu erwarten sind, nicht geeignet sind, den Denkmalwert insgesamt in Frage zu stellen. Wesentliche Veränderungen der Bausubstanz hat der Kläger nicht nachvollziehbar dargelegt und sind auch sonst nicht erkennbar. 34Der Denkmalwert beschränkt sich auch nicht auf die Fassade des Wohn- und Geschäftshauses. Zwar können nach § 2 Abs. 2 Satz 1 DSchG NRW Baudenkmäler auch Teile von baulichen Anlagen sein, an deren Erhaltung und Nutzung ein öffentliches Interesse besteht. Das bedeutet, dass sich der Denkmalschutz auf Teile dieser baulichen Anlagen beschränken kann und muss, falls nur insoweit die Voraussetzungen für eine Unterschutzstellung vorliegen. Zu berücksichtigen ist insoweit allerdings, dass die Beschränkung der Unterschutzstellung auf einen Teil der Anlage voraussetzt, dass dieser gegenüber dem nicht schutzwürdigen Teil der Anlage überhaupt einer eigenständigen Bewertung unter Gesichtspunkten des Denkmalschutzes zugänglich ist und in diesem Sinn als abtrennbarer Teil der Anlage erscheint. Hiernach ist eine Beschränkung des Denkmalschutzes auf das Äußere eines Hauses zwar nicht vorneherein ausgeschlossen. Im vorliegenden Fall ist wegen des Zusammenhangs der Fassade mit den übrigen Teilen des Hauses eine selbständige denkmalschutzrechtliche Bewertung der Fassade als abtrennbarer Teil einer baulichen Anlage aber nicht möglich, so dass der gesamte Baukörper entlang der N. Straße unter Schutz zu stellen ist. Da insoweit allein die denkmalschutzrechtliche Abgrenzbarkeit maßgeblich ist, kommt bei Gebäuden, deren Fassade - wie hier - Denkmalcharakter hat, selbst dann, wenn deren sonstige Teile für sich gesehen keinen Denkmalwert haben, regelmäßig nur die Unterschutzstellung des gesamten Gebäudes in Betracht, wenn die aus der Zeit der Errichtung des Hauses bzw. der Fassade stammende Bausubstanz der übrigen Teile im Wesentlichen noch erhalten und der typische zwischen der Fassade und den ursprünglichen übrigen Teilen des Gebäudes bestehende Funktionszusammenhang noch gegeben ist. Dies ergibt sich daraus, dass Bauwerke als Zeugnisse ihrer Zeit in aller Regel nur aus ihrem gesamten Gefüge und nicht nur aus Einzelaspekten, wie z.B. einer Fassade wirken. Die Fassade gewinnt ihren auch unter Denkmalschutzaspekten typischen Charakter nicht nur aus sich selbst heraus, sondern ganz wesentlich auch in Verbindung mit den dahinter befindlichen Räumen und den Funktionen des Hauses insgesamt, die durch sie auch nach außen hin offenbar werden. Sie ist daher regelmäßig nicht von den übrigen Teilen zu trennen. 35Vgl. OVG NRW, Urteil vom 02.11.1988 - 7 A 2826/86 -, BRS 48 Nr. 117 und bei juris. 36Der vorliegende Fall bietet keinen Anlass dafür, den Denkmalwert ausnahmsweise auf die Fassade zu beschränken. Für einen Austausch wesentlicher Teile der übrigen Bausubstanz nach Errichtung des Gebäudes Anfang des 20.Jahrhunderts gibt es keine stichhaltigen Anhaltspunkte. Die bauliche Zuordnung eines vormals zur Obergeschosswohnung des Hauptgebäudes gehörenden Raumes zu der Wohnung des unmittelbar angrenzenden nicht denkmalwerten Anbaus entlang der G.---straße reicht jedenfalls bei Weitem nicht aus, um den Funktionszusammenhang zwischen der Fassade und den dahinterliegenden Gebäudeteilen insgesamt aufzuheben. 37Der Unterschutzstellung steht ferner der aktuelle Erhaltungszustand des Gebäudes nicht entgegen. Zwar besteht derzeit im Gebäudeinneren unverkennbar ein erheblicher Instandsetzungsbedarf. Ein schlechter Bauzustand ist im denkmalrechtlichen Eintragungsverfahren allerdings nur dann zu berücksichtigen, wenn schon zu diesem Zeitpunkt vorhersehbar ist, dass eine sofortige oder alsbald für die Erhaltung eines denkmalwerten Zustands notwendige Erneuerung im Wesentlichen zum Verlust der historischen Substanz und damit zum Identitätsverlust des Gebäudes führen wird. Ein Auswechseln oder Ergänzen von einzelnen Materialteilen, das den Gesamteindruck der Sache und deren Identität im Wesentlichen unberührt lässt, ist hingegen für die Bewertung der Denkmaleigenschaft unerheblich. 38Vgl. OVG NRW, Urteil vom 06.02.1996 - 11 A 840/94 -, BRS 58 Nr. 228 und bei juris. 39Dass die notwendige Instandsetzung insbesondere des Gebäudeinneren zwangsläufig zu einem Verlust der historischen Substanz führen muss, hat der Kläger nicht substantiiert dargelegt und ist auch sonst nicht erkennbar. 40Das weitere Vorbringen des Klägers, bei Errichtung des Wohn- und Geschäftshauses seien Reste der Bausubstanz der Vorgängergebäude verwendet worden, ist - ungeachtet der fehlenden Substantiierung dieser Behauptung - für die Beurteilung des Denkmalwertes unerheblich, weil auch in diesem Fall Anfang des 20. Jahrhunderts ein neues Gebäude geschaffen wurde, dem nach den überzeugenden Ausführungen des Beigeladenen Zeugniswert zukommt. Vielmehr würde - worauf der Beigeladene zu Recht hinweist - eine Verwendung älterer Bausubstanz diesen Zeugniswert eher erhöhen, keinesfalls jedoch einschränken. 41Die Unterschutzstellung des Wohn- und Geschäftshauses ist weiterhin auch nicht deshalb rechtswidrig, weil die hieran anknüpfenden Erhaltungspflichten für den Kläger, wie von ihm behauptet, eine unzumutbare wirtschaftliche Härte bedeuteten. Das Denkmalschutzsystem des DSchG NRW ist zweistufig angelegt. Die erste Stufe betrifft die hier im Streit stehende konstitutive Begründung des Denkmalschutzes durch Eintragung des Objekts in die Denkmalliste. Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 DSchG NRW sind Denkmäler in die Denkmalliste einzutragen, ohne dass der Behörde diesbezüglich ein Ermessen und damit Raum für die Berücksichtigung entgegen stehender privater oder öffentlicher Belange zusteht. Erst auf der die Wirkungen und Folgemaßnahmen der Unterschutzstellung betreffenden zweiten Stufe findet der Aspekt der Verhältnismäßigkeit für den betroffenen Eigentümer Berücksichtigung. Stellen sich die dem Eigentümer auferlegten denkmalrechtlichen Restriktionen als unverhältnismäßige Einschränkung seiner Eigentümerbefugnisse dar, können hieraus Ansprüche auf Erteilung denkmalrechtlicher Erlaubnisse nach § 9 DSchG NRW - z.B. zur Änderung oder gar zum Abriss des Denkmals - bzw. Übernahme- oder Entschädigungsansprüche nach §§ 31, 33 DSchG NRW erwachsen. 42Vgl. OVG NRW, Urteil vom 20.04.1998 - 7 A 6059/96 -, BRS 77 Nr. 56 und bei juris. 43Schließlich verletzt die Unterschutzstellung den Kläger auch nicht in seinem in Art. 3 Abs. 1 GG verbürgten Anspruch auf Gleichbehandlung. Soweit er auf andere Gebäude im Bereich der Altstadt von Q1. verweist, die nicht unter Denkmalschutz gestellt worden seien, ist bereits eine Vergleichbarkeit mit dem hier streitbefangenen Gebäude nicht im Ansatz dargelegt. Aber selbst wenn in diesen Fällen der Denkmalbegriff des § 2 DSchG NRW erfüllt gewesen und mithin die Eintragung in die Denkmalliste rechtswidrig unterlassen worden sein sollte - wofür die Kammer allerdings keinerlei Anhaltspunkte hat - könnte der Kläger daraus keinen Anspruch darauf herleiten, sein Wohn- und Geschäftshaus trotz Vorliegens der rechtlichen Voraussetzungen ebenfalls nicht in die Denkmalliste einzutragen. Denn Art. 3 Abs. 1 GG gewährt keinen Anspruch auf eine Gleichbehandlung im Unrecht. 44Vgl. z.B. OVG NRW, Urteil vom 28.05.2013 - 12 A 1277/12 -, bei juris. 45Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO. Die Kammer hält es für billig, dem Kläger nicht auch die Tragung außergerichtlicher Kosten des Beigeladenen aufzuerlegen, weil Letzterer keinen Sachantrag gestellt und sich damit nicht am Kostenrisiko des Verfahrens beteiligt hat, vgl. § 154 Abs. 3 VwGO. 46Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des Urteils beruht auf § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 Satz 1 ZPO.
die klage wird abgewiesen. der kläger trägt die kosten des verfahrens. außergerichtliche kosten des beigeladenen sind nicht erstattungsfähig. das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. der kläger darf die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe von 110 % des vollstreckungsbetrags abwenden, wenn nicht die beklagte vor der vollstreckung sicherheit in gleicher höhe leistet. 1
2die beteiligten streiten um die rechtmäßigkeit der eintragung eines im eigentum des klägers stehenden wohn- und geschäftshauses in die denkmalliste der beklagten. 3für das streitbefangene wohn- und geschäftshaus n. straße in q. war bereits im jahr 1994 ein denkmalrechtliches eintragungsverfahren eingeleitet worden. der beigeladene hatte seinerzeit eine unterschutzstellung abgelehnt, zugleich aber angesichts des standorts gegenüber des ehemaligen amtsgerichts und der weitgehend erhaltenen historischen ausgestaltung die einstufung der fassade als „erhaltenswerte bausubstanz“ gemäß § 25 dschg nrw empfohlen. daraufhin wurde das verfahren eingestellt. in einem schreiben an die damaligen grundstückseigentümer vom 14.06.1995 hatte die beklagte ausgeführt, dass das gebäude „nach heutigem kenntnisstand und nach heutiger anschauung“ kein baudenkmal darstelle, zugleich aber darauf hingewiesen, dass die denkmalwürdigkeit künftig nochmals überprüft werden könne, ggf. mit dem ergebnis einer eintragung in die denkmalliste. 4im jahr 2009 nahm die beklagte einen entsprechenden antrag des ortsheimatpflegers sowie ein seinerzeit eingeleitetes zwangsversteigerungsverfahren zum anlass, die denkmaleigenschaft des gebäudes erneut zu prüfen. unter dem 22.03.2011 stellte der beigeladene das benehmen her zur eintragung des gebäudes in die denkmalliste. denkmalwert seien danach das hauptgebäude sowie der bauzeitliche flügelbau, nicht aber der jüngere anbau entlang der g.---straße sowie die 1950 errichtete kegelbahn. 5nachdem der kläger sein interesse an der ersteigerung des grundstücks bekundet hatte, fanden am 26.03.2012 sowie am 15.05.2013 gemeinsame ortsbesichtigungen mit vertretern der beklagten und der beigeladenen statt, bei denen auch der umfang der unterschutzstellung erörtert wurde. im rahmen des zwangsversteigerungstermins vom 30.05.2012 erwarb der kläger das eigentum an dem grundstück. 6mit an den kläger gerichtetem bescheid vom 12.06.2012 verfügte die beklagte gemäß § 4 dschg nrw die vorläufige unterschutzstellung des gebäudes und ordnete die sofortige vollziehung dieser regelung an. 7unter dem 31.07.2012 modifizierte der beigeladene seine denkmalwertbegründung vom 22.03.2011 dahingehend, dass lediglich das traufenständig zur n. straße errichtete wohn- und geschäftshaus denkmalwert sei, nicht dagegen der etwa zeitgleich errichtete rückwärtige flügelbau. als großvolumiger neubau der jahre nach 1900 bezeuge das objekt das eindringen der damals neuen zeit auch in das behäbige kleinstädtchen q1. . gemeinsam mit dem wenig später entstandenen amtsgericht markiere es - als gastwirtschaft an der wichtigsten straßenkreuzung der damaligen zeit - den neben der kirche zweiten städtischen mittelpunkt, weshalb ihm bedeutung für die geschichte des menschen in q. und zugleich eine zeugniskraft in städtebaulicher hinsicht zukomme. in seiner traditionalistische elemente übernehmenden architektur sei das gebäude ein charakteristisches beispiel für eine der wichtigen strömungen der zeit, so dass für eine erhaltung und nutzung auch wissenschaftlich-architekturgeschichtliche gründe vorlägen. dazu gesellten sich volkskundliche gründe, da aufgrund des hervorragend erhaltenen zustands von ober- und dachgeschoss die lebensverhältnisse im gebäude klar ablesbar geblieben seien. 8nach anhörung des klägers erteilte die beklagte dem kläger mit datum vom 22.11.2012 einen bescheid über die eintragung des gebäudes in die denkmalliste nach § 3 dschg nrw. zur begründung stützte sie sich im wesentlichen auf die denkmalwertbegründung der beigeladenen vom 31.07.2012. 9am 20.12.2012 hat der kläger klage gegen die endgültige eintragung des gebäudes in die denkmalliste erhoben. zur begründung trägt er vor, dass die behaupteten städtebaulichen, wissenschaftlichen und volkskundlichen gründe nicht vorlägen. das gebäude habe keinerlei dokumentarische aussagekraft hinsichtlich der entwicklung der wissenschaft. es besitze auch keinerlei potential, um als gegenstand wissenschaftlicher forschung dienen zu können. die bauweise sei nicht außergewöhnlich. außerdem seien zahlreiche änderungen, insbesondere an der fassade im bereich des erdgeschosses sowie bei der raumaufteilung in den geschossen vorgenommen worden. weder (heimat-)geschichtliche noch städtebauliche entwicklungen seien ablesbar. es sei nicht nachvollziehbar, dass der beigeladene seine noch im jahr 1994 getroffene einschätzung zum denkmalwert geändert habe. völlig unverständlich sei angesichts des extrem schlechten erhaltungszustands des gebäudes der umfang des von der beklagten benannten denkmalschutzes. allenfalls die fassade könne ein öffentliches erhaltungsinteresse begründen. die beklagte verkenne weiterhin, dass die denkmalschutzrechtlichen regelungen zu einer wesentlichen einschränkung der eigentumsfreiheit führten. schließlich beruft sich der kläger auf den gleichbehandlungsgrundsatz. im jahr 2009 sei es einem großkaufmann gestattet worden, in q1. mehrere häuser abzureißen, die deutlich eher als denkmal einzustufen seien. 10der kläger beantragt, 11den bescheid der beklagten vom 22.11.2012 aufzuheben. 12die beklagte beantragt, 13die klage abzuweisen. 14zur begründung verweist sie auf ihre ausführungen im angefochtenen bescheid. 15der beigeladene stellt keinen eigenen antrag. 16zur sache führt er folgendes aus: der kläger verneine die ausführungen der beigeladenen zum denkmalwert pauschal und ohne den ansatz einer gegenargumentation. neue, den denkmalwert tangierende sachverhalte trage er nicht vor. städtebauliche gründe für erhalt und nutzung des gebäudes lägen vor. gemeinsam mit dem wenig älteren amtsgericht und wenigen nachbarhäusern bezeuge die ehemalige gastwirtschaft den umbau der zentralen kreuzung der hauptdurchgangsstraße mit der straße g1. zu einem städtischen mittelpunkt, der - typisch für diese zeit - an den großstädten der wilhelminischen epoche orientiert sei. wissenschaftlich-architekturgeschichtliche und volkskundliche gründe lägen ebenfalls vor, da sich das gebäude zur erforschung des bauens und wohnens in einer kleinen landstadt eigne, das sich im frühen 20. jahrhundert deutlich von den verhältnissen früherer zeit unterscheide. die fraglos vorgenommenen baulichen veränderungen sprengten nicht das bei historischen gebäuden dieses alters übliche maß und hätten dessen zeugniskraft keineswegs beseitigt. diesen veränderungen sei durch benennung im eintragungsbescheid sowie in der teilweisen reduktion des denkmalumfangs rechnung getragen worden. eine abgängigkeit des gebäudes oder einzelner seiner teile, z.b. der treppe, sei nicht zu konstatieren. die abweichende beurteilung des denkmalwerts im jahre 1994 habe auf einer besichtigung nur des im erdgeschoss betriebenen speiselokals beruht. erst die nunmehr erfolgte begehung auch des ober- und des dachgeschosses habe gezeigt, dass weit größere teile des gebäudeinneren einen bauhistorisch guten erhaltungszustand aufwiesen. 17der berichterstatter hat die örtlichkeit anlässlich eines erörterungstermins in augenschein genommen. auf das protokoll vom 29.05.2013 wird bezug genommen. 18die kammer hat den rechtsstreit durch beschluss vom 01.07.2013 gemäß § 6 vwgo dem berichterstatter als einzelrichter zur entscheidung übertragen. 19wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird bezug genommen auf den inhalt der gerichtsakte sowie des beigezogenen verwaltungsvorgangs der beklagten. 20
21die zulässige anfechtungsklage ist unbegründet. 22der bescheid der beklagten vom 22.11.2012 ist rechtmäßig und verletzt den kläger nicht in seinen rechten, § 113 abs. 1 satz 1 vwgo. 23die eintragung des wohn- und geschäftshauses in die denkmalliste der stadt q1. hat ihre rechtsgrundlage in § 3 abs. 1 satz 1, abs. 3 und § 2 abs. 1 sätze 1 und 2 des gesetzes zum schutz und zur pflege der denkmäler im lande nordrhein-westfalen (denkmalschutzgesetz – dschg nrw). 24die voraussetzungen für die unterschutzstellung liegen vor. gem. § 3 abs. 1 satz 1 dschg nrw sind denkmäler in die denkmalliste einzutragen. denkmäler sind sachen, an deren erhaltung und nutzung ein öffentliches interesse besteht (§ 2 abs. 1 satz 1 dschg nrw). ein öffentliches interesse besteht, wenn die sachen bedeutend für die geschichte des menschen, für städte und siedlungen oder für die entwicklung der arbeits- und produktionsverhältnisse sind und für die erhaltung und nutzung künstlerische, wissenschaftliche, volkskundliche oder städtebauliche gründe vorliegen (§ 2 abs. 1 satz 2 dschg nrw). 25den einzelnen merkmalen, aus denen sich die bedeutung des objekts ergeben soll, ist die kategorie des geschichtlichen gemeinsam. die bedeutung des objekts folgt aus seinem wert für die dokumentation früherer bauweisen und der gesellschaftlichen und wirtschaftlichen verhältnisse, die in der baulichen anlage und ihrer bauweise zum ausdruck kommen. das objekt muss in besonderem maße geeignet sein, geschichtliche entwicklungen aufzuzeigen und zu erforschen. 26vgl. ovg nrw, urteil vom 12.09.2006 - 10 a 1541/05 ‑, baur 2007, 363. 27dabei sollen nicht nur museumswürdige objekte oder klassische denkmäler schutz genießen, sondern auch solche objekte, die unterhalb dieser schwelle in besonderer weise einen geschichtlichen bezug aufweisen. nicht zu verlangen ist, dass sich die sache in bezug auf die für eine denkmaleigenschaft maßgebenden kriterien als einzigartig oder hervorragend erweist und sich daher die bedeutung auch jedem durchschnittlichen betrachter unmittelbar aufdrängt. das tatbestandsmerkmal „bedeutend“ hat in diesem sinne vor allem die funktion, aus dem bereich des denkmalschutzes solche gegenstände auszuschließen, die zwar einen historischen oder städtebaulichen bezug haben, jedoch deshalb nicht von bedeutung sind, weil es sich um massenprodukte handelt oder weil die sache wegen zu weitgreifender veränderungen keinen geschichtlichen aussagewert mehr hat. 28vgl. ovg nrw, urteil vom 12.09.2006, a. a. o. 29hieran gemessen sind die eintragungsvoraussetzungen im vorliegenden fall erfüllt. das gericht kann die denkmaleigenschaft aufgrund der ausführungen der beigeladenen in der denkmalwertbegründung vom 31.07.2012 sowie den ergänzenden schriftlichen erläuterungen im verlauf des klageverfahrens einschätzen. danach liegen sowohl städtebauliche als auch wissenschaftlich-architekturgeschichtliche sowie volkskundliche gründe für den erhalt des wohn- und geschäftshauses vor. 30konkrete bedenken gegen die verwertung dieser gutachterlichen stellungnahmen bestehen nicht. die fachliche sachkunde der denkmalpflegeämter der landschaftsverbände ergibt sich generell aus der gesetzlichen zuweisung der von ihnen wahrzunehmenden aufgaben, zu denen unter anderem die erstattung von gutachten in allen angelegenheiten des denkmalschutzes und der denkmalpflege gehört. der einschätzung der denkmalpflegeämter kommt nicht zuletzt wegen der in § 22 abs. 4 dschg nrw statuierten weisungsunabhängigkeit eine wesentliche bedeutung zu. die fachliche sachkunde wird durch die allenfalls fakultative beiladung im denkmalschutzrechtlichen klageverfahren nicht berührt. 31vgl. ovg nrw, urteil vom 05.03.1992 - 10 a 1748/86 -, bei juris (rn. 79 ff.). 32die einwände des klägers gegen die vom beigeladenen gegebene begründung des denkmalwertes greifen nicht durch. 33zwar weist er zu recht darauf hin, dass an dem gebäude im laufe der jahrzehnte bauliche änderungen vorgenommen wurden. so wurde beispielsweise im bereich des erdgeschosses ein vormaliges fenster zur tür und eine vormalige tür zu einem fenster umgewandelt. auch zeigen die vom kläger vorgelegten fotografien, dass die fenster im erdgeschoss verändert wurden. die beigeladene hat jedoch plausibel und nachvollziehbar dargelegt, dass die erkennbaren baulichen änderungen, die so oder ähnlich bei jedem gebäude dieses alters zu erwarten sind, nicht geeignet sind, den denkmalwert insgesamt in frage zu stellen. wesentliche veränderungen der bausubstanz hat der kläger nicht nachvollziehbar dargelegt und sind auch sonst nicht erkennbar. 34der denkmalwert beschränkt sich auch nicht auf die fassade des wohn- und geschäftshauses. zwar können nach § 2 abs. 2 satz 1 dschg nrw baudenkmäler auch teile von baulichen anlagen sein, an deren erhaltung und nutzung ein öffentliches interesse besteht. das bedeutet, dass sich der denkmalschutz auf teile dieser baulichen anlagen beschränken kann und muss, falls nur insoweit die voraussetzungen für eine unterschutzstellung vorliegen. zu berücksichtigen ist insoweit allerdings, dass die beschränkung der unterschutzstellung auf einen teil der anlage voraussetzt, dass dieser gegenüber dem nicht schutzwürdigen teil der anlage überhaupt einer eigenständigen bewertung unter gesichtspunkten des denkmalschutzes zugänglich ist und in diesem sinn als abtrennbarer teil der anlage erscheint. hiernach ist eine beschränkung des denkmalschutzes auf das äußere eines hauses zwar nicht vorneherein ausgeschlossen. im vorliegenden fall ist wegen des zusammenhangs der fassade mit den übrigen teilen des hauses eine selbständige denkmalschutzrechtliche bewertung der fassade als abtrennbarer teil einer baulichen anlage aber nicht möglich, so dass der gesamte baukörper entlang der n. straße unter schutz zu stellen ist. da insoweit allein die denkmalschutzrechtliche abgrenzbarkeit maßgeblich ist, kommt bei gebäuden, deren fassade - wie hier - denkmalcharakter hat, selbst dann, wenn deren sonstige teile für sich gesehen keinen denkmalwert haben, regelmäßig nur die unterschutzstellung des gesamten gebäudes in betracht, wenn die aus der zeit der errichtung des hauses bzw. der fassade stammende bausubstanz der übrigen teile im wesentlichen noch erhalten und der typische zwischen der fassade und den ursprünglichen übrigen teilen des gebäudes bestehende funktionszusammenhang noch gegeben ist. dies ergibt sich daraus, dass bauwerke als zeugnisse ihrer zeit in aller regel nur aus ihrem gesamten gefüge und nicht nur aus einzelaspekten, wie z.b. einer fassade wirken. die fassade gewinnt ihren auch unter denkmalschutzaspekten typischen charakter nicht nur aus sich selbst heraus, sondern ganz wesentlich auch in verbindung mit den dahinter befindlichen räumen und den funktionen des hauses insgesamt, die durch sie auch nach außen hin offenbar werden. sie ist daher regelmäßig nicht von den übrigen teilen zu trennen. 35vgl. ovg nrw, urteil vom 02.11.1988 - 7 a 2826/86 -, brs 48 nr. 117 und bei juris. 36der vorliegende fall bietet keinen anlass dafür, den denkmalwert ausnahmsweise auf die fassade zu beschränken. für einen austausch wesentlicher teile der übrigen bausubstanz nach errichtung des gebäudes anfang des 20.jahrhunderts gibt es keine stichhaltigen anhaltspunkte. die bauliche zuordnung eines vormals zur obergeschosswohnung des hauptgebäudes gehörenden raumes zu der wohnung des unmittelbar angrenzenden nicht denkmalwerten anbaus entlang der g.---straße reicht jedenfalls bei weitem nicht aus, um den funktionszusammenhang zwischen der fassade und den dahinterliegenden gebäudeteilen insgesamt aufzuheben. 37der unterschutzstellung steht ferner der aktuelle erhaltungszustand des gebäudes nicht entgegen. zwar besteht derzeit im gebäudeinneren unverkennbar ein erheblicher instandsetzungsbedarf. ein schlechter bauzustand ist im denkmalrechtlichen eintragungsverfahren allerdings nur dann zu berücksichtigen, wenn schon zu diesem zeitpunkt vorhersehbar ist, dass eine sofortige oder alsbald für die erhaltung eines denkmalwerten zustands notwendige erneuerung im wesentlichen zum verlust der historischen substanz und damit zum identitätsverlust des gebäudes führen wird. ein auswechseln oder ergänzen von einzelnen materialteilen, das den gesamteindruck der sache und deren identität im wesentlichen unberührt lässt, ist hingegen für die bewertung der denkmaleigenschaft unerheblich. 38vgl. ovg nrw, urteil vom 06.02.1996 - 11 a 840/94 -, brs 58 nr. 228 und bei juris. 39dass die notwendige instandsetzung insbesondere des gebäudeinneren zwangsläufig zu einem verlust der historischen substanz führen muss, hat der kläger nicht substantiiert dargelegt und ist auch sonst nicht erkennbar. 40das weitere vorbringen des klägers, bei errichtung des wohn- und geschäftshauses seien reste der bausubstanz der vorgängergebäude verwendet worden, ist - ungeachtet der fehlenden substantiierung dieser behauptung - für die beurteilung des denkmalwertes unerheblich, weil auch in diesem fall anfang des 20. jahrhunderts ein neues gebäude geschaffen wurde, dem nach den überzeugenden ausführungen des beigeladenen zeugniswert zukommt. vielmehr würde - worauf der beigeladene zu recht hinweist - eine verwendung älterer bausubstanz diesen zeugniswert eher erhöhen, keinesfalls jedoch einschränken. 41die unterschutzstellung des wohn- und geschäftshauses ist weiterhin auch nicht deshalb rechtswidrig, weil die hieran anknüpfenden erhaltungspflichten für den kläger, wie von ihm behauptet, eine unzumutbare wirtschaftliche härte bedeuteten. das denkmalschutzsystem des dschg nrw ist zweistufig angelegt. die erste stufe betrifft die hier im streit stehende konstitutive begründung des denkmalschutzes durch eintragung des objekts in die denkmalliste. nach § 3 abs. 1 satz 1 dschg nrw sind denkmäler in die denkmalliste einzutragen, ohne dass der behörde diesbezüglich ein ermessen und damit raum für die berücksichtigung entgegen stehender privater oder öffentlicher belange zusteht. erst auf der die wirkungen und folgemaßnahmen der unterschutzstellung betreffenden zweiten stufe findet der aspekt der verhältnismäßigkeit für den betroffenen eigentümer berücksichtigung. stellen sich die dem eigentümer auferlegten denkmalrechtlichen restriktionen als unverhältnismäßige einschränkung seiner eigentümerbefugnisse dar, können hieraus ansprüche auf erteilung denkmalrechtlicher erlaubnisse nach § 9 dschg nrw - z.b. zur änderung oder gar zum abriss des denkmals - bzw. übernahme- oder entschädigungsansprüche nach §§ 31, 33 dschg nrw erwachsen. 42vgl. ovg nrw, urteil vom 20.04.1998 - 7 a 6059/96 -, brs 77 nr. 56 und bei juris. 43schließlich verletzt die unterschutzstellung den kläger auch nicht in seinem in art. 3 abs. 1 gg verbürgten anspruch auf gleichbehandlung. soweit er auf andere gebäude im bereich der altstadt von q1. verweist, die nicht unter denkmalschutz gestellt worden seien, ist bereits eine vergleichbarkeit mit dem hier streitbefangenen gebäude nicht im ansatz dargelegt. aber selbst wenn in diesen fällen der denkmalbegriff des § 2 dschg nrw erfüllt gewesen und mithin die eintragung in die denkmalliste rechtswidrig unterlassen worden sein sollte - wofür die kammer allerdings keinerlei anhaltspunkte hat - könnte der kläger daraus keinen anspruch darauf herleiten, sein wohn- und geschäftshaus trotz vorliegens der rechtlichen voraussetzungen ebenfalls nicht in die denkmalliste einzutragen. denn art. 3 abs. 1 gg gewährt keinen anspruch auf eine gleichbehandlung im unrecht. 44vgl. z.b. ovg nrw, urteil vom 28.05.2013 - 12 a 1277/12 -, bei juris. 45die kostenentscheidung folgt aus §§ 154 abs. 1, 162 abs. 3 vwgo. die kammer hält es für billig, dem kläger nicht auch die tragung außergerichtlicher kosten des beigeladenen aufzuerlegen, weil letzterer keinen sachantrag gestellt und sich damit nicht am kostenrisiko des verfahrens beteiligt hat, vgl. § 154 abs. 3 vwgo. 46der ausspruch zur vorläufigen vollstreckbarkeit des urteils beruht auf § 167 abs. 1 satz 1 vwgo i.v.m. §§ 708 nr. 11, 711 satz 1 zpo.
Verklagte*r
0
167,295
L 8 R 470/11
2015-03-04T00:00:00
Urteil
Tenor Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 5.5.2009 wird zurückgewiesen. Die Beklagte hat dem Kläger dessen notwendige außergerichtliche Kosten in beiden Rechtszügen zu erstatten. Im Übrigen sind Kosten nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen. Die Festsetzung des Streitwertes für das erstinstanzliche Verfahren wird aufgehoben. 1Tatbestand: 2Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit eines Betriebsprüfungsbescheides der Beklagten, mit dem diese den Kläger auf Nachentrichtung von Pflichtbeiträgen zur gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, zur sozialen Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung für den Zeitraum vom 1.1.1996 bis zum 30.9.1998 in Anspruch nimmt. 3Die am 00.00.1974 geborene Beigeladene zu 1) absolvierte nach Beendigung ihrer Schulausbildung ab dem 1.8.1993 eine ursprünglich auf eine Regelausbildungsdauer von drei Jahren angelegte Ausbildung zur "Fachgehilfin in steuer- und wirtschaftsberatenden Berufen" in dem Ausbildungsbetrieb ihres Vaters, des Rechtsvorgängers des nunmehrigen Klägers, Herrn I X, M. Die Dauer der Ausbildung wurde aufgrund einer schulischen Vorbildung der Beigeladenen zu 1) an der Höheren Handelsschule um zwölf Monate verkürzt und endete gemäß Berufsausbildungsvertrag vom 10.5.1993 am 31.7.1995. 4Nach entsprechenden Eignungstests, die die Beigeladene zu 1) nach eigenem Bekunden bereits während ihrer Berufsausbildung im Februar 1995 erfolgreich absolviert hatte, nahm sie am 1.10.1995 ein dual organisiertes Studium an der privaten, staatlich anerkannten Fachhochschule der Wirtschaft (FHDW) Q in der Fachrichtung Wirtschaft (Schwerpunkt Steuer- und Revisionswesen) auf. 5Nach § 1 Abs. 1 der dem Bildungsgang zugrunde liegenden Studienordnung der FHDW für den Studiengang Wirtschaft - Schwerpunkt Europäische Unternehmensführung, Informationsmanagement, Steuer- und Revisionswesen, Finanzdienstleistungen, Touristik -vom 18.2.1994 bereitete die FHDW durch anwendungsbezogene Lehre und ein dual organisiertes Studium auf berufliche Tätigkeiten vor, die die Anwendung wissenschaftlicher Erkenntnisse erfordern. Nach § 1 Abs. 2 der Studienordnung dient die FHDW darüber hinaus Aufgaben der Weiterbildung. 6Nach § 5 Abs. 1 der Studienordnung betrug die Regelstudienzeit drei Studienjahre, gegliedert im ersten Studienjahr in Semester und im zweiten und dritten Studienjahr in Trimester, die einheitlich als Semester bezeichnet wurden. Nach § 5 Abs. 3 der Studienordnung unterteilte sich das Studium in ein Grundstudium (1. bis 4. Semester) und ein Hauptstudium (5. bis 8. Semester). 7Das Grundstudium gliederte sich nach den seinerzeit geltenden Regelungen der Studienordnung wie folgt: 81. Semester Vorlesungsblock = 12 Wochen Praxisblock = 12 Wochen 2. Semester Vorlesungsblock = 12 Wochen Praxisblock = 8 Wochen 3. Semester Vorlesungsblock mit Fachprüfungen zur Vordiplom-Prüfung = 12 Wochen 4. Semester Durchführung des Projektes und Anfertigung der Projektarbeit = 12 Wochen 9Das Hauptstudium wies folgende Struktur auf: 105. Semester Vorlesungsblock = 12 Wochen Auslandspraktikum = 8 Wochen 6. Semester Vorlesungsblock = 12 Wochen = Praxisblock 8 Wochen 7. Semester Vorlesungsblock mit Fachprüfungen zur Diplom-Prüfung = 12 Wochen 8. Semester Diplomanden-Seminar und Anfertigung der Diplomarbeit mit anschließenden Kolloquium = 12 Wochen 11Nach § 5 Abs. 4 der Studienordnung fand in den Praxisphasen des ersten, zweiten und sechsten Semesters eine Betreuung durch das Lehrpersonal der FHDW und durch das Unternehmen, in denen die Praxisblöcke durchgeführt werden, statt. 12§ 7 der Studienordnung der FHDW bestimmte zur näheren Ausgestaltung der Praxisblöcke und deren Begleitung durch die FHDW: 13(1) Von der Fachhochschule wird für den Studiengang ein Praktikumsausschuss einberufen. Dem Praktikumsausschuss gehört mindestens ein gemäß § 5 der Prüfungsordnung prüfungsberechtigter Prüfer an. 14Der Praktikumsausschuss regelt insbesondere die Praktikumsvergabe und die Praktikumsbetreuung. Im Übrigen ist er für die ordnungsgemäße Durchführung der Praxisblöcke zuständig. 15(2) Während der Praxisblöcke werden dem Studenten in geeigneten Betrieben praktische Erfahrungen und Kenntnisse im Anschluss an die Lehrinhalte des Studiensemesters vermittelt. 16Die Ausbildungsinhalte der Praxisblöcke werden im Einzelfall und unter Berücksichtigung der angestrebten Schwerpunkte des Studenten vom Praktikumsausschuss und der Praxisstelle gemeinsam festgelegt. 17Der Student wird während des Praxisblocks von der Fachhochschule betreut. Die Fachhochschule arbeitet in allen die berufspraktische Ausbildung des Studenten betreffenden Fragen mit der Praxisstelle zusammen. 18(3) Der Student hat über die Ausbildung jedes Praxisblockes einen schriftlichen Bericht zu erstellen und diesen von der Praxisstelle bestätigen zu lassen. Am Ende jedes Praxisblockes stellt die Praxisstelle einen Tätigkeitsnachweis aus, der Art und Inhalt der Tätigkeit, Beginn und Ende der Ausbildungszeit sowie Fehlzeiten ausweist. Auf der Grundlage des Praxisberichtes und des Tätigkeitsnachweises entscheidet der Prüfungsausschuss, ob der Student den Praxisblock erfolgreich abgeleistet hat. 19(4) Konnte ein Praxisblock nicht erfolgreich abgeleistet werden, entscheidet der Prüfungsausschuss, ob eine Klausur oder eine mündliche Ergänzungsprüfung zu den Inhalten des Praxisblockes durchgeführt werden. Werden die Klausur oder die mündliche Ergänzungsprüfung mit "nicht ausreichend" bewertet, muss der Praxisblock wiederholt werden. Jeder Praxisblock kann einmal wiederholt werden. 20Wegen der weiteren Regelungen wird auf den Inhalt der Studienordnung der FHDW Q vom 18.2.1994 Bezug genommen. 21Zur Ausgestaltung des Studiums wurden zwischen den an dem Bildungsgang beteiligten Personen folgende Vereinbarungen geschlossen: 22Ein zwischen dem Träger der FHDW und der Beigeladenen zu 1) geschlossener Studienvertrag vom 10./12.9.1995 enthielt folgende Regelungen: 23§ 1 Studienzeit 24Die Regelstudienzeit beträgt 8 Semester innerhalb von drei Zeitjahren. 25§ 2 Gebühren 26Die Kosten für den Studienplatz belaufen sich inklusive der Bereitstellung und Nutzung der Einrichtungen auf DM 1.000,- pro Monat. Die Studiengebühren sind vom Studenten im Voraus zu entrichten. 27§ 3 Pflichten der FHDW 28Die Bildungsaktivitäten der Fachhochschule der Wirtschaft dienen der Vorbereitung des Studenten auf einen erfolgreichen beruflichen Einsatz. Durch ein diesem Ziel entsprechendes systematisch gegliedertes Angebot von Vorlesungen und anderen Lehrveranstaltungen (wie z.B. Übungen in Labors und dem Rechenzentrum) sowie der entsprechenden betriebspraktischen Phasen wird die Voraussetzung für das Erreichen des Studienziels in dem vorgesehenen Zeitraum geschaffen. Dabei verpflichtet sich die FHDW, alle Bestimmungen gemäß Studien- und Prüfungsordnung einzuhalten, die zum Erlangen des Abschlusses erforderlich sind. 29Die FHDW verpflichtet sich insbesondere: 30a) dem Studenten das Erwerben der Fähigkeiten, Kenntnisse und Fertigkeiten zu ermöglichen, die zum Erreichen des Studienziels erforderlich sind und das Studium nach dem gültigen Studienplänen durchzuführen, so dass das Studienziel in der vorgegebenen Zeit erreicht werden kann; 31b) die durch Krankheit der Dozenten oder höhere Gewalt ausfallenden Semesterstunden so weit wie möglich nachzuholen, ohne dass ein Anrecht darauf besteht; 32c) für die Studenten Lern- und Arbeitsmittel zur Verfügung zu stellen, soweit diese zur Erreichung des Studienziels notwendig oder an der FHDW eingeführt sind; 33d) die Leistungen des Studenten regelmäßig nachzuweisen. 34§ 4 Pflichten des Studenten 35Der Student erklärt eine Bereitschaft, auf der Grundlage dieses Vertrages an der Erfüllung der Aufgaben der FHDW entsprechend seinen Fähigkeiten kooperativ und verantwortlich mitzuwirken. 36Er verpflichtet sich insbesondere: 37a) regelmäßig an den für verbindlich erklärten Lehrgangsveranstaltungen teilzunehmen; 38b) die von der FHDW ausgestellten Semesterbeurteilungen und Zeugnisse der Praktikantenfirma in Kopie vorzulegen; 39c) die im Rahmen der Ausbildung oder im Interesse eines geordneten Unterrichts in der FHDW notwendigen Regelungen und Anordnungen der Leitung, der Dozenten oder anderer von der FHDW beauftragten Personen zu befolgen und die Ordnung in der FHDW einzuhalten, 40d) die Einrichtungen der FHDW pfleglich zu behandeln und sie nur zu den ihm von der FHDW übertragenen Arbeiten zu verwenden. 41Wegen der weiteren Regelungen wird auf den Inhalt des Studienvertrages vom 10.9./12.9.1995 Bezug genommen. 42Zusätzlich unterzeichneten der Rechtsvorgänger des Klägers als Inhaber des Praktikumsbetriebs und die Beigeladene zu 1) "zur Durchführung der betrieblichen Praktikantenphasen des Dualen Studiums" am 27.9.1995 einen Praktikantenvertrag, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird. Auszugsweise enthielt dieser folgende Regelungen: 43§ 1 Allgemeines 44Die Gültigkeit dieses Praktikantenvertrages ist an die Gültigkeit des zwischen Student/in und FHDW abgeschlossenen Studienvertrages gebunden. Mit der Beendigung dieses Studienvertrages endet auch dieser Praktikantenvertrag. 45§ 2 Zeit 46(1) In der Zeit vom 01.10.1995 bis zum 30.09.1998 absolviert die Praktikantin in dem Unternehmen ein aus 6 bzw. 5 Abschnitten (bei Auslandspraktikum) bestehendes Praktikum. 47(2) Die Probezeit beträgt 6 Monate. 48(3) Besteht der/die Praktikant/in die Prüfung nicht, so verlängert sich das Vertragsverhältnis auf sein/ihr Verlangen bis zur nächsten Wiederholungsprüfung. 49(4) Besteht der/die Praktikantin die letzte zulässige(n) Wiederholungsprüfung(en) nicht, so endet das Vertragsverhältnis mit dem Nichtbestehen der Wiederholungsprüfung. 50§ 3 Pflichten des/der Praktikant/in 51(1) Der/die Praktikantin verpflichtet sich, sich dem Zweck des Studiums entsprechend zu verhalten, vor allem 521. die gebotenen Möglichkeiten des Praktikums wahrzunehmen, 532. die im Rahmen des Praktikums übertragenen Aufgaben sorgfältig auszuführen und sich den geforderten Leistungsnachweisen zu stellen, 543. die von der FHDW ausgestellten Semesterbeurteilungen und Zeugnisse dem Unternehmen (in beglaubigter Kopie) vorzulegen, 554. den im Rahmen des Praktikums erteilten Anordnungen des Unternehmens und der von ihm beauftragten Personen nachzukommen, 565. die für das Unternehmen geltenden Ordnungen, insbesondere Arbeitsordnungen und Unfallverhütungsvorschriften zu beachten, 576. ein Fernbleiben dem Unternehmen unverzüglich anzuzeigen. 58(2) Die im Zusammenhang mit der Praktikantentätigkeit erworbenen betriebsbezogenen Kenntnisse und Erfahrungen sowie alle sonstigen ihrer Natur nach vertraulichen Betriebs- und Geschäftsvorgänge sind ihrem Charakter entsprechend zu behandeln, nur im Sinne des Unternehmens zu verwerten und nicht unbefugt Anderen mitzuteilen. Dies gilt auch gegenüber Mitarbeitern, die für ihre dienstliche Tätigkeit derartige Mitteilungen nicht benötigen. Die Verpflichtung zur Geheimhaltung besteht auch nach Beendigung des Studiums fort. 59(3) Alle die betrieblichen Tätigkeiten betreffenden Aufzeichnungen, Abschriften, Geschäftsunterlagen, Ablichtungen geschäftlicher Vorgänge, die dem/der Praktikant/in überlassen und von dem/der Praktikant/in angefertigt werden, bleiben Eigentum des Unternehmens und sind spätestens am Ende des Praktikums - auf Verlangen auch vorher - zurückzugeben. Diese Unterlagen müssen getrennt von privaten Dingen aufbewahrt und vor Einsichtnahme Unbefugter geschützt werden. 60(4) Im Krankheitsfalle ist vor Ablauf des dritten Kalendertages nach Beginn der Krankheit eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung des behandelnden Arztes nachzureichen. 61§ 4 Kostenerstattungsansprüche 62Dieser Vertrag begründet für das Unternehmen keinen Anspruch auf Erstattung von Kosten, die bei der Erfüllung dieses Vertrages entstehen. Dies gilt nicht, soweit es sich um Schadensfälle handelt, die in die Haftpflicht des/der Praktikant/in fallen. 63§ 5 Freistellung 64Während der Vertragsdauer steht dem/der Praktikant/in eine vorlesungs- und praktikumsfreie Zeit von 28 Tagen pro Jahr zu. Dabei sind die praktikumsfreien Tage so zu gewähren, dass unter Hinzunahme der vorlesungsfreien Zeit wenigstens einmal im Jahr eine zusammenhängende Freiphase von drei Wochen entsteht. 65§ 8 Vergütung 66Bis zum erfolgreichen Abschluss des Vordiploms wird vom Unternehmen eine Vergütung in Höhe von monatlich brutto 1.700,00 DM gezahlt. Nach Abschluss des Vordiploms erhöht sich dieser Betrag auf monatlich 2000,00 DM. Gesetzliche Steuern gehen zu Lasten des/der Praktikantin. 67( ...). 68Ein daneben zwischen dem Rechtsvorgänger des Klägers und der Beigeladenen zu 1) geschlossener Stipendienvertrag vom 27.9.1995 enthielt auszugsweise folgende Bestimmungen: 69§ 1 Allgemeines 70Dieser Vertrag wird auf Grundlage des zwischen den Parteien am 27.9.1995 unterzeichneten Praktikantenvertrages geschlossen. 71Die Wirkung dieses Stipendienvertrages ist in allen Punkten an die Gültigkeit des Praktikantenvertrages vom 27.9.2005 gebunden. 72§ 2 Studiengebühren 73(1) Das Unternehmen gewährt ein Stipendium in Höhe von z.Z. 1.000,00 DM, grundsätzlich in Höhe der Studiengebühren. 74(2) Wird der o.g. Praktikantenvertrag während der Probezeit vom Unternehmen gekündigt, besteht für das bis zur Beendigung der Probezeit gewährte Stipendium keine Rückzahlungsverpflichtung. 75(3) Wird nach erfolgreichem Studium ein Arbeitsverhältnis zwischen den Vertragsparteien geschlossen, ermäßigt sich die Rückzahlungsverpflichtung für jeden abgelaufenen Monat um 1/36, so dass 3 Jahre nach Ablauf des Studiums das vom Unternehmen gewährte Stipendium abgegolten ist. Endet das Arbeitsverhältnis vor dem Ende des Abgeltungszeitraums, bleibt die Rückzahlungsverpflichtung für den noch nicht abgegoltenen Teil des Stipendiums erhalten. 76(4) Kommt es nach Ablauf des Studiums auf Wunsch einer der beiden Vertragsparteien nicht zum Abschluss eines Arbeitsverhältnisses oder endet der o.g. Praktikantenvertrag nach der Probezeit und vor Ende des Studiums durch Kündigung des Studenten oder des Unternehmens, besteht Rückzahlungsverpflichtung für das gewährte Stipendium. 77Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt des Stipendienvertrages vom 27.9.1995 Bezug genommen. 78Nach einem zwischen dem Rechtsvorgänger des Klägers ("Unternehmen") und der FHDW geschlossenen Kooperationsvertrag arbeiteten die Vertragspartner bei der Durchführung der Studiengänge an der FHDW auf Grundlage der für den Studiengang erlassenen Rechtsvorschriften zusammen (§ 1 des Kooperationsvertrages). Nach § 2 Abs. 1 des Kooperationsvertrages verpflichtete sich die FHDW, den Hochschulanteil der Studiengänge in Abstimmung mit dem Unternehmen durchzuführen, insbesondere das nach dem Studienplan erforderliche Lehrangebot sicherzustellen und die gemäß der Prüfungsordnung vorgesehenen Prüfungen termingerecht und ordnungsgemäß abzuhalten. Das Unternehmen verpflichtete sich, die betrieblichen Praktikumsphasen in Abstimmung mit der FHDW durchzuführen, insbesondere die betrieblichen Praktikumsphasen gemäß der Studienordnung zu betreiben, die Voraussetzungen für eine ordnungsgemäße Anfertigung und Betreuung der Projektarbeiten und der Diplomarbeiten sicherzustellen und einen qualifizierten Mitarbeiter pro Praxisphase als verantwortlichen Betreuer einzusetzen (§ 2 Abs. 2 Kooperationsvertrag). Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt des Kooperationsvertrages vom 27.9.1995 Bezug genommen. 79In einem von der FHDW an die an dem Bildungsgang beteiligten Akteure gerichteten "Merkblatt Praktikum" wurde konkretisierend ausgeführt: 801. Einfache Praktika und Prüfungspraktika 81Das erste, das zweite, das vierte und das fünfte Praktikum sind "einfache" Praktika, das dritte und sechste Praktikum sind Prüfungspraktika. In letzteren Praktika sind entweder eine Projektarbeit für das Vordiplom (drittes Praktikum) oder eine Diplomarbeit (sechstes Praktikum) zu erstellen. Beide Prüfungspraktika dauern zwölf Wochen. 82( ...). 832. Tätigkeitsnachweis 84Für jedes Praktikum ist ein separater Tätigkeitsnachweis vorzulegen, in dem das Praktikumsunternehmen Art, Inhalt und Dauer des jeweiligen Praktikums bestätigt und über Fehlzeiten informiert. 853. Praktikumsbetreuung während einfacher Praktika 86Jeder Student erhält einen hauptamtlichen Dozenten als Ansprechpartner für die einfachen Praktika zugeordnet. Diese Zuordnung wird dem Studenten rechtzeitig vor Praktikumsbeginn mitgeteilt. Die Betreuung kann ein oder mehrere Praktika umfassen. Mit diesem Betreuer hat er bei Problemen im Praktikum oder bei Fragen zum Praktikumsbericht Kontakt aufzunehmen, weil der Betreuer auch als Prüfer des Praktikumsberichtes fungiert. In Einzelfällen kann auch ein Besuch des Betreuers im Praktikantenunternehmen erfolgen. 874. Praktikumsinhalte der einfachen Praktika 88Die Praktikumsinhalte der einfachen Praktika sind gemeinsam vom Praktikumsunternehmen und von der FHDW unter Berücksichtigung des studierten Schwerpunktes festzulegen. 89Als Anhaltspunkt für die Inhalte der Praktika kann auf die Vorgabe der Diplomprüfungsordnung der FHDW verwiesen werden, in der "praktische Mitarbeit und konkrete Aufgabenstellungen im Betrieb" genannt werden. Dies eröffnet Freiraum für die inhaltliche Gestaltung der Praktika. 90Die Abstimmung der Inhalte wird praktisch umgesetzt, indem vor Beginn des Praktikums der Student ein Formblatt zu den beabsichtigten Praktikumsinhalten erhält, das er in Abstimmung mit dem Praktikumsunternehmen ausfüllt und innerhalb von 14 Tagen nach Start des Praktikums an die Fachhochschule einreicht. 91Versäumt der Student diese Meldung, wird das Praktikum nicht anerkannt. Dies hat zur Konsequenz, dass sich das Studium wegen des nicht anerkannten Praktikums um drei Monate verlängert. Der Praktikumsausschuss prüft die vorgesehenen Inhalte und interveniert bei problematischen vorgesehenen Praktikumsinhalten. Erfolgt keine Beanstandung, ist das Praktikum in der vorgesehenen Weise durchzuführen. 925. Praktikumsbericht 93Für jedes einfache Praktikum hat der Student einen Praktikumsbericht zu erstellen. Dieser wird regelmäßig spätestens einen Monat nach Beendigung des Praktikums eingefordert, wenn der Student sich wieder in einem Lehrquartal an der FHDW befindet. Die Termine zur Einreichung werden rechtzeitig bekannt gemacht. 94Der Praktikumsbericht muss mit einem Bestätigungsvermerk der Praktikantenunternehmung versehen werden. 95Der Praktikumsbericht hat auf dem Titelblatt die Praktikantenunternehmung und den Praktikanten sowie die laufende Nummer des Praktikums und den Abgabetermin auszuweisen. Der Praktikumsbericht darf 5 DIN A4 Seiten Umfang nicht unterschreiten und sollte nicht über 10 DIN A4 Seiten hinausreichen. Es ist eine Gliederung der Inhalte voranzustellen. 96( ...). 976. Anerkennung eines einfachen Praktikums 98Notwendig für die Anerkennung eines einfachen Praktikums ist neben der rechtzeitigen Einreichung des Praktikumsberichts, dass der Praktikumsbericht den Minimalanforderungen entspricht und die geforderte Praktikumsdauer eingehalten ist. 99Wird aus dem genannten Gründen die Anerkennung vom Prüfungsausschuss der FHDW untersagt, wird entweder ein Kolloquium zum Praktikum oder eine schriftliche Expertise zum Praktikum abgefordert, um die festgestellten Mängel zu heilen. Bei Nichtbestehen dieser Ergänzungsprüfung muss der Praktikumsblock wiederholt werden. 1007. Prüfungspraktika 101Im dritten Praktikum ist eine Projektarbeit zu erstellen als Bestandteil der Diplomvorprüfung. Die Themenfestlegung erfolgt in dem der Projektarbeit vorausgehenden Lehrquartal zwischen Studenten, Praktikumsunternehmen und hauptamtlichen Dozenten der FHDW. Hierzu stimmen Student und Praktikumsunternehmen das Projektthema ab. Der Student meldet nach Rückkopplung mit dem von ihm gewünschten Prüfer das Thema und den gewünschten Prüfer fristgemäß dem Praktikumsausschuss. ( ...). 102Im sechsten Praktikum hat der Student eine Diplomarbeit zu erstellen, die Bestandteil der Diplomprüfung ist. Der Student kann in Abstimmung mit dem Praktikantenunternehmen einen Themenvorschlag machen und einen Prüfer als Betreuer benennen, mit dem er das Thema nochmals koppelt. Ansonsten wird das Thema gestellt. Hierfür werden Fristen rechtzeitig bekannt gegeben. Der Prüfungsausschuss der FHDW gibt dann das endgültige Thema rechtzeitig zum Praktikumsstart aus und benennt neben dem Betreuer der Arbeit einen Zweitprüfer. Während der Dauer der Erstellung der Diplomarbeit ist der Student für die fortgesetzte Abstimmung mit dem Betreuer zuständig. 103Auf dieser vertraglichen Grundlage absolvierte die Beigeladene zu 1) die in dem Bildungsgang vorgesehenen betrieblichen Praxisphasen in dem Betrieb des Rechtsvorgängers des Klägers. In Anwendung der in § 8 des Praktikantenvertrages getroffenen Regelung gewährte der Rechtsvorgänger des Klägers der Beigeladenen zu 1) eine "Vergütung" von monatlich 1.700,00 DM bzw. - nach Ablegung des Vordiploms - von 2.000,00 DM. Zusätzlich zahlte der Rechtsvorgänger des Klägers vermögenswirksame Leistungen. Beiträge zur Sozialversicherung wurden während der Praxisphasen von dem Rechtsvorgänger des Klägers nicht abgeführt. 104In der Zeit vom 18.4.2000 bis zum 9.5.2000 führte die Beklagte bei dem Rechtsvorgänger des Klägers eine Betriebsprüfung gemäß § 28p Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) für den Zeitraum vom 1.1.1996 bis zum 31.12.1999 durch. 105Nach vorheriger Anhörung erhob die Beklagte mit Bescheid vom 6.6.2000 betreffend die Beigeladene zu 1) Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, zur sozialen Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung in Höhe von insgesamt 22.425,58 EUR nach. Eine darüber hinausgehend geregelte, eine andere Beschäftigte des Rechtsvorgängers des Klägers betreffende weitere Beitragsforderung ist nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens. 106Zur Begründung führte die Beklagte aus: Personen, die im Rahmen eines Ausbildungs- bzw. Arbeitsverhältnisses ein Studium absolvierten, seien als zur Berufsausbildung Beschäftigte bzw. als Arbeitnehmer anzusehen. Das Studium sei integrierter Bestandteil des Ausbildungs- bzw. Arbeitsverhältnisses und schließe die Versicherungspflicht in der gesetzlichen Sozialversicherung und die Beitragspflicht zur Bundesanstalt für Arbeit nicht aus. 107Berufsintegrierte Studiengänge, die an zum Teil privaten, aber staatlich anerkannten Fachhochschulen absolviert würden, seien Studiengänge, die im Rahmen einer betrieblichen Berufsausbildung oder eines Arbeitsverhältnisses absolviert würden. Da das Studium integrierter Bestandteil des Ausbildungs- bzw. Arbeitsverhältnisses sei, unterlägen Studierende für die Dauer dieses Arbeitsverhältnisses als Arbeitnehmer kraft Gesetzes der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherungspflicht. Bei dieser Beurteilung orientiere sie sich an einem Besprechungsergebnis der Spitzenverbände der Sozialversicherungsträger vom 18./19.10.1993. 108Zwar bestehe bei berufsintegrierten Studiengängen ein blockartiger Wechsel zwischen praxisbezogener Ausbildung bzw. Beschäftigung und dem Studium, ungeachtet dessen erhalte der Auszubildende bzw. Arbeitnehmer jedoch eine monatliche Vergütung sowie sonstige üblicherweise im Rahmen eines ausbildungsbedingten Arbeitsverhältnisses anfallende Leistungen. 109Dem Fortbestand eines dem Studium vorangegangenen versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses stehe auch nicht entgegen, dass dieses aufgrund einer vertraglichen Vereinbarung formal beendet werde; hierbei handele es sich lediglich um eine Beurlaubung für die Dauer des Studiums. 110Während des von der Beigeladenen zu 1) an der FHDW absolvierten dualen Studiums sei in jedem Monat des Studiums eine Vergütung gezahlt worden. Außerdem habe die Beigeladene zu 1) vermögenswirksame Leistungen des Arbeitgebers sowie Urlaubs- und Weihnachtsgeld erhalten. Überdies seien in dem Praktikantenvertrag Regelungen wie Krankmeldungen bei Arbeitsunfähigkeit, Urlaubs- und Kündigungsvereinbarungen getroffen worden. Kraft dieses Praktikantenvertrages sei die Beigeladene zu 1) in den Praktikumsbetrieb eingegliedert gewesen und habe durch Übernahme von Rechten und Pflichten den Status einer Arbeitnehmerin erlangt. 111Schließlich sei auch eine Rückzahlungsverpflichtung des Stipendiums für den Fall vereinbart worden, dass im Anschluss an ein erfolgreiches Studium ein Arbeitsverhältnis nicht begründet werde. Solche Regelungen seien ausschließlich in Arbeitsverträgen enthalten. 112Da die Beigeladene zu 1) vor Aufnahme des Studiums in der Zeit vom 1.8.1993 bis zum 30.9.1995 in dem späteren Praktikumsbetrieb beschäftigt gewesen sei, sei sie von dem bereits zuvor begründeten Beschäftigungsverhältnis lediglich formell beurlaubt worden. Ein Ausscheiden aus einem versicherungspflichtigen Arbeitsverhältnis habe tatsächlich nicht vorgelegen. 113Gegen den Bescheid erhob der Rechtsvorgänger des Klägers am 5.7.2000 im Wesentlichen mit der Begründung Widerspruch, die Durchführung der betrieblichen Praxisphasen sei nach den Regelungen der Studienordnung der FHDW zwingend vorgeschrieben. Bei der praktischen Ausbildungsphase handele es sich daher um einen integrierten Bestandteil der Fachhochschulausbildung. Hinzu komme, dass die Praktika dem Fortgang bzw. Abschluss des Studiums dienten und erfolgreich absolviert werden müssten, um das Studium überhaupt fortsetzen zu dürfen. Die Annahme, die Beigeladene zu 1) sei für die Dauer des Studiums von dem Beschäftigungsverhältnis beurlaubt worden, entbehre - auch im Hinblick auf die entgegenstehende Studienordnung der FHDW - jeder Grundlage. 114Mit der nach Zurückweisung des Widerspruchs (Widerspruchsbescheid vom 8.1.2001) am 2.2.2001 zum Sozialgericht (SG) Detmold erhobenen Klage hat zunächst der Rechtsvorgänger des Klägers das auf die Aufhebung des Betriebsprüfungsbescheides gerichtete Klagebegehren weiterverfolgt. Zur Begründung hat er das Vorbringen aus dem Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren wiederholt und vertieft. Nachdem der Rechtsvorgänger des Klägers am 20.3.2002 verstarb, hat der nunmehrige Kläger als dessen Erbe (Erbschein vom 23.5.2002) das Klageverfahren fortgeführt. 115Der Kläger hat beantragt, 116den Bescheid vom 6.6.2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8.1.2001 aufzuheben. 117Die Beklagte hat beantragt, 118die Klage abzuweisen. 119Sie hat zur Begründung auf den Inhalt des angefochtenen Bescheides Bezug genommen. 120Die Beigeladenen haben keinen Antrag gestellt. 121Das SG hat - nach zwischenzeitlicher Anordnung des Ruhens des Verfahrens mit Beschluss vom 20.2.2003 im Hinblick auf ein vor dem Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen unter dem Aktenzeichen L 11 (16) KR 96/02 geführten Rechtsstreit - am 25.8.2006 einen Termin zur Erörterung des Sachverhalts durchgeführt und die Beteiligten angehört. Wegen des Ergebnisses wird auf den Inhalt der Sitzungsniederschrift Bezug genommen. 122Mit Urteil vom 5.5.2009 hat das SG den Bescheid der Beklagten vom 6.6.2000 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8.1.2001 aufgehoben. Auf die Entscheidungsgründe wird Bezug genommen. 123Gegen das ihr am 10.6.2009 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 6.7.2009 schriftlich Berufung bei dem LSG Nordrhein-Westfalen eingelegt. Sie hat zunächst gemeint, Praktika seien, auch wenn sie nur Teil der Berufsausbildung seien, als der Berufsausbildung dienende Beschäftigungsverhältnisse im Sinne des § 7 Abs. 2 SGB IV anzusehen. Eine Besonderheit könne sich für Praktikantenverhältnisse insbesondere ergeben, wenn sie im Zusammenhang mit einer Hochschul- oder Fachhochschulausbildung durchgeführt würden, da diese nicht mehr dem betrieblichen Ausbildungsverhältnis (§ 19 Berufsbildungsgesetz [BBiG]) unterfielen, der grundsätzlich auch Praktikantenverhältnisse in den Bereich der betrieblichen Berufsausbildung einbeziehe, sondern ausschließlich dem Unterrichtsbereich zugeordnet seien. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) sei dies jedoch nur der Fall, wenn die in der Studien- und Prüfungsordnung vorgeschriebenen Praktika von Studenten innerhalb ihres Studiums und als dessen Bestandteil abzuleisten, also Teil des Studiums und damit Unterrichtsveranstaltungen seien. 124Ein betriebliches Ausbildungsverhältnis könne folglich nur verneint werden, wenn das maßgebende Hochschul- oder Fachhochschulrecht die Praktika ausdrücklich als Teil des Studiums bezeichne und deren Durchführung in der Hand der Hochschule liege oder wenn die Praktika durch das Hochschulrecht bzw. durch die Hochschule selbst geregelt oder gelenkt, etwa von der Hochschule praxisbegleitende Lehrveranstaltungen angeboten würden. Andererseits fehle es an einer Ausbildung im Rahmen betrieblicher Berufsausbildung im Sinne des § 7 Abs. 2 SGB IV nicht bereits dann, wenn Praktika während und im Zusammenhang mit dem Studium durchgeführt würden. 125Nach dem Inhalt der zwischen dem Rechtsvorgänger des Klägers, der FHDW und der Beigeladenen zu 1) getroffenen Vereinbarungen sei Letztere zur Berufsausbildung beschäftigt worden. Der Praktikanten- sowie der Stipendienvertrag hätten eine kontinuierliche monatliche Entgeltzahlung von 1.700,00 bzw. 2.000 DM brutto aus dem Praktikantenvertrag und 1.000,00 DM brutto monatlich zur Finanzierung der Studiengebühren vorgesehen. Die Verträge enthielten mit der Verpflichtung zur Vorlage einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (§ 3 Abs. 4 Praktikantenvertrag) und der Gewährung bezahlten Urlaubs (§ 5 Praktikantenvertrag) typische Merkmale von Ausbildungs- bzw. Arbeitsverträgen. Schließlich habe der Stipendienvertrag eine Rückzahlungsklausel für den Fall enthalten, dass nach Beendigung des Studiums ein Arbeitsverhältnis nicht zu Stande komme. Auch dieses sei eine typische arbeitsvertragliche Klausel, wenn ein Arbeitgeber die Fortbildung eines Arbeitnehmers unter Freistellung finanziere. Bemerkenswert sei schließlich, dass § 7 des Studienvertrages die Gültigkeit einer Kündigung davon abhängig mache, dass die Praktikumsfirma vorher angehört worden sei. Dies verdeutliche die hervorgehobene Rolle der Praktikumsfirma. 126Die Ausgestaltung der Praxisphasen habe im Wesentlichen dem Praktikumsbetrieb oblegen. Allein aus dem Umstand, dass der Inhalt der Ausbildung in dem Praxisbetrieb vorab mit der FHDW habe abgestimmt werden müssen, zwinge nicht zu der Annahme, dass die Praktikumsphase durch die FHDW inhaltlich festgelegt worden sei. Letztere habe durch ihre Studienordnung gerade nicht die Inhalte der Praktikumsphase ausdrücklich vorgeschrieben. Vielmehr würden diese gemeinsam mit dem Praktikumsbetrieb festgelegt. 127Soweit nach § 7 der Studienordnung die Inhalte des berufspraktischen Praxisblockes vom Praktikumsbetrieb und den Studierenden vorgeschlagen und vom Praktikumsausschuss auf Übereinstimmung mit den Studieninhalten geprüft würden, begründe dies nicht die Annahme, dass die Praxisphase von der FHDW inhaltlich gesteuert wird. Hierbei handele es sich lediglich um ein Abstimmungsverfahren, welches die Inhalte und Lernziele der Praxisphase mit denen der theoretischen Phase in Einklang bringe. In der Gestaltung der Praktikumsinhalte sei der Ausbildungsbetrieb federführend. 128Mit Beschluss vom 2.9.2009 ist das Verfahren bis zu einem rechtskräftigen Abschluss des vor dem BSG unter dem Aktenzeichen B 12 R 4/08 R anhängigen Revisionsverfahren erneut zum Ruhen gebracht worden. Nachdem das BSG mit Urteil vom 1.12.2009 eine Versicherungspflicht von Absolventen praxisintegrierter dualer Studiengänge verneint hatte, hat die Beklagte zunächst mitgeteilt, sie beabsichtige nicht, der Entscheidung des BSG über den Einzelfall hinaus zu folgen, da die Entscheidung eine Differenzierung der unterschiedlichsten Konstellationen zu dieser Problematik nicht ermögliche. 129Anschließend hat sie - nach entsprechenden Abstimmungen mit dem Spitzenorganisationen der Sozialversicherungsträger - ausgeführt, ungeachtet der Entscheidung des BSG könne im Einzelfall eine Versicherungspflicht als Arbeitnehmer für die Dauer des Studiums nicht ausgeschlossen werden, wenn dem Studium ein entgeltliches Beschäftigungsverhältnis im Kooperationsbetrieb vorangegangen sei, das während des beruflich weiterführenden, mit der Beschäftigung in einem prägenden oder engen inneren Zusammenhang stehenden Studium fortbestehe, also insofern kein praxisintegrierter, sondern ein berufsintegrierter bzw. berufsbegleitender dualer Studiengang absolviert werde (BSG, Urteil v. 1.12.2009, a.a.O., Rdnr. 21 i.V.m. BSG, Urteil v. 11.3.2009, B 12 KR 20/07 R; Ziffer 1.3 und 1.4 des "Gemeinsamen Rundschreibens des GKV Spitzenverbandes, der DRV Bund sowie der Bundesagentur für Arbeit zur versicherungsrechtlichen Beurteilung von Teilnehmern an dualen Studiengängen vom 5.7.2010"). Ein prägender oder enger innerer Zusammenhang zwischen der bisherigen Beschäftigung und dem Studium sei nach der Rechtsprechung anzunehmen, wenn das Arbeitsverhältnis vom Umfang her den Erfordernissen des Studiums angepasst werde und der Arbeitnehmer während der Studienzeit vom Arbeitgeber von der Arbeitsleistung freigestellt sei, die Beschäftigung im erlernten Beruf (nicht berufsfremd) während der vorlesungsfreien Zeit grundsätzlich als Vollzeitbeschäftigung ausgeübt werde und während des Studiums weiterhin Arbeitsentgelt, gegebenenfalls gekürzt oder in Form einer Ausbildungs- bzw. Studienförderung, (fort-)gezahlt werde. 130Der in der Freistellung zum Ausdruck kommende Wille, das Arbeitsverhältnis auch während des Studiums fortzusetzen, werde danach als eine für die Annahme einer Beschäftigung ausreichende gemeinsame Bestätigung des vertraglichen Bandes zwischen Arbeitnehmer und Betrieb und als hinreichende Grundlage für die Arbeitspflicht angesehen, die eine fehlende (tatsächliche) Arbeitsleistung ersetze. 131Nach den Bekundungen der Beigeladenen zu 1) im Erörterungstermin vor dem SG sei diese in ihrem vormaligen Ausbildungsbetrieb "normal" eingegliedert gewesen, habe feste Arbeitszeiten einhalten und konkrete Tätigkeiten auszuführen gehabt. Sie habe bestimmte, ihr zugewiesene, teilweise fristgebundene Fälle sowie die Buchführung bearbeitet und andere berufsspezifische Aufgaben ausgeführt. 132Insgesamt handele es sich im vorliegenden Fall zwar im Sinne der Rechtsprechung des BSG um einen "praxisintegrierten dualen Studiengang", der für sich betrachtet kein Beschäftigungsverhältnis darstelle. Im vorliegenden Einzelfall werde dieser Studiengang jedoch berufsintegriert im Sinne der Entscheidung des BSG vom 11.3.2009 realisiert, weshalb das zuvor begründete entgeltliche Beschäftigungsverhältnis für die Dauer des Studiums fortbestanden habe. 133Die Beklagte beantragt, 134das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 5.5.2009 zu ändern und die Klage abzuweisen. 135Der Kläger beantragt, 136die Berufung zurückzuweisen. 137Er verteidigt die angefochtene Entscheidung unter Hinweis auf die Ausführungen des BSG im Urteil vom 1.12.2009. Die Beklagte führe unter Missachtung der nunmehr vorliegenden höchstrichterlichen Klärung einen neuerlichen Typus "praxisintegrierter dualer Studiengänge mit berufsintegrierter Ausübung" ein. Der Verweis der Beklagten auf die Entscheidung des BSG vom 11.3.2009 führe ins Leere. Bei dem dieser Entscheidung zu Grunde liegenden Bildungsgang habe es sich nicht um ein dual organisiertes Studium gehandelt. Auch die von der Beklagten erwähnten Entscheidungen des BSG vom 11.11.2003 (B 12 KR 24/03) und vom 10.12.1998 (B 12 KR 22/97) beträfen andere Erscheinungsformen von Bildungsgängen. In diesen Entscheidungen habe sich das BSG zu klassischen Studiengängen mit Praxisphasen verhalten. 138Dass es sich entgegen der Annahme der Beklagten bei der dem Studium vorangegangenen Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) nicht um ein unbefristetes Beschäftigungsverhältnis gehandelt habe, belege auch der Berufsausbildungsvertrag, der bis zum 31.7.1995 befristet gewesen sei und die Beigeladene zu 1) anschließend lediglich für zwei Monate bis zur Aufnahme des Studiums in dem früheren Ausbildungsbetrieb beschäftigt worden sei. 139Der Senat hat am 31.10.2014 einen Termin zur Erörterung des Sachverhalts durchgeführt und die Beigeladene zu 1) zur inhaltlichen Ausgestaltung der Tätigkeit befragt. Wegen des Ergebnisses wird auf das Sitzungsprotokoll vom 31.10.2014 Bezug genommen. 140Im Termin zur mündlichen Verhandlung, in dem trotz ordnungsgemäßer Terminsnachricht Vertreter der Beigeladenen zu 2) bis 6) nicht erschienen sind, hat der Senat zur Frage der cullicularen und organisatorischen Verzahnung der betrieblichen Praxisphasen mit der FHDW Beweis erhoben durch zeugenschaftliche Vernehmung des Herrn Prof. Dr. I X, Hochschullehrer an der FHDW. Wegen des Ergebnisses wird auf den Inhalt der Sitzungsniederschrift Bezug genommen. 141Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte und den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten. Dieser ist Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen. 142Entscheidungsgründe: 143Der Senat hat in Abwesenheit der Beigeladenen zu 2) bis 6) verhandeln und entscheiden können, da er diese mit ordnungsgemäßer Terminsnachricht auf diese Möglichkeit hingewiesen hat. 144I. Die am 6.7.2009 schriftlich eingelegte Berufung der Beklagten gegen das ihr am 10.6.2009 zugestellte Urteil des SG Detmold vom 5.5.2009 ist zulässig, insbesondere gemäß §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft und form- und fristgerecht (§ 151 Abs. 1, §§ 64 Abs. 1 und 2, 63 SGG) eingelegt worden. 145II. Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Das SG hat den Bescheid der Beklagten vom 6.6.2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8.1.2001 zu Recht aufgehoben, da er den Kläger im Sinne des § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG beschwert. Dieser Bescheid ist rechtswidrig. 1461. Ermächtigungsgrundlage für die mit dem angefochtenen Bescheid geregelte Nacherhebung von Pflichtbeiträgen zur Sozialversicherung ist § 28p Abs. 1 Satz 5 SGB IV. Danach erlassen die Träger der Rentenversicherung im Rahmen der Prüfung Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und zur Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung einschließlich der Widerspruchsbescheide gegenüber den Arbeitgebern. 1472. Die Ermächtigungsgrundlage ist formell rechtmäßig angewandt worden. Die nach der Betriebsnummer des Arbeitgebers für die Betriebsprüfung zuständige Beklagte hat insbesondere den Adressaten vor Erlass des ihn belastenden Betriebsprüfungsbescheides ordnungsgemäß angehört (Schlussbesprechung vom 25.4.2000 mit anschließender Stellungnahme des Rechtsvorgängers des Klägers vom 20.5.2000). 1483. Der Bescheid ist jedoch materiell rechtswidrig, da ein Anspruch auf Zahlung des Gesamtsozialversicherungsbeitrages nicht entstanden ist. Die Beklagte hat zu Unrecht eine Versicherungspflicht der Beigeladenen zu 1) in der Zeit vom 1.1.1996 bis zum 30.9.1998 festgestellt. Die Beigeladene zu 1) war nämlich in diesem Zeitraum nicht gegen Arbeitsentgelt oder zu ihrer Berufsausbildung versicherungspflichtig beschäftigt. 149In dem streitigen Zeitraum unterlagen Personen, die gegen Arbeitsentgelt oder zu ihrer Berufsausbildung beschäftigt waren, nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 SGB IV in allen Zweigen der Sozialversicherung nach Maßgabe der besonderen Vorschriften für die einzelnen Versicherungszweige der Versicherungspflicht. Dieser Regelung entsprechend bestimmte § 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) bzw. ab dem 1.1.1998 § 1 Satz 1 Nr. 1 Halbsatz 1 SGB VI die Versicherungspflicht für die gesetzliche Rentenversicherung und bis zum 31.12.1997 § 168 Abs. 1 Satz 1 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) bzw. ab dem 1.1.1998 § 25 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) die Versicherungspflicht nach dem Recht der Arbeitsförderung. In der gesetzlichen Kranken- und sozialen Pflegeversicherung waren neben Arbeitern und Angestellten auch zur Berufsausbildung Beschäftigte versicherungspflichtig, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt waren (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch [SGB V], § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB Sozialgesetzbuch Elftes Buch [XI]). 150Nach § 7 Abs. 1 SGB IV war (und ist) die Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Nach § 7 Abs. 2 SGB IV gilt als Beschäftigung auch der Erwerb beruflicher Kenntnisse, Fertigkeiten oder Erfahrungen im Rahmen betrieblicher Berufsausbildung. 151Nach dem Ergebnis der gerichtlichen Feststellungen war die Beigeladene zu 1) in der Zeit vom 1.1.1996 bis zum 30.9.1998 jedoch weder bei dem Rechtsvorgänger den Klägers im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses (§ 7 Abs. 1 SGB IV) tätig [hierzu a)], noch dort zur betrieblichen Berufsausbildung (§ 7 Abs. 2 SGB IV) beschäftigt [hierzu b)]. 152a) Die Beigeladene zu 1) stand in dem streitbefangenen Zeitraum nicht in einem gegen Arbeitsentgelt (§ 14 SGB IV) ausgeübten abhängigen Beschäftigungsverhältnis zum Rechtsvorgänger des Klägers. 153Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist § 7 Abs. 1 SGB IV. Danach ist Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und er dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann - vornehmlich bei Diensten höherer Art - eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (stRspr.; vgl. zum Ganzen, z.B. BSG, Urteil v. 29.8.2012 - B 12 R 14/10 R, USK 2012-82; BSG, Urteil v. 25.4.2012 - B 12 KR 24/10 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 15; BSG, Urteil v. 11.03.2009 - B 12 KR 21/07 R, USK 2009-25; BSG, Urteil v. 18.12.2001 - B 12 KR 10/01 R, SozR 3-2400 § 7 Nr. 20; Senat, Urteil v. 17.10.2012 - L 8 R 545/11, juris; zur Verfassungsmäßigkeit dieser Abgrenzung: BVerfG, Beschluss v. 20.05.1996, 1 BvR 21/96, SozR 3-2400 § 7 Nr. 11). 154Nach diesen Maßstäben war die Beigeladene zu 1) in dem streitbefangenen Zeitraum nicht im Sinne des § 7 Abs. 1 SGB IV beschäftigt. 155aa) Ein schriftlicher Arbeitsvertrag ist zwischen dem Rechtsvorgänger des Klägers und der Beigeladenen zu 1) nicht geschlossen worden. Der unterzeichnete Praktikantenvertrag vom 27.9.1995 hat seinen inhaltlichen Regelungen gleichfalls nach ein Arbeitsverhältnis nicht zum Gegenstand. Ebenso wenig lässt sich ein Beschäftigungsverhältnis aus anderen, im Zusammenhang mit dem absolvierten Studiengang geschlossenen Vereinbarungen herleiten. 156Die Beigeladene zu 1) war nach den inhaltlichen Regelungen der getroffenen Vereinbarungen nicht - arbeitsvertragstypisch - zur Erbringung von Arbeitsleistungen verpflichtet. Vielmehr begründete § 3 Abs. 1 des Praktikantenvertrages vom 27.9.1995 eine Pflicht der Beigeladenen zu 1), die im Rahmen des Praktikums übertragenen Aufgaben sorgfältig auszuführen und die für das Unternehmen geltenden Ordnungen, insbesondere die Arbeitsordnungen und Unfallverhütungsvorschriften zu beachten. 157Der Praktikantenvertrag vom 27.9.1995 hat demnach erkennbar die studienbezogenen Ziele und Handlungspflichten der Beigeladenen zu 1) in den Vordergrund gerückt. Dem steht auch nicht entgegen, dass die Beigeladene zu 1) auf Grundlage des Praktikantenvertrages von dem Rechtsvorgänger des Klägers eine "Vergütung" nach näherer Maßgabe des § 8 des Praktikantenvertrages erhalten hat (vgl. zu einer inhaltlich weitgehend deckungsgleichen Regelung BSG, Urteil v. 1.12.2009, B 12 R 4/08 R, Rdnr. 16). Dass gemäß der Struktur eines dualen Studiums auch betriebsbezogene Aufgaben wahrgenommen werden (müssen), liegt in der Natur eines dualen Studienkonzepts, bei dem naturgemäß neben theoretischen Lernphasen ein hoher Anteil an Lernphasen in betrieblicher Praxis erfolgt. 158Gegen ein mit dem Rechtsvorgänger des Klägers begründetes Arbeitsverhältnis spricht auch, dass sich die Beigeladene zu 1) nach § 3 Abs. 1 des Praktikantenvertrages verpflichtet hat, sich dem Zwecke des Studiums, also nicht in erster Linie dem betrieblichen Zwecken des Praktikumsbetriebs, zu verhalten, sie die gebotenen Möglichkeiten des Praktikums wahrnehmen musste und nach § 3 Abs. 1 Nr. 4 des Praktikantenvertrages den "im Rahmen des Praktikums" erteilten Anordnungen des Unternehmens und der von ihm beauftragten Person nachkommen musste. Aus dieser Regelung ergibt sich, dass etwaige Anordnungen stets "im Rahmen des Praktikums" bewegen mussten. 159Gegen die Annahme eines Arbeitsverhältnisses sprechen nach Überzeugung des Senats überdies die Regelungen des Kooperationsvertrages zwischen der FHDW und dem Unternehmen. Nach dessen § 2 Abs. 2 verpflichtete sich das Unternehmen, die betrieblichen Praktikumsphasen in Abstimmung mit der FHDW durchzuführen, insbesondere die betrieblichen Praktikumsphasen gemäß der Studienordnung durchzuführen und die Voraussetzungen für die Anfertigung und Betreuung der Projektarbeiten und der Diplomarbeiten sicherzustellen. Auch diese Kooperationspflichten schränken arbeitgebertypische Weisungsbefugnisse gegenüber der Beigeladenen zu 1) erheblich ein. 160bb) Entgegen der Annahme der Beklagten ist auch nicht von dem Fortbestand eines zuvor existierenden Beschäftigungsverhältnisses auszugehen. 161(1) Der Fortbestand des zwischen dem Rechtsvorgänger des Klägers und der Beigeladenen zu 1) geschlossenen Berufsausbildungsverhältnisses kommt bereits aus Rechtsgründen nicht in Betracht. Dieses war nach § 2 des Berufsausbildungsvertrages zur Fachgehilfin in steuer- und wirtschaftsberatenden Berufen vom 10.5.1993 von vornherein auf die Zeit bis zum 31.7.1995 befristet. Nach § 21 Abs. 1 BBiG endet ein Ausbildungsverhältnis mit dem Ablauf der Ausbildungszeit; bei vorherigem Abschluss mit Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses des Prüfungsausschusses (§ 21 Abs. 2 BBiG). 162(2) Auch die nach Abschluss der Ausbildung und bis zur tatsächlichen Aufnahme des Studiums an der FHDW am 1.10.1995 ausgeübte Beschäftigung hat über den 1.10.1995 keinen Fortbestand erfahren. 163Diese Tätigkeit stellte vielmehr eine von vornherein bis zur Aufnahme des Studiums ausgeübte befristete Überbrückungsbeschäftigung dar. Nach den glaubhaften Bekundungen der Beigeladenen zu 1) bestand mit ihrem Vater bereits während der Berufsausbildung Einvernehmen, dass als eigentliches Berufsziel die Tätigkeit einer Steuerberaterin verfolgt wird. Vor diesem Hintergrund sollte die nach Abschluss der beruflichen Erstausbildung bis zum 30.9.1995 ausgebübte Beschäftigung nur bis zur Aufnahme des Studiums am 1.10.1995 andauern. Dem entsprach es, dass die Beigeladene zu 1) die Prüfungen zur Aufnahme des Studiums an der FHDW nach ihren glaubhaften eigenen Angaben bereits während ihrer Ausbildung erfolgreich absolviert hatte. Da die Beigeladene zu 1) anlässlich der Befragung durch den Senat im Termin zur mündlichen Verhandlung zudem bekundet hat, es habe bereits zu Beginn der nach Abschluss der Ausbildung aufgenommenen Tätigkeit festgestanden, dass sie mit dem Studium beginnen werde, war ein sachlicher Grund für die Befristung der nach der Ausbildung aufgenommenen Tätigkeit bis zum Beginn des Studiums anzunehmen. 164b) Die Beigeladene zu 1) ist in dem streitbefangenen Zeitraum auch nicht im Sinne des § 1 Satz 1 Nr. 1 Halbsatz 1 SGB VI, § 25 Abs. 1 SGB III, § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V und § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB XI bei dem Rechtsvorgänger des Klägers im Rahmen einer betrieblichen Berufsausbildung (§ 7 Abs. 2 SGB IV) qualifiziert geworden. 165Der Begriff der Berufsausbildung ist grundsätzlich nach den Vorschriften des BBiG auszulegen (vgl. etwa BSG, Urteil v. 3.2.1994, 12 RK 6/91, SozR 3-2940 § 2 Nr. 3 S. 18; BSG, Urteil v. 12.10.2000, B 12 KR 7/00 R, SozR 3-2600 § 1 Nr. 7 S. 9, 12 unter Bezugnahme auf BT-Drucks. 7/4122 S. 31). Das BBiG legt damit zugleich die Grenzen des sachlichen Anwendungsbereichs der Tatbestände der Versicherungspflicht fest (BSG, Urteil v. 1.12.2009, B 12 R 4/08 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 11). 166Im Rahmen der dualen Studiengänge bei denen die betriebliche Aus- und Weiterbildung oder bisherige Berufstätigkeit mit einem theoretischen Hochschulstudium verbunden wird, lassen sich verschiedene Erscheinungsformen typisieren (hierzu auch Scheer, in: jurisPK-SGB IV, 2. Aufl. 2011, § 7 Abs. 2 Rdnr. 35 ff.): Bei ausbildungsintegrierten dualen Studiengängen wird das Studium mit einer betrieblichen Ausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf verknüpft, so dass in der Regel neben dem Studienabschluss ein Abschluss in einem Ausbildungsberuf erworben wird. Berufsintegrierte und berufsbegleitende duale Studiengänge sind - in Abgrenzung hierzu - auf berufliche Weiterbildung gerichtet. Sie wenden sich an Studieninteressenten mit bereits abgeschlossener Berufsausbildung, die neben ihrer beruflichen Tätigkeit ein Studium durchführen möchten. Hierbei wird die bisherige Tätigkeit im Betrieb den Erfordernissen des Studiums angepasst. Die berufsintegrierten dualen Studiengänge können dabei zeitlich mit der weiterhin ausgeübten Beschäftigung stehen. Die berufsbegleitenden Studiengänge werden neben der Berufstätigkeit ausgeübt. 167Praxisintegrierte duale Studiengänge weisen einen hohen Anteil berufspraktischer Phasen auf. Im Unterschied zu klassischen Studiengängen (mit Praxisbezug) wird in diesen Studiengängen die theoretische Ausbildung im Rahmen des Studiums inhaltlich und zeitlich mit einer Tätigkeit in Betrieben verknüpft. Durch eine enge organisatorische und curriculare Verzahnung zwischen Lernort Hochschule und Lernort Betrieb wird ein Teil der für den Studienabschluss erforderlichen Kompetenzen im Betrieb erworben und bewertet. Instrumente der Verzahnung sind etwa Rahmenausbildungspläne der kooperierenden Betriebe, Abstimmungsverfahren zwischen Betrieb und Hochschule, Zielvereinbarungen oder Grundsätze für die Eignung von Betrieben (zum Ganzen BSG, Urteil v. 1.12.2009, B 12 R 4/08 R, Rdnr. 19 m.w.N.). 168Nach der Rechtsprechung des BSG, der sich der Senat nach eigener Rechtsprüfung anschließt, vollziehen sich die während der Praktikumszeiten ausgeübten Tätigkeiten und (Praktikums-)Betreuungsmaßnahmen im Rahmen praxisintegrierter dualer Studiengänge nicht im Rahmen betrieblicher Berufsbildung und stellen mithin keine Berufsausbildung im Sinne des § 7 Abs. 2 SGB IV dar (BSG, a.a.O., Rn. 18). Solche berufspraktischen Phasen können trotz Vorliegens verschiedener eigenständiger Verträge (z.B. Studienvertrag und Praktikantenvertrag) sozialversicherungsrechtlich nicht als abtrennbar und gesondert zu betrachtendes Rechtsverhältnis verstanden werden (so auch Scheer, a.a.O., § 7 Abs. 2 Rn. 49). Eine finanzielle Förderung durch den Arbeitgeber bzw. Kooperationsbetrieb ändert an der Beurteilung, dass weder eine entgeltliche Beschäftigung, noch eine Beschäftigung zur Berufsausbildung vorliegt, nichts (Scheer, a.a.O.; so auch Ziffer 1.4 des gemeinsamen Rundschreibens vom 5.7.2010, S. 9). 169aa) Die Beklagte geht nach Maßgabe dieser Differenzierungsgrundsätze zutreffend davon aus, dass es sich bei dem von der Beigeladenen zu 1) ab dem 1.10.1995 absolvierten Bildungsgang an der FHDW um einen praxisintegrierten dualen Studiengang gehandelt Diese rechtliche Einordnung entspricht der curricularen Gestaltung des Studiums und der im vorliegenden Fall erfolgten organisatorischen Durchführung des Bildungsganges. 170(1) Nach den curricularen Bestimmungen wird die Verzahnung zwischen Lernort Hochschule und Lernort Betrieb bereits durch die Gliederung des Studiums (§ 5 Abs. 3 Studienordnung) deutlich, wonach Vorlesungsblöcke mit Praxisphasen zeitlich aufeinander folgen. Nach § 7 Abs. 2 der Studienordnung werden dem Studenten in geeigneten Betrieben praktische Erfahrungen und Kenntnisse im Anschluss an die Lerninhalte der Studiensemester vermittelt. Schließlich wird die inhaltliche Verzahnung beider Lernorte dadurch dokumentiert, dass die Ausbildungsinhalte der Praxisblöcke im Einzelfall und unter Berücksichtigung der angestrebten Schwerpunkte des Studenten vom Praktikumsausschuss und der Praxisstelle gemeinsam festgelegt werden und der Student auch während des Praxisblocks von der FHDW betreut wird (§ 7 Abs. 2 UAbs. 3 Studienordnung). 171Schließlich wird die inhaltliche Verzahnung beider Lernorte nach dem Curriculum des Studienganges auch dadurch sichergestellt, dass der Student vor Beginn des jeweiligen Praktikums ein Formblatt zu den beabsichtigten Praktikumsinhalten erhielt, welches er in Abstimmung mit dem Praktikumsunternehmen ausfüllte und innerhalb von 14 Tagen nach Start des Praktikums an die FHDW einreichte. Wurde gegen diese Verpflichtung verstoßen, wurde das Praktikum nicht anerkannt. Dem Praktikumsausschuss oblag die Überprüfung der vorgesehenen Inhalte; er intervenierte bei problematischen Inhalten (Ziffer 4 des Merkblattes). 172(2) Die tatsächliche Ausgestaltung des Studiums und der praktischen Praxisblöcke stützen die Annahme eines praxisintegrierten dualen Studienganges, bei dem die berufspraktischen Phasen in enger organisatorischer Verzahnung mit der Hochschulausbildung erfolgt sind. 173Der Zeuge X hat glaubhaft bekundet, dass in der Frühphase des Bildungsbetriebes der FHDW ein Kooperationsausschuss existierte, dessen Aufgabe auch in der Gestaltung der Praxisphasen bestand. Dort sei besprochen worden, wie die Praxisphasen auszusehen hatten. Zugleich sind den Kooperationsbetrieben Empfehlungen erteilt worden, wie die Praxisphasen inhaltlich ausgestaltet werden sollten. Des Weiteren hat die FDHW die Einhaltung der von ihr verbindlich zugrunde gelegten Qualitätsstandards überwacht. So ist etwa bei negativen Rückmeldungen von Studierenden von Seiten der FHDW Kontakt mit dem Praxisbetrieb aufgenommen und Möglichkeiten der Abhilfe erörtert worden. Bei nachhaltigen Qualitätsdefiziten wäre seitens der FHDW einem Studierenden von der Ableistung der Praxisblöcke in einem bestimmten Kooperationsbetrieb abgeraten worden. 174Für diese organisatorische Verzahnung mit der (theoretischen) Hochschulausbildung waren - auch bereits zum damaligen Zeitpunkt - die erforderlichen Strukturen vorgesehen. So war etwa der Praktikumsausschuss (§ 7 Abs. 1 der Studienordnung) de jure bereits während des von der Beigeladenen zu 1) absolvierten Studiums einberufen, so dass die Wahrnehmung seiner Aufgaben zur Koordination der betrieblichen Praxisphasen mit der theoretischen Hochschulausbildung gewährleistet war. 175c) Entgegen der Annahme der Beklagten lässt sich eine Versicherungspflicht der Beigeladenen zu 1) auch auf die Erwägung stützen, dass das praxisintegrierte duale Studium - wie sie meint - im vorliegenden Einzelfall in berufsbegleitender Form absolviert worden ist. 176Hierbei verfängt insbesondere der Verweis der Beklagten auf die Entscheidung des BSG vom 11.3.2009 (B 12 KR 20/07 R, juris, Rn. 14) sowie die - ohnehin rechtlich nicht verbindliche - Verlautbarung der Spitzenverbände vom 5.7.2010 nicht. Zwar ist es hiernach nicht ausgeschlossen, dass ein - zur Versicherungspflicht führendes - entgeltliches Beschäftigungsverhältnis fortbesteht, wenn ein Arbeitnehmer eine beruflich weiterführende (berufsintegrierte), mit der Beschäftigung in einem prägenden oder engen inneren Zusammenhang stehende Ausbildung oder ein solches Studium absolviert, das Arbeitsverhältnis vom Umfang her den Erfordernissen der Ausbildung bzw. des Studiums angepasst, der Arbeitnehmer etwa während der Ausbildungszeiten vom Arbeitgeber freigestellt wird, die Beschäftigung im erlernten Beruf während der ausbildungsfreien Zeit als Vollzeitbeschäftigung ausgeübt wird und der Arbeitnehmer während des Studium weiterhin Entgelt erhält (BSG, Urteil v. 11.3.2009, B 12 KR 20/07 R, Rdnr. 14 unter Hinweis auf BSG, Urteil v. 11.11.2003, B 12 KR 24/03 R = SozR 4-2500 § 6 Nr. 3 Rdnr. 9 f.). Diese sozialversicherungsrechtliche Beurteilung bezieht sich jedoch ausdrücklich auf den - hier nicht vorliegenden - Sachverhalt eines beruflich weiterführenden (berufsintegrierten) Studiums. Entgegen der Annahme der Beklagten lassen sich diese Erwägungen nicht auf ein praxisintegriertes duales Studium übertragen, weil sich die Typologie dieser Bildungsgänge wesentlich voneinander unterscheiden. 177Bei berufsintegrierten dualen Studiengängen wird die bisherige Tätigkeit dem Umfang nach den Erfordernissen des Studiums angepasst. Bei einem unter solchen Rahmenumständen absolvierten Studium ist der Fortbestand eines Beschäftigungsverhältnisses typisch, da das Studium - worauf das BSG ausdrücklich hingewiesen hat - in einem prägenden oder engen inneren Zusammenhang mit der bisherigen Tätigkeit steht. Dieser Ausgangslage entsprechend schuldete der Arbeitnehmer im dem der Entscheidung des BSG vom 11.3.2009 zugrunde liegenden Sachverhalt auf Grundlage eines als "Ausbildungsdienstverhältnis" bezeichneten Vertrages während der Semesterferien eine Arbeitsleistung von acht Stunden täglich mit Ausnahme einer Urlaubszeit von drei Wochen (BSG, a.a.O. Rn. 2). 178Überdies weist der Kläger zu Recht darauf hin, dass die von der Beklagten vertretene Rechtsauslegung den von dem BSG erkennbar verfolgten Ansatz einer sozialversicherungsrechtlichen Systematisierung im Bereich dualer Studiengänge konterkarieren würde. 179d) Etwas anderes folgt schließlich nicht aus der in § 2 des Stipendienvertrages vereinbarten Rückzahlungsklausel. Derartige Regelungen können auch in Verträgen getroffen werden, auf die das BBiG nicht anwendbar ist. Im Einzelfall ist vielmehr die Wirksamkeit einer derartigen Klausel zu prüfen (vgl. BAG, Urteil v. 18.11.2008, 3 AZR 192/07, NZA 2009, 435 ff.). 180Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 183, 193 SGG. Auf die Regelung des § 197a SGG kann die Kostenentscheidung nur gestützt werden, wenn das Verfahren ab Inkrafttreten des 6. SGG-Änderungsgesetzes, also ab dem 2.1.2002, rechtshängig geworden ist. Für Verfahren, die - wie im vorliegenden Fall am 2.2.2001 - vorher rechtshängig geworden sind, gilt für alle Instanzen, auch, wenn ein Rechtsmittel erst nach dem 1.1.2002 eingelegt worden ist, noch § 183 SGG alter Fassung (Art. 17 Abs. 1 Satz 2 des 6. SGG-ÄndG; BSG, Urteil v. 30.1.2002, B 6 KA 12/01 R). 181Gründe, gemäß § 160 Abs. 2 SGG die Revision zuzulassen, sind nicht gegeben. 182Ein Streitwert war für das gesamte gerichtliche Verfahren aus den zur Kostenentscheidung dargelegten Erwägungen nicht festzusetzen.
die berufung der beklagten gegen das urteil des sozialgerichts detmold vom 5.5.2009 wird zurückgewiesen. die beklagte hat dem kläger dessen notwendige außergerichtliche kosten in beiden rechtszügen zu erstatten. im übrigen sind kosten nicht zu erstatten. die revision wird nicht zugelassen. die festsetzung des streitwertes für das erstinstanzliche verfahren wird aufgehoben. 1
2die beteiligten streiten über die rechtmäßigkeit eines betriebsprüfungsbescheides der beklagten, mit dem diese den kläger auf nachentrichtung von pflichtbeiträgen zur gesetzlichen kranken- und rentenversicherung, zur sozialen pflegeversicherung sowie nach dem recht der arbeitsförderung für den zeitraum vom 1.1.1996 bis zum 30.9.1998 in anspruch nimmt. 3die am 00.00.1974 geborene beigeladene zu 1) absolvierte nach beendigung ihrer schulausbildung ab dem 1.8.1993 eine ursprünglich auf eine regelausbildungsdauer von drei jahren angelegte ausbildung zur "fachgehilfin in steuer- und wirtschaftsberatenden berufen" in dem ausbildungsbetrieb ihres vaters, des rechtsvorgängers des nunmehrigen klägers, herrn i x, m. die dauer der ausbildung wurde aufgrund einer schulischen vorbildung der beigeladenen zu 1) an der höheren handelsschule um zwölf monate verkürzt und endete gemäß berufsausbildungsvertrag vom 10.5.1993 am 31.7.1995. 4nach entsprechenden eignungstests, die die beigeladene zu 1) nach eigenem bekunden bereits während ihrer berufsausbildung im februar 1995 erfolgreich absolviert hatte, nahm sie am 1.10.1995 ein dual organisiertes studium an der privaten, staatlich anerkannten fachhochschule der wirtschaft (fhdw) q in der fachrichtung wirtschaft (schwerpunkt steuer- und revisionswesen) auf. 5nach § 1 abs. 1 der dem bildungsgang zugrunde liegenden studienordnung der fhdw für den studiengang wirtschaft - schwerpunkt europäische unternehmensführung, informationsmanagement, steuer- und revisionswesen, finanzdienstleistungen, touristik -vom 18.2.1994 bereitete die fhdw durch anwendungsbezogene lehre und ein dual organisiertes studium auf berufliche tätigkeiten vor, die die anwendung wissenschaftlicher erkenntnisse erfordern. nach § 1 abs. 2 der studienordnung dient die fhdw darüber hinaus aufgaben der weiterbildung. 6nach § 5 abs. 1 der studienordnung betrug die regelstudienzeit drei studienjahre, gegliedert im ersten studienjahr in semester und im zweiten und dritten studienjahr in trimester, die einheitlich als semester bezeichnet wurden. nach § 5 abs. 3 der studienordnung unterteilte sich das studium in ein grundstudium (1. bis 4. semester) und ein hauptstudium (5. bis 8. semester). 7das grundstudium gliederte sich nach den seinerzeit geltenden regelungen der studienordnung wie folgt: 81. semester vorlesungsblock = 12 wochen praxisblock = 12 wochen 2. semester vorlesungsblock = 12 wochen praxisblock = 8 wochen 3. semester vorlesungsblock mit fachprüfungen zur vordiplom-prüfung = 12 wochen 4. semester durchführung des projektes und anfertigung der projektarbeit = 12 wochen 9das hauptstudium wies folgende struktur auf: 105. semester vorlesungsblock = 12 wochen auslandspraktikum = 8 wochen 6. semester vorlesungsblock = 12 wochen = praxisblock 8 wochen 7. semester vorlesungsblock mit fachprüfungen zur diplom-prüfung = 12 wochen 8. semester diplomanden-seminar und anfertigung der diplomarbeit mit anschließenden kolloquium = 12 wochen 11nach § 5 abs. 4 der studienordnung fand in den praxisphasen des ersten, zweiten und sechsten semesters eine betreuung durch das lehrpersonal der fhdw und durch das unternehmen, in denen die praxisblöcke durchgeführt werden, statt. 12§ 7 der studienordnung der fhdw bestimmte zur näheren ausgestaltung der praxisblöcke und deren begleitung durch die fhdw: 13(1) von der fachhochschule wird für den studiengang ein praktikumsausschuss einberufen. dem praktikumsausschuss gehört mindestens ein gemäß § 5 der prüfungsordnung prüfungsberechtigter prüfer an. 14der praktikumsausschuss regelt insbesondere die praktikumsvergabe und die praktikumsbetreuung. im übrigen ist er für die ordnungsgemäße durchführung der praxisblöcke zuständig. 15(2) während der praxisblöcke werden dem studenten in geeigneten betrieben praktische erfahrungen und kenntnisse im anschluss an die lehrinhalte des studiensemesters vermittelt. 16die ausbildungsinhalte der praxisblöcke werden im einzelfall und unter berücksichtigung der angestrebten schwerpunkte des studenten vom praktikumsausschuss und der praxisstelle gemeinsam festgelegt. 17der student wird während des praxisblocks von der fachhochschule betreut. die fachhochschule arbeitet in allen die berufspraktische ausbildung des studenten betreffenden fragen mit der praxisstelle zusammen. 18(3) der student hat über die ausbildung jedes praxisblockes einen schriftlichen bericht zu erstellen und diesen von der praxisstelle bestätigen zu lassen. am ende jedes praxisblockes stellt die praxisstelle einen tätigkeitsnachweis aus, der art und inhalt der tätigkeit, beginn und ende der ausbildungszeit sowie fehlzeiten ausweist. auf der grundlage des praxisberichtes und des tätigkeitsnachweises entscheidet der prüfungsausschuss, ob der student den praxisblock erfolgreich abgeleistet hat. 19(4) konnte ein praxisblock nicht erfolgreich abgeleistet werden, entscheidet der prüfungsausschuss, ob eine klausur oder eine mündliche ergänzungsprüfung zu den inhalten des praxisblockes durchgeführt werden. werden die klausur oder die mündliche ergänzungsprüfung mit "nicht ausreichend" bewertet, muss der praxisblock wiederholt werden. jeder praxisblock kann einmal wiederholt werden. 20wegen der weiteren regelungen wird auf den inhalt der studienordnung der fhdw q vom 18.2.1994 bezug genommen. 21zur ausgestaltung des studiums wurden zwischen den an dem bildungsgang beteiligten personen folgende vereinbarungen geschlossen: 22ein zwischen dem träger der fhdw und der beigeladenen zu 1) geschlossener studienvertrag vom 10./12.9.1995 enthielt folgende regelungen: 23§ 1 studienzeit 24die regelstudienzeit beträgt 8 semester innerhalb von drei zeitjahren. 25§ 2 gebühren 26die kosten für den studienplatz belaufen sich inklusive der bereitstellung und nutzung der einrichtungen auf dm 1.000,- pro monat. die studiengebühren sind vom studenten im voraus zu entrichten. 27§ 3 pflichten der fhdw 28die bildungsaktivitäten der fachhochschule der wirtschaft dienen der vorbereitung des studenten auf einen erfolgreichen beruflichen einsatz. durch ein diesem ziel entsprechendes systematisch gegliedertes angebot von vorlesungen und anderen lehrveranstaltungen (wie z.b. übungen in labors und dem rechenzentrum) sowie der entsprechenden betriebspraktischen phasen wird die voraussetzung für das erreichen des studienziels in dem vorgesehenen zeitraum geschaffen. dabei verpflichtet sich die fhdw, alle bestimmungen gemäß studien- und prüfungsordnung einzuhalten, die zum erlangen des abschlusses erforderlich sind. 29die fhdw verpflichtet sich insbesondere: 30a) dem studenten das erwerben der fähigkeiten, kenntnisse und fertigkeiten zu ermöglichen, die zum erreichen des studienziels erforderlich sind und das studium nach dem gültigen studienplänen durchzuführen, so dass das studienziel in der vorgegebenen zeit erreicht werden kann; 31b) die durch krankheit der dozenten oder höhere gewalt ausfallenden semesterstunden so weit wie möglich nachzuholen, ohne dass ein anrecht darauf besteht; 32c) für die studenten lern- und arbeitsmittel zur verfügung zu stellen, soweit diese zur erreichung des studienziels notwendig oder an der fhdw eingeführt sind; 33d) die leistungen des studenten regelmäßig nachzuweisen. 34§ 4 pflichten des studenten 35der student erklärt eine bereitschaft, auf der grundlage dieses vertrages an der erfüllung der aufgaben der fhdw entsprechend seinen fähigkeiten kooperativ und verantwortlich mitzuwirken. 36er verpflichtet sich insbesondere: 37a) regelmäßig an den für verbindlich erklärten lehrgangsveranstaltungen teilzunehmen; 38b) die von der fhdw ausgestellten semesterbeurteilungen und zeugnisse der praktikantenfirma in kopie vorzulegen; 39c) die im rahmen der ausbildung oder im interesse eines geordneten unterrichts in der fhdw notwendigen regelungen und anordnungen der leitung, der dozenten oder anderer von der fhdw beauftragten personen zu befolgen und die ordnung in der fhdw einzuhalten, 40d) die einrichtungen der fhdw pfleglich zu behandeln und sie nur zu den ihm von der fhdw übertragenen arbeiten zu verwenden. 41wegen der weiteren regelungen wird auf den inhalt des studienvertrages vom 10.9./12.9.1995 bezug genommen. 42zusätzlich unterzeichneten der rechtsvorgänger des klägers als inhaber des praktikumsbetriebs und die beigeladene zu 1) "zur durchführung der betrieblichen praktikantenphasen des dualen studiums" am 27.9.1995 einen praktikantenvertrag, auf dessen inhalt bezug genommen wird. auszugsweise enthielt dieser folgende regelungen: 43§ 1 allgemeines 44die gültigkeit dieses praktikantenvertrages ist an die gültigkeit des zwischen student/in und fhdw abgeschlossenen studienvertrages gebunden. mit der beendigung dieses studienvertrages endet auch dieser praktikantenvertrag. 45§ 2 zeit 46(1) in der zeit vom 01.10.1995 bis zum 30.09.1998 absolviert die praktikantin in dem unternehmen ein aus 6 bzw. 5 abschnitten (bei auslandspraktikum) bestehendes praktikum. 47(2) die probezeit beträgt 6 monate. 48(3) besteht der/die praktikant/in die prüfung nicht, so verlängert sich das vertragsverhältnis auf sein/ihr verlangen bis zur nächsten wiederholungsprüfung. 49(4) besteht der/die praktikantin die letzte zulässige(n) wiederholungsprüfung(en) nicht, so endet das vertragsverhältnis mit dem nichtbestehen der wiederholungsprüfung. 50§ 3 pflichten des/der praktikant/in 51(1) der/die praktikantin verpflichtet sich, sich dem zweck des studiums entsprechend zu verhalten, vor allem 521. die gebotenen möglichkeiten des praktikums wahrzunehmen, 532. die im rahmen des praktikums übertragenen aufgaben sorgfältig auszuführen und sich den geforderten leistungsnachweisen zu stellen, 543. die von der fhdw ausgestellten semesterbeurteilungen und zeugnisse dem unternehmen (in beglaubigter kopie) vorzulegen, 554. den im rahmen des praktikums erteilten anordnungen des unternehmens und der von ihm beauftragten personen nachzukommen, 565. die für das unternehmen geltenden ordnungen, insbesondere arbeitsordnungen und unfallverhütungsvorschriften zu beachten, 576. ein fernbleiben dem unternehmen unverzüglich anzuzeigen. 58(2) die im zusammenhang mit der praktikantentätigkeit erworbenen betriebsbezogenen kenntnisse und erfahrungen sowie alle sonstigen ihrer natur nach vertraulichen betriebs- und geschäftsvorgänge sind ihrem charakter entsprechend zu behandeln, nur im sinne des unternehmens zu verwerten und nicht unbefugt anderen mitzuteilen. dies gilt auch gegenüber mitarbeitern, die für ihre dienstliche tätigkeit derartige mitteilungen nicht benötigen. die verpflichtung zur geheimhaltung besteht auch nach beendigung des studiums fort. 59(3) alle die betrieblichen tätigkeiten betreffenden aufzeichnungen, abschriften, geschäftsunterlagen, ablichtungen geschäftlicher vorgänge, die dem/der praktikant/in überlassen und von dem/der praktikant/in angefertigt werden, bleiben eigentum des unternehmens und sind spätestens am ende des praktikums - auf verlangen auch vorher - zurückzugeben. diese unterlagen müssen getrennt von privaten dingen aufbewahrt und vor einsichtnahme unbefugter geschützt werden. 60(4) im krankheitsfalle ist vor ablauf des dritten kalendertages nach beginn der krankheit eine arbeitsunfähigkeitsbescheinigung des behandelnden arztes nachzureichen. 61§ 4 kostenerstattungsansprüche 62dieser vertrag begründet für das unternehmen keinen anspruch auf erstattung von kosten, die bei der erfüllung dieses vertrages entstehen. dies gilt nicht, soweit es sich um schadensfälle handelt, die in die haftpflicht des/der praktikant/in fallen. 63§ 5 freistellung 64während der vertragsdauer steht dem/der praktikant/in eine vorlesungs- und praktikumsfreie zeit von 28 tagen pro jahr zu. dabei sind die praktikumsfreien tage so zu gewähren, dass unter hinzunahme der vorlesungsfreien zeit wenigstens einmal im jahr eine zusammenhängende freiphase von drei wochen entsteht. 65§ 8 vergütung 66bis zum erfolgreichen abschluss des vordiploms wird vom unternehmen eine vergütung in höhe von monatlich brutto 1.700,00 dm gezahlt. nach abschluss des vordiploms erhöht sich dieser betrag auf monatlich 2000,00 dm. gesetzliche steuern gehen zu lasten des/der praktikantin. 67( ...). 68ein daneben zwischen dem rechtsvorgänger des klägers und der beigeladenen zu 1) geschlossener stipendienvertrag vom 27.9.1995 enthielt auszugsweise folgende bestimmungen: 69§ 1 allgemeines 70dieser vertrag wird auf grundlage des zwischen den parteien am 27.9.1995 unterzeichneten praktikantenvertrages geschlossen. 71die wirkung dieses stipendienvertrages ist in allen punkten an die gültigkeit des praktikantenvertrages vom 27.9.2005 gebunden. 72§ 2 studiengebühren 73(1) das unternehmen gewährt ein stipendium in höhe von z.z. 1.000,00 dm, grundsätzlich in höhe der studiengebühren. 74(2) wird der o.g. praktikantenvertrag während der probezeit vom unternehmen gekündigt, besteht für das bis zur beendigung der probezeit gewährte stipendium keine rückzahlungsverpflichtung. 75(3) wird nach erfolgreichem studium ein arbeitsverhältnis zwischen den vertragsparteien geschlossen, ermäßigt sich die rückzahlungsverpflichtung für jeden abgelaufenen monat um 1/36, so dass 3 jahre nach ablauf des studiums das vom unternehmen gewährte stipendium abgegolten ist. endet das arbeitsverhältnis vor dem ende des abgeltungszeitraums, bleibt die rückzahlungsverpflichtung für den noch nicht abgegoltenen teil des stipendiums erhalten. 76(4) kommt es nach ablauf des studiums auf wunsch einer der beiden vertragsparteien nicht zum abschluss eines arbeitsverhältnisses oder endet der o.g. praktikantenvertrag nach der probezeit und vor ende des studiums durch kündigung des studenten oder des unternehmens, besteht rückzahlungsverpflichtung für das gewährte stipendium. 77wegen der weiteren einzelheiten wird auf den inhalt des stipendienvertrages vom 27.9.1995 bezug genommen. 78nach einem zwischen dem rechtsvorgänger des klägers ("unternehmen") und der fhdw geschlossenen kooperationsvertrag arbeiteten die vertragspartner bei der durchführung der studiengänge an der fhdw auf grundlage der für den studiengang erlassenen rechtsvorschriften zusammen (§ 1 des kooperationsvertrages). nach § 2 abs. 1 des kooperationsvertrages verpflichtete sich die fhdw, den hochschulanteil der studiengänge in abstimmung mit dem unternehmen durchzuführen, insbesondere das nach dem studienplan erforderliche lehrangebot sicherzustellen und die gemäß der prüfungsordnung vorgesehenen prüfungen termingerecht und ordnungsgemäß abzuhalten. das unternehmen verpflichtete sich, die betrieblichen praktikumsphasen in abstimmung mit der fhdw durchzuführen, insbesondere die betrieblichen praktikumsphasen gemäß der studienordnung zu betreiben, die voraussetzungen für eine ordnungsgemäße anfertigung und betreuung der projektarbeiten und der diplomarbeiten sicherzustellen und einen qualifizierten mitarbeiter pro praxisphase als verantwortlichen betreuer einzusetzen (§ 2 abs. 2 kooperationsvertrag). wegen der einzelheiten wird auf den inhalt des kooperationsvertrages vom 27.9.1995 bezug genommen. 79in einem von der fhdw an die an dem bildungsgang beteiligten akteure gerichteten "merkblatt praktikum" wurde konkretisierend ausgeführt: 801. einfache praktika und prüfungspraktika 81das erste, das zweite, das vierte und das fünfte praktikum sind "einfache" praktika, das dritte und sechste praktikum sind prüfungspraktika. in letzteren praktika sind entweder eine projektarbeit für das vordiplom (drittes praktikum) oder eine diplomarbeit (sechstes praktikum) zu erstellen. beide prüfungspraktika dauern zwölf wochen. 82( ...). 832. tätigkeitsnachweis 84für jedes praktikum ist ein separater tätigkeitsnachweis vorzulegen, in dem das praktikumsunternehmen art, inhalt und dauer des jeweiligen praktikums bestätigt und über fehlzeiten informiert. 853. praktikumsbetreuung während einfacher praktika 86jeder student erhält einen hauptamtlichen dozenten als ansprechpartner für die einfachen praktika zugeordnet. diese zuordnung wird dem studenten rechtzeitig vor praktikumsbeginn mitgeteilt. die betreuung kann ein oder mehrere praktika umfassen. mit diesem betreuer hat er bei problemen im praktikum oder bei fragen zum praktikumsbericht kontakt aufzunehmen, weil der betreuer auch als prüfer des praktikumsberichtes fungiert. in einzelfällen kann auch ein besuch des betreuers im praktikantenunternehmen erfolgen. 874. praktikumsinhalte der einfachen praktika 88die praktikumsinhalte der einfachen praktika sind gemeinsam vom praktikumsunternehmen und von der fhdw unter berücksichtigung des studierten schwerpunktes festzulegen. 89als anhaltspunkt für die inhalte der praktika kann auf die vorgabe der diplomprüfungsordnung der fhdw verwiesen werden, in der "praktische mitarbeit und konkrete aufgabenstellungen im betrieb" genannt werden. dies eröffnet freiraum für die inhaltliche gestaltung der praktika. 90die abstimmung der inhalte wird praktisch umgesetzt, indem vor beginn des praktikums der student ein formblatt zu den beabsichtigten praktikumsinhalten erhält, das er in abstimmung mit dem praktikumsunternehmen ausfüllt und innerhalb von 14 tagen nach start des praktikums an die fachhochschule einreicht. 91versäumt der student diese meldung, wird das praktikum nicht anerkannt. dies hat zur konsequenz, dass sich das studium wegen des nicht anerkannten praktikums um drei monate verlängert. der praktikumsausschuss prüft die vorgesehenen inhalte und interveniert bei problematischen vorgesehenen praktikumsinhalten. erfolgt keine beanstandung, ist das praktikum in der vorgesehenen weise durchzuführen. 925. praktikumsbericht 93für jedes einfache praktikum hat der student einen praktikumsbericht zu erstellen. dieser wird regelmäßig spätestens einen monat nach beendigung des praktikums eingefordert, wenn der student sich wieder in einem lehrquartal an der fhdw befindet. die termine zur einreichung werden rechtzeitig bekannt gemacht. 94der praktikumsbericht muss mit einem bestätigungsvermerk der praktikantenunternehmung versehen werden. 95der praktikumsbericht hat auf dem titelblatt die praktikantenunternehmung und den praktikanten sowie die laufende nummer des praktikums und den abgabetermin auszuweisen. der praktikumsbericht darf 5 din a4 seiten umfang nicht unterschreiten und sollte nicht über 10 din a4 seiten hinausreichen. es ist eine gliederung der inhalte voranzustellen. 96( ...). 976. anerkennung eines einfachen praktikums 98notwendig für die anerkennung eines einfachen praktikums ist neben der rechtzeitigen einreichung des praktikumsberichts, dass der praktikumsbericht den minimalanforderungen entspricht und die geforderte praktikumsdauer eingehalten ist. 99wird aus dem genannten gründen die anerkennung vom prüfungsausschuss der fhdw untersagt, wird entweder ein kolloquium zum praktikum oder eine schriftliche expertise zum praktikum abgefordert, um die festgestellten mängel zu heilen. bei nichtbestehen dieser ergänzungsprüfung muss der praktikumsblock wiederholt werden. 1007. prüfungspraktika 101im dritten praktikum ist eine projektarbeit zu erstellen als bestandteil der diplomvorprüfung. die themenfestlegung erfolgt in dem der projektarbeit vorausgehenden lehrquartal zwischen studenten, praktikumsunternehmen und hauptamtlichen dozenten der fhdw. hierzu stimmen student und praktikumsunternehmen das projektthema ab. der student meldet nach rückkopplung mit dem von ihm gewünschten prüfer das thema und den gewünschten prüfer fristgemäß dem praktikumsausschuss. ( ...). 102im sechsten praktikum hat der student eine diplomarbeit zu erstellen, die bestandteil der diplomprüfung ist. der student kann in abstimmung mit dem praktikantenunternehmen einen themenvorschlag machen und einen prüfer als betreuer benennen, mit dem er das thema nochmals koppelt. ansonsten wird das thema gestellt. hierfür werden fristen rechtzeitig bekannt gegeben. der prüfungsausschuss der fhdw gibt dann das endgültige thema rechtzeitig zum praktikumsstart aus und benennt neben dem betreuer der arbeit einen zweitprüfer. während der dauer der erstellung der diplomarbeit ist der student für die fortgesetzte abstimmung mit dem betreuer zuständig. 103auf dieser vertraglichen grundlage absolvierte die beigeladene zu 1) die in dem bildungsgang vorgesehenen betrieblichen praxisphasen in dem betrieb des rechtsvorgängers des klägers. in anwendung der in § 8 des praktikantenvertrages getroffenen regelung gewährte der rechtsvorgänger des klägers der beigeladenen zu 1) eine "vergütung" von monatlich 1.700,00 dm bzw. - nach ablegung des vordiploms - von 2.000,00 dm. zusätzlich zahlte der rechtsvorgänger des klägers vermögenswirksame leistungen. beiträge zur sozialversicherung wurden während der praxisphasen von dem rechtsvorgänger des klägers nicht abgeführt. 104in der zeit vom 18.4.2000 bis zum 9.5.2000 führte die beklagte bei dem rechtsvorgänger des klägers eine betriebsprüfung gemäß § 28p sozialgesetzbuch viertes buch (sgb iv) für den zeitraum vom 1.1.1996 bis zum 31.12.1999 durch. 105nach vorheriger anhörung erhob die beklagte mit bescheid vom 6.6.2000 betreffend die beigeladene zu 1) beiträge zur gesetzlichen kranken- und rentenversicherung, zur sozialen pflegeversicherung sowie nach dem recht der arbeitsförderung in höhe von insgesamt 22.425,58 eur nach. eine darüber hinausgehend geregelte, eine andere beschäftigte des rechtsvorgängers des klägers betreffende weitere beitragsforderung ist nicht gegenstand des vorliegenden verfahrens. 106zur begründung führte die beklagte aus: personen, die im rahmen eines ausbildungs- bzw. arbeitsverhältnisses ein studium absolvierten, seien als zur berufsausbildung beschäftigte bzw. als arbeitnehmer anzusehen. das studium sei integrierter bestandteil des ausbildungs- bzw. arbeitsverhältnisses und schließe die versicherungspflicht in der gesetzlichen sozialversicherung und die beitragspflicht zur bundesanstalt für arbeit nicht aus. 107berufsintegrierte studiengänge, die an zum teil privaten, aber staatlich anerkannten fachhochschulen absolviert würden, seien studiengänge, die im rahmen einer betrieblichen berufsausbildung oder eines arbeitsverhältnisses absolviert würden. da das studium integrierter bestandteil des ausbildungs- bzw. arbeitsverhältnisses sei, unterlägen studierende für die dauer dieses arbeitsverhältnisses als arbeitnehmer kraft gesetzes der kranken-, pflege-, renten- und arbeitslosenversicherungspflicht. bei dieser beurteilung orientiere sie sich an einem besprechungsergebnis der spitzenverbände der sozialversicherungsträger vom 18./19.10.1993. 108zwar bestehe bei berufsintegrierten studiengängen ein blockartiger wechsel zwischen praxisbezogener ausbildung bzw. beschäftigung und dem studium, ungeachtet dessen erhalte der auszubildende bzw. arbeitnehmer jedoch eine monatliche vergütung sowie sonstige üblicherweise im rahmen eines ausbildungsbedingten arbeitsverhältnisses anfallende leistungen. 109dem fortbestand eines dem studium vorangegangenen versicherungspflichtigen beschäftigungsverhältnisses stehe auch nicht entgegen, dass dieses aufgrund einer vertraglichen vereinbarung formal beendet werde; hierbei handele es sich lediglich um eine beurlaubung für die dauer des studiums. 110während des von der beigeladenen zu 1) an der fhdw absolvierten dualen studiums sei in jedem monat des studiums eine vergütung gezahlt worden. außerdem habe die beigeladene zu 1) vermögenswirksame leistungen des arbeitgebers sowie urlaubs- und weihnachtsgeld erhalten. überdies seien in dem praktikantenvertrag regelungen wie krankmeldungen bei arbeitsunfähigkeit, urlaubs- und kündigungsvereinbarungen getroffen worden. kraft dieses praktikantenvertrages sei die beigeladene zu 1) in den praktikumsbetrieb eingegliedert gewesen und habe durch übernahme von rechten und pflichten den status einer arbeitnehmerin erlangt. 111schließlich sei auch eine rückzahlungsverpflichtung des stipendiums für den fall vereinbart worden, dass im anschluss an ein erfolgreiches studium ein arbeitsverhältnis nicht begründet werde. solche regelungen seien ausschließlich in arbeitsverträgen enthalten. 112da die beigeladene zu 1) vor aufnahme des studiums in der zeit vom 1.8.1993 bis zum 30.9.1995 in dem späteren praktikumsbetrieb beschäftigt gewesen sei, sei sie von dem bereits zuvor begründeten beschäftigungsverhältnis lediglich formell beurlaubt worden. ein ausscheiden aus einem versicherungspflichtigen arbeitsverhältnis habe tatsächlich nicht vorgelegen. 113gegen den bescheid erhob der rechtsvorgänger des klägers am 5.7.2000 im wesentlichen mit der begründung widerspruch, die durchführung der betrieblichen praxisphasen sei nach den regelungen der studienordnung der fhdw zwingend vorgeschrieben. bei der praktischen ausbildungsphase handele es sich daher um einen integrierten bestandteil der fachhochschulausbildung. hinzu komme, dass die praktika dem fortgang bzw. abschluss des studiums dienten und erfolgreich absolviert werden müssten, um das studium überhaupt fortsetzen zu dürfen. die annahme, die beigeladene zu 1) sei für die dauer des studiums von dem beschäftigungsverhältnis beurlaubt worden, entbehre - auch im hinblick auf die entgegenstehende studienordnung der fhdw - jeder grundlage. 114mit der nach zurückweisung des widerspruchs (widerspruchsbescheid vom 8.1.2001) am 2.2.2001 zum sozialgericht (sg) detmold erhobenen klage hat zunächst der rechtsvorgänger des klägers das auf die aufhebung des betriebsprüfungsbescheides gerichtete klagebegehren weiterverfolgt. zur begründung hat er das vorbringen aus dem verwaltungs- und widerspruchsverfahren wiederholt und vertieft. nachdem der rechtsvorgänger des klägers am 20.3.2002 verstarb, hat der nunmehrige kläger als dessen erbe (erbschein vom 23.5.2002) das klageverfahren fortgeführt. 115der kläger hat beantragt, 116den bescheid vom 6.6.2000 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 8.1.2001 aufzuheben. 117die beklagte hat beantragt, 118die klage abzuweisen. 119sie hat zur begründung auf den inhalt des angefochtenen bescheides bezug genommen. 120die beigeladenen haben keinen antrag gestellt. 121das sg hat - nach zwischenzeitlicher anordnung des ruhens des verfahrens mit beschluss vom 20.2.2003 im hinblick auf ein vor dem landessozialgericht (lsg) nordrhein-westfalen unter dem aktenzeichen l 11 (16) kr 96/02 geführten rechtsstreit - am 25.8.2006 einen termin zur erörterung des sachverhalts durchgeführt und die beteiligten angehört. wegen des ergebnisses wird auf den inhalt der sitzungsniederschrift bezug genommen. 122mit urteil vom 5.5.2009 hat das sg den bescheid der beklagten vom 6.6.2000 in gestalt des widerspruchsbescheides vom 8.1.2001 aufgehoben. auf die entscheidungsgründe wird bezug genommen. 123gegen das ihr am 10.6.2009 zugestellte urteil hat die beklagte am 6.7.2009 schriftlich berufung bei dem lsg nordrhein-westfalen eingelegt. sie hat zunächst gemeint, praktika seien, auch wenn sie nur teil der berufsausbildung seien, als der berufsausbildung dienende beschäftigungsverhältnisse im sinne des § 7 abs. 2 sgb iv anzusehen. eine besonderheit könne sich für praktikantenverhältnisse insbesondere ergeben, wenn sie im zusammenhang mit einer hochschul- oder fachhochschulausbildung durchgeführt würden, da diese nicht mehr dem betrieblichen ausbildungsverhältnis (§ 19 berufsbildungsgesetz [bbig]) unterfielen, der grundsätzlich auch praktikantenverhältnisse in den bereich der betrieblichen berufsausbildung einbeziehe, sondern ausschließlich dem unterrichtsbereich zugeordnet seien. nach der rechtsprechung des bundesarbeitsgerichts (bag) sei dies jedoch nur der fall, wenn die in der studien- und prüfungsordnung vorgeschriebenen praktika von studenten innerhalb ihres studiums und als dessen bestandteil abzuleisten, also teil des studiums und damit unterrichtsveranstaltungen seien. 124ein betriebliches ausbildungsverhältnis könne folglich nur verneint werden, wenn das maßgebende hochschul- oder fachhochschulrecht die praktika ausdrücklich als teil des studiums bezeichne und deren durchführung in der hand der hochschule liege oder wenn die praktika durch das hochschulrecht bzw. durch die hochschule selbst geregelt oder gelenkt, etwa von der hochschule praxisbegleitende lehrveranstaltungen angeboten würden. andererseits fehle es an einer ausbildung im rahmen betrieblicher berufsausbildung im sinne des § 7 abs. 2 sgb iv nicht bereits dann, wenn praktika während und im zusammenhang mit dem studium durchgeführt würden. 125nach dem inhalt der zwischen dem rechtsvorgänger des klägers, der fhdw und der beigeladenen zu 1) getroffenen vereinbarungen sei letztere zur berufsausbildung beschäftigt worden. der praktikanten- sowie der stipendienvertrag hätten eine kontinuierliche monatliche entgeltzahlung von 1.700,00 bzw. 2.000 dm brutto aus dem praktikantenvertrag und 1.000,00 dm brutto monatlich zur finanzierung der studiengebühren vorgesehen. die verträge enthielten mit der verpflichtung zur vorlage einer arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (§ 3 abs. 4 praktikantenvertrag) und der gewährung bezahlten urlaubs (§ 5 praktikantenvertrag) typische merkmale von ausbildungs- bzw. arbeitsverträgen. schließlich habe der stipendienvertrag eine rückzahlungsklausel für den fall enthalten, dass nach beendigung des studiums ein arbeitsverhältnis nicht zu stande komme. auch dieses sei eine typische arbeitsvertragliche klausel, wenn ein arbeitgeber die fortbildung eines arbeitnehmers unter freistellung finanziere. bemerkenswert sei schließlich, dass § 7 des studienvertrages die gültigkeit einer kündigung davon abhängig mache, dass die praktikumsfirma vorher angehört worden sei. dies verdeutliche die hervorgehobene rolle der praktikumsfirma. 126die ausgestaltung der praxisphasen habe im wesentlichen dem praktikumsbetrieb oblegen. allein aus dem umstand, dass der inhalt der ausbildung in dem praxisbetrieb vorab mit der fhdw habe abgestimmt werden müssen, zwinge nicht zu der annahme, dass die praktikumsphase durch die fhdw inhaltlich festgelegt worden sei. letztere habe durch ihre studienordnung gerade nicht die inhalte der praktikumsphase ausdrücklich vorgeschrieben. vielmehr würden diese gemeinsam mit dem praktikumsbetrieb festgelegt. 127soweit nach § 7 der studienordnung die inhalte des berufspraktischen praxisblockes vom praktikumsbetrieb und den studierenden vorgeschlagen und vom praktikumsausschuss auf übereinstimmung mit den studieninhalten geprüft würden, begründe dies nicht die annahme, dass die praxisphase von der fhdw inhaltlich gesteuert wird. hierbei handele es sich lediglich um ein abstimmungsverfahren, welches die inhalte und lernziele der praxisphase mit denen der theoretischen phase in einklang bringe. in der gestaltung der praktikumsinhalte sei der ausbildungsbetrieb federführend. 128mit beschluss vom 2.9.2009 ist das verfahren bis zu einem rechtskräftigen abschluss des vor dem bsg unter dem aktenzeichen b 12 r 4/08 r anhängigen revisionsverfahren erneut zum ruhen gebracht worden. nachdem das bsg mit urteil vom 1.12.2009 eine versicherungspflicht von absolventen praxisintegrierter dualer studiengänge verneint hatte, hat die beklagte zunächst mitgeteilt, sie beabsichtige nicht, der entscheidung des bsg über den einzelfall hinaus zu folgen, da die entscheidung eine differenzierung der unterschiedlichsten konstellationen zu dieser problematik nicht ermögliche. 129anschließend hat sie - nach entsprechenden abstimmungen mit dem spitzenorganisationen der sozialversicherungsträger - ausgeführt, ungeachtet der entscheidung des bsg könne im einzelfall eine versicherungspflicht als arbeitnehmer für die dauer des studiums nicht ausgeschlossen werden, wenn dem studium ein entgeltliches beschäftigungsverhältnis im kooperationsbetrieb vorangegangen sei, das während des beruflich weiterführenden, mit der beschäftigung in einem prägenden oder engen inneren zusammenhang stehenden studium fortbestehe, also insofern kein praxisintegrierter, sondern ein berufsintegrierter bzw. berufsbegleitender dualer studiengang absolviert werde (bsg, urteil v. 1.12.2009, a.a.o., rdnr. 21 i.v.m. bsg, urteil v. 11.3.2009, b 12 kr 20/07 r; ziffer 1.3 und 1.4 des "gemeinsamen rundschreibens des gkv spitzenverbandes, der drv bund sowie der bundesagentur für arbeit zur versicherungsrechtlichen beurteilung von teilnehmern an dualen studiengängen vom 5.7.2010"). ein prägender oder enger innerer zusammenhang zwischen der bisherigen beschäftigung und dem studium sei nach der rechtsprechung anzunehmen, wenn das arbeitsverhältnis vom umfang her den erfordernissen des studiums angepasst werde und der arbeitnehmer während der studienzeit vom arbeitgeber von der arbeitsleistung freigestellt sei, die beschäftigung im erlernten beruf (nicht berufsfremd) während der vorlesungsfreien zeit grundsätzlich als vollzeitbeschäftigung ausgeübt werde und während des studiums weiterhin arbeitsentgelt, gegebenenfalls gekürzt oder in form einer ausbildungs- bzw. studienförderung, (fort-)gezahlt werde. 130der in der freistellung zum ausdruck kommende wille, das arbeitsverhältnis auch während des studiums fortzusetzen, werde danach als eine für die annahme einer beschäftigung ausreichende gemeinsame bestätigung des vertraglichen bandes zwischen arbeitnehmer und betrieb und als hinreichende grundlage für die arbeitspflicht angesehen, die eine fehlende (tatsächliche) arbeitsleistung ersetze. 131nach den bekundungen der beigeladenen zu 1) im erörterungstermin vor dem sg sei diese in ihrem vormaligen ausbildungsbetrieb "normal" eingegliedert gewesen, habe feste arbeitszeiten einhalten und konkrete tätigkeiten auszuführen gehabt. sie habe bestimmte, ihr zugewiesene, teilweise fristgebundene fälle sowie die buchführung bearbeitet und andere berufsspezifische aufgaben ausgeführt. 132insgesamt handele es sich im vorliegenden fall zwar im sinne der rechtsprechung des bsg um einen "praxisintegrierten dualen studiengang", der für sich betrachtet kein beschäftigungsverhältnis darstelle. im vorliegenden einzelfall werde dieser studiengang jedoch berufsintegriert im sinne der entscheidung des bsg vom 11.3.2009 realisiert, weshalb das zuvor begründete entgeltliche beschäftigungsverhältnis für die dauer des studiums fortbestanden habe. 133die beklagte beantragt, 134das urteil des sozialgerichts detmold vom 5.5.2009 zu ändern und die klage abzuweisen. 135der kläger beantragt, 136die berufung zurückzuweisen. 137er verteidigt die angefochtene entscheidung unter hinweis auf die ausführungen des bsg im urteil vom 1.12.2009. die beklagte führe unter missachtung der nunmehr vorliegenden höchstrichterlichen klärung einen neuerlichen typus "praxisintegrierter dualer studiengänge mit berufsintegrierter ausübung" ein. der verweis der beklagten auf die entscheidung des bsg vom 11.3.2009 führe ins leere. bei dem dieser entscheidung zu grunde liegenden bildungsgang habe es sich nicht um ein dual organisiertes studium gehandelt. auch die von der beklagten erwähnten entscheidungen des bsg vom 11.11.2003 (b 12 kr 24/03) und vom 10.12.1998 (b 12 kr 22/97) beträfen andere erscheinungsformen von bildungsgängen. in diesen entscheidungen habe sich das bsg zu klassischen studiengängen mit praxisphasen verhalten. 138dass es sich entgegen der annahme der beklagten bei der dem studium vorangegangenen tätigkeit der beigeladenen zu 1) nicht um ein unbefristetes beschäftigungsverhältnis gehandelt habe, belege auch der berufsausbildungsvertrag, der bis zum 31.7.1995 befristet gewesen sei und die beigeladene zu 1) anschließend lediglich für zwei monate bis zur aufnahme des studiums in dem früheren ausbildungsbetrieb beschäftigt worden sei. 139der senat hat am 31.10.2014 einen termin zur erörterung des sachverhalts durchgeführt und die beigeladene zu 1) zur inhaltlichen ausgestaltung der tätigkeit befragt. wegen des ergebnisses wird auf das sitzungsprotokoll vom 31.10.2014 bezug genommen. 140im termin zur mündlichen verhandlung, in dem trotz ordnungsgemäßer terminsnachricht vertreter der beigeladenen zu 2) bis 6) nicht erschienen sind, hat der senat zur frage der cullicularen und organisatorischen verzahnung der betrieblichen praxisphasen mit der fhdw beweis erhoben durch zeugenschaftliche vernehmung des herrn prof. dr. i x, hochschullehrer an der fhdw. wegen des ergebnisses wird auf den inhalt der sitzungsniederschrift bezug genommen. 141wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird bezug genommen auf den inhalt der gerichtsakte und den inhalt der beigezogenen verwaltungsakte der beklagten. dieser ist gegenstand der mündlichen verhandlung gewesen. 142
143der senat hat in abwesenheit der beigeladenen zu 2) bis 6) verhandeln und entscheiden können, da er diese mit ordnungsgemäßer terminsnachricht auf diese möglichkeit hingewiesen hat. 144i. die am 6.7.2009 schriftlich eingelegte berufung der beklagten gegen das ihr am 10.6.2009 zugestellte urteil des sg detmold vom 5.5.2009 ist zulässig, insbesondere gemäß §§ 143, 144 sozialgerichtsgesetz (sgg) statthaft und form- und fristgerecht (§ 151 abs. 1, §§ 64 abs. 1 und 2, 63 sgg) eingelegt worden. 145ii. die berufung ist jedoch nicht begründet. das sg hat den bescheid der beklagten vom 6.6.2000 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 8.1.2001 zu recht aufgehoben, da er den kläger im sinne des § 54 abs. 2 satz 1 sgg beschwert. dieser bescheid ist rechtswidrig. 1461. ermächtigungsgrundlage für die mit dem angefochtenen bescheid geregelte nacherhebung von pflichtbeiträgen zur sozialversicherung ist § 28p abs. 1 satz 5 sgb iv. danach erlassen die träger der rentenversicherung im rahmen der prüfung verwaltungsakte zur versicherungspflicht und zur beitragshöhe in der kranken-, pflege und rentenversicherung sowie nach dem recht der arbeitsförderung einschließlich der widerspruchsbescheide gegenüber den arbeitgebern. 1472. die ermächtigungsgrundlage ist formell rechtmäßig angewandt worden. die nach der betriebsnummer des arbeitgebers für die betriebsprüfung zuständige beklagte hat insbesondere den adressaten vor erlass des ihn belastenden betriebsprüfungsbescheides ordnungsgemäß angehört (schlussbesprechung vom 25.4.2000 mit anschließender stellungnahme des rechtsvorgängers des klägers vom 20.5.2000). 1483. der bescheid ist jedoch materiell rechtswidrig, da ein anspruch auf zahlung des gesamtsozialversicherungsbeitrages nicht entstanden ist. die beklagte hat zu unrecht eine versicherungspflicht der beigeladenen zu 1) in der zeit vom 1.1.1996 bis zum 30.9.1998 festgestellt. die beigeladene zu 1) war nämlich in diesem zeitraum nicht gegen arbeitsentgelt oder zu ihrer berufsausbildung versicherungspflichtig beschäftigt. 149in dem streitigen zeitraum unterlagen personen, die gegen arbeitsentgelt oder zu ihrer berufsausbildung beschäftigt waren, nach § 2 abs. 2 nr. 1 sgb iv in allen zweigen der sozialversicherung nach maßgabe der besonderen vorschriften für die einzelnen versicherungszweige der versicherungspflicht. dieser regelung entsprechend bestimmte § 1 satz 1 nr. 1 sozialgesetzbuch sechstes buch (sgb vi) bzw. ab dem 1.1.1998 § 1 satz 1 nr. 1 halbsatz 1 sgb vi die versicherungspflicht für die gesetzliche rentenversicherung und bis zum 31.12.1997 § 168 abs. 1 satz 1 arbeitsförderungsgesetz (afg) bzw. ab dem 1.1.1998 § 25 abs. 1 sozialgesetzbuch drittes buch (sgb iii) die versicherungspflicht nach dem recht der arbeitsförderung. in der gesetzlichen kranken- und sozialen pflegeversicherung waren neben arbeitern und angestellten auch zur berufsausbildung beschäftigte versicherungspflichtig, die gegen arbeitsentgelt beschäftigt waren (§ 5 abs. 1 nr. 1 sozialgesetzbuch fünftes buch [sgb v], § 20 abs. 1 satz 2 nr. 1 sgb sozialgesetzbuch elftes buch [xi]). 150nach § 7 abs. 1 sgb iv war (und ist) die beschäftigung die nichtselbständige arbeit, insbesondere in einem arbeitsverhältnis. nach § 7 abs. 2 sgb iv gilt als beschäftigung auch der erwerb beruflicher kenntnisse, fertigkeiten oder erfahrungen im rahmen betrieblicher berufsausbildung. 151nach dem ergebnis der gerichtlichen feststellungen war die beigeladene zu 1) in der zeit vom 1.1.1996 bis zum 30.9.1998 jedoch weder bei dem rechtsvorgänger den klägers im rahmen eines beschäftigungsverhältnisses (§ 7 abs. 1 sgb iv) tätig [hierzu a)], noch dort zur betrieblichen berufsausbildung (§ 7 abs. 2 sgb iv) beschäftigt [hierzu b)]. 152a) die beigeladene zu 1) stand in dem streitbefangenen zeitraum nicht in einem gegen arbeitsentgelt (§ 14 sgb iv) ausgeübten abhängigen beschäftigungsverhältnis zum rechtsvorgänger des klägers. 153beurteilungsmaßstab für das vorliegen einer abhängigen beschäftigung ist § 7 abs. 1 sgb iv. danach ist beschäftigung die nichtselbständige arbeit, insbesondere in einem arbeitsverhältnis. nach der ständigen rechtsprechung des bsg setzt eine beschäftigung voraus, dass der arbeitnehmer vom arbeitgeber persönlich abhängig ist. bei einer beschäftigung in einem fremden betrieb ist dies der fall, wenn der beschäftigte in den betrieb eingegliedert ist und er dabei einem zeit, dauer, ort und art der ausführung umfassenden weisungsrecht des arbeitgebers unterliegt. diese weisungsgebundenheit kann - vornehmlich bei diensten höherer art - eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden teilhabe am arbeitsprozess" verfeinert sein. demgegenüber ist eine selbständige tätigkeit vornehmlich durch das eigene unternehmerrisiko, das vorhandensein einer eigenen betriebsstätte, die verfügungsmöglichkeit über die eigene arbeitskraft und die im wesentlichen frei gestaltete tätigkeit und arbeitszeit gekennzeichnet. ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten umständen nach dem gesamtbild der arbeitsleistung und hängt davon ab, welche merkmale überwiegen (strspr.; vgl. zum ganzen, z.b. bsg, urteil v. 29.8.2012 - b 12 r 14/10 r, usk 2012-82; bsg, urteil v. 25.4.2012 - b 12 kr 24/10 r, sozr 4-2400 § 7 nr. 15; bsg, urteil v. 11.03.2009 - b 12 kr 21/07 r, usk 2009-25; bsg, urteil v. 18.12.2001 - b 12 kr 10/01 r, sozr 3-2400 § 7 nr. 20; senat, urteil v. 17.10.2012 - l 8 r 545/11, juris; zur verfassungsmäßigkeit dieser abgrenzung: bverfg, beschluss v. 20.05.1996, 1 bvr 21/96, sozr 3-2400 § 7 nr. 11). 154nach diesen maßstäben war die beigeladene zu 1) in dem streitbefangenen zeitraum nicht im sinne des § 7 abs. 1 sgb iv beschäftigt. 155aa) ein schriftlicher arbeitsvertrag ist zwischen dem rechtsvorgänger des klägers und der beigeladenen zu 1) nicht geschlossen worden. der unterzeichnete praktikantenvertrag vom 27.9.1995 hat seinen inhaltlichen regelungen gleichfalls nach ein arbeitsverhältnis nicht zum gegenstand. ebenso wenig lässt sich ein beschäftigungsverhältnis aus anderen, im zusammenhang mit dem absolvierten studiengang geschlossenen vereinbarungen herleiten. 156die beigeladene zu 1) war nach den inhaltlichen regelungen der getroffenen vereinbarungen nicht - arbeitsvertragstypisch - zur erbringung von arbeitsleistungen verpflichtet. vielmehr begründete § 3 abs. 1 des praktikantenvertrages vom 27.9.1995 eine pflicht der beigeladenen zu 1), die im rahmen des praktikums übertragenen aufgaben sorgfältig auszuführen und die für das unternehmen geltenden ordnungen, insbesondere die arbeitsordnungen und unfallverhütungsvorschriften zu beachten. 157der praktikantenvertrag vom 27.9.1995 hat demnach erkennbar die studienbezogenen ziele und handlungspflichten der beigeladenen zu 1) in den vordergrund gerückt. dem steht auch nicht entgegen, dass die beigeladene zu 1) auf grundlage des praktikantenvertrages von dem rechtsvorgänger des klägers eine "vergütung" nach näherer maßgabe des § 8 des praktikantenvertrages erhalten hat (vgl. zu einer inhaltlich weitgehend deckungsgleichen regelung bsg, urteil v. 1.12.2009, b 12 r 4/08 r, rdnr. 16). dass gemäß der struktur eines dualen studiums auch betriebsbezogene aufgaben wahrgenommen werden (müssen), liegt in der natur eines dualen studienkonzepts, bei dem naturgemäß neben theoretischen lernphasen ein hoher anteil an lernphasen in betrieblicher praxis erfolgt. 158gegen ein mit dem rechtsvorgänger des klägers begründetes arbeitsverhältnis spricht auch, dass sich die beigeladene zu 1) nach § 3 abs. 1 des praktikantenvertrages verpflichtet hat, sich dem zwecke des studiums, also nicht in erster linie dem betrieblichen zwecken des praktikumsbetriebs, zu verhalten, sie die gebotenen möglichkeiten des praktikums wahrnehmen musste und nach § 3 abs. 1 nr. 4 des praktikantenvertrages den "im rahmen des praktikums" erteilten anordnungen des unternehmens und der von ihm beauftragten person nachkommen musste. aus dieser regelung ergibt sich, dass etwaige anordnungen stets "im rahmen des praktikums" bewegen mussten. 159gegen die annahme eines arbeitsverhältnisses sprechen nach überzeugung des senats überdies die regelungen des kooperationsvertrages zwischen der fhdw und dem unternehmen. nach dessen § 2 abs. 2 verpflichtete sich das unternehmen, die betrieblichen praktikumsphasen in abstimmung mit der fhdw durchzuführen, insbesondere die betrieblichen praktikumsphasen gemäß der studienordnung durchzuführen und die voraussetzungen für die anfertigung und betreuung der projektarbeiten und der diplomarbeiten sicherzustellen. auch diese kooperationspflichten schränken arbeitgebertypische weisungsbefugnisse gegenüber der beigeladenen zu 1) erheblich ein. 160bb) entgegen der annahme der beklagten ist auch nicht von dem fortbestand eines zuvor existierenden beschäftigungsverhältnisses auszugehen. 161(1) der fortbestand des zwischen dem rechtsvorgänger des klägers und der beigeladenen zu 1) geschlossenen berufsausbildungsverhältnisses kommt bereits aus rechtsgründen nicht in betracht. dieses war nach § 2 des berufsausbildungsvertrages zur fachgehilfin in steuer- und wirtschaftsberatenden berufen vom 10.5.1993 von vornherein auf die zeit bis zum 31.7.1995 befristet. nach § 21 abs. 1 bbig endet ein ausbildungsverhältnis mit dem ablauf der ausbildungszeit; bei vorherigem abschluss mit bekanntgabe des prüfungsergebnisses des prüfungsausschusses (§ 21 abs. 2 bbig). 162(2) auch die nach abschluss der ausbildung und bis zur tatsächlichen aufnahme des studiums an der fhdw am 1.10.1995 ausgeübte beschäftigung hat über den 1.10.1995 keinen fortbestand erfahren. 163diese tätigkeit stellte vielmehr eine von vornherein bis zur aufnahme des studiums ausgeübte befristete überbrückungsbeschäftigung dar. nach den glaubhaften bekundungen der beigeladenen zu 1) bestand mit ihrem vater bereits während der berufsausbildung einvernehmen, dass als eigentliches berufsziel die tätigkeit einer steuerberaterin verfolgt wird. vor diesem hintergrund sollte die nach abschluss der beruflichen erstausbildung bis zum 30.9.1995 ausgebübte beschäftigung nur bis zur aufnahme des studiums am 1.10.1995 andauern. dem entsprach es, dass die beigeladene zu 1) die prüfungen zur aufnahme des studiums an der fhdw nach ihren glaubhaften eigenen angaben bereits während ihrer ausbildung erfolgreich absolviert hatte. da die beigeladene zu 1) anlässlich der befragung durch den senat im termin zur mündlichen verhandlung zudem bekundet hat, es habe bereits zu beginn der nach abschluss der ausbildung aufgenommenen tätigkeit festgestanden, dass sie mit dem studium beginnen werde, war ein sachlicher grund für die befristung der nach der ausbildung aufgenommenen tätigkeit bis zum beginn des studiums anzunehmen. 164b) die beigeladene zu 1) ist in dem streitbefangenen zeitraum auch nicht im sinne des § 1 satz 1 nr. 1 halbsatz 1 sgb vi, § 25 abs. 1 sgb iii, § 5 abs. 1 nr. 1 sgb v und § 20 abs. 1 satz 2 nr. 1 sgb xi bei dem rechtsvorgänger des klägers im rahmen einer betrieblichen berufsausbildung (§ 7 abs. 2 sgb iv) qualifiziert geworden. 165der begriff der berufsausbildung ist grundsätzlich nach den vorschriften des bbig auszulegen (vgl. etwa bsg, urteil v. 3.2.1994, 12 rk 6/91, sozr 3-2940 § 2 nr. 3 s. 18; bsg, urteil v. 12.10.2000, b 12 kr 7/00 r, sozr 3-2600 § 1 nr. 7 s. 9, 12 unter bezugnahme auf bt-drucks. 7/4122 s. 31). das bbig legt damit zugleich die grenzen des sachlichen anwendungsbereichs der tatbestände der versicherungspflicht fest (bsg, urteil v. 1.12.2009, b 12 r 4/08 r, sozr 4-2400 § 7 nr. 11). 166im rahmen der dualen studiengänge bei denen die betriebliche aus- und weiterbildung oder bisherige berufstätigkeit mit einem theoretischen hochschulstudium verbunden wird, lassen sich verschiedene erscheinungsformen typisieren (hierzu auch scheer, in: jurispk-sgb iv, 2. aufl. 2011, § 7 abs. 2 rdnr. 35 ff.): bei ausbildungsintegrierten dualen studiengängen wird das studium mit einer betrieblichen ausbildung in einem anerkannten ausbildungsberuf verknüpft, so dass in der regel neben dem studienabschluss ein abschluss in einem ausbildungsberuf erworben wird. berufsintegrierte und berufsbegleitende duale studiengänge sind - in abgrenzung hierzu - auf berufliche weiterbildung gerichtet. sie wenden sich an studieninteressenten mit bereits abgeschlossener berufsausbildung, die neben ihrer beruflichen tätigkeit ein studium durchführen möchten. hierbei wird die bisherige tätigkeit im betrieb den erfordernissen des studiums angepasst. die berufsintegrierten dualen studiengänge können dabei zeitlich mit der weiterhin ausgeübten beschäftigung stehen. die berufsbegleitenden studiengänge werden neben der berufstätigkeit ausgeübt. 167praxisintegrierte duale studiengänge weisen einen hohen anteil berufspraktischer phasen auf. im unterschied zu klassischen studiengängen (mit praxisbezug) wird in diesen studiengängen die theoretische ausbildung im rahmen des studiums inhaltlich und zeitlich mit einer tätigkeit in betrieben verknüpft. durch eine enge organisatorische und curriculare verzahnung zwischen lernort hochschule und lernort betrieb wird ein teil der für den studienabschluss erforderlichen kompetenzen im betrieb erworben und bewertet. instrumente der verzahnung sind etwa rahmenausbildungspläne der kooperierenden betriebe, abstimmungsverfahren zwischen betrieb und hochschule, zielvereinbarungen oder grundsätze für die eignung von betrieben (zum ganzen bsg, urteil v. 1.12.2009, b 12 r 4/08 r, rdnr. 19 m.w.n.). 168nach der rechtsprechung des bsg, der sich der senat nach eigener rechtsprüfung anschließt, vollziehen sich die während der praktikumszeiten ausgeübten tätigkeiten und (praktikums-)betreuungsmaßnahmen im rahmen praxisintegrierter dualer studiengänge nicht im rahmen betrieblicher berufsbildung und stellen mithin keine berufsausbildung im sinne des § 7 abs. 2 sgb iv dar (bsg, a.a.o., rn. 18). solche berufspraktischen phasen können trotz vorliegens verschiedener eigenständiger verträge (z.b. studienvertrag und praktikantenvertrag) sozialversicherungsrechtlich nicht als abtrennbar und gesondert zu betrachtendes rechtsverhältnis verstanden werden (so auch scheer, a.a.o., § 7 abs. 2 rn. 49). eine finanzielle förderung durch den arbeitgeber bzw. kooperationsbetrieb ändert an der beurteilung, dass weder eine entgeltliche beschäftigung, noch eine beschäftigung zur berufsausbildung vorliegt, nichts (scheer, a.a.o.; so auch ziffer 1.4 des gemeinsamen rundschreibens vom 5.7.2010, s. 9). 169aa) die beklagte geht nach maßgabe dieser differenzierungsgrundsätze zutreffend davon aus, dass es sich bei dem von der beigeladenen zu 1) ab dem 1.10.1995 absolvierten bildungsgang an der fhdw um einen praxisintegrierten dualen studiengang gehandelt diese rechtliche einordnung entspricht der curricularen gestaltung des studiums und der im vorliegenden fall erfolgten organisatorischen durchführung des bildungsganges. 170(1) nach den curricularen bestimmungen wird die verzahnung zwischen lernort hochschule und lernort betrieb bereits durch die gliederung des studiums (§ 5 abs. 3 studienordnung) deutlich, wonach vorlesungsblöcke mit praxisphasen zeitlich aufeinander folgen. nach § 7 abs. 2 der studienordnung werden dem studenten in geeigneten betrieben praktische erfahrungen und kenntnisse im anschluss an die lerninhalte der studiensemester vermittelt. schließlich wird die inhaltliche verzahnung beider lernorte dadurch dokumentiert, dass die ausbildungsinhalte der praxisblöcke im einzelfall und unter berücksichtigung der angestrebten schwerpunkte des studenten vom praktikumsausschuss und der praxisstelle gemeinsam festgelegt werden und der student auch während des praxisblocks von der fhdw betreut wird (§ 7 abs. 2 uabs. 3 studienordnung). 171schließlich wird die inhaltliche verzahnung beider lernorte nach dem curriculum des studienganges auch dadurch sichergestellt, dass der student vor beginn des jeweiligen praktikums ein formblatt zu den beabsichtigten praktikumsinhalten erhielt, welches er in abstimmung mit dem praktikumsunternehmen ausfüllte und innerhalb von 14 tagen nach start des praktikums an die fhdw einreichte. wurde gegen diese verpflichtung verstoßen, wurde das praktikum nicht anerkannt. dem praktikumsausschuss oblag die überprüfung der vorgesehenen inhalte; er intervenierte bei problematischen inhalten (ziffer 4 des merkblattes). 172(2) die tatsächliche ausgestaltung des studiums und der praktischen praxisblöcke stützen die annahme eines praxisintegrierten dualen studienganges, bei dem die berufspraktischen phasen in enger organisatorischer verzahnung mit der hochschulausbildung erfolgt sind. 173der zeuge x hat glaubhaft bekundet, dass in der frühphase des bildungsbetriebes der fhdw ein kooperationsausschuss existierte, dessen aufgabe auch in der gestaltung der praxisphasen bestand. dort sei besprochen worden, wie die praxisphasen auszusehen hatten. zugleich sind den kooperationsbetrieben empfehlungen erteilt worden, wie die praxisphasen inhaltlich ausgestaltet werden sollten. des weiteren hat die fdhw die einhaltung der von ihr verbindlich zugrunde gelegten qualitätsstandards überwacht. so ist etwa bei negativen rückmeldungen von studierenden von seiten der fhdw kontakt mit dem praxisbetrieb aufgenommen und möglichkeiten der abhilfe erörtert worden. bei nachhaltigen qualitätsdefiziten wäre seitens der fhdw einem studierenden von der ableistung der praxisblöcke in einem bestimmten kooperationsbetrieb abgeraten worden. 174für diese organisatorische verzahnung mit der (theoretischen) hochschulausbildung waren - auch bereits zum damaligen zeitpunkt - die erforderlichen strukturen vorgesehen. so war etwa der praktikumsausschuss (§ 7 abs. 1 der studienordnung) de jure bereits während des von der beigeladenen zu 1) absolvierten studiums einberufen, so dass die wahrnehmung seiner aufgaben zur koordination der betrieblichen praxisphasen mit der theoretischen hochschulausbildung gewährleistet war. 175c) entgegen der annahme der beklagten lässt sich eine versicherungspflicht der beigeladenen zu 1) auch auf die erwägung stützen, dass das praxisintegrierte duale studium - wie sie meint - im vorliegenden einzelfall in berufsbegleitender form absolviert worden ist. 176hierbei verfängt insbesondere der verweis der beklagten auf die entscheidung des bsg vom 11.3.2009 (b 12 kr 20/07 r, juris, rn. 14) sowie die - ohnehin rechtlich nicht verbindliche - verlautbarung der spitzenverbände vom 5.7.2010 nicht. zwar ist es hiernach nicht ausgeschlossen, dass ein - zur versicherungspflicht führendes - entgeltliches beschäftigungsverhältnis fortbesteht, wenn ein arbeitnehmer eine beruflich weiterführende (berufsintegrierte), mit der beschäftigung in einem prägenden oder engen inneren zusammenhang stehende ausbildung oder ein solches studium absolviert, das arbeitsverhältnis vom umfang her den erfordernissen der ausbildung bzw. des studiums angepasst, der arbeitnehmer etwa während der ausbildungszeiten vom arbeitgeber freigestellt wird, die beschäftigung im erlernten beruf während der ausbildungsfreien zeit als vollzeitbeschäftigung ausgeübt wird und der arbeitnehmer während des studium weiterhin entgelt erhält (bsg, urteil v. 11.3.2009, b 12 kr 20/07 r, rdnr. 14 unter hinweis auf bsg, urteil v. 11.11.2003, b 12 kr 24/03 r = sozr 4-2500 § 6 nr. 3 rdnr. 9 f.). diese sozialversicherungsrechtliche beurteilung bezieht sich jedoch ausdrücklich auf den - hier nicht vorliegenden - sachverhalt eines beruflich weiterführenden (berufsintegrierten) studiums. entgegen der annahme der beklagten lassen sich diese erwägungen nicht auf ein praxisintegriertes duales studium übertragen, weil sich die typologie dieser bildungsgänge wesentlich voneinander unterscheiden. 177bei berufsintegrierten dualen studiengängen wird die bisherige tätigkeit dem umfang nach den erfordernissen des studiums angepasst. bei einem unter solchen rahmenumständen absolvierten studium ist der fortbestand eines beschäftigungsverhältnisses typisch, da das studium - worauf das bsg ausdrücklich hingewiesen hat - in einem prägenden oder engen inneren zusammenhang mit der bisherigen tätigkeit steht. dieser ausgangslage entsprechend schuldete der arbeitnehmer im dem der entscheidung des bsg vom 11.3.2009 zugrunde liegenden sachverhalt auf grundlage eines als "ausbildungsdienstverhältnis" bezeichneten vertrages während der semesterferien eine arbeitsleistung von acht stunden täglich mit ausnahme einer urlaubszeit von drei wochen (bsg, a.a.o. rn. 2). 178überdies weist der kläger zu recht darauf hin, dass die von der beklagten vertretene rechtsauslegung den von dem bsg erkennbar verfolgten ansatz einer sozialversicherungsrechtlichen systematisierung im bereich dualer studiengänge konterkarieren würde. 179d) etwas anderes folgt schließlich nicht aus der in § 2 des stipendienvertrages vereinbarten rückzahlungsklausel. derartige regelungen können auch in verträgen getroffen werden, auf die das bbig nicht anwendbar ist. im einzelfall ist vielmehr die wirksamkeit einer derartigen klausel zu prüfen (vgl. bag, urteil v. 18.11.2008, 3 azr 192/07, nza 2009, 435 ff.). 180die kostenentscheidung beruht auf den §§ 183, 193 sgg. auf die regelung des § 197a sgg kann die kostenentscheidung nur gestützt werden, wenn das verfahren ab inkrafttreten des 6. sgg-änderungsgesetzes, also ab dem 2.1.2002, rechtshängig geworden ist. für verfahren, die - wie im vorliegenden fall am 2.2.2001 - vorher rechtshängig geworden sind, gilt für alle instanzen, auch, wenn ein rechtsmittel erst nach dem 1.1.2002 eingelegt worden ist, noch § 183 sgg alter fassung (art. 17 abs. 1 satz 2 des 6. sgg-ändg; bsg, urteil v. 30.1.2002, b 6 ka 12/01 r). 181gründe, gemäß § 160 abs. 2 sgg die revision zuzulassen, sind nicht gegeben. 182ein streitwert war für das gesamte gerichtliche verfahren aus den zur kostenentscheidung dargelegten erwägungen nicht festzusetzen.
Klaeger*in
1
183,745
27 C 115/12
2014-02-21T00:00:00
Urteil
Tenor Der in der WEG-Versammlung vom 31.05.2012 unter Tagesordnungspunkt 9 gefasste Beschluss "Risse im Granitboden des Wohnbereichs in der Wohnung ####/#####" wird für ungültig erklärt. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verpflichtet, die Schäden und Mängel an dem Estrich in der Wohnung Nr. 8 der Klägerin, gelegen im 3. Obergeschoss samt zugehörigem Dachgeschoss auf Kosten der Wohnungseigentümergemeinschaft fachgerecht zu beseitigen und zu sanieren. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagten. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 10.000,00 € vorläufig vollstreckbar. 1Tatbestand: 2Die Parteien bilden die Wohnungseigentümergemeinschaft C-Str./G1-M-Str. in C1. Die Klägerin ist Sondereigentümerin der Wohnung Nr. 8, gelegen im 3. Obergeschoss rechts sowie dem zugehörigen Dachgeschoss in der G1-M-Str. ##. In der gesamten Wohnung der Klägerin sind samt zugehörigen und mit der Wohnung verbundenen Dachgeschoss hochwertige Natursteinböden verlegt. Ca. Mitte des Jahres 2006 zeigte sich auf diesem Natursteinboden im Schlafzimmer im Dachgeschoss und im Kinderzimmer im 3. Obergeschoss der Klägerin erhebliche Riss- und Knickbildungen. Dies bestätigte auch ein von dem Verwalter eingeholtes Sachverständigengutachten des Dipl.-Ing. C2 vom 02.10.2006 (vgl. K2 Blatt 13 d.A.). 3Im Nachgang zu diesem Schriftsatz wurde der Klägerin angeboten, auf eigene Kosten und auf eigenes Risiko die Granitplatten aufnehmen zu lassen, um eine Estrichausbesserung auf Kosten der Gemeinschaft zu ermöglichen. Auf einer Eigentümerversammlung vom 12.07.2007 wurde eine Forderung der Klägerin auf Sanierung des Oberbelages auf Kosten der Gemeinschaft zur Abstimmung gestellt. Dieser Antrag wurde mit 24:1 Stimmen abgelehnt. Über das Begehren der Klägerin auf Instandsetzung des Estrichs wurde nicht abgestimmt. Im Oktober 2007 kam es stellenweise zu einer Überarbeitung des Estrichs. Im Mai 2012 traten an den bereits bearbeiteten Stellen des Estrichs im Schlafzimmer und im Dachgeschoss im Kinderzimmer erneut erhebliche Rissbildungen auf den Granitplatten auf. 4Mit Schreiben vom 03.05.2012 an den Verwalter forderte die Klägerin die Beseitigung der Ursachen für den mangelhaften Estrichuntergrund. Das entsprechende Anliegen der Klägerin wurde auf die Tagesordnung der Eigentümerversammlung vom 31.05.2012 gesetzt. In der Eigentümerversammlung vom 31.05.2012 wurde unter Tagesordnungspunkt 9, "Risse im Granitboden des Wohnbereichs in der Wohnung ####/#####", folgender Beschluss gefasst (vgl. das Protokoll der Versammlung, K17, Bl. 37ff. d.A.): 5"Die Eigentümergemeinschaft beschließt, die Forderung von Frau X auf Schadensersatz abzulehnen. Frau X wird darüber informiert, dass ihr eine Schadensminderungspflicht obliegt und sie deshalb Gewährleistungsansprüche gegenüber ihren Handwerkern fordern soll." 6Der Beschluss wurde mit 18 zu 1 Stimmen angenommen. Angekündigt wurde dieser Tagesordnungspunkt im Schreiben des Verwalters vom 14. Mai 2012 (K16, Bl. 36 d.A.) in dem es hieß: 7"Im nun vorliegenden Fall wird jedoch von Frau X die gesamte Sanierung von der Gemeinschaft gefordert. Die Gemeinschaft muss nun entscheiden, wie mit der erneut vorgebrachten Reklamation umgegangen wird." 8Die Klägerin ist der Ansicht, der angefochtene Beschluss widerspreche ordnungsgemäßer Verwaltung und sei schon mangels Beschlussfähigkeit aufzuheben, da bei der Wiederholungsversammlung vom 31.05.2012, die sich direkt an die beschlussunfähige Versammlung vom 26.04.2012 anschloss, weniger als die Hälfte der Miteigentumsanteile durch Wohnungseigentümer vertreten waren. § 25 Abs. 4 WEG sei nicht anwendbar, da die Tagesordnung zwischenzeitlich ergänzt worden sei. Zudem sei der Beschluss zu unbestimmt. Es sei unklar, welche Schadensersatzforderungen genau gemeint sein sollen, nachdem sie gemäß Tagesordnung die Instandsetzung des mangelhaften Estrichs bzw. die Ursachenbeseitigung der Sondereigentumseinheit begehrt hatte. Zur Instandhaltung oder Instandsetzung des mangelhaften Estrichs sei die Gemeinschaft aber schon deshalb verpflichtet, weil der Estrich zum Gemeinschaftseigentum gehört. Aufgrund dieser Verpflichtung der Beklagten sei auch der Verpflichtungsantrag nach § 21 Abs. 8 WEG begründet. Der Verpflichtungsantrag stelle insoweit einen Grundantrag für die dringend gebotene Instandsetzung des Estrichs dar. 9Die Klägerin beantragt, 10der in der WEG-Versammlung vom 31.05.2012 unter Tagesordnungspunkt 9 gefasste Beschluss "Risse im Granitboden des Wohnbereichs in der Wohnung ####/#####" für ungültig zu erklären 11sowie 12die Beklagten als Gesamtschuldner zu verpflichten, die Schäden und Mängel an dem Estrich in der Wohnung Nr. 8 der Klägerin, gelegen im 3. Obergeschoss samt zugehörigem Dachgeschoss auf Kosten der Wohnungseigentümergemeinschaft fachgerecht zu beseitigen und zu sanieren. 13Die Beklagten beantragen, 14 die Klage abzuweisen. 15Sie erläutern, dass bereits mit Anwaltsschreiben vom 04.12.2006 angeboten worden sei, den Estrich auf Kosten der Gemeinschaft zu sanieren, soweit die Klägerin auf eigene Kosten die Granitplatten aufnehmen lasse. Sie vertreten zudem die Auffassung, dass auch der Estrichuntergrund Sondereigentum sei, da nach der Teilungserklärung zum Sondereigentum auch der Fußbodenbelag gehöre. Auf der Versammlung vom 31.05. sei eine von der Klägerin vorgetragene Schadenersatzforderung zurückgewiesen worden. Man sei immer zur Mangelbeseitigung bzw. zur Erneuerung des Estrichs bereit gewesen. Beides sei zugesagt worden, wenn auch "ohne Anerkennung einer Rechtspflicht", gleichwohl mit Rechtsbindungswillen (Bl. 109 d.A.). Lediglich der Granitplattenbelag sei von der Klägerin zu finanzieren. Man habe bereits 2006 klargestellt, dass die Estrichausbesserung oder Erneuerung sofort beschlossen würde, wenn die Klägerin die eigene Zuständigkeit für den Granitbelag akzeptiere. 16Das Gericht hat bezüglich des Zustands des Estrichs Beweis erhoben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme und der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf das Gutachten des Dipl.-Ing. F vom 03.05.2013 (Bl. 183 - 194 d.A.), die ergänzende Stellungnahme vom 12.07.2013 (Bl. 235 u. 236 d.A.), auf die Sitzungsprotokolle vom 19.10.2012 (Bl. 151 d.A.) und vom 31.01.2014 (Bl. 366 d.A.) sowie den sonstigen Akteninhalt Bezug genommen. 17Entscheidungsgründe: 18Die zulässige Klage ist begründet. 19Der angefochtene Beschluss zu Tagesordnungspunkt 9 widerspricht ordnungsgemäßer Verwaltung. Dies folgt zum einen bereits daraus, dass die Versammlung vom 31.05.2012 nicht beschlussfähig war. Unstreitig waren dort weniger als die Hälfte der Miteigentumsanteile durch Wohnungseigentümer vertreten. Eine Wiederholungsversammlung nach § 25 Abs. 4 WEG liegt zumindest bezüglich des streitgegenständlichen Beschlusses nicht vor. Die Tagesordnung wurde nämlich unstreitig durch die Schreiben des Verwalters vom 07.05.2012 und 14.05.2012 (Bl. 35 und 36 d.a.) unter anderem um den hier streitgegenständlichen Tagesordnungspunkt "Risse im Granitboden des Wohnbereichs in der Wohnung ####/#####" erweitert. 20Darüber hinaus dürfte der Beschluss aber auch inhaltlich zu unbestimmt sein. Aus dem Einladungsschreiben des Verwalters ergibt sich, dass die Klägerin "Sanierung des Estrichs" von der Gemeinschaft fordert. Von Schadenersatzansprüchen ist nicht die Rede. Auch die Klägerin selbst erklärt, sie habe die Instandsetzung des mangelhaften Estrichs bzw. die Ursachenbeseitigung in ihrer Sondereigentumseinheit und keinen Schadensersatz gefordert. Auch die Beklagten selbst tragen vor, dass die Klägerin nach dem Beschluss der Wohnungseigentümer vom 12.07.2007 keine "Sanierung des Oberbelages" mehr verlangte (Bl. 108 d.A.). Vor diesem Hintergrund ist nicht ersichtlich, welche Forderungen der Klägerin überhaupt abgelehnt werden sollten. 21Der Verpflichtungsantrag ist ebenfalls begründet. Der entsprechende Anspruch der Klägerin folgt aus § 21 Abs. 8 WEG. Spätestens seit dem Vorliegen des Sachverständigengutachtens C2 vom 02.10.2006 war, auch wenn nicht alle Feststellungen dieses Gutachtens zutreffend sind, der Gemeinschaft bekannt, dass der Estrich schadhaft und zu sanieren ist. Die Beklagten tragen auch selbst mit der Klageerwiderung vor, dass die Mangelbeseitigung am Estrich zugesagt wurde, wenn auch "ohne Anerkennung einer Rechtspflicht, gleichwohl mit Rechtsbindungswillen". Was die Beklagten hiermit erklären wollen, erschließt sich nicht, zumal die Mangelbeseitigung bzw. Erneuerung des Estrichs längst überfällig ist und noch immer nicht durchgeführt wurde. Ebenso wenig erschließt sich, weshalb die Beklagten einen kostenträchtigen Prozess führen, Klageabweisung beantragen und selbst nach dem klaren Ergebnis des Gutachtens den Verpflichtungsantrag nicht anerkennen, wenn sie diesem inhaltlich gar nicht entgegentreten wollen. Soweit die Beklagten erklären, "dass die Estrichausbesserung oder Erneuerung sofort beschlossen würde, wenn die Klägerin die eigene Zuständigkeit für den Granitbelag akzeptiert" (vgl. Klageerwiderung Seite 6, Bl. 110 d.A.), ist dem zu entgegnen, dass die Beklagten die Erfüllung unstreitig bestehender Verpflichtungen nicht von der Bedingung abhängig machen können, dass die Klägerin sich bezüglich streitiger Positionen erklärt. Da auch nach dem gerichtlichen Gutachten feststeht, dass der Estrich mangelhaft ist, kann der Anspruch der Klägerin auf entsprechende Instandsetzung keinem Zweifel mehr unterliegen. Die gegen das Gutachten gerichteten Einwände der Beklagten hält das Gericht für unerheblich. Es bedarf keiner weiteren Begründung, dass das Hineinragen von Rohren in den Estrichquerschnitt keine sach- und fachgerechte Ausführung darstellt. Dies gilt unabhängig davon, wann das Objekt fertiggestellt wurde. 22Der von der Klägerin gestellte Antrag zur Verpflichtung, die vorhandenen Schäden und Mängel an dem Estrich zu beseitigen, hat jedenfalls zum Gegenstand, dass der Estrich in der vorgesehenen Nenndicke von 40mm ohne die in dem Sachverständigengutachten genannten Mängel herzustellen ist. Ein Anspruch darauf, dass der Estrich darüber hinaus in einer Nenndicke von 45 mm ausgeführt wird, um eine notwendige Belastbarkeit für Steinbeläge und keramische Beläge aufzuweisen, dürfte fraglich sein (vgl. aber die Ausführungen im nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 06.02.2014), denn er würde erfordern, dass der Estrich von Anfang an in dieser Nenndicke geplant war. Jedenfalls ist er aber nicht von dem hier gestellten Klageantrag umfasst, denn einen Anspruch auf erstmalige ordnungsgemäße Herstellung des geschuldeten Zustands hat die Klägerin im vorliegenden Verfahren nicht geltend gemacht. Von der Existenz eines solchen Anspruchs wird abhängen, ob die Klägerin trotz der zur Zeit mangelnden Tragfähigkeit des geplanten Estrichs in der Folge berechtigt ist, erneut Steinbeläge oder keramische Beläge auf einen dann verstärkten Estrich zu legen. Auch diese Frage ist aber letztendlich nicht rechtshängig. Einzelheiten der Sanierung und der Auftragsvergabe werden die Beteiligten im Rahmen einer Eigentümerversammlung beschließen müssen. Die Klägerin hat insofern klargestellt, dass sie lediglich einen "Grundantrag" für die Instandsetzung des Estrichs stellt (Schriftsatz vom 05.07.2012, Bl. 12 d.a.). 23Bezüglich der Kosten über den jetzt vorhandenen Oberbelag, über den sich die Parteien im Wesentlichen streiten, der aber ihrerseits ebenfalls nicht Gegenstand der gestellten Anträge ist, weist das Gericht vorsichtshalber darauf hin, dass etwaige Schadenersatzansprüche der Klägerin verjährt sein dürften. Die entsprechende Einrede ist von den Beklagten auch erhoben worden. In Betracht kommt ein auf den Zeitwert der jetzigen Beläge gerichteter Aufopferungsanspruch der Klägerin nach § 14 Nr. 4 WEG, wenn die Beläge im Rahmen der Estrichsanierung aufgenommen werden. Um weitere Prozesse zu vermeiden regt das Gericht an, dass sich die Klägerin und die Beklagten einvernehmlich auf einen zu verlegenden Oberbelag einigen und die hierfür entstehenden Mehrkosten sowie etwaige Mehrkosten für eine höhere Nenndicke des Estrichs zwischen den Parteien geteilt werden. 24Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 709 ZPO. 25Streitwert: 15.000,00 €. 26Das Gericht geht anhand der aktenkundigen Angebote davon aus, dass eine Entfernung des momentan vorhandenen Oberbelages sowie eine Sanierung des Estrichs in dem dargelegten Rahmen nicht mehr als 30.000,00 € kosten wird. Zwischen Anfechtungs- und Verpflichtungsantrag war nicht zu differenzieren, da beide Anträge denselben Streitgegenstand zum Inhalt haben. 27Rechtsbehelfsbelehrung: 28Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist, 29a) wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder 30b) wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht zugelassen worden ist. 31Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Landgericht Köln, Luxemburger Straße 101, 50939 Köln, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten. 32Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Landgericht Köln zu begründen. 33Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Köln durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein. 34Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.
der in der weg-versammlung vom 31.05.2012 unter tagesordnungspunkt 9 gefasste beschluss "risse im granitboden des wohnbereichs in der wohnung ####/#####" wird für ungültig erklärt. die beklagten werden als gesamtschuldner verpflichtet, die schäden und mängel an dem estrich in der wohnung nr. 8 der klägerin, gelegen im 3. obergeschoss samt zugehörigem dachgeschoss auf kosten der wohnungseigentümergemeinschaft fachgerecht zu beseitigen und zu sanieren. die kosten des rechtsstreits tragen die beklagten. das urteil ist gegen sicherheitsleistung in höhe von 10.000,00 € vorläufig vollstreckbar. 1
2die parteien bilden die wohnungseigentümergemeinschaft c-str./g1-m-str. in c1. die klägerin ist sondereigentümerin der wohnung nr. 8, gelegen im 3. obergeschoss rechts sowie dem zugehörigen dachgeschoss in der g1-m-str. ##. in der gesamten wohnung der klägerin sind samt zugehörigen und mit der wohnung verbundenen dachgeschoss hochwertige natursteinböden verlegt. ca. mitte des jahres 2006 zeigte sich auf diesem natursteinboden im schlafzimmer im dachgeschoss und im kinderzimmer im 3. obergeschoss der klägerin erhebliche riss- und knickbildungen. dies bestätigte auch ein von dem verwalter eingeholtes sachverständigengutachten des dipl.-ing. c2 vom 02.10.2006 (vgl. k2 blatt 13 d.a.). 3im nachgang zu diesem schriftsatz wurde der klägerin angeboten, auf eigene kosten und auf eigenes risiko die granitplatten aufnehmen zu lassen, um eine estrichausbesserung auf kosten der gemeinschaft zu ermöglichen. auf einer eigentümerversammlung vom 12.07.2007 wurde eine forderung der klägerin auf sanierung des oberbelages auf kosten der gemeinschaft zur abstimmung gestellt. dieser antrag wurde mit 24:1 stimmen abgelehnt. über das begehren der klägerin auf instandsetzung des estrichs wurde nicht abgestimmt. im oktober 2007 kam es stellenweise zu einer überarbeitung des estrichs. im mai 2012 traten an den bereits bearbeiteten stellen des estrichs im schlafzimmer und im dachgeschoss im kinderzimmer erneut erhebliche rissbildungen auf den granitplatten auf. 4mit schreiben vom 03.05.2012 an den verwalter forderte die klägerin die beseitigung der ursachen für den mangelhaften estrichuntergrund. das entsprechende anliegen der klägerin wurde auf die tagesordnung der eigentümerversammlung vom 31.05.2012 gesetzt. in der eigentümerversammlung vom 31.05.2012 wurde unter tagesordnungspunkt 9, "risse im granitboden des wohnbereichs in der wohnung ####/#####", folgender beschluss gefasst (vgl. das protokoll der versammlung, k17, bl. 37ff. d.a.): 5"die eigentümergemeinschaft beschließt, die forderung von frau x auf schadensersatz abzulehnen. frau x wird darüber informiert, dass ihr eine schadensminderungspflicht obliegt und sie deshalb gewährleistungsansprüche gegenüber ihren handwerkern fordern soll." 6der beschluss wurde mit 18 zu 1 stimmen angenommen. angekündigt wurde dieser tagesordnungspunkt im schreiben des verwalters vom 14. mai 2012 (k16, bl. 36 d.a.) in dem es hieß: 7"im nun vorliegenden fall wird jedoch von frau x die gesamte sanierung von der gemeinschaft gefordert. die gemeinschaft muss nun entscheiden, wie mit der erneut vorgebrachten reklamation umgegangen wird." 8die klägerin ist der ansicht, der angefochtene beschluss widerspreche ordnungsgemäßer verwaltung und sei schon mangels beschlussfähigkeit aufzuheben, da bei der wiederholungsversammlung vom 31.05.2012, die sich direkt an die beschlussunfähige versammlung vom 26.04.2012 anschloss, weniger als die hälfte der miteigentumsanteile durch wohnungseigentümer vertreten waren. § 25 abs. 4 weg sei nicht anwendbar, da die tagesordnung zwischenzeitlich ergänzt worden sei. zudem sei der beschluss zu unbestimmt. es sei unklar, welche schadensersatzforderungen genau gemeint sein sollen, nachdem sie gemäß tagesordnung die instandsetzung des mangelhaften estrichs bzw. die ursachenbeseitigung der sondereigentumseinheit begehrt hatte. zur instandhaltung oder instandsetzung des mangelhaften estrichs sei die gemeinschaft aber schon deshalb verpflichtet, weil der estrich zum gemeinschaftseigentum gehört. aufgrund dieser verpflichtung der beklagten sei auch der verpflichtungsantrag nach § 21 abs. 8 weg begründet. der verpflichtungsantrag stelle insoweit einen grundantrag für die dringend gebotene instandsetzung des estrichs dar. 9die klägerin beantragt, 10der in der weg-versammlung vom 31.05.2012 unter tagesordnungspunkt 9 gefasste beschluss "risse im granitboden des wohnbereichs in der wohnung ####/#####" für ungültig zu erklären 11sowie 12die beklagten als gesamtschuldner zu verpflichten, die schäden und mängel an dem estrich in der wohnung nr. 8 der klägerin, gelegen im 3. obergeschoss samt zugehörigem dachgeschoss auf kosten der wohnungseigentümergemeinschaft fachgerecht zu beseitigen und zu sanieren. 13die beklagten beantragen, 14 die klage abzuweisen. 15sie erläutern, dass bereits mit anwaltsschreiben vom 04.12.2006 angeboten worden sei, den estrich auf kosten der gemeinschaft zu sanieren, soweit die klägerin auf eigene kosten die granitplatten aufnehmen lasse. sie vertreten zudem die auffassung, dass auch der estrichuntergrund sondereigentum sei, da nach der teilungserklärung zum sondereigentum auch der fußbodenbelag gehöre. auf der versammlung vom 31.05. sei eine von der klägerin vorgetragene schadenersatzforderung zurückgewiesen worden. man sei immer zur mangelbeseitigung bzw. zur erneuerung des estrichs bereit gewesen. beides sei zugesagt worden, wenn auch "ohne anerkennung einer rechtspflicht", gleichwohl mit rechtsbindungswillen (bl. 109 d.a.). lediglich der granitplattenbelag sei von der klägerin zu finanzieren. man habe bereits 2006 klargestellt, dass die estrichausbesserung oder erneuerung sofort beschlossen würde, wenn die klägerin die eigene zuständigkeit für den granitbelag akzeptiere. 16das gericht hat bezüglich des zustands des estrichs beweis erhoben durch einholung eines sachverständigengutachtens. wegen des ergebnisses der beweisaufnahme und der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf das gutachten des dipl.-ing. f vom 03.05.2013 (bl. 183 - 194 d.a.), die ergänzende stellungnahme vom 12.07.2013 (bl. 235 u. 236 d.a.), auf die sitzungsprotokolle vom 19.10.2012 (bl. 151 d.a.) und vom 31.01.2014 (bl. 366 d.a.) sowie den sonstigen akteninhalt bezug genommen. 17
18die zulässige klage ist begründet. 19der angefochtene beschluss zu tagesordnungspunkt 9 widerspricht ordnungsgemäßer verwaltung. dies folgt zum einen bereits daraus, dass die versammlung vom 31.05.2012 nicht beschlussfähig war. unstreitig waren dort weniger als die hälfte der miteigentumsanteile durch wohnungseigentümer vertreten. eine wiederholungsversammlung nach § 25 abs. 4 weg liegt zumindest bezüglich des streitgegenständlichen beschlusses nicht vor. die tagesordnung wurde nämlich unstreitig durch die schreiben des verwalters vom 07.05.2012 und 14.05.2012 (bl. 35 und 36 d.a.) unter anderem um den hier streitgegenständlichen tagesordnungspunkt "risse im granitboden des wohnbereichs in der wohnung ####/#####" erweitert. 20darüber hinaus dürfte der beschluss aber auch inhaltlich zu unbestimmt sein. aus dem einladungsschreiben des verwalters ergibt sich, dass die klägerin "sanierung des estrichs" von der gemeinschaft fordert. von schadenersatzansprüchen ist nicht die rede. auch die klägerin selbst erklärt, sie habe die instandsetzung des mangelhaften estrichs bzw. die ursachenbeseitigung in ihrer sondereigentumseinheit und keinen schadensersatz gefordert. auch die beklagten selbst tragen vor, dass die klägerin nach dem beschluss der wohnungseigentümer vom 12.07.2007 keine "sanierung des oberbelages" mehr verlangte (bl. 108 d.a.). vor diesem hintergrund ist nicht ersichtlich, welche forderungen der klägerin überhaupt abgelehnt werden sollten. 21der verpflichtungsantrag ist ebenfalls begründet. der entsprechende anspruch der klägerin folgt aus § 21 abs. 8 weg. spätestens seit dem vorliegen des sachverständigengutachtens c2 vom 02.10.2006 war, auch wenn nicht alle feststellungen dieses gutachtens zutreffend sind, der gemeinschaft bekannt, dass der estrich schadhaft und zu sanieren ist. die beklagten tragen auch selbst mit der klageerwiderung vor, dass die mangelbeseitigung am estrich zugesagt wurde, wenn auch "ohne anerkennung einer rechtspflicht, gleichwohl mit rechtsbindungswillen". was die beklagten hiermit erklären wollen, erschließt sich nicht, zumal die mangelbeseitigung bzw. erneuerung des estrichs längst überfällig ist und noch immer nicht durchgeführt wurde. ebenso wenig erschließt sich, weshalb die beklagten einen kostenträchtigen prozess führen, klageabweisung beantragen und selbst nach dem klaren ergebnis des gutachtens den verpflichtungsantrag nicht anerkennen, wenn sie diesem inhaltlich gar nicht entgegentreten wollen. soweit die beklagten erklären, "dass die estrichausbesserung oder erneuerung sofort beschlossen würde, wenn die klägerin die eigene zuständigkeit für den granitbelag akzeptiert" (vgl. klageerwiderung seite 6, bl. 110 d.a.), ist dem zu entgegnen, dass die beklagten die erfüllung unstreitig bestehender verpflichtungen nicht von der bedingung abhängig machen können, dass die klägerin sich bezüglich streitiger positionen erklärt. da auch nach dem gerichtlichen gutachten feststeht, dass der estrich mangelhaft ist, kann der anspruch der klägerin auf entsprechende instandsetzung keinem zweifel mehr unterliegen. die gegen das gutachten gerichteten einwände der beklagten hält das gericht für unerheblich. es bedarf keiner weiteren begründung, dass das hineinragen von rohren in den estrichquerschnitt keine sach- und fachgerechte ausführung darstellt. dies gilt unabhängig davon, wann das objekt fertiggestellt wurde. 22der von der klägerin gestellte antrag zur verpflichtung, die vorhandenen schäden und mängel an dem estrich zu beseitigen, hat jedenfalls zum gegenstand, dass der estrich in der vorgesehenen nenndicke von 40mm ohne die in dem sachverständigengutachten genannten mängel herzustellen ist. ein anspruch darauf, dass der estrich darüber hinaus in einer nenndicke von 45 mm ausgeführt wird, um eine notwendige belastbarkeit für steinbeläge und keramische beläge aufzuweisen, dürfte fraglich sein (vgl. aber die ausführungen im nicht nachgelassenen schriftsatz vom 06.02.2014), denn er würde erfordern, dass der estrich von anfang an in dieser nenndicke geplant war. jedenfalls ist er aber nicht von dem hier gestellten klageantrag umfasst, denn einen anspruch auf erstmalige ordnungsgemäße herstellung des geschuldeten zustands hat die klägerin im vorliegenden verfahren nicht geltend gemacht. von der existenz eines solchen anspruchs wird abhängen, ob die klägerin trotz der zur zeit mangelnden tragfähigkeit des geplanten estrichs in der folge berechtigt ist, erneut steinbeläge oder keramische beläge auf einen dann verstärkten estrich zu legen. auch diese frage ist aber letztendlich nicht rechtshängig. einzelheiten der sanierung und der auftragsvergabe werden die beteiligten im rahmen einer eigentümerversammlung beschließen müssen. die klägerin hat insofern klargestellt, dass sie lediglich einen "grundantrag" für die instandsetzung des estrichs stellt (schriftsatz vom 05.07.2012, bl. 12 d.a.). 23bezüglich der kosten über den jetzt vorhandenen oberbelag, über den sich die parteien im wesentlichen streiten, der aber ihrerseits ebenfalls nicht gegenstand der gestellten anträge ist, weist das gericht vorsichtshalber darauf hin, dass etwaige schadenersatzansprüche der klägerin verjährt sein dürften. die entsprechende einrede ist von den beklagten auch erhoben worden. in betracht kommt ein auf den zeitwert der jetzigen beläge gerichteter aufopferungsanspruch der klägerin nach § 14 nr. 4 weg, wenn die beläge im rahmen der estrichsanierung aufgenommen werden. um weitere prozesse zu vermeiden regt das gericht an, dass sich die klägerin und die beklagten einvernehmlich auf einen zu verlegenden oberbelag einigen und die hierfür entstehenden mehrkosten sowie etwaige mehrkosten für eine höhere nenndicke des estrichs zwischen den parteien geteilt werden. 24die prozessualen nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 709 zpo. 25streitwert: 15.000,00 €. 26das gericht geht anhand der aktenkundigen angebote davon aus, dass eine entfernung des momentan vorhandenen oberbelages sowie eine sanierung des estrichs in dem dargelegten rahmen nicht mehr als 30.000,00 € kosten wird. zwischen anfechtungs- und verpflichtungsantrag war nicht zu differenzieren, da beide anträge denselben streitgegenstand zum inhalt haben. 27rechtsbehelfsbelehrung: 28gegen dieses urteil ist das rechtsmittel der berufung für jeden zulässig, der durch dieses urteil in seinen rechten benachteiligt ist, 29a) wenn der wert des beschwerdegegenstandes 600,00 eur übersteigt oder 30b) wenn die berufung in dem urteil durch das amtsgericht zugelassen worden ist. 31die berufung muss innerhalb einer notfrist von einem monat nach zustellung dieses urteils schriftlich bei dem landgericht köln, luxemburger straße 101, 50939 köln, eingegangen sein. die berufungsschrift muss die bezeichnung des urteils, gegen das die berufung gerichtet wird, sowie die erklärung, dass gegen dieses urteil berufung eingelegt werde, enthalten. 32die berufung ist, sofern nicht bereits in der berufungsschrift erfolgt, binnen zwei monaten nach zustellung dieses urteils schriftlich gegenüber dem landgericht köln zu begründen. 33die parteien müssen sich vor dem landgericht köln durch einen rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die berufungs- und die berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein. 34mit der berufungsschrift soll eine ausfertigung oder beglaubigte abschrift des angefochtenen urteils vorgelegt werden.
Klaeger*in
1
126,429
L 11 KA 7/13
2016-02-10T00:00:00
Urteil
Tenor Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 27.11.2012 abgeändert und die Klage abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits. Die Revision wird nicht zugelassen. 1Tatbestand: 2Streitig ist die Verpflichtung des Beklagten, die vom Kläger im Quartal I/2008 erbrachten pädiatrischen Leistungen nach den Gebührenordnungspositionen (GOP) 01310 und 01311 des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes (EBM) 2008 nach Neubewertung durch den Bewertungsausschuss nachzuvergüten. 3Der Kläger ist Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin, Schwerpunkt Neuropädiatrie, und war bis ins Jahr 2010 als Direktor der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin am Klinikum M tätig. 4Mit Folgeermächtigung vom 15.08.2007 wurde der Kläger für die Zeit bis 31.12.2008 zur Erbringung folgender Leistungen ermächtigt: 51. auf Überweisung von zugelassenen Fachärzten für Kinder- und Jugendmedizin 61.1 Durchführung besonderer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden im Rahmen der Kinder- und Jugendmedizin, abrechnungsfähig sind in diesem Zusammenhang die Leistungen nach den Geb.-Nrn. 01310, 01311, 04120, 04311, 04312 mit Ausnahme: 7- Behandlung von Kindern mit Diabetes mellitus; - Behandlung im Rahmen der Pneumonologie bis zum 16. Lebensjahr; - Behandlung von hämato-onkologischen Erkrankungen bei Kindern bis zum vollendeten 15. Lebensjahr und der Weiterbehandlung dieser Patienten bis zur Vollendung des 18. Lebensjahr; - Leistungen im Rahmen der Neuropädiatrie - Durchführung der kardiologischen Funktionsdiagnostik 81.2 Durchführung von Leistungen im Rahmen der Neuropädiatrie; abrechnungsfähig sind in diesem Zusammenhang Leistungen nach den Geb.-Nrn. 04210, 04313, 04350, 04351, 04352, 04353, 04354, 16310, 16311, 9- mit einer Fallzahlbegrenzung von 30 Fälle pro Quartal - 102. Auf Überweisung von zugelassenen Fachärzten für Kinder- und Jugendmedizin, Allgemeinmediziner und Hausärztliche Internisten: 11Diagnostik und Therapie von Patienten mit Neurofibromatose Typ 1, 12- mit einer Fallzahlbegrenzung von 150 Fällen pro Quartal -." 13Mit Schreiben vom 15.08.2008 legte der Kläger Widerspruch ein gegen den Abrechnungsbescheid vom 18.07.2008 für das Quartal I/2008 hinsichtlich des Ansatzes der Grundpauschale für ermächtigte Ärzte (GOP 01310, 01311 EBM) anstelle der Versichertenpauschale bei Überweisung durch einen Vertragsarzt (GOP 04120, 04121 EBM) einschließlich des in der Präambel EBM 2008 (4.1.4) vorgesehenen Zuschlags von 40% auf die Versichertenpauschale für den Fall, dass ein Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin mit Schwerpunkt oder Zusatzweiterbildung tätig wird. Zur Begründung trug er vor, es verstoße gegen das Gleichheitsgebot aus Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG), dass er als ermächtigter Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin eine sehr viel geringere Vergütung erhalte als ein Vertragsarzt. Dies sei eine missbräuchliche Ausnutzung des Gestaltungsspielraums bei der Gestaltung des EBM 2008. Er bitte die Abrechnung zu korrigieren. 14Mit Widerspruchsbescheid vom 25.11.2008 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Gemäß Punkt 2.3 des EBM 2008 sei die Berechnung einer Gebührenposition durch einen ermächtigen Arzt bzw. durch ermächtigte Krankenhäuser oder ermächtigte Institute an das Fachgebiet und den Ermächtigungsumfang gebunden. Entspreche der Ermächtigungsumfang dem eines zugelassenen Vertragsarztes könne anstelle der GOP 01310 bis 01312 die Berechnung einer in den arztgruppenspezifischen Kapiteln genannten Pauschale durch den Zulassungsausschuss ermöglicht werden. Die derzeit gültige Ermächtigung des Klägers ermögliche hingegen nicht die Abrechnung der Versichertenpauschale des arztgruppenspezifischen Kapitels 4 des EBM. 15Mit seiner am 12.12.2008 erhobenen Klage hat der Kläger zunächst beantragt, in Abänderung der angegriffenen Bescheide die Beklagte zu verurteilen, die von ihm erbrachten pädiatrischen Leistungen nach den GOP 01310/01311 EBM 2008 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts höher zu vergüten. Seit Einführung des EBM 2008 könne er für die von ihm erbrachten pädiatrischen Leistungen nur noch die Grundpauschale für ermächtigte Arzte, die GOP 01310 EBM bzw. GOP 01311 EBM mit 205 bzw. 175 Punkten abrechnen. Erbringe ein zur vertragsärztlicher Versorgung zugelassener Kinder- und Jugendarzt dieselben Leistungen auf Überweisung, könne er die Versichertenpauschale der GOP 04120 oder 04121 EBM 2008 mit 500 bzw. 450 Punkten zur Abrechnung bringen. Erbringe ein Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin mit Schwerpunkt- oder Zusatzweiterbildung auf Überweisung die ausschließlich fachärztlichen Leistungen des Abschnitts 4.4 EBM 2008 (GOP der schwerpunktorientierten Kinder- und Jugendärzte) oder des Abschnitts 4.5 EBM 2008 (pädiatrische GOP mit Zusatzweiterbildung), seien gemäß 4.1 Präambel Nr. 4 Satz 2 EBM die Versichertenpauschalen der GOP 04110 und 04111 EBM 2008 mit einem Aufschlag in Höhe von 40 % der jeweiligen Punktzahl berechnungsfähig. Es könnten damit insgesamt 1.400 bzw. 1.260 Punkte abrechnet werden. Im streitgegenständlichen Quartal I/2008 habe er für die von ihm auf der Grundlage seiner Ermächtigung erbrachten pädiatrischen Leistungen die pädiatrische Versichertenpauschale nach den GOP 04110 und 04111 EBM 2008 abgerechnet. Die Beklagte habe diese GOP im Wege der sachlich-rechnerischen Richtigstellung in die GOP 01310 bzw. 01311 EBM 2008 abgeändert. Die unzureichende Vergütung verstoße gegen den verfassungsrechtlichen Grundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Zum einen sei die Bewertung der Grundpauschale für die ermächtigten Ärzte mit 175 bzw. 205 Punkten zu niedrig angesetzt und benachteilige ihn im Vergleich zu den auf Überweisung ausschließlich fachärztlich tätigen, die gleichen Leistungen erbringenden zugelassenen Vertragsärzten, die die pädiatrische Versichertenpauschale zzgl. 40 % abrechnen könnten. Zum anderen sei er auch dadurch benachteiligt, dass andere ermächtigte Leistungserbringer ebenfalls die gleiche Grundpauschale für ermächtigte Ärzte abrechnen dürften, obwohl sie Leistungen erbrächten, die einen erheblich niedrigeren zeitlichen und sachlichen Aufwand mit sich brächten. Dies stelle einen Verstoß gegen die Honorarverteilungsgerechtigkeit dar. Ein sachlicher Grund, aus dem von einer gleichen Vergütung für gleiche Leistungen abgewichen werden dürfe, liege nicht vor. Insbesondere sei die Kostenbelastung der ermächtigten Ärzte nicht geringer - wie der Gesetzgeber ab 2009 ausweislich § 120 Abs. 1a Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) erkannt habe. Der Erweiterte Bewertungsausschuss scheine auch die Problematik der undifferenzierten Vergütung der Leistungen ermächtigter Ärzte erkannt zu haben, wenn er im EBM 2009 immerhin zwei unterschiedliche Grundpauschalen (GOP 01320 mit 260 Punkten und GOP 01321 mit 450 Punkten) vorsehe. Im Gegensatz zu zugelassenen Leistungserbringern erbringe er in nahezu jedem Behandlungsfall sämtliche mit der Grundpauschale abgebildeten Leistungen. Er habe keine sog. Verdünnerfälle. An die ermächtigten Pädiater würden vorwiegend diejenigen Patienten überwiesen, die besonders komplexe und schwierige Krankheitsfälle hätten. Bei diesen werde in der Regel der Leistungsumfang der Ermächtigung komplett ausgeschöpft. Die streitige Bewertung der Grundpauschale für die Ermächtigten sei berufspolitisch sehr früh (mit Schreiben vom 19.06.2008 und 23.07.2008) thematisiert worden. Zwar sei mit der Änderung des EBM mit Wirkung zum 01.01.2009 die schwerwiegende eingetretene rechtswidrige Gleichbehandlung aller ermächtigten Ärzte abgemildert worden. Indes bestehe im streitbefangenen Quartal I/2008 jene nicht gerechtfertigte schwerwiegende Gleichbehandlung aller ermächtigten Ärzte noch immer. 16Der Kläger hat beantragt, 17die Beklagte unter teilweiser Abänderung des Honorarbescheides für das Quartal I/2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.10.2008 zu verpflichten, nach Neuregelung durch den Bewertungsausschuss über die Bewertung der Grundpauschale für ermächtigte Ärzte neu zu entscheiden. 18Die Beklagte hat beantragt, 19die Klage abzuweisen. 20Sie hat auf Nachfrage des SG mitgeteilt, dass es für das Quartal I/2008 keinen Bescheid über eine sachlich-rechnerische Richtigstellung der begehrten GOP 01420 und 01421 EBM gebe, weil der Kläger diese GOP nicht abgerechnet habe. 21Der Beigeladene zu 1) hat vorgetragen, der EBM 2008 sehe in Umsetzung der gesetzlichen Vorgaben aus § 87 Abs. 2b und 2c SGB V vor, dass die im EBM aufgeführten Leistungen der hausärztlichen Versorgung als Versichertenpauschale und die Leistungen der fachärztlichen Versorgung arztgruppenspezifisch als Grund- und Zusatzleistungen abgebildet würden. Auch die Regelung, wonach für ermächtigte Ärzte grundsätzlich nicht die jeweiligen arztgruppenspezifischen Versicherten- bzw. Grundpauschalen abrechenbar seien, sondern die im Kapitel 1.3 aufgeführten altersbezogenen Organisationskomplexe, stünde mit den rechtlichen Vorgaben, insbesondere dem Gleichheitsgrundsatz im Einklang. Die hiermit vorgenommene Differenzierung zwischen ermächtigten und zugelassenen Ärzten berücksichtige, dass ein ermächtigter Arzt nicht alle Leistungen seines Fachgebietes erbringen könne, weil eine Ermächtigung regelmäßig auf einzelne Leistungen beschränkt werde. Mit den Grundpauschalen würden hingegen nach § 87 Abs. 2c Satz 2 SGB V die üblicherweise von der Arztgruppe in jedem Behandlungsfall erbrachten Leistungen vergütet. Entspreche der Ermächtigungsumfang dem eines zugelassenen Vertragsarztes, könne die Berechnung der arztgruppenspezifischen Versicherten-, Grund- oder Konsiliarpauschale genehmigt werden, so dass sichergestellt sei, dass wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich behandelt werde. 22Die Beigeladene zu 2) hat darauf hingewiesen, dass die eigenständigen GOP für die schwerpunktorientierte Kinder- und Jugendmedizin sowie für die möglichen Zusatzbezeichnungen in den Abschnitten 4.4 und 4.5 des EBM zum 01.01.2008 geschaffen worden seien. Sie hat die Auffassung vertreten, die Ausführungen des Klägers seien insofern missverständlich, als er den Eindruck erwecke, er könne hinsichtlich der neuropädiatrischen Leistungen nur noch die Grundpauschale für ermächtigte Ärzte abrechnen. Vielmehr könne er entsprechend seines Ermächtigungsumfangs in neuropädiatrischen Fällen u.a. sowohl die GOP 04430 (Neuropädiatrisches Gespräch; Behandlung, Beratung, Erörterung und/oder Abklärung), 04431 (Ausführliche neurologisch-motoskopische Untersuchung bei einem Säugling, Kleinkind, Kind oder Jugendlichen), 04433 (Zusatzpauschale Koordination der neuropädiatrischen Betreuung bei der fortgesetzten Betreuung von Patienten), 04434 (Elekroenzephalographische Untersuchung) bzw. 04435 (Pädiatrische Schlaf-EEG-Untersuchung) und 16311 (Langzeitelektroenzephalographische Untersuchung) abrechnen. Soweit der Kläger unter der Geltung des EBM 2000plus unter anderem zur "Beratung, Erörterung, Abklärung" ermächtigt gewesen sei, seien diese Leistungen im EBM 2008 für die neuropädiatrischen Leistungen spezifisch in Abschnitt 4.4.2 in der GOP 04430 (Neuropädiatrisches Gespräch, Behandlung, Beratung, Erörterung und/oder Abklärung) abgebildet. Im Vergleich zur Abrechnungssituation des Klägers könne ein zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassener Kinder- und Jugendarzt ohne Schwerpunkt oder Zusatzweiterbildung keine Leistungen der Neuropädiatrie des Abschnitts 4.4.2 erbringen. Der Kläger könne im Rahmen seiner Ermächtigung zur Neuropädiatrie ein vielfaches Punktzahlvolumen im Vergleich zu einem zugelassenen Vertragsarzt ohne Schwerpunkt oder Zusatzweiterbildung erbringen. Soweit die Ermächtigung eines Arztes nicht dem Umfang der Zulassung eines Vertragsarztes entspreche, müsse die Grundpauschale für ermächtigte Ärzte sachlogisch geringer bewertet werden als die Versicherten- bzw. Grundpauschale für zugelassene Vertragsärzte. Der Versorgungsauftrag zwischen zugelassenen und ermächtigten Ärzten unterscheide sich grundlegend, da der ermächtigte Arzt vornehmlich spezifische Leistungen erbringen solle, die durch gesonderte Gebührenpositionen ausgewiesen seien. Die Grundpauschale für ermächtigte Ärzte korreliere dementsprechend nicht mit den Grundpauschalen der zugelassenen Ärzte. Die Differenzierung der Versichertenpauschale zwischen ermächtigten und zugelassenen Ärzten könne auch nicht dadurch in Frage gestellt werden, dass sich die Behandlung eines Versicherten im Rahmen einer Ermächtigung als besonders schwierig darstelle. Die Versichertenpauschale bilde die Leistungen in der vertragsärztlichen Versorgung ab, die üblicherweise im Rahmen der hausärztlichen Versorgung eines Versicherten anfielen. Soweit der ermächtigte Arzt eine schwierige ärztliche Behandlung erbringe, würden diese ärztlichen Leistungen durch die spezifischen Gebührenordnungspositionen ausreichend und angemessen abgebildet, hier Kapitel 4.4.2 des EBM. 23Mit Urteil vom 27.11.2012 hat das Sozialgericht (SG) Dortmund die Beklagte unter teilweiser Aufhebung des angefochtenen Honorarbescheides verpflichtet, über die Bewertung der vom Kläger erbrachten pädiatrischen Leistungen nach den GOP 01310 und 01311 EBM 2008 nach Neuregelung durch den Bewertungsausschuss über die Bewertung der Grundpauschale für Ermächtigte erneut zu entscheiden. Zur Begründung hat es ausgeführt, die der Abrechnung zugrunde liegenden Vorgaben des EBM für die Honorierung auf Überweisung tätiger ermächtigter Fachärzte für Kinder- und Jugendmedizin seien mit höherrangigem Recht nicht vereinbar. Durch die dem angefochtenen Honorarbescheid zugrunde liegende punktzahlmäßige Bewertung der Grundpauschale für ermächtigte Ärzte nach GOP 01310 und 01311 des EBM 2008 in Verbindung mit dem Ausschluss der Berechnungsfähigkeit bestimmter anderer GOP seien auf Überweisung tätige ermächtigte Kinder- und Jugendärzte wie der Kläger im Vergleich zu anderen Arztgruppen sachwidrig benachteiligt worden. Die Unzulänglichkeit der im Jahr 2008 neu eingeführten Vergütungsregelung habe wegen offensichtlicher Systemwidrigkeit auf einem von Anfang an erkennbaren strukturellen Fehler beruht. Denn der Vergleich mit den Vergütungsregelungen nach Maßgabe des bis zum 31.12.2007 geltenden EBM 2000plus ergebe, dass die zum 01.01.2008 vorgenommenen Pauschalierungen der Leistungsvergütung und ihre punktzahlmäßige Bewertung bei den GOP 01310 bis 01312 ohne nachvollziehbaren Grund von der Systematik im Übrigen abwichen und dass hierdurch die ermächtigten Krankenhausärzte im Bereich der Kinder- und Jugendmedizin benachteiligt würden. Eine Vielzahl von Einzelleistungen und Leistungskomplexen, die vor Inkrafttreten des EBM 2008 noch gesondert hättet vergütet werden können, seien nun in der Versichertenpauschale bzw. der Grundpauschale enthalten und daneben im Behandlungsfall nicht mehr gesondert abrechenbar. Der weitgehende Wegfall der im EBM 2000plus noch vorgesehenen Honorierung von Einzelleistungen und Leistungskomplexen sei bei der punktzahlmäßigen Bewertung der mit dem EBM 2008 eingeführten Pauschalen zu berücksichtigen gewesen, wie es bei den hausärztlichen und pädiatrischen Versichertenpauschalen, aber bei den fachärztlichen Grundpauschalen tatsächlich auch geschehen sei. Die Bewertung der Grundpauschale für Ermächtigte entspreche den Grundsätzen der Bewertung von Versicherten- und Grundpauschalen nicht, so dass wegen dieser Inkonsequenz von einem als Verstoß gegen Art. 3 GG anzusehenden Wertungswiderspruch auszugehen sei. Die gegenüber der Bewertung im EBM 2000plus eingetretene Erhöhung der Punktzahl bei den GOP 01310 bis 01312 sei nach Mitteilung der Beigeladenen zu 2) im Wesentlichen auf die Erhöhung des Kostenansatzes für die ärztliche Leistung zurückzuführen. Die Einbeziehung von Leistungen, die zuvor neben dem Ordinationskomplex nach GOP 01310 bis 01312 hätten abgerechnet werden können, habe sich dagegen in der Bewertung der entsprechenden Grundpauschalen im EBM 2008 nicht niedergeschlagen. Dementsprechend seien im Anhang 3 sowohl die Kalkulationszeit als auch die Prüfzeit mit derselben Minutenzahl ausgewiesen wie im EBM 2000plus. Zwar treffe der Hinweis der Beigeladenen zu 2) zu, dass der ermächtigte Arzt regelmäßig weniger Leistungen bezogen auf den Inhalt der Versichertenpauschale erbringen dürfe als ein zugelassener Vertragsarzt, so dass die Bewertung der Grundpauschale für Ermächtigte niedriger ausfallen müsse als die Versichertenpauschale und wohl auch als einige der Grundpauschalen für zugelassene Vertragsärzte. Da zumindest ein Teil der in der GOP 01310 bis 01312 aufgegangenen Leistungen bei den meisten ermächtigten Ärzten regelmäßig anfielen, sei aber kein Grund ersichtlich, weshalb dieser Umstand bei der Bewertung der Grundpauschale für Ermächtigte gänzlich unberücksichtigt geblieben sei. 24Gegen das ihr am 08.01.2013 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 11.01.2013 Berufung eingelegt. Das SG Dortmund habe die vom Kläger aufgeworfene Frage unterschiedlich beantwortet. In dem Verfahren S 9 KA 132/08 habe die 9. Kammer des SG Dortmund die für alle Fachgruppen einheitlich bewerteten Grundpauschalen der ermächtigten Ärzte unter dem Gesichtspunkt einer Beobachtungs- und Reaktionszeit des Normgebers bei unstreitig zulässigen typisierenden und pauschalierenden Regelungen nicht beanstandet. 25Die Beklagte beantragt, 26das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 27.11.2012 abzuändern und die Klage abzuweisen. 27Der Kläger beantragt, 28die Berufung der Beklagten zurückzuweisen. 29Er wiederholt und vertieft seinen erstinstanzlichen Vortrag. Den Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz habe er auch nicht deswegen hinnehmen müssen, weil dem Bewertungsausschuss für die Änderung einer Leistungsbewertung Ermittlungs-, Erprobungs- und Umsetzungsspielräume zustünden. Nach der Rechtsprechung des BSG könne auch der Gesichtspunkt der Erprobungsregelung nicht zur Rechtmäßigkeit einer Norm führen, wenn von vornherein feststehe, dass ein vom Normgeber für die Regelung der konkreten Materie gewähltes Differenzierungskriterium systemfremd sei und ihm keine sachliche Rechtfertigung innewohne. Die streitige Bewertung der Grundpauschale für die Ermächtigten sei berufspolitisch sehr früh - nämlich mit Schreiben von Berufsverbänden vom 19.06.2008 und 23.07.2008 - thematisiert worden. Mithin hätten die ermächtigten Pädiater mit dem Beginn des Verfahrens zur Umgestaltung des EBM mit Wirkung zum 01.01.2008 auf die nicht zu rechtfertigende Gleichbehandlung ungleicher Sachverhalte hingewiesen. Der Bewertungsausschuss habe sich diesen Hinweisen verschlossen. Vor diesem Hintergrund könne sich der Bewertungsausschuss nicht auf die Rechtmäßigkeit der nicht gerechtfertigen Gleichbehandlung ungleicher Sachverhalte unter dem Gesichtspunkt einer Erprobung der neuen Regelung berufen. Der Bewertungsausschuss habe für die Vergütung der zugelassenen Kinderärzte besondere Regelungen getroffen, wenn Kinderärzte rein fachärztlich auf Überweisung tätig würden und über eine Schwerpunkt- oder Zusatzbezeichnung verfügten. Sie könnten dann erheblich mehr Punkte abrechnen als die rein hausärztlich tätigen Kinderärzte. Dies könne nur darauf zurückzuführen sein, dass dem Bewertungsausschuss bewusst gewesen sei, dass in diesen Fällen die zugelassenen Kinderärzte nicht lediglich den obligaten Leistungsinhalt erfüllten, sondern eine Vielzahl der in Anhang 1 zum EBM aufgeführten Leistungen erbrächten. Die ermächtigten Pädiater erbrächten aber dieselben, teilweise sogar mehr der fakultativen Leistungsinhalte als die auf Überweisung eines Arztes tätig werdenden zugelassenen Kinderärzte mit Schwerpunkt- oder Zusatzbezeichnung. Es gebe keinen sachlichen Grund dafür, dies nicht durch die gleiche Bewertung der Leistungen abzubilden. Eine Differenzierung, die allein darauf zurückzuführen sei, ob der Leistungserbringer ein ermächtigter Krankenhausarzt oder ein zugelassener Vertragsarzt sei, verstoße gegen den Grundsatz der leistungsproportionalen Vergütung. Die Leistungslegende der Grundpauschale der Ermächtigten entspreche den Leistungslegenden der Grund- bzw. Versichertenpauschalen der Zugelassenen. 30Der Beigeladene zu 1) vertritt die Auffassung, dass das SG in der angefochtenen Entscheidung zu Unrecht angenommen habe, dass die GOP 01310 bis 01312 EBM 2008 systemwidrig zu niedrig bewertet seien und nimmt auf den erstinstanzlichen Vortrag sowie die Entscheidung der 9. Kammer des SG Dortmund Bezug. Ermächtigte Ärzte könnten regelmäßig weniger Leistungen bezogen auf den Inhalt der Grundpauschale erbringen als ein zugelassener Vertragsarzt. Vor diesem Hintergrund treffe es nicht zu, dass eine erhebliche Ungleichbehandlung gleicher Sachverhalte vorliege. Für den Fall, dass der Ermächtigungsumfang dem eines zugelassenen Vertragsarztes entspreche, könne die Berechnung der in den arztgruppenspezifischen Kapiteln genannten Versicherten-, Grund- oder Konsiliarpauschalen genehmigt werden. Für den Fall, dass der Kläger alle Leistungen des Inhalts der Grundpauschale hätte erbringen können, hätte es nahe gelegen, im Rahmen des Ermächtigungsverfahrens eine Ermächtigung zur Abrechnung der GOP 04110 und 04111 EBM anzustreben. Der Kläger habe jedoch die Ermächtigung lediglich für die GOP 01310 und 01311 EBM akzeptiert. 31Die Beigeladene zu 2) schließt sich dem Vortrag der Beigeladenen zu 1) an. 32Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten, und der Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen. Sie waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. 33Entscheidungsgründe: 34Die zulässige, insbesondere gemäß §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) frist- und formgerecht eingelegte Berufung der Beklagte ist begründet. Das SG hat der Klage zu Unrecht stattgegeben, denn der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 18.07.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25.11.2008 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 54 Abs. 2 SGG). 35Die Klage war zulässig. Zwar wollte der Kläger formal im Widerspruchsverfahren die Abrechnung anderer GOP erreichen, im Klageverfahren hingegen die Höherbewertung der abgerechneten GOP. Gegenstand einer Anfechtungs- und Leistungsklage kann aber in zulässiger Weise nur sein, was bereits Gegenstand des Verwaltungsverfahrens war. Dies ist die behördliche Regelung, die im Hinblick auf einen konkreten Lebenssachverhalt angestrebt wird (BSG, Urteil vom 09.12.2004 - B 6 KA 44/03 R -). Allerdings hat der Kläger sowohl im Widerspruchs- als auch im Klageverfahren einen Anspruch auf Zahlung eines höheren Honorars für die Versichertenpauschale geltend gemacht (vgl. auch zur Klage des Krankenhausträgers auf Zahlung eines höheren Honorars für ambulante Notfallbehandlungen: BSG, Urteil vom 17.09.2008 - B 6 KA 46/07R -). Er strebte damit zwar mit unterschiedlicher Begründung aber im Ergebnis jeweils das gleiche Ziel an. 36Indes ist die Klage unbegründet. Dabei kann dahinstehen, ob die Honorarnachforderung des Klägers schon nach § 3 Abs. 4 der Abrechnungs-Richtlinien der Beklagten in der Fassung vom 21.02.2004 ausgeschlossen ist. Danach ist eine nachträgliche Berichtigung bzw. Ergänzung durch den abrechnenden Vertragsarzt von bereits eingereichten Behandlungsfällen ausgeschlossen. Der Kläger hatte mit seiner Abrechnung für das Quartal I/2008 lediglich eine Vergütung nach den GOP 01310 bzw. 01311 EBM 2008 - ohne Höherbewertung - gefordert und erst mit seinem Widerspruch ein höheres Honorar geltend gemacht. 37Jedenfalls hat die Beklagte die Vergütungsregelungen des ab 01.01.2008 geltenden EBM in zutreffender Weise angewandt. 38Für die Auslegung vertragsärztlicher Vergütungsbestimmungen ist nach der ständigen Rechtsprechung des BSG und des Senats in erster Linie der Wortlaut der Regelungen maßgeblich. Dies gründet sich zum einen darauf, dass das vertragliche Regelwerk dem Ausgleich der unterschiedlichen Interessen von Ärzten und Krankenkassen dient und es vorrangig Aufgabe des Normgebers des EBM ist, Unklarheiten zu beseitigen. Zum anderen folgt die primäre Bindung an den Wortlaut aus dem Gesamtkonzept des EBM als einer abschließenden Regelung, die keine Ergänzung oder Lückenfüllung durch Rückgriff auf andere Leistungsverzeichnisse bzw. Gebührenordnungen oder durch analoge Anwendung zulässt. Soweit indessen der Wortlaut eines Leistungstatbestandes zweifelhaft ist und es seiner Klarstellung dient, ist Raum für eine systematische Interpretation im Sinne einer Gesamtschau der in innerem Zusammenhang stehenden vergleichbaren oder ähnlichen Leistungstatbestände. Eine entstehungsgeschichtliche Auslegung kommt bei unklaren oder mehrdeutigen Regelungen ebenfalls in Betracht. Sie kann allerdings nur anhand von Dokumenten erfolgen, in denen die Urheber der Bestimmungen diese in der Zeit ihrer Entstehung selbst erläutert haben. Leistungsbeschreibungen dürfen weder ausdehnend ausgelegt noch analog angewendet werden (vgl. BSG, Urteil vom 18.08.2010 - B 6 KA 23/09 R - m.w.N.; Urteil des Senats vom 29.06.2011 - L 11 KA 66/08 -). 39Davon ausgehend ist der von dem Kläger im Widerspruchsverfahren geforderte Ansatz der GOP 04110 und 04111 EBM unrichtig; denn der Kläger durfte diese Leistungen nach Maßgabe des ab 01.01.2008 geltenden EBM nicht abrechnen. Punkt 2.3 der Allgemeinen Bestimmungen des EBM 2008 sah für die Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit u.a. durch ermächtigte Ärzte vor, dass die Berechnung einer Gebührenordnungsposition an das Fachgebiet und den Ermächtigungsumfang gebunden ist. Nur dann, wenn der Ermächtigungsumfang dem eines zugelassenen Vertragsarztes entsprach, konnte anstelle der die Grundpauschalen u.a. für ermächtigte Ärzte regelnden GOP 01310 bis 01312 EBM die Berechnung einer in den arztgruppenspezifischen Kapiteln genannten Pauschalen, hier die von dem Kläger in Ansatz gebrachten GOP 04110 und 04111 EBM, durch den Zulassungsausschuss ermöglicht werden. Darüber hinaus konnten auch Ärzte mit einer Ermächtigung nach § 24 Abs. 3 Zulassungsverordnung für Ärzte anstelle der GOP 01310 bis 01312 EBM die Pauschalen der arztgruppenspezifischen Kapitel abrechnen. Da weder der Ermächtigungsumfang des Klägers demjenigen eines zugelassenen Vertragsarztes entsprach noch seine Ermächtigung auf § 24 Abs. 3 Ärzte-ZV beruhte, konnte er nur die GOP 01310 bis 01312 EBM abrechnen. 40Diese Regelungen sind bereits vom Wortlaut her eindeutig; die Frage einer Auslegung oder Interpretation (vgl. dazu z.B. BSG, Urteile vom 05.02.1985 - 6 RKa 37/83 -, vom 15.11.1995 - 6 RKa 57/94 -, vom 31.08.2005 - B 6 KA 35/04 R - und vom 18.08.2010 - B 6 KA 23/09 R -) stellt sich damit nicht. 41Der Kläger kann sich auch nicht darauf berufen, dass die von der Beklagten somit zutreffend angewandten Bestimmungen des EBM 2008 rechtswidrig seien, weil letztlich die aus dem im EBM vorgegebenen Punkteansatz resultierende Vergütung unangemessen wäre. 42Durch das GKV-WSG vom 26.03.2007 wurden dem Bewertungsausschuss u.a. die bis spätestens bis zum 31.10.2007 mit Wirkung zum 01.01.2008 zu erfüllenden Aufgaben gestellt: 43"2b) Die im einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen aufgeführten Leistungen der hausärztlichen Versorgung sind als Versichertenpauschalen abzubilden; für Leistungen, die besonders gefördert werden sollen, können Einzelleistungen oder Leistungskomplexe vorgesehen werden. Mit den Pauschalen nach Satz 1 werden die gesamten im Abrechnungszeitraum üblicherweise im Rahmen der hausärztlichen Versorgung eines Versicherten erbrachten Leistungen einschließlich der anfallenden Betreuungs-, Koordinations- und Dokumentationsleistungen vergütet. [ ...] 442c) Die im einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen aufgeführten Leistungen der fachärztlichen Versorgung sind arztgruppenspezifisch und unter Berücksichtigung der Besonderheiten kooperativer Versorgungsformen als Grund- und Zusatzpauschalen abzubilden; Einzelleistungen können vorgesehen werden, soweit dies medizinisch oder auf Grund von Besonderheiten bei Veranlassung und Ausführung der Leistungserbringung erforderlich ist. Mit den Grundpauschalen nach Satz 1 werden die üblicherweise von der Arztgruppe in jedem Behandlungsfall erbrachten Leistungen vergütet. Mit den Zusatzpauschalen nach Satz 1 wird der besondere Leistungsaufwand vergütet, der sich aus den Leistungs-, Struktur- und Qualitätsmerkmalen des Leistungserbringers und, soweit dazu Veranlassung besteht, in bestimmten Behandlungsfällen ergibt. Abweichend von Satz 3 wird die Behandlung von Versichertengruppen, die mit einem erheblichen therapeutischen Leistungsaufwand und überproportionalen Kosten verbunden ist, mit arztgruppenspezifischen diagnosebezogenen Fallpauschalen vergütet. [ ...]" 45Dieser Aufgabenstellung ist der Bewertungsausschuss nachgekommen und hat zum 01.01.2008 Versicherten- bzw. Grund-/Konsiliarpauschalen gebildet, von denen (s. dazu Teil IV EBM, Anhang 1) arztgruppentypische Leistungen umfasst wurden. Für ermächtigte Ärzte, Krankenhäuser bzw. Institute wurden die Grundpauschalen in den GOP 01310 bis 01312 EBM geregelt. Gegen diese grundsätzliche Aufteilung bestehen keine Bedenken; die Voraussetzungen für eine gerichtliche Normenkorrektur sind nicht erfüllt. 46Die auf der Grundlage des § 87 SGB V von den Bewertungsausschüssen vereinbarten einheitlichen Bewertungsmaßstäbe sind wegen ihrer spezifischen Struktur und der Art ihres Zustandekommens nur beschränkt der gerichtlichen Überprüfung zugänglich. Durch die personelle Zusammensetzung der paritätisch mit Vertreten der Ärzte bzw. Zahnärzte und Krankenkassen besetzten Bewertungsausschüsse und den vertraglichen Charakter der Bewertungsmaßstäbe soll gewährleistet werden, dass die unterschiedlichen Interessen der an der vertragsärztlichen Versorgung beteiligten Gruppen zum Ausgleich kommen und auf diese Weise eine sachgereichte inhaltliche Umschreibung und Bewertung der ärztlichen Leistungen erreicht wird. Das vom Bewertungsausschuss erarbeitete System autonomer Leistungsbewertung kann seinen Zweck nur erfüllen, wenn Eingriffe von außerhalb unterbleiben. Die gerichtliche Überprüfung ist daher im Wesentlichen darauf beschränkt, ob der Ausschuss den ihm zustehenden Entscheidungsspielraum überschritten oder seine Bewertungskompetenz missbräuchlich ausgenutzt hat. Insoweit kommt auch das Gleichbehandlungsgebot des Art. 3 Abs. 1 GG als Prüfungsmaßstab in Betracht, und zwar dann, wenn eine Regelung des EBM eine Vergütung nur einer Arztgruppe gewährt, obgleich die Leistung auch von anderen Arztgruppe erbracht wird bzw. erbracht werden kann oder wenn die gleiche Leistung zwar für verschiedene medizinische Leistungserbringer dem Grunde nach abrechenbar ist, in Abhängigkeit vom jeweiligen Behandlerstatus aber unterschiedlich bewertet wird (BSG, Urteil vom 12.12.2012 - B 6 KA 3/12 R - m.w.N.). Der Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG schreibt unter stetiger Orientierung am Gerechtigkeitsgedanken indes auch vor, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches dementsprechend unterschiedlich zu behandeln. Damit ist dem Normgeber nicht jede Differenzierung verwehrt. Er verletzt das Grundrecht somit vielmehr nur, wenn er eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Nordadressaten anders behandelt, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterscheide von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie eine ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (BSG, a.a.O. m.w.N.). 47Vorliegend bestehen zwischen zugelassenem und ermächtigten Arzt so erhebliche Unterscheide, dass für die ermächtigten Ärzte von den für die zugelassenen Ärzte getroffenen Vorgaben zur Grundpauschale nahezu zwingend abzuweichen war. Die ermächtigten Ärzte weisen in der Regel nur ein im Vergleich zu zugelassenen Ärzten deutlich geringes Leistungsspektrum auf; die zugelassenen Ärzte bieten ihnen gegenüber regelhaft das gesamte Leistungsspektrum ihrer Arztgruppe an. Dementsprechend ist der Schluss, dass bei den zugelassenen Ärzten auch in höherem Maße die von den Grundpauschalen erfassten arztgruppentypischen Leistungen in erhöhtem Umfang anfallen, mehr als naheliegend. In die Versichertenpauschalen sind diverse Leistungen einbezogen worden, die sämtlich regelmäßig nicht im Rahmen einer Ermächtigung erbracht werden sollen. Zur Überzeugung des Senats erbringt auch der Kläger - im Gegensatz zu seinem Vortrag - nicht in jedem Fall alle in der Versichertenpauschale einbezogenen Leistungen (wie allergologische Basisdiagnostik, Prüfung/Verordnung häuslicher Krankenpflege etc.). Die Grundpauschale für ermächtigte Ärzte bildet dementsprechend nicht den Leistungsinhalt der arztgruppenspezifischen Versicherten- bzw. Grundpauschale ab, sondern die typischen Leistungen eines ermächtigten Arztes, dessen Versorgungsauftrag sich grundlegend von dem des zugelassenen Arztes unterscheidet, da der ermächtigte Arzt vornehmlich spezifische Leistungen erbringen soll, die durch gesonderte Gebührenordnungsposition ausgewiesen sind. Wenn der Ermächtigungsumfang eines Arztes dem eines zugelassenen Arztes entspricht, greifen die in den Anmerkungen zu den GOP 01310 bzw. 01311 EBM genannten Ausnahmetatbestände und damit auch die Vergütungsgrundsätze für die zugelassenen Vertragsärzte. Ist diese Voraussetzung nicht erfüllt, so ist das Leistungsspektrum des ermächtigten Arztes eingeschränkt und dementsprechend muss die Pauschale für ermächtigte Ärzte sachlogisch geringer bewertet werden als die Versicherten- bzw. Grundpauschalen für zugelassene Vertragsärzte. Von einem Überschreiten des dem Bewertungsausschuss zustehenden Entscheidungsspielraums oder einer missbräuchlichen Ausnutzung der ihm zustehenden Bewertungskompetenz kann hinsichtlich der grundsätzlichen Differenzierung zwischen zugelassenen und ermächtigten Ärzten nicht die Rede sein. 48Auch wenn die pauschal alle ermächtigten Ärzte, Krankenhäuser und Institute erfassenden Vorgaben der GOP 01310 bis 01312 EBM eine recht grobe und damit ungenaue Differenzierung und Einteilung sind, bedeutet das nicht, dass diese Reglungen rechtswidrig sind bzw. gegen höherrangiges Recht verstoßen. Es kommt schon nicht auf die Frage an, ob der Bewertungsausschuss jeweils die zweckmäßigste, vernünftigste und gerechteste Lösung gefunden hat (BSG, Urteil vom 29.01.1997 - 6 RKa 3/96 -). Vielmehr gehört zu der jedem Normgeber zukommenden weiten Gestaltungsfreiheit insbesondere die Befugnis zur Generalisierung, Pauschalierung, Schematisierung und Typisierung (BSG, Urteil vom 09.04.2008 - B 6 KA 40/07 R -). Bereits daraus folgt, dass die von dem Kläger vorgenommene Einzelbetrachtung seiner behaupteten individuellen Leistungserbringung bei seiner Tätigkeit als ermächtigter Arzt auch nicht weiterführen kann. Darüber hinaus sind die Vorgaben des § 87 Abs. 2 SGB V zu beachten: der EBM bestimmt den Inhalt der abrechnungsfähigen Leistungen und ihr wertmäßiges, in Punkten ausgedrücktes Verhältnis zueinander. Das beinhaltet u.a., dass die Bewertungen der einzelnen Leistungen des EBM nicht isoliert betrachtet werden dürfen. Denn sie sind Bestandteil eines umfassenden und auf Interessenausgleich angelegten Vertragssystems, das den Besonderheiten der jeweils betroffenen Arztgruppe Rechnung tragen will. In diesem Rahmen setzt sich die Bewertung der einzelnen Leistungen des EBM aus einem Bestandteil für die ärztliche Leistung einerseits und einer Kompensation für den zur Leistungserstellung notwendigen Ressourcenaufwand andererseits (technische Leistung) zusammen. Der gesetzliche Auftrag des Bewertungsausschusses erschöpft sich aber nicht in einer Leistungsbewertung nach betriebswirtschaftlichen oder sonstigen kalkulatorischen Gesichtspunkten, sondern schließt die Möglichkeit ein, über die Definition und Bewertung vertragsärztlicher Verrichtungen auch eine Steuerung des Leistungsverhaltens zu bewirken (BSG, Urteil vom 15.5.2002 - B 6 KA 33/01 R -). 49Einer abschließenden Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der angegriffenen Normen bedarf es jedoch nicht. Die im Quartal I/2008 geltende Regelung ist als Anfangs- und Erprobungsregelung hinzunehmen, zumal der Bewertungsausschuss alsbald, nämlich mit Wirkung ab 01.01.2009 differenzierende Vorgaben eingeführt hat und damit die vorhergehenden Regelungen obsolet sind. Dem Bewertungsausschuss sind seit jeher bei der Neuregelung komplexer Materien wie der vorliegenden Leistungsbewertung erweiterte Ermittlungs-, Erprobungs- und Umsetzungsspielräume zuzugestehen, die bewirken, dass für einen Übergangszeitraum auch an sich rechtlich problematische Regelungen hingenommen werden müssen. Gröbere Typisierungen und geringere Differenzierungen sind in derartigen Fällen vorübergehend unbedenklich, weil sich häufig bei Erlass der Vorschriften deren Auswirkungen nicht in allen Einzelheiten übersehen lassen (std. Rspr., vgl. BSG, Urteil vom 16.05.2001 - B 6 KA 200/00 R - m.w.N.). Das gilt hier um so mehr, als nicht nur die Versicherten- und Grundpauschalen zum 01.01.2008 neu geschaffen wurden, sondern auch die - von der Ermächtigung des Klägers umfassten - Leistungen des Schwerpunkts Kinder- und Jugendmedizin bzw. der Zusatzbezeichnung Kinder- und Jugendmedizin. 50Der Bewertungsausschuss hat seinen Entscheidungsspielraum nicht immer schon dann überschritten, wenn sich bei Überprüfung einer Gebührenregelung im Rahmen der ex-post-Betrachtung deren Unzulänglichkeit erweist, sondern nur dann, wenn der Ausschuss seine Bewertungskompetenz zweifelsfrei missbräuchlich, d.h. nicht durch sachgerechte Erwägungen gedeckt, sondern von sachfremden Erwägungen getragen, ausgeübt hat (BSG, Urteil vom 16.05.2001 - B 6 KA 20/00 R -). Nur dann, wenn von vornherein feststeht, dass ein vom Normgeber für die Regelung der konkreten Materie gewähltes Differenzierungskriterium systemfremd ist und ihm keine sachliche Rechtfertigung innewohnt, kann auch der Gesichtspunkt der Erprobungsregelung nicht zur Rechtmäßigkeit der Normgebung führen (BSG, Urteil vom 16.05.2001 a.a.O.). 51Dass dies nicht der Fall ist, ergibt sich aus den vorangestellten Ausführungen. Der Hinweis des Klägers, mit dem Beginn des Verfahrens zur Umgestaltung des EBM mit Wirkung zum 01.01.2008 hätten die ermächtigten Pädiater auf die nicht zu rechtfertigende Gleichbehandlung ungleicher Sachverhalte hingewiesen, ist nicht nur angesichts seiner Pauschalität, sondern auch und insbesondere angesichts der vom Kläger vorgelegten Unterlagen nicht nachzuvollziehen. Die Unterlagen stammen nämlich sämtlich aus der Zeit nach dem vorliegend relevanten Quartal I/2008 und geben allenfalls auch nur "Erfahrungen" wieder. Durch die ex post-Betrachtung kann aber - wie vom BSG ausgeführt - eine Überschreitung des Gestaltungsspielraums des Bewertungsausschusses nicht begründet werden. 52Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung. 53Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG).
auf die berufung der beklagten wird das urteil des sozialgerichts dortmund vom 27.11.2012 abgeändert und die klage abgewiesen. der kläger trägt die kosten des rechtsstreits. die revision wird nicht zugelassen. 1
2streitig ist die verpflichtung des beklagten, die vom kläger im quartal i/2008 erbrachten pädiatrischen leistungen nach den gebührenordnungspositionen (gop) 01310 und 01311 des einheitlichen bewertungsmaßstabes (ebm) 2008 nach neubewertung durch den bewertungsausschuss nachzuvergüten. 3der kläger ist facharzt für kinder- und jugendmedizin, schwerpunkt neuropädiatrie, und war bis ins jahr 2010 als direktor der klinik für kinder- und jugendmedizin am klinikum m tätig. 4mit folgeermächtigung vom 15.08.2007 wurde der kläger für die zeit bis 31.12.2008 zur erbringung folgender leistungen ermächtigt: 51. auf überweisung von zugelassenen fachärzten für kinder- und jugendmedizin 61.1 durchführung besonderer untersuchungs- und behandlungsmethoden im rahmen der kinder- und jugendmedizin, abrechnungsfähig sind in diesem zusammenhang die leistungen nach den geb.-nrn. 01310, 01311, 04120, 04311, 04312 mit ausnahme: 7- behandlung von kindern mit diabetes mellitus; - behandlung im rahmen der pneumonologie bis zum 16. lebensjahr; - behandlung von hämato-onkologischen erkrankungen bei kindern bis zum vollendeten 15. lebensjahr und der weiterbehandlung dieser patienten bis zur vollendung des 18. lebensjahr; - leistungen im rahmen der neuropädiatrie - durchführung der kardiologischen funktionsdiagnostik 81.2 durchführung von leistungen im rahmen der neuropädiatrie; abrechnungsfähig sind in diesem zusammenhang leistungen nach den geb.-nrn. 04210, 04313, 04350, 04351, 04352, 04353, 04354, 16310, 16311, 9- mit einer fallzahlbegrenzung von 30 fälle pro quartal - 102. auf überweisung von zugelassenen fachärzten für kinder- und jugendmedizin, allgemeinmediziner und hausärztliche internisten: 11diagnostik und therapie von patienten mit neurofibromatose typ 1, 12- mit einer fallzahlbegrenzung von 150 fällen pro quartal -." 13mit schreiben vom 15.08.2008 legte der kläger widerspruch ein gegen den abrechnungsbescheid vom 18.07.2008 für das quartal i/2008 hinsichtlich des ansatzes der grundpauschale für ermächtigte ärzte (gop 01310, 01311 ebm) anstelle der versichertenpauschale bei überweisung durch einen vertragsarzt (gop 04120, 04121 ebm) einschließlich des in der präambel ebm 2008 (4.1.4) vorgesehenen zuschlags von 40% auf die versichertenpauschale für den fall, dass ein facharzt für kinder- und jugendmedizin mit schwerpunkt oder zusatzweiterbildung tätig wird. zur begründung trug er vor, es verstoße gegen das gleichheitsgebot aus art. 3 abs. 1 grundgesetz (gg), dass er als ermächtigter facharzt für kinder- und jugendmedizin eine sehr viel geringere vergütung erhalte als ein vertragsarzt. dies sei eine missbräuchliche ausnutzung des gestaltungsspielraums bei der gestaltung des ebm 2008. er bitte die abrechnung zu korrigieren. 14mit widerspruchsbescheid vom 25.11.2008 wies die beklagte den widerspruch zurück. gemäß punkt 2.3 des ebm 2008 sei die berechnung einer gebührenposition durch einen ermächtigen arzt bzw. durch ermächtigte krankenhäuser oder ermächtigte institute an das fachgebiet und den ermächtigungsumfang gebunden. entspreche der ermächtigungsumfang dem eines zugelassenen vertragsarztes könne anstelle der gop 01310 bis 01312 die berechnung einer in den arztgruppenspezifischen kapiteln genannten pauschale durch den zulassungsausschuss ermöglicht werden. die derzeit gültige ermächtigung des klägers ermögliche hingegen nicht die abrechnung der versichertenpauschale des arztgruppenspezifischen kapitels 4 des ebm. 15mit seiner am 12.12.2008 erhobenen klage hat der kläger zunächst beantragt, in abänderung der angegriffenen bescheide die beklagte zu verurteilen, die von ihm erbrachten pädiatrischen leistungen nach den gop 01310/01311 ebm 2008 unter beachtung der rechtsauffassung des gerichts höher zu vergüten. seit einführung des ebm 2008 könne er für die von ihm erbrachten pädiatrischen leistungen nur noch die grundpauschale für ermächtigte arzte, die gop 01310 ebm bzw. gop 01311 ebm mit 205 bzw. 175 punkten abrechnen. erbringe ein zur vertragsärztlicher versorgung zugelassener kinder- und jugendarzt dieselben leistungen auf überweisung, könne er die versichertenpauschale der gop 04120 oder 04121 ebm 2008 mit 500 bzw. 450 punkten zur abrechnung bringen. erbringe ein facharzt für kinder- und jugendmedizin mit schwerpunkt- oder zusatzweiterbildung auf überweisung die ausschließlich fachärztlichen leistungen des abschnitts 4.4 ebm 2008 (gop der schwerpunktorientierten kinder- und jugendärzte) oder des abschnitts 4.5 ebm 2008 (pädiatrische gop mit zusatzweiterbildung), seien gemäß 4.1 präambel nr. 4 satz 2 ebm die versichertenpauschalen der gop 04110 und 04111 ebm 2008 mit einem aufschlag in höhe von 40 % der jeweiligen punktzahl berechnungsfähig. es könnten damit insgesamt 1.400 bzw. 1.260 punkte abrechnet werden. im streitgegenständlichen quartal i/2008 habe er für die von ihm auf der grundlage seiner ermächtigung erbrachten pädiatrischen leistungen die pädiatrische versichertenpauschale nach den gop 04110 und 04111 ebm 2008 abgerechnet. die beklagte habe diese gop im wege der sachlich-rechnerischen richtigstellung in die gop 01310 bzw. 01311 ebm 2008 abgeändert. die unzureichende vergütung verstoße gegen den verfassungsrechtlichen grundsatz des art. 3 abs. 1 gg. zum einen sei die bewertung der grundpauschale für die ermächtigten ärzte mit 175 bzw. 205 punkten zu niedrig angesetzt und benachteilige ihn im vergleich zu den auf überweisung ausschließlich fachärztlich tätigen, die gleichen leistungen erbringenden zugelassenen vertragsärzten, die die pädiatrische versichertenpauschale zzgl. 40 % abrechnen könnten. zum anderen sei er auch dadurch benachteiligt, dass andere ermächtigte leistungserbringer ebenfalls die gleiche grundpauschale für ermächtigte ärzte abrechnen dürften, obwohl sie leistungen erbrächten, die einen erheblich niedrigeren zeitlichen und sachlichen aufwand mit sich brächten. dies stelle einen verstoß gegen die honorarverteilungsgerechtigkeit dar. ein sachlicher grund, aus dem von einer gleichen vergütung für gleiche leistungen abgewichen werden dürfe, liege nicht vor. insbesondere sei die kostenbelastung der ermächtigten ärzte nicht geringer - wie der gesetzgeber ab 2009 ausweislich § 120 abs. 1a sozialgesetzbuch fünftes buch (sgb v) erkannt habe. der erweiterte bewertungsausschuss scheine auch die problematik der undifferenzierten vergütung der leistungen ermächtigter ärzte erkannt zu haben, wenn er im ebm 2009 immerhin zwei unterschiedliche grundpauschalen (gop 01320 mit 260 punkten und gop 01321 mit 450 punkten) vorsehe. im gegensatz zu zugelassenen leistungserbringern erbringe er in nahezu jedem behandlungsfall sämtliche mit der grundpauschale abgebildeten leistungen. er habe keine sog. verdünnerfälle. an die ermächtigten pädiater würden vorwiegend diejenigen patienten überwiesen, die besonders komplexe und schwierige krankheitsfälle hätten. bei diesen werde in der regel der leistungsumfang der ermächtigung komplett ausgeschöpft. die streitige bewertung der grundpauschale für die ermächtigten sei berufspolitisch sehr früh (mit schreiben vom 19.06.2008 und 23.07.2008) thematisiert worden. zwar sei mit der änderung des ebm mit wirkung zum 01.01.2009 die schwerwiegende eingetretene rechtswidrige gleichbehandlung aller ermächtigten ärzte abgemildert worden. indes bestehe im streitbefangenen quartal i/2008 jene nicht gerechtfertigte schwerwiegende gleichbehandlung aller ermächtigten ärzte noch immer. 16der kläger hat beantragt, 17die beklagte unter teilweiser abänderung des honorarbescheides für das quartal i/2008 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 15.10.2008 zu verpflichten, nach neuregelung durch den bewertungsausschuss über die bewertung der grundpauschale für ermächtigte ärzte neu zu entscheiden. 18die beklagte hat beantragt, 19die klage abzuweisen. 20sie hat auf nachfrage des sg mitgeteilt, dass es für das quartal i/2008 keinen bescheid über eine sachlich-rechnerische richtigstellung der begehrten gop 01420 und 01421 ebm gebe, weil der kläger diese gop nicht abgerechnet habe. 21der beigeladene zu 1) hat vorgetragen, der ebm 2008 sehe in umsetzung der gesetzlichen vorgaben aus § 87 abs. 2b und 2c sgb v vor, dass die im ebm aufgeführten leistungen der hausärztlichen versorgung als versichertenpauschale und die leistungen der fachärztlichen versorgung arztgruppenspezifisch als grund- und zusatzleistungen abgebildet würden. auch die regelung, wonach für ermächtigte ärzte grundsätzlich nicht die jeweiligen arztgruppenspezifischen versicherten- bzw. grundpauschalen abrechenbar seien, sondern die im kapitel 1.3 aufgeführten altersbezogenen organisationskomplexe, stünde mit den rechtlichen vorgaben, insbesondere dem gleichheitsgrundsatz im einklang. die hiermit vorgenommene differenzierung zwischen ermächtigten und zugelassenen ärzten berücksichtige, dass ein ermächtigter arzt nicht alle leistungen seines fachgebietes erbringen könne, weil eine ermächtigung regelmäßig auf einzelne leistungen beschränkt werde. mit den grundpauschalen würden hingegen nach § 87 abs. 2c satz 2 sgb v die üblicherweise von der arztgruppe in jedem behandlungsfall erbrachten leistungen vergütet. entspreche der ermächtigungsumfang dem eines zugelassenen vertragsarztes, könne die berechnung der arztgruppenspezifischen versicherten-, grund- oder konsiliarpauschale genehmigt werden, so dass sichergestellt sei, dass wesentlich gleiches gleich und wesentlich ungleiches ungleich behandelt werde. 22die beigeladene zu 2) hat darauf hingewiesen, dass die eigenständigen gop für die schwerpunktorientierte kinder- und jugendmedizin sowie für die möglichen zusatzbezeichnungen in den abschnitten 4.4 und 4.5 des ebm zum 01.01.2008 geschaffen worden seien. sie hat die auffassung vertreten, die ausführungen des klägers seien insofern missverständlich, als er den eindruck erwecke, er könne hinsichtlich der neuropädiatrischen leistungen nur noch die grundpauschale für ermächtigte ärzte abrechnen. vielmehr könne er entsprechend seines ermächtigungsumfangs in neuropädiatrischen fällen u.a. sowohl die gop 04430 (neuropädiatrisches gespräch; behandlung, beratung, erörterung und/oder abklärung), 04431 (ausführliche neurologisch-motoskopische untersuchung bei einem säugling, kleinkind, kind oder jugendlichen), 04433 (zusatzpauschale koordination der neuropädiatrischen betreuung bei der fortgesetzten betreuung von patienten), 04434 (elekroenzephalographische untersuchung) bzw. 04435 (pädiatrische schlaf-eeg-untersuchung) und 16311 (langzeitelektroenzephalographische untersuchung) abrechnen. soweit der kläger unter der geltung des ebm 2000plus unter anderem zur "beratung, erörterung, abklärung" ermächtigt gewesen sei, seien diese leistungen im ebm 2008 für die neuropädiatrischen leistungen spezifisch in abschnitt 4.4.2 in der gop 04430 (neuropädiatrisches gespräch, behandlung, beratung, erörterung und/oder abklärung) abgebildet. im vergleich zur abrechnungssituation des klägers könne ein zur vertragsärztlichen versorgung zugelassener kinder- und jugendarzt ohne schwerpunkt oder zusatzweiterbildung keine leistungen der neuropädiatrie des abschnitts 4.4.2 erbringen. der kläger könne im rahmen seiner ermächtigung zur neuropädiatrie ein vielfaches punktzahlvolumen im vergleich zu einem zugelassenen vertragsarzt ohne schwerpunkt oder zusatzweiterbildung erbringen. soweit die ermächtigung eines arztes nicht dem umfang der zulassung eines vertragsarztes entspreche, müsse die grundpauschale für ermächtigte ärzte sachlogisch geringer bewertet werden als die versicherten- bzw. grundpauschale für zugelassene vertragsärzte. der versorgungsauftrag zwischen zugelassenen und ermächtigten ärzten unterscheide sich grundlegend, da der ermächtigte arzt vornehmlich spezifische leistungen erbringen solle, die durch gesonderte gebührenpositionen ausgewiesen seien. die grundpauschale für ermächtigte ärzte korreliere dementsprechend nicht mit den grundpauschalen der zugelassenen ärzte. die differenzierung der versichertenpauschale zwischen ermächtigten und zugelassenen ärzten könne auch nicht dadurch in frage gestellt werden, dass sich die behandlung eines versicherten im rahmen einer ermächtigung als besonders schwierig darstelle. die versichertenpauschale bilde die leistungen in der vertragsärztlichen versorgung ab, die üblicherweise im rahmen der hausärztlichen versorgung eines versicherten anfielen. soweit der ermächtigte arzt eine schwierige ärztliche behandlung erbringe, würden diese ärztlichen leistungen durch die spezifischen gebührenordnungspositionen ausreichend und angemessen abgebildet, hier kapitel 4.4.2 des ebm. 23mit urteil vom 27.11.2012 hat das sozialgericht (sg) dortmund die beklagte unter teilweiser aufhebung des angefochtenen honorarbescheides verpflichtet, über die bewertung der vom kläger erbrachten pädiatrischen leistungen nach den gop 01310 und 01311 ebm 2008 nach neuregelung durch den bewertungsausschuss über die bewertung der grundpauschale für ermächtigte erneut zu entscheiden. zur begründung hat es ausgeführt, die der abrechnung zugrunde liegenden vorgaben des ebm für die honorierung auf überweisung tätiger ermächtigter fachärzte für kinder- und jugendmedizin seien mit höherrangigem recht nicht vereinbar. durch die dem angefochtenen honorarbescheid zugrunde liegende punktzahlmäßige bewertung der grundpauschale für ermächtigte ärzte nach gop 01310 und 01311 des ebm 2008 in verbindung mit dem ausschluss der berechnungsfähigkeit bestimmter anderer gop seien auf überweisung tätige ermächtigte kinder- und jugendärzte wie der kläger im vergleich zu anderen arztgruppen sachwidrig benachteiligt worden. die unzulänglichkeit der im jahr 2008 neu eingeführten vergütungsregelung habe wegen offensichtlicher systemwidrigkeit auf einem von anfang an erkennbaren strukturellen fehler beruht. denn der vergleich mit den vergütungsregelungen nach maßgabe des bis zum 31.12.2007 geltenden ebm 2000plus ergebe, dass die zum 01.01.2008 vorgenommenen pauschalierungen der leistungsvergütung und ihre punktzahlmäßige bewertung bei den gop 01310 bis 01312 ohne nachvollziehbaren grund von der systematik im übrigen abwichen und dass hierdurch die ermächtigten krankenhausärzte im bereich der kinder- und jugendmedizin benachteiligt würden. eine vielzahl von einzelleistungen und leistungskomplexen, die vor inkrafttreten des ebm 2008 noch gesondert hättet vergütet werden können, seien nun in der versichertenpauschale bzw. der grundpauschale enthalten und daneben im behandlungsfall nicht mehr gesondert abrechenbar. der weitgehende wegfall der im ebm 2000plus noch vorgesehenen honorierung von einzelleistungen und leistungskomplexen sei bei der punktzahlmäßigen bewertung der mit dem ebm 2008 eingeführten pauschalen zu berücksichtigen gewesen, wie es bei den hausärztlichen und pädiatrischen versichertenpauschalen, aber bei den fachärztlichen grundpauschalen tatsächlich auch geschehen sei. die bewertung der grundpauschale für ermächtigte entspreche den grundsätzen der bewertung von versicherten- und grundpauschalen nicht, so dass wegen dieser inkonsequenz von einem als verstoß gegen art. 3 gg anzusehenden wertungswiderspruch auszugehen sei. die gegenüber der bewertung im ebm 2000plus eingetretene erhöhung der punktzahl bei den gop 01310 bis 01312 sei nach mitteilung der beigeladenen zu 2) im wesentlichen auf die erhöhung des kostenansatzes für die ärztliche leistung zurückzuführen. die einbeziehung von leistungen, die zuvor neben dem ordinationskomplex nach gop 01310 bis 01312 hätten abgerechnet werden können, habe sich dagegen in der bewertung der entsprechenden grundpauschalen im ebm 2008 nicht niedergeschlagen. dementsprechend seien im anhang 3 sowohl die kalkulationszeit als auch die prüfzeit mit derselben minutenzahl ausgewiesen wie im ebm 2000plus. zwar treffe der hinweis der beigeladenen zu 2) zu, dass der ermächtigte arzt regelmäßig weniger leistungen bezogen auf den inhalt der versichertenpauschale erbringen dürfe als ein zugelassener vertragsarzt, so dass die bewertung der grundpauschale für ermächtigte niedriger ausfallen müsse als die versichertenpauschale und wohl auch als einige der grundpauschalen für zugelassene vertragsärzte. da zumindest ein teil der in der gop 01310 bis 01312 aufgegangenen leistungen bei den meisten ermächtigten ärzten regelmäßig anfielen, sei aber kein grund ersichtlich, weshalb dieser umstand bei der bewertung der grundpauschale für ermächtigte gänzlich unberücksichtigt geblieben sei. 24gegen das ihr am 08.01.2013 zugestellte urteil hat die beklagte am 11.01.2013 berufung eingelegt. das sg dortmund habe die vom kläger aufgeworfene frage unterschiedlich beantwortet. in dem verfahren s 9 ka 132/08 habe die 9. kammer des sg dortmund die für alle fachgruppen einheitlich bewerteten grundpauschalen der ermächtigten ärzte unter dem gesichtspunkt einer beobachtungs- und reaktionszeit des normgebers bei unstreitig zulässigen typisierenden und pauschalierenden regelungen nicht beanstandet. 25die beklagte beantragt, 26das urteil des sozialgerichts dortmund vom 27.11.2012 abzuändern und die klage abzuweisen. 27der kläger beantragt, 28die berufung der beklagten zurückzuweisen. 29er wiederholt und vertieft seinen erstinstanzlichen vortrag. den verstoß gegen den gleichbehandlungsgrundsatz habe er auch nicht deswegen hinnehmen müssen, weil dem bewertungsausschuss für die änderung einer leistungsbewertung ermittlungs-, erprobungs- und umsetzungsspielräume zustünden. nach der rechtsprechung des bsg könne auch der gesichtspunkt der erprobungsregelung nicht zur rechtmäßigkeit einer norm führen, wenn von vornherein feststehe, dass ein vom normgeber für die regelung der konkreten materie gewähltes differenzierungskriterium systemfremd sei und ihm keine sachliche rechtfertigung innewohne. die streitige bewertung der grundpauschale für die ermächtigten sei berufspolitisch sehr früh - nämlich mit schreiben von berufsverbänden vom 19.06.2008 und 23.07.2008 - thematisiert worden. mithin hätten die ermächtigten pädiater mit dem beginn des verfahrens zur umgestaltung des ebm mit wirkung zum 01.01.2008 auf die nicht zu rechtfertigende gleichbehandlung ungleicher sachverhalte hingewiesen. der bewertungsausschuss habe sich diesen hinweisen verschlossen. vor diesem hintergrund könne sich der bewertungsausschuss nicht auf die rechtmäßigkeit der nicht gerechtfertigen gleichbehandlung ungleicher sachverhalte unter dem gesichtspunkt einer erprobung der neuen regelung berufen. der bewertungsausschuss habe für die vergütung der zugelassenen kinderärzte besondere regelungen getroffen, wenn kinderärzte rein fachärztlich auf überweisung tätig würden und über eine schwerpunkt- oder zusatzbezeichnung verfügten. sie könnten dann erheblich mehr punkte abrechnen als die rein hausärztlich tätigen kinderärzte. dies könne nur darauf zurückzuführen sein, dass dem bewertungsausschuss bewusst gewesen sei, dass in diesen fällen die zugelassenen kinderärzte nicht lediglich den obligaten leistungsinhalt erfüllten, sondern eine vielzahl der in anhang 1 zum ebm aufgeführten leistungen erbrächten. die ermächtigten pädiater erbrächten aber dieselben, teilweise sogar mehr der fakultativen leistungsinhalte als die auf überweisung eines arztes tätig werdenden zugelassenen kinderärzte mit schwerpunkt- oder zusatzbezeichnung. es gebe keinen sachlichen grund dafür, dies nicht durch die gleiche bewertung der leistungen abzubilden. eine differenzierung, die allein darauf zurückzuführen sei, ob der leistungserbringer ein ermächtigter krankenhausarzt oder ein zugelassener vertragsarzt sei, verstoße gegen den grundsatz der leistungsproportionalen vergütung. die leistungslegende der grundpauschale der ermächtigten entspreche den leistungslegenden der grund- bzw. versichertenpauschalen der zugelassenen. 30der beigeladene zu 1) vertritt die auffassung, dass das sg in der angefochtenen entscheidung zu unrecht angenommen habe, dass die gop 01310 bis 01312 ebm 2008 systemwidrig zu niedrig bewertet seien und nimmt auf den erstinstanzlichen vortrag sowie die entscheidung der 9. kammer des sg dortmund bezug. ermächtigte ärzte könnten regelmäßig weniger leistungen bezogen auf den inhalt der grundpauschale erbringen als ein zugelassener vertragsarzt. vor diesem hintergrund treffe es nicht zu, dass eine erhebliche ungleichbehandlung gleicher sachverhalte vorliege. für den fall, dass der ermächtigungsumfang dem eines zugelassenen vertragsarztes entspreche, könne die berechnung der in den arztgruppenspezifischen kapiteln genannten versicherten-, grund- oder konsiliarpauschalen genehmigt werden. für den fall, dass der kläger alle leistungen des inhalts der grundpauschale hätte erbringen können, hätte es nahe gelegen, im rahmen des ermächtigungsverfahrens eine ermächtigung zur abrechnung der gop 04110 und 04111 ebm anzustreben. der kläger habe jedoch die ermächtigung lediglich für die gop 01310 und 01311 ebm akzeptiert. 31die beigeladene zu 2) schließt sich dem vortrag der beigeladenen zu 1) an. 32wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den inhalt der gerichtsakten, und der verwaltungsvorgänge der beklagten bezug genommen. sie waren gegenstand der mündlichen verhandlung. 33
34die zulässige, insbesondere gemäß §§ 143, 144, 151 sozialgerichtsgesetz (sgg) frist- und formgerecht eingelegte berufung der beklagte ist begründet. das sg hat der klage zu unrecht stattgegeben, denn der angefochtene bescheid der beklagten vom 18.07.2008 in der gestalt des widerspruchsbescheids vom 25.11.2008 ist rechtmäßig und verletzt den kläger nicht in seinen rechten (§ 54 abs. 2 sgg). 35die klage war zulässig. zwar wollte der kläger formal im widerspruchsverfahren die abrechnung anderer gop erreichen, im klageverfahren hingegen die höherbewertung der abgerechneten gop. gegenstand einer anfechtungs- und leistungsklage kann aber in zulässiger weise nur sein, was bereits gegenstand des verwaltungsverfahrens war. dies ist die behördliche regelung, die im hinblick auf einen konkreten lebenssachverhalt angestrebt wird (bsg, urteil vom 09.12.2004 - b 6 ka 44/03 r -). allerdings hat der kläger sowohl im widerspruchs- als auch im klageverfahren einen anspruch auf zahlung eines höheren honorars für die versichertenpauschale geltend gemacht (vgl. auch zur klage des krankenhausträgers auf zahlung eines höheren honorars für ambulante notfallbehandlungen: bsg, urteil vom 17.09.2008 - b 6 ka 46/07r -). er strebte damit zwar mit unterschiedlicher begründung aber im ergebnis jeweils das gleiche ziel an. 36indes ist die klage unbegründet. dabei kann dahinstehen, ob die honorarnachforderung des klägers schon nach § 3 abs. 4 der abrechnungs-richtlinien der beklagten in der fassung vom 21.02.2004 ausgeschlossen ist. danach ist eine nachträgliche berichtigung bzw. ergänzung durch den abrechnenden vertragsarzt von bereits eingereichten behandlungsfällen ausgeschlossen. der kläger hatte mit seiner abrechnung für das quartal i/2008 lediglich eine vergütung nach den gop 01310 bzw. 01311 ebm 2008 - ohne höherbewertung - gefordert und erst mit seinem widerspruch ein höheres honorar geltend gemacht. 37jedenfalls hat die beklagte die vergütungsregelungen des ab 01.01.2008 geltenden ebm in zutreffender weise angewandt. 38für die auslegung vertragsärztlicher vergütungsbestimmungen ist nach der ständigen rechtsprechung des bsg und des senats in erster linie der wortlaut der regelungen maßgeblich. dies gründet sich zum einen darauf, dass das vertragliche regelwerk dem ausgleich der unterschiedlichen interessen von ärzten und krankenkassen dient und es vorrangig aufgabe des normgebers des ebm ist, unklarheiten zu beseitigen. zum anderen folgt die primäre bindung an den wortlaut aus dem gesamtkonzept des ebm als einer abschließenden regelung, die keine ergänzung oder lückenfüllung durch rückgriff auf andere leistungsverzeichnisse bzw. gebührenordnungen oder durch analoge anwendung zulässt. soweit indessen der wortlaut eines leistungstatbestandes zweifelhaft ist und es seiner klarstellung dient, ist raum für eine systematische interpretation im sinne einer gesamtschau der in innerem zusammenhang stehenden vergleichbaren oder ähnlichen leistungstatbestände. eine entstehungsgeschichtliche auslegung kommt bei unklaren oder mehrdeutigen regelungen ebenfalls in betracht. sie kann allerdings nur anhand von dokumenten erfolgen, in denen die urheber der bestimmungen diese in der zeit ihrer entstehung selbst erläutert haben. leistungsbeschreibungen dürfen weder ausdehnend ausgelegt noch analog angewendet werden (vgl. bsg, urteil vom 18.08.2010 - b 6 ka 23/09 r - m.w.n.; urteil des senats vom 29.06.2011 - l 11 ka 66/08 -). 39davon ausgehend ist der von dem kläger im widerspruchsverfahren geforderte ansatz der gop 04110 und 04111 ebm unrichtig; denn der kläger durfte diese leistungen nach maßgabe des ab 01.01.2008 geltenden ebm nicht abrechnen. punkt 2.3 der allgemeinen bestimmungen des ebm 2008 sah für die ausübung der vertragsärztlichen tätigkeit u.a. durch ermächtigte ärzte vor, dass die berechnung einer gebührenordnungsposition an das fachgebiet und den ermächtigungsumfang gebunden ist. nur dann, wenn der ermächtigungsumfang dem eines zugelassenen vertragsarztes entsprach, konnte anstelle der die grundpauschalen u.a. für ermächtigte ärzte regelnden gop 01310 bis 01312 ebm die berechnung einer in den arztgruppenspezifischen kapiteln genannten pauschalen, hier die von dem kläger in ansatz gebrachten gop 04110 und 04111 ebm, durch den zulassungsausschuss ermöglicht werden. darüber hinaus konnten auch ärzte mit einer ermächtigung nach § 24 abs. 3 zulassungsverordnung für ärzte anstelle der gop 01310 bis 01312 ebm die pauschalen der arztgruppenspezifischen kapitel abrechnen. da weder der ermächtigungsumfang des klägers demjenigen eines zugelassenen vertragsarztes entsprach noch seine ermächtigung auf § 24 abs. 3 ärzte-zv beruhte, konnte er nur die gop 01310 bis 01312 ebm abrechnen. 40diese regelungen sind bereits vom wortlaut her eindeutig; die frage einer auslegung oder interpretation (vgl. dazu z.b. bsg, urteile vom 05.02.1985 - 6 rka 37/83 -, vom 15.11.1995 - 6 rka 57/94 -, vom 31.08.2005 - b 6 ka 35/04 r - und vom 18.08.2010 - b 6 ka 23/09 r -) stellt sich damit nicht. 41der kläger kann sich auch nicht darauf berufen, dass die von der beklagten somit zutreffend angewandten bestimmungen des ebm 2008 rechtswidrig seien, weil letztlich die aus dem im ebm vorgegebenen punkteansatz resultierende vergütung unangemessen wäre. 42durch das gkv-wsg vom 26.03.2007 wurden dem bewertungsausschuss u.a. die bis spätestens bis zum 31.10.2007 mit wirkung zum 01.01.2008 zu erfüllenden aufgaben gestellt: 43"2b) die im einheitlichen bewertungsmaßstab für ärztliche leistungen aufgeführten leistungen der hausärztlichen versorgung sind als versichertenpauschalen abzubilden; für leistungen, die besonders gefördert werden sollen, können einzelleistungen oder leistungskomplexe vorgesehen werden. mit den pauschalen nach satz 1 werden die gesamten im abrechnungszeitraum üblicherweise im rahmen der hausärztlichen versorgung eines versicherten erbrachten leistungen einschließlich der anfallenden betreuungs-, koordinations- und dokumentationsleistungen vergütet. [ ...] 442c) die im einheitlichen bewertungsmaßstab für ärztliche leistungen aufgeführten leistungen der fachärztlichen versorgung sind arztgruppenspezifisch und unter berücksichtigung der besonderheiten kooperativer versorgungsformen als grund- und zusatzpauschalen abzubilden; einzelleistungen können vorgesehen werden, soweit dies medizinisch oder auf grund von besonderheiten bei veranlassung und ausführung der leistungserbringung erforderlich ist. mit den grundpauschalen nach satz 1 werden die üblicherweise von der arztgruppe in jedem behandlungsfall erbrachten leistungen vergütet. mit den zusatzpauschalen nach satz 1 wird der besondere leistungsaufwand vergütet, der sich aus den leistungs-, struktur- und qualitätsmerkmalen des leistungserbringers und, soweit dazu veranlassung besteht, in bestimmten behandlungsfällen ergibt. abweichend von satz 3 wird die behandlung von versichertengruppen, die mit einem erheblichen therapeutischen leistungsaufwand und überproportionalen kosten verbunden ist, mit arztgruppenspezifischen diagnosebezogenen fallpauschalen vergütet. [ ...]" 45dieser aufgabenstellung ist der bewertungsausschuss nachgekommen und hat zum 01.01.2008 versicherten- bzw. grund-/konsiliarpauschalen gebildet, von denen (s. dazu teil iv ebm, anhang 1) arztgruppentypische leistungen umfasst wurden. für ermächtigte ärzte, krankenhäuser bzw. institute wurden die grundpauschalen in den gop 01310 bis 01312 ebm geregelt. gegen diese grundsätzliche aufteilung bestehen keine bedenken; die voraussetzungen für eine gerichtliche normenkorrektur sind nicht erfüllt. 46die auf der grundlage des § 87 sgb v von den bewertungsausschüssen vereinbarten einheitlichen bewertungsmaßstäbe sind wegen ihrer spezifischen struktur und der art ihres zustandekommens nur beschränkt der gerichtlichen überprüfung zugänglich. durch die personelle zusammensetzung der paritätisch mit vertreten der ärzte bzw. zahnärzte und krankenkassen besetzten bewertungsausschüsse und den vertraglichen charakter der bewertungsmaßstäbe soll gewährleistet werden, dass die unterschiedlichen interessen der an der vertragsärztlichen versorgung beteiligten gruppen zum ausgleich kommen und auf diese weise eine sachgereichte inhaltliche umschreibung und bewertung der ärztlichen leistungen erreicht wird. das vom bewertungsausschuss erarbeitete system autonomer leistungsbewertung kann seinen zweck nur erfüllen, wenn eingriffe von außerhalb unterbleiben. die gerichtliche überprüfung ist daher im wesentlichen darauf beschränkt, ob der ausschuss den ihm zustehenden entscheidungsspielraum überschritten oder seine bewertungskompetenz missbräuchlich ausgenutzt hat. insoweit kommt auch das gleichbehandlungsgebot des art. 3 abs. 1 gg als prüfungsmaßstab in betracht, und zwar dann, wenn eine regelung des ebm eine vergütung nur einer arztgruppe gewährt, obgleich die leistung auch von anderen arztgruppe erbracht wird bzw. erbracht werden kann oder wenn die gleiche leistung zwar für verschiedene medizinische leistungserbringer dem grunde nach abrechenbar ist, in abhängigkeit vom jeweiligen behandlerstatus aber unterschiedlich bewertet wird (bsg, urteil vom 12.12.2012 - b 6 ka 3/12 r - m.w.n.). der gleichbehandlungsgrundsatz des art. 3 abs. 1 gg schreibt unter stetiger orientierung am gerechtigkeitsgedanken indes auch vor, wesentlich gleiches gleich und wesentlich ungleiches dementsprechend unterschiedlich zu behandeln. damit ist dem normgeber nicht jede differenzierung verwehrt. er verletzt das grundrecht somit vielmehr nur, wenn er eine gruppe von normadressaten im vergleich zu anderen nordadressaten anders behandelt, obwohl zwischen beiden gruppen keine unterscheide von solcher art und solchem gewicht bestehen, dass sie eine ungleiche behandlung rechtfertigen könnten (bsg, a.a.o. m.w.n.). 47vorliegend bestehen zwischen zugelassenem und ermächtigten arzt so erhebliche unterscheide, dass für die ermächtigten ärzte von den für die zugelassenen ärzte getroffenen vorgaben zur grundpauschale nahezu zwingend abzuweichen war. die ermächtigten ärzte weisen in der regel nur ein im vergleich zu zugelassenen ärzten deutlich geringes leistungsspektrum auf; die zugelassenen ärzte bieten ihnen gegenüber regelhaft das gesamte leistungsspektrum ihrer arztgruppe an. dementsprechend ist der schluss, dass bei den zugelassenen ärzten auch in höherem maße die von den grundpauschalen erfassten arztgruppentypischen leistungen in erhöhtem umfang anfallen, mehr als naheliegend. in die versichertenpauschalen sind diverse leistungen einbezogen worden, die sämtlich regelmäßig nicht im rahmen einer ermächtigung erbracht werden sollen. zur überzeugung des senats erbringt auch der kläger - im gegensatz zu seinem vortrag - nicht in jedem fall alle in der versichertenpauschale einbezogenen leistungen (wie allergologische basisdiagnostik, prüfung/verordnung häuslicher krankenpflege etc.). die grundpauschale für ermächtigte ärzte bildet dementsprechend nicht den leistungsinhalt der arztgruppenspezifischen versicherten- bzw. grundpauschale ab, sondern die typischen leistungen eines ermächtigten arztes, dessen versorgungsauftrag sich grundlegend von dem des zugelassenen arztes unterscheidet, da der ermächtigte arzt vornehmlich spezifische leistungen erbringen soll, die durch gesonderte gebührenordnungsposition ausgewiesen sind. wenn der ermächtigungsumfang eines arztes dem eines zugelassenen arztes entspricht, greifen die in den anmerkungen zu den gop 01310 bzw. 01311 ebm genannten ausnahmetatbestände und damit auch die vergütungsgrundsätze für die zugelassenen vertragsärzte. ist diese voraussetzung nicht erfüllt, so ist das leistungsspektrum des ermächtigten arztes eingeschränkt und dementsprechend muss die pauschale für ermächtigte ärzte sachlogisch geringer bewertet werden als die versicherten- bzw. grundpauschalen für zugelassene vertragsärzte. von einem überschreiten des dem bewertungsausschuss zustehenden entscheidungsspielraums oder einer missbräuchlichen ausnutzung der ihm zustehenden bewertungskompetenz kann hinsichtlich der grundsätzlichen differenzierung zwischen zugelassenen und ermächtigten ärzten nicht die rede sein. 48auch wenn die pauschal alle ermächtigten ärzte, krankenhäuser und institute erfassenden vorgaben der gop 01310 bis 01312 ebm eine recht grobe und damit ungenaue differenzierung und einteilung sind, bedeutet das nicht, dass diese reglungen rechtswidrig sind bzw. gegen höherrangiges recht verstoßen. es kommt schon nicht auf die frage an, ob der bewertungsausschuss jeweils die zweckmäßigste, vernünftigste und gerechteste lösung gefunden hat (bsg, urteil vom 29.01.1997 - 6 rka 3/96 -). vielmehr gehört zu der jedem normgeber zukommenden weiten gestaltungsfreiheit insbesondere die befugnis zur generalisierung, pauschalierung, schematisierung und typisierung (bsg, urteil vom 09.04.2008 - b 6 ka 40/07 r -). bereits daraus folgt, dass die von dem kläger vorgenommene einzelbetrachtung seiner behaupteten individuellen leistungserbringung bei seiner tätigkeit als ermächtigter arzt auch nicht weiterführen kann. darüber hinaus sind die vorgaben des § 87 abs. 2 sgb v zu beachten: der ebm bestimmt den inhalt der abrechnungsfähigen leistungen und ihr wertmäßiges, in punkten ausgedrücktes verhältnis zueinander. das beinhaltet u.a., dass die bewertungen der einzelnen leistungen des ebm nicht isoliert betrachtet werden dürfen. denn sie sind bestandteil eines umfassenden und auf interessenausgleich angelegten vertragssystems, das den besonderheiten der jeweils betroffenen arztgruppe rechnung tragen will. in diesem rahmen setzt sich die bewertung der einzelnen leistungen des ebm aus einem bestandteil für die ärztliche leistung einerseits und einer kompensation für den zur leistungserstellung notwendigen ressourcenaufwand andererseits (technische leistung) zusammen. der gesetzliche auftrag des bewertungsausschusses erschöpft sich aber nicht in einer leistungsbewertung nach betriebswirtschaftlichen oder sonstigen kalkulatorischen gesichtspunkten, sondern schließt die möglichkeit ein, über die definition und bewertung vertragsärztlicher verrichtungen auch eine steuerung des leistungsverhaltens zu bewirken (bsg, urteil vom 15.5.2002 - b 6 ka 33/01 r -). 49einer abschließenden entscheidung über die rechtmäßigkeit der angegriffenen normen bedarf es jedoch nicht. die im quartal i/2008 geltende regelung ist als anfangs- und erprobungsregelung hinzunehmen, zumal der bewertungsausschuss alsbald, nämlich mit wirkung ab 01.01.2009 differenzierende vorgaben eingeführt hat und damit die vorhergehenden regelungen obsolet sind. dem bewertungsausschuss sind seit jeher bei der neuregelung komplexer materien wie der vorliegenden leistungsbewertung erweiterte ermittlungs-, erprobungs- und umsetzungsspielräume zuzugestehen, die bewirken, dass für einen übergangszeitraum auch an sich rechtlich problematische regelungen hingenommen werden müssen. gröbere typisierungen und geringere differenzierungen sind in derartigen fällen vorübergehend unbedenklich, weil sich häufig bei erlass der vorschriften deren auswirkungen nicht in allen einzelheiten übersehen lassen (std. rspr., vgl. bsg, urteil vom 16.05.2001 - b 6 ka 200/00 r - m.w.n.). das gilt hier um so mehr, als nicht nur die versicherten- und grundpauschalen zum 01.01.2008 neu geschaffen wurden, sondern auch die - von der ermächtigung des klägers umfassten - leistungen des schwerpunkts kinder- und jugendmedizin bzw. der zusatzbezeichnung kinder- und jugendmedizin. 50der bewertungsausschuss hat seinen entscheidungsspielraum nicht immer schon dann überschritten, wenn sich bei überprüfung einer gebührenregelung im rahmen der ex-post-betrachtung deren unzulänglichkeit erweist, sondern nur dann, wenn der ausschuss seine bewertungskompetenz zweifelsfrei missbräuchlich, d.h. nicht durch sachgerechte erwägungen gedeckt, sondern von sachfremden erwägungen getragen, ausgeübt hat (bsg, urteil vom 16.05.2001 - b 6 ka 20/00 r -). nur dann, wenn von vornherein feststeht, dass ein vom normgeber für die regelung der konkreten materie gewähltes differenzierungskriterium systemfremd ist und ihm keine sachliche rechtfertigung innewohnt, kann auch der gesichtspunkt der erprobungsregelung nicht zur rechtmäßigkeit der normgebung führen (bsg, urteil vom 16.05.2001 a.a.o.). 51dass dies nicht der fall ist, ergibt sich aus den vorangestellten ausführungen. der hinweis des klägers, mit dem beginn des verfahrens zur umgestaltung des ebm mit wirkung zum 01.01.2008 hätten die ermächtigten pädiater auf die nicht zu rechtfertigende gleichbehandlung ungleicher sachverhalte hingewiesen, ist nicht nur angesichts seiner pauschalität, sondern auch und insbesondere angesichts der vom kläger vorgelegten unterlagen nicht nachzuvollziehen. die unterlagen stammen nämlich sämtlich aus der zeit nach dem vorliegend relevanten quartal i/2008 und geben allenfalls auch nur "erfahrungen" wieder. durch die ex post-betrachtung kann aber - wie vom bsg ausgeführt - eine überschreitung des gestaltungsspielraums des bewertungsausschusses nicht begründet werden. 52die kostenentscheidung beruht auf § 197a abs. 1 sgg i.v.m. § 154 abs. 1 verwaltungsgerichtsordnung. 53die voraussetzungen für die zulassung der revision liegen nicht vor (§ 160 abs. 2 sgg).
Verklagte*r
0
323,976
15 K 2349/19
2019-11-13T00:00:00
Urteil
Tenor Der „Bescheid“ der Beklagten zu 2. vom 18. April 2019 wird aufgehoben. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten. Die Berufung wird zugelassen. 1Tatbestand: 2Die Beteiligten streiten um die Zulässigkeit eines Bürgerbegehrens. 3Am 22. Oktober 2015 und wiederholend am 19. November 2015 fasste der Beklagte in seiner Sitzung unter dem Tagesordnungspunkt (nachfolgend: TOP) 5.a „Handlungskonzept Stadtmitte“ auf die Sitzungsvorlage Nr. °°° den Ratsbeschluss: 4„Das Handlungskonzept Stadtmitte wird als Richtlinie für die künftige Entwicklung der Stadtmitte mit folgenden Modifikationen beschlossen: 5Auf der Seite 52 unter Punkt 6.1 Ziele nach dem Punkt 13 wird folgendes hinzugefügt: 614. Umsetzung der Barrierefreiheit für alle Maßnahmen des Handlungskonzeptes 7Des Weiteren wird im Maßnahmenkatalog ab Seite 75 die Priorität der Maßnahmen: Schlüsselprojekt D. Platz (Seite 76), Anfahrbarkeit D. Platz (Seite 76), Imagekampagne (Seite 79) und Einrichtung Fahrradwache (Seite 81) in Priorität I verschoben.“ 8(im Internet abrufbar unter: ). 9Die Sitzungsvorlage enthielt die Angabe eines Finanzbedarfs für die Rathaussanierung (soziales Rathaus) in Höhe von 40,0 Millionen Euro. In der Diskussion vor Beschlussfassung waren Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen zwischen einer Ratshaussanierung und eines Rathausneubaus Gegenstand. Das Integrierte Handlungskonzept „Stadtmitte“ N1. (nachfolgend: Handlungskonzept Stadtmitte) sah städtebauliche und soziale Maßnahmen vor. Im Mittelpunkt einer beabsichtigten Aufwertung von Bestandsgebäuden, die einer Aufwertung bedürften, stand das Rathaus, das saniert werden sowie u.a. mit sozialen und kulturellen Nutzungen für die Stadtmitte ergänzt werden sollte. Der D. Platz vor dem Rathaus sollte umgestaltet werden (im Internet abrufbar unter: https://°°°.pdf). Für das „soziale Rathaus“ waren Fördermittel des Landes in Aussicht gestellt. In den Einzelheiten des Maßnahmenkatalogs des Handlungskonzeptes Stadtmitte (unter 6.4.) wurde die Sanierung des Rathauses und Weiterentwicklung zum „Bürgerhaus“ als Schlüsselprojekt bezeichnet. 10In seiner Ratssitzung vom 6. Juli 2017 beschloss der Beklagte unter TOP 8 „Rathaussanierung - Soziales Rathaus – Skulpturenmuseum“ auf die Sitzungs-vorlage Nr. °°° unter anderem: 11„1. Im Rahmen der Sanierung des Rathaus sollen neue räumliche Angebote für Gruppen, Initiativen und Träger sozialer, Bildungs- und Integrationsangebote, sowie weitere öffentliche Nutzungen (Gastronomie, Spieliothek) in den Räumen des heutigen Glaskastens eingerichtet werden.[…]6. Die Verwaltung wird beauftragt die Planungen zur Vorbereitung eines Förderantrags weiter zu vertiefen und die Finanzierung zu klären. 127. Alle wesentlichen weiteren Schritte zur Umsetzung sind durch die Gremien zu beschließen.“ 13Die Sitzungsvorlage Nr. °° führt zu Fragen der Förderung des Vorhabens „soziales Rathaus“ aus, für eine verbindliche Aussage zur Höhe der Förderung erwarte die Bezirksregierung eine Grundsatzentscheidung der Stadt, ob das Vorhaben in der Form gewollt sei und eine Kostenberechnung auf der Grundlage einer detaillierten Planung. Die Verwaltung würde die dazu erforderlichen Schritte nach der Grund-satzentscheidung veranlassen. 14In derselben Ratssitzung beschloss der Beklagte unter TOP 18 zur Sitzungsvorlage Nr. °° „Förmliche Festlegung des Sanierungsgebietes „Stadtmitte N1. “ gemäß § 142 Baugesetzbuch“ die Festlegung eines förmlichen Sanierungsgebietes auf Grundlage des Integrierten Handlungskonzept Stadtmitte, ergänzt durch das Einzelhandels- und Zentrenkonzept der Stadt N1. . Für die weiteren Einzelheiten wird auf die Beschlussvorlage Nr. °° vom 25. Juni 2017 und den Entwurf der beschlossenen Satzung über die förmliche Festlegung des städtebaulichen Sanierungsbereiches „Stadtmitte N1. “ verwiesen (im Internet abrufbar unter °°°). 15In seiner Sitzung vom 27. September 2018 beschloss der Beklagte unter TOP 5 „Rathaussanierung“ zur Sitzungsvorlage Nr. °°: 16„1. Der Rat der Stadt N1. beauftragt die Verwaltung, die Sanierung des Rathauses unter den im Sachverhalt aufgeführten Rahmenbedingungen fortzuführen. 172. Die Sanierung des Rathauses erfolgt in drei Bauab-schnitten. 183. Zur teilweisen Refinanzierung der Investitionskosten werden Förderanträge aus entsprechenden Städtebau-förderprogrammen gestellt. 194. Über den jeweiligen Sachstand der Rathaussanierung, insbesondere die Kostenentwicklung, werden die politischen Gremien fortlaufend informiert. 205. Es erfolgt eine kontinuierliche Überprüfung der Baukosten mit dem Ziel, das eine deutliche Reduzierung der Baukosten stattfindet. Im Rahmen der gesetzlichen Anforderungen gilt dies auch für den Brandschutz und den Denkmalschutz soweit vertretbar. 216. Die Stadtverwaltung informiert kurzfristig umfassend und transparent die Bürgerinnen und Bürger über die Rathaus-sanierung im Rahmen von Bürgerversammlungen in den °°° Ortsteilen.“ 22In der Sitzungsvorlage ist die Bausumme mit 70,25 Millionen Euro angegeben. Die Steigerung sei darin begründet, dass das Vorhaben in Eigenrealisierung durch-geführt werden solle. Am 22. Oktober 2015 sei man von einer Paketvergabe aus-gegangen. Zudem seien weitere Gutachten erstellt oder beauftragt worden, um Risiken, die grundsätzlich jedes Bauvorhaben mit sich bringe, weitestgehend zu minimieren. So seien z. B. neben dem Brandschutzkonzept auch Untersuchungen an den Fassaden und an der Statik durchgeführt worden, daneben sei eine denkmal-pflegerische Zielstellung erarbeitet worden, um den Anforderungen aus dem Denkmalschutz gerecht zu werden. In der vorliegenden Kostenberechnung werde eine Förderung der förderfähigen Kosten in Höhe von rd. 20 Millionen Euro angenommen. Unter der Voraussetzung, dass die Fördermittel in dieser Größen-ordnung flössen, würde sich eine Mehrbelastung des Haushaltes gegenüber den bislang veranschlagten 39 Millionen Euro in einer tragfähigen Größenordnung ergeben. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Sitzungsvorlage Nr. °°° vom 12. September 2018 verwiesen. 23Mit bei der Beklagten am 23. Oktober 2018 eingegangenem Schreiben vom 20. Oktober 2018 zeigten die Kläger die beabsichtigte Einleitung eines Bürgerbegehrens zu der Frage an: 24„Soll der Beschluss des Rates der Stadt N1. vom 27.09.2018 aufgehoben, die Sanierung des Rathauses gestoppt werden, und stattdessen lediglich der Ratstrakt saniert und auf Grundlage einer Analyse des tatsächlichen Raumbedarfs ein Neubau errichtet werden.“ 25Mit Schreiben vom 18. Dezember 2018 teilte die Beklagte den Klägern nach internen Abstimmungen die Kostenschätzung mit. Hierzu führte sie aus: 26„Die Verwaltung geht nach der von Ihnen angekündigten Fragestellung von folgenden Prämissen aus: 271. Der Ratstrakt wird saniert. 282. Ein funktionaler Neubau wird auf der Grundfläche zwischen Wohnen Ost und K-Straße errichtet. Ein anderes verfügbares Grundstück steht derzeit nicht zur Verfügung. 293. Die Rathaustürme werden verkehrssicher unterhalten wegen der bestehenden Erhaltungspflicht auf Grund des Denkmalschutzes. 30Die unter diesen Prämissen ermittelten Kosten werden mit einem Aufwand von ca. 89.000.000 € geschätzt. Einzelheiten der Berechnung entnehmen Sie bitte dem in der Anlage beigefügten Kostenrahmen nach DIN 276. 31Gem. § 26 Abs. 4 GO NRW ist diese Kostenschätzung bei der Sammlung der Unterschriften für den unterzeichnenden Bürger erkennbar anzugeben.“ 32Weiter wies die Beklagte auf die Dreimonatsfrist zur Einreichung des Bürgerbegehrens hin, das sich seinem Wortlaut nach gegen den Ratsbeschluss des Beklagten vom 27. September 2018 richte. Für die weiteren Einzelheiten wird auf Bl. 38 - 40 der Beiakte Heft 1 verwiesen. 33Die Kläger legten die Unterschriftenlisten des Bürgerbegehrens mit der nachstehend aufgeführten Fragestellung, Begründung und Kostenschätzung aus: 34Fragestellung: 35„Soll der Beschluss des Rates der Stadt N1. vom 27.09.2018 aufgehoben, die Sanierung des Rathauses gestoppt werden, und stattdessen lediglich der Ratstrakt saniert und auf Grundlage einer Analyse des tatsächlichen Raumbedarfs ein Neubau errichtet werden?“. 36Begründung des Bürgerbegehrens: 37Zwar hat der Stadtrat schon am 22. Mai 2015 beschlossen, das Rathaus zu sanieren. Basis war eine Kostenschätzung von 39 Millionen Euro. Aber am 27.09.2018 beschloss der Stadtrat die Sanierung des Rathauses fortzusetzen, obwohl das Planungsteam die Kosten bereits auf 70,25 Mio. Euro berechnete. Diese gewaltige Kostensteigerung für die erneute Sanierung des lediglich 60 Jahre alten, aber extrem reparaturanfälligen Rathauses ist beängstigend. Der an Folgekosten wesentlich günstigere Neubau des Rathauses wurde weder bedacht noch gründlich kalkuliert. Der Neubau des Rathauses wäre nachhaltiger und ökologisch sinnvoller. Ein Neubau ist energieeffizienter, klimaschonender und verursacht deutlich geringere Betriebskosten. Unter anderem durch die zusätzliche Errichtung einer Tiefgarage mit ca. 500 Stellplätzen von je 25.000 € fallen die von der Stadt N1. geschätzten Kosten für den Neubau wesentlich höher als bei der Sanierung des Rathauses aus. 38Kostenschätzung der Verwaltung der Stadt N1. vom 18.12.2018: 39„Die Verwaltung hat am 18.12.2018 den Vertretungs-berechtigten folgende Kostenschätzung mitgeteilt: „Die Verwaltung geht nach der von Ihnen angekündigten Fragestellung von folgenden Prämissen aus: 1. Der Ratstrakt wird saniert. 2. Ein funktionaler Neubau wird auf der Grundfläche zwischen Wohnen Ost und K-Straße errichtet. Ein anderes verfügbares Grundstück steht derzeit nicht zur Verfügung. 3. Die Rathaustürme werden verkehrssicher unterhalten wegen der bestehenden Erhaltungspflicht auf Grund des Denkmalschutzes. Die unter diesen Prämissen ermittelten Kosten werden mit einem Aufwand von ca. 89.000.000 € geschätzt. Einzelheiten der Berechnung entnehmen Sie bitte dem in der Anlage beigefügten Kostenrahmen nach DIN 276.“ Hinweis der Initiatoren: Der Kostenrahmen nach DIN 276 ist dieser Unterschriftenliste angeheftet.“ 40Am 22. Februar 2019 wurden die Unterschriftenlisten des Bürgerbegehrens bei der Beklagten eingereicht. 41Nach einer internen Prüfung kam die Beklagte zu dem Ergebnis, dass von den 5.144 Unterschriften 4.577 gültig seien, womit das erforderliche Quorum erreicht werde. 42In der Ratssitzung vom 11. April 2019 fasste der Beklagte aufgrund der Sitzungsvorlage Nr. °° vom 1. April 2019, auf die für die weiteren Einzelheiten verwiesen wird (vgl. Beiakte Heft 1, Bl. 107 bis 112), unter TOP 3 „Feststellung der Unzulässigkeit des Bürgerbegehrens „Rathaussanierung stoppen!“ den Ratsbeschluss: 43„Der Rat stellt die Unzulässigkeit des Bürgerbegehrens „Rathaussanierung stoppen!“ fest.“ 44In mit Rechtsbehelfsbelehrung versehenem Schreiben vom 18. April 2019 gab die Beklagte den Ratsbeschluss gegenüber den Klägern bekannt. Zur Begründung führte sie aus, das Begehren sei verfristet. Ein Bürgerbegehren müsse nach § 26 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. Satz 1 GO NRW drei Monate nach dem Sitzungstag eingereicht werden, wenn es sich gegen einen Ratsbeschluss richte, der nicht der Bekannt-machung bedürfe. Diese Frist sei nicht gewahrt worden. Zwar richte sich das Bürgerbegehren nach seinem Wortlaut gegen den Ratsbeschluss des Beklagten vom 27. September 2018. Vorliegend sei jedoch aufgrund der in der Vergangenheit bereits mehrfachen Befassung des Beklagten mit dem Projekt Rathaussanierung für die Bestimmung der Einreichungsfrist auf einen älteren Ratsbeschluss abzustellen. Bereits im Jahr 2008 habe der Beklagte eine Teilsanierung beschlossen. Diese habe jedoch wegen der schlechten Finanzsituation nicht umgesetzt werden können. Im Jahr 2013 sei das Sanierungsvorhaben wieder aufgenommen und das Handlungs-konzept Stadtmitte erstellt worden. Dazu habe die Sanierung des Rathauses und dessen Umgestaltung in ein „soziales Rathaus“ gehört. Dafür seien Kosten in Höhe von 39 Millionen Euro für eine sog. Paketvergabe und 44,6 Millionen Euro im Fall einer Eigensanierung veranschlagt worden. Der Ratsbeschluss vom 19. November 2015 stelle einen Grundsatzbeschluss dar. Auch wenn er durch die nachfolgenden Beschlüsse vom 6. Juli 2017 und 27. September 2018 aufgegriffen und konkretisiert worden sei, stelle er den Beginn des Vorhabens zur Rathaus-sanierung dar. Der Ratsbeschluss vom 6. Juli 2017 habe den Ratsbeschluss vom 19. November 2015 konkretisiert. Es sei festgelegt worden, was die Vorhaben genau beinhalten und wie bzw. wo sie realisiert werden sollten. Im Jahr 2016 habe die Verwaltung begonnen, Planungs- und Projektsteuerungsleistungen für die Sanierung des Rathauses zu beauftragen. Am 27. September 2018 habe der Beklagte einen weiteren Ratsbeschluss zur Rathaussanierung gefasst. Angesichts der im Rahmen der Projektsteuerungsleistungen festgestellten Kostensteigerungen sei der Rat erneut mit der Rathaussanierung befasst worden. 45Seit dem Grundsatzbeschluss vom 19. November 2015 habe sich die Sachlage nicht derart gravierend geändert, dass das Vorhaben durch den Ratsbeschluss vom 27. September 2018 einem Bürgerbegehren zugänglich gemacht werden könne. Die baulichen, inhaltlichen oder funktionalen Rahmenbedingungen der Rathaussanierung würden nicht derart von den Maßnahmen des Grundsatzbeschlusses aus dem Jahr 2015 abweichen. Auch das veränderte, gestiegene Investitions- und Finanzierungs-volumen führe zu keiner wesentlichen Änderung. 46Das Bürgerbegehren sei auch unzulässig, weil die Frage zu unbestimmt sei. Sie genüge nicht den Anforderungen des § 26 Abs. 7 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 1 GO NRW. Die Frage müsse als Grundlage für einen möglichen Bürgerentscheid auf eine konkrete Sachentscheidung gerichtet sein. Zwar könne die Frage mit Ja oder Nein beantwortet werden. Allerdings sei für den Bürger nicht erkennbar, wozu er konkret Ja oder Nein sagen solle. Die in mehrere Teile gegliederte Frage des Bürgerbegehrens lasse insbesondere bezüglich des letzten Teils, der sich mit dem Neubau des Rathauses befasse, nicht eindeutig erkennen, für welche Maßnahme der das Bürgerbegehren entscheidende Bürger abstimme. Fragen der Planung, des Umfangs der umzusetzenden Maßnahme und des Standortes blieben ungeklärt und offen. Zu welcher Maßnahme ein „Ja“ führen würde, könne der Bürger nicht ansatzweise erkennen. Das Bürgerbegehren enthalte lediglich den Hinweis auf einen Neubau auf Grundlage einer Analyse des tatsächlichen Raumbedarfs. Hieraus sei weder Größe, bauliche Umsetzung noch Standort des Rathausneubaus zu entnehmen. Was Folge eines Bürgerentscheids über die Frage des Bürgerbegehrens wäre, bliebe völlig offen. Zahlreiche weitergehende Fragen wären im Falle eines Bürgerentscheids im Anschluss durch den Rat selbst zu beantworten. 47Die Kläger haben am 15. Mai 2019 die vorliegende Klage erhoben. 48Zur Begründung tragen Sie im Wesentlichen vor, das Bürgerbegehren sei nicht verfristet. Der Ratsbeschluss vom 27. September 2018 sei bürgerentscheidsfähig. Bei dem Projekt Rathaussanierung handele es sich um ein sog. „gestrecktes Planungsverfahren“. Hierfür sei typisch, dass sich mit der Errichtung und baulichen Veränderung öffentlicher Einrichtungen nicht nur ein, sondern mehrere Beschlüsse des Rates befassen. 49Der Ratsbeschluss vom 19. November 2015 stelle keinen sog. Projektbeschluss dar. Mit diesem Ratsbeschluss sei zwar das Handlungskonzept Stadtmitte beschlossen worden. Mit der Vorlage des Handlungskonzeptes Stadtmitte sei jedoch nicht über die Gestaltung des Vorhabens Gewissheit geschaffen und keine Planungsphase abgeschlossen, sondern erst eröffnet worden. Dementsprechend sei die Lenkungsgruppe für die Rathaussanierung erst zeitlich später eingerichtet worden. 50Der Ratsbeschluss vom 6. Juli 2017 stelle ebenfalls keinen Abschluss der Planungen dar. Die Sitzungsvorlage weise insoweit nur eine seit April 2016 mit Experten, Bürgern, dem Förderverein °°°, der Politik und den Fachämtern geführte Diskussion über Standort und Inhalt des sozialen Rathauses und damit einen „möglichen Realisierungsansatz“ aus. Zu den Flächen hätten noch keine detaillierten Planungen bestanden. Ziffer 6 des Ratsbeschlusses vom 6. Juli 2017, wonach die Verwaltung beauftragt worden sei, die Planungen im Hinblick auf die notwendige Vorbereitung eines Förderantrages aus Städtebauförderungsmitteln weiter zu vertiefen und die Finanzierung zu klären, zeige, dass die Finanzierung des Vorhabens auch am 6. Juli 2017 noch nicht festgelegt gewesen sei. In der Rats-sitzung habe der Bürgermeister der Beklagten ausgeführt, der geplante Finanz-rahmen für das Rathaus solle die Bausumme von 40 Millionen Euro nicht über-steigen. 51Erst der Ratsbeschluss vom 27. September 2018 stelle sich als Projektbeschluss dar. Er richte sich auf die Fortführung der Sanierung des Rathauses unter den im Sachverhalt des Beschlussvorschlages aufgeführten konkretisierten Rahmen-bedingungen. Dazu gehöre über die bisherig definierte Kostengröße von 39 Millionen Euro hinaus eine Kostenberechnung im Rahmen der noch durchzuführenden Genehmigungsplanung zu einer Bausumme von 70,25 Millionen Euro. Es seien drei Bauabschnitte für die Sanierung festgelegt worden. Zudem habe der Beklagte beschlossen, zur teilweisen Refinanzierung der Investitionskosten Förderanträge aus entsprechenden Städtebauförderungsprogrammen zu stellen, wobei in der nunmehr vorliegenden Kostenberechnung mit einer Bausumme von 70,25 Millionen Euro eine Förderung der förderfähigen Kosten in Höhe von rund 20 Millionen Euro ange-nommen worden sei. Einzelheiten der Finanzierung des Vorhabens und Einzelheiten der baulichen Gestaltung des Vorhabens, unter anderem auch hinsichtlich der Brandschutzmaßnahmen seien festgelegt worden. Dieser Ratsbeschluss hätte unmittelbar die Sanierung des Rathauses unter den konkretisierten Rahmen-bedingungen zum Gegenstand haben können. 52Zugleich beinhalte der Ratsbeschluss vom 27. September 2018 ein abweichendes Regelungsprogramm von den Ratsbeschlüssen aus 2015 und 2017 und innerhalb des gestreckten Planungsverfahrens einen eigenständigen Entscheidungsgehalt. Das Regelungsprogramm über die Fortführung der Sanierung unter den bestimmten konkretisierten Rahmenbedingungen stelle sich nicht nur als Entscheidung über das „Wie“ der Sanierung, sondern auch ihr „Ob“ dar. Der Bürgermeister der Beklagten habe erklärt, dass man beim Sanierungsbeschluss 2015 von anderen Gegebenheiten ausgegangen sei. Auch die Verwaltung der Beklagten habe wohl offenbar die Notwendigkeit gesehen, aufgrund der veränderten Rahmenbedingungen eine neue grundsätzliche Entscheidung des Rates über das Sanierungsvorhaben herbeizuführen. Von daher komme es im Ergebnis auch nicht mehr darauf an, ob das um 31,25 Millionen Euro höhere lnvestitionsvolumen im Vergleich zur früher definierten Kostengröße von ca. 39 Millionen Euro allein bereits eine wesentliche Änderung der Sachlage im Vergleich zum Ratsbeschluss vom 19. November 2015 darstelle. Die (Grund-)Entscheidung der Ratsmitglieder über die Fortsetzung der Sanierung sei jedenfalls auch mit der Bejahung des ausdrücklich als Rahmenbedingung hervorgehobenen höheren Finanzierungsvolumens von 70,25 Millionen Euro getroffen worden. 53Die Fragestellung entspreche den rechtlichen Vorgaben. Der erste Teil der Frage sei absolut unmissverständlich. Danach solle der Ratsbeschluss vom 27. September 2018 aufgehoben, die Sanierung des Rathauses gestoppt und stattdessen lediglich der Ratstrakt saniert werden. 54Auch die weitere, beanstandete Formulierung sei hinreichend bestimmt und lasse beim Unterstützer keinen Zweifel über den Umfang der Neubaumaßnahme aufkommen. Die geforderte „Analyse des tatsächlichen Raumbedarfs" könne nur so verstanden werden, dass diese Analyse auf der Grundlage der unterzubringenden Beschäftigten erfolge. Hiermit gebe das Bürgerbegehren sogar die Parameter für die Planung und den Umfang der umzusetzenden Maßnahmen und damit sogar die Kubatur des Neubaus vor. Auf der Grundlage der Analyse des tatsächlichen Raumbedarfs würden sich diese nämlich aus dem Gesetz und den hierzu erlassenen norminterpretierenden Bestimmungen ergeben. Dies bedürfe keiner nähren Erläuterung. Büros, in denen Arbeitnehmer beschäftigt werden, unterlägen der Arbeitsstättenverordnung - ArbStättV -. Die unbestimmten Rechtsbegriffe in der ArbStättV und in deren Anhang würden wiederum in den technischen Regeln für Arbeitsstätten konkretisiert. Für Raumabmessungen/Bewegungsflächen am Arbeitsplatz sei die gleichnamige ASR A1.2 heranzuziehen. Jedenfalls sei die gewählte konkrete Fragestellung des Neubaus auf der Grundlage, einer Analyse des tatsächlichen Raumbedarfs aus dem Blickwinkel der Unterstützer des Begehrens so zu verstehen, dass kein Repräsentationsbau, sondern – lediglich – ein funktionaler Neubau erfolgen solle. 55Den Initiatoren des Bürgerbegehrens könne und dürfe nicht abverlangt werden, den Standort des Neubaus festzulegen. Hiermit würden die Anforderungen an das Bürgerbegehren überspannt. Eine Standortentscheidung sei von vielen Faktoren und Abwägungsgesichtspunkten abhängig, unter anderem vom Raumbedarf und von der Verfügbarkeit von Grundstücken, das hieße ob und ggf. welche freien Flächen im Eigentum der Kommune stünden und deshalb Grunderwerbskosten nicht aufgewandt werden müssten, ob der Baugrund hinsichtlich der Bodenbeschaffenheit überhaupt geeignet sei, welche Untersuchungen ggf. zur Beschaffenheit des Baugrundes angestellt werden müssten, ob sämtliche Erschließungsmerkmale erfüllt bzw. erfüllbar seien oder ob noch Erschließungsanlagen eigens mit einem höheren Kostenaufwand errichtet werden müssten und – schließlich – wann die Grundstücks-fläche überhaupt zu einer Überplanung zur Verfügung stehen würde. Solche Einflusskriterien und deren Auswertung könnten von den Initiatoren eines Bürger-begehrens innerhalb der knappen Frist zur Einreichung des Begehrens weder ermittelt noch in tragfähiger Weise festgestellt werden. Dies seien vielmehr Fragen der Umsetzung eines Neubaubeschlusses. Insoweit habe die Verwaltung geeignete Vorschläge zu unterbreiten, über die der Rat in einer weiteren (Vollzugs-) Entscheidung zu bestimmen habe. 56Die Kläger beantragen, 571. den „Bescheid“ der Beklagten vom 18. April 2019 aufzuheben, 582. den Beklagten zu verurteilen, das am 23. Oktober 2018 angezeigte Bürgerbegehren „Rathaussanierung stoppen!“ für zulässig zu erklären. 59Die Beklagten beantragen, 60die Klage abzuweisen. 61Zur Begründung ergänzen und vertiefen sie die Ausführungen der Beklagten zu 2. im Schreiben vom 18. April 2019. Der Ratsbeschluss vom 19. November 2015 habe als Grundsatzbeschluss die Entscheidung über die Sanierung des bestehenden Rathauses beinhaltet. Allein der Ratsbeschluss vom 19. November 2015 sei entscheidend für die grundsätzliche Planung der Rathaussanierung gewesen und somit auch für die Frage, welche Beschlüsse des Beklagten mit einem Bürgerbegehren aufgehoben werden könnten. Hiermit habe sich der Beklagte für Umgestaltungsmaßnahmen der Innenstadt inklusive der Sanierung des Rathauses entschieden. Seit dem 19. November 2015 seien alle Beteiligten von einem bereits laufenden Sanierungsprojekt ausgegangen. Entscheidend sei allein, dass bei dieser Ratssitzung die Sanierung des Rathauses beschlossen und im Folgenden von den Beteiligten („nur noch") konkretisiert und umgesetzt worden sei. 62Die darauffolgenden Konkretisierungen des Projekts am 6. Juli 2017 und am 27. September 2018 hätten die Ausschlussfrist des § 26 Abs. 3 Satz 2 GO NRW nicht erneut in Gang gesetzt. 63Durch den Ratsbeschluss des Beklagten vom 6. Juli 2017 sei das laufende Projekt gar nicht erst dem Grunde nach behandelt worden. Beschlossen worden sei, dass „im Rahmen der Sanierung des Rathauses neue räumliche Angebote für Gruppen, Initiativen und Träger sozialer, Bildungs- und Integrationsprogrimme, sowie weitere öffentliche Nutzungen (Gastronomie, Spielothek) in den Räumen des heutigen Glaskastens eingerichtet werden" sollten. Dem öffentlichen Protokoll zur Ratssitzung vom 6. Juli 2017 könne aus verschiedentlichen Formulierungen und Textbeiträgen der Ratsmitglieder entnommen werden, dass alle Beteiligten von einem bereits laufenden Prozess zur Rathaussanierung ausgegangen seien. 64Ebenso verdeutliche der Text des Ratsbeschlusses vom 27.September 2018, dass die Beklagte nicht mehr die Frage über eine grundsätzliche Rathaussanierung zum Abstimmungsgegenstand im Rat machen wollte. Der Beklagte habe beschlossen, die „Verwaltung zu beauftragen", die Sanierung des Rathauses fortzuführen. Die Wortmeldungen einzelner Ratsmitglieder würden den Charakter des Rats-beschlusses aus dem Jahr 2015 als Grundsatzbeschluss nicht in Frage stellen. Dies sei schon an den Auswirkungen einer Ablehnung der Beschlussvorlage erkennbar, was nicht den Ratsbeschluss aus dem Jahr 2015 beseitigt hätte. 65Die Mehrfachbefassung des Beklagten mit dem Oberthema „Rathaussanierung" stelle weder einen ungewöhnlichen Umstand noch eine Wiederholung oder Abänderung der Grundsatzentscheidung für eine Sanierung dar. Bei größeren Planungsvorhaben würde häufig eine Fülle von Beschlüssen gefasst, was dazu führe, dass sich das Vorhaben über einen mehrjährigen Zeitraum erstrecken könne. Die Kläger würden selbst von einer bereits begonnenen Sanierungsmaßnahme ausgehen. Anders ließe sich nicht erklären, dass die Frage des Bürgerbegehrens u.a. darauf abziele, die Sanierung des Rathauses zu „stoppen“. 66Anhaltspunkte dafür, dass aufgrund einer wesentlichen Änderung der Sachlage der Ratsbeschluss vom 27. September 2018 als neuer Grundsatzbeschluss verstanden werden müsse, gebe es nicht. Grundsätzlich kämen solche planerischen Änderungen als (bürgerentscheids-)relevante Änderungen in Betracht, die bauliche Veränderungen mit wesentlichen Auswirkungen auf Funktionen, Raumprogramme oder Kapazitäten oder eine veränderte Finanzierung der Maßnahme betreffen würden. Eine wesentliche Änderung könne nicht mit Kostensteigerungen oder einem nach dem Ergehen des Ratsbeschlusses entstandenen Haushaltsdefizit begründet werden. Derartige Kostensteigerungen und finanzielle Defizite im städtischen Haushalt seien einem Bürgerbegehren nicht zugänglich. 67Zudem sei die Teilfrage nach einem Neubau derart offen, dass eigentlich nur erkennbar werde, dass dieser die Alternative zu einer Rathaussanierung darstellen solle. Alles Weitere lasse die Fragestellung offen. 68Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge verwiesen. 69Entscheidungsgründe: 70Die Klage ist zulässig (I.), aber überwiegend unbegründet (II.). 71I. 72Die Klage ist zulässig. 73Zur gerichtlichen Durchsetzung des klägerischen Begehrens, die Feststellung der Zulässigkeit des Bürgerbegehrens durch den Beklagten zu erreichen, ist unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts die allgemeine Leistungsklage statthaft. 74Die Kläger als Vertreter des Bürgerbegehrens sind nach der Rechtsprechung des Bundeverfassungsgerichts als in einer Art organschaftlichem Verhältnis zur betreffenden Gemeinde stehende "Amtswalter" anzusehen. 75Vgl. BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom22. Februar 2019 - 2 BvR 2203/18 -, juris, Rn. 17. 76Die den Vertrauenspersonen eines Bürgerbegehrens durch das Kommunalrecht zugewiesenen Rechte sind nach den Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts Teil der kommunalen Willensbildung. Sie betreffen die politische Willensbildung in der Gemeinde und begrenzen zugleich die Rechte der Gemeindevertretung. Ein zugelassenes Bürgerbegehren ist Teil des institutionellen Gefüges der Gemeinde, mit dem die Bürgerschaft an der politischen Willensbildung in der Gemeinde teilhat. Seine Vertrauensleute nehmen insoweit eine organschaftliche Funktion wahr. Sie sind „Organ“ der Gemeinde, weshalb sie mangels Grundrechtsfähigkeit nicht in den Schutzbereich von Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes - GG - fallen. 77Vgl. BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom22. Februar 2019 - 2 BvR 2203/18 -, juris, Rn. 20 bis 22. 78Zwar sieht die Kammer sich an diesen Nichtannahmebeschluss des Bundes-verfassungsgerichts nicht durch § 31 des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes - BVerfGG - gebunden. Danach binden die Entscheidung des Bundesverfassungs-gerichts die Verfassungsorgane des Bundes und der Länder sowie alle Gerichte und Behörden. Diese Bindungswirkung ist grundsätzlich indisponibel, 79vgl. Betghe, in: Maunz/Schmidt-Bleibtreu/Klein/Bethge, Bundesverfassungsgerichtsgesetz, Werkstand: 56. Erg.-Lfg. Februar 2019, § 31, Rn. 10, 80und besteht über den Einzelfall hinausgehend insofern, als die sich aus dem Tenor und den tragenden Gründen der Entscheidung ergebenden Grundsätze für die Auslegung der Verfassung von den Gerichten in allen künftigen Fällen beachtet werden müssen. 81Vgl. BVerfG, Beschluss vom 10. Juni 1975- 2 BvR 1018/74 -, juris, Rn. 13; BVerfG, Beschluss vom 5. Mai 1987 - 2 BvR 104/87 -, juris, Rn. 41; BVerfG, Beschluss vom 20. Januar 1966 - 1 BvR 140/62 - (Niekisch-Fall, Berliner Sache, Berlin-Vorbehalt II), juris, Rn. 14. 82§ 31 BVerfGG erkennt den verfassungsgerichtlichen Entscheidungen Bindungs-wirkung insoweit zu, wie die Funktion des Bundesverfassungsgerichts als maß-geblicher Interpret und Hüter der Verfassung dies erfordert. Die Bindungswirkung beschränkt sich deshalb auf die Teile der Entscheidungsgründe, welche die Auslegung und Anwendung des Grundgesetzes betreffen. Sie erstreckt sich nicht auf Ausführungen, die nur die Auslegung einfacher Gesetze zum Gegenstand haben. Die Auslegung und Anwendung einfacher Gesetze ist Sache der sachnäheren Fachgerichte. Dagegen hat das Bundesverfassungsgericht die aus dem Verfassungsrecht sich ergebenden Maßstäbe oder Grenzen für die Auslegung eines einfachen Gesetzes verbindlich zu bestimmen. 83Vgl. BVerfG, Beschluss vom 10. Juni 1975- 2 BvR 1018/74 -, juris, Rn. 14. 84§ 31 BVerfGG erfasst auch stattgebende, gemäß § 93c Abs. 1 Satz 2 BVerfGG einer Senatsentscheidung gleichstehende Kammerbeschlüsse über eine Verfassungs-beschwerde. 85Vgl. BVerfG, Beschluss vom 27. Januar 2006 - 1 BvQ 4/06 - (Versammlungsverbot), juris, Rn. 29; BVerfG, Beschluss vom 15. Dezember 2004 - 1 BvR 2495/04 -, juris, Rn. 11; Lenz/Hansel, Bundes-verfassungsgerichtsgesetz, 2. Auflage 2015, § 31, Rn. 24. 86Nicht erfasst sind jedoch Nichtannahmebeschlüsse wie der vom 22. Februar 2019 - 2 BvR 2203/18 -. Eine Bindungswirkung nach § 31 Abs. 1 BVerfGG kommt nur Sachentscheidungen, nicht Prozessentscheidungen zu. 87BVerfG, Beschluss vom 24. Januar 1995 - 1 BvL 18/93, 1 BvL 5/94, 1 BvL 6/94, 1 BvL 7/94, 1 BvR 403/94, 1 BvR 569/94 -, (Feuerwehrabgabe, Feuerwehrschutz-abgabe), juris, Rn. 63; Bethge, in: Maunz/Schmidt-Bleibtreu/Klein/Bethge, Bundesverfassungsgerichtsgesetz, Werkstand: 56. Erg-Lfg., Februar 2019, § 31, Rn. 83. 88Dennoch veranlassen die Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts in seinem Nichtannahmebeschluss vom 22. Februar 2019 - 2 BvR 2203/18 - zu Auslegungen des Verfassungsrechts hinsichtlich der fehlenden Grundrechtsträgereigenschaft von Vertretern eines Bürgerbegehrens als „Organ“ bzw. "Amtswalter" in einer Art organschaftlichem Verhältnis zur Gemeinde die Kammer unter Abweichung von der bisherigen Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen ihre Rechtsprechung zu ändern. 89Nach dieser Rechtsprechung war die Verpflichtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 Fall 1 VwGO statthafte Klageart für die Bewertung der Zulässigkeit eines Bürgerbegehrens. 90Vgl. OVG NRW, Urteil vom 13. Juni 2017 - 15 A 1561/15 -, juris, Rn. 8; OVG NRW, Urteil vom 5. Februar 2002 - 15 A 1965/99 -, juris, Rn. 8; zum Bürgerbegehren auf Kreisebene; VG Gelsenkirchen, Urteil vom 13. Juni 2008 - 15 K 2243/06 -, juris, Rn. 36. 91Die begehrte Entscheidung des Rates über die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens nach § 26 Abs. 6 Satz 1 der Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen - GO NRW - wurde als Verwaltungsakt angesehen, mit dem der Rat den Vertretern des Bürgerbegehrens gegenüber, die sich insoweit auf eine Position des Außen-rechts berufen haben, verbindlich feststellt, ob die Voraussetzungen für die Durch-führung eines Bürgerentscheids erfüllt sind. 92Vgl. OVG NRW, Urteil vom 5. Februar 2002 - 15 A 1965/99 -, juris, Rn. 8, m.w.N.; zum Bürgerbegehren auf Kreisebene; VG Gelsenkirchen, Urteil vom 13. Juni 2008 - 15 K 2243/06 -, juris, Rn. 36. 93Das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen hat in einer neueren Entscheidung eine Feststellungsklage bezüglich der gerichtlichen Überprüfung des Abstimmungsergebnisses über einen Bürgerentscheid für statthaft angesehen. 94Vgl. OVG NRW, Urteil vom 27. Juni 2019 - 15 A 2503/18 -, juris. 95Diese Konstellation betrifft nicht die vorliegende Situation, in der die Unzulässigkeits-feststellung durch Ratsbeschluss beseitigt und dem Rat vorgegeben werden soll, die Zulässigkeit eines Bürgerbegehrens festzustellen. Überdies verhält sich die Entscheidung nicht deutlich zu der Frage, ob den Vertretern eines Bürgerbegehrens Rechtspositionen „wie einem Organ“ im Rahmen des gemeindlichen inneren Willens-bildungsprozesses zustehen. Im Gegenteil stellt das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in dieser der vorerwähnten Entscheidung des Bundes-verfassungsgerichts nachfolgenden Entscheidung im Rahmen der Klagebefugnis nicht auf „organschaftliche Rechte“ ab, sondern bejaht an mehreren Stellen die den Vertretern eines Bürgerbegehrens zustehenden eigenen subjektiven Rechte. 96Vgl. OVG NRW, Urteil vom 27. Juni 2019 - 15 A 2503/18 -, juris, Rn. 58, 74, 84, 95. 97Zur rechtlichen Position der Vertreter eines Bürgerbegehrens führt das Ober-verwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen aus, bei ihnen seien alle Verfahrensrechte hinsichtlich des Bürgerbegehrens konzentriert. Sie würden ähnlich einem Verfahrensstandschafter im eigenen Namen die Interessen der das Bürgerbegehren unterzeichnenden Bürger wahrnehmen und überdies einheitlich als Ansprechpartner der Gemeinde fungieren. 98Vgl. OVG NRW, Urteil vom 27. Juni 2019 - 15 A 2503/18 -, juris, Rn. 67. 99Die konkrete rechtliche Einordnung des Konstruktes Bürgerbegehren bzw. seiner Vertreter bleibt unklar. 100Unter Berücksichtigung der Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts in seinem Nichtannahmebeschluss vom 22. Februar 2019 - 2 BvR 2203/18 - hält die Kammer nicht mehr an ihrer früheren Rechtsprechung fest. Soweit die Vertrauensleute des Konstruktes Bürgerbegehrens als „Organ“ der Gemeinde bzw. als „Amtswalter“ eine organschaftliche Funktion wahrnehmen, 101vgl. BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom22. Februar 2019 - 2 BvR 2203/18 -, juris, Rn. 22, 102stehen sie der Gemeinde nicht in einem Außenverhältnis gegenüber und kann die Entscheidung des Rates nach § 26 Abs. 6 Satz 1 GO NRW ihnen gegenüber nicht in Gestalt eines Verwaltungsakts ergehen. Es fehlt insoweit an der nach § 35 Satz 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen- VwVfG NRW - erforderlichen Außenwirkung. 103Bei konsequenter Überführung der vorerwähnten Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts in nordrhein-westfälisches Landesrecht folgt die Ein-ordnung des Konstrukts eines Bürgerbegehrens „als Teil des institutionellen Gefüges der Gemeinde, mit dem die Bürgerschaft an der politischen Willensbildung in der Gemeinde teilhat“ jedoch weder aus dem verfassungsgerichtlichen Verständnis der Stellung eines Bürgerbegehrens erst ab Feststellung der Zulässigkeit durch den Rat noch aus einer rechtstheoretischen Einordnung des Antrags auf Durchführung eines Bürgerbegehrens, der Gesamtheit der Unterzeichner oder der Vertreter/Vertrauens-personen eines Bürgerbegehrens als „Organ“. 104Vgl. zum diesbezüglichen Meinungsstand und der daran nachvollziehbaren Kritik umfassend Lange, Kommunalrecht, 2. Auflage, 2013, Teil 2, Kapitel 9, Rn. 143 ff. 105Soweit in der Literatur darauf hingewiesen wird, dass ein Bürgerbegehren als Instrument unmittelbarer Demokratie grundsätzlich eine selbstständige Teilhabe an der kommunalen Willensbildung von außen darstellt, 106vgl. Heusch/Dickten, Neue Rechtsprechung zum Kommunalrecht, NVwZ 2019, 1238 (1244); Muckel: Keine Grundrechtsberechtigung für Vertrauenspersonen eines Bürgerbegehrens, JA 2019, 633 (635), 107stimmt dem die Kammer im Grundsatz zu. 108Allerdings weist die Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen dem Konstrukt Bürgerbegehren durch einfachgesetzliche Regelungen in § 26 Abs. 1 Satz 1 GO NRW i.V.m. § 40 Abs. 1 und 2 Satz 1 GO NRW die kommunal-verfassungsrechtliche Stellung „als Teil des institutionellen Gefüges der Gemeinde, mit dem die Bürgerschaft an der politischen Willensbildung in der Gemeinde teilhat“ im Sinne der Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts zu. 109Nach § 40 Abs. 1 GO NRW wird die Verwaltung der Gemeinde ausschließlich durch den Willen der Bürgerschaft bestimmt. § 40 Abs. 2 Satz 1 GO NRW definiert legal, dass die Bürgerschaft durch den Rat und den Bürgermeister vertreten wird. Hiernach ist ein Bürgerbegehren nicht Träger der Gemeindeverwaltung und demnach nicht Teil des institutionellen Gefüges der Gemeinde. 110Auch aus dem Wortlaut der Regelung in § 26 Abs. 6 Satz 7 GO NRW über die Sperrwirkung eines Bürgerbegehrens, dessen Zulässigkeit abschließend festgestellt worden ist, kann entnommen werden, dass weder das Bürgerbegehren als solches, noch seine Unterzeichner in Gesamtheit oder einzeln oder die Vertreter des Bürgerbegehrens Organe der Gemeinde im klassischen bzw. engeren Sinne sind. Die Norm lautet auszugsweise: „Ist die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens nach Satz 1 oder Satz 2 abschließend festgestellt, darf bis zur Feststellung des Ergebnisses des Bürgerentscheids eine dem Begehren entgegenstehende Entscheidung der Gemeindeorgane nicht mehr getroffen oder mit dem Vollzug einer derartigen Entscheidung nicht mehr begonnen werden, […].“ (Unterstreichung durch das Gericht). Diesem Wortlaut ist zu entnehmen, dass § 26 Abs. 6 Satz 7 GO NRW das Bürgerbegehren nicht als ein klassisches Gemeindeorgan im engeren Sinne ansieht, weil es seiner Zielrichtung die Gemeindeorgane in ihrer Gesamtheit gegenüberstellt. Würde die Norm das Bürgerbegehren als klassisches Gemeinde-organ im engeren Sinne ansehen, wäre die zutreffende Formulierung, ihm die „anderen Gemeindeorgane“ gegenüber zu stellen. 111Allerdings lässt § 26 Abs. 1 Satz 1 GO NRW i.V.m. § 40 Abs. 1 und 2 Satz 1 GO NRW eine Auslegung dieser Reglungen im Lichte der Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts in seinem Nichtannahmebeschluss vom 22. Februar 2019 - 2 BvR 2203/18 - zu, wonach dem Konstrukt Bürgerbegehren im nordrhein-westfälischen Kommunalrecht während seiner rechtlichen Relevanz die Stellung eines gemeindlichen vorübergehend existenten „Organs“ als Teil des institutionellen Gefüges der Gemeinde, mit dem die Bürgerschaft an der politischen Willensbildung in der Gemeinde teilhat, zugewiesen ist, ohne dass es klassisches Gemeindeorgan im engeren Sinne ist. 112Nach § 26 Abs. 1 Satz 1 GO NRW können die Bürger beantragen (Bürgerbegehren), dass sie an Stelle des Rates über eine Angelegenheit der Gemeinde selbst entscheiden (Bürgerentscheid). Dieser Antrag ermöglicht bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen die Entscheidung anstelle des Rates, der nach § 40 Abs. 2 Satz 1 GO NRW Teil des institutionellen Gefüges der gemeindlichen Willensbildung zur Bestimmung der Verwaltung der Gemeinde nach § 40 Abs. 1 GO NRW ist. 113Wird das Bürgerbegehren aufgrund einfachgesetzlicher Regelung vorübergehend in das institutionelle Gefüge der gemeindlichen Willensbildung erhoben und mit der Kompetenz ausgestattet, in Gestalt des Bürgerentscheides anstelle des Rates als originäres Gemeindeorgan zu entscheiden, und – wenn auch beschränkt auf seine Vertreter – mit Rechtsschutzmöglichkeiten zur Sicherung des ordnungsgemäßen Verfahrens versehen (§ 26 Abs. 6 Satz 3 GO NRW) ist es während seiner gesamten vorübergehenden Dauer rechtlicher Relevanz als Teil des institutionellen Gefüges anzusehen. Für eine Begrenzung dieser Einordnung ab Feststellung der Zulässigkeit des Bürgerbegehrens, 114vgl. BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom22. Februar 2019 - 2 BvR 2203/18 -, juris, Rn. 24, wonach (erst) ein zugelassenes Bürgerbegehren Teil des institutionellen Gefüges der Gemeinde, mit dem die Bürgerschaft an der politischen Willensbildung in der Gemeinde teilhat, ist, 115ist kein Sachgrund ersichtlich. Zumal es an einer rechtlichen Begründung fehlt, das Konstrukt des Bürgerbegehrens erst ab diesem Zeitpunkt als „Organ“ bzw. seine Vertreter als organschaftliche „Amtswalter“ in einer Art organschaftlichem Verhältnis zur Gemeinde zu sehen. Folge einer solchen Aufteilung wäre eine weder rechtlich nachvollziehbare noch praktikable Aufspaltung der rechtlichen Einordnung des Konstruktes Bürgerbegehren bzw. seiner Vertreter vor Zulässigkeitsfeststellung bzw. auch bei Unzulässigkeitsfeststellung durch den Rat einerseits und ab Zulässigkeits-feststellung andererseits. Dass das Konstrukt Bürgerbegehren bzw. seiner Vertreter als „Amtswalter“ vor Zulässigkeitsfeststellung bzw. auch bei Unzulässigkeits-feststellung durch den Rat kein „Organ“ darstellen bzw. keine organschaftliche Funktion wahrnehmen sollen, ab Zulässigkeitsfeststellung jedoch schon, wäre insbesondere mit Blick auf Rechtschutzverfahren zur Sicherung des ordnungs-gemäßen Verfahrens nicht nachvollziehbar. 116Nach alledem können die Kläger die ihnen in organschaftlicher Funktion durch § 26 Abs. 6 Satz 3 GO NRW zugewiesene Rechtsschutzmöglichkeit im Wege der allgemeinen Leistungsklage geltend machen. 117In ihrer organschaftlichen Funktion stehen sie dem Beklagten, gegen dessen Entscheidung § 26 Abs. 6 Satz 3 GO NRW ihnen das Klagerecht einräumt, während der vorübergehenden rechtlichen Relevanz des Bürgerbegehrens im organ-schaftlichen Streitverhältnis, einem Organstreitverfahren, gegenüber. 118Dieses organschaftliche Streitverhältnis unterscheidet sich allerdings in wesentlichen Punkten von Organstreitverfahren zwischen Gemeindeorganen im engeren Sinne, weshalb die Kammer der Ausführung des Bundesverfassungsgerichts im Nicht-annahmebeschluss vom 22. Februar 2019 „Insoweit handelt es sich um eine kommunalverfassungsrechtliche Streitigkeit.“, 119Vgl. BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom22. Februar 2019 - 2 BvR 2203/18 -, juris, Rn. 24. 120insoweit einschränkend versteht, dass damit keine Kommunalverfassungs-streitverfahren im herkömmlichen Sinne gemeint sein sollen. Diese betreffen in ihrer Struktur Streitigkeiten zwischen Organen und Organteilen einer Gemeinde, die ihnen im Interesse der Gemeinde übertragende Organrechte wahrnehmen. Auch wenn die Reichweite eines organschaftlichen Rechts im Einzelfall im Streit steht, sind diese Organe oder Organteile – ungeachtet ihrer entgegengesetzten Rechtsstandpunkte in einem Kommunalverfassungsstreitverfahren – verpflichtet, im Interesse der Gemeinde zu handeln. Die Umsetzung dieser übergeordneten gemeinsamen Ver-pflichtung und Zielsetzung macht eine dauerhafte vertrauensvolle Zusammenarbeit erforderlich. 121Vgl. insb. zu dem daraus folgenden Grundsatz der organtreue OVG NRW, Urteil vom 15. September 2015- 15 A 1961/13 -, juris, Rn. 55; OVG NRW, Beschlüsse vom 17. Mai 2017 - 15 A 1008/16 -, juris, Rn. 9, vom 16. Mai 2013 - 15 A 785/12 -, juris, Rn. 39, und vom 19. August 2011- 15 A 1555/11 -, juris, Rn. 21; VG Düsseldorf, Urteil vom18. März 2016 - 1 K 8453/15 -, juris, Rn. 22. 122Ein Bürgerbegehren als vorübergehendes Konstrukt institutioneller Einbindung in die gemeindliche Willensbildung anstelle des Rates ist nicht auf eine dauerhafte vertrauensvolle Zusammenarbeit gerichtet und nimmt keine ihm im Interesse der Gemeinde übertragenen Organrechte war, sondern ermöglicht Teilhabe der einzelnen Bürger der Gemeinde durch Formung eines Bürgerwillens an der gemeindlichen Willensbildung der Gemeinde. Zu diesem Zweck wird es vorüber-gehend Teil der institutionellen Einbindung in die gemeindliche Willensbildung. 123Aus diesem Grund ist für die Zulässigkeit einer Klage der Vertreter eines Bürgerbegehrens auch keine rechtzeitige Rüge der für rechtswidrig gehaltenen Maßnahme gegenüber dem zuständigen Organ selbst zu fordern, um diesem die Möglichkeit zu geben, Einwände zu prüfen und ggf. für Abhilfe Sorge zu tragen. Diese aus dem Grundsatz der Organtreue zwischen dauerhaft miteinander im Interesse der Gemeinde zusammenarbeitenden Organen entwickelte Zulässigkeits-voraussetzung, 124vgl. OVG NRW, Urteil vom 14. September 2017- 15 A 2785/15 -, juris, Rn. 43; OVG NRW, Beschluss vom 19. August 2011 - 15 A 1555/11 -, juris, Rn. 14; VG Düsseldorf, Urteil vom 18. März 2016 - 1 K 8453/15 -, juris, Rn. 22, 125ist aufgrund der nur vorübergehenden rechtlichen Relevanz eines auf eine singuläre Sachfrage bezogenen Bürgerbegehrens nicht anzuwenden. 126Den Anspruch auf Zulässigkeitserklärung eines Bürgerbegehrens durch den Beklagten können die Kläger als Vertreter des Konstruktes Bürgerbegehren als „Organ“ im Wege der allgemeinen Leistungsklage verfolgen. 127Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 22. Januar 2010- 15 B 1797/09 -, zur Statthaftigkeit der Leistungsklage in Organstreitverfahren; Pietzcker, in: Schoch/Schneider/Bier, Verwaltungsgerichtsordnung, Werkstand: 36. Erg.-Lfg., Februar 2019, § 43, Rn. 45 und Vorbemerkungen zu § 42 Abs. 1, Rn. 18. 128In Folge der vorstehenden Grundsätze ist richtiger Beklagter im Rahmen der auf Verurteilung eines Rates als Organ zur Feststellung eines Bürgerbegehrens als zulässig gerichteten allgemeinen Leistungsklage im Wege eines Organstreit-verfahrens der Rat als Organ. 129Für das auf Aufhebung des „Bescheides“ der durch den Bürgermeister vertretenen Beklagten zu 2. vom 18. April 2019 gerichtetes Begehren ist die Anfechtungsklage (§ 42 Abs. 1 Fall 1 VwGO) statthaft, die sich nach dem Rechtsträgerprinzip (§ 78 Abs. 1 Nr. 1 VwGO) gegen die Beklagte selbst richtet. 130Hierbei kann dahinstehen, ob es sich bei dem Schreiben vom 18. April 2019 überhaupt entsprechend seiner äußeren Form um einen wirksamen Verwaltungsakt handelt oder mangels ihm zukommenden Außenwirkung, weil die Vertreter des Konstrukts Bürgerbegehrens als „Organ“ auch der Beklagten gegenüber während der rechtlichen Relevanz des Bürgerbegehrens in organschaftlicher Funktion als Teil institutioneller gemeindlicher Willensbildung entgegentreten, keinen Verwaltungsakt im Sinne des § 35 Satz 1 VwVfG NRW darstellen kann. 131Zwar muss der mit der Anfechtungsklage angegriffene Akt grundsätzlich objektiv ein bereits erlassener Verwaltungsakt sein. Maßgebend ist hierbei, welche Rechtsnatur ein behördliches Handeln tatsächlich hat und nicht, welches Instrument die Behörde gewollt hat und erst recht nicht, welche Handlungsform die Behörde hätte wählen müssen. 132Vgl. BVerwG, Beschluss vom 21. März 1974 - VII B 97.73 -, juris, Rn. 7; BVerwG, Urteil vom 1. März 1967 - IV C 74.66 -, juris, Rn. 15; Sodan, in: Sodan/Ziekow, Verwaltungsgerichtsordnung, Verwaltungsgerichtsordnung, 5. Auflage 2018, § 42, Rn. 18. 133Allerdings ist vorliegend die Anfechtungsklage auch statthaft, wenn es sich rechtlich mangels Außenwirkung um keinen Verwaltungsakt handelt, aber aufgrund der eindeutigen äußeren Erscheinung des mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehenen Schreibens der Beklagten der Rechtsschein gegenüber den Klägern gesetzt wurde, der Inhalt weise Regelungscharakter auf. Die Anfechtungsklage dient in diesem Fall der Beseitigung des von dem Schreiben ausgehenden Rechtsscheins. 134Vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 20. Oktober 2016 - 1 S 1662/16 -, juris, Rn. 13; Vgl. Blunk/Schroeder, Rechtsschutz gegen Schein-verwaltungsakte, JuS 2005, 602 (606); vgl. zum bestehenden Rechtsschutzbedürfnis der Beseitigung des Rechtsscheins, wenn auch durch Feststellungsklage, BVerwG, Urteil vom 21. November 1986 - 8 C 127/84 -, juris, Rn. 16. 135II. 136Die Klage ist begründet, soweit sie auf Aufhebung des „Bescheides“ der durch den Bürgermeister vertretenen Beklagten vom 18. April 2019 bzw. auf Beseitigung des davon ausgehenden Rechtsscheins eines Verwaltungsakts gerichtet ist. Der mit dem Schreiben gesetzte Rechtsschein einer belastenden Regelungswirkung durch die Beklagte gegenüber den Klägern ist rechtswidrig und verletzt sie in ihren organschaftlichen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). 137Für den Erlass eines Bescheides mit belastender Wirkung fehlt es an einer Ermächtigungsgrundlage, die für den Erlass eines solchen Verwaltungsaktes erforderlich ist. 138Der im Grundgesetz nicht ausdrücklich erwähnte Vorbehalt des Gesetzes verlangt von Verfassungswegen ein Gesetz als Voraussetzung des Verwaltungshandelns und verbietet Verwaltungshandeln ohne gesetzliche Ermächtigung. 139Vgl. Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsver-fahrensgesetz, 9. Auflage 2018, § 44, Rn. 46. 140Der Grundsatz des Vorbehalts des (allgemeinen) Gesetzes wird im Grundgesetz nicht expressis verbis erwähnt. Seine Geltung ergibt sich jedoch aus Art. 20 Abs. 3 GG. Die Bindung der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung an Gesetz und Recht, der Vorrang des Gesetzes also, würde ihren Sinn verlieren, wenn nicht schon die Verfassung selbst verlangen würde, dass staatliches Handeln in bestimmten grundlegenden Bereichen nur Rechtens ist, wenn es durch das förmliche Gesetz legitimiert wird. 141Vgl. BVerfG, Beschluss vom 28. Oktober 1975- 2 BvR 883/73, 2 BvR 379/74, 2 BvR 497/74,2 BvR 526/74 -, (Rechtsschutzverfahren im Strafvollzug, Rechtsschutzverfahren), juris, Rn. 34. 142Die Beklagte hat in ihrem Schreiben vom 18. April 2019 eine Regelungskompetenz für sich in Anspruch genommen, für die es keine gesetzliche Grundlage gibt. 143§ 26 Abs. 6 GO NRW enthält keine Ermächtigung für Gemeinden, den Vertretern eines Bürgerbegehrens die Entscheidung des Rates über die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens nach § 26 Abs. 6 Satz 1 GO NRW mit Regelungswirkung bekannt-zugeben. Mit Blick auf die Ausführungen der Kammer zur Zulässigkeit der gegen eine Unzulässigkeitsentscheidung eines Rates gerichteten Klage der Vertreter eines Bürgerbegehrens kann die Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen einer Gemeinde diese Regelungskompetenz in der gegenwärtigen Rechtslage auch nicht zuschreiben. § 26 Abs. 6 Satz 3 GO NRW zeigt vielmehr, dass es einer Regelungskompetenz der Gemeinde in dieser Frage gar nicht bedarf. Gegenstand eines Rechtsschutzersuchens der Vertreter eines Bürgerbegehrens im Fall der Entscheidung eines Rates, die Unzulässigkeit eines Bürgerbegehrens festzustellen, ist die Ratsentscheidung selbst. Einer (weiteren) gemeindlichen Entscheidung bedarf es nach der Rechtslage nicht. 144Soweit die Klage darauf gerichtet ist, den Beklagten zu verurteilen, das am 23. Oktober 2018 bei der Beklagten angezeigte, gegen den Ratsbeschluss des Beklagten vom 27. September 2018 gerichtete Bürgerbegehren „Ratshaussanierung stoppen!“ für zulässig zu erklären, ist sie unbegründet. 145Die Kammer lässt dahinstehen, ob dem Bürgerbegehren Ausschlussgründe des § 26 Abs. 5 Satz 1 GO NRW, insbesondere mit Blick auf die das Rathaus erfassende Sanierungssatzung nach § 142 BauGB solche des § 26 Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 GO NRW, entgegenstehen. 146Entgegen dem Vorbringen der Beklagten ist das Bürgerbegehren nicht verfristet. 147Richtet sich ein Bürgerbegehren gegen einen Ratsbeschluss, muss es innerhalb von sechs Wochen nach der Bekanntmachung des Ratsbeschlusses eingereicht sein. Gegen einen Ratsbeschluss, der nicht der Bekanntmachung bedarf, beträgt die Frist drei Monate nach dem Sitzungstag (§ 26 Abs. 3 Sätze 1 und 2 GO NRW). 148Das Bürgerbegehren richtet sich jedenfalls hinsichtlich des Frageteils, „Soll der Beschluss des Rates der Stadt N1. vom 27.09.2018 aufgehoben, die Sanierung des Rathauses gestoppt werden […] ?“ nach dem Wortlaut der Fragestellung gegen den nicht bekannt zu machenden Ratsbeschluss vom 27. September 2018. Insoweit ist die Frist des § 26 Abs. 3 Satz 2 GO NRW (drei Monate nach dem Sitzungstag) mit dem am 22. Februar 2019 eingereichten Schreiben gewahrt. Der Ablauf der Frist des § 26 Abs. 3 Satz 1 GO NRW war nach der schriftlichen Mitteilung am 23. Oktober 2018 bis zu der am 18. Dezember 2018 per Boten überbrachten Mitteilung der Verwaltung über die Kostenschätzung gehemmt. 149Der Ratsbeschluss vom 27. September 2018 ist bürgerentscheidsfähig. Das Bürger-begehren hätte nicht gegen einen der die Rathaussanierung zeitlich früher berührenden Beschlüsse vom 22. Oktober 2015 (wiederholend am 19. November 2015 beschlossen) oder 6. Juli 2017 gerichtet werden müssen. 150Die Fristenregelung in § 26 Abs. 3 Sätze 1 und 2 GO NRW soll im Interesse der Stabilität und Verlässlichkeit gemeindlicher Willensbildung verhindern, dass ein sach-liches Regelungsprogramm des Rates beliebig lange durch ein Bürgerbegehren in Frage gestellt werden kann, und damit bewirken, dass es nach den im Gesetz genannten Fristen als sichere Planungsgrundlage dienen kann. 151Vgl. OVG NRW, Urteil vom 28. Januar 2003- 15 A 203/02 -, juris, Rn. 3, mit Hinweis auf die Begründung zur Einführung des Bürgerbegehrens in § 17b GO NRW a.F. in LT-Drs. 11/4983, amtl. Begründung S. 8. 152Vergleichbare Fristenregelungen in Gemeindeordnungen anderer Bundesländer dienen der Effektivität und Sparsamkeit des Handelns der Gemeinde; sie soll gefasste Beschlüsse umsetzen können, ohne grundsätzlich nach Ablauf der Frist mit deren Änderung durch einen Bürgerentscheid rechnen zu müssen. Durch ein Bürger-begehren gegen einen – nach erneuter Sachdiskussion ergangenen – wieder-holenden Grundsatzbeschluss wird die Effektivität und Sparsamkeit gemeindlichen Handelns nicht in Frage gestellt. 153Vgl. zu dem bis auf Abweichungen in den Fristen insoweit vergleichbaren § 21 Abs. 3 Satz 3 GemO-BaWü, VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 13. April 1993- 1 S 1076/92 -, juris, Rn. 29. 154Dies zugrunde gelegt, ist ein gegen einen Ratsbeschluss gerichtetes kassatorisches Bürgerbegehren unzulässig, wenn es außerhalb der Fristen des § 26 Abs. 3 Sätze 1 und 2 GO NRW ein vom Rat beschlossenes Regelungsprogramm aufhebt oder ändern will, jedenfalls dann, wenn die Aufhebung oder Änderung nicht nur ein völlig nebensächliches Detail betrifft, von dem anzunehmen ist, dass es im Kontext der durch das Bürgerbegehren zur Entscheidung gestellten Frage von bisherigen Ratsbeschlüssen nicht erfasst sein sollte. 155Vgl. OVG NRW, Urteil vom 28. Januar 2003- 15 A 203/02 -, juris, Rn. 6. 156Das Bürgerbegehren „Rathaussanierung stoppen!“ ist auf die Änderung des mit Ratsbeschluss vom 22. Oktober 2015 (wiederholend am 19. November 2015 beschlossen) durch den Beklagten gesetzten Regelungsprogramms gerichtet. Dieses Regelungsprogramm sah die Sanierung des Rathauses der Beklagten auf Grundlage des Handlungskonzeptes Stadtmitte zu einem Finanzbedarf von 40,0 Millionen Euro vor. Die von dem Bürgerbegehren beabsichtigte Beschränkung der Sanierung auf den Ratstrakt und Errichtung eines Neubaus zielt (auch) auf die Änderung dieses Sanierungsvorhabens. 157Eine Verfristung kann dem Bürgerbegehren allerdings mit Blick auf den Rats-beschluss vom 22. Oktober 2015 (wiederholend am 19. November 2015 beschlossen) nach der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen nicht entgegengehalten werden. Der Ratsbeschluss ist gegen-standslos geworden. 158Diese Rechtsfolge ist nur dann in Betracht zu ziehen, wenn die Gemeinde einen alten Ratsbeschluss – etwa aufgrund zwischenzeitlicher wesentlich neuer Entwicklungen – durch ein neues, wenngleich möglicherweise inhaltlich gleiches Regelungsprogramm ersetzt hat. Dann hat der alte Ratsbeschluss seine Wirksamkeit verloren, so dass auch ein Bürgerbegehren nicht mehr gegen ihn gerichtet sein kann. 159Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 23. März 2018- 15 B 337/18 -, juris, Rn. 18; OVG NRW, Beschluss vom 24. Februar 2010 - 15 B 1680/09 -, juris, Rn. 21. 160Dies gilt jedoch nicht schon dann, wenn lediglich ein bisheriges sachliches Regelungsprogramm bekräftigt wird, was lediglich die fortbestehende Aktualität des früheren Ratsbeschlusses und damit die fortbestehende Notwendigkeit des Schutzes vor zu später Beseitigung durch ein Bürgerbegehren zeigt. 161Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 24. Februar 2010- 15 B 1680/09 -, juris, Rn. 21. 162Unter dieser Maßgabe kann dahinstehen, ob der Ratsbeschluss vom 6. Juli 2017, gegen den das Bürgerbegehren ebenfalls verfristet wäre, ein neues Regelungs-programm gegenüber dem Ratsbeschluss vom 22. Oktober 2015 (wiederholend am 19. November 2015 beschlossen) aufgestellt hat. Hierfür spricht – auch wenn sich dies aus dem Wortlaut des Ratsbeschlusses selbst nicht unmittelbar aufdrängt – die Darstellung in der Sitzungsvorlage Nr. °°°. Der zu treffende Ratsbeschluss vom 6. Juli 2017 ist in der Sitzungsvorlage als Grundsatzentscheidung bezeichnet. Mit Blick auf die Förderung des Vorhabens „soziales Rathaus“ sollte eine Grundsatzentscheidung des Beklagten getroffen werden, ob das Vorhaben in der Form gewollt sei. Die Verwaltung der Beklagten wollte die dazu erforderlichen Schritte nach der Grundsatzentscheidung veranlassen. Das „Ob“ des Vorhabens in der zur Förderung gestellten Form wurde danach neu beschlossen. 163Jedenfalls durch den Ratsbeschluss vom 27. September 2018 sind die Rats-beschlüsse vom 22. Oktober 2015 (wiederholend am 19. November 2015 beschlossen) und vom 6. Juli 2017 gegenstandslos geworden. 164Der Ratsbeschluss vom 27. September 2018 hat den Regelungsgegenstand der vorerwähnten zeitlich vorgehenden Ratsbeschlüsse geändert. 165Die überwiegend aufgrund der Umstellung der Vorhabensdurchführung in Eigen-realisierung entgegen der dem Ratsbeschluss vom 22. Oktober 2015 zugrunde liegenden Annahme einer Durchführung in Paketvergabe gestiegene Bausumme von rd. 39,0 Millionen Euro auf 70,25 Millionen Euro stellt in dieser Konstellation eine wesentliche Änderung des bisherigen sachlichen Regelungsprogramms dar, die eine neue Entscheidung über das „Ob“ der Fortführung der begonnenen Rathaus-sanierung nach diesen Maßgaben erfordert. Bei einer Kostensteigerung in dieser Höhe ist eine Entscheidung über die Fortführung des Vorhabens Rathaussanierung bei sachgerechter Betrachtung nicht lediglich als „Wie“ des Vorhabens, sondern als „Ob“ dieses konkreten mit einer Kostensteigerung verbundenen Vorhabens verbunden, zumal die Ausführungsmodalitäten (Eigenrealisierung statt Paket-vergabe) des Vorhabens geändert und mit den eigentlichen, kostenträchtigsten Sanierungsmaßnahmen noch nicht begonnen wurde. Insoweit ist ohne Belang, dass ein Teil der Kostensteigerung durch in Auftrag gegebene Gutachten sowie Planungs-leistungen verursacht und schon angefallen sein dürfte (vgl. Sitzungsvorlage Nr. °°°). 166In diese Bewertung ist ebenfalls einzustellen, dass in der dem Ratsbeschluss zugrundeliegenden Kostenberechnung eine Förderung der förderfähigen Kosten in Höhe von rd. 20 Millionen Euro angenommen wurde. Die Mehrbelastung des Haus-haltes in einer „tragfähigen Größenordnung“ stand unter der Voraussetzung, dass die Fördermittel in dieser Größenordnung flössen. Die Beantragung der (weiteren/erhöhten) Fördermittel hat jedoch wie auch die Vertreterin der Beklagten in der mündlichen Verhandlung dargelegt hat – wiederum wie im Ratsbeschluss vom 6. Juli 2017 – eine Grundsatzentscheidung über das „Ob“ der Rathaussanierung zu den gestiegenen Kosten erfordert. 167Die Einordnung des Ratsbeschlusses vom 27. September 2018 als ein neues Regelungsprogramm für die Rathaussanierung aufstellender Ratsbeschluss wird durch die Wortbeiträge der Ratsmitglieder in der Ratssitzung vom selben Tag belegt. Dies zeigen insbesondere die Ausführungen des Bürgermeisters als Vorsitzender des Beklagten, der zwar den Ratsbeschluss vom 22. Oktober 2015 (wiederholend am 19. November 2015 beschlossen) als Grundsatzbeschluss bezeichnet, aber im Kern dafür wirbt, die Sanierung des Rathauses nicht abzubrechen bzw. die Durchführung zu beginnen: 168„Bürgermeister B. erklärt, dass er nun als Mitglied des Gremiums spreche. Der Grundsatzbeschluss der Sanierung 2015, […]. Man sei damals von anderen Gegebenheiten ausgegangen. Man wisse heute, dass das Gutachten etwa den Brandschutz nicht in der Form beleuchtet habe, wie es notwendig geworden wäre. […] Das sei eine riesige Verantwortung für einen Stadtrat und eine historische Entscheidung, mit der man sich zu Recht schwer tun könne. Gleichwohl müsse man eine Entscheidung treffen und manchmal sei es gut, wenn man sich nicht um Jahre vertage. Es habe schon einmal ein Gutachten gegeben, das lange diskutiert und anschließend in die Schublade gelegt worden sei. Der Zustand des Hauses sei aber darüber nicht besser geworden. Er wolle noch einmal betonen, dass man hier ein Monument deutscher Architektur habe. Dieses Haus sei in seiner Art, so mangelbelegt es auch sein möge, deutschlandweit zu suchen. […] Der Zustand des Rathauses sei für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht mehr akzeptabel. Das Wasser komme durch die Fenster hinein, man habe Feuchtigkeit in den Büros, es gebe keine ausreichende Versorgung mit Wasser, die Entsorgung werde immer schwieriger. Es sei nicht überall so schön wie im Ratssaal. Deswegen werde man, egal wie der Beschluss ausgehe, definitiv die Dependancen beziehen, weil er nicht mehr garantieren könne, dass hier ein ordnungsgemäßer Betrieb möglich sei. Er könne seinen Mitarbeitern nicht mehr zumuten, dass es im Winter Tage bei 18 Grad gebe und im Sommer bei 35 Grad. Dies sei keine Empfehlung als guter Arbeitgeber, so werde man nicht zukunftsfähig sein und keine Mitarbeiter mehr im Wettbewerb finden. Aus seiner Sicht gebe es keine wirtschaftlich vernünftige Alternative. Das Verbleiben in den Dependancen sei schwer möglich, weil auch dort in den nächsten Jahren riesige Investitionen nötig seien. […] Die Alternative, woanders neu zu bauen sei auch mit Risiken behaftet. Die Kostenentwicklung sei bekannt. Es gebe keine Fördermittel für einen Neubau, die erhaltenen Fördermittel müssten zurückgezahlt werden. Und was mache man mit dem Rathaus? Man könne einen großen Bauzaun drum herum ziehen und es bewachen lassen, damit die Rohre nicht geklaut werden. Aber diese Perspektive wolle er dem Investor des Marler Sterns nicht mit auf den Weg geben. Dieser wolle viel Geld in die Hand nehmen, um das Einkaufszentrum aufzuwerten. Dies sei sehr wichtig für N1. , man brauche dieses Zentrum. Deswegen gebe es aus seiner Sicht keine Alternativen. […] Deswegen glaube er, dass man die Entscheidung für die Sanierung des Rathauses brauche. Aber er könne sehr gut nachvollziehen, dass sich die Ratskolleginnen und Kollegen schwer tun, da es eine hohe Summe und eine hohe Verantwortung sei, […] Er bitte um ein positives Votum.“(Unterstreichungen durch das Gericht, vgl. Protokoll zu TOP 5, 5a und 5b der Sitzungsvorlage Nr. °°°). 169Die hiernach durchaus von einer Entscheidung für oder gegen eine (Weiterführung der mit Planungsleistungen begonnenen) Sanierung des Rathauses getragene Debatte in der Ratssitzung des Beklagten als Ort des Kerns kommunalpolitischer Willensbildung innerhalb der Beklagten bestätigt die Einordnung des Rats-beschlusses vom 27. September 2018 als Grundsatzentscheidung des Beklagten über ein neues Regelungsprogramm betreffend die Rathaussanierung. 170Aus der von den Beteiligten herangezogenen Rechtsprechung des Verwaltungs-gerichtshofs Baden-Württemberg, wonach bei Großprojekten und Planungs-verfahren, hinsichtlich derer mehrere aufeinander folgende Beschlüsse getroffen werden, jeder weichenstellende Ratsbeschluss, der ein Verfahren einleitet oder eine Planungsstufe abschließt, bürgerentscheidsfähig ist und eine neue Frist in Gang setzt, 171vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 8. April 2011 - 1 S 303/11 -, juris, Rn. 19; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 13. April 1993 - 1 S 1076/92 -, juris, Rn. 26; Lange, Kommunalrecht, 2. Auflage, 2013, Teil 2, Kapitel 9, Rn. 57, 172wohingegen reine Vollzugsbeschlüsse einer grundsätzlich getroffenen Entscheidung einem Bürgerbegehren entzogen sind, 173vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 13. April 1993- 1 S 1076/92 -, juris, Rn. 27, 174folgt nichts anderes. Insoweit ist der Ratsbeschluss vom 27. September 2018 unter Verweis auf die vorstehenden Ausführungen als weichenstellender Grundsatz-beschluss einzuordnen. 175Allerdings ist die mit Ja oder Nein zu beantwortende Fragestellung des Bürger-begehrens nicht hinreichend bestimmt. 176Die hinreichende Bestimmtheit der Fragestellung eines Bürgerbegehrens ist von überragender Bedeutung. Die Bürger müssen schon aus der Fragestellung erkennen können, für oder gegen was sie ihre Stimme abgeben. Dabei ist zu berücksichtigen, dass ihre Mitwirkung sich nicht auf eine mehr oder weniger unverbindliche Meinungs-äußerung oder die Kundgabe der Unterstützung bestimmter Anliegen beschränkt, sondern eine konkrete Sachentscheidung betrifft. Deshalb muss es ausgeschlossen sein, dass ein Bürgerbegehren nur wegen seiner inhaltlichen Vieldeutigkeit und nicht wegen der eigentlich verfolgten Zielsetzung die erforderliche Unterstützung gefunden hat. Daher muss die Fragestellung in sich widerspruchsfrei, in allen Teilen inhaltlich nachvollziehbar und aus sich heraus verständlich sein. Mit anderen Worten: Bei mehrdeutigen, unpräzisen und zu Missverständnissen Anlass bietenden Formulierungen ist eine hinreichende Bestimmtheit der Fragestellung zu verneinen. 177OVG NRW, Beschluss vom 15. Mai 2014 - 15 B 499/14 -, juris, Rn. 10; OVG NRW, Beschluss vom 21. Juni 201- 15 B 697/13 -, juris, Rn. 6. 178Maßgeblich ist die Sicht eines objektiven, mit dem Inhalt des Bürgerbegehrens nicht weiter vertrauten billig und gerecht denkenden Empfängers. 179Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 15. Mai 2014- 15 B 499/14 -, juris, Rn. 12; OVG NRW, Beschluss vom 21. Juni 2013 - 15 B 697/13 -, juris, Rn. 8. 180Das bei Zulässigkeit und inhaltlicher Ablehnung durch den Gemeinderat auf einen Bürgerentscheid zielende Bürgerbegehren muss eine konkrete und abschließende Sachentscheidung zum Gegenstand haben, die die Bürgerschaft selbst anstelle des Rates treffen soll. Unzulässig ist daher eine Fragestellung, die darauf hinausläuft, dem Rat Vorgaben über eine von ihm noch abschließend zu treffende Entscheidung zu machen. 181Vgl. OVG NRW, Urteil vom 13. Juni 2017 - 15 A 1561/15 -, juris, Rn. 90 zu Vorgaben hinsichtlich einer alternativen Finanzierungsentscheidung. 182Den vorstehend dargestellten Maßstäben wird die Fragestellung des Bürger-begehrens, 183„Soll der Beschluss des Rates der Stadt N1. vom 27.09.2018 aufgehoben, die Sanierung des Rathauses gestoppt werden, und stattdessen lediglich der Ratstrakt saniert und auf Grundlage einer Analyse des tatsächlichen Raumbedarfs ein Neubau errichtet werden?“, 184nicht gerecht. Zwar ist sie hinsichtlich ihres gegen den Ratsbeschluss vom 27. September 2018 gerichteten kassatorischen Teil hinreichend bestimmt. Allerdings ist der kassatorische Teil nicht isoliert, sondern im Gesamtzusammenhang der Fragestellung zu betrachten, 185vgl. OVG NRW, Urteil vom 13. Juni 2017 - 15 A 1561/15 -, juris, Rn. 90, 186die in ihrem weiteren Teil darauf gerichtet ist „stattdessen lediglich den Ratstrakt zu sanieren und auf Grundlage einer Analyse des tatsächlichen Raumbedarfs ein Neubau“ zu errichten. 187Aus Sicht eines objektiven, mit dem Inhalt des Bürgerbegehrens nicht weiter vertrauten billig und gerecht denkenden Empfängers ist bereits unklar, was mit den übrigen Gebäuden des Ratshauses (Verwaltungstrakt und Rathaustürme) erfolgen soll, ob sie nach dem Willen der Initiatoren des Bürgerbegehrens abgerissen und an ihrer Stelle ein Neubau errichtet werden soll oder erhalten und der Neubau an anderer Stelle errichtet werden soll. 188Diese Mehrdeutigkeit der Fragestellung führt zur Unzulässigkeit des Bürger-begehrens. 189Die zur Unzulässigkeit des Bürgerbegehrens führende Mehrdeutigkeit der Frage-stellung kann auch nicht durch Rückgriff auf die Begründung des Bürgerbegehrens oder die Kostenschätzung der Verwaltung beseitigt werden. Zwar dient die nach § 26 Abs. 2 Satz 1 GO NRW zwingend erforderliche Begründung des Bürgergehrens dazu, über die zu entscheidende Frage näher aufzuklären. Die Begründung soll damit insbesondere Aufschluss über die Motive des Bürgerbegehrens geben, um dessen Sinn und Zweck (besser) nachvollziehen zu können. Dadurch wird aber nicht von der Verpflichtung entbunden, die Frage selbst hinreichend bestimmt zu formulieren. Gerade mit Blick auf die Funktion der Frage für einen etwaigen späteren Bürgerentscheid, der einen Ratsbeschluss ersetzt (vgl. § 26 Abs. 1 Satz 1, Abs. 8 Satz 1 GO NRW), muss die Frage selbst aus Gründen der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit so eindeutig formuliert sein, dass sie auch bei isolierter Betrachtung keinen Zweifel an ihrem Inhalt aufkommen lässt. Dies leistet die hier in Rede stehende Fragestellung aus den genannten Gründen nicht. 190Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 21. Juni 2013- 15 B 697/13 -, juris, Rn. 15 bis 18, zum unzulässigen Rückgriff auf die Begründung des Bürgerbegehrens bei mehrdeutiger Fragestellung. 191Überdies ließe sich aus der vorliegenden Begründung des Bürgerbegehrens auch nicht hinreichend bestimmt entnehmen, welcher Teil an welcher Stelle des Rathauses neu gebaut werden soll. So soll nach der Fragestellung der Ratstrakt als Teil des Rathauses (weiter) saniert werden, wohingegen in der Begründung die Sanierung „des […] Rathauses“ im Rahmen einer Wirtschaftlichkeitsbetrachtung insgesamt einem Neubau gegenübergestellt wird: 192„Diese gewaltige Kostensteigerung für die erneute Sanierung des lediglich 60 Jahre alten, aber extrem reparaturanfälligen Rathauses ist beängstigend. Der an Folgekosten wesentlich günstigere Neubau des Rathauses wurde weder bedacht noch gründlich kalkuliert. Der Neubau des Rathauses wäre nachhaltiger und ökologisch sinnvoller. Ein Neubau ist energieeffizienter, klima-schonender und verursacht deutlich geringere Betriebs-kosten.“ 193Eine mögliche Konkretisierung der Fragestellung kann auch nicht unter Heran-ziehung der Kostenschätzung der Verwaltung erreicht werden. Die Kostenschätzung der Verwaltung der Beklagten beruht nicht auf eigenen Überlegungen der Initiatoren des Bürgerbegehrens. Dies spricht dagegen, die Annahmen der Verwaltung zur konkretisierenden Auslegung der von den Initiatoren des Bürgerbegehrens hin-reichend bestimmt zu formulierenden Fragestellung heranzuziehen. 194Unabhängig davon fehlt eine ausdrückliche Bezugnahme in der Fragestellung auf diese tatsächlichen Annahmen in der Kostenschätzung, um sie heranziehen zu können. 195Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 15. Mai 2014- 15 B 499/14 -, juris, Rn. 13, zu dem Erfordernis der ausdrücklichen Bezugnahme auf einen grundsätzlich geeigneten Lageplans bei in der Fragestellung unpräzise bezeichneten Grundstücken zur Konkretisierung der erfassten Grundstücke. 196Überdies kann von einer vollständigen Bezugnahme auf die Kostenschätzung der Verwaltung zur Konkretisierung der Fragestellung schon deshalb nicht ausgegangen werden, weil die Begründung des Bürgerbegehrens in der Ausführung, aufgrund der zusätzlichen Errichtung einer Tiefgarage mit ca. 500 Stellplätzen von je 25.000 Euro falle die von der Beklagten geschätzten Kosten für den Neubau wesentlich höher als bei der Sanierung des Rathauses aus, tatsächliche Annahmen der Verwaltung in der Kostenschätzung kritisiert. 197Zudem ist unklar, ob das Vorhaben „soziales Rathaus“ weiterverfolgt werden soll. 198Soweit die Kläger und ihr Bevollmächtigter in der mündlichen Verhandlung ergänzend ausführen, die Anforderungen an die hinreichende Bestimmtheit der Fragestellung dürften nicht soweit überspannt werden, dass für den Neubau ein konkreter Standort vorzuschlagen sei, weil die Bürger nicht über die dafür erforderlichen (Fach-)Kenntnisse verfügten und sich diese nicht binnen der für das kassatorische Bürgerbegehren geltenden Fristen beschaffen könnten, müssen sie sich die Verbindung des kassatorischen Teils des Bürgerbegehrens mit dem initiierenden zweiten Teil entgegen halten lassen. Zur Einhaltung der Fristen des § 26 Abs. 3 Sätze 1 und 2 GO NRW mit Blick auf die begehrte Aufhebung des Ratsbeschlusses vom 27. September 2018 kommt es auf (Fach-)Kenntnisse zur Standortauswahl eines Neubaus nicht an. Die Kläger haben die Verbindung zwischen den vorerwähnten Fristen mit den Unwägbarkeiten einer konkreten Standortermittlung erst durch die Verbindung dieses initiierenden Teils mit dem kassatorischen Teil des Bürgerbegehrens herbeigeführt. Des initiierenden Teils hätte es aber zur Erreichung ihres Kernanliegens, die Sanierung des Rathauses zu den um 75 Prozent gestiegenen Baukosten zu stoppen, gar nicht bedurft. Sie hätten anschließend das weitere Vorgehen des Rates aufgrund der – dann wieder Geltung erlangenden – Ratsbeschlüsse vom 22. Oktober 2015 (wiederholend am 19. November 2015 beschlossen) und 6. Juli 2017 abwarten können. Fristen für eigene Erkundungen zur Standortauswahl mit Blick auf ein eventuelles initiierendes Bürgerbegehren bestanden nicht. 199Soweit sie vortragen, in Grenzfällen der hinreichenden Bestimmtheit sei eine bürger-begehrensfreundliche Auslegung zu wählen, liegt vorliegend kein Grenzfall vor. Die Kammer lässt dahinstehen, ob einem vorhabenbezogenen und nicht bereits wegen der Komplexität solcher multipolaren Angelegenheiten unzulässigen (§ 26 Abs. 5 Satz 1 Nrn. 4 und 5 GO NRW) Bürgerbegehren abverlangt werden kann, eine konkrete Standortauswahl zu treffen oder dies von Bürgern wegen der zahlreichen rechtlich und tatsächlich komplexen Fragestellungen nicht verlangt werden kann. 200Jedenfalls ist mit Blick auf die einen Ratsbeschluss ersetzende Funktion des einem zulässigen Bürgerbegehren, dem die Gemeinde nicht nachkommt, folgenden Bürgerentscheids (§ 26 Abs. 8 Satz 1 GO NRW) zu fordern, dass der Standort hinsichtlich seiner groben Lage bzw. seine Lage bestimmender Prämissen hin-reichend bestimmt vorzugeben ist. Auch wenn die Ermittlung konkret in Betracht kommender Flächen der Verwaltung aufgetragen werden kann, ist die schlichte prämissenfreie Vorgabe „Neubau“ nicht hinreichend bestimmt. Auf einen ent-sprechenden Ratsbeschluss wüsste die Verwaltung nicht, mit welcher Planung, an welchem Standort in welchem Ausmaß sie zu beginnen hätte. Dies stellte im Kern eine unzulässige Frage dar, die darauf hinausliefe, dem Rat Vorgaben über eine von ihm noch abschließend zu treffende Entscheidung zu machen. 201Vgl. OVG NRW, Urteil vom 13. Juni 2017 - 15 A 1561/15 -, juris, Rn. 90 zu Vorgaben hinsichtlich einer alternativen Finanzierungsentscheidung. 202Dies gilt umso mehr als im vorliegenden Fall zum einen zwei wesentliche Entscheidungsalternativen über den Neubau – am Ort des bisherigen Rathauses oder an einem neuen Standort – aufgrund der Historie des Vorhabens im Raum standen und zum anderen auch ein Neubau an einem neuen Standort in mehreren grundlegend unterschiedlichen Varianten – bspw. in der Innenstadt, durch Abriss von Bestandsgebäuden; auf Freiflächen; innenstadtnah; auf der „grünen Wiese“ – als denkbares Vorstellungsfeld aus der maßgeblichen Sicht eines objektiven, mit dem Inhalt des Bürgerbegehrens nicht weiter vertrauten billig und gerecht denkenden Empfängers, 203vgl. OVG NRW, Beschluss vom 15. Mai 2014- 15 B 499/14 -, juris, Rn. 12; OVG NRW, Beschluss vom 21. Juni 2013 - 15 B 697/13 -, juris, Rn. 8, 204denkbar erscheinen. 205III. 206Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 155 Abs. 1 Satz 3, 159 Satz 1 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 1 der Zivilprozessordnung - ZPO -, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus analog § 167 Abs. 2 und 1 Satz 1 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711, 709 Satz 2, 108 Abs. 1 Satz 1 ZPO. 207IV. 208Die Berufung ist gemäß §§ 124a Abs. 1 Satz 1, 124 Abs. 1 und 2 Nr. 4 VwGO zuzulassen. Das Urteil weicht von der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen hinsichtlich der statthaften Klageart zur Recht-durchsetzung eines auf Zulässigkeitsfeststellung eines Bürgerbegehrens gerichteten Klagebegehrens, 209OVG NRW, Urteil vom 13. Juni 2017 - 15 A 1561/15 -, juris, Rn. 8; OVG NRW, Urteil vom 5. Februar 2002- 15 A 1965/99 -, juris, Rn. 8, 210ab und beruht mit Blick auf den richtigen Beklagten als Sachurteilsvoraussetzung sowie die erforderliche Rechtsscheinbeseitigung auf dieser Abweichung. 211Beschluss: 212Der Streitwert wird auf 15.000 Euro festgesetzt. 213Die Entscheidung über die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1 des Gerichtskostengesetzes i.V.m. Ziffer 22.6 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungs-gerichtsbarkeit in der Fassung der am 31. Mai/1. Juni 2012 und am 18. Juli 2013 beschlossenen Änderungen (abgedruckt unter Kopp/Schenke, VwGO, 21. Auflage 2015, Anhang zu § 164, Rn. 14)
der „bescheid“ der beklagten zu 2. vom 18. april 2019 wird aufgehoben. im übrigen wird die klage abgewiesen. die kläger tragen die kosten des verfahrens. das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. die kläger dürfen die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe von 110 prozent des auf grund des urteils vollstreckbaren betrages abwenden, wenn nicht die beklagten vor der vollstreckung sicherheit in höhe von 110 prozent des jeweils zu vollstreckenden betrages leisten. die berufung wird zugelassen. 1
2die beteiligten streiten um die zulässigkeit eines bürgerbegehrens. 3am 22. oktober 2015 und wiederholend am 19. november 2015 fasste der beklagte in seiner sitzung unter dem tagesordnungspunkt (nachfolgend: top) 5.a „handlungskonzept stadtmitte“ auf die sitzungsvorlage nr. °°° den ratsbeschluss: 4„das handlungskonzept stadtmitte wird als richtlinie für die künftige entwicklung der stadtmitte mit folgenden modifikationen beschlossen: 5auf der seite 52 unter punkt 6.1 ziele nach dem punkt 13 wird folgendes hinzugefügt: 614. umsetzung der barrierefreiheit für alle maßnahmen des handlungskonzeptes 7des weiteren wird im maßnahmenkatalog ab seite 75 die priorität der maßnahmen: schlüsselprojekt d. platz (seite 76), anfahrbarkeit d. platz (seite 76), imagekampagne (seite 79) und einrichtung fahrradwache (seite 81) in priorität i verschoben.“ 8(im internet abrufbar unter: ). 9die sitzungsvorlage enthielt die angabe eines finanzbedarfs für die rathaussanierung (soziales rathaus) in höhe von 40,0 millionen euro. in der diskussion vor beschlussfassung waren wirtschaftlichkeitsbetrachtungen zwischen einer ratshaussanierung und eines rathausneubaus gegenstand. das integrierte handlungskonzept „stadtmitte“ n1. (nachfolgend: handlungskonzept stadtmitte) sah städtebauliche und soziale maßnahmen vor. im mittelpunkt einer beabsichtigten aufwertung von bestandsgebäuden, die einer aufwertung bedürften, stand das rathaus, das saniert werden sowie u.a. mit sozialen und kulturellen nutzungen für die stadtmitte ergänzt werden sollte. der d. platz vor dem rathaus sollte umgestaltet werden (im internet abrufbar unter: https://°°°.pdf). für das „soziale rathaus“ waren fördermittel des landes in aussicht gestellt. in den einzelheiten des maßnahmenkatalogs des handlungskonzeptes stadtmitte (unter 6.4.) wurde die sanierung des rathauses und weiterentwicklung zum „bürgerhaus“ als schlüsselprojekt bezeichnet. 10in seiner ratssitzung vom 6. juli 2017 beschloss der beklagte unter top 8 „rathaussanierung - soziales rathaus – skulpturenmuseum“ auf die sitzungs-vorlage nr. °°° unter anderem: 11„1. im rahmen der sanierung des rathaus sollen neue räumliche angebote für gruppen, initiativen und träger sozialer, bildungs- und integrationsangebote, sowie weitere öffentliche nutzungen (gastronomie, spieliothek) in den räumen des heutigen glaskastens eingerichtet werden.[…]6. die verwaltung wird beauftragt die planungen zur vorbereitung eines förderantrags weiter zu vertiefen und die finanzierung zu klären. 127. alle wesentlichen weiteren schritte zur umsetzung sind durch die gremien zu beschließen.“ 13die sitzungsvorlage nr. °° führt zu fragen der förderung des vorhabens „soziales rathaus“ aus, für eine verbindliche aussage zur höhe der förderung erwarte die bezirksregierung eine grundsatzentscheidung der stadt, ob das vorhaben in der form gewollt sei und eine kostenberechnung auf der grundlage einer detaillierten planung. die verwaltung würde die dazu erforderlichen schritte nach der grund-satzentscheidung veranlassen. 14in derselben ratssitzung beschloss der beklagte unter top 18 zur sitzungsvorlage nr. °° „förmliche festlegung des sanierungsgebietes „stadtmitte n1. “ gemäß § 142 baugesetzbuch“ die festlegung eines förmlichen sanierungsgebietes auf grundlage des integrierten handlungskonzept stadtmitte, ergänzt durch das einzelhandels- und zentrenkonzept der stadt n1. . für die weiteren einzelheiten wird auf die beschlussvorlage nr. °° vom 25. juni 2017 und den entwurf der beschlossenen satzung über die förmliche festlegung des städtebaulichen sanierungsbereiches „stadtmitte n1. “ verwiesen (im internet abrufbar unter °°°). 15in seiner sitzung vom 27. september 2018 beschloss der beklagte unter top 5 „rathaussanierung“ zur sitzungsvorlage nr. °°: 16„1. der rat der stadt n1. beauftragt die verwaltung, die sanierung des rathauses unter den im sachverhalt aufgeführten rahmenbedingungen fortzuführen. 172. die sanierung des rathauses erfolgt in drei bauab-schnitten. 183. zur teilweisen refinanzierung der investitionskosten werden förderanträge aus entsprechenden städtebau-förderprogrammen gestellt. 194. über den jeweiligen sachstand der rathaussanierung, insbesondere die kostenentwicklung, werden die politischen gremien fortlaufend informiert. 205. es erfolgt eine kontinuierliche überprüfung der baukosten mit dem ziel, das eine deutliche reduzierung der baukosten stattfindet. im rahmen der gesetzlichen anforderungen gilt dies auch für den brandschutz und den denkmalschutz soweit vertretbar. 216. die stadtverwaltung informiert kurzfristig umfassend und transparent die bürgerinnen und bürger über die rathaus-sanierung im rahmen von bürgerversammlungen in den °°° ortsteilen.“ 22in der sitzungsvorlage ist die bausumme mit 70,25 millionen euro angegeben. die steigerung sei darin begründet, dass das vorhaben in eigenrealisierung durch-geführt werden solle. am 22. oktober 2015 sei man von einer paketvergabe aus-gegangen. zudem seien weitere gutachten erstellt oder beauftragt worden, um risiken, die grundsätzlich jedes bauvorhaben mit sich bringe, weitestgehend zu minimieren. so seien z. b. neben dem brandschutzkonzept auch untersuchungen an den fassaden und an der statik durchgeführt worden, daneben sei eine denkmal-pflegerische zielstellung erarbeitet worden, um den anforderungen aus dem denkmalschutz gerecht zu werden. in der vorliegenden kostenberechnung werde eine förderung der förderfähigen kosten in höhe von rd. 20 millionen euro angenommen. unter der voraussetzung, dass die fördermittel in dieser größen-ordnung flössen, würde sich eine mehrbelastung des haushaltes gegenüber den bislang veranschlagten 39 millionen euro in einer tragfähigen größenordnung ergeben. wegen der weiteren einzelheiten wird auf die sitzungsvorlage nr. °°° vom 12. september 2018 verwiesen. 23mit bei der beklagten am 23. oktober 2018 eingegangenem schreiben vom 20. oktober 2018 zeigten die kläger die beabsichtigte einleitung eines bürgerbegehrens zu der frage an: 24„soll der beschluss des rates der stadt n1. vom 27.09.2018 aufgehoben, die sanierung des rathauses gestoppt werden, und stattdessen lediglich der ratstrakt saniert und auf grundlage einer analyse des tatsächlichen raumbedarfs ein neubau errichtet werden.“ 25mit schreiben vom 18. dezember 2018 teilte die beklagte den klägern nach internen abstimmungen die kostenschätzung mit. hierzu führte sie aus: 26„die verwaltung geht nach der von ihnen angekündigten fragestellung von folgenden prämissen aus: 271. der ratstrakt wird saniert. 282. ein funktionaler neubau wird auf der grundfläche zwischen wohnen ost und k-straße errichtet. ein anderes verfügbares grundstück steht derzeit nicht zur verfügung. 293. die rathaustürme werden verkehrssicher unterhalten wegen der bestehenden erhaltungspflicht auf grund des denkmalschutzes. 30die unter diesen prämissen ermittelten kosten werden mit einem aufwand von ca. 89.000.000 € geschätzt. einzelheiten der berechnung entnehmen sie bitte dem in der anlage beigefügten kostenrahmen nach din 276. 31gem. § 26 abs. 4 go nrw ist diese kostenschätzung bei der sammlung der unterschriften für den unterzeichnenden bürger erkennbar anzugeben.“ 32weiter wies die beklagte auf die dreimonatsfrist zur einreichung des bürgerbegehrens hin, das sich seinem wortlaut nach gegen den ratsbeschluss des beklagten vom 27. september 2018 richte. für die weiteren einzelheiten wird auf bl. 38 - 40 der beiakte heft 1 verwiesen. 33die kläger legten die unterschriftenlisten des bürgerbegehrens mit der nachstehend aufgeführten fragestellung, begründung und kostenschätzung aus: 34fragestellung: 35„soll der beschluss des rates der stadt n1. vom 27.09.2018 aufgehoben, die sanierung des rathauses gestoppt werden, und stattdessen lediglich der ratstrakt saniert und auf grundlage einer analyse des tatsächlichen raumbedarfs ein neubau errichtet werden?“. 36begründung des bürgerbegehrens: 37zwar hat der stadtrat schon am 22. mai 2015 beschlossen, das rathaus zu sanieren. basis war eine kostenschätzung von 39 millionen euro. aber am 27.09.2018 beschloss der stadtrat die sanierung des rathauses fortzusetzen, obwohl das planungsteam die kosten bereits auf 70,25 mio. euro berechnete. diese gewaltige kostensteigerung für die erneute sanierung des lediglich 60 jahre alten, aber extrem reparaturanfälligen rathauses ist beängstigend. der an folgekosten wesentlich günstigere neubau des rathauses wurde weder bedacht noch gründlich kalkuliert. der neubau des rathauses wäre nachhaltiger und ökologisch sinnvoller. ein neubau ist energieeffizienter, klimaschonender und verursacht deutlich geringere betriebskosten. unter anderem durch die zusätzliche errichtung einer tiefgarage mit ca. 500 stellplätzen von je 25.000 € fallen die von der stadt n1. geschätzten kosten für den neubau wesentlich höher als bei der sanierung des rathauses aus. 38kostenschätzung der verwaltung der stadt n1. vom 18.12.2018: 39„die verwaltung hat am 18.12.2018 den vertretungs-berechtigten folgende kostenschätzung mitgeteilt: „die verwaltung geht nach der von ihnen angekündigten fragestellung von folgenden prämissen aus: 1. der ratstrakt wird saniert. 2. ein funktionaler neubau wird auf der grundfläche zwischen wohnen ost und k-straße errichtet. ein anderes verfügbares grundstück steht derzeit nicht zur verfügung. 3. die rathaustürme werden verkehrssicher unterhalten wegen der bestehenden erhaltungspflicht auf grund des denkmalschutzes. die unter diesen prämissen ermittelten kosten werden mit einem aufwand von ca. 89.000.000 € geschätzt. einzelheiten der berechnung entnehmen sie bitte dem in der anlage beigefügten kostenrahmen nach din 276.“ hinweis der initiatoren: der kostenrahmen nach din 276 ist dieser unterschriftenliste angeheftet.“ 40am 22. februar 2019 wurden die unterschriftenlisten des bürgerbegehrens bei der beklagten eingereicht. 41nach einer internen prüfung kam die beklagte zu dem ergebnis, dass von den 5.144 unterschriften 4.577 gültig seien, womit das erforderliche quorum erreicht werde. 42in der ratssitzung vom 11. april 2019 fasste der beklagte aufgrund der sitzungsvorlage nr. °° vom 1. april 2019, auf die für die weiteren einzelheiten verwiesen wird (vgl. beiakte heft 1, bl. 107 bis 112), unter top 3 „feststellung der unzulässigkeit des bürgerbegehrens „rathaussanierung stoppen!“ den ratsbeschluss: 43„der rat stellt die unzulässigkeit des bürgerbegehrens „rathaussanierung stoppen!“ fest.“ 44in mit rechtsbehelfsbelehrung versehenem schreiben vom 18. april 2019 gab die beklagte den ratsbeschluss gegenüber den klägern bekannt. zur begründung führte sie aus, das begehren sei verfristet. ein bürgerbegehren müsse nach § 26 abs. 3 satz 2 i.v.m. satz 1 go nrw drei monate nach dem sitzungstag eingereicht werden, wenn es sich gegen einen ratsbeschluss richte, der nicht der bekannt-machung bedürfe. diese frist sei nicht gewahrt worden. zwar richte sich das bürgerbegehren nach seinem wortlaut gegen den ratsbeschluss des beklagten vom 27. september 2018. vorliegend sei jedoch aufgrund der in der vergangenheit bereits mehrfachen befassung des beklagten mit dem projekt rathaussanierung für die bestimmung der einreichungsfrist auf einen älteren ratsbeschluss abzustellen. bereits im jahr 2008 habe der beklagte eine teilsanierung beschlossen. diese habe jedoch wegen der schlechten finanzsituation nicht umgesetzt werden können. im jahr 2013 sei das sanierungsvorhaben wieder aufgenommen und das handlungs-konzept stadtmitte erstellt worden. dazu habe die sanierung des rathauses und dessen umgestaltung in ein „soziales rathaus“ gehört. dafür seien kosten in höhe von 39 millionen euro für eine sog. paketvergabe und 44,6 millionen euro im fall einer eigensanierung veranschlagt worden. der ratsbeschluss vom 19. november 2015 stelle einen grundsatzbeschluss dar. auch wenn er durch die nachfolgenden beschlüsse vom 6. juli 2017 und 27. september 2018 aufgegriffen und konkretisiert worden sei, stelle er den beginn des vorhabens zur rathaus-sanierung dar. der ratsbeschluss vom 6. juli 2017 habe den ratsbeschluss vom 19. november 2015 konkretisiert. es sei festgelegt worden, was die vorhaben genau beinhalten und wie bzw. wo sie realisiert werden sollten. im jahr 2016 habe die verwaltung begonnen, planungs- und projektsteuerungsleistungen für die sanierung des rathauses zu beauftragen. am 27. september 2018 habe der beklagte einen weiteren ratsbeschluss zur rathaussanierung gefasst. angesichts der im rahmen der projektsteuerungsleistungen festgestellten kostensteigerungen sei der rat erneut mit der rathaussanierung befasst worden. 45seit dem grundsatzbeschluss vom 19. november 2015 habe sich die sachlage nicht derart gravierend geändert, dass das vorhaben durch den ratsbeschluss vom 27. september 2018 einem bürgerbegehren zugänglich gemacht werden könne. die baulichen, inhaltlichen oder funktionalen rahmenbedingungen der rathaussanierung würden nicht derart von den maßnahmen des grundsatzbeschlusses aus dem jahr 2015 abweichen. auch das veränderte, gestiegene investitions- und finanzierungs-volumen führe zu keiner wesentlichen änderung. 46das bürgerbegehren sei auch unzulässig, weil die frage zu unbestimmt sei. sie genüge nicht den anforderungen des § 26 abs. 7 satz 1 i.v.m. abs. 2 satz 1 go nrw. die frage müsse als grundlage für einen möglichen bürgerentscheid auf eine konkrete sachentscheidung gerichtet sein. zwar könne die frage mit ja oder nein beantwortet werden. allerdings sei für den bürger nicht erkennbar, wozu er konkret ja oder nein sagen solle. die in mehrere teile gegliederte frage des bürgerbegehrens lasse insbesondere bezüglich des letzten teils, der sich mit dem neubau des rathauses befasse, nicht eindeutig erkennen, für welche maßnahme der das bürgerbegehren entscheidende bürger abstimme. fragen der planung, des umfangs der umzusetzenden maßnahme und des standortes blieben ungeklärt und offen. zu welcher maßnahme ein „ja“ führen würde, könne der bürger nicht ansatzweise erkennen. das bürgerbegehren enthalte lediglich den hinweis auf einen neubau auf grundlage einer analyse des tatsächlichen raumbedarfs. hieraus sei weder größe, bauliche umsetzung noch standort des rathausneubaus zu entnehmen. was folge eines bürgerentscheids über die frage des bürgerbegehrens wäre, bliebe völlig offen. zahlreiche weitergehende fragen wären im falle eines bürgerentscheids im anschluss durch den rat selbst zu beantworten. 47die kläger haben am 15. mai 2019 die vorliegende klage erhoben. 48zur begründung tragen sie im wesentlichen vor, das bürgerbegehren sei nicht verfristet. der ratsbeschluss vom 27. september 2018 sei bürgerentscheidsfähig. bei dem projekt rathaussanierung handele es sich um ein sog. „gestrecktes planungsverfahren“. hierfür sei typisch, dass sich mit der errichtung und baulichen veränderung öffentlicher einrichtungen nicht nur ein, sondern mehrere beschlüsse des rates befassen. 49der ratsbeschluss vom 19. november 2015 stelle keinen sog. projektbeschluss dar. mit diesem ratsbeschluss sei zwar das handlungskonzept stadtmitte beschlossen worden. mit der vorlage des handlungskonzeptes stadtmitte sei jedoch nicht über die gestaltung des vorhabens gewissheit geschaffen und keine planungsphase abgeschlossen, sondern erst eröffnet worden. dementsprechend sei die lenkungsgruppe für die rathaussanierung erst zeitlich später eingerichtet worden. 50der ratsbeschluss vom 6. juli 2017 stelle ebenfalls keinen abschluss der planungen dar. die sitzungsvorlage weise insoweit nur eine seit april 2016 mit experten, bürgern, dem förderverein °°°, der politik und den fachämtern geführte diskussion über standort und inhalt des sozialen rathauses und damit einen „möglichen realisierungsansatz“ aus. zu den flächen hätten noch keine detaillierten planungen bestanden. ziffer 6 des ratsbeschlusses vom 6. juli 2017, wonach die verwaltung beauftragt worden sei, die planungen im hinblick auf die notwendige vorbereitung eines förderantrages aus städtebauförderungsmitteln weiter zu vertiefen und die finanzierung zu klären, zeige, dass die finanzierung des vorhabens auch am 6. juli 2017 noch nicht festgelegt gewesen sei. in der rats-sitzung habe der bürgermeister der beklagten ausgeführt, der geplante finanz-rahmen für das rathaus solle die bausumme von 40 millionen euro nicht über-steigen. 51erst der ratsbeschluss vom 27. september 2018 stelle sich als projektbeschluss dar. er richte sich auf die fortführung der sanierung des rathauses unter den im sachverhalt des beschlussvorschlages aufgeführten konkretisierten rahmen-bedingungen. dazu gehöre über die bisherig definierte kostengröße von 39 millionen euro hinaus eine kostenberechnung im rahmen der noch durchzuführenden genehmigungsplanung zu einer bausumme von 70,25 millionen euro. es seien drei bauabschnitte für die sanierung festgelegt worden. zudem habe der beklagte beschlossen, zur teilweisen refinanzierung der investitionskosten förderanträge aus entsprechenden städtebauförderungsprogrammen zu stellen, wobei in der nunmehr vorliegenden kostenberechnung mit einer bausumme von 70,25 millionen euro eine förderung der förderfähigen kosten in höhe von rund 20 millionen euro ange-nommen worden sei. einzelheiten der finanzierung des vorhabens und einzelheiten der baulichen gestaltung des vorhabens, unter anderem auch hinsichtlich der brandschutzmaßnahmen seien festgelegt worden. dieser ratsbeschluss hätte unmittelbar die sanierung des rathauses unter den konkretisierten rahmen-bedingungen zum gegenstand haben können. 52zugleich beinhalte der ratsbeschluss vom 27. september 2018 ein abweichendes regelungsprogramm von den ratsbeschlüssen aus 2015 und 2017 und innerhalb des gestreckten planungsverfahrens einen eigenständigen entscheidungsgehalt. das regelungsprogramm über die fortführung der sanierung unter den bestimmten konkretisierten rahmenbedingungen stelle sich nicht nur als entscheidung über das „wie“ der sanierung, sondern auch ihr „ob“ dar. der bürgermeister der beklagten habe erklärt, dass man beim sanierungsbeschluss 2015 von anderen gegebenheiten ausgegangen sei. auch die verwaltung der beklagten habe wohl offenbar die notwendigkeit gesehen, aufgrund der veränderten rahmenbedingungen eine neue grundsätzliche entscheidung des rates über das sanierungsvorhaben herbeizuführen. von daher komme es im ergebnis auch nicht mehr darauf an, ob das um 31,25 millionen euro höhere lnvestitionsvolumen im vergleich zur früher definierten kostengröße von ca. 39 millionen euro allein bereits eine wesentliche änderung der sachlage im vergleich zum ratsbeschluss vom 19. november 2015 darstelle. die (grund-)entscheidung der ratsmitglieder über die fortsetzung der sanierung sei jedenfalls auch mit der bejahung des ausdrücklich als rahmenbedingung hervorgehobenen höheren finanzierungsvolumens von 70,25 millionen euro getroffen worden. 53die fragestellung entspreche den rechtlichen vorgaben. der erste teil der frage sei absolut unmissverständlich. danach solle der ratsbeschluss vom 27. september 2018 aufgehoben, die sanierung des rathauses gestoppt und stattdessen lediglich der ratstrakt saniert werden. 54auch die weitere, beanstandete formulierung sei hinreichend bestimmt und lasse beim unterstützer keinen zweifel über den umfang der neubaumaßnahme aufkommen. die geforderte „analyse des tatsächlichen raumbedarfs" könne nur so verstanden werden, dass diese analyse auf der grundlage der unterzubringenden beschäftigten erfolge. hiermit gebe das bürgerbegehren sogar die parameter für die planung und den umfang der umzusetzenden maßnahmen und damit sogar die kubatur des neubaus vor. auf der grundlage der analyse des tatsächlichen raumbedarfs würden sich diese nämlich aus dem gesetz und den hierzu erlassenen norminterpretierenden bestimmungen ergeben. dies bedürfe keiner nähren erläuterung. büros, in denen arbeitnehmer beschäftigt werden, unterlägen der arbeitsstättenverordnung - arbstättv -. die unbestimmten rechtsbegriffe in der arbstättv und in deren anhang würden wiederum in den technischen regeln für arbeitsstätten konkretisiert. für raumabmessungen/bewegungsflächen am arbeitsplatz sei die gleichnamige asr a1.2 heranzuziehen. jedenfalls sei die gewählte konkrete fragestellung des neubaus auf der grundlage, einer analyse des tatsächlichen raumbedarfs aus dem blickwinkel der unterstützer des begehrens so zu verstehen, dass kein repräsentationsbau, sondern – lediglich – ein funktionaler neubau erfolgen solle. 55den initiatoren des bürgerbegehrens könne und dürfe nicht abverlangt werden, den standort des neubaus festzulegen. hiermit würden die anforderungen an das bürgerbegehren überspannt. eine standortentscheidung sei von vielen faktoren und abwägungsgesichtspunkten abhängig, unter anderem vom raumbedarf und von der verfügbarkeit von grundstücken, das hieße ob und ggf. welche freien flächen im eigentum der kommune stünden und deshalb grunderwerbskosten nicht aufgewandt werden müssten, ob der baugrund hinsichtlich der bodenbeschaffenheit überhaupt geeignet sei, welche untersuchungen ggf. zur beschaffenheit des baugrundes angestellt werden müssten, ob sämtliche erschließungsmerkmale erfüllt bzw. erfüllbar seien oder ob noch erschließungsanlagen eigens mit einem höheren kostenaufwand errichtet werden müssten und – schließlich – wann die grundstücks-fläche überhaupt zu einer überplanung zur verfügung stehen würde. solche einflusskriterien und deren auswertung könnten von den initiatoren eines bürger-begehrens innerhalb der knappen frist zur einreichung des begehrens weder ermittelt noch in tragfähiger weise festgestellt werden. dies seien vielmehr fragen der umsetzung eines neubaubeschlusses. insoweit habe die verwaltung geeignete vorschläge zu unterbreiten, über die der rat in einer weiteren (vollzugs-) entscheidung zu bestimmen habe. 56die kläger beantragen, 571. den „bescheid“ der beklagten vom 18. april 2019 aufzuheben, 582. den beklagten zu verurteilen, das am 23. oktober 2018 angezeigte bürgerbegehren „rathaussanierung stoppen!“ für zulässig zu erklären. 59die beklagten beantragen, 60die klage abzuweisen. 61zur begründung ergänzen und vertiefen sie die ausführungen der beklagten zu 2. im schreiben vom 18. april 2019. der ratsbeschluss vom 19. november 2015 habe als grundsatzbeschluss die entscheidung über die sanierung des bestehenden rathauses beinhaltet. allein der ratsbeschluss vom 19. november 2015 sei entscheidend für die grundsätzliche planung der rathaussanierung gewesen und somit auch für die frage, welche beschlüsse des beklagten mit einem bürgerbegehren aufgehoben werden könnten. hiermit habe sich der beklagte für umgestaltungsmaßnahmen der innenstadt inklusive der sanierung des rathauses entschieden. seit dem 19. november 2015 seien alle beteiligten von einem bereits laufenden sanierungsprojekt ausgegangen. entscheidend sei allein, dass bei dieser ratssitzung die sanierung des rathauses beschlossen und im folgenden von den beteiligten („nur noch") konkretisiert und umgesetzt worden sei. 62die darauffolgenden konkretisierungen des projekts am 6. juli 2017 und am 27. september 2018 hätten die ausschlussfrist des § 26 abs. 3 satz 2 go nrw nicht erneut in gang gesetzt. 63durch den ratsbeschluss des beklagten vom 6. juli 2017 sei das laufende projekt gar nicht erst dem grunde nach behandelt worden. beschlossen worden sei, dass „im rahmen der sanierung des rathauses neue räumliche angebote für gruppen, initiativen und träger sozialer, bildungs- und integrationsprogrimme, sowie weitere öffentliche nutzungen (gastronomie, spielothek) in den räumen des heutigen glaskastens eingerichtet werden" sollten. dem öffentlichen protokoll zur ratssitzung vom 6. juli 2017 könne aus verschiedentlichen formulierungen und textbeiträgen der ratsmitglieder entnommen werden, dass alle beteiligten von einem bereits laufenden prozess zur rathaussanierung ausgegangen seien. 64ebenso verdeutliche der text des ratsbeschlusses vom 27.september 2018, dass die beklagte nicht mehr die frage über eine grundsätzliche rathaussanierung zum abstimmungsgegenstand im rat machen wollte. der beklagte habe beschlossen, die „verwaltung zu beauftragen", die sanierung des rathauses fortzuführen. die wortmeldungen einzelner ratsmitglieder würden den charakter des rats-beschlusses aus dem jahr 2015 als grundsatzbeschluss nicht in frage stellen. dies sei schon an den auswirkungen einer ablehnung der beschlussvorlage erkennbar, was nicht den ratsbeschluss aus dem jahr 2015 beseitigt hätte. 65die mehrfachbefassung des beklagten mit dem oberthema „rathaussanierung" stelle weder einen ungewöhnlichen umstand noch eine wiederholung oder abänderung der grundsatzentscheidung für eine sanierung dar. bei größeren planungsvorhaben würde häufig eine fülle von beschlüssen gefasst, was dazu führe, dass sich das vorhaben über einen mehrjährigen zeitraum erstrecken könne. die kläger würden selbst von einer bereits begonnenen sanierungsmaßnahme ausgehen. anders ließe sich nicht erklären, dass die frage des bürgerbegehrens u.a. darauf abziele, die sanierung des rathauses zu „stoppen“. 66anhaltspunkte dafür, dass aufgrund einer wesentlichen änderung der sachlage der ratsbeschluss vom 27. september 2018 als neuer grundsatzbeschluss verstanden werden müsse, gebe es nicht. grundsätzlich kämen solche planerischen änderungen als (bürgerentscheids-)relevante änderungen in betracht, die bauliche veränderungen mit wesentlichen auswirkungen auf funktionen, raumprogramme oder kapazitäten oder eine veränderte finanzierung der maßnahme betreffen würden. eine wesentliche änderung könne nicht mit kostensteigerungen oder einem nach dem ergehen des ratsbeschlusses entstandenen haushaltsdefizit begründet werden. derartige kostensteigerungen und finanzielle defizite im städtischen haushalt seien einem bürgerbegehren nicht zugänglich. 67zudem sei die teilfrage nach einem neubau derart offen, dass eigentlich nur erkennbar werde, dass dieser die alternative zu einer rathaussanierung darstellen solle. alles weitere lasse die fragestellung offen. 68wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den inhalt der gerichtsakte und der beigezogenen verwaltungsvorgänge verwiesen. 69
70die klage ist zulässig (i.), aber überwiegend unbegründet (ii.). 71i. 72die klage ist zulässig. 73zur gerichtlichen durchsetzung des klägerischen begehrens, die feststellung der zulässigkeit des bürgerbegehrens durch den beklagten zu erreichen, ist unter berücksichtigung der rechtsprechung des bundesverfassungsgerichts die allgemeine leistungsklage statthaft. 74die kläger als vertreter des bürgerbegehrens sind nach der rechtsprechung des bundeverfassungsgerichts als in einer art organschaftlichem verhältnis zur betreffenden gemeinde stehende "amtswalter" anzusehen. 75vgl. bverfg, nichtannahmebeschluss vom22. februar 2019 - 2 bvr 2203/18 -, juris, rn. 17. 76die den vertrauenspersonen eines bürgerbegehrens durch das kommunalrecht zugewiesenen rechte sind nach den ausführungen des bundesverfassungsgerichts teil der kommunalen willensbildung. sie betreffen die politische willensbildung in der gemeinde und begrenzen zugleich die rechte der gemeindevertretung. ein zugelassenes bürgerbegehren ist teil des institutionellen gefüges der gemeinde, mit dem die bürgerschaft an der politischen willensbildung in der gemeinde teilhat. seine vertrauensleute nehmen insoweit eine organschaftliche funktion wahr. sie sind „organ“ der gemeinde, weshalb sie mangels grundrechtsfähigkeit nicht in den schutzbereich von art. 19 abs. 4 des grundgesetzes - gg - fallen. 77vgl. bverfg, nichtannahmebeschluss vom22. februar 2019 - 2 bvr 2203/18 -, juris, rn. 20 bis 22. 78zwar sieht die kammer sich an diesen nichtannahmebeschluss des bundes-verfassungsgerichts nicht durch § 31 des bundesverfassungsgerichtsgesetzes - bverfgg - gebunden. danach binden die entscheidung des bundesverfassungs-gerichts die verfassungsorgane des bundes und der länder sowie alle gerichte und behörden. diese bindungswirkung ist grundsätzlich indisponibel, 79vgl. betghe, in: maunz/schmidt-bleibtreu/klein/bethge, bundesverfassungsgerichtsgesetz, werkstand: 56. erg.-lfg. februar 2019, § 31, rn. 10, 80und besteht über den einzelfall hinausgehend insofern, als die sich aus dem tenor und den tragenden gründen der entscheidung ergebenden grundsätze für die auslegung der verfassung von den gerichten in allen künftigen fällen beachtet werden müssen. 81vgl. bverfg, beschluss vom 10. juni 1975- 2 bvr 1018/74 -, juris, rn. 13; bverfg, beschluss vom 5. mai 1987 - 2 bvr 104/87 -, juris, rn. 41; bverfg, beschluss vom 20. januar 1966 - 1 bvr 140/62 - (niekisch-fall, berliner sache, berlin-vorbehalt ii), juris, rn. 14. 82§ 31 bverfgg erkennt den verfassungsgerichtlichen entscheidungen bindungs-wirkung insoweit zu, wie die funktion des bundesverfassungsgerichts als maß-geblicher interpret und hüter der verfassung dies erfordert. die bindungswirkung beschränkt sich deshalb auf die teile der entscheidungsgründe, welche die auslegung und anwendung des grundgesetzes betreffen. sie erstreckt sich nicht auf ausführungen, die nur die auslegung einfacher gesetze zum gegenstand haben. die auslegung und anwendung einfacher gesetze ist sache der sachnäheren fachgerichte. dagegen hat das bundesverfassungsgericht die aus dem verfassungsrecht sich ergebenden maßstäbe oder grenzen für die auslegung eines einfachen gesetzes verbindlich zu bestimmen. 83vgl. bverfg, beschluss vom 10. juni 1975- 2 bvr 1018/74 -, juris, rn. 14. 84§ 31 bverfgg erfasst auch stattgebende, gemäß § 93c abs. 1 satz 2 bverfgg einer senatsentscheidung gleichstehende kammerbeschlüsse über eine verfassungs-beschwerde. 85vgl. bverfg, beschluss vom 27. januar 2006 - 1 bvq 4/06 - (versammlungsverbot), juris, rn. 29; bverfg, beschluss vom 15. dezember 2004 - 1 bvr 2495/04 -, juris, rn. 11; lenz/hansel, bundes-verfassungsgerichtsgesetz, 2. auflage 2015, § 31, rn. 24. 86nicht erfasst sind jedoch nichtannahmebeschlüsse wie der vom 22. februar 2019 - 2 bvr 2203/18 -. eine bindungswirkung nach § 31 abs. 1 bverfgg kommt nur sachentscheidungen, nicht prozessentscheidungen zu. 87bverfg, beschluss vom 24. januar 1995 - 1 bvl 18/93, 1 bvl 5/94, 1 bvl 6/94, 1 bvl 7/94, 1 bvr 403/94, 1 bvr 569/94 -, (feuerwehrabgabe, feuerwehrschutz-abgabe), juris, rn. 63; bethge, in: maunz/schmidt-bleibtreu/klein/bethge, bundesverfassungsgerichtsgesetz, werkstand: 56. erg-lfg., februar 2019, § 31, rn. 83. 88dennoch veranlassen die ausführungen des bundesverfassungsgerichts in seinem nichtannahmebeschluss vom 22. februar 2019 - 2 bvr 2203/18 - zu auslegungen des verfassungsrechts hinsichtlich der fehlenden grundrechtsträgereigenschaft von vertretern eines bürgerbegehrens als „organ“ bzw. "amtswalter" in einer art organschaftlichem verhältnis zur gemeinde die kammer unter abweichung von der bisherigen rechtsprechung des oberverwaltungsgerichts für das land nordrhein-westfalen ihre rechtsprechung zu ändern. 89nach dieser rechtsprechung war die verpflichtungsklage gemäß § 42 abs. 1 fall 1 vwgo statthafte klageart für die bewertung der zulässigkeit eines bürgerbegehrens. 90vgl. ovg nrw, urteil vom 13. juni 2017 - 15 a 1561/15 -, juris, rn. 8; ovg nrw, urteil vom 5. februar 2002 - 15 a 1965/99 -, juris, rn. 8; zum bürgerbegehren auf kreisebene; vg gelsenkirchen, urteil vom 13. juni 2008 - 15 k 2243/06 -, juris, rn. 36. 91die begehrte entscheidung des rates über die zulässigkeit des bürgerbegehrens nach § 26 abs. 6 satz 1 der gemeindeordnung für das land nordrhein-westfalen - go nrw - wurde als verwaltungsakt angesehen, mit dem der rat den vertretern des bürgerbegehrens gegenüber, die sich insoweit auf eine position des außen-rechts berufen haben, verbindlich feststellt, ob die voraussetzungen für die durch-führung eines bürgerentscheids erfüllt sind. 92vgl. ovg nrw, urteil vom 5. februar 2002 - 15 a 1965/99 -, juris, rn. 8, m.w.n.; zum bürgerbegehren auf kreisebene; vg gelsenkirchen, urteil vom 13. juni 2008 - 15 k 2243/06 -, juris, rn. 36. 93das oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen hat in einer neueren entscheidung eine feststellungsklage bezüglich der gerichtlichen überprüfung des abstimmungsergebnisses über einen bürgerentscheid für statthaft angesehen. 94vgl. ovg nrw, urteil vom 27. juni 2019 - 15 a 2503/18 -, juris. 95diese konstellation betrifft nicht die vorliegende situation, in der die unzulässigkeits-feststellung durch ratsbeschluss beseitigt und dem rat vorgegeben werden soll, die zulässigkeit eines bürgerbegehrens festzustellen. überdies verhält sich die entscheidung nicht deutlich zu der frage, ob den vertretern eines bürgerbegehrens rechtspositionen „wie einem organ“ im rahmen des gemeindlichen inneren willens-bildungsprozesses zustehen. im gegenteil stellt das oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen in dieser der vorerwähnten entscheidung des bundes-verfassungsgerichts nachfolgenden entscheidung im rahmen der klagebefugnis nicht auf „organschaftliche rechte“ ab, sondern bejaht an mehreren stellen die den vertretern eines bürgerbegehrens zustehenden eigenen subjektiven rechte. 96vgl. ovg nrw, urteil vom 27. juni 2019 - 15 a 2503/18 -, juris, rn. 58, 74, 84, 95. 97zur rechtlichen position der vertreter eines bürgerbegehrens führt das ober-verwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen aus, bei ihnen seien alle verfahrensrechte hinsichtlich des bürgerbegehrens konzentriert. sie würden ähnlich einem verfahrensstandschafter im eigenen namen die interessen der das bürgerbegehren unterzeichnenden bürger wahrnehmen und überdies einheitlich als ansprechpartner der gemeinde fungieren. 98vgl. ovg nrw, urteil vom 27. juni 2019 - 15 a 2503/18 -, juris, rn. 67. 99die konkrete rechtliche einordnung des konstruktes bürgerbegehren bzw. seiner vertreter bleibt unklar. 100unter berücksichtigung der ausführungen des bundesverfassungsgerichts in seinem nichtannahmebeschluss vom 22. februar 2019 - 2 bvr 2203/18 - hält die kammer nicht mehr an ihrer früheren rechtsprechung fest. soweit die vertrauensleute des konstruktes bürgerbegehrens als „organ“ der gemeinde bzw. als „amtswalter“ eine organschaftliche funktion wahrnehmen, 101vgl. bverfg, nichtannahmebeschluss vom22. februar 2019 - 2 bvr 2203/18 -, juris, rn. 22, 102stehen sie der gemeinde nicht in einem außenverhältnis gegenüber und kann die entscheidung des rates nach § 26 abs. 6 satz 1 go nrw ihnen gegenüber nicht in gestalt eines verwaltungsakts ergehen. es fehlt insoweit an der nach § 35 satz 1 des verwaltungsverfahrensgesetzes für das land nordrhein-westfalen- vwvfg nrw - erforderlichen außenwirkung. 103bei konsequenter überführung der vorerwähnten ausführungen des bundesverfassungsgerichts in nordrhein-westfälisches landesrecht folgt die ein-ordnung des konstrukts eines bürgerbegehrens „als teil des institutionellen gefüges der gemeinde, mit dem die bürgerschaft an der politischen willensbildung in der gemeinde teilhat“ jedoch weder aus dem verfassungsgerichtlichen verständnis der stellung eines bürgerbegehrens erst ab feststellung der zulässigkeit durch den rat noch aus einer rechtstheoretischen einordnung des antrags auf durchführung eines bürgerbegehrens, der gesamtheit der unterzeichner oder der vertreter/vertrauens-personen eines bürgerbegehrens als „organ“. 104vgl. zum diesbezüglichen meinungsstand und der daran nachvollziehbaren kritik umfassend lange, kommunalrecht, 2. auflage, 2013, teil 2, kapitel 9, rn. 143 ff. 105soweit in der literatur darauf hingewiesen wird, dass ein bürgerbegehren als instrument unmittelbarer demokratie grundsätzlich eine selbstständige teilhabe an der kommunalen willensbildung von außen darstellt, 106vgl. heusch/dickten, neue rechtsprechung zum kommunalrecht, nvwz 2019, 1238 (1244); muckel: keine grundrechtsberechtigung für vertrauenspersonen eines bürgerbegehrens, ja 2019, 633 (635), 107stimmt dem die kammer im grundsatz zu. 108allerdings weist die gemeindeordnung für das land nordrhein-westfalen dem konstrukt bürgerbegehren durch einfachgesetzliche regelungen in § 26 abs. 1 satz 1 go nrw i.v.m. § 40 abs. 1 und 2 satz 1 go nrw die kommunal-verfassungsrechtliche stellung „als teil des institutionellen gefüges der gemeinde, mit dem die bürgerschaft an der politischen willensbildung in der gemeinde teilhat“ im sinne der ausführungen des bundesverfassungsgerichts zu. 109nach § 40 abs. 1 go nrw wird die verwaltung der gemeinde ausschließlich durch den willen der bürgerschaft bestimmt. § 40 abs. 2 satz 1 go nrw definiert legal, dass die bürgerschaft durch den rat und den bürgermeister vertreten wird. hiernach ist ein bürgerbegehren nicht träger der gemeindeverwaltung und demnach nicht teil des institutionellen gefüges der gemeinde. 110auch aus dem wortlaut der regelung in § 26 abs. 6 satz 7 go nrw über die sperrwirkung eines bürgerbegehrens, dessen zulässigkeit abschließend festgestellt worden ist, kann entnommen werden, dass weder das bürgerbegehren als solches, noch seine unterzeichner in gesamtheit oder einzeln oder die vertreter des bürgerbegehrens organe der gemeinde im klassischen bzw. engeren sinne sind. die norm lautet auszugsweise: „ist die zulässigkeit des bürgerbegehrens nach satz 1 oder satz 2 abschließend festgestellt, darf bis zur feststellung des ergebnisses des bürgerentscheids eine dem begehren entgegenstehende entscheidung der gemeindeorgane nicht mehr getroffen oder mit dem vollzug einer derartigen entscheidung nicht mehr begonnen werden, […].“ (unterstreichung durch das gericht). diesem wortlaut ist zu entnehmen, dass § 26 abs. 6 satz 7 go nrw das bürgerbegehren nicht als ein klassisches gemeindeorgan im engeren sinne ansieht, weil es seiner zielrichtung die gemeindeorgane in ihrer gesamtheit gegenüberstellt. würde die norm das bürgerbegehren als klassisches gemeinde-organ im engeren sinne ansehen, wäre die zutreffende formulierung, ihm die „anderen gemeindeorgane“ gegenüber zu stellen. 111allerdings lässt § 26 abs. 1 satz 1 go nrw i.v.m. § 40 abs. 1 und 2 satz 1 go nrw eine auslegung dieser reglungen im lichte der ausführungen des bundesverfassungsgerichts in seinem nichtannahmebeschluss vom 22. februar 2019 - 2 bvr 2203/18 - zu, wonach dem konstrukt bürgerbegehren im nordrhein-westfälischen kommunalrecht während seiner rechtlichen relevanz die stellung eines gemeindlichen vorübergehend existenten „organs“ als teil des institutionellen gefüges der gemeinde, mit dem die bürgerschaft an der politischen willensbildung in der gemeinde teilhat, zugewiesen ist, ohne dass es klassisches gemeindeorgan im engeren sinne ist. 112nach § 26 abs. 1 satz 1 go nrw können die bürger beantragen (bürgerbegehren), dass sie an stelle des rates über eine angelegenheit der gemeinde selbst entscheiden (bürgerentscheid). dieser antrag ermöglicht bei vorliegen der weiteren voraussetzungen die entscheidung anstelle des rates, der nach § 40 abs. 2 satz 1 go nrw teil des institutionellen gefüges der gemeindlichen willensbildung zur bestimmung der verwaltung der gemeinde nach § 40 abs. 1 go nrw ist. 113wird das bürgerbegehren aufgrund einfachgesetzlicher regelung vorübergehend in das institutionelle gefüge der gemeindlichen willensbildung erhoben und mit der kompetenz ausgestattet, in gestalt des bürgerentscheides anstelle des rates als originäres gemeindeorgan zu entscheiden, und – wenn auch beschränkt auf seine vertreter – mit rechtsschutzmöglichkeiten zur sicherung des ordnungsgemäßen verfahrens versehen (§ 26 abs. 6 satz 3 go nrw) ist es während seiner gesamten vorübergehenden dauer rechtlicher relevanz als teil des institutionellen gefüges anzusehen. für eine begrenzung dieser einordnung ab feststellung der zulässigkeit des bürgerbegehrens, 114vgl. bverfg, nichtannahmebeschluss vom22. februar 2019 - 2 bvr 2203/18 -, juris, rn. 24, wonach (erst) ein zugelassenes bürgerbegehren teil des institutionellen gefüges der gemeinde, mit dem die bürgerschaft an der politischen willensbildung in der gemeinde teilhat, ist, 115ist kein sachgrund ersichtlich. zumal es an einer rechtlichen begründung fehlt, das konstrukt des bürgerbegehrens erst ab diesem zeitpunkt als „organ“ bzw. seine vertreter als organschaftliche „amtswalter“ in einer art organschaftlichem verhältnis zur gemeinde zu sehen. folge einer solchen aufteilung wäre eine weder rechtlich nachvollziehbare noch praktikable aufspaltung der rechtlichen einordnung des konstruktes bürgerbegehren bzw. seiner vertreter vor zulässigkeitsfeststellung bzw. auch bei unzulässigkeitsfeststellung durch den rat einerseits und ab zulässigkeits-feststellung andererseits. dass das konstrukt bürgerbegehren bzw. seiner vertreter als „amtswalter“ vor zulässigkeitsfeststellung bzw. auch bei unzulässigkeits-feststellung durch den rat kein „organ“ darstellen bzw. keine organschaftliche funktion wahrnehmen sollen, ab zulässigkeitsfeststellung jedoch schon, wäre insbesondere mit blick auf rechtschutzverfahren zur sicherung des ordnungs-gemäßen verfahrens nicht nachvollziehbar. 116nach alledem können die kläger die ihnen in organschaftlicher funktion durch § 26 abs. 6 satz 3 go nrw zugewiesene rechtsschutzmöglichkeit im wege der allgemeinen leistungsklage geltend machen. 117in ihrer organschaftlichen funktion stehen sie dem beklagten, gegen dessen entscheidung § 26 abs. 6 satz 3 go nrw ihnen das klagerecht einräumt, während der vorübergehenden rechtlichen relevanz des bürgerbegehrens im organ-schaftlichen streitverhältnis, einem organstreitverfahren, gegenüber. 118dieses organschaftliche streitverhältnis unterscheidet sich allerdings in wesentlichen punkten von organstreitverfahren zwischen gemeindeorganen im engeren sinne, weshalb die kammer der ausführung des bundesverfassungsgerichts im nicht-annahmebeschluss vom 22. februar 2019 „insoweit handelt es sich um eine kommunalverfassungsrechtliche streitigkeit.“, 119vgl. bverfg, nichtannahmebeschluss vom22. februar 2019 - 2 bvr 2203/18 -, juris, rn. 24. 120insoweit einschränkend versteht, dass damit keine kommunalverfassungs-streitverfahren im herkömmlichen sinne gemeint sein sollen. diese betreffen in ihrer struktur streitigkeiten zwischen organen und organteilen einer gemeinde, die ihnen im interesse der gemeinde übertragende organrechte wahrnehmen. auch wenn die reichweite eines organschaftlichen rechts im einzelfall im streit steht, sind diese organe oder organteile – ungeachtet ihrer entgegengesetzten rechtsstandpunkte in einem kommunalverfassungsstreitverfahren – verpflichtet, im interesse der gemeinde zu handeln. die umsetzung dieser übergeordneten gemeinsamen ver-pflichtung und zielsetzung macht eine dauerhafte vertrauensvolle zusammenarbeit erforderlich. 121vgl. insb. zu dem daraus folgenden grundsatz der organtreue ovg nrw, urteil vom 15. september 2015- 15 a 1961/13 -, juris, rn. 55; ovg nrw, beschlüsse vom 17. mai 2017 - 15 a 1008/16 -, juris, rn. 9, vom 16. mai 2013 - 15 a 785/12 -, juris, rn. 39, und vom 19. august 2011- 15 a 1555/11 -, juris, rn. 21; vg düsseldorf, urteil vom18. märz 2016 - 1 k 8453/15 -, juris, rn. 22. 122ein bürgerbegehren als vorübergehendes konstrukt institutioneller einbindung in die gemeindliche willensbildung anstelle des rates ist nicht auf eine dauerhafte vertrauensvolle zusammenarbeit gerichtet und nimmt keine ihm im interesse der gemeinde übertragenen organrechte war, sondern ermöglicht teilhabe der einzelnen bürger der gemeinde durch formung eines bürgerwillens an der gemeindlichen willensbildung der gemeinde. zu diesem zweck wird es vorüber-gehend teil der institutionellen einbindung in die gemeindliche willensbildung. 123aus diesem grund ist für die zulässigkeit einer klage der vertreter eines bürgerbegehrens auch keine rechtzeitige rüge der für rechtswidrig gehaltenen maßnahme gegenüber dem zuständigen organ selbst zu fordern, um diesem die möglichkeit zu geben, einwände zu prüfen und ggf. für abhilfe sorge zu tragen. diese aus dem grundsatz der organtreue zwischen dauerhaft miteinander im interesse der gemeinde zusammenarbeitenden organen entwickelte zulässigkeits-voraussetzung, 124vgl. ovg nrw, urteil vom 14. september 2017- 15 a 2785/15 -, juris, rn. 43; ovg nrw, beschluss vom 19. august 2011 - 15 a 1555/11 -, juris, rn. 14; vg düsseldorf, urteil vom 18. märz 2016 - 1 k 8453/15 -, juris, rn. 22, 125ist aufgrund der nur vorübergehenden rechtlichen relevanz eines auf eine singuläre sachfrage bezogenen bürgerbegehrens nicht anzuwenden. 126den anspruch auf zulässigkeitserklärung eines bürgerbegehrens durch den beklagten können die kläger als vertreter des konstruktes bürgerbegehren als „organ“ im wege der allgemeinen leistungsklage verfolgen. 127vgl. ovg nrw, beschluss vom 22. januar 2010- 15 b 1797/09 -, zur statthaftigkeit der leistungsklage in organstreitverfahren; pietzcker, in: schoch/schneider/bier, verwaltungsgerichtsordnung, werkstand: 36. erg.-lfg., februar 2019, § 43, rn. 45 und vorbemerkungen zu § 42 abs. 1, rn. 18. 128in folge der vorstehenden grundsätze ist richtiger beklagter im rahmen der auf verurteilung eines rates als organ zur feststellung eines bürgerbegehrens als zulässig gerichteten allgemeinen leistungsklage im wege eines organstreit-verfahrens der rat als organ. 129für das auf aufhebung des „bescheides“ der durch den bürgermeister vertretenen beklagten zu 2. vom 18. april 2019 gerichtetes begehren ist die anfechtungsklage (§ 42 abs. 1 fall 1 vwgo) statthaft, die sich nach dem rechtsträgerprinzip (§ 78 abs. 1 nr. 1 vwgo) gegen die beklagte selbst richtet. 130hierbei kann dahinstehen, ob es sich bei dem schreiben vom 18. april 2019 überhaupt entsprechend seiner äußeren form um einen wirksamen verwaltungsakt handelt oder mangels ihm zukommenden außenwirkung, weil die vertreter des konstrukts bürgerbegehrens als „organ“ auch der beklagten gegenüber während der rechtlichen relevanz des bürgerbegehrens in organschaftlicher funktion als teil institutioneller gemeindlicher willensbildung entgegentreten, keinen verwaltungsakt im sinne des § 35 satz 1 vwvfg nrw darstellen kann. 131zwar muss der mit der anfechtungsklage angegriffene akt grundsätzlich objektiv ein bereits erlassener verwaltungsakt sein. maßgebend ist hierbei, welche rechtsnatur ein behördliches handeln tatsächlich hat und nicht, welches instrument die behörde gewollt hat und erst recht nicht, welche handlungsform die behörde hätte wählen müssen. 132vgl. bverwg, beschluss vom 21. märz 1974 - vii b 97.73 -, juris, rn. 7; bverwg, urteil vom 1. märz 1967 - iv c 74.66 -, juris, rn. 15; sodan, in: sodan/ziekow, verwaltungsgerichtsordnung, verwaltungsgerichtsordnung, 5. auflage 2018, § 42, rn. 18. 133allerdings ist vorliegend die anfechtungsklage auch statthaft, wenn es sich rechtlich mangels außenwirkung um keinen verwaltungsakt handelt, aber aufgrund der eindeutigen äußeren erscheinung des mit einer rechtsbehelfsbelehrung versehenen schreibens der beklagten der rechtsschein gegenüber den klägern gesetzt wurde, der inhalt weise regelungscharakter auf. die anfechtungsklage dient in diesem fall der beseitigung des von dem schreiben ausgehenden rechtsscheins. 134vgl. vgh baden-württemberg, beschluss vom 20. oktober 2016 - 1 s 1662/16 -, juris, rn. 13; vgl. blunk/schroeder, rechtsschutz gegen schein-verwaltungsakte, jus 2005, 602 (606); vgl. zum bestehenden rechtsschutzbedürfnis der beseitigung des rechtsscheins, wenn auch durch feststellungsklage, bverwg, urteil vom 21. november 1986 - 8 c 127/84 -, juris, rn. 16. 135ii. 136die klage ist begründet, soweit sie auf aufhebung des „bescheides“ der durch den bürgermeister vertretenen beklagten vom 18. april 2019 bzw. auf beseitigung des davon ausgehenden rechtsscheins eines verwaltungsakts gerichtet ist. der mit dem schreiben gesetzte rechtsschein einer belastenden regelungswirkung durch die beklagte gegenüber den klägern ist rechtswidrig und verletzt sie in ihren organschaftlichen rechten (§ 113 abs. 1 satz 1 vwgo). 137für den erlass eines bescheides mit belastender wirkung fehlt es an einer ermächtigungsgrundlage, die für den erlass eines solchen verwaltungsaktes erforderlich ist. 138der im grundgesetz nicht ausdrücklich erwähnte vorbehalt des gesetzes verlangt von verfassungswegen ein gesetz als voraussetzung des verwaltungshandelns und verbietet verwaltungshandeln ohne gesetzliche ermächtigung. 139vgl. sachs, in: stelkens/bonk/sachs, verwaltungsver-fahrensgesetz, 9. auflage 2018, § 44, rn. 46. 140der grundsatz des vorbehalts des (allgemeinen) gesetzes wird im grundgesetz nicht expressis verbis erwähnt. seine geltung ergibt sich jedoch aus art. 20 abs. 3 gg. die bindung der vollziehenden gewalt und der rechtsprechung an gesetz und recht, der vorrang des gesetzes also, würde ihren sinn verlieren, wenn nicht schon die verfassung selbst verlangen würde, dass staatliches handeln in bestimmten grundlegenden bereichen nur rechtens ist, wenn es durch das förmliche gesetz legitimiert wird. 141vgl. bverfg, beschluss vom 28. oktober 1975- 2 bvr 883/73, 2 bvr 379/74, 2 bvr 497/74,2 bvr 526/74 -, (rechtsschutzverfahren im strafvollzug, rechtsschutzverfahren), juris, rn. 34. 142die beklagte hat in ihrem schreiben vom 18. april 2019 eine regelungskompetenz für sich in anspruch genommen, für die es keine gesetzliche grundlage gibt. 143§ 26 abs. 6 go nrw enthält keine ermächtigung für gemeinden, den vertretern eines bürgerbegehrens die entscheidung des rates über die zulässigkeit des bürgerbegehrens nach § 26 abs. 6 satz 1 go nrw mit regelungswirkung bekannt-zugeben. mit blick auf die ausführungen der kammer zur zulässigkeit der gegen eine unzulässigkeitsentscheidung eines rates gerichteten klage der vertreter eines bürgerbegehrens kann die gemeindeordnung für das land nordrhein-westfalen einer gemeinde diese regelungskompetenz in der gegenwärtigen rechtslage auch nicht zuschreiben. § 26 abs. 6 satz 3 go nrw zeigt vielmehr, dass es einer regelungskompetenz der gemeinde in dieser frage gar nicht bedarf. gegenstand eines rechtsschutzersuchens der vertreter eines bürgerbegehrens im fall der entscheidung eines rates, die unzulässigkeit eines bürgerbegehrens festzustellen, ist die ratsentscheidung selbst. einer (weiteren) gemeindlichen entscheidung bedarf es nach der rechtslage nicht. 144soweit die klage darauf gerichtet ist, den beklagten zu verurteilen, das am 23. oktober 2018 bei der beklagten angezeigte, gegen den ratsbeschluss des beklagten vom 27. september 2018 gerichtete bürgerbegehren „ratshaussanierung stoppen!“ für zulässig zu erklären, ist sie unbegründet. 145die kammer lässt dahinstehen, ob dem bürgerbegehren ausschlussgründe des § 26 abs. 5 satz 1 go nrw, insbesondere mit blick auf die das rathaus erfassende sanierungssatzung nach § 142 baugb solche des § 26 abs. 5 satz 1 nr. 4 go nrw, entgegenstehen. 146entgegen dem vorbringen der beklagten ist das bürgerbegehren nicht verfristet. 147richtet sich ein bürgerbegehren gegen einen ratsbeschluss, muss es innerhalb von sechs wochen nach der bekanntmachung des ratsbeschlusses eingereicht sein. gegen einen ratsbeschluss, der nicht der bekanntmachung bedarf, beträgt die frist drei monate nach dem sitzungstag (§ 26 abs. 3 sätze 1 und 2 go nrw). 148das bürgerbegehren richtet sich jedenfalls hinsichtlich des frageteils, „soll der beschluss des rates der stadt n1. vom 27.09.2018 aufgehoben, die sanierung des rathauses gestoppt werden […] ?“ nach dem wortlaut der fragestellung gegen den nicht bekannt zu machenden ratsbeschluss vom 27. september 2018. insoweit ist die frist des § 26 abs. 3 satz 2 go nrw (drei monate nach dem sitzungstag) mit dem am 22. februar 2019 eingereichten schreiben gewahrt. der ablauf der frist des § 26 abs. 3 satz 1 go nrw war nach der schriftlichen mitteilung am 23. oktober 2018 bis zu der am 18. dezember 2018 per boten überbrachten mitteilung der verwaltung über die kostenschätzung gehemmt. 149der ratsbeschluss vom 27. september 2018 ist bürgerentscheidsfähig. das bürger-begehren hätte nicht gegen einen der die rathaussanierung zeitlich früher berührenden beschlüsse vom 22. oktober 2015 (wiederholend am 19. november 2015 beschlossen) oder 6. juli 2017 gerichtet werden müssen. 150die fristenregelung in § 26 abs. 3 sätze 1 und 2 go nrw soll im interesse der stabilität und verlässlichkeit gemeindlicher willensbildung verhindern, dass ein sach-liches regelungsprogramm des rates beliebig lange durch ein bürgerbegehren in frage gestellt werden kann, und damit bewirken, dass es nach den im gesetz genannten fristen als sichere planungsgrundlage dienen kann. 151vgl. ovg nrw, urteil vom 28. januar 2003- 15 a 203/02 -, juris, rn. 3, mit hinweis auf die begründung zur einführung des bürgerbegehrens in § 17b go nrw a.f. in lt-drs. 11/4983, amtl. begründung s. 8. 152vergleichbare fristenregelungen in gemeindeordnungen anderer bundesländer dienen der effektivität und sparsamkeit des handelns der gemeinde; sie soll gefasste beschlüsse umsetzen können, ohne grundsätzlich nach ablauf der frist mit deren änderung durch einen bürgerentscheid rechnen zu müssen. durch ein bürger-begehren gegen einen – nach erneuter sachdiskussion ergangenen – wieder-holenden grundsatzbeschluss wird die effektivität und sparsamkeit gemeindlichen handelns nicht in frage gestellt. 153vgl. zu dem bis auf abweichungen in den fristen insoweit vergleichbaren § 21 abs. 3 satz 3 gemo-bawü, vgh baden-württemberg, urteil vom 13. april 1993- 1 s 1076/92 -, juris, rn. 29. 154dies zugrunde gelegt, ist ein gegen einen ratsbeschluss gerichtetes kassatorisches bürgerbegehren unzulässig, wenn es außerhalb der fristen des § 26 abs. 3 sätze 1 und 2 go nrw ein vom rat beschlossenes regelungsprogramm aufhebt oder ändern will, jedenfalls dann, wenn die aufhebung oder änderung nicht nur ein völlig nebensächliches detail betrifft, von dem anzunehmen ist, dass es im kontext der durch das bürgerbegehren zur entscheidung gestellten frage von bisherigen ratsbeschlüssen nicht erfasst sein sollte. 155vgl. ovg nrw, urteil vom 28. januar 2003- 15 a 203/02 -, juris, rn. 6. 156das bürgerbegehren „rathaussanierung stoppen!“ ist auf die änderung des mit ratsbeschluss vom 22. oktober 2015 (wiederholend am 19. november 2015 beschlossen) durch den beklagten gesetzten regelungsprogramms gerichtet. dieses regelungsprogramm sah die sanierung des rathauses der beklagten auf grundlage des handlungskonzeptes stadtmitte zu einem finanzbedarf von 40,0 millionen euro vor. die von dem bürgerbegehren beabsichtigte beschränkung der sanierung auf den ratstrakt und errichtung eines neubaus zielt (auch) auf die änderung dieses sanierungsvorhabens. 157eine verfristung kann dem bürgerbegehren allerdings mit blick auf den rats-beschluss vom 22. oktober 2015 (wiederholend am 19. november 2015 beschlossen) nach der rechtsprechung des oberverwaltungsgerichts für das land nordrhein-westfalen nicht entgegengehalten werden. der ratsbeschluss ist gegen-standslos geworden. 158diese rechtsfolge ist nur dann in betracht zu ziehen, wenn die gemeinde einen alten ratsbeschluss – etwa aufgrund zwischenzeitlicher wesentlich neuer entwicklungen – durch ein neues, wenngleich möglicherweise inhaltlich gleiches regelungsprogramm ersetzt hat. dann hat der alte ratsbeschluss seine wirksamkeit verloren, so dass auch ein bürgerbegehren nicht mehr gegen ihn gerichtet sein kann. 159vgl. ovg nrw, beschluss vom 23. märz 2018- 15 b 337/18 -, juris, rn. 18; ovg nrw, beschluss vom 24. februar 2010 - 15 b 1680/09 -, juris, rn. 21. 160dies gilt jedoch nicht schon dann, wenn lediglich ein bisheriges sachliches regelungsprogramm bekräftigt wird, was lediglich die fortbestehende aktualität des früheren ratsbeschlusses und damit die fortbestehende notwendigkeit des schutzes vor zu später beseitigung durch ein bürgerbegehren zeigt. 161vgl. ovg nrw, beschluss vom 24. februar 2010- 15 b 1680/09 -, juris, rn. 21. 162unter dieser maßgabe kann dahinstehen, ob der ratsbeschluss vom 6. juli 2017, gegen den das bürgerbegehren ebenfalls verfristet wäre, ein neues regelungs-programm gegenüber dem ratsbeschluss vom 22. oktober 2015 (wiederholend am 19. november 2015 beschlossen) aufgestellt hat. hierfür spricht – auch wenn sich dies aus dem wortlaut des ratsbeschlusses selbst nicht unmittelbar aufdrängt – die darstellung in der sitzungsvorlage nr. °°°. der zu treffende ratsbeschluss vom 6. juli 2017 ist in der sitzungsvorlage als grundsatzentscheidung bezeichnet. mit blick auf die förderung des vorhabens „soziales rathaus“ sollte eine grundsatzentscheidung des beklagten getroffen werden, ob das vorhaben in der form gewollt sei. die verwaltung der beklagten wollte die dazu erforderlichen schritte nach der grundsatzentscheidung veranlassen. das „ob“ des vorhabens in der zur förderung gestellten form wurde danach neu beschlossen. 163jedenfalls durch den ratsbeschluss vom 27. september 2018 sind die rats-beschlüsse vom 22. oktober 2015 (wiederholend am 19. november 2015 beschlossen) und vom 6. juli 2017 gegenstandslos geworden. 164der ratsbeschluss vom 27. september 2018 hat den regelungsgegenstand der vorerwähnten zeitlich vorgehenden ratsbeschlüsse geändert. 165die überwiegend aufgrund der umstellung der vorhabensdurchführung in eigen-realisierung entgegen der dem ratsbeschluss vom 22. oktober 2015 zugrunde liegenden annahme einer durchführung in paketvergabe gestiegene bausumme von rd. 39,0 millionen euro auf 70,25 millionen euro stellt in dieser konstellation eine wesentliche änderung des bisherigen sachlichen regelungsprogramms dar, die eine neue entscheidung über das „ob“ der fortführung der begonnenen rathaus-sanierung nach diesen maßgaben erfordert. bei einer kostensteigerung in dieser höhe ist eine entscheidung über die fortführung des vorhabens rathaussanierung bei sachgerechter betrachtung nicht lediglich als „wie“ des vorhabens, sondern als „ob“ dieses konkreten mit einer kostensteigerung verbundenen vorhabens verbunden, zumal die ausführungsmodalitäten (eigenrealisierung statt paket-vergabe) des vorhabens geändert und mit den eigentlichen, kostenträchtigsten sanierungsmaßnahmen noch nicht begonnen wurde. insoweit ist ohne belang, dass ein teil der kostensteigerung durch in auftrag gegebene gutachten sowie planungs-leistungen verursacht und schon angefallen sein dürfte (vgl. sitzungsvorlage nr. °°°). 166in diese bewertung ist ebenfalls einzustellen, dass in der dem ratsbeschluss zugrundeliegenden kostenberechnung eine förderung der förderfähigen kosten in höhe von rd. 20 millionen euro angenommen wurde. die mehrbelastung des haus-haltes in einer „tragfähigen größenordnung“ stand unter der voraussetzung, dass die fördermittel in dieser größenordnung flössen. die beantragung der (weiteren/erhöhten) fördermittel hat jedoch wie auch die vertreterin der beklagten in der mündlichen verhandlung dargelegt hat – wiederum wie im ratsbeschluss vom 6. juli 2017 – eine grundsatzentscheidung über das „ob“ der rathaussanierung zu den gestiegenen kosten erfordert. 167die einordnung des ratsbeschlusses vom 27. september 2018 als ein neues regelungsprogramm für die rathaussanierung aufstellender ratsbeschluss wird durch die wortbeiträge der ratsmitglieder in der ratssitzung vom selben tag belegt. dies zeigen insbesondere die ausführungen des bürgermeisters als vorsitzender des beklagten, der zwar den ratsbeschluss vom 22. oktober 2015 (wiederholend am 19. november 2015 beschlossen) als grundsatzbeschluss bezeichnet, aber im kern dafür wirbt, die sanierung des rathauses nicht abzubrechen bzw. die durchführung zu beginnen: 168„bürgermeister b. erklärt, dass er nun als mitglied des gremiums spreche. der grundsatzbeschluss der sanierung 2015, […]. man sei damals von anderen gegebenheiten ausgegangen. man wisse heute, dass das gutachten etwa den brandschutz nicht in der form beleuchtet habe, wie es notwendig geworden wäre. […] das sei eine riesige verantwortung für einen stadtrat und eine historische entscheidung, mit der man sich zu recht schwer tun könne. gleichwohl müsse man eine entscheidung treffen und manchmal sei es gut, wenn man sich nicht um jahre vertage. es habe schon einmal ein gutachten gegeben, das lange diskutiert und anschließend in die schublade gelegt worden sei. der zustand des hauses sei aber darüber nicht besser geworden. er wolle noch einmal betonen, dass man hier ein monument deutscher architektur habe. dieses haus sei in seiner art, so mangelbelegt es auch sein möge, deutschlandweit zu suchen. […] der zustand des rathauses sei für die mitarbeiterinnen und mitarbeiter nicht mehr akzeptabel. das wasser komme durch die fenster hinein, man habe feuchtigkeit in den büros, es gebe keine ausreichende versorgung mit wasser, die entsorgung werde immer schwieriger. es sei nicht überall so schön wie im ratssaal. deswegen werde man, egal wie der beschluss ausgehe, definitiv die dependancen beziehen, weil er nicht mehr garantieren könne, dass hier ein ordnungsgemäßer betrieb möglich sei. er könne seinen mitarbeitern nicht mehr zumuten, dass es im winter tage bei 18 grad gebe und im sommer bei 35 grad. dies sei keine empfehlung als guter arbeitgeber, so werde man nicht zukunftsfähig sein und keine mitarbeiter mehr im wettbewerb finden. aus seiner sicht gebe es keine wirtschaftlich vernünftige alternative. das verbleiben in den dependancen sei schwer möglich, weil auch dort in den nächsten jahren riesige investitionen nötig seien. […] die alternative, woanders neu zu bauen sei auch mit risiken behaftet. die kostenentwicklung sei bekannt. es gebe keine fördermittel für einen neubau, die erhaltenen fördermittel müssten zurückgezahlt werden. und was mache man mit dem rathaus? man könne einen großen bauzaun drum herum ziehen und es bewachen lassen, damit die rohre nicht geklaut werden. aber diese perspektive wolle er dem investor des marler sterns nicht mit auf den weg geben. dieser wolle viel geld in die hand nehmen, um das einkaufszentrum aufzuwerten. dies sei sehr wichtig für n1. , man brauche dieses zentrum. deswegen gebe es aus seiner sicht keine alternativen. […] deswegen glaube er, dass man die entscheidung für die sanierung des rathauses brauche. aber er könne sehr gut nachvollziehen, dass sich die ratskolleginnen und kollegen schwer tun, da es eine hohe summe und eine hohe verantwortung sei, […] er bitte um ein positives votum.“(unterstreichungen durch das gericht, vgl. protokoll zu top 5, 5a und 5b der sitzungsvorlage nr. °°°). 169die hiernach durchaus von einer entscheidung für oder gegen eine (weiterführung der mit planungsleistungen begonnenen) sanierung des rathauses getragene debatte in der ratssitzung des beklagten als ort des kerns kommunalpolitischer willensbildung innerhalb der beklagten bestätigt die einordnung des rats-beschlusses vom 27. september 2018 als grundsatzentscheidung des beklagten über ein neues regelungsprogramm betreffend die rathaussanierung. 170aus der von den beteiligten herangezogenen rechtsprechung des verwaltungs-gerichtshofs baden-württemberg, wonach bei großprojekten und planungs-verfahren, hinsichtlich derer mehrere aufeinander folgende beschlüsse getroffen werden, jeder weichenstellende ratsbeschluss, der ein verfahren einleitet oder eine planungsstufe abschließt, bürgerentscheidsfähig ist und eine neue frist in gang setzt, 171vgl. vgh baden-württemberg, beschluss vom 8. april 2011 - 1 s 303/11 -, juris, rn. 19; vgh baden-württemberg, urteil vom 13. april 1993 - 1 s 1076/92 -, juris, rn. 26; lange, kommunalrecht, 2. auflage, 2013, teil 2, kapitel 9, rn. 57, 172wohingegen reine vollzugsbeschlüsse einer grundsätzlich getroffenen entscheidung einem bürgerbegehren entzogen sind, 173vgl. vgh baden-württemberg, urteil vom 13. april 1993- 1 s 1076/92 -, juris, rn. 27, 174folgt nichts anderes. insoweit ist der ratsbeschluss vom 27. september 2018 unter verweis auf die vorstehenden ausführungen als weichenstellender grundsatz-beschluss einzuordnen. 175allerdings ist die mit ja oder nein zu beantwortende fragestellung des bürger-begehrens nicht hinreichend bestimmt. 176die hinreichende bestimmtheit der fragestellung eines bürgerbegehrens ist von überragender bedeutung. die bürger müssen schon aus der fragestellung erkennen können, für oder gegen was sie ihre stimme abgeben. dabei ist zu berücksichtigen, dass ihre mitwirkung sich nicht auf eine mehr oder weniger unverbindliche meinungs-äußerung oder die kundgabe der unterstützung bestimmter anliegen beschränkt, sondern eine konkrete sachentscheidung betrifft. deshalb muss es ausgeschlossen sein, dass ein bürgerbegehren nur wegen seiner inhaltlichen vieldeutigkeit und nicht wegen der eigentlich verfolgten zielsetzung die erforderliche unterstützung gefunden hat. daher muss die fragestellung in sich widerspruchsfrei, in allen teilen inhaltlich nachvollziehbar und aus sich heraus verständlich sein. mit anderen worten: bei mehrdeutigen, unpräzisen und zu missverständnissen anlass bietenden formulierungen ist eine hinreichende bestimmtheit der fragestellung zu verneinen. 177ovg nrw, beschluss vom 15. mai 2014 - 15 b 499/14 -, juris, rn. 10; ovg nrw, beschluss vom 21. juni 201- 15 b 697/13 -, juris, rn. 6. 178maßgeblich ist die sicht eines objektiven, mit dem inhalt des bürgerbegehrens nicht weiter vertrauten billig und gerecht denkenden empfängers. 179vgl. ovg nrw, beschluss vom 15. mai 2014- 15 b 499/14 -, juris, rn. 12; ovg nrw, beschluss vom 21. juni 2013 - 15 b 697/13 -, juris, rn. 8. 180das bei zulässigkeit und inhaltlicher ablehnung durch den gemeinderat auf einen bürgerentscheid zielende bürgerbegehren muss eine konkrete und abschließende sachentscheidung zum gegenstand haben, die die bürgerschaft selbst anstelle des rates treffen soll. unzulässig ist daher eine fragestellung, die darauf hinausläuft, dem rat vorgaben über eine von ihm noch abschließend zu treffende entscheidung zu machen. 181vgl. ovg nrw, urteil vom 13. juni 2017 - 15 a 1561/15 -, juris, rn. 90 zu vorgaben hinsichtlich einer alternativen finanzierungsentscheidung. 182den vorstehend dargestellten maßstäben wird die fragestellung des bürger-begehrens, 183„soll der beschluss des rates der stadt n1. vom 27.09.2018 aufgehoben, die sanierung des rathauses gestoppt werden, und stattdessen lediglich der ratstrakt saniert und auf grundlage einer analyse des tatsächlichen raumbedarfs ein neubau errichtet werden?“, 184nicht gerecht. zwar ist sie hinsichtlich ihres gegen den ratsbeschluss vom 27. september 2018 gerichteten kassatorischen teil hinreichend bestimmt. allerdings ist der kassatorische teil nicht isoliert, sondern im gesamtzusammenhang der fragestellung zu betrachten, 185vgl. ovg nrw, urteil vom 13. juni 2017 - 15 a 1561/15 -, juris, rn. 90, 186die in ihrem weiteren teil darauf gerichtet ist „stattdessen lediglich den ratstrakt zu sanieren und auf grundlage einer analyse des tatsächlichen raumbedarfs ein neubau“ zu errichten. 187aus sicht eines objektiven, mit dem inhalt des bürgerbegehrens nicht weiter vertrauten billig und gerecht denkenden empfängers ist bereits unklar, was mit den übrigen gebäuden des ratshauses (verwaltungstrakt und rathaustürme) erfolgen soll, ob sie nach dem willen der initiatoren des bürgerbegehrens abgerissen und an ihrer stelle ein neubau errichtet werden soll oder erhalten und der neubau an anderer stelle errichtet werden soll. 188diese mehrdeutigkeit der fragestellung führt zur unzulässigkeit des bürger-begehrens. 189die zur unzulässigkeit des bürgerbegehrens führende mehrdeutigkeit der frage-stellung kann auch nicht durch rückgriff auf die begründung des bürgerbegehrens oder die kostenschätzung der verwaltung beseitigt werden. zwar dient die nach § 26 abs. 2 satz 1 go nrw zwingend erforderliche begründung des bürgergehrens dazu, über die zu entscheidende frage näher aufzuklären. die begründung soll damit insbesondere aufschluss über die motive des bürgerbegehrens geben, um dessen sinn und zweck (besser) nachvollziehen zu können. dadurch wird aber nicht von der verpflichtung entbunden, die frage selbst hinreichend bestimmt zu formulieren. gerade mit blick auf die funktion der frage für einen etwaigen späteren bürgerentscheid, der einen ratsbeschluss ersetzt (vgl. § 26 abs. 1 satz 1, abs. 8 satz 1 go nrw), muss die frage selbst aus gründen der rechtsklarheit und rechtssicherheit so eindeutig formuliert sein, dass sie auch bei isolierter betrachtung keinen zweifel an ihrem inhalt aufkommen lässt. dies leistet die hier in rede stehende fragestellung aus den genannten gründen nicht. 190vgl. ovg nrw, beschluss vom 21. juni 2013- 15 b 697/13 -, juris, rn. 15 bis 18, zum unzulässigen rückgriff auf die begründung des bürgerbegehrens bei mehrdeutiger fragestellung. 191überdies ließe sich aus der vorliegenden begründung des bürgerbegehrens auch nicht hinreichend bestimmt entnehmen, welcher teil an welcher stelle des rathauses neu gebaut werden soll. so soll nach der fragestellung der ratstrakt als teil des rathauses (weiter) saniert werden, wohingegen in der begründung die sanierung „des […] rathauses“ im rahmen einer wirtschaftlichkeitsbetrachtung insgesamt einem neubau gegenübergestellt wird: 192„diese gewaltige kostensteigerung für die erneute sanierung des lediglich 60 jahre alten, aber extrem reparaturanfälligen rathauses ist beängstigend. der an folgekosten wesentlich günstigere neubau des rathauses wurde weder bedacht noch gründlich kalkuliert. der neubau des rathauses wäre nachhaltiger und ökologisch sinnvoller. ein neubau ist energieeffizienter, klima-schonender und verursacht deutlich geringere betriebs-kosten.“ 193eine mögliche konkretisierung der fragestellung kann auch nicht unter heran-ziehung der kostenschätzung der verwaltung erreicht werden. die kostenschätzung der verwaltung der beklagten beruht nicht auf eigenen überlegungen der initiatoren des bürgerbegehrens. dies spricht dagegen, die annahmen der verwaltung zur konkretisierenden auslegung der von den initiatoren des bürgerbegehrens hin-reichend bestimmt zu formulierenden fragestellung heranzuziehen. 194unabhängig davon fehlt eine ausdrückliche bezugnahme in der fragestellung auf diese tatsächlichen annahmen in der kostenschätzung, um sie heranziehen zu können. 195vgl. ovg nrw, beschluss vom 15. mai 2014- 15 b 499/14 -, juris, rn. 13, zu dem erfordernis der ausdrücklichen bezugnahme auf einen grundsätzlich geeigneten lageplans bei in der fragestellung unpräzise bezeichneten grundstücken zur konkretisierung der erfassten grundstücke. 196überdies kann von einer vollständigen bezugnahme auf die kostenschätzung der verwaltung zur konkretisierung der fragestellung schon deshalb nicht ausgegangen werden, weil die begründung des bürgerbegehrens in der ausführung, aufgrund der zusätzlichen errichtung einer tiefgarage mit ca. 500 stellplätzen von je 25.000 euro falle die von der beklagten geschätzten kosten für den neubau wesentlich höher als bei der sanierung des rathauses aus, tatsächliche annahmen der verwaltung in der kostenschätzung kritisiert. 197zudem ist unklar, ob das vorhaben „soziales rathaus“ weiterverfolgt werden soll. 198soweit die kläger und ihr bevollmächtigter in der mündlichen verhandlung ergänzend ausführen, die anforderungen an die hinreichende bestimmtheit der fragestellung dürften nicht soweit überspannt werden, dass für den neubau ein konkreter standort vorzuschlagen sei, weil die bürger nicht über die dafür erforderlichen (fach-)kenntnisse verfügten und sich diese nicht binnen der für das kassatorische bürgerbegehren geltenden fristen beschaffen könnten, müssen sie sich die verbindung des kassatorischen teils des bürgerbegehrens mit dem initiierenden zweiten teil entgegen halten lassen. zur einhaltung der fristen des § 26 abs. 3 sätze 1 und 2 go nrw mit blick auf die begehrte aufhebung des ratsbeschlusses vom 27. september 2018 kommt es auf (fach-)kenntnisse zur standortauswahl eines neubaus nicht an. die kläger haben die verbindung zwischen den vorerwähnten fristen mit den unwägbarkeiten einer konkreten standortermittlung erst durch die verbindung dieses initiierenden teils mit dem kassatorischen teil des bürgerbegehrens herbeigeführt. des initiierenden teils hätte es aber zur erreichung ihres kernanliegens, die sanierung des rathauses zu den um 75 prozent gestiegenen baukosten zu stoppen, gar nicht bedurft. sie hätten anschließend das weitere vorgehen des rates aufgrund der – dann wieder geltung erlangenden – ratsbeschlüsse vom 22. oktober 2015 (wiederholend am 19. november 2015 beschlossen) und 6. juli 2017 abwarten können. fristen für eigene erkundungen zur standortauswahl mit blick auf ein eventuelles initiierendes bürgerbegehren bestanden nicht. 199soweit sie vortragen, in grenzfällen der hinreichenden bestimmtheit sei eine bürger-begehrensfreundliche auslegung zu wählen, liegt vorliegend kein grenzfall vor. die kammer lässt dahinstehen, ob einem vorhabenbezogenen und nicht bereits wegen der komplexität solcher multipolaren angelegenheiten unzulässigen (§ 26 abs. 5 satz 1 nrn. 4 und 5 go nrw) bürgerbegehren abverlangt werden kann, eine konkrete standortauswahl zu treffen oder dies von bürgern wegen der zahlreichen rechtlich und tatsächlich komplexen fragestellungen nicht verlangt werden kann. 200jedenfalls ist mit blick auf die einen ratsbeschluss ersetzende funktion des einem zulässigen bürgerbegehren, dem die gemeinde nicht nachkommt, folgenden bürgerentscheids (§ 26 abs. 8 satz 1 go nrw) zu fordern, dass der standort hinsichtlich seiner groben lage bzw. seine lage bestimmender prämissen hin-reichend bestimmt vorzugeben ist. auch wenn die ermittlung konkret in betracht kommender flächen der verwaltung aufgetragen werden kann, ist die schlichte prämissenfreie vorgabe „neubau“ nicht hinreichend bestimmt. auf einen ent-sprechenden ratsbeschluss wüsste die verwaltung nicht, mit welcher planung, an welchem standort in welchem ausmaß sie zu beginnen hätte. dies stellte im kern eine unzulässige frage dar, die darauf hinausliefe, dem rat vorgaben über eine von ihm noch abschließend zu treffende entscheidung zu machen. 201vgl. ovg nrw, urteil vom 13. juni 2017 - 15 a 1561/15 -, juris, rn. 90 zu vorgaben hinsichtlich einer alternativen finanzierungsentscheidung. 202dies gilt umso mehr als im vorliegenden fall zum einen zwei wesentliche entscheidungsalternativen über den neubau – am ort des bisherigen rathauses oder an einem neuen standort – aufgrund der historie des vorhabens im raum standen und zum anderen auch ein neubau an einem neuen standort in mehreren grundlegend unterschiedlichen varianten – bspw. in der innenstadt, durch abriss von bestandsgebäuden; auf freiflächen; innenstadtnah; auf der „grünen wiese“ – als denkbares vorstellungsfeld aus der maßgeblichen sicht eines objektiven, mit dem inhalt des bürgerbegehrens nicht weiter vertrauten billig und gerecht denkenden empfängers, 203vgl. ovg nrw, beschluss vom 15. mai 2014- 15 b 499/14 -, juris, rn. 12; ovg nrw, beschluss vom 21. juni 2013 - 15 b 697/13 -, juris, rn. 8, 204denkbar erscheinen. 205iii. 206die kostenentscheidung folgt aus §§ 155 abs. 1 satz 3, 159 satz 1 vwgo i.v.m. § 100 abs. 1 der zivilprozessordnung - zpo -, die entscheidung zur vorläufigen vollstreckbarkeit aus analog § 167 abs. 2 und 1 satz 1 vwgo i.v.m. §§ 708 nr. 11, 711, 709 satz 2, 108 abs. 1 satz 1 zpo. 207iv. 208die berufung ist gemäß §§ 124a abs. 1 satz 1, 124 abs. 1 und 2 nr. 4 vwgo zuzulassen. das urteil weicht von der rechtsprechung des oberverwaltungsgerichts für das land nordrhein-westfalen hinsichtlich der statthaften klageart zur recht-durchsetzung eines auf zulässigkeitsfeststellung eines bürgerbegehrens gerichteten klagebegehrens, 209ovg nrw, urteil vom 13. juni 2017 - 15 a 1561/15 -, juris, rn. 8; ovg nrw, urteil vom 5. februar 2002- 15 a 1965/99 -, juris, rn. 8, 210ab und beruht mit blick auf den richtigen beklagten als sachurteilsvoraussetzung sowie die erforderliche rechtsscheinbeseitigung auf dieser abweichung. 211beschluss: 212der streitwert wird auf 15.000 euro festgesetzt. 213die entscheidung über die streitwertfestsetzung beruht auf § 52 abs. 1 des gerichtskostengesetzes i.v.m. ziffer 22.6 des streitwertkatalogs für die verwaltungs-gerichtsbarkeit in der fassung der am 31. mai/1. juni 2012 und am 18. juli 2013 beschlossenen änderungen (abgedruckt unter kopp/schenke, vwgo, 21. auflage 2015, anhang zu § 164, rn. 14)
Klaeger*in
1
179,510
L 8 R 981/12
2014-04-30T00:00:00
Urteil
Tenor Auf die Berufungen der Beklagten und der Beigeladenen zu 2) wird das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 26.10.2012 geändert und die Klage abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten in beiden Rechtszügen mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen zu 1), die ihre Kosten selbst trägt. Die Revision wird nicht zugelassen. Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 2.563,02 EUR festgesetzt. 1Tatbestand: 2Streitig ist die Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen in Höhe von 2.563,02 EUR für die Zeit 1.1.2004 bis zum 31.10.2008 im Rahmen eines Betriebsprüfungsverfahrens. 3Die Beigeladene zu 1) war in den Büroräumen des Klägers, eines Rechtsanwaltes, als Reinigungskraft tätig. Ihre Beschäftigung begann ab dem 1.3.1993 als Arbeitnehmerin des Klägers aufgrund eines Arbeitsvertrags. Nach diesem übernahm die Beigeladene zu 1) die wöchentliche Reinigung der sich damals noch im Obergeschoss seines Hauses befindlichen Kanzleiräume des Klägers sowie alle damit zusammenhängenden Arbeiten (Ziff. I. des Arbeitsvertrags). Die Reinigung war außerhalb der Bürozeiten nach Absprache des genauen Wochentages zu erledigen. Tatsächlich wurde die Beigeladene zu 1) Mittwochsnachmittags tätig. Hilfs- und Reinigungsmittel wurden ihr gestellt. Dafür erhielt die Beigeladene zu 1) einen monatlichen Arbeitslohn in Höhe von brutto DM 231,00, dem die Annahme einer durchschnittlichen Wochenarbeitszeit von 3,5 Zeitstunden zugrunde lag (Ziff. II. des Arbeitsvertrags). Die Beteiligten gingen von einer nicht sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung aus (Ziff. II.3. des Arbeitsvertrags). Die Beigeladene zu 1) hatte Anspruch auf Urlaub, Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall und war unfallversichert (Ziff. II.5., III des Arbeitsvertrags). Zudem musste sie sich nach Ziff. IV. des Arbeitsvertrages zur Verschwiegenheit "gegenüber jedermann hinsichtlich aller bürospezifischen Wahrnehmungen, die sie gelegentlich der Arbeitsverrichtungen" mache, verpflichten. Im Übrigen wird auf die weiteren Regelungen des Arbeitsvertrags Bezug genommen. 4Zwischen dem Kläger und der Beigeladenen zu 1) fand sodann anlässlich des Umzugs der Kanzleiräume in Erd- und Kellergeschoss desselben Hauses am 4.10.1999 ein Gespräch statt, dessen Inhalt der Kläger in einem Schreiben vom 18.10.1999 festhielt. In diesem heißt es u.a. wörtlich: 5"[ ] Wir sind übereingekommen, dass Sie die neuen Kanzleiräume im Keller- und Erdgeschoss des Hauses ab Oktober 1999 eigenverantwortlich und selbstständig auf Erfolgs- und Werkvertragsbasis reinigen und pflegen. Ihr Werklohn dafür beträgt DM 110,- pro Kanzleireinigung; die Reinigungsintervalle sollen jeweils eine Woche betragen. Reinigungszeiten sowie Art und Weise der Raumpflege werden Ihnen eigenverantwortlich überlassen, wobei meine geschäftsüblichen Bürozeiten für den Kundenverkehr bitte von Ihnen berücksichtigt werden. 6Sie erhalten monatliche Abschlagszahlungen in Höhe von DM 476,66 und jeweils zum Jahresende erfolgt eine konkrete Abstimmung und Abrechnung über Mehr- bzw. Minderleistungen. Falls Sie aus persönlichen Gründen verhindert sind, sagen Sie bitte rechtzeitig Bescheid. 7Im Übrigen regelt sich unser Rechtsverhältnis nach den gesetzlichen Bestimmungen des Werkvertrages gemäß §§ 631 ff. BGB. 8Zum Zeichen Ihres Einverständnisses bitte ich Sie, mir das beiliegende Doppel unterschrieben zurück zu reichen - vielen Dank." 9Die Beigeladene zu 1) bestätigte den Inhalt des Schreibens, meldete ein Gewerbe jedoch zunächst nicht an. Der Kläger zahlte für ihre Leistung monatliche Abschläge in Höhe von 141,00 EUR in den Jahren 2004 und 2005 und sodann in Höhe von 130,00 EUR in den Folgejahren. Am Ende des Jahres erstellte er sog. Putzwerklohnabrechnungen. Nach ihnen beliefen sich die Entgelte in den Jahren 2004 und 2005 auf jeweils 1.690,00 EUR, im Jahr 2006 auf 1.655,00 EUR, im Jahr 2007 auf 1.560,00 EUR und nach Angaben des Klägers im Jahr 2008 auf 1.248,00 EUR. Die Beigeladene zu 1) beteiligte sich anteilig an den Reinigungsmitteln in Höhe von 30,00 EUR bis 35,00 EUR jährlich. Im Jahr 2008 endete das Vertragsverhältnis. 10Mit Bescheid vom 9.4.2008 schloss die Beklagte eine bei dem Kläger für den Prüfzeitraum vom 1.1.2004 bis 31.12.2007 durchgeführte Betriebsprüfung ab. Die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) wurde in diesem Verfahren nicht thematisiert. Im Rahmen des Fragebogens der Beklagten, der verschiedene Kategorisierungsmöglichkeiten für in einem Betrieb tätige Personen, u.a. die "Ziff. 2" für "Selbstständige", vorsah, hatte der Kläger die Beigeladene zu 1) nicht eingetragen. In dem Bescheid heißt es dann u.a. wörtlich: 11"Die stichprobenweise durchgeführte Prüfung hat folgende Feststellungen ergeben: 12- Für die Arbeitnehmerin waren für das Jahr 2004 keine Umlagebeträge U1 zu entrichten. 13- Für die Arbeitnehmerin waren für das Jahr 2005 keine Umlagebeiträge zu entrichten. 14Versicherungspflicht/Versicherungsfreiheit 15Nach unseren Feststellungen sind Sie bei der Beschäftigung Ihrer Ehefrau, von einem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis ausgegangen. 16Unsere Prüfung ergab, dass die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung dieses Beschäftigungsverhältnisses zutreffend erfolgte." 17Am 8.9.2008 wandte sich das Finanzamt E an die Beklagte und wies auf die Vertragsbeziehung des Klägers zu der Beigeladenen zu 1) hin, deren einziger Auftraggeber er sei. Mit Schreiben vom 6.10.2008 wandte sich die Beklagte durch ihren Prüfdienst unter Angabe der klägerischen Betriebsnummer und unter Hinweis auf die Finanzverwaltung E an den Kläger und bat ihn, Abrechnungen für erbrachte Arbeitsleistungen der Beigeladenen zu 1) zur Prüfung einzureichen. Es heißt es dort u.a. wörtlich: 18"Nach meinen Ermittlungen haben Sie Angaben über Frau G meinen KollegenInnen in N zur Prüfung nach § 28p SGB IV nicht gemacht, bzw. keine Unterlagen darüber eingereicht." 19Der Kläger teilte daraufhin mit, die Beigeladene zu 1) habe gegenüber dem Finanzamt ihre Einnahmen aus der selbständigen Tätigkeit angezeigt und ihre Krankenkasse informiert. Sie habe lediglich aus Unkenntnis kein Gewerbe angemeldet. Es handele sich nicht um eine abhängige Beschäftigung. Die Beigeladene zu 1) werde eigenverantwortlich und selbstständig tätig. Sie bestimme allein Zeitpunkt, Art und Weise sowie Dauer der Tätigkeit. Es gebe keine festen Arbeitszeiten. Sie habe keinen Anspruch auf Urlaub, Überstundenvergütung, Fortzahlung im Krankheitsfall u.ä. 20Am 4.11.2008 meldete die Beigeladene zu 1) rückwirkend zum 10.10.1999 ein Gewerbe (Raum- und Büropflege) im Nebenerwerb an. 21Die Beklagte hörte den Kläger zunächst mit Schreiben vom 1.12.2008 zu der beabsichtigten Nachforderung von Beiträgen zur Sozialversicherung an. Der Kläger erklärte daraufhin, dass er bei der vorangegangenen Betriebsprüfung keine unvollständigen Angaben gemacht habe, da nach selbstständigen Beschäftigten nicht gefragt worden sei. Die nunmehrige Betriebsprüfung sei formell rechtswidrig, da sie vorher nicht angekündigt worden sei. Im Übrigen sei Verjährung im Sinne des § 25 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) eingetreten. Vorsatz liege nicht vor. Die Säumniszuschläge seien daher ebenfalls unberechtigt. Die Raumpflege sei regelmäßig außerhalb fester Tageszeiten, aber nicht ausnahmslos in seiner Abwesenheit und ohne seine Aufsicht und Direktion rein ergebnisorientiert durchgeführt worden. Das Ergebnis, einen hygienisch einwandfreien Zustand, habe er zur Kenntnis genommen. Der Beigeladenen zu 1) sei es gestattet gewesen, im Verhinderungsfall eine Ersatzkraft zu stellen, deren Auswahl ihm gleichgültig gewesen sei. Eine formale Schweigepflichterklärung habe die Beigeladene zu 1) nicht abgegeben. Er habe allerdings erwartet, dass sie keine "Aktenschau" betreibe. Die Bezahlung sei erst nach ordnungsgemäßer Erfüllung erfolgt. 22Die Beigeladene zu 1) erklärte sodann auf Anfrage der Beklagten, dass sie seit dem 10.10.1999 die Raum- und Büropflege der Kanzleiräume des Klägers übernommen habe, was die Reinigung und Hygiene von Raumflächen und mobilen Gegenständen beinhalte. Weitere Auftraggeber habe sie nicht. Vor ihrer Selbstständigkeit habe sie zwar als Arbeitnehmerin für den Kläger gearbeitet. Der Arbeitsvertrag habe jedoch ein anderes Reinigungsobjekt betroffen. Damals seien ihr die zur Erledigung notwendigen Reinigungsmittel kostenfrei zur Verfügung gestellt worden. Arbeitszeit und Arbeitsdauer seien ihr vorgeschrieben gewesen. Die Stellung einer Vertretung sei ihr nicht erlaubt gewesen. Sie habe ihre Einnahmen lohnversteuern müssen. Der Kläger habe eine Personalakte über sie geführt und sie sei in der Lohnbuchhaltung berücksichtigt worden. Sie arbeite weiterhin am Betriebssitz des Klägers, müsse aber keine regelmäßigen Arbeits-/Anwesenheitszeiten einhalten. Der Kläger könne ihr Einsatzgebiet nicht ohne ihre Zustimmung verändern. Sie habe keine Schweigepflichterklärung mehr abgeben müssen. Die Einstellung von Vertretern bzw. Hilfskräften sei nicht von der Zustimmung des Klägers abhängig gewesen. Mit den Beschäftigten in der Kanzlei habe sie weder organisatorisch noch arbeitstechnisch etwas zu tun. 23Daraufhin hörte die Beklagte den Kläger erneut mit Schreiben vom 26.2.2009 an. Sie beabsichtige für den Zeitraum Januar 2004 bis einschließlich Oktober 2008 eine Nachforderung zur Sozialversicherung in Höhe von insgesamt 2.563,02 EUR zu erheben. In dieser Forderung seien Säumniszuschläge in Höhe von 547,00 EUR enthalten. Gegenstand der Prüfung sei die Beschäftigung der Beigeladenen zu 1) gewesen. Diese übe bei ihm eine geringfügig entlohnte Beschäftigung im Sinne des § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV aus. Sie sei ausschließlich für ihn tätig. Sie unterhalte keine eigene Betriebsstätte. Sie mache keine Werbung in eigener Sache. Sie setze kein eigenes Kapital ein. Sie schulde ausschließlich ihre Arbeitskraft, wofür sie nach Rechnungslegung bezahlt werde. Sie unterliege keinem unternehmerischen Risiko. Es seien daher pauschale Sozialversicherungsbeiträge an die Beigeladene zu 2) zu entrichten. Ferner fielen nach § 7 Aufwendungsausgleichsgesetz (AAG) die Umlage im Krankheitsfall (U1-Verfahren) und Mutterschaftsgeld (U2-Verfahren) an. Säumniszuschläge seien ebenfalls zu erheben, denn als Jurist habe der Kläger damit rechnen können, dass es auch Zweifel an der rechtlichen Einordnung der Selbstständigkeit gebe. 24Die Beklagte forderte sodann nach vertiefender Stellungnahme des Klägers mit Bescheid vom 20.3.2009 von ihm für den Zeitraum 1.1.2004 bis zum 31.10.2008 rückständige Sozialversicherungsbeiträge für die Beigeladene zu 1) in Höhe von 2.563,02 EUR einschließlich Säumniszuschläge in Höhe von 547,00 EUR nach. 25Der Kläger legte dagegen am 14.4.2009 Widerspruch ein und beantragte die Aussetzung der Vollziehung. Zur Begründung wiederholte und vertiefte er seinen bisherigen Vortrag und verwies darauf, dass der Prüfzeitraum bereits durch eine vorangegangene Betriebsprüfung bestandskräftig geprüft worden sei. 26Nachdem die Beklagte die Aussetzung der Vollziehung abgelehnt hatte, stellte der Kläger vor dem Sozialgericht (SG) Detmold am 28.4.2009 einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz (S 19 R 94/09 ER) und erhob am 25.5.2009 eine Untätigkeitsklage (S 19 R 117/09). Das SG ordnete mit Beschluss vom 17.6.2009 die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 14.4.2009 gegen den Bescheid vom 20.3.2009 an. Auf die Gründe wird Bezug genommen. Dagegen erhob die hiesige Beklagte am 9.7.2009 Beschwerde vor dem Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen (LSG NRW; L 8 R 13/09 R ER). Der Senat änderte den Beschluss des SG und lehnte den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs ab (Beschluss vom 18.2.2010). Auf die Gründe wird Bezug genommen. 27Das Hauptzollamt (HZA) Bielefeld leitete im Oktober 2009 gegen den Kläger wegen des Verdachtes der Vorenthaltung von Arbeitsentgelt nach § 266a Strafgesetzbuch (StGB) ein Strafverfahren ein, welches nach § 153 Strafprozessordnung (StPO) im Jahr 2010 eingestellt worden ist (Staatsanwaltschaft [StA] E, 000). 28Mit Widerspruchsbescheid vom 26.4.2010 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück. Dagegen hat der Kläger am 27.5.2010 vor dem SG Detmold Klage erhoben. Er hat sein Vorbringen aus dem Verwaltungsverfahren wiederholt und vertieft und insbesondere unter Bezugnahme auf ein Urteil des LSG Schleswig-Holstein vom 24.4.2007 (L 5 KR 7/06, juris; SG Lübeck, Urteil v. 25.11.2005, S 9 KR 600/06, BSG, Sitzungsprotokoll, B 12 KR 17/07 R) vorgetragen, dass die Beklagte nicht zum Erlass des Bescheides zuständig gewesen sei. Diesen habe vielmehr die Beigeladene zu 2) als Einzugsstelle erlassen müssen. 29Der Kläger hat beantragt, 30den Bescheid der Beklagten vom 20.3.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.4.2010 aufzuheben. 31Die Beklagte hat beantragt, 32die Klage abzuweisen 33Sie hat zur Begründung auf ihre bisherigen Ausführungen in Verwaltungsverfahren sowie auf den Beschluss des Senats im Beschwerdeverfahren verwiesen. Die Beigeladene zu 2) ist der Auffassung der Beklagten beigetreten. 34Das SG hat die Beiladungen der Beigeladenen zu 1) und 2) beschlossen (Beschlüsse v. 22.12.2010 und 23.7.2012) und am 2.2.2011 einen Termin zur Erörterung des Sachverhaltes mit den Beteiligten durchgeführt. Auf die Sitzungsniederschrift wird Bezug genommen. Mit Urteil vom 26.10.2012 hat das SG der Klage stattgegeben und die angefochtenen Bescheide aufgehoben. Es habe sich nicht um eine Betriebsprüfung gehandelt, daher sei die Beklagte nicht zuständig gewesen. Im Übrigen wird auf die Entscheidungsgründe Bezug genommen. 35Die Beklagte hat gegen das ihr am 14.11.2012 zugestellte Urteil am 5.12.2012 und die Beigeladene zu 2) gegen das ihr am 13.11.2012 zugestellte Urteil am 20.11.2012 Berufung eingelegt. Die Beklagte trägt vor, dass eine Betriebsprüfung auch außerhalb der Vierjahresrhythmen stattfinden könne. Gegenstand der Prüfung sei die Kontrolle der Erfüllung der Arbeitgeberpflichten nach § 28a SGB IV. Das bedeute nicht, dass die Überprüfung einzelner Beschäftigungsverhältnisse und die damit verbundenen versicherungsrechtlichen Bewertungen nicht Prüfungsgegenstand sein könnten. Nach § 11 Abs. 1 Beitragsverfahrensverordnung (BVV) könne die Prüfung auf Stichproben begrenzt werden. Sobald die Beklagte die Prüfung aufgenommen und ein Betriebsprüfungsverfahren eingeleitet habe, sei sie allein zur Entscheidung über den Status einer Einzelperson zuständig. Die Beigeladene zu 2) verweist insbesondere darauf, dass das Urteil des LSG Schleswig-Holstein vom 24.4.2007 einen anderen Sachverhalt betreffe. 36Die Beklagte beantragt, 37das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 26.10.2012 zu ändern und die Klage abzuweisen. 38Der Kläger beantragt, 39die Berufungen zurückzuweisen. 40Er hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend. Er wiederholt und vertieft sein erstinstanzliches Vorbringen. 41Der Senat hat am 29.11.2013 einen Termin zur Erörterung des Sachverhaltes mit den Beteiligten durchgeführt und in diesem den Kläger sowie die Beigeladene zu 1) angehört. Auf die Sitzungsniederschrift wird Bezug genommen. Der Senat hat die Verwaltungsakten der Beklagten, die Verfahrensakten S 7 KN 17/11, S 19 R 94/09 ER, S 19 R 117/09 (jeweils SG Detmold) und die Akte der StA E mit dem Az. 000 beigezogen und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht. Auf den Inhalt dieser Akten wird Bezug genommen. Auf Nachfrage hat die Beigeladene zu 1) ergänzend mitgeteilt, dass sie im Jahr 2007 aus einer weiteren geringfügigen Beschäftigung ein Jahresbruttoentgelt in Höhe von 820,00 EUR und im Jahr 2008 in Höhe von 2.460,00 EUR erzielt habe. 42Entscheidungsgründe: 43Die Berufungen haben Erfolg. Sie sind gemäß §§ 143, 144, 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig und zudem begründet. Der angefochtene Bescheid vom 20.3.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.4.2010 beschwert den Kläger nicht im Sinne von § 54 Abs. 1 S. 1 SGG in seinen Rechten, denn er erweist sich als rechtmäßig. 44Ermächtigungsgrundlage für die Feststellung der Versicherungspflicht ist § 28 p Abs. 1 Satz 5 SGB IV. Danach erlassen die Träger der Rentenversicherung im Rahmen der Prüfung Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe der Arbeitnehmer in der Sozialversicherung gegenüber den Arbeitsgebern. 45Zunächst ist die Beklagte und - entgegen der Ansicht des Klägers - nicht die Beigeladene zu 2) als Einzugsstelle für den Erlass des streitgegenständlichen Bescheides zuständig gewesen. 46Verfahren der Einzugsstellen nach § 28h Abs. 2 Satz 1 SGB IV sowie der prüfenden Rentenversicherungsträger nach § 28p Abs. 1 Satz 5 SGB IV und § 7a Abs. 1 SGB IV stehen gleichberechtigt nebeneinander (std. Rspr.; zuletzt: BSG, Urteil v. 30.10.2013, B 12 AL 2/11 R, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR 4-2400 § 27 Nr. 5 vorgesehen; Senat, Urteil v. 18.12.2013, L 8 R 683/13, juris). Zwar entscheidet grundsätzlich die Einzugsstelle über Versicherungspflicht und Beitragshöhe, §§ 28h Abs. 2 Satz 1, 28i Satz 5 SGB IV. Die Rentenversicherungsträger sind jedoch zuständig für die Prüfung bei den Arbeitgebern. Die Entscheidungskompetenz geht mit Eröffnung des Prüfungsverfahren gemäß § 28p SGB IV auf sie über (Wehrhahn in: Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, 80. Ergänzungslieferung 2013, SGB IV, § 28p Rdnr. 6, 12a). 47Dabei kann sich der Kläger nicht auf das Urteil des LSG Schleswig-Holstein vom 25.4.2007 (a.a.O.) stützen, denn dieses betrifft eine andere Fallgestaltung. In dem dort zu entscheidenden Fall wurden allein der sozialversicherungsrechtliche Status und die Versicherungspflicht beurteilt. Eine Nachforderung des Gesamtsozialversicherungsbeitrages wurde nicht erhoben. Dementsprechend hatte bereits die Vorinstanz, das SG Lübeck in seinem Urteil vom 25.11.2005 (S 9 KR 600/03) beanstandet, dass es sich gerade nicht um eine Prüfung des Arbeitgebers gehandelt habe, obgleich § 28p SGB IV sich an diesen richte. Das LSG Schleswig-Holstein verwies darauf, dass Betriebsprüfungen sich grundsätzlich auf Stichproben beschränken können. Das beziehe sich jedoch nicht auf Fälle, in denen es allein um die originäre Überprüfung der Versicherungspflicht gehe. 48Der Senat hat angesichts der Gleichwertigkeit der Verfahren nach §§ 7a, 28h Abs. 2, 28p Abs. 1 SGB IV erhebliche Bedenken, sich dieser Rechtsprechung anzuschließen. Letztlich kann diese Frage jedoch im vorliegenden Fall offenbleiben. Denn jedenfalls hat die Beklagte sich gerade nicht allein auf die Feststellung der Versicherungspflicht der Beigeladenen zu 1) konzentriert sondern den für die Beschäftigung fälligen Beitrag zur Sozialversicherung erhoben. 49Soweit der Kläger einwendet, dass das Betriebsprüfungsverfahren nicht ordnungsgemäß eingeleitet worden sei, geht er gleichfalls fehl. § 28p Abs. 1 Satz 3 SGB IV erlaubt auch außerhalb der turnusmäßigen Betriebsprüfungen sog. Ad-hoc-Prüfungen, soweit eine alsbaldige Prüfung beim Arbeitgeber erforderlich ist. Nach Ziff. 1.1.2 des Gemeinsamen Rundschreibens der Spitzenverbände vom 30.10.2003 kommen solche Prüfungen "in erster Linie" u.a. bei Hinweisen der Arbeitsämter, Behörden der Zollverwaltung, Kriminalpolizei, StA oder des Versicherten in Betracht. Schon seinem Wortlaut nach ist dieser Katalog indessen nicht abschließend, so dass auch Hinweise anderer Stellen - z.B. wie vorliegend der Finanzbehörden nach § 31a Abs. 1 Nr. 1a), Abs. 2 Satz 1 Abgabenordnung (AO) - eine solche Prüfung auslösen (Schafhausen in: Plagemann, Münchner Anwaltshandbuch Sozialrecht, § 11 Rdnr. 10). 50Über die Einleitung der Betriebsprüfung ist der Kläger auch rechtzeitig informiert worden. § 7 Abs. 1 Satz 1 BVV bestimmt, dass die Rentenversicherungsträger anstehende Betriebsprüfungen grundsätzlich dem Arbeitgeber gegenüber mindestens 14 Tage vorher anmelden sollen. Eine solche Ankündigung ist hier durch das Schreiben der Beklagten vom 6.10.2008 erfolgt. Dagegen kann der Kläger nicht einwenden, dass die Beklagte nicht ausdrücklich auf die erneute Einleitung eines Betriebsprüfungsverfahrens hingewiesen habe. Es reicht vielmehr aus, dass sie sich nach förmlichen Abschluss des vorangegangen Betriebsprüfungsverfahren durch Bescheid vom 9.4.2008 mit diesem Schreiben erneut an ihn wandte. Denn diesem konnte der Kläger nicht nur die ihm bekannte Betriebsnummer entnehmen, unter der die Beklagte ihn führt, sondern auch, dass sich erneut der Prüfdienst an ihn wandte. Es wurde ferner ausdrücklich auf die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) und § 28p SGB IV Bezug genommen. Vom Empfängerhorizont des Klägers ausgehend, bei dem es sich um einen Fachanwalt für Steuerrecht handelt, war daher die Einleitung einer Ad-hoc-Prüfung erkennbar. Dementsprechend hat er in seiner Stellungnahme vom 5.11.2008 auch nicht die Beweggründe der Beklagten erfragt. 51Lediglich ergänzend weist der Senat auf § 42 SGB X hin, wonach die Aufhebung eines Verwaltungsaktes, der nicht nach § 40 SGB X nichtig ist, nicht allein deshalb beansprucht werden kann, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren, die Form oder die örtliche Zuständigkeit zustande gekommen ist, wenn offensichtlich ist, dass die Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat. 52Der streitgegenständliche Bescheid ist auch materiell rechtmäßig. 53Soweit der Kläger vorträgt, es sei eine Bindungswirkung (§ 77 SGG) durch den vorangegangenen Betriebsprüfungsbescheid vom 9.4.2008 dahingehend eingetreten, dass die Behandlung der Beigeladenen zu 1) als selbständig nicht mehr beanstandet werden dürfe, ist dem nicht zu folgen. 54Die Bindungswirkung eines Bescheides erfasst grundsätzlich nur dessen Verfügungssatz bzw. -sätze, nicht hingegen die Gründe, die zu der Regelung geführt haben (vgl. BSG, Urteil v. 20.6.1984, 7 RAr 91/83, SozR 4100 § 112 Nr. 23 m.w.N.; Urteil v. 28.6.1990, 7 RAr 22/90, SozR 3-4100 § 137 Nr. 1, BSG, Urteil v. 30.10.2013, B 12 AL 2/11 R, a.a.O.). Ein der Bestandskraft fähiger Verfügungssatz dahingehend, dass der Kläger im Prüfzeitraum sämtliche nicht gesondert erwähnten Meldepflichten und sonstigen Pflichten ordnungsgemäß erfüllt habe (vgl. § 28p Abs. 1 Satz 1 SGB IV), lässt sich ausgehend vom objektiven Empfängerhorizont (§ 133 Bürgerliches Gesetzbuch) nicht entnehmen. Das gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass in dem fraglichen Bescheid die Beklagte auf den stichprobenartigen Charakter der Betriebsprüfung hingewiesen und eine Prüfung hinsichtlich der Beigeladenen zu 1) unzweifelhaft gerade nicht vorgenommen hat. Davon konnte der Kläger auch nicht ausgehen, da er trotz entsprechender Möglichkeit im Fragebogen auch selbstständige Personen anzugeben, davon keinen Gebrauch gemacht hat. 55Eine dahingehende Bindungswirkung folgt auch nicht aus Sinn und Zweck der Betriebsprüfung. Betriebsprüfungen haben unmittelbar im Interesse der Versicherungsträger und mittelbar im Interesse der Versicherten den Zweck, die Beitragsentrichtung zu den einzelnen Zweigen der Sozialversicherung zu sichern. Sie sollen einerseits Beitragsausfälle verhindern helfen, andererseits die Versicherungsträger in der Rentenversicherung davor bewahren, dass aus der Annahme von Beiträgen für nicht versicherungspflichtige Personen Leistungsansprüche entstehen. Eine über diese Kontrollfunktion hinausgehende Bedeutung kommt den Betriebsprüfungen nicht zu. Sie bezwecken insbesondere nicht, den Arbeitgeber als Beitragsschuldner zu schützen oder ihm "Entlastung" zu erteilen (BSG, Urteil v. 14.7.2004, B 12 KR 1/04 R, SozR 4-2400 § 22 Nr. 2; Urteil v. 14.7.2004, B 12 KR 7/04 R, SozR 4-2400 § 22 Nr. 1; Urteil v. 14.7.2004, B 12 KR 10/02 R, SozR 4-5375 § 2 Nr. 1; Urteil v. 30.11.1978, 12 RK 6/76, SozR 2200 § 1399 Nr. 11; Senat, Urteil v. 27.8.2010, L 8 R 203/09, juris; Jochim in jurisPK-SGB IV, 2. Aufl. 2011, § 28p Rdnr. 70; im Ergebnis a.A. Bayerisches LSG, Beschluss v. 22.3.2012, L 5 R 138/12 B ER, juris; Urteil v. 18.1.2011, L 5 R 752/08, ASR 2011, 250). Einer solchen Entlastung bedarf es über die gesetzlich vorgesehenen Schutzmechanismen hinaus auch nicht. Denn der Arbeitgeber hat es in der Hand, eine verbindliche Entscheidung der Einzugsstelle herbeizuführen (§ 28h Abs. 2 SGB IV). Darüber hinaus wird er durch das Institut der Verjährung (§ 25 SGB IV) ausreichend vor zu weit in die Vergangenheit reichenden Nachforderungen geschützt (BSG, Urteil v. 30.10.2013, a.a.O., juris). 56Der angefochtene Bescheid erweist sich auch im Übrigen als rechtmäßig. 57Nach § 28e Abs. 1 SGB IV hat der Arbeitgeber den Gesamtsozialversicherungsbeitrag für die bei ihm Beschäftigten, d.h. die für einen versicherungspflichtigen Beschäftigten zu zahlenden Beiträge zur Kranken-, Renten-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung (§ 28d Sätze 1 und 2 SGB IV), zu entrichten. Der Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung unterliegen Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind [§ 5 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V), § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Elftes Buch (SGB XI), § 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI), § 25 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III)]. Das gilt nicht, wenn - wie im vorliegenden Fall - eine zur Entgeltgeringfügigkeit führende Beschäftigung nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV vorliegt, die nach § 27 Abs. 2 Satz 1 SGB III, § 7 SGB V und § 5 Abs. 2 Nr. 1 SGB VI zur grundsätzlichen Versicherungsfreiheit in den jeweiligen Zweigen der Sozialversicherung führt. Nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV liegt eine geringfügige Beschäftigung vor, wenn das Arbeitsentgelt aus dieser Beschäftigung regelmäßig im Monat 400,00 EUR nicht übersteigt. In diesem Fall besteht lediglich die Pflicht zur Abführung pauschaler Sozialversicherungsbeiträge für den Arbeitgeber in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung (§ 249b Satz 1 SGB V, § 172 Abs. 3 Satz 1 SGB VI). 58Der Kläger war im streitgegenständlichen Zeitraum Arbeitgeber der Beigeladenen zu 1) und als solcher zur Abführung dieser pauschalen Sozialversicherungsbeiträge verpflichtet. Als Arbeitgeber im sozialversicherungsrechtlichen Sinne ist regelmäßig derjenige anzusehen, zu dem ein anderer - der Beschäftigte - in einem persönlichen Abhängigkeitsverhältnis steht (BSG, Urteil v. 27.7.2011, B 12 KR 10/09 R, SozR 4-2400 § 28e Nr. 4). Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer solchen Beschäftigung ist § 7 Abs. 1 SGB IV. Danach ist Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. 59Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes (BSG) setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und er dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (st. Rspr.; vgl. zum Ganzen z.B. zuletzt BSG, Urteil v. 29.8.2012, B 12 R 14/10 R, USK 2012-82; BSG, Urteil v. 25.4.2012, B 12 KR 24/10 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 15; BSG, Urteil v.11.3.2009, B 12 KR 21/07 R, USK 2009-25; BSG, Urteil v. 18.12.2001, B 12 KR 10/01 R, SozR 3-2400 § 7 Nr. 20; Senat, Beschluss vom 7.1.2011, L 8 R 864/10 B ER, NZS 2011, 906; Senat, Urteil v. 17.10.2012, L 8 R 545/11, juris; zur Verfassungsmäßigkeit dieser Abgrenzung: BVerfG, Beschluss v. 20.5.1996, 1 BvR 21/96, SozR 3-2400 § 7 Nr. 11). 60Bei der Feststellung des Gesamtbilds kommt dabei den tatsächlichen Verhältnissen nicht voraussetzungslos ein Vorrang gegenüber den vertraglichen Abreden zu (vgl. BSG, Urteil v. 29.8.2012, a.a.O., juris; ebenso Urteil v. 25.1.2006, B 12 KR 30/04 R, USK 2006-8; Urteil v. 28.5.2008, B 12 KR 13/07 R, Die Beiträge, Beilage 2008, 333, 341 f.): Nach den vom BSG entwickelten Grundsätzen sind die das Gesamtbild bestimmenden tatsächlichen Verhältnisse die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine "Beschäftigung" vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die hieraus gezogene Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung gehen der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine - formlose - Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht. In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von Vereinbarungen abweichen. Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so, wie sie praktiziert wird, und die praktizierte Beziehung so, wie sie rechtlich zulässig ist (BSG, Urteil v. 28.9.2011, B 12 R 17/09 R, juris; Senat, Urteil v. 29.6.2011, L 8 (16) R 55/08, juris). 61Ausgehend von diesen Grundsätzen ist die Beklagte zunächst zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, dass die Beigeladene zu 1) im Streitzeitraum bei dem Kläger abhängig beschäftigt gewesen ist. Die Bewertung und Gewichtung der relevanten Abgrenzungsmerkmale zeigt, dass das vertraglich vereinbarte und tatsächlich praktizierte Vertragsverhältnis im Wesentlichen dem einer abhängig Beschäftigten entspricht, wogegen Aspekte, die für eine selbstständige Tätigkeit sprechen, nicht in relevantem Umfang vorhanden sind. 62Basis der Prüfung sind die vertraglichen Grundlagen der zu prüfenden Rechtsbeziehung. Dabei ist die Beigeladene zu 1) im Rahmen eines Dauerschuldverhältnisses tätig geworden. Rechtlicher Ausgangspunkt für dieses ist die Vereinbarung vom 18.10.1999. Dieser ging ein Arbeitsvertrag über eine geringfügige Beschäftigung voraus, welche zunächst bis zum 31.3.1999 nicht der Versicherungspflicht und ab dem 1.4.1999 der Erhebung von Pauschalbeiträgen des Arbeitgebers zur gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung unterlag. Sodann schlossen der Kläger und die Beigeladene zu 1) die o.g. neue Vereinbarung. Entgegen den sich aus dieser ergebenden Anhaltspunkten dafür, dass eine selbstständige Tätigkeit dem Willen der Vertragsparteien entsprach, nämlich Reinigung auf Erfolgs- und Werkvertragsbasis, freie Zeiteinteilung, freie Gestaltung der Art der Tätigkeit, Werklohn, kein Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall bzw. Urlaub, sprechen in erheblichem Maße nicht nur Gesichtspunkte der vertraglichen (Vorgabe der Reinigungszeiten außerhalb der geschäftsüblichen Bürozeiten, Vorgabe von wöchentlichen Reinigungsintervallen, etc.), sondern insbesondere die tatsächliche Ausgestaltung der Tätigkeit für eine abhängige Beschäftigung. 63Auf der beschriebenen vertraglichen Grundlage ist die Beigeladene zu 1) tatsächlich in einem fremden Betrieb, nämlich in dem des Klägers, tätig geworden. Während der Tätigkeit war sie vollständig in dessen Betrieb und folglich in eine ihr einseitig vorgegebene Organisation eingegliedert (vgl. BSG, Urteil v. 4.6.1998, B 12 KR 5/97 R, SozR 3-2400 § 7 Nr. 17 m.w.N.). Eine dienende Teilhabe am Arbeitsprozess im Sinne abhängiger Beschäftigung liegt in der Regel vor, wenn das Arbeitsziel und die Mittel zu seiner Bewältigung, also der betriebliche Rahmen, vom Auftraggeber gestellt wird oder auf seine Rechnung organisiert werden kann (Segebrecht in: jurisPK-SGB IV, 2. Auflage, § 7 Rdnr. 113f.). Das ist hier der Fall. Denn die Beigeladene zu 1) ist zur Ausführung ausschließlich in den Betriebsräumen und mit den dortigen Betriebsmitteln tätig geworden. Der Kläger hat ihr nicht nur das Reinigungsobjekt, sondern auch die Reinigungsutensilien zur Verfügung gestellt. Sie hat sich lediglich anteilig und nachträglich an den Reinigungsmitteln beteiligt. 64Soweit geltend gemacht wird, dass die Leistung zwingend in den klägerischen Räumlichkeiten zu erbringen gewesen ist, ist dies nicht maßgeblich. Eine tatsächliche bestehende Eingliederung in den Betrieb des Dienstherrn tritt nicht deshalb in ihrer Bedeutung zurück, weil sie (auch) in der Eigenart der zu erbringenden Leistung begründet ist (BSG, Urteil v. 11.03.2009, B 12 KR 21/07 R, juris; Senat, Beschluss v. 18.2.2010, L 8 R 13/09 R ER). 65Die Beigeladene zu 1) unterlag daran anknüpfend einem Weisungsrecht des Klägers bezüglich Ort, Zeit sowie Art und Weise der Tätigkeit, denn allein ihm oblag die abstrakte Rechtsmacht. 66Nach dem mit dem Kläger geschlossenen Vertrag war die Beigeladene zu 1) verpflichtet, in wöchentlichen Intervallen Reinigungsarbeiten in den Kanzleiräumen durchzuführen. Sie hatte in zeitlicher Hinsicht zudem die geschäftsüblichen Bürozeiten zu beachten. Dementsprechend ist sie daher zumeist Mittwochsnachmittags oder am Wochenende tätig geworden. Die Reinigung dauerte zwischen zwei bis zweieinhalb Stunden. 67Wenn der Kläger ausführt, dass aus der veränderten vertraglichen Gestaltung eine erhebliche zeitliche Flexibilität der Beigeladenen zu 1) erwachsen sei, so ist dies für den Senat nicht erkennbar. Bereits im vorangegangenen Arbeitsverhältnis ist die Beigeladene zu 1) Mittwochsnachmittags für den Kläger tätig geworden. Doch selbst wenn eine gewisse Freiheit in zeitlicher Hinsicht anzunehmen ist, entspricht dies einer solchen, die auch bei Teilzeitbeschäftigungen zu finden ist. Bei ihnen wie auch in anderen abhängigen Beschäftigungen sind häufig flexible Arbeitszeiten anzutreffen, da Arbeitgeber zunehmend durch flexible Arbeitszeitsysteme wie Gleitzeitsystem etc. den persönlichen Bedürfnissen ihrer Arbeitnehmer entgegenkommen, aber solche Systeme auch zu ihrem Vorteil nutzen, um zum Beispiel zum Teil schwankenden Arbeitsanfall abzufedern und teure Arbeitskraft effektiver einzusetzen (Senat, Urteil v. 20.7.2011, L 8 R 534/10, juris). 68Der Ort der Tätigkeit ergab sich grundsätzlich aus der Tätigkeit selbst. Ihre Art und Weise wurde durch den Kläger dahingehend definiert, dass ein ansprechendes Reinigungsergebnis erzielt werden sollte. Zudem waren grundsätzlich die Räumlichkeiten zu reinigen, zu denen Mandanten Zutritt bzw. Einblick hatten. Hinsichtlich der Räumlichkeiten, in denen kein Mandantenverkehr zu erwarten war, war die Beigeladene zu 1) in der Arbeitseinteilung freier. 69Die Einwendung des Klägers, dass er keine einzelnen Anweisungen zur Reinigungstechnik oder Reinigungsorten gegeben habe, steht dem nicht entgegen. Zunächst ist es unerheblich, ob der Kläger von seinem Weisungsrecht in der täglichen Arbeitsroutine tatsächlich Gebrauch gemacht bzw. die Beigeladene zu 1) ihren Zuständigkeitsbereich alleinverantwortlich und regelmäßig ohne Weisungen ausgeführt hat. Denn der Gebrauch bestehender Rechtsmacht ist unbeachtlich, weil die versicherungsrechtliche Beurteilung sonst wesentlich davon abhinge, ob die Tätigkeit aus Sicht des Rechtsmachtinhabers beanstandungsfrei ausgeübt wurde (vgl. LSG NRW, Urteil v. 25.3.2010, L 16 (5) KR 190/08, juris; Senat, Urteil v. 12.2.2014, L 8 R 1108/12). Darüber hinaus arbeitete die Beigeladene zu 1) bereits seit dem Jahr 1993 für den Kläger. Sie führte, bis auf die Änderung des Reinigungsobjektes, seit dieser Zeit die gleiche Tätigkeit aus. Die fortdauernde Notwendigkeit von ständigen Weisungen hinsichtlich der Art der Tätigkeit ist aufgrund der sich einstellenden täglichen Arbeitsroutine bei gleichbleibendem Aufgabenbereich nicht ersichtlich. 70Bestehen danach an der Eingliederung der Beigeladenen zu 1) in den fremden Betrieb und an einem Weisungsrecht ihr gegenüber keine Zweifel, ist es unerheblich, ob die Vertragsparteien keine abhängige Beschäftigung vereinbaren wollten. Der sozialversicherungsrechtliche Status unterliegt nicht der Dispositionsfreiheit der beteiligten Personen, sondern ergibt sich aus den gesetzlichen Bestimmungen in Verbindung mit den von der höchstrichterlichen Rechtsprechung dazu herausgearbeiteten Beurteilungskriterien (Senat, Beschluss v. 14.10.2013, L 8 R 230/13 B ER). 71Wesentliche Merkmale, die für eine selbstständige Tätigkeit sprechen, und im Rahmen der Gesamtabwägung dermaßen überwiegen, dass nicht von einer abhängigen Beschäftigung auszugehen ist, sind nicht ersichtlich. 72Im Hinblick auf die vorliegend maßgeblich zu beurteilende Tätigkeit verfügte die Beigeladene zu 1) über keine eigene Betriebsstätte. Das Gewerbe hat sie erst nachträglich zu einem Zeitpunkt angemeldet, zu der die Tätigkeit bei dem Kläger bereits beendet gewesen ist. Zudem erfolgte durch die Beigeladene zu 1) keine eigene Rechnungslegung. Vielmehr erstellte der Kläger die Jahresabrechnungen, die sie auch zur Angabe ihrer Einkünfte beim zuständigen Finanzamt nutzte. 73Für sie bestand in ihrer Tätigkeit für den Kläger auch kein maßgeblich ins Gewicht fallendes Unternehmerrisiko. Nach den vom BSG entwickelten Grundsätzen (vgl. BSG, Urteil v. 28.5.2008, B 12 KR 13/07 R, USK 2008-45 m.w.N.) ist maßgebliches Kriterium für ein solches Risiko, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes der sächlichen oder persönlichen Mittel also ungewiss ist. Erforderlich ist ein Risiko, das über das Risiko hinausgeht, für den Arbeitseinsatz kein Entgelt zu erzielen (Segebrecht in: a.a.O., § 7 Rdnr. 117). Allerdings ist ein unternehmerisches Risiko nur dann Hinweis auf eine selbstständige Tätigkeit, wenn diesem Risiko auch größere Freiheiten in der Gestaltung und der Bestimmung des Umfangs beim Einsatz der eigenen Arbeitskraft gegenüberstehen (vgl. BSG, Urteil v. 28.5.2008, a.a.O., BSG, Urteil v. 28.9.2011, a.a.O.). 74Ein Vergütungsrisiko ist mit Ausnahme des auch von einem abhängig Beschäftigten zu tragenden Insolvenzrisikos des Gläubigers nicht ersichtlich. Die Beigeladene zu 1) wurde erfolgsunabhängig mit einem monatlichem "Abschlag" für die wöchentlichen Reinigungen honoriert. Eine Möglichkeit zur unternehmerischen Preisgestaltung ist nicht ersichtlich. Als Aufwendungen hat sie dem Kläger nur anteilig die gestellten Reinigungsmittel rückvergütet. Aus den Abrechnungen ergeben sich lediglich jährliche Beträge zwischen 30,00 EUR und 35,00 EUR. Daraus kann weder ein maßgeblicher Kapitaleinsatz ersehen werden, noch können daraus unternehmerische Chancen erwachsen. Eigenes Kapital wurde darüber hinaus weder in Form von Investitionen in Werbung und Fortbildung in Bezug auf die konkret übernommene Tätigkeit noch in Form von zur Verfügung gestellten Arbeitsmitteln eingesetzt. 75Das weitere Fehlen von Regelungen zu Ansprüchen auf Urlaubsentgelt bzw. Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall rechtfertigt für sich genommen nicht die Annahme eines unternehmerischen Risikos. Die Überbürdung sozialer Risiken abweichend von der das Arbeitsrecht prägenden Risikoverteilung ist nur dann ein gewichtiges Indiz für unternehmerisches Handeln, wenn damit auch tatsächliche Chancen einer Einkommenserzielung verbunden sind, also eine Erweiterung der unternehmerischen Möglichkeiten stattfindet (BSG, Urteil v. 11.3.2009, B 12 KR 21/07 R, USK 2009-25; Senat, Urteil v. 20.7.2011, L 8 R 534/10, juris). Hierfür ist im vorliegenden Fall jedoch nichts ersichtlich. 76Ferner wendet der Kläger ein, dass die Beigeladene zu 1) eine dritte Person hätte stellen können, die die Arbeiten erledigt. Die Möglichkeit, Arbeiten laufend durch eigenes Personal (also nicht höchstpersönlich) erledigen lassen zu können, ist grundsätzlich ein Anhaltspunkt für eine selbstständige Tätigkeit. Mit der Einstellung von Personal sind unabhängig von der Auftragslage, laufende Ausgaben und wirtschaftliche Verpflichtungen verbunden, die das Risiko in sich bergen, Kapital mit dem Risiko eines Verlustes einzusetzen und damit letztendlich ein Unternehmerrisiko darstellen. Davon zu unterscheiden ist die bloß formale vertragliche Berechtigung, die Arbeiten auch durch andere durchführen zu lassen, wenn von dieser tatsächlich nie Gebrauch gemacht wird und die persönliche Leistungserbringung die Regel ist (BSG, Urteil v. 19.8.2003, B 2 U 38/02 R, SozR 4-2700 § 2 Nr. 1). Derartige formale Berechtigungen können, wenn sie tatsächlich nicht zum Tragen kommen, nicht als Indiz für eine selbstständige Tätigkeit, sondern allenfalls als Ausdruck des Wunsches, dass eine selbstständige Tätigkeit vorliegen soll, gewertet werden (Segebrecht in: a.a.O., § 7 Rdnr. 117). Vorliegend hat die Beigeladene zu 1) mehrfach erklärt, dass sie sich zu keiner Zeit habe vertreten lassen. Ist sie einmal verhindert bzw. urlaubsbedingt abwesend gewesen, hat sie die Arbeiten nach Rückkehr persönlich nachgeholt. Zwar meinte sich der Kläger zu erinnern, dass der Ehemann der Beigeladenen zu 1) diese einmal vertreten habe. Dies konnte er jedoch zum einen selbst nicht mit Sicherheit bekunden und zum anderen stehen dem die wiederholten gegenteiligen Äußerungen der Beigeladenen zu 1) entgegen. 77Zudem ist der Vortrag des Klägers, es sei ihm letztlich gleich gewesen, welche (ihm ggf. unbekannten) dritten Personen die Reinigung seiner Kanzlei vornähmen, mit Blick auf seine in § 43a Abs. 2 Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO), § 2 Abs. 1 der Berufsordnung für Rechtsanwälte (BORA) und § 203 Abs. 1 Nr. 3 Strafgesetzbuch (StGB) geregelte Verschwiegenheitspflicht kaum nachvollziehbar. Danach hat der Kläger als Rechtsanwalt u.a. dafür zu sorgen, dass Unbefugte keinen Einblick in Mandantenunterlagen und Mandanten betreffende Unterlagen erhalten. Die Beigeladene zu 1) wurde daher zunächst im Arbeitsvertrag ausdrücklich zur Verschwiegenheit verpflichtet. Später fehlte es an einer schriftlichen Regelung. Jedoch erwartete der Kläger nach eigenem Vortrag, dass sie keine "Aktenschau" betreibe. Dem Senat ist vor dem Hintergrund der langjährigen Zusammenarbeit weder ersichtlich noch wurde dies vorgetragen, dass die Beigeladene zu 1) an dieser Verpflichtung ihrerseits jemals zweifelte. Dass der Kläger allerdings nur im Vertrauen auf die Menschenkenntnis der Beigeladenen zu 1) tatsächlich unbekannten Dritte, gegebenenfalls noch mit entsprechenden Schlüsseln ausgestattet, den alleinigen Zutritt zu den Kanzleiräumen gewährt hätte, erscheint lebensfremd. 78Weitere in die Gesamtabwägung einzustellende Gesichtspunkte sind weder vorgetragen noch ersichtlich. 79Die Höhe der Nachforderung ist nicht zu beanstanden. Sie ergibt sich aus § 249b Absatz 1 SGB V, § 172 Abs. 3 Satz 1 SGB VI sowie aus § 7 Abs. 2 AAG. Das zugrunde gelegte Arbeitsentgelt hat die Beklagte zutreffend berechnet. Arbeitsentgelt sind nach § 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IV alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden. Die Beklagte hat zu Recht für die Jahre 2004 und 2005 Entgelte in Höhe von 1.690,00 EUR, im Jahr 2006 in Höhe von 1.655,00 EUR, im Jahr 2007 in Höhe von 1.560,00 EUR und im Jahr 2008 in Höhe von 1.248,00 EUR ihrer Berechnung zugrunde gelegt. 80Die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) ist auch nicht durch die weitere, in den Jahren 2007 und 2008 ausgeübte Tätigkeit durch Überschreiten der Geringfügigkeitsgrenze versicherungspflichtig geworden. Nach § 8 Abs. 2 SGB IV sind bei der Anwendung von § 8 Abs. 1 SGB IV mehrere geringfügige Beschäftigungen nach Nr. 1 oder Nr. 2 sowie geringfügige Beschäftigungen nach Nr. 1 mit Ausnahme einer geringfügigen Beschäftigung nach Nr. 1 und nicht geringfügige Beschäftigung zusammenzurechnen. Die Entgelte für beide Tätigkeiten beliefen sich im Jahr 2007 auf insgesamt 2.380,00 EUR und im Jahr 2008 auf 3.708,00 EUR und lagen damit unter der jährlichen Grenze von 4.500,00 EUR. 81Die Nachforderung ist zudem nicht verjährt. Nach § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB IV verjähren Ansprüche auf Beiträge in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie fällig geworden sind. Gemäß § 23 Abs. 1 Satz 2 SGB IV wurden bis zum 31.12.2005 Beiträge spätestens am 15. des Monats fällig, der dem Monat folgt, in dem die Beschäftigung oder Tätigkeit ausgeübt worden ist. Ab dem 1.1.2006 werden Beiträge, die nach dem Arbeitsentgelt oder dem Arbeitseinkommen zu bemessen sind, in voraussichtlicher Höhe der Beitragsschuld spätestens am drittletzten Bankarbeitstag des Monats fällig, in dem die Beschäftigung oder Tätigkeit, mit der das Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen erzielt wird, ausgeübt worden ist oder als ausgeübt gilt; ein verbleibender Restbeitrag wird zum drittletzten Bankarbeitstag des Folgemonats fällig, § 23 Abs. 1 SGB IV. Vorliegend greift die vierjährige Verjährungsfrist ein. Nach § 25 Abs. 2 Satz 2 SGB IV ist die Verjährung für die Dauer einer Prüfung beim Arbeitgeber gehemmt ist. Da eine Prüfung auch mit der Aufforderung beginnen kann, die erforderlichen Unterlagen vorzulegen (§ 98 Abs. 1 Satz 3 SGB X), ist bereits die Verjährung der ersten Beiträge für das Jahr 2004, die bis zum 31.12.2008 lief, mit Zugang des Schreibens der Beklagten vom 6.10.2008 gehemmt worden. 82Die erhobenen Säumniszuschläge sind gleichfalls nicht zu beanstanden. Nach § 24 Abs. 1 Satz 1 SGB IV ist für Beiträge und Beitragsvorschüsse, die der Zahlungspflichtige nicht bis zum Ablauf des Fälligkeitstages gezahlt hat, für jeden angefangenen Monat der Säumnis ein Säumniszuschlag von 1 v.H. des rückständigen auf 50,00 EUR nach unten abgerundeten Betrages zu zahlen. Wird eine Beitragsforderung durch Bescheid mit Wirkung für die Vergangenheit festgestellt, ist ein darauf entfallender Säumniszuschlag nicht zu erheben, soweit der Beitragsschuldner glaubhaft macht, dass er unverschuldet keine Kenntnis von der Zahlungspflicht hatte (§ 24 Abs. 2 SGB IV). Eine dahingehende Glaubhaftmachung ist dem Kläger hier nicht gelungen. 83Der Senat kann dabei dahinstehen lassen, ob verschuldete Unkenntnis von der Zahlungspflicht im Sinne von § 24 Abs. 2 SGB IV erst bei (zumindest bedingtem) Vorsatz (so der 12. Senat BSG, Urteil v. 26.1.2005, B 12 KR 3/04 R, SozR 4-2400 § 14 Nr. 7; Urteil v. 9.11.2011, B 12 R 18/09 R, SozR 4-2400 § 14 Nr. 13) oder schon bei Fahrlässigkeit im Sinne von § 276 Bürgerliches Gesetzbuch (so der 13. Senat des BSG, Urteil v. 1.7.2010, B 13 R 67/09 R, SozR 4-2400 § 24 Nr. 5; aus der Literatur Segebrecht in jurisPK-SGB IV, § 24 Rdnr. 60 m.w.N.) vorliegt. Denn der Kläger hat auch nicht glaubhaft gemacht, dass er seine Beitragspflicht nicht vorsätzlich (sondern lediglich fahrlässig) verletzt hat. 84Vorsätzlich in diesem Sinne handelt bereits, wer seine Beitragspflicht für möglich hält, die Nichtabführung der Beiträge aber billigend in Kauf nimmt. Dazu muss das Vorliegen des inneren (subjektiven) Tatbestandes festgestellt, d.h. anhand der konkreten Umstände des Einzelfalles und bezogen auf den betreffenden Beitragsschuldner individuell ermittelt werden. Zwar sind allgemein geltende Aussagen zum Vorliegen des subjektiven Tatbestandes ausgeschlossen. Jedoch wird Vorsatz regelmäßig vorliegen, wenn für das gesamte typische Arbeitsentgelt (z.B. bei "Schwarzarbeit") überhaupt keine Beiträge entrichtet werden (BSG, Urteil v. 30.3.2000, B 12 KR 14/99 R, SozR 3-2400 § 25 Nr. 7). Weiter ist zu berücksichtigen, dass der Arbeitgeber bei Unklarheiten hinsichtlich der versicherungs- und beitragsrechtlichen Beurteilung einer Erwerbstätigkeit die Möglichkeit hat, darüber im Einzugsstellen- (vgl. § 28h SGB IV) und/oder Anfrageverfahren (vgl. § 7a SGB IV) Gewissheit durch Herbeiführung der Entscheidung einer fachkundigen Stelle zu erlangen; der Verzicht auf einen entsprechenden Antrag kann auf bedingten Vorsatz schließen lassen (BSG, Urteil v. 9.11.2011, a.a.O.). 85Nach diesen Maßstäben spricht im vorliegenden Fall alles dafür, dass der Kläger seine Beitragspflicht mindestens für möglich gehalten und die Nichtabführung von Beiträgen zumindest billigend in Kauf genommen hat. Der Kläger, der Fachanwalt für Steuerrecht ist und schon aus diesem Grund berufsbedingt mit der Abgrenzung von nichtselbständiger und selbständiger Arbeit vertraut ist, hat trotz Vorliegens zahlreicher für eine abhängige Beschäftigung sprechenden Indizien keinerlei Anstrengungen unternommen, den Status der Beigeladenen zu 1) klären zu lassen. Dass er dies in der Überzeugung unterlassen hat, die Beigeladene zu 1) sei nunmehr selbständig für ihn tätig und es bestehe nicht einmal die Möglichkeit, dass sie auch weiterhin abhängig beschäftigt sei, ist in keiner Weise glaubhaft. Das gilt umso mehr, als nach § 7 Abs. 4 Satz 1 SGB IV in der vom 1.4.1999 bis zum 31.12.1999 geltenden Fassung des Gesetzes zu Korrekturen in der Sozialversicherung und zur Sicherung der Arbeitnehmerrechte v. 19.12.1998 (BGBl I 1998, S. 3843) eine Beschäftigung bei Personen vermutet wurde, die zwei der folgenden vier Kriterien erfüllten: Sie beschäftigten im Zusammenhang mit ihrer Tätigkeit mit Ausnahme von Familienangehörigen keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer (Nr. 1). Sie wurden regelmäßig und im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber tätig (Nr. 2). Sie erbrachten für Beschäftigte typische Arbeitsleistungen (Nr. 3). Sie traten nicht aufgrund unternehmerischer Tätigkeit am Markt auf (Nr. 4). In der Person der Beigeladenen zu 1) waren seinerzeit alle vier genannten Merkmale erfüllt, unzweifelhaft jedoch die Kriterien nach Nr. 1, 2 und 4. 86Dieser Beurteilung kann der Kläger nicht erfolgreich entgegenhalten, dass das SG im Eilverfahren zu seinen Gunsten entschieden und seine rechtliche Beurteilung geteilt habe. Denn er hat diese Beurteilung maßgeblich aufgrund falscher Angaben mit herbeigeführt, indem er - zumindest "ins Blaue hinein" - vorgetragen hat, die Beigeladene zu 1) habe sich bei ihrer Tätigkeit für ihn regelmäßig vertreten zu lassen. Zudem ist das SG seinerzeit aufgrund der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren gebotenen summarischen Prüfung noch - wie sich später herausstellte, unzutreffend - davon ausgegangen, dass die Beigeladene zu 1) im Zusammenhang mit der Aufnahme ihrer (vermeintlich) selbständigen Tätigkeit für den Kläger ein Gewerbe angemeldet hatte, obwohl dies erst Jahre später rückwirkend geschehen ist. 87Die Kostenentscheidung richtet sich nach § 197 a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung. 88Gründe gemäß § 160 Abs. 2 SGG für die Zulassung der Revision liegen nicht vor. Die Entscheidung orientiert sich an der ständigen Rechtsprechung des BSG. 89Die Festsetzung des Streitwertes folgt aus § 197a SGG i. V. m. § 52 Abs. 3 Gerichtskostengesetz.
auf die berufungen der beklagten und der beigeladenen zu 2) wird das urteil des sozialgerichts detmold vom 26.10.2012 geändert und die klage abgewiesen. der kläger trägt die kosten in beiden rechtszügen mit ausnahme der kosten der beigeladenen zu 1), die ihre kosten selbst trägt. die revision wird nicht zugelassen. der streitwert wird für das berufungsverfahren auf 2.563,02 eur festgesetzt. 1
2streitig ist die nachforderung von sozialversicherungsbeiträgen in höhe von 2.563,02 eur für die zeit 1.1.2004 bis zum 31.10.2008 im rahmen eines betriebsprüfungsverfahrens. 3die beigeladene zu 1) war in den büroräumen des klägers, eines rechtsanwaltes, als reinigungskraft tätig. ihre beschäftigung begann ab dem 1.3.1993 als arbeitnehmerin des klägers aufgrund eines arbeitsvertrags. nach diesem übernahm die beigeladene zu 1) die wöchentliche reinigung der sich damals noch im obergeschoss seines hauses befindlichen kanzleiräume des klägers sowie alle damit zusammenhängenden arbeiten (ziff. i. des arbeitsvertrags). die reinigung war außerhalb der bürozeiten nach absprache des genauen wochentages zu erledigen. tatsächlich wurde die beigeladene zu 1) mittwochsnachmittags tätig. hilfs- und reinigungsmittel wurden ihr gestellt. dafür erhielt die beigeladene zu 1) einen monatlichen arbeitslohn in höhe von brutto dm 231,00, dem die annahme einer durchschnittlichen wochenarbeitszeit von 3,5 zeitstunden zugrunde lag (ziff. ii. des arbeitsvertrags). die beteiligten gingen von einer nicht sozialversicherungspflichtigen beschäftigung aus (ziff. ii.3. des arbeitsvertrags). die beigeladene zu 1) hatte anspruch auf urlaub, entgeltfortzahlung im krankheitsfall und war unfallversichert (ziff. ii.5., iii des arbeitsvertrags). zudem musste sie sich nach ziff. iv. des arbeitsvertrages zur verschwiegenheit "gegenüber jedermann hinsichtlich aller bürospezifischen wahrnehmungen, die sie gelegentlich der arbeitsverrichtungen" mache, verpflichten. im übrigen wird auf die weiteren regelungen des arbeitsvertrags bezug genommen. 4zwischen dem kläger und der beigeladenen zu 1) fand sodann anlässlich des umzugs der kanzleiräume in erd- und kellergeschoss desselben hauses am 4.10.1999 ein gespräch statt, dessen inhalt der kläger in einem schreiben vom 18.10.1999 festhielt. in diesem heißt es u.a. wörtlich: 5"[ ] wir sind übereingekommen, dass sie die neuen kanzleiräume im keller- und erdgeschoss des hauses ab oktober 1999 eigenverantwortlich und selbstständig auf erfolgs- und werkvertragsbasis reinigen und pflegen. ihr werklohn dafür beträgt dm 110,- pro kanzleireinigung; die reinigungsintervalle sollen jeweils eine woche betragen. reinigungszeiten sowie art und weise der raumpflege werden ihnen eigenverantwortlich überlassen, wobei meine geschäftsüblichen bürozeiten für den kundenverkehr bitte von ihnen berücksichtigt werden. 6sie erhalten monatliche abschlagszahlungen in höhe von dm 476,66 und jeweils zum jahresende erfolgt eine konkrete abstimmung und abrechnung über mehr- bzw. minderleistungen. falls sie aus persönlichen gründen verhindert sind, sagen sie bitte rechtzeitig bescheid. 7im übrigen regelt sich unser rechtsverhältnis nach den gesetzlichen bestimmungen des werkvertrages gemäß §§ 631 ff. bgb. 8zum zeichen ihres einverständnisses bitte ich sie, mir das beiliegende doppel unterschrieben zurück zu reichen - vielen dank." 9die beigeladene zu 1) bestätigte den inhalt des schreibens, meldete ein gewerbe jedoch zunächst nicht an. der kläger zahlte für ihre leistung monatliche abschläge in höhe von 141,00 eur in den jahren 2004 und 2005 und sodann in höhe von 130,00 eur in den folgejahren. am ende des jahres erstellte er sog. putzwerklohnabrechnungen. nach ihnen beliefen sich die entgelte in den jahren 2004 und 2005 auf jeweils 1.690,00 eur, im jahr 2006 auf 1.655,00 eur, im jahr 2007 auf 1.560,00 eur und nach angaben des klägers im jahr 2008 auf 1.248,00 eur. die beigeladene zu 1) beteiligte sich anteilig an den reinigungsmitteln in höhe von 30,00 eur bis 35,00 eur jährlich. im jahr 2008 endete das vertragsverhältnis. 10mit bescheid vom 9.4.2008 schloss die beklagte eine bei dem kläger für den prüfzeitraum vom 1.1.2004 bis 31.12.2007 durchgeführte betriebsprüfung ab. die tätigkeit der beigeladenen zu 1) wurde in diesem verfahren nicht thematisiert. im rahmen des fragebogens der beklagten, der verschiedene kategorisierungsmöglichkeiten für in einem betrieb tätige personen, u.a. die "ziff. 2" für "selbstständige", vorsah, hatte der kläger die beigeladene zu 1) nicht eingetragen. in dem bescheid heißt es dann u.a. wörtlich: 11"die stichprobenweise durchgeführte prüfung hat folgende feststellungen ergeben: 12- für die arbeitnehmerin waren für das jahr 2004 keine umlagebeträge u1 zu entrichten. 13- für die arbeitnehmerin waren für das jahr 2005 keine umlagebeiträge zu entrichten. 14versicherungspflicht/versicherungsfreiheit 15nach unseren feststellungen sind sie bei der beschäftigung ihrer ehefrau, von einem versicherungspflichtigen beschäftigungsverhältnis ausgegangen. 16unsere prüfung ergab, dass die sozialversicherungsrechtliche beurteilung dieses beschäftigungsverhältnisses zutreffend erfolgte." 17am 8.9.2008 wandte sich das finanzamt e an die beklagte und wies auf die vertragsbeziehung des klägers zu der beigeladenen zu 1) hin, deren einziger auftraggeber er sei. mit schreiben vom 6.10.2008 wandte sich die beklagte durch ihren prüfdienst unter angabe der klägerischen betriebsnummer und unter hinweis auf die finanzverwaltung e an den kläger und bat ihn, abrechnungen für erbrachte arbeitsleistungen der beigeladenen zu 1) zur prüfung einzureichen. es heißt es dort u.a. wörtlich: 18"nach meinen ermittlungen haben sie angaben über frau g meinen kollegeninnen in n zur prüfung nach § 28p sgb iv nicht gemacht, bzw. keine unterlagen darüber eingereicht." 19der kläger teilte daraufhin mit, die beigeladene zu 1) habe gegenüber dem finanzamt ihre einnahmen aus der selbständigen tätigkeit angezeigt und ihre krankenkasse informiert. sie habe lediglich aus unkenntnis kein gewerbe angemeldet. es handele sich nicht um eine abhängige beschäftigung. die beigeladene zu 1) werde eigenverantwortlich und selbstständig tätig. sie bestimme allein zeitpunkt, art und weise sowie dauer der tätigkeit. es gebe keine festen arbeitszeiten. sie habe keinen anspruch auf urlaub, überstundenvergütung, fortzahlung im krankheitsfall u.ä. 20am 4.11.2008 meldete die beigeladene zu 1) rückwirkend zum 10.10.1999 ein gewerbe (raum- und büropflege) im nebenerwerb an. 21die beklagte hörte den kläger zunächst mit schreiben vom 1.12.2008 zu der beabsichtigten nachforderung von beiträgen zur sozialversicherung an. der kläger erklärte daraufhin, dass er bei der vorangegangenen betriebsprüfung keine unvollständigen angaben gemacht habe, da nach selbstständigen beschäftigten nicht gefragt worden sei. die nunmehrige betriebsprüfung sei formell rechtswidrig, da sie vorher nicht angekündigt worden sei. im übrigen sei verjährung im sinne des § 25 sozialgesetzbuch viertes buch (sgb iv) eingetreten. vorsatz liege nicht vor. die säumniszuschläge seien daher ebenfalls unberechtigt. die raumpflege sei regelmäßig außerhalb fester tageszeiten, aber nicht ausnahmslos in seiner abwesenheit und ohne seine aufsicht und direktion rein ergebnisorientiert durchgeführt worden. das ergebnis, einen hygienisch einwandfreien zustand, habe er zur kenntnis genommen. der beigeladenen zu 1) sei es gestattet gewesen, im verhinderungsfall eine ersatzkraft zu stellen, deren auswahl ihm gleichgültig gewesen sei. eine formale schweigepflichterklärung habe die beigeladene zu 1) nicht abgegeben. er habe allerdings erwartet, dass sie keine "aktenschau" betreibe. die bezahlung sei erst nach ordnungsgemäßer erfüllung erfolgt. 22die beigeladene zu 1) erklärte sodann auf anfrage der beklagten, dass sie seit dem 10.10.1999 die raum- und büropflege der kanzleiräume des klägers übernommen habe, was die reinigung und hygiene von raumflächen und mobilen gegenständen beinhalte. weitere auftraggeber habe sie nicht. vor ihrer selbstständigkeit habe sie zwar als arbeitnehmerin für den kläger gearbeitet. der arbeitsvertrag habe jedoch ein anderes reinigungsobjekt betroffen. damals seien ihr die zur erledigung notwendigen reinigungsmittel kostenfrei zur verfügung gestellt worden. arbeitszeit und arbeitsdauer seien ihr vorgeschrieben gewesen. die stellung einer vertretung sei ihr nicht erlaubt gewesen. sie habe ihre einnahmen lohnversteuern müssen. der kläger habe eine personalakte über sie geführt und sie sei in der lohnbuchhaltung berücksichtigt worden. sie arbeite weiterhin am betriebssitz des klägers, müsse aber keine regelmäßigen arbeits-/anwesenheitszeiten einhalten. der kläger könne ihr einsatzgebiet nicht ohne ihre zustimmung verändern. sie habe keine schweigepflichterklärung mehr abgeben müssen. die einstellung von vertretern bzw. hilfskräften sei nicht von der zustimmung des klägers abhängig gewesen. mit den beschäftigten in der kanzlei habe sie weder organisatorisch noch arbeitstechnisch etwas zu tun. 23daraufhin hörte die beklagte den kläger erneut mit schreiben vom 26.2.2009 an. sie beabsichtige für den zeitraum januar 2004 bis einschließlich oktober 2008 eine nachforderung zur sozialversicherung in höhe von insgesamt 2.563,02 eur zu erheben. in dieser forderung seien säumniszuschläge in höhe von 547,00 eur enthalten. gegenstand der prüfung sei die beschäftigung der beigeladenen zu 1) gewesen. diese übe bei ihm eine geringfügig entlohnte beschäftigung im sinne des § 8 abs. 1 nr. 1 sgb iv aus. sie sei ausschließlich für ihn tätig. sie unterhalte keine eigene betriebsstätte. sie mache keine werbung in eigener sache. sie setze kein eigenes kapital ein. sie schulde ausschließlich ihre arbeitskraft, wofür sie nach rechnungslegung bezahlt werde. sie unterliege keinem unternehmerischen risiko. es seien daher pauschale sozialversicherungsbeiträge an die beigeladene zu 2) zu entrichten. ferner fielen nach § 7 aufwendungsausgleichsgesetz (aag) die umlage im krankheitsfall (u1-verfahren) und mutterschaftsgeld (u2-verfahren) an. säumniszuschläge seien ebenfalls zu erheben, denn als jurist habe der kläger damit rechnen können, dass es auch zweifel an der rechtlichen einordnung der selbstständigkeit gebe. 24die beklagte forderte sodann nach vertiefender stellungnahme des klägers mit bescheid vom 20.3.2009 von ihm für den zeitraum 1.1.2004 bis zum 31.10.2008 rückständige sozialversicherungsbeiträge für die beigeladene zu 1) in höhe von 2.563,02 eur einschließlich säumniszuschläge in höhe von 547,00 eur nach. 25der kläger legte dagegen am 14.4.2009 widerspruch ein und beantragte die aussetzung der vollziehung. zur begründung wiederholte und vertiefte er seinen bisherigen vortrag und verwies darauf, dass der prüfzeitraum bereits durch eine vorangegangene betriebsprüfung bestandskräftig geprüft worden sei. 26nachdem die beklagte die aussetzung der vollziehung abgelehnt hatte, stellte der kläger vor dem sozialgericht (sg) detmold am 28.4.2009 einen antrag auf einstweiligen rechtsschutz (s 19 r 94/09 er) und erhob am 25.5.2009 eine untätigkeitsklage (s 19 r 117/09). das sg ordnete mit beschluss vom 17.6.2009 die aufschiebende wirkung des widerspruchs vom 14.4.2009 gegen den bescheid vom 20.3.2009 an. auf die gründe wird bezug genommen. dagegen erhob die hiesige beklagte am 9.7.2009 beschwerde vor dem landessozialgericht nordrhein-westfalen (lsg nrw; l 8 r 13/09 r er). der senat änderte den beschluss des sg und lehnte den antrag auf anordnung der aufschiebenden wirkung des widerspruchs ab (beschluss vom 18.2.2010). auf die gründe wird bezug genommen. 27das hauptzollamt (hza) bielefeld leitete im oktober 2009 gegen den kläger wegen des verdachtes der vorenthaltung von arbeitsentgelt nach § 266a strafgesetzbuch (stgb) ein strafverfahren ein, welches nach § 153 strafprozessordnung (stpo) im jahr 2010 eingestellt worden ist (staatsanwaltschaft [sta] e, 000). 28mit widerspruchsbescheid vom 26.4.2010 wies die beklagte den widerspruch des klägers als unbegründet zurück. dagegen hat der kläger am 27.5.2010 vor dem sg detmold klage erhoben. er hat sein vorbringen aus dem verwaltungsverfahren wiederholt und vertieft und insbesondere unter bezugnahme auf ein urteil des lsg schleswig-holstein vom 24.4.2007 (l 5 kr 7/06, juris; sg lübeck, urteil v. 25.11.2005, s 9 kr 600/06, bsg, sitzungsprotokoll, b 12 kr 17/07 r) vorgetragen, dass die beklagte nicht zum erlass des bescheides zuständig gewesen sei. diesen habe vielmehr die beigeladene zu 2) als einzugsstelle erlassen müssen. 29der kläger hat beantragt, 30den bescheid der beklagten vom 20.3.2009 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 26.4.2010 aufzuheben. 31die beklagte hat beantragt, 32die klage abzuweisen 33sie hat zur begründung auf ihre bisherigen ausführungen in verwaltungsverfahren sowie auf den beschluss des senats im beschwerdeverfahren verwiesen. die beigeladene zu 2) ist der auffassung der beklagten beigetreten. 34das sg hat die beiladungen der beigeladenen zu 1) und 2) beschlossen (beschlüsse v. 22.12.2010 und 23.7.2012) und am 2.2.2011 einen termin zur erörterung des sachverhaltes mit den beteiligten durchgeführt. auf die sitzungsniederschrift wird bezug genommen. mit urteil vom 26.10.2012 hat das sg der klage stattgegeben und die angefochtenen bescheide aufgehoben. es habe sich nicht um eine betriebsprüfung gehandelt, daher sei die beklagte nicht zuständig gewesen. im übrigen wird auf die entscheidungsgründe bezug genommen. 35die beklagte hat gegen das ihr am 14.11.2012 zugestellte urteil am 5.12.2012 und die beigeladene zu 2) gegen das ihr am 13.11.2012 zugestellte urteil am 20.11.2012 berufung eingelegt. die beklagte trägt vor, dass eine betriebsprüfung auch außerhalb der vierjahresrhythmen stattfinden könne. gegenstand der prüfung sei die kontrolle der erfüllung der arbeitgeberpflichten nach § 28a sgb iv. das bedeute nicht, dass die überprüfung einzelner beschäftigungsverhältnisse und die damit verbundenen versicherungsrechtlichen bewertungen nicht prüfungsgegenstand sein könnten. nach § 11 abs. 1 beitragsverfahrensverordnung (bvv) könne die prüfung auf stichproben begrenzt werden. sobald die beklagte die prüfung aufgenommen und ein betriebsprüfungsverfahren eingeleitet habe, sei sie allein zur entscheidung über den status einer einzelperson zuständig. die beigeladene zu 2) verweist insbesondere darauf, dass das urteil des lsg schleswig-holstein vom 24.4.2007 einen anderen sachverhalt betreffe. 36die beklagte beantragt, 37das urteil des sozialgerichts detmold vom 26.10.2012 zu ändern und die klage abzuweisen. 38der kläger beantragt, 39die berufungen zurückzuweisen. 40er hält das erstinstanzliche urteil für zutreffend. er wiederholt und vertieft sein erstinstanzliches vorbringen. 41der senat hat am 29.11.2013 einen termin zur erörterung des sachverhaltes mit den beteiligten durchgeführt und in diesem den kläger sowie die beigeladene zu 1) angehört. auf die sitzungsniederschrift wird bezug genommen. der senat hat die verwaltungsakten der beklagten, die verfahrensakten s 7 kn 17/11, s 19 r 94/09 er, s 19 r 117/09 (jeweils sg detmold) und die akte der sta e mit dem az. 000 beigezogen und zum gegenstand der mündlichen verhandlung gemacht. auf den inhalt dieser akten wird bezug genommen. auf nachfrage hat die beigeladene zu 1) ergänzend mitgeteilt, dass sie im jahr 2007 aus einer weiteren geringfügigen beschäftigung ein jahresbruttoentgelt in höhe von 820,00 eur und im jahr 2008 in höhe von 2.460,00 eur erzielt habe. 42
43die berufungen haben erfolg. sie sind gemäß §§ 143, 144, 151 abs. 1 sozialgerichtsgesetz (sgg) zulässig und zudem begründet. der angefochtene bescheid vom 20.3.2009 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 26.4.2010 beschwert den kläger nicht im sinne von § 54 abs. 1 s. 1 sgg in seinen rechten, denn er erweist sich als rechtmäßig. 44ermächtigungsgrundlage für die feststellung der versicherungspflicht ist § 28 p abs. 1 satz 5 sgb iv. danach erlassen die träger der rentenversicherung im rahmen der prüfung verwaltungsakte zur versicherungspflicht und beitragshöhe der arbeitnehmer in der sozialversicherung gegenüber den arbeitsgebern. 45zunächst ist die beklagte und - entgegen der ansicht des klägers - nicht die beigeladene zu 2) als einzugsstelle für den erlass des streitgegenständlichen bescheides zuständig gewesen. 46verfahren der einzugsstellen nach § 28h abs. 2 satz 1 sgb iv sowie der prüfenden rentenversicherungsträger nach § 28p abs. 1 satz 5 sgb iv und § 7a abs. 1 sgb iv stehen gleichberechtigt nebeneinander (std. rspr.; zuletzt: bsg, urteil v. 30.10.2013, b 12 al 2/11 r, zur veröffentlichung in bsge und sozr 4-2400 § 27 nr. 5 vorgesehen; senat, urteil v. 18.12.2013, l 8 r 683/13, juris). zwar entscheidet grundsätzlich die einzugsstelle über versicherungspflicht und beitragshöhe, §§ 28h abs. 2 satz 1, 28i satz 5 sgb iv. die rentenversicherungsträger sind jedoch zuständig für die prüfung bei den arbeitgebern. die entscheidungskompetenz geht mit eröffnung des prüfungsverfahren gemäß § 28p sgb iv auf sie über (wehrhahn in: kasseler kommentar, sozialversicherungsrecht, 80. ergänzungslieferung 2013, sgb iv, § 28p rdnr. 6, 12a). 47dabei kann sich der kläger nicht auf das urteil des lsg schleswig-holstein vom 25.4.2007 (a.a.o.) stützen, denn dieses betrifft eine andere fallgestaltung. in dem dort zu entscheidenden fall wurden allein der sozialversicherungsrechtliche status und die versicherungspflicht beurteilt. eine nachforderung des gesamtsozialversicherungsbeitrages wurde nicht erhoben. dementsprechend hatte bereits die vorinstanz, das sg lübeck in seinem urteil vom 25.11.2005 (s 9 kr 600/03) beanstandet, dass es sich gerade nicht um eine prüfung des arbeitgebers gehandelt habe, obgleich § 28p sgb iv sich an diesen richte. das lsg schleswig-holstein verwies darauf, dass betriebsprüfungen sich grundsätzlich auf stichproben beschränken können. das beziehe sich jedoch nicht auf fälle, in denen es allein um die originäre überprüfung der versicherungspflicht gehe. 48der senat hat angesichts der gleichwertigkeit der verfahren nach §§ 7a, 28h abs. 2, 28p abs. 1 sgb iv erhebliche bedenken, sich dieser rechtsprechung anzuschließen. letztlich kann diese frage jedoch im vorliegenden fall offenbleiben. denn jedenfalls hat die beklagte sich gerade nicht allein auf die feststellung der versicherungspflicht der beigeladenen zu 1) konzentriert sondern den für die beschäftigung fälligen beitrag zur sozialversicherung erhoben. 49soweit der kläger einwendet, dass das betriebsprüfungsverfahren nicht ordnungsgemäß eingeleitet worden sei, geht er gleichfalls fehl. § 28p abs. 1 satz 3 sgb iv erlaubt auch außerhalb der turnusmäßigen betriebsprüfungen sog. ad-hoc-prüfungen, soweit eine alsbaldige prüfung beim arbeitgeber erforderlich ist. nach ziff. 1.1.2 des gemeinsamen rundschreibens der spitzenverbände vom 30.10.2003 kommen solche prüfungen "in erster linie" u.a. bei hinweisen der arbeitsämter, behörden der zollverwaltung, kriminalpolizei, sta oder des versicherten in betracht. schon seinem wortlaut nach ist dieser katalog indessen nicht abschließend, so dass auch hinweise anderer stellen - z.b. wie vorliegend der finanzbehörden nach § 31a abs. 1 nr. 1a), abs. 2 satz 1 abgabenordnung (ao) - eine solche prüfung auslösen (schafhausen in: plagemann, münchner anwaltshandbuch sozialrecht, § 11 rdnr. 10). 50über die einleitung der betriebsprüfung ist der kläger auch rechtzeitig informiert worden. § 7 abs. 1 satz 1 bvv bestimmt, dass die rentenversicherungsträger anstehende betriebsprüfungen grundsätzlich dem arbeitgeber gegenüber mindestens 14 tage vorher anmelden sollen. eine solche ankündigung ist hier durch das schreiben der beklagten vom 6.10.2008 erfolgt. dagegen kann der kläger nicht einwenden, dass die beklagte nicht ausdrücklich auf die erneute einleitung eines betriebsprüfungsverfahrens hingewiesen habe. es reicht vielmehr aus, dass sie sich nach förmlichen abschluss des vorangegangen betriebsprüfungsverfahren durch bescheid vom 9.4.2008 mit diesem schreiben erneut an ihn wandte. denn diesem konnte der kläger nicht nur die ihm bekannte betriebsnummer entnehmen, unter der die beklagte ihn führt, sondern auch, dass sich erneut der prüfdienst an ihn wandte. es wurde ferner ausdrücklich auf die tätigkeit der beigeladenen zu 1) und § 28p sgb iv bezug genommen. vom empfängerhorizont des klägers ausgehend, bei dem es sich um einen fachanwalt für steuerrecht handelt, war daher die einleitung einer ad-hoc-prüfung erkennbar. dementsprechend hat er in seiner stellungnahme vom 5.11.2008 auch nicht die beweggründe der beklagten erfragt. 51lediglich ergänzend weist der senat auf § 42 sgb x hin, wonach die aufhebung eines verwaltungsaktes, der nicht nach § 40 sgb x nichtig ist, nicht allein deshalb beansprucht werden kann, weil er unter verletzung von vorschriften über das verfahren, die form oder die örtliche zuständigkeit zustande gekommen ist, wenn offensichtlich ist, dass die verletzung die entscheidung in der sache nicht beeinflusst hat. 52der streitgegenständliche bescheid ist auch materiell rechtmäßig. 53soweit der kläger vorträgt, es sei eine bindungswirkung (§ 77 sgg) durch den vorangegangenen betriebsprüfungsbescheid vom 9.4.2008 dahingehend eingetreten, dass die behandlung der beigeladenen zu 1) als selbständig nicht mehr beanstandet werden dürfe, ist dem nicht zu folgen. 54die bindungswirkung eines bescheides erfasst grundsätzlich nur dessen verfügungssatz bzw. -sätze, nicht hingegen die gründe, die zu der regelung geführt haben (vgl. bsg, urteil v. 20.6.1984, 7 rar 91/83, sozr 4100 § 112 nr. 23 m.w.n.; urteil v. 28.6.1990, 7 rar 22/90, sozr 3-4100 § 137 nr. 1, bsg, urteil v. 30.10.2013, b 12 al 2/11 r, a.a.o.). ein der bestandskraft fähiger verfügungssatz dahingehend, dass der kläger im prüfzeitraum sämtliche nicht gesondert erwähnten meldepflichten und sonstigen pflichten ordnungsgemäß erfüllt habe (vgl. § 28p abs. 1 satz 1 sgb iv), lässt sich ausgehend vom objektiven empfängerhorizont (§ 133 bürgerliches gesetzbuch) nicht entnehmen. das gilt insbesondere vor dem hintergrund, dass in dem fraglichen bescheid die beklagte auf den stichprobenartigen charakter der betriebsprüfung hingewiesen und eine prüfung hinsichtlich der beigeladenen zu 1) unzweifelhaft gerade nicht vorgenommen hat. davon konnte der kläger auch nicht ausgehen, da er trotz entsprechender möglichkeit im fragebogen auch selbstständige personen anzugeben, davon keinen gebrauch gemacht hat. 55eine dahingehende bindungswirkung folgt auch nicht aus sinn und zweck der betriebsprüfung. betriebsprüfungen haben unmittelbar im interesse der versicherungsträger und mittelbar im interesse der versicherten den zweck, die beitragsentrichtung zu den einzelnen zweigen der sozialversicherung zu sichern. sie sollen einerseits beitragsausfälle verhindern helfen, andererseits die versicherungsträger in der rentenversicherung davor bewahren, dass aus der annahme von beiträgen für nicht versicherungspflichtige personen leistungsansprüche entstehen. eine über diese kontrollfunktion hinausgehende bedeutung kommt den betriebsprüfungen nicht zu. sie bezwecken insbesondere nicht, den arbeitgeber als beitragsschuldner zu schützen oder ihm "entlastung" zu erteilen (bsg, urteil v. 14.7.2004, b 12 kr 1/04 r, sozr 4-2400 § 22 nr. 2; urteil v. 14.7.2004, b 12 kr 7/04 r, sozr 4-2400 § 22 nr. 1; urteil v. 14.7.2004, b 12 kr 10/02 r, sozr 4-5375 § 2 nr. 1; urteil v. 30.11.1978, 12 rk 6/76, sozr 2200 § 1399 nr. 11; senat, urteil v. 27.8.2010, l 8 r 203/09, juris; jochim in jurispk-sgb iv, 2. aufl. 2011, § 28p rdnr. 70; im ergebnis a.a. bayerisches lsg, beschluss v. 22.3.2012, l 5 r 138/12 b er, juris; urteil v. 18.1.2011, l 5 r 752/08, asr 2011, 250). einer solchen entlastung bedarf es über die gesetzlich vorgesehenen schutzmechanismen hinaus auch nicht. denn der arbeitgeber hat es in der hand, eine verbindliche entscheidung der einzugsstelle herbeizuführen (§ 28h abs. 2 sgb iv). darüber hinaus wird er durch das institut der verjährung (§ 25 sgb iv) ausreichend vor zu weit in die vergangenheit reichenden nachforderungen geschützt (bsg, urteil v. 30.10.2013, a.a.o., juris). 56der angefochtene bescheid erweist sich auch im übrigen als rechtmäßig. 57nach § 28e abs. 1 sgb iv hat der arbeitgeber den gesamtsozialversicherungsbeitrag für die bei ihm beschäftigten, d.h. die für einen versicherungspflichtigen beschäftigten zu zahlenden beiträge zur kranken-, renten-, arbeitslosen- und pflegeversicherung (§ 28d sätze 1 und 2 sgb iv), zu entrichten. der versicherungspflicht in der kranken-, pflege-, renten- und arbeitslosenversicherung unterliegen personen, die gegen arbeitsentgelt beschäftigt sind [§ 5 abs. 1 nr. 1 sozialgesetzbuch fünftes buch (sgb v), § 20 abs. 1 satz 2 nr. 1 sozialgesetzbuch elftes buch (sgb xi), § 1 satz 1 nr. 1 sozialgesetzbuch sechstes buch (sgb vi), § 25 abs. 1 satz 1 sozialgesetzbuch drittes buch (sgb iii)]. das gilt nicht, wenn - wie im vorliegenden fall - eine zur entgeltgeringfügigkeit führende beschäftigung nach § 8 abs. 1 nr. 1 sgb iv vorliegt, die nach § 27 abs. 2 satz 1 sgb iii, § 7 sgb v und § 5 abs. 2 nr. 1 sgb vi zur grundsätzlichen versicherungsfreiheit in den jeweiligen zweigen der sozialversicherung führt. nach § 8 abs. 1 nr. 1 sgb iv liegt eine geringfügige beschäftigung vor, wenn das arbeitsentgelt aus dieser beschäftigung regelmäßig im monat 400,00 eur nicht übersteigt. in diesem fall besteht lediglich die pflicht zur abführung pauschaler sozialversicherungsbeiträge für den arbeitgeber in der gesetzlichen kranken- und rentenversicherung (§ 249b satz 1 sgb v, § 172 abs. 3 satz 1 sgb vi). 58der kläger war im streitgegenständlichen zeitraum arbeitgeber der beigeladenen zu 1) und als solcher zur abführung dieser pauschalen sozialversicherungsbeiträge verpflichtet. als arbeitgeber im sozialversicherungsrechtlichen sinne ist regelmäßig derjenige anzusehen, zu dem ein anderer - der beschäftigte - in einem persönlichen abhängigkeitsverhältnis steht (bsg, urteil v. 27.7.2011, b 12 kr 10/09 r, sozr 4-2400 § 28e nr. 4). beurteilungsmaßstab für das vorliegen einer solchen beschäftigung ist § 7 abs. 1 sgb iv. danach ist beschäftigung die nichtselbständige arbeit, insbesondere in einem arbeitsverhältnis. 59nach der ständigen rechtsprechung des bundessozialgerichtes (bsg) setzt eine beschäftigung voraus, dass der arbeitnehmer vom arbeitgeber persönlich abhängig ist. bei einer beschäftigung in einem fremden betrieb ist dies der fall, wenn der beschäftigte in den betrieb eingegliedert ist und er dabei einem zeit, dauer, ort und art der ausführung umfassenden weisungsrecht des arbeitgebers unterliegt. demgegenüber ist eine selbständige tätigkeit vornehmlich durch das eigene unternehmerrisiko, das vorhandensein einer eigenen betriebsstätte, die verfügungsmöglichkeit über die eigene arbeitskraft und die im wesentlichen frei gestaltete tätigkeit und arbeitszeit gekennzeichnet. ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten umständen nach dem gesamtbild der arbeitsleistung und hängt davon ab, welche merkmale überwiegen (st. rspr.; vgl. zum ganzen z.b. zuletzt bsg, urteil v. 29.8.2012, b 12 r 14/10 r, usk 2012-82; bsg, urteil v. 25.4.2012, b 12 kr 24/10 r, sozr 4-2400 § 7 nr. 15; bsg, urteil v.11.3.2009, b 12 kr 21/07 r, usk 2009-25; bsg, urteil v. 18.12.2001, b 12 kr 10/01 r, sozr 3-2400 § 7 nr. 20; senat, beschluss vom 7.1.2011, l 8 r 864/10 b er, nzs 2011, 906; senat, urteil v. 17.10.2012, l 8 r 545/11, juris; zur verfassungsmäßigkeit dieser abgrenzung: bverfg, beschluss v. 20.5.1996, 1 bvr 21/96, sozr 3-2400 § 7 nr. 11). 60bei der feststellung des gesamtbilds kommt dabei den tatsächlichen verhältnissen nicht voraussetzungslos ein vorrang gegenüber den vertraglichen abreden zu (vgl. bsg, urteil v. 29.8.2012, a.a.o., juris; ebenso urteil v. 25.1.2006, b 12 kr 30/04 r, usk 2006-8; urteil v. 28.5.2008, b 12 kr 13/07 r, die beiträge, beilage 2008, 333, 341 f.): nach den vom bsg entwickelten grundsätzen sind die das gesamtbild bestimmenden tatsächlichen verhältnisse die rechtlich relevanten umstände, die im einzelfall eine wertende zuordnung zum typus der abhängigen beschäftigung erlauben. ob eine "beschäftigung" vorliegt, ergibt sich aus dem vertragsverhältnis der beteiligten, so wie es im rahmen des rechtlich zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. ausgangspunkt ist daher zunächst das vertragsverhältnis der beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten beziehung erschließen lässt. eine im widerspruch zu ursprünglich getroffenen vereinbarungen stehende tatsächliche beziehung und die hieraus gezogene schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte natur der rechtsbeziehung gehen der nur formellen vereinbarung vor, soweit eine - formlose - abbedingung rechtlich möglich ist. umgekehrt gilt, dass die nichtausübung eines rechts unbeachtlich ist, solange diese rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. zu den tatsächlichen verhältnissen in diesem sinne gehört daher unabhängig von ihrer ausübung auch die einem beteiligten zustehende rechtsmacht. in diesem sinne gilt, dass die tatsächlichen verhältnisse den ausschlag geben, wenn sie von vereinbarungen abweichen. maßgeblich ist die rechtsbeziehung so, wie sie praktiziert wird, und die praktizierte beziehung so, wie sie rechtlich zulässig ist (bsg, urteil v. 28.9.2011, b 12 r 17/09 r, juris; senat, urteil v. 29.6.2011, l 8 (16) r 55/08, juris). 61ausgehend von diesen grundsätzen ist die beklagte zunächst zu recht zu dem ergebnis gelangt, dass die beigeladene zu 1) im streitzeitraum bei dem kläger abhängig beschäftigt gewesen ist. die bewertung und gewichtung der relevanten abgrenzungsmerkmale zeigt, dass das vertraglich vereinbarte und tatsächlich praktizierte vertragsverhältnis im wesentlichen dem einer abhängig beschäftigten entspricht, wogegen aspekte, die für eine selbstständige tätigkeit sprechen, nicht in relevantem umfang vorhanden sind. 62basis der prüfung sind die vertraglichen grundlagen der zu prüfenden rechtsbeziehung. dabei ist die beigeladene zu 1) im rahmen eines dauerschuldverhältnisses tätig geworden. rechtlicher ausgangspunkt für dieses ist die vereinbarung vom 18.10.1999. dieser ging ein arbeitsvertrag über eine geringfügige beschäftigung voraus, welche zunächst bis zum 31.3.1999 nicht der versicherungspflicht und ab dem 1.4.1999 der erhebung von pauschalbeiträgen des arbeitgebers zur gesetzlichen kranken- und rentenversicherung unterlag. sodann schlossen der kläger und die beigeladene zu 1) die o.g. neue vereinbarung. entgegen den sich aus dieser ergebenden anhaltspunkten dafür, dass eine selbstständige tätigkeit dem willen der vertragsparteien entsprach, nämlich reinigung auf erfolgs- und werkvertragsbasis, freie zeiteinteilung, freie gestaltung der art der tätigkeit, werklohn, kein anspruch auf entgeltfortzahlung im krankheitsfall bzw. urlaub, sprechen in erheblichem maße nicht nur gesichtspunkte der vertraglichen (vorgabe der reinigungszeiten außerhalb der geschäftsüblichen bürozeiten, vorgabe von wöchentlichen reinigungsintervallen, etc.), sondern insbesondere die tatsächliche ausgestaltung der tätigkeit für eine abhängige beschäftigung. 63auf der beschriebenen vertraglichen grundlage ist die beigeladene zu 1) tatsächlich in einem fremden betrieb, nämlich in dem des klägers, tätig geworden. während der tätigkeit war sie vollständig in dessen betrieb und folglich in eine ihr einseitig vorgegebene organisation eingegliedert (vgl. bsg, urteil v. 4.6.1998, b 12 kr 5/97 r, sozr 3-2400 § 7 nr. 17 m.w.n.). eine dienende teilhabe am arbeitsprozess im sinne abhängiger beschäftigung liegt in der regel vor, wenn das arbeitsziel und die mittel zu seiner bewältigung, also der betriebliche rahmen, vom auftraggeber gestellt wird oder auf seine rechnung organisiert werden kann (segebrecht in: jurispk-sgb iv, 2. auflage, § 7 rdnr. 113f.). das ist hier der fall. denn die beigeladene zu 1) ist zur ausführung ausschließlich in den betriebsräumen und mit den dortigen betriebsmitteln tätig geworden. der kläger hat ihr nicht nur das reinigungsobjekt, sondern auch die reinigungsutensilien zur verfügung gestellt. sie hat sich lediglich anteilig und nachträglich an den reinigungsmitteln beteiligt. 64soweit geltend gemacht wird, dass die leistung zwingend in den klägerischen räumlichkeiten zu erbringen gewesen ist, ist dies nicht maßgeblich. eine tatsächliche bestehende eingliederung in den betrieb des dienstherrn tritt nicht deshalb in ihrer bedeutung zurück, weil sie (auch) in der eigenart der zu erbringenden leistung begründet ist (bsg, urteil v. 11.03.2009, b 12 kr 21/07 r, juris; senat, beschluss v. 18.2.2010, l 8 r 13/09 r er). 65die beigeladene zu 1) unterlag daran anknüpfend einem weisungsrecht des klägers bezüglich ort, zeit sowie art und weise der tätigkeit, denn allein ihm oblag die abstrakte rechtsmacht. 66nach dem mit dem kläger geschlossenen vertrag war die beigeladene zu 1) verpflichtet, in wöchentlichen intervallen reinigungsarbeiten in den kanzleiräumen durchzuführen. sie hatte in zeitlicher hinsicht zudem die geschäftsüblichen bürozeiten zu beachten. dementsprechend ist sie daher zumeist mittwochsnachmittags oder am wochenende tätig geworden. die reinigung dauerte zwischen zwei bis zweieinhalb stunden. 67wenn der kläger ausführt, dass aus der veränderten vertraglichen gestaltung eine erhebliche zeitliche flexibilität der beigeladenen zu 1) erwachsen sei, so ist dies für den senat nicht erkennbar. bereits im vorangegangenen arbeitsverhältnis ist die beigeladene zu 1) mittwochsnachmittags für den kläger tätig geworden. doch selbst wenn eine gewisse freiheit in zeitlicher hinsicht anzunehmen ist, entspricht dies einer solchen, die auch bei teilzeitbeschäftigungen zu finden ist. bei ihnen wie auch in anderen abhängigen beschäftigungen sind häufig flexible arbeitszeiten anzutreffen, da arbeitgeber zunehmend durch flexible arbeitszeitsysteme wie gleitzeitsystem etc. den persönlichen bedürfnissen ihrer arbeitnehmer entgegenkommen, aber solche systeme auch zu ihrem vorteil nutzen, um zum beispiel zum teil schwankenden arbeitsanfall abzufedern und teure arbeitskraft effektiver einzusetzen (senat, urteil v. 20.7.2011, l 8 r 534/10, juris). 68der ort der tätigkeit ergab sich grundsätzlich aus der tätigkeit selbst. ihre art und weise wurde durch den kläger dahingehend definiert, dass ein ansprechendes reinigungsergebnis erzielt werden sollte. zudem waren grundsätzlich die räumlichkeiten zu reinigen, zu denen mandanten zutritt bzw. einblick hatten. hinsichtlich der räumlichkeiten, in denen kein mandantenverkehr zu erwarten war, war die beigeladene zu 1) in der arbeitseinteilung freier. 69die einwendung des klägers, dass er keine einzelnen anweisungen zur reinigungstechnik oder reinigungsorten gegeben habe, steht dem nicht entgegen. zunächst ist es unerheblich, ob der kläger von seinem weisungsrecht in der täglichen arbeitsroutine tatsächlich gebrauch gemacht bzw. die beigeladene zu 1) ihren zuständigkeitsbereich alleinverantwortlich und regelmäßig ohne weisungen ausgeführt hat. denn der gebrauch bestehender rechtsmacht ist unbeachtlich, weil die versicherungsrechtliche beurteilung sonst wesentlich davon abhinge, ob die tätigkeit aus sicht des rechtsmachtinhabers beanstandungsfrei ausgeübt wurde (vgl. lsg nrw, urteil v. 25.3.2010, l 16 (5) kr 190/08, juris; senat, urteil v. 12.2.2014, l 8 r 1108/12). darüber hinaus arbeitete die beigeladene zu 1) bereits seit dem jahr 1993 für den kläger. sie führte, bis auf die änderung des reinigungsobjektes, seit dieser zeit die gleiche tätigkeit aus. die fortdauernde notwendigkeit von ständigen weisungen hinsichtlich der art der tätigkeit ist aufgrund der sich einstellenden täglichen arbeitsroutine bei gleichbleibendem aufgabenbereich nicht ersichtlich. 70bestehen danach an der eingliederung der beigeladenen zu 1) in den fremden betrieb und an einem weisungsrecht ihr gegenüber keine zweifel, ist es unerheblich, ob die vertragsparteien keine abhängige beschäftigung vereinbaren wollten. der sozialversicherungsrechtliche status unterliegt nicht der dispositionsfreiheit der beteiligten personen, sondern ergibt sich aus den gesetzlichen bestimmungen in verbindung mit den von der höchstrichterlichen rechtsprechung dazu herausgearbeiteten beurteilungskriterien (senat, beschluss v. 14.10.2013, l 8 r 230/13 b er). 71wesentliche merkmale, die für eine selbstständige tätigkeit sprechen, und im rahmen der gesamtabwägung dermaßen überwiegen, dass nicht von einer abhängigen beschäftigung auszugehen ist, sind nicht ersichtlich. 72im hinblick auf die vorliegend maßgeblich zu beurteilende tätigkeit verfügte die beigeladene zu 1) über keine eigene betriebsstätte. das gewerbe hat sie erst nachträglich zu einem zeitpunkt angemeldet, zu der die tätigkeit bei dem kläger bereits beendet gewesen ist. zudem erfolgte durch die beigeladene zu 1) keine eigene rechnungslegung. vielmehr erstellte der kläger die jahresabrechnungen, die sie auch zur angabe ihrer einkünfte beim zuständigen finanzamt nutzte. 73für sie bestand in ihrer tätigkeit für den kläger auch kein maßgeblich ins gewicht fallendes unternehmerrisiko. nach den vom bsg entwickelten grundsätzen (vgl. bsg, urteil v. 28.5.2008, b 12 kr 13/07 r, usk 2008-45 m.w.n.) ist maßgebliches kriterium für ein solches risiko, ob eigenes kapital oder die eigene arbeitskraft auch mit der gefahr des verlustes eingesetzt wird, der erfolg des einsatzes der sächlichen oder persönlichen mittel also ungewiss ist. erforderlich ist ein risiko, das über das risiko hinausgeht, für den arbeitseinsatz kein entgelt zu erzielen (segebrecht in: a.a.o., § 7 rdnr. 117). allerdings ist ein unternehmerisches risiko nur dann hinweis auf eine selbstständige tätigkeit, wenn diesem risiko auch größere freiheiten in der gestaltung und der bestimmung des umfangs beim einsatz der eigenen arbeitskraft gegenüberstehen (vgl. bsg, urteil v. 28.5.2008, a.a.o., bsg, urteil v. 28.9.2011, a.a.o.). 74ein vergütungsrisiko ist mit ausnahme des auch von einem abhängig beschäftigten zu tragenden insolvenzrisikos des gläubigers nicht ersichtlich. die beigeladene zu 1) wurde erfolgsunabhängig mit einem monatlichem "abschlag" für die wöchentlichen reinigungen honoriert. eine möglichkeit zur unternehmerischen preisgestaltung ist nicht ersichtlich. als aufwendungen hat sie dem kläger nur anteilig die gestellten reinigungsmittel rückvergütet. aus den abrechnungen ergeben sich lediglich jährliche beträge zwischen 30,00 eur und 35,00 eur. daraus kann weder ein maßgeblicher kapitaleinsatz ersehen werden, noch können daraus unternehmerische chancen erwachsen. eigenes kapital wurde darüber hinaus weder in form von investitionen in werbung und fortbildung in bezug auf die konkret übernommene tätigkeit noch in form von zur verfügung gestellten arbeitsmitteln eingesetzt. 75das weitere fehlen von regelungen zu ansprüchen auf urlaubsentgelt bzw. entgeltfortzahlung im krankheitsfall rechtfertigt für sich genommen nicht die annahme eines unternehmerischen risikos. die überbürdung sozialer risiken abweichend von der das arbeitsrecht prägenden risikoverteilung ist nur dann ein gewichtiges indiz für unternehmerisches handeln, wenn damit auch tatsächliche chancen einer einkommenserzielung verbunden sind, also eine erweiterung der unternehmerischen möglichkeiten stattfindet (bsg, urteil v. 11.3.2009, b 12 kr 21/07 r, usk 2009-25; senat, urteil v. 20.7.2011, l 8 r 534/10, juris). hierfür ist im vorliegenden fall jedoch nichts ersichtlich. 76ferner wendet der kläger ein, dass die beigeladene zu 1) eine dritte person hätte stellen können, die die arbeiten erledigt. die möglichkeit, arbeiten laufend durch eigenes personal (also nicht höchstpersönlich) erledigen lassen zu können, ist grundsätzlich ein anhaltspunkt für eine selbstständige tätigkeit. mit der einstellung von personal sind unabhängig von der auftragslage, laufende ausgaben und wirtschaftliche verpflichtungen verbunden, die das risiko in sich bergen, kapital mit dem risiko eines verlustes einzusetzen und damit letztendlich ein unternehmerrisiko darstellen. davon zu unterscheiden ist die bloß formale vertragliche berechtigung, die arbeiten auch durch andere durchführen zu lassen, wenn von dieser tatsächlich nie gebrauch gemacht wird und die persönliche leistungserbringung die regel ist (bsg, urteil v. 19.8.2003, b 2 u 38/02 r, sozr 4-2700 § 2 nr. 1). derartige formale berechtigungen können, wenn sie tatsächlich nicht zum tragen kommen, nicht als indiz für eine selbstständige tätigkeit, sondern allenfalls als ausdruck des wunsches, dass eine selbstständige tätigkeit vorliegen soll, gewertet werden (segebrecht in: a.a.o., § 7 rdnr. 117). vorliegend hat die beigeladene zu 1) mehrfach erklärt, dass sie sich zu keiner zeit habe vertreten lassen. ist sie einmal verhindert bzw. urlaubsbedingt abwesend gewesen, hat sie die arbeiten nach rückkehr persönlich nachgeholt. zwar meinte sich der kläger zu erinnern, dass der ehemann der beigeladenen zu 1) diese einmal vertreten habe. dies konnte er jedoch zum einen selbst nicht mit sicherheit bekunden und zum anderen stehen dem die wiederholten gegenteiligen äußerungen der beigeladenen zu 1) entgegen. 77zudem ist der vortrag des klägers, es sei ihm letztlich gleich gewesen, welche (ihm ggf. unbekannten) dritten personen die reinigung seiner kanzlei vornähmen, mit blick auf seine in § 43a abs. 2 bundesrechtsanwaltsordnung (brao), § 2 abs. 1 der berufsordnung für rechtsanwälte (bora) und § 203 abs. 1 nr. 3 strafgesetzbuch (stgb) geregelte verschwiegenheitspflicht kaum nachvollziehbar. danach hat der kläger als rechtsanwalt u.a. dafür zu sorgen, dass unbefugte keinen einblick in mandantenunterlagen und mandanten betreffende unterlagen erhalten. die beigeladene zu 1) wurde daher zunächst im arbeitsvertrag ausdrücklich zur verschwiegenheit verpflichtet. später fehlte es an einer schriftlichen regelung. jedoch erwartete der kläger nach eigenem vortrag, dass sie keine "aktenschau" betreibe. dem senat ist vor dem hintergrund der langjährigen zusammenarbeit weder ersichtlich noch wurde dies vorgetragen, dass die beigeladene zu 1) an dieser verpflichtung ihrerseits jemals zweifelte. dass der kläger allerdings nur im vertrauen auf die menschenkenntnis der beigeladenen zu 1) tatsächlich unbekannten dritte, gegebenenfalls noch mit entsprechenden schlüsseln ausgestattet, den alleinigen zutritt zu den kanzleiräumen gewährt hätte, erscheint lebensfremd. 78weitere in die gesamtabwägung einzustellende gesichtspunkte sind weder vorgetragen noch ersichtlich. 79die höhe der nachforderung ist nicht zu beanstanden. sie ergibt sich aus § 249b absatz 1 sgb v, § 172 abs. 3 satz 1 sgb vi sowie aus § 7 abs. 2 aag. das zugrunde gelegte arbeitsentgelt hat die beklagte zutreffend berechnet. arbeitsentgelt sind nach § 14 abs. 1 satz 1 sgb iv alle laufenden oder einmaligen einnahmen aus einer beschäftigung, gleichgültig, ob ein rechtsanspruch auf die einnahmen besteht, unter welcher bezeichnung oder in welcher form sie geleistet und ob sie unmittelbar aus der beschäftigung oder im zusammenhang mit ihr erzielt werden. die beklagte hat zu recht für die jahre 2004 und 2005 entgelte in höhe von 1.690,00 eur, im jahr 2006 in höhe von 1.655,00 eur, im jahr 2007 in höhe von 1.560,00 eur und im jahr 2008 in höhe von 1.248,00 eur ihrer berechnung zugrunde gelegt. 80die tätigkeit der beigeladenen zu 1) ist auch nicht durch die weitere, in den jahren 2007 und 2008 ausgeübte tätigkeit durch überschreiten der geringfügigkeitsgrenze versicherungspflichtig geworden. nach § 8 abs. 2 sgb iv sind bei der anwendung von § 8 abs. 1 sgb iv mehrere geringfügige beschäftigungen nach nr. 1 oder nr. 2 sowie geringfügige beschäftigungen nach nr. 1 mit ausnahme einer geringfügigen beschäftigung nach nr. 1 und nicht geringfügige beschäftigung zusammenzurechnen. die entgelte für beide tätigkeiten beliefen sich im jahr 2007 auf insgesamt 2.380,00 eur und im jahr 2008 auf 3.708,00 eur und lagen damit unter der jährlichen grenze von 4.500,00 eur. 81die nachforderung ist zudem nicht verjährt. nach § 25 abs. 1 satz 1 sgb iv verjähren ansprüche auf beiträge in vier jahren nach ablauf des kalenderjahres, in dem sie fällig geworden sind. gemäß § 23 abs. 1 satz 2 sgb iv wurden bis zum 31.12.2005 beiträge spätestens am 15. des monats fällig, der dem monat folgt, in dem die beschäftigung oder tätigkeit ausgeübt worden ist. ab dem 1.1.2006 werden beiträge, die nach dem arbeitsentgelt oder dem arbeitseinkommen zu bemessen sind, in voraussichtlicher höhe der beitragsschuld spätestens am drittletzten bankarbeitstag des monats fällig, in dem die beschäftigung oder tätigkeit, mit der das arbeitsentgelt oder arbeitseinkommen erzielt wird, ausgeübt worden ist oder als ausgeübt gilt; ein verbleibender restbeitrag wird zum drittletzten bankarbeitstag des folgemonats fällig, § 23 abs. 1 sgb iv. vorliegend greift die vierjährige verjährungsfrist ein. nach § 25 abs. 2 satz 2 sgb iv ist die verjährung für die dauer einer prüfung beim arbeitgeber gehemmt ist. da eine prüfung auch mit der aufforderung beginnen kann, die erforderlichen unterlagen vorzulegen (§ 98 abs. 1 satz 3 sgb x), ist bereits die verjährung der ersten beiträge für das jahr 2004, die bis zum 31.12.2008 lief, mit zugang des schreibens der beklagten vom 6.10.2008 gehemmt worden. 82die erhobenen säumniszuschläge sind gleichfalls nicht zu beanstanden. nach § 24 abs. 1 satz 1 sgb iv ist für beiträge und beitragsvorschüsse, die der zahlungspflichtige nicht bis zum ablauf des fälligkeitstages gezahlt hat, für jeden angefangenen monat der säumnis ein säumniszuschlag von 1 v.h. des rückständigen auf 50,00 eur nach unten abgerundeten betrages zu zahlen. wird eine beitragsforderung durch bescheid mit wirkung für die vergangenheit festgestellt, ist ein darauf entfallender säumniszuschlag nicht zu erheben, soweit der beitragsschuldner glaubhaft macht, dass er unverschuldet keine kenntnis von der zahlungspflicht hatte (§ 24 abs. 2 sgb iv). eine dahingehende glaubhaftmachung ist dem kläger hier nicht gelungen. 83der senat kann dabei dahinstehen lassen, ob verschuldete unkenntnis von der zahlungspflicht im sinne von § 24 abs. 2 sgb iv erst bei (zumindest bedingtem) vorsatz (so der 12. senat bsg, urteil v. 26.1.2005, b 12 kr 3/04 r, sozr 4-2400 § 14 nr. 7; urteil v. 9.11.2011, b 12 r 18/09 r, sozr 4-2400 § 14 nr. 13) oder schon bei fahrlässigkeit im sinne von § 276 bürgerliches gesetzbuch (so der 13. senat des bsg, urteil v. 1.7.2010, b 13 r 67/09 r, sozr 4-2400 § 24 nr. 5; aus der literatur segebrecht in jurispk-sgb iv, § 24 rdnr. 60 m.w.n.) vorliegt. denn der kläger hat auch nicht glaubhaft gemacht, dass er seine beitragspflicht nicht vorsätzlich (sondern lediglich fahrlässig) verletzt hat. 84vorsätzlich in diesem sinne handelt bereits, wer seine beitragspflicht für möglich hält, die nichtabführung der beiträge aber billigend in kauf nimmt. dazu muss das vorliegen des inneren (subjektiven) tatbestandes festgestellt, d.h. anhand der konkreten umstände des einzelfalles und bezogen auf den betreffenden beitragsschuldner individuell ermittelt werden. zwar sind allgemein geltende aussagen zum vorliegen des subjektiven tatbestandes ausgeschlossen. jedoch wird vorsatz regelmäßig vorliegen, wenn für das gesamte typische arbeitsentgelt (z.b. bei "schwarzarbeit") überhaupt keine beiträge entrichtet werden (bsg, urteil v. 30.3.2000, b 12 kr 14/99 r, sozr 3-2400 § 25 nr. 7). weiter ist zu berücksichtigen, dass der arbeitgeber bei unklarheiten hinsichtlich der versicherungs- und beitragsrechtlichen beurteilung einer erwerbstätigkeit die möglichkeit hat, darüber im einzugsstellen- (vgl. § 28h sgb iv) und/oder anfrageverfahren (vgl. § 7a sgb iv) gewissheit durch herbeiführung der entscheidung einer fachkundigen stelle zu erlangen; der verzicht auf einen entsprechenden antrag kann auf bedingten vorsatz schließen lassen (bsg, urteil v. 9.11.2011, a.a.o.). 85nach diesen maßstäben spricht im vorliegenden fall alles dafür, dass der kläger seine beitragspflicht mindestens für möglich gehalten und die nichtabführung von beiträgen zumindest billigend in kauf genommen hat. der kläger, der fachanwalt für steuerrecht ist und schon aus diesem grund berufsbedingt mit der abgrenzung von nichtselbständiger und selbständiger arbeit vertraut ist, hat trotz vorliegens zahlreicher für eine abhängige beschäftigung sprechenden indizien keinerlei anstrengungen unternommen, den status der beigeladenen zu 1) klären zu lassen. dass er dies in der überzeugung unterlassen hat, die beigeladene zu 1) sei nunmehr selbständig für ihn tätig und es bestehe nicht einmal die möglichkeit, dass sie auch weiterhin abhängig beschäftigt sei, ist in keiner weise glaubhaft. das gilt umso mehr, als nach § 7 abs. 4 satz 1 sgb iv in der vom 1.4.1999 bis zum 31.12.1999 geltenden fassung des gesetzes zu korrekturen in der sozialversicherung und zur sicherung der arbeitnehmerrechte v. 19.12.1998 (bgbl i 1998, s. 3843) eine beschäftigung bei personen vermutet wurde, die zwei der folgenden vier kriterien erfüllten: sie beschäftigten im zusammenhang mit ihrer tätigkeit mit ausnahme von familienangehörigen keinen versicherungspflichtigen arbeitnehmer (nr. 1). sie wurden regelmäßig und im wesentlichen nur für einen auftraggeber tätig (nr. 2). sie erbrachten für beschäftigte typische arbeitsleistungen (nr. 3). sie traten nicht aufgrund unternehmerischer tätigkeit am markt auf (nr. 4). in der person der beigeladenen zu 1) waren seinerzeit alle vier genannten merkmale erfüllt, unzweifelhaft jedoch die kriterien nach nr. 1, 2 und 4. 86dieser beurteilung kann der kläger nicht erfolgreich entgegenhalten, dass das sg im eilverfahren zu seinen gunsten entschieden und seine rechtliche beurteilung geteilt habe. denn er hat diese beurteilung maßgeblich aufgrund falscher angaben mit herbeigeführt, indem er - zumindest "ins blaue hinein" - vorgetragen hat, die beigeladene zu 1) habe sich bei ihrer tätigkeit für ihn regelmäßig vertreten zu lassen. zudem ist das sg seinerzeit aufgrund der im einstweiligen rechtsschutzverfahren gebotenen summarischen prüfung noch - wie sich später herausstellte, unzutreffend - davon ausgegangen, dass die beigeladene zu 1) im zusammenhang mit der aufnahme ihrer (vermeintlich) selbständigen tätigkeit für den kläger ein gewerbe angemeldet hatte, obwohl dies erst jahre später rückwirkend geschehen ist. 87die kostenentscheidung richtet sich nach § 197 a abs. 1 satz 1 sgg i.v.m. § 154 abs. 2 verwaltungsgerichtsordnung. 88gründe gemäß § 160 abs. 2 sgg für die zulassung der revision liegen nicht vor. die entscheidung orientiert sich an der ständigen rechtsprechung des bsg. 89die festsetzung des streitwertes folgt aus § 197a sgg i. v. m. § 52 abs. 3 gerichtskostengesetz.
Verklagte*r
0
333,924
S 13 KR 402/19
2020-12-15T00:00:00
Urteil
Tenor Der Bescheid der Beklagten vom 28.08.2019 wird aufgehoben. Es wird festgestellt, dass die Erbringung und Abrechnung von komplexen Eingriffen am Organsystem Pankreas durch den Kläger im Jahr 2020 nicht gegen die Mindestmengenregelungen nach § 136b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB V verstoßen haben bzw. verstoßen. Die Kosten des Verfahrens tragen die Beklagten. Der Streitwert wird auf 407.631,90 EUR festgesetzt. 1Tatbestand: 2Die Beteiligten streiten über die Berechtigung des Klägers, im Kalenderjahr 2020 die unter die Mindestmengenregelung fallende Leistung "Komplexe Eingriffe am Organsystem Ösophagus" erbringen und abrechnen zu dürfen. Der Kläger ist Träger eines zur Behandlung von Versicherten der gesetzlichen Krankenkassen zugelassenen Krankenhauses. In der Vergangenheit erbrachte er bereits die mindestmengenrelevanten Leistungen "Komplexe Eingriffe am Organsystem Pankreas" und "Kniegelenk-Totalendoprothese". Ende 2017 begann er mit dem Aufbau eines neuen mindestmengenrelevanten Leistungsbereichs in der Ösophaguschirurgie. Am 20.12.2017 erfolgte ein erster komplexer Eingriff am Organsystem Ösophagus. Im Jahr 2018 erbrachte der Kläger zehn, im Jahr 2019 zwölf, im ersten Halbjahr 2020 fünf komplexe Eingriffe am Organsystem Ösophagus; im Zeitraum vom 01.07.2019 bis 30.06.2020 wurden elf komplexe Ösophagus-Eingriffe durchgeführt. Mit Schreiben vom 16.10. und 08.11.2018 gab der Kläger – neben den beiden Leistungs-bereichen "Komplexe Eingriffe am Pankreas" und "Kniegelenk-Totalendoprothese" – erstmals unter Hinweis auf § 136b Abs. 4 Satz 3 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) eine Prognose für den Leistungsbereich "Komplexe Eingriffe am Organsystem Ösophagus" für das Jahr 2019 ab. Auf der Basis der Leistungszahlen im Zeitraum vom 01.12.2017 bis 05.10.2018 ging er davon aus, die erforderliche Mindestmenge für 2019 zu erfüllen. Er berief sich – ausgehend von dem am 20.12.2017 durchgeführten ersten Eingriff dieses Leistungsbereichs – auf den Ausnahmetatbestand Nr. 3 der Anlage 2 der bis 31.12.2017 geltenden Mindestmengenregelungen (Mm-R) des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA). Da ihm ein Übergangszeitraum von 36 Monaten für die (dauerhafte) Erreichung der Mindestmenge zustehe, habe es einer vorherigen Mitteilung der Leistungserbringung im Jahr 2017 nicht bedurft; die abweichenden Regelungen der Mm-R 2018 seien erst zum 01.01.2018 in Kraft getreten. Nach der Übergangsregelung des § 10 Abs. 3 der Mm-R 2018 bleibe eine bis zum 31.12.2017 bestehende Berechtigung zur Leistungserbringung aufgrund eines Ausnahmetatbestandes von den geänderten Regelungen der Mm-R unberührt. Mit Bescheid vom 26.11.2018 stimmten die Beklagten zu 1., 3., 4., 5., 6. und 7. den für 2019 geplanten "Komplexen Eingriffen am Organsystem Ösophagus" nicht zu. Sie widersprachen der Auffassung des Klägers, dass es keiner vorherigen Mitteilung des Vorliegens eines Ausnahmetatbestandes bedurft habe. Nach § 136b SGB V bestehe für Leistungen, die der Mindestmengenregelung unterliegen, ein grundsätzliches Leistungserbringungs- und Vergütungsverbot, es sei denn, die Zulässigkeit sei gegenüber den Landesverbänden der Krankenkassen und der Ersatzkassen nachgewiesen worden. Dies geschehe durch entsprechende jährliche Darlegung der Prognose (§ 136b Abs. 4 SGB V). Zur Abfederung unbilliger Härten sei der G-BA vom Gesetzgeber beauftragt worden, in den Mindestmengenregelungen Ausnahmetatbestände und Übergangsregelungen vorzusehen. Dieses sei bei der Abfassung sowohl der alten als auch der aktuellen Mindestmengenregelung umgesetzt worden. Die Beklagten meinten, es würde den Grundsätzen der Mindestmengenregelung zuwider laufen, würde man die Entscheidung über die Zulässigkeit eines Ausnahmetatbestandes in das alleinige Ermessen des Krankenhausträgers stellen. Vielmehr sei davon auszugehen, dass die Rechtmäßigkeit eines Ausnahmetatbestandes im Vorfeld der Leistungserbringung überprüfbar sein müsse. Dies setze allerdings die Kenntnis des Ausnahmetatbestandes durch vorherige Anzeige gegenüber den Landesverbänden der Krankenkassen und der Ersatzkassen voraus. Erst nach erfolgter und bestandener Prüfung sei die Abrechnungsfähigkeit der Leistung gegeben. Letztlich werde diese Auffassung durch die überarbeiteten und ab 1.1.2018 gültigen Mindestmengenregelungen bestätigt. Dagegen erhob der Kläger am 20.12.2018 Klage (S 1 KR 762/18). Mit Schreiben vom 04.07.2019 gab der Kläger – neben den beiden Leistungsbereichen "Komplexe Eingriffe am Pankreas" und "Kniegelenk-Totalendoprothese" – unter Hinweis auf § 136b Abs. 4 Satz 3 SGB V eine Prognose für den Leistungsbereich "Komplexe Eingriffe am Organsystem Ösophagus" für das Jahr 2020 ab. Auf der Basis der Leistungszahlen für das Kalenderjahr 2018 (10 Eingriffe) und den Zeitraum vom 01.07.2018 bis 30.06.2019 (13 Eingriffe) ging er von einer positiven Prognose aus. Nach Anhörung des Klägers erklärten die Beklagten durch Bescheid vom 28.08.2019, dass sie die dargelegte Prognose für das Jahr 2020 entsprechend Mm-R des G-BA für den Leistungsbereich "Komplexe Eingriffe am Organsystem Ösophagus" widerlegen und der Erbringung und Abrechnung von komplexen Eingriffen am Organsystem Ösophagus weiterhin nicht zustimmen. Dies habe zur Folge, dass komplexe Eingriffe am Organsystem Ösophagus entsprechend der Anlage der Mm-R auch im Jahr 2020 durch den Kläger weiterhin nicht erbracht sowie abgerechnet werden dürften und durch die Kostenträger nicht vergütet würden. Eventuelle Rückforderungen bereits erbrachter Zahlungen behielten sich die Kostenträger vor. Die Beklagten meinten, dass die Mm-R in der bis zum 31.12.2017 geltenden Fassung zwar noch keine Anzeigepflicht normiert habe, es aber gleichwohl einer vorherigen Mitteilung eines Ausnahmetatbestandes bedurft hätte. Aus der Systematik des § 136b SGB V folge, dass es über eine positive Prognose des Krankenhauses hinaus der Feststellung durch die Landesverbände der Krankenkassen und der Ersatzkassen bedürfe, die Leistung bewirken zu dürfen. Es würde den Grundsätzen der Mindestmengenregelung zuwider laufen, würde man die Entscheidung über die Aufhebung des Leistungserbringungsverbots in das Belieben des Krankenhausträgers stellen. Vielmehr sei davon auszugehen, dass die Rechtmäßigkeit eines Ausnahmetatbestandes im Vorfeld der Leistungserbringung überprüfbar sein müsse. Dies setze die Kenntnis des Ausnahmetatbestandes durch vorherige Mitteilung gegenüber den Landesverbänden der Krankenkassen und der Ersatzkassen voraus. Erst nach erfolgter und bestandener Prüfung sei die Abrechnungsfähigkeit der Leistung gegeben. Darüber hinaus gebiete die Rechtssicherheit die verbindliche vorherige Klärung durch die Kostenträgerseite. Im Übrigen widersprachen die Verfasser des Bescheides der Auffassung des Klägers, dass die Leistungen in 2018 aufgrund der insoweit erhobenen Klage hätten bewirkt werden dürfen; sie meinten, dass der durch die Anfechtungsklage eingetretene Suspensiveffekt noch nicht dazu führe, dass der Kläger die mindestmengenbelegte Leistung bewirken dürfe. Dagegen hat der Kläger am 25.09.2019 Klage erhoben. Er beruft sich auf den Ausnahmetatbestand "Aufbau eines neuen Leistungsbereichs" nach Nr. 3 der Anlage 2 zu den Mm-R in der bis 31.12.2017 geltenden Fassung; der Ausnahmetatbestand begründe einen Übergangszeitraum von 36 Monaten. Zwar sei die Anlage 2 durch den Beschluss des G-BA vom 17.11.2017 mit Wirkung zum 01.01.2018 aufgehoben worden. Nach der Übergangsregelung des § 10 Abs. 3 Mm-R (n.F.) bleibe jedoch eine bis zum 31.12.2017 begründete Berechtigung zur Leistungserbringung auf der Grundlage der bisherigen Anlage 2 unberührt. Da für die Jahre 2017, 2018, 2019 und auch noch annähernd für das gesamte Jahr 2020 ein Ausnahmetatbestand greife, sei die Leistungserbringungsbefugnis nicht von der Darlegung einer positiven Prognose für das Jahr 2020 abhängig gewesen. Gleichwohl legte der Kläger vorsorglich dar, dass die berechtigte mengenmäßige Erwartung bestanden habe, dass im Jahr 2020 die Mindestmenge für komplexe Eingriffe am Organsystem Ösophagus voraussichtlich nicht unterschritten werde. Die Zahl der durchgeführten Eingriffe belege, dass die Voraussetzungen der Regelvermutung für eine positive Prognose für das Jahre 2020 sowohl nach § 136b Abs. 4 S. 4 SGB V als auch nach § 4 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 und 2 Mm-R (n.F.) vorlägen. Die tatsächlichen Zahlen seien somit nicht geeignet gewesen, die von ihm dargelegte positive Prognose zu widerlegen. § 136b Abs. 4 SGB V beinhalte kein – auch kein ungeschriebenes – Genehmigungserfordernis hinsichtlich einer Berechtigung zur Erbringung mindestmengenrelevanter Leistungen. Aufgrund der aufschiebenden Wirkung einer Anfechtungsklage bleibe das Krankenhaus bis zum Abschluss des sozialgerichtlichen Verfahrens berechtigt, die mindestmengenbelegten Leistungen zu erbringen und abzurechnen. 3Der Kläger beantragt, 1. den Bescheid der Beklagten vom 28.08.2019 aufzuheben, 2. festzustellen, dass die Erbringung und Abrechnung von komplexen Eingriffen am Organsystem Ösophagus durch den Kläger im Jahr 2020 nicht gegen die Mindestmengenregelungen nach § 136b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB V verstoßen haben bzw. verstoßen, hilfsweise, die Beklagten zu verpflichten, die Erbringuing und Abrechnung von komplexen Eingriffen am Organsystem Ösophagus durch den Kläger im Jahr 2020 zu genehmigen. 4Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen. 5Sie meinen unter Berufung auf den Beschluss des SG Berlin vom 10.05.2019 (S 182 KR 322/19 ER) und den diese Entscheidung bestätigenden Beschluss des LSG Berlin-Brandenburg vom 22.08.2019 (L 1 KR 196/19 B ER), § 136b Abs. 4 S. 1 SGB V beinhalte ein ungeschriebenes Genehmigungserfordernis. Bei Unterschreiten der Mindestmenge bestehe nach dem Gesetz ein Leistungserbringungsverbot. Ein solches Verbot könne nur mit einer ausdrücklichen Erlaubnis zur Leistungserbringung aufgehoben werden. Die Beklagten sind der Auffassung, die mit Bescheid vom 28.08.2019 erfolgte Prognosewiderlegung sei rechtmäßig. Für das Jahr 2019 habe keine Berechtigung zur Leistungserbringung und Abrechnung vorgelegen. Die Leistungen seien im Jahr 2019 unerlaubt erbracht worden und hätten insoweit auch nicht bei der Beurteilung der Prognose 2020 Berücksichtigung finden können. An einer berechtigten Erwartung des Krankenhausträgers fehle es dann, wenn der Träger wider besseren Wissens, d.h. trotz eines grundsätzlichen gesetzlichen Verbots und der schriftlichen Aufforderung zur Leistungseinstellung durch die Landesverbände der Krankenkassen, die Leistung fortsetze. Dies ergebe sich aus der systematischen und teleologischen Auslegung des Begriffs der berechtigten Erwartung. Die "berechtigte" Erwartung sei ein unbestimmter Rechtsbegriff, welcher auslegungsfähig sei. Bei systematischer Auslegung der berechtigten Erwartung im Sinne des § 136b Abs. 4 Satz 3 SGB V sei § 136b Abs. 4 Satz 1 SGB V heranzuziehen. Er normiere ein grundsätzliches Leistungsverbot für Leistungen, die der Mindestmengenregelung unterliegen. Es wäre widersinnig, würde man eine berechtigte Erwartung auch dann annehmen, wenn sie sich auf Leistungen stützt, die trotz bestehenden Verbots oder wider Aufforderung zur Leistungseinstellung erbracht wurden. Andernfalls würde sich der Verstoß in der positiven Prognose fortsetzen und perpetuieren. Darüber hinaus widerspräche dies Sinn und Zweck des § 136b Abs. 4 SGB V. Laut der Gesetzesbegründung verstoße der Kran¬kenhausträger, der ein bestehendes Leistungsverbot in einem Gebiet, in dem Leistungsuntergrenzen normiert wurden, missachtet, gegen § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V (Qualitätsgebot) und gegen § 12 Abs. 1 Satz 2 SGB V (Wirtschaft-lichkeitsgebot). Dieser Verstoß bliebe folgenlos, wenn der Krankenhausträger widerrechtlich erbrachte Leistungen zur Begründung einer positiven Prognose für die Zukunft heranziehen könnte. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsatze und den sonstigen Inhalt der Gerichts- und Verwaltungsakten, die bei der Entscheidung vorgelegen haben, Bezug genommen. 6Entscheidungsgründe: 7Die Klage ist statthaft und zulässig. Statthafte Klageart für das Begehren des Klägers ist die (kombinierte) Anfechtungs- und Feststellungsklage. Ihr Ziel ist nicht nur die Aufhebung der Entscheidung der Beklagten in der Hauptsache. Vielmehr will sie den Rechtsgrund für das "Behaltendürfen" – hier: das Erbringen und Abrechnen komplexer Eingriffe am Organsystem Ösophagus – fest-stellen lassen (BSG, Urteil vom 13.12.2016 – B 1 KR 10/16 R; Urteil vom 16.12.2014 – B 1 KR 31/13 R; Urteil vom 08.08.2019 – B 3 KR 16/18 R). Der Anfechtungsklage nach § 54 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) bedarf es, weil die Entscheidung ein belastender Verwaltungsakt im Sinne von § 31 Satz 1 SGB X ist (LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 16.06.2020 – L 16 KR 64/20; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 10.03.2020 – L 9 KR 389/19 B ER – und vom 22.08.2019 – L 1 KR 196/19 B ER; Bayerisches LSG, Beschluss vom 25.07.2019 – L 4 KR 117/19 B ER). Es handelt sich um eine Entscheidung im Sinne von § 136b Abs. 4 S. 7 SGB V, gegen die der Rechtsweg vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit gegeben ist; ein Vorverfahren findet nicht statt (§ 136b Abs. 4 S. 8 SGB V). Die darüber hinaus erhobene, mit der Anfechtungsklage kombinierte Feststellungsklage ist nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG zulässig, weil der Kläger die Feststellung des Bestehens eines Rechtsverhältnisses begehrt und ein berechtigtes Interesse an der Feststellung hat. Zwar bedürfte es nach Auffassung der Kammer neben der Anfechtungsklage eigentlich keiner darüber hinausgehenden Feststellungsklage; denn im Falle des Erfolges der Anfechtungsklage ist der bewirkte Rechtszustand bereits hinreichend klar: Die Leistungen dürfen erbracht werden (so ausdrücklich: LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 10.03.2020 – L 9 KR 389/19 B ER). Bis zur rechtskräftigen Entscheidung hat eine Anfechtungsklage gegen Widerlegungsentscheidungen kraft Gesetzes gem. § 86a Abs. 1 SGG aufschiebende Wirkung (LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 10.03.2020 – L 9 KR 389/19 B ER; Bayerisches LSG, Beschluss vom 25.07.2019 – L 4 KR 117/19 B ER); ein Fall gem. § 86a Abs. 2 SGG, in dem die aufschiebende Wirkung entfällt, liegt nicht vor. Dass eine Anfechtungsklage gegen Widerlegungsentscheidungen aufschiebende Wirkung hat, wird auch dadurch bestätigt, dass ausweislich des Referentenentwurfs eines "Gesetzes zur Weiterentwicklung der Gesundheitsversorgung" in einem § 136b Abs. 4 Satz 10 SGB V geregelt werden soll, dass Klagen gegen Entscheidungen nach Satz 6 "ab der Prognose für das Jahr 2023" keine aufschiebende Wirkung haben. In der Begründung des Referentenentwurfs heißt es, die aufschiebende Wirkung sei sachgerecht, "da Krankenhäuser derzeit während eines laufenden Klageverfahrens weiter Leistungen erbringen können, da bislang durch Einlegung der Klage die Prognose des Krankenhausträgers wiederauflebt, auch wenn später die Klage rechtskräftig gerichtlich abgewiesen wird". Da aber die Beklagten in Kenntnis dieser Rechtsprechung und Gesetzeslage weiterhin und ausdrücklich den Standpunkt vertreten, dass ein eventuelles Leistungserbringungs- und Abrechnungsverbot nicht schon aufgrund der mit der Anfechtungsklage verbundenen aufschiebenden Wirkung entfällt, sondern es über eine positive Prognose des Krankenhauses hinaus der Feststellung durch die Landesverbände der Krankenkassen und der Ersatzkassen bedürfe, die Leistung erbringen und abrechnen zu dürfen, ist der Feststellungsantrag zu 2. statthaft. Die Klage ist auch begründet. Der Kläger wird durch den Bescheid vom 28.08.2019 beschwert im Sinne des § 54 Abs. 2 SGG, da dieser rechtswidrig ist. Rechtsgrundlage des angefochtenen Bescheides ist § 136b Abs. 4 S. 6 SGB V i.V.m. der vom G-BA aufgrund der gesetzlichen Ermächtigung in § 136b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB V beschlossenen so genannten Mindestmengenregelungen (Mm-R). Zu diesen gehören "Komplexe Eingriffe am Organsystem Ösophagus"; für diese beträgt die jährliche Mindestmenge pro Krankenhaus 10 Eingriffe. Nach § 136b Abs. 4 SGB V dürfen zwar entsprechende Leistungen nicht bewirkt werden, wenn die nach § 136b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB V erforderliche Mindestmenge bei planbaren Leistungen voraussichtlich nicht erreicht wird (Satz 1) und steht einem Krankenhaus, das die Leistungen dennoch bewirkt, kein Vergütungsanspruch zu (Satz 2). § 136b Abs. 4 Satz 3 SGB V bestimmt jedoch, dass der Krankenhausträger eine positive Prognose für das jeweils folgende Jahr vorlegen muss, um Leistungen im sachlichen Geltungsbereich einer Mindestmenge erbringen zu dürfen, muss ("Für die Zulässigkeit der Leistungserbringung muss der Krankenhausträger gegenüber den Landesverbänden der Krankenkassen und der Ersatzkassen jährlich darlegen, dass die erforderliche Mindestmenge im jeweils nächsten Kalenderjahr auf Grund berechtigter mengenmäßiger Erwartungen voraussichtlich erreicht wird [Prognose]."). Hieraus folgt, dass der Krankenhausträger allein durch die Vorlage einer (jedenfalls nicht völlig abwegigen und schlechthin willkürlich erscheinenden) Prognose weiterhin Leistungen im Geltungsbereich der betroffenen Mindestmenge erbringen darf. Eine vorherige positive Feststellung der Landesverbände der Krankenkassen und der Ersatzkassen, die Leistungen erbringen zu dürfen, war und ist nicht erforderlich (LSG Niedersachse-Bremen, Urteil vom 16.06.2020 – L 16 KR 64/20; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 10.03.2020 – L 9 KR 389/19 B ER; SG Berlin, Urteil vom 05.03.2020 – S 56 KR 2033/19; anders noch: SG Berlin, Beschluss vom 10.05.2019 – S 182 KR 322/19 ER). Eine solche positive Entscheidung fordern weder das Gesetz noch die Mm-R. Soweit sich die Beklagten für ihre gegenteilige Auffassung auf den Beschluss des SG Berlin vom 10.05.2019 (S 182 KR 322/19 ER) und den diese erstinstanzliche Entscheidung bestätigenden Beschluss des 1. Senats LSG Berlin-Brandenburg vom 22.08.2019 (L 1 KR 196/19 B ER) berufen, übersehen sie, dass der 9. Senat des LSG Berlin-Brandenburg in seinem aktuellen Beschluss vom 10.03.2020 (L 9 KR 389/19 B ER) der Auffassung des 1. Senats mit überzeugenden Gründen nicht gefolgt ist. Allerdings können die Landesverbände der Krankenkassen und der Ersatzkassen "bei begründeten erheblichen Zweifeln an der Richtigkeit die vom Krankenhausträger getroffene Prognose widerlegen" (§ 136b Abs. 4 Satz 6 SGB V). Diese "Widerlegungsentscheidung" weist die Qualität eines belastenden Verwaltungsakts im Sinne von § 31 Satz 1 SGB X auf. Denn es handelt sich um eine Entscheidung, die zur Regelung eines Einzelfalles auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts mit unmittelbarer Rechtswirkung nach außen gerichtet ist; sie bewirkt zu Lasten des Krankenhausträgers, dass Leistungen im Bereich der Mindestmenge nicht erbracht werden dürfen. Die Entscheidung der Beklagten vom 28.08.2019 ist materiell rechtswidrig. Im Dezember 2017 – konkret: mit der Durchführung eines ersten "komplexen Eingriffs am Organsystem Ösophagus" am 20.12.2017 – begann der Kläger mit dem Aufbau eines neuen Leistungsbereiches, der unter die Mm-R fällt. Nummer 3 der Anlage 2 ("Allgemeine Ausnahmetatbestände gemäß § 136b Abs. 1 Satz 1 Nummer 2 SGB V") der zum da-maligen Zeitpunkt geltenden Fassung der Mm-R vom 07.12.2016 (BAnz AT 23.12.2016 B8) bestimmte: "Beim Aufbau neuer Leistungsbereiche werden Übergangszeiträume von 36 Monaten eingeräumt." Daraus folgt, dass der Kläger für diesen Übergangszeitraum – konkret: von Dezember 2017 bis November 2020 – an die Vorgaben des § 136b Abs. 4 SGB V und insbesondere die in der Anlage 1 Nr. 3 der Mm-R festgelegte jährliche Min-destmenge von 10 komplexen Eingriffen am Organsystem Ösophagus nicht gebunden war. Für diesen Übergangszeitraum bestand keine Pflicht des Klägers, in 2018 für 2019 und in 2019 für 2020 die nach der jeweils maßgeblichen Mm-R beabsichtigten Eingriffe anzuzeigen und/oder eine entsprechende Prognose abzugeben. Weder nach dem Gesetz noch nach den Mm-R bestand eine Pflicht, das Vorliegen eines Ausnahmetatbestandes mitzuteilen. Auch war die Berechtigung zur Durchführung komplexer Eingriffe am Organsystem Ösophagus nicht davon abhängig, dass die Landesverbände der Krankenkassen und der Ersatzkassen zuvor das Vorliegen eines Ausnahmetatbestandes festgestellt hatten. Die Tatsache, dass der Kläger einen Ausnahmetatbestand nach der Anlage 2 Nr. 3 der Mm-R (a.F.) nicht mitgeteilt und für das Kalenderjahr 2018 auch keine Prognose nach § 136b Abs. 4 Satz 3 SGB V dargelegt hat, begründet kein Leistungserbringungs- und Vergütungsverbot für den im Dezember 2017 und die zehn in 2018 erbrachten Ösophagus-Eingriffe. Ebenso hat der Kläger auch die im Jahr 2019 durchgeführten komplexen Eingriffe am Organsystem Ösophagus berechtigt erbracht und ist diesbezüglich keinem Leistungserbringungsverbot ausgesetzt (gewesen). Soweit für 2019 (und 2020) die Mm-R in der ab 01.01.2018 geltenden Fassung Anwendung finden, ergibt sich daraus nichts anderes. Denn gemäß § 10 Abs. 3 Mm-R (n.F.) bleibt eine bis zum 31.12.2017 bestehende Berechtigung zur Leistungserbringung auf Grundlage von Ausnahmetatbeständen oder Übergangsfristen der Mm-R in der zuletzt geänderten Fassung vom 07.12.2016 unberührt. Die in der Entscheidung vom 28.08.2019 von den Beklagten angeführten "erheblichen Zweifel" sind nicht begründet. Entgegen der rechtlichen Bewertung der Beklagten hat der Kläger die komplexen Eingriffe am Organsystem Ösophagus seit Dezember 2017 – wie oben dargelegt – nicht zu Unrecht, sondern berechtigt durchgeführt. Es fehlt daher nicht an der erforderlichen "berechtigten Erwartung" der Erreichung der Mindestmenge in 2020. Die in der Entscheidung vom 28.08.2019 dargelegten Erwägungen sind nicht geeignet, die Prognose des Klägers zu widerlegen. Da nach alledem die Feststellung der Beklagten im Bescheid vom 28.08.2019, dass komplexe Eingriffe am Organsystem Ösophagus entsprechend der Anlage der Mm-R auch im Jahre 2020 nicht erbracht und abgerechnet werden dürfen, rechtswidrig ist, war der angefochtene Bescheid vom 28.08.2019 aufzuheben und – aus den oben dargeleg-ten Gründen – festzustellen, dass die Erbringung und Abrechnung von komplexen Eingriffen am Organsystem Ösophagus durch die Klägerin im Jahr 2020 nicht gegen die Mindestmengenregelungen nach § 136b Abs. 1 Satz 1 SGB V verstoßen haben bzw. verstoßen. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Die Streitwertentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. §§ 63 Abs. 2, Satz 1, 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz (GKG). Die wirtschaftliche Bedeutung der Hauptsache ergibt sich aus dem für die Durchführung komplexer Eingriffs am Organsystem Ösophagus erzielten bzw. erwarteten Umsatz. Der Kläger hat den für fünf im ersten Halbjahr 2020 Eingriffe erzielten Umsatz mit 203.815,95 EUR beziffert. Bei der laut Prognose erwarteten Erreichen der Mindestmenge von 10 Eingriffen für diesen Leistungsbereich ergibt sich – rein rechnerisch – ein Umsatz in doppelter Höhe, d.h. 407.631,90 EUR.
der bescheid der beklagten vom 28.08.2019 wird aufgehoben. es wird festgestellt, dass die erbringung und abrechnung von komplexen eingriffen am organsystem pankreas durch den kläger im jahr 2020 nicht gegen die mindestmengenregelungen nach § 136b abs. 1 satz 1 nr. 2 sgb v verstoßen haben bzw. verstoßen. die kosten des verfahrens tragen die beklagten. der streitwert wird auf 407.631,90 eur festgesetzt. 1
2die beteiligten streiten über die berechtigung des klägers, im kalenderjahr 2020 die unter die mindestmengenregelung fallende leistung "komplexe eingriffe am organsystem ösophagus" erbringen und abrechnen zu dürfen. der kläger ist träger eines zur behandlung von versicherten der gesetzlichen krankenkassen zugelassenen krankenhauses. in der vergangenheit erbrachte er bereits die mindestmengenrelevanten leistungen "komplexe eingriffe am organsystem pankreas" und "kniegelenk-totalendoprothese". ende 2017 begann er mit dem aufbau eines neuen mindestmengenrelevanten leistungsbereichs in der ösophaguschirurgie. am 20.12.2017 erfolgte ein erster komplexer eingriff am organsystem ösophagus. im jahr 2018 erbrachte der kläger zehn, im jahr 2019 zwölf, im ersten halbjahr 2020 fünf komplexe eingriffe am organsystem ösophagus; im zeitraum vom 01.07.2019 bis 30.06.2020 wurden elf komplexe ösophagus-eingriffe durchgeführt. mit schreiben vom 16.10. und 08.11.2018 gab der kläger – neben den beiden leistungs-bereichen "komplexe eingriffe am pankreas" und "kniegelenk-totalendoprothese" – erstmals unter hinweis auf § 136b abs. 4 satz 3 fünftes buch sozialgesetzbuch (sgb v) eine prognose für den leistungsbereich "komplexe eingriffe am organsystem ösophagus" für das jahr 2019 ab. auf der basis der leistungszahlen im zeitraum vom 01.12.2017 bis 05.10.2018 ging er davon aus, die erforderliche mindestmenge für 2019 zu erfüllen. er berief sich – ausgehend von dem am 20.12.2017 durchgeführten ersten eingriff dieses leistungsbereichs – auf den ausnahmetatbestand nr. 3 der anlage 2 der bis 31.12.2017 geltenden mindestmengenregelungen (mm-r) des gemeinsamen bundesausschusses (g-ba). da ihm ein übergangszeitraum von 36 monaten für die (dauerhafte) erreichung der mindestmenge zustehe, habe es einer vorherigen mitteilung der leistungserbringung im jahr 2017 nicht bedurft; die abweichenden regelungen der mm-r 2018 seien erst zum 01.01.2018 in kraft getreten. nach der übergangsregelung des § 10 abs. 3 der mm-r 2018 bleibe eine bis zum 31.12.2017 bestehende berechtigung zur leistungserbringung aufgrund eines ausnahmetatbestandes von den geänderten regelungen der mm-r unberührt. mit bescheid vom 26.11.2018 stimmten die beklagten zu 1., 3., 4., 5., 6. und 7. den für 2019 geplanten "komplexen eingriffen am organsystem ösophagus" nicht zu. sie widersprachen der auffassung des klägers, dass es keiner vorherigen mitteilung des vorliegens eines ausnahmetatbestandes bedurft habe. nach § 136b sgb v bestehe für leistungen, die der mindestmengenregelung unterliegen, ein grundsätzliches leistungserbringungs- und vergütungsverbot, es sei denn, die zulässigkeit sei gegenüber den landesverbänden der krankenkassen und der ersatzkassen nachgewiesen worden. dies geschehe durch entsprechende jährliche darlegung der prognose (§ 136b abs. 4 sgb v). zur abfederung unbilliger härten sei der g-ba vom gesetzgeber beauftragt worden, in den mindestmengenregelungen ausnahmetatbestände und übergangsregelungen vorzusehen. dieses sei bei der abfassung sowohl der alten als auch der aktuellen mindestmengenregelung umgesetzt worden. die beklagten meinten, es würde den grundsätzen der mindestmengenregelung zuwider laufen, würde man die entscheidung über die zulässigkeit eines ausnahmetatbestandes in das alleinige ermessen des krankenhausträgers stellen. vielmehr sei davon auszugehen, dass die rechtmäßigkeit eines ausnahmetatbestandes im vorfeld der leistungserbringung überprüfbar sein müsse. dies setze allerdings die kenntnis des ausnahmetatbestandes durch vorherige anzeige gegenüber den landesverbänden der krankenkassen und der ersatzkassen voraus. erst nach erfolgter und bestandener prüfung sei die abrechnungsfähigkeit der leistung gegeben. letztlich werde diese auffassung durch die überarbeiteten und ab 1.1.2018 gültigen mindestmengenregelungen bestätigt. dagegen erhob der kläger am 20.12.2018 klage (s 1 kr 762/18). mit schreiben vom 04.07.2019 gab der kläger – neben den beiden leistungsbereichen "komplexe eingriffe am pankreas" und "kniegelenk-totalendoprothese" – unter hinweis auf § 136b abs. 4 satz 3 sgb v eine prognose für den leistungsbereich "komplexe eingriffe am organsystem ösophagus" für das jahr 2020 ab. auf der basis der leistungszahlen für das kalenderjahr 2018 (10 eingriffe) und den zeitraum vom 01.07.2018 bis 30.06.2019 (13 eingriffe) ging er von einer positiven prognose aus. nach anhörung des klägers erklärten die beklagten durch bescheid vom 28.08.2019, dass sie die dargelegte prognose für das jahr 2020 entsprechend mm-r des g-ba für den leistungsbereich "komplexe eingriffe am organsystem ösophagus" widerlegen und der erbringung und abrechnung von komplexen eingriffen am organsystem ösophagus weiterhin nicht zustimmen. dies habe zur folge, dass komplexe eingriffe am organsystem ösophagus entsprechend der anlage der mm-r auch im jahr 2020 durch den kläger weiterhin nicht erbracht sowie abgerechnet werden dürften und durch die kostenträger nicht vergütet würden. eventuelle rückforderungen bereits erbrachter zahlungen behielten sich die kostenträger vor. die beklagten meinten, dass die mm-r in der bis zum 31.12.2017 geltenden fassung zwar noch keine anzeigepflicht normiert habe, es aber gleichwohl einer vorherigen mitteilung eines ausnahmetatbestandes bedurft hätte. aus der systematik des § 136b sgb v folge, dass es über eine positive prognose des krankenhauses hinaus der feststellung durch die landesverbände der krankenkassen und der ersatzkassen bedürfe, die leistung bewirken zu dürfen. es würde den grundsätzen der mindestmengenregelung zuwider laufen, würde man die entscheidung über die aufhebung des leistungserbringungsverbots in das belieben des krankenhausträgers stellen. vielmehr sei davon auszugehen, dass die rechtmäßigkeit eines ausnahmetatbestandes im vorfeld der leistungserbringung überprüfbar sein müsse. dies setze die kenntnis des ausnahmetatbestandes durch vorherige mitteilung gegenüber den landesverbänden der krankenkassen und der ersatzkassen voraus. erst nach erfolgter und bestandener prüfung sei die abrechnungsfähigkeit der leistung gegeben. darüber hinaus gebiete die rechtssicherheit die verbindliche vorherige klärung durch die kostenträgerseite. im übrigen widersprachen die verfasser des bescheides der auffassung des klägers, dass die leistungen in 2018 aufgrund der insoweit erhobenen klage hätten bewirkt werden dürfen; sie meinten, dass der durch die anfechtungsklage eingetretene suspensiveffekt noch nicht dazu führe, dass der kläger die mindestmengenbelegte leistung bewirken dürfe. dagegen hat der kläger am 25.09.2019 klage erhoben. er beruft sich auf den ausnahmetatbestand "aufbau eines neuen leistungsbereichs" nach nr. 3 der anlage 2 zu den mm-r in der bis 31.12.2017 geltenden fassung; der ausnahmetatbestand begründe einen übergangszeitraum von 36 monaten. zwar sei die anlage 2 durch den beschluss des g-ba vom 17.11.2017 mit wirkung zum 01.01.2018 aufgehoben worden. nach der übergangsregelung des § 10 abs. 3 mm-r (n.f.) bleibe jedoch eine bis zum 31.12.2017 begründete berechtigung zur leistungserbringung auf der grundlage der bisherigen anlage 2 unberührt. da für die jahre 2017, 2018, 2019 und auch noch annähernd für das gesamte jahr 2020 ein ausnahmetatbestand greife, sei die leistungserbringungsbefugnis nicht von der darlegung einer positiven prognose für das jahr 2020 abhängig gewesen. gleichwohl legte der kläger vorsorglich dar, dass die berechtigte mengenmäßige erwartung bestanden habe, dass im jahr 2020 die mindestmenge für komplexe eingriffe am organsystem ösophagus voraussichtlich nicht unterschritten werde. die zahl der durchgeführten eingriffe belege, dass die voraussetzungen der regelvermutung für eine positive prognose für das jahre 2020 sowohl nach § 136b abs. 4 s. 4 sgb v als auch nach § 4 abs. 2 s. 2 nr. 1 und 2 mm-r (n.f.) vorlägen. die tatsächlichen zahlen seien somit nicht geeignet gewesen, die von ihm dargelegte positive prognose zu widerlegen. § 136b abs. 4 sgb v beinhalte kein – auch kein ungeschriebenes – genehmigungserfordernis hinsichtlich einer berechtigung zur erbringung mindestmengenrelevanter leistungen. aufgrund der aufschiebenden wirkung einer anfechtungsklage bleibe das krankenhaus bis zum abschluss des sozialgerichtlichen verfahrens berechtigt, die mindestmengenbelegten leistungen zu erbringen und abzurechnen. 3der kläger beantragt, 1. den bescheid der beklagten vom 28.08.2019 aufzuheben, 2. festzustellen, dass die erbringung und abrechnung von komplexen eingriffen am organsystem ösophagus durch den kläger im jahr 2020 nicht gegen die mindestmengenregelungen nach § 136b abs. 1 satz 1 nr. 2 sgb v verstoßen haben bzw. verstoßen, hilfsweise, die beklagten zu verpflichten, die erbringuing und abrechnung von komplexen eingriffen am organsystem ösophagus durch den kläger im jahr 2020 zu genehmigen. 4die beklagten beantragen, die klage abzuweisen. 5sie meinen unter berufung auf den beschluss des sg berlin vom 10.05.2019 (s 182 kr 322/19 er) und den diese entscheidung bestätigenden beschluss des lsg berlin-brandenburg vom 22.08.2019 (l 1 kr 196/19 b er), § 136b abs. 4 s. 1 sgb v beinhalte ein ungeschriebenes genehmigungserfordernis. bei unterschreiten der mindestmenge bestehe nach dem gesetz ein leistungserbringungsverbot. ein solches verbot könne nur mit einer ausdrücklichen erlaubnis zur leistungserbringung aufgehoben werden. die beklagten sind der auffassung, die mit bescheid vom 28.08.2019 erfolgte prognosewiderlegung sei rechtmäßig. für das jahr 2019 habe keine berechtigung zur leistungserbringung und abrechnung vorgelegen. die leistungen seien im jahr 2019 unerlaubt erbracht worden und hätten insoweit auch nicht bei der beurteilung der prognose 2020 berücksichtigung finden können. an einer berechtigten erwartung des krankenhausträgers fehle es dann, wenn der träger wider besseren wissens, d.h. trotz eines grundsätzlichen gesetzlichen verbots und der schriftlichen aufforderung zur leistungseinstellung durch die landesverbände der krankenkassen, die leistung fortsetze. dies ergebe sich aus der systematischen und teleologischen auslegung des begriffs der berechtigten erwartung. die "berechtigte" erwartung sei ein unbestimmter rechtsbegriff, welcher auslegungsfähig sei. bei systematischer auslegung der berechtigten erwartung im sinne des § 136b abs. 4 satz 3 sgb v sei § 136b abs. 4 satz 1 sgb v heranzuziehen. er normiere ein grundsätzliches leistungsverbot für leistungen, die der mindestmengenregelung unterliegen. es wäre widersinnig, würde man eine berechtigte erwartung auch dann annehmen, wenn sie sich auf leistungen stützt, die trotz bestehenden verbots oder wider aufforderung zur leistungseinstellung erbracht wurden. andernfalls würde sich der verstoß in der positiven prognose fortsetzen und perpetuieren. darüber hinaus widerspräche dies sinn und zweck des § 136b abs. 4 sgb v. laut der gesetzesbegründung verstoße der kran¬kenhausträger, der ein bestehendes leistungsverbot in einem gebiet, in dem leistungsuntergrenzen normiert wurden, missachtet, gegen § 2 abs. 1 satz 3 sgb v (qualitätsgebot) und gegen § 12 abs. 1 satz 2 sgb v (wirtschaft-lichkeitsgebot). dieser verstoß bliebe folgenlos, wenn der krankenhausträger widerrechtlich erbrachte leistungen zur begründung einer positiven prognose für die zukunft heranziehen könnte. wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den inhalt der zwischen den beteiligten gewechselten schriftsatze und den sonstigen inhalt der gerichts- und verwaltungsakten, die bei der entscheidung vorgelegen haben, bezug genommen. 6
7die klage ist statthaft und zulässig. statthafte klageart für das begehren des klägers ist die (kombinierte) anfechtungs- und feststellungsklage. ihr ziel ist nicht nur die aufhebung der entscheidung der beklagten in der hauptsache. vielmehr will sie den rechtsgrund für das "behaltendürfen" – hier: das erbringen und abrechnen komplexer eingriffe am organsystem ösophagus – fest-stellen lassen (bsg, urteil vom 13.12.2016 – b 1 kr 10/16 r; urteil vom 16.12.2014 – b 1 kr 31/13 r; urteil vom 08.08.2019 – b 3 kr 16/18 r). der anfechtungsklage nach § 54 abs. 1 sozialgerichtsgesetz (sgg) bedarf es, weil die entscheidung ein belastender verwaltungsakt im sinne von § 31 satz 1 sgb x ist (lsg niedersachsen-bremen, urteil vom 16.06.2020 – l 16 kr 64/20; lsg berlin-brandenburg, beschluss vom 10.03.2020 – l 9 kr 389/19 b er – und vom 22.08.2019 – l 1 kr 196/19 b er; bayerisches lsg, beschluss vom 25.07.2019 – l 4 kr 117/19 b er). es handelt sich um eine entscheidung im sinne von § 136b abs. 4 s. 7 sgb v, gegen die der rechtsweg vor den gerichten der sozialgerichtsbarkeit gegeben ist; ein vorverfahren findet nicht statt (§ 136b abs. 4 s. 8 sgb v). die darüber hinaus erhobene, mit der anfechtungsklage kombinierte feststellungsklage ist nach § 55 abs. 1 nr. 1 sgg zulässig, weil der kläger die feststellung des bestehens eines rechtsverhältnisses begehrt und ein berechtigtes interesse an der feststellung hat. zwar bedürfte es nach auffassung der kammer neben der anfechtungsklage eigentlich keiner darüber hinausgehenden feststellungsklage; denn im falle des erfolges der anfechtungsklage ist der bewirkte rechtszustand bereits hinreichend klar: die leistungen dürfen erbracht werden (so ausdrücklich: lsg berlin-brandenburg, beschluss vom 10.03.2020 – l 9 kr 389/19 b er). bis zur rechtskräftigen entscheidung hat eine anfechtungsklage gegen widerlegungsentscheidungen kraft gesetzes gem. § 86a abs. 1 sgg aufschiebende wirkung (lsg berlin-brandenburg, beschluss vom 10.03.2020 – l 9 kr 389/19 b er; bayerisches lsg, beschluss vom 25.07.2019 – l 4 kr 117/19 b er); ein fall gem. § 86a abs. 2 sgg, in dem die aufschiebende wirkung entfällt, liegt nicht vor. dass eine anfechtungsklage gegen widerlegungsentscheidungen aufschiebende wirkung hat, wird auch dadurch bestätigt, dass ausweislich des referentenentwurfs eines "gesetzes zur weiterentwicklung der gesundheitsversorgung" in einem § 136b abs. 4 satz 10 sgb v geregelt werden soll, dass klagen gegen entscheidungen nach satz 6 "ab der prognose für das jahr 2023" keine aufschiebende wirkung haben. in der begründung des referentenentwurfs heißt es, die aufschiebende wirkung sei sachgerecht, "da krankenhäuser derzeit während eines laufenden klageverfahrens weiter leistungen erbringen können, da bislang durch einlegung der klage die prognose des krankenhausträgers wiederauflebt, auch wenn später die klage rechtskräftig gerichtlich abgewiesen wird". da aber die beklagten in kenntnis dieser rechtsprechung und gesetzeslage weiterhin und ausdrücklich den standpunkt vertreten, dass ein eventuelles leistungserbringungs- und abrechnungsverbot nicht schon aufgrund der mit der anfechtungsklage verbundenen aufschiebenden wirkung entfällt, sondern es über eine positive prognose des krankenhauses hinaus der feststellung durch die landesverbände der krankenkassen und der ersatzkassen bedürfe, die leistung erbringen und abrechnen zu dürfen, ist der feststellungsantrag zu 2. statthaft. die klage ist auch begründet. der kläger wird durch den bescheid vom 28.08.2019 beschwert im sinne des § 54 abs. 2 sgg, da dieser rechtswidrig ist. rechtsgrundlage des angefochtenen bescheides ist § 136b abs. 4 s. 6 sgb v i.v.m. der vom g-ba aufgrund der gesetzlichen ermächtigung in § 136b abs. 1 satz 1 nr. 2 sgb v beschlossenen so genannten mindestmengenregelungen (mm-r). zu diesen gehören "komplexe eingriffe am organsystem ösophagus"; für diese beträgt die jährliche mindestmenge pro krankenhaus 10 eingriffe. nach § 136b abs. 4 sgb v dürfen zwar entsprechende leistungen nicht bewirkt werden, wenn die nach § 136b abs. 1 satz 1 nr. 2 sgb v erforderliche mindestmenge bei planbaren leistungen voraussichtlich nicht erreicht wird (satz 1) und steht einem krankenhaus, das die leistungen dennoch bewirkt, kein vergütungsanspruch zu (satz 2). § 136b abs. 4 satz 3 sgb v bestimmt jedoch, dass der krankenhausträger eine positive prognose für das jeweils folgende jahr vorlegen muss, um leistungen im sachlichen geltungsbereich einer mindestmenge erbringen zu dürfen, muss ("für die zulässigkeit der leistungserbringung muss der krankenhausträger gegenüber den landesverbänden der krankenkassen und der ersatzkassen jährlich darlegen, dass die erforderliche mindestmenge im jeweils nächsten kalenderjahr auf grund berechtigter mengenmäßiger erwartungen voraussichtlich erreicht wird [prognose]."). hieraus folgt, dass der krankenhausträger allein durch die vorlage einer (jedenfalls nicht völlig abwegigen und schlechthin willkürlich erscheinenden) prognose weiterhin leistungen im geltungsbereich der betroffenen mindestmenge erbringen darf. eine vorherige positive feststellung der landesverbände der krankenkassen und der ersatzkassen, die leistungen erbringen zu dürfen, war und ist nicht erforderlich (lsg niedersachse-bremen, urteil vom 16.06.2020 – l 16 kr 64/20; lsg berlin-brandenburg, beschluss vom 10.03.2020 – l 9 kr 389/19 b er; sg berlin, urteil vom 05.03.2020 – s 56 kr 2033/19; anders noch: sg berlin, beschluss vom 10.05.2019 – s 182 kr 322/19 er). eine solche positive entscheidung fordern weder das gesetz noch die mm-r. soweit sich die beklagten für ihre gegenteilige auffassung auf den beschluss des sg berlin vom 10.05.2019 (s 182 kr 322/19 er) und den diese erstinstanzliche entscheidung bestätigenden beschluss des 1. senats lsg berlin-brandenburg vom 22.08.2019 (l 1 kr 196/19 b er) berufen, übersehen sie, dass der 9. senat des lsg berlin-brandenburg in seinem aktuellen beschluss vom 10.03.2020 (l 9 kr 389/19 b er) der auffassung des 1. senats mit überzeugenden gründen nicht gefolgt ist. allerdings können die landesverbände der krankenkassen und der ersatzkassen "bei begründeten erheblichen zweifeln an der richtigkeit die vom krankenhausträger getroffene prognose widerlegen" (§ 136b abs. 4 satz 6 sgb v). diese "widerlegungsentscheidung" weist die qualität eines belastenden verwaltungsakts im sinne von § 31 satz 1 sgb x auf. denn es handelt sich um eine entscheidung, die zur regelung eines einzelfalles auf dem gebiet des öffentlichen rechts mit unmittelbarer rechtswirkung nach außen gerichtet ist; sie bewirkt zu lasten des krankenhausträgers, dass leistungen im bereich der mindestmenge nicht erbracht werden dürfen. die entscheidung der beklagten vom 28.08.2019 ist materiell rechtswidrig. im dezember 2017 – konkret: mit der durchführung eines ersten "komplexen eingriffs am organsystem ösophagus" am 20.12.2017 – begann der kläger mit dem aufbau eines neuen leistungsbereiches, der unter die mm-r fällt. nummer 3 der anlage 2 ("allgemeine ausnahmetatbestände gemäß § 136b abs. 1 satz 1 nummer 2 sgb v") der zum da-maligen zeitpunkt geltenden fassung der mm-r vom 07.12.2016 (banz at 23.12.2016 b8) bestimmte: "beim aufbau neuer leistungsbereiche werden übergangszeiträume von 36 monaten eingeräumt." daraus folgt, dass der kläger für diesen übergangszeitraum – konkret: von dezember 2017 bis november 2020 – an die vorgaben des § 136b abs. 4 sgb v und insbesondere die in der anlage 1 nr. 3 der mm-r festgelegte jährliche min-destmenge von 10 komplexen eingriffen am organsystem ösophagus nicht gebunden war. für diesen übergangszeitraum bestand keine pflicht des klägers, in 2018 für 2019 und in 2019 für 2020 die nach der jeweils maßgeblichen mm-r beabsichtigten eingriffe anzuzeigen und/oder eine entsprechende prognose abzugeben. weder nach dem gesetz noch nach den mm-r bestand eine pflicht, das vorliegen eines ausnahmetatbestandes mitzuteilen. auch war die berechtigung zur durchführung komplexer eingriffe am organsystem ösophagus nicht davon abhängig, dass die landesverbände der krankenkassen und der ersatzkassen zuvor das vorliegen eines ausnahmetatbestandes festgestellt hatten. die tatsache, dass der kläger einen ausnahmetatbestand nach der anlage 2 nr. 3 der mm-r (a.f.) nicht mitgeteilt und für das kalenderjahr 2018 auch keine prognose nach § 136b abs. 4 satz 3 sgb v dargelegt hat, begründet kein leistungserbringungs- und vergütungsverbot für den im dezember 2017 und die zehn in 2018 erbrachten ösophagus-eingriffe. ebenso hat der kläger auch die im jahr 2019 durchgeführten komplexen eingriffe am organsystem ösophagus berechtigt erbracht und ist diesbezüglich keinem leistungserbringungsverbot ausgesetzt (gewesen). soweit für 2019 (und 2020) die mm-r in der ab 01.01.2018 geltenden fassung anwendung finden, ergibt sich daraus nichts anderes. denn gemäß § 10 abs. 3 mm-r (n.f.) bleibt eine bis zum 31.12.2017 bestehende berechtigung zur leistungserbringung auf grundlage von ausnahmetatbeständen oder übergangsfristen der mm-r in der zuletzt geänderten fassung vom 07.12.2016 unberührt. die in der entscheidung vom 28.08.2019 von den beklagten angeführten "erheblichen zweifel" sind nicht begründet. entgegen der rechtlichen bewertung der beklagten hat der kläger die komplexen eingriffe am organsystem ösophagus seit dezember 2017 – wie oben dargelegt – nicht zu unrecht, sondern berechtigt durchgeführt. es fehlt daher nicht an der erforderlichen "berechtigten erwartung" der erreichung der mindestmenge in 2020. die in der entscheidung vom 28.08.2019 dargelegten erwägungen sind nicht geeignet, die prognose des klägers zu widerlegen. da nach alledem die feststellung der beklagten im bescheid vom 28.08.2019, dass komplexe eingriffe am organsystem ösophagus entsprechend der anlage der mm-r auch im jahre 2020 nicht erbracht und abgerechnet werden dürfen, rechtswidrig ist, war der angefochtene bescheid vom 28.08.2019 aufzuheben und – aus den oben dargeleg-ten gründen – festzustellen, dass die erbringung und abrechnung von komplexen eingriffen am organsystem ösophagus durch die klägerin im jahr 2020 nicht gegen die mindestmengenregelungen nach § 136b abs. 1 satz 1 sgb v verstoßen haben bzw. verstoßen. die kostenentscheidung beruht auf § 197a abs. 1 satz 1 sgg i.v.m. § 154 abs. 1 verwaltungsgerichtsordnung (vwgo). die streitwertentscheidung beruht auf § 197a abs. 1 satz 1 sgg i.v.m. §§ 63 abs. 2, satz 1, 52 abs. 1 gerichtskostengesetz (gkg). die wirtschaftliche bedeutung der hauptsache ergibt sich aus dem für die durchführung komplexer eingriffs am organsystem ösophagus erzielten bzw. erwarteten umsatz. der kläger hat den für fünf im ersten halbjahr 2020 eingriffe erzielten umsatz mit 203.815,95 eur beziffert. bei der laut prognose erwarteten erreichen der mindestmenge von 10 eingriffen für diesen leistungsbereich ergibt sich – rein rechnerisch – ein umsatz in doppelter höhe, d.h. 407.631,90 eur.
Klaeger*in
1
126,294
19 K 3318/14
2016-02-16T00:00:00
Urteil
Tenor Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. 1Tatbestand: 2Der Kläger ist als rechtlich selbständiger Landesverband des Deutschen Jugendherbergswerkes anerkannter Träger der freien Jugendhilfe. Er betreibt u.a. die Jugendherberge in Y. . Das Gebäude wurde im Jahr 2004 auf einem Ufergrundstück an der Südsee in Y. neu errichtet und wies ursprünglich eine U-Form auf, wobei die offene Seite zum Wasser lag. 3Im Jahr 2008 plante der Kläger eine Erweiterung des Jugendherbergsgebäudes, bei der das U zu einem Quadrat geschlossen werden sollte. Am 17. April 2008 stellte er deshalb einen Antrag auf Bezuschussung dieses Bauvorhabens aus den Mitteln des Landesjugendplans. Nach den dazu vorgelegten Plänen sollten in dem zweistöckigen Anbau drei Gruppenräume im Erdgeschoss entstehen, von denen der eine auch als Erweiterung für den Speisesaal herangezogen werden konnte. Im ersten Obergeschoss wurden zwölf neue Vierbettzimmer jeweils mit Dusche und WC geplant. Im Untergeschoss war lediglich ein zusätzlicher Raum zur Unterbringung von Haustechnik vorgesehen, im Wesentlichen sollte der Erweiterungsbau nicht unterkellert werden. Die Bruttogeschossfläche des Erweiterungsbaus gab der Kläger mit insgesamt 749,30 m² an. Die Kosten der Erweiterung bezifferte er auf insgesamt 2.503.000 Euro, wovon er aus Eigenmitteln 750.900 Euro aufbringen wollte. Zum Beleg legte er eine Kostenschätzung seines Architekten vor, insoweit wird auf Bl. 6 bis 17 der Beiakte Heft 5 verwiesen. 4Der Beklagte teilte daraufhin mit Schreiben vom 25. April 2008 dem Kläger mit, dass nach seinen Berechnungen die Erweiterung eine Nettogrundfläche von 680,80 m² aufweise, so dass die Kosten pro Quadratmeter Nettogeschossfläche 3.676,56 Euro betrügen. Diese Kosten seien extrem überzogen und aus Sicht des Beklagten nicht nachvollziehbar. Dabei berief sich der Beklagte darauf, dass drei andere Jugendherbergen mit Preisen von deutlich unter 2000 Euro pro m² Bruttogeschossfläche errichtet worden seien und führte weiter aus, da es sich bei der geplanten Erweiterung der Jugendherberge Y. ausschließlich um Gruppenräume und Gästebettzimmer ohne zentrale Bereiche wie z.B. Küche und Speisesaal handele, sei eine Förderung des Antrags aus wirtschaftlichen Gründen nicht akzeptabel. Art und Umfang der geplanten Maßnahme ließen nur eine Preisfindung deutlich unterhalb der genannten Vergleichskostenwerte zu. Wenn weiter eine Förderung der Maßnahme angestrebt werde, solle die Antragsgrundlage im Hinblick auf die Preisfindung überarbeitet werden. Anderenfalls müsste die Förderung wegen überzogener Kosten abgelehnt werden. 5Am 5. Juni 2008 legte der Kläger einen überarbeiteten Antrag auf Bezuschussung des Erweiterungsbaus der Jugendherberge Y. vor. Dabei gab er aufgrund einer neuen Kostenschätzung seines Architekten (Bl. 64-75 der Beiakte Heft 5) die Gesamtkosten mit 1.844.000 Euro an und führte aus, dass in den angegebenen Gesamtkosten nicht nur „Neubaukosten“, sondern auch Kosten für Anschlussarbeiten an das vorhandene Gebäude, sowie Umbaukosten für Änderung von Tagesräumen/Flurbereichen zu Bettzimmern aufgeführt sein. Dies werde auch in den nunmehr vorgelegten Plänen verdeutlicht. Anders als bei der ersten Kostenschätzung waren Baunebenkosten i.H.v. 278.970,30 Euro in der neuen Kostenschätzung nicht mehr berücksichtigt. 6Da auch die in dem neuen Antrag aufgeführten Kosten seitens des Beklagten als völlig überzogen gewertet wurden, erläuterte der Kläger in einem Gespräch beim Beklagten noch einmal die Pläne, unter anderem auch die infolge des Erweiterungsbaus geplanten Veränderungen im Bestand. Der Beklagte legte wiederum dar, eine positive baufachliche Beurteilung sei nur dann möglich und verantwortbar, wenn die Kosten für den Neubau nicht mehr als 1.705,00 Euro brutto pro Quadratmeter Bruttogeschossfläche betrügen. Die Kosten für den Umbau der Fläche im Bestand dürften 75 % dieses Betrages, also 1.278,75 Euro pro Quadratmeter Nettogeschossfläche, nicht übersteigen. Insgesamt veranschlagte der Beklagte die Kosten der Gesamtmaßnahme einschließlich der Kosten des Umbaus des Bestandes und der Kosten der Anpassung auf nicht mehr als 1.389.950,00 Euro. Nach Auffassung des in dem Gespräch anwesenden Architekten des Klägers, Herrn N. , waren diese Kosten zu knapp kalkuliert. Demgegenüber wiesen die Vertreter des Beklagten darauf hin, dass die vom Kläger beauftragte Architekturfirma viele Pflegeheime baue, die den vorgegebenen Kostenrahmen von 1.705,00 Euro pro Quadratmeter Bruttogeschossfläche einhielten. 7Der Antrag vom 30. Juni 2008 auf Bewilligung der Fördermittel sah Gesamtkosten von 1.551.000,00 Euro vor. Auch bei der diesem Antrag zu Grunde liegenden Kalkulation waren Baunebenkosten i.H.v. 12.490 Euro nicht in den Gesamtkosten enthalten. Wegen der Einzelheiten der Kalkulation wird auf die Kostenberechnung des Architekten vom 21. Juli 2008 (Bl. 89-116 der Beiakte Heft 5) verwiesen. Der Beklagte legte mit Schreiben vom 17. September 2008 die Höhe der maximal anerkennungsfähigen Kosten auf 1.399.488 Euro fest. Zur Begründung legte er dar, diese Werte resultierten auf der Basis der zur Zeit maximal anerkennungsfähigen Baukosten für Altenpflegeheime und würden, wie bereits früher dargelegt, durch den Vergleich mit in der Vergangenheit realisierten Jugendherbergswerksobjekten untermauert. 8Der Kläger beantragte daraufhin am 10. November 2008 eine Förderung für den Erweiterungsbau aus den Mitteln des Landesjugendplanes und gab dabei an, die Kosten betrügen 1.399.448,00 Euro. Gleichzeitig stellte er nach einem Hinweis des Beklagten einen entsprechenden Antrag auf Förderung aus den Mitteln des Kinder- und Jugendplanes des Bundes. 9Der Beklagte bewilligte mit Bescheid vom 2. Dezember 2008 eine Förderung nach den Richtlinien zum Kinder- und Jugendförderplan NRW i.H.v. 489.490,89 Euro für die Erweiterung und den Umbau der Jugendherberge in Y. . Dem Bewilligungsbescheid war als Anlage beigefügt eine Ausgabe der Allgemeinen Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur Projektförderung – ANBest-P –. Unter Z. 9.1, „Allgemeinen Nebenbestimmungen“ des Bewilligungsbescheides werden die ANBest–P als Bestandteil des Bescheides bezeichnet. Mit Bescheid vom gleichen Tage bewilligte der Beklagte für das gleiche Projekt Zuwendungen aus Mitteln des Kinder-und Jugendplanes des Bundes i.H.v. 203.000 Euro, wobei auch insoweit die ANBest-P mitübersandt wurden und unter Z. 9.1 dieses Bescheides ausgeführt wird, für die Zuwendung würden die Allgemeinen Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur Projektförderung (ANBest-P) unter Berücksichtigung der §§ 47 und 50 SGB X gelten. 10Unter dem 8. Dezember 2008 erklärte der Kläger, auf die Einlegung eines Rechtsbehelfs gegen die oben genannten Bescheide zu verzichten. Gleichzeitig forderte er die Bundesmittel i.H.v. 203.000 Euro sowie einen Teilbetrag i.H.v. 224.490,89 Euro von den Landesmitteln an. Der Beklagte wies die angeforderten Beträge zum 30. Dezember 2008 an. Die restlichen Landesmittel i.H.v. 265.000 Euro rief der Kläger unter dem 12. November 2009 ab, die dann am 20. November 2009 angewiesen wurden. 11Nachdem der Bau am 25. Februar 2010 abgenommen worden war, legte der Kläger einen Verwendungsnachweis über die Fördermittel unter dem 26. April 2011 vor. Danach beliefen sich die Kosten des Erweiterungsbaus sowie des Umbaus der Jugendherberge Y. auf 2.291.330,48 Euro. Dabei legte er dar, dass der Mehrbetrag aus Eigenmitteln getragen werde. Dem Verwendungsnachweis waren Rechnungen beigefügt, unter anderem auch Rechnungen des L. Stadtanzeigers sowie der X. Mediengruppe über Anzeigen für eine öffentliche Ausschreibung für die „schlüsselfertige Bauleitung: Erweiterung der Jugendherberge Y. “. 12Der Beklagte forderte daraufhin unter dem 10. Mai 2011 weitere Angaben und Unterlagen an. In diesem Zusammenhang wies er darauf hin, dass Kosten von max. 1.399.448,00 Euro der Förderung zu Grunde gelegt worden sei, wobei damit die Erwartung verbunden gewesen sei, dass sich diese Kostensumme nach einer Ausschreibung noch verringere. Die Verteuerung um ca. 900.000 EUR sei zu begründen. Weiter bat er um die Vorlage der Unterlagen zur gewerkeweisen VOB/A-Ausschreibung, also der Ergebnisse der Verdingungsverhandlungen, das Vergabeprotokoll und den Prüfbericht. Nachdem der Beklagte diese weiteren Unterlagen noch einmal unter dem 29. Juni 2011 und dem 21. März 2012 angemahnt hatte, legte der Kläger unter dem 12. April 2012 einen Sachbericht zum Verwendungsnachweis vor, allerdings keine Unterlagen über die Vergabe. Nach einer weiteren Anforderung durch den Beklagten legte der Kläger unter dem 1. Oktober 2012 einen „Vergabevorschlag Generalunternehmerleistung“ seines Architekten vor. 13Mit Schreiben vom 16. Oktober 2012 wandte sich der Beklagte an den Kläger und legte dar, dass dieser Vergabevorschlag vermuten lasse, dass die Gewerke des Anbaus an die Jugendherberge Y. nicht öffentlich ausgeschrieben worden sein. Dem Kläger sei bekannt, dass bei der Inanspruchnahme von Landesjugendplanmitteln die Vorschriften der VOB/A unbedingt einzuhalten seien. Darauf sei auch im gemeinsamen Gespräch hingewiesen worden. Dies bedeutet, dass eine Vergabe an einen Generalunternehmer nur möglich sei, wenn die Wirtschaftlichkeit der Gesamtleistung nachweisbar sei. Dafür sei eine öffentliche Ausschreibung erforderlich, die durch einen Kostenvergleich zwischen verschiedenen Generalunternehmern nicht ersetzt werden könne. Bei einem Verstoß gegen die VOB/A könnten die Zuwendungsbescheide grundsätzlich widerrufen werden. Bei einem Ortstermin am 4. April 2013 legte der Kläger einen Ordner mit Unterlagen zur Ergänzung seines Verwendungsnachweises vor. 14Das Ergebnis der baufachlichen Prüfung des Verwendungsnachweises durch den Beklagten lag am 12. April 2013 vor. Danach sei ein eingespannter Erweiterungsbau mit zwei Vollgeschossen sowie einem Kellerraum und Flachdach errichtet worden. Ausgelegt worden sei der Erweiterungsbau auf zwölf Zimmer mit insgesamt 48 Betten sowie Tagungsräumen. Die zwölf Zimmer verfügten jeweils über ein Duschbad mit einem separaten WC-Raum. Die Tagungsräume befänden sich im Erdgeschoss. Im Ostflügel des Bestandsgebäudes seien durch Umbau eines Gruppenraumes und des Durchgangs in das Freigelände drei Räume mit jeweils vier Betten und ein Raum mit zwei Betten neu geschaffen worden. Im Rahmen der Baumaßnahme sei auch der vorhandene Parkplatz erweitert worden. Zudem sei eine Solarthermieanlage zur Heizungsunterstützung und Warmwasserbereitung installiert worden, wofür der Kläger weitere Fördermittel i.H.v. 3150,00 Euro brutto vereinnahmt habe. 15Zur Ausschreibung wurde in dem Verwendungsnachweis ausgeführt, der Kläger habe die Bauleistung zunächst mit der Veröffentlichungsanzeige vom 22. November 2008 im L. Stadtanzeiger und der X. -Mediengruppe als schlüsselfertige Bauleistung gemäß § 3 Abs. 1 VOB/A (öffentliche Ausschreibung) ausgelobt. Bei Bewerbungsschlusses hätten drei Bewerbungen vorgelegen, woraufhin der Kläger die öffentliche Ausschreibung gemäß § 26 Abs. 1 Buchst. c VOB/A aufgehoben habe. Er habe die schlüsselfertige Bauleistung sodann im Rahmen einer beschränkten Ausschreibung an acht Generalunternehmer erneut ausgeschrieben. Sechs Firmen hätten daraufhin ein Angebot abgegeben. Nachdem diese Angebote ausgewertet und geprüft worden seien, seien die Angebote mit den Bietern verhandelt worden. Der Kläger habe diese beschränkte Ausschreibung ebenfalls gemäß § 26 Abs. 1 Buchst. c VOB/A aufgehoben. Aufgrund der technischen Bietergespräche im Mai 2009 hätten drei Bieter ein neues Angebot vorgelegt, wobei die Firma N1. Bau L1. GmbH der günstigste Anbieter gewesen sei. Entsprechend dem Vergabevorschlag des beauftragten Architekturbüros sei dann diese Firma mit einer Pauschalsumme für die Generalunternehmerleistung i.H.v. 2.219.350,00 Euro beauftragt worden. Dabei habe der Kläger nachträglich eine Leistungsreduzierung des Angebotes vorgenommen. Es seien dann noch zusätzliche Arbeiten mit einer Gesamtsumme von 41.135,33 Euro nachbeauftragt worden. Durch die Vergabe der Bauleistung an einen Generalunternehmer seien die Fachunternehmer vom Wettbewerb ausgeschlossen worden. Da keine Parallelausschreibung an Fachfirmen durchgeführt worden sei, sei der Nachweis der Wirtschaftlichkeit nicht erbracht worden. Damit sei der Träger seinen Verpflichtungen aus den Bescheiden nicht nachgekommen. Gemäß dem Runderlass des Finanzministeriums vom 18. Dezember 2003 – I 1–0044–3/8 – Punkt 3.9 liege ein schwerer Verstoß gegen die VOB vor. Da die Kosten für die Architekten- und Ingenieurleistungen sowie die Kosten des Baugenehmigungsverfahrens nicht im Verwendungsnachweis eingestellt worden seien, habe der Anbau insgesamt ca. 2.700.000,00 Euro (brutto) gekostet, während die förderfähigen Gesamtkosten gemäß Zuwendungsbescheid 1.399.488 Euro betrügen. 16Mit Schreiben vom 16. April 2013 an den Kläger legte der Beklagte dar, es liege ein schwerer Verstoß gegen die Vergabevorschriften vor, da der Wettbewerb sich nur auf verschiedene Generalunternehmer beschränkt habe, weil schlüsselfertige Bauleistungen ausgeschrieben worden seien. Dabei sei die Wirtschaftlichkeit nicht, wie es die VOB/A erfordere, durch eine vergleichsweise Ausschreibung der einzelnen Gewerke nachgewiesen worden. Insbesondere im Hinblick darauf, dass die veranschlagten Kosten überdurchschnittlich hoch gewesen seien, habe der Kläger die Aufgabe gehabt, anhand der Ausschreibungsergebnisse darzulegen, dass die Kosten der Gewerke geringer und damit wirtschaftlich vertretbar seien. Das Haushaltsrecht des Landes sehe vor, Zuwendungen wegen Nichtbeachtung der VOB/A zu widerrufen. Der Beklagte führte weiter aus, da die Einhaltung der Vergabevorschriften für alle Zuwendungsempfänger verbindlich seien, beabsichtige er, die gewährten Zuwendungen zuzüglich Zinsen zurückzufordern, und gab dem Kläger Gelegenheit zur Stellungnahme. 17Dazu trug der Kläger unter dem 13. Mai 2013 vor, es sei zwar richtig, dass vor der Bewilligung durch die Bauabteilung des Beklagten die ermittelten Kosten als zu hoch angesehen worden seien. Für die Antragstellung seien die vom Beklagten ermittelten Zahlen zu Grunde gelegt worden, allerdings mit dem Hinweis, dass die „korrekten“ Zahlen über das Ausschreibungsverfahren ermittelt würden. Das Ergebnis liege nun vor und sei nachvollziehbar. Ein Vergleich mit anderen Baumaßnahmen bzw. Kostenkennwerten sei nicht unbedingt aussagekräftig, da sich bei Bauprojekten stets sehr viele Einflussfaktoren auf die Baukosten überlagerten. Die Baumaßnahme in Y. sei als in höchstem Maße kompliziert und aufwändig anzusehen. In den Kosten seien Aufwendungen für Einrichtung und Rückbau einer äußerst aufwändigen und zwingend notwendigen Baustraße, Rückbau und Gestaltung der hochwertigen Terrassenanlagen, Rückbau, Teilentkernung und Wiederaufbau eines Gebäudeteiles enthalten. Außerdem habe es umfangreiche und komplizierte Anschlussarbeiten an das vorhandene Gebäude gegeben. Dies alles habe letztlich den Ausschlag gegeben, die Arbeiten durch einen Generalunternehmer ausführen zu lassen. Hinzu sei gekommen, dass die Maßnahme im laufenden Betrieb und in einer äußerst kurzen Bauzeit habe bewerkstelligt werden müssen. Trotz der hohen Kosten sei keine weitere bzw. höhere Förderung der Maßnahme durch Bund oder Land angestrebt worden, sondern die Aufwendungen durch Eigenmittel des Landesverbandes gedeckt worden. 18Nach Überprüfung der Argumente des Klägers führte der Beklagte ein neues Anhörungsverfahren durch und teilte mit Schreiben vom 21. November 2013 mit, er beabsichtige, die beiden Zuwendungsbescheide gemäß § 47 Abs. 2 Nr. 2 SGB X zu widerrufen. Es sei zwar zutreffend, dass die VOB nicht zwingend die Ausschreibung in Einzellosen vorgebe. Die Möglichkeit, mehrere Fachlose zusammenzufassen, bedeute aber nicht die automatische Ermächtigung, die Maßnahme an einen Generalunternehmer oder -übernehmer zu vergeben. Vielmehr könnten lediglich Bauleistungen, die einem Gewerbezweig oder Handwerkszweig zuzurechnen seien, an einen Unternehmer der entsprechenden Branche vergeben werden. Demgegenüber habe der Kläger den Auftrag an einen Generalübernehmer übertragen und eine Ausschreibung nach Fachlosen gar nicht in Erwägung gezogen. Die Wirtschaftlichkeit der Vergabe eines Auftrags an einen Generalunternehmer oder -übernehmer lasse sich nur feststellen, wenn die Ergebnisse einer Ausschreibung in Teillosen mit der Ausschreibung für einen Generalunternehmer oder -übernehmer verglichen würden. Ein solcher Vergleich könne nicht vorgenommen werden, da eine Parallelausschreibung für Fachfirmen nicht erfolgt sei. Es sei zwar der günstigste Anbieter mit der Durchführung der Maßnahme beauftragt worden, ob die Angebote insgesamt aber wirtschaftlich gewesen seien, lasse sich mangels vergleichbarer Angebote von Fachfirmen nicht feststellen. Im übrigen sei die Maßnahme mehr als doppelt so teuer geworden wie ursprünglich festgelegt worden sei, was nicht für eine hohe Wirtschaftlichkeit der Maßnahme spreche, zumal die Baumaßnahme nur einen Wohnbereich und einen Aufenthaltsbereich betroffen habe und keine kostenintensive Baumaßnahmen im Bereich der zentralen Betriebstechnik enthalten habe. Im Rahmen der baufachlichen Prüfung habe auch nicht festgestellt werden können, dass die Baumaßnahme als höchst kompliziert und aufwändig einzustufen sei. Vielmehr seien zwölf baugleiche Zimmer mit separaten Sanitäranlagen im Obergeschoss errichtet worden. Die haustechnische Anlage sei nur an die vorhandene Anlage angeschlossen worden. Größere Um- bzw. Ergänzungsbaumaßnahmen für die Elektro-, Sanitär- und Heizungsanlage seien ebenfalls nicht erforderlich gewesen. Im Erdgeschoss seien vier Gruppenräume und ein Flur untergebracht worden, die nur über einen Heizkörper, eine Beleuchtung und Steckdosen verfügten. Die Brandmeldeanlage sei lediglich erweitert worden. Die Anschlüsse an die durch den ersten Bauabschnitt vorgegebene Gebäudehülle seien ohne große Schwierigkeiten möglich gewesen. Die Architekten-und Ingenieursleistung sei im Rahmen der Honorarforderung mit geringer Planungsleistung zu bewerten. Auch in Verträgen mit Fachfirmen könne vereinbart werden, dass die Baumaßnahme bei laufendem Betrieb und in kurzer Zeit durchzuführen sei. Als Argument für die Auftragsvergabe an einen Generalübernehmer eigne sich dieser Hinweis ebenfalls nicht. Eine besondere Härte sei auch nicht erkennbar, weil eine Existenzgefährdung oder eine mögliche Zahlungsunfähigkeit nicht vorliege. Es liege damit ein schwerer Vergabeverstoß vor, der zum Widerruf der Zuwendungsbescheide führe. Der Kläger könne sich auch nicht auf Vertrauensschutz berufen, da die Beachtung der Vergabevorschriften seit jeher eine Auflage von Zuwendungsbescheiden nach den Kinder-und Jugendförderplänen des Bundes bzw. des Landes Nordrhein-Westfalen sei und dies auch im vorliegenden Fall Bestandteil der Zuwendungsbescheides gewesen sei. Außerdem sei der Kläger auch in anderen Sachzusammenhängen in der Vergangenheit immer wieder gesondert und explizit darauf hingewiesen worden, dass bei der Inanspruchnahme von Fördermitteln die Vorschriften des Vergaberechts zu beachten seien. 19In seiner Stellungnahme vom 17. Dezember 2013 wies der Kläger darauf hin, dass der ursprünglich von seinem Architekten ermittelte Kostenrahmen den tatsächlichen Kosten des Anbaus entspreche. Bei dem Anbau habe es sich um eine besonders kostenträchtige Maßnahme gehandelt, worauf schon in der Stellungnahme vom 13. Mai 2013 hingewiesen worden sei. Die seitens des Beklagten errechneten und festgelegten Kosten des Anbaus seien nicht einzuhalten gewesen. Bereits im Rahmen der gemeinsamen Gespräche mit dem Beklagten im Juli 2008 seien die verschiedenen Ausschreibung-und Vergabewege besprochen und diskutiert worden. Auch dabei sei immer im Fokus gewesen, dass die Maßnahmen hoch kompliziert und nicht, wie eventuell sonst üblich, kleinteilig abgearbeitet werden könnten. Erschwerend hinzugekommen sei die Frage der noch gültigen Gewährleistung für die im Jahr 2004 erbrachten Leistungen für das gesamte Gebäude nebst Technik. Es sei auch nicht zutreffend, dass im Heizung/Sanitärbereich nur Anschlussarbeiten und kleinere Ergänzungsmaßnahmen vorgenommen worden sein. So sei als Ergänzung zur Warmwasserbereitung eine Solartherme mit den notwendigen Speichermodulen installiert und in das vorhandene Netz eingebunden worden. Auch eine Raumklimatisierung für die Tagesräume sei installiert worden. Die Rückzahlung der Fördermittel sei für ihn, den Kläger, aufgrund der derzeitigen finanziellen Situation auch nicht leistbar. Er verfüge weder über eine entsprechende Liquidität noch über entsprechende Rücklagen. Momentan finanziere er seine laufenden Ausgaben ausschließlich über einen Kontokorrentkredit der Bank für T. i.H.v. 3.000.000 Euro. Angestrebt werde, diesen Kredit bis Ende 2015 abzubauen. Neben den schon fest geplanten und durch das Land auch geförderten Investitionsmaßnahmen müsse er 2014 einen Betrag von 1.513.834,32 Euro zur Darlehenstilgung aufbringen. Damit stünden ihm 2014 keine finanziellen Mittel mehr zur Verfügung, auch der Kreditrahmen sei ausgeschöpft. Zur Glaubhaftmachung seiner finanziellen Situation legte der Kläger Gewinn und Verlustrechnungen der Jahre 2010-2012 (Bl. 490 f. der Beiakte Heft 4) vor. 20Bei einem Gespräch am 17. Januar 2014 mit Vertreterinnen des Beklagten erklärte der Kläger, dass auch bei dem Neubau der Jugendherberge Y. ein Generalunternehmer mit dem Bau beauftragt worden sei. Dies sei auch in den Gesprächen mit der Bauabteilung immer offen kommuniziert worden und es habe diesbezüglich keine anders lautenden Hinweise gegeben. Deshalb habe er, der Kläger, diesen Gesprächen entnommen, dass eine erneute Beauftragung des Generalunternehmers für die Erweiterung der Jugendherberge als gleichwertig mit einer Ausschreibung nach einzelnen Fachlosen anzusehen sei. Zudem hätten die gleichen Firmen wie bereits beim nicht mit öffentlichen Mitteln geförderten Neubau beauftragt werden sollen, um die Gewährleistungspflichten nicht zu verletzen. Der Beklagte wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass sich den Verwaltungsvorgängen keine Hinweise auf derartige Absprachen finden ließen und es unwahrscheinlich sei, dass seitens der Bauabteilung des LVR eine Zustimmung zu einer vergaberechtswidrigen Ausschreibung erteilt worden sei. Bei einem weiteren Gespräch am 11. Februar 2014, an dem seitens des Beklagten auch die Mitarbeiter der Bauabteilung teilnahmen, bestritt der zuständige Mitarbeiter der Bauabteilung nachdrücklich, seine Zustimmung zu einer Generalunternehmer-Vergabe erteilt zu haben und erklärte, er selbst sei kein Befürworter von Auftragsvergaben an Generalunternehmer und hätte eine derartige Genehmigung niemals ausgesprochen. Seiner Auffassung nach sei eine Generalunternehmer-Vergabe für den Fall korrekt, dass eine Ausschreibung nach Einzellosen unwirtschaftlich sei und die Vergabe an den Generalunternehmer wirtschaftlich vorteilhafter. Da der Kläger entlastendes Material zu dem Vergabeverstoß oder eine schriftliche Einverständniserklärung der Bauabteilung zur Vergabe an einen Generalunternehmer nicht vorlegen konnte, erzielten die Gesprächsteilnehmer laut dem vom Beklagten angefertigten Vermerk Einigkeit dahingehend, dass ein Vergabeverstoß vorliege. Im Hinblick auf eine mögliche Reduzierung der Rückforderung wies in diesem Gespräch der Kläger darauf hin, dass der Generalunternehmer Vermerke über die von ihm vorgenommenen Preisvergleiche gefertigt habe und sich daraus die Wirtschaftlichkeit der Generalunternehmervergabe ergebe. Daraus folge auch, dass der öffentlichen Hand kein Schaden entstanden sei, da er, der Kläger, die Mehrkosten selbst getragen habe. Die Vertreter des Klägers stellten außerdem klar, dass die Rückforderung keine Insolvenz des Klägers zur Folge habe. 21Mit Widerrufsbescheid vom 8. April 2014 widerrief der Kläger den Zuwendungsbescheid vom 2. Dezember 2008 über die Bewilligung von Mitteln des Kinder- und Jugendförderplans des Landes Nordrhein-Westfalen und forderte den Förderungsbetrag i.H.v. 489.490,89 Euro zurück. Außerdem setzte er Zinsen für die Zeit vom 30. Dezember 2008 bis zum 8. April 2014 i.H.v. 67.254,14 Euro fest. Mit Bescheid vom gleichen Tage widerrief der Beklagte auch den Bewilligungsbescheid über die Förderung aus Mitteln des Kinder- und Jugendplanes des Bundes vom 2. Dezember 2008, forderte den Förderungsbetrag i.H.v. 203.000,00 Euro zurück und setzte die Zinsen für diesen Betrag für die Zeit vom 30. Dezember 2008 bis zum 8. April 2014 auf 27.891,41 Euro fest. Beide Bescheide wurden am 16. April 2014 zur Post gegeben und laut Rückschein am 22. April 2014 mit Einschreiben/Rückschein zugestellt. 22Der Beklagte stützt die Widerrufsentscheidungen auf § 47 Abs. 2 Nr. 2 SGB X. Zur Begründung führt er aus, der Kläger habe die Auflage der Zuwendungsbescheide, bei der Umsetzung der Maßnahme die Bestimmung des Vergaberechts einzuhalten, nicht erfüllt. Nach 3.9 oder 3.10 des Erlasses des Finanzministeriums des Landes Nordrhein-Westfalen vom 18. Dezember 2003 – I 1 – 00444 – 3/8 stelle die Vergabe von Bauleistungen an einen Generalunternehmer bzw. Generalübernehmer einen schweren Vergabeverstoß dar, wenn die Wirtschaftlichkeit der Gesamtleistung nicht nachweisbar sei. Der deutsche Verdingungsausschuss für Bauleistungen habe in einem Schreiben vom 30. Mai 2000 festgestellt, dass die Vergabe aller Fachlose an einen Generalunternehmer in der Regel zu einem wirtschaftlich weniger günstigen Ergebnis führe als die Vergabe nach Fachlosen oder in Leistungspaketen an Einzelunternehmer. Der Bundesrechnungshof gehe davon aus, dass Vergaben an Generalunternehmer etwa 10 % teurer seien als die Vergabe nach Fachlosen. Nur in besonders begründeten Ausnahmefällen sei daher die Vergabe an einen Generalunternehmer mit dem Gebot der Wirtschaftlichkeit zu vereinbaren. Die Wirtschaftlichkeit der Vergabe eines Auftrags an einen Generalunternehmer lasse sich nur feststellen, wenn die Ergebnisse einer Ausschreibung in Teillosen mit der Ausschreibung für einen Generalunternehmer verglichen würden. Ein solcher Vergleich könne hier aber nicht vorgenommen werden, da eine Parallelausschreibung für Fachfirmen nicht erfolgt sei. Von Beginn an sei nur eine schlüsselfertige Maßnahme ausgeschrieben worden. Eine nachträgliche Prüfung der Wirtschaftlichkeit der Vergabe eines Auftrags an einen Generalunternehmer sei nach ständiger Rechtsprechung grundsätzlich aus Gründen fehlender Transparenz nicht möglich. Im Übrigen sei im Rahmen der baufachlichen Prüfung festgestellt worden, dass die Baumaßnahme mehr als doppelt so teuer geworden sei wie ursprünglich festgelegt, was auch nicht für eine hohe Wirtschaftlichkeit der Maßnahme spreche. Insoweit wiederholt und vertieft der Beklagte seine Ausführungen aus dem Anhörungsschreiben vom 21. November 2013 und führt weiter aus, nach dem bereits zitierten Runderlass des Finanzministeriums ziehe ein schwerer Vergabeverstoß grundsätzlich den Widerruf und die Rückforderung der Zuwendung nach sich. Dabei sei davon auszugehen, dass regelmäßig das Interesse des Landes an der Rückforderung das Interesse des Zuwendungsempfängers überwiege. Da im vorliegenden Fall von Anfang an einer Ausschreibung für eine schlüsselfertige Maßnahme und damit die Vergabe eines Gesamtauftrags an einen Generalunternehmer erfolgt sei, sei eine Reduzierung der Rückforderung auf einen Teil der Zuwendung bzw. auf die vom Vergabeverstoß betroffene Auftragseinheit nicht möglich. Der Kläger könne sich auch nicht auf Vertrauensschutz berufen, da die Beachtung der Vergabevorschriften seit jeher eine Auflage in den Zuwendungsbescheiden nach den Kinder- und Jugendförderplänen des Bundes bzw. des Landes Nordrhein-Westfalen sei und auch im vorliegenden Fall Bestandteil der Zuwendungsbescheide geworden sei. Auch aus anderen Hinweisen sei dem Kläger bekannt gewesen, dass die Vergabevorschriften der VOB bei einem Investitionsvorhaben, dass mit öffentlichen Mitteln gefördert werde, zu beachten seien. Der Widerruf des Zuwendungsbescheides stelle somit ein adäquates Mittel dar, um den Verstoß gegen die Auflage des Zuwendungsbescheides zu sanktionieren. Eine Reduzierung der zurückzufordernden Summe sei im Rahmen der Ermessensentscheidung nicht vorzunehmen. Eine Beschränkung der Rückforderung auf einen Teilbetrag unter dem Gesichtspunkt, dass lediglich ein Teil der Maßnahme von dem Vergabeverstoß betroffen sei, komme hier schon deshalb nicht in Betracht, weil von vornherein ein Generalunternehmer mit der Durchführung der Baumaßnahme beauftragt werden sollte und keine Ausschreibung nach Teillosen erfolgt sei. Auch unter dem Gesichtspunkt der wirtschaftlichen Härte könne keine Reduzierung erfolgen, weil die Existenz des Klägers durch die Rückforderung nicht bedroht sei. Eine Reduzierung komme auch nicht deshalb in Betracht, weil durch die Vergabe an den Generalunternehmer kein Schaden für den Zuwendungsgeber entstanden sei. Dabei sei zu bedenken, dass der Empfänger einer Zuwendung verpflichtet sei, sich an die rechtlichen Voraussetzungen für den Erhalt der Zuwendung zu halten. Dahinter stehe die Frage, ob ein Schaden für den Zuwendungsgeber entstanden sei, zurück. Der Zuwendungszweck dürfe nicht durch rechtswidriges Handeln des Zuwendungsempfängers erreicht werden. Insoweit müssten auch die Interessen des Zuwendungsgebers an der Durchführung der Maßnahme hinter das Gebot der Rechtsstaatlichkeit zurückgestellt werden. Der Zinsanspruch ergebe sich aus § 50 Abs. 2 Buchst. a SGB X und betrage 5 % über dem Basiszinssatz. Die Zinsen, die bis zum Eingang der Rückzahlung entstünden, würden mit gesonderten Bescheiden festgesetzt. 23Der Kläger hat am 16. Mai 2014 gegen beide Widerrufsbescheide die vorliegende Klage erhoben. Zur Begründung erweitert und vertieft er sein Vorbringen aus dem Verwaltungsverfahren. 24Er trägt weiter vor, er habe die ursprünglichen Baukosten von rund 2,5 Millionen Euro brutto um rund 1 Million Euro auf 1,5 Millionen Euro brutto gesenkt, während der Beklagte davon lediglich rund 1,4 Millionen Euro brutto als zuwendungsfähig angesehen habe. Bereits zu diesem Zeitpunkt sei klar gewesen, dass sich die Gesamtkosten des Bauprojekts oberhalb der von dem Beklagten als zuwendungsfähig angesehenen Gesamtbaukosten von rund 1,4 Millionen Euro brutto bewegen würden. Auch sei zu beachten, dass damals bereits die vom Kläger geplante Vorgehensweise einer schlüsselfertigen Errichtung durch einen Generalunternehmer bekannt gewesen sei. Aufgrund der vorgelegten Planunterlagen sei die beabsichtigte Vorgehensweise offen zu Tage gelegen. Aus wirtschaftlichen Gründen sei er darauf angewiesen gewesen, die Baumaßnahme in den Zeiten der etwas geringeren Auslastung der Jugendherberge von Herbst 2009 bis Frühjahr 2010 durchzuführen. Außerdem habe dieses Zeitfenster bereits etwa ein Jahr im Voraus festgelegt werden müssen, weil die Buchungen bei der äußerst beliebten Jugendherberge Y. mit einem Vorlauf von etwa einem Jahr getätigt würden. Es sei eminent wichtig gewesen, dass die im Altbau neu eingerichteten Zimmer und die neuen Zimmer des Neubaus tatsächlich ab April 2010 als Unterkunftsmöglichkeiten zur Verfügung gestanden hätten. Bei einem Bettenpreis von 22,30 Euro (Übernachtung mit Frühstück) wäre bei einer Verschiebung des Fertigstellungstermins ein Schaden von etwa 37.464,00 Euro pro Monat entstanden. Außerdem sei zu berücksichtigen, dass die Bauarbeiten im laufenden Betrieb wegen des Lärms und des Schmutzes der Baustelle sowie der räumlichen Einschränkungen im Gebäude eine nicht zu vernachlässigende Belästigung der Gäste dargestellt habe. Die strikte Terminsicherheit habe die Klägerin nur durch eine Generalunternehmervergabe gewährleistet gesehen. Ein Generalunternehmer, der schließlich auch mit Nachunternehmern für die Einzelgewerke zusammenarbeite, könne auf diese Nachunternehmer besser einwirken und deren Tätigkeit besser koordinieren, als er, der Kläger, bzw. seine bauleitenden Architekten es bei einer gewerkeweisen Ausschreibung gekonnt hätten. Die Beanstandungen des Beklagten im Hinblick auf eine Verteuerung der Baumaßnahme seien zudem nicht nachvollziehbar, denn ersichtlich sei es nur um eine Teilunterstützung der Gesamtkosten der Baumaßnahme gegangen und von vornherein klar gewesen, dass die tatsächlich am Ende stehenden Gesamtkosten um einiges höher liegen würde als die dem Zuschussantrag zu Grunde liegende Schätzung des Beklagten über die Gesamtkosten. 25Die Generalunternehmervergabe sei im vorliegenden Fall auch vergaberechtlich zulässig gewesen. Die Rechtsauffassung des Beklagten sei unzutreffend und gehe an den Vorschriften der Losvergabe nach § 4 Nr. 3 VOB/A (2006), § 97 Abs. 3 GWB und der dazu ergangenen Vergaberechtsprechung vorbei. Nirgendwo sei geregelt, dass die Wirtschaftlichkeit der Vergabe eines Auftrags an einen Generalunternehmer dadurch belegt werden müsse, dass im Wege einer Parallelausschreibung in Teillosen eine Vergleichbarkeit der Ergebnisse herbeigeführt werden müsse, und eine nachträgliche Prüfung der Wirtschaftlichkeit unzulässig sei. Dabei sei darauf hinzuweisen, dass es durchaus streitig sei, ob eine Parallelausschreibung überhaupt zulässig sei, weil im Ergebnis entweder die Generalunternehmer-Vergabe oder die Fachlos-Vergabe im Ergebnis nicht stattfinde, so dass eine der beiden Ausschreibungen lediglich zum Zwecke der Markterkundung stattgefunden habe, was aber vergaberechtlich unzulässig sei. Aber auch wenn man von einer vergaberechtlich zulässigen Parallelausschreibung ausgehe, könne beurteilt aus einer ex-ante-Sicht der Vergabestelle aus wirtschaftlichen oder technischen Gründen von einer Losvergabe abgesehen werden. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus den vom Beklagten zitierten Runderlassen des Finanzministeriums. Schon im Rahmen des Beschaffungsselbstbestimmungsrechtes könne der Bauherr in vergaberechtlich zulässiger Weise sich für eine Generalunternehmer-Auftragsvergabe entscheiden, ohne dass die Tatbestandsvoraussetzungen der technischen und/oder wirtschaftlichen Gründe für eine zusammengefasste Vergabe überhaupt geprüft werden müssten. Diese Entscheidung des Auftragsgebers unterliege jedenfalls nach der Vergaberechtrechtsprechung einem Beurteilungsspielraum, der nur eingeschränkt überprüfbar sei. Die Grenzen der Bestimmungsfreiheit seitens des Auftragsgebers würden eingehalten, sofern die Bestimmung des Beschaffungsbedarfs durch den Auftragsgegenstand sachlich gerechtfertigt sei, vom Auftraggeber dafür nachvollziehbare objektive und auftragsbezogene Gründe angegeben worden seien und die Bestimmung folglich willkürfrei getroffen worden sei, solche Gründe tatsächlich vorhanden seien und die Bestimmung andere Wirtschaftsteilnehmer nicht diskriminierten. Die Festlegung auf ein Zeitfenster von August 2009 bis März 2010 für die Durchführung der Maßnahme sei aus handfesten wirtschaftlichen Überlegungen heraus entstanden, die es erlaubten, einen Generalunternehmervergabe vorzusehen. Im übrigen könne auch ein erhöhter Aufwand zur Koordinierung der Bauarbeiten ein zumindest flankierender wirtschaftlicher Grund für eine zusammengefasste Vergabe sein. Bei einer Einzelvergabe wäre es nicht möglich gewesen, den Zeitplan einzuhalten, weil der Generalunternehmer ganz andere Möglichkeiten habe, seine Nachunternehmer zeitlich einzubinden, als er, der Kläger, dies mit einem Architekten bzw. einer Objektüberwachung hätte bewerkstelligen können. Durch die Generalunternehmervergabe sei vermieden worden, dass weitere Kosten für ein Architekturbüro bzw. einen Projektsteuerer entstanden seien. Auch sei zu berücksichtigen, dass bei einem einzigen Vergabeverfahren nur ein einziges potentielles Beschwerderecht der nicht berücksichtigten Bieter entstehe, während bei mehreren Vergabeverfahren auch mehrere Streitmöglichkeiten unterliegender Bieter bestehen könnten. Dies sei ein handfester zeitlicher Aspekt, der bei der Beurteilung einer zusammengefassten Vergabe berücksichtigungsfähig sei. 26Sinn und Zweck der Losvergabevorschrift sei es in erster Linie, den Mittelstand zu schützen, nicht aber die Sicherung der Wirtschaftlichkeit. Eine losweise Vergabe sei nicht zwingend stets wirtschaftlicher als eine zusammengefasste Vergabe von mehreren Fachlosen und/oder aller Fachlose an einen Generalunternehmer. Er, der Kläger, habe im konkreten Einzelfall vor dem Start des Vergabeverfahrens ausreichende Überlegungen angestellt und im Rahmen des Vergabeverfahrens bei den Verhandlungen mit mehreren Generalunternehmern konkret ermittelt und festgestellt, dass die Generalunternehmerangebote wirtschaftlich seien, weil ortsübliche Preise und nicht etwa überteuerte bzw. überzogene Preise von den Nachunternehmern angeboten worden seien. 27Ziel der ANBest-P sei in erster Linie die wirtschaftliche Verwendung der Fördermittel. Deshalb sei die von der Widerrufsbehörde zu treffende Entscheidung über das Ob eines Widerrufs und dessen Höhe immer daran zu orientieren, ob und inwieweit ein etwaiger Vergabeverstoß überhaupt eine wirtschaftliche und sparsame Mittelverwendung beeinträchtigt habe. Es sei deshalb klarzustellen, dass ein etwaiger, hier nicht vorliegender konkreter Verstoß gegen vergaberechtliche Vorschriften entgegen dem ersten Anschein gar keinen Einfluss auf die Wirtschaftlichkeit der Beschaffung gehabt habe. Nicht immer sei es zweifelsfrei festzustellen, wann ausnahmsweise eine beschränkte Ausschreibung zulässig sei. Deshalb müsse die Widerrufsbehörde im Rahmen ihres Ermessens berücksichtigen, dass nicht jeder objektive Vergabeverstoß sofort zu einer kompletten Rückforderung führen müsse, sondern nur dann, wenn die Vergabestelle ihren Beurteilungsspielraum bei der Durchführung des Vergabeverfahrens ersichtlich überschritten habe. Ihm, dem Kläger, müsse im Einklang mit der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen die Möglichkeit eröffnet werden, anhand der im Vergabeverfahren stattgefundenen Verhandlungen bzw. der einzelnen Bieterangebote und der Protokolle über die vom Architekturbüro durchgeführten Verhandlungen darüber nachzuweisen, dass wirtschaftlich über ortsübliche Preise eingekauft worden sei. Zudem sei ergänzend die Einsparung eines Projektsteuerers zu berücksichtigen. Selbst wenn im Rahmen eines Sachverständigengutachtens herauskommen sollte, dass die Beauftragung des Generalunternehmers z.B. 50.000,00 Euro teurer als eine Einzelgewerke-Vergabe gewesen sei, sei es jedenfalls nicht gerechtfertigt, die kompletten Fördermittel zurückzufordern, sondern allenfalls den Betrag, der prozentual auf die Fördermittel entfallen wäre. 28Zudem habe er, der Kläger, auf den Bestand der Zuwendungsbescheide vertrauen dürfen, weil er weder vorsätzlich noch fahrlässig gegen die Auflage verstoßen habe. Im vorliegenden Fall hätten mehrere wirtschaftliche und auch technische Gründe für eine Generalunternehmer-Vergabe gesprochen. Selbst wenn man zu einer anderen Einschätzung kommen wollte, bedeute das nicht, dass seine Entscheidung unvertretbar gewesen sei. 29Die Widerrufsentscheidungen des Beklagten seien auch ermessensfehlerhaft. Zum einen sei er dabei von vergabe- und zuwendungsrechtlich falschen Annahmen ausgegangen. Ihm sei nicht klar gewesen, dass es bei der Zulässigkeit der Entscheidung für einen Generalunternehmer nicht mehr darauf ankomme, ob diese Vergabeart auch wirtschaftlicher sei. Erst wenn der Beklagte die Rechtswidrigkeit der Generalunternehmer-Vergabe und damit einen objektiven Vergaberechtsverstoß ordnungsgemäß festgestellt hätte, hätte er sich im Rahmen des ihm eingeräumten Widerrufsermessens damit auseinandersetzen müssen, ob dieser objektive Vergaberechtsverstoß den Widerruf der Zuwendungsbescheide rechtfertige. Mit der Frage, welches Gewicht der von ihm erkannte Vergaberechtsverstoß habe, habe sich der Beklagte allerdings nicht auseinandergesetzt. Trotz der im zitierten Runderlass genannten Beispiele müsse eine Betrachtung des Einzelfalles und damit gegebenenfalls eine mildere Beurteilung erfolgen. Im Hinblick auf die terminlichen und wirtschaftlichen Zwänge, denen er, der Kläger, ausgesetzt gewesen sei, stelle sich ein Verstoß gegen das Gebot der losweisen Ausschreibung jedenfalls als nicht so schwerwiegend dar, dass der Beklagte den Widerruf als Regelfolge habe anwenden dürfen. Außerdem lasse der Beklagte völlig außer Acht, dass durch die Einholung von sechs Bieterangeboten und die anschließenden Verhandlungen dazu letztendlich habe erreicht werden können, dass die Gesamtleistung zu den seinerzeit im Jahre 2008 durchaus ortsüblichen Preisen eingekauft worden sei. Die Betrachtung des Beklagten greife viel zu kurz. Die Frage der wirtschaftlichen und sparsamen Mittelverwendung habe nur ganz am Rande, wenn überhaupt, etwas mit der Frage der losweisen oder zusammengefassten Vergabe zu tun. Der vom Beklagten zitierte Runderlass des Finanzministeriums des Landes Nordrhein-Westfalen berücksichtige die zwischenzeitlich ergangene Vergaberechtsprechung nicht und sei im Rahmen der Ermessensentscheidung deshalb dahingehend auszulegen, dass allein der konkrete Einzelfall darüber entscheide, ob der Zuwendungsempfänger tatsächlich wirtschaftlich und sparsam gehandelt habe oder nicht. Im übrigen müsse bei der Höhe der Rückführung zumindest auch berücksichtigt werden, dass er, der Kläger, vom Beklagten vor Durchführung des Vergabeverfahrens im Herbst 2008 klare Signale dafür bekommen habe, dass eine Generalunternehmervergabe für zulässig erachtet werde. Die seinerzeit verantwortliche Sachbearbeiterin beim Beklagten habe in den vorbereitenden Gesprächen keine Bedenken gegen den Plan einer Generalunternehmervergabe angemeldet, obwohl ihr diese Pläne bekannt gewesen sein. Auch die eigene Ausschreibungspraxis des Beklagten, der im Rahmen des Gebäude-und Liegenschaftsmanagements in den Jahren 2010 und 2011 Generalunternehmer Ausschreibung vorgenommen habe, streite für die von Klägerseite vertretene Sichtweise. 30Er vertritt weiter die Auffassung, der Widerruf sei verfristet, weil er nicht innerhalb eines Jahres nach Kenntnis der Tatsachen erfolgt sei, welche den Widerruf für die Vergangenheit rechtfertigen. Schon weit vor dem 22. April 2013 habe der Beklagte ausreichende Kenntnis von den für den Widerruf maßgeblichen Tatsachen gehabt. Er habe dann die Anhörung des Klägers allerdings zeitlich so verschleppt, dass er sich nicht darauf berufen könne, erst nach dem 22. April 2013 volle Kenntnis aller Tatsachen gehabt zu haben. Denn der Verwendungsnachweis über die eingesetzten Zuwendungen sei bereits am 26. April 2011 an den Beklagten versandt worden. Darin seien auch die die Ausgaben aufgeführt gewesen. Unter dem 10. Mai 2011 sei dann eine Begründung für die Kostenüberschreitung in Höhe von ca. 900.000 Euro gefordert worden. Daraufhin seien am 12. April 2012 weitere Unterlagen an den Beklagten übermittelt worden, aus denen ersichtlich gewesen sei, dass bei den Ausschreibungen der günstigste Bieter für das Bauprojekt in Y. beauftragt worden sei. Mit Schreiben vom 21. September 2012 habe dann der Beklagte Übersendung der Ausschreibungsergebnisse mit dem Vergabevermerk gefordert. Er, der Kläger, habe daraufhin am 1. Oktober 2012 den Vergabevorschlag des Architekturbüros I. , der ausdrücklich mit den Worten „Vergabevorschlag Generalunternehmerleistung“ überschrieben gewesen sei, übermittelt. Der Beklagte habe sodann am 16. Oktober 2012 mitgeteilt, dass der übermittelte „Vergabevorschlag Generalunternehmerleistung“ vermuten lasse, die Gewerke des Anbaus seien nicht öffentlich ausgeschrieben worden. Wie sich aus dem E-Mail-Schriftverkehr der Mitarbeiter des Beklagten vom 9. Oktober 2012 ergebe, sei man schon am diesem Tage zu dem Ergebnis gekommen, dass eine Anhörung durchgeführt werden müsse. Die Anhörung sei jedoch dann erst am 16. April 2013 erfolgt. Es habe keinen Grund gegeben, mit der förmlichen Anhörung ein halbes Jahr zuzuwarten. Keinesfalls habe das Ergebnis der baufachlichen Prüfung abgewartet werden müssen. Das ergebe sich hier schon daraus, dass dieser Bericht nicht mit dem Anhörungsschreiben versandt worden sei. Spätestens am 20. Februar 2013 habe der Beklagte keine offenen Fragen mehr gehabt, die einer Anhörung zur Rechtfertigung der Generalunternehmervergabe im Wege gestanden habe. Damit beginne der Lauf der Jahresfrist für den Widerruf spätestens an diesem Tage, weshalb die am 22. April 2014 zugestellten Widerrufsbescheide verfristet sein. 31Außerdem erhebt der Kläger die Einrede der Verjährung, soweit mit den Rückforderungsbescheiden Zinsen für die Zeit vor dem 31. Dezember 2010 festgesetzt wurden. 32Der Kläger beantragt, 33die Widerrufsbescheide des Beklagten vom 8. April 2014 aufzuheben. 34Der Beklagte beantragt, 35die Klage abzuweisen. 36Er ist der Auffassung, die vom Kläger angegebene Begründung für das vergaberechtswidrige Vorgehen sei nicht nachvollziehbar. Es seien keine Gründe dafür ersichtlich, warum ein Generalunternehmer besser auf seine Auftragnehmer einwirken könne als es dem Kläger selbst möglich sei. Ihm hätten die gleichen Möglichkeiten zur Verfügung gestanden wie auch dem beauftragten Generalunternehmer, um die rechtzeitige Fertigstellung der Maßnahme sicherzustellen. Insbesondere wäre es ihm möglich gewesen, bei einer Fachlosvergabe verbindliche Ausführungsfristen und für den Fall von Fristüberschreitungen Vertragsstrafen zu vereinbaren. Eine absolute Sicherheit habe auch der Generalunternehmer insoweit nicht gewährleisten können. 37Die Behauptung des Klägers, ein Generalunternehmer könne die Tätigkeiten der einzelnen bei dem Bauprojekt eingesetzten Auftragnehmer besser koordinieren, sei nicht begründet. Soweit der Kläger rüge, das in den Widerrufsbescheiden der Nachweis der Wirtschaftlichkeit der Vergabe an einen Generalunternehmer durch Vergleich mit Fachlosausschreibungen angesprochen werde, sei dem nicht zu folgen. Tatsächlich könne auf diese Weise die Wirtschaftlichkeit nachgewiesen werden. Soweit der Kläger die Wirtschaftlichkeit der Vergabe an einen Generalunternehmer auf anderem Wege nachweisen könne, möge er dies tun. Gerade diesen Nachweis sei er aber schuldig geblieben. Die Ausführungen zur angeblichen Unzulässigkeit einer Parallelausschreibung seien abwegig, weil in Rechtsprechung und Literatur fast einhellig eine andere Auffassung vertreten werde. 38Es sei richtig, dass das Gebot der Fachlosausschreibung dem Schutz des Mittelstandes dienen solle. Daraus könne aber nicht der Schluss gezogen werden, dass die Aufteilung in Fachlose Vorrang vor dem Ziel einer möglichst wirtschaftlichen Vergabe habe. Vielmehr belebe die Pflicht zur Losvergabe den Wettbewerb und führe deshalb tendenziell zu niedrigeren Angeboten. Jedoch würde eine Mittelstandsförderung, die dazu führe, dass nicht das wirtschaftlichste Angebot den Zuschlag erhalte, den gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen widersprechen und sei daher unzulässig. Es bestehe also kein Widerspruch zwischen einer Fachlosvergabe und der Anforderung, die Leistung auf das wirtschaftlichste Angebot zu vergeben. Davon sei auch im hier zu entscheidenden Fall auszugehen. Der Kläger habe nicht nachgewiesen, dass die durchgeführte Vergabe an einen Generalunternehmer ebenso wirtschaftlich wie die Vergabe nach Fachlosen gewesen sei. 39Der Kläger sei auch verpflichtet, die Entscheidung für die Gesamtvergabe im Einzelfall zu begründen. Allgemeine Ausführungen über mögliche Verzögerungen oder den erhöhten Koordinierungsaufwand bei einer Vergabe nach Fachlosen reichten hierfür nicht aus. Der Vortrag zu einem Beschaffungsbestimmungsrecht sei unerheblich. Natürlich könne der Auftraggeber bestimmen, was er beschaffen wolle. Das Vergaberecht regele lediglich das „Wie“ der Beschaffung. Indem also der Kläger sich für den Anbau an das bestehende Gebäude entschieden habe, habe er von seinem Beschaffungsbestimmungsrecht Gebrauch gemacht. Hingegen berechtige das Beschaffungsbestimmungsrecht nicht dazu, frei darüber zu entscheiden, ob die benötigte Leistung an einen Generalunternehmer vergeben werde. Insofern hätten die Bestimmungen der VOB/A beachtet werden müssen. 40Es gebe auch keine anderen wirtschaftlichen Gründe für die Vergabe an einen Generalunternehmer. Soweit der Kläger vortrage, ein Generalunternehmer habe mehr Möglichkeiten, die Nachunternehmer zeitlich einzubinden, werde nicht erläutert, welche Möglichkeiten dies seien. Dass der Kläger die Koordinierung der einzelnen Fachlose durch den Generalunternehmer habe erledigen lassen können, stelle ebenso wenig einen Grund für eine Ausnahme vom Gebot der Fachlosvergabe dar wie der Umstand, dass die Durchsetzung von Mängelhaftungsansprüchen bei nur einem Vertragspartner einfacher sei. Denn anderenfalls würde die Forderung nach einer Fachlosvergabe leerlaufen, weil dies für jede Form der Fachlosvergabe gelte. Nachteile, die üblicherweise mit einer Losvergabe verbunden sein, habe der Auftraggeber nach dem Willen des Gesetzgebers hinzunehmen. Das gelte auch für das Risiko eines Beschwerdeverfahrens. Ein derartiges zeitliches Risiko sei vom Gesetzgeber dem Auftraggeber zugewiesenen und von diesem zu akzeptieren. 41Es sei unerheblich, dass der Kläger mit verschiedenen Generalunternehmern Verhandlungen geführt habe, um ein möglichst wirtschaftliches Angebot zu erhalten. Die Preisverhandlungen mit mehreren Generalunternehmern ersetzen nicht die von der VOB/A geforderte Aufteilung in Fachlose. Die Behauptung, im Falle einer Einzelgewerk-Vergabe wäre kein wirtschaftlicheres Gesamtergebnis der Bauleistung herausgekommen, stelle sich als eine Behauptung „ins Blaue“ dar. Gerade dies sei nicht bewiesen. 42Dem Kläger sei auch Vorsatz, zumindest jedoch grobe Fahrlässigkeit vorzuwerfen. Er habe sich ohne einen nachvollziehbaren Grund über die Forderung der VOB/A nach Bildung von Fachlosen hinweggesetzt. Vertretbare Gründe für eine Generalunternehmer-Vergabe seien nicht vorgetragen. Auch im Rahmen der Anhörung, bei der dem Kläger mehrfach Gelegenheit gegeben worden sei, die Vergabe an einen Generalunternehmer zu rechtfertigen, sei ihm dies nicht gelungen. Im Rahmen des Ermessens habe auch berücksichtigt werden müssen, dass es sich bei dem Vergaberechtsverstoß keineswegs um eine „Kleinigkeit“ bzw. um einen Verfahrensfehler, sondern um einen der denkbar schwersten Verstöße gegen die vergaberechtlichen Bestimmungen gehandelt habe. In den ANBest-P werde deutlich gemacht, dass die Nichtbeachtung des Vergaberechts als schwerwiegender Verstoß zu werten sei. Die Widerrufsentscheidung zur vollständigen Rückforderung sei weder unverhältnismäßig noch ermessensfehlerhaft. Er, der Beklagte, habe in den Widerrufsbescheiden eine ausführliche Abwägung aller Argumente vorgenommen und dabei auch die Erfahrung aus vergleichbaren und zeitlich früher liegenden Fällen berücksichtigt. Die Behauptung des Klägers, er habe von ihm, dem Beklagten, „klare Signale“ dafür bekommen, dass eine Generalunternehmer-Vergabe als zulässig erachtet werde, sei nicht erwiderungsfähig. Sie lasse völlig offen, wer eine solche Äußerung gemacht haben könnte und wann und bei welcher Gelegenheit dies erfolgt sei. Vollkommen unerheblich sei in diesem Zusammenhang auch der Hinweis des Klägers auf Vergabeverfahren des Beklagten. 43Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Verfahrensakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten ergänzend Bezug genommen. 44Entscheidungsgründe: 45Die zulässige Klage ist unbegründet. 46Die angefochtenen Widerrufsbescheide des Beklagten vom 8. April 2014 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 VwGO). 47Rechtsgrundlage für die Widerrufsentscheidungen ist § 47 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB X. Nach dieser Vorschrift kann ein rechtmäßiger begünstigender Verwaltungsakt, der eine Geld- oder Sachleistung zur Erfüllung eines bestimmten Zwecks zuerkennt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Vergangenheit widerrufen werden, wenn mit dem Verwaltungsakt eine Auflage verbunden ist und der Begünstigte diese nicht oder nicht innerhalb einer ihm gesetzten Frist erfüllt hat. 48Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Dem Kläger wurde mit den Bescheiden vom 2. Dezember 2008 Geldleistungen für die Erweiterung und den Umbau der Jugendherberge Y. bewilligt. Bei den Bewilligungsbescheiden handelt es sich um rechtmäßige Verwaltungsakte. Konkrete Anhaltspunkte für eine Rechtswidrigkeit der Bewilligungsbescheide werden nicht vorgetragen und sind auch sonst nicht ersichtlich. 49Mit den Bescheiden waren auch Auflagen verbunden. Das ergibt sich aus Ziffer 9.1 des jeweiligen Bescheides, wo unter der Überschrift „Nebenbestimmungen“ u.a. verfügt wurde, dass die Allgemeinen Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur Projektförderung – ANBest-P – Bestandteil des Bescheides wurden. Ziffer 3.1 ANBest-P stellt eine Auflage im Sinne des § 32 Abs. 2 Nr. 4 SGB X bzw. des gleichlautenden § 36 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG NRW dar. Danach sind Auflagen Bestimmungen, durch die dem Begünstigten ein Tun, Dulden oder Unterlassen vorgeschrieben wird. Nach ihrer Präambel enthalten die ANBest-P Nebenbestimmungen im Sinne des § 36 VwVfG NRW. 50Vgl. OVG NW, Urteil vom 20. April 2012 – 4 A 1055/09 –, NVwZ-RR 2012, S. 671 -676 m.w.N; VG Gelsenkirchen, Urteil vom 4. April 2011 – 11 K 4198/09 -, ZfBR 2011, S. 806 ff. 51Nach Ziff. 3.1 ANBest-P sind bei der Vergabe von Aufträgen für Bauleistungen der Abschnitt I der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB) anzuwenden. Damit wird dem Zuwendungsempfänger ein bestimmtes Tun bei der Vergabe von Aufträgen zur Erfüllung des Zuwendungszwecks vorgeschrieben. Diese Auflage ist auch bestandskräftig geworden, weil der Kläger bei der Anforderung der bewilligten Gelder unter dem 8. Dezember 2008 für beide Bescheid einen Rechtsmittelverzicht erklärt hat. Im Übrigen hat der Kläger auch nicht bestritten, dass die Regelungen der ANBest-P Bestandteil der Bewilligungsbescheide geworden sind und deshalb von ihm zu beachten waren. 52Diese Auflage hat der Kläger nicht erfüllt, weil er bei der Vergabe des Auftrags zum An- und Umbau der Jugendherberge Y. die Vorschriften der VOB/A nicht beachtet hat. Der Kläger hat gegen § 4 VOB/A (2006) verstoßen. 53Nach § 4 Nr. 3 VOB/A (2006) sind Bauleistungen verschiedener Handwerks- und Gewerbezweige in der Regel nach Fachgebieten oder Gewerbezweigen getrennt zu vergeben, wobei aus wirtschaftlichen oder technischen Gründen mehrere Fachlose zusammen vergeben werden können. Damit wird eine Regel-Ausnahmeverhältnis konstituiert. Die Fachlosvergabe, d.h. die getrennte Vergabe nach Fachgebieten und Gewerbezweigen, stellt die Regel dar, die Vergabe mehrerer Fachlose an einen Unternehmer bzw. die Vergabe aller Fachlose an einen Generalunternehmer oder Generalübernehmer die Ausnahme. 54Vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 11. Juli 2007 – II-Verg 10/07, Verg 10/07 -, zitiert nach juris. 55Der Kläger hat gegen diese Vorschrift verstoßen, weil er den Auftrag zur Errichtung des Anbaus an die Jugendherberge Y. nicht in Fachlose aufgeteilt, sondern an einen Generalunternehmer vergeben hat, ohne stichhaltige Gründe für die Beauftragung eines Generalunternehmers benennen, geschweige denn nachweisen zu können. 56Dass eine Vergabe nach Fachlosen möglich gewesen wäre, ist unstreitig. 57Welche Anforderungen an die Gründe für eine Generalunternehmer- bzw. Generalübernehmer-Vergabe zu stellen sind, wird in den VOB/A nicht explizit geregelt. Im Hinblick auf den Ausnahmecharakter, den § 4 Nr. 3 Satz 2 VOB/A (2006) der Generalunternehmer-Vergabe beimisst, und die strikte Forderung nach einer Vergabe nach Fachlosen in § 4 Nr. 3 Satz 1 VOB/A (2006) ist die Vorschrift aber dahin auszulegen, dass nur dann, wenn überwiegende Gründe für eine Gesamtvergabe streiten, von der Ausnahmeregelung Gebrauch gemacht werden kann. Wirtschaftliche oder technische Schwierigkeiten, die nach Art und Ausmaß typischerweise mit der Vergabe nach Fachlosen verbunden sind, können daher keine Ausnahme im Sinne des § 4 Nr. 3 Satz 2 VOB/A (2006) rechtfertigen. Auch an sich plausible Gründe, wie sie auch der Kläger für seine Entscheidung anführt, wie etwa die die Entlastung von der Koordinierung verschiedener Handwerksbetriebe, der Vorzug, nur einen Vertragspartner zu haben oder die einfachere Durchsetzung von Gewährleistungsansprüchen reichen damit nicht aus, einen Ausnahmefall zu begründen. § 4 Nr. 3 VOB/A (2006) würde leerlaufen, wenn zur Begründung einer Gesamtvergabe die Benennung von Schwierigkeiten ausreichte, die typischerweise mit einer losweisen Ausschreibung verbunden sind. 58Vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 11. Juli 2007 – II-Verg 10/07, Verg 10/07-, m.w.N., zitiert nach juris; 59Der Kläger führt als Grund für die Gesamtvergabe der Bauleistung an einen Generalunternehmer vor allem an, dass er für den Bau lediglich ein bestimmtes Zeitfenster eröffnet hatte und der Bau termingerecht durchgeführt werden musste. Der Kläger hat allerdings in diesem Zusammenhang nicht konkret dargelegt, warum es ihm bei einer Vergabe nach Fachlosen getrennt nicht möglich gewesen sein sollte, die Termine einzuhalten. Regelmäßig ist es Bauherren schon im Hinblick auf die Finanzierung des Vorhabens nicht gleichgültig, wann die Maßnahme fertiggestellt wird und genutzt werden kann, insbesondere dann, wenn die Nutzung mit Einnahmen oder Kostenersparnissen verbunden ist. Wenn die VOB/A unter diesen Umständen eine Fachlosvergabe bei Bauvorhaben als Regelfall normiert, ist davon auszugehen, dass eine termingerechte Fertigstellung auch unter diesen Umständen möglich ist. Soweit der Kläger sich daher auf Terminschwierigkeiten beruft, hätte er substantiiert darlegen müssen, warum bei einer Vergabe nach Fachlosen die Termine nicht einzuhalten gewesen wären, bei einer Gesamtvergabe hingegen wohl. Diesen Vortrag bleibt er jedoch trotz der mehrfachen Hinweise des Beklagten schuldig. So ist es durchaus nachvollziehbar, dass der Kläger in der Zeit zwischen August 2009 und März 2010 das Bauvorhaben fertigstellen wollte - allerdings wird in der ersten Ausschreibung vom 22. November 2008 für einen Generalunternehmer als etwaiger Zeitraum April bis Oktober 2009 genannt -, nicht aber, warum dies bei einer Fachlos-Vergabe nicht möglich gewesen sein sollte bzw. aufgrund welcher Fakten der Kläger zu diesem Schluss gekommen sein könnte. 60Ähnliches gilt für die vom Kläger angeführten technischen Gründe. Auch insoweit wird nicht substantiiert vorgetragen, warum die erforderlichen technischen Leistungen nicht im Rahmen einer Fachlosvergabe beschafft werden konnten. 61Dass der Anschluss an den Altbau besonders schwierig gewesen wäre und über die üblicherweise bei Anbauten vorzunehmenden Arbeiten hinausging, ist nicht ersichtlich. In den ersten beiden Kostenschätzungen des Architekten werden für den Fassadenrückbau und die Staubschutzwände insgesamt 29.500,00 Euro veranschlagt. In die dritte Kostenschätzung zum Antrag vom 30. Juni 2008 werden für Demontage- und Schutzarbeiten dann pauschal 42.700,00 Euro eingestellt. Keine der vorgelegten Kostenschätzungen enthält gesondert ausgewiesene Kosten für den Anschluss des Neubaus an das bereits bestehende Gebäude. Auch der Text der Ausschreibung vom 22. November 2008 liefert keine Anhaltspunkte für besondere technische Schwierigkeiten oder fordert besondere Fertigkeiten an. Damit lässt sich anhand der vorgelegten Unterlagen nicht nachvollziehen, dass der Anschluss an die vorhandene Bausubstanz technisch besonders anspruchsvoll gewesen sein könnte und etwa spezielle Kenntnisse erfordert hätte bzw. warum dies der Fall gewesen sein sollte. Weitergehende Ausführungen hat der Kläger dazu weder im Verwaltungsverfahren noch im vorliegenden Klageverfahren gemacht, obwohl der Beklagte seine Auffassung, es handele sich eher um einfache Arbeiten, die nach der Honorarziffer II zu bewerten seien, dargelegt hatte. Selbst wenn man davon ausginge, dass im Hinblick auf den Anschluss des Neubaus an das vorhandene Gebäude besondere Verhältnisse zu berücksichtigen gewesen seien, wäre damit immer noch nicht erklärt, warum diese Arbeiten nur im Rahmen einer Gesamtvergabe einer ordnungsgemäßen Erledigung zugeführt werden konnten. 62Ebenso wenig hat der Kläger ausgeführt, inwieweit der Anschluss des Neubaus an die vorhandene Sanitär- und Heizungsanlage besondere Schwierigkeiten mit sich gebracht hätte. Lediglich für die Heizungsanlage hat er ausgeführt, dass zusätzlich zu der bestehenden Holzpellet-Heizung eine Solarthermieanlage installiert werden musste. Allerdings enthalten die im Rahmen der Förderanträge eingereichten Kostenschätzungen gar keine näheren Ausführungen zu den Anforderungen an die Heizungsanlage, insoweit werden lediglich Pauschalen angesetzt. Unabhängig von der Frage, ob bereits bei der Entscheidung für eine Gesamtvergabe der Entschluss gefasst war, eine Solarthermieanlage installieren zu lassen, hätte der Kläger aber dezidiert darlegen müssen, warum diese Arbeiten technisch nur unter Einschaltung eines Generalunternehmers durchgeführt werden konnten, bzw. warum er insoweit vor der Vergabe zu dieser Einschätzung kommen konnte, da die Integration von Solarzellen in bestehende Heizungsanlagen in den vergangenen Jahren bei vielen Häusern vorgenommen wurde und nicht die Merkmale des Außerordentlichen trägt. Für den Anschluss an die vorhandene Stromversorgung werden gar keine besonderen Schwierigkeiten benannt. Der Anschluss an die Brandmeldeanlage war laut den vorgelegten Rechnungen in der Gesamtvergabe nicht enthalten, sondern wurde getrennt an die Firma Siemens vergeben. 63Zwar dürfte die Anlage einer Baustraße im Wasserschutzgebiet höhere Anforderungen stellen, es ist aber auch insoweit nicht ersichtlich, welche Vorteile sich insoweit durch die Vergabe an einen Generalunternehmer ergeben. Ein substantiierter Vortrag hierzu fehlt. Die entsprechenden wasserrechtlichen Vorschriften muss jeder Bauunternehmer, der mit Erdarbeiten betraut ist, beachten. Dementsprechend fehlt auch in der Ausschreibung vom 22. November 2008 jeder Hinweis auf besondere Schwierigkeiten oder das Erfordernis des Nachweises besonderer Kenntnisse für die Anlage der Baustraße im Wasserschutzgebiet. 64Dass der Umbau bei laufendem Betrieb erfolgen sollte, stellt schließlich ebenfalls keinen Grund für die Gesamtvergabe dar. Zwar erfordern die Bauarbeiten bei laufendem Betrieb der Jugendherberge besondere Rücksichten auf die Gäste, auch dürften an die Absicherung der Baustelle höhere Anforderungen zu stellen sein als bei einem ungenutzten Baugrundstück. Dass dafür besondere Kenntnisse erforderlich wären, die nur ein Generalunternehmer vorweisen kann, hat der Beklagte aber nicht dargelegt. Er hat zwar insoweit in der ersten Ausschreibung im L. Stadtanzeiger den Nachweis von Erfahrungen mit dem Umbau vergleichbarer Objekte im laufenden Betrieb verlangt, aber nicht erklärt, warum die Anbieter von Fachlosen über derartige Erfahrungen nicht verfügen sollten. Im Gegenteil stellt die Vergabe an einen Generalunternehmer nicht sicher, dass auch die von ihm beauftragen Subunternehmer über entsprechende Erfahrungen verfügen. Wenn der Kläger also besonderen Wert auf entsprechende Erfahrungen der mit dem Anbau betrauten Handwerker legte, hätte eine Ausschreibung nach Fachlosen hierfür eine größere Gewähr bieten können. 65Die übrigen vom Kläger gegen eine Fachlos-Vergabe sprechenden Gründe sind solche Schwierigkeiten, die regelmäßig mit einer solchen Vergabe verbunden sind und daher keine Ausnahme vom Regel-Ausnahmeverhältnis begründen können. Dazu zählen der Umstand, dass mit der Generalunternehmer-Vergabe für den Kläger Koordinierungsarbeiten entfielen und dass er sich lediglich mit einem Vertragspartner auseinandersetzen musste, sowie der Vorteil, dass bei nur einer Ausschreibung auch nur ein Beschwerdeverfahren drohen konnte. Soweit der Kläger anspricht, dass auch Gründe der Gewährleistung für eine Gesamtvergabe der Bauleistung gesprochen hätten, gilt dies ebenso. Eine Besonderheit ergibt sich hier auch nicht daraus, dass die Gewährleistung für das zuerst errichtete Gebäude bei der Erstellung des Anbaus noch nicht abgelaufen war. Denn im Falle von Baumängeln besteht in diesen Fällen immer die Schwierigkeit des Nachweises, ob der Fehler bei der ersten Baumaßnahme oder der Anschlussbaumaßnahme entstanden ist. Eine Erleichterung bei der Durchsetzung von Gewährleistungsansprüchen war daher nur dann anzunehmen, wenn bei dem Entschluss für die Gesamtvergabe schon festgestanden hätte, dass der Bauunternehmer, der das ursprüngliche Jugendherbergsgebäude errichtet hatte, auch den Auftrag für den Anschlussbau erhalten würde, da dieser dann für alle Mängel haften würde. Davon kann aber im Hinblick auf das durchgeführte Ausschreibungsverfahren nicht ausgegangen werden. Es wäre erst recht ein Vergabeverstoß. 66Soweit der Kläger behauptet, die Gesamtvergabe sei wirtschaftlich günstiger gewesen als eine Vergabe nach Fachlosen, hat er insoweit ebenfalls keinen Nachweis erbracht. Eine Parallelausschreibung, die die Kosten für eine Vergabe nach Fachlosen im Zeitpunkt der Auftragserteilung hätte ermitteln können, liegt nicht vor. 67Dem Vortrag des Klägers, eine Parallelausschreibung zum Zweck der Feststellung, ob eine Gesamtvergabe oder eine Vergabe nach Fachlosen wirtschaftlich günstiger ist, sei rechtlich unzulässig, weil insoweit jedenfalls für eine Ausschreibungsvariante eine unzulässige Marktausforschung betrieben werde, ist nicht zu folgen. Parallelausschreibungen sind nur dann unzulässig, wenn sie ausschließlich dem Zweck der Markterkundung dienen und keine Vergabe von Bauleistungen zu Folge haben. Der Kläger wollte jedoch eine Bauleistung vergeben, Gegenstand der Verfahren war ein konkreter Bedarf des Klägers. Unter diesen Voraussetzungen ist es zulässig, mehrere Ausschreibungen in verschiedener Form und gleichzeitig durchzuführen. 68Vgl. VG Gelsenkirchen, Urteil vom 4. April 2011 – 11 K 4198/09 -, ZfBR 2011, S. 806 ff.; Oberlandesgericht Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 13. Oktober 2006 – 1 Verg 12/06 -, zitiert nach juris; Vergabekammer bei der Bezirksregierung Münster, Beschluss vom 18. Februar 2010 – VK 28/09 -, zitiert nach juris; 69Einem Unternehmen ist es überdies unbenommen, sich auf alle Einzellose zu bewerben, so dass es – wenn es das jeweils günstigste Angebot abgegeben hat – auch für alle Fachlose den Zuschlag erhalten kann. 70Da der Kläger die Parallelausschreibung nicht durchgeführt und keinen anderen Nachweis bezogen auf den Zeitpunkt der Vergabe angetreten hat, insbesondere keine konkreten Berechnungen für die Kosten einer Vergabe nach Fachlosen vorgelegt hat, ist nicht von der Wirtschaftlichkeit der Generalunternehmer-Vergabe auszugehen. 71Durch ein Sachverständigengutachten zu der Frage, welche Preise im Rahmen einer Vergabe nach Fachlosen angefallen wären, kann dieser Nachweis nicht nachträglich erbracht werden. Eine Nachholung der im Zeitpunkt der Vergabeentscheidung unterlassenen Preisermittlungen und Vergleichsberechnungen ist aus Gründen der fehlenden Transparenz nicht statthaft, zumal diese nachträglichen Berechnungen ja nicht mehr in eine ordnungsgemäße Prognose im Zeitpunkt der Ausschreibung einfließen können. 72Vgl. VG Gelsenkirchen, Urteil vom 4. April 2011 – 11 K 4198/09 -, ZfBR 2011, S. 806 ff.; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 8. September 2004 – VII Verg 38/04, VII-Verg 38/04, Verg 38/04, m.w.N., zitiert nach juris 73Gegen eine höhere Wirtschaftlichkeit der Gesamtvergabe gegenüber einer Fachlos‑Vergabe spricht neben den vom Beklagten in den angegriffenen Entscheidungen zitierten Feststellungen des Bundesrechnungshofes 74Vgl. Bundesrechnungshof, Hochbau des Bundes, Wirtschaftlichkeit bei Baumaßnahmen, 2. Aufl. 2003, S. 59 f., abrufbar unter www.bundesrechnungshof.de; 75auch die von dem beauftragten Architekturbüro vorgelegte Kostenschätzung zum Antrag vom 30. Juli 2008. Diese weist deutlich niedrigere Gesamtkosten aus als die Summe, die später vom günstigsten Generalunternehmer veranschlagt wurde. Das Architekturbüro gab die Kosten für den Anbau mit insgesamt 1.348.000,00 Euro und für den Umbau mit 120.000,00 Euro, insgesamt also rund 1.500.000,00 Euro an. Nach den technischen Bietergesprächen lag die Forderung des günstigsten Generalunternehmers hingegen bei über 1.900.000,00 Euro. Dass das Architekturbüro die Kostenschätzung völlig an der Realität vorbei vorgenommen haben könnte, ergibt sich aus den vorgelegten Unterlagen nicht. Zwar weist der Kläger zu Recht darauf hin, dass diese Kostenschätzung vorgenommen wurde, nachdem Vertreter des Beklagten im Gespräch vom 3. Juli 2008 noch einmal erläutert hatten, dass sie die vom Kläger mit den ersten beiden Förderanträgen vorgelegten Kostenschätzungen für deutlich zu hoch ansähen. Die daraufhin vom Architekturbüro des Klägers vorgelegte neue Kostenschätzung orientierte sich jedoch nicht allein an den Zahlen des Beklagten, sondern hat eigene Werte ermittelt und eine neue Kostenschätzung erarbeitet. Das ergibt sich hier schon daraus, dass die Kosten für die Fassadenrückbau und Staubschutzwände in den ersten beiden Kostenschätzungen jeweils mit insgesamt 29.500,- Euro berücksichtigt sind, während nach der hier in Rede stehenden Kostenschätzung für Demontage- und Schutzarbeiten 42.700,00 Euro anzusetzen waren. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass die vom Architekturbüro in der Kostenschätzung für den 30. Juli 2008 verarbeiteten Preise nicht der Realität entsprächen, hat der Kläger nicht dargetan und sind auch sonst nicht ersichtlich, zumal nicht davon ausgegangen werden kann, dass er die Förderung bewusst mit falschen Angaben beantragt hat. 76Soweit der Kläger vortragen lässt, auch dem Beklagten habe klar sein müssen, dass der letzte Kostenvoranschlag des Architekturbüros nicht zu halten gewesen sei, untermauert er dies nicht mit einem konkreten Sachverhalt, etwa einer entsprechenden Einlassung eines Mitarbeiters des Beklagten. Die Kostenschätzungen des Beklagten, die sich an Erfahrungswerten für den Bau von Altenheimen orientierten, sind durchaus plausibel, zumal der Kläger zu keinem Zeitpunkt substantiiert dargelegt hat, welche Aspekte bei Bau einer Jugendherberge gegenüber dem Bau eines Altenheimes zu Verteuerungen führen, obwohl ihm solches Wissen schon deshalb zur Verfügung gestanden haben dürfte, weil der von ihm beauftragte Generalunternehmer auch Altenheime und Kliniken baut. 77Vgl. http://www..... und http://www.... 78Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass der geförderte Anbau keine aufwendigen technischen Installationen wie eine Küche oder Aufzüge vorsah. Unter diesen Umständen kann dem Beklagten nicht unterstellt werden, er habe die Förderung von Anfang an unter falschen Prämissen bewilligt. 79Der Widerruf ist auch nicht gemäß § 47 Abs. 2 Satz 2 bis 4 SGB X unzulässig. Danach darf ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit nicht widerrufen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einem Widerruf schutzwürdig ist. Dabei ist das Vertrauen in der Regel schutzwürdig, wenn – wie im vorliegenden Fall – der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht hat. Allerdings kann sich der Begünstigte auf Vertrauensschutz nicht berufen, soweit er die Umstände kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte, die zum Widerruf des Verwaltungsaktes geführt haben. 80So liegt der Fall hier. Dem Kläger bzw. den für ihn handelnden Personen musste bekannt sein, dass die VOB/A anwendbar waren, weil die ANBest-P den Bewilligungsbescheiden beigefügt waren. Zumindest ist ihnen insoweit grobe Fahrlässigkeit vorzuwerfen. 81Grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat (§ 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X). Dies ist der Fall, wenn der Begünstigte schon einfachste, ganz nahe liegende Überlegungen nicht anstellt und daher nicht beachtet, was im gegebenen Fall einleuchten muss. 82Bezugspunkt für dieses Kennenmüssen ist die Nichterfüllung der Auflage. 83Dem Kläger war die in den ANBest-P formulierte Auflage, bei der Vergabe von Bauaufträgen die VOB zu beachten, bekannt, weil sie den Bewilligungsbescheiden beigefügt worden war, so dass er diesen auch die Verpflichtung zur Fachlos-Vergabe entnehmen konnte. Der Kläger bestreitet nicht, dass er die Verpflichtung zur Beachtung der VOB kannte, er meint jedoch, diesen Verpflichtungen durch die Generalunternehmer-Ausschreibung hinreichend nachgekommen zu sein und beruft sich insoweit auf die Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Schleswig aus dem Jahr 2000, 84Vgl. OLG Schleswig, Beschluss vom 14. August 2000 – 6 Verg 2/200, 6 Verg. 3/2000, 6 Verg 2/00, 6 Verg 3/00 -, zitiert nach juris 85wonach jedenfalls vertretbare, nicht aber überwiegende Gründe für eine Entscheidung zur Zusammenfassung von Fachlosen bei der Vergabe ausreichend seien. Demgegenüber hat das Oberlandesgericht Düsseldorf in den Jahren 2004 und 2007 entschieden, dass die mittelständischen Interessen vornehmlich durch eine Teilung der Aufträge in Fachlose angemessen berücksichtigt würden, so dass überwiegende Gründe für ein Absehen von dieser Regel zu fordern seien. 86Vgl. Vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 11. Juli 2007 – II-Verg 10/07, Verg 10/07-; Beschluss vom 8. September 2004 – VII Verg 38/04, VII-Verg 38/04, Verg 38/04, m.w.N., beide Entscheidungen zitiert nach juris 87Soweit der Kläger die Auffassung vertritt, ihm könne schon deshalb kein Vorwurf der Fahrlässigkeit gemacht werden, weil er sich ohne Rechtsirrtum der Auffassung des Oberlandesgerichts Schleswig habe anschließen können, ist dem nicht zu folgen. Zum einen ergibt sich den vorgelegten Vermerken des Klägers nicht, dass er sich bei der Entscheidung über die Vergabe überhaupt Gedanken darüber gemacht hat, welche Gründe für eine Generalunternehmer-Vergabe sprechen könnten und welches Gewicht ihnen zukommen könnte. Im Gegenteil, der Kläger hat im laufenden Verfahren wiederholt vorgetragen, dass für ihn lediglich eine Generalunternehmer-Vergabe in Betracht gekommen sei. Zum anderen ist zu berücksichtigen, dass der Kläger bei der Vergabeentscheidung im Jahr 2009 aber jedenfalls auch die Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Düsseldorf aus den Jahren 2004 und 2007 sowie die dazu vorliegende Literatur in seine Erwägungen hätte einstellen müssen. Insoweit kann er sich auch nicht auf das Urteil das VG Gelsenkirchen vom 4. April 2011 berufen, das in einem ähnlich gelagerten Fall das Vorliegen einer groben Fahrlässigkeit verneint hat. 88Vgl. VG Gelsenkirchen, Urteil vom 4. April 2011 – 11 K 4198/09 -, ZfBR 2011, S. 806 ff. 89Denn dieses Urteil betrifft eine Vergabeentscheidung aus dem Jahr 2000, nicht eine aus dem Jahr 2009. 90Selbst wenn man aber dem Kläger im Hinblick auf die unterschiedliche Rechtsprechung zweier Oberlandesgerichte noch Zweifel zubilligen wollte, ergibt sich die grobe Fahrlässigkeit hier daraus, dass er keine Rücksprache mit dem Beklagten genommen und sich über die richtige Form der Vergabe vergewissert hat. Denn noch unter dem 31. März 2009, also gut drei Monate bevor am 17. Juli 2009 die Vergabe an den Generalunternehmer erfolgte, hatte der Beklagte den Kläger wegen der Nichtbeachtung der VOB in einem anderen Förderungsfall scharf gerügt und darauf hingewiesen, dass die VOB beachtet werden müssen. Außerdem hatte er dem Kläger nahegelegt, sich bei Problemen vorher, umgehend, mit der Bewilligungsbehörde in Verbindung zu setzen, damit Fehler bei der Ausschreibung nicht erst bei der Prüfung des Verwendungsnachweises offensichtlich würden. Weiter heißt es in dem Schreiben: „In künftigen Fällen wird nachträglich keine milde Beurteilung mehr möglich sein.“ Unter diesen Umständen stellt es jedenfalls eine grobe Fahrlässigkeit im Sinne der Nichtbeachtung dessen, was in jedem Fall einleuchten muss, dar, wenn der Kläger meint, unter Berufung auf eine – möglicherweise – überholte Rechtsmeinung von der Fachlos‑Vergabe absehen zu können. 91Vgl. z.B. Lausen in: jurisPK-VergR, 2. Aufl. 2008, § 4 VOB/A 2006, Rdnr. 49/50 92Vielmehr hätte es sich bei Zweifeln über die richtige Rechtsanwendung aufgedrängt, die Beklagte oder zumindest seinen Architekten über die richtige Anwendung der VOB/A zu befragen und das Ergebnis dieser Recherche dann in dem Vergabevermerk (vgl. § 30 VOB/A 2006) festzuhalten. Ein solcher Vermerk ist jedenfalls nach den vorgelegten Verwaltungsvorgängen trotz Aufforderung nicht übersandt worden. 93Dem Vortrag des Klägers, er habe darauf vertrauen dürfen, dass eine Vergabe an einen Generalunternehmer vom Beklagten gebilligt werde, kann nicht gefolgt werden. Seine Darlegung, schon aus den bei der Antragstellung vorgelegten Planungen habe sich die Absicht einer Generalunternehmer-Vergabe ergeben, lässt sich anhand der vorliegenden Verwaltungsvorgänge nicht verifizieren. Die vorgelegten Pläne enthalten keinerlei Angaben dazu, wer den Auftrag für den Bau erhalten solle. Festgelegt war lediglich, weil es sich um einen Erweiterungsbau handelte, die Wahl des Architekten. Der Vortrag, von der zuständigen Mitarbeiterin des Beklagten sei ihm, dem Kläger, die Zulässigkeit einer Generalunternehmer-Vergabe in den Gesprächen über den Förderantrag signalisiert worden, führt ebenfalls nicht zu einem anderen Ergebnis. Soweit der Kläger dies daraus ableitet, dass der Mitarbeiterin bekannt gewesen sei, dass eine Generalunternehmer-Vergabe geplant gewesen sei, diese aber keine Einwände dagegen erhoben habe, kann dies – selbst wenn es zutreffend wäre – keinen Vertrauensschutz begründen. Zum einen kann ein Vertrauenstatbestand regelmäßig nicht schon auf ein konkludentes Verhalten gegründet werden, sondern nur auf eine schriftliche Zusicherung (vgl. 34 SGB X). Bei Zweifeln war es dem Kläger durchaus zuzumuten, unter Darlegung der genauen Umstände eine schriftliche Stellungnahme des Beklagten anzufordern, zumal ihm dies mit Schreiben vom 31. März 2009 angeboten worden war. Zum anderen lässt § 4 Abs. 3 VOB/A (2006) unter bestimmten Umständen eine Generalunternehmer-Vergabe durchaus zu, wie auch der Kläger mehrfach betont hat. Allein die Tatsache, dass an einen Generalunternehmer vergeben wurde, stellt ja noch keinen Verstoß gegen die Auflage der ANBest-P dar. Der Verstoß ergibt sich vielmehr daraus, dass der Kläger dies ohne zureichende Gründe getan hat. Dass er die Generalunternehmer-Vergabe mit der Mitarbeiterin des Beklagten insoweit erörtert hätte, hat er nicht vorgetragen. 94Der Widerruf ist auch innerhalb der Jahresfrist gemäß § 47 Abs. 2 Satz 5 i.V.m. § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X erfolgt. Es ist in der Rechtsprechung geklärt, dass die Frist für den Widerruf eines begünstigenden Verwaltungsaktes erst zu laufen beginnt, wenn die Behörde den Auflagenverstoß erkannt hat und ihr die weiteren, für die Widerrufsentscheidung erheblichen Tatsachen vollständig bekannt sind. Dient eine Anhörung des Betroffenen zur Ermittlung weiterer entscheidungsrelevanter Tatsachen, beginnt die Frist erst danach zu laufen. 95Vgl. BVerwG, Urteil vom 24. Januar 2001 – 8 C 8.00 -, BverwGE 112, S. 360 ff. zu § 48 Abs. 4 VwVfG; OVG NW, Beschluss vom 13. Februar 2012 – 12 A 1217/11 -, www.nrwe.de 96Am 22. April 2014 war diese Frist noch nicht überschritten. 97Der Lauf dieser Frist begann jedenfalls nicht vor dem 15. Mai 2013, als der Kläger erstmals gegenüber dem Beklagten die Gründe dafür darlegte, warum er von einer Fachlos-Vergabe absah und einen Generalunternehmer beauftragte. Denn wie oben dargelegt kommt es bei der Prüfung, ob ein Verstoß gegen die Vorschrift des § 4 Abs. 3 VOB/A (2006) vorlag, wesentlich darauf an, ob überwiegende wirtschaftliche oder technische Gründe für eine Gesamtvergabe vorliegen. Vorher konnte der Beklagte lediglich davon ausgehen, dass eine Generalunternehmervergabe erfolgte, er wusste aber nicht, warum der Kläger sich dafür entschieden hatte. 98Im vorliegenden Fall legte der Kläger erstmals unter dem 2. Mai 2011 einen Verwendungsnachweis vor, dem zwar der Text der Anzeige im L. Stadtanzeiger am 22. November 2008 beigefügt war und aus dem sich eine Ausschreibung für einen Generalunternehmer ergab. Allerdings bezog sich diese Anzeige auf eine Bauzeit von April bis Oktober 2009, während der Bau tatsächlich erst später erfolgen sollte. Auch erfolgte die Vergabe ersichtlich nicht aufgrund dieser Ausschreibung, sie wurde später aufgehoben. Außerdem ergibt sich aus dem Anzeigentext noch nicht, warum die Vergabe an einen Generalunternehmer erfolgte. Auch dass diesem Verwendungsnachweis die Rechnungen des Generalunternehmers beigefügt waren, setzte den Beklagten noch nicht in den Stand, den Widerruf durchzuführen. Nachdem der Beklagte mehrfach darauf gedrungen hatte, die Kostenüberschreitungen zu begründen, übersandte der Kläger per E‑Mail vom 1. Oktober 2012 den Vergabevorschlag des Architekturbüros. Diesem Vergabevorschlag ließ sich aber nur entnehmen, dass die Vergabe an einen Generalunternehmer erfolgte, nicht aber, warum dies geschah. Die Feststellungen der Bauabteilung des Beklagten zur Vergabe des Auftrages, wie sie in der E-Mail an den Kläger vom 20. Februar 2013 dargelegt werden, waren ganz offensichtlich vorläufiger Natur und standen unter dem Vorbehalt eines ergänzenden Vortrags durch den Kläger, der insoweit bei der Ortsbegehung am 4. April 2013 weitere Angaben machen sollte. Dabei hatte der Beklagte sich außerdem ersichtlich in erster Linie mit Ermittlungen zu der Frage beschäftigt, ob die Vergabe ordnungsgemäß im Rahmen einer öffentlichen Ausschreibung erfolgte. Eine erste baufachliche Stellungnahme lag dann erst am 12. April 2013 vor, die der Beklagte sodann in dem Anhörungsschreiben vom 16. April 2013 zu einem Widerruf umsetzte. 99Soweit der Kläger darauf verweist, dass bereits im 9. Oktober 2012 in einem E‑Mail‑Austausch zwischen den beteiligten Sachbearbeitern des Beklagten ein Widerruf wegen eines Verstoßes gegen § 4 Abs. 3 VOB/A (2006) stattfand, führt dies nicht zu einem anderen Ergebnis. Denn zu diesem Zeitpunkt hatte der Kläger noch nicht erläutert, warum er auf die Fachlos-Vergabe verzichtet hatte. 100Allein die Kenntnis der Tatsachen, aufgrund derer sich die Behörde zum Handeln entschließt, reicht nicht aus, um die Frist des § 47 Abs. 2 Satz 5 i.V.m. § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X in Gang zu setzen. Zur Herstellung der Entscheidungsreife, nach deren Eintritt die Entscheidungsfrist des § 47 Abs. 2 Satz 5 i.V.m. § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X zu laufen beginnen kann, gehört regelmäßig die Anhörung des Betroffenen, insbesondere dann, wenn wie im vorliegenden Fall eine Ermessensentscheidung zu treffen ist, bei der die für die Ermessensbetätigung maßgeblichen Umstände in der Sphäre des anzuhörenden Betroffenen liegen. 101Vgl. OVG NW, Beschluss vom 15. Mai 2008 – 18 A 3675/06 -, mit zahlreichen weiteren Nachweisen, zitiert nach juris. 102Das ist hier der Fall. Die Motive für die Generalunternehmer-Vergabe liegen allein im Bereich des Klägers, nur dessen Vortrag dazu konnte somit den Beklagten in die Lage versetzen, sachgerecht zu entscheiden. Unter diesen Umständen konnte die Frist für die Entscheidung über den Widerruf nicht vor dem 15. Mai 2013 zu laufen beginnen. 103Der Beklagte hat schließlich auch das ihm nach § 47 Abs. 2 SGB X eingeräumte Ermessen fehlerfrei ausgeübt. Nach § 114 VwGO kann eine Ermessensentscheidung im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens nur daraufhin überprüft werden, ob die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat. 104Es muss hier nicht geprüft werden, ob der Beklagte auf Ermessenserwägungen gänzlich verzichten konnte, weil er im Rahmen des § 47 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB X von einem intendierten Ermessen im Sinne einer Rückforderung ausgehen konnte. 105vgl. insoweit OVG NW, Urteil vom 20. April 2012 – 4 A 1055/09 -, NVwZ-RR 2012, S. 671 ff. mit zahlreichen weiteren Nachweisen. 106Denn der Beklagte hat im vorliegenden Fall Ermessen ausgeübt, indem er unter Beachtung des ermessensbindenden Runderlass des Finanzministeriums vom 18. Dezember 2003 (- I 1–0044-3/8 – „Rückforderung von Zuwendungen wegen Nichtbeachtung der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB/A) und der Verdingungsordnung für Leistungen –ausgenommen Bauleistungen (VOL/A)“, im Folgenden: Runderlass) den Sachverhalt gewürdigt hat. 107Nach diesem Erlass ist der Widerruf einer Zuwendung grundsätzlich bei einem schweren Verstoß gegen die VOB angezeigt, wobei als schwerer Verstoß die Vergabe von Leistungen an einen Generalunternehmer (Alleinunternehmer gegenüber dem Auftraggeber) zu werten ist, wenn die Wirtschaftlichkeit der Gesamtleistung nicht nachweisbar ist. Ein solcher Verstoß liegt hier, wie oben dargelegt, vor, ohne dass der Kläger die Wirtschaftlichkeit dieser Maßnahme belegt hätte. 108Besondere Umstände, die ausnahmsweise eine andere Bewertung rechtfertigen könnten, liegen nicht vor. Soweit der Kläger insofern darauf abhebt, dass er im Hinblick auf andere Rechtsmeinungen vertretbar zu dem Ergebnis habe kommen können, dass eine Generalunternehmer-Vergabe durchaus zulässig sei, ist dem, wie oben dargelegt, nicht zu folgen. Dabei konnte der Beklagte auch in seine Erwägungen einstellen, dass der Kläger regelmäßig für seine Vorhaben Fördermittel in Anspruch nimmt, die Gepflogenheiten kannte und in der Vergangenheit mehrfach nachdrücklich auf die Beachtung dieser Vorschriften hingewiesen worden war. Wenn der Kläger unter diesen Umständen weder von dem Beratungsangebot des Beklagten Gebrauch macht noch technische Erforderlichkeit oder die Wirtschaftlichkeit der Generalunternehmer-Vergabe in einem entsprechenden Vergabevermerk festhält, kann dies zu seinen Lasten in die Ermessenserwägungen eingestellt werden. Ebenso konnte der Beklagte in diesem Zusammenhang die hohen Kosten des Gesamtprojekts berücksichtigen, weil sich dem Kläger insoweit durchaus hätte aufdrängen müssen, dass möglicherweise die gewählte Vergabeart für die Kostenüberschreitung verantwortlich sein könnte. 109Der Einwand des Klägers, der öffentlichen Hand sei kein Schaden entstanden, weil er im Rahmen des Vergabeverfahrens das günstigste Angebot berücksichtigt und insoweit auch noch im Rahmen von Verhandlungen auf eine Kostenreduktion gedrungen habe, führt zu keinem anderen Ergebnis. Denn weil keine Ausschreibung nach Fachlosen durchgeführt wurde, kann eben nicht unterstellt werden, dass der öffentlichen Hand durch die Generalunternehmer-Vergabe kein Schaden entstanden ist. Grundsätzlich kann nur durch eine öffentliche Ausschreibung unter Ausnutzung des Leistungswettbewerbs und aller Chancen am Markt das günstigste Angebot erzielt werden. Zudem wird so am wirkungsvollsten Korruption- und Manipulationsgefahren begegnet. 110Vgl. OVG NW, , Urteil vom 20. April 2012 – 4 A 1055/09 -, NVwZ-RR 2012, S. 671 ff und Urteil vom 2. September 2008 – 15 A 2328//06 -, NVwZ-RR 2009, S. 57 ff.; 111Insofern waren weder der Beklagte noch das erkennende Gericht im Rahmen des vorliegenden Verfahrens gehalten, der nicht nachgewiesenen Behauptung des Klägers, es sei kein wirtschaftlicher Schaden entstanden bzw. die Generalunternehmer-Vergabe sei letztlich günstiger als eine Vergabe nach Fachlosen, nachzugehen. Dem Kläger obliegt insoweit die Nachweispflicht. Das streng formalisierte Verfahren, wie es die VOB/A (2006) vorsehen, dient gerade dazu, das wirtschaftlich günstigste Angebot zu erzwingen. 112Vgl. OVG NW, , Urteil vom 20. April 2012 – 4 A 1055/09 -, NVwZ-RR 2012, S. 671 ff; 113Sollte bei Nichtbeachtung dieses Verfahrens trotzdem wirtschaftlich gehandelt worden sein, obliegt die Nachweispflicht dafür demjenigen, der gegen die Auflagen verstoßen hat. Diesen Nachweis hat der Kläger, wie oben dargelegt, nicht geführt. 114Der Vortrag des Klägers, die Förderung sei ohnehin auf die vom Beklagten anhand von dessen Kostenschätzung ermittelte Förderhöhe begrenzt gewesen und die durch die Preisüberschreitung entstandenen höheren Kosten würden von ihr getragen, verfängt in diesem Zusammenhang nicht. Denn es ist nicht auszuschließen, dass bei einer ordnungsgemäßen Ausschreibung auch weniger hohe Kosten entstanden wären, als sie der Beklagte bei seiner Schätzung zugrunde gelegt hat. 115Soweit sich der Kläger schließlich darauf beruft, er habe in den Verhandlungen mit den Bietern auf ortsübliche Preise gedrungen, vermag auch dies nicht die Wirtschaftlichkeit der Generalunternehmer-Vergabe zu belegen. Denn maßgeblich sind im Rahmen der Ausschreibung nicht nur die in Y. ortüblichen Preise, weil bei einer Ausschreibung auch Bieter hätten zum Zuge kommen können, die nicht in Y. ansässig sind. 116Der Beklagte hat sein Ermessen auch insoweit ordnungsgemäß ausgeübt, als er die Rückforderungssumme nicht auf einen Teilbetrag beschränkt hat. Der Runderlass sieht vor, dass bei einem schweren Verstoß gegen vergaberechtliche Vorschriften im Regelfall förderrechtliche Konsequenzen dergestalt zu ziehen sind, dass die Kosten für die jeweilige Auftragseinheit (z.B. Teillos oder Fachlos), bei der der Verstoß ermittelt wurde, von der Förderung ausgeschlossen werden, und, wenn die Anwendung dieses Grundsatzes, etwa weil VOB/VOL-widrig nicht in Teillosen bzw. nur in großen Teillosen vergeben wurde, zu einem völligen bzw. sehr weitgehenden Förderausschluss für die Gesamtmaßnahme führen würde und damit zu einer erheblichen Härte für den Zuwendungsempfänger führt, der Kürzungsbetrag auf 20 bis 25 % der Gesamtzuwendung zuzüglich der durch den Verstoß bedingten Verteuerung beschränkt werden kann. 117Im vorliegenden Fall ist das gesamte Bauvorhaben von dem Vergabeverstoß betroffen mit der Folge, dass grundsätzlich die gesamte Fördersumme zurückzufordern ist. Dass sich daraus eine besondere Härte für den Kläger ergeben könnte, ist nicht ersichtlich. Der Kläger hat auch auf mehrfache Nachfrage durch den Beklagten keine Unterlagen vorgelegt, woraus sich ergibt, dass er durch den Widerruf der Bewilligung in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten könnte. Dass der Kläger für die Rückzahlung möglicherweise erneut einen Kredit aufnehmen müsste, führt zu keinem anderen Ergebnis, weil er nicht dargelegt hat, dass er keinen derartigen Kredit bekommen könnte. Auf konkrete Nachfrage des Beklagten haben die Vertreter des Klägers am 11. Februar 2014 zudem mitgeteilt, dass auch für den Fall der Rückforderung der Fördersummen nicht die Gefahr einer Insolvenz für den Kläger bestehe. 118Der Erstattungsanspruch ergibt sich aus § 50 Abs. 1 SGB X. Danach sind erbrachte Leistungen zu erstatten, wenn ein Verwaltungsakt aufgehoben wird. Diese Voraussetzungen liegen vor. 119Der Zinsanspruch ergibt sich aus § 50a Abs. 2a Satz 1 SGB X in Verbindung mit § 247 BGB. Danach ist der zu erstattende Betrag vom Eintritt der Unwirksamkeit eines Verwaltungsaktes, auf Grund dessen Leistungen zur Förderung von Einrichtungen oder ähnliche Leistungen erbracht worden sind, mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz jährlich zu verzinsen. Da die Bewilligungsbescheide rückwirkend aufgehoben wurden, sind die Fördersummen auch vom Zeitpunkt der Auszahlung an zu verzinsen. 120Der Zinsanspruch ist auch in der Höhe richtig festgesetzt. Soweit sich der Kläger insoweit auf eine teilweise Verjährung beruft, wirkt sich dies im vorliegenden Fall nicht aus. 121In der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist geklärt, dass Zinsansprüche aus öffentlichem Recht der kurzen Verjährung nach Maßgabe der Verjährungsfristen des Bürgerlichen Rechts unterliegen, so das für sie nach §§ 195, 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB eine dreijährige Verjährungsfrist gilt, jeweils beginnend mit dem Schluss des Jahres, in welchem der Zinsanspruch entstand. 122Vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Januar 2013 – 8 C 2/12 -, NVwZ-RR 2013, S. 489 ff., m. w. N.; BFH, Urteil vom 11. Dezember 2012 – VII R 61/10 -, BFHE 239, S. 310 123Im vorliegenden Fall konnte der Beklagte daher im Jahre 2014 keine Zinsen festsetzen, die vor dem 1. Januar 2011 entstanden sind. Zwar hat der Beklagte im Tenor der angefochtenen Bescheide ausgeführt, dass er einen Zinsanspruch für die Zeit vom 30. Dezember 2008 bis zum 8. April 2014 geltend macht, tatsächlich hat er aber nur Zinsen für den Zeitraum vom 1. Juli 2011 bis zum 8. April 2014 festgesetzt. Das ergibt sich aus den Anlagen zu den jeweiligen Bescheiden, wo die Zinsen für die Jahre 2008 bis 2014 ausgerechnet sind. Diese Tabellen listen zwar auch die in der Zeit vom 30. Dezember 2008 bis zum 30. Juni 2011 entstandenen Zinsen auf, berücksichtigen diese Zahlen jedoch nicht bei der Summenbildung. Die festgesetzten Zinsen entsprechen den im Zeitraum vom 1. Juli 2011 bis zum 8. April 2014 entstandenen Zinsen laut diesen Tabellen. Einwendungen gegen die Höhe dieser Zinsfestsetzungen im Übrigen hat der Kläger nicht geltend gemacht. 124Die Klage war daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 111 ZPO.
die klage wird abgewiesen. der kläger trägt die kosten des verfahrens. das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. der kläger kann die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe von 110% des beizutreibenden betrages abwenden, wenn nicht der beklagte vor der vollstreckung sicherheit in gleicher höhe leistet. 1
2der kläger ist als rechtlich selbständiger landesverband des deutschen jugendherbergswerkes anerkannter träger der freien jugendhilfe. er betreibt u.a. die jugendherberge in y. . das gebäude wurde im jahr 2004 auf einem ufergrundstück an der südsee in y. neu errichtet und wies ursprünglich eine u-form auf, wobei die offene seite zum wasser lag. 3im jahr 2008 plante der kläger eine erweiterung des jugendherbergsgebäudes, bei der das u zu einem quadrat geschlossen werden sollte. am 17. april 2008 stellte er deshalb einen antrag auf bezuschussung dieses bauvorhabens aus den mitteln des landesjugendplans. nach den dazu vorgelegten plänen sollten in dem zweistöckigen anbau drei gruppenräume im erdgeschoss entstehen, von denen der eine auch als erweiterung für den speisesaal herangezogen werden konnte. im ersten obergeschoss wurden zwölf neue vierbettzimmer jeweils mit dusche und wc geplant. im untergeschoss war lediglich ein zusätzlicher raum zur unterbringung von haustechnik vorgesehen, im wesentlichen sollte der erweiterungsbau nicht unterkellert werden. die bruttogeschossfläche des erweiterungsbaus gab der kläger mit insgesamt 749,30 m² an. die kosten der erweiterung bezifferte er auf insgesamt 2.503.000 euro, wovon er aus eigenmitteln 750.900 euro aufbringen wollte. zum beleg legte er eine kostenschätzung seines architekten vor, insoweit wird auf bl. 6 bis 17 der beiakte heft 5 verwiesen. 4der beklagte teilte daraufhin mit schreiben vom 25. april 2008 dem kläger mit, dass nach seinen berechnungen die erweiterung eine nettogrundfläche von 680,80 m² aufweise, so dass die kosten pro quadratmeter nettogeschossfläche 3.676,56 euro betrügen. diese kosten seien extrem überzogen und aus sicht des beklagten nicht nachvollziehbar. dabei berief sich der beklagte darauf, dass drei andere jugendherbergen mit preisen von deutlich unter 2000 euro pro m² bruttogeschossfläche errichtet worden seien und führte weiter aus, da es sich bei der geplanten erweiterung der jugendherberge y. ausschließlich um gruppenräume und gästebettzimmer ohne zentrale bereiche wie z.b. küche und speisesaal handele, sei eine förderung des antrags aus wirtschaftlichen gründen nicht akzeptabel. art und umfang der geplanten maßnahme ließen nur eine preisfindung deutlich unterhalb der genannten vergleichskostenwerte zu. wenn weiter eine förderung der maßnahme angestrebt werde, solle die antragsgrundlage im hinblick auf die preisfindung überarbeitet werden. anderenfalls müsste die förderung wegen überzogener kosten abgelehnt werden. 5am 5. juni 2008 legte der kläger einen überarbeiteten antrag auf bezuschussung des erweiterungsbaus der jugendherberge y. vor. dabei gab er aufgrund einer neuen kostenschätzung seines architekten (bl. 64-75 der beiakte heft 5) die gesamtkosten mit 1.844.000 euro an und führte aus, dass in den angegebenen gesamtkosten nicht nur „neubaukosten“, sondern auch kosten für anschlussarbeiten an das vorhandene gebäude, sowie umbaukosten für änderung von tagesräumen/flurbereichen zu bettzimmern aufgeführt sein. dies werde auch in den nunmehr vorgelegten plänen verdeutlicht. anders als bei der ersten kostenschätzung waren baunebenkosten i.h.v. 278.970,30 euro in der neuen kostenschätzung nicht mehr berücksichtigt. 6da auch die in dem neuen antrag aufgeführten kosten seitens des beklagten als völlig überzogen gewertet wurden, erläuterte der kläger in einem gespräch beim beklagten noch einmal die pläne, unter anderem auch die infolge des erweiterungsbaus geplanten veränderungen im bestand. der beklagte legte wiederum dar, eine positive baufachliche beurteilung sei nur dann möglich und verantwortbar, wenn die kosten für den neubau nicht mehr als 1.705,00 euro brutto pro quadratmeter bruttogeschossfläche betrügen. die kosten für den umbau der fläche im bestand dürften 75 % dieses betrages, also 1.278,75 euro pro quadratmeter nettogeschossfläche, nicht übersteigen. insgesamt veranschlagte der beklagte die kosten der gesamtmaßnahme einschließlich der kosten des umbaus des bestandes und der kosten der anpassung auf nicht mehr als 1.389.950,00 euro. nach auffassung des in dem gespräch anwesenden architekten des klägers, herrn n. , waren diese kosten zu knapp kalkuliert. demgegenüber wiesen die vertreter des beklagten darauf hin, dass die vom kläger beauftragte architekturfirma viele pflegeheime baue, die den vorgegebenen kostenrahmen von 1.705,00 euro pro quadratmeter bruttogeschossfläche einhielten. 7der antrag vom 30. juni 2008 auf bewilligung der fördermittel sah gesamtkosten von 1.551.000,00 euro vor. auch bei der diesem antrag zu grunde liegenden kalkulation waren baunebenkosten i.h.v. 12.490 euro nicht in den gesamtkosten enthalten. wegen der einzelheiten der kalkulation wird auf die kostenberechnung des architekten vom 21. juli 2008 (bl. 89-116 der beiakte heft 5) verwiesen. der beklagte legte mit schreiben vom 17. september 2008 die höhe der maximal anerkennungsfähigen kosten auf 1.399.488 euro fest. zur begründung legte er dar, diese werte resultierten auf der basis der zur zeit maximal anerkennungsfähigen baukosten für altenpflegeheime und würden, wie bereits früher dargelegt, durch den vergleich mit in der vergangenheit realisierten jugendherbergswerksobjekten untermauert. 8der kläger beantragte daraufhin am 10. november 2008 eine förderung für den erweiterungsbau aus den mitteln des landesjugendplanes und gab dabei an, die kosten betrügen 1.399.448,00 euro. gleichzeitig stellte er nach einem hinweis des beklagten einen entsprechenden antrag auf förderung aus den mitteln des kinder- und jugendplanes des bundes. 9der beklagte bewilligte mit bescheid vom 2. dezember 2008 eine förderung nach den richtlinien zum kinder- und jugendförderplan nrw i.h.v. 489.490,89 euro für die erweiterung und den umbau der jugendherberge in y. . dem bewilligungsbescheid war als anlage beigefügt eine ausgabe der allgemeinen nebenbestimmungen für zuwendungen zur projektförderung – anbest-p –. unter z. 9.1, „allgemeinen nebenbestimmungen“ des bewilligungsbescheides werden die anbest–p als bestandteil des bescheides bezeichnet. mit bescheid vom gleichen tage bewilligte der beklagte für das gleiche projekt zuwendungen aus mitteln des kinder-und jugendplanes des bundes i.h.v. 203.000 euro, wobei auch insoweit die anbest-p mitübersandt wurden und unter z. 9.1 dieses bescheides ausgeführt wird, für die zuwendung würden die allgemeinen nebenbestimmungen für zuwendungen zur projektförderung (anbest-p) unter berücksichtigung der §§ 47 und 50 sgb x gelten. 10unter dem 8. dezember 2008 erklärte der kläger, auf die einlegung eines rechtsbehelfs gegen die oben genannten bescheide zu verzichten. gleichzeitig forderte er die bundesmittel i.h.v. 203.000 euro sowie einen teilbetrag i.h.v. 224.490,89 euro von den landesmitteln an. der beklagte wies die angeforderten beträge zum 30. dezember 2008 an. die restlichen landesmittel i.h.v. 265.000 euro rief der kläger unter dem 12. november 2009 ab, die dann am 20. november 2009 angewiesen wurden. 11nachdem der bau am 25. februar 2010 abgenommen worden war, legte der kläger einen verwendungsnachweis über die fördermittel unter dem 26. april 2011 vor. danach beliefen sich die kosten des erweiterungsbaus sowie des umbaus der jugendherberge y. auf 2.291.330,48 euro. dabei legte er dar, dass der mehrbetrag aus eigenmitteln getragen werde. dem verwendungsnachweis waren rechnungen beigefügt, unter anderem auch rechnungen des l. stadtanzeigers sowie der x. mediengruppe über anzeigen für eine öffentliche ausschreibung für die „schlüsselfertige bauleitung: erweiterung der jugendherberge y. “. 12der beklagte forderte daraufhin unter dem 10. mai 2011 weitere angaben und unterlagen an. in diesem zusammenhang wies er darauf hin, dass kosten von max. 1.399.448,00 euro der förderung zu grunde gelegt worden sei, wobei damit die erwartung verbunden gewesen sei, dass sich diese kostensumme nach einer ausschreibung noch verringere. die verteuerung um ca. 900.000 eur sei zu begründen. weiter bat er um die vorlage der unterlagen zur gewerkeweisen vob/a-ausschreibung, also der ergebnisse der verdingungsverhandlungen, das vergabeprotokoll und den prüfbericht. nachdem der beklagte diese weiteren unterlagen noch einmal unter dem 29. juni 2011 und dem 21. märz 2012 angemahnt hatte, legte der kläger unter dem 12. april 2012 einen sachbericht zum verwendungsnachweis vor, allerdings keine unterlagen über die vergabe. nach einer weiteren anforderung durch den beklagten legte der kläger unter dem 1. oktober 2012 einen „vergabevorschlag generalunternehmerleistung“ seines architekten vor. 13mit schreiben vom 16. oktober 2012 wandte sich der beklagte an den kläger und legte dar, dass dieser vergabevorschlag vermuten lasse, dass die gewerke des anbaus an die jugendherberge y. nicht öffentlich ausgeschrieben worden sein. dem kläger sei bekannt, dass bei der inanspruchnahme von landesjugendplanmitteln die vorschriften der vob/a unbedingt einzuhalten seien. darauf sei auch im gemeinsamen gespräch hingewiesen worden. dies bedeutet, dass eine vergabe an einen generalunternehmer nur möglich sei, wenn die wirtschaftlichkeit der gesamtleistung nachweisbar sei. dafür sei eine öffentliche ausschreibung erforderlich, die durch einen kostenvergleich zwischen verschiedenen generalunternehmern nicht ersetzt werden könne. bei einem verstoß gegen die vob/a könnten die zuwendungsbescheide grundsätzlich widerrufen werden. bei einem ortstermin am 4. april 2013 legte der kläger einen ordner mit unterlagen zur ergänzung seines verwendungsnachweises vor. 14das ergebnis der baufachlichen prüfung des verwendungsnachweises durch den beklagten lag am 12. april 2013 vor. danach sei ein eingespannter erweiterungsbau mit zwei vollgeschossen sowie einem kellerraum und flachdach errichtet worden. ausgelegt worden sei der erweiterungsbau auf zwölf zimmer mit insgesamt 48 betten sowie tagungsräumen. die zwölf zimmer verfügten jeweils über ein duschbad mit einem separaten wc-raum. die tagungsräume befänden sich im erdgeschoss. im ostflügel des bestandsgebäudes seien durch umbau eines gruppenraumes und des durchgangs in das freigelände drei räume mit jeweils vier betten und ein raum mit zwei betten neu geschaffen worden. im rahmen der baumaßnahme sei auch der vorhandene parkplatz erweitert worden. zudem sei eine solarthermieanlage zur heizungsunterstützung und warmwasserbereitung installiert worden, wofür der kläger weitere fördermittel i.h.v. 3150,00 euro brutto vereinnahmt habe. 15zur ausschreibung wurde in dem verwendungsnachweis ausgeführt, der kläger habe die bauleistung zunächst mit der veröffentlichungsanzeige vom 22. november 2008 im l. stadtanzeiger und der x. -mediengruppe als schlüsselfertige bauleistung gemäß § 3 abs. 1 vob/a (öffentliche ausschreibung) ausgelobt. bei bewerbungsschlusses hätten drei bewerbungen vorgelegen, woraufhin der kläger die öffentliche ausschreibung gemäß § 26 abs. 1 buchst. c vob/a aufgehoben habe. er habe die schlüsselfertige bauleistung sodann im rahmen einer beschränkten ausschreibung an acht generalunternehmer erneut ausgeschrieben. sechs firmen hätten daraufhin ein angebot abgegeben. nachdem diese angebote ausgewertet und geprüft worden seien, seien die angebote mit den bietern verhandelt worden. der kläger habe diese beschränkte ausschreibung ebenfalls gemäß § 26 abs. 1 buchst. c vob/a aufgehoben. aufgrund der technischen bietergespräche im mai 2009 hätten drei bieter ein neues angebot vorgelegt, wobei die firma n1. bau l1. gmbh der günstigste anbieter gewesen sei. entsprechend dem vergabevorschlag des beauftragten architekturbüros sei dann diese firma mit einer pauschalsumme für die generalunternehmerleistung i.h.v. 2.219.350,00 euro beauftragt worden. dabei habe der kläger nachträglich eine leistungsreduzierung des angebotes vorgenommen. es seien dann noch zusätzliche arbeiten mit einer gesamtsumme von 41.135,33 euro nachbeauftragt worden. durch die vergabe der bauleistung an einen generalunternehmer seien die fachunternehmer vom wettbewerb ausgeschlossen worden. da keine parallelausschreibung an fachfirmen durchgeführt worden sei, sei der nachweis der wirtschaftlichkeit nicht erbracht worden. damit sei der träger seinen verpflichtungen aus den bescheiden nicht nachgekommen. gemäß dem runderlass des finanzministeriums vom 18. dezember 2003 – i 1–0044–3/8 – punkt 3.9 liege ein schwerer verstoß gegen die vob vor. da die kosten für die architekten- und ingenieurleistungen sowie die kosten des baugenehmigungsverfahrens nicht im verwendungsnachweis eingestellt worden seien, habe der anbau insgesamt ca. 2.700.000,00 euro (brutto) gekostet, während die förderfähigen gesamtkosten gemäß zuwendungsbescheid 1.399.488 euro betrügen. 16mit schreiben vom 16. april 2013 an den kläger legte der beklagte dar, es liege ein schwerer verstoß gegen die vergabevorschriften vor, da der wettbewerb sich nur auf verschiedene generalunternehmer beschränkt habe, weil schlüsselfertige bauleistungen ausgeschrieben worden seien. dabei sei die wirtschaftlichkeit nicht, wie es die vob/a erfordere, durch eine vergleichsweise ausschreibung der einzelnen gewerke nachgewiesen worden. insbesondere im hinblick darauf, dass die veranschlagten kosten überdurchschnittlich hoch gewesen seien, habe der kläger die aufgabe gehabt, anhand der ausschreibungsergebnisse darzulegen, dass die kosten der gewerke geringer und damit wirtschaftlich vertretbar seien. das haushaltsrecht des landes sehe vor, zuwendungen wegen nichtbeachtung der vob/a zu widerrufen. der beklagte führte weiter aus, da die einhaltung der vergabevorschriften für alle zuwendungsempfänger verbindlich seien, beabsichtige er, die gewährten zuwendungen zuzüglich zinsen zurückzufordern, und gab dem kläger gelegenheit zur stellungnahme. 17dazu trug der kläger unter dem 13. mai 2013 vor, es sei zwar richtig, dass vor der bewilligung durch die bauabteilung des beklagten die ermittelten kosten als zu hoch angesehen worden seien. für die antragstellung seien die vom beklagten ermittelten zahlen zu grunde gelegt worden, allerdings mit dem hinweis, dass die „korrekten“ zahlen über das ausschreibungsverfahren ermittelt würden. das ergebnis liege nun vor und sei nachvollziehbar. ein vergleich mit anderen baumaßnahmen bzw. kostenkennwerten sei nicht unbedingt aussagekräftig, da sich bei bauprojekten stets sehr viele einflussfaktoren auf die baukosten überlagerten. die baumaßnahme in y. sei als in höchstem maße kompliziert und aufwändig anzusehen. in den kosten seien aufwendungen für einrichtung und rückbau einer äußerst aufwändigen und zwingend notwendigen baustraße, rückbau und gestaltung der hochwertigen terrassenanlagen, rückbau, teilentkernung und wiederaufbau eines gebäudeteiles enthalten. außerdem habe es umfangreiche und komplizierte anschlussarbeiten an das vorhandene gebäude gegeben. dies alles habe letztlich den ausschlag gegeben, die arbeiten durch einen generalunternehmer ausführen zu lassen. hinzu sei gekommen, dass die maßnahme im laufenden betrieb und in einer äußerst kurzen bauzeit habe bewerkstelligt werden müssen. trotz der hohen kosten sei keine weitere bzw. höhere förderung der maßnahme durch bund oder land angestrebt worden, sondern die aufwendungen durch eigenmittel des landesverbandes gedeckt worden. 18nach überprüfung der argumente des klägers führte der beklagte ein neues anhörungsverfahren durch und teilte mit schreiben vom 21. november 2013 mit, er beabsichtige, die beiden zuwendungsbescheide gemäß § 47 abs. 2 nr. 2 sgb x zu widerrufen. es sei zwar zutreffend, dass die vob nicht zwingend die ausschreibung in einzellosen vorgebe. die möglichkeit, mehrere fachlose zusammenzufassen, bedeute aber nicht die automatische ermächtigung, die maßnahme an einen generalunternehmer oder -übernehmer zu vergeben. vielmehr könnten lediglich bauleistungen, die einem gewerbezweig oder handwerkszweig zuzurechnen seien, an einen unternehmer der entsprechenden branche vergeben werden. demgegenüber habe der kläger den auftrag an einen generalübernehmer übertragen und eine ausschreibung nach fachlosen gar nicht in erwägung gezogen. die wirtschaftlichkeit der vergabe eines auftrags an einen generalunternehmer oder -übernehmer lasse sich nur feststellen, wenn die ergebnisse einer ausschreibung in teillosen mit der ausschreibung für einen generalunternehmer oder -übernehmer verglichen würden. ein solcher vergleich könne nicht vorgenommen werden, da eine parallelausschreibung für fachfirmen nicht erfolgt sei. es sei zwar der günstigste anbieter mit der durchführung der maßnahme beauftragt worden, ob die angebote insgesamt aber wirtschaftlich gewesen seien, lasse sich mangels vergleichbarer angebote von fachfirmen nicht feststellen. im übrigen sei die maßnahme mehr als doppelt so teuer geworden wie ursprünglich festgelegt worden sei, was nicht für eine hohe wirtschaftlichkeit der maßnahme spreche, zumal die baumaßnahme nur einen wohnbereich und einen aufenthaltsbereich betroffen habe und keine kostenintensive baumaßnahmen im bereich der zentralen betriebstechnik enthalten habe. im rahmen der baufachlichen prüfung habe auch nicht festgestellt werden können, dass die baumaßnahme als höchst kompliziert und aufwändig einzustufen sei. vielmehr seien zwölf baugleiche zimmer mit separaten sanitäranlagen im obergeschoss errichtet worden. die haustechnische anlage sei nur an die vorhandene anlage angeschlossen worden. größere um- bzw. ergänzungsbaumaßnahmen für die elektro-, sanitär- und heizungsanlage seien ebenfalls nicht erforderlich gewesen. im erdgeschoss seien vier gruppenräume und ein flur untergebracht worden, die nur über einen heizkörper, eine beleuchtung und steckdosen verfügten. die brandmeldeanlage sei lediglich erweitert worden. die anschlüsse an die durch den ersten bauabschnitt vorgegebene gebäudehülle seien ohne große schwierigkeiten möglich gewesen. die architekten-und ingenieursleistung sei im rahmen der honorarforderung mit geringer planungsleistung zu bewerten. auch in verträgen mit fachfirmen könne vereinbart werden, dass die baumaßnahme bei laufendem betrieb und in kurzer zeit durchzuführen sei. als argument für die auftragsvergabe an einen generalübernehmer eigne sich dieser hinweis ebenfalls nicht. eine besondere härte sei auch nicht erkennbar, weil eine existenzgefährdung oder eine mögliche zahlungsunfähigkeit nicht vorliege. es liege damit ein schwerer vergabeverstoß vor, der zum widerruf der zuwendungsbescheide führe. der kläger könne sich auch nicht auf vertrauensschutz berufen, da die beachtung der vergabevorschriften seit jeher eine auflage von zuwendungsbescheiden nach den kinder-und jugendförderplänen des bundes bzw. des landes nordrhein-westfalen sei und dies auch im vorliegenden fall bestandteil der zuwendungsbescheides gewesen sei. außerdem sei der kläger auch in anderen sachzusammenhängen in der vergangenheit immer wieder gesondert und explizit darauf hingewiesen worden, dass bei der inanspruchnahme von fördermitteln die vorschriften des vergaberechts zu beachten seien. 19in seiner stellungnahme vom 17. dezember 2013 wies der kläger darauf hin, dass der ursprünglich von seinem architekten ermittelte kostenrahmen den tatsächlichen kosten des anbaus entspreche. bei dem anbau habe es sich um eine besonders kostenträchtige maßnahme gehandelt, worauf schon in der stellungnahme vom 13. mai 2013 hingewiesen worden sei. die seitens des beklagten errechneten und festgelegten kosten des anbaus seien nicht einzuhalten gewesen. bereits im rahmen der gemeinsamen gespräche mit dem beklagten im juli 2008 seien die verschiedenen ausschreibung-und vergabewege besprochen und diskutiert worden. auch dabei sei immer im fokus gewesen, dass die maßnahmen hoch kompliziert und nicht, wie eventuell sonst üblich, kleinteilig abgearbeitet werden könnten. erschwerend hinzugekommen sei die frage der noch gültigen gewährleistung für die im jahr 2004 erbrachten leistungen für das gesamte gebäude nebst technik. es sei auch nicht zutreffend, dass im heizung/sanitärbereich nur anschlussarbeiten und kleinere ergänzungsmaßnahmen vorgenommen worden sein. so sei als ergänzung zur warmwasserbereitung eine solartherme mit den notwendigen speichermodulen installiert und in das vorhandene netz eingebunden worden. auch eine raumklimatisierung für die tagesräume sei installiert worden. die rückzahlung der fördermittel sei für ihn, den kläger, aufgrund der derzeitigen finanziellen situation auch nicht leistbar. er verfüge weder über eine entsprechende liquidität noch über entsprechende rücklagen. momentan finanziere er seine laufenden ausgaben ausschließlich über einen kontokorrentkredit der bank für t. i.h.v. 3.000.000 euro. angestrebt werde, diesen kredit bis ende 2015 abzubauen. neben den schon fest geplanten und durch das land auch geförderten investitionsmaßnahmen müsse er 2014 einen betrag von 1.513.834,32 euro zur darlehenstilgung aufbringen. damit stünden ihm 2014 keine finanziellen mittel mehr zur verfügung, auch der kreditrahmen sei ausgeschöpft. zur glaubhaftmachung seiner finanziellen situation legte der kläger gewinn und verlustrechnungen der jahre 2010-2012 (bl. 490 f. der beiakte heft 4) vor. 20bei einem gespräch am 17. januar 2014 mit vertreterinnen des beklagten erklärte der kläger, dass auch bei dem neubau der jugendherberge y. ein generalunternehmer mit dem bau beauftragt worden sei. dies sei auch in den gesprächen mit der bauabteilung immer offen kommuniziert worden und es habe diesbezüglich keine anders lautenden hinweise gegeben. deshalb habe er, der kläger, diesen gesprächen entnommen, dass eine erneute beauftragung des generalunternehmers für die erweiterung der jugendherberge als gleichwertig mit einer ausschreibung nach einzelnen fachlosen anzusehen sei. zudem hätten die gleichen firmen wie bereits beim nicht mit öffentlichen mitteln geförderten neubau beauftragt werden sollen, um die gewährleistungspflichten nicht zu verletzen. der beklagte wies in diesem zusammenhang darauf hin, dass sich den verwaltungsvorgängen keine hinweise auf derartige absprachen finden ließen und es unwahrscheinlich sei, dass seitens der bauabteilung des lvr eine zustimmung zu einer vergaberechtswidrigen ausschreibung erteilt worden sei. bei einem weiteren gespräch am 11. februar 2014, an dem seitens des beklagten auch die mitarbeiter der bauabteilung teilnahmen, bestritt der zuständige mitarbeiter der bauabteilung nachdrücklich, seine zustimmung zu einer generalunternehmer-vergabe erteilt zu haben und erklärte, er selbst sei kein befürworter von auftragsvergaben an generalunternehmer und hätte eine derartige genehmigung niemals ausgesprochen. seiner auffassung nach sei eine generalunternehmer-vergabe für den fall korrekt, dass eine ausschreibung nach einzellosen unwirtschaftlich sei und die vergabe an den generalunternehmer wirtschaftlich vorteilhafter. da der kläger entlastendes material zu dem vergabeverstoß oder eine schriftliche einverständniserklärung der bauabteilung zur vergabe an einen generalunternehmer nicht vorlegen konnte, erzielten die gesprächsteilnehmer laut dem vom beklagten angefertigten vermerk einigkeit dahingehend, dass ein vergabeverstoß vorliege. im hinblick auf eine mögliche reduzierung der rückforderung wies in diesem gespräch der kläger darauf hin, dass der generalunternehmer vermerke über die von ihm vorgenommenen preisvergleiche gefertigt habe und sich daraus die wirtschaftlichkeit der generalunternehmervergabe ergebe. daraus folge auch, dass der öffentlichen hand kein schaden entstanden sei, da er, der kläger, die mehrkosten selbst getragen habe. die vertreter des klägers stellten außerdem klar, dass die rückforderung keine insolvenz des klägers zur folge habe. 21mit widerrufsbescheid vom 8. april 2014 widerrief der kläger den zuwendungsbescheid vom 2. dezember 2008 über die bewilligung von mitteln des kinder- und jugendförderplans des landes nordrhein-westfalen und forderte den förderungsbetrag i.h.v. 489.490,89 euro zurück. außerdem setzte er zinsen für die zeit vom 30. dezember 2008 bis zum 8. april 2014 i.h.v. 67.254,14 euro fest. mit bescheid vom gleichen tage widerrief der beklagte auch den bewilligungsbescheid über die förderung aus mitteln des kinder- und jugendplanes des bundes vom 2. dezember 2008, forderte den förderungsbetrag i.h.v. 203.000,00 euro zurück und setzte die zinsen für diesen betrag für die zeit vom 30. dezember 2008 bis zum 8. april 2014 auf 27.891,41 euro fest. beide bescheide wurden am 16. april 2014 zur post gegeben und laut rückschein am 22. april 2014 mit einschreiben/rückschein zugestellt. 22der beklagte stützt die widerrufsentscheidungen auf § 47 abs. 2 nr. 2 sgb x. zur begründung führt er aus, der kläger habe die auflage der zuwendungsbescheide, bei der umsetzung der maßnahme die bestimmung des vergaberechts einzuhalten, nicht erfüllt. nach 3.9 oder 3.10 des erlasses des finanzministeriums des landes nordrhein-westfalen vom 18. dezember 2003 – i 1 – 00444 – 3/8 stelle die vergabe von bauleistungen an einen generalunternehmer bzw. generalübernehmer einen schweren vergabeverstoß dar, wenn die wirtschaftlichkeit der gesamtleistung nicht nachweisbar sei. der deutsche verdingungsausschuss für bauleistungen habe in einem schreiben vom 30. mai 2000 festgestellt, dass die vergabe aller fachlose an einen generalunternehmer in der regel zu einem wirtschaftlich weniger günstigen ergebnis führe als die vergabe nach fachlosen oder in leistungspaketen an einzelunternehmer. der bundesrechnungshof gehe davon aus, dass vergaben an generalunternehmer etwa 10 % teurer seien als die vergabe nach fachlosen. nur in besonders begründeten ausnahmefällen sei daher die vergabe an einen generalunternehmer mit dem gebot der wirtschaftlichkeit zu vereinbaren. die wirtschaftlichkeit der vergabe eines auftrags an einen generalunternehmer lasse sich nur feststellen, wenn die ergebnisse einer ausschreibung in teillosen mit der ausschreibung für einen generalunternehmer verglichen würden. ein solcher vergleich könne hier aber nicht vorgenommen werden, da eine parallelausschreibung für fachfirmen nicht erfolgt sei. von beginn an sei nur eine schlüsselfertige maßnahme ausgeschrieben worden. eine nachträgliche prüfung der wirtschaftlichkeit der vergabe eines auftrags an einen generalunternehmer sei nach ständiger rechtsprechung grundsätzlich aus gründen fehlender transparenz nicht möglich. im übrigen sei im rahmen der baufachlichen prüfung festgestellt worden, dass die baumaßnahme mehr als doppelt so teuer geworden sei wie ursprünglich festgelegt, was auch nicht für eine hohe wirtschaftlichkeit der maßnahme spreche. insoweit wiederholt und vertieft der beklagte seine ausführungen aus dem anhörungsschreiben vom 21. november 2013 und führt weiter aus, nach dem bereits zitierten runderlass des finanzministeriums ziehe ein schwerer vergabeverstoß grundsätzlich den widerruf und die rückforderung der zuwendung nach sich. dabei sei davon auszugehen, dass regelmäßig das interesse des landes an der rückforderung das interesse des zuwendungsempfängers überwiege. da im vorliegenden fall von anfang an einer ausschreibung für eine schlüsselfertige maßnahme und damit die vergabe eines gesamtauftrags an einen generalunternehmer erfolgt sei, sei eine reduzierung der rückforderung auf einen teil der zuwendung bzw. auf die vom vergabeverstoß betroffene auftragseinheit nicht möglich. der kläger könne sich auch nicht auf vertrauensschutz berufen, da die beachtung der vergabevorschriften seit jeher eine auflage in den zuwendungsbescheiden nach den kinder- und jugendförderplänen des bundes bzw. des landes nordrhein-westfalen sei und auch im vorliegenden fall bestandteil der zuwendungsbescheide geworden sei. auch aus anderen hinweisen sei dem kläger bekannt gewesen, dass die vergabevorschriften der vob bei einem investitionsvorhaben, dass mit öffentlichen mitteln gefördert werde, zu beachten seien. der widerruf des zuwendungsbescheides stelle somit ein adäquates mittel dar, um den verstoß gegen die auflage des zuwendungsbescheides zu sanktionieren. eine reduzierung der zurückzufordernden summe sei im rahmen der ermessensentscheidung nicht vorzunehmen. eine beschränkung der rückforderung auf einen teilbetrag unter dem gesichtspunkt, dass lediglich ein teil der maßnahme von dem vergabeverstoß betroffen sei, komme hier schon deshalb nicht in betracht, weil von vornherein ein generalunternehmer mit der durchführung der baumaßnahme beauftragt werden sollte und keine ausschreibung nach teillosen erfolgt sei. auch unter dem gesichtspunkt der wirtschaftlichen härte könne keine reduzierung erfolgen, weil die existenz des klägers durch die rückforderung nicht bedroht sei. eine reduzierung komme auch nicht deshalb in betracht, weil durch die vergabe an den generalunternehmer kein schaden für den zuwendungsgeber entstanden sei. dabei sei zu bedenken, dass der empfänger einer zuwendung verpflichtet sei, sich an die rechtlichen voraussetzungen für den erhalt der zuwendung zu halten. dahinter stehe die frage, ob ein schaden für den zuwendungsgeber entstanden sei, zurück. der zuwendungszweck dürfe nicht durch rechtswidriges handeln des zuwendungsempfängers erreicht werden. insoweit müssten auch die interessen des zuwendungsgebers an der durchführung der maßnahme hinter das gebot der rechtsstaatlichkeit zurückgestellt werden. der zinsanspruch ergebe sich aus § 50 abs. 2 buchst. a sgb x und betrage 5 % über dem basiszinssatz. die zinsen, die bis zum eingang der rückzahlung entstünden, würden mit gesonderten bescheiden festgesetzt. 23der kläger hat am 16. mai 2014 gegen beide widerrufsbescheide die vorliegende klage erhoben. zur begründung erweitert und vertieft er sein vorbringen aus dem verwaltungsverfahren. 24er trägt weiter vor, er habe die ursprünglichen baukosten von rund 2,5 millionen euro brutto um rund 1 million euro auf 1,5 millionen euro brutto gesenkt, während der beklagte davon lediglich rund 1,4 millionen euro brutto als zuwendungsfähig angesehen habe. bereits zu diesem zeitpunkt sei klar gewesen, dass sich die gesamtkosten des bauprojekts oberhalb der von dem beklagten als zuwendungsfähig angesehenen gesamtbaukosten von rund 1,4 millionen euro brutto bewegen würden. auch sei zu beachten, dass damals bereits die vom kläger geplante vorgehensweise einer schlüsselfertigen errichtung durch einen generalunternehmer bekannt gewesen sei. aufgrund der vorgelegten planunterlagen sei die beabsichtigte vorgehensweise offen zu tage gelegen. aus wirtschaftlichen gründen sei er darauf angewiesen gewesen, die baumaßnahme in den zeiten der etwas geringeren auslastung der jugendherberge von herbst 2009 bis frühjahr 2010 durchzuführen. außerdem habe dieses zeitfenster bereits etwa ein jahr im voraus festgelegt werden müssen, weil die buchungen bei der äußerst beliebten jugendherberge y. mit einem vorlauf von etwa einem jahr getätigt würden. es sei eminent wichtig gewesen, dass die im altbau neu eingerichteten zimmer und die neuen zimmer des neubaus tatsächlich ab april 2010 als unterkunftsmöglichkeiten zur verfügung gestanden hätten. bei einem bettenpreis von 22,30 euro (übernachtung mit frühstück) wäre bei einer verschiebung des fertigstellungstermins ein schaden von etwa 37.464,00 euro pro monat entstanden. außerdem sei zu berücksichtigen, dass die bauarbeiten im laufenden betrieb wegen des lärms und des schmutzes der baustelle sowie der räumlichen einschränkungen im gebäude eine nicht zu vernachlässigende belästigung der gäste dargestellt habe. die strikte terminsicherheit habe die klägerin nur durch eine generalunternehmervergabe gewährleistet gesehen. ein generalunternehmer, der schließlich auch mit nachunternehmern für die einzelgewerke zusammenarbeite, könne auf diese nachunternehmer besser einwirken und deren tätigkeit besser koordinieren, als er, der kläger, bzw. seine bauleitenden architekten es bei einer gewerkeweisen ausschreibung gekonnt hätten. die beanstandungen des beklagten im hinblick auf eine verteuerung der baumaßnahme seien zudem nicht nachvollziehbar, denn ersichtlich sei es nur um eine teilunterstützung der gesamtkosten der baumaßnahme gegangen und von vornherein klar gewesen, dass die tatsächlich am ende stehenden gesamtkosten um einiges höher liegen würde als die dem zuschussantrag zu grunde liegende schätzung des beklagten über die gesamtkosten. 25die generalunternehmervergabe sei im vorliegenden fall auch vergaberechtlich zulässig gewesen. die rechtsauffassung des beklagten sei unzutreffend und gehe an den vorschriften der losvergabe nach § 4 nr. 3 vob/a (2006), § 97 abs. 3 gwb und der dazu ergangenen vergaberechtsprechung vorbei. nirgendwo sei geregelt, dass die wirtschaftlichkeit der vergabe eines auftrags an einen generalunternehmer dadurch belegt werden müsse, dass im wege einer parallelausschreibung in teillosen eine vergleichbarkeit der ergebnisse herbeigeführt werden müsse, und eine nachträgliche prüfung der wirtschaftlichkeit unzulässig sei. dabei sei darauf hinzuweisen, dass es durchaus streitig sei, ob eine parallelausschreibung überhaupt zulässig sei, weil im ergebnis entweder die generalunternehmer-vergabe oder die fachlos-vergabe im ergebnis nicht stattfinde, so dass eine der beiden ausschreibungen lediglich zum zwecke der markterkundung stattgefunden habe, was aber vergaberechtlich unzulässig sei. aber auch wenn man von einer vergaberechtlich zulässigen parallelausschreibung ausgehe, könne beurteilt aus einer ex-ante-sicht der vergabestelle aus wirtschaftlichen oder technischen gründen von einer losvergabe abgesehen werden. etwas anderes ergebe sich auch nicht aus den vom beklagten zitierten runderlassen des finanzministeriums. schon im rahmen des beschaffungsselbstbestimmungsrechtes könne der bauherr in vergaberechtlich zulässiger weise sich für eine generalunternehmer-auftragsvergabe entscheiden, ohne dass die tatbestandsvoraussetzungen der technischen und/oder wirtschaftlichen gründe für eine zusammengefasste vergabe überhaupt geprüft werden müssten. diese entscheidung des auftragsgebers unterliege jedenfalls nach der vergaberechtrechtsprechung einem beurteilungsspielraum, der nur eingeschränkt überprüfbar sei. die grenzen der bestimmungsfreiheit seitens des auftragsgebers würden eingehalten, sofern die bestimmung des beschaffungsbedarfs durch den auftragsgegenstand sachlich gerechtfertigt sei, vom auftraggeber dafür nachvollziehbare objektive und auftragsbezogene gründe angegeben worden seien und die bestimmung folglich willkürfrei getroffen worden sei, solche gründe tatsächlich vorhanden seien und die bestimmung andere wirtschaftsteilnehmer nicht diskriminierten. die festlegung auf ein zeitfenster von august 2009 bis märz 2010 für die durchführung der maßnahme sei aus handfesten wirtschaftlichen überlegungen heraus entstanden, die es erlaubten, einen generalunternehmervergabe vorzusehen. im übrigen könne auch ein erhöhter aufwand zur koordinierung der bauarbeiten ein zumindest flankierender wirtschaftlicher grund für eine zusammengefasste vergabe sein. bei einer einzelvergabe wäre es nicht möglich gewesen, den zeitplan einzuhalten, weil der generalunternehmer ganz andere möglichkeiten habe, seine nachunternehmer zeitlich einzubinden, als er, der kläger, dies mit einem architekten bzw. einer objektüberwachung hätte bewerkstelligen können. durch die generalunternehmervergabe sei vermieden worden, dass weitere kosten für ein architekturbüro bzw. einen projektsteuerer entstanden seien. auch sei zu berücksichtigen, dass bei einem einzigen vergabeverfahren nur ein einziges potentielles beschwerderecht der nicht berücksichtigten bieter entstehe, während bei mehreren vergabeverfahren auch mehrere streitmöglichkeiten unterliegender bieter bestehen könnten. dies sei ein handfester zeitlicher aspekt, der bei der beurteilung einer zusammengefassten vergabe berücksichtigungsfähig sei. 26sinn und zweck der losvergabevorschrift sei es in erster linie, den mittelstand zu schützen, nicht aber die sicherung der wirtschaftlichkeit. eine losweise vergabe sei nicht zwingend stets wirtschaftlicher als eine zusammengefasste vergabe von mehreren fachlosen und/oder aller fachlose an einen generalunternehmer. er, der kläger, habe im konkreten einzelfall vor dem start des vergabeverfahrens ausreichende überlegungen angestellt und im rahmen des vergabeverfahrens bei den verhandlungen mit mehreren generalunternehmern konkret ermittelt und festgestellt, dass die generalunternehmerangebote wirtschaftlich seien, weil ortsübliche preise und nicht etwa überteuerte bzw. überzogene preise von den nachunternehmern angeboten worden seien. 27ziel der anbest-p sei in erster linie die wirtschaftliche verwendung der fördermittel. deshalb sei die von der widerrufsbehörde zu treffende entscheidung über das ob eines widerrufs und dessen höhe immer daran zu orientieren, ob und inwieweit ein etwaiger vergabeverstoß überhaupt eine wirtschaftliche und sparsame mittelverwendung beeinträchtigt habe. es sei deshalb klarzustellen, dass ein etwaiger, hier nicht vorliegender konkreter verstoß gegen vergaberechtliche vorschriften entgegen dem ersten anschein gar keinen einfluss auf die wirtschaftlichkeit der beschaffung gehabt habe. nicht immer sei es zweifelsfrei festzustellen, wann ausnahmsweise eine beschränkte ausschreibung zulässig sei. deshalb müsse die widerrufsbehörde im rahmen ihres ermessens berücksichtigen, dass nicht jeder objektive vergabeverstoß sofort zu einer kompletten rückforderung führen müsse, sondern nur dann, wenn die vergabestelle ihren beurteilungsspielraum bei der durchführung des vergabeverfahrens ersichtlich überschritten habe. ihm, dem kläger, müsse im einklang mit der rechtsprechung des oberverwaltungsgerichts für das land nordrhein-westfalen die möglichkeit eröffnet werden, anhand der im vergabeverfahren stattgefundenen verhandlungen bzw. der einzelnen bieterangebote und der protokolle über die vom architekturbüro durchgeführten verhandlungen darüber nachzuweisen, dass wirtschaftlich über ortsübliche preise eingekauft worden sei. zudem sei ergänzend die einsparung eines projektsteuerers zu berücksichtigen. selbst wenn im rahmen eines sachverständigengutachtens herauskommen sollte, dass die beauftragung des generalunternehmers z.b. 50.000,00 euro teurer als eine einzelgewerke-vergabe gewesen sei, sei es jedenfalls nicht gerechtfertigt, die kompletten fördermittel zurückzufordern, sondern allenfalls den betrag, der prozentual auf die fördermittel entfallen wäre. 28zudem habe er, der kläger, auf den bestand der zuwendungsbescheide vertrauen dürfen, weil er weder vorsätzlich noch fahrlässig gegen die auflage verstoßen habe. im vorliegenden fall hätten mehrere wirtschaftliche und auch technische gründe für eine generalunternehmer-vergabe gesprochen. selbst wenn man zu einer anderen einschätzung kommen wollte, bedeute das nicht, dass seine entscheidung unvertretbar gewesen sei. 29die widerrufsentscheidungen des beklagten seien auch ermessensfehlerhaft. zum einen sei er dabei von vergabe- und zuwendungsrechtlich falschen annahmen ausgegangen. ihm sei nicht klar gewesen, dass es bei der zulässigkeit der entscheidung für einen generalunternehmer nicht mehr darauf ankomme, ob diese vergabeart auch wirtschaftlicher sei. erst wenn der beklagte die rechtswidrigkeit der generalunternehmer-vergabe und damit einen objektiven vergaberechtsverstoß ordnungsgemäß festgestellt hätte, hätte er sich im rahmen des ihm eingeräumten widerrufsermessens damit auseinandersetzen müssen, ob dieser objektive vergaberechtsverstoß den widerruf der zuwendungsbescheide rechtfertige. mit der frage, welches gewicht der von ihm erkannte vergaberechtsverstoß habe, habe sich der beklagte allerdings nicht auseinandergesetzt. trotz der im zitierten runderlass genannten beispiele müsse eine betrachtung des einzelfalles und damit gegebenenfalls eine mildere beurteilung erfolgen. im hinblick auf die terminlichen und wirtschaftlichen zwänge, denen er, der kläger, ausgesetzt gewesen sei, stelle sich ein verstoß gegen das gebot der losweisen ausschreibung jedenfalls als nicht so schwerwiegend dar, dass der beklagte den widerruf als regelfolge habe anwenden dürfen. außerdem lasse der beklagte völlig außer acht, dass durch die einholung von sechs bieterangeboten und die anschließenden verhandlungen dazu letztendlich habe erreicht werden können, dass die gesamtleistung zu den seinerzeit im jahre 2008 durchaus ortsüblichen preisen eingekauft worden sei. die betrachtung des beklagten greife viel zu kurz. die frage der wirtschaftlichen und sparsamen mittelverwendung habe nur ganz am rande, wenn überhaupt, etwas mit der frage der losweisen oder zusammengefassten vergabe zu tun. der vom beklagten zitierte runderlass des finanzministeriums des landes nordrhein-westfalen berücksichtige die zwischenzeitlich ergangene vergaberechtsprechung nicht und sei im rahmen der ermessensentscheidung deshalb dahingehend auszulegen, dass allein der konkrete einzelfall darüber entscheide, ob der zuwendungsempfänger tatsächlich wirtschaftlich und sparsam gehandelt habe oder nicht. im übrigen müsse bei der höhe der rückführung zumindest auch berücksichtigt werden, dass er, der kläger, vom beklagten vor durchführung des vergabeverfahrens im herbst 2008 klare signale dafür bekommen habe, dass eine generalunternehmervergabe für zulässig erachtet werde. die seinerzeit verantwortliche sachbearbeiterin beim beklagten habe in den vorbereitenden gesprächen keine bedenken gegen den plan einer generalunternehmervergabe angemeldet, obwohl ihr diese pläne bekannt gewesen sein. auch die eigene ausschreibungspraxis des beklagten, der im rahmen des gebäude-und liegenschaftsmanagements in den jahren 2010 und 2011 generalunternehmer ausschreibung vorgenommen habe, streite für die von klägerseite vertretene sichtweise. 30er vertritt weiter die auffassung, der widerruf sei verfristet, weil er nicht innerhalb eines jahres nach kenntnis der tatsachen erfolgt sei, welche den widerruf für die vergangenheit rechtfertigen. schon weit vor dem 22. april 2013 habe der beklagte ausreichende kenntnis von den für den widerruf maßgeblichen tatsachen gehabt. er habe dann die anhörung des klägers allerdings zeitlich so verschleppt, dass er sich nicht darauf berufen könne, erst nach dem 22. april 2013 volle kenntnis aller tatsachen gehabt zu haben. denn der verwendungsnachweis über die eingesetzten zuwendungen sei bereits am 26. april 2011 an den beklagten versandt worden. darin seien auch die die ausgaben aufgeführt gewesen. unter dem 10. mai 2011 sei dann eine begründung für die kostenüberschreitung in höhe von ca. 900.000 euro gefordert worden. daraufhin seien am 12. april 2012 weitere unterlagen an den beklagten übermittelt worden, aus denen ersichtlich gewesen sei, dass bei den ausschreibungen der günstigste bieter für das bauprojekt in y. beauftragt worden sei. mit schreiben vom 21. september 2012 habe dann der beklagte übersendung der ausschreibungsergebnisse mit dem vergabevermerk gefordert. er, der kläger, habe daraufhin am 1. oktober 2012 den vergabevorschlag des architekturbüros i. , der ausdrücklich mit den worten „vergabevorschlag generalunternehmerleistung“ überschrieben gewesen sei, übermittelt. der beklagte habe sodann am 16. oktober 2012 mitgeteilt, dass der übermittelte „vergabevorschlag generalunternehmerleistung“ vermuten lasse, die gewerke des anbaus seien nicht öffentlich ausgeschrieben worden. wie sich aus dem e-mail-schriftverkehr der mitarbeiter des beklagten vom 9. oktober 2012 ergebe, sei man schon am diesem tage zu dem ergebnis gekommen, dass eine anhörung durchgeführt werden müsse. die anhörung sei jedoch dann erst am 16. april 2013 erfolgt. es habe keinen grund gegeben, mit der förmlichen anhörung ein halbes jahr zuzuwarten. keinesfalls habe das ergebnis der baufachlichen prüfung abgewartet werden müssen. das ergebe sich hier schon daraus, dass dieser bericht nicht mit dem anhörungsschreiben versandt worden sei. spätestens am 20. februar 2013 habe der beklagte keine offenen fragen mehr gehabt, die einer anhörung zur rechtfertigung der generalunternehmervergabe im wege gestanden habe. damit beginne der lauf der jahresfrist für den widerruf spätestens an diesem tage, weshalb die am 22. april 2014 zugestellten widerrufsbescheide verfristet sein. 31außerdem erhebt der kläger die einrede der verjährung, soweit mit den rückforderungsbescheiden zinsen für die zeit vor dem 31. dezember 2010 festgesetzt wurden. 32der kläger beantragt, 33die widerrufsbescheide des beklagten vom 8. april 2014 aufzuheben. 34der beklagte beantragt, 35die klage abzuweisen. 36er ist der auffassung, die vom kläger angegebene begründung für das vergaberechtswidrige vorgehen sei nicht nachvollziehbar. es seien keine gründe dafür ersichtlich, warum ein generalunternehmer besser auf seine auftragnehmer einwirken könne als es dem kläger selbst möglich sei. ihm hätten die gleichen möglichkeiten zur verfügung gestanden wie auch dem beauftragten generalunternehmer, um die rechtzeitige fertigstellung der maßnahme sicherzustellen. insbesondere wäre es ihm möglich gewesen, bei einer fachlosvergabe verbindliche ausführungsfristen und für den fall von fristüberschreitungen vertragsstrafen zu vereinbaren. eine absolute sicherheit habe auch der generalunternehmer insoweit nicht gewährleisten können. 37die behauptung des klägers, ein generalunternehmer könne die tätigkeiten der einzelnen bei dem bauprojekt eingesetzten auftragnehmer besser koordinieren, sei nicht begründet. soweit der kläger rüge, das in den widerrufsbescheiden der nachweis der wirtschaftlichkeit der vergabe an einen generalunternehmer durch vergleich mit fachlosausschreibungen angesprochen werde, sei dem nicht zu folgen. tatsächlich könne auf diese weise die wirtschaftlichkeit nachgewiesen werden. soweit der kläger die wirtschaftlichkeit der vergabe an einen generalunternehmer auf anderem wege nachweisen könne, möge er dies tun. gerade diesen nachweis sei er aber schuldig geblieben. die ausführungen zur angeblichen unzulässigkeit einer parallelausschreibung seien abwegig, weil in rechtsprechung und literatur fast einhellig eine andere auffassung vertreten werde. 38es sei richtig, dass das gebot der fachlosausschreibung dem schutz des mittelstandes dienen solle. daraus könne aber nicht der schluss gezogen werden, dass die aufteilung in fachlose vorrang vor dem ziel einer möglichst wirtschaftlichen vergabe habe. vielmehr belebe die pflicht zur losvergabe den wettbewerb und führe deshalb tendenziell zu niedrigeren angeboten. jedoch würde eine mittelstandsförderung, die dazu führe, dass nicht das wirtschaftlichste angebot den zuschlag erhalte, den gemeinschaftsrechtlichen bestimmungen widersprechen und sei daher unzulässig. es bestehe also kein widerspruch zwischen einer fachlosvergabe und der anforderung, die leistung auf das wirtschaftlichste angebot zu vergeben. davon sei auch im hier zu entscheidenden fall auszugehen. der kläger habe nicht nachgewiesen, dass die durchgeführte vergabe an einen generalunternehmer ebenso wirtschaftlich wie die vergabe nach fachlosen gewesen sei. 39der kläger sei auch verpflichtet, die entscheidung für die gesamtvergabe im einzelfall zu begründen. allgemeine ausführungen über mögliche verzögerungen oder den erhöhten koordinierungsaufwand bei einer vergabe nach fachlosen reichten hierfür nicht aus. der vortrag zu einem beschaffungsbestimmungsrecht sei unerheblich. natürlich könne der auftraggeber bestimmen, was er beschaffen wolle. das vergaberecht regele lediglich das „wie“ der beschaffung. indem also der kläger sich für den anbau an das bestehende gebäude entschieden habe, habe er von seinem beschaffungsbestimmungsrecht gebrauch gemacht. hingegen berechtige das beschaffungsbestimmungsrecht nicht dazu, frei darüber zu entscheiden, ob die benötigte leistung an einen generalunternehmer vergeben werde. insofern hätten die bestimmungen der vob/a beachtet werden müssen. 40es gebe auch keine anderen wirtschaftlichen gründe für die vergabe an einen generalunternehmer. soweit der kläger vortrage, ein generalunternehmer habe mehr möglichkeiten, die nachunternehmer zeitlich einzubinden, werde nicht erläutert, welche möglichkeiten dies seien. dass der kläger die koordinierung der einzelnen fachlose durch den generalunternehmer habe erledigen lassen können, stelle ebenso wenig einen grund für eine ausnahme vom gebot der fachlosvergabe dar wie der umstand, dass die durchsetzung von mängelhaftungsansprüchen bei nur einem vertragspartner einfacher sei. denn anderenfalls würde die forderung nach einer fachlosvergabe leerlaufen, weil dies für jede form der fachlosvergabe gelte. nachteile, die üblicherweise mit einer losvergabe verbunden sein, habe der auftraggeber nach dem willen des gesetzgebers hinzunehmen. das gelte auch für das risiko eines beschwerdeverfahrens. ein derartiges zeitliches risiko sei vom gesetzgeber dem auftraggeber zugewiesenen und von diesem zu akzeptieren. 41es sei unerheblich, dass der kläger mit verschiedenen generalunternehmern verhandlungen geführt habe, um ein möglichst wirtschaftliches angebot zu erhalten. die preisverhandlungen mit mehreren generalunternehmern ersetzen nicht die von der vob/a geforderte aufteilung in fachlose. die behauptung, im falle einer einzelgewerk-vergabe wäre kein wirtschaftlicheres gesamtergebnis der bauleistung herausgekommen, stelle sich als eine behauptung „ins blaue“ dar. gerade dies sei nicht bewiesen. 42dem kläger sei auch vorsatz, zumindest jedoch grobe fahrlässigkeit vorzuwerfen. er habe sich ohne einen nachvollziehbaren grund über die forderung der vob/a nach bildung von fachlosen hinweggesetzt. vertretbare gründe für eine generalunternehmer-vergabe seien nicht vorgetragen. auch im rahmen der anhörung, bei der dem kläger mehrfach gelegenheit gegeben worden sei, die vergabe an einen generalunternehmer zu rechtfertigen, sei ihm dies nicht gelungen. im rahmen des ermessens habe auch berücksichtigt werden müssen, dass es sich bei dem vergaberechtsverstoß keineswegs um eine „kleinigkeit“ bzw. um einen verfahrensfehler, sondern um einen der denkbar schwersten verstöße gegen die vergaberechtlichen bestimmungen gehandelt habe. in den anbest-p werde deutlich gemacht, dass die nichtbeachtung des vergaberechts als schwerwiegender verstoß zu werten sei. die widerrufsentscheidung zur vollständigen rückforderung sei weder unverhältnismäßig noch ermessensfehlerhaft. er, der beklagte, habe in den widerrufsbescheiden eine ausführliche abwägung aller argumente vorgenommen und dabei auch die erfahrung aus vergleichbaren und zeitlich früher liegenden fällen berücksichtigt. die behauptung des klägers, er habe von ihm, dem beklagten, „klare signale“ dafür bekommen, dass eine generalunternehmer-vergabe als zulässig erachtet werde, sei nicht erwiderungsfähig. sie lasse völlig offen, wer eine solche äußerung gemacht haben könnte und wann und bei welcher gelegenheit dies erfolgt sei. vollkommen unerheblich sei in diesem zusammenhang auch der hinweis des klägers auf vergabeverfahren des beklagten. 43wegen der weiteren einzelheiten des sachverhalts sowie des vorbringens der beteiligten im übrigen wird auf den inhalt der verfahrensakten und der beigezogenen verwaltungsvorgänge des beklagten ergänzend bezug genommen. 44
45die zulässige klage ist unbegründet. 46die angefochtenen widerrufsbescheide des beklagten vom 8. april 2014 sind rechtmäßig und verletzen den kläger nicht in seinen rechten (§ 113 abs. 1 vwgo). 47rechtsgrundlage für die widerrufsentscheidungen ist § 47 abs. 2 satz 1 nr. 2 sgb x. nach dieser vorschrift kann ein rechtmäßiger begünstigender verwaltungsakt, der eine geld- oder sachleistung zur erfüllung eines bestimmten zwecks zuerkennt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit wirkung für die vergangenheit widerrufen werden, wenn mit dem verwaltungsakt eine auflage verbunden ist und der begünstigte diese nicht oder nicht innerhalb einer ihm gesetzten frist erfüllt hat. 48diese voraussetzungen liegen hier vor. dem kläger wurde mit den bescheiden vom 2. dezember 2008 geldleistungen für die erweiterung und den umbau der jugendherberge y. bewilligt. bei den bewilligungsbescheiden handelt es sich um rechtmäßige verwaltungsakte. konkrete anhaltspunkte für eine rechtswidrigkeit der bewilligungsbescheide werden nicht vorgetragen und sind auch sonst nicht ersichtlich. 49mit den bescheiden waren auch auflagen verbunden. das ergibt sich aus ziffer 9.1 des jeweiligen bescheides, wo unter der überschrift „nebenbestimmungen“ u.a. verfügt wurde, dass die allgemeinen nebenbestimmungen für zuwendungen zur projektförderung – anbest-p – bestandteil des bescheides wurden. ziffer 3.1 anbest-p stellt eine auflage im sinne des § 32 abs. 2 nr. 4 sgb x bzw. des gleichlautenden § 36 abs. 2 nr. 4 vwvfg nrw dar. danach sind auflagen bestimmungen, durch die dem begünstigten ein tun, dulden oder unterlassen vorgeschrieben wird. nach ihrer präambel enthalten die anbest-p nebenbestimmungen im sinne des § 36 vwvfg nrw. 50vgl. ovg nw, urteil vom 20. april 2012 – 4 a 1055/09 –, nvwz-rr 2012, s. 671 -676 m.w.n; vg gelsenkirchen, urteil vom 4. april 2011 – 11 k 4198/09 -, zfbr 2011, s. 806 ff. 51nach ziff. 3.1 anbest-p sind bei der vergabe von aufträgen für bauleistungen der abschnitt i der vergabe- und vertragsordnung für bauleistungen (vob) anzuwenden. damit wird dem zuwendungsempfänger ein bestimmtes tun bei der vergabe von aufträgen zur erfüllung des zuwendungszwecks vorgeschrieben. diese auflage ist auch bestandskräftig geworden, weil der kläger bei der anforderung der bewilligten gelder unter dem 8. dezember 2008 für beide bescheid einen rechtsmittelverzicht erklärt hat. im übrigen hat der kläger auch nicht bestritten, dass die regelungen der anbest-p bestandteil der bewilligungsbescheide geworden sind und deshalb von ihm zu beachten waren. 52diese auflage hat der kläger nicht erfüllt, weil er bei der vergabe des auftrags zum an- und umbau der jugendherberge y. die vorschriften der vob/a nicht beachtet hat. der kläger hat gegen § 4 vob/a (2006) verstoßen. 53nach § 4 nr. 3 vob/a (2006) sind bauleistungen verschiedener handwerks- und gewerbezweige in der regel nach fachgebieten oder gewerbezweigen getrennt zu vergeben, wobei aus wirtschaftlichen oder technischen gründen mehrere fachlose zusammen vergeben werden können. damit wird eine regel-ausnahmeverhältnis konstituiert. die fachlosvergabe, d.h. die getrennte vergabe nach fachgebieten und gewerbezweigen, stellt die regel dar, die vergabe mehrerer fachlose an einen unternehmer bzw. die vergabe aller fachlose an einen generalunternehmer oder generalübernehmer die ausnahme. 54vgl. olg düsseldorf, beschluss vom 11. juli 2007 – ii-verg 10/07, verg 10/07 -, zitiert nach juris. 55der kläger hat gegen diese vorschrift verstoßen, weil er den auftrag zur errichtung des anbaus an die jugendherberge y. nicht in fachlose aufgeteilt, sondern an einen generalunternehmer vergeben hat, ohne stichhaltige gründe für die beauftragung eines generalunternehmers benennen, geschweige denn nachweisen zu können. 56dass eine vergabe nach fachlosen möglich gewesen wäre, ist unstreitig. 57welche anforderungen an die gründe für eine generalunternehmer- bzw. generalübernehmer-vergabe zu stellen sind, wird in den vob/a nicht explizit geregelt. im hinblick auf den ausnahmecharakter, den § 4 nr. 3 satz 2 vob/a (2006) der generalunternehmer-vergabe beimisst, und die strikte forderung nach einer vergabe nach fachlosen in § 4 nr. 3 satz 1 vob/a (2006) ist die vorschrift aber dahin auszulegen, dass nur dann, wenn überwiegende gründe für eine gesamtvergabe streiten, von der ausnahmeregelung gebrauch gemacht werden kann. wirtschaftliche oder technische schwierigkeiten, die nach art und ausmaß typischerweise mit der vergabe nach fachlosen verbunden sind, können daher keine ausnahme im sinne des § 4 nr. 3 satz 2 vob/a (2006) rechtfertigen. auch an sich plausible gründe, wie sie auch der kläger für seine entscheidung anführt, wie etwa die die entlastung von der koordinierung verschiedener handwerksbetriebe, der vorzug, nur einen vertragspartner zu haben oder die einfachere durchsetzung von gewährleistungsansprüchen reichen damit nicht aus, einen ausnahmefall zu begründen. § 4 nr. 3 vob/a (2006) würde leerlaufen, wenn zur begründung einer gesamtvergabe die benennung von schwierigkeiten ausreichte, die typischerweise mit einer losweisen ausschreibung verbunden sind. 58vgl. olg düsseldorf, beschluss vom 11. juli 2007 – ii-verg 10/07, verg 10/07-, m.w.n., zitiert nach juris; 59der kläger führt als grund für die gesamtvergabe der bauleistung an einen generalunternehmer vor allem an, dass er für den bau lediglich ein bestimmtes zeitfenster eröffnet hatte und der bau termingerecht durchgeführt werden musste. der kläger hat allerdings in diesem zusammenhang nicht konkret dargelegt, warum es ihm bei einer vergabe nach fachlosen getrennt nicht möglich gewesen sein sollte, die termine einzuhalten. regelmäßig ist es bauherren schon im hinblick auf die finanzierung des vorhabens nicht gleichgültig, wann die maßnahme fertiggestellt wird und genutzt werden kann, insbesondere dann, wenn die nutzung mit einnahmen oder kostenersparnissen verbunden ist. wenn die vob/a unter diesen umständen eine fachlosvergabe bei bauvorhaben als regelfall normiert, ist davon auszugehen, dass eine termingerechte fertigstellung auch unter diesen umständen möglich ist. soweit der kläger sich daher auf terminschwierigkeiten beruft, hätte er substantiiert darlegen müssen, warum bei einer vergabe nach fachlosen die termine nicht einzuhalten gewesen wären, bei einer gesamtvergabe hingegen wohl. diesen vortrag bleibt er jedoch trotz der mehrfachen hinweise des beklagten schuldig. so ist es durchaus nachvollziehbar, dass der kläger in der zeit zwischen august 2009 und märz 2010 das bauvorhaben fertigstellen wollte - allerdings wird in der ersten ausschreibung vom 22. november 2008 für einen generalunternehmer als etwaiger zeitraum april bis oktober 2009 genannt -, nicht aber, warum dies bei einer fachlos-vergabe nicht möglich gewesen sein sollte bzw. aufgrund welcher fakten der kläger zu diesem schluss gekommen sein könnte. 60ähnliches gilt für die vom kläger angeführten technischen gründe. auch insoweit wird nicht substantiiert vorgetragen, warum die erforderlichen technischen leistungen nicht im rahmen einer fachlosvergabe beschafft werden konnten. 61dass der anschluss an den altbau besonders schwierig gewesen wäre und über die üblicherweise bei anbauten vorzunehmenden arbeiten hinausging, ist nicht ersichtlich. in den ersten beiden kostenschätzungen des architekten werden für den fassadenrückbau und die staubschutzwände insgesamt 29.500,00 euro veranschlagt. in die dritte kostenschätzung zum antrag vom 30. juni 2008 werden für demontage- und schutzarbeiten dann pauschal 42.700,00 euro eingestellt. keine der vorgelegten kostenschätzungen enthält gesondert ausgewiesene kosten für den anschluss des neubaus an das bereits bestehende gebäude. auch der text der ausschreibung vom 22. november 2008 liefert keine anhaltspunkte für besondere technische schwierigkeiten oder fordert besondere fertigkeiten an. damit lässt sich anhand der vorgelegten unterlagen nicht nachvollziehen, dass der anschluss an die vorhandene bausubstanz technisch besonders anspruchsvoll gewesen sein könnte und etwa spezielle kenntnisse erfordert hätte bzw. warum dies der fall gewesen sein sollte. weitergehende ausführungen hat der kläger dazu weder im verwaltungsverfahren noch im vorliegenden klageverfahren gemacht, obwohl der beklagte seine auffassung, es handele sich eher um einfache arbeiten, die nach der honorarziffer ii zu bewerten seien, dargelegt hatte. selbst wenn man davon ausginge, dass im hinblick auf den anschluss des neubaus an das vorhandene gebäude besondere verhältnisse zu berücksichtigen gewesen seien, wäre damit immer noch nicht erklärt, warum diese arbeiten nur im rahmen einer gesamtvergabe einer ordnungsgemäßen erledigung zugeführt werden konnten. 62ebenso wenig hat der kläger ausgeführt, inwieweit der anschluss des neubaus an die vorhandene sanitär- und heizungsanlage besondere schwierigkeiten mit sich gebracht hätte. lediglich für die heizungsanlage hat er ausgeführt, dass zusätzlich zu der bestehenden holzpellet-heizung eine solarthermieanlage installiert werden musste. allerdings enthalten die im rahmen der förderanträge eingereichten kostenschätzungen gar keine näheren ausführungen zu den anforderungen an die heizungsanlage, insoweit werden lediglich pauschalen angesetzt. unabhängig von der frage, ob bereits bei der entscheidung für eine gesamtvergabe der entschluss gefasst war, eine solarthermieanlage installieren zu lassen, hätte der kläger aber dezidiert darlegen müssen, warum diese arbeiten technisch nur unter einschaltung eines generalunternehmers durchgeführt werden konnten, bzw. warum er insoweit vor der vergabe zu dieser einschätzung kommen konnte, da die integration von solarzellen in bestehende heizungsanlagen in den vergangenen jahren bei vielen häusern vorgenommen wurde und nicht die merkmale des außerordentlichen trägt. für den anschluss an die vorhandene stromversorgung werden gar keine besonderen schwierigkeiten benannt. der anschluss an die brandmeldeanlage war laut den vorgelegten rechnungen in der gesamtvergabe nicht enthalten, sondern wurde getrennt an die firma siemens vergeben. 63zwar dürfte die anlage einer baustraße im wasserschutzgebiet höhere anforderungen stellen, es ist aber auch insoweit nicht ersichtlich, welche vorteile sich insoweit durch die vergabe an einen generalunternehmer ergeben. ein substantiierter vortrag hierzu fehlt. die entsprechenden wasserrechtlichen vorschriften muss jeder bauunternehmer, der mit erdarbeiten betraut ist, beachten. dementsprechend fehlt auch in der ausschreibung vom 22. november 2008 jeder hinweis auf besondere schwierigkeiten oder das erfordernis des nachweises besonderer kenntnisse für die anlage der baustraße im wasserschutzgebiet. 64dass der umbau bei laufendem betrieb erfolgen sollte, stellt schließlich ebenfalls keinen grund für die gesamtvergabe dar. zwar erfordern die bauarbeiten bei laufendem betrieb der jugendherberge besondere rücksichten auf die gäste, auch dürften an die absicherung der baustelle höhere anforderungen zu stellen sein als bei einem ungenutzten baugrundstück. dass dafür besondere kenntnisse erforderlich wären, die nur ein generalunternehmer vorweisen kann, hat der beklagte aber nicht dargelegt. er hat zwar insoweit in der ersten ausschreibung im l. stadtanzeiger den nachweis von erfahrungen mit dem umbau vergleichbarer objekte im laufenden betrieb verlangt, aber nicht erklärt, warum die anbieter von fachlosen über derartige erfahrungen nicht verfügen sollten. im gegenteil stellt die vergabe an einen generalunternehmer nicht sicher, dass auch die von ihm beauftragen subunternehmer über entsprechende erfahrungen verfügen. wenn der kläger also besonderen wert auf entsprechende erfahrungen der mit dem anbau betrauten handwerker legte, hätte eine ausschreibung nach fachlosen hierfür eine größere gewähr bieten können. 65die übrigen vom kläger gegen eine fachlos-vergabe sprechenden gründe sind solche schwierigkeiten, die regelmäßig mit einer solchen vergabe verbunden sind und daher keine ausnahme vom regel-ausnahmeverhältnis begründen können. dazu zählen der umstand, dass mit der generalunternehmer-vergabe für den kläger koordinierungsarbeiten entfielen und dass er sich lediglich mit einem vertragspartner auseinandersetzen musste, sowie der vorteil, dass bei nur einer ausschreibung auch nur ein beschwerdeverfahren drohen konnte. soweit der kläger anspricht, dass auch gründe der gewährleistung für eine gesamtvergabe der bauleistung gesprochen hätten, gilt dies ebenso. eine besonderheit ergibt sich hier auch nicht daraus, dass die gewährleistung für das zuerst errichtete gebäude bei der erstellung des anbaus noch nicht abgelaufen war. denn im falle von baumängeln besteht in diesen fällen immer die schwierigkeit des nachweises, ob der fehler bei der ersten baumaßnahme oder der anschlussbaumaßnahme entstanden ist. eine erleichterung bei der durchsetzung von gewährleistungsansprüchen war daher nur dann anzunehmen, wenn bei dem entschluss für die gesamtvergabe schon festgestanden hätte, dass der bauunternehmer, der das ursprüngliche jugendherbergsgebäude errichtet hatte, auch den auftrag für den anschlussbau erhalten würde, da dieser dann für alle mängel haften würde. davon kann aber im hinblick auf das durchgeführte ausschreibungsverfahren nicht ausgegangen werden. es wäre erst recht ein vergabeverstoß. 66soweit der kläger behauptet, die gesamtvergabe sei wirtschaftlich günstiger gewesen als eine vergabe nach fachlosen, hat er insoweit ebenfalls keinen nachweis erbracht. eine parallelausschreibung, die die kosten für eine vergabe nach fachlosen im zeitpunkt der auftragserteilung hätte ermitteln können, liegt nicht vor. 67dem vortrag des klägers, eine parallelausschreibung zum zweck der feststellung, ob eine gesamtvergabe oder eine vergabe nach fachlosen wirtschaftlich günstiger ist, sei rechtlich unzulässig, weil insoweit jedenfalls für eine ausschreibungsvariante eine unzulässige marktausforschung betrieben werde, ist nicht zu folgen. parallelausschreibungen sind nur dann unzulässig, wenn sie ausschließlich dem zweck der markterkundung dienen und keine vergabe von bauleistungen zu folge haben. der kläger wollte jedoch eine bauleistung vergeben, gegenstand der verfahren war ein konkreter bedarf des klägers. unter diesen voraussetzungen ist es zulässig, mehrere ausschreibungen in verschiedener form und gleichzeitig durchzuführen. 68vgl. vg gelsenkirchen, urteil vom 4. april 2011 – 11 k 4198/09 -, zfbr 2011, s. 806 ff.; oberlandesgericht sachsen-anhalt, beschluss vom 13. oktober 2006 – 1 verg 12/06 -, zitiert nach juris; vergabekammer bei der bezirksregierung münster, beschluss vom 18. februar 2010 – vk 28/09 -, zitiert nach juris; 69einem unternehmen ist es überdies unbenommen, sich auf alle einzellose zu bewerben, so dass es – wenn es das jeweils günstigste angebot abgegeben hat – auch für alle fachlose den zuschlag erhalten kann. 70da der kläger die parallelausschreibung nicht durchgeführt und keinen anderen nachweis bezogen auf den zeitpunkt der vergabe angetreten hat, insbesondere keine konkreten berechnungen für die kosten einer vergabe nach fachlosen vorgelegt hat, ist nicht von der wirtschaftlichkeit der generalunternehmer-vergabe auszugehen. 71durch ein sachverständigengutachten zu der frage, welche preise im rahmen einer vergabe nach fachlosen angefallen wären, kann dieser nachweis nicht nachträglich erbracht werden. eine nachholung der im zeitpunkt der vergabeentscheidung unterlassenen preisermittlungen und vergleichsberechnungen ist aus gründen der fehlenden transparenz nicht statthaft, zumal diese nachträglichen berechnungen ja nicht mehr in eine ordnungsgemäße prognose im zeitpunkt der ausschreibung einfließen können. 72vgl. vg gelsenkirchen, urteil vom 4. april 2011 – 11 k 4198/09 -, zfbr 2011, s. 806 ff.; olg düsseldorf, beschluss vom 8. september 2004 – vii verg 38/04, vii-verg 38/04, verg 38/04, m.w.n., zitiert nach juris 73gegen eine höhere wirtschaftlichkeit der gesamtvergabe gegenüber einer fachlos‑vergabe spricht neben den vom beklagten in den angegriffenen entscheidungen zitierten feststellungen des bundesrechnungshofes 74vgl. bundesrechnungshof, hochbau des bundes, wirtschaftlichkeit bei baumaßnahmen, 2. aufl. 2003, s. 59 f., abrufbar unter www.bundesrechnungshof.de; 75auch die von dem beauftragten architekturbüro vorgelegte kostenschätzung zum antrag vom 30. juli 2008. diese weist deutlich niedrigere gesamtkosten aus als die summe, die später vom günstigsten generalunternehmer veranschlagt wurde. das architekturbüro gab die kosten für den anbau mit insgesamt 1.348.000,00 euro und für den umbau mit 120.000,00 euro, insgesamt also rund 1.500.000,00 euro an. nach den technischen bietergesprächen lag die forderung des günstigsten generalunternehmers hingegen bei über 1.900.000,00 euro. dass das architekturbüro die kostenschätzung völlig an der realität vorbei vorgenommen haben könnte, ergibt sich aus den vorgelegten unterlagen nicht. zwar weist der kläger zu recht darauf hin, dass diese kostenschätzung vorgenommen wurde, nachdem vertreter des beklagten im gespräch vom 3. juli 2008 noch einmal erläutert hatten, dass sie die vom kläger mit den ersten beiden förderanträgen vorgelegten kostenschätzungen für deutlich zu hoch ansähen. die daraufhin vom architekturbüro des klägers vorgelegte neue kostenschätzung orientierte sich jedoch nicht allein an den zahlen des beklagten, sondern hat eigene werte ermittelt und eine neue kostenschätzung erarbeitet. das ergibt sich hier schon daraus, dass die kosten für die fassadenrückbau und staubschutzwände in den ersten beiden kostenschätzungen jeweils mit insgesamt 29.500,- euro berücksichtigt sind, während nach der hier in rede stehenden kostenschätzung für demontage- und schutzarbeiten 42.700,00 euro anzusetzen waren. konkrete anhaltspunkte dafür, dass die vom architekturbüro in der kostenschätzung für den 30. juli 2008 verarbeiteten preise nicht der realität entsprächen, hat der kläger nicht dargetan und sind auch sonst nicht ersichtlich, zumal nicht davon ausgegangen werden kann, dass er die förderung bewusst mit falschen angaben beantragt hat. 76soweit der kläger vortragen lässt, auch dem beklagten habe klar sein müssen, dass der letzte kostenvoranschlag des architekturbüros nicht zu halten gewesen sei, untermauert er dies nicht mit einem konkreten sachverhalt, etwa einer entsprechenden einlassung eines mitarbeiters des beklagten. die kostenschätzungen des beklagten, die sich an erfahrungswerten für den bau von altenheimen orientierten, sind durchaus plausibel, zumal der kläger zu keinem zeitpunkt substantiiert dargelegt hat, welche aspekte bei bau einer jugendherberge gegenüber dem bau eines altenheimes zu verteuerungen führen, obwohl ihm solches wissen schon deshalb zur verfügung gestanden haben dürfte, weil der von ihm beauftragte generalunternehmer auch altenheime und kliniken baut. 77vgl. http://www..... und http://www.... 78dabei ist auch zu berücksichtigen, dass der geförderte anbau keine aufwendigen technischen installationen wie eine küche oder aufzüge vorsah. unter diesen umständen kann dem beklagten nicht unterstellt werden, er habe die förderung von anfang an unter falschen prämissen bewilligt. 79der widerruf ist auch nicht gemäß § 47 abs. 2 satz 2 bis 4 sgb x unzulässig. danach darf ein verwaltungsakt mit wirkung für die vergangenheit nicht widerrufen werden, soweit der begünstigte auf den bestand des verwaltungsaktes vertraut hat und sein vertrauen unter abwägung mit dem öffentlichen interesse an einem widerruf schutzwürdig ist. dabei ist das vertrauen in der regel schutzwürdig, wenn – wie im vorliegenden fall – der begünstigte erbrachte leistungen verbraucht hat. allerdings kann sich der begünstigte auf vertrauensschutz nicht berufen, soweit er die umstände kannte oder infolge grober fahrlässigkeit nicht kannte, die zum widerruf des verwaltungsaktes geführt haben. 80so liegt der fall hier. dem kläger bzw. den für ihn handelnden personen musste bekannt sein, dass die vob/a anwendbar waren, weil die anbest-p den bewilligungsbescheiden beigefügt waren. zumindest ist ihnen insoweit grobe fahrlässigkeit vorzuwerfen. 81grobe fahrlässigkeit liegt vor, wenn der begünstigte die erforderliche sorgfalt in besonders schwerem maße verletzt hat (§ 45 abs. 2 satz 3 nr. 3 sgb x). dies ist der fall, wenn der begünstigte schon einfachste, ganz nahe liegende überlegungen nicht anstellt und daher nicht beachtet, was im gegebenen fall einleuchten muss. 82bezugspunkt für dieses kennenmüssen ist die nichterfüllung der auflage. 83dem kläger war die in den anbest-p formulierte auflage, bei der vergabe von bauaufträgen die vob zu beachten, bekannt, weil sie den bewilligungsbescheiden beigefügt worden war, so dass er diesen auch die verpflichtung zur fachlos-vergabe entnehmen konnte. der kläger bestreitet nicht, dass er die verpflichtung zur beachtung der vob kannte, er meint jedoch, diesen verpflichtungen durch die generalunternehmer-ausschreibung hinreichend nachgekommen zu sein und beruft sich insoweit auf die rechtsprechung des oberlandesgerichts schleswig aus dem jahr 2000, 84vgl. olg schleswig, beschluss vom 14. august 2000 – 6 verg 2/200, 6 verg. 3/2000, 6 verg 2/00, 6 verg 3/00 -, zitiert nach juris 85wonach jedenfalls vertretbare, nicht aber überwiegende gründe für eine entscheidung zur zusammenfassung von fachlosen bei der vergabe ausreichend seien. demgegenüber hat das oberlandesgericht düsseldorf in den jahren 2004 und 2007 entschieden, dass die mittelständischen interessen vornehmlich durch eine teilung der aufträge in fachlose angemessen berücksichtigt würden, so dass überwiegende gründe für ein absehen von dieser regel zu fordern seien. 86vgl. vgl. olg düsseldorf, beschluss vom 11. juli 2007 – ii-verg 10/07, verg 10/07-; beschluss vom 8. september 2004 – vii verg 38/04, vii-verg 38/04, verg 38/04, m.w.n., beide entscheidungen zitiert nach juris 87soweit der kläger die auffassung vertritt, ihm könne schon deshalb kein vorwurf der fahrlässigkeit gemacht werden, weil er sich ohne rechtsirrtum der auffassung des oberlandesgerichts schleswig habe anschließen können, ist dem nicht zu folgen. zum einen ergibt sich den vorgelegten vermerken des klägers nicht, dass er sich bei der entscheidung über die vergabe überhaupt gedanken darüber gemacht hat, welche gründe für eine generalunternehmer-vergabe sprechen könnten und welches gewicht ihnen zukommen könnte. im gegenteil, der kläger hat im laufenden verfahren wiederholt vorgetragen, dass für ihn lediglich eine generalunternehmer-vergabe in betracht gekommen sei. zum anderen ist zu berücksichtigen, dass der kläger bei der vergabeentscheidung im jahr 2009 aber jedenfalls auch die rechtsprechung des oberlandesgerichts düsseldorf aus den jahren 2004 und 2007 sowie die dazu vorliegende literatur in seine erwägungen hätte einstellen müssen. insoweit kann er sich auch nicht auf das urteil das vg gelsenkirchen vom 4. april 2011 berufen, das in einem ähnlich gelagerten fall das vorliegen einer groben fahrlässigkeit verneint hat. 88vgl. vg gelsenkirchen, urteil vom 4. april 2011 – 11 k 4198/09 -, zfbr 2011, s. 806 ff. 89denn dieses urteil betrifft eine vergabeentscheidung aus dem jahr 2000, nicht eine aus dem jahr 2009. 90selbst wenn man aber dem kläger im hinblick auf die unterschiedliche rechtsprechung zweier oberlandesgerichte noch zweifel zubilligen wollte, ergibt sich die grobe fahrlässigkeit hier daraus, dass er keine rücksprache mit dem beklagten genommen und sich über die richtige form der vergabe vergewissert hat. denn noch unter dem 31. märz 2009, also gut drei monate bevor am 17. juli 2009 die vergabe an den generalunternehmer erfolgte, hatte der beklagte den kläger wegen der nichtbeachtung der vob in einem anderen förderungsfall scharf gerügt und darauf hingewiesen, dass die vob beachtet werden müssen. außerdem hatte er dem kläger nahegelegt, sich bei problemen vorher, umgehend, mit der bewilligungsbehörde in verbindung zu setzen, damit fehler bei der ausschreibung nicht erst bei der prüfung des verwendungsnachweises offensichtlich würden. weiter heißt es in dem schreiben: „in künftigen fällen wird nachträglich keine milde beurteilung mehr möglich sein.“ unter diesen umständen stellt es jedenfalls eine grobe fahrlässigkeit im sinne der nichtbeachtung dessen, was in jedem fall einleuchten muss, dar, wenn der kläger meint, unter berufung auf eine – möglicherweise – überholte rechtsmeinung von der fachlos‑vergabe absehen zu können. 91vgl. z.b. lausen in: jurispk-vergr, 2. aufl. 2008, § 4 vob/a 2006, rdnr. 49/50 92vielmehr hätte es sich bei zweifeln über die richtige rechtsanwendung aufgedrängt, die beklagte oder zumindest seinen architekten über die richtige anwendung der vob/a zu befragen und das ergebnis dieser recherche dann in dem vergabevermerk (vgl. § 30 vob/a 2006) festzuhalten. ein solcher vermerk ist jedenfalls nach den vorgelegten verwaltungsvorgängen trotz aufforderung nicht übersandt worden. 93dem vortrag des klägers, er habe darauf vertrauen dürfen, dass eine vergabe an einen generalunternehmer vom beklagten gebilligt werde, kann nicht gefolgt werden. seine darlegung, schon aus den bei der antragstellung vorgelegten planungen habe sich die absicht einer generalunternehmer-vergabe ergeben, lässt sich anhand der vorliegenden verwaltungsvorgänge nicht verifizieren. die vorgelegten pläne enthalten keinerlei angaben dazu, wer den auftrag für den bau erhalten solle. festgelegt war lediglich, weil es sich um einen erweiterungsbau handelte, die wahl des architekten. der vortrag, von der zuständigen mitarbeiterin des beklagten sei ihm, dem kläger, die zulässigkeit einer generalunternehmer-vergabe in den gesprächen über den förderantrag signalisiert worden, führt ebenfalls nicht zu einem anderen ergebnis. soweit der kläger dies daraus ableitet, dass der mitarbeiterin bekannt gewesen sei, dass eine generalunternehmer-vergabe geplant gewesen sei, diese aber keine einwände dagegen erhoben habe, kann dies – selbst wenn es zutreffend wäre – keinen vertrauensschutz begründen. zum einen kann ein vertrauenstatbestand regelmäßig nicht schon auf ein konkludentes verhalten gegründet werden, sondern nur auf eine schriftliche zusicherung (vgl. 34 sgb x). bei zweifeln war es dem kläger durchaus zuzumuten, unter darlegung der genauen umstände eine schriftliche stellungnahme des beklagten anzufordern, zumal ihm dies mit schreiben vom 31. märz 2009 angeboten worden war. zum anderen lässt § 4 abs. 3 vob/a (2006) unter bestimmten umständen eine generalunternehmer-vergabe durchaus zu, wie auch der kläger mehrfach betont hat. allein die tatsache, dass an einen generalunternehmer vergeben wurde, stellt ja noch keinen verstoß gegen die auflage der anbest-p dar. der verstoß ergibt sich vielmehr daraus, dass der kläger dies ohne zureichende gründe getan hat. dass er die generalunternehmer-vergabe mit der mitarbeiterin des beklagten insoweit erörtert hätte, hat er nicht vorgetragen. 94der widerruf ist auch innerhalb der jahresfrist gemäß § 47 abs. 2 satz 5 i.v.m. § 45 abs. 4 satz 2 sgb x erfolgt. es ist in der rechtsprechung geklärt, dass die frist für den widerruf eines begünstigenden verwaltungsaktes erst zu laufen beginnt, wenn die behörde den auflagenverstoß erkannt hat und ihr die weiteren, für die widerrufsentscheidung erheblichen tatsachen vollständig bekannt sind. dient eine anhörung des betroffenen zur ermittlung weiterer entscheidungsrelevanter tatsachen, beginnt die frist erst danach zu laufen. 95vgl. bverwg, urteil vom 24. januar 2001 – 8 c 8.00 -, bverwge 112, s. 360 ff. zu § 48 abs. 4 vwvfg; ovg nw, beschluss vom 13. februar 2012 – 12 a 1217/11 -, www.nrwe.de 96am 22. april 2014 war diese frist noch nicht überschritten. 97der lauf dieser frist begann jedenfalls nicht vor dem 15. mai 2013, als der kläger erstmals gegenüber dem beklagten die gründe dafür darlegte, warum er von einer fachlos-vergabe absah und einen generalunternehmer beauftragte. denn wie oben dargelegt kommt es bei der prüfung, ob ein verstoß gegen die vorschrift des § 4 abs. 3 vob/a (2006) vorlag, wesentlich darauf an, ob überwiegende wirtschaftliche oder technische gründe für eine gesamtvergabe vorliegen. vorher konnte der beklagte lediglich davon ausgehen, dass eine generalunternehmervergabe erfolgte, er wusste aber nicht, warum der kläger sich dafür entschieden hatte. 98im vorliegenden fall legte der kläger erstmals unter dem 2. mai 2011 einen verwendungsnachweis vor, dem zwar der text der anzeige im l. stadtanzeiger am 22. november 2008 beigefügt war und aus dem sich eine ausschreibung für einen generalunternehmer ergab. allerdings bezog sich diese anzeige auf eine bauzeit von april bis oktober 2009, während der bau tatsächlich erst später erfolgen sollte. auch erfolgte die vergabe ersichtlich nicht aufgrund dieser ausschreibung, sie wurde später aufgehoben. außerdem ergibt sich aus dem anzeigentext noch nicht, warum die vergabe an einen generalunternehmer erfolgte. auch dass diesem verwendungsnachweis die rechnungen des generalunternehmers beigefügt waren, setzte den beklagten noch nicht in den stand, den widerruf durchzuführen. nachdem der beklagte mehrfach darauf gedrungen hatte, die kostenüberschreitungen zu begründen, übersandte der kläger per e‑mail vom 1. oktober 2012 den vergabevorschlag des architekturbüros. diesem vergabevorschlag ließ sich aber nur entnehmen, dass die vergabe an einen generalunternehmer erfolgte, nicht aber, warum dies geschah. die feststellungen der bauabteilung des beklagten zur vergabe des auftrages, wie sie in der e-mail an den kläger vom 20. februar 2013 dargelegt werden, waren ganz offensichtlich vorläufiger natur und standen unter dem vorbehalt eines ergänzenden vortrags durch den kläger, der insoweit bei der ortsbegehung am 4. april 2013 weitere angaben machen sollte. dabei hatte der beklagte sich außerdem ersichtlich in erster linie mit ermittlungen zu der frage beschäftigt, ob die vergabe ordnungsgemäß im rahmen einer öffentlichen ausschreibung erfolgte. eine erste baufachliche stellungnahme lag dann erst am 12. april 2013 vor, die der beklagte sodann in dem anhörungsschreiben vom 16. april 2013 zu einem widerruf umsetzte. 99soweit der kläger darauf verweist, dass bereits im 9. oktober 2012 in einem e‑mail‑austausch zwischen den beteiligten sachbearbeitern des beklagten ein widerruf wegen eines verstoßes gegen § 4 abs. 3 vob/a (2006) stattfand, führt dies nicht zu einem anderen ergebnis. denn zu diesem zeitpunkt hatte der kläger noch nicht erläutert, warum er auf die fachlos-vergabe verzichtet hatte. 100allein die kenntnis der tatsachen, aufgrund derer sich die behörde zum handeln entschließt, reicht nicht aus, um die frist des § 47 abs. 2 satz 5 i.v.m. § 45 abs. 4 satz 2 sgb x in gang zu setzen. zur herstellung der entscheidungsreife, nach deren eintritt die entscheidungsfrist des § 47 abs. 2 satz 5 i.v.m. § 45 abs. 4 satz 2 sgb x zu laufen beginnen kann, gehört regelmäßig die anhörung des betroffenen, insbesondere dann, wenn wie im vorliegenden fall eine ermessensentscheidung zu treffen ist, bei der die für die ermessensbetätigung maßgeblichen umstände in der sphäre des anzuhörenden betroffenen liegen. 101vgl. ovg nw, beschluss vom 15. mai 2008 – 18 a 3675/06 -, mit zahlreichen weiteren nachweisen, zitiert nach juris. 102das ist hier der fall. die motive für die generalunternehmer-vergabe liegen allein im bereich des klägers, nur dessen vortrag dazu konnte somit den beklagten in die lage versetzen, sachgerecht zu entscheiden. unter diesen umständen konnte die frist für die entscheidung über den widerruf nicht vor dem 15. mai 2013 zu laufen beginnen. 103der beklagte hat schließlich auch das ihm nach § 47 abs. 2 sgb x eingeräumte ermessen fehlerfrei ausgeübt. nach § 114 vwgo kann eine ermessensentscheidung im rahmen des gerichtlichen verfahrens nur daraufhin überprüft werden, ob die gesetzlichen grenzen des ermessens überschritten sind oder von dem ermessen in einer dem zweck der ermächtigung nicht entsprechenden weise gebrauch gemacht hat. 104es muss hier nicht geprüft werden, ob der beklagte auf ermessenserwägungen gänzlich verzichten konnte, weil er im rahmen des § 47 abs. 2 satz 1 nr. 2 sgb x von einem intendierten ermessen im sinne einer rückforderung ausgehen konnte. 105vgl. insoweit ovg nw, urteil vom 20. april 2012 – 4 a 1055/09 -, nvwz-rr 2012, s. 671 ff. mit zahlreichen weiteren nachweisen. 106denn der beklagte hat im vorliegenden fall ermessen ausgeübt, indem er unter beachtung des ermessensbindenden runderlass des finanzministeriums vom 18. dezember 2003 (- i 1–0044-3/8 – „rückforderung von zuwendungen wegen nichtbeachtung der vergabe- und vertragsordnung für bauleistungen (vob/a) und der verdingungsordnung für leistungen –ausgenommen bauleistungen (vol/a)“, im folgenden: runderlass) den sachverhalt gewürdigt hat. 107nach diesem erlass ist der widerruf einer zuwendung grundsätzlich bei einem schweren verstoß gegen die vob angezeigt, wobei als schwerer verstoß die vergabe von leistungen an einen generalunternehmer (alleinunternehmer gegenüber dem auftraggeber) zu werten ist, wenn die wirtschaftlichkeit der gesamtleistung nicht nachweisbar ist. ein solcher verstoß liegt hier, wie oben dargelegt, vor, ohne dass der kläger die wirtschaftlichkeit dieser maßnahme belegt hätte. 108besondere umstände, die ausnahmsweise eine andere bewertung rechtfertigen könnten, liegen nicht vor. soweit der kläger insofern darauf abhebt, dass er im hinblick auf andere rechtsmeinungen vertretbar zu dem ergebnis habe kommen können, dass eine generalunternehmer-vergabe durchaus zulässig sei, ist dem, wie oben dargelegt, nicht zu folgen. dabei konnte der beklagte auch in seine erwägungen einstellen, dass der kläger regelmäßig für seine vorhaben fördermittel in anspruch nimmt, die gepflogenheiten kannte und in der vergangenheit mehrfach nachdrücklich auf die beachtung dieser vorschriften hingewiesen worden war. wenn der kläger unter diesen umständen weder von dem beratungsangebot des beklagten gebrauch macht noch technische erforderlichkeit oder die wirtschaftlichkeit der generalunternehmer-vergabe in einem entsprechenden vergabevermerk festhält, kann dies zu seinen lasten in die ermessenserwägungen eingestellt werden. ebenso konnte der beklagte in diesem zusammenhang die hohen kosten des gesamtprojekts berücksichtigen, weil sich dem kläger insoweit durchaus hätte aufdrängen müssen, dass möglicherweise die gewählte vergabeart für die kostenüberschreitung verantwortlich sein könnte. 109der einwand des klägers, der öffentlichen hand sei kein schaden entstanden, weil er im rahmen des vergabeverfahrens das günstigste angebot berücksichtigt und insoweit auch noch im rahmen von verhandlungen auf eine kostenreduktion gedrungen habe, führt zu keinem anderen ergebnis. denn weil keine ausschreibung nach fachlosen durchgeführt wurde, kann eben nicht unterstellt werden, dass der öffentlichen hand durch die generalunternehmer-vergabe kein schaden entstanden ist. grundsätzlich kann nur durch eine öffentliche ausschreibung unter ausnutzung des leistungswettbewerbs und aller chancen am markt das günstigste angebot erzielt werden. zudem wird so am wirkungsvollsten korruption- und manipulationsgefahren begegnet. 110vgl. ovg nw, , urteil vom 20. april 2012 – 4 a 1055/09 -, nvwz-rr 2012, s. 671 ff und urteil vom 2. september 2008 – 15 a 2328//06 -, nvwz-rr 2009, s. 57 ff.; 111insofern waren weder der beklagte noch das erkennende gericht im rahmen des vorliegenden verfahrens gehalten, der nicht nachgewiesenen behauptung des klägers, es sei kein wirtschaftlicher schaden entstanden bzw. die generalunternehmer-vergabe sei letztlich günstiger als eine vergabe nach fachlosen, nachzugehen. dem kläger obliegt insoweit die nachweispflicht. das streng formalisierte verfahren, wie es die vob/a (2006) vorsehen, dient gerade dazu, das wirtschaftlich günstigste angebot zu erzwingen. 112vgl. ovg nw, , urteil vom 20. april 2012 – 4 a 1055/09 -, nvwz-rr 2012, s. 671 ff; 113sollte bei nichtbeachtung dieses verfahrens trotzdem wirtschaftlich gehandelt worden sein, obliegt die nachweispflicht dafür demjenigen, der gegen die auflagen verstoßen hat. diesen nachweis hat der kläger, wie oben dargelegt, nicht geführt. 114der vortrag des klägers, die förderung sei ohnehin auf die vom beklagten anhand von dessen kostenschätzung ermittelte förderhöhe begrenzt gewesen und die durch die preisüberschreitung entstandenen höheren kosten würden von ihr getragen, verfängt in diesem zusammenhang nicht. denn es ist nicht auszuschließen, dass bei einer ordnungsgemäßen ausschreibung auch weniger hohe kosten entstanden wären, als sie der beklagte bei seiner schätzung zugrunde gelegt hat. 115soweit sich der kläger schließlich darauf beruft, er habe in den verhandlungen mit den bietern auf ortsübliche preise gedrungen, vermag auch dies nicht die wirtschaftlichkeit der generalunternehmer-vergabe zu belegen. denn maßgeblich sind im rahmen der ausschreibung nicht nur die in y. ortüblichen preise, weil bei einer ausschreibung auch bieter hätten zum zuge kommen können, die nicht in y. ansässig sind. 116der beklagte hat sein ermessen auch insoweit ordnungsgemäß ausgeübt, als er die rückforderungssumme nicht auf einen teilbetrag beschränkt hat. der runderlass sieht vor, dass bei einem schweren verstoß gegen vergaberechtliche vorschriften im regelfall förderrechtliche konsequenzen dergestalt zu ziehen sind, dass die kosten für die jeweilige auftragseinheit (z.b. teillos oder fachlos), bei der der verstoß ermittelt wurde, von der förderung ausgeschlossen werden, und, wenn die anwendung dieses grundsatzes, etwa weil vob/vol-widrig nicht in teillosen bzw. nur in großen teillosen vergeben wurde, zu einem völligen bzw. sehr weitgehenden förderausschluss für die gesamtmaßnahme führen würde und damit zu einer erheblichen härte für den zuwendungsempfänger führt, der kürzungsbetrag auf 20 bis 25 % der gesamtzuwendung zuzüglich der durch den verstoß bedingten verteuerung beschränkt werden kann. 117im vorliegenden fall ist das gesamte bauvorhaben von dem vergabeverstoß betroffen mit der folge, dass grundsätzlich die gesamte fördersumme zurückzufordern ist. dass sich daraus eine besondere härte für den kläger ergeben könnte, ist nicht ersichtlich. der kläger hat auch auf mehrfache nachfrage durch den beklagten keine unterlagen vorgelegt, woraus sich ergibt, dass er durch den widerruf der bewilligung in wirtschaftliche schwierigkeiten geraten könnte. dass der kläger für die rückzahlung möglicherweise erneut einen kredit aufnehmen müsste, führt zu keinem anderen ergebnis, weil er nicht dargelegt hat, dass er keinen derartigen kredit bekommen könnte. auf konkrete nachfrage des beklagten haben die vertreter des klägers am 11. februar 2014 zudem mitgeteilt, dass auch für den fall der rückforderung der fördersummen nicht die gefahr einer insolvenz für den kläger bestehe. 118der erstattungsanspruch ergibt sich aus § 50 abs. 1 sgb x. danach sind erbrachte leistungen zu erstatten, wenn ein verwaltungsakt aufgehoben wird. diese voraussetzungen liegen vor. 119der zinsanspruch ergibt sich aus § 50a abs. 2a satz 1 sgb x in verbindung mit § 247 bgb. danach ist der zu erstattende betrag vom eintritt der unwirksamkeit eines verwaltungsaktes, auf grund dessen leistungen zur förderung von einrichtungen oder ähnliche leistungen erbracht worden sind, mit fünf prozentpunkten über dem basiszinssatz jährlich zu verzinsen. da die bewilligungsbescheide rückwirkend aufgehoben wurden, sind die fördersummen auch vom zeitpunkt der auszahlung an zu verzinsen. 120der zinsanspruch ist auch in der höhe richtig festgesetzt. soweit sich der kläger insoweit auf eine teilweise verjährung beruft, wirkt sich dies im vorliegenden fall nicht aus. 121in der höchstrichterlichen rechtsprechung ist geklärt, dass zinsansprüche aus öffentlichem recht der kurzen verjährung nach maßgabe der verjährungsfristen des bürgerlichen rechts unterliegen, so das für sie nach §§ 195, 199 abs. 1 nr. 1 bgb eine dreijährige verjährungsfrist gilt, jeweils beginnend mit dem schluss des jahres, in welchem der zinsanspruch entstand. 122vgl. bverwg, urteil vom 30. januar 2013 – 8 c 2/12 -, nvwz-rr 2013, s. 489 ff., m. w. n.; bfh, urteil vom 11. dezember 2012 – vii r 61/10 -, bfhe 239, s. 310 123im vorliegenden fall konnte der beklagte daher im jahre 2014 keine zinsen festsetzen, die vor dem 1. januar 2011 entstanden sind. zwar hat der beklagte im tenor der angefochtenen bescheide ausgeführt, dass er einen zinsanspruch für die zeit vom 30. dezember 2008 bis zum 8. april 2014 geltend macht, tatsächlich hat er aber nur zinsen für den zeitraum vom 1. juli 2011 bis zum 8. april 2014 festgesetzt. das ergibt sich aus den anlagen zu den jeweiligen bescheiden, wo die zinsen für die jahre 2008 bis 2014 ausgerechnet sind. diese tabellen listen zwar auch die in der zeit vom 30. dezember 2008 bis zum 30. juni 2011 entstandenen zinsen auf, berücksichtigen diese zahlen jedoch nicht bei der summenbildung. die festgesetzten zinsen entsprechen den im zeitraum vom 1. juli 2011 bis zum 8. april 2014 entstandenen zinsen laut diesen tabellen. einwendungen gegen die höhe dieser zinsfestsetzungen im übrigen hat der kläger nicht geltend gemacht. 124die klage war daher mit der kostenfolge aus § 154 abs. 1 vwgo abzuweisen. die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit beruht auf § 167 vwgo in verbindung mit §§ 708 nr. 11, 111 zpo.
Verklagte*r
0
340,272
25 K 3504/18.A
2021-08-30T00:00:00
Urteil
Tenor Die Beklagte wird unter Aufhebung von Ziffer 2 des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 12. April 2018 verpflichtet, zugunsten der Kläger ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG hinsichtlich Afghanistan festzustellen. Ziffern 3 und 4 des vorgenannten Bescheides werden aufgehoben, soweit sie dieser Verpflichtung entgegenstehen. Die Beklagte trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung in Höhe der aufgrund des Urteils vollstreckbaren Kosten abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in der gleichen Höhe leisten. 1Tatbestand: 2Die Kläger sind afghanische Staatsangehörige und tadschikischer Volkszugehörigkeit. Der Kläger zu 1. wurde 1986 in I. geboren, die im Jahr 1989 geborene Klägerin zu 2.) und die beiden 2006 geborenen Kinder (Kläger zu 3. und 4.) im Iran. Die Kläger haben zuletzt (seit 2012) im Iran gelebt und sind von dort 2015 ausgereist. 3Ein erstes Asylverfahren der Kläger wurde durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge mit Bescheid vom 19.10.2016 wegen fehlender Mitwirkung eingestellt (Gz.: 0000000-423), ferner wurde festgestellt, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorlagen. Nach Angaben der Kläger erhielten sie hiervon am 15.12.2016 erstmals Kenntnis. Nachdem nachfolgend die Frist für einen Fortführungsantrag versäumt wurde, stellten die Kläger unter dem 20.12.2017 einen Asylfolgeantrag. Zur Begründung machten die Kläger zu 1. und 2. anlässlich ihrer mündlichen Anhörung am 26.02.2018 geltend, sie hätten Afghanistan zuletzt im Jahr 2012 wegen erlebter Bedrohung verlassen, zuvor das Haus verkauft und seien dann in den Iran gegangen. Die Klägerin zu 2. verweist ferner darauf, dass ihr Schwiegervater früher Freiheitskämpfer gewesen sei und gegen die Taliban gekämpft habe. Im Iran habe der Kläger zu 1. – wie auch zuvor schon in Afghanistan – als selbstständiger T. gearbeitet. Nachdem ihre Aufenthaltsgenehmigungen nicht mehr verlängert worden seien, seien sie im Iran illegal gewesen und deswegen von dort ausgereist. Wegen weiterer Einzelheiten der Anhörung wird auf die jeweiligen Niederschriften Bezug genommen. 4Mit Bescheid vom 12. April 2018 lehnte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Asylfolgeanträge der Kläger als unzulässig ab (Ziffer 1), ferner lehnte es eine Abänderung des Bescheides vom 19.10.2016 bezüglich der Feststellung zu § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG ab (Ziffer 2) und forderte die Kläger unter Androhung der zwangsweisen Abschiebung auf, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb einer Woche zu verlassen (Ziffer 3). Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot wurde gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG auf 36 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Ziffer 4). 5Die Kläger haben am 17. April 2021 Klage erhoben, mit der sie ausschließlich die Feststellung eines Abschiebungsverbotes begehren. Auf ihren gleichzeitig anhängig gemachten vorläufigen Rechtsschutzantrag hin, hat die vormals zuständige Kammer mit Beschluss vom 3. Mai 2018 (28 L 1144/18.A) die aufschiebende Wirkung der Klage angeordnet. Die Kläger machen zur Begründung eines Abschiebungsverbotes im Wesentlichen geltend, dass eine Existenzsicherung der gesamten Familie im Falle ihrer Rückkehr nach Afghanistan nicht sichergestellt sei. Ihre letzten Geldmittel aus dem Verkauf des Hauses in Afghanistan hätten sie für die Ausreise eingesetzt. 6Die Kläger beantragen sinngemäß, 7die Beklagte unter Aufhebung des insoweit entgegenstehenden Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 12. April 2018 zu verpflichten, festzustellen, dass Abschiebungsverbote für die Kläger gemäß §§ 60 Abs. 5 bzw. Abs. 7 AufenthG hinsichtlich Afghanistan vorliegen. 8Die Beklagte beantragt, 9die Klage abzuweisen. 10Mit Beschluss vom 15. August 2018 hat die Kammer den Rechtsstreit auf den Einzelrichter übertragen. Die Verfahrensbeteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet. 11Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verfahrensakte 28 L 1144/18.A sowie auf die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Bundesamtes Bezug genommen. 12Entscheidungsgründe: 13Gemäß § 76 Abs. 1 AsylG kann das Gericht durch die Vorsitzende als Einzelrichterin und gemäß § 101 Abs. 2 VwGO mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden. 14Die zulässige Klage ist im begehrten Umfang begründet. 15I. Die Ablehnung der Feststellung eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 5 AufenthG ist rechtswidrig und verletzt die Kläger dadurch in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). 16Nach dem eindeutigen Wortlaut der Regelung in § 31 Abs. 3 Satz 1 AsylG, wonach in Entscheidungen über unzulässige Asylanträge wie dem vorliegenden Folgeantrag, aufgrund dessen die Beklagte die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens abgelehnt hat (vgl. § 29 Abs. 1 Nr. 5 AsylG), festzustellen ist, ob die Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG vorliegen, bedeutet dies – anders als von der Beklagten angenommen – dass die Feststellung, ob die Voraussetzungen eine nationalen Abschiebungsverbotes vorliegen, unabhängig davon zu treffen ist, ob die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG vorliegen oder das Bundesamt gemäß § 51 Abs. 5 VwVfG i. V. m. §§ 48, 49 VwVfG nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden hat, ob die bestandskräftige frühere Entscheidung zu § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG zurückgenommen oder widerrufen wird. Wird eine negative Entscheidung des Bundesamtes im gerichtlichen Verfahren insoweit angegriffen, ist das Gericht verpflichtet, die Sache spruchreif zu machen. 17Die Kläger haben nach der im maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt geltenden Sach- und Rechtslage (§ 77 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 AsylG) einen Anspruch auf die Feststellung eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 5 AufenthG. 181. Nach § 60 Abs. 5 AufenthG darf ein Ausländer nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist. Dies ist hier im Hinblick auf Art. 3 EMRK der Fall. Gemäß Art. 3 EMRK darf niemand der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe unterworfen werden. Dabei können nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) in ganz außergewöhnlichen Fällen auch schlechte humanitäre Verhältnisse im Zielstaat der Abschiebung Art. 3 EMRK verletzen, wenn die humanitären Gründe gegen die Ausweisung bzw. Abschiebung „zwingend“ sind. 19Vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 31.1.2013 - 10 C 15/12 -, juris, Rn. 23 ff.; VGH Baden-Württemberg, Urteile vom 17.1.2018 - A 11 S 241/17 -, juris, Rn. 253 ff., sowie vom 11.4.2018 - A 11 S 924/17 -, juris, Rn. 116 ff., jeweils m.w.N. 20Nicht erforderlich ist dabei, dass eine „Extremgefahr“ im Sinne der Rechtsprechung zur Rechtfertigung der Durchbrechung der Sperrwirkung des § 60 Abs. 7 Satz 5 AufenthG gegeben ist. 21Vgl. BVerwG, Beschluss vom 8.8.2018 - 1 B 25/18 -, juris, Rn. 13. 22Eine in diesem Sinne aus Art. 3 EMRK ableitbare Unzulässigkeit der Abschiebung ist danach insbesondere auch dann gegeben, wenn es dem Betroffenen nicht (mehr) gelingen würde, seine elementaren Bedürfnisse, wie Nahrung, Hygiene und Unterkunft zu befriedigen, 23vgl. dazu BayVGH, Urteil vom 21.11.2014 - 13a B 14.30285 -, juris, Rn. 17, 24und die aus den zu erwartenden schwierigen Lebensbedingungen resultierenden Gefährdungen im Einzelfall eine solche Intensität aufweisen, dass auch ohne konkret drohenden Maßnahmen von einer unmenschlichen Behandlung auszugehen ist. 252. Nach Maßgabe dieser Grundsätze liegen hier zwingende humanitäre Gründe im Sinne der oben genannten Rechtsprechung vor. 26Bis zur Machtübernahme durch die Taliban am 15. August 2021 ist das Gericht unter Berücksichtigung der Erkenntnisse des Auswärtigen Amtes, hier dem Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan – Gz.: 000-000.00/0 AFG VS-NfD – (zuletzt mit Stand vom Mai 2021) von folgendem ausgegangen: 27Afghanistan ist nach wie vor eines der ärmsten Länder der Welt, 28vgl. auch United Nations Development Programme - Human Development Reports, Länderprofil Afghanistan, http://hdr.undp.org/en/countries/profiles/AFG#., wonach Afghanistan trotz Unterstützung der internationalen Gemeinschaft, erheblicher Anstrengungen der afghanischen Regierung und kontinuierlicher Fortschritte in den vergangenen Jahren 2018 lediglich Platz 168 von 189 im Human Development Index der Vereinten Nationen belegte, 29und wurde von den wirtschaftlichen Auswirkungen der Covid-19-Pandemie schwer getroffen. 30Laut Weltbank schrumpfte das afghanische BIP 2020 um 1,9 %, wobei ein Einbruch um 4,2 bzw. 4,8 % im Industrie- und Dienstleistungssektor durch ein witterungsbedingtes Wachstum in der Landwirtschaft um 5,3 % abgefedert wurde. Die Armutsrate in den Städten war bis zum Zeitraum 2019 – 20 bereits auf mehr als 45 % angewachsen und ist zwischenzeitlich weiter angestiegen. Zudem stiegen die Lebensmittelpreise 2020 im Vergleich zum Vorjahr um durchschnittlich 10%. 31Angesichts eines rapiden Bevölkerungswachstums von rund 2,3 % im Jahr (d.h. Verdopplung der Bevölkerung innerhalb einer Generation) wäre ein konstantes Wirtschaftswachstum nötig, um den jährlich etwa 500.000 Personen, die in den Arbeitsmarkt einsteigen, eine Perspektive zu bieten. Laut ILO lag die Arbeitslosenquote 2020 offiziell zwar „nur“ bei 11,7 %, laut der afghanischen Statistikbehörde verfügen jedoch 40 % der Bevölkerung über kein formales Beschäftigungsverhältnis oder sind unterbeschäftigt. 32Die Grundversorgung ist für große Teile der Bevölkerung eine tägliche Herausforderung, dies gilt auch für Rückkehrende. Die bereits prekäre Lage hat sich seit März 2020 u.a. durch die Auswirkungen der Covid-19-Pandemie stetig weiter verschärft. UN-OCHA erwartete - bis zur Machtübernahme durch die Taliban - , dass 2021 mehr als 18 Millionen Afghaninnen und Afghanen auf humanitäre Hilfe angewiesen sein werden, also u.a. keinen gesicherten Zugang zu Unterkunft, Nahrung, sauberem Trinkwasser und/oder medizinischer Versorgung haben werden (2020: 14 Mio). In einer solchen Notlage werden sich auch schätzungsweise eine Million Binnenvertriebene und fast 790.000 Rückkehrer und Flüchtlinge wiederfinden. Solche humanitären Bedarfe wurden für jede der 34 Provinzen Afghanistans festgestellt. Laut einer Studie unter Leitung der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisationen der VN (FAO) waren in Afghanistan zwischen März und Mai 2021 elf Millionen Menschen von akuter Nahrungsmittelunsicherheit betroffen. Das bedeutet, dass die Betroffenen entweder bereits unterernährt sind oder diesem Zustand nur durch negative Bewältigungsstrategien, beispielsweise Kinderarbeit oder Kinderehen, abwenden können. Eine weitere Verschlechterung ist zu erwarten. Die Zahl der Binnenvertriebenen wird auf über 3 Millionen geschätzt. Die überwiegende Mehrheit davon (86 %) wird auf absehbare Zeit nicht in ihre Herkunftsorte zurückkehren können oder wollen. Die Mehrheit der Binnenflüchtlinge lebt, ähnlich wie Rückkehrende aus Pakistan und Iran, in Flüchtlingslagern bzw. informellen Siedlungen, angemieteten Unterkünften oder bei Gastfamilien, unter prekären Bedingungen. Der Zugang zu Gesundheitsversorgung, Bildung und wirtschaftliche Teilhabe ist stark eingeschränkt. Im laufenden Jahr werden etwa eine halbe Million Binnenvertriebene auf humanitäre Hilfe angewiesen sein. Der hohe Konkurrenzdruck zwischen ansässiger Bevölkerung, Rückkehrenden und Binnenvertriebenen führt oft zu Konflikten. 33Allerdings stellt ein Bericht der afghanischen Regierung aus dem Jahre 2015 fest, dass die Mehrheit der Rückkehrer und Binnenvertriebenen, die in der Lage sind, sich an geeigneten Orten zu integrieren, innerhalb von drei Jahren einen mit der örtlichen Bevölkerung vergleichbaren Lebensstandard erreichen können, 34Vgl. EASO, Country of Origin Information Report Afghanistan - Key socio-economic indicators, state protection, and mobililty in Kabul City, Mazar-e Sharif, and Herat City, August 2017, S. 41, 35zumal die Zahl der Binnenvertriebenen zuletzt zurückging. 36Vgl. Bericht des UNO-Generalsekretärs, The Situation in Afghanistan and its implications for international peace and security, 28.2.2019, S. 12. 37Auch der UNHCR und das EASO haben bis zur Machtübernahme der Taliban eine Rückkehr nach Europa geflüchteter afghanischer Staatsangehöriger – insbesondere nach Kabul – nicht grundsätzlich ausgeschlossen, fordern jedoch speziell im Zusammenhang mit der Annahme einer internen Schutzalternative eine Einzelfallprüfung unter Berücksichtigung der besonderen Umstände jedes einzelnen Antragstellers. 38Vgl. UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom 19.4.2016, S. 9 f.; UNHCR, Anmerkungen zur Situation in Afghanistan auf Anfrage des deutschen Bundesministeriums des Innern, Dezember 2016, S. 7 f.; EASO, Country Guidance: Afghanistan, Juni 2019, S. 34 ff. 393. Unter Zugrundelegung dieser Rahmenbedingungen und unter weiterer Berücksichtigung der besonderen Umstände des vorliegenden Falles war das Risiko einer Verelendung für die Kläger bei der zu unterstellenden Rückkehr sowohl in I. – der ursprünglichen Heimatregion des Klägers zu 1. – als auch im Rest Afghanistans schon vor der Machtübernahme durch die Taliban sehr hoch. 40Dabei ist davon auszugehen, dass die gesamte Familie gemeinsam nach Afghanistan zurückkehren würde. Denn nach der jüngsten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, der das Gericht sich anschließt, ist bei lebensnaher Betrachtung davon auszugehen, dass eine im Bundesgebiet in familiärer Gemeinschaft lebende Kernfamilie entweder insgesamt nicht oder nur gemeinsam im Familienverband in ihr Heimatland zurückkehrt. 41Vgl. BVerwG, Urteil vom 4. Juli 2019, 1 C 45.18, juris, Rn. 15 ff. 42Bei den Klägern handelt es sich um eine vierköpfige Familie. Die beiden Kinder (Kläger zu 1. und 2.) sind abstellend auf den hier maßgeblichen gerichtlichen Entscheidungszeitpunkt noch 14 Jahre alt. Schon abstellend auf die Situation vor der Machtübernahme durch die Taliban konnte nicht mit hinreichender Sicherheit angenommen werden, dass die Kläger zu 1. und 2. in der Lage gewesen wären, durch eigene Arbeit den Lebensunterhalt der gesamten Familie zu erwirtschaften. 43Hierbei ist zu berücksichtigen, dass allein der Kläger zu 1. bislang einer beruflichen Tätigkeit, und zwar als selbstständiger T. , nachgegangen ist; die Klägerin zu 2. ist Hausfrau gewesen ist und hat keinerlei Berufserfahrung. Zugunsten der Kläger legt das Gericht unter Berücksichtigung ihres schriftlichen Vorbringens ferner zugrunde, dass eigene Mittel, die ihnen vor der Ausreise noch zur Verfügung standen, durch die Ausreise verbraucht sind und die Kläger ohne eigene Geldmittel oder sonstiges Vermögen im Falle einer Rückkehr auf sich allein gestellt wären. Verifizierbare Kontakte zur Großfamilie in Afghanistan bestehen nach den Angaben der Kläger zu 1. und 2. keine, ungeachtet dessen fehlt es insoweit auch an jeglichen Anknüpfungspunkten dafür, dass diese in der Lage wären, eine vierköpfige Familie zu unterstützen. 44Vgl. dazu auch Bayerischer VGH, Urteil vom 29. Oktober 2020, 13a B 20.30347, juris (Rn 31) 45Von den vom Bundesamt angeführten Mitteln, die die Kläger – jedenfalls vor der Machtübernahme durch die Taliban – über das REAG/GARP-Programm als Starthilfe hätten erhalten können, wäre nur eine kurze Übergangszeit überbrückbar gewesen. Danach wären die Kläger auf eine eigene Versorgung, hier maßgeblich durch den Kläger zu 1., angewiesen. Selbst wenn es ihm gelingen sollte, eine gewisse berufliche Existenz auch außerhalb von I. , zum Beispiel in Kabul, aufzubauen, erscheint es bei lebensnaher Betrachtung geradezu ausgeschlossen, dass es dem Kläger zu 1. angesichts der angespannten Lage auf dem afghanischen Arbeitsmarkt auch gelingen wird, hierbei einen ausreichenden Verdienst für die gesamte Familie aufzubringen. Der Hinweis des Bundesamtes, die beiden Kinder könnten ebenfalls zum Lebensunterhalt mitbeitragen, erscheint angesichts der vorgeschilderten Lage auf dem Arbeitsmarkt mehr als fernliegend und trägt auch im Übrigen wegen der Minderjährigkeit der beiden Kläger nicht. 46Nach der Machtübernahme durch die Taliban am 15. August 2021 ist davon auszugehen, dass sich die wirtschaftliche Lage in Afghanistan zusehends verschlechtern wird, so dass es für die Kläger – ungeachtet weiterer dramatischer Erschwernisse abstellend auf die von ihnen geltend gemachte persönliche Verfolgungsgeschichte einschließlich der behaupteten Verfolgungsgefahr durch die Taliban – noch schwerer sein wird, ihren Lebensunterhalt sicherzustellen. In den von den Taliban beherrschten Städten herrscht ein gespanntes Abwarten. Die Taliban haben überall Checkpoints errichtet und die Bevölkerung fürchtet sich vor Racheakten der Taliban. Ein normales wirtschaftliches Leben findet derzeit nicht statt. Es herrscht Chaos im ganzen Land. 47https://www.nzz.ch/international/afghanistan-das-neueste-zur-machtübernahme-der-taliban-ldVgl. https://www.nzz.ch (aktualisiert am 30.08.2021) zum Machtwechsel in Afghanistan. 48Hinzu kommt, dass Afghanistan, welches auch durch die Covid-19-Pandemie von erheblichen Preissteigerungen gerade für Nahrungsmittel betroffen ist, 49OCHA/WHO, Afghanistan Strategic Situation Report: Covid-19, No. 102 (29. Juli 2021), Seite 2, 50zukünftig auch auf Geldflüsse aus dem Ausland wird verzichten müssen. So hat Deutschland bereits die Entwicklungshilfe für Afghanistan ausgesetzt, 51https://www.tagesschau.de/newsticker/liveblog-afghanistan-103.html#Bundesregierung–setzt-Entwicklungshilfe-fuer-Afghanistan-aus. 52Auch werden die internationalen Organisationen, die bislang die Rückkehrer finanziell und durch Vermittlung von Wohn- und Arbeitsmöglichkeiten unterstützt haben, zumindest vorläufig nicht mehr in dem bisherigen Umfang – wenn überhaupt – unterstützen können. 53Seit Freitag, den 27.08.2021 werden außerdem medizinische Güter knapp. GeplanteVersorgungsflüge der Weltgesundheitsorganisation (WHO) können aufgrund der Sicherheitslage nicht stattfinden. 54Vgl. https://www.nzz.ch (aktualisiert am 30.08.2021) zum Machtwechsel in Afghanistan.https://www.nzz.ch/international/afghanistan-das-neueste-zur-machtübernahme-der-taliban-ld 55Bei dieser Betrachtung wird es den Klägern nicht gelingen, ihren Lebensunterhalt in Afghanistan zu sichern und kann in der Gesamtschau deshalb nicht davon ausgegangen werden, dass einer Familie mit minderjährigen Kindern unter den dargestellten Rahmenbedingungen die Schaffung einer menschenwürdigen Lebensgrundlage möglich ist. 56Die Beklagte war deshalb unter Aufhebung von Ziffer 2 des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge zu verpflichten, festzustellen, dass bei den Klägern ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG vorliegt. 57II. Ob darüber hinaus die Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG erfüllt sind, bedarf keiner Prüfung mehr, da es sich beim national begründeten Abschiebungsverbot um einen einheitlichen und nicht weiter teilbaren Verfahrensgegenstand handelt. 58vgl. BVerwG, Urteil vom 8. September 2011, 10 C 14/10, juris, Rn. 17. 59III. Aufgrund der Verpflichtung zur Feststellung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 AufenthG war – wie bereits an anderer Stelle ausgeführt – auch die Abschiebungsandrohung (vgl. § 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AsylG) – Ziffer 3 – und die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbotes nach § 11 AufenthG – Ziffer 4 – aufzuheben. 60IV. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO und § 83b AsylG. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO. Der Gegenstandswert richtet sich nach § 30 RVG. 61Rechtsmittelbelehrung: 62Gegen dieses Urteil kann innerhalb eines Monats nach Zustellung die Zulassung der Berufung beantragt werden. Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster. 63Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn 641. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder 652. das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder 663. ein in § 138 der Verwaltungsgerichtsordnung bezeichneter Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt. 67Der Antrag ist schriftlich bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. 68Der Antrag kann auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) eingereicht werden. 69In dem Antrag sind die Gründe, aus denen die Berufung zuzulassen ist, darzulegen. 70Im Berufungs- und Berufungszulassungsverfahren müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die das Verfahren eingeleitet wird. Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Auf die zusätzlichen Vertretungsmöglichkeiten für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und § 5 Nr. 6 des Einführungsgesetzes zum Rechtsdienstleistungsgesetz – RDGEG –). Darüber hinaus sind die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen unter den dort genannten Voraussetzungen als Bevollmächtigte zugelassen. 71Die Antragsschrift soll möglichst dreifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften.
die beklagte wird unter aufhebung von ziffer 2 des bescheides des bundesamtes für migration und flüchtlinge vom 12. april 2018 verpflichtet, zugunsten der kläger ein abschiebungsverbot nach § 60 abs. 5 aufenthg hinsichtlich afghanistan festzustellen. ziffern 3 und 4 des vorgenannten bescheides werden aufgehoben, soweit sie dieser verpflichtung entgegenstehen. die beklagte trägt die kosten des gerichtskostenfreien verfahrens. das urteil ist hinsichtlich der kosten vorläufig vollstreckbar. die beklagte kann die vollstreckung in höhe der aufgrund des urteils vollstreckbaren kosten abwenden, wenn nicht die kläger vor der vollstreckung sicherheit in der gleichen höhe leisten. 1
2die kläger sind afghanische staatsangehörige und tadschikischer volkszugehörigkeit. der kläger zu 1. wurde 1986 in i. geboren, die im jahr 1989 geborene klägerin zu 2.) und die beiden 2006 geborenen kinder (kläger zu 3. und 4.) im iran. die kläger haben zuletzt (seit 2012) im iran gelebt und sind von dort 2015 ausgereist. 3ein erstes asylverfahren der kläger wurde durch das bundesamt für migration und flüchtlinge mit bescheid vom 19.10.2016 wegen fehlender mitwirkung eingestellt (gz.: 0000000-423), ferner wurde festgestellt, dass abschiebungsverbote nach § 60 abs. 5 und 7 satz 1 aufenthg nicht vorlagen. nach angaben der kläger erhielten sie hiervon am 15.12.2016 erstmals kenntnis. nachdem nachfolgend die frist für einen fortführungsantrag versäumt wurde, stellten die kläger unter dem 20.12.2017 einen asylfolgeantrag. zur begründung machten die kläger zu 1. und 2. anlässlich ihrer mündlichen anhörung am 26.02.2018 geltend, sie hätten afghanistan zuletzt im jahr 2012 wegen erlebter bedrohung verlassen, zuvor das haus verkauft und seien dann in den iran gegangen. die klägerin zu 2. verweist ferner darauf, dass ihr schwiegervater früher freiheitskämpfer gewesen sei und gegen die taliban gekämpft habe. im iran habe der kläger zu 1. – wie auch zuvor schon in afghanistan – als selbstständiger t. gearbeitet. nachdem ihre aufenthaltsgenehmigungen nicht mehr verlängert worden seien, seien sie im iran illegal gewesen und deswegen von dort ausgereist. wegen weiterer einzelheiten der anhörung wird auf die jeweiligen niederschriften bezug genommen. 4mit bescheid vom 12. april 2018 lehnte das bundesamt für migration und flüchtlinge die asylfolgeanträge der kläger als unzulässig ab (ziffer 1), ferner lehnte es eine abänderung des bescheides vom 19.10.2016 bezüglich der feststellung zu § 60 abs. 5 und 7 aufenthg ab (ziffer 2) und forderte die kläger unter androhung der zwangsweisen abschiebung auf, die bundesrepublik deutschland innerhalb einer woche zu verlassen (ziffer 3). das gesetzliche einreise- und aufenthaltsverbot wurde gemäß § 11 abs. 1 aufenthg auf 36 monate ab dem tag der abschiebung befristet (ziffer 4). 5die kläger haben am 17. april 2021 klage erhoben, mit der sie ausschließlich die feststellung eines abschiebungsverbotes begehren. auf ihren gleichzeitig anhängig gemachten vorläufigen rechtsschutzantrag hin, hat die vormals zuständige kammer mit beschluss vom 3. mai 2018 (28 l 1144/18.a) die aufschiebende wirkung der klage angeordnet. die kläger machen zur begründung eines abschiebungsverbotes im wesentlichen geltend, dass eine existenzsicherung der gesamten familie im falle ihrer rückkehr nach afghanistan nicht sichergestellt sei. ihre letzten geldmittel aus dem verkauf des hauses in afghanistan hätten sie für die ausreise eingesetzt. 6die kläger beantragen sinngemäß, 7die beklagte unter aufhebung des insoweit entgegenstehenden bescheides des bundesamtes für migration und flüchtlinge vom 12. april 2018 zu verpflichten, festzustellen, dass abschiebungsverbote für die kläger gemäß §§ 60 abs. 5 bzw. abs. 7 aufenthg hinsichtlich afghanistan vorliegen. 8die beklagte beantragt, 9die klage abzuweisen. 10mit beschluss vom 15. august 2018 hat die kammer den rechtsstreit auf den einzelrichter übertragen. die verfahrensbeteiligten haben auf die durchführung einer mündlichen verhandlung verzichtet. 11wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird ergänzend auf den inhalt der gerichtsakte und der verfahrensakte 28 l 1144/18.a sowie auf die beigezogenen verwaltungsvorgänge des bundesamtes bezug genommen. 12
13gemäß § 76 abs. 1 asylg kann das gericht durch die vorsitzende als einzelrichterin und gemäß § 101 abs. 2 vwgo mit einverständnis der beteiligten ohne mündliche verhandlung entscheiden. 14die zulässige klage ist im begehrten umfang begründet. 15i. die ablehnung der feststellung eines abschiebungsverbotes nach § 60 abs. 5 aufenthg ist rechtswidrig und verletzt die kläger dadurch in ihren rechten (§ 113 abs. 5 satz 1 vwgo). 16nach dem eindeutigen wortlaut der regelung in § 31 abs. 3 satz 1 asylg, wonach in entscheidungen über unzulässige asylanträge wie dem vorliegenden folgeantrag, aufgrund dessen die beklagte die durchführung eines weiteren asylverfahrens abgelehnt hat (vgl. § 29 abs. 1 nr. 5 asylg), festzustellen ist, ob die voraussetzungen des § 60 abs. 5 oder 7 aufenthg vorliegen, bedeutet dies – anders als von der beklagten angenommen – dass die feststellung, ob die voraussetzungen eine nationalen abschiebungsverbotes vorliegen, unabhängig davon zu treffen ist, ob die voraussetzungen des § 51 abs. 1 bis 3 vwvfg vorliegen oder das bundesamt gemäß § 51 abs. 5 vwvfg i. v. m. §§ 48, 49 vwvfg nach pflichtgemäßem ermessen zu entscheiden hat, ob die bestandskräftige frühere entscheidung zu § 60 abs. 5 und 7 satz 1 aufenthg zurückgenommen oder widerrufen wird. wird eine negative entscheidung des bundesamtes im gerichtlichen verfahren insoweit angegriffen, ist das gericht verpflichtet, die sache spruchreif zu machen. 17die kläger haben nach der im maßgeblichen entscheidungszeitpunkt geltenden sach- und rechtslage (§ 77 abs. 1 satz 1 halbsatz 2 asylg) einen anspruch auf die feststellung eines abschiebungsverbotes nach § 60 abs. 5 aufenthg. 181. nach § 60 abs. 5 aufenthg darf ein ausländer nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der anwendung der europäischen menschenrechtskonvention (emrk) ergibt, dass die abschiebung unzulässig ist. dies ist hier im hinblick auf art. 3 emrk der fall. gemäß art. 3 emrk darf niemand der folter oder unmenschlicher oder erniedrigender behandlung oder strafe unterworfen werden. dabei können nach der rechtsprechung des europäischen gerichtshofes für menschenrechte (egmr) in ganz außergewöhnlichen fällen auch schlechte humanitäre verhältnisse im zielstaat der abschiebung art. 3 emrk verletzen, wenn die humanitären gründe gegen die ausweisung bzw. abschiebung „zwingend“ sind. 19vgl. dazu bverwg, urteil vom 31.1.2013 - 10 c 15/12 -, juris, rn. 23 ff.; vgh baden-württemberg, urteile vom 17.1.2018 - a 11 s 241/17 -, juris, rn. 253 ff., sowie vom 11.4.2018 - a 11 s 924/17 -, juris, rn. 116 ff., jeweils m.w.n. 20nicht erforderlich ist dabei, dass eine „extremgefahr“ im sinne der rechtsprechung zur rechtfertigung der durchbrechung der sperrwirkung des § 60 abs. 7 satz 5 aufenthg gegeben ist. 21vgl. bverwg, beschluss vom 8.8.2018 - 1 b 25/18 -, juris, rn. 13. 22eine in diesem sinne aus art. 3 emrk ableitbare unzulässigkeit der abschiebung ist danach insbesondere auch dann gegeben, wenn es dem betroffenen nicht (mehr) gelingen würde, seine elementaren bedürfnisse, wie nahrung, hygiene und unterkunft zu befriedigen, 23vgl. dazu bayvgh, urteil vom 21.11.2014 - 13a b 14.30285 -, juris, rn. 17, 24und die aus den zu erwartenden schwierigen lebensbedingungen resultierenden gefährdungen im einzelfall eine solche intensität aufweisen, dass auch ohne konkret drohenden maßnahmen von einer unmenschlichen behandlung auszugehen ist. 252. nach maßgabe dieser grundsätze liegen hier zwingende humanitäre gründe im sinne der oben genannten rechtsprechung vor. 26bis zur machtübernahme durch die taliban am 15. august 2021 ist das gericht unter berücksichtigung der erkenntnisse des auswärtigen amtes, hier dem bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante lage in der islamischen republik afghanistan – gz.: 000-000.00/0 afg vs-nfd – (zuletzt mit stand vom mai 2021) von folgendem ausgegangen: 27afghanistan ist nach wie vor eines der ärmsten länder der welt, 28vgl. auch united nations development programme - human development reports, länderprofil afghanistan, http://hdr.undp.org/en/countries/profiles/afg#., wonach afghanistan trotz unterstützung der internationalen gemeinschaft, erheblicher anstrengungen der afghanischen regierung und kontinuierlicher fortschritte in den vergangenen jahren 2018 lediglich platz 168 von 189 im human development index der vereinten nationen belegte, 29und wurde von den wirtschaftlichen auswirkungen der covid-19-pandemie schwer getroffen. 30laut weltbank schrumpfte das afghanische bip 2020 um 1,9 %, wobei ein einbruch um 4,2 bzw. 4,8 % im industrie- und dienstleistungssektor durch ein witterungsbedingtes wachstum in der landwirtschaft um 5,3 % abgefedert wurde. die armutsrate in den städten war bis zum zeitraum 2019 – 20 bereits auf mehr als 45 % angewachsen und ist zwischenzeitlich weiter angestiegen. zudem stiegen die lebensmittelpreise 2020 im vergleich zum vorjahr um durchschnittlich 10%. 31angesichts eines rapiden bevölkerungswachstums von rund 2,3 % im jahr (d.h. verdopplung der bevölkerung innerhalb einer generation) wäre ein konstantes wirtschaftswachstum nötig, um den jährlich etwa 500.000 personen, die in den arbeitsmarkt einsteigen, eine perspektive zu bieten. laut ilo lag die arbeitslosenquote 2020 offiziell zwar „nur“ bei 11,7 %, laut der afghanischen statistikbehörde verfügen jedoch 40 % der bevölkerung über kein formales beschäftigungsverhältnis oder sind unterbeschäftigt. 32die grundversorgung ist für große teile der bevölkerung eine tägliche herausforderung, dies gilt auch für rückkehrende. die bereits prekäre lage hat sich seit märz 2020 u.a. durch die auswirkungen der covid-19-pandemie stetig weiter verschärft. un-ocha erwartete - bis zur machtübernahme durch die taliban - , dass 2021 mehr als 18 millionen afghaninnen und afghanen auf humanitäre hilfe angewiesen sein werden, also u.a. keinen gesicherten zugang zu unterkunft, nahrung, sauberem trinkwasser und/oder medizinischer versorgung haben werden (2020: 14 mio). in einer solchen notlage werden sich auch schätzungsweise eine million binnenvertriebene und fast 790.000 rückkehrer und flüchtlinge wiederfinden. solche humanitären bedarfe wurden für jede der 34 provinzen afghanistans festgestellt. laut einer studie unter leitung der ernährungs- und landwirtschaftsorganisationen der vn (fao) waren in afghanistan zwischen märz und mai 2021 elf millionen menschen von akuter nahrungsmittelunsicherheit betroffen. das bedeutet, dass die betroffenen entweder bereits unterernährt sind oder diesem zustand nur durch negative bewältigungsstrategien, beispielsweise kinderarbeit oder kinderehen, abwenden können. eine weitere verschlechterung ist zu erwarten. die zahl der binnenvertriebenen wird auf über 3 millionen geschätzt. die überwiegende mehrheit davon (86 %) wird auf absehbare zeit nicht in ihre herkunftsorte zurückkehren können oder wollen. die mehrheit der binnenflüchtlinge lebt, ähnlich wie rückkehrende aus pakistan und iran, in flüchtlingslagern bzw. informellen siedlungen, angemieteten unterkünften oder bei gastfamilien, unter prekären bedingungen. der zugang zu gesundheitsversorgung, bildung und wirtschaftliche teilhabe ist stark eingeschränkt. im laufenden jahr werden etwa eine halbe million binnenvertriebene auf humanitäre hilfe angewiesen sein. der hohe konkurrenzdruck zwischen ansässiger bevölkerung, rückkehrenden und binnenvertriebenen führt oft zu konflikten. 33allerdings stellt ein bericht der afghanischen regierung aus dem jahre 2015 fest, dass die mehrheit der rückkehrer und binnenvertriebenen, die in der lage sind, sich an geeigneten orten zu integrieren, innerhalb von drei jahren einen mit der örtlichen bevölkerung vergleichbaren lebensstandard erreichen können, 34vgl. easo, country of origin information report afghanistan - key socio-economic indicators, state protection, and mobililty in kabul city, mazar-e sharif, and herat city, august 2017, s. 41, 35zumal die zahl der binnenvertriebenen zuletzt zurückging. 36vgl. bericht des uno-generalsekretärs, the situation in afghanistan and its implications for international peace and security, 28.2.2019, s. 12. 37auch der unhcr und das easo haben bis zur machtübernahme der taliban eine rückkehr nach europa geflüchteter afghanischer staatsangehöriger – insbesondere nach kabul – nicht grundsätzlich ausgeschlossen, fordern jedoch speziell im zusammenhang mit der annahme einer internen schutzalternative eine einzelfallprüfung unter berücksichtigung der besonderen umstände jedes einzelnen antragstellers. 38vgl. unhcr-richtlinien zur feststellung des internationalen schutzbedarfs afghanischer asylsuchender vom 19.4.2016, s. 9 f.; unhcr, anmerkungen zur situation in afghanistan auf anfrage des deutschen bundesministeriums des innern, dezember 2016, s. 7 f.; easo, country guidance: afghanistan, juni 2019, s. 34 ff. 393. unter zugrundelegung dieser rahmenbedingungen und unter weiterer berücksichtigung der besonderen umstände des vorliegenden falles war das risiko einer verelendung für die kläger bei der zu unterstellenden rückkehr sowohl in i. – der ursprünglichen heimatregion des klägers zu 1. – als auch im rest afghanistans schon vor der machtübernahme durch die taliban sehr hoch. 40dabei ist davon auszugehen, dass die gesamte familie gemeinsam nach afghanistan zurückkehren würde. denn nach der jüngsten rechtsprechung des bundesverwaltungsgerichts, der das gericht sich anschließt, ist bei lebensnaher betrachtung davon auszugehen, dass eine im bundesgebiet in familiärer gemeinschaft lebende kernfamilie entweder insgesamt nicht oder nur gemeinsam im familienverband in ihr heimatland zurückkehrt. 41vgl. bverwg, urteil vom 4. juli 2019, 1 c 45.18, juris, rn. 15 ff. 42bei den klägern handelt es sich um eine vierköpfige familie. die beiden kinder (kläger zu 1. und 2.) sind abstellend auf den hier maßgeblichen gerichtlichen entscheidungszeitpunkt noch 14 jahre alt. schon abstellend auf die situation vor der machtübernahme durch die taliban konnte nicht mit hinreichender sicherheit angenommen werden, dass die kläger zu 1. und 2. in der lage gewesen wären, durch eigene arbeit den lebensunterhalt der gesamten familie zu erwirtschaften. 43hierbei ist zu berücksichtigen, dass allein der kläger zu 1. bislang einer beruflichen tätigkeit, und zwar als selbstständiger t. , nachgegangen ist; die klägerin zu 2. ist hausfrau gewesen ist und hat keinerlei berufserfahrung. zugunsten der kläger legt das gericht unter berücksichtigung ihres schriftlichen vorbringens ferner zugrunde, dass eigene mittel, die ihnen vor der ausreise noch zur verfügung standen, durch die ausreise verbraucht sind und die kläger ohne eigene geldmittel oder sonstiges vermögen im falle einer rückkehr auf sich allein gestellt wären. verifizierbare kontakte zur großfamilie in afghanistan bestehen nach den angaben der kläger zu 1. und 2. keine, ungeachtet dessen fehlt es insoweit auch an jeglichen anknüpfungspunkten dafür, dass diese in der lage wären, eine vierköpfige familie zu unterstützen. 44vgl. dazu auch bayerischer vgh, urteil vom 29. oktober 2020, 13a b 20.30347, juris (rn 31) 45von den vom bundesamt angeführten mitteln, die die kläger – jedenfalls vor der machtübernahme durch die taliban – über das reag/garp-programm als starthilfe hätten erhalten können, wäre nur eine kurze übergangszeit überbrückbar gewesen. danach wären die kläger auf eine eigene versorgung, hier maßgeblich durch den kläger zu 1., angewiesen. selbst wenn es ihm gelingen sollte, eine gewisse berufliche existenz auch außerhalb von i. , zum beispiel in kabul, aufzubauen, erscheint es bei lebensnaher betrachtung geradezu ausgeschlossen, dass es dem kläger zu 1. angesichts der angespannten lage auf dem afghanischen arbeitsmarkt auch gelingen wird, hierbei einen ausreichenden verdienst für die gesamte familie aufzubringen. der hinweis des bundesamtes, die beiden kinder könnten ebenfalls zum lebensunterhalt mitbeitragen, erscheint angesichts der vorgeschilderten lage auf dem arbeitsmarkt mehr als fernliegend und trägt auch im übrigen wegen der minderjährigkeit der beiden kläger nicht. 46nach der machtübernahme durch die taliban am 15. august 2021 ist davon auszugehen, dass sich die wirtschaftliche lage in afghanistan zusehends verschlechtern wird, so dass es für die kläger – ungeachtet weiterer dramatischer erschwernisse abstellend auf die von ihnen geltend gemachte persönliche verfolgungsgeschichte einschließlich der behaupteten verfolgungsgefahr durch die taliban – noch schwerer sein wird, ihren lebensunterhalt sicherzustellen. in den von den taliban beherrschten städten herrscht ein gespanntes abwarten. die taliban haben überall checkpoints errichtet und die bevölkerung fürchtet sich vor racheakten der taliban. ein normales wirtschaftliches leben findet derzeit nicht statt. es herrscht chaos im ganzen land. 47https://www.nzz.ch/international/afghanistan-das-neueste-zur-machtübernahme-der-taliban-ldvgl. https://www.nzz.ch (aktualisiert am 30.08.2021) zum machtwechsel in afghanistan. 48hinzu kommt, dass afghanistan, welches auch durch die covid-19-pandemie von erheblichen preissteigerungen gerade für nahrungsmittel betroffen ist, 49ocha/who, afghanistan strategic situation report: covid-19, no. 102 (29. juli 2021), seite 2, 50zukünftig auch auf geldflüsse aus dem ausland wird verzichten müssen. so hat deutschland bereits die entwicklungshilfe für afghanistan ausgesetzt, 51https://www.tagesschau.de/newsticker/liveblog-afghanistan-103.html#bundesregierung–setzt-entwicklungshilfe-fuer-afghanistan-aus. 52auch werden die internationalen organisationen, die bislang die rückkehrer finanziell und durch vermittlung von wohn- und arbeitsmöglichkeiten unterstützt haben, zumindest vorläufig nicht mehr in dem bisherigen umfang – wenn überhaupt – unterstützen können. 53seit freitag, den 27.08.2021 werden außerdem medizinische güter knapp. geplanteversorgungsflüge der weltgesundheitsorganisation (who) können aufgrund der sicherheitslage nicht stattfinden. 54vgl. https://www.nzz.ch (aktualisiert am 30.08.2021) zum machtwechsel in afghanistan.https://www.nzz.ch/international/afghanistan-das-neueste-zur-machtübernahme-der-taliban-ld 55bei dieser betrachtung wird es den klägern nicht gelingen, ihren lebensunterhalt in afghanistan zu sichern und kann in der gesamtschau deshalb nicht davon ausgegangen werden, dass einer familie mit minderjährigen kindern unter den dargestellten rahmenbedingungen die schaffung einer menschenwürdigen lebensgrundlage möglich ist. 56die beklagte war deshalb unter aufhebung von ziffer 2 des bescheides des bundesamtes für migration und flüchtlinge zu verpflichten, festzustellen, dass bei den klägern ein abschiebungsverbot nach § 60 abs. 5 aufenthg vorliegt. 57ii. ob darüber hinaus die voraussetzungen des § 60 abs. 7 satz 1 aufenthg erfüllt sind, bedarf keiner prüfung mehr, da es sich beim national begründeten abschiebungsverbot um einen einheitlichen und nicht weiter teilbaren verfahrensgegenstand handelt. 58vgl. bverwg, urteil vom 8. september 2011, 10 c 14/10, juris, rn. 17. 59iii. aufgrund der verpflichtung zur feststellung von abschiebungsverboten nach § 60 abs. 5 aufenthg war – wie bereits an anderer stelle ausgeführt – auch die abschiebungsandrohung (vgl. § 34 abs. 1 satz 1 nr. 3 asylg) – ziffer 3 – und die befristung des einreise- und aufenthaltsverbotes nach § 11 aufenthg – ziffer 4 – aufzuheben. 60iv. die kostenentscheidung folgt aus § 154 abs. 1 vwgo und § 83b asylg. die entscheidung zur vorläufigen vollstreckbarkeit beruht auf § 167 vwgo i. v. m. § 708 nr. 11, § 711 zpo. der gegenstandswert richtet sich nach § 30 rvg. 61rechtsmittelbelehrung: 62gegen dieses urteil kann innerhalb eines monats nach zustellung die zulassung der berufung beantragt werden. über den antrag entscheidet das oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen in münster. 63die berufung ist nur zuzulassen, wenn 641. die rechtssache grundsätzliche bedeutung hat oder 652. das urteil von einer entscheidung des oberverwaltungsgerichts für das land nordrhein-westfalen, des bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen senats der obersten gerichtshöfe des bundes oder des bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser abweichung beruht oder 663. ein in § 138 der verwaltungsgerichtsordnung bezeichneter verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt. 67der antrag ist schriftlich bei dem verwaltungsgericht düsseldorf (bastionstraße 39, 40213 düsseldorf oder postfach 20 08 60, 40105 düsseldorf) zu stellen. er muss das angefochtene urteil bezeichnen. 68der antrag kann auch als elektronisches dokument nach maßgabe des § 55a vwgo und der verordnung über die technischen rahmenbedingungen des elektronischen rechtsverkehrs und über das besondere elektronische behördenpostfach (elektronischer rechtsverkehr-verordnung – ervv) eingereicht werden. 69in dem antrag sind die gründe, aus denen die berufung zuzulassen ist, darzulegen. 70im berufungs- und berufungszulassungsverfahren müssen sich die beteiligten durch prozessbevollmächtigte vertreten lassen. dies gilt auch für prozesshandlungen, durch die das verfahren eingeleitet wird. die beteiligten können sich durch einen rechtsanwalt oder einen rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten hochschule eines mitgliedstaates der europäischen union, eines anderen vertragsstaates des abkommens über den europäischen wirtschaftsraum oder der schweiz, der die befähigung zum richteramt besitzt, als bevollmächtigten vertreten lassen. auf die zusätzlichen vertretungsmöglichkeiten für behörden und juristische personen des öffentlichen rechts einschließlich der von ihnen zur erfüllung ihrer öffentlichen aufgaben gebildeten zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 abs. 4 satz 4 vwgo und § 5 nr. 6 des einführungsgesetzes zum rechtsdienstleistungsgesetz – rdgeg –). darüber hinaus sind die in § 67 abs. 2 satz 2 nr. 3 bis 7 vwgo bezeichneten personen und organisationen unter den dort genannten voraussetzungen als bevollmächtigte zugelassen. 71die antragsschrift soll möglichst dreifach eingereicht werden. im fall der einreichung als elektronisches dokument bedarf es keiner abschriften.
Klaeger*in
1
190,301
2 K 4354/10 Kg
2013-08-14T00:00:00
Urteil
Tenor Der Bescheid der Beklagten vom 20.10.2010 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 09.11.2010 wird aufgehoben.Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.Die Revision wird zugelassen. 1Tatbestand:2Die Beteiligten streiten noch darüber, ob dem Kläger für den Zeitraum von Mai 2010 bis November 2010 Kindergeld für seine am 00.00.2006 geborene Tochter M zusteht.3Der Kläger ist deutscher Staatsangehöriger und wohnhaft in L. Im streitigen Zeitraum war er nicht erwerbstätig und bezog Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Sozialgesetzbuch (SGB II). Seine Tochter M, die vom 01.12.2006 bis zum 01.10.2009 unter der Adresse des Klägers in Deutschland gemeldet war, lebte im streitigen Zeitraum zusammen mit ihrer Mutter in Polen. Der Kläger und die Mutter von M, Frau B Q , sind und waren nicht verheiratet. Der Kläger hat nach eigenen Angaben aufgrund von Streitigkeiten derzeit keinen Kontakt zur Mutter seiner Tochter. Nach seinem Kenntnisstand betreibe diese zusammen mit ihrer Mutter und ihrem Bruder einen Großhandel mit Lkw-Teilen und habe im streitigen Zeitraum kein Kindergeld für M in Polen bezogen.4Ausweislich der auf Anforderung der Beklagten für den Zeitraum vom 01.06.2009 bis zum 30.09.2010 ausgestellten Bescheinigung E411 war die Mutter von M ab Januar 2010 als Selbständige erwerbstätig. Ob ihr ein Kindergeldanspruch in Polen zustand, ergibt sich aus der Bescheinigung nicht. Auf der Bescheinigung wird allerdings bestätigt, dass sie in Polen keinen Antrag auf Zahlung von Kindergeld gestellt hat. Laut einer von dem Kläger eingereichten Bescheinigung des städtischen Zentrums für Sozialhilfe E vom 22.03.2010 sind für M bis zu dem Tag der Ausstellung der Bescheinigung keine Familienleistungen beantragt worden. Nur im September 2006 sei einmalig eine Beihilfe aufgrund der Geburt von M gezahlt worden.5Der Kläger erhielt in Deutschland für seine Tochter M zunächst fortlaufend Kindergeld. Am 08.04.2010 stellte er einen Antrag auf deutsches Kindergeld --Ausland--, in dem er erstmals angab, dass sich seine Tochter in Polen aufhalte. Die Beklagte hob daraufhin mit Bescheid vom 20.10.2010 die Kindergeldfestsetzung ab Mai 2010 auf. Zur Begründung führte sie aus: Das Kindergeld sei an denjenigen Elternteil zu zahlen, der nach § 64 des Einkommensteuergesetzes (EStG) kindergeldberechtigt sei. Dies gelte nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) auch dann, wenn dieser Elternteil selbst nicht den deutschen Rechtsvorschriften unterliege. Kindergeldberechtigt sei daher im Streitfall nicht der Kläger, sondern die Mutter des Kindes.6Der Kläger legte gegen diesen Bescheid am 28.10.2010 Einspruch ein. Mit Einspruchsentscheidung vom 09.11.2010 wies die Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück.7Am 25.11.2010 hat der Kläger daraufhin die vorliegende Klage erhoben. Gegenstand der Klage war zwischenzeitlich auch die Aufhebung der Kindergeldfestsetzung und die Rückforderung von Kindergeld für Juni 2009 bis April 2010. Die Beklagte hat dem Klagebegehren insoweit mit Bescheid vom 25.05.2011 entsprochen, woraufhin die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt haben. Der Senat hat mit Beschluss vom 13.08.2013 das die Aufhebung der Kindergeldfestsetzung und die Rückforderung von Kindergeld für Juni 2009 bis April 2010 betreffende Verfahren abgetrennt (Aktenzeichen 2 K 2540/13 Kg,AO) und über die Kosten des abgetrennten Verfahrens entschieden.8Der Kläger beantragt,9den Bescheid der Beklagten vom 20.10.2010 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 09.11.2010 aufzuheben.10Die Beklagte beantragt,11 die Klage abzuweisen.12Zur Begründung verweist sie auf die Einspruchsentscheidung.13Am 00.00.2012 ist über das Vermögen des Klägers das Insolvenzverfahren eröffnet worden. Das Insolvenzverfahren ist noch nicht beendet. Der Insolvenzverwalter hat mit Schriftsatz vom 08.08.2013 erklärt, dass er das vorliegende Verfahren nicht aufnehme. Der Kläger hat das Verfahren daraufhin mit Schriftsatz vom 12.08.2013 aufgenommen.14Die Beteiligten haben mit Schriftsätzen vom 06.06.2011 (die Beklagte) und vom 12.08.2013 (der Kläger) auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.15Entscheidungsgründe:16Der Senat entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten nach § 90 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ohne mündliche Verhandlung.17Das Verfahren ist trotz des noch nicht abgeschlossenen Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Klägers nicht mehr nach § 155 FGO in Verbindung mit § 240 Satz 1 der Zivilprozessordnung (ZPO) unterbrochen. Der Insolvenzverwalter hat das vorliegende Verfahren, bei dem es sich um einen Aktivprozess handelt, mit seiner Erklärung, dass er den Rechtsstreit nicht aufnehme, freigegeben (vgl. Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, Zivilprozessordnung, 71. Auflage 2013, § 240 Rn. 24). Der Kläger konnte das Verfahren sodann nach § 85 Abs. 2 der Insolvenzordnung aufnehmen.18Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist die Aufhebung der Kindergeldfestsetzung für die Monate Mai 2010 bis November 2010. Spätere Zeiträume sind nicht mehr Gegenstand des Klageverfahrens, da die Beklagte in ihrer im November 2010 bekanntgegebenen Einspruchsentscheidung keine Entscheidung für die Zukunft getroffen hat (vgl. u.a. BFH-Beschluss vom 19.12.2008 III B 163/07, BFH/NV 2008, 2009, 578 mit weiteren Nachweisen).19Beklagte ist im Streitfall die Familienkasse … . Diese ist aufgrund eines Organisationsaktes (Beschluss des Vorstands der Bundesagentur für Arbeit Nr. 21/2013 vom 18. April 2013 gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 11 des Finanzverwaltungsgesetzes, Amtliche Nachrichten der Bundesagentur für Arbeit, Ausgabe Mai 2013, S. 10 ff.) im Wege des gesetzlichen Parteiwechsels in die Beteiligtenstellung der Agentur für Arbeit F --Familienkasse-- eingetreten (vgl. dazu BFH-Beschluss vom 19.06.2013 III B 79/12, juris). Nach Abschnitt 2.2 der Anlage 2 zu dem vorgenannten Beschluss des Vorstands der Bundesagentur für Arbeit ist die Familienkasse … u.a. zuständig, sofern auf den Anspruchsberechtigten oder einen anderen Elternteil über- bzw. zwischenstaatliche Rechtsvorschriften anzuwenden sind und der Anspruchsberechtigte, der andere Elternteil oder ein anspruchsbegründendes Kind ihren Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt in Polen haben. Diese Voraussetzungen liegen hier vor, da sowohl M als auch ihre Mutter den Wohnsitz in Polen haben und auf den streitigen Kindergeldanspruch die Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit (nachfolgend kurz: VO (EG) Nr. 883/2004) und die hierzu ergangene Durchführungs-Verordnung (EG) Nr. 987/2009 (nachfolgend kurz: DVO (EG) Nr. 987/2009) Anwendung finden.20Die Klage ist begründet.21Der Aufhebungsbescheid der Beklagten vom 20.10.2010 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 09.11.2010 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Die Beklagte war nicht berechtigt, die Festsetzung des Kindergeldes gegenüber dem Kläger aufzuheben und den Kläger gemäß § 64 Abs. 2 Satz 1 EStG auf einen vorrangigen Anspruch der mit der gemeinsamen Tochter in Polen lebenden Kindesmutter zu verweisen.22Auf den Kläger, die Kindesmutter und die gemeinsame Tochter M finden in Bezug auf den streitigen Kindergeldanspruch die VO (EG) Nr. 883/2004 und die DVO (EG) Nr. 987/2009) sowohl persönlich (Art. 2 Abs. 1 der VO (EG) Nr. 883/2004) als auch sachlich (Art. 3 Buchst. j der VO (EG) Nr. 883/2004) Anwendung. Nach Art. 11 Abs. 1 der VO (EG) Nr. 883/2004 unterfallen Personen, für die die Verordnung gilt, den Rechtsvorschriften nur eines Mitgliedstaates, wobei der Kläger, der im Streitzeitraum nicht erwerbstätig war, aufgrund seines Wohnsitzes in Deutschland gemäß Art. 11 Abs. 3 Buchst. e der VO (EG) Nr. 883/2004 den deutschen Rechtsvorschriften unterliegt.23Nach deutschem Recht hatte der Kläger im streitigen Zeitraum gemäß §§ 62 Abs. 1 Nr. 1, 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 32 Abs. 1 Nr. 1 EStG einen Anspruch auf Kindergeld für seine Tochter M. Insbesondere war die minderjährige Tochter des Klägers als Kind i.S. des § 32 Abs. 1 Nr. 1 EStG zu berücksichtigen, da es ausreicht, dass --wie im Streitfall-- das Kind seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union (EU) hat (§ 63 Abs. 1 Satz 3 EStG). Dies ist zwischen den Beteiligten auch unstreitig.24Der Kindergeldanspruch des Klägers ist entgegen der Auffassung der Beklagten nicht deshalb ausgeschlossen, weil das Kindergeld gem. § 64 Abs. 2 Satz 1 EStG bzw. § 3 Abs. 2 Satz 1 BKKG vorrangig an die Kindesmutter zu zahlen wäre, die die gemeinsame Tochter in ihren Haushalt aufgenommen hat.25Anspruchsberechtigt i.S.d. § 64 Abs. 2 Satz 1 EStG bzw. § 3 Abs. 2 Satz 1 BKGG und damit vorrangig kindergeldberechtigt können nur solche Personen sein, die selbst die Anspruchsvoraussetzungen des § 62 Abs. 1 EStG oder des § 1 Nr. 1 bis Nr. 4 BKGG erfüllen (vgl. z.B. FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 23. März 2011, 2 K 2248/10, EFG 2011, 1323; FG Münster, Urteil vom 24.01.2013 11 K 3406/11 Kg, AO, EFG 2013, 633). Dies ist jedoch bei der Mutter von M nicht der Fall. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass sie im streitigen Zeitraum einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hatte oder nach § 1 Abs. 3 EStG als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelt wurde. Es lässt sich auch nicht feststellen, dass ihr für den Streitzeitraum ein Kindergeldanspruch gemäß § 1 BKGG zustand. Vielmehr liegen auch die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 BKGG ersichtlich nicht vor.26Ein den Anspruch des Klägers verdrängender Kindergeldanspruch der in Polen lebenden Kindesmutter lässt sich --entgegen der Auffassung der Beklagten-- auch nicht aus Art. 67 der VO (EG) Nr. 883/2004 i.V. mit der Rechtsprechung des EuGH zu Art. 73 der VO (EWG) Nr. 1408/71 herleiten.27Gemäß Art. 67 der VO (EG) Nr. 883/2004 hat eine Person auch für Familienangehörige, die in einem anderen Mitgliedstaat wohnen, Anspruch auf Familienleistungen nach den Rechtsvorschriften des zuständigen Mitgliedstaats, als ob die Familienangehörigen in diesem Mitgliedstaat wohnen würden. Darüber hinaus bestimmt Art. 60 Abs. 1 Satz 2 der DVO (EG) Nr. 987/2009, dass bei der Anwendung von Art. 67 und 68 der VO (EG) Nr. 883/2004, insbesondere was das Recht einer Person zur Erhebung eines Leistungsanspruchs anbelangt, die Situation der gesamten Familie in einer Weise zu berücksichtigen ist, als würden alle beteiligten Personen unter die Rechtsvorschriften des betreffenden Mitgliedstaats fallen und dort wohnen (sog. Familienbetrachtung).28Aus diesen Vorschriften ergibt sich jedoch kein den Anspruch des Klägers verdrängender Kindergeldanspruch der Kindesmutter. Zum einen ist die in Polen wohnhafte und mit dem Kläger nicht verheiratete Kindesmutter keine Familienangehörige i.S. von Art. 67 der VO (EG) Nr. 883/2004. Nach Art. 1 Buchst. i) Nr. 1 Buchst. i) der VO (EG) Nr. 883/2004 richtet sich die Bestimmung des Begriffs „Familienangehöriger“ für Zwecke der Verordnung vorrangig nach den Rechtsvorschriften des zuständigen Mitgliedstaats, nach denen die betreffenden Leistungen gewährt werden. Da in den maßgeblichen deutschen Rechtsvorschriften der Begriff des „Familienangehörigen“ nicht definiert ist, kommt im Streitfall Art. 1 Buchst. i) Nr. 2 der VO (EG) Nr. 883/2004 zur Anwendung, wonach nur der Ehegatte, die minderjährigen Kinder und die unterhaltsberechtigten volljährigen Kinder als Familienangehörige angesehen werden (FG Münster, Urteil vom 24.01.2013 11 K 3406/11 Kg, AO, EFG 2013, 633).29Zum anderen ergibt sich nach der herrschenden Meinung in der finanzgerichtlichen Rechtsprechung, der der Senat folgt, aus der sog. Familienbetrachtung in Art. 60 Abs. 1 Satz 2 der DVO (EG) Nr. 987/2009 keine Fiktion dahin, dass alle Familienangehörigen unter die deutschen Rechtsvorschriften fallen und demnach auch einen --den Anspruch des den deutschen Rechtsvorschriften unterliegenden Elternteils gegebenenfalls verdrängenden-- Kindergeldanspruch erlangen (vgl. FG Rheinland-Pfalz Urteil vom 14.12.2011, 2 K 2085/10, EFG 2012, 716; FG Münster, Urteil vom 24.01.2013 11 K 3406/11 Kg, AO, EFG 2013, 633; FG Düsseldorf, Urteil vom 13.03.2013 15 K 4316/12 Kg, juris; a.A. FG Bremen, Urteil vom 10.11.2011, 3 K 26/11, EFG 2012, 143).30Schließlich wird der Kindergeldanspruch des Klägers nach deutschem Recht weder nach Art. 68 der VO (EG) Nr. 883/2004 i.V.m. Art. 58 ff. der VO (EG) Nr. 987/2009 noch nach § 65 Abs. 1 EStG beschränkt. Art. 68 der VO (EG) Nr. 883/2004 stellt für den Fall des Zusammentreffens von Ansprüchen für dieselben Familienangehörigen und denselben Zeitraum Prioritätsregeln auf. Die Anwendung dieser Prioritätsregeln setzt jedoch ebenso wie § 65 Abs. 1 EStG eine Anspruchskonkurrenz voraus, an der es im Streitfall fehlt.31Die Kindesmutter hat bis Ende September 2010 in Polen keine Familienleistungen beantragt und bezogen. Dies ergibt sich aus den Angaben der zuständigen polnischen Behörde auf der Bescheinigung E 411 und der von dem Kläger eingereichten Bescheinigung des städtischen Zentrums für Sozialhilfe E. Hat aber die Kindesmutter tatsächlich keine Familienleistungen in Polen beantragt und bezogen, so darf der Anspruch des Klägers auf deutsches Kindergeld --unabhängig davon, ob die Kindesmutter in Polen materiell-rechtlich einen Anspruch auf Kindergeld hatte-- nicht gekürzt werden. Dies folgt aus dem EuGH-Urteil in der Rechtssache Schwemmer (Urteil vom 14. Oktober 2010 C-16/09, C 346, 8). Diese Entscheidung ist zwar zu Art. 10 der Verordnung (EWG) Nr. 574/72 des Rates vom 21. März 1972 über die Durchführung der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 über die Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern (VO (EWG) Nr. 574/72) ergangen. Jedoch sind nach Auffassung des Senats die dort entwickelten Grundsätze für Ansprüche auf Familienleistungen bei Zusammentreffen von solchen Ansprüchen nach den Rechtsvorschriften mehrerer Mitgliedstaaten auch bei Anwendung der Art. 10 VO (EWG) Nr. 574/72 entsprechenden Regelung des Art. 68 VO (EG) Nr. 883/2004 zu beachten (so auch FG Münster, Urteil vom 24.07.2012 11 K 489/11 Kg, EFG 2012, 2130).32Auch für die Monate Oktober und November 2010 steht dem Kläger Kindergeld in voller Höhe zu. Der Senat hält es für glaubhaft, dass die Kindesmutter auch im Oktober und November 2010 keine polnischen Familienleistungen für M beantragt und bezogen hat. Aus den vorliegenden Unterlagen ergibt sich, dass die Mutter von M erwerbstätig ist und seit der Geburt von M bis Ende September 2010 keinen Antrag auf Gewährung (einkommensabhängiger) polnischer Familienleistungen gestellt hat. Der Senat geht davon aus, dass sich an diesem Sachverhalt auch im Oktober und November 2010 nichts geändert hat. Im Übrigen würde die Beklagte die Feststellungslast für die einen konkurrierenden Anspruch in Polen begründenden (und damit den Anspruch in Deutschland mindernden) Tatsachen tragen. Auch aus Art 60 DVO (EG) Nr. 987/2009 ergibt sich, dass es den zuständigen Trägern der Familienleistungen und nicht den Leistungsbeziehern obliegt, zu klären, ob und inwieweit in dem anderen Mitgliedstaat prioritäre Ansprüche bestehen. Der Kläger hat im vorliegenden Verfahren seine (nach § 90 Abs. 2 der Abgabenordnung erhöhten) Mitwirkungspflichten nicht verletzt. Er hat glaubhaft erklärt, dass er derzeit aufgrund von Streitigkeiten keinen Kontakt zu der Mutter des Kindes habe und daher den Sachverhalt nicht weiter aufklären könne.33Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.34Die Revision war gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zuzulassen.35Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
der bescheid der beklagten vom 20.10.2010 in gestalt der einspruchsentscheidung vom 09.11.2010 wird aufgehoben.die beklagte trägt die kosten des verfahrens.die revision wird zugelassen. 1
2die beteiligten streiten noch darüber, ob dem kläger für den zeitraum von mai 2010 bis november 2010 kindergeld für seine am 00.00.2006 geborene tochter m zusteht.3der kläger ist deutscher staatsangehöriger und wohnhaft in l. im streitigen zeitraum war er nicht erwerbstätig und bezog leistungen zur sicherung des lebensunterhalts nach dem zweiten sozialgesetzbuch (sgb ii). seine tochter m, die vom 01.12.2006 bis zum 01.10.2009 unter der adresse des klägers in deutschland gemeldet war, lebte im streitigen zeitraum zusammen mit ihrer mutter in polen. der kläger und die mutter von m, frau b q , sind und waren nicht verheiratet. der kläger hat nach eigenen angaben aufgrund von streitigkeiten derzeit keinen kontakt zur mutter seiner tochter. nach seinem kenntnisstand betreibe diese zusammen mit ihrer mutter und ihrem bruder einen großhandel mit lkw-teilen und habe im streitigen zeitraum kein kindergeld für m in polen bezogen.4ausweislich der auf anforderung der beklagten für den zeitraum vom 01.06.2009 bis zum 30.09.2010 ausgestellten bescheinigung e411 war die mutter von m ab januar 2010 als selbständige erwerbstätig. ob ihr ein kindergeldanspruch in polen zustand, ergibt sich aus der bescheinigung nicht. auf der bescheinigung wird allerdings bestätigt, dass sie in polen keinen antrag auf zahlung von kindergeld gestellt hat. laut einer von dem kläger eingereichten bescheinigung des städtischen zentrums für sozialhilfe e vom 22.03.2010 sind für m bis zu dem tag der ausstellung der bescheinigung keine familienleistungen beantragt worden. nur im september 2006 sei einmalig eine beihilfe aufgrund der geburt von m gezahlt worden.5der kläger erhielt in deutschland für seine tochter m zunächst fortlaufend kindergeld. am 08.04.2010 stellte er einen antrag auf deutsches kindergeld --ausland--, in dem er erstmals angab, dass sich seine tochter in polen aufhalte. die beklagte hob daraufhin mit bescheid vom 20.10.2010 die kindergeldfestsetzung ab mai 2010 auf. zur begründung führte sie aus: das kindergeld sei an denjenigen elternteil zu zahlen, der nach § 64 des einkommensteuergesetzes (estg) kindergeldberechtigt sei. dies gelte nach der rechtsprechung des gerichtshofs der europäischen union (eugh) auch dann, wenn dieser elternteil selbst nicht den deutschen rechtsvorschriften unterliege. kindergeldberechtigt sei daher im streitfall nicht der kläger, sondern die mutter des kindes.6der kläger legte gegen diesen bescheid am 28.10.2010 einspruch ein. mit einspruchsentscheidung vom 09.11.2010 wies die beklagte den einspruch als unbegründet zurück.7am 25.11.2010 hat der kläger daraufhin die vorliegende klage erhoben. gegenstand der klage war zwischenzeitlich auch die aufhebung der kindergeldfestsetzung und die rückforderung von kindergeld für juni 2009 bis april 2010. die beklagte hat dem klagebegehren insoweit mit bescheid vom 25.05.2011 entsprochen, woraufhin die beteiligten den rechtsstreit in der hauptsache für erledigt erklärt haben. der senat hat mit beschluss vom 13.08.2013 das die aufhebung der kindergeldfestsetzung und die rückforderung von kindergeld für juni 2009 bis april 2010 betreffende verfahren abgetrennt (aktenzeichen 2 k 2540/13 kg,ao) und über die kosten des abgetrennten verfahrens entschieden.8der kläger beantragt,9den bescheid der beklagten vom 20.10.2010 in gestalt der einspruchsentscheidung vom 09.11.2010 aufzuheben.10die beklagte beantragt,11 die klage abzuweisen.12zur begründung verweist sie auf die einspruchsentscheidung.13am 00.00.2012 ist über das vermögen des klägers das insolvenzverfahren eröffnet worden. das insolvenzverfahren ist noch nicht beendet. der insolvenzverwalter hat mit schriftsatz vom 08.08.2013 erklärt, dass er das vorliegende verfahren nicht aufnehme. der kläger hat das verfahren daraufhin mit schriftsatz vom 12.08.2013 aufgenommen.14die beteiligten haben mit schriftsätzen vom 06.06.2011 (die beklagte) und vom 12.08.2013 (der kläger) auf die durchführung einer mündlichen verhandlung verzichtet.15
16der senat entscheidet mit einverständnis der beteiligten nach § 90 abs. 2 der finanzgerichtsordnung (fgo) ohne mündliche verhandlung.17das verfahren ist trotz des noch nicht abgeschlossenen insolvenzverfahrens über das vermögen des klägers nicht mehr nach § 155 fgo in verbindung mit § 240 satz 1 der zivilprozessordnung (zpo) unterbrochen. der insolvenzverwalter hat das vorliegende verfahren, bei dem es sich um einen aktivprozess handelt, mit seiner erklärung, dass er den rechtsstreit nicht aufnehme, freigegeben (vgl. baumbach/lauterbach/albers/hartmann, zivilprozessordnung, 71. auflage 2013, § 240 rn. 24). der kläger konnte das verfahren sodann nach § 85 abs. 2 der insolvenzordnung aufnehmen.18gegenstand des vorliegenden verfahrens ist die aufhebung der kindergeldfestsetzung für die monate mai 2010 bis november 2010. spätere zeiträume sind nicht mehr gegenstand des klageverfahrens, da die beklagte in ihrer im november 2010 bekanntgegebenen einspruchsentscheidung keine entscheidung für die zukunft getroffen hat (vgl. u.a. bfh-beschluss vom 19.12.2008 iii b 163/07, bfh/nv 2008, 2009, 578 mit weiteren nachweisen).19beklagte ist im streitfall die familienkasse … . diese ist aufgrund eines organisationsaktes (beschluss des vorstands der bundesagentur für arbeit nr. 21/2013 vom 18. april 2013 gemäß § 5 abs. 1 nr. 11 des finanzverwaltungsgesetzes, amtliche nachrichten der bundesagentur für arbeit, ausgabe mai 2013, s. 10 ff.) im wege des gesetzlichen parteiwechsels in die beteiligtenstellung der agentur für arbeit f --familienkasse-- eingetreten (vgl. dazu bfh-beschluss vom 19.06.2013 iii b 79/12, juris). nach abschnitt 2.2 der anlage 2 zu dem vorgenannten beschluss des vorstands der bundesagentur für arbeit ist die familienkasse … u.a. zuständig, sofern auf den anspruchsberechtigten oder einen anderen elternteil über- bzw. zwischenstaatliche rechtsvorschriften anzuwenden sind und der anspruchsberechtigte, der andere elternteil oder ein anspruchsbegründendes kind ihren wohnsitz bzw. gewöhnlichen aufenthalt in polen haben. diese voraussetzungen liegen hier vor, da sowohl m als auch ihre mutter den wohnsitz in polen haben und auf den streitigen kindergeldanspruch die verordnung (eg) nr. 883/2004 des europäischen parlaments und des rates vom 29. april 2004 zur koordinierung der systeme der sozialen sicherheit (nachfolgend kurz: vo (eg) nr. 883/2004) und die hierzu ergangene durchführungs-verordnung (eg) nr. 987/2009 (nachfolgend kurz: dvo (eg) nr. 987/2009) anwendung finden.20die klage ist begründet.21der aufhebungsbescheid der beklagten vom 20.10.2010 in gestalt der einspruchsentscheidung vom 09.11.2010 ist rechtswidrig und verletzt den kläger in seinen rechten (§100 abs. 1 satz 1 fgo). die beklagte war nicht berechtigt, die festsetzung des kindergeldes gegenüber dem kläger aufzuheben und den kläger gemäß § 64 abs. 2 satz 1 estg auf einen vorrangigen anspruch der mit der gemeinsamen tochter in polen lebenden kindesmutter zu verweisen.22auf den kläger, die kindesmutter und die gemeinsame tochter m finden in bezug auf den streitigen kindergeldanspruch die vo (eg) nr. 883/2004 und die dvo (eg) nr. 987/2009) sowohl persönlich (art. 2 abs. 1 der vo (eg) nr. 883/2004) als auch sachlich (art. 3 buchst. j der vo (eg) nr. 883/2004) anwendung. nach art. 11 abs. 1 der vo (eg) nr. 883/2004 unterfallen personen, für die die verordnung gilt, den rechtsvorschriften nur eines mitgliedstaates, wobei der kläger, der im streitzeitraum nicht erwerbstätig war, aufgrund seines wohnsitzes in deutschland gemäß art. 11 abs. 3 buchst. e der vo (eg) nr. 883/2004 den deutschen rechtsvorschriften unterliegt.23nach deutschem recht hatte der kläger im streitigen zeitraum gemäß §§ 62 abs. 1 nr. 1, 63 abs. 1 satz 1 nr. 1, 32 abs. 1 nr. 1 estg einen anspruch auf kindergeld für seine tochter m. insbesondere war die minderjährige tochter des klägers als kind i.s. des § 32 abs. 1 nr. 1 estg zu berücksichtigen, da es ausreicht, dass --wie im streitfall-- das kind seinen wohnsitz oder gewöhnlichen aufenthalt in einem mitgliedstaat der europäischen union (eu) hat (§ 63 abs. 1 satz 3 estg). dies ist zwischen den beteiligten auch unstreitig.24der kindergeldanspruch des klägers ist entgegen der auffassung der beklagten nicht deshalb ausgeschlossen, weil das kindergeld gem. § 64 abs. 2 satz 1 estg bzw. § 3 abs. 2 satz 1 bkkg vorrangig an die kindesmutter zu zahlen wäre, die die gemeinsame tochter in ihren haushalt aufgenommen hat.25anspruchsberechtigt i.s.d. § 64 abs. 2 satz 1 estg bzw. § 3 abs. 2 satz 1 bkgg und damit vorrangig kindergeldberechtigt können nur solche personen sein, die selbst die anspruchsvoraussetzungen des § 62 abs. 1 estg oder des § 1 nr. 1 bis nr. 4 bkgg erfüllen (vgl. z.b. fg rheinland-pfalz, urteil vom 23. märz 2011, 2 k 2248/10, efg 2011, 1323; fg münster, urteil vom 24.01.2013 11 k 3406/11 kg, ao, efg 2013, 633). dies ist jedoch bei der mutter von m nicht der fall. es bestehen keine anhaltspunkte dafür, dass sie im streitigen zeitraum einen wohnsitz oder ihren gewöhnlichen aufenthalt in deutschland hatte oder nach § 1 abs. 3 estg als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelt wurde. es lässt sich auch nicht feststellen, dass ihr für den streitzeitraum ein kindergeldanspruch gemäß § 1 bkgg zustand. vielmehr liegen auch die voraussetzungen des § 1 abs. 1 bkgg ersichtlich nicht vor.26ein den anspruch des klägers verdrängender kindergeldanspruch der in polen lebenden kindesmutter lässt sich --entgegen der auffassung der beklagten-- auch nicht aus art. 67 der vo (eg) nr. 883/2004 i.v. mit der rechtsprechung des eugh zu art. 73 der vo (ewg) nr. 1408/71 herleiten.27gemäß art. 67 der vo (eg) nr. 883/2004 hat eine person auch für familienangehörige, die in einem anderen mitgliedstaat wohnen, anspruch auf familienleistungen nach den rechtsvorschriften des zuständigen mitgliedstaats, als ob die familienangehörigen in diesem mitgliedstaat wohnen würden. darüber hinaus bestimmt art. 60 abs. 1 satz 2 der dvo (eg) nr. 987/2009, dass bei der anwendung von art. 67 und 68 der vo (eg) nr. 883/2004, insbesondere was das recht einer person zur erhebung eines leistungsanspruchs anbelangt, die situation der gesamten familie in einer weise zu berücksichtigen ist, als würden alle beteiligten personen unter die rechtsvorschriften des betreffenden mitgliedstaats fallen und dort wohnen (sog. familienbetrachtung).28aus diesen vorschriften ergibt sich jedoch kein den anspruch des klägers verdrängender kindergeldanspruch der kindesmutter. zum einen ist die in polen wohnhafte und mit dem kläger nicht verheiratete kindesmutter keine familienangehörige i.s. von art. 67 der vo (eg) nr. 883/2004. nach art. 1 buchst. i) nr. 1 buchst. i) der vo (eg) nr. 883/2004 richtet sich die bestimmung des begriffs „familienangehöriger“ für zwecke der verordnung vorrangig nach den rechtsvorschriften des zuständigen mitgliedstaats, nach denen die betreffenden leistungen gewährt werden. da in den maßgeblichen deutschen rechtsvorschriften der begriff des „familienangehörigen“ nicht definiert ist, kommt im streitfall art. 1 buchst. i) nr. 2 der vo (eg) nr. 883/2004 zur anwendung, wonach nur der ehegatte, die minderjährigen kinder und die unterhaltsberechtigten volljährigen kinder als familienangehörige angesehen werden (fg münster, urteil vom 24.01.2013 11 k 3406/11 kg, ao, efg 2013, 633).29zum anderen ergibt sich nach der herrschenden meinung in der finanzgerichtlichen rechtsprechung, der der senat folgt, aus der sog. familienbetrachtung in art. 60 abs. 1 satz 2 der dvo (eg) nr. 987/2009 keine fiktion dahin, dass alle familienangehörigen unter die deutschen rechtsvorschriften fallen und demnach auch einen --den anspruch des den deutschen rechtsvorschriften unterliegenden elternteils gegebenenfalls verdrängenden-- kindergeldanspruch erlangen (vgl. fg rheinland-pfalz urteil vom 14.12.2011, 2 k 2085/10, efg 2012, 716; fg münster, urteil vom 24.01.2013 11 k 3406/11 kg, ao, efg 2013, 633; fg düsseldorf, urteil vom 13.03.2013 15 k 4316/12 kg, juris; a.a. fg bremen, urteil vom 10.11.2011, 3 k 26/11, efg 2012, 143).30schließlich wird der kindergeldanspruch des klägers nach deutschem recht weder nach art. 68 der vo (eg) nr. 883/2004 i.v.m. art. 58 ff. der vo (eg) nr. 987/2009 noch nach § 65 abs. 1 estg beschränkt. art. 68 der vo (eg) nr. 883/2004 stellt für den fall des zusammentreffens von ansprüchen für dieselben familienangehörigen und denselben zeitraum prioritätsregeln auf. die anwendung dieser prioritätsregeln setzt jedoch ebenso wie § 65 abs. 1 estg eine anspruchskonkurrenz voraus, an der es im streitfall fehlt.31die kindesmutter hat bis ende september 2010 in polen keine familienleistungen beantragt und bezogen. dies ergibt sich aus den angaben der zuständigen polnischen behörde auf der bescheinigung e 411 und der von dem kläger eingereichten bescheinigung des städtischen zentrums für sozialhilfe e. hat aber die kindesmutter tatsächlich keine familienleistungen in polen beantragt und bezogen, so darf der anspruch des klägers auf deutsches kindergeld --unabhängig davon, ob die kindesmutter in polen materiell-rechtlich einen anspruch auf kindergeld hatte-- nicht gekürzt werden. dies folgt aus dem eugh-urteil in der rechtssache schwemmer (urteil vom 14. oktober 2010 c-16/09, c 346, 8). diese entscheidung ist zwar zu art. 10 der verordnung (ewg) nr. 574/72 des rates vom 21. märz 1972 über die durchführung der verordnung (ewg) nr. 1408/71 über die anwendung der systeme der sozialen sicherheit auf arbeitnehmer und selbständige sowie deren familienangehörige, die innerhalb der gemeinschaft zu- und abwandern (vo (ewg) nr. 574/72) ergangen. jedoch sind nach auffassung des senats die dort entwickelten grundsätze für ansprüche auf familienleistungen bei zusammentreffen von solchen ansprüchen nach den rechtsvorschriften mehrerer mitgliedstaaten auch bei anwendung der art. 10 vo (ewg) nr. 574/72 entsprechenden regelung des art. 68 vo (eg) nr. 883/2004 zu beachten (so auch fg münster, urteil vom 24.07.2012 11 k 489/11 kg, efg 2012, 2130).32auch für die monate oktober und november 2010 steht dem kläger kindergeld in voller höhe zu. der senat hält es für glaubhaft, dass die kindesmutter auch im oktober und november 2010 keine polnischen familienleistungen für m beantragt und bezogen hat. aus den vorliegenden unterlagen ergibt sich, dass die mutter von m erwerbstätig ist und seit der geburt von m bis ende september 2010 keinen antrag auf gewährung (einkommensabhängiger) polnischer familienleistungen gestellt hat. der senat geht davon aus, dass sich an diesem sachverhalt auch im oktober und november 2010 nichts geändert hat. im übrigen würde die beklagte die feststellungslast für die einen konkurrierenden anspruch in polen begründenden (und damit den anspruch in deutschland mindernden) tatsachen tragen. auch aus art 60 dvo (eg) nr. 987/2009 ergibt sich, dass es den zuständigen trägern der familienleistungen und nicht den leistungsbeziehern obliegt, zu klären, ob und inwieweit in dem anderen mitgliedstaat prioritäre ansprüche bestehen. der kläger hat im vorliegenden verfahren seine (nach § 90 abs. 2 der abgabenordnung erhöhten) mitwirkungspflichten nicht verletzt. er hat glaubhaft erklärt, dass er derzeit aufgrund von streitigkeiten keinen kontakt zu der mutter des kindes habe und daher den sachverhalt nicht weiter aufklären könne.33die kostenentscheidung folgt aus § 135 abs. 1 fgo.34die revision war gemäß § 115 abs. 2 nr. 2 fgo zuzulassen.35die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit beruht auf §§ 151 abs. 3, 155 fgo i. v. m. §§ 708 nr. 10, 711 zpo.
Klaeger*in
1
319,914
S 24 KR 1181/18
2019-05-16T00:00:00
Urteil
Tenor Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 7.943,08 EUR nebst Zinsen in Höhe von 2 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 28.10.2015 zu zahlen. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens. 1Tatbestand: 2Die Beteiligten streiten über die Kostenübernahme für eine Krankenhausbehandlung. 3Der am 00.00.1965 geborene und bei der Beklagten krankenversicherte Herr N C wurde in der Zeit vom 15.08.2015 bis 08.09.2015 im Krankenhaus der Klägerin stationär behandelt. Die Aufnahme erfolgte notfallmäßig wegen des Verdachts auf eine Rezidivpneumonie. 4Die Klägerin stellte der Beklagten am 13.10.2015 für diesen Aufenthalt auf Grundlage der DRG A09F (Beatmung ) 499 Stunden, ohne komplexe OR-Prozedur, ohne Polytrauma, Alter ) 15 Jahre, ohne komplizierende Konstellation, ohne intensivmedizinische Komplexbehandlung ) 1470/1380/1380 Aufwandspunkte, ohne komplexe Diagnose oder Prozedur) Kosten in Höhe von 32.826,45 EUR in Rechnung, woraufhin die Beklagte am 30.10.2015 einen Betrag von 24.883,37 EUR beglich. 5Mit einem Schreiben vom 29.10.2015 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass die DRG A11G (Beatmung ) 249 Stunden, ohne komplexe oder bestimmte OR-Prozedur, ohne intensivmedizinische Komplexbehandlung ) 588/828/1104 Aufwandspunkte, ohne kompliz. Konstellation, Alter ) 15 Jahre, ohne komplexe Diagnose od. Prozedur, mit äußerst schweren CC) lauten müsse. Daher habe sie nur 24.883,37 EUR überwiesen. 6Die Beklagte leitete ein Prüfverfahren durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) ein. In einem Schreiben vom 30.10.2015 zeigte der MDK gegenüber der Klägerin die Prüfung des Falles an. Konkret führte er aus, dass er die medizinische Notwendigkeit und die Dauer der stationären Behandlung sowie die DRG und Beatmungsstunden überprüfen solle. Er bat um Übersendung sämtlicher Behandlungsunterlagen, die geeignet seien, die Fragestellungen der Beklagten beantworten zu können bzw. die zur Beurteilung von Voraussetzungen, Art und Umfang der Leistung sowie zur Prüfung der ordnungsgemäßen Abrechnung benötigt würden. Unabhängig von der von der Klägerin vorzunehmenden Auswahl an Fallunterlagen werde auf jeden Fall um Überlassung einer Kopie des Entlassungsberichts und ggf. des OP- bzw. Interventionsberichtes gebeten. Der MDK setzte der Klägerin eine Frist bis zum 27.11.2015. 7Der MDK führte in einem Gutachten vom 09.05.2016 durch Dr. L aus, dass die stationäre Aufnahme und die Verweildauer nicht zu beanstanden seien. Abzurechen sei jedoch auf Grundlage der DRG E77F (Infektionen und Entzündungen der Atmungsorgane mit komplexer Diagnose oder äußerst schweren CC). Die von der Klägerin mitgeteilten Beatmungsstunden seien zudem nicht korrekt. Die Klägerin habe keine Beatmungsprotokolle zur Beurteilung eingereicht. In den vorgelegten intensivmedizinischen Kurvenblättern finde sich keine Dokumentation der Beatmung. Die von der Klägerin geltend gemachten 566 Beatmungsstunden seien auf Grundlage der eingereichten Unterlagen daher nicht plausibel. Schließlich sei auch die Prozedur 8-987.13 (Komplexbehandlung nicht auf spezieller Isoliereinheit: Mindestens 21 Behandlungstage) nicht zu bestätigen. In dem MDK-Gutachten wurde mitgeteilt, dass der Entlassungsbericht, die Patientenakte in Auszügen, OPS-301-Datensätze sowie die Krankenhausabrechnung zur Begutachtung vorgelegen hätten. 8In einem Schreiben vom 24.05.2016 teilte die Beklagte der Klägerin das Ergebnis des MDK-Gutachtens mit und bat um entsprechende Rechnungskorrektur. Dem kam die Klägerin nicht nach. 9Mit der am 04.09.2018 erhobenen Klage begehrt die Klägerin ihrerseits die noch offene Zahlung aus dem streitigen Behandlungsfall in Höhe von 7.943,08 EUR. Zur Begründung führt sie aus, dass die Abrechnung nicht zu beanstanden sei. Die Beatmungsstunden ergäben sich aus den Beatmungsprotokollen. Ferner habe die Beklagte gegen § 8 Prüfverfahrensvereinbarung (PrüfvV) verstoßen, weil sie in ihrer Leistungsentscheidung pauschal auf das MDK-Ergebnis Bezug genommen habe, ohne die wesentlichen Gründe ihrer Leistungsentscheidung darzulegen. Aus der PrüfvV ergebe sich weder eine Einschränkung der gerichtlichen Amtsermittlung noch ein materiell-rechtlicher Ausschluss der Krankenhausvergütung. Die Unterlagenanforderung durch den MDK sei ferner zu unbestimmt erfolgt, weil dieser lediglich "geeignete Unterlagen" erbeten habe. Dadurch sei dem Rechtsmissbrauch Tür und Tor geöffnet, weil die Krankenkasse sich immer auf den Standpunkt stellen könne, die Unterlagen seien nicht geeignet gewesen. 10Die Klägerin beantragt schriftsätzlich, 11die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 7.943,08 EUR nebst Zinsen in Höhe von 2 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 28.10.2015 zu zahlen. 12Die Beklagte beantragt schriftsätzlich, 13die Klage abzuweisen. 14Sie beruft sich darauf, dass die Klägerin dem MDK während des Prüfverfahrens nicht alle Unterlagen vorgelegt habe, die dieser zur Prüfung benötigt habe. § 7 PrüfvV stelle klar, dass der MDK seine verbindliche Beurteilung anhand der vom Krankenhaus zur Verfügung gestellten Unterlagen vorzunehmen habe. Würden die maßgeblichen Unterlagen nicht fristgerecht eingereicht, habe der MDK diese nicht mehr zu berücksichtigen. Für diese Unterlagen bestünde ein Beweisverwertungsverbot im Klageverfahren. Die Klägerin habe daher nach § 7 Abs. 2 Sätze 3 und 4 PrüfvV nur einen Anspruch auf den unstrittigen Rechnungsbetrag. Auch das Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg habe jüngst in einem Urteil vom 17.04.2018 (L 11 KR 936/17) bestätigt, dass die Frist in § 7 Abs. 2 Satz 3 PrüfvV einer materiell-rechtlichen Ausschlussfrist entspreche. 15In einem weiteren von der Beklagten vorgelegten Gutachten vom 22.01.2019, das nach Auswertung der gesamten Patientenakte erstellt wurde, führte der MDK durch Frau Dr. C1 aus, dass anhand der nun vorgelegten Patientenunterlagen 567 Beatmungsstunden belegt seien. Die von der Klägerin gewählte DRG sei daher korrekt. 16Die Beklagte hat darauf Bezug genommen und erklärt, dass die Kodierung mittlerweile unstreitig sei. Sie hält gleichwohl an ihrer Auffassung fest, dass die von der Klägerin eingereichten Unterlagen nicht mehr berücksichtigt werden dürften und ein weitergehender Vergütungsanspruch bereits daran scheitert. 17Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung der Kammer durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt. 18Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten sowie die ebenfalls beigezogenen Patientenunterlagen zum Behandlungsfall des Versicherten C verwiesen. Der Inhalt dieser Akten war Gegenstand der Entscheidungsfindung. 19Entscheidungsgründe: 20Die Kammer konnte durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil die Beteiligten ihr Einverständnis damit erteilt haben (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz [SGG]). 21Die Klage ist zulässig und begründet. 22Die Klage ist als allgemeine Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 SGG statthaft, denn es geht bei einer auf Zahlung von Behandlungskosten für einen Versicherten gerichteten Klage eines Krankenhauses gegen eine Krankenkasse um einen so genannten Parteienstreit im Gleichordnungsverhältnis, in dem eine Regelung durch Verwaltungsakt nicht in Betracht kommt. Ein Vorverfahren war mithin nicht durchzuführen; die Einhaltung einer Klagefrist war nicht geboten (st. Rspr. des Bundessozialgerichts [BSG], vgl. etwa Urteil vom 23.07.2002 - B 3 KR 64/01 R -, juris Rn. 13). 23Die Klage ist auch begründet. 24Die Klägerin kann von der Beklagten die Zahlung von 7.943,08 EUR nebst Zinsen in Höhe von 2 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 28.10.2015 verlangen. 25Rechtsgrundlage für den Vergütungsanspruch eines zugelassenen Krankenhauses gegenüber einem Träger der gesetzlichen Krankenversicherung ist nach ständiger Rechtsprechung des BSG, der sich die Kammer anschließt, § 109 Abs. 4 Satz 3 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) i.V.m. der Pflegesatzvereinbarung der Beteiligten. Der Behandlungspflicht des zugelassenen Krankenhauses nach § 109 Abs. 4 Satz 2 SGB V steht ein Vergütungsanspruch gegenüber, der nach Maßgabe des Krankenhausfinanzierungsgesetzes (KHG), des Krankenhausentgeltgesetzes (KHEntgG) und der Bundespflegesatzverordnung festgelegt wird (vgl. BSG Urteil vom 25.11.2010 - B 3 KR 4/10 R -, juris Rn. 9 f.; BSG Urteil vom 29.04.2010 - B 3 KR 11/09 R -, juris Rn. 7). Die Zahlungsverpflichtung der Krankenkasse entsteht dabei unabhängig von einer Kostenzusage unmittelbar mit der Inanspruchnahme der Leistung durch einen Versicherten. Da der Zahlungsanspruch des zugelassenen Krankenhauses jedoch in aller Regel mit dem Naturalleistungsanspruch des Versicherten auf Krankenhausbehandlung korrespondiert, müssen beim Versicherten bei der Aufnahme in das Krankenhaus grundsätzlich die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Inanspruchnahme von Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung sowie Krankenhauspflegebedürftigkeit vorliegen (LSG Niedersachsen Urteil vom 30.01.2002 - L 4 KR 110/00 -, juris Rn. 22). Gemäß § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Der Leistungsumfang umfasst gemäß §§ 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5, 39 Abs. 1 Satz 1 SGB V auch Krankenhausbehandlung, die vollstationär, teilstationär, vor- und nachstationär sowie ambulant erbracht wird. Der Sachleistungsanspruch des Versicherten umfasst vollstationäre Behandlung in einem zugelassenen Krankenhaus (§ 108 SGB V), wenn die Aufnahme nach Prüfung durch das Krankenhaus erforderlich ist, weil das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann (§ 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V). 26Die Höhe des Vergütungsanspruchs ergibt sich gemäß § 17b Abs. 1 Satz 1 KHG i.V.m. §§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 9 Abs. 1 Nr. 1 KHEntgG aus einem diagnosebezogenen, pauschalierenden Vergütungssystem, bestehend aus einer Fallpauschalenvereinbarung und einem Fallpauschalenkatalog (G-DRG), hier in der im Jahr 2015 geltenden Fassung. Dem liegt ein System zugrunde, bei dem in einem als "Groupierung" bezeichneten Prozess aus den ermittelten Diagnosen, Operationen und Prozeduren mithilfe eines zertifizierten Softwareprogramms unter Einbeziehung von weiteren Variablen (Alter des Patienten, Verweildauer, usw.) eine DRG-Pauschale und die dafür zu zahlende Vergütung ermittelt werden (vgl. hierzu BSG Urteil vom 08.11.2011 - B 1 KR 8/11 R -, juris). 27Die stationäre Behandlung des Versicherten C vom 15.08.2015 bis 08.09.2015 im Krankenhaus der Klägerin war dem Grunde und der Dauer nach medizinisch notwendig, was zwischen den Beteiligten nicht streitig ist. Im Rahmen des Klageverfahrens hat die Beklagte die von der Klägerin vorgenommene Kodierung und die angesetzte DRG A09F ausdrücklich nicht mehr beanstandet, so dass auch die Höhe des Vergütungsanspruchs dem Grunde nach nicht mehr im Streit steht. 28Entgegen der Ansicht der Beklagten stehen dem Vergütungsanspruch der Klägerin die Fristen der PrüfvV nicht entgegen. 29Die in § 17c Abs. 2 KHG vorgesehene nähere Ausgestaltung des Prüfverfahrens nach § 275 Abs. 1c haben der GKV-Spitzenverband und die Deutsche Krankenhausgesellschaft als Vertragspartner in der zum 01.09.2014 in Kraft getretenen und auf Behandlungsfälle ab dem 01.01.2015 anwendbaren PrüfvV (PrüfvV 2015, abrufbar unter: www.gkv-spitzenverband.de) vorgenommen. Für Behandlungsfälle ab dem 01.01.2017 gilt die Neufassung der PrüfvV vom 03.02.02016 (PrüfvV 2017), die hier allerdings nicht zur Anwendung gelangt, weil der streitgegenständliche Behandlungsfall sich im Jahr 2015 ereignete. Die PrüfvV 2015 ist sachlich anwendbar, weil es sich nicht um eine sachlich-rechnerische Prüfung der Richtigkeit der Krankenhausabrechnung handelt, die nach der neueren BSG-Rechtsprechung einem eigenen Prüfregime unterliegt, nicht von § 275 Abs 1c SGB V erfasst ist und auf die die PrüfvV keine Anwendung findet, sondern um eine Auffälligkeitsprüfung nach § 275 Abs. 1 Nr. 1 SGB V i.V.m. mit Abs 1c SGB V (vgl. BSG Urteil vom 23.05.2017 - B 1 KR 24/16 R -; LSG Nordrhein-Westfalen Urteil vom 26.04.2018 - L 5 KR 593/17 -; zur Verfassungsmäßigkeit dieser Rechtsprechung vgl. BVerfG Nichtannahmebeschluss vom 26.11.2018 - 1 BvR 318/17, 1 BvR 1474/17, 1 BvR 2207/17 -; jeweils juris). Inhaltlich betraf die Prüfung u.a. die Frage, ob die stationäre Aufnahme des Versicherten C notwendig und die Verweildauer medizinisch begründet war. Prüfgegenstand war demnach u.a. die Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots (§ 12 Abs. 1 SGB V) seitens der Klägerin. Es handelte sich deshalb um eine Auffälligkeitsprüfung, die im Gegensatz zur Prüfung der sachlich-rechnerischen Richtigkeit der Abrechnung des Krankenhauses der Anwendung der PrüfvV 2015 unterliegt (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen Urteil vom 26.04.2018 - L 5 KR 593/17 -, juris). 30§ 7 PrüfvV 2015 enthält nähere Regelungen zur Durchführung der MDK-Prüfung. So kann nach § 7 Abs. 2 Satz 2 PrüfvV 2015 bei einer Prüfung im schriftlichen Verfahren der MDK die Übersendung einer Kopie der Unterlagen verlangen, die er zur Beurteilung von Voraussetzungen, Art und Umfang der Leistung sowie zur Prüfung der ordnungsgemäßen Abrechnung benötigt. Das Krankenhaus hat die Unterlagen innerhalb von 4 Wochen nach Zugang der Unterlagenanforderung an den MDK zu übermitteln (§ 7 Abs. 2 Satz 3 PrüfvV 2015). Erfolgt dies nicht, hat das Krankenhaus einen Anspruch nur auf den unstrittigen Rechnungsbetrag (§ 7 Abs. 2 Satz 4 PrüfvV 2015). Nach § 7 Abs. 5 PrüfvV 2015 sind Korrekturen oder Ergänzungen von Datensätzen nur einmalig möglich (Satz 1). Diese hat der MDK nur dann in seine Prüfung einzubeziehen, wenn sie innerhalb von 5 Monaten nach Einleitung des MDK-Prüfverfahrens nach § 6 Abs. 2 der PrüfvV 2015 an die Krankenkasse erfolgen (Satz 2). Unabhängig hiervon kann das Krankenhaus bei Erweiterung des Prüfanlasses nach § 6 Abs. 3 Satz 4 PrüfvV 2015 eine einmalige Korrektur oder Ergänzung des Datensatzes innerhalb von 5 Monaten nach dieser Erweiterung vornehmen (Satz 3). Nach § 8 PrüfvV 2015 hat die Krankenkasse dem Krankenhaus ihre abschließende Entscheidung zur Wirtschaftlichkeit der Leistung oder zur Korrektur der Abrechnung und den daraus folgenden Erstattungsanspruch mitzuteilen (Satz 1). Wenn die Leistung nicht in vollem Umfange wirtschaftlich oder die Abrechnung nicht korrekt war, sind die wesentlichen Gründe darzulegen (Satz 2). Die Mitteilungen nach Satz 1 und 2 haben innerhalb von 9 Monaten nach Übermittlung der Prüfanzeige nach § 6 Abs. 3 PrüfvV 2015 zu erfolgen (Satz 3). Die Regelung des § 8 Satz 3 PrüfvV 2015 wirkt als Ausschlussfrist (Satz 4). 31Soweit die Beklagte die Ansicht vertritt, dass aus der PrüfvV materiell-rechtliche Präklusionsfristen folgen, die sich auch auf das Gerichtsverfahren erstrecken und den materiellen Anspruch der Klägerin ausschließen, folgt die Kammer dieser Auffassung nicht (so auch LSG Baden-Württemberg Urteil vom 17.04.2019 - L 5 KR 1522/17 -; SG Kassel Gerichtsbescheid vom 25.11.2016 - S 12 KR 594/15 -; SG Dortmund Urteil vom 05.05.2017 - S 49 KR 580/16 -; SG Lüneburg Urteil vom 22.02.2018 - S 9 KR 192/15 -; a.A. LSG Baden-Württemberg Urteil vom 17.04.2018 - L 11 KR 936/17 -; SG Reutlingen Urteil vom 14.03.2018 - S 1 KR 2084/17 -; SG Köln Urteil vom 04.05.2016 - S 23 KN 108/15 KR -, jeweils juris). Für ein solches Verständnis fehlt es an einer dem Vorbehalt des Gesetzes genügenden hinreichend bestimmten gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage. Die Regelung in § 17c Abs. 2 Satz 1 KHG, die als Ermächtigungsnorm allein in Betracht kommt, genügt diesen Anforderungen nicht. 32§ 17c Abs. 2 Satz 1 KHG eröffnet den Vertragspartnern keine unbegrenzte Gestaltungsfreiheit, sondern enthält konkrete Vorgaben zu den Regelungszielen und zur Reichweite des Ermächtigungsrahmens. Bereits der Wortlaut des § 17c Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 KHG macht deutlich, dass die Vertragspartner nur das "Nähere zum Prüfverfahren nach § 275 Abs. 1c SGB V" regeln sollen. Das kann sich nach dem allgemeinen Sprachgebrauch nur auf die formale Vorbereitung, Durchführung und Abwicklung des Prüfverfahrens beziehen. Der Wortlaut gibt keinerlei Hinweis darauf, dass die Ermächtigungsnorm über das Prüfverfahren hinaus auch materiell-rechtliche Regelungsinhalte umfasst. 33Für die Beschränkung der Ermächtigung auf allein formal-rechtliche Regelungsinhalte spricht auch der systematische Zusammenhang der Ermächtigungsnorm mit den übrigen Regelungen in § 17c Abs. 2 KHG. Dies wird zunächst durch einen Vergleich zwischen Halbsatz 1 und 2 des § 17c Abs. 2 Satz 1 KHG deutlich: Während Halbsatz 1 die Ermächtigung zur Vereinbarung über das "Nähere zum Prüfverfahren" enthält, werden die Vertragspartner durch Halbsatz 2 befugt, abweichende Regelungen zur Sechswochenfrist des § 275 Abs. 1c Satz 2 SGB V zu vereinbaren. In der Rechtsprechung des BSG ist anerkannt, dass aus § 275 Abs. 1c Satz 2 SGB V - über den Wortlaut hinaus - unter bestimmten Voraussetzungen eine materiell-rechtliche Präklusion und ein Beweisverwertungsverbot folgen kann, wenn die Sechswochenfrist zur Einleitung des MDK-Prüfverfahrens ungenutzt verstreicht (vgl. etwa BSG Urteil vom 16.05.2012 - B 3 KR 14/11 R -; BSG Urteil vom 01.07.2014 - B 1 KR 29/13 R -, jeweils juris). Hätte der Gesetzgeber die Vertragspartner auch ermächtigen wollen, materiell-rechtliche Präklusions- und Ausschlussfristen in der PrüfvV zu implementieren, wäre § 17c Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 KHG nicht erforderlich gewesen, dann hätte sich dies bereits aus Halbsatz 1 ergeben. Das Gesetz macht durch die ausdrückliche Erwähnung des § 275 Abs. 1c Satz 2 SGB V vielmehr deutlich, dass die Vertragspartner nur im Bereich der Sechswochenfrist zur Einleitung des Prüfverfahrens eine vom Gesetz abweichende Vereinbarung mit materiellem Gehalt treffen dürfen, mit der Folge, dass sich die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze der Präklusion bei Verstreichenlassen der Frist nur in diesem Punkt auswirken. 34Die beispielhafte Aufzählung der Regelungsgegenstände in § 17c Abs. 2 Satz 2 KHG bestätigt diese Auslegung. Danach sollen die Vertragspartner in der Vereinbarung insbesondere Regelungen über den Zeitpunkt der Übermittlung zahlungsbegründender Unterlagen an die Krankenkassen, über das Verfahren zwischen Krankenkassen und Krankenhäusern bei Zweifeln an der Rechtmäßigkeit der Abrechnung im Vorfeld einer Beauftragung des MDK, über den Zeitpunkt der Beauftragung des MDK, über die Prüfungsdauer, über den Prüfungsort und über die Abwicklung von Rückforderungen treffen; die §§ 275 bis 283 SGB V bleiben im Übrigen unberührt. Diese Punkte werden zwar nicht abschließend, sondern nur beispielhaft aufgeführt, sie betreffen dennoch ausschließlich formale Aspekte des Prüfverfahrens. Aus ihnen wird deutlich, dass der gesetzgeberische Auftrag sich gerade nicht auf materiell-rechtliche Regelungen erstrecken soll. Den Vertragspartnern ist es unbenommen, für das Prüfverfahren formelle Präklusionsvorschriften zu vereinbaren; diese können sich aber nur im Rahmen des Verfahrens selbst auswirken und nicht mehr auf ein sich hieran anschließendes Gerichtsverfahren (LSG Baden-Württemberg Urteil vom 17.04.2019 - L 5 KR 1522/17 -, juris). 35Ferner spricht auch die ergänzende Regelung in § 17c Abs. 2 Sätze 3 und 4 KHG für eine Ermächtigung allein zur Etablierung formell-rechtlicher Regelungen, die sich weder auf die wechselseitigen materiellen Ansprüche der Krankenkassen und Krankenhäuser noch auf den Gang des gerichtlichen Verfahrens auswirken. Nach § 17c Abs. 2 Satz 3 KHG trifft auf Antrag einer Vertragspartei die Bundesschiedsstelle nach § 18a Abs. 6 KHG die ausstehenden Entscheidungen, wenn eine Vereinbarung ganz oder teilweise nicht zu Stande kommt. § 17c Abs. 2 Satz 4 bestimmt, dass die Vereinbarung oder Festsetzung durch die Bundesschiedsstelle für die Krankenkassen, den MDK und die zugelassenen Krankenhäuser unmittelbar verbindlich ist. Würde man tatsächlich in § 17c Abs. 2 KHG eine ausreichende Ermächtigungsgrundlage zur Vereinbarung auch materiell-rechtlicher Regelungen sehen, könnte die Bundesschiedsstelle auf Antrag nur einer Partei - ggf. gegen den Willen der anderen Partei - entsprechende Regelungen festsetzen, die sehr weitreichend wären und bis zum Anspruchsausschluss gehen könnten. Eine solch weitreichende Kompetenz kann aber nicht angenommen werden, zumal die Bundesschiedsstelle nach § 18a Abs. 6 KHG nicht nur mit Vertretern des GKV-Spitzenverbandes und der Deutschen Krankenhausgesellschaft besetzt ist, sondern mit Vertretern anderer Institutionen. Die Regelung in den Sätzen 3 und 4 spricht daher dafür, dass die Schiedsstelle anstelle der Vertragspartner die formell-rechtlichen Regelungen des Prüfverfahrens festsetzen darf, wenn keine Einigung zustande kommt, nicht hingegen darüber hinaus gehende materielle Gegenstände bestimmen darf. Die in § 17c Abs. 2 Satz 4 KHG vorgesehene Verbindlichkeit für die Vertragspartner und den MDK kann sich daher nur auf das Prüfverfahren selbst beziehen, nicht aber auf ein sich hieran anschließendes Gerichtsverfahren. Die Verbindlichkeitsbestimmung in Satz 4 hat auch einen anderen Zweck: Vertragspartner der PrüfvV sind der GKV-Spitzenverband und die Deutsche Krankenhausgesellschaft. Sie schließen einen öffentlich-rechtlichen Vertrag, der für die Krankenkassen, den MDK und die zugelassenen Krankenhäuser unmittelbar verbindlich ist. Unmittelbar verbindlich bedeutet in diesem Kontext, dass es keines weiteren Genehmigungsaktes bedarf. Krankenhäuser und Krankenkassen werden gebunden, obwohl sie nur mittelbar über ihre Bundesverbände an den Verträgen beteiligt sind. Aber nicht nur die in den Krankenhausverbänden organisierten Krankenhäuser sollen gebunden werden, sondern alle im Sinne von § 108 SGB V zugelassenen Krankenhäuser. Der Vertrag hat damit normative Wirkung (vgl. Gerlach, in: Dettling/Gerlach, Krankenhausrecht, 2. Aufl., 2018, § 17c KHG Rn. 23). 36Der hier bevorzugten Auslegung entspricht auch der Sinn und Zweck sowie die Historie der PrüfvV. Die PrüfvV bezieht sich nämlich lediglich auf eine Beschleunigung und bundesweit einheitliche Gestaltung des Prüfverfahrens, weil die Ermächtigungsgrundlage in § 17c Abs. 2 KHG und die §§ 275 ff. SGB V allein auf dieses Verfahren ausgerichtet sind (vgl. BT-Drucks. 17/13947, S. 38). Hintergrund für die Verabschiedung der PrüfvV war zunächst der Umstand, dass nicht in allen Bundesländern die Verbände der Krankenkassen und Ersatzkassen mit den Landeskrankenhausgesellschaften Sicherstellungsverträge nach § 112 Abs. 2 Satz 1 SGB V abgeschlossen hatten. Die Regelungsinhalte nach dieser Norm sind zudem nur sehr allgemein gehalten. Darüber hinaus berücksichtigen sie auf Grund ihres teils älteren Vertragsstandes oftmals nicht hinreichend das derzeitige Krankenhausfinanzierungsrecht. Durch die Regelung des § 17c Abs. 2 KHG sollten daher nach dem Willen des Gesetzgebers bundeseinheitliche Konkretisierungen zu notwendigen Regelungsinhalten vorgegeben werden (BT-Drucks. 17/13947, S. 38). Ferner war Motiv für die Ermächtigung auch die zunehmende Zahl von MDK-Prüfverfahren und die wechselseitige Unzufriedenheit aller Beteiligten mit der gesetzgeberischen Ausgestaltung des Verfahrens (Hambüchen, jurisPR-SozR 21/2014 Anm. 1). Durch die PrüfvV sollte ein effizientes, konsensorientiertes Verfahren der Prüfungen nach § 275 Abs. 1c SGB V installiert werden, an dem die Krankenkassen, der MDK und die Krankenhäuser in konstruktiver Zusammenarbeit mitwirken (vgl. § 1 PrüfvV 2015, BT-Drucks. 17/13947, S. 38). Der Gesetzgeber wollte mit der Ermächtigung in § 17c Abs. 2 Satz 1 KHG den Verwaltungsaufwand vermindern, das Verfahren effizienter und einheitlicher gestalten und damit auch die Gerichte entlasten. Aus der Motivlage ergibt sich hinreichend, dass es allein um die Etablierung eines einheitlichen, auf Konsens ausgerichteten formalisierten Verfahrens ging, nicht um die Ermächtigung zu weitergehenden materiellen Regelungen. Dies wird durch die weitere Gesetzesbegründung gestützt. Darin nennt der Gesetzgeber die Regelungsgegenstände, die seiner Ansicht nach besonders von Bedeutung sind, auch wenn er sie nur beispielhaft aufführt. Diese decken sich weitgehend mit den Inhalten, die bereits in § 17c Abs. 2 Satz 2 KHG zu finden sind; ergänzend wird auch auf die Möglichkeit der Aufrechnung Bezug genommen; es fehlt jedoch ein Hinweis auf Regelungsinhalte mit materiellem Gehalt. Der ebenfalls in der Gesetzesbegründung zu findende Hinweis, dass die PrüfvV auch dazu dienen soll, "Konflikte zwischen den Vertragspartnern bei der Abrechnungsprüfung im Krankenhausbereich zu vermeiden, die Modalitäten der Konfliktlösung stärker in die Eigenverantwortung der Vertragspartner zu legen, um auch gerichtliche Auseinandersetzungen zu vermindern und so Bürokratie abzubauen" kann dabei nicht als Indiz für die Ermächtigung zu weitreichenden materiellen Präklusionsvorschriften dienen. Denn dieses gesetzgeberische Ziel besagt lediglich, dass durch ein einheitliches, standardisiertes Prüfverfahren die Absicht verbunden war, gerichtliche Auseinandersetzungen zu minimieren. 37Die PrüfvV als untergesetzliche Norm ist ferner nicht geeignet, den Vergütungsanspruch des Krankenhauses nach dem SGB V einzuschränken. Nach der Rechtsprechung des BSG (vgl. etwa Urteil vom 19.04.2016 - B 1 KR 33/15 R -, juris) sind materiell-rechtliche Ausschlussfristen zu Lasten der Versichertengemeinschaft unzulässig, weil sie zur Folge haben, dass Krankenkassen verpflichtet werden, im Widerspruch zum Wirtschaftlichkeitsgebot Vergütungen auch für nicht erforderliche Krankenhausbehandlungen zu zahlen, und zudem gehindert sind, eigene Erstattungsansprüche im Falle von ungerechtfertigten Überzahlungen geltend zu machen. Regelungen, die in den Landesverträgen nach § 112 Abs. 2 Satz 1 SGB V gegen zwingende Vorgaben des SGB V (etwa das Wirtschaftlichkeitsgebot nach § 12 Abs. 1) verstoßen, sind daher nichtig (BSG Urteil vom 19.04.2016 - B 1 KR 33/15 R -, juris). Gleiches muss zur Überzeugung der Kammer auch für Vergütungsansprüche der Krankenhäuser nach dem SGB V gelten. Denn insofern ist die Interessenlage gleichgelagert: Genauso wie Krankenkassen nicht gehindert sein dürfen, nicht verjährte Erstattungsansprüche geltend zu machen, muss es den Krankenhäusern unbenommen sein, ihre nicht verjährten Zahlungsansprüche (unter Beachtung der vom BSG entwickelten Grundsätze zur Nachforderung von Krankenhausvergütungen, vgl. etwa BSG Urteil vom 23.05.2017 - B 1 KR 27/16 R -, juris) ebenfalls durchzusetzen. Ohne eine ausdrückliche und hinreichend bestimmte gesetzliche Ermächtigung ist die PrüfvV jedenfalls nicht geeignet, materiell-rechtliche Ausschlüsse zu Lasten der Krankenhäuser zu bewirken. Gleiches muss im Übrigen auch für Ausschlussfristen in der PrüfvV zu Lasten der Krankenkassen gelten, etwa die Frist des § 8 PrüfvV, die die Krankenkasse dazu verpflichtet, ihre Leistungsentscheidung innerhalb von neun Monaten ab Beginn der Prüfung an das Krankenhaus zu übermitteln. Ein anderes Verständnis der Fristen der PrüfvV würde die Verjährungsfrist, innerhalb der Vergütungs- bzw. Erstattungsforderungen von Krankenhäusern und Krankenkassen grundsätzlich geltend gemacht werden können, konterkarieren. 38Nach alledem muss nach einer grammatischen, systematischen, historischen und teleologischen Auslegung festgehalten werden, dass § 17c Abs. 2 Satz 1 KHG als Rechtssetzungsermächtigung für materiell-rechtliche Ausschlussfristen nach der PrüfvV nicht herangezogen werden kann. 39Unabhängig von den voranstehenden Ausführungen ist die Kammer davon überzeugt, dass die in § 7 Abs. 2 Satz 4 PrüfvV 2015 genannte Frist - auch nach dem Willen der Vertragspartner - keine Ausschlussfrist darstellt. Diese Norm spricht - anders als etwa die in § 6 Abs. 2 Satz 3 PrüfvV 2015 und § 8 Satz 4 PrüfvV 2015 genannte Frist - nicht davon, dass es sich um eine Ausschlussfrist handele. Vor dem Hintergrund der besonders tiefgreifenden Auswirkungen, die nach Ansicht der Beklagten an die Beendigung des Prüfverfahrens durch den MDK geknüpft werden sollen, wäre aber eine ausdrückliche Bezeichnung erforderlich gewesen. Im Umkehrschluss zu den ausdrücklich in der PrüfvV 2015 als solche bezeichneten Ausschlussfristen geht die Kammer daher davon aus, dass hier eine Ausschlusswirkung gerade nicht bezweckt bzw. einvernehmlich vereinbart war (SG Dortmund Urteil vom 05.05.2017 - S 49 KR 580/16 -, juris Rn. 46; SG Lüneburg Urteil vom 22.02.2018 - S 9 KR 192/15 -, juris Rn. 19). 40Der Anspruch auf Zahlung von Verzugszinsen auf die Vergütungsforderung ergibt sich dem Grunde nach aus § 15 Abs. 1 Sätze 1 und 4 des nordrhein-westfälischen Landesvertrages nach § 112 Abs. 2 Satz 1 SGB V i.V.m. §§ 286 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1, 288 Abs. 1 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch in Höhe von zwei Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 28.10.2015 (vgl. BSG Urteil vom 12.07.2012 - B 3 KR 18/11 R -, juris Rn. 29 ff.). 41Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. mit § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung.
die beklagte wird verurteilt, an die klägerin 7.943,08 eur nebst zinsen in höhe von 2 prozentpunkten über dem jeweiligen basiszinssatz seit dem 28.10.2015 zu zahlen. die beklagte trägt die kosten des verfahrens. 1
2die beteiligten streiten über die kostenübernahme für eine krankenhausbehandlung. 3der am 00.00.1965 geborene und bei der beklagten krankenversicherte herr n c wurde in der zeit vom 15.08.2015 bis 08.09.2015 im krankenhaus der klägerin stationär behandelt. die aufnahme erfolgte notfallmäßig wegen des verdachts auf eine rezidivpneumonie. 4die klägerin stellte der beklagten am 13.10.2015 für diesen aufenthalt auf grundlage der drg a09f (beatmung ) 499 stunden, ohne komplexe or-prozedur, ohne polytrauma, alter ) 15 jahre, ohne komplizierende konstellation, ohne intensivmedizinische komplexbehandlung ) 1470/1380/1380 aufwandspunkte, ohne komplexe diagnose oder prozedur) kosten in höhe von 32.826,45 eur in rechnung, woraufhin die beklagte am 30.10.2015 einen betrag von 24.883,37 eur beglich. 5mit einem schreiben vom 29.10.2015 teilte die beklagte der klägerin mit, dass die drg a11g (beatmung ) 249 stunden, ohne komplexe oder bestimmte or-prozedur, ohne intensivmedizinische komplexbehandlung ) 588/828/1104 aufwandspunkte, ohne kompliz. konstellation, alter ) 15 jahre, ohne komplexe diagnose od. prozedur, mit äußerst schweren cc) lauten müsse. daher habe sie nur 24.883,37 eur überwiesen. 6die beklagte leitete ein prüfverfahren durch den medizinischen dienst der krankenversicherung (mdk) ein. in einem schreiben vom 30.10.2015 zeigte der mdk gegenüber der klägerin die prüfung des falles an. konkret führte er aus, dass er die medizinische notwendigkeit und die dauer der stationären behandlung sowie die drg und beatmungsstunden überprüfen solle. er bat um übersendung sämtlicher behandlungsunterlagen, die geeignet seien, die fragestellungen der beklagten beantworten zu können bzw. die zur beurteilung von voraussetzungen, art und umfang der leistung sowie zur prüfung der ordnungsgemäßen abrechnung benötigt würden. unabhängig von der von der klägerin vorzunehmenden auswahl an fallunterlagen werde auf jeden fall um überlassung einer kopie des entlassungsberichts und ggf. des op- bzw. interventionsberichtes gebeten. der mdk setzte der klägerin eine frist bis zum 27.11.2015. 7der mdk führte in einem gutachten vom 09.05.2016 durch dr. l aus, dass die stationäre aufnahme und die verweildauer nicht zu beanstanden seien. abzurechen sei jedoch auf grundlage der drg e77f (infektionen und entzündungen der atmungsorgane mit komplexer diagnose oder äußerst schweren cc). die von der klägerin mitgeteilten beatmungsstunden seien zudem nicht korrekt. die klägerin habe keine beatmungsprotokolle zur beurteilung eingereicht. in den vorgelegten intensivmedizinischen kurvenblättern finde sich keine dokumentation der beatmung. die von der klägerin geltend gemachten 566 beatmungsstunden seien auf grundlage der eingereichten unterlagen daher nicht plausibel. schließlich sei auch die prozedur 8-987.13 (komplexbehandlung nicht auf spezieller isoliereinheit: mindestens 21 behandlungstage) nicht zu bestätigen. in dem mdk-gutachten wurde mitgeteilt, dass der entlassungsbericht, die patientenakte in auszügen, ops-301-datensätze sowie die krankenhausabrechnung zur begutachtung vorgelegen hätten. 8in einem schreiben vom 24.05.2016 teilte die beklagte der klägerin das ergebnis des mdk-gutachtens mit und bat um entsprechende rechnungskorrektur. dem kam die klägerin nicht nach. 9mit der am 04.09.2018 erhobenen klage begehrt die klägerin ihrerseits die noch offene zahlung aus dem streitigen behandlungsfall in höhe von 7.943,08 eur. zur begründung führt sie aus, dass die abrechnung nicht zu beanstanden sei. die beatmungsstunden ergäben sich aus den beatmungsprotokollen. ferner habe die beklagte gegen § 8 prüfverfahrensvereinbarung (prüfvv) verstoßen, weil sie in ihrer leistungsentscheidung pauschal auf das mdk-ergebnis bezug genommen habe, ohne die wesentlichen gründe ihrer leistungsentscheidung darzulegen. aus der prüfvv ergebe sich weder eine einschränkung der gerichtlichen amtsermittlung noch ein materiell-rechtlicher ausschluss der krankenhausvergütung. die unterlagenanforderung durch den mdk sei ferner zu unbestimmt erfolgt, weil dieser lediglich "geeignete unterlagen" erbeten habe. dadurch sei dem rechtsmissbrauch tür und tor geöffnet, weil die krankenkasse sich immer auf den standpunkt stellen könne, die unterlagen seien nicht geeignet gewesen. 10die klägerin beantragt schriftsätzlich, 11die beklagte zu verurteilen, an die klägerin 7.943,08 eur nebst zinsen in höhe von 2 prozentpunkten über dem jeweiligen basiszinssatz seit dem 28.10.2015 zu zahlen. 12die beklagte beantragt schriftsätzlich, 13die klage abzuweisen. 14sie beruft sich darauf, dass die klägerin dem mdk während des prüfverfahrens nicht alle unterlagen vorgelegt habe, die dieser zur prüfung benötigt habe. § 7 prüfvv stelle klar, dass der mdk seine verbindliche beurteilung anhand der vom krankenhaus zur verfügung gestellten unterlagen vorzunehmen habe. würden die maßgeblichen unterlagen nicht fristgerecht eingereicht, habe der mdk diese nicht mehr zu berücksichtigen. für diese unterlagen bestünde ein beweisverwertungsverbot im klageverfahren. die klägerin habe daher nach § 7 abs. 2 sätze 3 und 4 prüfvv nur einen anspruch auf den unstrittigen rechnungsbetrag. auch das landessozialgericht (lsg) baden-württemberg habe jüngst in einem urteil vom 17.04.2018 (l 11 kr 936/17) bestätigt, dass die frist in § 7 abs. 2 satz 3 prüfvv einer materiell-rechtlichen ausschlussfrist entspreche. 15in einem weiteren von der beklagten vorgelegten gutachten vom 22.01.2019, das nach auswertung der gesamten patientenakte erstellt wurde, führte der mdk durch frau dr. c1 aus, dass anhand der nun vorgelegten patientenunterlagen 567 beatmungsstunden belegt seien. die von der klägerin gewählte drg sei daher korrekt. 16die beklagte hat darauf bezug genommen und erklärt, dass die kodierung mittlerweile unstreitig sei. sie hält gleichwohl an ihrer auffassung fest, dass die von der klägerin eingereichten unterlagen nicht mehr berücksichtigt werden dürften und ein weitergehender vergütungsanspruch bereits daran scheitert. 17die beteiligten haben sich mit einer entscheidung der kammer durch urteil ohne mündliche verhandlung einverstanden erklärt. 18wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf die gerichtsakten und die beigezogenen verwaltungsvorgänge der beklagten sowie die ebenfalls beigezogenen patientenunterlagen zum behandlungsfall des versicherten c verwiesen. der inhalt dieser akten war gegenstand der entscheidungsfindung. 19
20die kammer konnte durch urteil ohne mündliche verhandlung entscheiden, weil die beteiligten ihr einverständnis damit erteilt haben (§ 124 abs. 2 sozialgerichtsgesetz [sgg]). 21die klage ist zulässig und begründet. 22die klage ist als allgemeine leistungsklage nach § 54 abs. 5 sgg statthaft, denn es geht bei einer auf zahlung von behandlungskosten für einen versicherten gerichteten klage eines krankenhauses gegen eine krankenkasse um einen so genannten parteienstreit im gleichordnungsverhältnis, in dem eine regelung durch verwaltungsakt nicht in betracht kommt. ein vorverfahren war mithin nicht durchzuführen; die einhaltung einer klagefrist war nicht geboten (st. rspr. des bundessozialgerichts [bsg], vgl. etwa urteil vom 23.07.2002 - b 3 kr 64/01 r -, juris rn. 13). 23die klage ist auch begründet. 24die klägerin kann von der beklagten die zahlung von 7.943,08 eur nebst zinsen in höhe von 2 prozentpunkten über dem jeweiligen basiszinssatz seit dem 28.10.2015 verlangen. 25rechtsgrundlage für den vergütungsanspruch eines zugelassenen krankenhauses gegenüber einem träger der gesetzlichen krankenversicherung ist nach ständiger rechtsprechung des bsg, der sich die kammer anschließt, § 109 abs. 4 satz 3 fünftes buch sozialgesetzbuch (sgb v) i.v.m. der pflegesatzvereinbarung der beteiligten. der behandlungspflicht des zugelassenen krankenhauses nach § 109 abs. 4 satz 2 sgb v steht ein vergütungsanspruch gegenüber, der nach maßgabe des krankenhausfinanzierungsgesetzes (khg), des krankenhausentgeltgesetzes (khentgg) und der bundespflegesatzverordnung festgelegt wird (vgl. bsg urteil vom 25.11.2010 - b 3 kr 4/10 r -, juris rn. 9 f.; bsg urteil vom 29.04.2010 - b 3 kr 11/09 r -, juris rn. 7). die zahlungsverpflichtung der krankenkasse entsteht dabei unabhängig von einer kostenzusage unmittelbar mit der inanspruchnahme der leistung durch einen versicherten. da der zahlungsanspruch des zugelassenen krankenhauses jedoch in aller regel mit dem naturalleistungsanspruch des versicherten auf krankenhausbehandlung korrespondiert, müssen beim versicherten bei der aufnahme in das krankenhaus grundsätzlich die versicherungsrechtlichen voraussetzungen für die inanspruchnahme von leistungen der gesetzlichen krankenversicherung sowie krankenhauspflegebedürftigkeit vorliegen (lsg niedersachsen urteil vom 30.01.2002 - l 4 kr 110/00 -, juris rn. 22). gemäß § 27 abs. 1 satz 1 sgb v haben versicherte anspruch auf krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre verschlimmerung zu verhüten oder krankheitsbeschwerden zu lindern. der leistungsumfang umfasst gemäß §§ 27 abs. 1 satz 2 nr. 5, 39 abs. 1 satz 1 sgb v auch krankenhausbehandlung, die vollstationär, teilstationär, vor- und nachstationär sowie ambulant erbracht wird. der sachleistungsanspruch des versicherten umfasst vollstationäre behandlung in einem zugelassenen krankenhaus (§ 108 sgb v), wenn die aufnahme nach prüfung durch das krankenhaus erforderlich ist, weil das behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor- und nachstationäre oder ambulante behandlung einschließlich häuslicher krankenpflege erreicht werden kann (§ 39 abs. 1 satz 2 sgb v). 26die höhe des vergütungsanspruchs ergibt sich gemäß § 17b abs. 1 satz 1 khg i.v.m. §§ 7 abs. 1 satz 1 nr. 1, 9 abs. 1 nr. 1 khentgg aus einem diagnosebezogenen, pauschalierenden vergütungssystem, bestehend aus einer fallpauschalenvereinbarung und einem fallpauschalenkatalog (g-drg), hier in der im jahr 2015 geltenden fassung. dem liegt ein system zugrunde, bei dem in einem als "groupierung" bezeichneten prozess aus den ermittelten diagnosen, operationen und prozeduren mithilfe eines zertifizierten softwareprogramms unter einbeziehung von weiteren variablen (alter des patienten, verweildauer, usw.) eine drg-pauschale und die dafür zu zahlende vergütung ermittelt werden (vgl. hierzu bsg urteil vom 08.11.2011 - b 1 kr 8/11 r -, juris). 27die stationäre behandlung des versicherten c vom 15.08.2015 bis 08.09.2015 im krankenhaus der klägerin war dem grunde und der dauer nach medizinisch notwendig, was zwischen den beteiligten nicht streitig ist. im rahmen des klageverfahrens hat die beklagte die von der klägerin vorgenommene kodierung und die angesetzte drg a09f ausdrücklich nicht mehr beanstandet, so dass auch die höhe des vergütungsanspruchs dem grunde nach nicht mehr im streit steht. 28entgegen der ansicht der beklagten stehen dem vergütungsanspruch der klägerin die fristen der prüfvv nicht entgegen. 29die in § 17c abs. 2 khg vorgesehene nähere ausgestaltung des prüfverfahrens nach § 275 abs. 1c haben der gkv-spitzenverband und die deutsche krankenhausgesellschaft als vertragspartner in der zum 01.09.2014 in kraft getretenen und auf behandlungsfälle ab dem 01.01.2015 anwendbaren prüfvv (prüfvv 2015, abrufbar unter: www.gkv-spitzenverband.de) vorgenommen. für behandlungsfälle ab dem 01.01.2017 gilt die neufassung der prüfvv vom 03.02.02016 (prüfvv 2017), die hier allerdings nicht zur anwendung gelangt, weil der streitgegenständliche behandlungsfall sich im jahr 2015 ereignete. die prüfvv 2015 ist sachlich anwendbar, weil es sich nicht um eine sachlich-rechnerische prüfung der richtigkeit der krankenhausabrechnung handelt, die nach der neueren bsg-rechtsprechung einem eigenen prüfregime unterliegt, nicht von § 275 abs 1c sgb v erfasst ist und auf die die prüfvv keine anwendung findet, sondern um eine auffälligkeitsprüfung nach § 275 abs. 1 nr. 1 sgb v i.v.m. mit abs 1c sgb v (vgl. bsg urteil vom 23.05.2017 - b 1 kr 24/16 r -; lsg nordrhein-westfalen urteil vom 26.04.2018 - l 5 kr 593/17 -; zur verfassungsmäßigkeit dieser rechtsprechung vgl. bverfg nichtannahmebeschluss vom 26.11.2018 - 1 bvr 318/17, 1 bvr 1474/17, 1 bvr 2207/17 -; jeweils juris). inhaltlich betraf die prüfung u.a. die frage, ob die stationäre aufnahme des versicherten c notwendig und die verweildauer medizinisch begründet war. prüfgegenstand war demnach u.a. die beachtung des wirtschaftlichkeitsgebots (§ 12 abs. 1 sgb v) seitens der klägerin. es handelte sich deshalb um eine auffälligkeitsprüfung, die im gegensatz zur prüfung der sachlich-rechnerischen richtigkeit der abrechnung des krankenhauses der anwendung der prüfvv 2015 unterliegt (vgl. lsg nordrhein-westfalen urteil vom 26.04.2018 - l 5 kr 593/17 -, juris). 30§ 7 prüfvv 2015 enthält nähere regelungen zur durchführung der mdk-prüfung. so kann nach § 7 abs. 2 satz 2 prüfvv 2015 bei einer prüfung im schriftlichen verfahren der mdk die übersendung einer kopie der unterlagen verlangen, die er zur beurteilung von voraussetzungen, art und umfang der leistung sowie zur prüfung der ordnungsgemäßen abrechnung benötigt. das krankenhaus hat die unterlagen innerhalb von 4 wochen nach zugang der unterlagenanforderung an den mdk zu übermitteln (§ 7 abs. 2 satz 3 prüfvv 2015). erfolgt dies nicht, hat das krankenhaus einen anspruch nur auf den unstrittigen rechnungsbetrag (§ 7 abs. 2 satz 4 prüfvv 2015). nach § 7 abs. 5 prüfvv 2015 sind korrekturen oder ergänzungen von datensätzen nur einmalig möglich (satz 1). diese hat der mdk nur dann in seine prüfung einzubeziehen, wenn sie innerhalb von 5 monaten nach einleitung des mdk-prüfverfahrens nach § 6 abs. 2 der prüfvv 2015 an die krankenkasse erfolgen (satz 2). unabhängig hiervon kann das krankenhaus bei erweiterung des prüfanlasses nach § 6 abs. 3 satz 4 prüfvv 2015 eine einmalige korrektur oder ergänzung des datensatzes innerhalb von 5 monaten nach dieser erweiterung vornehmen (satz 3). nach § 8 prüfvv 2015 hat die krankenkasse dem krankenhaus ihre abschließende entscheidung zur wirtschaftlichkeit der leistung oder zur korrektur der abrechnung und den daraus folgenden erstattungsanspruch mitzuteilen (satz 1). wenn die leistung nicht in vollem umfange wirtschaftlich oder die abrechnung nicht korrekt war, sind die wesentlichen gründe darzulegen (satz 2). die mitteilungen nach satz 1 und 2 haben innerhalb von 9 monaten nach übermittlung der prüfanzeige nach § 6 abs. 3 prüfvv 2015 zu erfolgen (satz 3). die regelung des § 8 satz 3 prüfvv 2015 wirkt als ausschlussfrist (satz 4). 31soweit die beklagte die ansicht vertritt, dass aus der prüfvv materiell-rechtliche präklusionsfristen folgen, die sich auch auf das gerichtsverfahren erstrecken und den materiellen anspruch der klägerin ausschließen, folgt die kammer dieser auffassung nicht (so auch lsg baden-württemberg urteil vom 17.04.2019 - l 5 kr 1522/17 -; sg kassel gerichtsbescheid vom 25.11.2016 - s 12 kr 594/15 -; sg dortmund urteil vom 05.05.2017 - s 49 kr 580/16 -; sg lüneburg urteil vom 22.02.2018 - s 9 kr 192/15 -; a.a. lsg baden-württemberg urteil vom 17.04.2018 - l 11 kr 936/17 -; sg reutlingen urteil vom 14.03.2018 - s 1 kr 2084/17 -; sg köln urteil vom 04.05.2016 - s 23 kn 108/15 kr -, jeweils juris). für ein solches verständnis fehlt es an einer dem vorbehalt des gesetzes genügenden hinreichend bestimmten gesetzlichen ermächtigungsgrundlage. die regelung in § 17c abs. 2 satz 1 khg, die als ermächtigungsnorm allein in betracht kommt, genügt diesen anforderungen nicht. 32§ 17c abs. 2 satz 1 khg eröffnet den vertragspartnern keine unbegrenzte gestaltungsfreiheit, sondern enthält konkrete vorgaben zu den regelungszielen und zur reichweite des ermächtigungsrahmens. bereits der wortlaut des § 17c abs. 2 satz 1 halbsatz 1 khg macht deutlich, dass die vertragspartner nur das "nähere zum prüfverfahren nach § 275 abs. 1c sgb v" regeln sollen. das kann sich nach dem allgemeinen sprachgebrauch nur auf die formale vorbereitung, durchführung und abwicklung des prüfverfahrens beziehen. der wortlaut gibt keinerlei hinweis darauf, dass die ermächtigungsnorm über das prüfverfahren hinaus auch materiell-rechtliche regelungsinhalte umfasst. 33für die beschränkung der ermächtigung auf allein formal-rechtliche regelungsinhalte spricht auch der systematische zusammenhang der ermächtigungsnorm mit den übrigen regelungen in § 17c abs. 2 khg. dies wird zunächst durch einen vergleich zwischen halbsatz 1 und 2 des § 17c abs. 2 satz 1 khg deutlich: während halbsatz 1 die ermächtigung zur vereinbarung über das "nähere zum prüfverfahren" enthält, werden die vertragspartner durch halbsatz 2 befugt, abweichende regelungen zur sechswochenfrist des § 275 abs. 1c satz 2 sgb v zu vereinbaren. in der rechtsprechung des bsg ist anerkannt, dass aus § 275 abs. 1c satz 2 sgb v - über den wortlaut hinaus - unter bestimmten voraussetzungen eine materiell-rechtliche präklusion und ein beweisverwertungsverbot folgen kann, wenn die sechswochenfrist zur einleitung des mdk-prüfverfahrens ungenutzt verstreicht (vgl. etwa bsg urteil vom 16.05.2012 - b 3 kr 14/11 r -; bsg urteil vom 01.07.2014 - b 1 kr 29/13 r -, jeweils juris). hätte der gesetzgeber die vertragspartner auch ermächtigen wollen, materiell-rechtliche präklusions- und ausschlussfristen in der prüfvv zu implementieren, wäre § 17c abs. 2 satz 1 halbsatz 2 khg nicht erforderlich gewesen, dann hätte sich dies bereits aus halbsatz 1 ergeben. das gesetz macht durch die ausdrückliche erwähnung des § 275 abs. 1c satz 2 sgb v vielmehr deutlich, dass die vertragspartner nur im bereich der sechswochenfrist zur einleitung des prüfverfahrens eine vom gesetz abweichende vereinbarung mit materiellem gehalt treffen dürfen, mit der folge, dass sich die von der rechtsprechung entwickelten grundsätze der präklusion bei verstreichenlassen der frist nur in diesem punkt auswirken. 34die beispielhafte aufzählung der regelungsgegenstände in § 17c abs. 2 satz 2 khg bestätigt diese auslegung. danach sollen die vertragspartner in der vereinbarung insbesondere regelungen über den zeitpunkt der übermittlung zahlungsbegründender unterlagen an die krankenkassen, über das verfahren zwischen krankenkassen und krankenhäusern bei zweifeln an der rechtmäßigkeit der abrechnung im vorfeld einer beauftragung des mdk, über den zeitpunkt der beauftragung des mdk, über die prüfungsdauer, über den prüfungsort und über die abwicklung von rückforderungen treffen; die §§ 275 bis 283 sgb v bleiben im übrigen unberührt. diese punkte werden zwar nicht abschließend, sondern nur beispielhaft aufgeführt, sie betreffen dennoch ausschließlich formale aspekte des prüfverfahrens. aus ihnen wird deutlich, dass der gesetzgeberische auftrag sich gerade nicht auf materiell-rechtliche regelungen erstrecken soll. den vertragspartnern ist es unbenommen, für das prüfverfahren formelle präklusionsvorschriften zu vereinbaren; diese können sich aber nur im rahmen des verfahrens selbst auswirken und nicht mehr auf ein sich hieran anschließendes gerichtsverfahren (lsg baden-württemberg urteil vom 17.04.2019 - l 5 kr 1522/17 -, juris). 35ferner spricht auch die ergänzende regelung in § 17c abs. 2 sätze 3 und 4 khg für eine ermächtigung allein zur etablierung formell-rechtlicher regelungen, die sich weder auf die wechselseitigen materiellen ansprüche der krankenkassen und krankenhäuser noch auf den gang des gerichtlichen verfahrens auswirken. nach § 17c abs. 2 satz 3 khg trifft auf antrag einer vertragspartei die bundesschiedsstelle nach § 18a abs. 6 khg die ausstehenden entscheidungen, wenn eine vereinbarung ganz oder teilweise nicht zu stande kommt. § 17c abs. 2 satz 4 bestimmt, dass die vereinbarung oder festsetzung durch die bundesschiedsstelle für die krankenkassen, den mdk und die zugelassenen krankenhäuser unmittelbar verbindlich ist. würde man tatsächlich in § 17c abs. 2 khg eine ausreichende ermächtigungsgrundlage zur vereinbarung auch materiell-rechtlicher regelungen sehen, könnte die bundesschiedsstelle auf antrag nur einer partei - ggf. gegen den willen der anderen partei - entsprechende regelungen festsetzen, die sehr weitreichend wären und bis zum anspruchsausschluss gehen könnten. eine solch weitreichende kompetenz kann aber nicht angenommen werden, zumal die bundesschiedsstelle nach § 18a abs. 6 khg nicht nur mit vertretern des gkv-spitzenverbandes und der deutschen krankenhausgesellschaft besetzt ist, sondern mit vertretern anderer institutionen. die regelung in den sätzen 3 und 4 spricht daher dafür, dass die schiedsstelle anstelle der vertragspartner die formell-rechtlichen regelungen des prüfverfahrens festsetzen darf, wenn keine einigung zustande kommt, nicht hingegen darüber hinaus gehende materielle gegenstände bestimmen darf. die in § 17c abs. 2 satz 4 khg vorgesehene verbindlichkeit für die vertragspartner und den mdk kann sich daher nur auf das prüfverfahren selbst beziehen, nicht aber auf ein sich hieran anschließendes gerichtsverfahren. die verbindlichkeitsbestimmung in satz 4 hat auch einen anderen zweck: vertragspartner der prüfvv sind der gkv-spitzenverband und die deutsche krankenhausgesellschaft. sie schließen einen öffentlich-rechtlichen vertrag, der für die krankenkassen, den mdk und die zugelassenen krankenhäuser unmittelbar verbindlich ist. unmittelbar verbindlich bedeutet in diesem kontext, dass es keines weiteren genehmigungsaktes bedarf. krankenhäuser und krankenkassen werden gebunden, obwohl sie nur mittelbar über ihre bundesverbände an den verträgen beteiligt sind. aber nicht nur die in den krankenhausverbänden organisierten krankenhäuser sollen gebunden werden, sondern alle im sinne von § 108 sgb v zugelassenen krankenhäuser. der vertrag hat damit normative wirkung (vgl. gerlach, in: dettling/gerlach, krankenhausrecht, 2. aufl., 2018, § 17c khg rn. 23). 36der hier bevorzugten auslegung entspricht auch der sinn und zweck sowie die historie der prüfvv. die prüfvv bezieht sich nämlich lediglich auf eine beschleunigung und bundesweit einheitliche gestaltung des prüfverfahrens, weil die ermächtigungsgrundlage in § 17c abs. 2 khg und die §§ 275 ff. sgb v allein auf dieses verfahren ausgerichtet sind (vgl. bt-drucks. 17/13947, s. 38). hintergrund für die verabschiedung der prüfvv war zunächst der umstand, dass nicht in allen bundesländern die verbände der krankenkassen und ersatzkassen mit den landeskrankenhausgesellschaften sicherstellungsverträge nach § 112 abs. 2 satz 1 sgb v abgeschlossen hatten. die regelungsinhalte nach dieser norm sind zudem nur sehr allgemein gehalten. darüber hinaus berücksichtigen sie auf grund ihres teils älteren vertragsstandes oftmals nicht hinreichend das derzeitige krankenhausfinanzierungsrecht. durch die regelung des § 17c abs. 2 khg sollten daher nach dem willen des gesetzgebers bundeseinheitliche konkretisierungen zu notwendigen regelungsinhalten vorgegeben werden (bt-drucks. 17/13947, s. 38). ferner war motiv für die ermächtigung auch die zunehmende zahl von mdk-prüfverfahren und die wechselseitige unzufriedenheit aller beteiligten mit der gesetzgeberischen ausgestaltung des verfahrens (hambüchen, jurispr-sozr 21/2014 anm. 1). durch die prüfvv sollte ein effizientes, konsensorientiertes verfahren der prüfungen nach § 275 abs. 1c sgb v installiert werden, an dem die krankenkassen, der mdk und die krankenhäuser in konstruktiver zusammenarbeit mitwirken (vgl. § 1 prüfvv 2015, bt-drucks. 17/13947, s. 38). der gesetzgeber wollte mit der ermächtigung in § 17c abs. 2 satz 1 khg den verwaltungsaufwand vermindern, das verfahren effizienter und einheitlicher gestalten und damit auch die gerichte entlasten. aus der motivlage ergibt sich hinreichend, dass es allein um die etablierung eines einheitlichen, auf konsens ausgerichteten formalisierten verfahrens ging, nicht um die ermächtigung zu weitergehenden materiellen regelungen. dies wird durch die weitere gesetzesbegründung gestützt. darin nennt der gesetzgeber die regelungsgegenstände, die seiner ansicht nach besonders von bedeutung sind, auch wenn er sie nur beispielhaft aufführt. diese decken sich weitgehend mit den inhalten, die bereits in § 17c abs. 2 satz 2 khg zu finden sind; ergänzend wird auch auf die möglichkeit der aufrechnung bezug genommen; es fehlt jedoch ein hinweis auf regelungsinhalte mit materiellem gehalt. der ebenfalls in der gesetzesbegründung zu findende hinweis, dass die prüfvv auch dazu dienen soll, "konflikte zwischen den vertragspartnern bei der abrechnungsprüfung im krankenhausbereich zu vermeiden, die modalitäten der konfliktlösung stärker in die eigenverantwortung der vertragspartner zu legen, um auch gerichtliche auseinandersetzungen zu vermindern und so bürokratie abzubauen" kann dabei nicht als indiz für die ermächtigung zu weitreichenden materiellen präklusionsvorschriften dienen. denn dieses gesetzgeberische ziel besagt lediglich, dass durch ein einheitliches, standardisiertes prüfverfahren die absicht verbunden war, gerichtliche auseinandersetzungen zu minimieren. 37die prüfvv als untergesetzliche norm ist ferner nicht geeignet, den vergütungsanspruch des krankenhauses nach dem sgb v einzuschränken. nach der rechtsprechung des bsg (vgl. etwa urteil vom 19.04.2016 - b 1 kr 33/15 r -, juris) sind materiell-rechtliche ausschlussfristen zu lasten der versichertengemeinschaft unzulässig, weil sie zur folge haben, dass krankenkassen verpflichtet werden, im widerspruch zum wirtschaftlichkeitsgebot vergütungen auch für nicht erforderliche krankenhausbehandlungen zu zahlen, und zudem gehindert sind, eigene erstattungsansprüche im falle von ungerechtfertigten überzahlungen geltend zu machen. regelungen, die in den landesverträgen nach § 112 abs. 2 satz 1 sgb v gegen zwingende vorgaben des sgb v (etwa das wirtschaftlichkeitsgebot nach § 12 abs. 1) verstoßen, sind daher nichtig (bsg urteil vom 19.04.2016 - b 1 kr 33/15 r -, juris). gleiches muss zur überzeugung der kammer auch für vergütungsansprüche der krankenhäuser nach dem sgb v gelten. denn insofern ist die interessenlage gleichgelagert: genauso wie krankenkassen nicht gehindert sein dürfen, nicht verjährte erstattungsansprüche geltend zu machen, muss es den krankenhäusern unbenommen sein, ihre nicht verjährten zahlungsansprüche (unter beachtung der vom bsg entwickelten grundsätze zur nachforderung von krankenhausvergütungen, vgl. etwa bsg urteil vom 23.05.2017 - b 1 kr 27/16 r -, juris) ebenfalls durchzusetzen. ohne eine ausdrückliche und hinreichend bestimmte gesetzliche ermächtigung ist die prüfvv jedenfalls nicht geeignet, materiell-rechtliche ausschlüsse zu lasten der krankenhäuser zu bewirken. gleiches muss im übrigen auch für ausschlussfristen in der prüfvv zu lasten der krankenkassen gelten, etwa die frist des § 8 prüfvv, die die krankenkasse dazu verpflichtet, ihre leistungsentscheidung innerhalb von neun monaten ab beginn der prüfung an das krankenhaus zu übermitteln. ein anderes verständnis der fristen der prüfvv würde die verjährungsfrist, innerhalb der vergütungs- bzw. erstattungsforderungen von krankenhäusern und krankenkassen grundsätzlich geltend gemacht werden können, konterkarieren. 38nach alledem muss nach einer grammatischen, systematischen, historischen und teleologischen auslegung festgehalten werden, dass § 17c abs. 2 satz 1 khg als rechtssetzungsermächtigung für materiell-rechtliche ausschlussfristen nach der prüfvv nicht herangezogen werden kann. 39unabhängig von den voranstehenden ausführungen ist die kammer davon überzeugt, dass die in § 7 abs. 2 satz 4 prüfvv 2015 genannte frist - auch nach dem willen der vertragspartner - keine ausschlussfrist darstellt. diese norm spricht - anders als etwa die in § 6 abs. 2 satz 3 prüfvv 2015 und § 8 satz 4 prüfvv 2015 genannte frist - nicht davon, dass es sich um eine ausschlussfrist handele. vor dem hintergrund der besonders tiefgreifenden auswirkungen, die nach ansicht der beklagten an die beendigung des prüfverfahrens durch den mdk geknüpft werden sollen, wäre aber eine ausdrückliche bezeichnung erforderlich gewesen. im umkehrschluss zu den ausdrücklich in der prüfvv 2015 als solche bezeichneten ausschlussfristen geht die kammer daher davon aus, dass hier eine ausschlusswirkung gerade nicht bezweckt bzw. einvernehmlich vereinbart war (sg dortmund urteil vom 05.05.2017 - s 49 kr 580/16 -, juris rn. 46; sg lüneburg urteil vom 22.02.2018 - s 9 kr 192/15 -, juris rn. 19). 40der anspruch auf zahlung von verzugszinsen auf die vergütungsforderung ergibt sich dem grunde nach aus § 15 abs. 1 sätze 1 und 4 des nordrhein-westfälischen landesvertrages nach § 112 abs. 2 satz 1 sgb v i.v.m. §§ 286 abs. 1 satz 1, abs. 2 nr. 1, 288 abs. 1 satz 1 bürgerliches gesetzbuch in höhe von zwei prozentpunkten über dem jeweiligen basiszinssatz seit dem 28.10.2015 (vgl. bsg urteil vom 12.07.2012 - b 3 kr 18/11 r -, juris rn. 29 ff.). 41die kostenentscheidung beruht auf § 197a abs. 1 satz 1 sgg i.v.m. mit § 154 abs. 1 verwaltungsgerichtsordnung.
Klaeger*in
1
164,868
S 61 R 108/15
2015-06-12T00:00:00
Urteil
Tenor Die Klage wird abgewiesen. Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten. 1Tatbestand: 2Streitig ist, ob die Klägerin ab dem 01.07.2014 von einer ab dem 01.05.2013 bezogenen Altersrente für Frauen mit Abschlägen für 19 Monate wegen vorzeitiger Inanspruchnahme in eine abschlagsfrei Altersrente für besonders langjährig Versicherte (eingeführt zum 01.07.2014, § 236b SGB VI) wechseln kann. 3Mit Bescheid vom 19.03.2013 war der Klägerin ab dem 01.05.2013, die von ihr beantragte Altersrente für Frauen mit Abschlägen i.H.v. 5,7 % (für 19 Monate vorzeitiger Inanspruchnahme) bewilligt worden. Mit Schreiben vom 04.07.2014 legte die Klägerin "Widerspruch" gegen den Bescheid vom 19.03.2013 ein und beantragte: "da sie noch in der Frist und keine 65 Jahre alt sei, die volle Erwerbsrente nach mehr als 45 Arbeitsjahren". Mit Bescheid vom 18.07.2014 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin auf eine Altersrente für besonders langjährig Versicherte ab, da die Klägerin bereits eine Altersrente für Frauen beziehe und es gemäß § 34 Abs. 4 SGB VI nicht zulässig sei, von einer bindend bewilligten und bezogenen Altersrente in eine andere Altersrente zu wechseln. Zur Begründung des hiergegen eingelegten Widerspruchs führte die Klägerin im Wesentlichen aus, es handele sich um eine nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung. Nach der Gesetzesbegründung solle der abschlagsfreie Rentenzugang insbesondere diejenigen unterstützen, die durch 45 Beitragsjahre ihren Beitrag zur Stabilisierung der Rentenversicherung erbracht hätten. Die Klägerin erfülle die vom Gesetzgeber aufgestellten Voraussetzungen, werde jedoch entgegen der Gesetzesbegründung nicht privilegiert sondern benachteiligt, da ihr ein abschlagsfreier Bezug der Altersrente zustehe, der aber abgelehnt worden sei. Die Vorschrift des § 34 SGB VI sei nicht anzuwenden, da es sich um eine Gesetzeslücke handele, welche durch den Gesetzgeber nicht gesehen worden sei. Es könne nicht sein, dass Versicherte die langjährig Beiträge erbracht hätten bei der Höhe der Rente schlechter gestellt würden, je nachdem zu welchem Zeitpunkt sie diese Rente beantragt hätten. Letztendlich habe der Gesetzgeber den privilegierten Jahrgängen, die die Voraussetzungen erfüllten, eine abschlagsfreie Rentenzahlung ermöglichen wollen. Mit Widerspruchsbescheid vom 13.01.2015 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin als unbegründet zurück. Seit dem 01.08.2008 sei nach bindender Bewilligung oder für Zeiten des Bezugs einer Rente wegen Alters der Wechsel in eine andere Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, Erziehungsrente oder andere Rente wegen Alters ausgeschlossen. Ein Wechsel im Sinne des § 34 Abs. 4 SGB VI liege vor, wenn nach einer Altersrente nahtlos eine andere Rente bezogen werden solle. Die Ausschlussregelung komme daher nur zur Anwendung, wenn sich für die weitere Rente ein späterer Rentenbeginn ergeben würde als für die zuerst bewilligte Altersrente. Die Klägerin beziehe jedoch bereits seit dem 01.05.2013 eine Altersrente für Frauen, daher sei der Wechsel aufgrund § 34 Abs. 4 SGB VI in eine andere, spätere Altersrente ausgeschlossen. Eine Ungleichbehandlung sei verfassungsrechtlich auch nicht gegeben, da das Bundesverfassungsgericht Stichtagsregelung für unbedenklich halte, auch wenn sie bestimmte Personengruppen von neu eingeführten Leistungen ausschließe. Zur Begründung der Klage wiederholt die Klägerin im Wesentlichen ihre Ausführungen ihrer Widerspruchsbegründung. Die Klägerin beantragt, die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 18.07.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.01.2015 zu verurteilen, an die Klägerin eine Altersrente für besonders langjährig Versicherte ab dem 01.07.2014 zu zahlen. Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. Zur Begründung verweist sie im Wesentlichen auf ihre Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes im Übrigen verweist die Kammer auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten. 4Entscheidungsgründe: 5Die zulässige Klage ist unbegründet. Der angefochtene Bescheid vom 18.07.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.01.2015 ist nicht rechtswidrig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 54 SGG. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf einen Wechsel von der seit dem 01.05.2013 bezogenen Altersrente für Frauen in eine abschlagsfreie Altersrente für besonders langjährig Versicherte. Nach der ausdrücklichen Regelung § 34 Abs. 4 SGB VI, die lautet: "Nach bindender Bewilligung einer Rente wegen Alters oder für Zeiten des Bezugs einer solchen Rente ist der Wechsel in eine 1. Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, 2. Erziehungsrente oder 3. andere Rente wegen Alters ausgeschlossen", ist ein Wechsel von der "Altersrente für Frauen" in die "Altersrente für besonders langjährig Versicherte" ausgeschlossen, da es sich bei beiden Renten um Renten wegen Alters (§§ 35 - 40 und §§ 235 - 238 SGB VI) handelt und der Bescheid vom 16.03.2013 bindend geworden ist und die Klägerin die Altersrente bezogen hat. Die mit Wirkung vom 01.08.2004 eingeführte Regelung des § 34 Abs. 4 SGB VI schließt nach bindender Bewilligung oder den Bezug einer Altersrente den Wechsel in eine andere (üblicherweise für den Versicherten günstigeren) Rentenart aus. Mit dieser Regelung wird sichergestellt, dass ein Versicherter, der sich für einen vorzeitigen (und damit längeren) Bezug einer Rente entschieden hat und sich damit dem Arbeitsmarkt endgültig abgewandt hat, dauerhaft Bezieher dieser geminderten Rente bleibt, weil er diese vorzeitig und damit länger (als bei späterem, aber abschlagsfreiem Rentenbeginn) in Anspruch nimmt. Durch diese Regelung werden somit Dispositionen des Versicherten zu Lasten der Versichertengemeinschaft ausgeschlossen, die sonst bei der Inanspruchnahme zunächst einer vorzeitigen mit Abschlägen belegten Altersrente und späterem Wechsel in eine abschlagsfreie Rente möglich wären. Bei der zum 01.07.2014 eingeführten Regelung des § 236b SGB VI handelt es sich nicht um eine neue Rentenart, sondern lediglich um eine (für Geburtsjahrgänge bis 1964) modifizierte Regelung des § 38 SGB VI. Eine Änderung des § 34 Abs. 4 SGB VI oder eine ausdrückliche Regelung, dass § 34 Abs. 4 SGB VI auf eine Rente nach § 236b SGBVI keine Anwendung finden soll, hat der Gesetzgeber im Zusammenhang mit der Einführung des § 236b SGB VI nicht getroffen. Eine Regelungslücke liegt ebenfalls nicht vor, da für den späteren Wechsel von einer Altersrentenart in eine andere mit § 34 Abs. 4 SGB VI eine ausdrückliche gesetzliche Regelung besteht. Zudem hat der Gesetzgeber bei der zeitgleich in Kraft getretenen sog. Mütterrente eine von der allgemeinen Regelung des § 306 Abs. 1 SGB VI abweichende Regelung getroffen, die auch Bestandsrentner begünstigt, obwohl nach § 306 Abs. 1 SGB VI Rechtsänderungen nicht zu einer Änderung der Rentenhöhe führen, soweit nicht abweichendes geregelt ist, d.h. die neue Rechtslage im Regelfall nur für Neurentner Anwendung findet und diese bestenfalls begünstigt. Daher kann auch nicht von einer unbeabsichtigten bzw. ungewollten Regelungslücke ausgegangen werden. Es bestehen auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken dagegen, dass der Gesetzgeber die zum 01.07.2014 gewährten Vergünstigungen nicht auf Bestandsrentner ausgedehnt hat. Dem Gesetzgeber sind die Einführung sog. Stichtagsregelungen zur Regelung bestimmter Lebenssachverhalte nicht verwehrt und im Hinblick auf die Sicherstellung der Finanzierbarkeit und der Funktionsfähigkeit des Systems, kann der Gesetzgeber darauf verzichten, die bereits abgeschlossenen Rentenvorgänge der Bestandsrentner aufzunehmen und diese in die ohnehin nur zeitlich begrenzte (Geburtsjahrgänge bis 1964) Privilegierung einzubeziehen. (Vgl. hierzu mit ausführlicher Begründung und weiteren Nachweisen: Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 21.05.2015, Az.: L 7 R 5354/14). 6Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 Abs. 1 SGG.
die klage wird abgewiesen. kosten haben die beteiligten einander nicht zu erstatten. 1
2streitig ist, ob die klägerin ab dem 01.07.2014 von einer ab dem 01.05.2013 bezogenen altersrente für frauen mit abschlägen für 19 monate wegen vorzeitiger inanspruchnahme in eine abschlagsfrei altersrente für besonders langjährig versicherte (eingeführt zum 01.07.2014, § 236b sgb vi) wechseln kann. 3mit bescheid vom 19.03.2013 war der klägerin ab dem 01.05.2013, die von ihr beantragte altersrente für frauen mit abschlägen i.h.v. 5,7 % (für 19 monate vorzeitiger inanspruchnahme) bewilligt worden. mit schreiben vom 04.07.2014 legte die klägerin "widerspruch" gegen den bescheid vom 19.03.2013 ein und beantragte: "da sie noch in der frist und keine 65 jahre alt sei, die volle erwerbsrente nach mehr als 45 arbeitsjahren". mit bescheid vom 18.07.2014 lehnte die beklagte den antrag der klägerin auf eine altersrente für besonders langjährig versicherte ab, da die klägerin bereits eine altersrente für frauen beziehe und es gemäß § 34 abs. 4 sgb vi nicht zulässig sei, von einer bindend bewilligten und bezogenen altersrente in eine andere altersrente zu wechseln. zur begründung des hiergegen eingelegten widerspruchs führte die klägerin im wesentlichen aus, es handele sich um eine nicht gerechtfertigte ungleichbehandlung. nach der gesetzesbegründung solle der abschlagsfreie rentenzugang insbesondere diejenigen unterstützen, die durch 45 beitragsjahre ihren beitrag zur stabilisierung der rentenversicherung erbracht hätten. die klägerin erfülle die vom gesetzgeber aufgestellten voraussetzungen, werde jedoch entgegen der gesetzesbegründung nicht privilegiert sondern benachteiligt, da ihr ein abschlagsfreier bezug der altersrente zustehe, der aber abgelehnt worden sei. die vorschrift des § 34 sgb vi sei nicht anzuwenden, da es sich um eine gesetzeslücke handele, welche durch den gesetzgeber nicht gesehen worden sei. es könne nicht sein, dass versicherte die langjährig beiträge erbracht hätten bei der höhe der rente schlechter gestellt würden, je nachdem zu welchem zeitpunkt sie diese rente beantragt hätten. letztendlich habe der gesetzgeber den privilegierten jahrgängen, die die voraussetzungen erfüllten, eine abschlagsfreie rentenzahlung ermöglichen wollen. mit widerspruchsbescheid vom 13.01.2015 wies die beklagte den widerspruch der klägerin als unbegründet zurück. seit dem 01.08.2008 sei nach bindender bewilligung oder für zeiten des bezugs einer rente wegen alters der wechsel in eine andere rente wegen verminderter erwerbsfähigkeit, erziehungsrente oder andere rente wegen alters ausgeschlossen. ein wechsel im sinne des § 34 abs. 4 sgb vi liege vor, wenn nach einer altersrente nahtlos eine andere rente bezogen werden solle. die ausschlussregelung komme daher nur zur anwendung, wenn sich für die weitere rente ein späterer rentenbeginn ergeben würde als für die zuerst bewilligte altersrente. die klägerin beziehe jedoch bereits seit dem 01.05.2013 eine altersrente für frauen, daher sei der wechsel aufgrund § 34 abs. 4 sgb vi in eine andere, spätere altersrente ausgeschlossen. eine ungleichbehandlung sei verfassungsrechtlich auch nicht gegeben, da das bundesverfassungsgericht stichtagsregelung für unbedenklich halte, auch wenn sie bestimmte personengruppen von neu eingeführten leistungen ausschließe. zur begründung der klage wiederholt die klägerin im wesentlichen ihre ausführungen ihrer widerspruchsbegründung. die klägerin beantragt, die beklagte unter aufhebung des bescheides vom 18.07.2014 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 13.01.2015 zu verurteilen, an die klägerin eine altersrente für besonders langjährig versicherte ab dem 01.07.2014 zu zahlen. die beklagte beantragt, die klage abzuweisen. zur begründung verweist sie im wesentlichen auf ihre ausführungen in den angefochtenen bescheiden. wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes im übrigen verweist die kammer auf den inhalt der gerichtsakte sowie der beigezogenen verwaltungsakte der beklagten. 4
5die zulässige klage ist unbegründet. der angefochtene bescheid vom 18.07.2014 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 13.01.2015 ist nicht rechtswidrig und verletzt die klägerin nicht in ihren rechten, § 54 sgg. die klägerin hat keinen anspruch auf einen wechsel von der seit dem 01.05.2013 bezogenen altersrente für frauen in eine abschlagsfreie altersrente für besonders langjährig versicherte. nach der ausdrücklichen regelung § 34 abs. 4 sgb vi, die lautet: "nach bindender bewilligung einer rente wegen alters oder für zeiten des bezugs einer solchen rente ist der wechsel in eine 1. rente wegen verminderter erwerbsfähigkeit, 2. erziehungsrente oder 3. andere rente wegen alters ausgeschlossen", ist ein wechsel von der "altersrente für frauen" in die "altersrente für besonders langjährig versicherte" ausgeschlossen, da es sich bei beiden renten um renten wegen alters (§§ 35 - 40 und §§ 235 - 238 sgb vi) handelt und der bescheid vom 16.03.2013 bindend geworden ist und die klägerin die altersrente bezogen hat. die mit wirkung vom 01.08.2004 eingeführte regelung des § 34 abs. 4 sgb vi schließt nach bindender bewilligung oder den bezug einer altersrente den wechsel in eine andere (üblicherweise für den versicherten günstigeren) rentenart aus. mit dieser regelung wird sichergestellt, dass ein versicherter, der sich für einen vorzeitigen (und damit längeren) bezug einer rente entschieden hat und sich damit dem arbeitsmarkt endgültig abgewandt hat, dauerhaft bezieher dieser geminderten rente bleibt, weil er diese vorzeitig und damit länger (als bei späterem, aber abschlagsfreiem rentenbeginn) in anspruch nimmt. durch diese regelung werden somit dispositionen des versicherten zu lasten der versichertengemeinschaft ausgeschlossen, die sonst bei der inanspruchnahme zunächst einer vorzeitigen mit abschlägen belegten altersrente und späterem wechsel in eine abschlagsfreie rente möglich wären. bei der zum 01.07.2014 eingeführten regelung des § 236b sgb vi handelt es sich nicht um eine neue rentenart, sondern lediglich um eine (für geburtsjahrgänge bis 1964) modifizierte regelung des § 38 sgb vi. eine änderung des § 34 abs. 4 sgb vi oder eine ausdrückliche regelung, dass § 34 abs. 4 sgb vi auf eine rente nach § 236b sgbvi keine anwendung finden soll, hat der gesetzgeber im zusammenhang mit der einführung des § 236b sgb vi nicht getroffen. eine regelungslücke liegt ebenfalls nicht vor, da für den späteren wechsel von einer altersrentenart in eine andere mit § 34 abs. 4 sgb vi eine ausdrückliche gesetzliche regelung besteht. zudem hat der gesetzgeber bei der zeitgleich in kraft getretenen sog. mütterrente eine von der allgemeinen regelung des § 306 abs. 1 sgb vi abweichende regelung getroffen, die auch bestandsrentner begünstigt, obwohl nach § 306 abs. 1 sgb vi rechtsänderungen nicht zu einer änderung der rentenhöhe führen, soweit nicht abweichendes geregelt ist, d.h. die neue rechtslage im regelfall nur für neurentner anwendung findet und diese bestenfalls begünstigt. daher kann auch nicht von einer unbeabsichtigten bzw. ungewollten regelungslücke ausgegangen werden. es bestehen auch keine verfassungsrechtlichen bedenken dagegen, dass der gesetzgeber die zum 01.07.2014 gewährten vergünstigungen nicht auf bestandsrentner ausgedehnt hat. dem gesetzgeber sind die einführung sog. stichtagsregelungen zur regelung bestimmter lebenssachverhalte nicht verwehrt und im hinblick auf die sicherstellung der finanzierbarkeit und der funktionsfähigkeit des systems, kann der gesetzgeber darauf verzichten, die bereits abgeschlossenen rentenvorgänge der bestandsrentner aufzunehmen und diese in die ohnehin nur zeitlich begrenzte (geburtsjahrgänge bis 1964) privilegierung einzubeziehen. (vgl. hierzu mit ausführlicher begründung und weiteren nachweisen: urteil des landessozialgerichts baden-württemberg vom 21.05.2015, az.: l 7 r 5354/14). 6die kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 abs. 1 sgg.
Verklagte*r
0
329,708
2a K 5573/19.A
2020-07-13T00:00:00
Urteil
Tenor Soweit die Klägerin die Klage zurückgenommen hat, wird das Verfahren eingestellt. Auf die aufrechterhaltene Klage wird der Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 00.00.0000 aufgehoben. Die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden, tragen die Beteiligten je zur Hälfte. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet. 1Tatbestand: 2Die im Jahr 1989 geborene Klägerin ist irakische Staatsangehörige. Vor der Einreise ins Bundesgebiet hielt sie sich in Bulgarien auf, wo sie einen Asylantrag stellte. Am 3. Dezember 2019 stellte sie in Deutschland einen Asylantrag. Auf ein Übernahmeersuchen der deutschen Behörden erklärten sich die bulgarischen Behörden am 13. Dezember 2019 mit einer Überstellung der Klägerin einverstanden. 3Mit Bescheid vom 00.00.0000– zugestellt am 00.00.0000– lehnte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) den Antrag der Klägerin als unzulässig ab, stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) nicht vorliegen, ordnete die Abschiebung nach Bulgarien an und befristete das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot auf elf Monate ab dem Tag einer eventuellen Abschiebung. Zur Begründung führte das Bundesamt aus, der in Deutschland gestellte Asylantrag sei unzulässig, weil Bulgarien für die Behandlung des Asylbegehrens zuständig sei. Eine Überstellung nach Bulgarien sei auch nicht wegen der dortigen Verhältnisse unzulässig. 4Am 23. Dezember 2019 hat ein vollmachtloser Vertreter für die Klägerin Klage erhoben und zugleich einen Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gestellt. Den Eilantrag hat die Kammer mit Beschluss vom 6. Januar 2020 ‑ 2a L 1953/19.A ‑ abgelehnt. Im Klageverfahren wurde zunächst der Antrag angekündigt, die Beklagte zu verpflichten, die Klägerin als Asylberechtigte anzuerkennen, ihr die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen, ihr subsidiären Schutz zuzuerkennen, das Vorliegen nationaler Abschiebungsverbote festzustellen und das Einreise- und Aufenthaltsverbot auf null Monate zu befristen. Die Klägerin hat die Klageerhebung genehmigt, das Klagebegehren aber auf eine Aufhebung des Bescheids des Bundesamts vom 00.00.0000 beschränkt und die Klage im Übrigen zurückgenommen. Anfang April 2020 hat die Beklagte die Vollziehung der im Bescheid vom 00.00.0000 enthaltenen Abschiebungsandrohung unter dem Vorbehalt des Widerrufs bis auf weiteres ausgesetzt, da Dublin-Überstellungen aufgrund der Corona-Pandemie nicht möglich seien. 5Zur Begründung der aufrechterhaltenen Klage macht die Klägerin geltend, die Überstellungsfrist sei abgelaufen. 6Die Klägerin beantragt, 7den Bescheid des Bundesamts vom 00.00.0000 aufzuheben. 8Die Beklagte beantragt, 9die Klage abzuweisen. 10Zur Begründung nimmt sie Bezug auf den angefochtenen Bescheid. 11Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt (die Klägerin mit Schriftsatz vom 6. Juli 2020, die Beklagte durch allgemeine Prozesserklärung vom 27. Juni 2017). Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen. 12Entscheidungsgründe: 13Der Einzelrichter kann gemäß § 101 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil sich die Beteiligten hiermit einverstanden erklärt haben. 14Soweit die Klage zurückgenommen wurde, ist das Verfahren einzustellen, § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO. Die aufrechterhaltene Klage ist begründet. Der angefochtene Bescheid ist nach der gemäß § 77 Abs. 1 Asylgesetz (AsylG) maßgeblichen Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. 15Im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung ist der Asylantrag nicht mehr nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 AsylG unzulässig. Nach dieser Vorschrift ist ein Asylantrag unzulässig, wenn ein anderer Staat auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrags für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. Diese Voraussetzungen liegen nicht mehr vor. Zwar spricht alles dafür, dass ursprünglich Bulgarien nach der Verordnung (EG) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (sog. Dublin III VO), für das Asylverfahren zuständig war. Die Zuständigkeit Bulgarien ist jedoch nach Art. 29 Abs. 2 Dublin III VO entfallen und die Zuständigkeit auf Deutschland übergegangen, weil die Klägerin nicht innerhalb der sechsmonatigen Überstellungsfrist nach Bulgarien überstellt worden ist. 16Die sechsmonatige Überstellungsfrist, die ursprünglich zu laufen begonnen hatte, als die bulgarischen Behörden sich am 00.00.0000 mit einer Überstellung der Klägerin einverstanden erklärt haben, wurde durch die Stellung des gerichtlichen Eilantrags unterbrochen, begann mit dessen Ablehnung am 00.00.0000 erneut zu laufen, 17vgl. BVerwG, Urteil vom 26. Mai 2016 ‑ 1 C 15.15 ‑, juris, 18und ist am 00.00.0000 abgelaufen, weil es nicht zu einer erneuten Unterbrechung gekommen ist. 19Die aufgrund der Corona-Pandemie zeitweilig verhängten behördlichen Reiseverbote und die weitgehende Einstellung des Flugverkehrs haben für sich genommen nicht zu einer Unterbrechung der Überstellungsfrist geführt. Die Dublin III Verordnung enthält keine Bestimmung, die in einer derartigen Situation zu einer Fristverlängerung führte oder eine Überstellung unabhängig von der Frist des Art. 29 Abs. 3 Dublin III VO zuließe. 20Vgl. Mitteilung der Kommission, COVID-19: Hinweise zur Umsetzung der einschlägigen EU-Bestimmungen im Bereich der Asyl- und Rückführungsverfahren und zur Neuansiedlung (2020/C 126/02), Seite 5. 21Auch die mit Blick auf die Folgen der Corona-Pandemie durch das Bundesamt erfolgte Aussetzung der Vollziehung der im angefochtenen Bescheid enthaltenen Abschiebungsanordnung hat nicht zu einer erneuten Unterbrechung der Überstellungsfrist geführt. 22Im Ergebnis ebenso VG Aachen, Urteil vom 10. Juni 2020 ‑ 9 K 2584/19.A ‑, juris; VG Düsseldorf, Beschluss vom 18. Mai 2020 ‑ 15 L 776/20.A ‑, www.nrwe.de; Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht, Urteil vom 15. Mai 2020 ‑ 10 A 596/19 ‑, juris; a. A. VG Osnabrück, Beschluss vom 12. Mai 2020 ‑ 5 B 95/20 ‑, juris. 23Zwar ist das Bundesamt grundsätzlich berechtigt, gemäß § 80 Abs. 4 VwGO die sofortige Vollziehung der Abschiebungsanordnung auszusetzen, was gemäß Art. 27 Abs. 4 Dublin III VO eine Unterbrechung der Überstellungsfrist zur Folge haben kann. Dem nach nationalem Recht für das Bundesamt durch § 80 Abs. 4 Satz 1 VwGO eröffneten weiten Handlungsspielraum werden aber durch unionsrechtliche Vorgaben Grenzen gesetzt, und zwar insbesondere durch das mit der Dublin III Verordnung verfolgte Ziel eines angemessenen Ausgleichs zwischen einerseits der Gewährung effektiven Rechtsschutzes und der raschen Bestimmung des für die inhaltliche Prüfung des Asylantrags zuständigen Mitgliedstaats und andererseits dem Ziel, zu verhindern, dass sich Asylbewerber durch Weiterwanderung den für die Prüfung des Asylbegehrens zuständigen Mitgliedstaat aussuchen. Eine behördliche Aussetzungsentscheidung darf hiernach auch unionsrechtlich jedenfalls dann ergehen, wenn Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Abschiebungsanordnung bestehen. Die Wirksamkeit des gerichtlichen Rechtsschutzes erlaubt eine behördliche Aussetzung aus sachlich vertretbaren Erwägungen, die nicht rechtlich zwingend sein müssen, auch unterhalb dieser Schwelle, wenn diese den Beschleunigungsgedanken und die Interessen des zuständigen Mitgliedstaats nicht willkürlich verkennen und auch sonst nicht rechtsmissbräuchlich sind. 24Vgl. BVerwG, Urteil vom 8. Januar 2019 ‑ 1 C 16.18 ‑, juris. 25Nach diesen Kriterien ist die durch das Bundesamt erfolgte Aussetzung der Vollziehung aus europarechtlichen Gründen rechtswidrig. Sie dient nicht dazu, der Betroffenen zu ermöglichen, den Ausgang des gerichtlichen Verfahrens in Deutschland abzuwarten. Dies wird daran deutlich, dass die Aussetzung der Vollziehung nicht bis zum Abschluss des gerichtlichen Verfahrens, sondern nur bis auf weiteres und unter dem Vorbehalt des jederzeitigen Widerrufs erfolgt ist. Die Aussetzung trug vielmehr dem Umstand Rechnung, dass aus tatsächlichen Gründen, die keiner der Beteiligten zu vertreten hat, eine Überstellung bis zum Ablauf der sechsmonatigen Überstellungsfrist unwahrscheinlich geworden war. Für einen solchen Fall sieht das Europarecht aber gerade keine Fristverlängerung vor, und weder die unionsrechtlich noch die nach nationalem Recht vorgesehene Aussetzungsmöglichkeit sind dafür bestimmt, in einer solchen Konstellation eine Verlängerung der Überstellungsfrist herbeizuführen. Dennoch aufgrund der Aussetzung der Vollziehung durch das Bundesamt eine Unterbrechung der laufenden Überstellungsfrist anzunehmen, könnte für die Klägerin einen Schwebezustand von nicht absehbarer Dauer zur Folge haben, was dem Ziel der Dublin III Verordnung widersprechen würde, eine rasche Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats zu ermöglichen, um den effektiven Zugang zu den Verfahren zur Gewährung des internationalen Schutzes zu gewährleisten und eine zügige Bearbeitung der Anträge auf internationalen Schutz nicht zu gefährden (vgl. Erwägungsgrund 5). 26Der demnach rechtswidrige Verwaltungsakt verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Ein Ausländer, der einen Asylantrag stellt, hat sowohl nach nationalem Recht als auch nach europarechtlichen Vorschriften ein subjektives öffentliches Recht darauf, dass sein Asylbegehren in der Sache geprüft wird. Der Asylbewerber darf aber nicht zu einem „refugee in orbit“ werden, für den kein Mitgliedstaat verantwortlich ist. 27Vgl. OVG NRW, Urteile vom 4. Februar 2016 ‑ 13 A 59/15.A ‑ sowie vom 16. September 2015 ‑ 13 A 2159/14.A ‑ und ‑ 13 A 800/15.A ‑; VG Gelsenkirchen, Urteil vom 30. Januar 2015 ‑ 2a K 3534/14 A. ‑, jeweils juris. 28In diesem Recht ist die Klägerin verletzt, weil im Zeitpunkt der Entscheidung davon auszugehen ist, dass weder Deutschland noch Bulgarien ihr Asylbegehren in der Sache prüfen. Das Bundesamt lehnt die Prüfung des Asylbegehrens unter Verweis auf die – nach Ablauf der Überstellungsfrist tatsächlich nicht mehr gegebene – Zuständigkeit Bulgariens ab. Bulgarien ist – wie dargelegt – für die Durchführung des Asylverfahrens nicht mehr zuständig. Hinweise darauf, dass die bulgarischen Behörden trotz ihrer Unzuständigkeit bereit sind, eine Überstellung der Klägerin zu akzeptieren und ihr Asylbegehren zu prüfen, liegen nicht vor. 29Angesichts der Aufhebung der Unzulässigkeitsentscheidung können auch die übrigen Regelungen des Bescheids keinen Bestand haben. 30Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 154 Abs. 1, 155 Abs. 2 VwGO, § 83b AsylG. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung.
soweit die klägerin die klage zurückgenommen hat, wird das verfahren eingestellt. auf die aufrechterhaltene klage wird der bescheid des bundesamts für migration und flüchtlinge vom 00.00.0000 aufgehoben. die kosten des verfahrens, für das gerichtskosten nicht erhoben werden, tragen die beteiligten je zur hälfte. das urteil ist hinsichtlich der kosten vorläufig vollstreckbar. der jeweilige vollstreckungsschuldner darf die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe des aus dem urteil vollstreckbaren betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige vollstreckungsgläubiger vor der vollstreckung sicherheit in höhe des jeweils zu vollstreckenden betrags leistet. 1
2die im jahr 1989 geborene klägerin ist irakische staatsangehörige. vor der einreise ins bundesgebiet hielt sie sich in bulgarien auf, wo sie einen asylantrag stellte. am 3. dezember 2019 stellte sie in deutschland einen asylantrag. auf ein übernahmeersuchen der deutschen behörden erklärten sich die bulgarischen behörden am 13. dezember 2019 mit einer überstellung der klägerin einverstanden. 3mit bescheid vom 00.00.0000– zugestellt am 00.00.0000– lehnte das bundesamt für migration und flüchtlinge (bundesamt) den antrag der klägerin als unzulässig ab, stellte fest, dass abschiebungsverbote nach § 60 abs. 5 und abs. 7 satz 1 aufenthaltsgesetz (aufenthg) nicht vorliegen, ordnete die abschiebung nach bulgarien an und befristete das gesetzliche einreise- und aufenthaltsverbot auf elf monate ab dem tag einer eventuellen abschiebung. zur begründung führte das bundesamt aus, der in deutschland gestellte asylantrag sei unzulässig, weil bulgarien für die behandlung des asylbegehrens zuständig sei. eine überstellung nach bulgarien sei auch nicht wegen der dortigen verhältnisse unzulässig. 4am 23. dezember 2019 hat ein vollmachtloser vertreter für die klägerin klage erhoben und zugleich einen antrag auf gewährung vorläufigen rechtsschutzes gestellt. den eilantrag hat die kammer mit beschluss vom 6. januar 2020 ‑ 2a l 1953/19.a ‑ abgelehnt. im klageverfahren wurde zunächst der antrag angekündigt, die beklagte zu verpflichten, die klägerin als asylberechtigte anzuerkennen, ihr die flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen, ihr subsidiären schutz zuzuerkennen, das vorliegen nationaler abschiebungsverbote festzustellen und das einreise- und aufenthaltsverbot auf null monate zu befristen. die klägerin hat die klageerhebung genehmigt, das klagebegehren aber auf eine aufhebung des bescheids des bundesamts vom 00.00.0000 beschränkt und die klage im übrigen zurückgenommen. anfang april 2020 hat die beklagte die vollziehung der im bescheid vom 00.00.0000 enthaltenen abschiebungsandrohung unter dem vorbehalt des widerrufs bis auf weiteres ausgesetzt, da dublin-überstellungen aufgrund der corona-pandemie nicht möglich seien. 5zur begründung der aufrechterhaltenen klage macht die klägerin geltend, die überstellungsfrist sei abgelaufen. 6die klägerin beantragt, 7den bescheid des bundesamts vom 00.00.0000 aufzuheben. 8die beklagte beantragt, 9die klage abzuweisen. 10zur begründung nimmt sie bezug auf den angefochtenen bescheid. 11die beteiligten haben ihr einverständnis mit einer entscheidung ohne mündliche verhandlung erklärt (die klägerin mit schriftsatz vom 6. juli 2020, die beklagte durch allgemeine prozesserklärung vom 27. juni 2017). wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstands wird auf die gerichtsakte und die beigezogenen verwaltungsvorgänge bezug genommen. 12
13der einzelrichter kann gemäß § 101 abs. 2 verwaltungsgerichtsordnung (vwgo) ohne mündliche verhandlung entscheiden, weil sich die beteiligten hiermit einverstanden erklärt haben. 14soweit die klage zurückgenommen wurde, ist das verfahren einzustellen, § 92 abs. 3 satz 1 vwgo. die aufrechterhaltene klage ist begründet. der angefochtene bescheid ist nach der gemäß § 77 abs. 1 asylgesetz (asylg) maßgeblichen sach- und rechtslage im zeitpunkt der gerichtlichen entscheidung rechtswidrig und verletzt die klägerin in ihren rechten, § 113 abs. 1 satz 1 vwgo. 15im zeitpunkt der gerichtlichen entscheidung ist der asylantrag nicht mehr nach § 29 abs. 1 nr. 1 asylg unzulässig. nach dieser vorschrift ist ein asylantrag unzulässig, wenn ein anderer staat auf grund von rechtsvorschriften der europäischen gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen vertrags für die durchführung des asylverfahrens zuständig ist. diese voraussetzungen liegen nicht mehr vor. zwar spricht alles dafür, dass ursprünglich bulgarien nach der verordnung (eg) nr. 604/2013 des europäischen parlaments und des rates vom 26. juni 2013 zur festlegung der kriterien und verfahren zur bestimmung des mitgliedstaats, der für die prüfung eines von einem drittstaatsangehörigen oder staatenlosen in einem mitgliedstaat gestellten antrags auf internationalen schutz zuständig ist (sog. dublin iii vo), für das asylverfahren zuständig war. die zuständigkeit bulgarien ist jedoch nach art. 29 abs. 2 dublin iii vo entfallen und die zuständigkeit auf deutschland übergegangen, weil die klägerin nicht innerhalb der sechsmonatigen überstellungsfrist nach bulgarien überstellt worden ist. 16die sechsmonatige überstellungsfrist, die ursprünglich zu laufen begonnen hatte, als die bulgarischen behörden sich am 00.00.0000 mit einer überstellung der klägerin einverstanden erklärt haben, wurde durch die stellung des gerichtlichen eilantrags unterbrochen, begann mit dessen ablehnung am 00.00.0000 erneut zu laufen, 17vgl. bverwg, urteil vom 26. mai 2016 ‑ 1 c 15.15 ‑, juris, 18und ist am 00.00.0000 abgelaufen, weil es nicht zu einer erneuten unterbrechung gekommen ist. 19die aufgrund der corona-pandemie zeitweilig verhängten behördlichen reiseverbote und die weitgehende einstellung des flugverkehrs haben für sich genommen nicht zu einer unterbrechung der überstellungsfrist geführt. die dublin iii verordnung enthält keine bestimmung, die in einer derartigen situation zu einer fristverlängerung führte oder eine überstellung unabhängig von der frist des art. 29 abs. 3 dublin iii vo zuließe. 20vgl. mitteilung der kommission, covid-19: hinweise zur umsetzung der einschlägigen eu-bestimmungen im bereich der asyl- und rückführungsverfahren und zur neuansiedlung (2020/c 126/02), seite 5. 21auch die mit blick auf die folgen der corona-pandemie durch das bundesamt erfolgte aussetzung der vollziehung der im angefochtenen bescheid enthaltenen abschiebungsanordnung hat nicht zu einer erneuten unterbrechung der überstellungsfrist geführt. 22im ergebnis ebenso vg aachen, urteil vom 10. juni 2020 ‑ 9 k 2584/19.a ‑, juris; vg düsseldorf, beschluss vom 18. mai 2020 ‑ 15 l 776/20.a ‑, www.nrwe.de; schleswig-holsteinisches verwaltungsgericht, urteil vom 15. mai 2020 ‑ 10 a 596/19 ‑, juris; a. a. vg osnabrück, beschluss vom 12. mai 2020 ‑ 5 b 95/20 ‑, juris. 23zwar ist das bundesamt grundsätzlich berechtigt, gemäß § 80 abs. 4 vwgo die sofortige vollziehung der abschiebungsanordnung auszusetzen, was gemäß art. 27 abs. 4 dublin iii vo eine unterbrechung der überstellungsfrist zur folge haben kann. dem nach nationalem recht für das bundesamt durch § 80 abs. 4 satz 1 vwgo eröffneten weiten handlungsspielraum werden aber durch unionsrechtliche vorgaben grenzen gesetzt, und zwar insbesondere durch das mit der dublin iii verordnung verfolgte ziel eines angemessenen ausgleichs zwischen einerseits der gewährung effektiven rechtsschutzes und der raschen bestimmung des für die inhaltliche prüfung des asylantrags zuständigen mitgliedstaats und andererseits dem ziel, zu verhindern, dass sich asylbewerber durch weiterwanderung den für die prüfung des asylbegehrens zuständigen mitgliedstaat aussuchen. eine behördliche aussetzungsentscheidung darf hiernach auch unionsrechtlich jedenfalls dann ergehen, wenn zweifel an der rechtmäßigkeit der abschiebungsanordnung bestehen. die wirksamkeit des gerichtlichen rechtsschutzes erlaubt eine behördliche aussetzung aus sachlich vertretbaren erwägungen, die nicht rechtlich zwingend sein müssen, auch unterhalb dieser schwelle, wenn diese den beschleunigungsgedanken und die interessen des zuständigen mitgliedstaats nicht willkürlich verkennen und auch sonst nicht rechtsmissbräuchlich sind. 24vgl. bverwg, urteil vom 8. januar 2019 ‑ 1 c 16.18 ‑, juris. 25nach diesen kriterien ist die durch das bundesamt erfolgte aussetzung der vollziehung aus europarechtlichen gründen rechtswidrig. sie dient nicht dazu, der betroffenen zu ermöglichen, den ausgang des gerichtlichen verfahrens in deutschland abzuwarten. dies wird daran deutlich, dass die aussetzung der vollziehung nicht bis zum abschluss des gerichtlichen verfahrens, sondern nur bis auf weiteres und unter dem vorbehalt des jederzeitigen widerrufs erfolgt ist. die aussetzung trug vielmehr dem umstand rechnung, dass aus tatsächlichen gründen, die keiner der beteiligten zu vertreten hat, eine überstellung bis zum ablauf der sechsmonatigen überstellungsfrist unwahrscheinlich geworden war. für einen solchen fall sieht das europarecht aber gerade keine fristverlängerung vor, und weder die unionsrechtlich noch die nach nationalem recht vorgesehene aussetzungsmöglichkeit sind dafür bestimmt, in einer solchen konstellation eine verlängerung der überstellungsfrist herbeizuführen. dennoch aufgrund der aussetzung der vollziehung durch das bundesamt eine unterbrechung der laufenden überstellungsfrist anzunehmen, könnte für die klägerin einen schwebezustand von nicht absehbarer dauer zur folge haben, was dem ziel der dublin iii verordnung widersprechen würde, eine rasche bestimmung des zuständigen mitgliedstaats zu ermöglichen, um den effektiven zugang zu den verfahren zur gewährung des internationalen schutzes zu gewährleisten und eine zügige bearbeitung der anträge auf internationalen schutz nicht zu gefährden (vgl. erwägungsgrund 5). 26der demnach rechtswidrige verwaltungsakt verletzt die klägerin in ihren rechten. ein ausländer, der einen asylantrag stellt, hat sowohl nach nationalem recht als auch nach europarechtlichen vorschriften ein subjektives öffentliches recht darauf, dass sein asylbegehren in der sache geprüft wird. der asylbewerber darf aber nicht zu einem „refugee in orbit“ werden, für den kein mitgliedstaat verantwortlich ist. 27vgl. ovg nrw, urteile vom 4. februar 2016 ‑ 13 a 59/15.a ‑ sowie vom 16. september 2015 ‑ 13 a 2159/14.a ‑ und ‑ 13 a 800/15.a ‑; vg gelsenkirchen, urteil vom 30. januar 2015 ‑ 2a k 3534/14 a. ‑, jeweils juris. 28in diesem recht ist die klägerin verletzt, weil im zeitpunkt der entscheidung davon auszugehen ist, dass weder deutschland noch bulgarien ihr asylbegehren in der sache prüfen. das bundesamt lehnt die prüfung des asylbegehrens unter verweis auf die – nach ablauf der überstellungsfrist tatsächlich nicht mehr gegebene – zuständigkeit bulgariens ab. bulgarien ist – wie dargelegt – für die durchführung des asylverfahrens nicht mehr zuständig. hinweise darauf, dass die bulgarischen behörden trotz ihrer unzuständigkeit bereit sind, eine überstellung der klägerin zu akzeptieren und ihr asylbegehren zu prüfen, liegen nicht vor. 29angesichts der aufhebung der unzulässigkeitsentscheidung können auch die übrigen regelungen des bescheids keinen bestand haben. 30die kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 154 abs. 1, 155 abs. 2 vwgo, § 83b asylg. die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit beruht auf § 167 vwgo i. v. m. §§ 708 nr. 11, 711 zivilprozessordnung.
Klaeger*in
1
179,527
18 K 9709/13
2014-04-29T00:00:00
Urteil
Tenor Die am 00.00.2013 erfolgte Sicherstellung der bei dem Kläger gefundenen Geldscheine über insgesamt 4.200,00 Euro in der Gestalt der schriftlichen Sicherstellungsverfügung vom 25. November 2013 wird aufgehoben. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. 1Tatbestand: 2Am 00.00.2013 gegen 11.05 Uhr geriet der Kläger mit dem von ihm geführten Pkw B. , amtl. Kennzeichen XX-XX 000, auf der O. L. Straße in E. -S. in eine allgemeine polizeiliche Verkehrskontrolle. 3Auf die Aufforderung, Führerschein und Fahrzeugschein auszuhändigen, überreichte der Kläger einen auf den Namen K. G. ausgestellten Fahrzeugschein. Zu seinen Personalien gab er an, er heiße U. Q. und wohne in F. . Ferner erklärte er, bei der im Fahrzeugschein genannten Person handele es sich um einen Kumpel, von dem er sich das Auto geliehen habe; der Führerschein befinde sich bei ihm zu Hause. Eine Überprüfung ergab, dass unter der vom Kläger angegebenen Anschrift in F. keine Person namens U. Q. wohnhaft ist. Auf dem Beifahrersitz lag von außen erkennbar ein Mäppchen mit einem grauen Führerschein. Die Beamten nahmen diesen an sich und stellten fest, dass er auf den Namen U. Q. ausgestellt war. Auf die Frage, warum er behaupte, seinen Führerschein nicht dabei zu haben, schwieg der Kläger zunächst; schließlich räumte er ein, dass ihm seine Fahrerlaubnis wegen Drogenbesitzes entzogen worden sei und dass es sich bei dem grauen Führerschein um ein altes ungültiges Dokument handele. Er blieb jedoch dabei, dass sein Name U. Q. sei. Der Kläger wurde zwecks Identitätsfeststellung durchsucht; dabei fand sich in seiner Hosentasche ein Bargeldbetrag von insgesamt 240,00 Euro (1 x 10,00 Euro, 9 x 20,00 Euro, 1 x 50,00 Euro). 4Weil sie im Fahrzeuginnenraum leichten Marihuanageruch bemerkten, durchsuchten die Polizisten den Pkw nach Betäubungsmitteln. Solche fanden sie nicht. Jedoch stießen sie im Kofferraum auf eine Sporttasche, in der sich ein Briefumschlag mit 4.200,00 Euro Bargeld (Stückelung: 10 x 100,00 Euro, 64 x 50,00 Euro) befand. Der Kläger gab an, dass er dieses Geld angespart habe und dass es für seine Freundin zum Einkaufen bestimmt sei. Noch vor Ort stellten die Beamten die 4.200,00 Euro zur Sicherung des Eigentums eines unbekannten Dritten sicher. Hierzu heißt es unter „Sachverhalt“ in der polizeilichen Strafanzeige: 5„Der Beschuldigte täuschte die Beamten über seine Identität. Zwar kann das Geld jetzt keiner konkreten Straftat zugeordnet werden, jedoch liegen Indizien vor, die bei Bewertung aller Gesamtumstände darauf hindeuten, dass das Geld aus bzw. für BtM-Straftaten genutzt werden könnte bzw. wurde. Der Beschuldigte ist entsprechend polizeilich bekannt (Besitz von Ecstasy, Konsum von Marihuana, Fahren unter BtM-Einfluss). Die Vermögenssituation des Beschuldigten (4200 EUR im Kofferraum in der Sporttasche plus 240 EUR in der Hosentasche plus die Tatsache, dass der Beschuldigte zwei hochwertige Fahrzeuge auf sich zugelassen hat, B1. und Motorrad) passen nicht zu der Tatsache, dass der Beschuldigte arbeitslos sei.“ 6Nach einem positiv ausgefallenen Drogenvortest wurde der Kläger zur Entnahme einer Blutprobe der Polizeiwache zugeführt. 7Nachdem der Kläger mehrfach die Herausgabe der 4.200,00 Euro beantragt hatte, erließ der Beklagte unter dem 25. November 2013 eine schriftliche Sicherstellungsverfügung. Zur Begründung berief er sich auf den bei der Verkehrskontrolle am 00.00.2013 festgestellten Sachverhalt. Hierzu führte er aus: Wenn auch nicht eindeutig geklärt werden könne, dass das sichergestellte Geld aus Straftaten stamme, bestehe aufgrund der Gesamtumstände dennoch der Verdacht, dass es im Zusammenhang mit Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz stehe. Die Behauptung des Klägers, er habe das Geld angespart und beabsichtigt, es seiner Freundin zum Einkaufen zu geben, erscheine insbesondere aufgrund der Auffindesituation und der Stückelung der Scheine, der Lebensumstände des Klägers und nicht zuletzt angesichts der polizeilichen Vorerkenntnisse zu seiner Person völlig unplausibel und diene als Schutzbehauptung. Der Kläger habe keine Arbeit und beziehe nach eigenen Angaben Leistungen nach „Hartz IV“. Allein dieser Umstand lasse erhebliche Zweifel daran aufkommen, dass er in der Lage sei, einen solchen Geldbetrag zu sparen. Ferner sei er in der Vergangenheit bereits mehrfach mit Straftaten der Eigentumskriminalität, Urkundenfälschung und insbesondere auch mit Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz in Erscheinung getreten. Zuletzt habe er bei der Verkehrskontrolle am 00.00.2013 unter dem Einfluss von Betäubungsmitteln gestanden und einen Pkw ohne Fahrerlaubnis geführt. Aus diesen Gesamtumständen ergäben sich konkrete Gefahrenhinweise darauf, dass der Kläger das Bargeld, wenn es ihm wieder ausgehändigt würde, unmittelbar zur Begehung von Straftaten, konkret von Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz, verwenden würde. Ferner bestünden erhebliche Zweifel daran, dass er Eigentümer des Geldes sei, da der dringende Verdacht bestehe, dass dieses aus dem Handel mit Betäubungsmitteln stamme. Eine plausible Erklärung, wie er in den Besitz der Geldscheine gelangt sei, habe der Kläger nicht gegeben. Die gesetzliche Eigentumsvermutung sei daher widerlegt. 8Der Kläger hat am 20. Dezember 2013 Klage erhoben. Zur Begründung trägt er im Wesentlichen vor: Er sei IT-Techniker und lebe nicht von „Hartz IV“. Im Rahmen ihrer präventiven Tätigkeit habe die Polizei nicht die Befugnis, Geldbeträge sicherzustellen. Hierüber hätten vielmehr die Staatsanwaltschaft und die Gerichte zu befinden. Die Annahme, mit dem sichergestellten Geld würden Straftaten verübt, sei abwegig. Er müsse die Herkunft des Geldes niemandem erklären. Man lebe nicht in einem Staat, in dem die Polizei anlässlich einer Verkehrskontrolle einem Bürger Geld wegnehmen könne, auch wenn dieser Bürger einmal wegen einer Straftat, die schon etwas länger zurückliege, verurteilt worden sei. 9Der Kläger beantragt sinngemäß, 10die am 00.00.2013 erfolgte Sicherstellung der bei ihm gefundenen Geldscheine über 4.200,00 Euro in der Gestalt der schriftlichen Sicherstellungsverfügung vom 25. November 2013 aufzuheben. 11Der Beklagte beantragt, 12die Klage abzuweisen. 13Zur Begründung verweist er auf den Verwaltungsvorgang sowie auf die Verfügung vom 25. November 2013. 14Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Gerichts ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt. 15Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach‑ und Streitstandes wird ergänzend Bezug genommen auf den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten. 16Entscheidungsgründe: 17Im Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht gemäß § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung entscheiden. 18Die Klage ist zulässig und begründet. Die Sicherstellung der Geldscheine über insgesamt 4.200,00 Euro ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. 19Als Ermächtigungsgrundlage kommt lediglich § 43 Nr. 1 und 2 PolG NRW in Betracht. Nach dieser Vorschrift kann die Polizei eine Sache sicherstellen, um eine gegenwärtige Gefahr abzuwehren (Nr. 1) oder um den Eigentümer oder den rechtmäßigen Inhaber der tatsächlichen Gewalt vor Verlust oder Beschädigung einer Sache zu schützen (Nr. 2). Keine der beiden Tatbestandsalternativen ist hier einschlägig. 20In der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung ist zwar anerkannt, dass Bargeldbeträge, die zur Begehung von Straftaten, insbesondere Rauschgiftgeschäften, eingesetzt werden sollen, auf der Grundlage des § 43 Nr. 1 PolG NRW (bzw. der entsprechenden polizeirechtlichen Vorschriften der anderen Bundesländer) präventiv-polizeilich sichergestellt werden können. 21Vgl. etwa OVG Bremen, Beschluss vom 8. Oktober 2012 - 1 B 102/12 -, juris. 22Eine solche Maßnahme ist aber nur zulässig, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Geldbetrag für illegale Geschäfte Verwendung finden soll. Der bloße Verdacht, das Geld solle in derartige Geschäfte fließen, reicht für eine präventiv-polizeiliche Sicherstellung nicht aus. Tatbestandlich erforderlich ist außerdem eine gegenwärtige Gefahr, mithin eine besondere Nähe des Schadenseintritts. Diese besondere Nähe besteht nur, wenn Tatsachen darauf hindeuten, dass die zeitnahe Begehung von Straftaten durch die Bargeldverwendung droht. Auf Grund der Besonderheiten des Sicherstellungsgegenstandes Bargeld müssen an die Gefahrenprognose strenge Anforderungen gestellt werden. Die Regelung des § 43 Nr. 1 PolG NRW ist keine Rechtsgrundlage für eine polizeirechtliche „Gewinnabschöpfung“. 23Vgl. OVG Bremen, Beschluss vom 8. Oktober 2012 - 1 B 102/12 -, a.a.O; ferner Söllner, Bargeld im Sicherheitsrecht, NJW 2009, 3339 ff. (3340 f.). 24Ausgehend von diesen rechtlichen Maßstäben vermag das Gericht hier nicht mit der erforderlichen Sicherheit festzustellen, dass die 4.200,00 Euro, die bei der Verkehrskontrolle am 00.00.2013 in einer Sporttasche im Kofferraum des von dem Kläger geführten Pkws gefunden wurden, bei der Begehung einer Straftat Verwendung finden sollten. Zwar lässt sich angesichts der Gesamtumstände der Verdacht nicht von der Hand weisen, dass der Kläger gerade unterwegs war, um ein Rauschgiftgeschäft abzuwickeln. Die insofern bestehende Verdachtslage ist jedoch „zu dünn“, um die gesicherte Schlussfolgerung auf das Vorliegen einer gegenwärtigen Gefahr im Sinne des § 43 Nr. 1 PolG NRW zu erlauben. Sie lässt sich im Wesentlichen dahingehend zusammenfassen, dass der Kläger als Straftäter und BtM-Konsument polizeilich bekannt ist und Leistungen nach „Hartz IV“ bezieht. Angesichts der zahlreichen - auch legalen ‑ Möglichkeiten, für die das Geld hätte Verwendung finden können, genügt dies für sich gesehen für eine Sicherstellung nicht. So mag es etwa sein, dass der Kläger tatsächlich, wie von ihm behauptet, den Betrag seiner Freundin zum Einkaufen zur Verfügung stellen wollte. Man kann dies glauben oder nicht; als völlig lebensfremd und damit von vornherein unbeachtlich lässt sich diese Behauptung jedenfalls nicht abtun. Ferner ist der Kläger dem Gericht aus anderen Verfahren als Liebhaber von „Kampfhunden“ bekannt; es kann folglich nicht ausgeschlossen werden, dass das Geld in ein diesbezügliches Geschäft investiert werden sollte (was keinen Straftatbestand erfüllen würde). Die verdeckenden Angaben zu seinen Personalien im Rahmen der polizeilichen Verkehrskontrolle lassen sich zwanglos darauf zurückführen, dass der Kläger den Pkw ohne gültige Fahrerlaubnis und unter BtM-Einfluss geführt hatte. Den Erfahrungssatz, dass jemand, der Leistungen nach „Hartz IV“ bezieht, nicht legal in den Besitz von 4.200,00 Euro kommen könne, teilt das Gericht in dieser Allgemeinheit nicht. Abgesehen davon kommt es im vorliegenden Zusammenhang auch nicht darauf an, ob der Kläger das Geld legal erworben hat. So ist es etwa denkbar, dass er seine Einkommensverhältnisse durch „Schwarzarbeit“ aufgebessert hat, was zwar nicht legal wäre, aber dennoch nicht die präventiv-polizeiliche Sicherstellung rechtfertigen würde. Letztlich sind, wie die genannten Beispiele zeigen, sämtliche Überlegungen spekulativ. Die Möglichkeiten sind vielfältig. Zwar sind einige wahrscheinlicher als andere; bloße Wahrscheinlichkeiten genügen im Rahmen des § 43 PolG NRW aber nicht. 25Aus den gleichen Gründen liegen auch die Voraussetzungen des § 43 Nr. 2 PolG NRW nicht vor. Der Kläger behauptet, selbst Eigentümer der sichergestellten Geldscheine zu sein. Dabei kann er sich auf die gesetzliche Eigentumsvermutung des § 1006 Abs. 1 BGB berufen. Diese Vorschrift besagt, dass zugunsten des Besitzers einer beweglichen Sache vermutet wird, dass er deren Eigentümer ist. Vorliegend ist dieser Vermutung nicht durch gewichtige gegenteilige Indizien die Grundlage entzogen. Insbesondere bestehen keine hinreichenden Anhaltspunkte für die Annahme, dass der Kläger das bei ihm aufgefundene Bargeld durch Drogengeschäfte erworben hat (dann hätte er wegen der Nichtigkeit der Übereignung nicht das Eigentum an den betreffenden Geldscheinen erworben). Ausweislich des in den Verwaltungsvorgängen befindlichen Auszuges aus dem Bundeszentralregister datiert die letzte Vorstrafe des Klägers wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln aus dem Jahr 1999. Erkenntnisse darüber, dass seitdem erneut auch wegen BtM-Handels gegen den Kläger ermittelt wurde, sind nicht aktenkundig. Aus welchen Gründen die Stückelung der sichergestellten Geldscheine auffällig sein soll, erschließt sich nicht; nach den Erfahrungen, die das Gericht aus ähnlichen Verfahren gemacht hat, dürfte für Dealgeld eher eine kleinere Stückelung typisch sein. Allein der Umstand, dass jemand, der BtM-Konsument ist und Leistungen nach „Hartz IV“ bezieht, mit 4.200,00 Euro unterwegs ist, erlaubt aus den oben zu § 43 Nr. 1 PolG NRW im Einzelnen dargelegten Gründen, die im vorliegenden Zusammenhang entsprechend gelten, noch nicht die Feststellung, der Betreffende sei Dealer und das Geld stamme aus Drogengeschäften. 26Angemerkt sei, dass auf Grund der Aufhebung der Sicherstellung zu Gunsten des Klägers ein Vollzugsfolgenbeseitungsanspruch, gerichtet auf Herausgabe der sichergestellten Geldscheine, besteht. 27Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
die am 00.00.2013 erfolgte sicherstellung der bei dem kläger gefundenen geldscheine über insgesamt 4.200,00 euro in der gestalt der schriftlichen sicherstellungsverfügung vom 25. november 2013 wird aufgehoben. der beklagte trägt die kosten des verfahrens. das urteil ist hinsichtlich der kosten vorläufig vollstreckbar.der beklagte kann die vollstreckung durch sicherheitsleistung oder hinterlegung in höhe von 110 % des beizutreibenden betrages abwenden, wenn nicht der kläger vor der vollstreckung sicherheit in gleicher höhe leistet. 1
2am 00.00.2013 gegen 11.05 uhr geriet der kläger mit dem von ihm geführten pkw b. , amtl. kennzeichen xx-xx 000, auf der o. l. straße in e. -s. in eine allgemeine polizeiliche verkehrskontrolle. 3auf die aufforderung, führerschein und fahrzeugschein auszuhändigen, überreichte der kläger einen auf den namen k. g. ausgestellten fahrzeugschein. zu seinen personalien gab er an, er heiße u. q. und wohne in f. . ferner erklärte er, bei der im fahrzeugschein genannten person handele es sich um einen kumpel, von dem er sich das auto geliehen habe; der führerschein befinde sich bei ihm zu hause. eine überprüfung ergab, dass unter der vom kläger angegebenen anschrift in f. keine person namens u. q. wohnhaft ist. auf dem beifahrersitz lag von außen erkennbar ein mäppchen mit einem grauen führerschein. die beamten nahmen diesen an sich und stellten fest, dass er auf den namen u. q. ausgestellt war. auf die frage, warum er behaupte, seinen führerschein nicht dabei zu haben, schwieg der kläger zunächst; schließlich räumte er ein, dass ihm seine fahrerlaubnis wegen drogenbesitzes entzogen worden sei und dass es sich bei dem grauen führerschein um ein altes ungültiges dokument handele. er blieb jedoch dabei, dass sein name u. q. sei. der kläger wurde zwecks identitätsfeststellung durchsucht; dabei fand sich in seiner hosentasche ein bargeldbetrag von insgesamt 240,00 euro (1 x 10,00 euro, 9 x 20,00 euro, 1 x 50,00 euro). 4weil sie im fahrzeuginnenraum leichten marihuanageruch bemerkten, durchsuchten die polizisten den pkw nach betäubungsmitteln. solche fanden sie nicht. jedoch stießen sie im kofferraum auf eine sporttasche, in der sich ein briefumschlag mit 4.200,00 euro bargeld (stückelung: 10 x 100,00 euro, 64 x 50,00 euro) befand. der kläger gab an, dass er dieses geld angespart habe und dass es für seine freundin zum einkaufen bestimmt sei. noch vor ort stellten die beamten die 4.200,00 euro zur sicherung des eigentums eines unbekannten dritten sicher. hierzu heißt es unter „sachverhalt“ in der polizeilichen strafanzeige: 5„der beschuldigte täuschte die beamten über seine identität. zwar kann das geld jetzt keiner konkreten straftat zugeordnet werden, jedoch liegen indizien vor, die bei bewertung aller gesamtumstände darauf hindeuten, dass das geld aus bzw. für btm-straftaten genutzt werden könnte bzw. wurde. der beschuldigte ist entsprechend polizeilich bekannt (besitz von ecstasy, konsum von marihuana, fahren unter btm-einfluss). die vermögenssituation des beschuldigten (4200 eur im kofferraum in der sporttasche plus 240 eur in der hosentasche plus die tatsache, dass der beschuldigte zwei hochwertige fahrzeuge auf sich zugelassen hat, b1. und motorrad) passen nicht zu der tatsache, dass der beschuldigte arbeitslos sei.“ 6nach einem positiv ausgefallenen drogenvortest wurde der kläger zur entnahme einer blutprobe der polizeiwache zugeführt. 7nachdem der kläger mehrfach die herausgabe der 4.200,00 euro beantragt hatte, erließ der beklagte unter dem 25. november 2013 eine schriftliche sicherstellungsverfügung. zur begründung berief er sich auf den bei der verkehrskontrolle am 00.00.2013 festgestellten sachverhalt. hierzu führte er aus: wenn auch nicht eindeutig geklärt werden könne, dass das sichergestellte geld aus straftaten stamme, bestehe aufgrund der gesamtumstände dennoch der verdacht, dass es im zusammenhang mit verstößen gegen das betäubungsmittelgesetz stehe. die behauptung des klägers, er habe das geld angespart und beabsichtigt, es seiner freundin zum einkaufen zu geben, erscheine insbesondere aufgrund der auffindesituation und der stückelung der scheine, der lebensumstände des klägers und nicht zuletzt angesichts der polizeilichen vorerkenntnisse zu seiner person völlig unplausibel und diene als schutzbehauptung. der kläger habe keine arbeit und beziehe nach eigenen angaben leistungen nach „hartz iv“. allein dieser umstand lasse erhebliche zweifel daran aufkommen, dass er in der lage sei, einen solchen geldbetrag zu sparen. ferner sei er in der vergangenheit bereits mehrfach mit straftaten der eigentumskriminalität, urkundenfälschung und insbesondere auch mit verstößen gegen das betäubungsmittelgesetz in erscheinung getreten. zuletzt habe er bei der verkehrskontrolle am 00.00.2013 unter dem einfluss von betäubungsmitteln gestanden und einen pkw ohne fahrerlaubnis geführt. aus diesen gesamtumständen ergäben sich konkrete gefahrenhinweise darauf, dass der kläger das bargeld, wenn es ihm wieder ausgehändigt würde, unmittelbar zur begehung von straftaten, konkret von verstößen gegen das betäubungsmittelgesetz, verwenden würde. ferner bestünden erhebliche zweifel daran, dass er eigentümer des geldes sei, da der dringende verdacht bestehe, dass dieses aus dem handel mit betäubungsmitteln stamme. eine plausible erklärung, wie er in den besitz der geldscheine gelangt sei, habe der kläger nicht gegeben. die gesetzliche eigentumsvermutung sei daher widerlegt. 8der kläger hat am 20. dezember 2013 klage erhoben. zur begründung trägt er im wesentlichen vor: er sei it-techniker und lebe nicht von „hartz iv“. im rahmen ihrer präventiven tätigkeit habe die polizei nicht die befugnis, geldbeträge sicherzustellen. hierüber hätten vielmehr die staatsanwaltschaft und die gerichte zu befinden. die annahme, mit dem sichergestellten geld würden straftaten verübt, sei abwegig. er müsse die herkunft des geldes niemandem erklären. man lebe nicht in einem staat, in dem die polizei anlässlich einer verkehrskontrolle einem bürger geld wegnehmen könne, auch wenn dieser bürger einmal wegen einer straftat, die schon etwas länger zurückliege, verurteilt worden sei. 9der kläger beantragt sinngemäß, 10die am 00.00.2013 erfolgte sicherstellung der bei ihm gefundenen geldscheine über 4.200,00 euro in der gestalt der schriftlichen sicherstellungsverfügung vom 25. november 2013 aufzuheben. 11der beklagte beantragt, 12die klage abzuweisen. 13zur begründung verweist er auf den verwaltungsvorgang sowie auf die verfügung vom 25. november 2013. 14die beteiligten haben sich mit einer entscheidung des gerichts ohne mündliche verhandlung einverstanden erklärt. 15wegen der weiteren einzelheiten des sach‑ und streitstandes wird ergänzend bezug genommen auf den sonstigen inhalt der gerichtsakte und der beigezogenen verwaltungsvorgänge des beklagten. 16
17im einverständnis der beteiligten kann das gericht gemäß § 101 abs. 2 vwgo ohne mündliche verhandlung entscheiden. 18die klage ist zulässig und begründet. die sicherstellung der geldscheine über insgesamt 4.200,00 euro ist rechtswidrig und verletzt den kläger in seinen rechten, § 113 abs. 1 satz 1 vwgo. 19als ermächtigungsgrundlage kommt lediglich § 43 nr. 1 und 2 polg nrw in betracht. nach dieser vorschrift kann die polizei eine sache sicherstellen, um eine gegenwärtige gefahr abzuwehren (nr. 1) oder um den eigentümer oder den rechtmäßigen inhaber der tatsächlichen gewalt vor verlust oder beschädigung einer sache zu schützen (nr. 2). keine der beiden tatbestandsalternativen ist hier einschlägig. 20in der verwaltungsgerichtlichen rechtsprechung ist zwar anerkannt, dass bargeldbeträge, die zur begehung von straftaten, insbesondere rauschgiftgeschäften, eingesetzt werden sollen, auf der grundlage des § 43 nr. 1 polg nrw (bzw. der entsprechenden polizeirechtlichen vorschriften der anderen bundesländer) präventiv-polizeilich sichergestellt werden können. 21vgl. etwa ovg bremen, beschluss vom 8. oktober 2012 - 1 b 102/12 -, juris. 22eine solche maßnahme ist aber nur zulässig, wenn konkrete anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der geldbetrag für illegale geschäfte verwendung finden soll. der bloße verdacht, das geld solle in derartige geschäfte fließen, reicht für eine präventiv-polizeiliche sicherstellung nicht aus. tatbestandlich erforderlich ist außerdem eine gegenwärtige gefahr, mithin eine besondere nähe des schadenseintritts. diese besondere nähe besteht nur, wenn tatsachen darauf hindeuten, dass die zeitnahe begehung von straftaten durch die bargeldverwendung droht. auf grund der besonderheiten des sicherstellungsgegenstandes bargeld müssen an die gefahrenprognose strenge anforderungen gestellt werden. die regelung des § 43 nr. 1 polg nrw ist keine rechtsgrundlage für eine polizeirechtliche „gewinnabschöpfung“. 23vgl. ovg bremen, beschluss vom 8. oktober 2012 - 1 b 102/12 -, a.a.o; ferner söllner, bargeld im sicherheitsrecht, njw 2009, 3339 ff. (3340 f.). 24ausgehend von diesen rechtlichen maßstäben vermag das gericht hier nicht mit der erforderlichen sicherheit festzustellen, dass die 4.200,00 euro, die bei der verkehrskontrolle am 00.00.2013 in einer sporttasche im kofferraum des von dem kläger geführten pkws gefunden wurden, bei der begehung einer straftat verwendung finden sollten. zwar lässt sich angesichts der gesamtumstände der verdacht nicht von der hand weisen, dass der kläger gerade unterwegs war, um ein rauschgiftgeschäft abzuwickeln. die insofern bestehende verdachtslage ist jedoch „zu dünn“, um die gesicherte schlussfolgerung auf das vorliegen einer gegenwärtigen gefahr im sinne des § 43 nr. 1 polg nrw zu erlauben. sie lässt sich im wesentlichen dahingehend zusammenfassen, dass der kläger als straftäter und btm-konsument polizeilich bekannt ist und leistungen nach „hartz iv“ bezieht. angesichts der zahlreichen - auch legalen ‑ möglichkeiten, für die das geld hätte verwendung finden können, genügt dies für sich gesehen für eine sicherstellung nicht. so mag es etwa sein, dass der kläger tatsächlich, wie von ihm behauptet, den betrag seiner freundin zum einkaufen zur verfügung stellen wollte. man kann dies glauben oder nicht; als völlig lebensfremd und damit von vornherein unbeachtlich lässt sich diese behauptung jedenfalls nicht abtun. ferner ist der kläger dem gericht aus anderen verfahren als liebhaber von „kampfhunden“ bekannt; es kann folglich nicht ausgeschlossen werden, dass das geld in ein diesbezügliches geschäft investiert werden sollte (was keinen straftatbestand erfüllen würde). die verdeckenden angaben zu seinen personalien im rahmen der polizeilichen verkehrskontrolle lassen sich zwanglos darauf zurückführen, dass der kläger den pkw ohne gültige fahrerlaubnis und unter btm-einfluss geführt hatte. den erfahrungssatz, dass jemand, der leistungen nach „hartz iv“ bezieht, nicht legal in den besitz von 4.200,00 euro kommen könne, teilt das gericht in dieser allgemeinheit nicht. abgesehen davon kommt es im vorliegenden zusammenhang auch nicht darauf an, ob der kläger das geld legal erworben hat. so ist es etwa denkbar, dass er seine einkommensverhältnisse durch „schwarzarbeit“ aufgebessert hat, was zwar nicht legal wäre, aber dennoch nicht die präventiv-polizeiliche sicherstellung rechtfertigen würde. letztlich sind, wie die genannten beispiele zeigen, sämtliche überlegungen spekulativ. die möglichkeiten sind vielfältig. zwar sind einige wahrscheinlicher als andere; bloße wahrscheinlichkeiten genügen im rahmen des § 43 polg nrw aber nicht. 25aus den gleichen gründen liegen auch die voraussetzungen des § 43 nr. 2 polg nrw nicht vor. der kläger behauptet, selbst eigentümer der sichergestellten geldscheine zu sein. dabei kann er sich auf die gesetzliche eigentumsvermutung des § 1006 abs. 1 bgb berufen. diese vorschrift besagt, dass zugunsten des besitzers einer beweglichen sache vermutet wird, dass er deren eigentümer ist. vorliegend ist dieser vermutung nicht durch gewichtige gegenteilige indizien die grundlage entzogen. insbesondere bestehen keine hinreichenden anhaltspunkte für die annahme, dass der kläger das bei ihm aufgefundene bargeld durch drogengeschäfte erworben hat (dann hätte er wegen der nichtigkeit der übereignung nicht das eigentum an den betreffenden geldscheinen erworben). ausweislich des in den verwaltungsvorgängen befindlichen auszuges aus dem bundeszentralregister datiert die letzte vorstrafe des klägers wegen unerlaubten handeltreibens mit betäubungsmitteln aus dem jahr 1999. erkenntnisse darüber, dass seitdem erneut auch wegen btm-handels gegen den kläger ermittelt wurde, sind nicht aktenkundig. aus welchen gründen die stückelung der sichergestellten geldscheine auffällig sein soll, erschließt sich nicht; nach den erfahrungen, die das gericht aus ähnlichen verfahren gemacht hat, dürfte für dealgeld eher eine kleinere stückelung typisch sein. allein der umstand, dass jemand, der btm-konsument ist und leistungen nach „hartz iv“ bezieht, mit 4.200,00 euro unterwegs ist, erlaubt aus den oben zu § 43 nr. 1 polg nrw im einzelnen dargelegten gründen, die im vorliegenden zusammenhang entsprechend gelten, noch nicht die feststellung, der betreffende sei dealer und das geld stamme aus drogengeschäften. 26angemerkt sei, dass auf grund der aufhebung der sicherstellung zu gunsten des klägers ein vollzugsfolgenbeseitungsanspruch, gerichtet auf herausgabe der sichergestellten geldscheine, besteht. 27die kostenentscheidung folgt aus § 154 abs. 1 vwgo. der ausspruch zur vorläufigen vollstreckbarkeit beruht auf §§ 167 vwgo, 708 nr. 11, 711 zpo.
Klaeger*in
1
168,320
6 K 7040/12
2015-01-29T00:00:00
Urteil
Tenor Es wird festgestellt, dass das beklagte Land die Klägerin für die im Rahmen des Projektes Rhein-Ruhr-Express (RRX) im Planfeststellungsbereich 1 entstehenden Kosten der Kampfmittelsondierung und -räumung einschließlich einer Betreuungskostenpauschale in Höhe von 7 Prozent des an eine Räumungsfirma zu zahlenden Rechnungsbetrages (ohne Mehrwertsteuer) nicht in Anspruch nehmen darf. Das beklagte Land trägt die Kosten des Verfahrens. Hiervon ausgenommen sind die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese Kosten selbst trägt. Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckungsfähigen Betrages vorläufig vollstreckbar. Die Berufung wird zugelassen. Die Sprungrevision wird zugelassen. 1Tatbestand: 2Die Beteiligten streiten darüber, wer im Rahmen des Schienenwegeausbauprojektes „Rhein-Ruhr-Express“ (RRX) die Kosten für die Sondierung und die Räumung von Kampfmitteln entlang der Ausbaustrecke zu tragen hat. 3Die Klägerin ist eine hundertprozentige Tochtergesellschaft der Deutsche Bahn AG. Sie ist als Eisenbahninfrastrukturunternehmen Eigentümerin und Betreiberin der Schienenwege der Eisenbahnen des Bundes. Die Klägerin ging im Zuge der zweiten Stufe der Bahnreform zum 1. Januar 1999 aus dem Unternehmensbereich Fahrweg der Deutsche Bahn AG hervor. Die Deutsche Bahn AG war ihrerseits zum 1. Januar 1994 als Rechtsnachfolgerin der Deutschen Bundesbahn und der Deutschen Reichsbahn gegründet worden. 4Die Klägerin führt den Trassenausbau des Projekts Rhein-Ruhr-Express (RRX) durch. Für dieses System von beschleunigten Regionalzügen müssen neben punktuellen Maßnahmen insbesondere Strecken durch Erweiterung bestehender Trassen von zwei auf vier (zwischen Köln-Mülheim bis Düsseldorf-Reisholz) bzw. von vier auf sechs Gleise (zwischen Düsseldorf-Reisholz und Duisburg-Großenbaum) ausgebaut werden. Der Ausbau erfolgt nach Maßgabe des Bundesschienenwegeausbaugesetzes. Der RRX ist eine Bedarfsplanmaßnahme in der Finanzierungslast des Bundes. Die Klägerin hat die Planfeststellung für drei Abschnitte im ersten von insgesamt sechs Planfeststellungsbereichen beantragt. Weitere Anträge liegen für den vierten und Teile des fünften Planfeststellungsbereichs vor. Planfeststellungsbeschlüsse sind bis November 2014 für zwei (Teil-)Bereiche ergangen – für Abschnitt 4.0 (Mülheim/Ruhr-Styrum bis Mülheim/Ruhr-Heißen) unter dem 31. Oktober 2013 und für Abschnitt 1.1 (Köln-Mülheim bis Köln-Stammheim) unter dem 21. August 2014. 5Für die Erdarbeiten sind Rammsondierungen und Bohraufschlüsse zur Bestimmung der Gründungsart und -tiefe erforderlich. Dies folgt unstreitig aus einem Bodengutachten, das u.a. Bestandteil des Planfeststellungsbeschlusses vom 21. August 2014 ist (S. 9). Für derartige Aufschlüsse „empfiehlt“ die Bezirksregierung Sicherheitsdetektionen (Sondierungen) durch den Kampfmittelräumdienst. Im Einzelfall wird die Einleitung und Durchsetzung ordnungsrechtlicher Zwangsmaßnahmen vorbehalten. Kosten für die Sondierung und die Bergung von Kampfmitteln sind nach den geltenden Finanzierungsregelungen des Bundes den Baukosten zuzuordnen und werden durch die Beigeladene nur finanziert, wenn ihr gegenüber eine Kostentragungspflicht nachgewiesen werden kann. 6Bisher wurde die Klägerin bei Ausbaumaßnahmen an Schienenwegen regelmäßig durch den Beklagten zu Kosten für Kampfmittelsondierungs- und -räumungsarbeiten herangezogen. Dies geschah aufgrund weitgehend gleichförmig aufgebauter Verwaltungsvereinbarungen, die die Klägerin mit dem Beklagten abgeschlossen hatte: Demnach beauftragt die Klägerin als sogenannter Drittauftraggeber den Beklagten mit der Überprüfung von Flächen auf das Vorhandensein von Kampfmitteln und gegebenenfalls der Räumung gefundener Kampfmittel; zugleich ist sie verpflichtet, dem Beklagten die entstandenen Aufwendungen zu erstatten bzw. die Rechnungen der beauftragten Fachfirmen auszugleichen. 7Eine entsprechende Verwaltungsvereinbarung über die Kampfmittelräumung soll auf Betreiben des Beklagten nach dem Vorbild der bisherigen Handhabung auch im Rahmen des Projekts Rhein-Ruhr-Express (RRX) geschlossen werden. Der Vereinbarungsentwurf sieht vor, dass die Klägerin die Bezirksregierung Düsseldorf mit der Überprüfung der beantragten Flächen und ggf. deren Räumung von Kampfmitteln beauftragt (§§ 1, 5), die Bezirksregierung sich eines Vertragsunternehmens bedient (§ 2) und die Rechnung des Vertragsunternehmens an eine Tochtergesellschaft der Deutsche Bahn AG, die DB ProjektBau GmbH, durchleitet (§ 3). Zusätzlich soll ein Betreuungskostenzuschlag in Höhe von 7 Prozent des Rechnungsbetrages geleistet (§ 4) werden. 8Grundlage dieser Vereinbarungen ist – in formeller Hinsicht – die „Technische Verwaltungsvorschrift für die Kampfmittelbeseitigung im Land NRW“ vom 3. August 2005 - 75 - 54.07.03 (MBl. NRW. 2005, S. 968); demnach ist eine Verwaltungsvereinbarung zwischen der Klägerin und dem Beklagten abzuschließen, die auch die Kostenfolge für die Sondierung und ggf. der Bergung klärt. Inhaltlich beruhen die Vereinbarungen auf einem Runderlass des Innenministeriums NRW vom 9. November 2007 – 75-54.01 – über die Erstattung der anfallenden Kosten für Kampfmittelbeseitigung (MBl. NRW. 2007, S. 843). Der Erlass differenziert zwischen der Kostentragung im Verhältnis Bund – Land NRW (Ziffer 1) und dem Verhältnis Staat – Dritte (Ziffer 2). Im Verhältnis Bund – Land NRW trägt demnach auf der Grundlage von Art. 120 GG i.V.m. den Grundsätzen der auf die 1950er Jahre zurückgehenden Staatspraxis der Bund die Kosten der Beseitigung von Kampfmitteln auf bundeseigenen Liegenschaften. Dies gilt ausdrücklich auch für dessen Rechtsnachfolger, die durch Privatisierung entstanden sind, einschließlich der Deutsche Bahn AG (Ziffer 1.1). Dagegen trägt der Bund die Kosten für die Beseitigung von Kampfmitteln auf nicht bundeseigenen Liegenschaften nur für ehemals reichseigene Munition; soweit sich dort alliierte Munition befindet, trägt das Land NRW die Kosten. Bei Veräußerung von Liegenschaften aus Bundesvermögen wie z.B. Konversionsflächen ohne vorherige Kampfmittelbeseitigung oder Garantie der Kampfmittelfreiheit durch den Bund werden die Kosten nicht durch das Land, sondern „je nach Vertragsgestaltung“ durch den Erwerber getragen (Ziffer 1.2). Im Verhältnis Land – Dritter trägt das Land die Kosten für die „eigentliche Kampfmittelbeseitigung“, die mit der Recherche beginnt und die weiteren Teilprozesse wie Ortserkundung, Detektion Bodeneingriff, Räumung einschließlich Entschärfung, Sprengung und Abtransport der Kampfmittel umfasst. Davon abgegrenzt wird zum einen die Gefahrerforschung, wozu alle Arbeitsschritte zählen, die erforderlich sind, um der örtlichen Ordnungsbehörde mitteilen zu können, ob ein staatliches Handlungserfordernis vorliegt oder nicht. Zum anderen bleiben für vorbereitende oder sonst begleitende Maßnahmen die örtliche Ordnungsbehörde bzw. der Eigentümer kostenpflichtig. Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass bei Vorliegen hinreichend konkreter Anhaltspunkte der Eigentümer gefahrenabwehrrechtlich Zustandsverantwortlicher ist (Ziffer 2). 9Diese Erlasslage, die die Kosten der Kampfmittelräumung auf Bahngrundstücken dem Bund zuweist, steht im Widerspruch zu der Rechtsauffassung des Bundes. Denn laut Rundschreiben des Bundesfinanzministers vom 4. Juni 1995 (V B 2 – VV 5042 – 110/95) sind die Liegenschaften der Bahn infolge der Bahnprivatisierung aus dem Bundesvermögen ausgeschieden und daher nicht mehr bundeseigen im Sinne der Staatspraxis. Der Bund hat danach nur noch bezüglich ehemals reichseigener Munition für die Kosten der Kampfmittelbeseitigung einzustehen. 10Zur Klärung der Finanzierung wandte sich die Klägerin im Oktober 2010 an das Eisenbahn-Bundesamt und beantragte die Freigabe von Bundesmitteln in Höhe von 460.000 Euro für Kampfmittelbeseitigungsarbeiten im Zusammenhang mit Baugrunduntersuchungen in der Entwurfsplanung. Dem Beklagten sei es unbenommen, die Kosten der Kampfmittelbeseitigung auf Verdachtsflächen ganz oder teilweise dem Grundstückseigentümer aufzuerlegen. Dies folge aus Ziffer 1.1. des Runderlasses des Innenministeriums NRW vom 9. November 2007. Demnach würden Liegenschaften der Klägerin wie bundeseigene Liegenschaften behandelt und die Zeichnung eines Vereinbarungsentwurfes verlangt. 11Das Eisenbahn-Bundesamt lehnte die Mittelfreigabe ab. Der Beklagte habe die Kosten der Sondierungs- und Kampfmittelbeseitigungsarbeiten zu tragen. Dessen Rechtsauffassung, dass Liegenschaften der Klägerin wie bundeseigene Liegenschaften zu behandeln seien und deshalb die beigeladene Bundesrepublik Deutschland die Kosten zu tragen habe, sei zweifelhaft. Dies ergebe sich zusätzlich aus den Förderrichtlinien des Bundes („EBA-Handbuch“), wonach Grundstücke der Deutschen Bahn nicht bundeseigen seien. 12Hierauf beantragte die Klägerin bei dem Beklagten die Übernahme der Kampfmittelsondierungs- und -beseitigungskosten. Die Verpflichtung des Landes folge aus der sog. „Staatspraxis“, wonach laut Erlass des Bundesfinanzministeriums vom 4. Mai 1995 infolge der Bahnreform privatisierte Grundstücke nicht wie bundeseigene Grundstücke zu behandeln seien. 13Mit Schreiben vom 8. März 2011 lehnte für den Beklagten das Ministerium für Inneres und Kommunales die Kostentragung ab. Auch bei ehemals bundeseigenen Liegenschaften werde der Grundstückseigentümer für die Kosten der Kampfmittelräumung in Anspruch genommen. Dies gelte für Bahn und Post genauso wie für andere Erwerber von Bundesliegenschaften. Entsprechend sei in der Vergangenheit bei Schienenwegearbeiten verfahren worden. Dabei sei es zu keinerlei Schwierigkeiten gekommen. Der Betreuungszuschlag von 7 Prozent beruhe auf der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und sei seit dem Jahre 2000 in einer Vereinbarung zwischen dem Land NRW und dem Bundesfinanzministerium festgeschrieben und unbeanstandet. Für alle anderen „Drittaufträge“ werde diese Pauschale ebenfalls angewandt. 14Um das Bauvorhaben nicht weiter zu verzögern, gab das Eisenbahn-Bundesamt der Klägerin mit Schreiben vom 15. Juli 2011 für Kampfmittelbeseitigungsarbeiten im Rahmen des Vorhabens „Rhein-Ruhr-Express“ Bundesmittel in Höhe von 100.000,00 Euro als Baukostenzuschuss nach dem Bundesschienenwegeausbaugesetz frei. Die Freigabe war u.a. mit folgender Auflagen verbunden: 15„1. Die DB führt bei Inanspruchnahme der hiermit freigegebenen Mittel eine gerichtliche Klärung hinsichtlich der Rechtmäßigkeit der vom Bundesland Nordrhein-Westfalen im Bereich der Kampfmittelbeseitigung vorgenommenen Gleichsetzung von Grundeigentum der DB Netz AG mit den ehemaligen reichseigenen Grundstücken des Bundes (vgl. RdErl. d. Innenministeriums NRW vom 09.11.2007, Nummer 1.1.) herbei. Die Rechtsauffassung des Landes NRW, nach der Liegenschaften der DB Netz AG wie bundeseigene Liegenschaften zu behandeln wären, steht nämlich im Widerspruch zum Erlass des BMF vom 04.05.1995 (V B 2-VV 5042-110/95). Hiernach sind Grundstücke, die infolge der Bahn- und Postreform privatisiert wurden, grundsätzlich nicht wie bundeseigene Liegenschaften zu behandeln. Ferner ist die Rechtsgrundlage, auf welcher der vom Land geforderte Betreuungskostenzuschlag basiert, unklar […]“. 16Die Klägerin hat am 12. Oktober 2012 Klage erhoben. Sie trägt vor: 17Der Verwaltungsrechtsweg sei eröffnet, da sich die Kampfmittelbeseitigung einschließlich vorbereitender und begleitender Maßnahmen nach öffentlich-rechtlichen Vorschriften richte. Die örtliche Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts folge aus § 52 Nr. 5 VwGO. 18Die Klage sei auch als Feststellungsklage zulässig. Insbesondere bestehe zwischen der Klägerin und dem Beklagten ein Rechtsverhältnis i. S. d. § 43 Abs. 1 VwGO. Der Beklagte berühme sich eines Kostenerstattungsanspruchs gegenüber der Klägerin. Das Rechtsverhältnis habe sich auch dahingehend verdichtet, dass zum einen für die laut Bodengutachten erforderlichen Bohraufschlüsse Sicherheitsdetektionen des Kampfmittelräumdienstes durchzuführen seien. Zum anderen verlange der Beklagte die Zeichnung einer Verwaltungsvereinbarung, die die Kostenfolgen zu Lasten der Klägerin regele. Es bestehe auch ein Meinungsstreit darüber, wer die Kosten im Planfeststellungsbereich 1 zu tragen habe: Der Beklagte sei der Auffassung, die Kosten seien von der Klägerin zu tragen, weil die Klägerin nach der Staatspraxis als „Verwalterin“ für „mittelbare Liegenschaften“ des Bundes kostenpflichtig sei. Die Klägerin stehe dagegen auf dem Standpunkt, dass sie wie ein „privater Dritter“ zu behandeln sei. Der Beklagte sei daher nach den Grundsätzen der Selbstbindung der Verwaltung in Verbindung mit Ziffer 2 des Runderlasses vom 9. November 2007 zur Übernahme der Kosten gegenüber dem Eigentümer (Zustandsstörer) verpflichtet. 19Ein Feststellungsinteresse bestehe unter dem Gesichtspunkt der Wiederholungsgefahr, da sich die Kostenfrage nicht nur für den Planfeststellungsbereich 1, sondern auch bei künftigen Planfeststellungsbereichen bzw. Ausbauvorhaben der Klägerin stellen werde. 20In der Sache trägt die Klägerin vor, der Beklagte dürfe sie nicht in Anspruch nehmen. Zwar sei die Klägerin gemäß § 18 OBG NRW zustandsverantwortlich für die von ihren Grundstücken ausgehenden Gefahren. Sie sei jedoch von den Kostenfolgen für Sondierungs- und Räumungsmaßnahmen – wie jeder Dritte – aus Billigkeitsgesichts-punkten sowie aufgrund der Selbstbindung der Verwaltung freizustellen. Der Runderlass des Landes vom 9. November 2007 sehe in Ziffer 2 für das Verhältnis „Staat-Dritte“ ausdrücklich die Kostentragung des Landes für Ortserkundung, Detektion, feststellende Bodeneigriffe und Räumung einschließlich Entschärfung und Sprengung vor. Dagegen fehle dem beklagten Land für die Regelung in Ziffer 1.1 des Runderlasses, wonach die Kosten für Liegenschaften der Bahn ebenso wie bei bundeseigenen Grundstücken der Beigeladenen anheimfielen, die Kompetenz. Vielmehr sei der Bundesfinanzminister im Einklang mit Art. 120 GG und Art. 19 Abs. 2 Nr. 1 des Allgemeinen Kriegsfolgengesetzes – AKG – berechtigt gewesen, die Behandlung der durch die Bahnreform privatisierten Grundstücke als nicht bundeseigene Grundstücke zu regeln und die Staatspraxis zu konkretisieren. Der entgegenstehende Erlass des Beklagten sei insoweit kompetenzwidrig und unbeachtlich. Zudem werde allein durch eine frühere Eigentümerstellung keine Zustandshaftung begründet. 21Die Klägerin beantragt, 22festzustellen, dass das beklagte Land die Klägerin für die im Rahmen des Projektes Rhein-Ruhr-Express (RRX) im Planfeststellungsbereich 1 entstehenden Kosten der Kampfmittelsondierung und -räumung einschließlich einer Betreuungskostenpauschale in Höhe von 7 Prozent des an eine Räumungsfirma zu zahlenden Rechnungsbetrages (ohne Mehrwertsteuer) nicht in Anspruch nehmen darf. 23Das beklagte Land beantragt, 24die Klage abzuweisen. 25Es trägt vor: In tatsächlicher Hinsicht sei es zutreffend, dass es die Klägerin bislang nicht von den Kosten der Kampfmittelräumung entlang von Eisenbahninfrastrukturen freigestellt habe. Zwar würden private Grundstückseigentümer aus Billigkeitserwägungen grundsätzlich von den Kosten für Bergung, Entschärfung, Vernichtung und Abtransport der Kampfmittel freigestellt. Sie trügen nur die Kosten für vor- und nachbereitende sowie begleitende Maßnahmen. Diese Freistellung gelte allerdings nicht für die Eigentümer von Grundstücken, die der Bund an Private veräußert habe. In solchen Fällen vertrete der Bund die Auffassung, dass der Erwerber das Grundstück entweder entmunitioniert oder zu einem günstigeren Preis erhalten habe, wofür er dann das Kampfmittelrisiko trage. Vor diesem Hintergrund werde der private Eigentümer (vollständig) in Anspruch genommen (Ziffer 1.2 des Runderlasses vom 9. November 2007). 26In rechtlicher Hinsicht sei die Klage abzuweisen. Sie sei bereits unschlüssig. Abgesehen von bestehenden Zulässigkeitsbedenken in Bezug auf die Subsidiarität der Feststellungsklage ergebe sich aus Art. 104a GG bzw. Art. 120 GG kein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis, auf das sich die Klägerin berufen könne. Ein solches bestehe allenfalls zwischen dem Beklagten und der Beigeladenen. Die Klägerin habe aber für eine Drittfeststellungsklage kein schutzwürdiges Interesse, da dieses Rechtsverhältnis nicht für ein anderes Rechtsverhältnis zwischen ihr und dem Beklagten vorgreiflich sei. 27Darüber hinaus sei die Klage auch unbegründet. Der Beklagte sei gegenüber der Klägerin nicht verpflichtet, auf den Liegenschaften der Klägerin die Kosten der Kampfmittelräumung im Rahmen des Vorhabens Rhein-Ruhr-Express zu tragen. 28Der Beklagte macht insoweit geltend, zur Übernahme dieser Kosten sei im Verhältnis zum Beklagten die Beigeladene verpflichtet. Das ergebe sich aus Art. 120 Abs. 1 Satz 1 GG in Verbindung mit der „Staatspraxis“. Demnach komme es auf die bis zum 1. Oktober 1965 geübte Praxis der Kostenverteilung zwischen Bund und Ländern an. Diese habe sich so dargestellt, dass der Bund die Kosten für die Erkundung, Räumung und Beseitigung ehemals reichseigener Munition stets und von alliierter Munition nur dann trug, sofern sich diese auf bundeseigenen Grundstücken befunden habe. Die Bahnflächen seien nach der Staatspraxis stets wie bundeseigene Grundstücke behandelt worden. Daran habe sich durch die formelle Privatisierung der Bahn nichts geändert. Die entsprechenden Grundstücke stünden mittelbar immer noch im Eigentum des Bundes. Eine solche mittelbare Eigentümerstellung habe das Bundesverwaltungsgericht in dem von der Klägerin zitierten Urteil vom 31. Mai 2012 in Bezug auf Flächen der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) für ausreichend erachtet. Zudem könne sich die Beigeladene ihrer finanziellen Verantwortung für die Kriegsfolgelasten nicht dadurch entziehen, dass sie für die Wahrnehmung eigener Aufgaben erforderliche Liegenschaften auf einen selbstständigen Verwaltungsträger auslagere. Die Bahnreform habe nichts an der rechtlichen und wirtschaftlichen Zuordnung geändert. Mittelbar handele es sich um Liegenschaften des Bundes. Dies folge unmittelbar aus Art. 120 Abs. 1 Satz 2 und 3 GG. Diese Bestimmungen sollten die verfassungsrechtlichen Grenzen der Kostentragung für Kriegsfolgelasten abschließend regeln. Daher sei es mit Art. 120 GG unvereinbar, wenn sich der Bund durch Organisationsgesetze oder durch eine formelle Privatisierung seiner verfassungsrechtlichen Verantwortung entledigen könne. Dies sei erst recht nicht in Gestalt eines ministeriellen Erlasses möglich; hierdurch könne die Staatspraxis nicht nachträglich geändert bzw. – wie die Klägerin meine – „konkretisiert“ werden; derartige Erlasse seien zudem nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 14. Juni 2006 – 3 A 6.05 –) rechtlich irrelevant. Da die Aufwendungen der künftigen Kampfmittelräumung unbestritten auch der Abwehr von Gefahren im Sinne von § 19 Abs. 2 Nr. 1 AKG dienten – mit Blick auf die zahlreichen Kampfmittelfunde anlässlich früherer Trassenausbaumaßnahmen in NRW bestehe auch bei dem RRX-Projekt eine hohe Wahrscheinlichkeit von Kampfmittelfunden –, hafte für die diesbezüglichen Kosten nicht der Beklagte, sondern die Beigeladene. Dies gelte nicht nur für die ehemals reichseigene, sondern auch für alliierte Munition. 29Aber selbst wenn die Staatspraxis nicht eingreifen würde, müsste der Beklagte die Kosten nicht übernehmen. Vielmehr hätte die Klägerin als Zustandsverantwortliche für die Kosten der Kampfmittelräumung auf den Grundstücken in ihrem Eigentum einzustehen. Der Beklagte sei nicht zustandsverantwortlich und damit nicht kostenpflichtig. Dies gelte auch dann, wenn eine Verpflichtung des Beklagten bestehen sollte, die Kosten nicht bei der Klägerin geltend zu machen. Insoweit müsse – wie gezeigt – die Beigeladene einstehen. Darüber hinaus bestehe auch keine Pflicht, die Klägerin von den Kosten freizustellen. Sie könne sich als nicht grundrechtsfähiges Unternehmen nicht darauf berufen, aus Billigkeitsgründen nicht in Anspruch genommen zu werden. Ruinöse Folgen seien aufgrund der Kampfmittelbeseitigung nicht vorgetragen und auch nicht zu erwarten. Im Übrigen kamen Billigkeitserwägungen laut Erlass nur bei Privatpersonen zum Tragen; die Klägerin könne insoweit keinen Anspruch auf Gleichbehandlung aus Art. 3 GG und der Selbstbindung der Verwaltung herleiten. Die Klägerin übersehe, dass sie das Grundstück vom Bund erworben habe. Diese Eigentümer würden aber in ständiger Praxis gerade zu den Kosten herangezogen. Schließlich sei die Klägerin als bundes(un)mittelbares Unternehmen mit den aus Billigkeitsgründen freigestellten Privaten nicht vergleichbar. 30Hierauf erwiderte die Klägerin, sie sei nicht mit der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) vergleichbar. Diese sei eine unmittelbare rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts unter der Rechts- und Fachaufsicht des Bundesfinanzministeriums. Demgegenüber seien gemäß Art. 87e Abs. 3 Satz 1 GG Eisenbahnen des Bundes als Wirtschaftsunternehmen in privatrechtlicher Form zu führen. Mit der Grundgesetzänderung habe deren wirtschaftliche, organisatorische und finanzielle Selbstständigkeit befördert werden sollen. Ihre kommerzielle Ausrichtung habe abgesichert, ihnen habe unternehmerische Selbstbestimmung eingeräumt werden sollen. Durch Übertragung der Schienenwege auf die Klägerin habe gerade ein unternehmerischer Handlungszwang geschaffen werden sollen. Die Deutsche Bahn AG habe ausweislich der Gesetzesbegründung gerade nicht ähnlich einer Behörde die Schienenwege lediglich verwalten, sondern sie „als eigenes unternehmerisches Produktionsmittel wirtschaftlich optimal nutzen“ sollen. Etwaige Veräußerungen durch die Deutsche Bahn AG zögen nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (Beschluss vom 22. November 2011 – 2 BvE 3/08 –) weder Einnahmen noch Ausgaben des Bundes nach sich; dem Bund flössen keine Mittel zu. Er selbst veräußere auch keine Vermögensgegenstände. Die Klägerin sei Eigentümerin der Liegenschaften, nicht der Bund. Daher sei die Klägerin kostenrechtlich mit privaten Dritten gleichzustellen. Dass die Betreuungskosten mit 7 Prozent zu hoch angesetzt seien, habe das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 31. Mai 2012 ebenfalls ausdrücklich festgestellt. 31Darüber hinaus sei zweifelhaft, ob der Beklagte tatsächlich wie er vorgibt, von einer Kostenpflicht des Bundes ausgehe. In dem Fall könnte er den Bund in Anspruch nehmen, wozu er nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts auch vorrangig verpflichtet wäre. Dann aber wäre die Klägerin nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 31. Mai 2012 – 3 A 1.11 –) freizustellen, denn einer Heranziehung durch den Beklagten könnte sie die Regelungen des Art. 120 Abs. 1 GG i.V.m. der Staatspraxis entgegenhalten. Beides geschehe jedoch nicht. Der Beklagte halte vielmehr – wie die früher abgeschlossenen Verwaltungsvereinbarungen belegten – die Klägerin für kostenpflichtig. Die Klägerin gehe jedoch davon aus, dass eine bundeseigene Liegenschaft infolge der Bahnreform und der Privatisierung der Infrastrukturunternehmen nicht mehr gegeben sei. Folglich handele es sich nicht mehr um bundeseigene Liegenschaften. Der Erlass des Bundesfinanzministers vom 4. Juni 1995 habe dies lediglich nachvollzogen. 32Im Übrigen dürfe der Beklagte die Klägerin auch aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht in Anspruch nehmen. Der Eigentümer eines Grundstücks hafte als Zustandsstörer nicht unbegrenzt, sondern aus Gründen der Verhältnismäßigkeit nur eingeschränkt mit dem Verkehrswert seines Grundstücks (BVerfG, Beschluss vom 16. Februar 2000 – 1 BvR 2002/315/99 –, BVerfGE 102,1). Die Trassengrundstücke der Klägerin seien aber nicht veräußerlich, hätten daher keinen Verkehrswert. 33Dem tritt der Beklagte entgegen: Selbst wenn man das Begehren der Klägerin dahingehend verstehen sollte, dass die Klägerin von dem Beklagten nicht in Anspruch genommen werden dürfe und in diesem Sinne freizustellen sei, sei die Klage unbegründet. Erstens bestreite der beigeladene Bund Ansprüche des Beklagten, zweitens seien die Verpflichtungen des Bundes auf die Klägerin übergegangen. Gemäß § 8 Abs. 1 Nr. 1 DBGrG seien die auf den Trassengrundstücken liegenden Verpflichtungen bereits im Wege der Gesamtrechtsnachfolge mit auf die DB AG übergegangen. Dessen ungeachtet seien die Verpflichtungen des Bundes der Klägerin auch deshalb zurechenbar, weil sich der Bund seiner materiellen Aufgaben nicht durch bloße Organisationsprivatisierung entledigen könne. Daher sei die Klägerin nicht gehalten, sich vorrangig an die Beigeladene zu halten. Das Ermessen des Beklagten sei hierdurch nicht eingeschränkt. Vielmehr stehe es dem Beklagten frei, entweder die Klägerin oder die Beigeladene in Anspruch zu nehmen. Die Gefahr einer Inanspruchnahme sowohl der Klägerin als auch der Beigeladenen bestehe nicht, zumal der Beklagte bereit sei, seine Ansprüche gegen die Beigeladene an die Klägerin abzutreten. 34Schließlich könne die Klägerin nicht beanstanden, dass die vom Beklagten geforderte Betreuungspauschale von 7 Prozent zu hoch sei. Projektbezogene Betreuungskosten gehörten zu den Kriegsfolgelasten in Form von Zweckausgaben. Diese habe nach der vor dem Stichtag geübten Erstattungspraxis die Beigeladene getragen. Hierfür hafte die Klägerin auch nach ihrer Organisationsprivatisierung weiter. Soweit die Klägerin aus der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 31. Mai 2012 eine niedrigere Pauschale ableiten wolle, werde schon der Gehalt dieser Entscheidung völlig verkannt. Hierauf komme es aber letztlich nicht an. Denn die Beigeladene habe mit dem Beklagten am 24. Januar 2000 / 7. März 2000 eine Verwaltungsvereinbarung abgeschlossen, nach der der Bund dem Beklagten für dessen Aufwand für die Planung der Räumungsmaßnahmen, die Vergabe des Auftrags an eine Räumungsfirma, die Abnahme und die Schlussrechnung eine Pauschale von 7 Prozent der geprüften Rechnungsbeträge erstatten müsse. An diese Vereinbarung sei die Beigeladene gebunden. 35Die Beigeladene hat keinen Sachantrag gestellt und sich auch sonst nicht geäußert. 36Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge ergänzend Bezug genommen. 37Entscheidungsgründe: 38Der auf (negative) Feststellung des Nichtbestehens eines Zahlungsanspruchs des Beklagten gerichtete Klageantrag hat Erfolg. 39I. Die Klage ist zulässig. 401. Der Verwaltungsrechtsweg ist mangels Sonderzuweisungen gemäß § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO eröffnet. Es handelt sich um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit, denn die Beteiligten streiten vorliegend zum einen um Rechte und Pflichten im Rahmen der Gefahrenabwehr, namentlich der Kampfmittelbeseitigung. Die Normen über die Gefahrenabwehr gehören dem öffentlichen Recht an, da sie einen Hoheitsträger berechtigen und verpflichten. Auch soweit sich der Rechtsstreit auf Fragen der Kostenerstattung für die Kampfmittelbeseitigung bezieht, handelt es sich um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit. Die demnach maßgeblichen Vorschriften richten sich nach öffentlichem Recht. Dies gilt auch, soweit die Klägerin ihr Begehren auf Art. 120 Grundgesetz (GG) und die damit verbundene Staatspraxis stützt. 41BVerwG, Urteile vom 19. Februar 2004 – 3 A 2.03 –, NVwZ 2004, 1125, juris Rn. 23, und vom 14. Juni 2006 – 3 A 6/05 –, NVwZ-RR 2007, 75 [76], juris Rn. 7. 42Die Streitigkeit ist auch nichtverfassungsrechtlicher Art, weil die streitgegenständlichen Rechtsverhältnisse dem Verwaltungsrecht zuzuordnen sind. Dies betrifft auch Ansprüche aus Art. 120 GG, die aus einem Verwaltungshandeln des Landes entstehen. 43BVerwG, Urteile vom 31. Mai 2012 – 3 A 1.11 –, NVwZ-RR 2012, 787 = Buchholz Art. 120 GG Nr 10, juris Rn. 22, und vom 16. Dezember 1999 – 3 A 1.99 –, Buchholz Art. 120 GG Nr 6, juris Rn. 16, jeweils m.w.N. 442. Das angerufene Verwaltungsgericht Düsseldorf ist sachlich (a) und örtlich (b) zuständig. 45a) Das Verwaltungsgericht ist gemäß § 45 VwGO sachlich zuständig. Eine erstinstanzliche Spezialzuständigkeit ist weder bezüglich des Bundesverwaltungsgerichts (aa) noch des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW) gegeben (bb). 46aa) Insbesondere ist das Bundesverwaltungsgericht nicht nach § 50 Abs. 1 Nr. 1 VwGO zuständig. Es liegt kein Bund-Länder-Streit vor. Dazu wäre ein Streit zwischen dem Bund als solchem und einem Land als solchem erforderlich. Denn ein Beteiligter am Bund-Länder-Streit muss prinzipiell in der Lage sein, auch verfassungsrechtliche Streitigkeiten miteinander zu führen. Dies ist bei einer bundesunmittelbaren juristischen Person des öffentlichen Rechts oder einem öffentlich-rechtlichen Sondervermögen, das unter eigenem Namen klagen oder verklagt werden kann, nicht der Fall. 47BVerwG, Beschluss vom 12. Dezember 2002 – 3 A 1.02 –, BVerwGE 117, 244, juris Rn. 3 ff., zum Bundeseisenbahnvermögen; Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 50 Rn. 6. 48Dies gilt für die Klägerin als privatwirtschaftlich organisiertes Unternehmen erst recht. 49bb) Eine erstinstanzliche Zuständigkeit des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW) ist ebenfalls nicht gegeben. Sie ist namentlich nicht über § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7, Satz 2 VwGO eröffnet. Zwar liegen dem Vorhaben „RRX“ mehrere Planfeststellungsverfahren zugrunde. Der vorliegende Rechtsstreit betrifft jedoch nicht spezifisch die Planfeststellungsverfahren zum Ausbau öffentlicher Eisenbahnstrecken; er ist auch losgelöst von eisenbahnrechtlichen Regelungen oder Genehmigungen. 50Vgl. auch VG Berlin, Urteil vom 25. September 2012 – 1 K 339.10 –, juris Rn. 22. 51b) Die örtliche Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts Düsseldorf folgt aus § 52 Nr. 5 VwGO. § 52 Nr. 1 VwGO ist nicht einschlägig, weil sich die Streitigkeit nicht unmittelbar auf die Grundstücke der Klägerin und damit unbewegliche Vermögensgegenstände bezieht, sondern nur auf Geldforderungen aus dem Ausbau von Bahnanlagen. 52Vgl. VG Köln, Urteil vom 22. April 2005 – 11 K 6557/03 –, juris Rn. 39 m.w.N. 53Da auch die Tatbestände des § 52 Nr. 2 bis 4 VwGO nicht eingreifen, bleibt es bei der an den Beklagtensitz (Düsseldorf) anknüpfenden Auffangzuständigkeit nach § 52 Nr. 5 VwGO. 543. Die Feststellungsklage ist statthaft. 55a) Es liegt ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis im Sinne des § 43 Abs. 1 VwGO vor. Darunter sind die rechtlichen Beziehungen zu verstehen, die sich aus einem konkreten Sachverhalt aufgrund einer öffentlich-rechtlichen Norm für das Verhältnis von (natürlichen oder juristischen) Personen untereinander oder einer Person zu einer Sache ergeben, kraft deren eine der beteiligten Personen etwas Bestimmtes tun muss, kann oder darf oder nicht zu tun braucht. Rechtliche Beziehungen haben sich nur dann zu einem solchen Rechtsverhältnis verdichtet, wenn die Anwendung einer bestimmten Norm des öffentlichen Rechts auf einen bereits übersehbaren Sachverhalt streitig ist. 56Vgl. BVerwG, Urteil vom 26. Januar 1996 –8 C 19.94 –, BVerwGE 100, 262 (264 f.), juris. 57Der Streit der Beteiligten betrifft die Bedeutung und Tragweite des Art. 120 GG i.V.m. der Staatspraxis nebst der hierzu ergangenen Schreiben und Erlasse des Bundesfinanzministers und des Beklagten, sowie deren Anwendung auf einen konkreten Sachverhalt, nämlich in Gestalt der Rechtsauffassung des Beklagten, im Rahmen des RRX-Projektes Kostenerstattung von der Klägerin verlangen zu dürfen. Der Beklagte berühmt sich des Rechts, in dieser Weise auch künftig – offenbar auf der Grundlage der Ziffern 1.1 oder 1.2 des Runderlasses vom 9. November 2007 – vorgehen, diese Rechtsposition im Wege einer entsprechenden Verwaltungsvereinbarung nachzeichnen und widrigenfalls („im Einzelfall“) auch mit Zwangsmitteln durchsetzen zu dürfen. Die Klägerin bestreitet das Bestehen eines solchen Rechts. Insofern sind die Rechtsbeziehungen in einem konkreten Sachverhalt hinreichend verdichtet. Dies reicht zur Begründung eines gegenwärtigen Rechtsverhältnisses aus, zumal die Hauptbeteiligten bereits in der Vergangenheit entsprechende Verwaltungsvereinbarungen gezeichnet hatten. 58b) Die Statthaftigkeit der Feststellungsklage wird nicht durch den Subsidiaritätsgrundsatz in Frage gestellt. § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO greift nur in den Fällen ein, in denen sich das mit der Klage erstrebte Ziel mit einer Gestaltungs- oder Leistungsklage ebenso gut oder besser erreichen lässt. Der Gesetzgeber will den Rückgriff auf die Feststellungsklage verhindern, wenn für die Rechtsverfolgung ein unmittelbareres, sachnäheres und wirksameres Verfahren zur Verfügung steht. Davon kann dort keine Rede sein, wo die Feststellungsklage einen Rechtsschutz gewährleistet, der weiter reicht als ein einzelnes Leistungsbegehren. Als effektiver erweist sich die Feststellungsklage insbesondere dann, wenn sich durch sie eine Vielzahl potenzieller Anfechtungsprozesse vermeiden lässt. 59BVerwG, Urteil vom 24. Juni 2004 – 4 C 11/03 –, BVerwGE 121, 152 ff., juris Rn. 19. 60Dies trifft für die auf der Grundlage des Runderlasses vom 9. November 2007 für den Fall des Scheiterns der Verwaltungsvereinbarung drohenden Kostenbescheide zu. Auszugehen ist für den hier streitgegenständlichen Bereich von dem Baugrundgutachten, das – bezogen auf den Planfeststellungsbereich 1.1 – bereits Bestandteil des Planfeststellungsbeschlusses vom 21. August 2014 ist (vgl. S. 9 des Beschlusses, abrufbar unter www.eba.bund.de) und unstreitig notwendige Bohraufschlüsse nach sich zieht. Der Kampfmittelräumdienst der Bezirksregierung „empfiehlt“ in diesen Fällen eine Kampfmittelsondierung, behält sich aber – ebenfalls unstreitig – im Einzelfall Zwangsmaßnahmen nach dem Verwaltungsvollstreckungsgesetz NRW vor. Der Beklagte hat bereits signalisiert, die Klägerin als Störer kostenrechtlich in Anspruch zu nehmen. Die grundsätzliche Möglichkeit, eine etwaige Kostenentscheidung anzufechten und im Rahmen dieses Rechtsstreits die Frage nach dem Vorliegen oder Nichtvorliegen entsprechender Einwendungen gegen den von dem Beklagten behaupteten Kostenanspruch klären zu lassen, nötigt nicht zu einer abweichenden Beurteilung. Denn diese Frage würde sich aufgrund der Größe des Projekts RRX und der zahlreichen noch anhängigen Planfeststellungsverfahren (vgl. hierzu die aktuelle Aufstellung unter www.rrx.de) in einer Vielzahl potenzieller Anfechtungsklagen stellen. Kann aber die zwischen den Beteiligten streitige Frage sachgerecht und in voller Übereinstimmung mit dem Rechtsschutzinteresse durch Feststellungsurteil geklärt werden, verbietet es sich, die Klägerin auf eine Gestaltungsklage zu verweisen, wo der Kern des Anliegens bloße Vorfrage wäre, deren Klärung im Übrigen im Einzelfall aufgrund fraglicher Entscheidungserheblichkeit möglicherweise ungewiss wäre. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Feststellungsklage im vorliegenden Fall als effektivere Rechtsschutzform dar. 61Vgl. BVerwG, Urteil vom 24. Juni 2004 – 4 C 11/03 –, juris Rn. 19; Sodan/Ziekow, VwGO, 4 Aufl. 2014, § 43 Rn. 122 f.; vgl. auch VG Berlin, Urteil vom 25. September 2012 – 1 K 339.10 –, juris Rn. 34. 62Keiner Entscheidung bedarf daher, ob der dem Freigabebescheid des Eisenbahn-Bundesamtes vom 15. Juli 2011 beigefügten Auflage ein materiellrechtlicher Gehalt innewohnt, mit dem zum Zweck einer sinnvollen Gestaltung der Rechtsbeziehungen zwischen den Verfahrensbeteiligten ein Weg beschritten wird, auf dem das prozessuale Hindernis der Subsidiarität nicht mehr im Wege steht. 63Vgl. BVerwG, Urteil vom 12. März 1982 – 4 C 80.80 –, DVBl. 1982, 841, juris. 64Lediglich ergänzend sei angemerkt, dass der Klägerin mit einer Anfechtung der vorgenannten Auflage nicht gedient gewesen wäre. Weder hätte sie dadurch einer Inanspruchnahme durch den Beklagten entgehen noch eine Klärung der grundsätzlichen Rechtsfrage erwirken können. Zu erwägen wäre in diesem Zusammenhang allenfalls, ob die Beigeladene zur Klärung der Grundsatzfrage nicht direkt den Beklagten hätte in Anspruch nehmen müssen. Eine entsprechende Feststellungsklage (vor dem Bundesverwaltungsgericht, vgl. § 50 Abs. 1 Nr. 1 VwGO) stand und steht ihr prinzipiell offen. Ob die Beigeladene diesen Weg beschreitet oder nicht, entzieht sich jedoch dem Einflussbereich der Klägerin, so dass ihr ein diesbezügliches Unterlassen der Beigeladenen im vorliegenden Rechtsstreit prozessual nicht zum Nachteil gereichen darf. 65Lässt sich aber dem eigentlichen Rechtsschutzanliegen der Klägerin mit einer Feststellungsklage nicht bloß ebenso gut, sondern eher besser als mit einer Anfechtungs- klage Rechnung tragen, so steht § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO der Wahl dieser Klageart nicht entgegen. 66Vgl. BVerwG, Urteile vom 24. Juni 2004 – 4 C 11/03 –, juris Rn. 19, vom 7. September 1989 –7 C 4.89 –, NVwZ 1990, 162 und vom 29. April 1997 –1 C 2.95 –, NJW 1997, 2534, juris. 67c) Es besteht auch das nach § 43 Abs. 1 Satz 1 VwGO berechtigte Interesse an der begehrten Feststellung. Ein solches umfasst jedes als schutzwürdig anzuerkennende Interesse rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller Art. Es kann sich auf jede gegenwärtige Unsicherheit oder Ungewissheit in der Rechtsposition eines Klägers beziehen und liegt insbesondere dann vor, wenn der Beklagte eine vom Kläger in Anspruch genommene Rechtsposition bestreitet. Dies ist hier der Fall. Es besteht erhebliche Unsicherheit in der Rechtsposition sämtlicher Verfahrensbeteiligter, insbesondere weil die Klägerin ein Recht des Beklagten, sie wegen der Kosten für die Kampfmittelsondierung und –räumung in Anspruch zu nehmen, bestreitet. Ein Abwarten von Sanktionen ist der Klägerin aus vorstehenden Gründen nicht zuzumuten. 68Vgl. BVerwG, Urteil vom 30. November 2011 – 6 C 20/10 –, NVwZ 2012, 162, juris Rn. 13; OVG NRW, Urteil vom 15. Oktober 2003 – 6 A 4134/02 –, NWVBl. 2004, 320, juris Rn. 40 f. 69Überdies besteht ein berechtigtes Interesse unter dem Gesichtspunkt der Wiederholungsgefahr. Denn die Frage der Kostentragung bei Kampfmittelräumung stellt sich, worauf die Klägerin zu Recht hinweist, nicht lediglich im Planfeststellungsbereich 1, sondern konkret und mehrfach im Rahmen des gesamten RRX-Projektes. 70d) Schließlich ist die Klägerin klagebefugt, weil nicht von vornherein ausgeschlossen ist, dass der Beklagte die Klägerin nicht kostenmäßig in Anspruch nehmen darf. Diese Zulässigkeitsvoraussetzung, die in § 43 VwGO nicht genannt wird, in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts aber seit langem anerkannt ist, ist nur dann nicht erfüllt, wenn subjektive Rechte des Klägers offensichtlich und eindeutig nach keiner Betrachtungsweise verletzt sein können. Sie dient ebenso wie im Anwendungsbereich des § 42 Abs. 2 VwGO dazu, Popularklagen zu verhindern. 71Vgl. BVerwG, Urteil vom 24. Juni 2004 – 4 C 11.03 –, juris Rn. 20. 72II. Die Klage ist auch begründet. 73Die Klägerin darf von dem Beklagten nicht zur Kostentragung für eine Kampfmittelsondierung und -räumung in Anspruch genommen werden. Insofern mag offen bleiben, ob dies – wie die Klägerin meint – bereits aus Art. 3 Abs. 1 GG i.V.m. den Grundsätzen der Selbstbindung der Verwaltung und Ziffer 2 des landesrechtlichen Runderlasses vom 9. November 2007 folgt. Denn die Klägerin kann einer Inanspruchnahme durch den Beklagten jedenfalls die Bestimmungen aus Art. 120 Abs. 1 Satz 1 bis 3 GG in Verbindung mit der so genannten „Staatspraxis“ entgegenhalten. Der Beklagte ist insoweit gehalten, vorrangig die Beigeladene in Anspruch zu nehmen. Die genannten Bestimmungen des Art. 120 GG sind nämlich – einer Einwendung ähnlich – im Verhältnis zwischen der Klägerin und dem Beklagten anwendbar (1.). Das insoweit vorauszusetzende Bestehen eines verfassungsunmittelbaren Erstattungsanspruchs des Beklagten gegenüber der Beigeladenen aus Art. 120 Abs. 1 Satz 1 GG ist dem Grunde nach gegeben, so dass die Klägerin von dem Beklagten verlangen kann, sie nicht zu den Sondierungs- und Räumungskosten heranzuziehen (2.). 741. Die Klägerin kann sich gegenüber dem Beklagten auf Art. 120 Abs. 1 Satz 1 GG berufen. Danach trägt der Bund die inneren und äußeren Kriegsfolgelasten. Zwar sieht die Vorschrift eine Erstattung „nach näherer Bestimmung von Bundesgesetzen“ vor, die nicht erlassen sind. Diese Vorschrift ist aber ungeachtet dessen in bestimmten Fällen unmittelbar Grundlage für Ansprüche eines Bundeslandes gegen den Bund. Das gilt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts für die Räumung von Kampfmitteln aus dem Zweiten Weltkrieg, für die die Länder zuständig sind. 75Vgl. BVerwG, Urteile vom 31. Mai 2012 – 3 A 1.11 –, NVwZ-RR 2012, 787 = Buchholz 11 Art. 120 GG Nr. 10, juris Rn. 24, und vom 18. November 2010 –3 A 1.09 –, NVwZ 2011, 307 = Buchholz 11 Art. 120 GG Nr. 9, juris Rn. 16 m.w.N. 76Die Beseitigung der aus dem Zweiten Weltkrieg stammenden reichseigenen und ausländischen (alliierten) Kampfmittel ist eine Kriegsfolgelast. Mit diesem Begriff meint die Verfassung die Lasten solcher Kriegsfolgen, deren entscheidende – und in diesem Sinne alleinige – Ursache der Zweite Weltkrieg ist. 77BVerfG, Beschluss vom 16. Juni 1959 – 2 BvF 5/56 – Kriegsfolgelasten, BVerfGE 9, 305 (323), juris Rn. 64 ff.; vgl. auch BVerwG, Urteile vom 31. Mai 2012, – 3 A 1.11 –, juris Rn. 24, und vom 16. Dezember 1999 – BVerwG 3 A 1.99 –, Buchholz 11 Art. 120 GG Nr. 6 S. 3, juris. 78Die Verfassung sieht insofern selbst eine finanzwirtschaftliche Verteilung der Kriegsfolgelasten vor, die den Gesetzgeber bindet, auf die aber auch dann zurückzugreifen ist, wenn das von der Verfassung vorgesehene Gesetz fehlt oder es sich gemessen an Art. 120 GG als unzureichend erweist. 79BVerwG, Urteile vom 31. Mai 2012 – 3 A 1.11 –, juris Rn. 24, und vom 18. November 2010 –3 A 1.09 –, juris Rn. 16 m.w.N. 80Zwar betrifft die Vorschrift lediglich eine Kostenverteilung zwischen Bund und Ländern. Es handelt sich um eine ausschließlich das Bund-Länder-Verhältnis regelnde finanzverfassungsrechtliche Vorschrift – Gemeinden und ihre Aufgabenträger zählen staatsverfassungsrechtlich zu den Ländern (vgl. Art. 106 Abs. 9 GG) –, die Ansprüche Dritter gegen die öffentliche Hand nicht begründet. 81Vgl. BVerfG, Urteil vom 24. Juli 1062 – 2 BvL 15/61, 2 BvL 16/61 – Fremdrentengesetz, BVerfGE, 14, 221, juris Rn. 47 ff.; Beschluss vom 18. Juli 2005 – 2 BvF 2/01 – Risikostrukturausgleich, BVerfGE 113, 167, juris Rn. 105, 114 ff.; BVerwG, Urteil vom 6. Juli 1966 – V C 79.65 –, DÖV 1967, 133 = Buchholz 11 Art. 120 GG Nr 4, juris Rn. 32 m.w.N.; zur Zurechnung der Kommunen zu den Ländern vgl. Muckel, in v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, 5. Aufl. 2005, Art. 120 Fn. 16 m.w.N. 82Art. 120 Abs. 1 GG erlangt jedoch nach der Interpretation des Bundesverwaltungsgerichts insoweit Wirkung über das Verhältnis Bund-Länder hinaus, als die Vorschrift ihrer Wertung nach auch von Dritten einer Inanspruchnahme durch das Land entgegengehalten werden kann. Die Vorschrift ist demnach als Grundentscheidung darüber aufzufassen, wer die Kosten endgültig tragen soll. Daraus folgt, dass ein Bundesland, dem Aufwendungen für Kriegsfolgen entstanden sind, aufgrund der Zuordnung von Kriegsfolgelasten an den Bund nicht verpflichtet ist, seine Rechte im Verhältnis zu Dritten zu suchen. Dann ist es aber folgerichtig anzunehmen, dass Dritte ihrer Kosteninanspruchnahme durch das Land – einer Einwendung ähnlich – entgegenhalten können, das Land könne Erstattung vom Bund verlangen. 83BVerwG, Urteil vom 31. Mai 2012 – 3 A 1.11 –, juris Rn. 42 –; Beschluss vom 8. November 2012 – 3 A 2.12 –, juris. - A.A. wohl noch Brand/Ristau, Rüstungskonversion, 1994, betreffend einen Gesetzesantrag mehrerer Bundesländer zum Erlass eines Rüstungsaltlastengesetzes, S. 92 ff., S. 108. 84Dem schließt sich die erkennende Kammer – nicht zuletzt aus Gründen der Verfahrenswirtschaftlichkeit – an. 85Diese Entscheidungen stehen nicht in Widerspruch zu der bindenden Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und der früheren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, wonach die Vorschrift des Art. 120 GG als finanzverfassungsrechtliche Regelung ausschließlich das Bund-Länder-Verhältnis betreffe und aus ihr keine Ansprüche Dritter gegen die öffentliche Hand hergeleitet werden könnten. Im Verhältnis der Klägerin zu dem Beklagten stehen Ansprüche aus Art. 120 GG nicht in Rede. Zu entscheiden ist vielmehr, wie sich im Verhältnis zu einem möglicherweise polizeirechtlich Verantwortlichen auswirkt, dass die Kostenverantwortung für Kriegsfolgelasten nach Art. 120 Abs. 1 Satz 1 GG im Bund-Länder-Verhältnis dem Bund zugewiesen ist. Dazu hat sich auch das Bundesverfassungsgericht bisher nicht geäußert. 86Vgl. BVerwG, Beschluss vom 8. November 2012 – 3 A 2.12 –, juris. 87Dem Einwendungscharakter des Art. 120 Abs. 1 GG kann auch nicht entgegengehalten werden, die Klägerin dürfe als ein von der Beigeladenen beherrschtes Staatsunternehmen nicht als einwendungsberechtigte Dritte eingestuft werden, zumal die vorliegende Fallkonstellation mit derjenigen, über die das Bundesverwaltungsgericht am 31. Mai 2012 (– 3 A 1.11 –) entschieden habe, nicht vergleichbar sei. Zwar trifft es zu, dass die in dieser Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts als gemäß Art. 120 Abs. 1 GG einwendungsberechtigt erachtete und letztlich von den Ländern Berlin und Brandenburg beherrschte Betreibergesellschaft der Berliner Flughäfen (BFG) nicht in einem vergleichbaren Näheverhältnis zu der Beigeladenen wie die Klägerin steht. Hierauf kommt es in diesem Zusammenhang jedoch nicht an. Zum einen hat das Bundesverwaltungsgericht seine Entscheidung mit der möglichen polizeirechtlichen Verantwortlichkeit der BFG – und nicht mit einer wie auch immer gearteten Staatsnähe – begründet. Diese (Zustands-)Verantwortlichkeit ist indes sowohl bei der BFG (als Pächterin) als auch bei der Klägerin (als bestehende oder künftige Eigentümerin der Bahnliegenschaften bzw. Inhaberin der tatsächlichen Gewalt i.S.d. § 18 OBG NRW) gegeben. Zum anderen ist die Einstufung der Klägerin als „Dritte“ auch deshalb geboten, weil Art. 120 Abs. 1 GG die kriegsfolgenkostenrechtliche Letztverantwortlichkeit ausschließlich der Gebietskörperschaft Bund – und nicht etwa sonstigen Aufgabenträgern des Bundes zuweist. 88Vgl. BVerfG, Beschluss vom 18. Juli 2005 – 2 BvF 2/01 – Risikostrukturausgleich, juris Rn. 112; vgl. ähnlich zu Art. 110 GG: BVerfG, Beschluss vom 22. November 2011 - 2 BvE 3/08 – Bahnimmobilien, juris Rn. 26. 89Hiervon ausgehend ist das Land gehalten, die Kosten zunächst selbst zu tragen (bzw. etwaige Vorverauslagungen der Klägerin an diese zurückzuerstatten) und sodann ein etwaiges Erstattungsverlangen ausschließlich gegen die Beigeladene zu richten. Dies gilt jedenfalls dann, wenn sich – wie hier – ein Dritter ausdrücklich auf Art. 120 GG im Sinne einer Einwendung beruft und die Voraussetzungen eines Erstattungsanspruchs des Beklagten gegen die Beigeladene dem Grunde nach vorliegen. 902. Der Beklagte kann, soweit er Kosten für die Sondierung und Räumung der Kampfmittel auf den Liegenschaften der Klägerin im Rahmen des RRX-Projektes übernimmt, von der Beigeladenen Erstattung aus Art. 120 Abs. 1 Satz 1 GG verlangen. 91Voraussetzung eines solchen verfassungsunmittelbaren Anspruchs ist, dass die Beigeladene nach der bis zum 1. Oktober 1965 geübten Staatspraxis zur Übernahme der Kosten verpflichtet ist (a), eine unmittelbare Gefahr für Leben oder Gesundheit im Sinne von § 19 Abs. 2 Nr. 1 des Allgemeinen Kriegsfolgengesetzes – AKG – besteht (b), bei wertender Betrachtung ein Zurechnungs- bzw. Ursachenzusammenhang zwischen dem Vorhandensein von Kampfmitteln und der Gefahr besteht (c), der Erstattungsanspruch auch dem Umfang nach gegeben (d) und der Klägerin die Verpflichtung der Beigeladenen nicht nachträglich zuzurechnen ist (e). Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. 92a) Die Rechtsgrundlage eines Anspruchs des Beklagten ergibt sich aus Art. 120 Abs. 1 Satz 1 GG. Zwar bestimmt Art. 104a Abs. 1 GG, dass der Bund und die Länder gesondert die Ausgaben tragen, die sich aus der Wahrnehmung ihrer Aufgaben ergeben. Die Räumung von Kampfmitteln aus dem Zweiten Weltkrieg ist eine Aufgabe der Gefahrenabwehr, die nach Art. 30 GG den Ländern obliegt; danach wären die entsprechenden Kosten von den Ländern zu tragen. Die Bestimmung macht jedoch einen ausdrücklichen Vorbehalt für abweichende Regelungen durch das Grundgesetz selbst. Eine solche Regelung enthält Art. 120 Abs. 1 GG, wonach der Bund die Aufwendungen für die inneren und äußeren Kriegsfolgelasten nach näherer Bestimmung von Bundesgesetzen trägt. Diese Vorschrift regelt unmittelbar und verbindlich die Kostentragungspflicht des Bundes für Kriegsfolgelasten. Zwar überlässt die Vorschrift die nähere Bestimmung dem Bundesgesetzgeber. Ihm ist dadurch aber nicht gestattet, den Begriff „Kriegsfolgelasten“ nach seinen Vorstellungen abzugrenzen. Ebenso wenig enthält der Gesetzesvorbehalt eine Ermächtigung für den Bundesgesetzgeber, den Ländern ganz oder teilweise Kriegsfolgelasten aufzubürden oder sich seiner Kostentragungspflicht dadurch zu entziehen, dass er trotz zwingender und betragsmäßig feststehender Aufwendungen der Länder keine Gesetze erlässt. 93BVerwG, Urteil vom 14. Juni 2006 – 3 A 6.05 –, DÖV 2007, 164 = Buchholz 11 Art 120 GG Nr 8, juris Rn. 9 unter Hinweis auf BVerfG, Beschluss vom 16. Juni 1959 – 2 BvF 5/56 –, BVerfGE 9, 305, 318, 325, und Siekmann, in: Sachs, GG, Art. 120 Rn. 16; Urteil vom 20. Februar 1997 – BVerwG 3 A 2.95 –, Buchholz 11 Art. 120 GG Nr. 5, juris. 94Mangels gesetzlicher Konkretisierung bestimmt sich die Verteilung der Lasten aus der Beseitigung derartiger Kampfmittel zwischen Bund und Ländern nach der bis zum 1. Oktober 1965 geübten Staatspraxis. Das ergibt sich aus Art. 120 Abs. 1 Satz 3 GG. Nach dieser Bestimmung ist der Bund zur Übernahme von Aufwendungen für Kriegsfolgelasten, die – wie hier – in Bundesgesetzen weder geregelt worden sind noch geregelt werden, nicht verpflichtet, wenn diese Aufwendungen bis zum 1. Oktober 1965 von den Ländern und Gemeinden (Gemeindeverbänden) oder sonstigen Aufgabenträgern, die Aufgaben von Ländern oder Gemeinden erfüllen, erbracht worden sind. Ausdrücklich ist dort zwar nur von den Aufwendungen für Kriegsfolgelasten die Rede, die die Länder und ihre Untergliederungen bis zum 1. Oktober 1965 erbracht haben. Dies ist ersichtlich eine Ausnahme von dem Grundsatz des Art. 120 Abs. 1 Satz 1 GG. Im Umkehrschluss bedeutet dies jedoch, dass der Bund entsprechend der verfassungsmäßigen Kostenzuordnung des Art. 120 Abs. 1 Satz 1 GG Aufwendungen zu tragen hat, die er vor dem 1. Oktober 1965 schon erbracht hatte. Der Verfassungsgeber ist mithin davon ausgegangen, dass die bis dahin bestehende Lastenverteilung durch eine „allgemeine Schutzklausel“ festgeschrieben werden sollte und der Bund zur Übernahme der Aufwendungen für solche Kriegsfolgelasten verpflichtet bleibt, die zu diesem Zeitpunkt von ihm – und nicht von den Ländern, Gemeinden oder Gemeindeverbänden – getragen worden waren. Es sollte also der seinerzeit bestehende durch die bisherige Staatspraxis geprägte status quo aufrechterhalten bleiben. 95BVerwG, Urteile vom 31. Mai 2012, – 3 A 1.11 –, juris Rn. 25, und vom 14. Juni 2006 – 3 A 6.05 –, juris Rn. 11 und 14; vgl. auch den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes vom 15. August 1964, BT-Drs. 4/2524 S. 8 f.; Sturm, DVBl 1965, 719, 723. – Nach h.M. folgt das Fortbestehen der Verpflichtung des Bundes daraus, dass Satz 3 nur eine konstitutive Ausnahme von der Regel des Satzes 1 darstellt, nach Satz 1 also der Bund an sich zur Übernahme auch von nur landesgesetzlich oder überhaupt nicht geregelten Kriegsfolgelasten verpflichtet ist, vgl. v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, 5. Aufl 2005, Art. 120 Rn. 14. 96Die von Art. 120 Abs. 1 Satz 3 GG in Bezug genommene „Staatspraxis“ ist in Kap. 3.2 Abs. 2 der Arbeitshilfen zur wirtschaftlichen Erkundung, Planung und Räumung von Kampfmitteln auf Liegenschaften des Bundes 97Arbeitshilfen Kampfmittelräumung - AH KMR - Stand: 31. Oktober 2007, abrufbar unter www.arbeitshilfen-kampfmittelraeumung.de 98zutreffend festgehalten. Nach der dort wiedergegebenen Übung trägt der Bund die Beseitigungskosten auf seinen eigenen Liegenschaften, unabhängig davon, ob es sich um ehemals reichseigene oder ausländische Kampfmittel handelt. Auf nicht bundeseigenen Liegenschaften trägt der Bund die Beseitigungskosten hingegen nur für die ehemals reichseigenen Kampfmittel. 99Vgl. BVerwG, Urteil vom 31. Mai 2012 – 3 A 1.11 –, juris Rn. 26. 100Grundlage dieser Staatspraxis sind – soweit es um die Entmunitionierung bundeseigener Grundstücke ging – Zusagen des Bundes aus den Jahren 1956 und 1959, wonach Maßnahmen zur Kampfmittelbeseitigung auf bundeseigenen Grundstücken ab dem 1. April 1956 von den zuständigen Landesbehörden im Benehmen mit dem das Grundstück nutzenden bzw. benötigenden Bundesministerium veranlasst und dem Land die Kosten von diesem Ministerium erstattet werden. 101Vgl. die Schreiben des Bundesfinanzministers vom 24. Juni 1959 – V B 3 – 0 4013 – 260/59 und vom 4. Mai 1995 – V B 2 – VV 5042 – 110/95, S. 3; BT-Drucks. 3/62, S. 177. 102Als bundeseigen galten nicht nur im Eigentum des Bundes stehende Liegenschaften, sondern auch solche unter Bundesverwaltung. 103Vgl. die Antwort des Staatssekretärs des Bundesfinanzministeriums Hartmann im Rahmen der Fragestunde für die 6. Sitzung des Deutschen Bundestages vom 6. Dezember 1957: „Ab 1. April 1956 trägt der Bund weiterhin die Entmunitionierungskosten, soweit es sich um Bundesliegenschaften oder um Liegenschaften handelt, die unter Bundesverwaltung stehen. […]“, BT-Drucks. 3/62, S. 177; vgl. auch RdErl. des Innenministers NRW vom 13. März 1963 – V III C 3/20.37.02 (Ziffer 1). 104Anknüpfungsgrund für die Einstufung als bundeseigen oder nicht war – soweit ersichtlich – die „Verfügbarkeit“ der Liegenschaft „für Zwecke des Bundes“ (vgl. das Schreiben des BMF vom 4. Mai 1995, S. 3). Dies entsprach auch einem Grundsatz des AKG, die kriegsfolgenrechtliche Verantwortlichkeit eines Hoheitsträgers nicht nur auf sein Eigentum, sondern auch auf die unter seiner Verwaltung stehenden Gegenstände zu erstrecken. 105Vgl. § 2 Nr. 3 AKG („in das Eigentum oder die Verwaltung des Bundes oder eines anderen öffentlichen Rechtsträgers gelangten Sache“), § 25 Abs. 2 Nr. 1 AKG („in das Eigentum oder in die Verwaltung eines anderen öffentlichen Rechtsträgers als des Bundes übergegangen“); vgl. auch die Verwaltungsvorschriften zum AKG – VV-AKG 01/2007, S. 4 (D I 1.1). 106Dass sich an der Erstreckung auf Liegenschaften unter Bundesverwaltung etwas durch die Schreiben bzw. Erlasse des Bundesfinanzministeriums von 1958/59, die ausdrücklich nur bundeseigene Grundstücke erfassen, etwas substanziell geändert haben könnte, ist nicht ersichtlich. 107Vor diesem Hintergrund wurden nach der bis zum Stichtag (1. Oktober 1965) geübten Staatspraxis neben den Bundesautobahnen und Bundeswasserstraßen auch das Gelände der Bundespost und der Bundesbahn – letztere war ein nicht rechtsfähiges Sondervermögen des Bundes unter bundeseigener Verwaltung (vgl. §§ 1, 2 BundesbahnG) – als bundeseigen eingestuft. 108Vgl. Thilo, DÖV 1997, 725, 726; RdErl. des Innenministers NRW vom 13. März 1963 – VIII C 3.20.37.02 (Ziffer 2); vgl. auch das Schreiben des BMF vom 4. Mai 1995, S. 5, unter Hinweis auf VV-AKG D 3.5, wonach die Grundstücke von Sondervermögen und Bundesbetrieben im Sinne von § 26 BHO wie bundeseigene Grundstücke behandelt wurden. 109Das Gericht legt ferner zugrunde, dass nach der Staatspraxis ein Wechsel im Eigentum oder der Verfügungsbefugnis über eine Liegenschaft jedenfalls regelmäßig auch einen Wechsel der Kostenlast für die Kampfmittelräumung nach sich zog. So entstand die Kostenpflichtigkeit des Bundes neu, sobald eine Liegenschaft nachträglich in dessen Eigentum oder in die Verwaltung des Bundes gelangte (vgl. auch § 2 Nr. 3 AKG). Umgekehrt entfiel die Kostenpflicht, wenn der Bund seine Liegenschaften veräußerte oder die Verwaltung daran aufgab. In diesen Fällen nahm und nimmt das beklagte Land den (neuen) Verantwortlichen (i.d.R. den Eigentümer) über Ziffer 1.2 des Runderlasses vom 9. November 2007 in Anspruch („ehemals bundeseigene Liegenschaften“). Das Gericht geht davon aus, dass insoweit das Schreiben des Bundesfinanzministers vom 4. Mai 1995 (S. 3, letzter Abs.) auch die bis zum 1. Oktober 1965 bestehende Staatspraxis zutreffend wiedergibt. 110Ob ein Grundstück „bundeseigen“ ist bzw. „unter Bundesverwaltung“ steht, ist folglich nach den tatsächlich bestehenden Grundeigentums- bzw. Verwaltungsverhältnissen zum Zeitpunkt der Vornahme der kostenauslösenden Amtshandlung (Sondierung bzw. Räumung) zu beantworten. Im Übrigen wäre eine Beurteilung anhand der heute oftmals überholten Verhältnisse zum Stichtag 1. Oktober 1965 sinnwidrig. 111Vgl. auch BVerwG, Urteil vom 31. Mai 2012, juris Rn. 27, das zur Beurteilung, ob eine Liegenschaft „bundeseigen“ ist oder nicht, ohne weiteres auf die erst 2005 entstandene Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) abstellt. 112Von diesen Grundsätzen ausgehend sind die für das Projekt RRX maßgeblichen Liegenschaften der Klägerin als (mittelbar) bundeseigene bzw. unter Bundesverwaltung stehende Grundstücke im Sinne der Staatspraxis einzuordnen. Sie sind auch nach ihrer Übertragung auf die Klägerin, die entweder im Zuge der Bahnprivatisierung bereits erfolgt ist oder künftig noch – ggf. auch enteignungsrechtlich (vgl. §§ 21, 22 AEG) – erfolgen wird, nach wie vor „für Zwecke des Bundes verfügbar“ und damit „bundeseigen“ im Sinne der Staatspraxis. Denn sie unterliegen nach der verfassungsrechtlichen Ausgestaltung der Rechtsstellung der Eisenbahninfrastrukturunternehmen (aa) dem maßgeblichen, einer (mittelbaren) Bundesverwaltung vergleichbaren Einfluss des Bundes (bb). 113aa) Gemäß Art. 87e Abs.1 Satz 1 GG wird die Eisenbahnverkehrsverwaltung für Eisenbahnen des Bundes in bundeseigener Verwaltung geführt. „Eisenbahnen des Bundes“ sind, wie aus Art. 87e Abs. 3 Satz 2 GG folgt, sowohl Unternehmen, deren Gegenstand der Transport von Personen und Gütern auf der Schiene sind (Eisenbahnverkehrsverwaltung), als auch Unternehmen, deren Tätigkeit der Bau, die Unterhaltung und das Betreiben von Schienenwegen ist (Eisenbahninfrastruktur-unternehmen). Ob es sich um Eisenbahnen des Bundes handelt, hängt wie bei Art. 73 Nr. 6a GG von den Eigentumsverhältnissen ab. Infolge der Privatisierung der Bundeseisenbahnen kommt es darauf an, dass der Bund über die Mehrheit der Anteile an den Eisenbahnunternehmen verfügt. 114Vgl. Gersdorf, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, 5. Aufl. 2005, Art. 87e Rn.14; Windthorst, in: Sachs, GG, 6. Aufl. 2011, Art. 87e Rn. 15. 115Zur Eisenbahnverkehrsverwaltung gehört zum einen die sonderordnungsrechtliche Verwaltung im traditionellen Sinne, vor allem die Gefahrenabwehr im Zusammenhang mit dem Erbringen von Verkehrsdienstleistungen („auf der Schiene“) sowie dem Bau und dem Betreiben von Verkehrswegen („an der Schiene“). Zu diesen gefahrenabwehrrechtlichen Aufgaben zählen etwa bahnpolizeiliche Aufgaben, die Abwehr von Angriffen auf den Bahnverkehr und die Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten. Darüber hinaus beinhaltet Eisenbahnverkehrsverwaltung sonstige herkömmliche Verwaltungsaufgaben, insbesondere Hoheitsakte bei Planungs- und Leistungsverwaltung (z.B. die Erteilung von Genehmigungen und aufsichtliche Maßnahmen). 116Zum anderen beinhaltet Eisenbahnverkehrsverwaltung über den Wortlaut hinaus auch das Vorhalten der für den Transport von Personen und Gütern notwendigen Infrastruktur. Sie umfasst die gesamte Administrativtätigkeit, die der Bund in Wahrnehmung seines Infrastruktursicherungsauftrages nach Art. 87e Abs. 4 GG auszuüben verpflichtet ist. Hierzu gehören nicht nur der Bau, Ausbau und Erhalt des Gleiskörpers, sondern auch sämtliche begleitenden Maßnahmen zur Unterhaltung der Eisenbahninfrastruktur in einem betriebssicheren Zustand. Da nach dieser Vorschrift der Bund für eine Grundversorgung im Eisenbahnsektor Sorge zu tragen hat, muss er auch über die für den Vollzug entsprechender Infrastrukturgesetze erforderlichen Administrativbefugnisse verfügen. Innerhalb des Gewährleistungsbereichs des Art. 87e Abs. 4 GG schreibt die Verfassung daher obligatorische Bundesverwaltung verbindlich vor, die der Bund als Pflichtaufgabe der Leistungsverwaltung zur staatlichen Daseinsvorsorge wahrnimmt. Die Zugehörigkeit der Tätigkeit der Klägerin zum Aufgabenbereich der öffentlichen Verwaltung wird durch die Privatisierung der Eisenbahninfrastrukturunternehmen nicht in Frage gestellt. Die Privatisierung beschränkt sich auf die Organisationsform und stellt keine – auf dem Gebiet der Eisenbahninfrastruktur unzulässige – materielle Aufgabenprivatisierung dar. 117Vgl. BGH, Urteil vom 9. Dezember 2010 – 3 StR 312/10, juris Rn. 10 f. m.w.N.; BVerwG, Urteil vom 25. Oktober 2007 – 3 C 51.06 – juris; Gersdorf, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, 5. Aufl. 2005, Art. 87e Rn. 20; Windthorst, in: Sachs, GG, 6. Aufl. 2011, Art. 87e Rn. 16 f. 118Das Substrat dieser Bundesverwaltung ist indes gegenüber der nach Art. 87 Abs. 1 Satz 1 GG a.F. vorgeschriebenen Erfüllungsverwaltung deutlich verringert. Die Erbringung von Eisenbahndienstleistungen ist keine Verwaltungsaufgabe, dies ist Aufgabe der privatisierten Eisenbahnunternehmen. Denn nach Art. 87 Abs. 3 Satz 1 GG sind die Eisenbahnen des Bundes als Wirtschaftsunternehmen in privatwirtschaftlicher Form zu führen. Für den Bund besteht insoweit lediglich die Verwaltungsaufgabe, in dem von Art. 87a Abs. 4 GG vorgegebenen Umfang Dienstleistungen zu gewährleisten, und dies auch nur in einem verringerten Maße („Rechnung tragen“). Somit besteht im Rahmen von Art. 87 Abs. 4 GG keine staatliche Erfüllungsverantwortung, sondern nur noch eine auf die adäquate Grundversorgung mit Eisenbahninfrastrukturangeboten reduzierte Gewährleistungsverantwortung. 119Vgl. BGH, Urteil vom 16. Juli 2004 – 2 StR 486/03 –, juris Rn. 24; Möstl, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, Stand: 2006, Art. 87e Rn. 23, 180; Gersdorf, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, 5. Aufl. 2005, Art. 87e Rn. 21 ff.; Windthorst, in: Sachs, GG, 6. Aufl. 2011, Art. 87e Rn. 15. 120Ist damit zur Umsetzung des Sicherstellungsauftrages eine unmittelbare Bereitstellung u.a. der Infrastruktur über entsprechende Angebote und Dienstleistungen durch den Bund von Art. 87e Abs. 3 Satz 1 GG ausgeschlossen, muss der Bund zur Sicherstellung der nach Art 87e Abs. 4 GG erforderlichen Grundversorgung auf seine Eisenbahnunternehmen einwirken. Derartige Einwirkungsmöglichkeiten werden von Art. 87e Abs. 3 Satz 2 und 3 GG, wonach die Eisenbahninfrastrukturunternehmen im – zumindest mehrheitlichen – Eigentum des Bundes stehen, vorausgesetzt. Diesem Einwirkungsauftrag kann der Bund zum einen mit den Mitteln des Eisenbahnverwaltungsrechts (z.B. hoheitliche Regulierung von Netzzugang, Schienenwegeausbau einschließlich Verkehrs- und Bedarfsplanung, Genehmigungsverfahren für Streckenstilllegungen, ggf. Entgeltregulierung, Finanzhilfen für die Infrastruktur, öffentliche Auftragsvergaben) und zum anderen über eine unternehmensinterne Einflussnahme auf die Eisenbahninfrastrukturunternehmen nachkommen. 121Vgl. Möstl, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, Stand: 2006, Art. 87e Rn. 176; Ehlers, Gutachten zum Entwurf eines Gesetzes zur Neuordnung der Eisenbahnen des Bundes (EBNeuOG) vom 15. September 2007, S. 54 m.w.N.; BGH, Urteil vom 16. Juli 2004 – 2 StR 486/03 –, juris. 122bb) Ausgehend von diesen grundgesetzlichen Vorgaben verfügt die Beigeladene über maßgeblichen Einfluss auf den hier allein relevanten Umfang des von Kampfmitteln zu räumenden Liegenschaftsbestandes der Klägerin, so dass die als Ausbaustrecke für das Projekt RRX vorgesehenen Trassengrundstücke als „bundeseigen“ bzw. „unter Bundes-verwaltung“ im Sinne der Staatspraxis einzustufen sind. Dies ergibt sich im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtbetrachtung daraus, dass der Schienenwegeausbau für den Rhein-Ruhr-Express sowohl aufgrund hoheitlicher Regulierung (1) als auch über eine gesellschaftsrechtlichen Beteiligungsverwaltung des Bundes (2) weitreichenden Steuerungsmöglichkeiten der Beigeladenen unterliegt. 123(1) Die Beigeladene ist bereits aufgrund gesetzlicher und administrativer Instrumentarien in der Lage, den Erwerb von Liegenschaften durch die Klägerin, die zum Schienenwegeausbau notwendig sind, entscheidend zu steuern. Dies betrifft nicht nur die Unterhaltung, sondern auch und gerade den – unmittelbar liegenschaftsrelevanten – Neu- und Ausbau des Schienennetzes. 124Diesbezüglich hat der Gesetzgeber weitreichende Einwirkungsmöglichkeiten des Bundes durch das Bundesschienenwegeausbaugesetzes vom 15. November 1993 (BGBl. I S. 1874) in der Fassung vom 31. Oktober 2006 (BGBl. I S. 2407) – BSchWAG – vorgesehen. Welche Strecken neu bzw. ausgebaut werden, legt der Bund durch den Bedarfsplan zum BSchWAG fest. Eine Konkretisierung dieses Bedarfsplanes erfolgt durch vom Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung aufgestellte Fünfjahrespläne, die die Grundlage der Aufstellung von Ausbauplänen für die Bundesschienenwege bilden (§ 5 Abs. 1 BSchWAG). Nicht darin aufgeführte Strecken können gemäß § 6 BSchWAG nur in Ausnahmefällen aufgrund eines unvorhergesehenen Verkehrsbedarfs in die Ausbaupläne aufgenommen werden. Der Bedarfsplan ist alle fünf Jahre nach einer Prüfung durch das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung gegebenenfalls anzupassen, wobei die Aufstellung und Anpassung des Bedarfsplanes durch Gesetz vorgenommen werden (§ 4 Abs. 1 BSchWAG). 125Vorliegend ist die Ausbaustrecke Düsseldorf–Duisburg im Bedarfsplan für die Bundesschienenwege (Anlage zu § 1 BSchWAG) als neues Vorhaben des vordringlichen Bedarfs unter 1. Buchst. b lfd. Nr. 20 enthalten. Dies gilt ebenfalls für die Knoten Köln und Dortmund (1. Buchst. lfd. Nr. 28). Sie sind auch im Bundesverkehrswegeplan 2003 als neue Vorhaben des vordringlichen Bedarfs unter 7.2.1.2 Tabelle 13 lfd. Nr. 26 aufgeführt. 126Vgl. auch die Ergebnisse der Überprüfung der Bedarfspläne für die Bundesschienenwege und die Bundesfernstraßen vom 11. November 2010, S. 33, abrufbar unter www.bmvi.de/SharedDocs/DE/ Anlage/Internetredaktion/bedarfsplan-de.pdf?__blob=publicationFile. 127Zwar wird auf der Ebene des Schienenwegeausbaugesetzes und des Bundesverkehrswegeplans nur über die Frage des grundsätzlichen Bedarfs einer Maßnahme – Neubau eines Verkehrsweges oder Ausbau vorhandener Infrastruktur – entschieden und nicht die konkrete Projektplanung einschließlich Linienführung und Trassierung festgelegt. Der Bedarfsplan kann deshalb Entscheidungen auf den nachfolgenden Planungsstufen im Raumordnungs- und Planfeststellungsverfahren nicht vorwegnehmen oder ersetzen. Die Generalplanungsebene entscheidet somit, ob der verkehrliche Bedarf für ein nach Netzverknüpfung, Ausbautyp und Investitionskosten beschriebenes Projekt vorhanden ist und dass ggf. planerische Schritte zu seiner Realisierung einzuleiten sind; hiervon nicht erfasst ist die Entscheidung, wie ein Projekt realisiert werden soll. 128BT-Drs. 15/1656, S. 12 f. 129Dieser Umstand steht jedoch einer kampfmittelkostenrechtlichen Einordnung der für den RRX vorgesehenen Trassengrundstücke als bundeseigen bzw. bundesverwaltet nicht entgegen. Wenngleich die Klägerin als planungsrechtliche Vorhabenträgerin die Trassierung letztlich parzellenscharf plant und durchführt, legt doch der Bund über die Bedarfsplanung den Anfangs- und den Endpunkt der Neu- oder Ausbaustrecke fest und bestimmt damit insbesondere bei dem Ausbau vorhandener Infrastruktur – trotz des planfeststellungsrechtlichen Gestaltungsspielraums des Vorhabenträgers etwa bei der Wahl einer trassennahen oder trassenfernen Ausbauprojektierung und der Grunderwerbsplanung – jedenfalls abstrakt auch deren Verlauf. Dies gilt insbesondere bezüglich des Ausbauvorhabens Rhein-Ruhr-Express, für das der Planfeststellungsbeschluss vom 21. August 2014 – bezogen auf das Gesamtprojekt RRX – als einzige Alternative zum (trassennahen) Ausbau der bestehenden Strecken den Projektverzicht benennt („Nullvariante“) und etwaige Trassenvarianten ausdrücklich ausschließt (S. 6, 50). Zudem gilt der gesetzlich festgestellte Bedarf im späteren Genehmigungsverfahren gemäß § 1 Abs. 2 BSchWAG als Planrechtfertigung. Das bedeutet, dass die Feststellung des verkehrlichen Bedarfs einer Maßnahme für die nachfolgende Planfeststellung verbindlich ist (gestuftes Verfahren). Hinter dieser Grundentscheidung über die Streckenführung als solcher tritt die von der Klägerin als planfeststellungsrechtliche Vorhabenträgerin und Bauherrin vorzunehmende Feinsteuerung in kampfmittelkostenrechtlicher Hinsicht zurück. Letztere geht insoweit über eine die Bundesentscheidungen ausfüllende bzw. konkretisierende Tätigkeit nicht hinaus. Somit verbleibt die grundsätzliche Befugnis zur Festlegung der durchzuführenden Baumaßnahme beim Bund. 130Vgl. BGH, Urteil vom 3. Dezember 2010 – 3 StR 312/10, juris Rn. 27. 131Mag die Steuerungsmöglichkeit der Beigeladenen bezüglich des Erwerbs der jeweiligen Grundstücke noch Einschränkungen unterliegen, wird das aufgewogen, wenn es um deren Aufgabe geht. Ein maßgeblicher Gesichtspunkt der Vermögens- und damit der Grundstücksverwaltung ist die Befugnis zur Veräußerung, d.h. der Umwandlung von Vermögenswerten. Insofern steht dem beigeladenen Bund bereits ein erheblicher Einfluss zu, wenn die Bahn sich von Schienenwegen trennen will. Deren Stilllegung bedarf der Genehmigung des Eisenbahn-Bundesamtes (§ 11 AEG), 132vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 25. Oktober 2007 – 3 C 51.06 –, juris, BGH, Urteil vom 16. Juli 2004 – 2 StR 486/03 -, juris Rn. 28, 133ihre Veräußerung gar kraft Verfassung eines Bundesgesetzes (Art. 87 Abs. 5 Satz 2 GG). Insofern kommt der Beigeladenen die formell entscheidende Verwaltungskompetenz zu. Die Zulässigkeit der Veräußerung nicht bahnnotwendiger Liegenschaften aufgrund unternehmerischer Entscheidung der DB AG bleibt, da sie von Art. 87e Abs. 4 GG nicht erfasst wird, hiervon unberührt. 134Vgl. BVerfG, Beschluss vom 22. November 2011 (Bahnimmobilien) – 2 BvE 3/08 –, juris. 135Weiterhin spricht entscheidend für die bundeseigene Verwaltung, dass nach § 8 Abs. 1 Satz 2 BSchWAG der Bund den Bau, den Ausbau von Schienenwegen sowie Ersatzinvestitionen finanziert. Dies erfolgt im Rahmen der Erfüllung des Infrastruktursicherungsauftrages aus Artikel 87e Abs. 4 GG. 136BT-Drs. 15/1656, S. 12. 137Die Durchführung und die Finanzierung der in den Bedarfsplan aufgenommenen Baumaßnahmen geschieht gemäß § 9 BSchWAG auf der Grundlage von öffentlich-rechtlichen Verträgen zwischen der DB AG, die ihrerseits dauerhaft auf Zuschüsse des Bundes angewiesen ist, und der den Neu- oder Ausbau finanzierenden Gebietskörperschaft, d. h. in aller Regel dem Bund, in denen konkrete Vorgaben für die Verwendung der Gelder gemacht werden. Der Bund beeinflusst insofern nicht nur durch die Planung, sondern auch durch die Finanzierung die grundsätzliche Entscheidung darüber, welche Strecken aus- bzw. neu gebaut werden. Dabei gibt es allein im Bereich der Neu- und Ausbauinvestitionen, in die der überwiegende Teil der vom Bund zur Verfügung gestellten Haushaltsmittel fließt, konkrete Vorgaben für die Verwendung der Gelder durch öffentlich-rechtliche Verträge. 138Vgl. BGHSt, Urteile vom 9. Dezember 2010 – 3 StR 312/10 –, juris Rn. 19, 27, und vom 19. Juni 2008 – 3 StR 490/07 –, juris Rn. 18 f.; BT-Drucks. 12/5015, S. 11; BR-Drucks. 555/07, S. 1. 139Das ausschlaggebende Gewicht der Ausbaufinanzierung auf die Entscheidungen der Klägerin wird im vorliegenden Fall nicht zuletzt dadurch offenbar, dass die Klägerin das vorliegende Klageverfahren ausschließlich unter dem Druck eines drohenden Mittelentzuges durch das Eisenbahn-Bundesamt und in Erfüllung einer entsprechenden Auflage initiiert hat. 140(2) Darüber hinaus ist die Beigeladene in der Lage, gesellschaftsrechtlich auf den Liegenschaftsbestand der Klägerin einzuwirken. Der Bund hat als Alleinaktionär der Deutsche Bahn AG grundsätzlich einen maßgeblichen Einfluss (auch) auf die Geschäftstätigkeit der Klägerin bzw. ihres Vorstandes. 141Gemäß Art. 87e Abs. 3 Satz 2 GG stehen die Eisenbahnen des Bundes im Eigentum des Bundes. Infolge der reinen Organisationsprivatisierung bedeutet die Formulierung „im Eigentum des Bundes“, dass der Bund zumindest mehrheitliches Eigentum an den Anteilen dieser Gesellschaften hält (vgl. Art. 87e Abs. 3 Satz 3 GG). 142Vgl. Windthorst, in Sachs, GG, 6. Aufl. 2011, Art. 87e Rn. 50. 143Dass dem Bund im Rahmen von Art. 87e Abs. 4 GG die Möglichkeit – wenn nicht gar die Pflicht – zur Wahrnehmung gesellschaftsrechtlicher Steuerungsbefugnisse dem Grunde nach zusteht, ist weitestgehend anerkannt. Vorauszusetzen ist dabei, dass mit der Eigentümerstellung überhaupt wirksame gesellschaftsrechtliche Einflussmöglichkeiten einhergehen müssen, denn ansonsten ginge die Eigentümerstellung über das bloße Innehaben eines wertmäßigen Anteils nicht hinaus. 144Vgl. Möstl, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, Stand: 2006, Rn. 89 ff.; vgl. Gersdorf, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, 5. Aufl. 2005, Art. 87e Rn. 73 f.; Windthorst, in: Sachs, GG, Art. 87e Rn. 50, 67, 75 („unternehmensinterner Einfluss“ des Bundes als „verfassungsrechtlich abgesichertes Einflusspotential“). 145Art und Umfang der Einflussmöglichkeiten des Bundes sind im Einzelnen umstritten und nicht abschließend geklärt. Die Diskussion setzt eine Auseinandersetzung fort, die bereits die Entstehungsgeschichte des Art. 87e GG prägte. So brachte die Bundesregierung gegen die vom Bundesrat im Gesetzgebungsverfahren erhobene Forderung, der Bund müsse Eigentümer der Schienenwege bleiben, den Einwand an, durch die Übertragung des Eigentums an Schienenwegen auf die Deutsche Bahn AG solle gerade ein „unternehmerischer Handlungszwang“ geschaffen werden. Anderenfalls sei zu befürchten, dass die Deutsche Bahn AG „ähnlich einer Behörde“ die Schienenwege lediglich „verwalten“ und nicht „als eigenes unternehmerisches Produktionsmittel wirtschaftlich optimal nutzen“ werde. 146Vgl. BT-Drucks 12/5015, S. 16; zur Entstehungsgeschichte auch ausf. Gersdorf, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, 5. Aufl. 2005, Art. 87e Rn. 38 ff.; vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 22. November 2011 – 2 BvE 3/08 –, BVerfGE 129, 356 ff., juris Rn. 30. 147Dementsprechend sieht eine Auffassung die Verpflichtung aller Eisenbahnen auf das Prinzip privatwirtschaftlicher Leistungserbringung als dominanten und vorrangigen Gehalt des Art. 87e Abs. 3 GG an mit der Folge, dass rein gemeinwohlorientierte Einwirkungen des Bundes auf das Unternehmen jedenfalls nicht ohne einen Nachteilsausgleich gemäß § 311 Abs. 1 AktG unzulässig seien. 148vgl. Schmidt-Aßmann/Röhl, DÖV 1994, 577 (579 ff.); Gersdorf, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, 5. Aufl. 2005, Art. 87e Rn. 45 ff. 149Nach anderer Ansicht zielt Art. 87e Abs. 3 GG darauf, den Bund sozialpolitisch in die Pflicht zu nehmen und ihm die Mittel zu verschaffen, die für eine gemeinwohlorientierte Infrastruktursicherung erforderlich sind. Art. 87e Abs. 3 Satz 2 und 3 GG gewähre dem Bund ein Instrumentarium, mit dem er – neben anderen – seinen Infrastruktursicherungsauftrag gemäß Art. 87e Abs. 4 GG erfüllen könne. 150Vgl. Uerpmann, in: v. Münch/Kunig, GG, 6. Aufl. 2012, Art. 87e Rn. 12 f., 16; Ruge, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Hemel, GG, 13. Aufl. 2014, Art. 87e Rn. 25; diff. Möstl, in: Maunz/Dürig/Herzog, Grundgesetz, Stand: 2006; Art. 87e Rn. 89 ff.; vgl. zum Streitstand auch Masing, Rechtsgutachten zur Verfassungsmäßigkeit des Entwurfs des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung für ein Gesetz zur Neuordnung der Eisenbahnen des Bundes vom 8. Mai 2007, S. 11 ff. (abrufbar unter http://www.promobilitaet.de/media/file/413.Gutachten_Professor_Masing.pdf). 151Die Möglichkeit des Bundes, entscheidenden Einfluss auf das Vorstandspersonal und die Geschäftsleitung zu nehmen, wird indes von keiner Seite ausdrücklich infrage gestellt. So wird – im Gegenteil – darauf verwiesen, dass der Vorstand eines im Bundeseigentum stehenden Unternehmens trotz seiner Unabhängigkeit (§ 76 AktG) einer Veranlassung des Bundes in aller Regel folgen werde, weil die Mitglieder des Vorstands über den personalpolitischen Einfluss des Bundes persönlich abhängig seien. 152Masing, Rechtsgutachten, a.a.O., S. 14, unter Hinweis auf Hommelhoff/Schmidt-Aßmann, ZHR 160 (1996), 521 (555); vgl. auch BGH, Urteil vom 16. Juli 2004 – 2 StR 486/03 -, juris Rn. 30. 153Dies liegt darin begründet, dass der Bund als Alleinaktionär der Deutsche Bahn AG über gewichtige Personalkompetenzen und Überwachungsrechte (§§ 84, 111 AktG) verfügt, die sich auch auf die Geschäftstätigkeit des Vorstandes der Klägerin auswirken. Die Einflussnahme auf die Geschäftsleitung vermittelt sich insbesondere über die Aufsichtsratssitze, die einem Mehrheitsaktionär rechtlich zustehen. Maßgeblich ist hierfür zunächst der gesetzliche Rahmen zu Größe und Zusammensetzung der Aufsichtsräte. Die relativ geringste Repräsentanz eines Mehrheitsaktionärs ergibt sich insoweit für Unternehmen mit mehr als 20.000 Mitarbeitern, wie der DB Netz AG. Gemäß § 95 Abs. 1, 4 AktG i.V.m. § 7 MitbestG umfasst hier der Aufsichtsrat 20 Mitglieder, von denen jeweils 10 Mitglieder von den Arbeitnehmern bzw. Anteilseignern gestellt werden. Nach § 101 Abs. 1, 133 Abs. 1 Aktiengesetz werden die Vertreter der Anteilseigner von der Hauptversammlung mit einfacher Mehrheit gewählt. Daraus ergibt sich, dass der Mehrheitseigentümer mittels seiner Mehrheit in der Hauptversammlung die Anteilseignerbank vollständig besetzen kann. Dieser Einfluss wird weiter durch die Regeln zu Wahl und Stimmrecht des Aufsichtsratsvorsitzenden präzisiert, die im Ergebnis sicherstellen, dass sich im Streitfall die Anteilseignerbank durchsetzen kann (§§ 27 Abs. 1, 29 Abs. 2, 31 MitbestG). In der Sache bedeutet dies, dass der Mehrheitseigentümer über die von ihm bestellten Mitglieder des Aufsichtsrates bei allen nach Mehrheit zu treffenden Entscheidungen (§ 108 AktG) das letzte Wort hat. Damit liegt auch die Personalkompetenz mittelbar in der Hand des Mehrheitseigentümers. So geht die Entscheidung, wer als Vorstandsmitglied und wer als Vorstandsvorsitzender zu bestimmen – und ggf. abzuberufen – ist, letztlich auf den Mehrheitseigentümer zurück und kann von den in seiner Verantwortung entsandten Mitgliedern allein durchgesetzt werden (§ 84 AktG). Ferner verfügt der von dem Bund als Alleineigentümer beherrschte Aufsichtsrat über weitreichende Überwachungsrechte gegenüber dem Vorstand bis hin zu dem Recht, bestimmte Geschäfte seiner Zustimmung zu unterwerfen (§ 111 AktG). Er übt damit einen bestimmenden Einfluss auf die von ihm beherrschte Aktiengesellschaft aus. Aufgrund dieser realen Einwirkungsmacht des Alleinaktionärs ist auch der Unternehmensvorstand vollständig von dem aktuellen Vertrauen des Bundes abhängig. 154Vgl. Masing, Rechtsgutachten, a.a.O., S. 22 ff., 28 f.; Ehlers, Gutachten zum Entwurf eines Gesetzes zur Neuorganisation der Eisenbahnen des Bundes (EBNeuOG) vom 15. September 2007, S. 43 ff., 56 (Fn. 160) unter Hinweis auf eine Stellungnahme des Bundesministeriums der Justiz, vom 3. Mai 2007 - AZ III B 6 – 7410/20 – 35 110/2007 -, S. 5, wonach bei einer Aufgabe seiner Steuerung der Eisenbahninfrastrukturunternehmen „von innen“ der Bund „die Schienenwegepolitik […] letztlich aus der Hand“ gebe. 155Der praktische Anwendungsbereich solcher Einflussrechte ist damit von erheblicher Bedeutung. Die Gesellschafterrechte des Bundes haben die Aufgabe, die Kontrolle einer effektiven Unternehmensführung sicherzustellen. Diese werden durch das Fehlen eines Beherrschungsvertrages gemäß §§ 291 ff. AktG zwischen der Beigeladenen und der Deutsche Bahn AG nicht geschmälert. Ein Beherrschungsvertrag hätte (sogar) ein unmittelbares Weisungsrecht des Bundes mit der Folgepflicht für den Vorstand (§ 308 Abs. 1 und 2 AktG) begründet. Von dieser Möglichkeit hat der Bund indes keinen Gebrauch gemacht. Besteht kein Beherrschungsvertrag, bleibt er als Eigentümer berechtigt, die Belange des gemeinen Wohls dort zur Geltung zu bringen, wo diese mit betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten nicht konfligieren. Insbesondere darf nach § 311 Abs. 1 AktG ein herrschendes Unternehmen seinen Einfluss nicht dazu benutzen, eine abhängige Aktiengesellschaft zu veranlassen, Maßnahmen zu ihrem Nachteil zu treffen. Eine solche nachteilige Maßnahme wäre etwa die Erbringung vom Bund nach Art. 87e Abs. 4 GG geforderter, für die Bahn aber unrentabler Verkehrsleistungen. Etwas anderes gilt gemäß § 311 Abs. 1 AktG jedoch dann, wenn die Nachteile der Gesellschaft vollständig ausgeglichen werden, d.h. der Bund insoweit gegebenenfalls für einen finanziellen Ausgleich sorgt (sog. Nachteilsausgleich). 156Vgl. BGH, Urteil vom 16. Juli 2004 – 2 StR 386/03 –, juris Rn. 31, Masing, Rechtsgutachten, S. 15. 157Dieser Nachteilsausgleich ist bei dem Ausbauprojekt RRX, das in die Finanzierungslast des Bundes gemäß Art. 87e Abs. 4 GG fällt (s.o.), indes gegeben. 158Die für das Projekt RRX maßgeblichen Liegenschaften der Klägerin sind damit, wenngleich sie nicht im zivilrechtlichen Eigentum der Beigeladenen bzw. der Bundesanstalt für Immobilien stehen, im Rahmen des von Art. 87e Abs. 4 GG vorgegebenen Gewährleistungsauftrages „für die Zwecke des Bundes verfügbar“ und damit – wie die Grundstücke der Bundesanstalt für Immobilien auch – (mittelbar) „bundeseigen“ im Sinne der Staatspraxis. 159Vgl. auch BGH, Urteil vom 9. Dezember 2010 – 3 StR 312/10 –, Rn. 14 ff., der die Klägerin insgesamt als „verlängerten Arm des Staates“ einordnet, der strafrechtlich einer Behörde gleichzustellen ist. 160b) Die zu sondierenden und ggf. zu beseitigenden Kampfmittel sind im Sinne des § 19 Abs. 2 Nr. 1 AKG gefährlich. 161Soweit es um die Beseitigung ehemals reichseigener Munition ging, wurde die Staatspraxis in Anlehnung an § 19 Abs. 2 Nr. 1 des Gesetzes zur allgemeinen Regelung durch den Krieg und den Zusammenbruch des Deutschen Reiches entstandener Schäden vom 5. November 1957 (BGBl I S. 1747) – (Allgemeines Kriegsfolgengesetz – AKG) i.V.m. § 1004 BGB entwickelt. Danach sind Ansprüche i.S.v. § 1 AKG, die auf einer Verletzung des Eigentums oder anderer Rechte an einer Sache oder an einem Recht beruhen, noch zu erfüllen, wenn die Erfüllung des Anspruchs zur Abwendung einer unmittelbaren Gefahr für Leben oder Gesundheit erforderlich ist. Der Bundesfinanzminister hat sich in den Jahren 1958/1959 den Ländern gegenüber bereit erklärt, nach Maßgabe dieser Regelung die Kosten für die Beseitigung deutscher Munition auf nicht bundeseigenen Liegenschaften zu erstatten. 162Vgl. die Schreiben / Erlasse vom 20. Oktober 1958 – V B/3 – 0 4013 – 334/58 – und 24. Juni 1959, a.a.O.; BT-Drucks., 3/62, S. 178. 163Die Vorschrift hat demnach die Staatspraxis bis zum 1. Oktober 1965 geprägt, und zwar auch für das Auffinden alliierter Munition auf bundeseigenen Liegenschaften. Das Vorliegen ihrer tatbestandlichen Voraussetzungen ist daher auch nach diesem Zeitpunkt Bedingung für einen Erstattungsanspruch der Länder. Daher sind entsprechend § 19 Abs. 2 Nr. 1 AKG einem Land Aufwendungen für Kampfmittelbeseitigungen zu erstatten, wenn die Räumung zur Abwendung einer unmittelbaren Gefahr für Leben oder Gesundheit erforderlich war. 164Vgl. BVerwG, Urteile vom 31. Mai 2012 – 3 A 1.11 –, juris Rn. 29, und vom 14. Juni 2006 – 3 A 6.05 –, juris Rn. 14. 165Der Begriff der Gefahr ist nach allgemeinen polizeirechtlichen Grundsätzen zu konkretisieren. Gefahr ist danach die Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts. Welcher Grad an Wahrscheinlichkeit erforderlich ist, hängt davon ab, welche Rechtsgüter gefährdet werden und welches Schadensausmaß droht. Da § 19 Abs. 2 Nr. 1 AKG Gefahren für die hochrangigen Rechtsgüter Leben und Gesundheit im Blick hat, dürfen an die Wahrscheinlichkeit eines Schadens keine überzogenen Anforderungen gestellt werden; es genügt, dass die Möglichkeit von Schäden an diesen Rechtsgütern realistischerweise nicht ausgeschlossen werden kann. Auf die konkrete Absehbarkeit einer Detonation oder Detonationsneigung kommt es nicht an. 166BVerwG, Urteil vom 31. Mai 2012 – 3 A 1.11 –, juris Rn. 31, 34, 36 f. 167Ausgehend hiervon ist die Annahme einer Gefahr i.S.d. § 19 Abs. 2 Nr. 1 AKG gerechtfertigt. Denn in Anbetracht der von dem Beklagten im Einzelnen dargelegten Häufung von Kampfmittelfunden an Bahnhöfen und –strecken in NRW allein im Jahre 2012 einerseits 168– hinzu kam noch der Fund in Dortmund-Hörde Ende November 2014 mit zeitweiliger Stilllegung des Bahnverkehrs –, vgl. http://www.rp-online.de/nrw/staedte/bombe-in-dortmund-entschaerft-pluenderer-festgenommen-aid-1.4704249, 169und andererseits der historisch belegten Intensität, mit der die Eisenbahnverkehrsanlagen an Rhein und Ruhr vorrangig alliierten (Flächen-)Bombardements ausgesetzt waren, 170vgl. hierzu etwa ausführlich Blank, Ruhrschlacht – Das Ruhrgebiet im Kriegsjahr 1943, 2013, S. 54 ff.; ders., Bitter Ends – Die letzten Monate des Zweiten Weltkriegs im Ruhrgebiet 1944/45, 2015, S. 32 ff., vgl. auch http://de.wikipedia.org/wiki/Luftangriffe_auf_das_Ruhrgebiet#Beginn_des_ strategischen Bombenkriegs (Stand: 15. Januar 2015), 171besteht grundsätzlich eine beachtliche Wahrscheinlichkeit, dass es im Zuge der Untersuchungen im Planfeststellungsbereich 1 und darüber hinaus zu Kampfmittelfunden kommen wird. Von einer Gefahrenlage gehen schließlich auch die beiden Hauptbeteiligten übereinstimmend aus. 172c) Die Gefahr ist auch im Sinne von § 19 Abs. 2 Nr. 1 AKG unmittelbar. Voraussetzung hierfür ist, dass die Gefahr dem Bund (noch) zurechenbar und ihre Beseitigung dringlich ist. § 19 Abs. 2 Nr. 1 AKG bringt dies mit dem Begriff der Unmittelbarkeit zum Ausdruck. Die Staatspraxis verpflichtet den Bund nämlich nicht dazu, für die Beseitigung von Kampfmitteln schlechthin einzustehen. Gemeint ist eine zeitliche und wertungsmäßige Nähebeziehung zwischen dem Vorhandensein von Kampfmitteln und den möglichen Schäden dergestalt, dass Abhilfe keinen Aufschub duldet. Diese Nähe ist anzunehmen, wenn es bei einem Verlauf der Dinge, mit dem nicht nur theoretisch zu rechnen ist, jederzeit unkalkulierbar zu einem dem Bund zurechenbaren Schaden durch Kampfmittel kommen kann. Dieser Zurechnungszusammenhang ist bereits im Begriff der Kriegsfolgelast angelegt. Es kommt daher entscheidend darauf an, dass bei wertender Betrachtung das Vorhandensein von Kampfmitteln die prägende und damit maßgebliche – und nicht nur entfernte – Ursache von Gefahren ist. 173BVerwG, Urteil vom 31. Mai 2012 – 3 A 1.11 –, juris Rn. 35, 40. 174Dies erscheint im vorliegenden Fall nicht zweifelhaft. Ein Dazwischentreten anderweitiger Ursachen, die bei wertender Betrachtung das Vorhandensein von Kampfmitteln als entscheidende Ursache in den Hintergrund treten lassen könnten, ist nicht ersichtlich. Insbesondere die Bauarbeiten oder der Bahnbetrieb kommen nicht als vorrangige (Mit-) Ursachen in Betracht. Die Verantwortung des Bundes für die von Kampfmitteln ausgehenden Gefahren wird nicht durch Handeln Dritter verdrängt, mit dem sich diese innerhalb ihres Rechtskreises bewegen oder sonst sozialadäquat verhalten. 175Vgl. BVerwG, Urteil vom 31. Mai 2012 – 3 A 1.11 –, juris Rn. 38. 176d) Die von der Klägerin geltend gemachte Kostenfreistellung ist auch im Umfang nicht zu beanstanden. 177Der Erstattungsanspruch nach Art. 120 Abs. 1 Satz 1 GG umfasst nur die Kosten solcher Arbeiten, die im Hinblick auf die Beseitigung der unmittelbaren Gefahr notwendig sind. Mit dieser Beschränkung der Erstattungspflicht auf notwendige Kosten verpflichtet die Staatspraxis die mit der Räumung befassten Behörden zum Schutz der Beklagten, Aufwendungen nur im unvermeidlichen Umfang zu tätigen. Maßnahmen, für die Erstattung verlangt werden kann, dürfen nicht über dasjenige hinausgehen, was geeignet und erforderlich ist, die Gefahr durch Kampfmittel effektiv und schadlos zu beseitigen. 178BVerwG, Urteile vom 31. Mai 2012 – 3 A 1.11 –, juris Rn. 44, und vom 14. Juni 2006 – 3 A 6.05 –, juris Rn. 16. 179Dies beinhaltet auch die Kosten für Sondierungsmaßnahmen, die zur Aufklärung des Umfangs der Gefahr und der gebotenen Räumungsmaßnahmen erforderlich sind. Erstattungsfähig sind mithin die Kosten nicht nur für die Kampfmittelräumungsarbeiten an sich, sondern auch die Kosten für die Beprobung zur Erlangung einer repräsentativen Gefährdungsabschätzung im Vorfeld der Räumung. Hinzu kommen die Kosten von Vor- und Nebenarbeiten im Zusammenhang mit der Beräumung wie die Beseitigung von Bewuchs und Totholz in Trichter- und Grabenbereichen sowie das Einebnen von Grabungsstellen und das Umsetzen von Bodenmaterial zum Wiederherstellen des Geländes. 180Vgl. BVerwG, Urteil vom 31. Mai 2012 – 3 A 1.11 –, Rn. 45 f., Urteil vom 14. Juni 2006 – 3 A 6.05 –, juris Rn. 16. 181Ob die – von der Klägerin „auflagengemäß“ infrage gestellten – Betreuungskosten zu den notwendigen Aufwendungen im vorstehenden Sinne zählen, wird vorliegend dahinstehen können, weil dem Beklagten gegen die Klägerin bereits kein Anspruch auf die Nettokosten der Kampfmittelräumung zusteht (s.o.). Ein Anspruch auf die Nebenforderung liegt daher fern. Dessen ungeachtet ist die Frage – im Verhältnis zu der Beigeladenen – zu bejahen. 182Von der verfassungsmäßigen Kostenzuordnung erfasst sind auch projektbezogene Betreuungskosten, die dem Beklagten im Zusammenhang mit der Beauftragung einer Räumfirma als Aufwand für die Planung der Räummaßnahme, Vergabe des Auftrags an die Räumfirma, der Überwachung seiner Durchführung und der Abnahme der Schlussrechnung entstehen. Hierbei handelt es sich um Kriegsfolgelasten in Form von Zweckausgaben i.S.d. Art. 120 Abs. 1 GG. 183BVerwG, Urteil vom 20. Februar 1997 – 3 A 2.95 –, juris Rn. 12 ff.; Urteil vom 31. Mai 2012 – 3 A 1.11 –, juris Rn. 64. 184Die Berechtigung zur Erhebung einer Pauschale in Höhe von 7 Prozent der Rechnungsbeträge (ohne Mehrwertsteuer) folgt hier schon aus der von Beklagtenseite vorgelegten Rahmenvereinbarung, die am 7. März 2000 und am 24. Januar 2000 von dem Beklagten und der Beigeladenen ausdrücklich in Anlehnung an die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 20. Februar 1997 gezeichnet worden ist (GA Bl. 123/124). Diese Vereinbarung stellt einen öffentlich-rechtlichen Vertrag dar, an dessen Regelungen die Vertragsparteien in Ermangelung anderweitiger Anhaltspunkte nach wie vor gebunden sind (§§ 59 ff. VwVfG). Die Höhe der Kostenpauschale von 7 Prozent des Rechungsbetrages ist in § 2 der Vereinbarung fixiert. 185Ob ohne diese Vereinbarung erstattungsfähige Betreuungskosten nicht oder mit Blick auf die Wertungen des Finanzanpassungsgesetzes vom 30. Februar 1971 lediglich in geringerer Höhe angefallen wären, 186vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 31. Mai 2012 – 3 A 1.11 –, juris Rn. 64, 67, 187bedarf daher keiner Entscheidung. 188Dessen ungeachtet sind projektbezogene Betreuungskosten dann im Rahmen von Art. 120 GG erstattungsfähig, wenn sie nach der von den konkreten Beteiligten vor dem Stichtag 1. Oktober 1965 geübten Staatspraxis von der Beigeladenen gezahlt worden waren. Etwaige Aufklärungs-/Beweisschwierigkeiten gehen zu Lasten der Beigeladenen. 189Vgl. BVerwG, Urteile vom 20. Februar 1997 – 3 A 2.95 –, juris Rn. 15 f., vom 31. Mai 2012 – 3 A 1.11 –, juris Rn. 64, und vom 14. Juni 2006 – 3 A 6.05 –, juris Rn. 17. 190e) Entgegen der Ansicht des Beklagten muss sich die Klägerin die kriegsfolgenrechtliche Kostenlast des Bundes nicht zurechnen lassen. 191aa) Ein Zurechnungstatbestand folgt insbesondere nicht daraus, dass die Klägerin (partielle) Gesamtrechtsnachfolgerin der Beigeladenen ist. Denn Art. 120 GG weist – wie bereits dargelegt – die kostenrechtliche Letztverantwortlichkeit ausdrücklich nur der Gebietskörperschaft „Bund“ zu. 192Vgl. BVerfG, Beschluss vom 18. Juli 2005 – 2 BvF 2/01 – Risikostrukturausgleich, BVerfGE 113, 167, juris Rn. 112; BVerwG, Urteil vom 31. Mai 2012 – 3 A 1.11 –, juris Rn. 42 („[…] Grundentscheidungen zur Frage, wem die Kosten endgültig anzulasten sind“). 193Nichts anderes folgt aus der vom Beklagten angeführten Vorschrift des § 8 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes über die Gründung einer Deutsche Bahn Aktiengesellschaft (Deutsche Bahn Gründungsgesetz – DBGrG). Die Vorschrift bestimmt, dass mit Eintragung der Deutsche Bahn AG in das Handelsregister die aus dem Bundeseisenbahnvermögen ausgegliederten Teile einschließlich der Verbindlichkeiten jeweils als Gesamtheit (zunächst) auf die DB AG übergingen. Von derartigen Verbindlichkeiten sind Kriegsfolgekosten schon deshalb nicht erfasst, weil die verfassungsrechtliche Kostenzuordnung in dem durch Art. 120 Abs. 1 Satz 3 GG vorgegebenen Rahmen (Staatspraxis) nicht zugunsten des Bundes durch einfaches Bundesgesetz geändert werden kann. Dies wäre nur durch verfassungsänderndes Gesetz möglich. Zwar ist die Beigeladene nicht gehindert, nach dem Stichtag für bis dahin bundesgesetzlich nicht geregelte Kriegsfolgelasten Regelungen zu treffen, sie unterliegt insoweit dann aber hinsichtlich der Lastenverteilung wieder der Grundregel des Art. 120 Abs. 1 Satz 1 GG. 194So bereits die Begründung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung, BT-Drs. IV/2524, S. 9; Sturm, DVBl. 1965, 719 (723); Heckt, DÖV 1966, 10 (16); v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, 5. Aufl. 2005, Art. 120 Rn. 15; Siekmann, in: Sachs, GG, 6. Aufl. 2011, Art. 120 Rn. 21 m.w.N. 195Bereits aus diesem Grund scheidet die Annahme aus, das Eisenbahn-Neuordnungsgesetz vom 27. Dezember 1993 (BGBl. I S. 2378) – ENeuOG –, dessen Artikel 2 das DBGrG bildet, habe eine Überwälzung bahnliegenschaftsbezogener Kriegsfolgelasten auf die Deutsche Bahn AG bzw. später auch auf die privatisierten Eisenbahninfrastrukturunternehmen bewirkt. Dies war auch nicht beabsichtigt. Die Materialien zum Eisenbahnneuordnungsgesetz geben hierfür nichts her. Dass „Verbindlichkeiten“ i.S.d. § 8 Abs. 1 Nr. 1 DBGrG – oder auch des § 20 Abs. 1 Satz 2 des Gesetzes zur Zusammenführung und Neugliederung der Bundeseisenbahnen (Art. 1 ENeuOG) – Kriegsfolgekosten einschließen sollten, ist mit Blick auf die zivilrechtliche Ausrichtung dieser Vorschriften nicht ersichtlich. 196Vgl. BT-Drucks. 12/4609, S. 70, 79. 197Eine Neuregelung der Kriegsfolgelasten wird vielmehr seit etlichen Jahren durch immer wiederkehrende Gesetzesinitiativen des Bundesrates in Gestalt eines Rüstungsaltlastenfinanzierungsgesetzes angestrebt. Die bisherigen Entwürfe sind jedoch bislang stets am Widerstand der Bundesregierung gescheitert. 198Vgl. hierzu die jüngste Bundesratsinitiative vom 27. August 2014, BT-Drs. 18/2411, S. 1, 13. 199Schließlich ist ein Übergangstatbestand auch der Verfassung nicht zu entnehmen. Wortlaut und Entstehungsgeschichte von Art. 87e GG 200BT-Drucks. 12/5015 201geben für eine Einschränkung der Kriegsfolgenlast des Bundes aus Art. 120 GG nichts her. Letztere blieb vielmehr von der Bahnprivatisierung unberührt. Der Beklagte weist selbst mehrfach – insoweit zu Recht – darauf hin, dass der Bund sich den verfassungsrechtlichen Vorgaben des Art. 120 Abs. 1 GG nicht durch bloße Organisationsprivatisierung entziehen kann. Dies kann im Übrigen erst recht nicht durch das Schreiben des Bundesfinanzministers vom 4. Juni 1995 erfolgt sein. Dieses kann die Staatspraxis nicht nachträglich abändern oder „konkretisieren“, denn maßgeblich ist der am Stichtag 1. Oktober 1965 bestehende status quo. 202Vgl. BVerwG, Urteil vom 14. Juni 2006 – 3 A 6.05 –, juris Rn. 17. 203Die Befürchtung des Beklagten, durch die Organisationsprivatisierung würde ihm eine Durchsetzung seiner Ansprüche unzumutbar erschwert, ist ebenfalls unbegründet. Entsprechende Bund-Länder-Streitigkeiten sind nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts der von Art. 120 Abs. 1 GG vorgezeichnete Weg. Dieser verfassungsrechtliche Vorrang der kriegsfolgenrechtlichen Letztverantwortlichkeit des Bundes besteht unabhängig davon, ob die Beigeladene ihre Verpflichtungen anerkennt oder bestreitet. Dessen ungeachtet ist es dem Beklagten durchaus zuzumuten, sich erforderlichenfalls mit der Beigeladenen gerichtlich auseinanderzusetzen. Wie die Vielzahl der vor dem Bundesverwaltungsgericht zum Kriegsfolgenrecht in Bezug auf die Kosten für die Beseitigung von Kampfmitteln geführten Bund-Länder-Streitigkeiten zeigt, sind derartige Erstattungsprozesse auch keineswegs von vornherein aussichtslos. Eine eventuelle Weigerung der Beigeladenen zur Übernahme der ihr von der Verfassung zugewiesenen Kostenlast rechtfertigt vor diesem Hintergrund keine Kostenüberwälzung auf die Klägerin. 204Nichts anderes folgt aus dem von Beklagtenseite ins Feld geführten Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 25. September 2012 – 1 K 339/10 –. Darin wird zwar ausgeführt, dass die Störerhaftung auch eine private Gesellschaft als Zustandsverantwortliche treffen kann (juris Rn. 31). Diese Ausführungen betreffen indes lediglich die – vom Bundesverwaltungsgericht in der genannten Entscheidung vom 31. Mai 2012 (juris Rn. 42) ausdrücklich offen gelassene – Frage der gefahrenabwehrrechtlichen Verantwortlichkeit bzw. Störereigenschaft auf der so genannten Primärebene. Hiervon zu unterscheiden ist – auch nach der Entscheidung des Verwaltungsgerichts Berlin – die hier allein maßgebliche kostenrechtliche (Sekundär-)Ebene, für die Art. 120 Abs. 1 GG wiederum spezielle Vorgaben enthält. 205bb) Schließlich stellt es keinen Wertungswiderspruch dar, wenn die Klägerin einerseits als materiell (einwendungs-)berechtigte Dritte angesehen wird, sie aber andererseits als „verlängerter Arm des Staates“ gilt, 206vgl. BGHSt, Urteil vom 9. Dezember 2010 – 3 StR 312/10 –, juris, 207und deshalb ihre Grundstücke als bundeseigen bzw. bundesverwaltet eingeordnet werden. Die Qualifizierung der Liegenschaften als bundeseigen knüpft in verfassungsrechtlich sanktionierter Weise an die Staatspraxis an („Übung“). Maßgeblich ist daher insoweit der anhand rechtstatsächlicher Kriterien zu bewertende Grad an Einflussmöglichkeiten des Bundes. Dem steht nicht entgegen, dass die Klägerin formalrechtlich als eigenständiges Rechtssubjekt am Rechtsverkehr teilnimmt und als solche auch gegenüber dem Bund und den Ländern mit eigenen materiellen Rechtspositionen ausgestattet ist, die sich auch als Einwendungen manifestieren können. Denn Art. 120 Abs. 1 GG weist die kriegsfolgenkostenrechtliche Letztverantwortlichkeit ausschließlich der Gebietskörperschaft „Bund“ – und nicht etwa sonstigen Aufgabenträgern des Bundes – zu. 208BVerfG, Beschluss vom 18. Juli 2005 – 2 BvF 2/01 – Risikostrukturausgleich, juris Rn. 112; vgl. auch zu Art. 110 GG BVerfG, Beschluss vom 22. November 2011 - 2 BvE 3/08 – Bahnimmobilien, juris Rn. 26. 209Dieses Ergebnis ist letztlich die Konsequenz aus der verfassungsrechtlichen Konzeption, die für Eisenbahninfrastrukturunternehmen aufgrund der Privatisierungsschranken von Art. 87e Abs. 3 Satz 2 und 3, Abs. 4 GG lediglich eine begrenzte Eigenständigkeit vorsieht. Schließlich hat auch das Bundesverwaltungsgericht die Möglichkeit des Auseinanderfallens von dem Träger der Kostenlast nach Art. 120 Abs. 1 GG und dem (formellen) Liegenschaftsinhaber anerkannt. 210BVerwG, Urteil vom 31. Mai 2012 – 3 A 1.11 –, juris Rn. 27 für die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben. 211Dass die Einnahmen und Ausgaben der Klägerin aus Liegenschaftsgeschäften keine solchen der Gebietskörperschaft Bund darstellen, 212BVerfG, Beschluss vom 22. November 2011 - 2 BvE 3/08 -, juris Rn. 26 f., 213steht dem nicht entgegen. Sie betreffen allenfalls haushaltsrechtliche Fragen, ohne dass hieraus tragfähige Rückschlüsse auf die Nähebeziehung der Beigeladenen zu den Liegenschaften der Eisenbahninfrastrukturunternehmen und die Einflussmöglichkeiten der Beigeladenen hierauf gezogen werden könnten. 214Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1 und 3, 162 Abs. 3 VwGO. Die Beigeladene war nach Billigkeitsgesichtspunkten nicht an den Gerichtskosten zu beteiligen, da sie keinen Sachantrag gestellt und damit kein Kostenrisiko übernommen hat. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 709 ZPO. 215Die Berufung war wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache gemäß § 124a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen. Die hier entscheidungserhebliche Frage, ob die Kosten für die Kampfmittelsondierung /-räumung auf den Liegenschaften der Klägerin nach der allgemeinen Schutzklausel in Art. 120 Abs. 1 Satz 3 GG der beigeladenen Bundesrepublik Deutschland anheimfallen, ist allgemein klärungsbedürftig. Da es sich hierbei um eine Rechtsfrage handelt, die in erster Linie das Bund-Länder-Verhältnis betrifft, lässt die Kammer zugleich die Sprungrevision zu, § 134 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 i.V.m. § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. 216Beschluss: 217Der Streitwert wird auf 300.000,00 Euro festgesetzt. 218Gründe: 219Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1 GKG.
es wird festgestellt, dass das beklagte land die klägerin für die im rahmen des projektes rhein-ruhr-express (rrx) im planfeststellungsbereich 1 entstehenden kosten der kampfmittelsondierung und -räumung einschließlich einer betreuungskostenpauschale in höhe von 7 prozent des an eine räumungsfirma zu zahlenden rechnungsbetrages (ohne mehrwertsteuer) nicht in anspruch nehmen darf. das beklagte land trägt die kosten des verfahrens. hiervon ausgenommen sind die außergerichtlichen kosten der beigeladenen, die diese kosten selbst trägt. das urteil ist wegen der kosten gegen sicherheitsleistung in höhe des vollstreckungsfähigen betrages vorläufig vollstreckbar. die berufung wird zugelassen. die sprungrevision wird zugelassen. 1
2die beteiligten streiten darüber, wer im rahmen des schienenwegeausbauprojektes „rhein-ruhr-express“ (rrx) die kosten für die sondierung und die räumung von kampfmitteln entlang der ausbaustrecke zu tragen hat. 3die klägerin ist eine hundertprozentige tochtergesellschaft der deutsche bahn ag. sie ist als eisenbahninfrastrukturunternehmen eigentümerin und betreiberin der schienenwege der eisenbahnen des bundes. die klägerin ging im zuge der zweiten stufe der bahnreform zum 1. januar 1999 aus dem unternehmensbereich fahrweg der deutsche bahn ag hervor. die deutsche bahn ag war ihrerseits zum 1. januar 1994 als rechtsnachfolgerin der deutschen bundesbahn und der deutschen reichsbahn gegründet worden. 4die klägerin führt den trassenausbau des projekts rhein-ruhr-express (rrx) durch. für dieses system von beschleunigten regionalzügen müssen neben punktuellen maßnahmen insbesondere strecken durch erweiterung bestehender trassen von zwei auf vier (zwischen köln-mülheim bis düsseldorf-reisholz) bzw. von vier auf sechs gleise (zwischen düsseldorf-reisholz und duisburg-großenbaum) ausgebaut werden. der ausbau erfolgt nach maßgabe des bundesschienenwegeausbaugesetzes. der rrx ist eine bedarfsplanmaßnahme in der finanzierungslast des bundes. die klägerin hat die planfeststellung für drei abschnitte im ersten von insgesamt sechs planfeststellungsbereichen beantragt. weitere anträge liegen für den vierten und teile des fünften planfeststellungsbereichs vor. planfeststellungsbeschlüsse sind bis november 2014 für zwei (teil-)bereiche ergangen – für abschnitt 4.0 (mülheim/ruhr-styrum bis mülheim/ruhr-heißen) unter dem 31. oktober 2013 und für abschnitt 1.1 (köln-mülheim bis köln-stammheim) unter dem 21. august 2014. 5für die erdarbeiten sind rammsondierungen und bohraufschlüsse zur bestimmung der gründungsart und -tiefe erforderlich. dies folgt unstreitig aus einem bodengutachten, das u.a. bestandteil des planfeststellungsbeschlusses vom 21. august 2014 ist (s. 9). für derartige aufschlüsse „empfiehlt“ die bezirksregierung sicherheitsdetektionen (sondierungen) durch den kampfmittelräumdienst. im einzelfall wird die einleitung und durchsetzung ordnungsrechtlicher zwangsmaßnahmen vorbehalten. kosten für die sondierung und die bergung von kampfmitteln sind nach den geltenden finanzierungsregelungen des bundes den baukosten zuzuordnen und werden durch die beigeladene nur finanziert, wenn ihr gegenüber eine kostentragungspflicht nachgewiesen werden kann. 6bisher wurde die klägerin bei ausbaumaßnahmen an schienenwegen regelmäßig durch den beklagten zu kosten für kampfmittelsondierungs- und -räumungsarbeiten herangezogen. dies geschah aufgrund weitgehend gleichförmig aufgebauter verwaltungsvereinbarungen, die die klägerin mit dem beklagten abgeschlossen hatte: demnach beauftragt die klägerin als sogenannter drittauftraggeber den beklagten mit der überprüfung von flächen auf das vorhandensein von kampfmitteln und gegebenenfalls der räumung gefundener kampfmittel; zugleich ist sie verpflichtet, dem beklagten die entstandenen aufwendungen zu erstatten bzw. die rechnungen der beauftragten fachfirmen auszugleichen. 7eine entsprechende verwaltungsvereinbarung über die kampfmittelräumung soll auf betreiben des beklagten nach dem vorbild der bisherigen handhabung auch im rahmen des projekts rhein-ruhr-express (rrx) geschlossen werden. der vereinbarungsentwurf sieht vor, dass die klägerin die bezirksregierung düsseldorf mit der überprüfung der beantragten flächen und ggf. deren räumung von kampfmitteln beauftragt (§§ 1, 5), die bezirksregierung sich eines vertragsunternehmens bedient (§ 2) und die rechnung des vertragsunternehmens an eine tochtergesellschaft der deutsche bahn ag, die db projektbau gmbh, durchleitet (§ 3). zusätzlich soll ein betreuungskostenzuschlag in höhe von 7 prozent des rechnungsbetrages geleistet (§ 4) werden. 8grundlage dieser vereinbarungen ist – in formeller hinsicht – die „technische verwaltungsvorschrift für die kampfmittelbeseitigung im land nrw“ vom 3. august 2005 - 75 - 54.07.03 (mbl. nrw. 2005, s. 968); demnach ist eine verwaltungsvereinbarung zwischen der klägerin und dem beklagten abzuschließen, die auch die kostenfolge für die sondierung und ggf. der bergung klärt. inhaltlich beruhen die vereinbarungen auf einem runderlass des innenministeriums nrw vom 9. november 2007 – 75-54.01 – über die erstattung der anfallenden kosten für kampfmittelbeseitigung (mbl. nrw. 2007, s. 843). der erlass differenziert zwischen der kostentragung im verhältnis bund – land nrw (ziffer 1) und dem verhältnis staat – dritte (ziffer 2). im verhältnis bund – land nrw trägt demnach auf der grundlage von art. 120 gg i.v.m. den grundsätzen der auf die 1950er jahre zurückgehenden staatspraxis der bund die kosten der beseitigung von kampfmitteln auf bundeseigenen liegenschaften. dies gilt ausdrücklich auch für dessen rechtsnachfolger, die durch privatisierung entstanden sind, einschließlich der deutsche bahn ag (ziffer 1.1). dagegen trägt der bund die kosten für die beseitigung von kampfmitteln auf nicht bundeseigenen liegenschaften nur für ehemals reichseigene munition; soweit sich dort alliierte munition befindet, trägt das land nrw die kosten. bei veräußerung von liegenschaften aus bundesvermögen wie z.b. konversionsflächen ohne vorherige kampfmittelbeseitigung oder garantie der kampfmittelfreiheit durch den bund werden die kosten nicht durch das land, sondern „je nach vertragsgestaltung“ durch den erwerber getragen (ziffer 1.2). im verhältnis land – dritter trägt das land die kosten für die „eigentliche kampfmittelbeseitigung“, die mit der recherche beginnt und die weiteren teilprozesse wie ortserkundung, detektion bodeneingriff, räumung einschließlich entschärfung, sprengung und abtransport der kampfmittel umfasst. davon abgegrenzt wird zum einen die gefahrerforschung, wozu alle arbeitsschritte zählen, die erforderlich sind, um der örtlichen ordnungsbehörde mitteilen zu können, ob ein staatliches handlungserfordernis vorliegt oder nicht. zum anderen bleiben für vorbereitende oder sonst begleitende maßnahmen die örtliche ordnungsbehörde bzw. der eigentümer kostenpflichtig. dem liegt der gedanke zugrunde, dass bei vorliegen hinreichend konkreter anhaltspunkte der eigentümer gefahrenabwehrrechtlich zustandsverantwortlicher ist (ziffer 2). 9diese erlasslage, die die kosten der kampfmittelräumung auf bahngrundstücken dem bund zuweist, steht im widerspruch zu der rechtsauffassung des bundes. denn laut rundschreiben des bundesfinanzministers vom 4. juni 1995 (v b 2 – vv 5042 – 110/95) sind die liegenschaften der bahn infolge der bahnprivatisierung aus dem bundesvermögen ausgeschieden und daher nicht mehr bundeseigen im sinne der staatspraxis. der bund hat danach nur noch bezüglich ehemals reichseigener munition für die kosten der kampfmittelbeseitigung einzustehen. 10zur klärung der finanzierung wandte sich die klägerin im oktober 2010 an das eisenbahn-bundesamt und beantragte die freigabe von bundesmitteln in höhe von 460.000 euro für kampfmittelbeseitigungsarbeiten im zusammenhang mit baugrunduntersuchungen in der entwurfsplanung. dem beklagten sei es unbenommen, die kosten der kampfmittelbeseitigung auf verdachtsflächen ganz oder teilweise dem grundstückseigentümer aufzuerlegen. dies folge aus ziffer 1.1. des runderlasses des innenministeriums nrw vom 9. november 2007. demnach würden liegenschaften der klägerin wie bundeseigene liegenschaften behandelt und die zeichnung eines vereinbarungsentwurfes verlangt. 11das eisenbahn-bundesamt lehnte die mittelfreigabe ab. der beklagte habe die kosten der sondierungs- und kampfmittelbeseitigungsarbeiten zu tragen. dessen rechtsauffassung, dass liegenschaften der klägerin wie bundeseigene liegenschaften zu behandeln seien und deshalb die beigeladene bundesrepublik deutschland die kosten zu tragen habe, sei zweifelhaft. dies ergebe sich zusätzlich aus den förderrichtlinien des bundes („eba-handbuch“), wonach grundstücke der deutschen bahn nicht bundeseigen seien. 12hierauf beantragte die klägerin bei dem beklagten die übernahme der kampfmittelsondierungs- und -beseitigungskosten. die verpflichtung des landes folge aus der sog. „staatspraxis“, wonach laut erlass des bundesfinanzministeriums vom 4. mai 1995 infolge der bahnreform privatisierte grundstücke nicht wie bundeseigene grundstücke zu behandeln seien. 13mit schreiben vom 8. märz 2011 lehnte für den beklagten das ministerium für inneres und kommunales die kostentragung ab. auch bei ehemals bundeseigenen liegenschaften werde der grundstückseigentümer für die kosten der kampfmittelräumung in anspruch genommen. dies gelte für bahn und post genauso wie für andere erwerber von bundesliegenschaften. entsprechend sei in der vergangenheit bei schienenwegearbeiten verfahren worden. dabei sei es zu keinerlei schwierigkeiten gekommen. der betreuungszuschlag von 7 prozent beruhe auf der rechtsprechung des bundesverwaltungsgerichts und sei seit dem jahre 2000 in einer vereinbarung zwischen dem land nrw und dem bundesfinanzministerium festgeschrieben und unbeanstandet. für alle anderen „drittaufträge“ werde diese pauschale ebenfalls angewandt. 14um das bauvorhaben nicht weiter zu verzögern, gab das eisenbahn-bundesamt der klägerin mit schreiben vom 15. juli 2011 für kampfmittelbeseitigungsarbeiten im rahmen des vorhabens „rhein-ruhr-express“ bundesmittel in höhe von 100.000,00 euro als baukostenzuschuss nach dem bundesschienenwegeausbaugesetz frei. die freigabe war u.a. mit folgender auflagen verbunden: 15„1. die db führt bei inanspruchnahme der hiermit freigegebenen mittel eine gerichtliche klärung hinsichtlich der rechtmäßigkeit der vom bundesland nordrhein-westfalen im bereich der kampfmittelbeseitigung vorgenommenen gleichsetzung von grundeigentum der db netz ag mit den ehemaligen reichseigenen grundstücken des bundes (vgl. rderl. d. innenministeriums nrw vom 09.11.2007, nummer 1.1.) herbei. die rechtsauffassung des landes nrw, nach der liegenschaften der db netz ag wie bundeseigene liegenschaften zu behandeln wären, steht nämlich im widerspruch zum erlass des bmf vom 04.05.1995 (v b 2-vv 5042-110/95). hiernach sind grundstücke, die infolge der bahn- und postreform privatisiert wurden, grundsätzlich nicht wie bundeseigene liegenschaften zu behandeln. ferner ist die rechtsgrundlage, auf welcher der vom land geforderte betreuungskostenzuschlag basiert, unklar […]“. 16die klägerin hat am 12. oktober 2012 klage erhoben. sie trägt vor: 17der verwaltungsrechtsweg sei eröffnet, da sich die kampfmittelbeseitigung einschließlich vorbereitender und begleitender maßnahmen nach öffentlich-rechtlichen vorschriften richte. die örtliche zuständigkeit des verwaltungsgerichts folge aus § 52 nr. 5 vwgo. 18die klage sei auch als feststellungsklage zulässig. insbesondere bestehe zwischen der klägerin und dem beklagten ein rechtsverhältnis i. s. d. § 43 abs. 1 vwgo. der beklagte berühme sich eines kostenerstattungsanspruchs gegenüber der klägerin. das rechtsverhältnis habe sich auch dahingehend verdichtet, dass zum einen für die laut bodengutachten erforderlichen bohraufschlüsse sicherheitsdetektionen des kampfmittelräumdienstes durchzuführen seien. zum anderen verlange der beklagte die zeichnung einer verwaltungsvereinbarung, die die kostenfolgen zu lasten der klägerin regele. es bestehe auch ein meinungsstreit darüber, wer die kosten im planfeststellungsbereich 1 zu tragen habe: der beklagte sei der auffassung, die kosten seien von der klägerin zu tragen, weil die klägerin nach der staatspraxis als „verwalterin“ für „mittelbare liegenschaften“ des bundes kostenpflichtig sei. die klägerin stehe dagegen auf dem standpunkt, dass sie wie ein „privater dritter“ zu behandeln sei. der beklagte sei daher nach den grundsätzen der selbstbindung der verwaltung in verbindung mit ziffer 2 des runderlasses vom 9. november 2007 zur übernahme der kosten gegenüber dem eigentümer (zustandsstörer) verpflichtet. 19ein feststellungsinteresse bestehe unter dem gesichtspunkt der wiederholungsgefahr, da sich die kostenfrage nicht nur für den planfeststellungsbereich 1, sondern auch bei künftigen planfeststellungsbereichen bzw. ausbauvorhaben der klägerin stellen werde. 20in der sache trägt die klägerin vor, der beklagte dürfe sie nicht in anspruch nehmen. zwar sei die klägerin gemäß § 18 obg nrw zustandsverantwortlich für die von ihren grundstücken ausgehenden gefahren. sie sei jedoch von den kostenfolgen für sondierungs- und räumungsmaßnahmen – wie jeder dritte – aus billigkeitsgesichts-punkten sowie aufgrund der selbstbindung der verwaltung freizustellen. der runderlass des landes vom 9. november 2007 sehe in ziffer 2 für das verhältnis „staat-dritte“ ausdrücklich die kostentragung des landes für ortserkundung, detektion, feststellende bodeneigriffe und räumung einschließlich entschärfung und sprengung vor. dagegen fehle dem beklagten land für die regelung in ziffer 1.1 des runderlasses, wonach die kosten für liegenschaften der bahn ebenso wie bei bundeseigenen grundstücken der beigeladenen anheimfielen, die kompetenz. vielmehr sei der bundesfinanzminister im einklang mit art. 120 gg und art. 19 abs. 2 nr. 1 des allgemeinen kriegsfolgengesetzes – akg – berechtigt gewesen, die behandlung der durch die bahnreform privatisierten grundstücke als nicht bundeseigene grundstücke zu regeln und die staatspraxis zu konkretisieren. der entgegenstehende erlass des beklagten sei insoweit kompetenzwidrig und unbeachtlich. zudem werde allein durch eine frühere eigentümerstellung keine zustandshaftung begründet. 21die klägerin beantragt, 22festzustellen, dass das beklagte land die klägerin für die im rahmen des projektes rhein-ruhr-express (rrx) im planfeststellungsbereich 1 entstehenden kosten der kampfmittelsondierung und -räumung einschließlich einer betreuungskostenpauschale in höhe von 7 prozent des an eine räumungsfirma zu zahlenden rechnungsbetrages (ohne mehrwertsteuer) nicht in anspruch nehmen darf. 23das beklagte land beantragt, 24die klage abzuweisen. 25es trägt vor: in tatsächlicher hinsicht sei es zutreffend, dass es die klägerin bislang nicht von den kosten der kampfmittelräumung entlang von eisenbahninfrastrukturen freigestellt habe. zwar würden private grundstückseigentümer aus billigkeitserwägungen grundsätzlich von den kosten für bergung, entschärfung, vernichtung und abtransport der kampfmittel freigestellt. sie trügen nur die kosten für vor- und nachbereitende sowie begleitende maßnahmen. diese freistellung gelte allerdings nicht für die eigentümer von grundstücken, die der bund an private veräußert habe. in solchen fällen vertrete der bund die auffassung, dass der erwerber das grundstück entweder entmunitioniert oder zu einem günstigeren preis erhalten habe, wofür er dann das kampfmittelrisiko trage. vor diesem hintergrund werde der private eigentümer (vollständig) in anspruch genommen (ziffer 1.2 des runderlasses vom 9. november 2007). 26in rechtlicher hinsicht sei die klage abzuweisen. sie sei bereits unschlüssig. abgesehen von bestehenden zulässigkeitsbedenken in bezug auf die subsidiarität der feststellungsklage ergebe sich aus art. 104a gg bzw. art. 120 gg kein feststellungsfähiges rechtsverhältnis, auf das sich die klägerin berufen könne. ein solches bestehe allenfalls zwischen dem beklagten und der beigeladenen. die klägerin habe aber für eine drittfeststellungsklage kein schutzwürdiges interesse, da dieses rechtsverhältnis nicht für ein anderes rechtsverhältnis zwischen ihr und dem beklagten vorgreiflich sei. 27darüber hinaus sei die klage auch unbegründet. der beklagte sei gegenüber der klägerin nicht verpflichtet, auf den liegenschaften der klägerin die kosten der kampfmittelräumung im rahmen des vorhabens rhein-ruhr-express zu tragen. 28der beklagte macht insoweit geltend, zur übernahme dieser kosten sei im verhältnis zum beklagten die beigeladene verpflichtet. das ergebe sich aus art. 120 abs. 1 satz 1 gg in verbindung mit der „staatspraxis“. demnach komme es auf die bis zum 1. oktober 1965 geübte praxis der kostenverteilung zwischen bund und ländern an. diese habe sich so dargestellt, dass der bund die kosten für die erkundung, räumung und beseitigung ehemals reichseigener munition stets und von alliierter munition nur dann trug, sofern sich diese auf bundeseigenen grundstücken befunden habe. die bahnflächen seien nach der staatspraxis stets wie bundeseigene grundstücke behandelt worden. daran habe sich durch die formelle privatisierung der bahn nichts geändert. die entsprechenden grundstücke stünden mittelbar immer noch im eigentum des bundes. eine solche mittelbare eigentümerstellung habe das bundesverwaltungsgericht in dem von der klägerin zitierten urteil vom 31. mai 2012 in bezug auf flächen der bundesanstalt für immobilienaufgaben (bima) für ausreichend erachtet. zudem könne sich die beigeladene ihrer finanziellen verantwortung für die kriegsfolgelasten nicht dadurch entziehen, dass sie für die wahrnehmung eigener aufgaben erforderliche liegenschaften auf einen selbstständigen verwaltungsträger auslagere. die bahnreform habe nichts an der rechtlichen und wirtschaftlichen zuordnung geändert. mittelbar handele es sich um liegenschaften des bundes. dies folge unmittelbar aus art. 120 abs. 1 satz 2 und 3 gg. diese bestimmungen sollten die verfassungsrechtlichen grenzen der kostentragung für kriegsfolgelasten abschließend regeln. daher sei es mit art. 120 gg unvereinbar, wenn sich der bund durch organisationsgesetze oder durch eine formelle privatisierung seiner verfassungsrechtlichen verantwortung entledigen könne. dies sei erst recht nicht in gestalt eines ministeriellen erlasses möglich; hierdurch könne die staatspraxis nicht nachträglich geändert bzw. – wie die klägerin meine – „konkretisiert“ werden; derartige erlasse seien zudem nach ansicht des bundesverwaltungsgerichts (urteil vom 14. juni 2006 – 3 a 6.05 –) rechtlich irrelevant. da die aufwendungen der künftigen kampfmittelräumung unbestritten auch der abwehr von gefahren im sinne von § 19 abs. 2 nr. 1 akg dienten – mit blick auf die zahlreichen kampfmittelfunde anlässlich früherer trassenausbaumaßnahmen in nrw bestehe auch bei dem rrx-projekt eine hohe wahrscheinlichkeit von kampfmittelfunden –, hafte für die diesbezüglichen kosten nicht der beklagte, sondern die beigeladene. dies gelte nicht nur für die ehemals reichseigene, sondern auch für alliierte munition. 29aber selbst wenn die staatspraxis nicht eingreifen würde, müsste der beklagte die kosten nicht übernehmen. vielmehr hätte die klägerin als zustandsverantwortliche für die kosten der kampfmittelräumung auf den grundstücken in ihrem eigentum einzustehen. der beklagte sei nicht zustandsverantwortlich und damit nicht kostenpflichtig. dies gelte auch dann, wenn eine verpflichtung des beklagten bestehen sollte, die kosten nicht bei der klägerin geltend zu machen. insoweit müsse – wie gezeigt – die beigeladene einstehen. darüber hinaus bestehe auch keine pflicht, die klägerin von den kosten freizustellen. sie könne sich als nicht grundrechtsfähiges unternehmen nicht darauf berufen, aus billigkeitsgründen nicht in anspruch genommen zu werden. ruinöse folgen seien aufgrund der kampfmittelbeseitigung nicht vorgetragen und auch nicht zu erwarten. im übrigen kamen billigkeitserwägungen laut erlass nur bei privatpersonen zum tragen; die klägerin könne insoweit keinen anspruch auf gleichbehandlung aus art. 3 gg und der selbstbindung der verwaltung herleiten. die klägerin übersehe, dass sie das grundstück vom bund erworben habe. diese eigentümer würden aber in ständiger praxis gerade zu den kosten herangezogen. schließlich sei die klägerin als bundes(un)mittelbares unternehmen mit den aus billigkeitsgründen freigestellten privaten nicht vergleichbar. 30hierauf erwiderte die klägerin, sie sei nicht mit der bundesanstalt für immobilienaufgaben (bima) vergleichbar. diese sei eine unmittelbare rechtsfähige anstalt des öffentlichen rechts unter der rechts- und fachaufsicht des bundesfinanzministeriums. demgegenüber seien gemäß art. 87e abs. 3 satz 1 gg eisenbahnen des bundes als wirtschaftsunternehmen in privatrechtlicher form zu führen. mit der grundgesetzänderung habe deren wirtschaftliche, organisatorische und finanzielle selbstständigkeit befördert werden sollen. ihre kommerzielle ausrichtung habe abgesichert, ihnen habe unternehmerische selbstbestimmung eingeräumt werden sollen. durch übertragung der schienenwege auf die klägerin habe gerade ein unternehmerischer handlungszwang geschaffen werden sollen. die deutsche bahn ag habe ausweislich der gesetzesbegründung gerade nicht ähnlich einer behörde die schienenwege lediglich verwalten, sondern sie „als eigenes unternehmerisches produktionsmittel wirtschaftlich optimal nutzen“ sollen. etwaige veräußerungen durch die deutsche bahn ag zögen nach der rechtsprechung des bundesverfassungsgerichts (beschluss vom 22. november 2011 – 2 bve 3/08 –) weder einnahmen noch ausgaben des bundes nach sich; dem bund flössen keine mittel zu. er selbst veräußere auch keine vermögensgegenstände. die klägerin sei eigentümerin der liegenschaften, nicht der bund. daher sei die klägerin kostenrechtlich mit privaten dritten gleichzustellen. dass die betreuungskosten mit 7 prozent zu hoch angesetzt seien, habe das bundesverwaltungsgericht in seinem urteil vom 31. mai 2012 ebenfalls ausdrücklich festgestellt. 31darüber hinaus sei zweifelhaft, ob der beklagte tatsächlich wie er vorgibt, von einer kostenpflicht des bundes ausgehe. in dem fall könnte er den bund in anspruch nehmen, wozu er nach der rechtsprechung des bundesverwaltungsgerichts auch vorrangig verpflichtet wäre. dann aber wäre die klägerin nach der rechtsprechung des bundesverwaltungsgerichts (urteil vom 31. mai 2012 – 3 a 1.11 –) freizustellen, denn einer heranziehung durch den beklagten könnte sie die regelungen des art. 120 abs. 1 gg i.v.m. der staatspraxis entgegenhalten. beides geschehe jedoch nicht. der beklagte halte vielmehr – wie die früher abgeschlossenen verwaltungsvereinbarungen belegten – die klägerin für kostenpflichtig. die klägerin gehe jedoch davon aus, dass eine bundeseigene liegenschaft infolge der bahnreform und der privatisierung der infrastrukturunternehmen nicht mehr gegeben sei. folglich handele es sich nicht mehr um bundeseigene liegenschaften. der erlass des bundesfinanzministers vom 4. juni 1995 habe dies lediglich nachvollzogen. 32im übrigen dürfe der beklagte die klägerin auch aus verfassungsrechtlichen gründen nicht in anspruch nehmen. der eigentümer eines grundstücks hafte als zustandsstörer nicht unbegrenzt, sondern aus gründen der verhältnismäßigkeit nur eingeschränkt mit dem verkehrswert seines grundstücks (bverfg, beschluss vom 16. februar 2000 – 1 bvr 2002/315/99 –, bverfge 102,1). die trassengrundstücke der klägerin seien aber nicht veräußerlich, hätten daher keinen verkehrswert. 33dem tritt der beklagte entgegen: selbst wenn man das begehren der klägerin dahingehend verstehen sollte, dass die klägerin von dem beklagten nicht in anspruch genommen werden dürfe und in diesem sinne freizustellen sei, sei die klage unbegründet. erstens bestreite der beigeladene bund ansprüche des beklagten, zweitens seien die verpflichtungen des bundes auf die klägerin übergegangen. gemäß § 8 abs. 1 nr. 1 dbgrg seien die auf den trassengrundstücken liegenden verpflichtungen bereits im wege der gesamtrechtsnachfolge mit auf die db ag übergegangen. dessen ungeachtet seien die verpflichtungen des bundes der klägerin auch deshalb zurechenbar, weil sich der bund seiner materiellen aufgaben nicht durch bloße organisationsprivatisierung entledigen könne. daher sei die klägerin nicht gehalten, sich vorrangig an die beigeladene zu halten. das ermessen des beklagten sei hierdurch nicht eingeschränkt. vielmehr stehe es dem beklagten frei, entweder die klägerin oder die beigeladene in anspruch zu nehmen. die gefahr einer inanspruchnahme sowohl der klägerin als auch der beigeladenen bestehe nicht, zumal der beklagte bereit sei, seine ansprüche gegen die beigeladene an die klägerin abzutreten. 34schließlich könne die klägerin nicht beanstanden, dass die vom beklagten geforderte betreuungspauschale von 7 prozent zu hoch sei. projektbezogene betreuungskosten gehörten zu den kriegsfolgelasten in form von zweckausgaben. diese habe nach der vor dem stichtag geübten erstattungspraxis die beigeladene getragen. hierfür hafte die klägerin auch nach ihrer organisationsprivatisierung weiter. soweit die klägerin aus der entscheidung des bundesverwaltungsgerichts vom 31. mai 2012 eine niedrigere pauschale ableiten wolle, werde schon der gehalt dieser entscheidung völlig verkannt. hierauf komme es aber letztlich nicht an. denn die beigeladene habe mit dem beklagten am 24. januar 2000 / 7. märz 2000 eine verwaltungsvereinbarung abgeschlossen, nach der der bund dem beklagten für dessen aufwand für die planung der räumungsmaßnahmen, die vergabe des auftrags an eine räumungsfirma, die abnahme und die schlussrechnung eine pauschale von 7 prozent der geprüften rechnungsbeträge erstatten müsse. an diese vereinbarung sei die beigeladene gebunden. 35die beigeladene hat keinen sachantrag gestellt und sich auch sonst nicht geäußert. 36wegen weiterer einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den inhalt der gerichtsakte und die beigezogenen verwaltungsvorgänge ergänzend bezug genommen. 37
38der auf (negative) feststellung des nichtbestehens eines zahlungsanspruchs des beklagten gerichtete klageantrag hat erfolg. 39i. die klage ist zulässig. 401. der verwaltungsrechtsweg ist mangels sonderzuweisungen gemäß § 40 abs. 1 satz 1 vwgo eröffnet. es handelt sich um eine öffentlich-rechtliche streitigkeit, denn die beteiligten streiten vorliegend zum einen um rechte und pflichten im rahmen der gefahrenabwehr, namentlich der kampfmittelbeseitigung. die normen über die gefahrenabwehr gehören dem öffentlichen recht an, da sie einen hoheitsträger berechtigen und verpflichten. auch soweit sich der rechtsstreit auf fragen der kostenerstattung für die kampfmittelbeseitigung bezieht, handelt es sich um eine öffentlich-rechtliche streitigkeit. die demnach maßgeblichen vorschriften richten sich nach öffentlichem recht. dies gilt auch, soweit die klägerin ihr begehren auf art. 120 grundgesetz (gg) und die damit verbundene staatspraxis stützt. 41bverwg, urteile vom 19. februar 2004 – 3 a 2.03 –, nvwz 2004, 1125, juris rn. 23, und vom 14. juni 2006 – 3 a 6/05 –, nvwz-rr 2007, 75 [76], juris rn. 7. 42die streitigkeit ist auch nichtverfassungsrechtlicher art, weil die streitgegenständlichen rechtsverhältnisse dem verwaltungsrecht zuzuordnen sind. dies betrifft auch ansprüche aus art. 120 gg, die aus einem verwaltungshandeln des landes entstehen. 43bverwg, urteile vom 31. mai 2012 – 3 a 1.11 –, nvwz-rr 2012, 787 = buchholz art. 120 gg nr 10, juris rn. 22, und vom 16. dezember 1999 – 3 a 1.99 –, buchholz art. 120 gg nr 6, juris rn. 16, jeweils m.w.n. 442. das angerufene verwaltungsgericht düsseldorf ist sachlich (a) und örtlich (b) zuständig. 45a) das verwaltungsgericht ist gemäß § 45 vwgo sachlich zuständig. eine erstinstanzliche spezialzuständigkeit ist weder bezüglich des bundesverwaltungsgerichts (aa) noch des oberverwaltungsgerichts für das land nordrhein-westfalen (ovg nrw) gegeben (bb). 46aa) insbesondere ist das bundesverwaltungsgericht nicht nach § 50 abs. 1 nr. 1 vwgo zuständig. es liegt kein bund-länder-streit vor. dazu wäre ein streit zwischen dem bund als solchem und einem land als solchem erforderlich. denn ein beteiligter am bund-länder-streit muss prinzipiell in der lage sein, auch verfassungsrechtliche streitigkeiten miteinander zu führen. dies ist bei einer bundesunmittelbaren juristischen person des öffentlichen rechts oder einem öffentlich-rechtlichen sondervermögen, das unter eigenem namen klagen oder verklagt werden kann, nicht der fall. 47bverwg, beschluss vom 12. dezember 2002 – 3 a 1.02 –, bverwge 117, 244, juris rn. 3 ff., zum bundeseisenbahnvermögen; sodan/ziekow, vwgo, 4. aufl. 2014, § 50 rn. 6. 48dies gilt für die klägerin als privatwirtschaftlich organisiertes unternehmen erst recht. 49bb) eine erstinstanzliche zuständigkeit des oberverwaltungsgerichts für das land nordrhein-westfalen (ovg nrw) ist ebenfalls nicht gegeben. sie ist namentlich nicht über § 48 abs. 1 satz 1 nr. 7, satz 2 vwgo eröffnet. zwar liegen dem vorhaben „rrx“ mehrere planfeststellungsverfahren zugrunde. der vorliegende rechtsstreit betrifft jedoch nicht spezifisch die planfeststellungsverfahren zum ausbau öffentlicher eisenbahnstrecken; er ist auch losgelöst von eisenbahnrechtlichen regelungen oder genehmigungen. 50vgl. auch vg berlin, urteil vom 25. september 2012 – 1 k 339.10 –, juris rn. 22. 51b) die örtliche zuständigkeit des verwaltungsgerichts düsseldorf folgt aus § 52 nr. 5 vwgo. § 52 nr. 1 vwgo ist nicht einschlägig, weil sich die streitigkeit nicht unmittelbar auf die grundstücke der klägerin und damit unbewegliche vermögensgegenstände bezieht, sondern nur auf geldforderungen aus dem ausbau von bahnanlagen. 52vgl. vg köln, urteil vom 22. april 2005 – 11 k 6557/03 –, juris rn. 39 m.w.n. 53da auch die tatbestände des § 52 nr. 2 bis 4 vwgo nicht eingreifen, bleibt es bei der an den beklagtensitz (düsseldorf) anknüpfenden auffangzuständigkeit nach § 52 nr. 5 vwgo. 543. die feststellungsklage ist statthaft. 55a) es liegt ein feststellungsfähiges rechtsverhältnis im sinne des § 43 abs. 1 vwgo vor. darunter sind die rechtlichen beziehungen zu verstehen, die sich aus einem konkreten sachverhalt aufgrund einer öffentlich-rechtlichen norm für das verhältnis von (natürlichen oder juristischen) personen untereinander oder einer person zu einer sache ergeben, kraft deren eine der beteiligten personen etwas bestimmtes tun muss, kann oder darf oder nicht zu tun braucht. rechtliche beziehungen haben sich nur dann zu einem solchen rechtsverhältnis verdichtet, wenn die anwendung einer bestimmten norm des öffentlichen rechts auf einen bereits übersehbaren sachverhalt streitig ist. 56vgl. bverwg, urteil vom 26. januar 1996 –8 c 19.94 –, bverwge 100, 262 (264 f.), juris. 57der streit der beteiligten betrifft die bedeutung und tragweite des art. 120 gg i.v.m. der staatspraxis nebst der hierzu ergangenen schreiben und erlasse des bundesfinanzministers und des beklagten, sowie deren anwendung auf einen konkreten sachverhalt, nämlich in gestalt der rechtsauffassung des beklagten, im rahmen des rrx-projektes kostenerstattung von der klägerin verlangen zu dürfen. der beklagte berühmt sich des rechts, in dieser weise auch künftig – offenbar auf der grundlage der ziffern 1.1 oder 1.2 des runderlasses vom 9. november 2007 – vorgehen, diese rechtsposition im wege einer entsprechenden verwaltungsvereinbarung nachzeichnen und widrigenfalls („im einzelfall“) auch mit zwangsmitteln durchsetzen zu dürfen. die klägerin bestreitet das bestehen eines solchen rechts. insofern sind die rechtsbeziehungen in einem konkreten sachverhalt hinreichend verdichtet. dies reicht zur begründung eines gegenwärtigen rechtsverhältnisses aus, zumal die hauptbeteiligten bereits in der vergangenheit entsprechende verwaltungsvereinbarungen gezeichnet hatten. 58b) die statthaftigkeit der feststellungsklage wird nicht durch den subsidiaritätsgrundsatz in frage gestellt. § 43 abs. 2 satz 1 vwgo greift nur in den fällen ein, in denen sich das mit der klage erstrebte ziel mit einer gestaltungs- oder leistungsklage ebenso gut oder besser erreichen lässt. der gesetzgeber will den rückgriff auf die feststellungsklage verhindern, wenn für die rechtsverfolgung ein unmittelbareres, sachnäheres und wirksameres verfahren zur verfügung steht. davon kann dort keine rede sein, wo die feststellungsklage einen rechtsschutz gewährleistet, der weiter reicht als ein einzelnes leistungsbegehren. als effektiver erweist sich die feststellungsklage insbesondere dann, wenn sich durch sie eine vielzahl potenzieller anfechtungsprozesse vermeiden lässt. 59bverwg, urteil vom 24. juni 2004 – 4 c 11/03 –, bverwge 121, 152 ff., juris rn. 19. 60dies trifft für die auf der grundlage des runderlasses vom 9. november 2007 für den fall des scheiterns der verwaltungsvereinbarung drohenden kostenbescheide zu. auszugehen ist für den hier streitgegenständlichen bereich von dem baugrundgutachten, das – bezogen auf den planfeststellungsbereich 1.1 – bereits bestandteil des planfeststellungsbeschlusses vom 21. august 2014 ist (vgl. s. 9 des beschlusses, abrufbar unter www.eba.bund.de) und unstreitig notwendige bohraufschlüsse nach sich zieht. der kampfmittelräumdienst der bezirksregierung „empfiehlt“ in diesen fällen eine kampfmittelsondierung, behält sich aber – ebenfalls unstreitig – im einzelfall zwangsmaßnahmen nach dem verwaltungsvollstreckungsgesetz nrw vor. der beklagte hat bereits signalisiert, die klägerin als störer kostenrechtlich in anspruch zu nehmen. die grundsätzliche möglichkeit, eine etwaige kostenentscheidung anzufechten und im rahmen dieses rechtsstreits die frage nach dem vorliegen oder nichtvorliegen entsprechender einwendungen gegen den von dem beklagten behaupteten kostenanspruch klären zu lassen, nötigt nicht zu einer abweichenden beurteilung. denn diese frage würde sich aufgrund der größe des projekts rrx und der zahlreichen noch anhängigen planfeststellungsverfahren (vgl. hierzu die aktuelle aufstellung unter www.rrx.de) in einer vielzahl potenzieller anfechtungsklagen stellen. kann aber die zwischen den beteiligten streitige frage sachgerecht und in voller übereinstimmung mit dem rechtsschutzinteresse durch feststellungsurteil geklärt werden, verbietet es sich, die klägerin auf eine gestaltungsklage zu verweisen, wo der kern des anliegens bloße vorfrage wäre, deren klärung im übrigen im einzelfall aufgrund fraglicher entscheidungserheblichkeit möglicherweise ungewiss wäre. vor diesem hintergrund stellt sich die feststellungsklage im vorliegenden fall als effektivere rechtsschutzform dar. 61vgl. bverwg, urteil vom 24. juni 2004 – 4 c 11/03 –, juris rn. 19; sodan/ziekow, vwgo, 4 aufl. 2014, § 43 rn. 122 f.; vgl. auch vg berlin, urteil vom 25. september 2012 – 1 k 339.10 –, juris rn. 34. 62keiner entscheidung bedarf daher, ob der dem freigabebescheid des eisenbahn-bundesamtes vom 15. juli 2011 beigefügten auflage ein materiellrechtlicher gehalt innewohnt, mit dem zum zweck einer sinnvollen gestaltung der rechtsbeziehungen zwischen den verfahrensbeteiligten ein weg beschritten wird, auf dem das prozessuale hindernis der subsidiarität nicht mehr im wege steht. 63vgl. bverwg, urteil vom 12. märz 1982 – 4 c 80.80 –, dvbl. 1982, 841, juris. 64lediglich ergänzend sei angemerkt, dass der klägerin mit einer anfechtung der vorgenannten auflage nicht gedient gewesen wäre. weder hätte sie dadurch einer inanspruchnahme durch den beklagten entgehen noch eine klärung der grundsätzlichen rechtsfrage erwirken können. zu erwägen wäre in diesem zusammenhang allenfalls, ob die beigeladene zur klärung der grundsatzfrage nicht direkt den beklagten hätte in anspruch nehmen müssen. eine entsprechende feststellungsklage (vor dem bundesverwaltungsgericht, vgl. § 50 abs. 1 nr. 1 vwgo) stand und steht ihr prinzipiell offen. ob die beigeladene diesen weg beschreitet oder nicht, entzieht sich jedoch dem einflussbereich der klägerin, so dass ihr ein diesbezügliches unterlassen der beigeladenen im vorliegenden rechtsstreit prozessual nicht zum nachteil gereichen darf. 65lässt sich aber dem eigentlichen rechtsschutzanliegen der klägerin mit einer feststellungsklage nicht bloß ebenso gut, sondern eher besser als mit einer anfechtungs- klage rechnung tragen, so steht § 43 abs. 2 satz 1 vwgo der wahl dieser klageart nicht entgegen. 66vgl. bverwg, urteile vom 24. juni 2004 – 4 c 11/03 –, juris rn. 19, vom 7. september 1989 –7 c 4.89 –, nvwz 1990, 162 und vom 29. april 1997 –1 c 2.95 –, njw 1997, 2534, juris. 67c) es besteht auch das nach § 43 abs. 1 satz 1 vwgo berechtigte interesse an der begehrten feststellung. ein solches umfasst jedes als schutzwürdig anzuerkennende interesse rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller art. es kann sich auf jede gegenwärtige unsicherheit oder ungewissheit in der rechtsposition eines klägers beziehen und liegt insbesondere dann vor, wenn der beklagte eine vom kläger in anspruch genommene rechtsposition bestreitet. dies ist hier der fall. es besteht erhebliche unsicherheit in der rechtsposition sämtlicher verfahrensbeteiligter, insbesondere weil die klägerin ein recht des beklagten, sie wegen der kosten für die kampfmittelsondierung und –räumung in anspruch zu nehmen, bestreitet. ein abwarten von sanktionen ist der klägerin aus vorstehenden gründen nicht zuzumuten. 68vgl. bverwg, urteil vom 30. november 2011 – 6 c 20/10 –, nvwz 2012, 162, juris rn. 13; ovg nrw, urteil vom 15. oktober 2003 – 6 a 4134/02 –, nwvbl. 2004, 320, juris rn. 40 f. 69überdies besteht ein berechtigtes interesse unter dem gesichtspunkt der wiederholungsgefahr. denn die frage der kostentragung bei kampfmittelräumung stellt sich, worauf die klägerin zu recht hinweist, nicht lediglich im planfeststellungsbereich 1, sondern konkret und mehrfach im rahmen des gesamten rrx-projektes. 70d) schließlich ist die klägerin klagebefugt, weil nicht von vornherein ausgeschlossen ist, dass der beklagte die klägerin nicht kostenmäßig in anspruch nehmen darf. diese zulässigkeitsvoraussetzung, die in § 43 vwgo nicht genannt wird, in der rechtsprechung des bundesverwaltungsgerichts aber seit langem anerkannt ist, ist nur dann nicht erfüllt, wenn subjektive rechte des klägers offensichtlich und eindeutig nach keiner betrachtungsweise verletzt sein können. sie dient ebenso wie im anwendungsbereich des § 42 abs. 2 vwgo dazu, popularklagen zu verhindern. 71vgl. bverwg, urteil vom 24. juni 2004 – 4 c 11.03 –, juris rn. 20. 72ii. die klage ist auch begründet. 73die klägerin darf von dem beklagten nicht zur kostentragung für eine kampfmittelsondierung und -räumung in anspruch genommen werden. insofern mag offen bleiben, ob dies – wie die klägerin meint – bereits aus art. 3 abs. 1 gg i.v.m. den grundsätzen der selbstbindung der verwaltung und ziffer 2 des landesrechtlichen runderlasses vom 9. november 2007 folgt. denn die klägerin kann einer inanspruchnahme durch den beklagten jedenfalls die bestimmungen aus art. 120 abs. 1 satz 1 bis 3 gg in verbindung mit der so genannten „staatspraxis“ entgegenhalten. der beklagte ist insoweit gehalten, vorrangig die beigeladene in anspruch zu nehmen. die genannten bestimmungen des art. 120 gg sind nämlich – einer einwendung ähnlich – im verhältnis zwischen der klägerin und dem beklagten anwendbar (1.). das insoweit vorauszusetzende bestehen eines verfassungsunmittelbaren erstattungsanspruchs des beklagten gegenüber der beigeladenen aus art. 120 abs. 1 satz 1 gg ist dem grunde nach gegeben, so dass die klägerin von dem beklagten verlangen kann, sie nicht zu den sondierungs- und räumungskosten heranzuziehen (2.). 741. die klägerin kann sich gegenüber dem beklagten auf art. 120 abs. 1 satz 1 gg berufen. danach trägt der bund die inneren und äußeren kriegsfolgelasten. zwar sieht die vorschrift eine erstattung „nach näherer bestimmung von bundesgesetzen“ vor, die nicht erlassen sind. diese vorschrift ist aber ungeachtet dessen in bestimmten fällen unmittelbar grundlage für ansprüche eines bundeslandes gegen den bund. das gilt nach ständiger rechtsprechung des bundesverwaltungsgerichts für die räumung von kampfmitteln aus dem zweiten weltkrieg, für die die länder zuständig sind. 75vgl. bverwg, urteile vom 31. mai 2012 – 3 a 1.11 –, nvwz-rr 2012, 787 = buchholz 11 art. 120 gg nr. 10, juris rn. 24, und vom 18. november 2010 –3 a 1.09 –, nvwz 2011, 307 = buchholz 11 art. 120 gg nr. 9, juris rn. 16 m.w.n. 76die beseitigung der aus dem zweiten weltkrieg stammenden reichseigenen und ausländischen (alliierten) kampfmittel ist eine kriegsfolgelast. mit diesem begriff meint die verfassung die lasten solcher kriegsfolgen, deren entscheidende – und in diesem sinne alleinige – ursache der zweite weltkrieg ist. 77bverfg, beschluss vom 16. juni 1959 – 2 bvf 5/56 – kriegsfolgelasten, bverfge 9, 305 (323), juris rn. 64 ff.; vgl. auch bverwg, urteile vom 31. mai 2012, – 3 a 1.11 –, juris rn. 24, und vom 16. dezember 1999 – bverwg 3 a 1.99 –, buchholz 11 art. 120 gg nr. 6 s. 3, juris. 78die verfassung sieht insofern selbst eine finanzwirtschaftliche verteilung der kriegsfolgelasten vor, die den gesetzgeber bindet, auf die aber auch dann zurückzugreifen ist, wenn das von der verfassung vorgesehene gesetz fehlt oder es sich gemessen an art. 120 gg als unzureichend erweist. 79bverwg, urteile vom 31. mai 2012 – 3 a 1.11 –, juris rn. 24, und vom 18. november 2010 –3 a 1.09 –, juris rn. 16 m.w.n. 80zwar betrifft die vorschrift lediglich eine kostenverteilung zwischen bund und ländern. es handelt sich um eine ausschließlich das bund-länder-verhältnis regelnde finanzverfassungsrechtliche vorschrift – gemeinden und ihre aufgabenträger zählen staatsverfassungsrechtlich zu den ländern (vgl. art. 106 abs. 9 gg) –, die ansprüche dritter gegen die öffentliche hand nicht begründet. 81vgl. bverfg, urteil vom 24. juli 1062 – 2 bvl 15/61, 2 bvl 16/61 – fremdrentengesetz, bverfge, 14, 221, juris rn. 47 ff.; beschluss vom 18. juli 2005 – 2 bvf 2/01 – risikostrukturausgleich, bverfge 113, 167, juris rn. 105, 114 ff.; bverwg, urteil vom 6. juli 1966 – v c 79.65 –, döv 1967, 133 = buchholz 11 art. 120 gg nr 4, juris rn. 32 m.w.n.; zur zurechnung der kommunen zu den ländern vgl. muckel, in v. mangoldt/klein/starck, gg, 5. aufl. 2005, art. 120 fn. 16 m.w.n. 82art. 120 abs. 1 gg erlangt jedoch nach der interpretation des bundesverwaltungsgerichts insoweit wirkung über das verhältnis bund-länder hinaus, als die vorschrift ihrer wertung nach auch von dritten einer inanspruchnahme durch das land entgegengehalten werden kann. die vorschrift ist demnach als grundentscheidung darüber aufzufassen, wer die kosten endgültig tragen soll. daraus folgt, dass ein bundesland, dem aufwendungen für kriegsfolgen entstanden sind, aufgrund der zuordnung von kriegsfolgelasten an den bund nicht verpflichtet ist, seine rechte im verhältnis zu dritten zu suchen. dann ist es aber folgerichtig anzunehmen, dass dritte ihrer kosteninanspruchnahme durch das land – einer einwendung ähnlich – entgegenhalten können, das land könne erstattung vom bund verlangen. 83bverwg, urteil vom 31. mai 2012 – 3 a 1.11 –, juris rn. 42 –; beschluss vom 8. november 2012 – 3 a 2.12 –, juris. - a.a. wohl noch brand/ristau, rüstungskonversion, 1994, betreffend einen gesetzesantrag mehrerer bundesländer zum erlass eines rüstungsaltlastengesetzes, s. 92 ff., s. 108. 84dem schließt sich die erkennende kammer – nicht zuletzt aus gründen der verfahrenswirtschaftlichkeit – an. 85diese entscheidungen stehen nicht in widerspruch zu der bindenden rechtsprechung des bundesverfassungsgerichts und der früheren rechtsprechung des bundesverwaltungsgerichts, wonach die vorschrift des art. 120 gg als finanzverfassungsrechtliche regelung ausschließlich das bund-länder-verhältnis betreffe und aus ihr keine ansprüche dritter gegen die öffentliche hand hergeleitet werden könnten. im verhältnis der klägerin zu dem beklagten stehen ansprüche aus art. 120 gg nicht in rede. zu entscheiden ist vielmehr, wie sich im verhältnis zu einem möglicherweise polizeirechtlich verantwortlichen auswirkt, dass die kostenverantwortung für kriegsfolgelasten nach art. 120 abs. 1 satz 1 gg im bund-länder-verhältnis dem bund zugewiesen ist. dazu hat sich auch das bundesverfassungsgericht bisher nicht geäußert. 86vgl. bverwg, beschluss vom 8. november 2012 – 3 a 2.12 –, juris. 87dem einwendungscharakter des art. 120 abs. 1 gg kann auch nicht entgegengehalten werden, die klägerin dürfe als ein von der beigeladenen beherrschtes staatsunternehmen nicht als einwendungsberechtigte dritte eingestuft werden, zumal die vorliegende fallkonstellation mit derjenigen, über die das bundesverwaltungsgericht am 31. mai 2012 (– 3 a 1.11 –) entschieden habe, nicht vergleichbar sei. zwar trifft es zu, dass die in dieser entscheidung des bundesverwaltungsgerichts als gemäß art. 120 abs. 1 gg einwendungsberechtigt erachtete und letztlich von den ländern berlin und brandenburg beherrschte betreibergesellschaft der berliner flughäfen (bfg) nicht in einem vergleichbaren näheverhältnis zu der beigeladenen wie die klägerin steht. hierauf kommt es in diesem zusammenhang jedoch nicht an. zum einen hat das bundesverwaltungsgericht seine entscheidung mit der möglichen polizeirechtlichen verantwortlichkeit der bfg – und nicht mit einer wie auch immer gearteten staatsnähe – begründet. diese (zustands-)verantwortlichkeit ist indes sowohl bei der bfg (als pächterin) als auch bei der klägerin (als bestehende oder künftige eigentümerin der bahnliegenschaften bzw. inhaberin der tatsächlichen gewalt i.s.d. § 18 obg nrw) gegeben. zum anderen ist die einstufung der klägerin als „dritte“ auch deshalb geboten, weil art. 120 abs. 1 gg die kriegsfolgenkostenrechtliche letztverantwortlichkeit ausschließlich der gebietskörperschaft bund – und nicht etwa sonstigen aufgabenträgern des bundes zuweist. 88vgl. bverfg, beschluss vom 18. juli 2005 – 2 bvf 2/01 – risikostrukturausgleich, juris rn. 112; vgl. ähnlich zu art. 110 gg: bverfg, beschluss vom 22. november 2011 - 2 bve 3/08 – bahnimmobilien, juris rn. 26. 89hiervon ausgehend ist das land gehalten, die kosten zunächst selbst zu tragen (bzw. etwaige vorverauslagungen der klägerin an diese zurückzuerstatten) und sodann ein etwaiges erstattungsverlangen ausschließlich gegen die beigeladene zu richten. dies gilt jedenfalls dann, wenn sich – wie hier – ein dritter ausdrücklich auf art. 120 gg im sinne einer einwendung beruft und die voraussetzungen eines erstattungsanspruchs des beklagten gegen die beigeladene dem grunde nach vorliegen. 902. der beklagte kann, soweit er kosten für die sondierung und räumung der kampfmittel auf den liegenschaften der klägerin im rahmen des rrx-projektes übernimmt, von der beigeladenen erstattung aus art. 120 abs. 1 satz 1 gg verlangen. 91voraussetzung eines solchen verfassungsunmittelbaren anspruchs ist, dass die beigeladene nach der bis zum 1. oktober 1965 geübten staatspraxis zur übernahme der kosten verpflichtet ist (a), eine unmittelbare gefahr für leben oder gesundheit im sinne von § 19 abs. 2 nr. 1 des allgemeinen kriegsfolgengesetzes – akg – besteht (b), bei wertender betrachtung ein zurechnungs- bzw. ursachenzusammenhang zwischen dem vorhandensein von kampfmitteln und der gefahr besteht (c), der erstattungsanspruch auch dem umfang nach gegeben (d) und der klägerin die verpflichtung der beigeladenen nicht nachträglich zuzurechnen ist (e). diese voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. 92a) die rechtsgrundlage eines anspruchs des beklagten ergibt sich aus art. 120 abs. 1 satz 1 gg. zwar bestimmt art. 104a abs. 1 gg, dass der bund und die länder gesondert die ausgaben tragen, die sich aus der wahrnehmung ihrer aufgaben ergeben. die räumung von kampfmitteln aus dem zweiten weltkrieg ist eine aufgabe der gefahrenabwehr, die nach art. 30 gg den ländern obliegt; danach wären die entsprechenden kosten von den ländern zu tragen. die bestimmung macht jedoch einen ausdrücklichen vorbehalt für abweichende regelungen durch das grundgesetz selbst. eine solche regelung enthält art. 120 abs. 1 gg, wonach der bund die aufwendungen für die inneren und äußeren kriegsfolgelasten nach näherer bestimmung von bundesgesetzen trägt. diese vorschrift regelt unmittelbar und verbindlich die kostentragungspflicht des bundes für kriegsfolgelasten. zwar überlässt die vorschrift die nähere bestimmung dem bundesgesetzgeber. ihm ist dadurch aber nicht gestattet, den begriff „kriegsfolgelasten“ nach seinen vorstellungen abzugrenzen. ebenso wenig enthält der gesetzesvorbehalt eine ermächtigung für den bundesgesetzgeber, den ländern ganz oder teilweise kriegsfolgelasten aufzubürden oder sich seiner kostentragungspflicht dadurch zu entziehen, dass er trotz zwingender und betragsmäßig feststehender aufwendungen der länder keine gesetze erlässt. 93bverwg, urteil vom 14. juni 2006 – 3 a 6.05 –, döv 2007, 164 = buchholz 11 art 120 gg nr 8, juris rn. 9 unter hinweis auf bverfg, beschluss vom 16. juni 1959 – 2 bvf 5/56 –, bverfge 9, 305, 318, 325, und siekmann, in: sachs, gg, art. 120 rn. 16; urteil vom 20. februar 1997 – bverwg 3 a 2.95 –, buchholz 11 art. 120 gg nr. 5, juris. 94mangels gesetzlicher konkretisierung bestimmt sich die verteilung der lasten aus der beseitigung derartiger kampfmittel zwischen bund und ländern nach der bis zum 1. oktober 1965 geübten staatspraxis. das ergibt sich aus art. 120 abs. 1 satz 3 gg. nach dieser bestimmung ist der bund zur übernahme von aufwendungen für kriegsfolgelasten, die – wie hier – in bundesgesetzen weder geregelt worden sind noch geregelt werden, nicht verpflichtet, wenn diese aufwendungen bis zum 1. oktober 1965 von den ländern und gemeinden (gemeindeverbänden) oder sonstigen aufgabenträgern, die aufgaben von ländern oder gemeinden erfüllen, erbracht worden sind. ausdrücklich ist dort zwar nur von den aufwendungen für kriegsfolgelasten die rede, die die länder und ihre untergliederungen bis zum 1. oktober 1965 erbracht haben. dies ist ersichtlich eine ausnahme von dem grundsatz des art. 120 abs. 1 satz 1 gg. im umkehrschluss bedeutet dies jedoch, dass der bund entsprechend der verfassungsmäßigen kostenzuordnung des art. 120 abs. 1 satz 1 gg aufwendungen zu tragen hat, die er vor dem 1. oktober 1965 schon erbracht hatte. der verfassungsgeber ist mithin davon ausgegangen, dass die bis dahin bestehende lastenverteilung durch eine „allgemeine schutzklausel“ festgeschrieben werden sollte und der bund zur übernahme der aufwendungen für solche kriegsfolgelasten verpflichtet bleibt, die zu diesem zeitpunkt von ihm – und nicht von den ländern, gemeinden oder gemeindeverbänden – getragen worden waren. es sollte also der seinerzeit bestehende durch die bisherige staatspraxis geprägte status quo aufrechterhalten bleiben. 95bverwg, urteile vom 31. mai 2012, – 3 a 1.11 –, juris rn. 25, und vom 14. juni 2006 – 3 a 6.05 –, juris rn. 11 und 14; vgl. auch den entwurf eines gesetzes zur änderung des grundgesetzes vom 15. august 1964, bt-drs. 4/2524 s. 8 f.; sturm, dvbl 1965, 719, 723. – nach h.m. folgt das fortbestehen der verpflichtung des bundes daraus, dass satz 3 nur eine konstitutive ausnahme von der regel des satzes 1 darstellt, nach satz 1 also der bund an sich zur übernahme auch von nur landesgesetzlich oder überhaupt nicht geregelten kriegsfolgelasten verpflichtet ist, vgl. v. mangoldt/klein/starck, gg, 5. aufl 2005, art. 120 rn. 14. 96die von art. 120 abs. 1 satz 3 gg in bezug genommene „staatspraxis“ ist in kap. 3.2 abs. 2 der arbeitshilfen zur wirtschaftlichen erkundung, planung und räumung von kampfmitteln auf liegenschaften des bundes 97arbeitshilfen kampfmittelräumung - ah kmr - stand: 31. oktober 2007, abrufbar unter www.arbeitshilfen-kampfmittelraeumung.de 98zutreffend festgehalten. nach der dort wiedergegebenen übung trägt der bund die beseitigungskosten auf seinen eigenen liegenschaften, unabhängig davon, ob es sich um ehemals reichseigene oder ausländische kampfmittel handelt. auf nicht bundeseigenen liegenschaften trägt der bund die beseitigungskosten hingegen nur für die ehemals reichseigenen kampfmittel. 99vgl. bverwg, urteil vom 31. mai 2012 – 3 a 1.11 –, juris rn. 26. 100grundlage dieser staatspraxis sind – soweit es um die entmunitionierung bundeseigener grundstücke ging – zusagen des bundes aus den jahren 1956 und 1959, wonach maßnahmen zur kampfmittelbeseitigung auf bundeseigenen grundstücken ab dem 1. april 1956 von den zuständigen landesbehörden im benehmen mit dem das grundstück nutzenden bzw. benötigenden bundesministerium veranlasst und dem land die kosten von diesem ministerium erstattet werden. 101vgl. die schreiben des bundesfinanzministers vom 24. juni 1959 – v b 3 – 0 4013 – 260/59 und vom 4. mai 1995 – v b 2 – vv 5042 – 110/95, s. 3; bt-drucks. 3/62, s. 177. 102als bundeseigen galten nicht nur im eigentum des bundes stehende liegenschaften, sondern auch solche unter bundesverwaltung. 103vgl. die antwort des staatssekretärs des bundesfinanzministeriums hartmann im rahmen der fragestunde für die 6. sitzung des deutschen bundestages vom 6. dezember 1957: „ab 1. april 1956 trägt der bund weiterhin die entmunitionierungskosten, soweit es sich um bundesliegenschaften oder um liegenschaften handelt, die unter bundesverwaltung stehen. […]“, bt-drucks. 3/62, s. 177; vgl. auch rderl. des innenministers nrw vom 13. märz 1963 – v iii c 3/20.37.02 (ziffer 1). 104anknüpfungsgrund für die einstufung als bundeseigen oder nicht war – soweit ersichtlich – die „verfügbarkeit“ der liegenschaft „für zwecke des bundes“ (vgl. das schreiben des bmf vom 4. mai 1995, s. 3). dies entsprach auch einem grundsatz des akg, die kriegsfolgenrechtliche verantwortlichkeit eines hoheitsträgers nicht nur auf sein eigentum, sondern auch auf die unter seiner verwaltung stehenden gegenstände zu erstrecken. 105vgl. § 2 nr. 3 akg („in das eigentum oder die verwaltung des bundes oder eines anderen öffentlichen rechtsträgers gelangten sache“), § 25 abs. 2 nr. 1 akg („in das eigentum oder in die verwaltung eines anderen öffentlichen rechtsträgers als des bundes übergegangen“); vgl. auch die verwaltungsvorschriften zum akg – vv-akg 01/2007, s. 4 (d i 1.1). 106dass sich an der erstreckung auf liegenschaften unter bundesverwaltung etwas durch die schreiben bzw. erlasse des bundesfinanzministeriums von 1958/59, die ausdrücklich nur bundeseigene grundstücke erfassen, etwas substanziell geändert haben könnte, ist nicht ersichtlich. 107vor diesem hintergrund wurden nach der bis zum stichtag (1. oktober 1965) geübten staatspraxis neben den bundesautobahnen und bundeswasserstraßen auch das gelände der bundespost und der bundesbahn – letztere war ein nicht rechtsfähiges sondervermögen des bundes unter bundeseigener verwaltung (vgl. §§ 1, 2 bundesbahng) – als bundeseigen eingestuft. 108vgl. thilo, döv 1997, 725, 726; rderl. des innenministers nrw vom 13. märz 1963 – viii c 3.20.37.02 (ziffer 2); vgl. auch das schreiben des bmf vom 4. mai 1995, s. 5, unter hinweis auf vv-akg d 3.5, wonach die grundstücke von sondervermögen und bundesbetrieben im sinne von § 26 bho wie bundeseigene grundstücke behandelt wurden. 109das gericht legt ferner zugrunde, dass nach der staatspraxis ein wechsel im eigentum oder der verfügungsbefugnis über eine liegenschaft jedenfalls regelmäßig auch einen wechsel der kostenlast für die kampfmittelräumung nach sich zog. so entstand die kostenpflichtigkeit des bundes neu, sobald eine liegenschaft nachträglich in dessen eigentum oder in die verwaltung des bundes gelangte (vgl. auch § 2 nr. 3 akg). umgekehrt entfiel die kostenpflicht, wenn der bund seine liegenschaften veräußerte oder die verwaltung daran aufgab. in diesen fällen nahm und nimmt das beklagte land den (neuen) verantwortlichen (i.d.r. den eigentümer) über ziffer 1.2 des runderlasses vom 9. november 2007 in anspruch („ehemals bundeseigene liegenschaften“). das gericht geht davon aus, dass insoweit das schreiben des bundesfinanzministers vom 4. mai 1995 (s. 3, letzter abs.) auch die bis zum 1. oktober 1965 bestehende staatspraxis zutreffend wiedergibt. 110ob ein grundstück „bundeseigen“ ist bzw. „unter bundesverwaltung“ steht, ist folglich nach den tatsächlich bestehenden grundeigentums- bzw. verwaltungsverhältnissen zum zeitpunkt der vornahme der kostenauslösenden amtshandlung (sondierung bzw. räumung) zu beantworten. im übrigen wäre eine beurteilung anhand der heute oftmals überholten verhältnisse zum stichtag 1. oktober 1965 sinnwidrig. 111vgl. auch bverwg, urteil vom 31. mai 2012, juris rn. 27, das zur beurteilung, ob eine liegenschaft „bundeseigen“ ist oder nicht, ohne weiteres auf die erst 2005 entstandene bundesanstalt für immobilienaufgaben (bima) abstellt. 112von diesen grundsätzen ausgehend sind die für das projekt rrx maßgeblichen liegenschaften der klägerin als (mittelbar) bundeseigene bzw. unter bundesverwaltung stehende grundstücke im sinne der staatspraxis einzuordnen. sie sind auch nach ihrer übertragung auf die klägerin, die entweder im zuge der bahnprivatisierung bereits erfolgt ist oder künftig noch – ggf. auch enteignungsrechtlich (vgl. §§ 21, 22 aeg) – erfolgen wird, nach wie vor „für zwecke des bundes verfügbar“ und damit „bundeseigen“ im sinne der staatspraxis. denn sie unterliegen nach der verfassungsrechtlichen ausgestaltung der rechtsstellung der eisenbahninfrastrukturunternehmen (aa) dem maßgeblichen, einer (mittelbaren) bundesverwaltung vergleichbaren einfluss des bundes (bb). 113aa) gemäß art. 87e abs.1 satz 1 gg wird die eisenbahnverkehrsverwaltung für eisenbahnen des bundes in bundeseigener verwaltung geführt. „eisenbahnen des bundes“ sind, wie aus art. 87e abs. 3 satz 2 gg folgt, sowohl unternehmen, deren gegenstand der transport von personen und gütern auf der schiene sind (eisenbahnverkehrsverwaltung), als auch unternehmen, deren tätigkeit der bau, die unterhaltung und das betreiben von schienenwegen ist (eisenbahninfrastruktur-unternehmen). ob es sich um eisenbahnen des bundes handelt, hängt wie bei art. 73 nr. 6a gg von den eigentumsverhältnissen ab. infolge der privatisierung der bundeseisenbahnen kommt es darauf an, dass der bund über die mehrheit der anteile an den eisenbahnunternehmen verfügt. 114vgl. gersdorf, in: v. mangoldt/klein/starck, gg, 5. aufl. 2005, art. 87e rn.14; windthorst, in: sachs, gg, 6. aufl. 2011, art. 87e rn. 15. 115zur eisenbahnverkehrsverwaltung gehört zum einen die sonderordnungsrechtliche verwaltung im traditionellen sinne, vor allem die gefahrenabwehr im zusammenhang mit dem erbringen von verkehrsdienstleistungen („auf der schiene“) sowie dem bau und dem betreiben von verkehrswegen („an der schiene“). zu diesen gefahrenabwehrrechtlichen aufgaben zählen etwa bahnpolizeiliche aufgaben, die abwehr von angriffen auf den bahnverkehr und die verfolgung von ordnungswidrigkeiten. darüber hinaus beinhaltet eisenbahnverkehrsverwaltung sonstige herkömmliche verwaltungsaufgaben, insbesondere hoheitsakte bei planungs- und leistungsverwaltung (z.b. die erteilung von genehmigungen und aufsichtliche maßnahmen). 116zum anderen beinhaltet eisenbahnverkehrsverwaltung über den wortlaut hinaus auch das vorhalten der für den transport von personen und gütern notwendigen infrastruktur. sie umfasst die gesamte administrativtätigkeit, die der bund in wahrnehmung seines infrastruktursicherungsauftrages nach art. 87e abs. 4 gg auszuüben verpflichtet ist. hierzu gehören nicht nur der bau, ausbau und erhalt des gleiskörpers, sondern auch sämtliche begleitenden maßnahmen zur unterhaltung der eisenbahninfrastruktur in einem betriebssicheren zustand. da nach dieser vorschrift der bund für eine grundversorgung im eisenbahnsektor sorge zu tragen hat, muss er auch über die für den vollzug entsprechender infrastrukturgesetze erforderlichen administrativbefugnisse verfügen. innerhalb des gewährleistungsbereichs des art. 87e abs. 4 gg schreibt die verfassung daher obligatorische bundesverwaltung verbindlich vor, die der bund als pflichtaufgabe der leistungsverwaltung zur staatlichen daseinsvorsorge wahrnimmt. die zugehörigkeit der tätigkeit der klägerin zum aufgabenbereich der öffentlichen verwaltung wird durch die privatisierung der eisenbahninfrastrukturunternehmen nicht in frage gestellt. die privatisierung beschränkt sich auf die organisationsform und stellt keine – auf dem gebiet der eisenbahninfrastruktur unzulässige – materielle aufgabenprivatisierung dar. 117vgl. bgh, urteil vom 9. dezember 2010 – 3 str 312/10, juris rn. 10 f. m.w.n.; bverwg, urteil vom 25. oktober 2007 – 3 c 51.06 – juris; gersdorf, in: v. mangoldt/klein/starck, gg, 5. aufl. 2005, art. 87e rn. 20; windthorst, in: sachs, gg, 6. aufl. 2011, art. 87e rn. 16 f. 118das substrat dieser bundesverwaltung ist indes gegenüber der nach art. 87 abs. 1 satz 1 gg a.f. vorgeschriebenen erfüllungsverwaltung deutlich verringert. die erbringung von eisenbahndienstleistungen ist keine verwaltungsaufgabe, dies ist aufgabe der privatisierten eisenbahnunternehmen. denn nach art. 87 abs. 3 satz 1 gg sind die eisenbahnen des bundes als wirtschaftsunternehmen in privatwirtschaftlicher form zu führen. für den bund besteht insoweit lediglich die verwaltungsaufgabe, in dem von art. 87a abs. 4 gg vorgegebenen umfang dienstleistungen zu gewährleisten, und dies auch nur in einem verringerten maße („rechnung tragen“). somit besteht im rahmen von art. 87 abs. 4 gg keine staatliche erfüllungsverantwortung, sondern nur noch eine auf die adäquate grundversorgung mit eisenbahninfrastrukturangeboten reduzierte gewährleistungsverantwortung. 119vgl. bgh, urteil vom 16. juli 2004 – 2 str 486/03 –, juris rn. 24; möstl, in: maunz/dürig, grundgesetz, stand: 2006, art. 87e rn. 23, 180; gersdorf, in: v. mangoldt/klein/starck, gg, 5. aufl. 2005, art. 87e rn. 21 ff.; windthorst, in: sachs, gg, 6. aufl. 2011, art. 87e rn. 15. 120ist damit zur umsetzung des sicherstellungsauftrages eine unmittelbare bereitstellung u.a. der infrastruktur über entsprechende angebote und dienstleistungen durch den bund von art. 87e abs. 3 satz 1 gg ausgeschlossen, muss der bund zur sicherstellung der nach art 87e abs. 4 gg erforderlichen grundversorgung auf seine eisenbahnunternehmen einwirken. derartige einwirkungsmöglichkeiten werden von art. 87e abs. 3 satz 2 und 3 gg, wonach die eisenbahninfrastrukturunternehmen im – zumindest mehrheitlichen – eigentum des bundes stehen, vorausgesetzt. diesem einwirkungsauftrag kann der bund zum einen mit den mitteln des eisenbahnverwaltungsrechts (z.b. hoheitliche regulierung von netzzugang, schienenwegeausbau einschließlich verkehrs- und bedarfsplanung, genehmigungsverfahren für streckenstilllegungen, ggf. entgeltregulierung, finanzhilfen für die infrastruktur, öffentliche auftragsvergaben) und zum anderen über eine unternehmensinterne einflussnahme auf die eisenbahninfrastrukturunternehmen nachkommen. 121vgl. möstl, in: maunz/dürig, grundgesetz, stand: 2006, art. 87e rn. 176; ehlers, gutachten zum entwurf eines gesetzes zur neuordnung der eisenbahnen des bundes (ebneuog) vom 15. september 2007, s. 54 m.w.n.; bgh, urteil vom 16. juli 2004 – 2 str 486/03 –, juris. 122bb) ausgehend von diesen grundgesetzlichen vorgaben verfügt die beigeladene über maßgeblichen einfluss auf den hier allein relevanten umfang des von kampfmitteln zu räumenden liegenschaftsbestandes der klägerin, so dass die als ausbaustrecke für das projekt rrx vorgesehenen trassengrundstücke als „bundeseigen“ bzw. „unter bundes-verwaltung“ im sinne der staatspraxis einzustufen sind. dies ergibt sich im rahmen der vorzunehmenden gesamtbetrachtung daraus, dass der schienenwegeausbau für den rhein-ruhr-express sowohl aufgrund hoheitlicher regulierung (1) als auch über eine gesellschaftsrechtlichen beteiligungsverwaltung des bundes (2) weitreichenden steuerungsmöglichkeiten der beigeladenen unterliegt. 123(1) die beigeladene ist bereits aufgrund gesetzlicher und administrativer instrumentarien in der lage, den erwerb von liegenschaften durch die klägerin, die zum schienenwegeausbau notwendig sind, entscheidend zu steuern. dies betrifft nicht nur die unterhaltung, sondern auch und gerade den – unmittelbar liegenschaftsrelevanten – neu- und ausbau des schienennetzes. 124diesbezüglich hat der gesetzgeber weitreichende einwirkungsmöglichkeiten des bundes durch das bundesschienenwegeausbaugesetzes vom 15. november 1993 (bgbl. i s. 1874) in der fassung vom 31. oktober 2006 (bgbl. i s. 2407) – bschwag – vorgesehen. welche strecken neu bzw. ausgebaut werden, legt der bund durch den bedarfsplan zum bschwag fest. eine konkretisierung dieses bedarfsplanes erfolgt durch vom bundesministerium für verkehr, bau und stadtentwicklung aufgestellte fünfjahrespläne, die die grundlage der aufstellung von ausbauplänen für die bundesschienenwege bilden (§ 5 abs. 1 bschwag). nicht darin aufgeführte strecken können gemäß § 6 bschwag nur in ausnahmefällen aufgrund eines unvorhergesehenen verkehrsbedarfs in die ausbaupläne aufgenommen werden. der bedarfsplan ist alle fünf jahre nach einer prüfung durch das bundesministerium für verkehr, bau und stadtentwicklung gegebenenfalls anzupassen, wobei die aufstellung und anpassung des bedarfsplanes durch gesetz vorgenommen werden (§ 4 abs. 1 bschwag). 125vorliegend ist die ausbaustrecke düsseldorf–duisburg im bedarfsplan für die bundesschienenwege (anlage zu § 1 bschwag) als neues vorhaben des vordringlichen bedarfs unter 1. buchst. b lfd. nr. 20 enthalten. dies gilt ebenfalls für die knoten köln und dortmund (1. buchst. lfd. nr. 28). sie sind auch im bundesverkehrswegeplan 2003 als neue vorhaben des vordringlichen bedarfs unter 7.2.1.2 tabelle 13 lfd. nr. 26 aufgeführt. 126vgl. auch die ergebnisse der überprüfung der bedarfspläne für die bundesschienenwege und die bundesfernstraßen vom 11. november 2010, s. 33, abrufbar unter www.bmvi.de/shareddocs/de/ anlage/internetredaktion/bedarfsplan-de.pdf?__blob=publicationfile. 127zwar wird auf der ebene des schienenwegeausbaugesetzes und des bundesverkehrswegeplans nur über die frage des grundsätzlichen bedarfs einer maßnahme – neubau eines verkehrsweges oder ausbau vorhandener infrastruktur – entschieden und nicht die konkrete projektplanung einschließlich linienführung und trassierung festgelegt. der bedarfsplan kann deshalb entscheidungen auf den nachfolgenden planungsstufen im raumordnungs- und planfeststellungsverfahren nicht vorwegnehmen oder ersetzen. die generalplanungsebene entscheidet somit, ob der verkehrliche bedarf für ein nach netzverknüpfung, ausbautyp und investitionskosten beschriebenes projekt vorhanden ist und dass ggf. planerische schritte zu seiner realisierung einzuleiten sind; hiervon nicht erfasst ist die entscheidung, wie ein projekt realisiert werden soll. 128bt-drs. 15/1656, s. 12 f. 129dieser umstand steht jedoch einer kampfmittelkostenrechtlichen einordnung der für den rrx vorgesehenen trassengrundstücke als bundeseigen bzw. bundesverwaltet nicht entgegen. wenngleich die klägerin als planungsrechtliche vorhabenträgerin die trassierung letztlich parzellenscharf plant und durchführt, legt doch der bund über die bedarfsplanung den anfangs- und den endpunkt der neu- oder ausbaustrecke fest und bestimmt damit insbesondere bei dem ausbau vorhandener infrastruktur – trotz des planfeststellungsrechtlichen gestaltungsspielraums des vorhabenträgers etwa bei der wahl einer trassennahen oder trassenfernen ausbauprojektierung und der grunderwerbsplanung – jedenfalls abstrakt auch deren verlauf. dies gilt insbesondere bezüglich des ausbauvorhabens rhein-ruhr-express, für das der planfeststellungsbeschluss vom 21. august 2014 – bezogen auf das gesamtprojekt rrx – als einzige alternative zum (trassennahen) ausbau der bestehenden strecken den projektverzicht benennt („nullvariante“) und etwaige trassenvarianten ausdrücklich ausschließt (s. 6, 50). zudem gilt der gesetzlich festgestellte bedarf im späteren genehmigungsverfahren gemäß § 1 abs. 2 bschwag als planrechtfertigung. das bedeutet, dass die feststellung des verkehrlichen bedarfs einer maßnahme für die nachfolgende planfeststellung verbindlich ist (gestuftes verfahren). hinter dieser grundentscheidung über die streckenführung als solcher tritt die von der klägerin als planfeststellungsrechtliche vorhabenträgerin und bauherrin vorzunehmende feinsteuerung in kampfmittelkostenrechtlicher hinsicht zurück. letztere geht insoweit über eine die bundesentscheidungen ausfüllende bzw. konkretisierende tätigkeit nicht hinaus. somit verbleibt die grundsätzliche befugnis zur festlegung der durchzuführenden baumaßnahme beim bund. 130vgl. bgh, urteil vom 3. dezember 2010 – 3 str 312/10, juris rn. 27. 131mag die steuerungsmöglichkeit der beigeladenen bezüglich des erwerbs der jeweiligen grundstücke noch einschränkungen unterliegen, wird das aufgewogen, wenn es um deren aufgabe geht. ein maßgeblicher gesichtspunkt der vermögens- und damit der grundstücksverwaltung ist die befugnis zur veräußerung, d.h. der umwandlung von vermögenswerten. insofern steht dem beigeladenen bund bereits ein erheblicher einfluss zu, wenn die bahn sich von schienenwegen trennen will. deren stilllegung bedarf der genehmigung des eisenbahn-bundesamtes (§ 11 aeg), 132vgl. hierzu bverwg, urteil vom 25. oktober 2007 – 3 c 51.06 –, juris, bgh, urteil vom 16. juli 2004 – 2 str 486/03 -, juris rn. 28, 133ihre veräußerung gar kraft verfassung eines bundesgesetzes (art. 87 abs. 5 satz 2 gg). insofern kommt der beigeladenen die formell entscheidende verwaltungskompetenz zu. die zulässigkeit der veräußerung nicht bahnnotwendiger liegenschaften aufgrund unternehmerischer entscheidung der db ag bleibt, da sie von art. 87e abs. 4 gg nicht erfasst wird, hiervon unberührt. 134vgl. bverfg, beschluss vom 22. november 2011 (bahnimmobilien) – 2 bve 3/08 –, juris. 135weiterhin spricht entscheidend für die bundeseigene verwaltung, dass nach § 8 abs. 1 satz 2 bschwag der bund den bau, den ausbau von schienenwegen sowie ersatzinvestitionen finanziert. dies erfolgt im rahmen der erfüllung des infrastruktursicherungsauftrages aus artikel 87e abs. 4 gg. 136bt-drs. 15/1656, s. 12. 137die durchführung und die finanzierung der in den bedarfsplan aufgenommenen baumaßnahmen geschieht gemäß § 9 bschwag auf der grundlage von öffentlich-rechtlichen verträgen zwischen der db ag, die ihrerseits dauerhaft auf zuschüsse des bundes angewiesen ist, und der den neu- oder ausbau finanzierenden gebietskörperschaft, d. h. in aller regel dem bund, in denen konkrete vorgaben für die verwendung der gelder gemacht werden. der bund beeinflusst insofern nicht nur durch die planung, sondern auch durch die finanzierung die grundsätzliche entscheidung darüber, welche strecken aus- bzw. neu gebaut werden. dabei gibt es allein im bereich der neu- und ausbauinvestitionen, in die der überwiegende teil der vom bund zur verfügung gestellten haushaltsmittel fließt, konkrete vorgaben für die verwendung der gelder durch öffentlich-rechtliche verträge. 138vgl. bghst, urteile vom 9. dezember 2010 – 3 str 312/10 –, juris rn. 19, 27, und vom 19. juni 2008 – 3 str 490/07 –, juris rn. 18 f.; bt-drucks. 12/5015, s. 11; br-drucks. 555/07, s. 1. 139das ausschlaggebende gewicht der ausbaufinanzierung auf die entscheidungen der klägerin wird im vorliegenden fall nicht zuletzt dadurch offenbar, dass die klägerin das vorliegende klageverfahren ausschließlich unter dem druck eines drohenden mittelentzuges durch das eisenbahn-bundesamt und in erfüllung einer entsprechenden auflage initiiert hat. 140(2) darüber hinaus ist die beigeladene in der lage, gesellschaftsrechtlich auf den liegenschaftsbestand der klägerin einzuwirken. der bund hat als alleinaktionär der deutsche bahn ag grundsätzlich einen maßgeblichen einfluss (auch) auf die geschäftstätigkeit der klägerin bzw. ihres vorstandes. 141gemäß art. 87e abs. 3 satz 2 gg stehen die eisenbahnen des bundes im eigentum des bundes. infolge der reinen organisationsprivatisierung bedeutet die formulierung „im eigentum des bundes“, dass der bund zumindest mehrheitliches eigentum an den anteilen dieser gesellschaften hält (vgl. art. 87e abs. 3 satz 3 gg). 142vgl. windthorst, in sachs, gg, 6. aufl. 2011, art. 87e rn. 50. 143dass dem bund im rahmen von art. 87e abs. 4 gg die möglichkeit – wenn nicht gar die pflicht – zur wahrnehmung gesellschaftsrechtlicher steuerungsbefugnisse dem grunde nach zusteht, ist weitestgehend anerkannt. vorauszusetzen ist dabei, dass mit der eigentümerstellung überhaupt wirksame gesellschaftsrechtliche einflussmöglichkeiten einhergehen müssen, denn ansonsten ginge die eigentümerstellung über das bloße innehaben eines wertmäßigen anteils nicht hinaus. 144vgl. möstl, in: maunz/dürig, grundgesetz, stand: 2006, rn. 89 ff.; vgl. gersdorf, in: v. mangoldt/klein/starck, gg, 5. aufl. 2005, art. 87e rn. 73 f.; windthorst, in: sachs, gg, art. 87e rn. 50, 67, 75 („unternehmensinterner einfluss“ des bundes als „verfassungsrechtlich abgesichertes einflusspotential“). 145art und umfang der einflussmöglichkeiten des bundes sind im einzelnen umstritten und nicht abschließend geklärt. die diskussion setzt eine auseinandersetzung fort, die bereits die entstehungsgeschichte des art. 87e gg prägte. so brachte die bundesregierung gegen die vom bundesrat im gesetzgebungsverfahren erhobene forderung, der bund müsse eigentümer der schienenwege bleiben, den einwand an, durch die übertragung des eigentums an schienenwegen auf die deutsche bahn ag solle gerade ein „unternehmerischer handlungszwang“ geschaffen werden. anderenfalls sei zu befürchten, dass die deutsche bahn ag „ähnlich einer behörde“ die schienenwege lediglich „verwalten“ und nicht „als eigenes unternehmerisches produktionsmittel wirtschaftlich optimal nutzen“ werde. 146vgl. bt-drucks 12/5015, s. 16; zur entstehungsgeschichte auch ausf. gersdorf, in: v. mangoldt/klein/starck, gg, 5. aufl. 2005, art. 87e rn. 38 ff.; vgl. auch bverfg, beschluss vom 22. november 2011 – 2 bve 3/08 –, bverfge 129, 356 ff., juris rn. 30. 147dementsprechend sieht eine auffassung die verpflichtung aller eisenbahnen auf das prinzip privatwirtschaftlicher leistungserbringung als dominanten und vorrangigen gehalt des art. 87e abs. 3 gg an mit der folge, dass rein gemeinwohlorientierte einwirkungen des bundes auf das unternehmen jedenfalls nicht ohne einen nachteilsausgleich gemäß § 311 abs. 1 aktg unzulässig seien. 148vgl. schmidt-aßmann/röhl, döv 1994, 577 (579 ff.); gersdorf, in: v. mangoldt/klein/starck, gg, 5. aufl. 2005, art. 87e rn. 45 ff. 149nach anderer ansicht zielt art. 87e abs. 3 gg darauf, den bund sozialpolitisch in die pflicht zu nehmen und ihm die mittel zu verschaffen, die für eine gemeinwohlorientierte infrastruktursicherung erforderlich sind. art. 87e abs. 3 satz 2 und 3 gg gewähre dem bund ein instrumentarium, mit dem er – neben anderen – seinen infrastruktursicherungsauftrag gemäß art. 87e abs. 4 gg erfüllen könne. 150vgl. uerpmann, in: v. münch/kunig, gg, 6. aufl. 2012, art. 87e rn. 12 f., 16; ruge, in: schmidt-bleibtreu/hofmann/hemel, gg, 13. aufl. 2014, art. 87e rn. 25; diff. möstl, in: maunz/dürig/herzog, grundgesetz, stand: 2006; art. 87e rn. 89 ff.; vgl. zum streitstand auch masing, rechtsgutachten zur verfassungsmäßigkeit des entwurfs des bundesministeriums für verkehr, bau und stadtentwicklung für ein gesetz zur neuordnung der eisenbahnen des bundes vom 8. mai 2007, s. 11 ff. (abrufbar unter http://www.promobilitaet.de/media/file/413.gutachten_professor_masing.pdf). 151die möglichkeit des bundes, entscheidenden einfluss auf das vorstandspersonal und die geschäftsleitung zu nehmen, wird indes von keiner seite ausdrücklich infrage gestellt. so wird – im gegenteil – darauf verwiesen, dass der vorstand eines im bundeseigentum stehenden unternehmens trotz seiner unabhängigkeit (§ 76 aktg) einer veranlassung des bundes in aller regel folgen werde, weil die mitglieder des vorstands über den personalpolitischen einfluss des bundes persönlich abhängig seien. 152masing, rechtsgutachten, a.a.o., s. 14, unter hinweis auf hommelhoff/schmidt-aßmann, zhr 160 (1996), 521 (555); vgl. auch bgh, urteil vom 16. juli 2004 – 2 str 486/03 -, juris rn. 30. 153dies liegt darin begründet, dass der bund als alleinaktionär der deutsche bahn ag über gewichtige personalkompetenzen und überwachungsrechte (§§ 84, 111 aktg) verfügt, die sich auch auf die geschäftstätigkeit des vorstandes der klägerin auswirken. die einflussnahme auf die geschäftsleitung vermittelt sich insbesondere über die aufsichtsratssitze, die einem mehrheitsaktionär rechtlich zustehen. maßgeblich ist hierfür zunächst der gesetzliche rahmen zu größe und zusammensetzung der aufsichtsräte. die relativ geringste repräsentanz eines mehrheitsaktionärs ergibt sich insoweit für unternehmen mit mehr als 20.000 mitarbeitern, wie der db netz ag. gemäß § 95 abs. 1, 4 aktg i.v.m. § 7 mitbestg umfasst hier der aufsichtsrat 20 mitglieder, von denen jeweils 10 mitglieder von den arbeitnehmern bzw. anteilseignern gestellt werden. nach § 101 abs. 1, 133 abs. 1 aktiengesetz werden die vertreter der anteilseigner von der hauptversammlung mit einfacher mehrheit gewählt. daraus ergibt sich, dass der mehrheitseigentümer mittels seiner mehrheit in der hauptversammlung die anteilseignerbank vollständig besetzen kann. dieser einfluss wird weiter durch die regeln zu wahl und stimmrecht des aufsichtsratsvorsitzenden präzisiert, die im ergebnis sicherstellen, dass sich im streitfall die anteilseignerbank durchsetzen kann (§§ 27 abs. 1, 29 abs. 2, 31 mitbestg). in der sache bedeutet dies, dass der mehrheitseigentümer über die von ihm bestellten mitglieder des aufsichtsrates bei allen nach mehrheit zu treffenden entscheidungen (§ 108 aktg) das letzte wort hat. damit liegt auch die personalkompetenz mittelbar in der hand des mehrheitseigentümers. so geht die entscheidung, wer als vorstandsmitglied und wer als vorstandsvorsitzender zu bestimmen – und ggf. abzuberufen – ist, letztlich auf den mehrheitseigentümer zurück und kann von den in seiner verantwortung entsandten mitgliedern allein durchgesetzt werden (§ 84 aktg). ferner verfügt der von dem bund als alleineigentümer beherrschte aufsichtsrat über weitreichende überwachungsrechte gegenüber dem vorstand bis hin zu dem recht, bestimmte geschäfte seiner zustimmung zu unterwerfen (§ 111 aktg). er übt damit einen bestimmenden einfluss auf die von ihm beherrschte aktiengesellschaft aus. aufgrund dieser realen einwirkungsmacht des alleinaktionärs ist auch der unternehmensvorstand vollständig von dem aktuellen vertrauen des bundes abhängig. 154vgl. masing, rechtsgutachten, a.a.o., s. 22 ff., 28 f.; ehlers, gutachten zum entwurf eines gesetzes zur neuorganisation der eisenbahnen des bundes (ebneuog) vom 15. september 2007, s. 43 ff., 56 (fn. 160) unter hinweis auf eine stellungnahme des bundesministeriums der justiz, vom 3. mai 2007 - az iii b 6 – 7410/20 – 35 110/2007 -, s. 5, wonach bei einer aufgabe seiner steuerung der eisenbahninfrastrukturunternehmen „von innen“ der bund „die schienenwegepolitik […] letztlich aus der hand“ gebe. 155der praktische anwendungsbereich solcher einflussrechte ist damit von erheblicher bedeutung. die gesellschafterrechte des bundes haben die aufgabe, die kontrolle einer effektiven unternehmensführung sicherzustellen. diese werden durch das fehlen eines beherrschungsvertrages gemäß §§ 291 ff. aktg zwischen der beigeladenen und der deutsche bahn ag nicht geschmälert. ein beherrschungsvertrag hätte (sogar) ein unmittelbares weisungsrecht des bundes mit der folgepflicht für den vorstand (§ 308 abs. 1 und 2 aktg) begründet. von dieser möglichkeit hat der bund indes keinen gebrauch gemacht. besteht kein beherrschungsvertrag, bleibt er als eigentümer berechtigt, die belange des gemeinen wohls dort zur geltung zu bringen, wo diese mit betriebswirtschaftlichen gesichtspunkten nicht konfligieren. insbesondere darf nach § 311 abs. 1 aktg ein herrschendes unternehmen seinen einfluss nicht dazu benutzen, eine abhängige aktiengesellschaft zu veranlassen, maßnahmen zu ihrem nachteil zu treffen. eine solche nachteilige maßnahme wäre etwa die erbringung vom bund nach art. 87e abs. 4 gg geforderter, für die bahn aber unrentabler verkehrsleistungen. etwas anderes gilt gemäß § 311 abs. 1 aktg jedoch dann, wenn die nachteile der gesellschaft vollständig ausgeglichen werden, d.h. der bund insoweit gegebenenfalls für einen finanziellen ausgleich sorgt (sog. nachteilsausgleich). 156vgl. bgh, urteil vom 16. juli 2004 – 2 str 386/03 –, juris rn. 31, masing, rechtsgutachten, s. 15. 157dieser nachteilsausgleich ist bei dem ausbauprojekt rrx, das in die finanzierungslast des bundes gemäß art. 87e abs. 4 gg fällt (s.o.), indes gegeben. 158die für das projekt rrx maßgeblichen liegenschaften der klägerin sind damit, wenngleich sie nicht im zivilrechtlichen eigentum der beigeladenen bzw. der bundesanstalt für immobilien stehen, im rahmen des von art. 87e abs. 4 gg vorgegebenen gewährleistungsauftrages „für die zwecke des bundes verfügbar“ und damit – wie die grundstücke der bundesanstalt für immobilien auch – (mittelbar) „bundeseigen“ im sinne der staatspraxis. 159vgl. auch bgh, urteil vom 9. dezember 2010 – 3 str 312/10 –, rn. 14 ff., der die klägerin insgesamt als „verlängerten arm des staates“ einordnet, der strafrechtlich einer behörde gleichzustellen ist. 160b) die zu sondierenden und ggf. zu beseitigenden kampfmittel sind im sinne des § 19 abs. 2 nr. 1 akg gefährlich. 161soweit es um die beseitigung ehemals reichseigener munition ging, wurde die staatspraxis in anlehnung an § 19 abs. 2 nr. 1 des gesetzes zur allgemeinen regelung durch den krieg und den zusammenbruch des deutschen reiches entstandener schäden vom 5. november 1957 (bgbl i s. 1747) – (allgemeines kriegsfolgengesetz – akg) i.v.m. § 1004 bgb entwickelt. danach sind ansprüche i.s.v. § 1 akg, die auf einer verletzung des eigentums oder anderer rechte an einer sache oder an einem recht beruhen, noch zu erfüllen, wenn die erfüllung des anspruchs zur abwendung einer unmittelbaren gefahr für leben oder gesundheit erforderlich ist. der bundesfinanzminister hat sich in den jahren 1958/1959 den ländern gegenüber bereit erklärt, nach maßgabe dieser regelung die kosten für die beseitigung deutscher munition auf nicht bundeseigenen liegenschaften zu erstatten. 162vgl. die schreiben / erlasse vom 20. oktober 1958 – v b/3 – 0 4013 – 334/58 – und 24. juni 1959, a.a.o.; bt-drucks., 3/62, s. 178. 163die vorschrift hat demnach die staatspraxis bis zum 1. oktober 1965 geprägt, und zwar auch für das auffinden alliierter munition auf bundeseigenen liegenschaften. das vorliegen ihrer tatbestandlichen voraussetzungen ist daher auch nach diesem zeitpunkt bedingung für einen erstattungsanspruch der länder. daher sind entsprechend § 19 abs. 2 nr. 1 akg einem land aufwendungen für kampfmittelbeseitigungen zu erstatten, wenn die räumung zur abwendung einer unmittelbaren gefahr für leben oder gesundheit erforderlich war. 164vgl. bverwg, urteile vom 31. mai 2012 – 3 a 1.11 –, juris rn. 29, und vom 14. juni 2006 – 3 a 6.05 –, juris rn. 14. 165der begriff der gefahr ist nach allgemeinen polizeirechtlichen grundsätzen zu konkretisieren. gefahr ist danach die wahrscheinlichkeit eines schadenseintritts. welcher grad an wahrscheinlichkeit erforderlich ist, hängt davon ab, welche rechtsgüter gefährdet werden und welches schadensausmaß droht. da § 19 abs. 2 nr. 1 akg gefahren für die hochrangigen rechtsgüter leben und gesundheit im blick hat, dürfen an die wahrscheinlichkeit eines schadens keine überzogenen anforderungen gestellt werden; es genügt, dass die möglichkeit von schäden an diesen rechtsgütern realistischerweise nicht ausgeschlossen werden kann. auf die konkrete absehbarkeit einer detonation oder detonationsneigung kommt es nicht an. 166bverwg, urteil vom 31. mai 2012 – 3 a 1.11 –, juris rn. 31, 34, 36 f. 167ausgehend hiervon ist die annahme einer gefahr i.s.d. § 19 abs. 2 nr. 1 akg gerechtfertigt. denn in anbetracht der von dem beklagten im einzelnen dargelegten häufung von kampfmittelfunden an bahnhöfen und –strecken in nrw allein im jahre 2012 einerseits 168– hinzu kam noch der fund in dortmund-hörde ende november 2014 mit zeitweiliger stilllegung des bahnverkehrs –, vgl. http://www.rp-online.de/nrw/staedte/bombe-in-dortmund-entschaerft-pluenderer-festgenommen-aid-1.4704249, 169und andererseits der historisch belegten intensität, mit der die eisenbahnverkehrsanlagen an rhein und ruhr vorrangig alliierten (flächen-)bombardements ausgesetzt waren, 170vgl. hierzu etwa ausführlich blank, ruhrschlacht – das ruhrgebiet im kriegsjahr 1943, 2013, s. 54 ff.; ders., bitter ends – die letzten monate des zweiten weltkriegs im ruhrgebiet 1944/45, 2015, s. 32 ff., vgl. auch http://de.wikipedia.org/wiki/luftangriffe_auf_das_ruhrgebiet#beginn_des_ strategischen bombenkriegs (stand: 15. januar 2015), 171besteht grundsätzlich eine beachtliche wahrscheinlichkeit, dass es im zuge der untersuchungen im planfeststellungsbereich 1 und darüber hinaus zu kampfmittelfunden kommen wird. von einer gefahrenlage gehen schließlich auch die beiden hauptbeteiligten übereinstimmend aus. 172c) die gefahr ist auch im sinne von § 19 abs. 2 nr. 1 akg unmittelbar. voraussetzung hierfür ist, dass die gefahr dem bund (noch) zurechenbar und ihre beseitigung dringlich ist. § 19 abs. 2 nr. 1 akg bringt dies mit dem begriff der unmittelbarkeit zum ausdruck. die staatspraxis verpflichtet den bund nämlich nicht dazu, für die beseitigung von kampfmitteln schlechthin einzustehen. gemeint ist eine zeitliche und wertungsmäßige nähebeziehung zwischen dem vorhandensein von kampfmitteln und den möglichen schäden dergestalt, dass abhilfe keinen aufschub duldet. diese nähe ist anzunehmen, wenn es bei einem verlauf der dinge, mit dem nicht nur theoretisch zu rechnen ist, jederzeit unkalkulierbar zu einem dem bund zurechenbaren schaden durch kampfmittel kommen kann. dieser zurechnungszusammenhang ist bereits im begriff der kriegsfolgelast angelegt. es kommt daher entscheidend darauf an, dass bei wertender betrachtung das vorhandensein von kampfmitteln die prägende und damit maßgebliche – und nicht nur entfernte – ursache von gefahren ist. 173bverwg, urteil vom 31. mai 2012 – 3 a 1.11 –, juris rn. 35, 40. 174dies erscheint im vorliegenden fall nicht zweifelhaft. ein dazwischentreten anderweitiger ursachen, die bei wertender betrachtung das vorhandensein von kampfmitteln als entscheidende ursache in den hintergrund treten lassen könnten, ist nicht ersichtlich. insbesondere die bauarbeiten oder der bahnbetrieb kommen nicht als vorrangige (mit-) ursachen in betracht. die verantwortung des bundes für die von kampfmitteln ausgehenden gefahren wird nicht durch handeln dritter verdrängt, mit dem sich diese innerhalb ihres rechtskreises bewegen oder sonst sozialadäquat verhalten. 175vgl. bverwg, urteil vom 31. mai 2012 – 3 a 1.11 –, juris rn. 38. 176d) die von der klägerin geltend gemachte kostenfreistellung ist auch im umfang nicht zu beanstanden. 177der erstattungsanspruch nach art. 120 abs. 1 satz 1 gg umfasst nur die kosten solcher arbeiten, die im hinblick auf die beseitigung der unmittelbaren gefahr notwendig sind. mit dieser beschränkung der erstattungspflicht auf notwendige kosten verpflichtet die staatspraxis die mit der räumung befassten behörden zum schutz der beklagten, aufwendungen nur im unvermeidlichen umfang zu tätigen. maßnahmen, für die erstattung verlangt werden kann, dürfen nicht über dasjenige hinausgehen, was geeignet und erforderlich ist, die gefahr durch kampfmittel effektiv und schadlos zu beseitigen. 178bverwg, urteile vom 31. mai 2012 – 3 a 1.11 –, juris rn. 44, und vom 14. juni 2006 – 3 a 6.05 –, juris rn. 16. 179dies beinhaltet auch die kosten für sondierungsmaßnahmen, die zur aufklärung des umfangs der gefahr und der gebotenen räumungsmaßnahmen erforderlich sind. erstattungsfähig sind mithin die kosten nicht nur für die kampfmittelräumungsarbeiten an sich, sondern auch die kosten für die beprobung zur erlangung einer repräsentativen gefährdungsabschätzung im vorfeld der räumung. hinzu kommen die kosten von vor- und nebenarbeiten im zusammenhang mit der beräumung wie die beseitigung von bewuchs und totholz in trichter- und grabenbereichen sowie das einebnen von grabungsstellen und das umsetzen von bodenmaterial zum wiederherstellen des geländes. 180vgl. bverwg, urteil vom 31. mai 2012 – 3 a 1.11 –, rn. 45 f., urteil vom 14. juni 2006 – 3 a 6.05 –, juris rn. 16. 181ob die – von der klägerin „auflagengemäß“ infrage gestellten – betreuungskosten zu den notwendigen aufwendungen im vorstehenden sinne zählen, wird vorliegend dahinstehen können, weil dem beklagten gegen die klägerin bereits kein anspruch auf die nettokosten der kampfmittelräumung zusteht (s.o.). ein anspruch auf die nebenforderung liegt daher fern. dessen ungeachtet ist die frage – im verhältnis zu der beigeladenen – zu bejahen. 182von der verfassungsmäßigen kostenzuordnung erfasst sind auch projektbezogene betreuungskosten, die dem beklagten im zusammenhang mit der beauftragung einer räumfirma als aufwand für die planung der räummaßnahme, vergabe des auftrags an die räumfirma, der überwachung seiner durchführung und der abnahme der schlussrechnung entstehen. hierbei handelt es sich um kriegsfolgelasten in form von zweckausgaben i.s.d. art. 120 abs. 1 gg. 183bverwg, urteil vom 20. februar 1997 – 3 a 2.95 –, juris rn. 12 ff.; urteil vom 31. mai 2012 – 3 a 1.11 –, juris rn. 64. 184die berechtigung zur erhebung einer pauschale in höhe von 7 prozent der rechnungsbeträge (ohne mehrwertsteuer) folgt hier schon aus der von beklagtenseite vorgelegten rahmenvereinbarung, die am 7. märz 2000 und am 24. januar 2000 von dem beklagten und der beigeladenen ausdrücklich in anlehnung an die entscheidung des bundesverwaltungsgerichts vom 20. februar 1997 gezeichnet worden ist (ga bl. 123/124). diese vereinbarung stellt einen öffentlich-rechtlichen vertrag dar, an dessen regelungen die vertragsparteien in ermangelung anderweitiger anhaltspunkte nach wie vor gebunden sind (§§ 59 ff. vwvfg). die höhe der kostenpauschale von 7 prozent des rechungsbetrages ist in § 2 der vereinbarung fixiert. 185ob ohne diese vereinbarung erstattungsfähige betreuungskosten nicht oder mit blick auf die wertungen des finanzanpassungsgesetzes vom 30. februar 1971 lediglich in geringerer höhe angefallen wären, 186vgl. hierzu bverwg, urteil vom 31. mai 2012 – 3 a 1.11 –, juris rn. 64, 67, 187bedarf daher keiner entscheidung. 188dessen ungeachtet sind projektbezogene betreuungskosten dann im rahmen von art. 120 gg erstattungsfähig, wenn sie nach der von den konkreten beteiligten vor dem stichtag 1. oktober 1965 geübten staatspraxis von der beigeladenen gezahlt worden waren. etwaige aufklärungs-/beweisschwierigkeiten gehen zu lasten der beigeladenen. 189vgl. bverwg, urteile vom 20. februar 1997 – 3 a 2.95 –, juris rn. 15 f., vom 31. mai 2012 – 3 a 1.11 –, juris rn. 64, und vom 14. juni 2006 – 3 a 6.05 –, juris rn. 17. 190e) entgegen der ansicht des beklagten muss sich die klägerin die kriegsfolgenrechtliche kostenlast des bundes nicht zurechnen lassen. 191aa) ein zurechnungstatbestand folgt insbesondere nicht daraus, dass die klägerin (partielle) gesamtrechtsnachfolgerin der beigeladenen ist. denn art. 120 gg weist – wie bereits dargelegt – die kostenrechtliche letztverantwortlichkeit ausdrücklich nur der gebietskörperschaft „bund“ zu. 192vgl. bverfg, beschluss vom 18. juli 2005 – 2 bvf 2/01 – risikostrukturausgleich, bverfge 113, 167, juris rn. 112; bverwg, urteil vom 31. mai 2012 – 3 a 1.11 –, juris rn. 42 („[…] grundentscheidungen zur frage, wem die kosten endgültig anzulasten sind“). 193nichts anderes folgt aus der vom beklagten angeführten vorschrift des § 8 abs. 1 nr. 1 des gesetzes über die gründung einer deutsche bahn aktiengesellschaft (deutsche bahn gründungsgesetz – dbgrg). die vorschrift bestimmt, dass mit eintragung der deutsche bahn ag in das handelsregister die aus dem bundeseisenbahnvermögen ausgegliederten teile einschließlich der verbindlichkeiten jeweils als gesamtheit (zunächst) auf die db ag übergingen. von derartigen verbindlichkeiten sind kriegsfolgekosten schon deshalb nicht erfasst, weil die verfassungsrechtliche kostenzuordnung in dem durch art. 120 abs. 1 satz 3 gg vorgegebenen rahmen (staatspraxis) nicht zugunsten des bundes durch einfaches bundesgesetz geändert werden kann. dies wäre nur durch verfassungsänderndes gesetz möglich. zwar ist die beigeladene nicht gehindert, nach dem stichtag für bis dahin bundesgesetzlich nicht geregelte kriegsfolgelasten regelungen zu treffen, sie unterliegt insoweit dann aber hinsichtlich der lastenverteilung wieder der grundregel des art. 120 abs. 1 satz 1 gg. 194so bereits die begründung zum gesetzentwurf der bundesregierung, bt-drs. iv/2524, s. 9; sturm, dvbl. 1965, 719 (723); heckt, döv 1966, 10 (16); v. mangoldt/klein/starck, gg, 5. aufl. 2005, art. 120 rn. 15; siekmann, in: sachs, gg, 6. aufl. 2011, art. 120 rn. 21 m.w.n. 195bereits aus diesem grund scheidet die annahme aus, das eisenbahn-neuordnungsgesetz vom 27. dezember 1993 (bgbl. i s. 2378) – eneuog –, dessen artikel 2 das dbgrg bildet, habe eine überwälzung bahnliegenschaftsbezogener kriegsfolgelasten auf die deutsche bahn ag bzw. später auch auf die privatisierten eisenbahninfrastrukturunternehmen bewirkt. dies war auch nicht beabsichtigt. die materialien zum eisenbahnneuordnungsgesetz geben hierfür nichts her. dass „verbindlichkeiten“ i.s.d. § 8 abs. 1 nr. 1 dbgrg – oder auch des § 20 abs. 1 satz 2 des gesetzes zur zusammenführung und neugliederung der bundeseisenbahnen (art. 1 eneuog) – kriegsfolgekosten einschließen sollten, ist mit blick auf die zivilrechtliche ausrichtung dieser vorschriften nicht ersichtlich. 196vgl. bt-drucks. 12/4609, s. 70, 79. 197eine neuregelung der kriegsfolgelasten wird vielmehr seit etlichen jahren durch immer wiederkehrende gesetzesinitiativen des bundesrates in gestalt eines rüstungsaltlastenfinanzierungsgesetzes angestrebt. die bisherigen entwürfe sind jedoch bislang stets am widerstand der bundesregierung gescheitert. 198vgl. hierzu die jüngste bundesratsinitiative vom 27. august 2014, bt-drs. 18/2411, s. 1, 13. 199schließlich ist ein übergangstatbestand auch der verfassung nicht zu entnehmen. wortlaut und entstehungsgeschichte von art. 87e gg 200bt-drucks. 12/5015 201geben für eine einschränkung der kriegsfolgenlast des bundes aus art. 120 gg nichts her. letztere blieb vielmehr von der bahnprivatisierung unberührt. der beklagte weist selbst mehrfach – insoweit zu recht – darauf hin, dass der bund sich den verfassungsrechtlichen vorgaben des art. 120 abs. 1 gg nicht durch bloße organisationsprivatisierung entziehen kann. dies kann im übrigen erst recht nicht durch das schreiben des bundesfinanzministers vom 4. juni 1995 erfolgt sein. dieses kann die staatspraxis nicht nachträglich abändern oder „konkretisieren“, denn maßgeblich ist der am stichtag 1. oktober 1965 bestehende status quo. 202vgl. bverwg, urteil vom 14. juni 2006 – 3 a 6.05 –, juris rn. 17. 203die befürchtung des beklagten, durch die organisationsprivatisierung würde ihm eine durchsetzung seiner ansprüche unzumutbar erschwert, ist ebenfalls unbegründet. entsprechende bund-länder-streitigkeiten sind nach der rechtsprechung des bundesverwaltungsgerichts der von art. 120 abs. 1 gg vorgezeichnete weg. dieser verfassungsrechtliche vorrang der kriegsfolgenrechtlichen letztverantwortlichkeit des bundes besteht unabhängig davon, ob die beigeladene ihre verpflichtungen anerkennt oder bestreitet. dessen ungeachtet ist es dem beklagten durchaus zuzumuten, sich erforderlichenfalls mit der beigeladenen gerichtlich auseinanderzusetzen. wie die vielzahl der vor dem bundesverwaltungsgericht zum kriegsfolgenrecht in bezug auf die kosten für die beseitigung von kampfmitteln geführten bund-länder-streitigkeiten zeigt, sind derartige erstattungsprozesse auch keineswegs von vornherein aussichtslos. eine eventuelle weigerung der beigeladenen zur übernahme der ihr von der verfassung zugewiesenen kostenlast rechtfertigt vor diesem hintergrund keine kostenüberwälzung auf die klägerin. 204nichts anderes folgt aus dem von beklagtenseite ins feld geführten urteil des verwaltungsgerichts berlin vom 25. september 2012 – 1 k 339/10 –. darin wird zwar ausgeführt, dass die störerhaftung auch eine private gesellschaft als zustandsverantwortliche treffen kann (juris rn. 31). diese ausführungen betreffen indes lediglich die – vom bundesverwaltungsgericht in der genannten entscheidung vom 31. mai 2012 (juris rn. 42) ausdrücklich offen gelassene – frage der gefahrenabwehrrechtlichen verantwortlichkeit bzw. störereigenschaft auf der so genannten primärebene. hiervon zu unterscheiden ist – auch nach der entscheidung des verwaltungsgerichts berlin – die hier allein maßgebliche kostenrechtliche (sekundär-)ebene, für die art. 120 abs. 1 gg wiederum spezielle vorgaben enthält. 205bb) schließlich stellt es keinen wertungswiderspruch dar, wenn die klägerin einerseits als materiell (einwendungs-)berechtigte dritte angesehen wird, sie aber andererseits als „verlängerter arm des staates“ gilt, 206vgl. bghst, urteil vom 9. dezember 2010 – 3 str 312/10 –, juris, 207und deshalb ihre grundstücke als bundeseigen bzw. bundesverwaltet eingeordnet werden. die qualifizierung der liegenschaften als bundeseigen knüpft in verfassungsrechtlich sanktionierter weise an die staatspraxis an („übung“). maßgeblich ist daher insoweit der anhand rechtstatsächlicher kriterien zu bewertende grad an einflussmöglichkeiten des bundes. dem steht nicht entgegen, dass die klägerin formalrechtlich als eigenständiges rechtssubjekt am rechtsverkehr teilnimmt und als solche auch gegenüber dem bund und den ländern mit eigenen materiellen rechtspositionen ausgestattet ist, die sich auch als einwendungen manifestieren können. denn art. 120 abs. 1 gg weist die kriegsfolgenkostenrechtliche letztverantwortlichkeit ausschließlich der gebietskörperschaft „bund“ – und nicht etwa sonstigen aufgabenträgern des bundes – zu. 208bverfg, beschluss vom 18. juli 2005 – 2 bvf 2/01 – risikostrukturausgleich, juris rn. 112; vgl. auch zu art. 110 gg bverfg, beschluss vom 22. november 2011 - 2 bve 3/08 – bahnimmobilien, juris rn. 26. 209dieses ergebnis ist letztlich die konsequenz aus der verfassungsrechtlichen konzeption, die für eisenbahninfrastrukturunternehmen aufgrund der privatisierungsschranken von art. 87e abs. 3 satz 2 und 3, abs. 4 gg lediglich eine begrenzte eigenständigkeit vorsieht. schließlich hat auch das bundesverwaltungsgericht die möglichkeit des auseinanderfallens von dem träger der kostenlast nach art. 120 abs. 1 gg und dem (formellen) liegenschaftsinhaber anerkannt. 210bverwg, urteil vom 31. mai 2012 – 3 a 1.11 –, juris rn. 27 für die bundesanstalt für immobilienaufgaben. 211dass die einnahmen und ausgaben der klägerin aus liegenschaftsgeschäften keine solchen der gebietskörperschaft bund darstellen, 212bverfg, beschluss vom 22. november 2011 - 2 bve 3/08 -, juris rn. 26 f., 213steht dem nicht entgegen. sie betreffen allenfalls haushaltsrechtliche fragen, ohne dass hieraus tragfähige rückschlüsse auf die nähebeziehung der beigeladenen zu den liegenschaften der eisenbahninfrastrukturunternehmen und die einflussmöglichkeiten der beigeladenen hierauf gezogen werden könnten. 214die kostenentscheidung folgt aus §§ 154 abs. 1 und 3, 162 abs. 3 vwgo. die beigeladene war nach billigkeitsgesichtspunkten nicht an den gerichtskosten zu beteiligen, da sie keinen sachantrag gestellt und damit kein kostenrisiko übernommen hat. die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit beruht auf § 167 abs. 1 vwgo i.v.m. § 709 zpo. 215die berufung war wegen grundsätzlicher bedeutung der rechtssache gemäß § 124a abs. 1 satz 1 i.v.m. § 124 abs. 2 nr. 3 vwgo zuzulassen. die hier entscheidungserhebliche frage, ob die kosten für die kampfmittelsondierung /-räumung auf den liegenschaften der klägerin nach der allgemeinen schutzklausel in art. 120 abs. 1 satz 3 gg der beigeladenen bundesrepublik deutschland anheimfallen, ist allgemein klärungsbedürftig. da es sich hierbei um eine rechtsfrage handelt, die in erster linie das bund-länder-verhältnis betrifft, lässt die kammer zugleich die sprungrevision zu, § 134 abs. 1 satz 1, abs. 2 i.v.m. § 132 abs. 2 nr. 1 vwgo. 216beschluss: 217der streitwert wird auf 300.000,00 euro festgesetzt. 218gründe: 219die streitwertfestsetzung beruht auf § 52 abs. 1 gkg.
Klaeger*in
1
144,067
118 C 136/15
2015-10-21T00:00:00
Urteil
Tenor 1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 3.795,58 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 1.231,86 € seit dem 14.11.2013 und aus weiteren 2.563,72 € seit dem 13.04.2015 sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 163,80 € zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. 2. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 10 % und die Beklagte zu 90 %. 3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar; für die Klägerin jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch die Beklagte durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. 1Tatbestand: 2Die Klägerin war auf Grundlage eines Vertrages vom 28.09.2009 seit dem 01.10.2009 als Handelsvertreterin für die Beklagte tätig. 3Nach Ziffer 4 des Vertrages ist die Beklagte berechtigt, den Bestand der Klägerin dann teilweise oder ganz zu entziehen, wenn sie schuldhaft gegen ihre Pflichten zur ordnungsgemäßen Betreuung der Versicherten verstößt. 4Nach den geltenden Provisionsbestimmungen sollte die Klägerin eine Bestandspflege-Basisprovision in Höhe von monatlich 0,33 % aus dem Monatssollbeitrag des für sie ermittelten Gesamtbestandes, mindestens aber 100 € und maximal 200 € erhalten. Darüber hinaus sollte sie eine Bestandspflege-Leistungsprovision aus dem Monatssollbeitrag des für sie ermittelten Gesamtbestandes des Vorjahres erhalten, der in konstanter Höhe unverändert für den Zeitraum eines kompletten Kalenderjahres gezahlt wurde. 5Am 08.05.2013 kam es zu einem Gespräch zwischen der Klägerin und dem Mitarbeiter der Beklagten, dem Zeugen H.. Die Klägerin hatte darum gebeten, ein anderes Bestandsgebiet zu erhalten. Der Zeuge H. sagte der Klägerin, dass einige Mitarbeiter von Umstrukturierungsmaßnahmen bei der Beklagten und neuen Vertragsbedingungen profitieren werden, der Klägerin jedoch der Bestand gekürzt werde. 6Die Beklagte erhielt ein neues Gebiet in Bergisch Gladbach und entsprechend einen neuen Bestand. 7Ab August 2013 wurde der Klägerin der Bestand insgesamt entzogen. 8Die Beklagte kündigte mit Schreiben vom 26.09.2013 den Vertrag zum 31.12.2013. Die Klägerin reagierte mit Schreiben vom 27.09.2013 und kündigte ihrerseits außerordentlich. 9Mit Schreiben vom 14.10.2013 antwortete die Beklagte auf die außerordentliche Kündigung der Klägerin und verdeutlichte, dass diese aus Sicht der Beklagten keinen Anspruch mehr auf Bestandsprovisionen seit Entzug der Bestandsbetreuung habe. 10Mit anwaltlichem Schreiben vom 01.11.2013 machte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin gegenüber der Beklagten einen Anspruch in Höhe von 1.331,86 € geltend und setzte eine Zahlungsfrist bis zum 15.11.2013. Hierfür machte er gegenüber der Klägerin eine 0,65-Geschäftsgebühr zuzüglich Auslagenpauschale und Mehrwertsteuer geltend. Die Beklagte verweigerte die Zahlung der Provisionen mit Schreiben vom 13.11.2013. 11Die Klägerin hatte in den Monaten Januar bis Juni 2013 eine Bestandpflege-Leistungsprovision in Höhe von je 615,93 € monatlich erhalten. Die Zahlung wurde ab Juli 2013 eingestellt. Für die Monate August bis November 2013 wurden als Bestandspflege-Basisprovision je 100 € an die Klägerin gezahlt, für Dezember 2013 keine Basisprovision. 12Die Klägerin behauptet, sie habe von Beginn an und auch im Jahr 2013 einen großen Bestand gehabt. Der Bestand sei in den Monaten Juli und August noch von ihr betreut worden. 13Die Klägerin beantragt, 141. die Beklagte zu verurteilen, an sie 4.295,58 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 1.331,86 € seit dem 14.11.2013 und aus 2.963,72 € seit Rechtshängigkeit zu zahlen; 152. die Beklagte zu verurteilen, an sie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 258,17 € zu zahlen. 16Die Beklagte beantragt, 17 die Klage abzuweisen. 18Sie behauptet, es habe bei den vermittelten Verträgen der Klägerin ein auffällig hohes Stornoaufkommen gegeben, zudem sei ein Umsatzrückgang zu verzeichnen und die Kundenbeschwerden über sie hätten sich gehäuft. Sie behauptet außerdem, die Klägerin habe sich geweigert, den neuen Bestand zu betreuen und im Beisein der Zeugen X. und H. inhaltlich geäußert „Diesen Bestand werden ich keinesfalls ordnungsgemäß betreuen. Dafür fahre ich bestimmt nicht den weiten Weg raus nach Bergisch Gladbach!“. Die Beklagte ist der Ansicht, sie habe der Klägerin daher den Bestand nach Ziffer 4 des Vertrages rechtmäßig entziehen können. 19Die Klage ist der Beklagten am 13.04.2015 zugestellt worden. 20Entscheidungsgründe: 21Die zulässige Klage ist größtenteils begründet. 22Die Klägerin hat gegen die Beklagte zunächst einen Anspruch auf Zahlung von 1.847,79 € aus dem abgeschlossenen Handelsvertretervertrag i.V.m. den Provisionsvereinbarungen hinsichtlich der Bestandspflege-Leistungsprovision. 23Der Vertrag sah eine konstante Provisionszahlung über das Kalenderjahr hinweg vor. Die Klägerin hatte unstreitig für die vorangegangenen Monate eine Leistungsprovision in Höhe von 615,93 € erhalten. Der Vertrag bestand auch zumindest bis Ende September ungekündigt fort. Für die drei Monate Juli bis September 2013 ist ein solcher Anspruch mithin entstanden. Er ist auch der Höhe nach weiterhin mit 615,93 € monatlich zu beziffern. Der Entzug des Bestandes als Ganzes und der damit einhergehende Wegfall jeglicher Grundlage für die Auszahlung der Bestandsprovisionen erfolgte rechtswidrig. Die Beklagte muss sich dabei nach den Geboten von Treu und Glauben, § 242 BGB, so behandeln lassen, als betreute die Klägerin den Bestand weiterhin. Auf die Frage, ob dabei die Ziffer 4 des Handelsvertretervertrages der AGB-Kontrolle standhält, kommt es nicht an, da die beweisbelastete Beklagte deren Voraussetzungen schon nicht substantiiert darlegen konnte. Eine tatsächliche und schuldhafte Verletzung der Pflichten zur Betreuung des Bestandes durch die Klägerin konnte die Beklagte nicht im Einzelnen darlegen. Ein Gespräch, in welchem die Klägerin geäußert haben soll, sie werde den Bestand in Bergisch Gladbach nicht betreuen, ist weder nach Ort, noch nach Datum und Tageszeit substantiiert vorgetragen. Eine Beweiserhebung hätte mithin der Ausforschung gedient. Darüber hinaus ist in einer Aussage wie der von der Beklagten beschriebenen, dass die Klägerin den Bestand in Bergisch Gladbach sicher nicht betreuen werde, nicht unbedingt als endgültige Verweigerung zu sehen. In einer Situation, in welcher ein Handelsvertreter ein neues Gebiet zugewiesen bekommt, mit welchem er nicht einverstanden ist, ist durch die emotionale Einbindung schnell eine Aussage über ein künftiges Verhalten getroffen, das dann letztlich nicht erfolgt. Eine spontane Ankündigung der Weigerung ist mithin noch keine Verletzung der Pflicht zur Betreuung der Versicherten. 24Die Klägerin hat hingegen keinen Anspruch gegen die Beklagte in Höhe von 200 € aus dem abgeschlossenen Handelsvertretervertrag i.V.m. den Provisionsvereinbarungen hinsichtlich der Bestandspflege-Basisprovisionen. 25Für die Monate, in welchen der Vertrag jedenfalls noch bestand, erhielt die Klägerin 200 € Basisprovision für den Monat Juli und je 100 € für die Monate August und September. Damit sind die Ansprüche insoweit nach § 362 Abs. 1 BGB erfüllt. Ein weitergehender Anspruch besteht nicht. Die Klägerin konnte nicht substantiiert darlegen, dass auch nach der Zuweisung des neuen Bestandes dieser noch hoch genug war, um die maximale Basisprovision von 200 € zu erhalten. Im Gegensatz zu der Leistungsprovision berechnet sich dieser Anspruch nicht in gleichbleibender Höhe für ein ganzes Kalenderjahr. Die pauschale Behauptung, der Bestand der Klägerin sei immer sehr hoch gewesen, reicht zur Substantiierung nicht aus. 26Die Klägerin hat außerdem einen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 1.947,79 € aus § 89a Abs. 2 HGB. 27Danach ist derjenige zum Ersatz des durch die Aufhebung des Vertragsverhältnisses entstehenden Schadens verpflichtet, der eine Kündigung aus wichtigem Grund durch den anderen Teil veranlasst und zu vertreten hat. 28Die Klägerin hat hier wirksam aus wichtigem Grund gekündigt. Eine Kündigungserklärung liegt vor, die Klägerin hat mit Schreiben vom 27.09.2013 die außerordentliche Kündigung erklärt. Ein wichtiger Grund im Sinne des § 89a Abs. 1 HGB liegt dann vor, wenn dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung bis zum Ablauf der Frist zur ordentlichen Kündigung nicht zugemutet werden kann (Baumbach/Hopt –Hopt, HGB, § 89a Rn 6). Der Entzug des kompletten Bestandes stellt einen solchen wichtigen Kündigungsgrund dar. Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass die vertragswidrige Beschneidung des Bezirks durch den Unternehmer eine übermäßige und damit unzulässige Rechtsausübung darstellt, wenn sie in keinem angemessenen Verhältnis zu dem vom Handelsvertreter gegebenen Anlass steht (BGH, WM 1971, 561). Wenn bereits die unberechtigte Beschneidung des Bezirks eine erhebliche Vertragsverletzung darstellt, so stellt erst recht der Entzug des gesamten Bestandes eine solche Verletzung dar. Dass dieser Entzug nicht durch Ziffer 4 des Handelsvertretervertrages gerechtfertigt war, wurde oben bereits dargelegt. In diesem Einzelfall ist das Interesse der Beklagten daran, sicherzustellen, dass eine ordnungsgemäße Betreuung des von ihr zugewiesenen Bestandes erfolgt, mit dem Interesse der Klägerin abzuwägen, einen Bestand zugewiesen zu bekommen, um ihrer Tätigkeit überhaupt nachgehen zu können, und eine Provisionszahlung zu erhalten. Ob die Klägerin daneben auch Abschlussprovisionen erhielt, spielt hier keine Rolle, da die Bestandsprovisionen jedenfalls eine beträchtliche Summe der monatlich gesicherten Bezüge ausmachten. Dabei überwiegen die Interessen der Klägerin bei weitem. Dies insbesondere, da die Beklagte keinen, zumindest keinen hier substantiiert vorgetragenen, Grund hatte, von der nicht vertragsgemäßen Betreuung des Bestandes durch die Klägerin auszugehen. Auch andere Gründe wie ein angeblicher Umsatzrückgang, ein erhöhtes Stornoaufkommen oder Kundenbeschwerden sind weder konkretisiert worden, noch berechtigen sie zu einem so schwerwiegenden Eingriff in die Provisionsinteressen der Klägerin. Hinzu kommt, dass durch das Kündigungsschreiben der Beklagten vom 26.09.2013 das gegenseitige Vertrauen erschüttert war. Auch eine Abmahnung war hier aufgrund der besonders schwerwiegenden Vertragsverletzung entbehrlich. Die Beklagte hatte die Kündigung auch allein zu vertreten. 29Die Höhe dieses Anspruches umfasst dasjenige, was bis zum nächstmöglichen Beendigungszeitpunkt, das heißt bei Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist nach § 89 Abs. 1 HGB, von der Klägerin vereinnahmt worden wäre. Die Kündigungsfrist beträgt bei Verträgen im dritten bis fünften Jahr 3 Monate. Bei Abschluss des Vertrages im Jahr 2009 und Kündigungserklärung im Jahr 2013 ist hier eine Kündigung im fünften Jahr gegeben. Der Anspruch umfasst mithin die Bestandspflege-Leistungsprovisionen für die drei Monate Oktober, November und Dezember, insgesamt 1.847,79 €. Hinzu kommt die Bestandspflege-Basisprovision in Höhe von 100 € für den Monat Dezember. Eine Substantiierung eines höheren Schadens hinsichtlich der Basisprovisionen ist auch hier, wie oben bei dem Erfüllungsanspruch, nicht gegeben. 30Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 280 Abs. 1, 2, 286 Abs. 1 S. 1, 288 Abs. 1, 291 BGB. 31Ein Teilbetrag in Höhe von 1.331,86 € ist durch den Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 01.11.2013 angemahnt worden. In diesem Betrag sind 100 € ungerechtfertigte Forderung wegen der nicht näher konkretisierten Basisprovision enthalten. Mit einem Betrag in Höhe von 1.231,86 € (zwei Leistungsprovisionszahlungen) befindet sich die Beklagte daher spätestens am 14.11.2013, im Verzug. Hinsichtlich der restlichen Forderung greift § 291 BGB bei einer Klagezustellung am 13.04.2015. 32Der Anspruch auf vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten ergibt sich aus §§ 280 Abs. 1, 2, 286 Abs.2 Nr. 3 BGB. Bereits das Schreiben der Beklagten vom 14.10.2013 ist als ernsthafte und endgültige Erfüllungsverweigerung zu verstehen. Die Beklagte befand sich daher bereits zu diesem Zeitpunkt im Verzug. Die Klägerin konnte die daraufhin erfolgte Inanspruchnahme rechtlicher Vertretung auch für erforderlich und zweckmäßig halten. Der Höhe nach kann hier allerdings nur ein Gegenstandswert des begründeten Anspruchs angesetzt werden. Dieser liegt bei unter 4.000 €. Bei unveränderter Ansetzung einer Geschäftsgebühr mit 0,65 plus Auslagenpauschale und Mehrwertsteuer ergibt sich ein Gesamtbetrag von 163,80 €. 33Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 1, 709S. 1, 2, 708 Nr. 11, 711 ZPO. 34Der Streitwert wird auf 4.295,58 EUR festgesetzt. 35Rechtsbehelfsbelehrung: 36A) Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist, 371. wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder 382. wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht zugelassen worden ist. 39Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Landgericht Köln, Luxemburger Str. 101, 50939 Köln, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten. 40Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Landgericht Köln zu begründen. 41Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Köln durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein. 42Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden. 43B) Gegen die Streitwertfestsetzung ist die Beschwerde an das Amtsgericht Köln statthaft, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteigt oder das Amtsgericht die Beschwerde zugelassen hat. Die Beschwerde ist spätestens innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, bei dem Amtsgericht Köln, Luxemburger Str. 101, 50939 Köln, schriftlich in deutscher Sprache oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Die Beschwerde kann auch zur Niederschrift der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichtes abgegeben werden. 44Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann die Beschwerde noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. 45
1. die beklagte wird verurteilt, an die klägerin 3.795,58 € nebst zinsen in höhe von 5 prozentpunkten über dem basiszinssatz aus 1.231,86 € seit dem 14.11.2013 und aus weiteren 2.563,72 € seit dem 13.04.2015 sowie vorgerichtliche rechtsanwaltskosten in höhe von 163,80 € zu zahlen. im übrigen wird die klage abgewiesen. 2. die kosten des rechtsstreits tragen die klägerin zu 10 % und die beklagte zu 90 %. 3. das urteil ist vorläufig vollstreckbar; für die klägerin jedoch nur gegen sicherheitsleistung in höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden betrages. die klägerin kann die vollstreckung durch die beklagte durch sicherheitsleistung in höhe von 110 % des aufgrund des urteils zu vollstreckenden betrages abwenden, wenn nicht die beklagte vor der vollstreckung sicherheit in höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden betrages leistet. 1
2die klägerin war auf grundlage eines vertrages vom 28.09.2009 seit dem 01.10.2009 als handelsvertreterin für die beklagte tätig. 3nach ziffer 4 des vertrages ist die beklagte berechtigt, den bestand der klägerin dann teilweise oder ganz zu entziehen, wenn sie schuldhaft gegen ihre pflichten zur ordnungsgemäßen betreuung der versicherten verstößt. 4nach den geltenden provisionsbestimmungen sollte die klägerin eine bestandspflege-basisprovision in höhe von monatlich 0,33 % aus dem monatssollbeitrag des für sie ermittelten gesamtbestandes, mindestens aber 100 € und maximal 200 € erhalten. darüber hinaus sollte sie eine bestandspflege-leistungsprovision aus dem monatssollbeitrag des für sie ermittelten gesamtbestandes des vorjahres erhalten, der in konstanter höhe unverändert für den zeitraum eines kompletten kalenderjahres gezahlt wurde. 5am 08.05.2013 kam es zu einem gespräch zwischen der klägerin und dem mitarbeiter der beklagten, dem zeugen h.. die klägerin hatte darum gebeten, ein anderes bestandsgebiet zu erhalten. der zeuge h. sagte der klägerin, dass einige mitarbeiter von umstrukturierungsmaßnahmen bei der beklagten und neuen vertragsbedingungen profitieren werden, der klägerin jedoch der bestand gekürzt werde. 6die beklagte erhielt ein neues gebiet in bergisch gladbach und entsprechend einen neuen bestand. 7ab august 2013 wurde der klägerin der bestand insgesamt entzogen. 8die beklagte kündigte mit schreiben vom 26.09.2013 den vertrag zum 31.12.2013. die klägerin reagierte mit schreiben vom 27.09.2013 und kündigte ihrerseits außerordentlich. 9mit schreiben vom 14.10.2013 antwortete die beklagte auf die außerordentliche kündigung der klägerin und verdeutlichte, dass diese aus sicht der beklagten keinen anspruch mehr auf bestandsprovisionen seit entzug der bestandsbetreuung habe. 10mit anwaltlichem schreiben vom 01.11.2013 machte der prozessbevollmächtigte der klägerin gegenüber der beklagten einen anspruch in höhe von 1.331,86 € geltend und setzte eine zahlungsfrist bis zum 15.11.2013. hierfür machte er gegenüber der klägerin eine 0,65-geschäftsgebühr zuzüglich auslagenpauschale und mehrwertsteuer geltend. die beklagte verweigerte die zahlung der provisionen mit schreiben vom 13.11.2013. 11die klägerin hatte in den monaten januar bis juni 2013 eine bestandpflege-leistungsprovision in höhe von je 615,93 € monatlich erhalten. die zahlung wurde ab juli 2013 eingestellt. für die monate august bis november 2013 wurden als bestandspflege-basisprovision je 100 € an die klägerin gezahlt, für dezember 2013 keine basisprovision. 12die klägerin behauptet, sie habe von beginn an und auch im jahr 2013 einen großen bestand gehabt. der bestand sei in den monaten juli und august noch von ihr betreut worden. 13die klägerin beantragt, 141. die beklagte zu verurteilen, an sie 4.295,58 € nebst zinsen in höhe von 5 prozentpunkten über dem basiszinssatz aus 1.331,86 € seit dem 14.11.2013 und aus 2.963,72 € seit rechtshängigkeit zu zahlen; 152. die beklagte zu verurteilen, an sie vorgerichtliche rechtsanwaltskosten in höhe von 258,17 € zu zahlen. 16die beklagte beantragt, 17 die klage abzuweisen. 18sie behauptet, es habe bei den vermittelten verträgen der klägerin ein auffällig hohes stornoaufkommen gegeben, zudem sei ein umsatzrückgang zu verzeichnen und die kundenbeschwerden über sie hätten sich gehäuft. sie behauptet außerdem, die klägerin habe sich geweigert, den neuen bestand zu betreuen und im beisein der zeugen x. und h. inhaltlich geäußert „diesen bestand werden ich keinesfalls ordnungsgemäß betreuen. dafür fahre ich bestimmt nicht den weiten weg raus nach bergisch gladbach!“. die beklagte ist der ansicht, sie habe der klägerin daher den bestand nach ziffer 4 des vertrages rechtmäßig entziehen können. 19die klage ist der beklagten am 13.04.2015 zugestellt worden. 20
21die zulässige klage ist größtenteils begründet. 22die klägerin hat gegen die beklagte zunächst einen anspruch auf zahlung von 1.847,79 € aus dem abgeschlossenen handelsvertretervertrag i.v.m. den provisionsvereinbarungen hinsichtlich der bestandspflege-leistungsprovision. 23der vertrag sah eine konstante provisionszahlung über das kalenderjahr hinweg vor. die klägerin hatte unstreitig für die vorangegangenen monate eine leistungsprovision in höhe von 615,93 € erhalten. der vertrag bestand auch zumindest bis ende september ungekündigt fort. für die drei monate juli bis september 2013 ist ein solcher anspruch mithin entstanden. er ist auch der höhe nach weiterhin mit 615,93 € monatlich zu beziffern. der entzug des bestandes als ganzes und der damit einhergehende wegfall jeglicher grundlage für die auszahlung der bestandsprovisionen erfolgte rechtswidrig. die beklagte muss sich dabei nach den geboten von treu und glauben, § 242 bgb, so behandeln lassen, als betreute die klägerin den bestand weiterhin. auf die frage, ob dabei die ziffer 4 des handelsvertretervertrages der agb-kontrolle standhält, kommt es nicht an, da die beweisbelastete beklagte deren voraussetzungen schon nicht substantiiert darlegen konnte. eine tatsächliche und schuldhafte verletzung der pflichten zur betreuung des bestandes durch die klägerin konnte die beklagte nicht im einzelnen darlegen. ein gespräch, in welchem die klägerin geäußert haben soll, sie werde den bestand in bergisch gladbach nicht betreuen, ist weder nach ort, noch nach datum und tageszeit substantiiert vorgetragen. eine beweiserhebung hätte mithin der ausforschung gedient. darüber hinaus ist in einer aussage wie der von der beklagten beschriebenen, dass die klägerin den bestand in bergisch gladbach sicher nicht betreuen werde, nicht unbedingt als endgültige verweigerung zu sehen. in einer situation, in welcher ein handelsvertreter ein neues gebiet zugewiesen bekommt, mit welchem er nicht einverstanden ist, ist durch die emotionale einbindung schnell eine aussage über ein künftiges verhalten getroffen, das dann letztlich nicht erfolgt. eine spontane ankündigung der weigerung ist mithin noch keine verletzung der pflicht zur betreuung der versicherten. 24die klägerin hat hingegen keinen anspruch gegen die beklagte in höhe von 200 € aus dem abgeschlossenen handelsvertretervertrag i.v.m. den provisionsvereinbarungen hinsichtlich der bestandspflege-basisprovisionen. 25für die monate, in welchen der vertrag jedenfalls noch bestand, erhielt die klägerin 200 € basisprovision für den monat juli und je 100 € für die monate august und september. damit sind die ansprüche insoweit nach § 362 abs. 1 bgb erfüllt. ein weitergehender anspruch besteht nicht. die klägerin konnte nicht substantiiert darlegen, dass auch nach der zuweisung des neuen bestandes dieser noch hoch genug war, um die maximale basisprovision von 200 € zu erhalten. im gegensatz zu der leistungsprovision berechnet sich dieser anspruch nicht in gleichbleibender höhe für ein ganzes kalenderjahr. die pauschale behauptung, der bestand der klägerin sei immer sehr hoch gewesen, reicht zur substantiierung nicht aus. 26die klägerin hat außerdem einen anspruch gegen die beklagte auf zahlung von schadensersatz in höhe von 1.947,79 € aus § 89a abs. 2 hgb. 27danach ist derjenige zum ersatz des durch die aufhebung des vertragsverhältnisses entstehenden schadens verpflichtet, der eine kündigung aus wichtigem grund durch den anderen teil veranlasst und zu vertreten hat. 28die klägerin hat hier wirksam aus wichtigem grund gekündigt. eine kündigungserklärung liegt vor, die klägerin hat mit schreiben vom 27.09.2013 die außerordentliche kündigung erklärt. ein wichtiger grund im sinne des § 89a abs. 1 hgb liegt dann vor, wenn dem kündigenden unter berücksichtigung aller umstände des einzelfalls und unter abwägung der beiderseitigen interessen die fortsetzung bis zum ablauf der frist zur ordentlichen kündigung nicht zugemutet werden kann (baumbach/hopt –hopt, hgb, § 89a rn 6). der entzug des kompletten bestandes stellt einen solchen wichtigen kündigungsgrund dar. der bundesgerichtshof hat entschieden, dass die vertragswidrige beschneidung des bezirks durch den unternehmer eine übermäßige und damit unzulässige rechtsausübung darstellt, wenn sie in keinem angemessenen verhältnis zu dem vom handelsvertreter gegebenen anlass steht (bgh, wm 1971, 561). wenn bereits die unberechtigte beschneidung des bezirks eine erhebliche vertragsverletzung darstellt, so stellt erst recht der entzug des gesamten bestandes eine solche verletzung dar. dass dieser entzug nicht durch ziffer 4 des handelsvertretervertrages gerechtfertigt war, wurde oben bereits dargelegt. in diesem einzelfall ist das interesse der beklagten daran, sicherzustellen, dass eine ordnungsgemäße betreuung des von ihr zugewiesenen bestandes erfolgt, mit dem interesse der klägerin abzuwägen, einen bestand zugewiesen zu bekommen, um ihrer tätigkeit überhaupt nachgehen zu können, und eine provisionszahlung zu erhalten. ob die klägerin daneben auch abschlussprovisionen erhielt, spielt hier keine rolle, da die bestandsprovisionen jedenfalls eine beträchtliche summe der monatlich gesicherten bezüge ausmachten. dabei überwiegen die interessen der klägerin bei weitem. dies insbesondere, da die beklagte keinen, zumindest keinen hier substantiiert vorgetragenen, grund hatte, von der nicht vertragsgemäßen betreuung des bestandes durch die klägerin auszugehen. auch andere gründe wie ein angeblicher umsatzrückgang, ein erhöhtes stornoaufkommen oder kundenbeschwerden sind weder konkretisiert worden, noch berechtigen sie zu einem so schwerwiegenden eingriff in die provisionsinteressen der klägerin. hinzu kommt, dass durch das kündigungsschreiben der beklagten vom 26.09.2013 das gegenseitige vertrauen erschüttert war. auch eine abmahnung war hier aufgrund der besonders schwerwiegenden vertragsverletzung entbehrlich. die beklagte hatte die kündigung auch allein zu vertreten. 29die höhe dieses anspruches umfasst dasjenige, was bis zum nächstmöglichen beendigungszeitpunkt, das heißt bei einhaltung der ordentlichen kündigungsfrist nach § 89 abs. 1 hgb, von der klägerin vereinnahmt worden wäre. die kündigungsfrist beträgt bei verträgen im dritten bis fünften jahr 3 monate. bei abschluss des vertrages im jahr 2009 und kündigungserklärung im jahr 2013 ist hier eine kündigung im fünften jahr gegeben. der anspruch umfasst mithin die bestandspflege-leistungsprovisionen für die drei monate oktober, november und dezember, insgesamt 1.847,79 €. hinzu kommt die bestandspflege-basisprovision in höhe von 100 € für den monat dezember. eine substantiierung eines höheren schadens hinsichtlich der basisprovisionen ist auch hier, wie oben bei dem erfüllungsanspruch, nicht gegeben. 30der zinsanspruch ergibt sich aus §§ 280 abs. 1, 2, 286 abs. 1 s. 1, 288 abs. 1, 291 bgb. 31ein teilbetrag in höhe von 1.331,86 € ist durch den prozessbevollmächtigten der klägerin am 01.11.2013 angemahnt worden. in diesem betrag sind 100 € ungerechtfertigte forderung wegen der nicht näher konkretisierten basisprovision enthalten. mit einem betrag in höhe von 1.231,86 € (zwei leistungsprovisionszahlungen) befindet sich die beklagte daher spätestens am 14.11.2013, im verzug. hinsichtlich der restlichen forderung greift § 291 bgb bei einer klagezustellung am 13.04.2015. 32der anspruch auf vorgerichtliche rechtsanwaltskosten ergibt sich aus §§ 280 abs. 1, 2, 286 abs.2 nr. 3 bgb. bereits das schreiben der beklagten vom 14.10.2013 ist als ernsthafte und endgültige erfüllungsverweigerung zu verstehen. die beklagte befand sich daher bereits zu diesem zeitpunkt im verzug. die klägerin konnte die daraufhin erfolgte inanspruchnahme rechtlicher vertretung auch für erforderlich und zweckmäßig halten. der höhe nach kann hier allerdings nur ein gegenstandswert des begründeten anspruchs angesetzt werden. dieser liegt bei unter 4.000 €. bei unveränderter ansetzung einer geschäftsgebühr mit 0,65 plus auslagenpauschale und mehrwertsteuer ergibt sich ein gesamtbetrag von 163,80 €. 33die prozessualen nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 abs. 1, 709s. 1, 2, 708 nr. 11, 711 zpo. 34der streitwert wird auf 4.295,58 eur festgesetzt. 35rechtsbehelfsbelehrung: 36a) gegen dieses urteil ist das rechtsmittel der berufung für jeden zulässig, der durch dieses urteil in seinen rechten benachteiligt ist, 371. wenn der wert des beschwerdegegenstandes 600,00 eur übersteigt oder 382. wenn die berufung in dem urteil durch das amtsgericht zugelassen worden ist. 39die berufung muss innerhalb einer notfrist von einem monat nach zustellung dieses urteils schriftlich bei dem landgericht köln, luxemburger str. 101, 50939 köln, eingegangen sein. die berufungsschrift muss die bezeichnung des urteils, gegen das die berufung gerichtet wird, sowie die erklärung, dass gegen dieses urteil berufung eingelegt werde, enthalten. 40die berufung ist, sofern nicht bereits in der berufungsschrift erfolgt, binnen zwei monaten nach zustellung dieses urteils schriftlich gegenüber dem landgericht köln zu begründen. 41die parteien müssen sich vor dem landgericht köln durch einen rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die berufungs- und die berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein. 42mit der berufungsschrift soll eine ausfertigung oder beglaubigte abschrift des angefochtenen urteils vorgelegt werden. 43b) gegen die streitwertfestsetzung ist die beschwerde an das amtsgericht köln statthaft, wenn der wert des beschwerdegegenstandes 200,00 eur übersteigt oder das amtsgericht die beschwerde zugelassen hat. die beschwerde ist spätestens innerhalb von sechs monaten, nachdem die entscheidung in der hauptsache rechtskraft erlangt oder das verfahren sich anderweitig erledigt hat, bei dem amtsgericht köln, luxemburger str. 101, 50939 köln, schriftlich in deutscher sprache oder zur niederschrift des urkundsbeamten der geschäftsstelle einzulegen. die beschwerde kann auch zur niederschrift der geschäftsstelle eines jeden amtsgerichtes abgegeben werden. 44ist der streitwert später als einen monat vor ablauf dieser frist festgesetzt worden, so kann die beschwerde noch innerhalb eines monats nach zustellung oder formloser mitteilung des festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. 45
Klaeger*in
1
127,271
18 O 228/13
2016-01-04T00:00:00
Urteil
Tenor 1) Die Klage wird abgewiesen. 2) Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger. 3) Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages. 1Tatbestand: 2Zwischen den Parteien bestand zum streitgegenständlichen Zeitpunkt ein Vertrag über eine Kfz-Kaskoversicherung (Vollkasko mit eingeschlossener Teilkasko) zur Versicherungsnummer …. Der Kläger ist Versicherungsnehmer, die Beklagte ist Versicherer. Dem Vertrag lagen die Allgemeinen Bedingungen für die Kfz-Versicherung (AKB) der Beklagten zu Grunde. 3Der Kläger ist Eigentümer eines PKW N (Fahrzeug-Ident-Nr. …, Amtl. Kennzeichen: …). Er hat diesen am 07.11.2011 erworben. Zu diesem Zeitpunkt wies der PKW Schäden an beiden Seiten auf. Diese Schäden ließ der Kläger im Karosserie- und Lackierfachbetrieb B sach- und fachgerecht reparieren. 4Am 14.02.2013 befuhr der Kläger gegen 23:04 Uhr mit seinem PKW die Autobahn … in Fahrtrichtung E. Die Fahrbahn war zu diesem Zeitpunkt mit Schnee bedeckt. An der Ausfahrt H fuhr der Kläger von der Autobahn ab. Die Ausfahrt verläuft in Fahrtrichtung in einer Rechtskurve. In der Ausfahrt kollidierte der Kläger mit der linken Seite seines PKW mit der Leitplanke. 5Der Kläger meldete am PKW vorhandene Schäden der Beklagten. Der PKW des Klägers wurde am 25.02.2013 durch die E1 GmbH begutachtet. In dem Gutachten werden die erforderlichen Reparaturkosten mit 14.433,65 € beziffert und die vorhandenen Schäden am PKW dargestellt. Auf das Gutachten der E1 vom 26.02.2013 (Bl. 6 ff. d.A) wird insoweit Bezug genommen. 6Der Kläger forderte die Beklagte zur Zahlung aufgrund des zwischen den Parteien im streitgegenständlichen Zeitpunkt bestehenden Versicherungsvertrages auf. Mit Schreiben vom 22.05.2013 lehnte die Beklagte die Regulierung des Schadens ab. 7Mit der Klage begehrt der Kläger Zahlung von 13.433,65 € (14.433,65 € Netto-Reparaturkosten laut E1-Gutachten abzüglich vereinbarter Selbstbeteiligung in Höhe von 1.000,00 €) sowie Freistellung von außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten. 8Der Kläger behauptet, der PKW sei in der Ausfahrt vorne ausgebrochen und vorne links mit dem Kotflügel mit der Leitplanke kollidiert. Er habe dann gegengelenkt. Da es sich um eine abgerundete Ausfahrt handelte, sei er dann auch mit dem hinteren Teil des Wagens gegen die Leitplanke geraten. Es sei zu einem Anstoß mit dem vorderen und zu einem Anstoß mit dem hinteren Teil des Fahrzeugs gegen die Leitplanke gekommen. Hiernach sei er schließlich wieder auf die normale Ausfahrt gelangt. An die genaue Geschwindigkeit im Zeitpunkt der Kollision erinnere er sich nicht. 9Er behauptet, dass sämtliche im Gutachten der E1 vom 26.02.2013 aufgeführten Schäden auf das Schadensereignis vom 14.02.2013 zurück zu führen seien. Der PKW habe zum Zeitpunkt des Ereignisses keine Schäden aufgewiesen. 10Den Unfallort habe er mit dem Sachverständigen der Beklagten nicht erneut aufsuchen wollen, da er Angst gehabt habe, sich ohne Auto auf der Autobahn zu bewegen. 11Der Kläger beantragt, 121) die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 13.433,65 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 28.05.2013 zu zahlen. 132) die Beklagte zu verurteilen, den Kläger von den außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten der Rechtsanwälte N1 in Höhe von 899,40 EUR freizustellen. 14Die Beklagte beantragt, 15 die Klage abzuweisen. 16Die Beklagte bestreitet, dass sich der vom Kläger behauptete Verkehrsunfall überhaupt und in der geschilderten Art und Weise ereignet habe. 17Sie behauptet, dass es sich bei dem vom Kläger vorgetragenen Geschehen um ein manipuliertes Unfallereignis handele. Hierfür spreche, dass es sich bei dem PKW des Klägers um ein hochwertiges Fahrzeug handele, welches in erheblichem Umfang beschädigt worden sei und der Kläger die Schäden auf fiktiver Basis abrechne. Hinsichtlich des behaupteten Unfallablaufs bestünden aus technischer Sicht erhebliche Bedenken. Insbesondere könnten die streitgegenständlichen Schäden nicht in einer geschlossenen Lösung durch einen Unfall, wie ihn der Kläger schildert, verursacht worden sein. Diese ließen vielmehr darauf schließen, dass der PKW des Klägers mehrfach gezielt gegen die Leitplanke gesteuert worden sei. 18Weiter sei zu berücksichtigen, dass der Kläger keine näheren Angaben zum Unfallhergang gemacht habe. Er habe insbesondere eine Besichtigung des Schadensortes gemeinsam mit dem von der Beklagten beauftragten Sachverständigen T abgelehnt und sei nicht in der Lage gewesen, den Anstoßort bei der Leitplank zu bezeichnen. Der Kläger habe relevante Vorschäden an dem PKW verschwiegen. 19Die Beklagte vertritt die Auffassung, dass sie darüber hinaus wegen arglistiger Obliegenheitsverletzung leistungsfrei sei. Der Kläger habe es – so die Behauptung der Beklagten – gezielt verweigert, mit dem Sachverständigen T gemeinsam den Unfallort aufzusuchen. Auch habe er keine näheren Angaben zu den detaillierten Fragen zum Unfallhergang gemacht. Darüber hinaus könne jedenfalls die Kratzspur im Bereich der hinteren Rückleuchte nicht dem behaupteten Unfallereignis zugeordnet werden und stelle damit einen unreparierten, vom Kläger verschwiegenen, Altschaden dar. 20Darüber hinaus sei es nicht ausreichend, wenn sich lediglich ein Teil der vorhandenen Schäden auf den behaupteten Ablauf zurückführen ließe. 21Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze sowie die zu den Akten gereichten Unterlagen Bezug genommen. 22Aufgrund Beweisbeschlusses vom 10.04.2014 ist zu der Behauptung des Klägers, dass alle im Gutachten der E1 vom 26.02.2013 genannten Schäden am klägerischen Fahrzeug auf das Unfallereignis vom 14.02.2013 in der vom Kläger geschilderten Form zurückzuführen seien, Beweis erhoben worden durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens. Der Sachverständige hat in der mündlichen Verhandlung vom 04.01.2016 zu seinem Gutachten ergänzend Stellung genommen. 23Zum Ergebnis der Beweisaufnahme wird auf das Gutachten vom 07.04.2015 nebst Anlagen (Bl. 218 bis 253 d.A.) sowie auf das Protokoll zur mündlichen Verhandlung vom 04.01.2016 (Bl. 308 bis 311 d.A.) Bezug genommen. 24Entscheidungsgründe: 25Die zulässige Klage ist unbegründet. 26Dem Kläger steht kein Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung von 13.433,65 € zu. Ein solcher Anspruch folgt insbesondere nicht aus § 1 S. 1 VVG i.V.m. Ziffer A. 2. AKB. 27Zwar bestand zwischen den Parteien unstreitig am 14.02.2013 eine Kfz-Kaskoversicherung (Vollkasko mit eingeschlossener Teilkasko). 28Allerdings ist dem insoweit darlegungs- und beweisbelasteten Kläger bereits der Nachweis nicht gelungen, dass die im E1-Gutachten vom 25.02.2013 aufgeführten Schäden oder abgrenzbare Teile davon auf das vom Kläger beschriebene Unfallereignis zurück zu führen sind. 29Nach der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung der Kammer nämlich fest, dass die im Verfahren streitgegenständlichen Schäden weder in ihrer Gesamtheit, noch in abgrenzbaren Teilen auf das vom Kläger dargelegte Schadensereignis zurück geführt werden können. 30Dies ergibt sich aus den nachvollziehbaren Ausführungen des Sachverständigen in seinem schriftlichen Gutachten vom 07.04.2015, dessen Inhalt der Sachverständige in der mündlichen Verhandlung vom 04.01.2016 noch weiter erläutert hat. 31Der Sachverständige kommt in seinem schriftlichen Gutachten vom 07.04.2015 zu dem Ergebnis, dass die meisten der vorhandenen Schäden an der linken Seite des PKW des Klägers zwar grundsätzlich durch einen Zusammenstoß mit einer Leitplanke verursacht werden können. Allerdings könne die Gesamtheit der Schäden nicht durch einen Unfall, wie ihn der Kläger selbst schilderte, zurück geführt werden. 32Der Kläger hat hinsichtlich des Unfallgeschehens vorgetragen, dass jeweils lediglich ein einziger Anstoß an die Leitplanke mit dem vorderen sowie mit dem hinteren Bereich des PKW erfolgt sei. 33Nach dem Gutachten des Sachverständigen L finden sich im vorderen Bereich des PKW jedoch Spuren, welche nicht auf eine einzige Kollision mit der Leitplanke zurück geführt werden könnten. So seien am klägerischen PKW einerseits solche Spuren, die auf eine Abwehrbremsung schließen ließen, zu finden. Diese seien jedoch durch solche Spuren überlagert, welche auf einen ungebremsten Aufprall auf die Leitplanke schließen ließen. Im selben Anstoßbereich seien einerseits diagonale Spuren abfallend und aufsteigend vorhanden gewesen, andererseits aber auch solche, die deutlich gradliniger – im Wesentlichen annähernd horizontal – verliefen. Um die am vorderen Teil des Fahrzeugs festgestellten Schäden zu verursachen, seien mindestens zwei Anstöße in diesem Bereich, jeweils in einem ähnlichen Winkel, nötig gewesen. 34Darüber hinaus sei es – gerade mit Blick auf die vom Kläger selbst beschriebenen Wetterverhältnisse im Unfallzeitpunkt – auch technisch nicht nachvollziehbar, wie es in einem einzigen Kollisionsvorgang zu einer Kollision des oberen Radlaufrandes des linken Hinterrades mit der Leitplanke hätte kommen können. Hierzu wäre es erforderlich gewesen, dass sich der PKW aufgrund einer Lenkbewegung vollständig von der Leitplanke gelöst hätte und sodann mit dem Heck erneut mit der Leitplanke kollidiert wäre. Der PKW des Klägers hätte sich hierfür nach der Kollision im vorderen Bereich in der Hochachse drehen müssen. Mit Blick auf die vom Kläger zum Unfallzeitpunkt geschilderte Schneeglätte sei es aber gerade nicht nachvollziehbar, dass die Reifen bei einer Lenkbewegung so viel Fassung bekommen hätten, dass eine solche Drehung in der Hochachse möglich gewesen wäre. 35Die Schäden hätten auch nicht dadurch herbeigeführt werden können, dass der PKW des Klägers an der Leitplanke entlang gerutscht sei, ohne sich zeitweise von dieser zu lösen. Mögliche Veränderungen im Untergrund könnten die zur Verursachung der Schäden erforderliche Bewegung des Fahrzeugs ebenfalls nicht erklären. 36Dem vom Kläger beschriebenen Unfallhergang ließen sich im Ergebnis keine der vorhandenen Schäden eindeutig zuordnen. Es sei nicht möglich, dass alle Schäden in einem Vorgang entstanden seien. 37Die Kammer schließt sich den Ausführungen des Sachverständigen nach eigener Sachprüfung an. Die Sachverständige hat unter Berücksichtigung der Ergebnisse der eigenen Begutachtung des klägerischen Fahrzeugs plausibel dargestellt, dass die am Fahrzeug vorhandenen Schäden nicht bei dem vom Kläger beschriebenen Unfallhergang verursacht werden können. Hiernach ist für das Gericht nachvollziehbar, dass die diversen Spuren nicht auf einen einzigen Anstoß an die Leitplanke zurück geführt werden können. Der Sachverständige hat die bereits im schriftlichen Gutachten gefundenen Ergebnisse in der mündlichen Verhandlung vom 04.01.2016 anschaulich erläutert und insbesondere nochmals die konkreten Schäden am PKW dargestellt, welche auf das von ihm gefundene Ergebnis schließen lassen. 38Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist der geltend gemachte Anspruch des Klägers damit bereits mangels eines nachgewiesenen konkreten Schadens ausgeschlossen. 39Auch wenn es hierauf im Ergebnis nicht mehr ankommt, ergibt sich über die bereits genannten Erwägungen hinaus die Leistungsfreiheit der Beklagten auch aufgrund des Vorliegens einer arglistigen Obliegenheitsverletzung des Klägers, § 28 Abs. 2 VVG, Ziffer E 1.3. AKB. Nach Ziffer E 1.3. AKB war der Kläger als Versicherungsnehmer verpflichtet, alles zu tun, was der Aufklärung des Schadensereignisses dienen kann. Hierzu waren insbesondere die Fragen zu den Umständen des Schadensereignisses wahrheitsgemäß und vollständig zu beantworten. 40Der Kläger hat seine Pflicht aus Ziffer E 1.3. der AKB verletzt indem er unrichtige Angaben zum Unfallhergang sowie zu bereits vorhandenen Vorschäden machte. Nach dem überzeugenden Gutachten des Sachverständigen L können die vorhandenen Schäden am PKW dem Unfall, wie ihn der Kläger schildert, nicht zugeordnet werden. Dazu kommt, dass der vom Kläger vorgetragene Schaden an der hinteren linken Rückleuchte der vom Kläger dargelegten Kollision nicht gar nicht zugeordnet werden kann. 41Für die Annahme von Arglist ist über das Wollen der Obliegenheitsverletzung hinaus erforderlich, dass das Verhalten des Versicherungsnehmers zumindest bedingt vorsätzlich darauf gerichtet ist, dem Versicherer einen Nachteil zuzufügen. Dass der Kläger selbst die Unrichtigkeit seiner Angaben kennt, ist für die Annahme von Arglist nicht zwingend erforderlich. Auch Angaben „ins Blaue hinein“ können den Vorwurf von Arglist rechtfertigen. Für die Annahme von Arglist ist eine Bereicherungsabsicht des Versicherungsnehmers nicht erforderlich (Prölls/Martin/Armbrüster, Versicherungsvertragsgesetz, 29. Auflage 2015, § 28 VVG Rn 197-199). 42Die im Verfahren und auch vorgerichtlich gegenüber der Beklagten gemachten Angaben zum Unfallgeschehen und der Vorschadensfreiheit waren objektiv falsch. Dies spricht für sich genommen zunächst als Indiz für ein arglistiges Verhalten des Klägers. Insbesondere sind die gemachten Angaben geeignet, Beweisschwierigkeiten zu überwinden und die Beklagte zu einer Regulierung zu veranlassen. 43Der Kläger persönlich war in der mündlichen Verhandlung nicht in der Lage, nachvollziehbare Gründe für die von ihm gemachten Angaben zum Unfallgeschehen zu nennen. Er hat lediglich vorgetragen, dass er sich nicht mehr erinnern könne, wie sich der Unfall zugetragen habe und dass der PKW jedenfalls vor dem streitgegenständlichen Unfall keinerlei Schäden gehabt habe. Damit stellen die vom Kläger gemachten Angaben jedenfalls solche „ins Blaue hinein“ dar, welche zumindest auf ein bedingt vorsätzliches Handeln bezüglich eines Nachteils der Beklagten schließen lassen. 44Ob darüber hinaus die seitens der Beklagten vorgebrachten Anhaltspunkte ausreichen, um insgesamt von einem manipulierten Unfallereignis auszugehen, kann nach den getroffenen Erwägungen dahinstehen. 45Weitere Anspruchsgrundlagen für das klageweise geltend gemachte Begehren in der Hauptsache sind nicht ersichtlich. 46Mangels Begründetheit der Hauptforderung steht dem Kläger auch der geltend gemachte Zinsanspruch nicht zu. 47Dasselbe gilt hinsichtlich des mit dem Klageantrag zu 2) geltend gemachten Anspruchs auf Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten. Da bereits der mit dem Klageantrag zu 1) geltend gemachte Anspruch nicht besteht, kann der Freistellungsanspruch auch nicht auf den Verzug insoweit gestützt werden. 48Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.
1) die klage wird abgewiesen. 2) die kosten des rechtsstreits trägt der kläger. 3) das urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen sicherheitsleistung in höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden betrages. 1
2zwischen den parteien bestand zum streitgegenständlichen zeitpunkt ein vertrag über eine kfz-kaskoversicherung (vollkasko mit eingeschlossener teilkasko) zur versicherungsnummer …. der kläger ist versicherungsnehmer, die beklagte ist versicherer. dem vertrag lagen die allgemeinen bedingungen für die kfz-versicherung (akb) der beklagten zu grunde. 3der kläger ist eigentümer eines pkw n (fahrzeug-ident-nr. …, amtl. kennzeichen: …). er hat diesen am 07.11.2011 erworben. zu diesem zeitpunkt wies der pkw schäden an beiden seiten auf. diese schäden ließ der kläger im karosserie- und lackierfachbetrieb b sach- und fachgerecht reparieren. 4am 14.02.2013 befuhr der kläger gegen 23:04 uhr mit seinem pkw die autobahn … in fahrtrichtung e. die fahrbahn war zu diesem zeitpunkt mit schnee bedeckt. an der ausfahrt h fuhr der kläger von der autobahn ab. die ausfahrt verläuft in fahrtrichtung in einer rechtskurve. in der ausfahrt kollidierte der kläger mit der linken seite seines pkw mit der leitplanke. 5der kläger meldete am pkw vorhandene schäden der beklagten. der pkw des klägers wurde am 25.02.2013 durch die e1 gmbh begutachtet. in dem gutachten werden die erforderlichen reparaturkosten mit 14.433,65 € beziffert und die vorhandenen schäden am pkw dargestellt. auf das gutachten der e1 vom 26.02.2013 (bl. 6 ff. d.a) wird insoweit bezug genommen. 6der kläger forderte die beklagte zur zahlung aufgrund des zwischen den parteien im streitgegenständlichen zeitpunkt bestehenden versicherungsvertrages auf. mit schreiben vom 22.05.2013 lehnte die beklagte die regulierung des schadens ab. 7mit der klage begehrt der kläger zahlung von 13.433,65 € (14.433,65 € netto-reparaturkosten laut e1-gutachten abzüglich vereinbarter selbstbeteiligung in höhe von 1.000,00 €) sowie freistellung von außergerichtlichen rechtsanwaltskosten. 8der kläger behauptet, der pkw sei in der ausfahrt vorne ausgebrochen und vorne links mit dem kotflügel mit der leitplanke kollidiert. er habe dann gegengelenkt. da es sich um eine abgerundete ausfahrt handelte, sei er dann auch mit dem hinteren teil des wagens gegen die leitplanke geraten. es sei zu einem anstoß mit dem vorderen und zu einem anstoß mit dem hinteren teil des fahrzeugs gegen die leitplanke gekommen. hiernach sei er schließlich wieder auf die normale ausfahrt gelangt. an die genaue geschwindigkeit im zeitpunkt der kollision erinnere er sich nicht. 9er behauptet, dass sämtliche im gutachten der e1 vom 26.02.2013 aufgeführten schäden auf das schadensereignis vom 14.02.2013 zurück zu führen seien. der pkw habe zum zeitpunkt des ereignisses keine schäden aufgewiesen. 10den unfallort habe er mit dem sachverständigen der beklagten nicht erneut aufsuchen wollen, da er angst gehabt habe, sich ohne auto auf der autobahn zu bewegen. 11der kläger beantragt, 121) die beklagte zu verurteilen, an den kläger 13.433,65 eur nebst zinsen in höhe von 5 prozentpunkten über dem basiszinssatz seit dem 28.05.2013 zu zahlen. 132) die beklagte zu verurteilen, den kläger von den außergerichtlichen rechtsanwaltskosten der rechtsanwälte n1 in höhe von 899,40 eur freizustellen. 14die beklagte beantragt, 15 die klage abzuweisen. 16die beklagte bestreitet, dass sich der vom kläger behauptete verkehrsunfall überhaupt und in der geschilderten art und weise ereignet habe. 17sie behauptet, dass es sich bei dem vom kläger vorgetragenen geschehen um ein manipuliertes unfallereignis handele. hierfür spreche, dass es sich bei dem pkw des klägers um ein hochwertiges fahrzeug handele, welches in erheblichem umfang beschädigt worden sei und der kläger die schäden auf fiktiver basis abrechne. hinsichtlich des behaupteten unfallablaufs bestünden aus technischer sicht erhebliche bedenken. insbesondere könnten die streitgegenständlichen schäden nicht in einer geschlossenen lösung durch einen unfall, wie ihn der kläger schildert, verursacht worden sein. diese ließen vielmehr darauf schließen, dass der pkw des klägers mehrfach gezielt gegen die leitplanke gesteuert worden sei. 18weiter sei zu berücksichtigen, dass der kläger keine näheren angaben zum unfallhergang gemacht habe. er habe insbesondere eine besichtigung des schadensortes gemeinsam mit dem von der beklagten beauftragten sachverständigen t abgelehnt und sei nicht in der lage gewesen, den anstoßort bei der leitplank zu bezeichnen. der kläger habe relevante vorschäden an dem pkw verschwiegen. 19die beklagte vertritt die auffassung, dass sie darüber hinaus wegen arglistiger obliegenheitsverletzung leistungsfrei sei. der kläger habe es – so die behauptung der beklagten – gezielt verweigert, mit dem sachverständigen t gemeinsam den unfallort aufzusuchen. auch habe er keine näheren angaben zu den detaillierten fragen zum unfallhergang gemacht. darüber hinaus könne jedenfalls die kratzspur im bereich der hinteren rückleuchte nicht dem behaupteten unfallereignis zugeordnet werden und stelle damit einen unreparierten, vom kläger verschwiegenen, altschaden dar. 20darüber hinaus sei es nicht ausreichend, wenn sich lediglich ein teil der vorhandenen schäden auf den behaupteten ablauf zurückführen ließe. 21wegen des weiteren sach- und streitstandes wird auf die zwischen den parteien gewechselten schriftsätze sowie die zu den akten gereichten unterlagen bezug genommen. 22aufgrund beweisbeschlusses vom 10.04.2014 ist zu der behauptung des klägers, dass alle im gutachten der e1 vom 26.02.2013 genannten schäden am klägerischen fahrzeug auf das unfallereignis vom 14.02.2013 in der vom kläger geschilderten form zurückzuführen seien, beweis erhoben worden durch einholung eines schriftlichen sachverständigengutachtens. der sachverständige hat in der mündlichen verhandlung vom 04.01.2016 zu seinem gutachten ergänzend stellung genommen. 23zum ergebnis der beweisaufnahme wird auf das gutachten vom 07.04.2015 nebst anlagen (bl. 218 bis 253 d.a.) sowie auf das protokoll zur mündlichen verhandlung vom 04.01.2016 (bl. 308 bis 311 d.a.) bezug genommen. 24
25die zulässige klage ist unbegründet. 26dem kläger steht kein anspruch gegen die beklagte auf zahlung von 13.433,65 € zu. ein solcher anspruch folgt insbesondere nicht aus § 1 s. 1 vvg i.v.m. ziffer a. 2. akb. 27zwar bestand zwischen den parteien unstreitig am 14.02.2013 eine kfz-kaskoversicherung (vollkasko mit eingeschlossener teilkasko). 28allerdings ist dem insoweit darlegungs- und beweisbelasteten kläger bereits der nachweis nicht gelungen, dass die im e1-gutachten vom 25.02.2013 aufgeführten schäden oder abgrenzbare teile davon auf das vom kläger beschriebene unfallereignis zurück zu führen sind. 29nach der beweisaufnahme steht zur überzeugung der kammer nämlich fest, dass die im verfahren streitgegenständlichen schäden weder in ihrer gesamtheit, noch in abgrenzbaren teilen auf das vom kläger dargelegte schadensereignis zurück geführt werden können. 30dies ergibt sich aus den nachvollziehbaren ausführungen des sachverständigen in seinem schriftlichen gutachten vom 07.04.2015, dessen inhalt der sachverständige in der mündlichen verhandlung vom 04.01.2016 noch weiter erläutert hat. 31der sachverständige kommt in seinem schriftlichen gutachten vom 07.04.2015 zu dem ergebnis, dass die meisten der vorhandenen schäden an der linken seite des pkw des klägers zwar grundsätzlich durch einen zusammenstoß mit einer leitplanke verursacht werden können. allerdings könne die gesamtheit der schäden nicht durch einen unfall, wie ihn der kläger selbst schilderte, zurück geführt werden. 32der kläger hat hinsichtlich des unfallgeschehens vorgetragen, dass jeweils lediglich ein einziger anstoß an die leitplanke mit dem vorderen sowie mit dem hinteren bereich des pkw erfolgt sei. 33nach dem gutachten des sachverständigen l finden sich im vorderen bereich des pkw jedoch spuren, welche nicht auf eine einzige kollision mit der leitplanke zurück geführt werden könnten. so seien am klägerischen pkw einerseits solche spuren, die auf eine abwehrbremsung schließen ließen, zu finden. diese seien jedoch durch solche spuren überlagert, welche auf einen ungebremsten aufprall auf die leitplanke schließen ließen. im selben anstoßbereich seien einerseits diagonale spuren abfallend und aufsteigend vorhanden gewesen, andererseits aber auch solche, die deutlich gradliniger – im wesentlichen annähernd horizontal – verliefen. um die am vorderen teil des fahrzeugs festgestellten schäden zu verursachen, seien mindestens zwei anstöße in diesem bereich, jeweils in einem ähnlichen winkel, nötig gewesen. 34darüber hinaus sei es – gerade mit blick auf die vom kläger selbst beschriebenen wetterverhältnisse im unfallzeitpunkt – auch technisch nicht nachvollziehbar, wie es in einem einzigen kollisionsvorgang zu einer kollision des oberen radlaufrandes des linken hinterrades mit der leitplanke hätte kommen können. hierzu wäre es erforderlich gewesen, dass sich der pkw aufgrund einer lenkbewegung vollständig von der leitplanke gelöst hätte und sodann mit dem heck erneut mit der leitplanke kollidiert wäre. der pkw des klägers hätte sich hierfür nach der kollision im vorderen bereich in der hochachse drehen müssen. mit blick auf die vom kläger zum unfallzeitpunkt geschilderte schneeglätte sei es aber gerade nicht nachvollziehbar, dass die reifen bei einer lenkbewegung so viel fassung bekommen hätten, dass eine solche drehung in der hochachse möglich gewesen wäre. 35die schäden hätten auch nicht dadurch herbeigeführt werden können, dass der pkw des klägers an der leitplanke entlang gerutscht sei, ohne sich zeitweise von dieser zu lösen. mögliche veränderungen im untergrund könnten die zur verursachung der schäden erforderliche bewegung des fahrzeugs ebenfalls nicht erklären. 36dem vom kläger beschriebenen unfallhergang ließen sich im ergebnis keine der vorhandenen schäden eindeutig zuordnen. es sei nicht möglich, dass alle schäden in einem vorgang entstanden seien. 37die kammer schließt sich den ausführungen des sachverständigen nach eigener sachprüfung an. die sachverständige hat unter berücksichtigung der ergebnisse der eigenen begutachtung des klägerischen fahrzeugs plausibel dargestellt, dass die am fahrzeug vorhandenen schäden nicht bei dem vom kläger beschriebenen unfallhergang verursacht werden können. hiernach ist für das gericht nachvollziehbar, dass die diversen spuren nicht auf einen einzigen anstoß an die leitplanke zurück geführt werden können. der sachverständige hat die bereits im schriftlichen gutachten gefundenen ergebnisse in der mündlichen verhandlung vom 04.01.2016 anschaulich erläutert und insbesondere nochmals die konkreten schäden am pkw dargestellt, welche auf das von ihm gefundene ergebnis schließen lassen. 38nach dem ergebnis der beweisaufnahme ist der geltend gemachte anspruch des klägers damit bereits mangels eines nachgewiesenen konkreten schadens ausgeschlossen. 39auch wenn es hierauf im ergebnis nicht mehr ankommt, ergibt sich über die bereits genannten erwägungen hinaus die leistungsfreiheit der beklagten auch aufgrund des vorliegens einer arglistigen obliegenheitsverletzung des klägers, § 28 abs. 2 vvg, ziffer e 1.3. akb. nach ziffer e 1.3. akb war der kläger als versicherungsnehmer verpflichtet, alles zu tun, was der aufklärung des schadensereignisses dienen kann. hierzu waren insbesondere die fragen zu den umständen des schadensereignisses wahrheitsgemäß und vollständig zu beantworten. 40der kläger hat seine pflicht aus ziffer e 1.3. der akb verletzt indem er unrichtige angaben zum unfallhergang sowie zu bereits vorhandenen vorschäden machte. nach dem überzeugenden gutachten des sachverständigen l können die vorhandenen schäden am pkw dem unfall, wie ihn der kläger schildert, nicht zugeordnet werden. dazu kommt, dass der vom kläger vorgetragene schaden an der hinteren linken rückleuchte der vom kläger dargelegten kollision nicht gar nicht zugeordnet werden kann. 41für die annahme von arglist ist über das wollen der obliegenheitsverletzung hinaus erforderlich, dass das verhalten des versicherungsnehmers zumindest bedingt vorsätzlich darauf gerichtet ist, dem versicherer einen nachteil zuzufügen. dass der kläger selbst die unrichtigkeit seiner angaben kennt, ist für die annahme von arglist nicht zwingend erforderlich. auch angaben „ins blaue hinein“ können den vorwurf von arglist rechtfertigen. für die annahme von arglist ist eine bereicherungsabsicht des versicherungsnehmers nicht erforderlich (prölls/martin/armbrüster, versicherungsvertragsgesetz, 29. auflage 2015, § 28 vvg rn 197-199). 42die im verfahren und auch vorgerichtlich gegenüber der beklagten gemachten angaben zum unfallgeschehen und der vorschadensfreiheit waren objektiv falsch. dies spricht für sich genommen zunächst als indiz für ein arglistiges verhalten des klägers. insbesondere sind die gemachten angaben geeignet, beweisschwierigkeiten zu überwinden und die beklagte zu einer regulierung zu veranlassen. 43der kläger persönlich war in der mündlichen verhandlung nicht in der lage, nachvollziehbare gründe für die von ihm gemachten angaben zum unfallgeschehen zu nennen. er hat lediglich vorgetragen, dass er sich nicht mehr erinnern könne, wie sich der unfall zugetragen habe und dass der pkw jedenfalls vor dem streitgegenständlichen unfall keinerlei schäden gehabt habe. damit stellen die vom kläger gemachten angaben jedenfalls solche „ins blaue hinein“ dar, welche zumindest auf ein bedingt vorsätzliches handeln bezüglich eines nachteils der beklagten schließen lassen. 44ob darüber hinaus die seitens der beklagten vorgebrachten anhaltspunkte ausreichen, um insgesamt von einem manipulierten unfallereignis auszugehen, kann nach den getroffenen erwägungen dahinstehen. 45weitere anspruchsgrundlagen für das klageweise geltend gemachte begehren in der hauptsache sind nicht ersichtlich. 46mangels begründetheit der hauptforderung steht dem kläger auch der geltend gemachte zinsanspruch nicht zu. 47dasselbe gilt hinsichtlich des mit dem klageantrag zu 2) geltend gemachten anspruchs auf freistellung von vorgerichtlichen rechtsanwaltskosten. da bereits der mit dem klageantrag zu 1) geltend gemachte anspruch nicht besteht, kann der freistellungsanspruch auch nicht auf den verzug insoweit gestützt werden. 48die kostenentscheidung beruht auf § 91 zpo. die entscheidung zur vorläufigen vollstreckbarkeit folgt aus § 709 zpo.
Verklagte*r
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331,897
4 K 3637/18.A
2020-09-30T00:00:00
Urteil
Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. 1Tatbestand: 2Die am 00.00.0000 geborene Klägerin ist mongolische Staatsangehörige. Sie reiste nach ihren Angaben am 26. Dezember 2017 aus Belgien kommend in das Bundesgebiet ein und stellte am 8. Januar 2018 förmlich einen Asylantrag. 3Im Rahmen der Anhörung beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge gab die Klägerin als Grund dafür, die Mongolei im September 2014 verlassen zu haben, im Wesentlichen an, sie fürchte sich vor Anhängern der Mun-Sekte (auch: Moon-Sekte; Moon-Vereinigung; Vereinigungskirche). Ihr Ehemann sei früher Anhänger dieser Sekte gewesen. Sie hätten auf dem Markt einen Stand gehabt. Im Mai 2014 sei sie von zwei Männer angegriffen worden. Sie habe sich auf dem Weg nach Hause befunden. Als sie aus dem Bus ausgestiegen sei, habe ein Auto neben ihr gehalten. Sie sei in das Auto gezerrt und von zwei Männern geschlagen worden. Die Männer hätten irgendetwas über ihren Mann gesagt, sie könne sich jedoch nicht mehr genau erinnern, was. Sie wisse nur noch, dass sie gesagt hätten, dass sie ihrem Mann etwas antun wollten. Man habe sie schließlich bewusstlos in der Nähe ihrer Wohnung abgelegt. Ihre Nase sei gebrochen gewesen und ihre Hände seien verletzt worden. Hinterher habe sie von ihrem Mann erfahren, dass dieser die Sekte verlassen und die Beiträge nicht mehr bezahlt habe. Er sei im Jahr 2012 ebenfalls misshandelt und auf der Intensivstation behandelt worden. Zu dieser Zeit sei auch der Bruder ihres Mannes aus unerklärlichen Gründen verstorben. Aus Sorge um sie habe ihr Mann entschieden, dass sie das Land verlassen solle. An die Polizei habe sie sich nicht gewandt, da die Sekte überall Kontakte habe. Die Polizei hätte ihr nicht geholfen, da die Sekte sehr großen Einfluss habe. Sie habe auch nicht gewusst, wo sie sonst hätte hingehen können. Sie sei dann zunächst nach Frankreich gereist, wo sie am 11. September 2014 einen Asylantrag gestellt habe. Sie habe sich als Mongolin aus Sibirien ausgegeben, die ihr Land aus finanziellen Gründen verlassen habe. Ihr sei gesagt worden, dass Mongolen in Frankreich nicht aufgenommen würden. Ihr Antrag sei im Dezember 2015 negativ beschieden worden. Bis Juni 2017 habe sie sich dort illegal aufgehalten. 4Mit Bescheid vom 16. August 2018 - der Klägerin zugestellt am 31. August 2018 - lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (1.), den Antrag auf Anerkennung als Asylberechtigte (2.) und den Antrag auf Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus (3.) ab und stellte fest, das Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes nicht vorliegen (4.). Sie forderte die Klägerin auf, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb von 30 Tagen nach Bekanntgabe der Entscheidung zu verlassen und drohte ihr für den Fall, dass sie die Ausreisefrist nicht einhalte, die Abschiebung in die Mongolei an (5.). Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes befristete sie auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung (6.). 5Am 11. September 2018 hat die Klägerin die vorliegende Klage erhoben. 6Zur Begründung wiederholt sie im Wesentlichen ihr Vorbringen aus dem Verwaltungsverfahren und verweist ergänzend auf zwei Dokumente in mongolischer Sprache mit jeweils zugehöriger Übersetzung. Dabei handelt es sich um einen Bericht des "Nationalinstitut[s] der Forensischen Analyse" und um einen "Beschluss über die Ernennung den/die Sachverständigen und Untersuchungsforschung". Weiter verweist sie auf einen Brief der behandelnden Ärztin der Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik der Ö.-Klinik F. vom 28. September 2020. 7Die Klägerin beantragt, 8die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 16. August 2018 zu verpflichten, ihr die Flüchtlingseigenschaft nach § 3 des Asylgesetzes zu zuerkennen, 9hilfsweise, 10die Beklagte unter teilweiser Aufhebung des vorgenannten Bescheids zu verpflichten, ihr den subsidiären Schutzstatus nach § 4 des Asylgesetzes zu zuerkennen, 11weiter hilfsweise, 12die Beklagte unter teilweiser Aufhebung des vorgenannten Bescheids zu verpflichten, festzustellen, dass in ihrer Person ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 oder 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes hinsichtlich der Mongolei vorliegt. 13Die Beklagte beantragt - schriftsätzlich -, 14die Klage abzuweisen. 15Sie beruft sich auf die Begründung des angegriffenen Bescheids. 16Der Einzelrichter hat die Klägerin im Rahmen der mündlichen Verhandlung zu ihrem Verfolgungsschicksal angehört und ergänzend befragt. Insoweit wird auf den Inhalt des entsprechenden Sitzungsprotokolls verwiesen. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen. 17Entscheidungsgründe: 18Über den Rechtstreit konnte nach § 102 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 30. September 2020 entschieden werden, obwohl die Beklagte nicht erschienen ist. Sie wurde form- und fristgerecht geladen; in der Ladung wurde ferner auf die Möglichkeit hingewiesen, dass eine Entscheidung auch bei Nichterscheinen eines Beteiligten ergehen könne. 19Die Klage hat keinen Erfolg. 20Der angegriffene Bescheid des Bundesamtes vom 16. August 2018 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1, Abs. 5 VwGO. Sie hat nach der Sach- und Rechtslage zum nach § 77 Abs. 1 S. 1 des Asylgesetzes (AsylG) maßgeblichen Zeitpunkt keinen Anspruch auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG. Zudem liegen keine Gründe für die Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 4 AsylG oder die Feststellung nationaler Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 oder 7 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) vor. 21Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach §§ 3 Abs. 1, 3a bis 3e AsylG. 22Nach § 3 Abs. 1 AsylG ist ein Ausländer, der nicht staatenlos ist, Flüchtling im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention, wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe, außerhalb des Landes befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will. Für die Feststellung, ob eine Verfolgung nach § 3 Abs. 1 AsylG vorliegt, sind die Bestimmungen der §§ 3a bis 3e AsylG heranzuziehen. 23Hinsichtlich des Prognosemaßstabs ist bei der Prüfung der Flüchtlingseigenschaft ‑ wie auch bei der des subsidiären Schutzes ‑ der Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit zugrunde zu legen. Der herabgestufte Wahrscheinlichkeitsmaßstab der hinreichenden Sicherheit hat bei der Prüfung der Flüchtlingsanerkennung und des subsidiären Schutzes keine Bedeutung mehr, 24vgl. zum Wahrscheinlichkeitsmaßstab Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteile vom 20. Februar 2013 ‑ 10 C 23.12 ‑ und vom 1. März 2012 ‑ 10 C 7.11 ‑ juris. 25Zur Privilegierung des Vorverfolgten bzw. in anderer Weise Geschädigten wird vielmehr in Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie 2011/95/EU vom 13. Dezember 2011 (Qualifikationsrichtlinie ‑ QualRL) eine tatsächliche Vermutung normiert, dass sich frühere Handlungen und Bedrohungen bei der Rückkehr in das Herkunftsland wiederholen werden. Dadurch wird der Vorverfolgte bzw. Geschädigte von der Notwendigkeit entlastet, stichhaltige Gründe dafür darzulegen, dass sich die verfolgungsbegründenden bzw. schadensstiftenden Umstände bei der Rückkehr erneut realisieren werden. Diese Vermutung kann aber widerlegt werden. Hierfür ist erforderlich, dass stichhaltige Gründe die Wiederholungsträchtigkeit solcher Verfolgung bzw. des Eintritts eines solchen Schadens entkräften. Dies ist im Rahmen freier Beweiswürdigung zu beurteilen, 26vgl. BVerwG, Urteile vom 7. September 2010 ‑ 10 C 11.09 ‑, vom 27. April 2010 ‑ 10 C 4/09 ‑, BVerwGE 136, 360; Oberverwaltungsgericht (OVG) NRW, Urteil vom 17. August 2010 ‑ 8 A 4063/06.A ‑ juris. 27Aus den in Art. 4 QualRL geregelten Mitwirkungs- und Darlegungsobliegenheiten des Klägers in Verbindung mit § 25 AsylG folgt, dass es auch unter Berücksichtigung der Vorgaben dieser Richtlinie Sache des Ausländers ist, die Gründe für seine Furcht vor politischer Verfolgung schlüssig vorzutragen. Es ist daran festzuhalten, dass er dazu unter Angabe genauer Einzelheiten einen in sich stimmigen Sachverhalt zu schildern hat, aus dem sich bei Wahrunterstellung ergibt, dass bei verständiger Würdigung politische Verfolgung droht. Hierzu gehört, dass der Ausländer zu den in seine Sphäre fallenden Ereignissen, insbesondere zu seinen persönlichen Erlebnissen, eine Schilderung gibt, die geeignet ist, den behaupteten Anspruch lückenlos zu tragen. Bei der Bewertung der Stimmigkeit des Sachverhalts müssen u. a. Persönlichkeitsstruktur, Wissensstand und Herkunft des Ausländers berücksichtigt werden, 28vgl. zu Art. 16 a GG: BVerwG, Beschlüsse vom 21. Juli 1989 ‑ 9 B 239.89 ‑, InfAuslR 1989, 349, vom 26. Oktober 1989 ‑ 9 B 405/89 ‑, InfAuslR 1990, 38 und vom 3. August 1990 ‑ 9 B 45/90 ‑, InfAuslR 1990, 344. 29Nach diesem rechtlichen Maßstab ist das Vorbringen der Klägerin nicht geeignet, die Anerkennung als Flüchtling zu tragen. 30Die durch die Klägerin geschilderten Ereignisse sind entweder von vornherein unglaubhaft - weil frei erfunden - oder sie waren selbst aus ihrer Sicht so unbedeutend, dass nicht von einer tatsächlichen Gefahr für sie ausgegangen werden kann. Ihr Verhalten vor der Asylantragstellung in Deutschland lässt keinen anderen Schluss zu. So ist unverständlich, warum die Klägerin zunächst nach Frankreich reiste, obwohl sie selbst davon ausging, dass dort Mongolen nicht als Flüchtlinge aufgenommen würden. Unklar bleibt auch, warum sie dort nicht von einer Bedrohung durch die Moon-Vereinigung berichtete, sondern sich als Wirtschaftsflüchtling ausgab. Dieses Verhalten passt nicht zu einem Ausländer, der sich aufgrund einer ernsthaften Bedrohung gezwungen sieht, das eigene Herkunftsland zu verlassen. 31Die zuletzt durch die Klägerin vorgelegten Dokumente führen zu keinem anderen Ergebnis. Ihnen ist lediglich zu entnehmen, dass der Lebensgefährte der Klägerin, der bereits im August 2018 in die Mongolei abgeschoben wurde, dort im September (offenbar nach seinen Angaben) überfallen worden ist. Dass dieser Überfall durch Anhänger der Moon-Vereinigung verübt wurde, lässt sich dem Bericht nicht entnehmen. 32Selbst wenn das Vorbringen der Klägerin als wahr unterstellt und zudem auch von einer ernsthaften Bedrohung durch Anhänger der Moon-Vereinigung ausgegangen wird, ist das Vorbringen der Klägerin nicht geeignet, ihre Anerkennung als Flüchtling zu tragen. 33Ihm lässt sich bereits nicht entnehmen, dass sie aus einem der in § 3b AsylG genannten Verfolgungsgründe behelligt worden ist bzw. erneut behelligt werden würde. Selbst wenn die Anhänger der Moon-Vereinigung den Lebensgefährten der Klägerin nicht nur wegen dessen Beitragsschulden, sondern auch aufgrund dessen Abfalls vom Glauben verfolgen sollten, bedeutet dies nicht, dass sie auch die Klägerin aufgrund ihrer ihr zugeschriebenen religiösen Überzeugung bedrängen würden. Vielmehr ist sie nach ihrem Vorbringen nur als Druckmittel gegen ihren Lebensgefährten ins Visier ihrer Verfolger geraten. 34Zudem sprechen die der Kammer vorliegenden Erkenntnismittel zur Mongolei dafür, dass sie dieser Bedrohung durch eine Verlagerung ihres Wohnsitzes in der Mongolei oder durch die Inanspruchnahme polizeilicher Hilfe entgehen könnte. 35Das Gericht geht davon aus, dass die Klägerin die Möglichkeit hat, internen Schutz in Anspruch zu nehmen, vgl. § 3e AsylG. Nach den dem Gericht vorliegenden Erkenntnismitteln zur Lage in der Mongolei ist es ihr möglich, sich an einem anderen Ort in der Mongolei niederzulassen. Mongolischen Staatsbürgern ist das Reisen innerhalb des Landes möglich und gestattet, 36vgl. Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich (BFA), Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Mongolei (Stand: 25. September 2018), S. 25; USDOS, Country Report on Human Rights Practises 2019 - Mongolia, S. 8. 37Zudem geht das Gericht davon aus, dass ihre Furcht vor Verfolgung für den überwiegenden Teil des Staatsgebiets unbegründet war und weiterhin ist. Es erschließt sich bereits nicht, wie sie durch ihre Verfolger beispielweise in der Millionenstadt Ulaanbaatar oder auch in einer anderen Stadt der Mongolei hätte gefunden werden können. So gilt das Meldewesen in der Mongolei als lückenhaft, 38vgl. Konrad-Adenauer-Stiftung, Sozialpolitik auf dem Prüfstand, S. 3. 39Die Kammer teilt zudem nicht die Bedenken der Klägerin hinsichtlich der Macht der Anhänger der Moon-Vereinigung in der Mongolei. So gehen selbst Kritiker davon aus, dass diese in der Mongolei nur noch über rund 5.000 Mitglieder verfügt. Die Dokumentationen der Moon-Vereinigung selbst, die regelmäßig eher mäßig besuchte Veranstaltungen zeigen, deuten eher auf eine geringere Anzahl von Mitgliedern hin, 40vgl. BFA, Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 17. Januar 2017, Mongolei, Moon Sekte, S. 6. 41Zwar mag Repräsentanten der Vereinigungskirche von einigen mongolischen Politikern große Wertschätzung entgegengebracht worden sein. Dieses Verhalten ist jedoch nicht ohne Kritik durch die mongolische Bevölkerung geblieben, 42vgl. BFA, Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 17. Januar 2017, Mongolei, Moon Sekte, S. 6; "B. Nasanbayar stellt Posten zur Verfügung", abrufbar unter: www.mongolei.de/news/2016MAR2.htm. 43Es spricht im Übrigen wenig dafür, dass die Führungsriege der Moon-Vereinigung eventuellen politischen Einfluss auf höchster Ebene geltend machen würde, um die Klägerin, bei der es lediglich um die Partnerin eines ehemaligen Mitglieds handelt, das seine Beitragsschulden nicht zahlt, ausfindig zu machen und zu verfolgen. 44Es ist der Klägerin auch zumutbar, sich an einem nicht ihrem ursprünglichen Wohnort entsprechenden Ort in der Mongolei niederzulassen. Insoweit muss vorbehaltlich der nachfolgenden Ausführungen darauf verwiesen werden, dass sie nach ihren Angaben auch in der Mongolei erwerbstätig war. Es sind keine durchgreifenden Gründe ersichtlich, die der erneuten Aufnahme einer Erwerbstätigkeit zur Sicherung ihres Lebensunterhalts entgegenstehen sollten. 45Auch der Einwand der Klägerin, sie habe sich nicht an die Polizei wenden können und sei daran auch weiterhin gehindert, überzeugt nicht. Die nationale Polizei, die Miliz, welche auch als Kriminalpolizei fungiert, unterhält in jeder Provinz ein Referat und in jedem Bezirk ein Büro. Sie hat alle notwendigen Maßnahmen (Ermittlungen, Zwangsmaßnahmen und Beschlagnahme sowie den Gebrauch von Waffen) einzuleiten, um den Schutz der öffentlichen Ordnung zu gewährleisten. Die Fahndung nach vermissten Personen, die Verkehrssicherheit (durch Verkehrsinspektorate in jedem Milizbüro) und die Brandbekämpfung fallen ebenfalls in ihre Zuständigkeit. Zusammen mit der Lokalverwaltung beaufsichtigen die lokalen Sicherheitsbüros außerdem die Vollstreckung der Zwangsarbeitsstrafen. Anhaltspunkte dafür, dass sie zum Schutz der Bevölkerung vor Gewaltdelikten nicht oder völlig ineffektiv einschreiten, liegen dem Gericht nicht vor. Zwar steht die mongolische Polizei fortgesetzt in der Kritik. Diese bezieht sich jedoch eher darauf, dass sie ihre Macht missbrauche und zu hart einschreite. Ähnlich wird konstatiert, dass die Justiz aus generalpräventiven Gründen eher zu strenge Strafen verhänge, 46vgl. BFA, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Mongolei vom 25. September 2018, S. 10 f., 12; Amnesty International, Amnesty Report Mongolei 2017/18 vom 23. Mai 2018. 47Zudem wird auf vielen Ebenen von Korruption berichtet, zugleich wird aber auch eine Verbesserung konstatiert, nachdem die Strafen verschärft wurden, 48vgl. BFA, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Mongolei vom 25. September 2018, S. 10 f., 12. 49Insgesamt scheint sie auf der politischen Ebene stärker verbreitet zu sein bzw. vor allem dort als Problem wahrgenommen zu werden. So berichten befragte Mongolen, dass Korruption nur geringe Auswirkungen auf ihr Privatleben hat, und dass sie sich in mittlerem Maße auf das geschäftliche Umfeld auswirkt und das politische Leben in größerem Maße beeinflusst. Letzteres ist auch der Bereich, in dem die Korruption in den letzten Jahren am stärksten zugenommen haben dürfte. Berichte über niedrigschwellige Korruption haben abgenommen, was jedoch auch darauf hindeuten könnte, dass sie von den Befragten nicht als Problem wahrgenommen wird, 50vgl. Transparency International, Anti-Corruption Helpdesk, Mongolia: Overview of Corruption and anti-corruption, S. 2, 4. 51Dafür, dass der Einfluss der (wenigen) Anhänger der Moon-Vereinigung so weit reichen würde, dass sie unbehelligt von Strafverfolgung auf kriminellem Wege ihre finanziellen Interessen verfolgen könnten, bestehen vor diesem Hintergrund keine Anhaltspunkte. Die grundsätzliche Bereitschaft der Polizei belegt im Übrigen auch der durch die Klägerin vorgelegte Beschluss des Leiters der Polizeisektion II im Bezirk Bayanzurkh, der die ebenfalls vorgelegte gerichtsmedizinische Untersuchung der Verletzungen ihres Lebensgefährten in Auftrag gegeben hatte. Dass es nach ihren Angaben in der Folge nicht zu einer Aufklärung dieses Vorfalls gekommen ist, kann vielfältige Gründe haben, belegt jedoch nicht die mutmaßliche Unwilligkeit der mongolischen Polizei. 52Anhaltspunkte dafür, dass der Klägerin im Falle einer Rückkehr in die Mongolei ein ernsthafter Schaden im Sinne des § 4 Abs. 1 AsylG droht, sind vor diesem Hintergrund ebenfalls nicht ersichtlich. Denn als solcher kommt nach § 4 Abs. 1 Satz 2 AsylG nur die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe, Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts in Betracht. Eine entsprechende Gefahr ergibt sich anhand des Vortrags der Klägerin nicht. Insbesondere wäre sie auch insoweit gehalten, internen Schutz und/oder staatliche Hilfe in Anspruch zu nehmen, § 4 Abs. 3 Satz 1 AsylG i. V. m. §§ 3d, 3e AsylG. 53Auch liegen keine Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG vor. 54Nach § 60 Abs. 5 AufenthG darf ein Ausländer nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist. Erfasst sind damit ausschließlich zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse, d. h. solche, die in Gefahren begründet liegen, welche dem Ausländer im Zielstaat der Abschiebung drohen, 55vgl. BVerwG, Urteil vom 11. November 1997 - 9 C 13.96 - juris, Rn. 8 ff. bereits zu § 53 Abs. 4 AuslG; Verwaltungsgerichtshof Mannheim, Urteil vom 13. Dezember 2012 - A 2 S 1995/12 - juris, Rn. 15. 56Insbesondere darf niemand durch die Abschiebung der Gefahr der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden, vgl. Art. 3 EMRK. 57Der Vortrag der Klägerin zur Bedrohung durch Angehörige der Moon-Vereinigung rechtfertigt die Feststellung einer solchen Gefahr aus den genannten Gründen nicht. Auch die humanitäre Situation in der Mongolei gebietet nicht die Feststellung eines Abschiebungsverbots. 58Schlechte humanitäre Verhältnisse im Zielstaat der Abschiebung, die - wie im vorliegenden Fall - nicht überwiegend auf direkte und indirekte Aktionen von Konfliktparteien zurückgehen, können in ganz außergewöhnlichen Fällen ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG i. V. m. Art. 3 EMRK begründen, wenn humanitäre Gründe „zwingend“ gegen die Aufenthaltsbeendigung sprechen. Das ist mit Blick auf die Annahme einer unmenschlichen Behandlung allein durch die humanitäre Lage und die allgemeinen Lebensbedingungen im Abschiebungszielstaat nur dann der Fall, wenn ein sehr hohes Gefährdungsniveau vorliegt. Nur dann liegt ein außergewöhnlicher Fall im Sinne der Rechtsprechung des EGMR und des Bundesverwaltungsgerichts vor, in dem eine Abschiebung eine Verletzung von Art. 3 EMRK nach sich ziehen würde. Die einem Ausländer im Zielstaat drohenden Gefahren müssen hierfür jedenfalls ein Mindestmaß an Schwere („minimum level of severity“) aufweisen. Die Bestimmung dieses Mindestmaßes an Schwere ist relativ und hängt von allen Umständen des Falls ab, insbesondere von der Dauer der Behandlung, den daraus erwachsenen körperlichen und mentalen Folgen für den Betroffenen und in bestimmten Fällen auch vom Geschlecht, Alter und Gesundheitszustand des Betroffenen, 59vgl. ausführlich: OVG NRW, Urteil vom 28. August 2019 - 9 A 4590/18.A - juris, Rn. 167 ff. m. w. N. 60Es erscheint der Kammer unter Berücksichtigung dieser Kriterien, der ihr zur Verfügung stehenden Erkenntnismittel zur Mongolei und der Umstände des Einzelfalls nicht beachtlich wahrscheinlich, dass die Klägerin bei einer Rückkehr in die Mongolei ihr Existenzminimum nicht wird sicherstellen können. 61Dabei verkennt die Kammer nicht, dass die humanitäre und vor allem wirtschaftliche Situation für Teile der Bevölkerung schwierig ist. So lag die Arbeitslosenquote 2017 bei 8 %, bei Jugendlichen war sie mit fast 20 % erheblich höher. Mehr als 20 % der Bevölkerung der Mongolei leben unter der Armutsgrenze. Die Welternährungsorganisation der UN schätzte im Jahr 2015, dass mehr als 20 % der Bevölkerung unterernährt waren, 62vgl. BFA, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Mongolei (Stand: 25. September 2018), S. 27; siehe auch: Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS), Länderbericht Mongolei: Sozialpolitik auf dem Prüfstand, S. 1. 63Fast die Hälfte der Gesamtbevölkerung der Mongolei lebt in der Hauptstadt Ulaanbaatar. 60 % der dortigen Bevölkerung wohnen in den am Stadtrand gelegenen slumähnlichen Gher-Bezirken (Juchten-Bezirke), 64vgl. BFA, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Mongolei (Stand: 25. September 2018), S. 27; Schweizerische Flüchtlingshilfe (SFH), Schnellrecherche der SFH-Länderanalyse vom 1. Februar 2018 zu Mongolei: Situation alleinerziehender Frau, S. 1; KAS, Länderbericht Mongolei: Sozialpolitik auf dem Prüfstand, S. 2. 65Diese sind überdies im Zuge geplanter Modernisierungsmaßnahmen der Gefahr von Zwangsräumungen ausgesetzt, 66vgl. Amnesty International, Mongolei 2017/18, S. 4. 67Dieser Befunde zum Trotz liegt die Lebenserwartung in der Mongolei bei 70 Jahren, 68vgl. Congressional Research Service, Mongolia (Update December 2019), S. 1. 69Zur wirtschaftlichen Lage speziell der Frauen in der Mongolei ist zunächst festzustellen, dass sie nahezu gleichberechtigten Zugang zu Bildung, öffentlichen Ämtern und Beschäftigung haben. Auch verzeichnet das Land einen positiven Trend zur Verringerung der Ungleichheit zwischen den Geschlechtern. Gleichwohl ist der Anteil von Frauen in Führungspositionen gering. Die Beteiligung von Frauen am Arbeitsmarkt lag im Jahr 2018 bei 56,6 % gegenüber 69,3 % bei Männern, 70vgl. Bertelsmann-Stiftung, BTI 2018 Country Report Mongolia, S. 22. 71Dass Frauen keine Möglichkeit haben, eine Erwerbstätigkeit auszuüben, lässt sich jedoch nicht feststellen. 72Auch existiert ein staatliches Sozialversicherungssystem, wobei der Zugang zu den Leistungen oft schwierig ist. Das für Sozialleistungen vorgesehene Budget umfasst 2,7 % des BIP, was deutlich höher ist, als in anderen Schwellenländern, 73vgl. BFA, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Mongolei (Stand: 25. September 2018), S. 28; Bertelsmann-Stiftung, BTI 2018 Country Report Mongolia, S. 21; KAS, Länderbericht Mongolei: Sozialpolitik auf dem Prüfstand, S. 3. 74Die Angaben dazu, welche Bevölkerungsgruppen unter welchen Bedingungen Sozialleistungen erhalten, variieren, was auch mit der hohen Zahl unterschiedlicher staatlicher Hilfsprogramme (mehr als 70) in Zusammenhang stehen dürfte, 75vgl. nur BFA, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Mongolei (Stand: 25. September 2018), S. 28; Bertelsmann-Stiftung, BTI 2018 Country Report Mongolia, S. 22 und SFH, Schnellrecherche der SFH-Länderanalyse vom 1. Februar 2018 zu Mongolei: Situation alleinerziehender Frau, S. 4. 76Vor diesem Hintergrund ist zunächst zu konstatieren, dass die Klägerin nach ihren Angaben auch vor ihrer Ausreise aus der Mongolei einer Erwerbstätigkeit nachgegangen ist. Sie konnte keine durchgreifenden Gründe darlegen, die dagegen sprechen, dass ihr die Aufnahme einer (wenn auch nur gering entlohnten) Beschäftigung erneut möglich sein würde. Ihr Verweis auf ihren Gesundheitszustand blieb unsubstantiiert. Der Arztbrief des Ö.-Klinikums F. vom 28. September 2020 enthält zwar die Diagnosen eines Alkoholabhängigkeitssyndroms und einer mittelgradigen depressiven Episode. Auch lässt sich dem Bericht entnehmen, dass die Klägerin am 18. September 2020 stationär aufgenommen wurde. Allein die Diagnose bietet jedoch keine hinreichenden Anhaltspunkte für die Annahme, dass sie an der Gestaltung ihres Alltags und der Aufnahme einer Erwerbstätigkeit auch und gerade in dem ihr vertrauten Umfeld in der Mongolei, wo neben ihrem Lebensgefährten auch noch ihr Vater und eine Schwester leben, gehindert ist bzw. wäre. Auch der Verlauf der ausweislich des Arztbriefes bereits im August 2019 aufgenommenen Entzugsbehandlung ist für das Gericht ebenso wenig nachvollziehbar wie das Verhalten der Klägerin, die keinerlei aussagekräftige Unterlagen zum Verlauf und zum Stand der mehr als ein Jahr andauernden Behandlung vorgelegt hat. 77Überdies kann sie im Falle ihrer freiwilligen Ausreise Rückkehr- und Starthilfen im Rahmen des REAG/GARP- und des ERRIN-Programms sowie weitere Unterstützungsleistungen für Rückkehrer in Anspruch nehmen, 78vgl. dazu allgemein: OVG NRW, Urteile vom 24. März 2020 - 19 A 4470/19.A - juris, Rn. 116, vom 28. August 2019 - 9 A 4590/18.A - juris, Rn. 206 und vom 18. Juni 2019 - 13 A 3930/18.A - juris, Rn. 250 ff.; VGH Mannheim, Urteil vom 17. Januar 2018 - A 11 S 241/17 - juris, Rn. 411 ff. 79Bei Ausländern aus der Mongolei sieht das „REAG/GARP-Programm" neben der Übernahme der Beförderungskosten bei Erwachsenen eine Reisebeihilfe in Höhe von 200,- € und eine Starthilfe in Höhe von 1.000,- € vor. Für Kinder unter 18 Jahren betragen die Reisebeihilfe 100,- € sowie die Starthilfe 500,- €, 80vgl. Informationsblatt "Freiwillige Rückkehr mit REAG/GARP", Stand Januar 2020, abrufbar unter http://files.returningfromgermany.de/files/200213_REAG_GARP_deutsch.pdf; abgerufen am 30. September 2020. 81Personen, die mit dem REAG/GARP-Programm ausreisen, können auch die "StarthilfePlus", eine „Ergänzende Reintegrationsunterstützung im Zielland" in Anspruch nehmen. Diese umfasst nach sechs bis acht Monaten eine „2. Starthilfe" in Höhe von weiteren 1.000,- € bei Einzelpersonen und 2.000,- € bei Familien, 82vgl. Informationsblatt "StarthilfePlus - Ergänzende Reintegrationsunterstützung im Zielland", Stand: Januar 2020, abrufbar unter: https://files.returningfromgermany.de/files/200121_SHP_Reintegrationsunterstützung_deutsch.pdf. 83Hinzu kommen die kumulativ zur Verfügung stehenden Leistungen nach dem Europäischen Reintegrationsprogramm „ERRIN". Diese beinhalten z. B. Beratung bei der Ankunft, Beratung und Begleitung zu behördlichen, medizinischen und karitativen Einrichtungen, berufliche Qualifizierungsmaßnahmen, Unterstützung bei der Arbeitsplatzsuche sowie Hilfestellungen bei der Existenzgründung und eine Grundausstattung für die Wohnung. Die Unterstützung wird über eine vor Ort tätige Partnerorganisation in Form von Sachleistungen gewährt und kann bei einer freiwilligen Rückkehr auch bei nicht vulnerablen Personen Leistungen im Wert von bis zu 2.000,- € (bei Rückkehr im Familienverbund bis zu 4.000,- €), bei rückgeführten Personen bis zu 1.500,- € umfassen, 84vgl. https://www.returningfromgermany.de/de/programmes/erin. 85Es ist der Klägerin zumutbar, diese Leistungen in Anspruch zu nehmen. Wer eine geltend gemachte Gefährdung in seinem Heimatland oder in einem anderen Zielstaat der Abschiebung durch zumutbares eigenes Verhalten, wozu insbesondere die freiwillige Ausreise und Rückkehr in den Heimatstaat gehört, abwenden kann, bedarf keines Abschiebungsschutzes, 86vgl. BVerwG, Urteil vom 15. April 1997 - 9 C 38.96 - juris, Rn. 27; OVG Bautzen, Urteil vom 25. Oktober 2018 - 5 A 51/16.A - juris, Rn. 52; VG Hamburg, Urteil vom 23. Juli 2019 - 8 A 635/17 - juris. 87Auch die Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG sind nicht erfüllt. Danach soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Entsprechende Gefahren sind vor dem Hintergrund der vorstehenden Ausführungen nicht ersichtlich. Eine entsprechend schwerwiegende Erkrankung hat die Klägerin nicht darzulegen vermocht. 88Die in dem angegriffenen Bescheid des Bundesamtes ergangene Abschiebungsandrohung findet ihre Rechtsgrundlage in § 34 Abs. 1 Satz 1 AsylG i. V. m. § 59 AufenthG und ist aus rechtlicher Sicht nicht zu beanstanden. Die Ausreisefrist von 30 Tagen entspricht der gesetzlichen Regelung in § 59 Abs. 1 Satz 1 AufenthG. 89Die Klage bleibt schließlich auch insoweit ohne Erfolg, wie sich die Klägerin gegen das auf 30 Monate befristete Einreise- und Aufenthaltsverbot (Ziffer 6 des angefochtenen Bescheides) wendet. Insoweit ist die Anfechtungsklage statthaft. In dieser Befristungsentscheidung liegt eine die Klägerin belastende Regelung, nämlich die konstitutive Anordnung eines befristeten Einreiseverbots, wie sie nach § 11 Abs. 1 Satz 1 AufenthG in der seit dem 21. August 2019 geltenden Fassung nunmehr im Aufenthaltsgesetz ausdrücklich vorgesehen ist, 90vgl. insbesondere zur erforderlichen Auslegung der Befristungsentscheidung: BVerwG, Urteile vom 21. August 2018 - 1 C 21.17 - juris, Rn. 21 ff. 91Diese Anordnung erweist sich als rechtmäßig. Die Ermessensentscheidung des Bundesamtes, das Einreise- und Aufenthaltsverbot auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung zu befristen, ist nach Maßgabe des sich aus § 114 Satz 1 VwGO ergebenden (eingeschränkten) Prüfungsumfangs rechtlich nicht zu beanstanden (vgl. § 11 Abs. 3 AufenthG). Das Bundesamt hat die Sperrfrist, der ständigen Praxis in vergleichbaren Fällen folgend, auf den mittleren Bereich des nach § 11 Abs. 3 Satz 2 AufenthG geltenden Fünf-Jahres-Rahmens festgesetzt. Die Annahme des Bundesamts, es seien keine Umstände ersichtlich, die eine kürzere Fristsetzung erfordern würden, ist nicht zu beanstanden. Der Lebensgefährte der Klägerin, der sich vorrübergehend gemeinsam mit ihr im Bundesgebiet aufgehalten hatte, wurde bereits im August 2018 in die Mongolei abgeschoben und hält sich weiterhin dort auf. 92Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO und § 83b AsylG. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 der Zivilprozessordnung.
die klage wird abgewiesen. die klägerin trägt die kosten des verfahrens, für das gerichtskosten nicht erhoben werden. das urteil ist hinsichtlich der kosten vorläufig vollstreckbar. die klägerin kann die vollstreckung durch sicherheitsleistung oder hinterlegung in höhe von 110 % des aufgrund des urteils vollstreckbaren betrages abwenden, wenn nicht die beklagte vor der vollstreckung sicherheit in höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden betrages leistet. 1
2die am 00.00.0000 geborene klägerin ist mongolische staatsangehörige. sie reiste nach ihren angaben am 26. dezember 2017 aus belgien kommend in das bundesgebiet ein und stellte am 8. januar 2018 förmlich einen asylantrag. 3im rahmen der anhörung beim bundesamt für migration und flüchtlinge gab die klägerin als grund dafür, die mongolei im september 2014 verlassen zu haben, im wesentlichen an, sie fürchte sich vor anhängern der mun-sekte (auch: moon-sekte; moon-vereinigung; vereinigungskirche). ihr ehemann sei früher anhänger dieser sekte gewesen. sie hätten auf dem markt einen stand gehabt. im mai 2014 sei sie von zwei männer angegriffen worden. sie habe sich auf dem weg nach hause befunden. als sie aus dem bus ausgestiegen sei, habe ein auto neben ihr gehalten. sie sei in das auto gezerrt und von zwei männern geschlagen worden. die männer hätten irgendetwas über ihren mann gesagt, sie könne sich jedoch nicht mehr genau erinnern, was. sie wisse nur noch, dass sie gesagt hätten, dass sie ihrem mann etwas antun wollten. man habe sie schließlich bewusstlos in der nähe ihrer wohnung abgelegt. ihre nase sei gebrochen gewesen und ihre hände seien verletzt worden. hinterher habe sie von ihrem mann erfahren, dass dieser die sekte verlassen und die beiträge nicht mehr bezahlt habe. er sei im jahr 2012 ebenfalls misshandelt und auf der intensivstation behandelt worden. zu dieser zeit sei auch der bruder ihres mannes aus unerklärlichen gründen verstorben. aus sorge um sie habe ihr mann entschieden, dass sie das land verlassen solle. an die polizei habe sie sich nicht gewandt, da die sekte überall kontakte habe. die polizei hätte ihr nicht geholfen, da die sekte sehr großen einfluss habe. sie habe auch nicht gewusst, wo sie sonst hätte hingehen können. sie sei dann zunächst nach frankreich gereist, wo sie am 11. september 2014 einen asylantrag gestellt habe. sie habe sich als mongolin aus sibirien ausgegeben, die ihr land aus finanziellen gründen verlassen habe. ihr sei gesagt worden, dass mongolen in frankreich nicht aufgenommen würden. ihr antrag sei im dezember 2015 negativ beschieden worden. bis juni 2017 habe sie sich dort illegal aufgehalten. 4mit bescheid vom 16. august 2018 - der klägerin zugestellt am 31. august 2018 - lehnte die beklagte den antrag der klägerin auf zuerkennung der flüchtlingseigenschaft (1.), den antrag auf anerkennung als asylberechtigte (2.) und den antrag auf zuerkennung des subsidiären schutzstatus (3.) ab und stellte fest, das abschiebungsverbote nach § 60 abs. 5 und 7 satz 1 des aufenthaltsgesetzes nicht vorliegen (4.). sie forderte die klägerin auf, die bundesrepublik deutschland innerhalb von 30 tagen nach bekanntgabe der entscheidung zu verlassen und drohte ihr für den fall, dass sie die ausreisefrist nicht einhalte, die abschiebung in die mongolei an (5.). das gesetzliche einreise- und aufenthaltsverbot gemäß § 11 abs. 1 des aufenthaltsgesetzes befristete sie auf 30 monate ab dem tag der abschiebung (6.). 5am 11. september 2018 hat die klägerin die vorliegende klage erhoben. 6zur begründung wiederholt sie im wesentlichen ihr vorbringen aus dem verwaltungsverfahren und verweist ergänzend auf zwei dokumente in mongolischer sprache mit jeweils zugehöriger übersetzung. dabei handelt es sich um einen bericht des "nationalinstitut[s] der forensischen analyse" und um einen "beschluss über die ernennung den/die sachverständigen und untersuchungsforschung". weiter verweist sie auf einen brief der behandelnden ärztin der klinik für psychiatrie, psychotherapie und psychosomatik der ö.-klinik f. vom 28. september 2020. 7die klägerin beantragt, 8die beklagte unter aufhebung des bescheids vom 16. august 2018 zu verpflichten, ihr die flüchtlingseigenschaft nach § 3 des asylgesetzes zu zuerkennen, 9hilfsweise, 10die beklagte unter teilweiser aufhebung des vorgenannten bescheids zu verpflichten, ihr den subsidiären schutzstatus nach § 4 des asylgesetzes zu zuerkennen, 11weiter hilfsweise, 12die beklagte unter teilweiser aufhebung des vorgenannten bescheids zu verpflichten, festzustellen, dass in ihrer person ein abschiebungsverbot nach § 60 abs. 5 oder 7 satz 1 des aufenthaltsgesetzes hinsichtlich der mongolei vorliegt. 13die beklagte beantragt - schriftsätzlich -, 14die klage abzuweisen. 15sie beruft sich auf die begründung des angegriffenen bescheids. 16der einzelrichter hat die klägerin im rahmen der mündlichen verhandlung zu ihrem verfolgungsschicksal angehört und ergänzend befragt. insoweit wird auf den inhalt des entsprechenden sitzungsprotokolls verwiesen. hinsichtlich der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den inhalt der gerichtsakte und der beigezogenen verwaltungsvorgänge bezug genommen. 17
18über den rechtstreit konnte nach § 102 der verwaltungsgerichtsordnung (vwgo) aufgrund der mündlichen verhandlung vom 30. september 2020 entschieden werden, obwohl die beklagte nicht erschienen ist. sie wurde form- und fristgerecht geladen; in der ladung wurde ferner auf die möglichkeit hingewiesen, dass eine entscheidung auch bei nichterscheinen eines beteiligten ergehen könne. 19die klage hat keinen erfolg. 20der angegriffene bescheid des bundesamtes vom 16. august 2018 ist rechtmäßig und verletzt die klägerin nicht in ihren rechten, § 113 abs. 1, abs. 5 vwgo. sie hat nach der sach- und rechtslage zum nach § 77 abs. 1 s. 1 des asylgesetzes (asylg) maßgeblichen zeitpunkt keinen anspruch auf die zuerkennung der flüchtlingseigenschaft im sinne des § 3 abs. 1 asylg. zudem liegen keine gründe für die zuerkennung subsidiären schutzes nach § 4 asylg oder die feststellung nationaler abschiebungsverbote nach § 60 abs. 5 oder 7 des aufenthaltsgesetzes (aufenthg) vor. 21die klägerin hat keinen anspruch auf die zuerkennung der flüchtlingseigenschaft nach §§ 3 abs. 1, 3a bis 3e asylg. 22nach § 3 abs. 1 asylg ist ein ausländer, der nicht staatenlos ist, flüchtling im sinne der genfer flüchtlingskonvention, wenn er sich aus begründeter furcht vor verfolgung wegen seiner rasse, religion, nationalität, politischen überzeugung oder zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen gruppe, außerhalb des landes befindet, dessen staatsangehörigkeit er besitzt und dessen schutz er nicht in anspruch nehmen kann oder wegen dieser furcht nicht in anspruch nehmen will. für die feststellung, ob eine verfolgung nach § 3 abs. 1 asylg vorliegt, sind die bestimmungen der §§ 3a bis 3e asylg heranzuziehen. 23hinsichtlich des prognosemaßstabs ist bei der prüfung der flüchtlingseigenschaft ‑ wie auch bei der des subsidiären schutzes ‑ der maßstab der beachtlichen wahrscheinlichkeit zugrunde zu legen. der herabgestufte wahrscheinlichkeitsmaßstab der hinreichenden sicherheit hat bei der prüfung der flüchtlingsanerkennung und des subsidiären schutzes keine bedeutung mehr, 24vgl. zum wahrscheinlichkeitsmaßstab bundesverwaltungsgericht (bverwg), urteile vom 20. februar 2013 ‑ 10 c 23.12 ‑ und vom 1. märz 2012 ‑ 10 c 7.11 ‑ juris. 25zur privilegierung des vorverfolgten bzw. in anderer weise geschädigten wird vielmehr in art. 4 abs. 4 der richtlinie 2011/95/eu vom 13. dezember 2011 (qualifikationsrichtlinie ‑ qualrl) eine tatsächliche vermutung normiert, dass sich frühere handlungen und bedrohungen bei der rückkehr in das herkunftsland wiederholen werden. dadurch wird der vorverfolgte bzw. geschädigte von der notwendigkeit entlastet, stichhaltige gründe dafür darzulegen, dass sich die verfolgungsbegründenden bzw. schadensstiftenden umstände bei der rückkehr erneut realisieren werden. diese vermutung kann aber widerlegt werden. hierfür ist erforderlich, dass stichhaltige gründe die wiederholungsträchtigkeit solcher verfolgung bzw. des eintritts eines solchen schadens entkräften. dies ist im rahmen freier beweiswürdigung zu beurteilen, 26vgl. bverwg, urteile vom 7. september 2010 ‑ 10 c 11.09 ‑, vom 27. april 2010 ‑ 10 c 4/09 ‑, bverwge 136, 360; oberverwaltungsgericht (ovg) nrw, urteil vom 17. august 2010 ‑ 8 a 4063/06.a ‑ juris. 27aus den in art. 4 qualrl geregelten mitwirkungs- und darlegungsobliegenheiten des klägers in verbindung mit § 25 asylg folgt, dass es auch unter berücksichtigung der vorgaben dieser richtlinie sache des ausländers ist, die gründe für seine furcht vor politischer verfolgung schlüssig vorzutragen. es ist daran festzuhalten, dass er dazu unter angabe genauer einzelheiten einen in sich stimmigen sachverhalt zu schildern hat, aus dem sich bei wahrunterstellung ergibt, dass bei verständiger würdigung politische verfolgung droht. hierzu gehört, dass der ausländer zu den in seine sphäre fallenden ereignissen, insbesondere zu seinen persönlichen erlebnissen, eine schilderung gibt, die geeignet ist, den behaupteten anspruch lückenlos zu tragen. bei der bewertung der stimmigkeit des sachverhalts müssen u. a. persönlichkeitsstruktur, wissensstand und herkunft des ausländers berücksichtigt werden, 28vgl. zu art. 16 a gg: bverwg, beschlüsse vom 21. juli 1989 ‑ 9 b 239.89 ‑, infauslr 1989, 349, vom 26. oktober 1989 ‑ 9 b 405/89 ‑, infauslr 1990, 38 und vom 3. august 1990 ‑ 9 b 45/90 ‑, infauslr 1990, 344. 29nach diesem rechtlichen maßstab ist das vorbringen der klägerin nicht geeignet, die anerkennung als flüchtling zu tragen. 30die durch die klägerin geschilderten ereignisse sind entweder von vornherein unglaubhaft - weil frei erfunden - oder sie waren selbst aus ihrer sicht so unbedeutend, dass nicht von einer tatsächlichen gefahr für sie ausgegangen werden kann. ihr verhalten vor der asylantragstellung in deutschland lässt keinen anderen schluss zu. so ist unverständlich, warum die klägerin zunächst nach frankreich reiste, obwohl sie selbst davon ausging, dass dort mongolen nicht als flüchtlinge aufgenommen würden. unklar bleibt auch, warum sie dort nicht von einer bedrohung durch die moon-vereinigung berichtete, sondern sich als wirtschaftsflüchtling ausgab. dieses verhalten passt nicht zu einem ausländer, der sich aufgrund einer ernsthaften bedrohung gezwungen sieht, das eigene herkunftsland zu verlassen. 31die zuletzt durch die klägerin vorgelegten dokumente führen zu keinem anderen ergebnis. ihnen ist lediglich zu entnehmen, dass der lebensgefährte der klägerin, der bereits im august 2018 in die mongolei abgeschoben wurde, dort im september (offenbar nach seinen angaben) überfallen worden ist. dass dieser überfall durch anhänger der moon-vereinigung verübt wurde, lässt sich dem bericht nicht entnehmen. 32selbst wenn das vorbringen der klägerin als wahr unterstellt und zudem auch von einer ernsthaften bedrohung durch anhänger der moon-vereinigung ausgegangen wird, ist das vorbringen der klägerin nicht geeignet, ihre anerkennung als flüchtling zu tragen. 33ihm lässt sich bereits nicht entnehmen, dass sie aus einem der in § 3b asylg genannten verfolgungsgründe behelligt worden ist bzw. erneut behelligt werden würde. selbst wenn die anhänger der moon-vereinigung den lebensgefährten der klägerin nicht nur wegen dessen beitragsschulden, sondern auch aufgrund dessen abfalls vom glauben verfolgen sollten, bedeutet dies nicht, dass sie auch die klägerin aufgrund ihrer ihr zugeschriebenen religiösen überzeugung bedrängen würden. vielmehr ist sie nach ihrem vorbringen nur als druckmittel gegen ihren lebensgefährten ins visier ihrer verfolger geraten. 34zudem sprechen die der kammer vorliegenden erkenntnismittel zur mongolei dafür, dass sie dieser bedrohung durch eine verlagerung ihres wohnsitzes in der mongolei oder durch die inanspruchnahme polizeilicher hilfe entgehen könnte. 35das gericht geht davon aus, dass die klägerin die möglichkeit hat, internen schutz in anspruch zu nehmen, vgl. § 3e asylg. nach den dem gericht vorliegenden erkenntnismitteln zur lage in der mongolei ist es ihr möglich, sich an einem anderen ort in der mongolei niederzulassen. mongolischen staatsbürgern ist das reisen innerhalb des landes möglich und gestattet, 36vgl. bundesamt für fremdenwesen und asyl der republik österreich (bfa), länderinformationsblatt der staatendokumentation, mongolei (stand: 25. september 2018), s. 25; usdos, country report on human rights practises 2019 - mongolia, s. 8. 37zudem geht das gericht davon aus, dass ihre furcht vor verfolgung für den überwiegenden teil des staatsgebiets unbegründet war und weiterhin ist. es erschließt sich bereits nicht, wie sie durch ihre verfolger beispielweise in der millionenstadt ulaanbaatar oder auch in einer anderen stadt der mongolei hätte gefunden werden können. so gilt das meldewesen in der mongolei als lückenhaft, 38vgl. konrad-adenauer-stiftung, sozialpolitik auf dem prüfstand, s. 3. 39die kammer teilt zudem nicht die bedenken der klägerin hinsichtlich der macht der anhänger der moon-vereinigung in der mongolei. so gehen selbst kritiker davon aus, dass diese in der mongolei nur noch über rund 5.000 mitglieder verfügt. die dokumentationen der moon-vereinigung selbst, die regelmäßig eher mäßig besuchte veranstaltungen zeigen, deuten eher auf eine geringere anzahl von mitgliedern hin, 40vgl. bfa, anfragebeantwortung der staatendokumentation vom 17. januar 2017, mongolei, moon sekte, s. 6. 41zwar mag repräsentanten der vereinigungskirche von einigen mongolischen politikern große wertschätzung entgegengebracht worden sein. dieses verhalten ist jedoch nicht ohne kritik durch die mongolische bevölkerung geblieben, 42vgl. bfa, anfragebeantwortung der staatendokumentation vom 17. januar 2017, mongolei, moon sekte, s. 6; "b. nasanbayar stellt posten zur verfügung", abrufbar unter: www.mongolei.de/news/2016mar2.htm. 43es spricht im übrigen wenig dafür, dass die führungsriege der moon-vereinigung eventuellen politischen einfluss auf höchster ebene geltend machen würde, um die klägerin, bei der es lediglich um die partnerin eines ehemaligen mitglieds handelt, das seine beitragsschulden nicht zahlt, ausfindig zu machen und zu verfolgen. 44es ist der klägerin auch zumutbar, sich an einem nicht ihrem ursprünglichen wohnort entsprechenden ort in der mongolei niederzulassen. insoweit muss vorbehaltlich der nachfolgenden ausführungen darauf verwiesen werden, dass sie nach ihren angaben auch in der mongolei erwerbstätig war. es sind keine durchgreifenden gründe ersichtlich, die der erneuten aufnahme einer erwerbstätigkeit zur sicherung ihres lebensunterhalts entgegenstehen sollten. 45auch der einwand der klägerin, sie habe sich nicht an die polizei wenden können und sei daran auch weiterhin gehindert, überzeugt nicht. die nationale polizei, die miliz, welche auch als kriminalpolizei fungiert, unterhält in jeder provinz ein referat und in jedem bezirk ein büro. sie hat alle notwendigen maßnahmen (ermittlungen, zwangsmaßnahmen und beschlagnahme sowie den gebrauch von waffen) einzuleiten, um den schutz der öffentlichen ordnung zu gewährleisten. die fahndung nach vermissten personen, die verkehrssicherheit (durch verkehrsinspektorate in jedem milizbüro) und die brandbekämpfung fallen ebenfalls in ihre zuständigkeit. zusammen mit der lokalverwaltung beaufsichtigen die lokalen sicherheitsbüros außerdem die vollstreckung der zwangsarbeitsstrafen. anhaltspunkte dafür, dass sie zum schutz der bevölkerung vor gewaltdelikten nicht oder völlig ineffektiv einschreiten, liegen dem gericht nicht vor. zwar steht die mongolische polizei fortgesetzt in der kritik. diese bezieht sich jedoch eher darauf, dass sie ihre macht missbrauche und zu hart einschreite. ähnlich wird konstatiert, dass die justiz aus generalpräventiven gründen eher zu strenge strafen verhänge, 46vgl. bfa, länderinformationsblatt der staatendokumentation, mongolei vom 25. september 2018, s. 10 f., 12; amnesty international, amnesty report mongolei 2017/18 vom 23. mai 2018. 47zudem wird auf vielen ebenen von korruption berichtet, zugleich wird aber auch eine verbesserung konstatiert, nachdem die strafen verschärft wurden, 48vgl. bfa, länderinformationsblatt der staatendokumentation, mongolei vom 25. september 2018, s. 10 f., 12. 49insgesamt scheint sie auf der politischen ebene stärker verbreitet zu sein bzw. vor allem dort als problem wahrgenommen zu werden. so berichten befragte mongolen, dass korruption nur geringe auswirkungen auf ihr privatleben hat, und dass sie sich in mittlerem maße auf das geschäftliche umfeld auswirkt und das politische leben in größerem maße beeinflusst. letzteres ist auch der bereich, in dem die korruption in den letzten jahren am stärksten zugenommen haben dürfte. berichte über niedrigschwellige korruption haben abgenommen, was jedoch auch darauf hindeuten könnte, dass sie von den befragten nicht als problem wahrgenommen wird, 50vgl. transparency international, anti-corruption helpdesk, mongolia: overview of corruption and anti-corruption, s. 2, 4. 51dafür, dass der einfluss der (wenigen) anhänger der moon-vereinigung so weit reichen würde, dass sie unbehelligt von strafverfolgung auf kriminellem wege ihre finanziellen interessen verfolgen könnten, bestehen vor diesem hintergrund keine anhaltspunkte. die grundsätzliche bereitschaft der polizei belegt im übrigen auch der durch die klägerin vorgelegte beschluss des leiters der polizeisektion ii im bezirk bayanzurkh, der die ebenfalls vorgelegte gerichtsmedizinische untersuchung der verletzungen ihres lebensgefährten in auftrag gegeben hatte. dass es nach ihren angaben in der folge nicht zu einer aufklärung dieses vorfalls gekommen ist, kann vielfältige gründe haben, belegt jedoch nicht die mutmaßliche unwilligkeit der mongolischen polizei. 52anhaltspunkte dafür, dass der klägerin im falle einer rückkehr in die mongolei ein ernsthafter schaden im sinne des § 4 abs. 1 asylg droht, sind vor diesem hintergrund ebenfalls nicht ersichtlich. denn als solcher kommt nach § 4 abs. 1 satz 2 asylg nur die verhängung oder vollstreckung der todesstrafe, folter oder unmenschliche oder erniedrigende behandlung oder bestrafung oder eine ernsthafte individuelle bedrohung des lebens oder der unversehrtheit einer zivilperson infolge willkürlicher gewalt im rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten konflikts in betracht. eine entsprechende gefahr ergibt sich anhand des vortrags der klägerin nicht. insbesondere wäre sie auch insoweit gehalten, internen schutz und/oder staatliche hilfe in anspruch zu nehmen, § 4 abs. 3 satz 1 asylg i. v. m. §§ 3d, 3e asylg. 53auch liegen keine abschiebungsverbote nach § 60 abs. 5 oder 7 aufenthg vor. 54nach § 60 abs. 5 aufenthg darf ein ausländer nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der europäischen menschenrechtskonvention (emrk) ergibt, dass die abschiebung unzulässig ist. erfasst sind damit ausschließlich zielstaatsbezogene abschiebungshindernisse, d. h. solche, die in gefahren begründet liegen, welche dem ausländer im zielstaat der abschiebung drohen, 55vgl. bverwg, urteil vom 11. november 1997 - 9 c 13.96 - juris, rn. 8 ff. bereits zu § 53 abs. 4 auslg; verwaltungsgerichtshof mannheim, urteil vom 13. dezember 2012 - a 2 s 1995/12 - juris, rn. 15. 56insbesondere darf niemand durch die abschiebung der gefahr der folter oder unmenschlicher oder erniedrigender strafe oder behandlung unterworfen werden, vgl. art. 3 emrk. 57der vortrag der klägerin zur bedrohung durch angehörige der moon-vereinigung rechtfertigt die feststellung einer solchen gefahr aus den genannten gründen nicht. auch die humanitäre situation in der mongolei gebietet nicht die feststellung eines abschiebungsverbots. 58schlechte humanitäre verhältnisse im zielstaat der abschiebung, die - wie im vorliegenden fall - nicht überwiegend auf direkte und indirekte aktionen von konfliktparteien zurückgehen, können in ganz außergewöhnlichen fällen ein abschiebungsverbot nach § 60 abs. 5 aufenthg i. v. m. art. 3 emrk begründen, wenn humanitäre gründe „zwingend“ gegen die aufenthaltsbeendigung sprechen. das ist mit blick auf die annahme einer unmenschlichen behandlung allein durch die humanitäre lage und die allgemeinen lebensbedingungen im abschiebungszielstaat nur dann der fall, wenn ein sehr hohes gefährdungsniveau vorliegt. nur dann liegt ein außergewöhnlicher fall im sinne der rechtsprechung des egmr und des bundesverwaltungsgerichts vor, in dem eine abschiebung eine verletzung von art. 3 emrk nach sich ziehen würde. die einem ausländer im zielstaat drohenden gefahren müssen hierfür jedenfalls ein mindestmaß an schwere („minimum level of severity“) aufweisen. die bestimmung dieses mindestmaßes an schwere ist relativ und hängt von allen umständen des falls ab, insbesondere von der dauer der behandlung, den daraus erwachsenen körperlichen und mentalen folgen für den betroffenen und in bestimmten fällen auch vom geschlecht, alter und gesundheitszustand des betroffenen, 59vgl. ausführlich: ovg nrw, urteil vom 28. august 2019 - 9 a 4590/18.a - juris, rn. 167 ff. m. w. n. 60es erscheint der kammer unter berücksichtigung dieser kriterien, der ihr zur verfügung stehenden erkenntnismittel zur mongolei und der umstände des einzelfalls nicht beachtlich wahrscheinlich, dass die klägerin bei einer rückkehr in die mongolei ihr existenzminimum nicht wird sicherstellen können. 61dabei verkennt die kammer nicht, dass die humanitäre und vor allem wirtschaftliche situation für teile der bevölkerung schwierig ist. so lag die arbeitslosenquote 2017 bei 8 %, bei jugendlichen war sie mit fast 20 % erheblich höher. mehr als 20 % der bevölkerung der mongolei leben unter der armutsgrenze. die welternährungsorganisation der un schätzte im jahr 2015, dass mehr als 20 % der bevölkerung unterernährt waren, 62vgl. bfa, länderinformationsblatt der staatendokumentation, mongolei (stand: 25. september 2018), s. 27; siehe auch: konrad-adenauer-stiftung (kas), länderbericht mongolei: sozialpolitik auf dem prüfstand, s. 1. 63fast die hälfte der gesamtbevölkerung der mongolei lebt in der hauptstadt ulaanbaatar. 60 % der dortigen bevölkerung wohnen in den am stadtrand gelegenen slumähnlichen gher-bezirken (juchten-bezirke), 64vgl. bfa, länderinformationsblatt der staatendokumentation, mongolei (stand: 25. september 2018), s. 27; schweizerische flüchtlingshilfe (sfh), schnellrecherche der sfh-länderanalyse vom 1. februar 2018 zu mongolei: situation alleinerziehender frau, s. 1; kas, länderbericht mongolei: sozialpolitik auf dem prüfstand, s. 2. 65diese sind überdies im zuge geplanter modernisierungsmaßnahmen der gefahr von zwangsräumungen ausgesetzt, 66vgl. amnesty international, mongolei 2017/18, s. 4. 67dieser befunde zum trotz liegt die lebenserwartung in der mongolei bei 70 jahren, 68vgl. congressional research service, mongolia (update december 2019), s. 1. 69zur wirtschaftlichen lage speziell der frauen in der mongolei ist zunächst festzustellen, dass sie nahezu gleichberechtigten zugang zu bildung, öffentlichen ämtern und beschäftigung haben. auch verzeichnet das land einen positiven trend zur verringerung der ungleichheit zwischen den geschlechtern. gleichwohl ist der anteil von frauen in führungspositionen gering. die beteiligung von frauen am arbeitsmarkt lag im jahr 2018 bei 56,6 % gegenüber 69,3 % bei männern, 70vgl. bertelsmann-stiftung, bti 2018 country report mongolia, s. 22. 71dass frauen keine möglichkeit haben, eine erwerbstätigkeit auszuüben, lässt sich jedoch nicht feststellen. 72auch existiert ein staatliches sozialversicherungssystem, wobei der zugang zu den leistungen oft schwierig ist. das für sozialleistungen vorgesehene budget umfasst 2,7 % des bip, was deutlich höher ist, als in anderen schwellenländern, 73vgl. bfa, länderinformationsblatt der staatendokumentation, mongolei (stand: 25. september 2018), s. 28; bertelsmann-stiftung, bti 2018 country report mongolia, s. 21; kas, länderbericht mongolei: sozialpolitik auf dem prüfstand, s. 3. 74die angaben dazu, welche bevölkerungsgruppen unter welchen bedingungen sozialleistungen erhalten, variieren, was auch mit der hohen zahl unterschiedlicher staatlicher hilfsprogramme (mehr als 70) in zusammenhang stehen dürfte, 75vgl. nur bfa, länderinformationsblatt der staatendokumentation, mongolei (stand: 25. september 2018), s. 28; bertelsmann-stiftung, bti 2018 country report mongolia, s. 22 und sfh, schnellrecherche der sfh-länderanalyse vom 1. februar 2018 zu mongolei: situation alleinerziehender frau, s. 4. 76vor diesem hintergrund ist zunächst zu konstatieren, dass die klägerin nach ihren angaben auch vor ihrer ausreise aus der mongolei einer erwerbstätigkeit nachgegangen ist. sie konnte keine durchgreifenden gründe darlegen, die dagegen sprechen, dass ihr die aufnahme einer (wenn auch nur gering entlohnten) beschäftigung erneut möglich sein würde. ihr verweis auf ihren gesundheitszustand blieb unsubstantiiert. der arztbrief des ö.-klinikums f. vom 28. september 2020 enthält zwar die diagnosen eines alkoholabhängigkeitssyndroms und einer mittelgradigen depressiven episode. auch lässt sich dem bericht entnehmen, dass die klägerin am 18. september 2020 stationär aufgenommen wurde. allein die diagnose bietet jedoch keine hinreichenden anhaltspunkte für die annahme, dass sie an der gestaltung ihres alltags und der aufnahme einer erwerbstätigkeit auch und gerade in dem ihr vertrauten umfeld in der mongolei, wo neben ihrem lebensgefährten auch noch ihr vater und eine schwester leben, gehindert ist bzw. wäre. auch der verlauf der ausweislich des arztbriefes bereits im august 2019 aufgenommenen entzugsbehandlung ist für das gericht ebenso wenig nachvollziehbar wie das verhalten der klägerin, die keinerlei aussagekräftige unterlagen zum verlauf und zum stand der mehr als ein jahr andauernden behandlung vorgelegt hat. 77überdies kann sie im falle ihrer freiwilligen ausreise rückkehr- und starthilfen im rahmen des reag/garp- und des errin-programms sowie weitere unterstützungsleistungen für rückkehrer in anspruch nehmen, 78vgl. dazu allgemein: ovg nrw, urteile vom 24. märz 2020 - 19 a 4470/19.a - juris, rn. 116, vom 28. august 2019 - 9 a 4590/18.a - juris, rn. 206 und vom 18. juni 2019 - 13 a 3930/18.a - juris, rn. 250 ff.; vgh mannheim, urteil vom 17. januar 2018 - a 11 s 241/17 - juris, rn. 411 ff. 79bei ausländern aus der mongolei sieht das „reag/garp-programm" neben der übernahme der beförderungskosten bei erwachsenen eine reisebeihilfe in höhe von 200,- € und eine starthilfe in höhe von 1.000,- € vor. für kinder unter 18 jahren betragen die reisebeihilfe 100,- € sowie die starthilfe 500,- €, 80vgl. informationsblatt "freiwillige rückkehr mit reag/garp", stand januar 2020, abrufbar unter http://files.returningfromgermany.de/files/200213_reag_garp_deutsch.pdf; abgerufen am 30. september 2020. 81personen, die mit dem reag/garp-programm ausreisen, können auch die "starthilfeplus", eine „ergänzende reintegrationsunterstützung im zielland" in anspruch nehmen. diese umfasst nach sechs bis acht monaten eine „2. starthilfe" in höhe von weiteren 1.000,- € bei einzelpersonen und 2.000,- € bei familien, 82vgl. informationsblatt "starthilfeplus - ergänzende reintegrationsunterstützung im zielland", stand: januar 2020, abrufbar unter: https://files.returningfromgermany.de/files/200121_shp_reintegrationsunterstützung_deutsch.pdf. 83hinzu kommen die kumulativ zur verfügung stehenden leistungen nach dem europäischen reintegrationsprogramm „errin". diese beinhalten z. b. beratung bei der ankunft, beratung und begleitung zu behördlichen, medizinischen und karitativen einrichtungen, berufliche qualifizierungsmaßnahmen, unterstützung bei der arbeitsplatzsuche sowie hilfestellungen bei der existenzgründung und eine grundausstattung für die wohnung. die unterstützung wird über eine vor ort tätige partnerorganisation in form von sachleistungen gewährt und kann bei einer freiwilligen rückkehr auch bei nicht vulnerablen personen leistungen im wert von bis zu 2.000,- € (bei rückkehr im familienverbund bis zu 4.000,- €), bei rückgeführten personen bis zu 1.500,- € umfassen, 84vgl. https://www.returningfromgermany.de/de/programmes/erin. 85es ist der klägerin zumutbar, diese leistungen in anspruch zu nehmen. wer eine geltend gemachte gefährdung in seinem heimatland oder in einem anderen zielstaat der abschiebung durch zumutbares eigenes verhalten, wozu insbesondere die freiwillige ausreise und rückkehr in den heimatstaat gehört, abwenden kann, bedarf keines abschiebungsschutzes, 86vgl. bverwg, urteil vom 15. april 1997 - 9 c 38.96 - juris, rn. 27; ovg bautzen, urteil vom 25. oktober 2018 - 5 a 51/16.a - juris, rn. 52; vg hamburg, urteil vom 23. juli 2019 - 8 a 635/17 - juris. 87auch die voraussetzungen des § 60 abs. 7 satz 1 aufenthg sind nicht erfüllt. danach soll von der abschiebung eines ausländers in einen anderen staat abgesehen werden, wenn dort für diesen ausländer eine erhebliche konkrete gefahr für leib, leben oder freiheit besteht. entsprechende gefahren sind vor dem hintergrund der vorstehenden ausführungen nicht ersichtlich. eine entsprechend schwerwiegende erkrankung hat die klägerin nicht darzulegen vermocht. 88die in dem angegriffenen bescheid des bundesamtes ergangene abschiebungsandrohung findet ihre rechtsgrundlage in § 34 abs. 1 satz 1 asylg i. v. m. § 59 aufenthg und ist aus rechtlicher sicht nicht zu beanstanden. die ausreisefrist von 30 tagen entspricht der gesetzlichen regelung in § 59 abs. 1 satz 1 aufenthg. 89die klage bleibt schließlich auch insoweit ohne erfolg, wie sich die klägerin gegen das auf 30 monate befristete einreise- und aufenthaltsverbot (ziffer 6 des angefochtenen bescheides) wendet. insoweit ist die anfechtungsklage statthaft. in dieser befristungsentscheidung liegt eine die klägerin belastende regelung, nämlich die konstitutive anordnung eines befristeten einreiseverbots, wie sie nach § 11 abs. 1 satz 1 aufenthg in der seit dem 21. august 2019 geltenden fassung nunmehr im aufenthaltsgesetz ausdrücklich vorgesehen ist, 90vgl. insbesondere zur erforderlichen auslegung der befristungsentscheidung: bverwg, urteile vom 21. august 2018 - 1 c 21.17 - juris, rn. 21 ff. 91diese anordnung erweist sich als rechtmäßig. die ermessensentscheidung des bundesamtes, das einreise- und aufenthaltsverbot auf 30 monate ab dem tag der abschiebung zu befristen, ist nach maßgabe des sich aus § 114 satz 1 vwgo ergebenden (eingeschränkten) prüfungsumfangs rechtlich nicht zu beanstanden (vgl. § 11 abs. 3 aufenthg). das bundesamt hat die sperrfrist, der ständigen praxis in vergleichbaren fällen folgend, auf den mittleren bereich des nach § 11 abs. 3 satz 2 aufenthg geltenden fünf-jahres-rahmens festgesetzt. die annahme des bundesamts, es seien keine umstände ersichtlich, die eine kürzere fristsetzung erfordern würden, ist nicht zu beanstanden. der lebensgefährte der klägerin, der sich vorrübergehend gemeinsam mit ihr im bundesgebiet aufgehalten hatte, wurde bereits im august 2018 in die mongolei abgeschoben und hält sich weiterhin dort auf. 92die kostenentscheidung folgt aus § 154 abs. 1 vwgo und § 83b asylg. die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit beruht auf § 167 vwgo i. v. m. §§ 708 nr. 11, 711 der zivilprozessordnung.
Verklagte*r
0
333,700
L 13 SB 236/19
2020-11-20T00:00:00
Urteil
Tenor Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 09.05.2019 geändert und die Klage abgewiesen. Außergerichtliche Kosten der Klägerin sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen. 1Tatbestand: 2Die Beteiligten streiten um die Feststellung eines Grades der Behinderung (GdB) von 50. 3Die am 00.00.1956 geborene Klägerin ist seit 1989 geschieden und Mutter einer Tochter, der sie 1999 eine Niere spendete. Das Versorgungsamt C stellte deswegen bei ihr 2002 einen GdB von 30 fest. Verschlimmerungsanträge in 2005 und 2007 blieben ohne Erfolg. Auf einen Verschlimmerungsantrag aus 2012 und ein erfolgloses Verwaltungs- und Vorverfahren einigten sich die Beteiligten in einem sozialgerichtlichen Klageverfahren (S 5 SB 1064/12) nach Einholung von Befundberichten auf die Feststellung eines GdB von 40, den der Beklagte entsprechend mit Bescheid vom 07.10.2013 feststellte. Der Vergleich ging zurück auf den Hinweis der damaligen Vorsitzenden der zuständigen Kammer des Sozialgerichts, dass eine rheumatische Erkrankung, die sich im Bereich der Hände und der Füße äußere, vor dem Hintergrund der Einnierigkeit nicht ausreichend therapierbar sei. Auch wenn ein Einzel-GdB von 30 hierfür großzügig sei und die Einnierigkeit eigentlich nur einen Einzel-GdB von 25 bedinge, sei ein Gesamt-GdB von 40 eben angemessen. 2016 stellte die Klägerin einen weiteren erfolglosen Verschlimmerungsantrag. 4Am 08.11.2017 stellte die Klägerin den hier gegenständlichen Verschlimmerungsantrag und beantragte zugleich die Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen des Merkzeichens "G". Der Beklagte holte diverse Befundberichte und eine versorgungsärztliche Stellungnahme von Dr. L ein. Dieser führte aus, die Einnierigkeit und eine Funktionsstörung der Hände seien mit Einzel-GdB von jeweils 30 zu bewerten. Darüber hinaus lägen eine psychovegetative Störung/Migräne, eine Funktionsstörung der Wirbelsäule, eine periphere Nervenstörung, eine Funktionsstörung des rechten Schultergelenks und Schwindel/Ohrgeräusche vor, die jeweils mit Einzel-GdB von 10 zu bewerten seien. Der GdB betrage insgesamt weiter 40. Der Beklagte lehnte darauf den Antrag der Klägerin ab. Diese legte am 19.02.2018 Widerspruch ein, den die Bezirksregierung Münster mit Widerspruchsbescheid vom 07.03.2018 zurückwies. 5Am 22.03.2018 hat die Klägerin Klage erhoben. Sie hat vorgetragen, u.a. wegen der Versorgung der nierenkranken Tochter bestehe eine höhergradige psychische Erkrankung, die nunmehr im Vordergrund stehe. In den eingeholten Befundberichten werde ein entsprechender Verdacht geäußert. Sie sei allerdings nicht in psychiatrischer oder psychotherapeutischer Behandlung. Im Laufe des Verfahrens hat sie nur noch einen höheren GdB begehrt und die Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen des Merkzeichens "G" nicht mehr geltend gemacht 6Die Klägerin hat beantragt, den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 01.02.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.03.2018 zu verurteilen, bei ihr ab dem 08.11.2017 einen GdB von 50 festzustellen. Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Das Sozialgericht hat von Amts wegen diverse Behandlungsunterlagen beigezogen und ein Sachverständigengutachten aufgrund ambulanter Untersuchung des Facharztes für Nervenheilkunde, Facharzt für Physikalische und Rehabilitative Medizin, Spezielle Schmerztherapie Dr. Dr. X eingeholt. Dieser hat ausgeführt, es sei insofern eine Verschlimmerung eingetreten, als sich die Funktionseinschränkung der Fingergelenke infolge einer fortschreitenden Polyarthrose verschlimmert habe und es durch eine diabetogene sensible Polyneuropathie in Verbindung mit beiderseitigem Fersensporn zu einer Verschlechterung des Gangbildes gekommen sei. Der Verlust der Niere und die Funktionseinschränkung der Fingergelenke bedingten Einzel-GdB von jeweils 30, der Diabetes mellitus unter Einschluss der dadurch bedingten Polyneuropathie und des beidseitigen Fersensporns bedinge einen Einzel-GdB von 20. Der GdB insgesamt betrage 50, da keine Überschneidungen vorlägen. Die gesundheitlichen Voraussetzungen des Merkzeichens "G" lägen nicht vor. Für den Beklagten hat Dr. W zu den Befundberichten vorgetragen, aus diesen ergebe sich keine Einschränkung der Nierenfunktion. Die Beeinträchtigung der Finger und der Wirbelsäule bedinge jeweils nur Einzel-GdB von 10. Zum Gutachten von Dr. Dr. X hat sie vorgetragen, der Diabetes mellitus selbst bedinge keinen Einzel-GdB, da dieser lediglich mit Metformin behandelt werde. Die Folgeschäden im Sinne einer Polyneuropathie seien dem Funktionssystem der unteren Extremitäten zuzuordnen und bedingten isoliert einen Einzel-GdB von 10. Ein Einzel-GdB von 20 für die unteren Extremitäten sei auch unter Berücksichtigung des beidseitigen Fersensporns außergewöhnlich hoch. Insgesamt komme ein GdB von 50 nicht in Betracht, da aus der Einnierigkeit keine funktionellen Einschränkungen resultierten. Das Sozialgericht hat den Beklagten mit Urteil aufgrund mündlicher Verhandlung vom 09.05.2019 verurteilt, bei der Klägerin ab dem 08.11.2017 einen GdB von 50 festzustellen und die Hälfte ihrer außergerichtlichen Kosten zu tragen. Dr. Dr. X sei sowohl hinsichtlich der Einzel-GdB, als auch hinsichtlich des Gesamt-GdB zu folgen. Aus der Entscheidung des BSG vom 27.01.1976 (8 RU 264/74) sowie der Kommentierung von Wendler/Schillings folge, dass sich aus der Einnierigkeit durchaus Einschränkungen im Erwerbsleben ergäben und der Einzel-GdB erhöhend zu berücksichtigen sei. Der Beklagte hat gegen das ihm am 03.06.2019 zugestellte Urteil am 13.06.2019 Berufung eingelegt. Er trägt unter Vorlage versorgungsärztlicher Stellungnahmen von Dr. W vor, die Einnierigkeit sei mangels funktioneller Beeinträchtigungen nach den VMG nur mit einem Einzel-GdB von 25 zu bewerten. Die Notwendigkeit einer besonderen Schonung aufgrund der Einnierigkeit sei nicht belegt. Das vom Sozialgericht in Bezug genommene Urteil des BSG betreffe die gesetzliche Unfallversicherung. Hier seien dagegen die VMG maßgebend. Im Übrigen habe das BSG im dortigen Fall eine MdE von 20 v.H. angenommen. Die unteren Extremitäten seien nicht mit einem Einzel-GdB von 20 zu bewerten. Selbst wenn dies der Fall wäre, ergäben sich die maßgeblichen funktionellen Beeinträchtigungen eben nur aus denen der oberen und unteren Extremitäten, die zusammen nicht mit Katalogfällen eines GdB von 50 vergleichbar seien. Der Beklagte beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 09.05.2019 zu ändern und die Klage abzuweisen. Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Sie verweist auf das Gutachten von Dr. Dr. X und das angefochtene Urteil. Der Vorsitzende des Senats hat einen Antrag des Beklagten auf Aussetzung der Vollstreckung des angefochtenen Urteils mit Beschluss vom 10.07.2019 abgelehnt. Der Senat hat weitere Behandlungsunterlagen beigezogen und von Amts wegen ein Sachverständigengutachten der Fachärztin für Chirurgie, Sozialmedizin Dr. E aus C1 eingeholt. Zunächst ist eine Begutachtung aufgrund ambulanter Behandlung angeordnet worden. Die Klägerin hat mit Verweis auf eine Inkontinenzproblematik und Schmerzen im Beckenbereich infolge einer Anfang 2019 durchgeführten Descensus-Operation eine wohnortnähere Begutachtung begehrt und nach deren Ablehnung durch den Senat unter Vorlage eines Attests des Internisten Dr. H, wonach ein Krankentransport und eine Übernachtung am Ort der Begutachtung erforderlich seien, zunächst erklärt, sie benötige einen Liegendtransport. Später hat sie erklärt, es sei eine Anreise mittels eines Taxi erforderlich. Es sei ihr nicht zumutbar, Toiletten in Zügen zu nutzen. Nach Nachfrage des Senats bei Dr. H und Befragung von Dr. E nach Aktenlage hat der Senat darauf hingewiesen, dass die Notwendigkeit einer Anreise mittels Liegendtransport bzw. Taxi nicht glaubhaft gemacht sei und eine Begutachtung nach Aktenlage veranlasst. Dr. E hat zunächst ausgeführt, die Einnierigkeit bedinge nach den VMG einen Einzel-GdB von 25. Soweit zuletzt eine leichte Nierenfunktionsstörung beschrieben worden sei, sei diese derart geringfügig, dass eine Anhebung auf einen Einzel-GdB von 30 nicht gerechtfertigt sei. Die funktionellen Beeinträchtigungen der oberen Extremitäten und der unteren Extremitäten bedingten Einzel-GdB von jeweils schwach 20. Die dokumentierten Beeinträchtigungen im Bereich der Hände seien nicht vergleichbar mit dem Verlust zweier Finger einschließlich des Daumens. Hinsichtlich der unteren Extremitäten sähen die VMG einen Einzel-GdB von 20 vor bei Versteifung eines oberen Sprunggelenkes. Hinsichtlich der neurologischen Schäden sähen die VMG einen Einzel-GdB von 20 bei Ausfall des Nervus peronaeus superficialis vor. Hiermit sei die Gesamtheit der Beeinträchtigungen der unteren Extremitäten der Klägerin vergleichbar. Ein höherer Einzel-GdB, wie er etwa bei der Versteifung eines Kniegelenkes angenommen werde, käme aber keinesfalls in Betracht. Im Übrigen lägen in Übereinstimmung mit Dr. Dr. X keine weiteren Leiden vor, die einen Einzel-GdB von mindestens 20 rechtfertigten. Der GdB insgesamt betrage 40. Ob auch urologische Störungen vorlägen, sei aktuell nicht beurteilbar. Die Vorsitzende der im Verfahren S 5 SB 1064/12 zuständigen Kammer des Sozialgerichts sei unzutreffend von einer rheumatischen Erkrankung ausgegangen. Sie habe seinerzeit zudem einen Einzel-GdB von 30 für die Beeinträchtigung der Hände und der Füße zusammen angenommen. Nach erneuter Vorlage der Akten einschließlich zwischenzeitlich beigezogener Behandlungsunterlagen aus der Zeit nach der Descensus-Operation hat Dr.- E ausgeführt, ab Januar 2019 könne eine Belastungsinkontinenz Grad I-II angenommen und mit einem weiteren Einzel-GdB von 20 bewertet werden. Der GdB insgesamt betrage weiter 40. Die Klägerin hat angekündigt, einen Arzt nach § 109 SGG zu benennen. Der Senat hat darauf hingewiesen, dass eine Begutachtung nach § 109 SGG aufgrund ambulanter Untersuchung nicht in Betracht komme, da die Klägerin ohne einen wichtigen Grund glaubhaft gemacht zu haben an einer entsprechenden Begutachtung nach § 106 SGG nicht mitgewirkt habe. 7Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten, die Gerichtsakte des beigezogenen Gerichtsverfahrens S 5 SB 1064/12 und die beigezogene Verwaltungsakte des Beklagten Bezug genommen. 8Entscheidungsgründe: 9Der Senat entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs. 2 SGG. 10Die zulässige Berufung ist begründet. 11Das Sozialgericht hat der Klage zu Unrecht stattgegeben, da diese zwar zulässig, aber unbegründet ist. Die Klägerin ist durch die angefochtenen Bescheide nicht im Sinne von § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG beschwert, da diese rechtmäßig sind. Sie hat keinen Anspruch auf Feststellung eines GdB von 50. 12Rechtsgrundlage des angefochtenen Bescheides ist § 48 SGB X. Gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Eine wesentliche Änderung liegt im Schwerbehindertenrecht vor, wenn geänderte gesundheitliche Verhältnisse einen um 10 höheren oder niedrigeren GdB begründen (vgl. Teil A Nr. 7a Satz 1 VMG und etwa BSG, Urteil vom 17.04.2013 - B 9 SB 3/12 R, juris Rn. 26). Vergleichsmaßstab sind die Verhältnisse zum Zeitpunkt des Bescheides vom 07.10.2013. 13Im Vergleich der Verhältnisse am 07.10.2013 und denen im Zeitraum von der Antragstellung am 08.11.2017 bis zur Entscheidung des Senats ist eine wesentliche Änderung in diesem Sinne nicht eingetreten. Der GdB beträgt weiterhin nicht mehr als 40. 14Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX in der ab dem 01.01.2018 gültigen Fassung sind Menschen mit Behinderungen Menschen, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate hindern können. Die Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft werden als GdB nach Zehnergraden abgestuft festgestellt, § 152 Abs. 1 Satz 5 SGB IX in der ab dem 01.01.2018 gültigen Fassung (zuvor § 69 Abs. 1 Satz 5 SGB IX). Nach § 241 Abs. 5 SGB IX in der ab dem 01.01.2018 gültigen Fassung (zuvor § 159 Abs. 7 SGB IX) gelten - in Ermangelung einer Verordnung nach § 153 Abs. 2 SGB IX - die Maßstäbe des § 30 Abs. 1 des BVG und der auf Grund des § 30 Abs. 16 des BVG erlassenen Rechtsverordnungen - insbesondere Anlage 2 zur Versorgungsmedizinverordnung (Versorgungsmedizinische Grundsätze - VMG) - entsprechend und zwar im Gesetzesrang (vgl. BSG, Urteil vom 24.10.2019 - B 9 SB 1/18 R, juris Rn. 12 a.E.). 15Die Bemessung des (Gesamt-)GdB ist in drei Schritten vorzunehmen und grundsätzlich tatrichterliche Aufgabe (vgl. BSG, Beschluss vom 09.12.2010 - B 9 SB 35/10 B, juris Rn. 5 m.w.N.). In einem ersten Schritt sind unter Heranziehung ärztlichen Fachwissens die einzelnen, nicht nur vorübergehenden Gesundheitsstörungen im Sinne von regelwidrigen, von der Norm abweichenden Zuständen gemäß § 2 Abs. 1 SGB IX und die sich daraus ableitenden Teilhabebeeinträchtigungen festzustellen. In einem zweiten Schritt sind diese den in den VMG genannten Funktionssystemen zuzuordnen und mit einem Einzel-GdB zu bewerten. In einem dritten Schritt ist dann, in der Regel ausgehend von der Beeinträchtigung mit dem höchsten Einzel-GdB, in einer Gesamtschau unter Berücksichtigung der wechselseitigen Beziehungen der einzelnen Beeinträchtigungen der maßgebliche (Gesamt-)GdB zu bilden (vgl. BSG, Urteil vom 30.09.2009 - B 9 SB 4/08 R, juris Rn. 18 m.w.N.). Außerdem sind nach Teil A Nr. 3b VMG bei der Gesamtwürdigung die Auswirkungen mit denjenigen zu vergleichen, für die in der Tabelle der VMG feste GdB-Werte angegeben sind (vgl. BSG, Urteil vom 02.12.2010 - B 9 SB 4/10 R, juris Rn. 25; vgl. zum Ganzen auch LSG NRW, Urteil vom 29.06.2012 - L 13 SB 127/11, juris Rn. 42 ff. und daran anschließend BSG, Beschluss vom 17.04.2013 - B 9 SB 69/12 B, juris Rn. 8 ff.). 16Die Klägerin leidet an dauerhaften und für die Bildung des GdB relevanten Erkrankungen im Bereich der Funktionssysteme Harnorgane, Arme und Beine. Die darüber hinaus vorliegenden Erkrankungen insbesondere im Bereich der Funktionssysteme Gehirn einschließlich Psyche, Rumpf, Stoffwechsel und innere Sekretion bedingen nach übereinstimmenden Beurteilungen der gehörten Sachverständigen und des Beklagten keinen Einzel-GdB von mehr als 10 und sind damit nach Teil A Nr. 3.d.ee Satz 1 VMG mangels Vorliegens von Ausnahmefällen für die Bildung des Gesamt-GdB nicht relevant. Die Klägerin ist dem nicht substantiiert entgegengetreten. 17Im Bereich des Funktionssystems Harnorgane leidet die Klägerin zum einen an einer Einnierigkeit, die als solche nach Teil B Nr. 12.1.1 VMG mit einem Einzel-GdB von 25 zu bewerten ist. Da es sich nicht um das einzige Leiden handelt, ist eine Aufrundung auf einen GdB von 30 nicht geboten (Wendler/Schillings, VMG, 9. Aufl. 2018, S. 25; vgl. auch Urteil des Senats vom 30.01.2015 - L 13 SB 381/13, juris Rn. 21). Eine Bewertung mit einem GdB von 30 ergibt sich auch nicht aus einem krankhaften Befund der verbliebenen Niere. Nach den überzeugenden versorgungsärztlichen Stellungnahmen lag ein solcher krankhafter Befund bis zuletzt nicht vor. Soweit das MVZ Herford-Bünde in seinem Bericht vom 22.08.2019 erstmals eine "geringfügig eingeschränkte Nierenfunktion" angibt, führt Dr. E überzeugend aus, dass lediglich geringfügige Urinveränderungen beschrieben werden, die eine Anhebung nicht rechtfertigen. 18Ebenfalls dem Funktionssystem Harnorgane ist die 2019 hinzugetretene Blasenentleerungsstörung bzw. Harninkontinenz zuzurechnen. Blasenentleerungsstörungen leichten Grades bedingen gemäß Teil B Nr. 12.2.2 VMG einen GdB von 10. Bei stärkeren Störungen, die etwa bei Notwendigkeit manueller Entleerung, Anwendung eines Blasenschrittmachers, erheblicher Restharnbildung, schmerzhaftem Harnlassen angenommen werden, ist ein GdB von 20-40 anzusetzen. Gemäß Teil B Nr. 12.2.4 VMG bedingt eine relative Harninkontinenz mit leichtem Harnabgang bei Belastung einen GdB von 0-10, bei Harnabgang tags und nachts im Sinne einer Stressinkontinenz Grad II-III einen GdB von 20-40. Im Entlassungsbericht des UKM vom 05.10.2019 heißt es, anamnestisch bestehe eine Belastungsinkontinenz Grad I-II, die aber nicht objektivierbar gewesen sei und eine neurogene Blasenentleerungsstörung. Auch wenn die Inkontinenz dort nicht objektivierbar war und selbst nach den Angaben der Klägerin lediglich zwischen Grad I und II anzusiedeln ist, kann unter Berücksichtigung der Blasenentleerungsstörung und eines sekundären Beckenschmerzsyndroms entsprechend den Ausführungen von Dr. E ein Einzel-GdB von 20 angenommen werden. 19Dr. E führt diese beiden Werte zu einem Einzel-GdB von 30 für das Funktionssystem Harnorgane zusammen. Der Senat lässt dahinstehen, ob dies angesichts des Fehlens funktioneller Beeinträchtigungen infolge der Einnierigkeit zutreffend ist (s. dazu sogleich im Rahmen der Gesamt-GdB-Bildung). 20Im Bereich der oberen Extremitäten besteht neben einer von Dr. Dr. X als endgradig beschriebenen Einschränkung der Beweglichkeit der rechten Schulter insbesondere eine Beeinträchtigung der Hände aufgrund arthrotischer Veränderungen und nachgelagert auch aufgrund sensibler Beeinträchtigungen. In den Berichten verschiedener Behandler wurde eine Einschränkung des Faustschlusses bis zu 1cm angegeben. Dr. Dr. X sah eine deutliche Kraftminderung beim Faustschluss. Ihm gegenüber gab die Klägerin allerdings auch an, weiterhin zu nähen, etwa Gardinen und Kreuzworträtsel zu lösen. Dr. E führt überzeugend aus, dass bei diesem Befund keine Vergleichbarkeit mit Katalogfällen für einen GdB von 30 im Bereich der Hände gegeben ist. Nach Teil B Nr. 18.13 VMG ist ein GdB von 30 im Bereich der Hände erst vorgesehen bei Verlust zweier Finger einschließlich eines Daumens oder der Versteifung eines Handgelenkes in ungünstiger Stellung. 21Im Bereich der unteren Extremitäten finden sich funktionelle Beeinträchtigungen durch das Zusammenwirken von arthrotischen Veränderungen, Fersensporn und sensiblen Beeinträchtigungen in Folge der diabetogenen Polyneuropathie, die sich nach den Ausführungen von Dr. Dr. X in einem etwas schleifenden Gangbild äußern. Sowohl Dr. Dr. X, als auch Dr. E bewerten dies mit einem Einzel-GdB von 20. Eine Vergleichbarkeit mit einem vollständigen Ausfall des Nervus tibialis oder einer Versteifung des oberen und unteren Sprunggelenkes in günstiger Stellung, die nach Teil B Nr. 18.14 VMG jeweils erst einen Einzel-GdB von 30 erlauben, liegt danach nicht vor. 22Auch wenn das Funktionssystem Harnorgane mit einem Einzel-GdB von 30 zu bewerten und als das führende Leiden anzusehen sein sollte, wird dieser Wert durch die beiden Einzel-GdB von 20 für Arme und Beine nicht auf 50 erhöht. Zwar betreffen diese drei Einzel-GdB unterschiedliche Funktionssysteme und es liegt auch keine Überschneidung der funktionellen Auswirkungen vor. Die Funktionsbeeinträchtigungen verstärken sich aber auch nicht gegenseitig. Laut Dr. E sind die Einzel-GdB von 20 eher schwache Werte, was gegen ihre erhöhende Wirkung spricht. 23Entscheidend ist aus Sicht des Senats, dass die Einnierigkeit praktisch zu keinen funktionellen Beeinträchtigungen führt. Dass bei Einnierigkeit gefährliche Sportarten oder vergleichbare körperliche Tätigkeiten vermieden werden sollten, fällt praktisch kaum ins Gewicht (vgl. Urteil des Senats vom 30.01.2015 - L 13 SB 381/13, juris Rn. 28). Die Klägerin schildert passend hierzu auch keine Beeinträchtigungen aufgrund der Einnierigkeit. Allein die Vergabe eines Wertes von 25 in den VMG führt nicht zwangsläufig zu einer erhöhenden Wirkung. Das Urteil des BSG vom 27.01.1976 (8 RU 264/74) führt zu keinem anderen Ergebnis. Zum einen erging es zum Recht der gesetzlichen Unfallversicherung. Zum anderen wird dort als Mindestsatz eine MdE von lediglich 20 v.H. angenommen. Entscheidend ist aber, dass es im dortigen Fall allein um ein einzelnes Leiden und nicht um die Beurteilung mehrerer Leiden in ihrer Gesamtheit ging. Wendler/Schillings (a.a.O, S. 272) leiten aus dem Urteil des BSG zwar ab, dass eine Einnierigkeit erhöhend wirke, solange die Auswirkungen der übrigen Gesundheitsstörungen die des Nierenverlustes nicht völlig in den Hintergrund treten ließen. Abgesehen davon, dass die Annahme einer grundsätzlich erhöhenden Wirkung nicht überzeugt und aus dem Urteil des BSG auch nicht folgt, lässt die Beschwerdeschilderung der Klägerin aber gerade die Annahme zu, dass die Folgen der Einnierigkeit bei ihr keine Rolle spielen. 24Schließlich lässt der abschließend gebotene Gesamtvergleich die Annahme eines GdB von 50 nicht zu. Die VMG sehen einen GdB von 50 etwa bei folgenden Einzelleiden vor: Nierenfunktionseinschränkung mittleren Grades (Teil B Nr. 12.1.3), völlige Harninkontinenz (Teil B Nr. 12.2.4), Verlust der ganzen Hand (Teil B Nr. 18.13) oder Verlust eines Beines im Unterschenkel (Teil B Nr. 18.14 VMG). Hiermit ist die Gesamtheit der funktionellen Beeinträchtigungen der Klägerin, die maßgeblich unter eher leichten Beeinträchtigungen im Bereich der Hände und Füße sowie Blasenentleerungsstörungen leidet und selbständig ihren Haushalt führt, nicht vergleichbar. 25Eine weitere Sachaufklärung von Amts wegen in Form der Einholung eines weiteren Gutachtens durch einen Arzt in Wohnortnähe der Klägerin ist nicht erforderlich. Der Klägerin war es nach den überzeugenden Ausführungen von Dr. E möglich und zumutbar, zu der zunächst angeordneten persönlichen Untersuchung in C1 zu erscheinen. Da sie dies nicht getan hat, war die gerichtliche Sachaufklärungspflicht beschränkt (vgl. Schmidt, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Aufl. 2020, § 103 Rn. 16). Die Mitwirkung an einer Begutachtung aufgrund ambulanter Untersuchung gehört zu den prozessualen Mitwirkungspflichten im Sozialgerichtsprozess (vgl. Schmidt, a.a.O., Rn. 14a). Die Klägerin hat nicht glaubhaft gemacht, dass ihr eine Anreise nach C1 nicht möglich bzw. zumutbar war. Sie hat insbesondere geltend gemacht, aufgrund der Inkontinenzsymptomatik regelmäßig eine Toilette aufsuchen zu müssen. Die Nutzung von Toiletten in Zügen sei ihr aber nicht möglich. Außerdem bestünden Beckenschmerzen infolge der Descensus-Operation, die längeres Sitzen verhinderten. Die Anreise vom Wohnort der Klägerin bis zum Sitz der Sachverständigen dauert bei Nutzung eines KfZ laut google maps gut zwei Stunden pro Strecke. Von dem neben dem Wohnort der Klägerin liegenden C2 fährt ein Zug in ca. eineinhalb Stunden bis C1. Gerade wenn längeres Sitzen für die Klägerin ein Problem darstellte, wäre eine Anreise mit öffentlichen Verkehrsmitteln, in denen sie jederzeit aufstehen könnte, vorzugswürdig gewesen. Dass die Nutzung von Toiletten in Zügen nicht zumutbar sein sollte, ist nicht überzeugend. Die Bescheinigung des behandelnden Arztes Dr. H enthielt keine Begründung. Auf ausdrückliche Nachfrage des Senats wollte der Arzt sich nicht weiter äußern. Gegen die Glaubhaftigkeit der Angaben der Klägerin und von Dr. H sprechen zudem die sich teils widersprechenden und wechselhaften Angaben. Laut Dr. H sollten ein Liegendtransport und eine Übernachtung am Begutachtungsort erforderlich sein. Die Klägerin schränkte dies direkt dahingehend ein, dass nur ein Liegendtransport notwendig sei. Später machte sie nur noch die Notwendigkeit einer Anreise mittels eines Taxis geltend. 26Dem zwischenzeitlich gestellten Antrag auf Einholung eines Gutachtens aufgrund ambulanter Untersuchung nach § 109 SGG war nicht stattzugeben. Abgesehen davon, dass die Klägerin keinen konkreten Arzt benannt und den Antrag mit bzw. nach Zustimmung zur Entscheidung ohne mündliche Verhandlung nicht ausdrücklich aufrecht erhalten hat (vgl. hierzu jeweils Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Aufl. 2020, § 109 Rn. 4 und Leitherer, ebda., § 160 Rn. 18c), ist bei Nichtmitwirkung an einer Begutachtung aufgrund ambulanter Untersuchung nach § 106 SGG ohne wichtigen Grund auch kein entsprechendes Gutachten nach § 109 SGG zuzulassen (so auch LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 14.12.2018 - L 8 R 2569/17, juris Rn. 39; LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 11.12.2019 - L 13 SB 4/19, juris Rn. 38; Pitz in: jurisPK-SGG, Stand: 28.02.2019, § 109 SGG Rn. 33.1; Mushoff in:, jurisPK-SGG, Stand: 11.11.2020, § 103 SGG Rn. 38.1; Roller, in: Berchtold, SGG, 6. Aufl. 2021, § 109 Rn. 23). 27Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. 28Anlass, die Revision nach § 160 Abs. 2 SGG zuzulassen, besteht nicht.
auf die berufung des beklagten wird das urteil des sozialgerichts detmold vom 09.05.2019 geändert und die klage abgewiesen. außergerichtliche kosten der klägerin sind in beiden rechtszügen nicht zu erstatten. die revision wird nicht zugelassen. 1
2die beteiligten streiten um die feststellung eines grades der behinderung (gdb) von 50. 3die am 00.00.1956 geborene klägerin ist seit 1989 geschieden und mutter einer tochter, der sie 1999 eine niere spendete. das versorgungsamt c stellte deswegen bei ihr 2002 einen gdb von 30 fest. verschlimmerungsanträge in 2005 und 2007 blieben ohne erfolg. auf einen verschlimmerungsantrag aus 2012 und ein erfolgloses verwaltungs- und vorverfahren einigten sich die beteiligten in einem sozialgerichtlichen klageverfahren (s 5 sb 1064/12) nach einholung von befundberichten auf die feststellung eines gdb von 40, den der beklagte entsprechend mit bescheid vom 07.10.2013 feststellte. der vergleich ging zurück auf den hinweis der damaligen vorsitzenden der zuständigen kammer des sozialgerichts, dass eine rheumatische erkrankung, die sich im bereich der hände und der füße äußere, vor dem hintergrund der einnierigkeit nicht ausreichend therapierbar sei. auch wenn ein einzel-gdb von 30 hierfür großzügig sei und die einnierigkeit eigentlich nur einen einzel-gdb von 25 bedinge, sei ein gesamt-gdb von 40 eben angemessen. 2016 stellte die klägerin einen weiteren erfolglosen verschlimmerungsantrag. 4am 08.11.2017 stellte die klägerin den hier gegenständlichen verschlimmerungsantrag und beantragte zugleich die feststellung der gesundheitlichen voraussetzungen des merkzeichens "g". der beklagte holte diverse befundberichte und eine versorgungsärztliche stellungnahme von dr. l ein. dieser führte aus, die einnierigkeit und eine funktionsstörung der hände seien mit einzel-gdb von jeweils 30 zu bewerten. darüber hinaus lägen eine psychovegetative störung/migräne, eine funktionsstörung der wirbelsäule, eine periphere nervenstörung, eine funktionsstörung des rechten schultergelenks und schwindel/ohrgeräusche vor, die jeweils mit einzel-gdb von 10 zu bewerten seien. der gdb betrage insgesamt weiter 40. der beklagte lehnte darauf den antrag der klägerin ab. diese legte am 19.02.2018 widerspruch ein, den die bezirksregierung münster mit widerspruchsbescheid vom 07.03.2018 zurückwies. 5am 22.03.2018 hat die klägerin klage erhoben. sie hat vorgetragen, u.a. wegen der versorgung der nierenkranken tochter bestehe eine höhergradige psychische erkrankung, die nunmehr im vordergrund stehe. in den eingeholten befundberichten werde ein entsprechender verdacht geäußert. sie sei allerdings nicht in psychiatrischer oder psychotherapeutischer behandlung. im laufe des verfahrens hat sie nur noch einen höheren gdb begehrt und die feststellung der gesundheitlichen voraussetzungen des merkzeichens "g" nicht mehr geltend gemacht 6die klägerin hat beantragt, den beklagten unter aufhebung des bescheides vom 01.02.2018 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 07.03.2018 zu verurteilen, bei ihr ab dem 08.11.2017 einen gdb von 50 festzustellen. der beklagte hat beantragt, die klage abzuweisen. das sozialgericht hat von amts wegen diverse behandlungsunterlagen beigezogen und ein sachverständigengutachten aufgrund ambulanter untersuchung des facharztes für nervenheilkunde, facharzt für physikalische und rehabilitative medizin, spezielle schmerztherapie dr. dr. x eingeholt. dieser hat ausgeführt, es sei insofern eine verschlimmerung eingetreten, als sich die funktionseinschränkung der fingergelenke infolge einer fortschreitenden polyarthrose verschlimmert habe und es durch eine diabetogene sensible polyneuropathie in verbindung mit beiderseitigem fersensporn zu einer verschlechterung des gangbildes gekommen sei. der verlust der niere und die funktionseinschränkung der fingergelenke bedingten einzel-gdb von jeweils 30, der diabetes mellitus unter einschluss der dadurch bedingten polyneuropathie und des beidseitigen fersensporns bedinge einen einzel-gdb von 20. der gdb insgesamt betrage 50, da keine überschneidungen vorlägen. die gesundheitlichen voraussetzungen des merkzeichens "g" lägen nicht vor. für den beklagten hat dr. w zu den befundberichten vorgetragen, aus diesen ergebe sich keine einschränkung der nierenfunktion. die beeinträchtigung der finger und der wirbelsäule bedinge jeweils nur einzel-gdb von 10. zum gutachten von dr. dr. x hat sie vorgetragen, der diabetes mellitus selbst bedinge keinen einzel-gdb, da dieser lediglich mit metformin behandelt werde. die folgeschäden im sinne einer polyneuropathie seien dem funktionssystem der unteren extremitäten zuzuordnen und bedingten isoliert einen einzel-gdb von 10. ein einzel-gdb von 20 für die unteren extremitäten sei auch unter berücksichtigung des beidseitigen fersensporns außergewöhnlich hoch. insgesamt komme ein gdb von 50 nicht in betracht, da aus der einnierigkeit keine funktionellen einschränkungen resultierten. das sozialgericht hat den beklagten mit urteil aufgrund mündlicher verhandlung vom 09.05.2019 verurteilt, bei der klägerin ab dem 08.11.2017 einen gdb von 50 festzustellen und die hälfte ihrer außergerichtlichen kosten zu tragen. dr. dr. x sei sowohl hinsichtlich der einzel-gdb, als auch hinsichtlich des gesamt-gdb zu folgen. aus der entscheidung des bsg vom 27.01.1976 (8 ru 264/74) sowie der kommentierung von wendler/schillings folge, dass sich aus der einnierigkeit durchaus einschränkungen im erwerbsleben ergäben und der einzel-gdb erhöhend zu berücksichtigen sei. der beklagte hat gegen das ihm am 03.06.2019 zugestellte urteil am 13.06.2019 berufung eingelegt. er trägt unter vorlage versorgungsärztlicher stellungnahmen von dr. w vor, die einnierigkeit sei mangels funktioneller beeinträchtigungen nach den vmg nur mit einem einzel-gdb von 25 zu bewerten. die notwendigkeit einer besonderen schonung aufgrund der einnierigkeit sei nicht belegt. das vom sozialgericht in bezug genommene urteil des bsg betreffe die gesetzliche unfallversicherung. hier seien dagegen die vmg maßgebend. im übrigen habe das bsg im dortigen fall eine mde von 20 v.h. angenommen. die unteren extremitäten seien nicht mit einem einzel-gdb von 20 zu bewerten. selbst wenn dies der fall wäre, ergäben sich die maßgeblichen funktionellen beeinträchtigungen eben nur aus denen der oberen und unteren extremitäten, die zusammen nicht mit katalogfällen eines gdb von 50 vergleichbar seien. der beklagte beantragt, das urteil des sozialgerichts detmold vom 09.05.2019 zu ändern und die klage abzuweisen. die klägerin beantragt, die berufung zurückzuweisen. sie verweist auf das gutachten von dr. dr. x und das angefochtene urteil. der vorsitzende des senats hat einen antrag des beklagten auf aussetzung der vollstreckung des angefochtenen urteils mit beschluss vom 10.07.2019 abgelehnt. der senat hat weitere behandlungsunterlagen beigezogen und von amts wegen ein sachverständigengutachten der fachärztin für chirurgie, sozialmedizin dr. e aus c1 eingeholt. zunächst ist eine begutachtung aufgrund ambulanter behandlung angeordnet worden. die klägerin hat mit verweis auf eine inkontinenzproblematik und schmerzen im beckenbereich infolge einer anfang 2019 durchgeführten descensus-operation eine wohnortnähere begutachtung begehrt und nach deren ablehnung durch den senat unter vorlage eines attests des internisten dr. h, wonach ein krankentransport und eine übernachtung am ort der begutachtung erforderlich seien, zunächst erklärt, sie benötige einen liegendtransport. später hat sie erklärt, es sei eine anreise mittels eines taxi erforderlich. es sei ihr nicht zumutbar, toiletten in zügen zu nutzen. nach nachfrage des senats bei dr. h und befragung von dr. e nach aktenlage hat der senat darauf hingewiesen, dass die notwendigkeit einer anreise mittels liegendtransport bzw. taxi nicht glaubhaft gemacht sei und eine begutachtung nach aktenlage veranlasst. dr. e hat zunächst ausgeführt, die einnierigkeit bedinge nach den vmg einen einzel-gdb von 25. soweit zuletzt eine leichte nierenfunktionsstörung beschrieben worden sei, sei diese derart geringfügig, dass eine anhebung auf einen einzel-gdb von 30 nicht gerechtfertigt sei. die funktionellen beeinträchtigungen der oberen extremitäten und der unteren extremitäten bedingten einzel-gdb von jeweils schwach 20. die dokumentierten beeinträchtigungen im bereich der hände seien nicht vergleichbar mit dem verlust zweier finger einschließlich des daumens. hinsichtlich der unteren extremitäten sähen die vmg einen einzel-gdb von 20 vor bei versteifung eines oberen sprunggelenkes. hinsichtlich der neurologischen schäden sähen die vmg einen einzel-gdb von 20 bei ausfall des nervus peronaeus superficialis vor. hiermit sei die gesamtheit der beeinträchtigungen der unteren extremitäten der klägerin vergleichbar. ein höherer einzel-gdb, wie er etwa bei der versteifung eines kniegelenkes angenommen werde, käme aber keinesfalls in betracht. im übrigen lägen in übereinstimmung mit dr. dr. x keine weiteren leiden vor, die einen einzel-gdb von mindestens 20 rechtfertigten. der gdb insgesamt betrage 40. ob auch urologische störungen vorlägen, sei aktuell nicht beurteilbar. die vorsitzende der im verfahren s 5 sb 1064/12 zuständigen kammer des sozialgerichts sei unzutreffend von einer rheumatischen erkrankung ausgegangen. sie habe seinerzeit zudem einen einzel-gdb von 30 für die beeinträchtigung der hände und der füße zusammen angenommen. nach erneuter vorlage der akten einschließlich zwischenzeitlich beigezogener behandlungsunterlagen aus der zeit nach der descensus-operation hat dr.- e ausgeführt, ab januar 2019 könne eine belastungsinkontinenz grad i-ii angenommen und mit einem weiteren einzel-gdb von 20 bewertet werden. der gdb insgesamt betrage weiter 40. die klägerin hat angekündigt, einen arzt nach § 109 sgg zu benennen. der senat hat darauf hingewiesen, dass eine begutachtung nach § 109 sgg aufgrund ambulanter untersuchung nicht in betracht komme, da die klägerin ohne einen wichtigen grund glaubhaft gemacht zu haben an einer entsprechenden begutachtung nach § 106 sgg nicht mitgewirkt habe. 7die beteiligten haben sich mit einer entscheidung ohne mündliche verhandlung einverstanden erklärt. wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf die gerichtsakten, die gerichtsakte des beigezogenen gerichtsverfahrens s 5 sb 1064/12 und die beigezogene verwaltungsakte des beklagten bezug genommen. 8
9der senat entscheidet mit einverständnis der beteiligten ohne mündliche verhandlung gemäß § 124 abs. 2 sgg. 10die zulässige berufung ist begründet. 11das sozialgericht hat der klage zu unrecht stattgegeben, da diese zwar zulässig, aber unbegründet ist. die klägerin ist durch die angefochtenen bescheide nicht im sinne von § 54 abs. 2 satz 1 sgg beschwert, da diese rechtmäßig sind. sie hat keinen anspruch auf feststellung eines gdb von 50. 12rechtsgrundlage des angefochtenen bescheides ist § 48 sgb x. gemäß § 48 abs. 1 satz 1 sgb x ist, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen verhältnissen, die beim erlass eines verwaltungsaktes mit dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche änderung eintritt, der verwaltungsakt mit wirkung für die zukunft aufzuheben. eine wesentliche änderung liegt im schwerbehindertenrecht vor, wenn geänderte gesundheitliche verhältnisse einen um 10 höheren oder niedrigeren gdb begründen (vgl. teil a nr. 7a satz 1 vmg und etwa bsg, urteil vom 17.04.2013 - b 9 sb 3/12 r, juris rn. 26). vergleichsmaßstab sind die verhältnisse zum zeitpunkt des bescheides vom 07.10.2013. 13im vergleich der verhältnisse am 07.10.2013 und denen im zeitraum von der antragstellung am 08.11.2017 bis zur entscheidung des senats ist eine wesentliche änderung in diesem sinne nicht eingetreten. der gdb beträgt weiterhin nicht mehr als 40. 14nach § 2 abs. 1 satz 1 sgb ix in der ab dem 01.01.2018 gültigen fassung sind menschen mit behinderungen menschen, die körperliche, seelische, geistige oder sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten barrieren an der gleichberechtigten teilhabe an der gesellschaft mit hoher wahrscheinlichkeit länger als sechs monate hindern können. die auswirkungen auf die teilhabe am leben in der gesellschaft werden als gdb nach zehnergraden abgestuft festgestellt, § 152 abs. 1 satz 5 sgb ix in der ab dem 01.01.2018 gültigen fassung (zuvor § 69 abs. 1 satz 5 sgb ix). nach § 241 abs. 5 sgb ix in der ab dem 01.01.2018 gültigen fassung (zuvor § 159 abs. 7 sgb ix) gelten - in ermangelung einer verordnung nach § 153 abs. 2 sgb ix - die maßstäbe des § 30 abs. 1 des bvg und der auf grund des § 30 abs. 16 des bvg erlassenen rechtsverordnungen - insbesondere anlage 2 zur versorgungsmedizinverordnung (versorgungsmedizinische grundsätze - vmg) - entsprechend und zwar im gesetzesrang (vgl. bsg, urteil vom 24.10.2019 - b 9 sb 1/18 r, juris rn. 12 a.e.). 15die bemessung des (gesamt-)gdb ist in drei schritten vorzunehmen und grundsätzlich tatrichterliche aufgabe (vgl. bsg, beschluss vom 09.12.2010 - b 9 sb 35/10 b, juris rn. 5 m.w.n.). in einem ersten schritt sind unter heranziehung ärztlichen fachwissens die einzelnen, nicht nur vorübergehenden gesundheitsstörungen im sinne von regelwidrigen, von der norm abweichenden zuständen gemäß § 2 abs. 1 sgb ix und die sich daraus ableitenden teilhabebeeinträchtigungen festzustellen. in einem zweiten schritt sind diese den in den vmg genannten funktionssystemen zuzuordnen und mit einem einzel-gdb zu bewerten. in einem dritten schritt ist dann, in der regel ausgehend von der beeinträchtigung mit dem höchsten einzel-gdb, in einer gesamtschau unter berücksichtigung der wechselseitigen beziehungen der einzelnen beeinträchtigungen der maßgebliche (gesamt-)gdb zu bilden (vgl. bsg, urteil vom 30.09.2009 - b 9 sb 4/08 r, juris rn. 18 m.w.n.). außerdem sind nach teil a nr. 3b vmg bei der gesamtwürdigung die auswirkungen mit denjenigen zu vergleichen, für die in der tabelle der vmg feste gdb-werte angegeben sind (vgl. bsg, urteil vom 02.12.2010 - b 9 sb 4/10 r, juris rn. 25; vgl. zum ganzen auch lsg nrw, urteil vom 29.06.2012 - l 13 sb 127/11, juris rn. 42 ff. und daran anschließend bsg, beschluss vom 17.04.2013 - b 9 sb 69/12 b, juris rn. 8 ff.). 16die klägerin leidet an dauerhaften und für die bildung des gdb relevanten erkrankungen im bereich der funktionssysteme harnorgane, arme und beine. die darüber hinaus vorliegenden erkrankungen insbesondere im bereich der funktionssysteme gehirn einschließlich psyche, rumpf, stoffwechsel und innere sekretion bedingen nach übereinstimmenden beurteilungen der gehörten sachverständigen und des beklagten keinen einzel-gdb von mehr als 10 und sind damit nach teil a nr. 3.d.ee satz 1 vmg mangels vorliegens von ausnahmefällen für die bildung des gesamt-gdb nicht relevant. die klägerin ist dem nicht substantiiert entgegengetreten. 17im bereich des funktionssystems harnorgane leidet die klägerin zum einen an einer einnierigkeit, die als solche nach teil b nr. 12.1.1 vmg mit einem einzel-gdb von 25 zu bewerten ist. da es sich nicht um das einzige leiden handelt, ist eine aufrundung auf einen gdb von 30 nicht geboten (wendler/schillings, vmg, 9. aufl. 2018, s. 25; vgl. auch urteil des senats vom 30.01.2015 - l 13 sb 381/13, juris rn. 21). eine bewertung mit einem gdb von 30 ergibt sich auch nicht aus einem krankhaften befund der verbliebenen niere. nach den überzeugenden versorgungsärztlichen stellungnahmen lag ein solcher krankhafter befund bis zuletzt nicht vor. soweit das mvz herford-bünde in seinem bericht vom 22.08.2019 erstmals eine "geringfügig eingeschränkte nierenfunktion" angibt, führt dr. e überzeugend aus, dass lediglich geringfügige urinveränderungen beschrieben werden, die eine anhebung nicht rechtfertigen. 18ebenfalls dem funktionssystem harnorgane ist die 2019 hinzugetretene blasenentleerungsstörung bzw. harninkontinenz zuzurechnen. blasenentleerungsstörungen leichten grades bedingen gemäß teil b nr. 12.2.2 vmg einen gdb von 10. bei stärkeren störungen, die etwa bei notwendigkeit manueller entleerung, anwendung eines blasenschrittmachers, erheblicher restharnbildung, schmerzhaftem harnlassen angenommen werden, ist ein gdb von 20-40 anzusetzen. gemäß teil b nr. 12.2.4 vmg bedingt eine relative harninkontinenz mit leichtem harnabgang bei belastung einen gdb von 0-10, bei harnabgang tags und nachts im sinne einer stressinkontinenz grad ii-iii einen gdb von 20-40. im entlassungsbericht des ukm vom 05.10.2019 heißt es, anamnestisch bestehe eine belastungsinkontinenz grad i-ii, die aber nicht objektivierbar gewesen sei und eine neurogene blasenentleerungsstörung. auch wenn die inkontinenz dort nicht objektivierbar war und selbst nach den angaben der klägerin lediglich zwischen grad i und ii anzusiedeln ist, kann unter berücksichtigung der blasenentleerungsstörung und eines sekundären beckenschmerzsyndroms entsprechend den ausführungen von dr. e ein einzel-gdb von 20 angenommen werden. 19dr. e führt diese beiden werte zu einem einzel-gdb von 30 für das funktionssystem harnorgane zusammen. der senat lässt dahinstehen, ob dies angesichts des fehlens funktioneller beeinträchtigungen infolge der einnierigkeit zutreffend ist (s. dazu sogleich im rahmen der gesamt-gdb-bildung). 20im bereich der oberen extremitäten besteht neben einer von dr. dr. x als endgradig beschriebenen einschränkung der beweglichkeit der rechten schulter insbesondere eine beeinträchtigung der hände aufgrund arthrotischer veränderungen und nachgelagert auch aufgrund sensibler beeinträchtigungen. in den berichten verschiedener behandler wurde eine einschränkung des faustschlusses bis zu 1cm angegeben. dr. dr. x sah eine deutliche kraftminderung beim faustschluss. ihm gegenüber gab die klägerin allerdings auch an, weiterhin zu nähen, etwa gardinen und kreuzworträtsel zu lösen. dr. e führt überzeugend aus, dass bei diesem befund keine vergleichbarkeit mit katalogfällen für einen gdb von 30 im bereich der hände gegeben ist. nach teil b nr. 18.13 vmg ist ein gdb von 30 im bereich der hände erst vorgesehen bei verlust zweier finger einschließlich eines daumens oder der versteifung eines handgelenkes in ungünstiger stellung. 21im bereich der unteren extremitäten finden sich funktionelle beeinträchtigungen durch das zusammenwirken von arthrotischen veränderungen, fersensporn und sensiblen beeinträchtigungen in folge der diabetogenen polyneuropathie, die sich nach den ausführungen von dr. dr. x in einem etwas schleifenden gangbild äußern. sowohl dr. dr. x, als auch dr. e bewerten dies mit einem einzel-gdb von 20. eine vergleichbarkeit mit einem vollständigen ausfall des nervus tibialis oder einer versteifung des oberen und unteren sprunggelenkes in günstiger stellung, die nach teil b nr. 18.14 vmg jeweils erst einen einzel-gdb von 30 erlauben, liegt danach nicht vor. 22auch wenn das funktionssystem harnorgane mit einem einzel-gdb von 30 zu bewerten und als das führende leiden anzusehen sein sollte, wird dieser wert durch die beiden einzel-gdb von 20 für arme und beine nicht auf 50 erhöht. zwar betreffen diese drei einzel-gdb unterschiedliche funktionssysteme und es liegt auch keine überschneidung der funktionellen auswirkungen vor. die funktionsbeeinträchtigungen verstärken sich aber auch nicht gegenseitig. laut dr. e sind die einzel-gdb von 20 eher schwache werte, was gegen ihre erhöhende wirkung spricht. 23entscheidend ist aus sicht des senats, dass die einnierigkeit praktisch zu keinen funktionellen beeinträchtigungen führt. dass bei einnierigkeit gefährliche sportarten oder vergleichbare körperliche tätigkeiten vermieden werden sollten, fällt praktisch kaum ins gewicht (vgl. urteil des senats vom 30.01.2015 - l 13 sb 381/13, juris rn. 28). die klägerin schildert passend hierzu auch keine beeinträchtigungen aufgrund der einnierigkeit. allein die vergabe eines wertes von 25 in den vmg führt nicht zwangsläufig zu einer erhöhenden wirkung. das urteil des bsg vom 27.01.1976 (8 ru 264/74) führt zu keinem anderen ergebnis. zum einen erging es zum recht der gesetzlichen unfallversicherung. zum anderen wird dort als mindestsatz eine mde von lediglich 20 v.h. angenommen. entscheidend ist aber, dass es im dortigen fall allein um ein einzelnes leiden und nicht um die beurteilung mehrerer leiden in ihrer gesamtheit ging. wendler/schillings (a.a.o, s. 272) leiten aus dem urteil des bsg zwar ab, dass eine einnierigkeit erhöhend wirke, solange die auswirkungen der übrigen gesundheitsstörungen die des nierenverlustes nicht völlig in den hintergrund treten ließen. abgesehen davon, dass die annahme einer grundsätzlich erhöhenden wirkung nicht überzeugt und aus dem urteil des bsg auch nicht folgt, lässt die beschwerdeschilderung der klägerin aber gerade die annahme zu, dass die folgen der einnierigkeit bei ihr keine rolle spielen. 24schließlich lässt der abschließend gebotene gesamtvergleich die annahme eines gdb von 50 nicht zu. die vmg sehen einen gdb von 50 etwa bei folgenden einzelleiden vor: nierenfunktionseinschränkung mittleren grades (teil b nr. 12.1.3), völlige harninkontinenz (teil b nr. 12.2.4), verlust der ganzen hand (teil b nr. 18.13) oder verlust eines beines im unterschenkel (teil b nr. 18.14 vmg). hiermit ist die gesamtheit der funktionellen beeinträchtigungen der klägerin, die maßgeblich unter eher leichten beeinträchtigungen im bereich der hände und füße sowie blasenentleerungsstörungen leidet und selbständig ihren haushalt führt, nicht vergleichbar. 25eine weitere sachaufklärung von amts wegen in form der einholung eines weiteren gutachtens durch einen arzt in wohnortnähe der klägerin ist nicht erforderlich. der klägerin war es nach den überzeugenden ausführungen von dr. e möglich und zumutbar, zu der zunächst angeordneten persönlichen untersuchung in c1 zu erscheinen. da sie dies nicht getan hat, war die gerichtliche sachaufklärungspflicht beschränkt (vgl. schmidt, in: meyer-ladewig/keller/leitherer/schmidt, sgg, 13. aufl. 2020, § 103 rn. 16). die mitwirkung an einer begutachtung aufgrund ambulanter untersuchung gehört zu den prozessualen mitwirkungspflichten im sozialgerichtsprozess (vgl. schmidt, a.a.o., rn. 14a). die klägerin hat nicht glaubhaft gemacht, dass ihr eine anreise nach c1 nicht möglich bzw. zumutbar war. sie hat insbesondere geltend gemacht, aufgrund der inkontinenzsymptomatik regelmäßig eine toilette aufsuchen zu müssen. die nutzung von toiletten in zügen sei ihr aber nicht möglich. außerdem bestünden beckenschmerzen infolge der descensus-operation, die längeres sitzen verhinderten. die anreise vom wohnort der klägerin bis zum sitz der sachverständigen dauert bei nutzung eines kfz laut google maps gut zwei stunden pro strecke. von dem neben dem wohnort der klägerin liegenden c2 fährt ein zug in ca. eineinhalb stunden bis c1. gerade wenn längeres sitzen für die klägerin ein problem darstellte, wäre eine anreise mit öffentlichen verkehrsmitteln, in denen sie jederzeit aufstehen könnte, vorzugswürdig gewesen. dass die nutzung von toiletten in zügen nicht zumutbar sein sollte, ist nicht überzeugend. die bescheinigung des behandelnden arztes dr. h enthielt keine begründung. auf ausdrückliche nachfrage des senats wollte der arzt sich nicht weiter äußern. gegen die glaubhaftigkeit der angaben der klägerin und von dr. h sprechen zudem die sich teils widersprechenden und wechselhaften angaben. laut dr. h sollten ein liegendtransport und eine übernachtung am begutachtungsort erforderlich sein. die klägerin schränkte dies direkt dahingehend ein, dass nur ein liegendtransport notwendig sei. später machte sie nur noch die notwendigkeit einer anreise mittels eines taxis geltend. 26dem zwischenzeitlich gestellten antrag auf einholung eines gutachtens aufgrund ambulanter untersuchung nach § 109 sgg war nicht stattzugeben. abgesehen davon, dass die klägerin keinen konkreten arzt benannt und den antrag mit bzw. nach zustimmung zur entscheidung ohne mündliche verhandlung nicht ausdrücklich aufrecht erhalten hat (vgl. hierzu jeweils keller, in: meyer-ladewig/keller/leitherer/schmidt, sgg, 13. aufl. 2020, § 109 rn. 4 und leitherer, ebda., § 160 rn. 18c), ist bei nichtmitwirkung an einer begutachtung aufgrund ambulanter untersuchung nach § 106 sgg ohne wichtigen grund auch kein entsprechendes gutachten nach § 109 sgg zuzulassen (so auch lsg baden-württemberg, urteil vom 14.12.2018 - l 8 r 2569/17, juris rn. 39; lsg niedersachsen-bremen, urteil vom 11.12.2019 - l 13 sb 4/19, juris rn. 38; pitz in: jurispk-sgg, stand: 28.02.2019, § 109 sgg rn. 33.1; mushoff in:, jurispk-sgg, stand: 11.11.2020, § 103 sgg rn. 38.1; roller, in: berchtold, sgg, 6. aufl. 2021, § 109 rn. 23). 27die kostenentscheidung beruht auf § 193 sgg. 28anlass, die revision nach § 160 abs. 2 sgg zuzulassen, besteht nicht.
Verklagte*r
0
344,418
7 K 3145/20
2022-03-15T00:00:00
Urteil
Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht das beklagte Land vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. 1Tatbestand: 2Die Kläger wenden sich gegen die Anordnung der C. E. zur Durchführung mikrobiologischer Untersuchungen auf Legionellen der wasserführenden Behandlungseinheiten ihrer Zahnarztpraxis. 3Am 00.00.0000 fand eine Begehung der zahnärztlichen Praxisräume der Kläger zur Überprüfung der Einhaltung medizinproduktrechtlicher Vorschriften durch den Sachverständigen Dr. O. statt. Eine mikrobiologische Wasseruntersuchung der zahnärztlichen Betriebseinheiten konnten die Kläger ausweislich des Inspektionsberichts vom 00.00.0000 nicht vorlegen. 4Dazu teilte der Kläger zu 1. dem Gutachter mit Schreiben vom 00.00.0000 mit, dass die Untersuchung auf Legionellen nach den Angaben des Robert Koch-Instituts im jährlichen Intervall sinnvoll erscheine. Aus dieser Formulierung eine Verpflichtung herzuleiten, „erscheine“ ihm sehr weit hergeholt. Die Behandlungseinheiten unterlägen strengen Wartungsintervallen und seien mit Entkeimungsanlagen ausgestattet. Eine weitere Überprüfung „erscheine“ daher nicht sinnvoll. 5Herr Dr. O. teilte den Klägern daraufhin mit Schreiben vom 00.00.0000 mit, dass die C. E. mit der Einschätzung des Robert Koch-Instituts übereinstimme und daher eine mindestens jährlich durchzuführende Testung als Nachweis für eine nicht vorhandene Kontamination des Wassers zusammen mit der mindestens einmal jährlich durchzuführenden Prüfung der KBE bei 36°C verlange. Er bitte entsprechende Nachweise zu erbringen. 6Mit Schreiben vom 00.00.0000 forderte die C. E. die Kläger unter Fristsetzung auf, für jede Behandlungseinheit in der Praxis die Ergebnisse einer mikrobiologischen Prüfung auf Legionellen vorzulegen. 7Dies lehnten die Kläger mit Schreiben vom 00.00.0000 ab. 8Nach Anhörung wies die C. E. die Kläger mit Bescheiden vom 00.00.0000 - jeweils zugestellt am 00.00.0000 - an, für jede Behandlungseinheit ihrer Zahnarztpraxis eine mikrobiologische Untersuchung auf Legionellen durch ein für Wasseruntersuchung nachweislich geeignetes Fachlabor, z.B. eine nach § 15 Abs. 4 TrinkwV zugelassene Untersuchungsstelle, durchführen zu lassen und spätestens bis zum 00.00.0000 das Ergebnis der jeweiligen Untersuchung vorzulegen (Ziffer 1). Zudem drohte sie den Klägern im Falle der Zuwiderhandlung ein Zwangsgeld in Höhe von jeweils 1.000 Euro pro Behandlungseinheit an (Ziffer 2). Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus, dass Rechtsgrundlage für die Anordnung der Durchführung von mikrobiologischen Untersuchungen der wasserführenden Systeme der zahnärztlichen Behandlungseinheiten §§ 26, 28 Abs. 1 und 2 Medizinproduktegesetz (MPG) und § 14 MPG i.V.m. § 4 Abs. 1 und 6 Medizinprodukte-Betreiberverordnung (MPBetreibV) seien. Die C. E. sei danach als zuständige Behörde befugt, alle erforderlichen Maßnahmen zum Schutz der Gesundheit und zur Sicherheit von Patienten, Anwendern und Dritten vor Gefahren durch Medizinprodukte zu treffen. Im Falle einer drohenden Gefahr für die öffentliche Gesundheit, Sicherheit oder Ordnung sei sie insbesondere befugt, die Inbetriebnahme, das Betreiben, die Anwendung von Medizinprodukten zu untersagen, zu beschränken oder von der Einhaltung bestimmter Auflagen abhängig zu machen. Eine drohende Gefahr für die öffentliche Gesundheit, Sicherheit und Ordnung bestehe, wenn diese mehr als allgemein üblich gefährdet würden. Als Betreiber und Anwender unterlägen die Kläger der Überwachung der C. . Konstruktionsbedingt (z.B. komplexes verzweigtes Leitungssystem, Stagnation des eingespeisten Wassers, Ablagerungen im Leitungssystem) könne es in zahnärztlichen Behandlungseinheiten zur Biofilmbildung an den inneren Wandungen der Wasser führenden Systeme kommen, wodurch sich die mikrobiologische Wasserqualität verschlechtere. Biofilme bildeten eine komplexe Lebensgemeinschaft unterschiedlicher Mikroorganismen. Eine besondere Eigenschaft von Biofilmen sei ihre geringe Sensivität gegen Desinfektionsmittel, Mikroorganismen würden daher nur teilweise abgetötet. Das Zersetzungsmaterial werde von den lebenden Mikroorganismen als Nährstoff aufgenommen. Insgesamt könnten sich in solchen Systemen und unter derartigen Bedingungen eine Vielzahl von Bakterien (z.B. Legionellen), Pilzen und Protozoen ansiedeln. Neben diesem systembedingten Gefahrenherd könne das Betriebswasser auch über Patienten retrograd kontaminiert werden durch Blut und Sekret. Aus diesem Grunde müsse das Wasser an den Entnahmestellen der Dentaleinheiten nachweislich von unbedenklicher mikrobiologischer Qualität sein, da wasserführende Systeme in zahnärztlichen Behandlungseinheiten besonders anfällig für die Besiedlung mit unterschiedlichen Mikroorganismen seien. Es seien Maßnahmen erforderlich, um einer mikrobiellen Kontamination entgegenzuwirken. Die Gebrauchsanweisung des Geräteherstellers, sicherheitsbezogene Informationen und Instandhaltungshinweise seien zu beachten. Eine installierte Entkeimungsanlage und ausgiebige regelmäßige Spülvorgänge trügen zur Risikoverringerung bei. Der Nachweis jedoch, ob die vorstehend genannten technischen und organisatorischen Maßnahmen zu dem in infektionspräventiver Hinsicht erforderlichen Resultat, nämlich Wasser in angemessener mikrobiologischer Qualität für die Anwendung am Patienten zu führen, erfolge durch die Untersuchung der Parameter Gesamtkeimzahl und Legionellen entsprechend der Mitteilung der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention (KRINKO) beim Robert Koch-Institut („Infektionsprävention in der Zahnheilkunde“). Entsprechend hoch sei die Gefährdung, wenn das Betriebswasser von zahnärztlichen Behandlungseinheiten nicht regelmäßig kontrolliert werde. Wenn es optisch oder olfaktorisch auffällig werde, sei es schon viel zu spät. Nur durch vorsorgende Kontrollen könne diesem Problem begegnet werden. Entgegen der Auffassung der Kläger handele es sich bei der Mitteilung der KRINKO nicht um eine bloße Empfehlung, deren Beachtung im Ermessen des Betreibers einer medizinischen Einrichtung liege. Vielmehr hätten Betreiber einer Zahnarztpraxis nach § 23 Abs. 3 Infektionsschutzgesetz (IfSG) sicherzustellen, dass sie nach dem Stand der medizinischen Wissenschaft erforderliche Maßnahmen getroffen würden, um nosokomiale Infektionen zu verhüten. Der Nachweis, ob die vorstehend genannten technischen und organisatorischen Maßnahmen zu dem in infektionspräventiver Hinsicht erforderlichen Resultaten führten, erfolge durch die Untersuchung i.S.d. o.g. Mitteilung. Dieser Fachstandard des Robert Koch-Instituts sei auch in medizinprodukterechtlicher Hinsicht einzuhalten. Medizinprodukte dürften nach § 14 MPG nicht betrieben und angewendet werden, wenn sie Mängel aufwiesen, durch die Patienten gefährdet werden könnten. Neben der technisch einwandfreien Beschaffenheit müsse auch das an der Behandlungseinheit zum Einsatz kommende Betriebswasser in mikrobiologischer Hinsicht von einwandfreier Beschaffenheit sein, um vermeidbare Gefährdungen von Patienten zu begegnen. Mögliche Gefährdungen durch Legionellen seien in der wissenschaftlichen Literatur und in den fachlichen Veröffentlichungen des Robert Koch-Instituts umfangreich beschrieben („Robert Koch-Institut-Ratgeber Legionellose“). Legionellen fänden im warmen Wasser gute Wachstumsbedingungen vor und gelangten in der Regel durch das Einatmen eines fein zerstäubten Wassernebels (Aerosol) in den menschlichen Körper, wo sie z.B. eine schwere Pneumonie hervorrufen könnten. Gefährdet seien insbesondere vulnerable Patientengruppen, z.B. ältere Menschen oder immunsupprimierte Patienten. Bei zahnärztlichen Behandlungen mit Anwendung von Wasser (z.B. Kühl- oder Spraywasser) entstünden Aerosole, die vom Patienten eingeatmet würden. Das Praxispersonal könne sich durch Tragen von Masken während der Behandlung schützen, der Patient hingegen nicht. Insofern sei über die technischen und betrieblich-organisatorischen Maßnahmen hinaus eine regelmäßige mikrobiologische Kontrolle des Betriebswassers von zahnärztlichen Behandlungseinheiten erforderlich, um einen ggf. vorliegenden Mangel der Wasserqualität überhaupt zu erkennen und die unverzüglich erforderlichen Maßnahmen zur Beseitigung des Mangels ergreifen zu können. Wenn in einer Zahnarztpraxis risikominimierende Maßnahmen umgesetzt würden, wie z.B. die regelmäßige ordnungsgemäße Instandhaltung der Dentaleinheiten sowie der Betrieb von Desinfektionsanlagen und keine Anhaltspunkte für Mängel vorlägen, werde dem Rechnung getragen, indem Kontrollen des Betriebswassers alle 12 Monate als ausreichend angesehen würden. Diese Zeitspanne sei jedoch nur dann anzunehmen, wenn es keine Anhaltspunkte für Mängel gebe; in diesem Falle sei umgehend zu reagieren. Ein vollständiges Entfallen der mikrobiologischen Wasseruntersuchungen sei in der o.g. Mitteilung der KRINKO jedoch nicht vorgesehen. Dies erkläre sich dadurch, dass selbst bei gut gewarteten Behandlungseinheiten das Betriebswasser nicht keimfrei sei. Vielmehr seien Richtwerte definiert, bei deren Überschreitung eine ausgedehnte Biofilmbesiedlung anzunehmen und aus Gründen des vorbeugenden Gesundheitsschutzes unverzüglich zu reagieren sei. Daher seien regelmäßige mikrobiologische Kontrollen des Betriebswassers der Dentaleinheiten in Bezug auf die Gesamtkeimzahl und Legionellen unverzichtbar. Auch wenn über einen längeren Zeitraum bei jährlichen Wasseruntersuchungen keine Mängel festgestellt worden seien, könne dies nicht dazu führen, künftig auf die Wasseruntersuchung zu verzichten und darauf zu vertrauen, dass die Richtwerte auch zukünftig nicht überschritten würden. In diesem Falle würde eine Patientengefährdung zumindest billigend in Kauf genommen. Zudem zeige die langfähige Erfahrung - der C. E. - bei der Inspektion von Zahnarztpraxen, dass auffällige Werte des Betriebswassers jederzeit auch bei bisher unauffälligen Überprüfungen auftreten könnten. Der Eingriff in das Recht, weiterhin die Behandlungseinheiten ohne vorhergehende mikrobiologische Untersuchung nutzen zu können, sei deutlich weniger intensiv als der mögliche Eingriff in das Recht der Patienten auf körperliche Unversehrtheit. Das öffentliche Interesse an einem größtmöglichen Schutz vor Infektionsrisiken überwiege das wirtschaftliche Interesse, von der Umsetzung dieser Verfügung und den damit verbundenen Kosten, die sich auf etwa 70 Euro zuzüglich Mehrwertsteuer pro Behandlungseinheit beliefen, verschont zu bleiben. Ein milderes gleichwohl geeignetes Mittel sei nicht vorhanden. 9Der Kläger zu 1. hat am 00.00.0000 für alle drei Inhaber der als GbR geführten Gemeinschaftspraxis Klage erhoben. Die Kläger zu 2. und 3. haben am 00.00.0000 eine unterschriebene Klage eingereicht. 10Zur Begründung machen die Kläger im Wesentlichen geltend, dass es keine rechtsverbindliche Regelung gebe, aus der sich die Forderung nach einer Wasserbeprobung ohne konkrete Verdachtsmomente auf eine wasserbedingte Infektionsgefahr herleiten lasse. Ein konkreter Verdacht liege unstreitig nicht vor. Es handele sich also um eine rein prophylaktische Maßnahme. 11Das Thema sei seit Jahren in der Diskussion. Leitlinien zu den „hygienischen Anforderungen an das Wasser in zahnärztlichen Behandlungseinheiten“ seien zwar in Arbeit, allerdings noch nicht in Kraft getreten. Allgemeingültige, rechtlich verbindliche Regelungen für alle Zahnarztpraxen fehlten, in denen u.a. geregelt werde an welchen Stellen in der Praxis Proben zu entnehmen seien, welche Personen zur Probeentnahme berechtigt seien und wie Entkeimungsanlagen zu bewerten seien. 12Sie hätten in ihrer Praxis der Verhütung und Weiterverbreitung nosokomialer Infektionen besondere Aufmerksamkeit geschenkt. Im eigenen Interesse hätten sie mehrfach in den vergangenen Jahren Wasserproben auswerten lassen. Aufgrund dieser Ergebnisse kämen sie zu dem Schluss, dass regelmäßige Proben beim technischen Stand ihrer Wasserinstallation nicht nötig seien. Sie hätten den gesetzlichen Anforderungen genüge getan. So seien in ihrer Praxis am 00.00.0000 und am 00.00.0000 ausweislich der vorliegenden Untersuchungsberichte gezielt Wasserproben entnommen und ausgewertet worden. 13Ihre zahnärztlichen Behandlungseinheiten seien mit einer Entkeimungsanlage ausgestattet. Dabei handele es sich um serienmäßig vom Hersteller installierte Bestandteile. Entkeimungsanlagen reduzierten die Keimzahl zuverlässig auf Null, d.h. es gebe keine Keime im für die Patientenbehandlung verwendeten Wasser. Störungen der Funktion würden im Display angezeigt, oder die Anlage schalte sich aufgrund der Störung automatisch ab. Die Effektivität der Anlage hätten sie mehrfach an verschiedenen Stellen überprüft, in all den Proben hätten sich keine Keime befunden. Jährliche Keimzahlbestimmungen seien damit faktisch sinnlos. 14Bei der Bewertung der entstehenden Kosten für Hygienemaßnahmen seien die Gesamtzahl der Maßnahmen und die daran anknüpfenden Kosten zu berücksichtigen. Diese seien selbst für große Praxen zu einem relevanten Kostenfaktor geworden. 15Die Kläger beantragen - z.T. schriftsätzlich, 16die Bescheide vom 00.00.0000 aufzuheben. 17Das beklagte Land beantragt, 18die Klage abzuweisen. 19Die Gefahr, deren Abwehr Grund für die Anordnung der Untersuchung des Betriebswassers der Behandlungseinheiten auf Legionellen sei, ergebe sich aus den Verstößen gegen § 14 Satz 2 MPG a.F. bzw. § 11 Satz 1 Medizinprodukterecht-Durchführungsgesetz (MPDG) i.V.m. § 4 Abs. 1 MPBetreibV. Der Mangel liege darin, dass die zahnärztlichen Behandlungseinheiten nicht nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik betrieben würden. Denn ein solcher Betrieb erfordere eine regelmäßige Untersuchung des Betriebswassers der Behandlungseinheit auf Legionellen. Die allgemein anerkannten Regeln der Technik seien u.a. in Ziffer 5 der Empfehlung „Infektionsprävention in der Zahnheilkunde - Anforderungen an die Hygiene“ der KRINKO über „Wasser führende Systeme“ beschrieben. Zwar werde diese Empfehlung nicht fortgeführt, sie könne nach den Angaben auf der Homepage des Robert Koch-Instituts aber weiterhin als Referenz angesehen werden. 20Die Verwendung von Entkeimungsanlagen stelle keine Besonderheit dar. Sie könnten mikrobiologisch die Qualität des zugeführten Wassers verbessern und daher das Risiko für Verkeimungen in den komplex aufgebauten Behandlungseinheiten vermindern. Sie führten aber nicht dazu, dass allein dadurch z.B. die Bildung der gefürchteten Biofilme in der Anlage mit der Abgabe von Legionellen in das Betriebswasser verhindert werden könne. Durch eine Entkeimungsanlage werde weder steriles Wasser erzeugt noch seien die Systeme, die das Betriebswasser führten, steril. Eine geringe Keimbelastung (nicht mit Legionellen) befinde sich auch in mikrobiologisch einwandfreiem Betriebswasser, wie z.B. die Untersuchung aus dem Jahr 2018 in Ziffer 3 zur Behandlungseinheit 4 und Ziffer 6 zur Behandlungseinheit 1 belege. 21Legionellen seien ubiquitär vorhanden, sodass sie in jede Anlage gelangen könnten; kritisch daran sei die Gefahr einer Vermehrung in der Anlage. Die ordnungsgemäße Qualität des Betriebswassers hänge dabei nicht allein von der Qualität des zugeführten Wassers ab, sondern von verschiedenen Bedingungen unter denen die betriebsführenden Systeme der Behandlungseinheit betrieben würden, wie z.B. Alterung von Plastikmaterialien, Reinigung, Desinfektion, Spülung, möglicher Rückfluss, Wartung, Standzeiten. 22Die 0000 und 0000 vorgenommenen mikrobiologischen Untersuchungen umfassten lediglich ein Minimalprogramm. Es falle negativ auf, dass die Beprobung im Abstand von drei Jahren durchgeführt worden sei, die Proben jeweils an derselben Entnahmestelle gezogen worden seien und eine Beprobung der Behandlungseinheit 5 fehle. Die Behauptungen, dass die Entkeimungsanlagen die Keimzahl zuverlässig auf null reduziere, die Effizienz der Anlagen durch mehrfach an verschiedenen Stellen geprüft worden seien und sich in den Proben keine Keime befunden hätten, sei (daher) nicht zutreffend. 23Über eine automatische Erkennung von Keimwachstum verfügten die Behandlungseinheiten nicht, sodass insbesondere eine Verkeimung „im Display“ nicht angezeigt werde und damit unerkannt bleibe. Die jährliche Wartung und Funktionsprüfung der Behandlungseinheiten bleibe unvollständig, da über die mikrobiologische Qualität des Betriebswassers nur durch entsprechende Untersuchungen nach den allgemeinen Regeln der Technik eine zuverlässige Aussage über den mikrobiologischen Zustand der wasserführenden Systeme getroffenen werden könne. 24Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie des beigezogenen Verwaltungsvorgangs der C. . 25Entscheidungsgründe: 26Die Klage hat keinen Erfolg. Sie ist jedenfalls unbegründet. Die angefochtenen Bescheide vom 12. November 2020 sind rechtmäßig und verletzen die Kläger nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. 271. Die Anordnung der C. E. zur Durchführung mikrobiologischer Untersuchungen bei allen wasserführenden Behandlungseinheiten in der Zahnarztpraxis der Kläger ist rechtmäßig und verletzt diese nicht in ihren Rechten. 28Gemäß § 26 Abs. 2 Sätze 1 bis 4 MPG in der bis zum 25. Mai 2021 geltenden Fassung (a.F.) hat sich die zuständige Behörde u.a. davon zu überzeugen, dass die Vorschriften über Medizinprodukte beachtet werden. Sie prüft in angemessenem Umfang unter besonderer Berücksichtigung möglicher Risiken, ob die Voraussetzungen zum Inverkehrbringen, zur Inbetriebnahme, zum Errichten, Betreiben und Anwenden erfüllt sind. Satz 2 gilt entsprechend für die Überwachung von klinischen Prüfungen und von Leistungsbewertungsprüfungen sowie für die Überwachung der Aufbereitung von Medizinprodukten, die bestimmungsgemäß keimarm oder steril angewendet werden. Die zuständige Behörde ergreift die Maßnahmen, die notwendig sind, um festgestellte Verstöße zu beseitigen und künftigen Verstößen vorzubeugen. Nach § 28 Abs. 1 MPG a.F. trifft die nach diesem Gesetz zuständige Behörde alle erforderlichen Maßnahmen zum Schutze der Gesundheit und zur Sicherheit von Patienten, Anwendern und Dritten vor Gefahren durch Medizinprodukte, soweit nicht das Atomgesetz oder eine darauf gestützte Rechtsverordnung für Medizinprodukte, die ionisierende Strahlen erzeugen oder radioaktive Stoffe enthalten, für die danach zuständige Behörde entsprechende Befugnisse vorsieht. Die zuständige Behörde ist gemäß § 28 Abs. 2 Sätze 1 und 2 MPG a.F. insbesondere befugt, Anordnungen, auch über die Schließung des Betriebs oder der Einrichtung, zu treffen, soweit es zur Abwehr einer drohenden Gefahr für die öffentliche Gesundheit, Sicherheit oder Ordnung geboten ist. Sie kann das Inverkehrbringen, die Inbetriebnahme, das Betreiben, die Anwendung der Medizinprodukte sowie den Beginn oder die weitere Durchführung der klinischen Prüfung oder der Leistungsbewertungsprüfung untersagen, beschränken oder von der Einhaltung bestimmter Auflagen abhängig machen oder den Rückruf oder die Sicherstellung der Medizinprodukte anordnen. 29§ 14 MPG a.F. bestimmt, dass Medizinprodukte nur nach Maßgabe der Rechtsverordnung gemäß § 37 Abs. 5 MPG betrieben und angewendet werden. Medizinprodukte dürfen nicht betrieben und angewendet werden, wenn sie Mängel aufweisen, durch die Patienten, Beschäftigte oder Dritte gefährdet werden können. 30Das Medizinproduktegesetz wurde durch Gesetz vom 28. April 2020 (BGBl I S. 960) in der Fassung des Gesetzes vom 19. Mai 2020 (BGBl I S. 1018) mit Wirkung vom 26. Mai 2021 weitestgehend aufgehoben. An seine Stelle sind nunmehr die Regelungen der Medizinprodukteverordnung (Verordnung (EU) 2017/745 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 05.04.2017 über Medizinprodukte, zur Änderung der Richtlinie 2001/83/EG, der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 und der Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 und zur Aufhebung der Richtlinien 90/385/EWG und 93/42/EWG des Rates in der Fassung der Verordnung (EU) 2020/561 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23.04.2020 zur Änderung der Verordnung (EU) 2017/745 über Medizinprodukte hinsichtlich des Geltungsbeginns einiger ihrer Regelungen - Medical Devices Regulation - MDR, im Folgenden: Medizinprodukteverordnung) sowie des Gesetzes zur Durchführung unionsrechtlicher Vorschriften betreffend Medizinprodukte (Medizinprodukterecht-Durchführungsgesetz - MPDG) getreten. 31Gemäß § 77 Abs. 2 Satz 1 MPDG hat sich die zuständige Behörde u.a. davon zu überzeugen, dass die medizinproduktrechtlichen Vorschriften beachtet werden. Nach § 78 Abs. 1 Satz 1 MPDG ergreift die zuständige Behörde unbeschadet der Vorschriften der Verordnung (EU) 2017/745 zur Marktüberwachung und des § 74 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 MPDG die Maßnahmen, die notwendig sind, um einen Verstoß zu beseitigen und künftigen Verstößen vorzubeugen. Sie ist insbesondere befugt Anordnungen zu treffen, die zur Abwehr einer drohenden Gefahr für die öffentliche Gesundheit, Sicherheit oder Ordnung geboten sind (§ 78 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 MPDG). 32§ 11 MPDG bestimmt, dass Produkte und Produkte nach § 2 Abs. 2 MPDG nicht betrieben oder angewendet werden dürfen, wenn sie Mängel aufweisen, durch die Patienten, Beschäftigte oder Dritte gefährdet werden können. Produkte und Produkte nach § 2 Abs. 2 MPDG dürfen nur nach Maßgabe der Rechtsverordnung nach § 88 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 MPDG betrieben und angewendet werden. 33Auf der Grundlage der vormals in § 37 MPG, jetzt in § 88 MPDG enthaltenen Ermächtigungen ist u.a. die Verordnung über das Errichten, Betreiben und Anwenden von Medizinprodukten (Medizinprodukte-Betreiberverordnung - MPBetreibV) ergangen, die weiterhin Bestand hat. 34Vgl. Häberle, in: Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, 237 EL. Juli 2021, M 60. Medizinproduktegesetz, Vorbemerkungen Rn. 8. 35Nach § 4 Abs. 1 MPBetreibV dürfen Medizinprodukte nur ihrer Zweckbestimmung entsprechend und nach den Vorschriften dieser Verordnung sowie den allgemein anerkannten Regeln der Technik betrieben und angewendet werden. 36Zunächst muss nicht entschieden werden, ob maßgebliche Rechtsgrundlage das Medizinproduktegesetz in der bis zum 25. Mai 2021 geltenden Fassung ist oder die im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung geltenden Regelungen des Medizinprodukterecht-Durchführungsgesetzes sowie der Medizinprodukteverordnung ist. 37Vgl. zum maßgeblichen Zeitpunkt z.B.: Nds. OVG, Beschluss vom 29. September 2017 - 13 LA 4/16 -, juris m.w.N.; VG Köln, Urteil vom 29. November 2016 - 7 K 1587/15 -, juris. 38Jedenfalls wäre ein Austausch der Ermächtigungsgrundlage zulässig, weil die Vorschriften mit dem Schutz der Gesundheit und der Sicherheit von Patienten, Anwendern und sonstigen Personen („Dritten“) vor Gefahren durch Medizinprodukte identische Ziele verfolgen und zudem eine deutliche strukturelle Gleichheit aufweisen. Tatbestandsvoraussetzungen und Rechtsfolgen stimmen im Wesentlichen überein. 39Vgl. dazu auch: OVG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 23. September 2021 - 3 MB 22/21 -, juris Rn. 13. 40Sachlich und örtlich zuständige Behörde ist weiterhin die C. E. , vgl. § 1 Abs. 1 Verordnung über die Zuständigkeiten im Humanarzneimittel-, Medizinprodukte- und Apothekenwesen sowie auf dem Gebiet des Schutzes vor nichtionisierender Strahlung bei der Anwendung am Menschen Vom 25. Januar 2022 (GV. NRW. 2022 S. 100) und § 1 Abs. 2 Verordnung über Zuständigkeiten im Arzneimittelwesen und nach dem Medizinproduktegesetz vom 11. Dezember 1990 (GV. NRW. S. 659), die zuletzt durch Artikel 2 der Verordnung vom 16. März 2021 (GV. NRW. S. 304) geändert worden ist, i.V.m. § 5 Abs. 3 des Landesorganisationsgesetzes NRW sowie § 4 Abs. 1 Ordnungsbehördengesetz NRW. 41Ebenso haben sich die Erkenntnisse zu den allgemein anerkannten Regeln der Technik über den Betrieb und die Anwendung von Medizinprodukten seit Erlass der Ordnungsverfügung vom 12. November 2020 nicht geändert. 42Dies vorangestellt hält die Anordnung in Ziffer 1 des streitgegenständlichen Bescheids der C. E. einer inhaltlichen Kontrolle stand. Sie ist hinreichend bestimmt (a.). Zudem sind die Tatbestandsvoraussetzungen für den Erlass der Anordnung erfüllt (b.), Ermessensfehler liegen nicht vor (c.). 43a. Die Anordnung zur Durchführung mikrobiologischer Untersuchungen der wasserführenden Behandlungseinheiten in der Zahnarztpraxis der Kläger ist inhaltlich hinreichend bestimmt, § 37 Abs. 1 VwVfG NRW. Aus dem Tenor der Verfügung lässt sich eindeutig erlesen, dass „jede“ Behandlungseinheit speziell auf „Legionellen“ untersucht werden soll, und zwar von einem „Fachlabor“, z.B. einer nach § 15 Abs. 4 TrinkwV zugelassenen Untersuchungsstelle. Jedenfalls nach Klarstellung in der mündlichen Verhandlung ist auch unzweifelhaft, dass eine Beprobung - unter Berücksichtigung der geltenden wissenschaftlichen Standards - nur an einer Zapfstelle pro Behandlungseinheit erforderlich ist. 44b. Die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Anordnung der C. E. zur Durchführung mikrobiologischer Untersuchungen auf Legionellen aller wasserführenden Behandlungseinheiten der Zahnarztpraxis liegen vor. 45Bei zahnärztlichen Behandlungseinheiten wird Wasser über die Behandlungseinheit zur Kühlung der Instrumente oder als Spülflüssigkeit für und durch den Patienten verwendet. 46Die zahnärztliche Behandlungseinheit einschließlich des innen befindlichen Betriebswassers sind unzweifelhaft Medizinprodukte, vgl. §§ 2, 3 MPG a.F. bzw. §§ 2 Abs. 1, 3 Nr. 1 MPDG i.V.m. Art. 2 Nr. 1 Medizinprodukteverordnung. Die Trinkwasserverordnung ist dagegen nicht anwendbar (§ 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 TrinkwV), es handelt sich bei dem Wasser um sog. Betriebswasser. Die Kläger sind auch Betreiber, denen die Pflicht obliegt, ein sicheres und ordnungsgemäßes Anwenden der in ihrer Gesundheitseinrichtung am Patienten eingesetzten Medizinprodukte zu gewährleisten, vgl. §§ 2 Abs. 2, 3 Abs. 1 MPBetreibV. 47Die Anordnung dient der Abwehr einer drohenden Gefahr für die öffentliche Sicherheit. Der Begriff der öffentlichen Sicherheit umfasst den Schutz zentraler Rechtsgüter wie Leben, Gesundheit, Freiheit, Ehre, Eigentum und Vermögen des einzelnen sowie die Unversehrtheit der Rechtsordnung und der staatlichen Einrichtungen. Eine „Gefahr“ (im polizeirechtlichen Sinne) bezeichnet eine Lage, in der bei ungehindertem Ablauf des Geschehens ein Zustand oder ein Verhalten mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu einem Schaden hinsichtlich der einschlägigen Schutzgüter führen würde. 48Vgl. Wagner, in: Rehmann/Wagner, 3. Auflage 2018, MPG, § 28 Rn. 13; Webel, in: Bergmann/Pauge/Steinmeyer, Gesamtes Medizinrecht, MPG, 3. Auflage 2018, § 28 Rn. 5; Häberle, in: Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, MPDG, 237. EL Juli 2021, § 78 Rn. 3. 49„Drohend“ ist eine Gefahr, wenn ihr Eintritt alsbald bevorsteht; ein unmittelbares Bevorstehen ist nicht erforderlich, sonst hätte der Gesetzgeber den hierfür allgemein üblichen Begriff der gegenwärtigen Gefahr verwendet. 50Vgl. Wagner, in: Rehmann/Wagner, 3. Auflage 2018, MPG, § 28 Rn. 13. 51Ein Einschreiten auf der Grundlage dieser Normen erfordert dabei nicht, wie die Kläger meinen, den Nachweis eines konkreten Gefahreneintritts. Die Anordnungsbefugnis setzt bereits präventiv im Vorfeld einer Gefahr an und begegnet Verstößen gegen Bestimmungen, die dazu dienen, das Auftreten von Gefahren zu verhindern. 52Vgl. VG Köln, Urteil vom 29. November 2016 - 7 K 1587/15 -, juris Rn. 23. 53Es muss zudem stets ein Zusammenhang zwischen der drohenden Gefahr für die öffentliche Sicherheit mit dem Zweck des MPG/MPDG bestehen, 54vgl. Wagner, in: Rehmann/Wagner, MPG, 3. Auflage 2018, § 28 Rn. 13, 55der nach § 1 MPG a.F. bzw. §§ 1, 2 MPDG i.V.m. Medizinprodukteverordnung darin liegt, den Verkehr mit Medizinprodukten zu regeln und dadurch für die Sicherheit, Eignung und Leistung der Medizinprodukte sowie die Gesundheit und den erforderlichen Schutz der Patienten, Anwender und Dritter zu sorgen. 56Die Kläger verletzen die öffentliche Sicherheit mit Blick auf den von ihnen zu gewährleistenden Gesundheitsschutz ihrer Patienten, indem sie ihre Dentaleinheiten benutzen, obwohl sie entgegen den allgemein anerkannten Regeln der Technik (§ 4 Abs. 1 MPBetreibV) die angeordneten mikrobiologischen Untersuchungen der Wasserqualität auf Legionellen nicht vornehmen lassen. 57In der Zahnmedizin ist die Verwendung von Kühl- und Spülwasser unabdingbar. Dazu sind die Dentaleinheiten an Leitungen angeschlossen, in die Wasser aus dem öffentlichen Wassernetz eingespeist wird. Die Zuständigkeit der Trinkwasserverordnung endet an der Übergabestelle des Wassers in die Behandlungseinheit. Sie gilt also für das Wasser in der Dentaleinheit, das als „Betriebswasser“ bezeichnet wird, nicht. 58Vgl. Deutscher Arbeitskreis für Hygiene in der Zahnmedizin (DGHK), Hygieneleitfaden, 14. Auflage 2021, Stand: 12. Februar 2021, S. 43, abrufbar unter: https://www.bzaek.de/fileadmin/PDFs/Berufsaus%C3%BCbung/ Hygiene/Hygieneleitfaden_des_Deutschen_Arbeitskreises_f%C3%BCr_ Hygiene_in_der_Zahnmedizin.pdf. 59Wenn dieses Wasser wieder aus dem Gerät austritt und bestimmungsgemäß mit der Schleimhaut von Patientinnen und Patienten in Berührung kommt, gelten dafür in Deutschland mikrobiologische Qualitätsanforderungen, die sich an den Vorgaben der Trinkwasserverordnung orientieren und in Bezug auf bestimmte Parameter bzw. spezifische Patientengruppen teilweise auch darüber hinausgehen. 60In der KRINKO-Empfehlung „Infektionsprävention in der Zahnheilkunde - Anforderungen an die Hygiene“ aus dem Jahr 2006 sind Anforderungen an die mikrobiologische Qualität von Betriebswasser aus Dentaleinheiten enthalten. Bei den in dieser Empfehlung niedergelten Grundsätzen handelt es sich (weiterhin) um die aktuellen und allgemein anerkannten Regeln der Technik. Zwar wird die Empfehlung seit Anfang 2021 nicht mehr unter den aktuellen Empfehlungen der KRINKO geführt, sondern ist nunmehr unter „Frühere Empfehlungen“ bzw. unter „Alte, nicht überarbeitete Empfehlungen“ der Kommission zu finden. Eine Neufassung der o.g. Empfehlung ist von der KRINKO nicht geplant. Kriterien für die Bewertung der mikrobiologischen Qualität von Wasser aus Dentaleinheiten sollen in der zukünftigen KRINKO-Empfehlung „Hygienische Untersuchungen in medizinischen Einrichtungen“ thematisiert werden, welche derzeit erarbeitet wird. Solange es keinen aktuelleren wissenschaftlichen Kenntnisstand zur mikrobiologischen Qualität von Wasser aus Dentaleinheiten gibt, können die Aussagen der KRINKO-Empfehlung aus dem Jahr 2006 grundsätzlich weiterhin als Referenz angesehen werden. Wie in den Hinweisen zu „Früheren Empfehlungen“ ausgeführt wird, sind bei der Umsetzung, Anwendung und fachlichen Bewertung der älteren Empfehlungen die Adressaten der Richtlinie gehalten, den Abgleich mit dem aktuellen wissenschaftlichen Kenntnisstand selbst vorzunehmen. 61Vgl. dazu: Robert Koch-Institut, Nach welchen Kriterien kann die mikrobiologische Qualität von Wasser aus Dentaleinheiten in Deutschland bewertet werden?, Stand: 31. März 2021, abrufbar unter: https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/Krankenhaushygiene/ThemenAZ/Z/FAQ_Wasser_aus_Dentaleinheiten_FG14_2021-03-19_final_002.html. 62Dass es einen von den Empfehlungen abweichenden aktuellen wissenschaftlichen Kenntnisstand gibt, wurde weder vorgetragen noch ist dies anderweitig ersichtlich. 63Vgl. auch: Landeszahnärztekammer Baden-Württemberg, Leitfaden Wasser führende Systeme, Stand: Juli 2021, abrufbar unter: https://phb.lzk-bw.de/PHB-CD/QM/Leitfaden_Wasser.pdf; Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften, Hygienische Anforderungen an das Wasser in zahnärztlichen Behandlungseinheiten“ - Rg.Nr. 075-002, Stand: 18. September 2014, abrufbar unter: https://zahnaerzte-sh.de/app/uploads/2017/04/Leitlinie_Hyg_Anforderungen_an-Wasser_in_Zahnarztpraxis.pdf. 64Mikroorganismen aus dem Trinkwasser können an der Innenwandung der Leitungen sog. Biofilme bilden. Vor allem in Phasen der Stagnation des Wassers (z.B. über Nacht und am Wochenende bzw. Urlaub) und wegen relativ hoher Umgebungstemperaturen kann es zu Kontaminationen des Kühl- und Spülwassers kommen. 65Vgl. Deutscher Arbeitskreis für Hygiene in der Zahnmedizin (DGHK), Hygieneleitfaden, 14. Ausgabe 2021, Stand: 12. Februar 2021, S. 43, abrufbar unter: https://www.bzaek.de/fileadmin/PDFs/Berufsaus%C3%BCbung/ Hygiene/Hygieneleitfaden_des_Deutschen_Arbeitskreises_f%C3%BCr_ Hygiene_in_der_Zahnmedizin.pdf. 66Ausweislich der vorbenannten KRINKO-Empfehlung darf in Dentaleinheiten gemäß § 3 TrinkwV nur Wasser eingespeist werden, das den Anforderungen der Trinkwasserverordnung entspricht. Auch bei Einhaltung dieses Standards werden die Wasser führenden Systeme z.B. Übertragungsinstrumente, Mehrfunktionsspritzen, Ultraschall zur Zahnreinigung, Mundspülung) häufig durch verschiedene Mikroorganismen besiedelt. Diese kolonisieren und vermehren sich an den inneren Wandungen der Wasser führenden Systeme. Diese Biofilme können in Perioden der Stagnation zu einer z.T. massiven Kontamination des Kühlwassers führen. 67Bei der Kontamination der Wasser führenden Systeme ist unterschieden zwischen der Kontamination durch Stagnation des eingespeisten Wassers (Biofilmbildung) und der Kontamination durch Blut/Sekret des Patienten. 68Die nachfolgend erläuternden Maßnahmen stellen sowohl einzeln als insbesondere auch in Kombination taugliche Mittel dar, mikrobiellen Kontaminationen in Wasser führenden Systemen in Dentaleinheiten entgegenzuwirken: 69- Die Angaben der Gerätehersteller sind zu berücksichtigen und die relevanten Betriebsparameter zu kontrollieren. 70- Mit Desinfektionsanlagen für die Wasser führenden Systeme der Behandlungseinheiten, deren Wirksamkeit unter praxisnahen Bedingungen nachgewiesen und belegt ist, kann eine Verringerung der mikrobiellen Kontamination des Kühlwassers erreicht werden. 71- […] 72Obwohl das Erkrankungsrisiko für gesunde Patienten oder Behandler aufgrund der aus einer Biofilmbildung unter Umständen resultierenden Kontamination des Kühl- und Spülwassers als gering einzuschätzen ist bzw. ein Zusammenhang mit zahnärztlichen Behandlungen nur in Form von Einzelfallberichten vorliegt, entspricht es den allgemein anerkannten Prinzipien der Infektionsprävention, das Risiko von Gesundheitsschäden durch Verwendung mikrobiologisch unbedenklichen Wassers zu reduzieren. 73Aufgrund der vorbenannten Bewertung des gegenwärtigen Standes von Wissenschaft und Technik sowie der diesbezüglichen geführten Diskussion wird die Untersuchung der folgenden Parameter als geeignet angesehen, den sachgerechten Betrieb einer Dentaleinheit unter dem Aspekt der mikrobiologischen Qualität des Wassers zu überprüfen: 74Die mikrobiologische Überprüfung umfasst die Bestimmung der Koloniezahl bei 36°C sowie die Bestimmung von Legionellen durch ein Labor mit entsprechender Erfahrung. Die Entnahme der zu untersuchenden Probe erfolgt nach Ablaufen des Wassers über einen Zeitraum von 20 Sekunden und soll durch geschultes Personal durchgeführt werden. 75Da bei gut gewarteten Behandlungseinheiten in der Regel eine Koloniezahl von 100/ml nicht überschritten wird, können diese Werte hier als Richtwert angesehen werden; höhere Koloniezahlen sprechen für eine ausgedehnte Biofilmbesiedlung und erfordern eine Intensivierung der Spülung vor Patientenbehandlung und ggf. eine Desinfektion in Abstimmung mit dem Hersteller. 76Das Risiko einer Legionelleninfektion im Zusammenhang mit zahnärztlicher Behandlung ist derzeit aufgrund unzureichender epidemiologischer Untersuchungen nicht sicher zu charakterisieren. Aus Gründen des vorsorgenden Gesundheitsschutzes sollte der international etablierte Richtwert von unter 1 KBE Legionellen/1 ml nicht überschritten werden. 77Die Festlegung von Untersuchungsintervallen unterliegt pragmatischen Überlegungen. Liegen keine Anhaltspunkte für Mängel vor, erscheinen Abstände von 12 Monaten sinnvoll. 78Jeder Verdacht auf eine Wasser bedingte Infektion durch zahnärztliche Behandlung muss eine anlassbezogene Nachuntersuchung nach sich ziehen. 79Vgl. Robert Koch-Institut, Infektionsprävention in der Zahnheilkunde, Mitteilung der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention, Erscheinungsdatum: 4. Oktober 2006, S. 381 ff., Bundesgesundheitsblatt 4/2006, abrufbar unter: https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/Krankenhaus hygiene/Kommission/Downloads/Zahn_Rili.pdf?__blob=publicationFile. 80In den letzten Jahren sind einzelne Berichte von Infektionsübertragungen durch kontaminiertes Wasser aus Dentaleinheiten publiziert worden. So wurde 2012 eine schwere Legionella pneumophila-Infektion mit letalem Ausgang bei einer älteren Patientin beschrieben, welche auf kontaminiertes Wasser aus der Dentaleinheit in einer Zahnarztpraxis zurückzuführen war, wo die Patientin zuvor behandelt worden war. 2015 erlitten mehrere Kinder eine odontogene Infektion, mit teilweise schwerem Verlauf. Die Kinder hatten sich nachweislich während einer Zahnbehandlung über das Wasser aus Dentaleinheiten, welches mit Mycobacterium abscessus verunreinigt war, angesteckt. 81Vgl. dazu: Robert Koch-Institut, Nach welchen Kriterien kann die mikrobiologische Qualität von Wasser aus Dentaleinheiten in Deutschland bewertet werden?, Stand: 31. März 2021, abrufbar unter: https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/Krankenhaushygiene/ThemenAZ/Z/FAQ_Wasser_aus_Dentaleinheiten_FG14_2021-03-19_final_002.html. 82Nach dieser Maßgabe ist die streitgegenständliche Anordnung gegenüber den Klägern, in deren Zahnarztpraxis bereits seit mehreren Jahren (unstreitig) keine Untersuchungen der wasserführenden Behandlungseinheiten auf Legionellen durchgeführt worden sind, nicht zu beanstanden. Ihr steht insbesondere nicht entgegen, dass es sich bei der KINKO-Empfehlung nicht um eine „rechtsverbindliche Regelung“ in dem Sinne handelt, dass dort z.B. Überprüfungsintervall und Beprobung verbindlich, d.h. ohne Entscheidungsspielraum der zuständigen Fachbehörde festgelegt werden. Denn die Anordnung zur Durchführung mikrobiologischer Untersuchungen der wasserführenden Behandlungseinheiten kann erlassen werden, wenn - wie hier - der Tatbestand der Ermächtigungsgrundlage, die sich im MPG bzw. MPDG befindet, erfüllt ist. Ergänzt wird dieser Tatbestand durch § 4 MPBetreibV, der die Einhaltung der allgemein anerkannten Regeln der Technik voraussetzt. Ausgefüllt wird der unbestimmte Rechtsbegriff der „allgemein anerkannten Regeln der Technik“ durch die Stellungnahmen der Fachgremien wie der KRINKO bzw. dem Robert Koch-Institut. Letztendlich entscheidet die C. als Fachbehörde aber selbst und in der Sache verbindlich, ob eine drohende Gefahr für die öffentliche Sicherheit besteht und welche Maßnahmen deswegen zu ergreifen sind. Der nach der Empfehlung „Infektionsprävention in der Zahnheilkunde - Anforderungen an die Hygiene“ bestehende Entscheidungsspielraum wird - auch mit Blick auf zu berücksichtigende aktuelle Entwicklungen und Erkenntnisse in der Wissenschaft - von der Behörde ausgefüllt. 83Anders als die Kläger meinen, ist auch kein konkreter Verdacht einer Wasser bedingten Infektionsgefahr mit Legionellen erforderlich. Es genügt - wie dargelegt - eine drohende Gefahr. Unter Berücksichtigung der allgemein anerkannten Prinzipien der Infektionsprävention, das Risiko von Gesundheitsschäden durch Verwendung mikrobiologisch unbedenklichen Wassers zu reduzieren, sind hinreichende Verdachtsmomente für das Vorliegen dieser - nach gewissen Zeitabständen regelhaft eintretenden - drohenden Gefahr, wie die C. nachvollziehbar dargelegt hat, dass die ordnungsgemäße Qualität des Betriebswassers nicht allein von der Qualität des zugeführten Wassers abhängt, sondern von verschiedenen Bedingungen, unter denen die betriebsführenden Systeme der Behandlungseinheit betrieben werden, wie z.B. die Alterung von Plastikmaterialien, Reinigung, Desinfektion, Spülung, möglicher Rückfluss, Wartung, Standzeiten. Überdies zeigen die langjährigen Erfahrungen der Überwachungsbehörde bei Inspektionen von Zahnarztpraxen, dass auffällige Werte des Betriebswassers jederzeit auch bei bisher unauffälligen Überprüfungen auftreten könnten. 84Etwas anderes ergibt sich nicht aus dem Umstand, dass die Behandlungseinheiten jeweils über eine Entkeimungsanlage verfügen. Über eine automatische Erkennung von Keimwachstum verfügen die Behandlungseinheiten nicht, sodass insbesondere eine Verkeimung im Display nicht angezeigt wird und damit unerkannt bleibt. Im Übrigen zeigen die von den Klägern selbst vorgelegten Untersuchungsergebnisse aus dem Jahr 2018, dass das Wasser in einzelnen Behandlungseinheiten - wenn auch in geringem Umfang - keimbelastet war. Die von ihnen propagierte Keimfreiheit durch die Entkeimungsanlage trifft damit nicht zu. Hinzu kommt, dass es zu einem Keimwachstum in wasserführenden Systemen trotz Verwendung einer Entkeimungsanlage kommen kann. Schließlich ist die Nutzung einer Desinfektionsanlage auch nach den Empfehlungen der KRINKO nur eine Maßnahme von mehreren, die letztlich die drohende Gefahr der Legionellenentstehung und -verbreitung verhindern soll. 85Schließlich führen auch die Untersuchungen in den Jahren 0000 und 0000 nicht dazu, dass die Anordnung nicht hätte erlassen werden dürfen. Zum einen liegen die Beprobungen bereits über drei Jahre zurück, sodass das übliche Intervall von 12 Monaten längst überschritten ist. Zum anderen basieren die Ergebnisse aus dem Jahr 0000 auf einer nicht akkreditierten Entnahme durch den Kläger zu 1. und ist die Untersuchung insgesamt unzureichend, weil die Proben in den Jahren 0000/0000 jeweils an derselben Entnahmestelle gezogen worden sind und eine Begutachtung der Behandlungseinheit 5 gänzlich fehlt. 86Im Übrigen wird zur weiteren Begründung und Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen auf die Ausführungen in dem streitgegenständlichen Bescheid der C. , denen sich die erkennende Einzelrichterin nach eigener Würdigung nach Sach- und Rechtslage anschließt. 87c. Ist der Tatbestand erfüllt, steht im Ermessen, welche Maßnahme die zuständige Behörde im Einzelfall anordnet. Sie hat dabei den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu beachten. 88Vgl. Wagner, in: Rehmann/Wagner, 3. Auflage 2018, MPG, § 28 Rn. 13; Häberle, in: Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, MPDG, 237. EL Juli 2021, § 78 Rn. 3. 89Dies berücksichtigend ist die Anordnung im Rahmen der insoweit eingeschränkten gerichtlichen Überprüfungskompetenz (vgl. § 114 Satz 1 VwGO) nicht zu beanstanden. Die C. hat erkannt, dass ihr Ermessen eingeräumt ist. Sie hat das ihr eingeräumte Ermessen am Zweck der gesetzlichen Regelung ausgerichtet und es in einer nicht zu beanstandenden Weise ausgeübt. Insoweit wird auf die Ausführungen in dem streitgegenständlichen Bescheid Bezug genommen. Ergänzend weist die Kammer darauf hin, dass ein Ermessensfehler auch nicht deswegen vorliegt, weil in der Zahnarztpraxis neben der für die Wasseruntersuchung anfallenden Kosten weitere Ausgaben zum Schutz der Patienten zu tätigen sind. Ungeachtet dessen haben die Kläger weder die anfallenden Kosten konkretisiert noch ansatzweise nachvollziehbar eine deswegen bestehende Unzumutbarkeit dargelegt. 902. Die Zwangsgeldandrohung in Ziffer 2 der Verfügungen vom 00.00.0000 ist ebenfalls rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten. Sie beruht auf §§ 55, 60, 63 VwVG NRW. Zur Begründung und Vermeidung von Wiederholungen nimmt die erkennende Einzelrichterin Bezug auf die Ausführungen im Bescheid der C. , denen sie sich nach eigener Würdigung anschließt. 91Die Kostenentscheidung ergeht gemäß § 154 Abs. 1 VwGO. Die Anordnungen über die vorläufige Vollsteckbarkeit beruhen auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 f. ZPO.
die klage wird abgewiesen. die kläger tragen die kosten des verfahrens. das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. die kläger dürfen die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe von 110 % des aufgrund des urteils vollstreckbaren betrages abwenden, wenn nicht das beklagte land vor der vollstreckung sicherheit in höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden betrages leistet. 1
2die kläger wenden sich gegen die anordnung der c. e. zur durchführung mikrobiologischer untersuchungen auf legionellen der wasserführenden behandlungseinheiten ihrer zahnarztpraxis. 3am 00.00.0000 fand eine begehung der zahnärztlichen praxisräume der kläger zur überprüfung der einhaltung medizinproduktrechtlicher vorschriften durch den sachverständigen dr. o. statt. eine mikrobiologische wasseruntersuchung der zahnärztlichen betriebseinheiten konnten die kläger ausweislich des inspektionsberichts vom 00.00.0000 nicht vorlegen. 4dazu teilte der kläger zu 1. dem gutachter mit schreiben vom 00.00.0000 mit, dass die untersuchung auf legionellen nach den angaben des robert koch-instituts im jährlichen intervall sinnvoll erscheine. aus dieser formulierung eine verpflichtung herzuleiten, „erscheine“ ihm sehr weit hergeholt. die behandlungseinheiten unterlägen strengen wartungsintervallen und seien mit entkeimungsanlagen ausgestattet. eine weitere überprüfung „erscheine“ daher nicht sinnvoll. 5herr dr. o. teilte den klägern daraufhin mit schreiben vom 00.00.0000 mit, dass die c. e. mit der einschätzung des robert koch-instituts übereinstimme und daher eine mindestens jährlich durchzuführende testung als nachweis für eine nicht vorhandene kontamination des wassers zusammen mit der mindestens einmal jährlich durchzuführenden prüfung der kbe bei 36°c verlange. er bitte entsprechende nachweise zu erbringen. 6mit schreiben vom 00.00.0000 forderte die c. e. die kläger unter fristsetzung auf, für jede behandlungseinheit in der praxis die ergebnisse einer mikrobiologischen prüfung auf legionellen vorzulegen. 7dies lehnten die kläger mit schreiben vom 00.00.0000 ab. 8nach anhörung wies die c. e. die kläger mit bescheiden vom 00.00.0000 - jeweils zugestellt am 00.00.0000 - an, für jede behandlungseinheit ihrer zahnarztpraxis eine mikrobiologische untersuchung auf legionellen durch ein für wasseruntersuchung nachweislich geeignetes fachlabor, z.b. eine nach § 15 abs. 4 trinkwv zugelassene untersuchungsstelle, durchführen zu lassen und spätestens bis zum 00.00.0000 das ergebnis der jeweiligen untersuchung vorzulegen (ziffer 1). zudem drohte sie den klägern im falle der zuwiderhandlung ein zwangsgeld in höhe von jeweils 1.000 euro pro behandlungseinheit an (ziffer 2). zur begründung führte sie im wesentlichen aus, dass rechtsgrundlage für die anordnung der durchführung von mikrobiologischen untersuchungen der wasserführenden systeme der zahnärztlichen behandlungseinheiten §§ 26, 28 abs. 1 und 2 medizinproduktegesetz (mpg) und § 14 mpg i.v.m. § 4 abs. 1 und 6 medizinprodukte-betreiberverordnung (mpbetreibv) seien. die c. e. sei danach als zuständige behörde befugt, alle erforderlichen maßnahmen zum schutz der gesundheit und zur sicherheit von patienten, anwendern und dritten vor gefahren durch medizinprodukte zu treffen. im falle einer drohenden gefahr für die öffentliche gesundheit, sicherheit oder ordnung sei sie insbesondere befugt, die inbetriebnahme, das betreiben, die anwendung von medizinprodukten zu untersagen, zu beschränken oder von der einhaltung bestimmter auflagen abhängig zu machen. eine drohende gefahr für die öffentliche gesundheit, sicherheit und ordnung bestehe, wenn diese mehr als allgemein üblich gefährdet würden. als betreiber und anwender unterlägen die kläger der überwachung der c. . konstruktionsbedingt (z.b. komplexes verzweigtes leitungssystem, stagnation des eingespeisten wassers, ablagerungen im leitungssystem) könne es in zahnärztlichen behandlungseinheiten zur biofilmbildung an den inneren wandungen der wasser führenden systeme kommen, wodurch sich die mikrobiologische wasserqualität verschlechtere. biofilme bildeten eine komplexe lebensgemeinschaft unterschiedlicher mikroorganismen. eine besondere eigenschaft von biofilmen sei ihre geringe sensivität gegen desinfektionsmittel, mikroorganismen würden daher nur teilweise abgetötet. das zersetzungsmaterial werde von den lebenden mikroorganismen als nährstoff aufgenommen. insgesamt könnten sich in solchen systemen und unter derartigen bedingungen eine vielzahl von bakterien (z.b. legionellen), pilzen und protozoen ansiedeln. neben diesem systembedingten gefahrenherd könne das betriebswasser auch über patienten retrograd kontaminiert werden durch blut und sekret. aus diesem grunde müsse das wasser an den entnahmestellen der dentaleinheiten nachweislich von unbedenklicher mikrobiologischer qualität sein, da wasserführende systeme in zahnärztlichen behandlungseinheiten besonders anfällig für die besiedlung mit unterschiedlichen mikroorganismen seien. es seien maßnahmen erforderlich, um einer mikrobiellen kontamination entgegenzuwirken. die gebrauchsanweisung des geräteherstellers, sicherheitsbezogene informationen und instandhaltungshinweise seien zu beachten. eine installierte entkeimungsanlage und ausgiebige regelmäßige spülvorgänge trügen zur risikoverringerung bei. der nachweis jedoch, ob die vorstehend genannten technischen und organisatorischen maßnahmen zu dem in infektionspräventiver hinsicht erforderlichen resultat, nämlich wasser in angemessener mikrobiologischer qualität für die anwendung am patienten zu führen, erfolge durch die untersuchung der parameter gesamtkeimzahl und legionellen entsprechend der mitteilung der kommission für krankenhaushygiene und infektionsprävention (krinko) beim robert koch-institut („infektionsprävention in der zahnheilkunde“). entsprechend hoch sei die gefährdung, wenn das betriebswasser von zahnärztlichen behandlungseinheiten nicht regelmäßig kontrolliert werde. wenn es optisch oder olfaktorisch auffällig werde, sei es schon viel zu spät. nur durch vorsorgende kontrollen könne diesem problem begegnet werden. entgegen der auffassung der kläger handele es sich bei der mitteilung der krinko nicht um eine bloße empfehlung, deren beachtung im ermessen des betreibers einer medizinischen einrichtung liege. vielmehr hätten betreiber einer zahnarztpraxis nach § 23 abs. 3 infektionsschutzgesetz (ifsg) sicherzustellen, dass sie nach dem stand der medizinischen wissenschaft erforderliche maßnahmen getroffen würden, um nosokomiale infektionen zu verhüten. der nachweis, ob die vorstehend genannten technischen und organisatorischen maßnahmen zu dem in infektionspräventiver hinsicht erforderlichen resultaten führten, erfolge durch die untersuchung i.s.d. o.g. mitteilung. dieser fachstandard des robert koch-instituts sei auch in medizinprodukterechtlicher hinsicht einzuhalten. medizinprodukte dürften nach § 14 mpg nicht betrieben und angewendet werden, wenn sie mängel aufwiesen, durch die patienten gefährdet werden könnten. neben der technisch einwandfreien beschaffenheit müsse auch das an der behandlungseinheit zum einsatz kommende betriebswasser in mikrobiologischer hinsicht von einwandfreier beschaffenheit sein, um vermeidbare gefährdungen von patienten zu begegnen. mögliche gefährdungen durch legionellen seien in der wissenschaftlichen literatur und in den fachlichen veröffentlichungen des robert koch-instituts umfangreich beschrieben („robert koch-institut-ratgeber legionellose“). legionellen fänden im warmen wasser gute wachstumsbedingungen vor und gelangten in der regel durch das einatmen eines fein zerstäubten wassernebels (aerosol) in den menschlichen körper, wo sie z.b. eine schwere pneumonie hervorrufen könnten. gefährdet seien insbesondere vulnerable patientengruppen, z.b. ältere menschen oder immunsupprimierte patienten. bei zahnärztlichen behandlungen mit anwendung von wasser (z.b. kühl- oder spraywasser) entstünden aerosole, die vom patienten eingeatmet würden. das praxispersonal könne sich durch tragen von masken während der behandlung schützen, der patient hingegen nicht. insofern sei über die technischen und betrieblich-organisatorischen maßnahmen hinaus eine regelmäßige mikrobiologische kontrolle des betriebswassers von zahnärztlichen behandlungseinheiten erforderlich, um einen ggf. vorliegenden mangel der wasserqualität überhaupt zu erkennen und die unverzüglich erforderlichen maßnahmen zur beseitigung des mangels ergreifen zu können. wenn in einer zahnarztpraxis risikominimierende maßnahmen umgesetzt würden, wie z.b. die regelmäßige ordnungsgemäße instandhaltung der dentaleinheiten sowie der betrieb von desinfektionsanlagen und keine anhaltspunkte für mängel vorlägen, werde dem rechnung getragen, indem kontrollen des betriebswassers alle 12 monate als ausreichend angesehen würden. diese zeitspanne sei jedoch nur dann anzunehmen, wenn es keine anhaltspunkte für mängel gebe; in diesem falle sei umgehend zu reagieren. ein vollständiges entfallen der mikrobiologischen wasseruntersuchungen sei in der o.g. mitteilung der krinko jedoch nicht vorgesehen. dies erkläre sich dadurch, dass selbst bei gut gewarteten behandlungseinheiten das betriebswasser nicht keimfrei sei. vielmehr seien richtwerte definiert, bei deren überschreitung eine ausgedehnte biofilmbesiedlung anzunehmen und aus gründen des vorbeugenden gesundheitsschutzes unverzüglich zu reagieren sei. daher seien regelmäßige mikrobiologische kontrollen des betriebswassers der dentaleinheiten in bezug auf die gesamtkeimzahl und legionellen unverzichtbar. auch wenn über einen längeren zeitraum bei jährlichen wasseruntersuchungen keine mängel festgestellt worden seien, könne dies nicht dazu führen, künftig auf die wasseruntersuchung zu verzichten und darauf zu vertrauen, dass die richtwerte auch zukünftig nicht überschritten würden. in diesem falle würde eine patientengefährdung zumindest billigend in kauf genommen. zudem zeige die langfähige erfahrung - der c. e. - bei der inspektion von zahnarztpraxen, dass auffällige werte des betriebswassers jederzeit auch bei bisher unauffälligen überprüfungen auftreten könnten. der eingriff in das recht, weiterhin die behandlungseinheiten ohne vorhergehende mikrobiologische untersuchung nutzen zu können, sei deutlich weniger intensiv als der mögliche eingriff in das recht der patienten auf körperliche unversehrtheit. das öffentliche interesse an einem größtmöglichen schutz vor infektionsrisiken überwiege das wirtschaftliche interesse, von der umsetzung dieser verfügung und den damit verbundenen kosten, die sich auf etwa 70 euro zuzüglich mehrwertsteuer pro behandlungseinheit beliefen, verschont zu bleiben. ein milderes gleichwohl geeignetes mittel sei nicht vorhanden. 9der kläger zu 1. hat am 00.00.0000 für alle drei inhaber der als gbr geführten gemeinschaftspraxis klage erhoben. die kläger zu 2. und 3. haben am 00.00.0000 eine unterschriebene klage eingereicht. 10zur begründung machen die kläger im wesentlichen geltend, dass es keine rechtsverbindliche regelung gebe, aus der sich die forderung nach einer wasserbeprobung ohne konkrete verdachtsmomente auf eine wasserbedingte infektionsgefahr herleiten lasse. ein konkreter verdacht liege unstreitig nicht vor. es handele sich also um eine rein prophylaktische maßnahme. 11das thema sei seit jahren in der diskussion. leitlinien zu den „hygienischen anforderungen an das wasser in zahnärztlichen behandlungseinheiten“ seien zwar in arbeit, allerdings noch nicht in kraft getreten. allgemeingültige, rechtlich verbindliche regelungen für alle zahnarztpraxen fehlten, in denen u.a. geregelt werde an welchen stellen in der praxis proben zu entnehmen seien, welche personen zur probeentnahme berechtigt seien und wie entkeimungsanlagen zu bewerten seien. 12sie hätten in ihrer praxis der verhütung und weiterverbreitung nosokomialer infektionen besondere aufmerksamkeit geschenkt. im eigenen interesse hätten sie mehrfach in den vergangenen jahren wasserproben auswerten lassen. aufgrund dieser ergebnisse kämen sie zu dem schluss, dass regelmäßige proben beim technischen stand ihrer wasserinstallation nicht nötig seien. sie hätten den gesetzlichen anforderungen genüge getan. so seien in ihrer praxis am 00.00.0000 und am 00.00.0000 ausweislich der vorliegenden untersuchungsberichte gezielt wasserproben entnommen und ausgewertet worden. 13ihre zahnärztlichen behandlungseinheiten seien mit einer entkeimungsanlage ausgestattet. dabei handele es sich um serienmäßig vom hersteller installierte bestandteile. entkeimungsanlagen reduzierten die keimzahl zuverlässig auf null, d.h. es gebe keine keime im für die patientenbehandlung verwendeten wasser. störungen der funktion würden im display angezeigt, oder die anlage schalte sich aufgrund der störung automatisch ab. die effektivität der anlage hätten sie mehrfach an verschiedenen stellen überprüft, in all den proben hätten sich keine keime befunden. jährliche keimzahlbestimmungen seien damit faktisch sinnlos. 14bei der bewertung der entstehenden kosten für hygienemaßnahmen seien die gesamtzahl der maßnahmen und die daran anknüpfenden kosten zu berücksichtigen. diese seien selbst für große praxen zu einem relevanten kostenfaktor geworden. 15die kläger beantragen - z.t. schriftsätzlich, 16die bescheide vom 00.00.0000 aufzuheben. 17das beklagte land beantragt, 18die klage abzuweisen. 19die gefahr, deren abwehr grund für die anordnung der untersuchung des betriebswassers der behandlungseinheiten auf legionellen sei, ergebe sich aus den verstößen gegen § 14 satz 2 mpg a.f. bzw. § 11 satz 1 medizinprodukterecht-durchführungsgesetz (mpdg) i.v.m. § 4 abs. 1 mpbetreibv. der mangel liege darin, dass die zahnärztlichen behandlungseinheiten nicht nach den allgemein anerkannten regeln der technik betrieben würden. denn ein solcher betrieb erfordere eine regelmäßige untersuchung des betriebswassers der behandlungseinheit auf legionellen. die allgemein anerkannten regeln der technik seien u.a. in ziffer 5 der empfehlung „infektionsprävention in der zahnheilkunde - anforderungen an die hygiene“ der krinko über „wasser führende systeme“ beschrieben. zwar werde diese empfehlung nicht fortgeführt, sie könne nach den angaben auf der homepage des robert koch-instituts aber weiterhin als referenz angesehen werden. 20die verwendung von entkeimungsanlagen stelle keine besonderheit dar. sie könnten mikrobiologisch die qualität des zugeführten wassers verbessern und daher das risiko für verkeimungen in den komplex aufgebauten behandlungseinheiten vermindern. sie führten aber nicht dazu, dass allein dadurch z.b. die bildung der gefürchteten biofilme in der anlage mit der abgabe von legionellen in das betriebswasser verhindert werden könne. durch eine entkeimungsanlage werde weder steriles wasser erzeugt noch seien die systeme, die das betriebswasser führten, steril. eine geringe keimbelastung (nicht mit legionellen) befinde sich auch in mikrobiologisch einwandfreiem betriebswasser, wie z.b. die untersuchung aus dem jahr 2018 in ziffer 3 zur behandlungseinheit 4 und ziffer 6 zur behandlungseinheit 1 belege. 21legionellen seien ubiquitär vorhanden, sodass sie in jede anlage gelangen könnten; kritisch daran sei die gefahr einer vermehrung in der anlage. die ordnungsgemäße qualität des betriebswassers hänge dabei nicht allein von der qualität des zugeführten wassers ab, sondern von verschiedenen bedingungen unter denen die betriebsführenden systeme der behandlungseinheit betrieben würden, wie z.b. alterung von plastikmaterialien, reinigung, desinfektion, spülung, möglicher rückfluss, wartung, standzeiten. 22die 0000 und 0000 vorgenommenen mikrobiologischen untersuchungen umfassten lediglich ein minimalprogramm. es falle negativ auf, dass die beprobung im abstand von drei jahren durchgeführt worden sei, die proben jeweils an derselben entnahmestelle gezogen worden seien und eine beprobung der behandlungseinheit 5 fehle. die behauptungen, dass die entkeimungsanlagen die keimzahl zuverlässig auf null reduziere, die effizienz der anlagen durch mehrfach an verschiedenen stellen geprüft worden seien und sich in den proben keine keime befunden hätten, sei (daher) nicht zutreffend. 23über eine automatische erkennung von keimwachstum verfügten die behandlungseinheiten nicht, sodass insbesondere eine verkeimung „im display“ nicht angezeigt werde und damit unerkannt bleibe. die jährliche wartung und funktionsprüfung der behandlungseinheiten bleibe unvollständig, da über die mikrobiologische qualität des betriebswassers nur durch entsprechende untersuchungen nach den allgemeinen regeln der technik eine zuverlässige aussage über den mikrobiologischen zustand der wasserführenden systeme getroffenen werden könne. 24wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird bezug genommen auf den inhalt der gerichtsakte sowie des beigezogenen verwaltungsvorgangs der c. . 25
26die klage hat keinen erfolg. sie ist jedenfalls unbegründet. die angefochtenen bescheide vom 12. november 2020 sind rechtmäßig und verletzen die kläger nicht in ihren rechten, § 113 abs. 1 satz 1 vwgo. 271. die anordnung der c. e. zur durchführung mikrobiologischer untersuchungen bei allen wasserführenden behandlungseinheiten in der zahnarztpraxis der kläger ist rechtmäßig und verletzt diese nicht in ihren rechten. 28gemäß § 26 abs. 2 sätze 1 bis 4 mpg in der bis zum 25. mai 2021 geltenden fassung (a.f.) hat sich die zuständige behörde u.a. davon zu überzeugen, dass die vorschriften über medizinprodukte beachtet werden. sie prüft in angemessenem umfang unter besonderer berücksichtigung möglicher risiken, ob die voraussetzungen zum inverkehrbringen, zur inbetriebnahme, zum errichten, betreiben und anwenden erfüllt sind. satz 2 gilt entsprechend für die überwachung von klinischen prüfungen und von leistungsbewertungsprüfungen sowie für die überwachung der aufbereitung von medizinprodukten, die bestimmungsgemäß keimarm oder steril angewendet werden. die zuständige behörde ergreift die maßnahmen, die notwendig sind, um festgestellte verstöße zu beseitigen und künftigen verstößen vorzubeugen. nach § 28 abs. 1 mpg a.f. trifft die nach diesem gesetz zuständige behörde alle erforderlichen maßnahmen zum schutze der gesundheit und zur sicherheit von patienten, anwendern und dritten vor gefahren durch medizinprodukte, soweit nicht das atomgesetz oder eine darauf gestützte rechtsverordnung für medizinprodukte, die ionisierende strahlen erzeugen oder radioaktive stoffe enthalten, für die danach zuständige behörde entsprechende befugnisse vorsieht. die zuständige behörde ist gemäß § 28 abs. 2 sätze 1 und 2 mpg a.f. insbesondere befugt, anordnungen, auch über die schließung des betriebs oder der einrichtung, zu treffen, soweit es zur abwehr einer drohenden gefahr für die öffentliche gesundheit, sicherheit oder ordnung geboten ist. sie kann das inverkehrbringen, die inbetriebnahme, das betreiben, die anwendung der medizinprodukte sowie den beginn oder die weitere durchführung der klinischen prüfung oder der leistungsbewertungsprüfung untersagen, beschränken oder von der einhaltung bestimmter auflagen abhängig machen oder den rückruf oder die sicherstellung der medizinprodukte anordnen. 29§ 14 mpg a.f. bestimmt, dass medizinprodukte nur nach maßgabe der rechtsverordnung gemäß § 37 abs. 5 mpg betrieben und angewendet werden. medizinprodukte dürfen nicht betrieben und angewendet werden, wenn sie mängel aufweisen, durch die patienten, beschäftigte oder dritte gefährdet werden können. 30das medizinproduktegesetz wurde durch gesetz vom 28. april 2020 (bgbl i s. 960) in der fassung des gesetzes vom 19. mai 2020 (bgbl i s. 1018) mit wirkung vom 26. mai 2021 weitestgehend aufgehoben. an seine stelle sind nunmehr die regelungen der medizinprodukteverordnung (verordnung (eu) 2017/745 des europäischen parlaments und des rates vom 05.04.2017 über medizinprodukte, zur änderung der richtlinie 2001/83/eg, der verordnung (eg) nr. 178/2002 und der verordnung (eg) nr. 1223/2009 und zur aufhebung der richtlinien 90/385/ewg und 93/42/ewg des rates in der fassung der verordnung (eu) 2020/561 des europäischen parlaments und des rates vom 23.04.2020 zur änderung der verordnung (eu) 2017/745 über medizinprodukte hinsichtlich des geltungsbeginns einiger ihrer regelungen - medical devices regulation - mdr, im folgenden: medizinprodukteverordnung) sowie des gesetzes zur durchführung unionsrechtlicher vorschriften betreffend medizinprodukte (medizinprodukterecht-durchführungsgesetz - mpdg) getreten. 31gemäß § 77 abs. 2 satz 1 mpdg hat sich die zuständige behörde u.a. davon zu überzeugen, dass die medizinproduktrechtlichen vorschriften beachtet werden. nach § 78 abs. 1 satz 1 mpdg ergreift die zuständige behörde unbeschadet der vorschriften der verordnung (eu) 2017/745 zur marktüberwachung und des § 74 abs. 1 satz 2 und abs. 2 mpdg die maßnahmen, die notwendig sind, um einen verstoß zu beseitigen und künftigen verstößen vorzubeugen. sie ist insbesondere befugt anordnungen zu treffen, die zur abwehr einer drohenden gefahr für die öffentliche gesundheit, sicherheit oder ordnung geboten sind (§ 78 abs. 1 satz 2 nr. 1 mpdg). 32§ 11 mpdg bestimmt, dass produkte und produkte nach § 2 abs. 2 mpdg nicht betrieben oder angewendet werden dürfen, wenn sie mängel aufweisen, durch die patienten, beschäftigte oder dritte gefährdet werden können. produkte und produkte nach § 2 abs. 2 mpdg dürfen nur nach maßgabe der rechtsverordnung nach § 88 abs. 1 satz 1 nr. 6 mpdg betrieben und angewendet werden. 33auf der grundlage der vormals in § 37 mpg, jetzt in § 88 mpdg enthaltenen ermächtigungen ist u.a. die verordnung über das errichten, betreiben und anwenden von medizinprodukten (medizinprodukte-betreiberverordnung - mpbetreibv) ergangen, die weiterhin bestand hat. 34vgl. häberle, in: erbs/kohlhaas, strafrechtliche nebengesetze, 237 el. juli 2021, m 60. medizinproduktegesetz, vorbemerkungen rn. 8. 35nach § 4 abs. 1 mpbetreibv dürfen medizinprodukte nur ihrer zweckbestimmung entsprechend und nach den vorschriften dieser verordnung sowie den allgemein anerkannten regeln der technik betrieben und angewendet werden. 36zunächst muss nicht entschieden werden, ob maßgebliche rechtsgrundlage das medizinproduktegesetz in der bis zum 25. mai 2021 geltenden fassung ist oder die im zeitpunkt der gerichtlichen entscheidung geltenden regelungen des medizinprodukterecht-durchführungsgesetzes sowie der medizinprodukteverordnung ist. 37vgl. zum maßgeblichen zeitpunkt z.b.: nds. ovg, beschluss vom 29. september 2017 - 13 la 4/16 -, juris m.w.n.; vg köln, urteil vom 29. november 2016 - 7 k 1587/15 -, juris. 38jedenfalls wäre ein austausch der ermächtigungsgrundlage zulässig, weil die vorschriften mit dem schutz der gesundheit und der sicherheit von patienten, anwendern und sonstigen personen („dritten“) vor gefahren durch medizinprodukte identische ziele verfolgen und zudem eine deutliche strukturelle gleichheit aufweisen. tatbestandsvoraussetzungen und rechtsfolgen stimmen im wesentlichen überein. 39vgl. dazu auch: ovg schleswig-holstein, beschluss vom 23. september 2021 - 3 mb 22/21 -, juris rn. 13. 40sachlich und örtlich zuständige behörde ist weiterhin die c. e. , vgl. § 1 abs. 1 verordnung über die zuständigkeiten im humanarzneimittel-, medizinprodukte- und apothekenwesen sowie auf dem gebiet des schutzes vor nichtionisierender strahlung bei der anwendung am menschen vom 25. januar 2022 (gv. nrw. 2022 s. 100) und § 1 abs. 2 verordnung über zuständigkeiten im arzneimittelwesen und nach dem medizinproduktegesetz vom 11. dezember 1990 (gv. nrw. s. 659), die zuletzt durch artikel 2 der verordnung vom 16. märz 2021 (gv. nrw. s. 304) geändert worden ist, i.v.m. § 5 abs. 3 des landesorganisationsgesetzes nrw sowie § 4 abs. 1 ordnungsbehördengesetz nrw. 41ebenso haben sich die erkenntnisse zu den allgemein anerkannten regeln der technik über den betrieb und die anwendung von medizinprodukten seit erlass der ordnungsverfügung vom 12. november 2020 nicht geändert. 42dies vorangestellt hält die anordnung in ziffer 1 des streitgegenständlichen bescheids der c. e. einer inhaltlichen kontrolle stand. sie ist hinreichend bestimmt (a.). zudem sind die tatbestandsvoraussetzungen für den erlass der anordnung erfüllt (b.), ermessensfehler liegen nicht vor (c.). 43a. die anordnung zur durchführung mikrobiologischer untersuchungen der wasserführenden behandlungseinheiten in der zahnarztpraxis der kläger ist inhaltlich hinreichend bestimmt, § 37 abs. 1 vwvfg nrw. aus dem tenor der verfügung lässt sich eindeutig erlesen, dass „jede“ behandlungseinheit speziell auf „legionellen“ untersucht werden soll, und zwar von einem „fachlabor“, z.b. einer nach § 15 abs. 4 trinkwv zugelassenen untersuchungsstelle. jedenfalls nach klarstellung in der mündlichen verhandlung ist auch unzweifelhaft, dass eine beprobung - unter berücksichtigung der geltenden wissenschaftlichen standards - nur an einer zapfstelle pro behandlungseinheit erforderlich ist. 44b. die tatbestandlichen voraussetzungen für die anordnung der c. e. zur durchführung mikrobiologischer untersuchungen auf legionellen aller wasserführenden behandlungseinheiten der zahnarztpraxis liegen vor. 45bei zahnärztlichen behandlungseinheiten wird wasser über die behandlungseinheit zur kühlung der instrumente oder als spülflüssigkeit für und durch den patienten verwendet. 46die zahnärztliche behandlungseinheit einschließlich des innen befindlichen betriebswassers sind unzweifelhaft medizinprodukte, vgl. §§ 2, 3 mpg a.f. bzw. §§ 2 abs. 1, 3 nr. 1 mpdg i.v.m. art. 2 nr. 1 medizinprodukteverordnung. die trinkwasserverordnung ist dagegen nicht anwendbar (§ 2 abs. 1 satz 2 nr. 4 trinkwv), es handelt sich bei dem wasser um sog. betriebswasser. die kläger sind auch betreiber, denen die pflicht obliegt, ein sicheres und ordnungsgemäßes anwenden der in ihrer gesundheitseinrichtung am patienten eingesetzten medizinprodukte zu gewährleisten, vgl. §§ 2 abs. 2, 3 abs. 1 mpbetreibv. 47die anordnung dient der abwehr einer drohenden gefahr für die öffentliche sicherheit. der begriff der öffentlichen sicherheit umfasst den schutz zentraler rechtsgüter wie leben, gesundheit, freiheit, ehre, eigentum und vermögen des einzelnen sowie die unversehrtheit der rechtsordnung und der staatlichen einrichtungen. eine „gefahr“ (im polizeirechtlichen sinne) bezeichnet eine lage, in der bei ungehindertem ablauf des geschehens ein zustand oder ein verhalten mit hinreichender wahrscheinlichkeit zu einem schaden hinsichtlich der einschlägigen schutzgüter führen würde. 48vgl. wagner, in: rehmann/wagner, 3. auflage 2018, mpg, § 28 rn. 13; webel, in: bergmann/pauge/steinmeyer, gesamtes medizinrecht, mpg, 3. auflage 2018, § 28 rn. 5; häberle, in: erbs/kohlhaas, strafrechtliche nebengesetze, mpdg, 237. el juli 2021, § 78 rn. 3. 49„drohend“ ist eine gefahr, wenn ihr eintritt alsbald bevorsteht; ein unmittelbares bevorstehen ist nicht erforderlich, sonst hätte der gesetzgeber den hierfür allgemein üblichen begriff der gegenwärtigen gefahr verwendet. 50vgl. wagner, in: rehmann/wagner, 3. auflage 2018, mpg, § 28 rn. 13. 51ein einschreiten auf der grundlage dieser normen erfordert dabei nicht, wie die kläger meinen, den nachweis eines konkreten gefahreneintritts. die anordnungsbefugnis setzt bereits präventiv im vorfeld einer gefahr an und begegnet verstößen gegen bestimmungen, die dazu dienen, das auftreten von gefahren zu verhindern. 52vgl. vg köln, urteil vom 29. november 2016 - 7 k 1587/15 -, juris rn. 23. 53es muss zudem stets ein zusammenhang zwischen der drohenden gefahr für die öffentliche sicherheit mit dem zweck des mpg/mpdg bestehen, 54vgl. wagner, in: rehmann/wagner, mpg, 3. auflage 2018, § 28 rn. 13, 55der nach § 1 mpg a.f. bzw. §§ 1, 2 mpdg i.v.m. medizinprodukteverordnung darin liegt, den verkehr mit medizinprodukten zu regeln und dadurch für die sicherheit, eignung und leistung der medizinprodukte sowie die gesundheit und den erforderlichen schutz der patienten, anwender und dritter zu sorgen. 56die kläger verletzen die öffentliche sicherheit mit blick auf den von ihnen zu gewährleistenden gesundheitsschutz ihrer patienten, indem sie ihre dentaleinheiten benutzen, obwohl sie entgegen den allgemein anerkannten regeln der technik (§ 4 abs. 1 mpbetreibv) die angeordneten mikrobiologischen untersuchungen der wasserqualität auf legionellen nicht vornehmen lassen. 57in der zahnmedizin ist die verwendung von kühl- und spülwasser unabdingbar. dazu sind die dentaleinheiten an leitungen angeschlossen, in die wasser aus dem öffentlichen wassernetz eingespeist wird. die zuständigkeit der trinkwasserverordnung endet an der übergabestelle des wassers in die behandlungseinheit. sie gilt also für das wasser in der dentaleinheit, das als „betriebswasser“ bezeichnet wird, nicht. 58vgl. deutscher arbeitskreis für hygiene in der zahnmedizin (dghk), hygieneleitfaden, 14. auflage 2021, stand: 12. februar 2021, s. 43, abrufbar unter: https://www.bzaek.de/fileadmin/pdfs/berufsaus%c3%bcbung/ hygiene/hygieneleitfaden_des_deutschen_arbeitskreises_f%c3%bcr_ hygiene_in_der_zahnmedizin.pdf. 59wenn dieses wasser wieder aus dem gerät austritt und bestimmungsgemäß mit der schleimhaut von patientinnen und patienten in berührung kommt, gelten dafür in deutschland mikrobiologische qualitätsanforderungen, die sich an den vorgaben der trinkwasserverordnung orientieren und in bezug auf bestimmte parameter bzw. spezifische patientengruppen teilweise auch darüber hinausgehen. 60in der krinko-empfehlung „infektionsprävention in der zahnheilkunde - anforderungen an die hygiene“ aus dem jahr 2006 sind anforderungen an die mikrobiologische qualität von betriebswasser aus dentaleinheiten enthalten. bei den in dieser empfehlung niedergelten grundsätzen handelt es sich (weiterhin) um die aktuellen und allgemein anerkannten regeln der technik. zwar wird die empfehlung seit anfang 2021 nicht mehr unter den aktuellen empfehlungen der krinko geführt, sondern ist nunmehr unter „frühere empfehlungen“ bzw. unter „alte, nicht überarbeitete empfehlungen“ der kommission zu finden. eine neufassung der o.g. empfehlung ist von der krinko nicht geplant. kriterien für die bewertung der mikrobiologischen qualität von wasser aus dentaleinheiten sollen in der zukünftigen krinko-empfehlung „hygienische untersuchungen in medizinischen einrichtungen“ thematisiert werden, welche derzeit erarbeitet wird. solange es keinen aktuelleren wissenschaftlichen kenntnisstand zur mikrobiologischen qualität von wasser aus dentaleinheiten gibt, können die aussagen der krinko-empfehlung aus dem jahr 2006 grundsätzlich weiterhin als referenz angesehen werden. wie in den hinweisen zu „früheren empfehlungen“ ausgeführt wird, sind bei der umsetzung, anwendung und fachlichen bewertung der älteren empfehlungen die adressaten der richtlinie gehalten, den abgleich mit dem aktuellen wissenschaftlichen kenntnisstand selbst vorzunehmen. 61vgl. dazu: robert koch-institut, nach welchen kriterien kann die mikrobiologische qualität von wasser aus dentaleinheiten in deutschland bewertet werden?, stand: 31. märz 2021, abrufbar unter: https://www.rki.de/de/content/infekt/krankenhaushygiene/themenaz/z/faq_wasser_aus_dentaleinheiten_fg14_2021-03-19_final_002.html. 62dass es einen von den empfehlungen abweichenden aktuellen wissenschaftlichen kenntnisstand gibt, wurde weder vorgetragen noch ist dies anderweitig ersichtlich. 63vgl. auch: landeszahnärztekammer baden-württemberg, leitfaden wasser führende systeme, stand: juli 2021, abrufbar unter: https://phb.lzk-bw.de/phb-cd/qm/leitfaden_wasser.pdf; arbeitsgemeinschaft der wissenschaftlichen medizinischen fachgesellschaften, hygienische anforderungen an das wasser in zahnärztlichen behandlungseinheiten“ - rg.nr. 075-002, stand: 18. september 2014, abrufbar unter: https://zahnaerzte-sh.de/app/uploads/2017/04/leitlinie_hyg_anforderungen_an-wasser_in_zahnarztpraxis.pdf. 64mikroorganismen aus dem trinkwasser können an der innenwandung der leitungen sog. biofilme bilden. vor allem in phasen der stagnation des wassers (z.b. über nacht und am wochenende bzw. urlaub) und wegen relativ hoher umgebungstemperaturen kann es zu kontaminationen des kühl- und spülwassers kommen. 65vgl. deutscher arbeitskreis für hygiene in der zahnmedizin (dghk), hygieneleitfaden, 14. ausgabe 2021, stand: 12. februar 2021, s. 43, abrufbar unter: https://www.bzaek.de/fileadmin/pdfs/berufsaus%c3%bcbung/ hygiene/hygieneleitfaden_des_deutschen_arbeitskreises_f%c3%bcr_ hygiene_in_der_zahnmedizin.pdf. 66ausweislich der vorbenannten krinko-empfehlung darf in dentaleinheiten gemäß § 3 trinkwv nur wasser eingespeist werden, das den anforderungen der trinkwasserverordnung entspricht. auch bei einhaltung dieses standards werden die wasser führenden systeme z.b. übertragungsinstrumente, mehrfunktionsspritzen, ultraschall zur zahnreinigung, mundspülung) häufig durch verschiedene mikroorganismen besiedelt. diese kolonisieren und vermehren sich an den inneren wandungen der wasser führenden systeme. diese biofilme können in perioden der stagnation zu einer z.t. massiven kontamination des kühlwassers führen. 67bei der kontamination der wasser führenden systeme ist unterschieden zwischen der kontamination durch stagnation des eingespeisten wassers (biofilmbildung) und der kontamination durch blut/sekret des patienten. 68die nachfolgend erläuternden maßnahmen stellen sowohl einzeln als insbesondere auch in kombination taugliche mittel dar, mikrobiellen kontaminationen in wasser führenden systemen in dentaleinheiten entgegenzuwirken: 69- die angaben der gerätehersteller sind zu berücksichtigen und die relevanten betriebsparameter zu kontrollieren. 70- mit desinfektionsanlagen für die wasser führenden systeme der behandlungseinheiten, deren wirksamkeit unter praxisnahen bedingungen nachgewiesen und belegt ist, kann eine verringerung der mikrobiellen kontamination des kühlwassers erreicht werden. 71- […] 72obwohl das erkrankungsrisiko für gesunde patienten oder behandler aufgrund der aus einer biofilmbildung unter umständen resultierenden kontamination des kühl- und spülwassers als gering einzuschätzen ist bzw. ein zusammenhang mit zahnärztlichen behandlungen nur in form von einzelfallberichten vorliegt, entspricht es den allgemein anerkannten prinzipien der infektionsprävention, das risiko von gesundheitsschäden durch verwendung mikrobiologisch unbedenklichen wassers zu reduzieren. 73aufgrund der vorbenannten bewertung des gegenwärtigen standes von wissenschaft und technik sowie der diesbezüglichen geführten diskussion wird die untersuchung der folgenden parameter als geeignet angesehen, den sachgerechten betrieb einer dentaleinheit unter dem aspekt der mikrobiologischen qualität des wassers zu überprüfen: 74die mikrobiologische überprüfung umfasst die bestimmung der koloniezahl bei 36°c sowie die bestimmung von legionellen durch ein labor mit entsprechender erfahrung. die entnahme der zu untersuchenden probe erfolgt nach ablaufen des wassers über einen zeitraum von 20 sekunden und soll durch geschultes personal durchgeführt werden. 75da bei gut gewarteten behandlungseinheiten in der regel eine koloniezahl von 100/ml nicht überschritten wird, können diese werte hier als richtwert angesehen werden; höhere koloniezahlen sprechen für eine ausgedehnte biofilmbesiedlung und erfordern eine intensivierung der spülung vor patientenbehandlung und ggf. eine desinfektion in abstimmung mit dem hersteller. 76das risiko einer legionelleninfektion im zusammenhang mit zahnärztlicher behandlung ist derzeit aufgrund unzureichender epidemiologischer untersuchungen nicht sicher zu charakterisieren. aus gründen des vorsorgenden gesundheitsschutzes sollte der international etablierte richtwert von unter 1 kbe legionellen/1 ml nicht überschritten werden. 77die festlegung von untersuchungsintervallen unterliegt pragmatischen überlegungen. liegen keine anhaltspunkte für mängel vor, erscheinen abstände von 12 monaten sinnvoll. 78jeder verdacht auf eine wasser bedingte infektion durch zahnärztliche behandlung muss eine anlassbezogene nachuntersuchung nach sich ziehen. 79vgl. robert koch-institut, infektionsprävention in der zahnheilkunde, mitteilung der kommission für krankenhaushygiene und infektionsprävention, erscheinungsdatum: 4. oktober 2006, s. 381 ff., bundesgesundheitsblatt 4/2006, abrufbar unter: https://www.rki.de/de/content/infekt/krankenhaus hygiene/kommission/downloads/zahn_rili.pdf?__blob=publicationfile. 80in den letzten jahren sind einzelne berichte von infektionsübertragungen durch kontaminiertes wasser aus dentaleinheiten publiziert worden. so wurde 2012 eine schwere legionella pneumophila-infektion mit letalem ausgang bei einer älteren patientin beschrieben, welche auf kontaminiertes wasser aus der dentaleinheit in einer zahnarztpraxis zurückzuführen war, wo die patientin zuvor behandelt worden war. 2015 erlitten mehrere kinder eine odontogene infektion, mit teilweise schwerem verlauf. die kinder hatten sich nachweislich während einer zahnbehandlung über das wasser aus dentaleinheiten, welches mit mycobacterium abscessus verunreinigt war, angesteckt. 81vgl. dazu: robert koch-institut, nach welchen kriterien kann die mikrobiologische qualität von wasser aus dentaleinheiten in deutschland bewertet werden?, stand: 31. märz 2021, abrufbar unter: https://www.rki.de/de/content/infekt/krankenhaushygiene/themenaz/z/faq_wasser_aus_dentaleinheiten_fg14_2021-03-19_final_002.html. 82nach dieser maßgabe ist die streitgegenständliche anordnung gegenüber den klägern, in deren zahnarztpraxis bereits seit mehreren jahren (unstreitig) keine untersuchungen der wasserführenden behandlungseinheiten auf legionellen durchgeführt worden sind, nicht zu beanstanden. ihr steht insbesondere nicht entgegen, dass es sich bei der kinko-empfehlung nicht um eine „rechtsverbindliche regelung“ in dem sinne handelt, dass dort z.b. überprüfungsintervall und beprobung verbindlich, d.h. ohne entscheidungsspielraum der zuständigen fachbehörde festgelegt werden. denn die anordnung zur durchführung mikrobiologischer untersuchungen der wasserführenden behandlungseinheiten kann erlassen werden, wenn - wie hier - der tatbestand der ermächtigungsgrundlage, die sich im mpg bzw. mpdg befindet, erfüllt ist. ergänzt wird dieser tatbestand durch § 4 mpbetreibv, der die einhaltung der allgemein anerkannten regeln der technik voraussetzt. ausgefüllt wird der unbestimmte rechtsbegriff der „allgemein anerkannten regeln der technik“ durch die stellungnahmen der fachgremien wie der krinko bzw. dem robert koch-institut. letztendlich entscheidet die c. als fachbehörde aber selbst und in der sache verbindlich, ob eine drohende gefahr für die öffentliche sicherheit besteht und welche maßnahmen deswegen zu ergreifen sind. der nach der empfehlung „infektionsprävention in der zahnheilkunde - anforderungen an die hygiene“ bestehende entscheidungsspielraum wird - auch mit blick auf zu berücksichtigende aktuelle entwicklungen und erkenntnisse in der wissenschaft - von der behörde ausgefüllt. 83anders als die kläger meinen, ist auch kein konkreter verdacht einer wasser bedingten infektionsgefahr mit legionellen erforderlich. es genügt - wie dargelegt - eine drohende gefahr. unter berücksichtigung der allgemein anerkannten prinzipien der infektionsprävention, das risiko von gesundheitsschäden durch verwendung mikrobiologisch unbedenklichen wassers zu reduzieren, sind hinreichende verdachtsmomente für das vorliegen dieser - nach gewissen zeitabständen regelhaft eintretenden - drohenden gefahr, wie die c. nachvollziehbar dargelegt hat, dass die ordnungsgemäße qualität des betriebswassers nicht allein von der qualität des zugeführten wassers abhängt, sondern von verschiedenen bedingungen, unter denen die betriebsführenden systeme der behandlungseinheit betrieben werden, wie z.b. die alterung von plastikmaterialien, reinigung, desinfektion, spülung, möglicher rückfluss, wartung, standzeiten. überdies zeigen die langjährigen erfahrungen der überwachungsbehörde bei inspektionen von zahnarztpraxen, dass auffällige werte des betriebswassers jederzeit auch bei bisher unauffälligen überprüfungen auftreten könnten. 84etwas anderes ergibt sich nicht aus dem umstand, dass die behandlungseinheiten jeweils über eine entkeimungsanlage verfügen. über eine automatische erkennung von keimwachstum verfügen die behandlungseinheiten nicht, sodass insbesondere eine verkeimung im display nicht angezeigt wird und damit unerkannt bleibt. im übrigen zeigen die von den klägern selbst vorgelegten untersuchungsergebnisse aus dem jahr 2018, dass das wasser in einzelnen behandlungseinheiten - wenn auch in geringem umfang - keimbelastet war. die von ihnen propagierte keimfreiheit durch die entkeimungsanlage trifft damit nicht zu. hinzu kommt, dass es zu einem keimwachstum in wasserführenden systemen trotz verwendung einer entkeimungsanlage kommen kann. schließlich ist die nutzung einer desinfektionsanlage auch nach den empfehlungen der krinko nur eine maßnahme von mehreren, die letztlich die drohende gefahr der legionellenentstehung und -verbreitung verhindern soll. 85schließlich führen auch die untersuchungen in den jahren 0000 und 0000 nicht dazu, dass die anordnung nicht hätte erlassen werden dürfen. zum einen liegen die beprobungen bereits über drei jahre zurück, sodass das übliche intervall von 12 monaten längst überschritten ist. zum anderen basieren die ergebnisse aus dem jahr 0000 auf einer nicht akkreditierten entnahme durch den kläger zu 1. und ist die untersuchung insgesamt unzureichend, weil die proben in den jahren 0000/0000 jeweils an derselben entnahmestelle gezogen worden sind und eine begutachtung der behandlungseinheit 5 gänzlich fehlt. 86im übrigen wird zur weiteren begründung und vermeidung von wiederholungen bezug genommen auf die ausführungen in dem streitgegenständlichen bescheid der c. , denen sich die erkennende einzelrichterin nach eigener würdigung nach sach- und rechtslage anschließt. 87c. ist der tatbestand erfüllt, steht im ermessen, welche maßnahme die zuständige behörde im einzelfall anordnet. sie hat dabei den verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu beachten. 88vgl. wagner, in: rehmann/wagner, 3. auflage 2018, mpg, § 28 rn. 13; häberle, in: erbs/kohlhaas, strafrechtliche nebengesetze, mpdg, 237. el juli 2021, § 78 rn. 3. 89dies berücksichtigend ist die anordnung im rahmen der insoweit eingeschränkten gerichtlichen überprüfungskompetenz (vgl. § 114 satz 1 vwgo) nicht zu beanstanden. die c. hat erkannt, dass ihr ermessen eingeräumt ist. sie hat das ihr eingeräumte ermessen am zweck der gesetzlichen regelung ausgerichtet und es in einer nicht zu beanstandenden weise ausgeübt. insoweit wird auf die ausführungen in dem streitgegenständlichen bescheid bezug genommen. ergänzend weist die kammer darauf hin, dass ein ermessensfehler auch nicht deswegen vorliegt, weil in der zahnarztpraxis neben der für die wasseruntersuchung anfallenden kosten weitere ausgaben zum schutz der patienten zu tätigen sind. ungeachtet dessen haben die kläger weder die anfallenden kosten konkretisiert noch ansatzweise nachvollziehbar eine deswegen bestehende unzumutbarkeit dargelegt. 902. die zwangsgeldandrohung in ziffer 2 der verfügungen vom 00.00.0000 ist ebenfalls rechtmäßig und verletzt die kläger nicht in ihren rechten. sie beruht auf §§ 55, 60, 63 vwvg nrw. zur begründung und vermeidung von wiederholungen nimmt die erkennende einzelrichterin bezug auf die ausführungen im bescheid der c. , denen sie sich nach eigener würdigung anschließt. 91die kostenentscheidung ergeht gemäß § 154 abs. 1 vwgo. die anordnungen über die vorläufige vollsteckbarkeit beruhen auf § 167 vwgo i.v.m. §§ 708 f. zpo.
Verklagte*r
0
116,494
2 K 6666/16
2016-10-31T00:00:00
Gerichtsbescheid
Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin. Der Gerichtsbescheid ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% der aufgrund des Gerichtsbescheides vollstreckbaren Kosten abwenden, wenn nicht das beklagte Land vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% der jeweils vollstreckbaren Kosten leistet. 1 2Tatbestand: 3Die am 00.00.1963 geborene Klägerin bestand am 6. Februar 2007 ihre Zweite Staatsprüfung für das Lehramt an Berufskollegs in den Fächern Wirtschaftswissenschaft und Betriebswirtschaftliche Finanzierungslehre mit der Gesamtnote befriedigend (3,3). Seit dem 1. Februar 2009 ist sie unbefristet als tarifangestellte Lehrkraft des beklagten Landes im öffentlichen Schuldienst beschäftigt. 4Mit Schreiben vom 15. Mai 2009 legte sie gegen die Ablehnung ihrer Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe „Widerspruch“ ein. Zur Begründung verwies sie auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 19. Februar 2009 - 2 C 18.07 -, wonach die nordrhein-westfälischen Regelungen über Einstellungshöchstaltersgrenzen unwirksam seien. Diesen Antrag lehnte die Bezirksregierung E. mit bestandskräftigem Bescheid vom 6. November 2009 ab. 5Unter dem 19. Juni 2015 begehrte die Klägerin erneut ihre Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe unter Hinweis auf die (nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 21. April 2015, 2 BvR 1322/12 und 2 BvR 1989/12) unwirksame Höchstaltersgrenze. 6Mit Art. 1 Ziffer 2 des Gesetzes zur Neuregelung der Höchstaltersgrenzen für die Einstellung in ein Beamtenverhältnis im Land Nordrhein-Westfalen und zur Entfristung der Altersteilzeitregelung vom 17. Dezember 2015 (GV. NRW., Seite 938), in Kraft getreten am 31. Dezember 2015, hat der Landesgesetzgeber die Altersgrenze auf die Vollendung des 42. Lebensjahres angehoben. 7Die Bezirksregierung E. lehnte den neuerlichen Verbeamtungsantrag mit Bescheid vom 19. April 2016, zugestellt am 23. April 2016, unter Hinweis auf die vorgenannte gesetzliche Regelung ab. 8Die Klägerin hat am 19. Mai 2016 Klage erhoben. Zur Begründung trägt sie vor, sie habe ihren Verbeamtungsantrag bereits im Sommer 2015 und damit vor Inkrafttreten der Neuregelung am 31. Dezember 2015 (§ 15a LBG NRW a.F.) gestellt. Eine rechtswirksame Altersgrenze habe damit im Zeitpunkt der Antragstellung nicht bestanden, sodass ihrem Antrag hätte stattgegeben werden müssen, da sie auch alle weiteren laufbahn- und dienstrechtlichen Voraussetzungen für die begehrte Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe erfülle. Im Übrigen sei auch die neugeregelte Altersgrenze von 42. Lebensjahren rechtswidrig, weil sie gegen das Verbot der Altersdiskriminierung verstoße. Auch sei diese Altersgrenze willkürlich und nicht ausreichend begründet. 9Die Klägerin beantragt schriftsätzlich, 10das beklagte Land unter Aufhebung des Bescheides vom 19. April 2016 zu verpflichten, ihren Antrag auf Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe vom 19. Juni 2015 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichtes erneut zu bescheiden. 11Das beklagte Land beantragt schriftsätzlich, 12die Klage abzuweisen. 13Zur Begründung wiederholt und vertieft es die Ausführungen aus dem Verwaltungsverfahren. 14Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und des beigezogenen Verwaltungsvorgangs sowie der Personalakte der Klägerin Bezug genommen. 15Entscheidungsgründe: 16Die Kammer konnte durch den Einzelrichter entscheiden, weil sie ihm den Rechtsstreit zur Entscheidung mit Beschluss vom 10. August 2016 übertragen hat (vgl. § 6 Abs. 1 VwGO). 17Gemäß § 84 Abs. 1 VwGO konnte der Einzelrichter ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, weil die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Die Beteiligten sind hierzu unter dem 11. August 2016 angehört worden. 18Die Klage hat keinen Erfolg. Sie ist unbegründet. 19Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Aufhebung des Bescheides vom 19. April 2016 und Neubescheidung ihres Verbeamtungsantrags (vgl. § 113 Abs. 5 VwGO). Die im angegriffenen Bescheid vorgenommene Ablehnung der Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe ist rechtmäßig. Denn die Klägerin überschreitet die Einstellungshöchstaltersgrenze. Maßgebend ist insoweit die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung. Eine Abweichung von diesem Grundsatz ist nicht aufgrund des Umstands geboten, dass die Bezirksregierung E. eine Entscheidung über den Antrag der Klägerin vom 19. Juni 2015 bis zum Inkrafttreten der Neuregelung in § 15a LBG NRW (a. F.) nicht getroffen hat. 20Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 15. November 2011 – 6 A 3/11 –, juris Rn. 16. 21Der Landesgesetzgeber hat mit der am 31. Dezember 2015 in Kraft getretenen Neuregelung in § 15a Abs. 1 LBG NRW, 22- vgl. hierzu Art. 1 Ziffer 2 des Gesetzes zur Neuregelung der Höchstaltersgrenzen für die Einstellung in ein Beamtenverhältnis im Land Nordrhein-Westfalen und zur Entfristung der Altersteilzeitregelung vom 17. Dezember 2015, GV. NRW., Seite 938 - 23die mit Inkrafttreten des Dienstrechtsmodernisierungsgesetzes am 1. Juli 2016 nunmehr inhaltsgleich in § 14 Abs. 3 LBG NRW überführt wurde, die Altersgrenze auf die Vollendung des 42. Lebensjahres angehoben. Diese Grenze überschreitet die am 12. September 1963 geborene Klägerin seit dem Ablauf des 12. September 2005. Die Höchstaltersgrenze überschreitet sie auch unter Berücksichtigung einer möglichen Erhöhung um jeweils drei Jahre aufgrund der Betreuung ihrer beiden Kinder nach § 14 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 und Satz 2 LBG NRW. Auf die Frage, ob die Voraussetzungen für eine Anrechenbarkeit der Betreuungszeiten tatsächlich vorliegen, kommt es daher nicht an. 24Die Kammer hat keine Bedenken an der Wirksamkeit der Neuregelung. Dies gilt auch mit Blick auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 21. April 2015 – 2 BvR 1322/12 und 2 BvR 1989/12 – (juris). Das Bundesverfassungsgericht hat dort den verfassungsrechtlichen Rahmen aufgezeigt, an dem sich Einstellungshöchstaltersgrenzen messen lassen müssen, ohne allerdings die in dem vorgenannten Verfahren in Rede stehende Altersgrenze (Vollendung des 40. Lebensjahres) in Frage zu stellen. Hierauf kam es zwar nach den verfassungsrechtlichen Feststellungen auch nicht mehr entscheidungserheblich an, weil es bereits an einer hinreichend bestimmten Ermächtigungsgrundlage für die Regelung von Einstellungshöchstaltersgrenzen mangelte. Den getroffenen Feststellungen lässt sich nach Auffassung der Kammer aber auch sonst nicht entnehmen, dass der durch die nunmehr gewählte Altersgrenze bewirkte Eingriff in Art. 12 Abs. 1 GG und Art. 33 Abs. 2 GG verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigt ist. Vielmehr hat das Bundesverfassungsgericht festgestellt, dass dem (Landes-) Gesetzgeber bei der Einführung von Einstellungshöchstaltersgrenzen für Beamte ein Gestaltungsspielraum einzuräumen ist. Hinzu kommt, dass das Bundesverwaltungsgericht mit Urteil vom 23. Februar 2012 – 2 C 76.10 –, juris, die vormalige Höchstaltersgrenze (Vollendung des 40. Lebensjahres) für verfassungsgemäß gehalten hat. Nichts anderes kann nach Auffassung der Kammer für die im Streit stehende Altersgrenze gelten. 25Vgl. auch jüngst BVerwG, Urteil vom 10. November 2016 - 2 C 11. 15 -, juris (Pressemitteilung). 26Die Klägerin kann ihr Verbeamtungsbegehren auch nicht mit Erfolg auf § 14 Abs. 10 Satz 1 Nr. 2 LBG NRW stützen. Danach können Ausnahmen von der Höchstaltersgrenze für die Einstellung in das Beamtenverhältnis auf Probe für einzelne Fälle zugelassen werden, wenn sich nachweislich der berufliche Werdegang aus von dem Bewerber nicht zu vertretenden Gründen in einem Maß verzögert hat, welches die Anwendung der Höchstaltersgrenze unbillig erschienen ließe. Das OVG NRW hat zu der inhaltsgleichen Regelung in § 84 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 LVO NRW a.F. unter anderem mit Beschluss vom 11. Juli 2011 – 6 A 2501/10 – (juris), entschieden, dass die vorgenannten Voraussetzungen etwa dann vorliegen, wenn ein Antrag auf Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe rechtswidrig unter Hinweis auf die - von Anfang an unwirksame - Höchstaltersgrenze alten Rechts abgelehnt wurde, der Bewerber hiergegen Rechtsmittel eingelegt hat und zwischenzeitlich die neue Höchstaltersgrenze überschritten ist. Ein solcher Geschehensablauf, bei dem sich der berufliche Werdegang des Bewerbers durch die behördliche Behandlung seines Verbeamtungsantrags verzögert hat, ließe die Anwendung der Altersgrenze unbillig erscheinen. Hier liegt der Fall allerdings anders. Die Überalterung der Klägerin ist nicht während eines anhängigen Rechtsmittelverfahrens eingetreten. Der im Jahr 2009 gestellte Verbeamtungsantrag wurde mit bestandskräftigem Bescheid vom 6. November 2009 abgelehnt. Den neuerlichen Antrag vom 19. Juni 2015 hat die Klägerin erst nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 21. April 2015 gestellt. 27Auch die von der Klägerin monierte Nichtbescheidung des Antrags vom 19. Juni 2015 durch die Bezirksregierung E. während des Zeitraums bis zum Inkrafttreten der Neuregelung in § 15a LBG NRW am 31. Dezember 2015 rechtfertigt angesichts des umgehend nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 21. April 2015 eingeleiteten Gesetzgebungsverfahrens und der zu erwarten gewesenen baldigen Entscheidung des Gesetzgebers keine Ausnahme von der Höchstaltersgrenze aus Billigkeitsgründen nach § 14 Abs. 10 Satz 1 Nr. 2 LBG NRW. 28Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 15. November 2011 – 6 A 3/11 –, juris Rn. 49. 29Gründe, die auf eine Ausnahme aus Billigkeitsgründen nach § 14 Abs. 10 Satz 1 Nr. 2 LBG NRW führen, resultieren auch nicht aus dem geschilderten atypischen Bildungsweg und beruflichen Werdegang der Klägerin. Hieraus ergibt sich vielmehr, dass sie langjährig anderweitige berufliche Tätigkeiten ausgeübt hat, bevor sie sich dem Lehrerberuf zugewandt hat, wie es insbesondere durch die Anerkennung ihres im Jahr 2001 abgeschlossenen Studiums der Volkswirtschaftslehre als Erste Staatsprüfung für das Lehramt an Berufskollegs im Jahr 2004 und damit zu einem Zeitpunkt, als die Klägerin bereits 40 Jahre alt war, zum Ausdruck kommt. Dies spricht allerdings dagegen, dass sich der berufliche Werdegang der Klägerin aus von ihr nicht zu vertretenen Gründen verzögert hat, welches die Anwendung der Höchstaltersgrenze unbillig erscheinen ließe. 30Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, 711 ZPO. 31Beschluss: 32Der Streitwert wird auf die Wertstufe bis 30.000 Euro festgesetzt. 33Gründe: 34Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf § 52 Abs. 6 Satz 1 Nr. 2, Sätze 2 und 3 GKG.
die klage wird abgewiesen. die kosten des verfahrens trägt die klägerin. der gerichtsbescheid ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar.die klägerin darf die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe von 110% der aufgrund des gerichtsbescheides vollstreckbaren kosten abwenden, wenn nicht das beklagte land vor der vollstreckung sicherheit in höhe von 110% der jeweils vollstreckbaren kosten leistet. 1 2
3die am 00.00.1963 geborene klägerin bestand am 6. februar 2007 ihre zweite staatsprüfung für das lehramt an berufskollegs in den fächern wirtschaftswissenschaft und betriebswirtschaftliche finanzierungslehre mit der gesamtnote befriedigend (3,3). seit dem 1. februar 2009 ist sie unbefristet als tarifangestellte lehrkraft des beklagten landes im öffentlichen schuldienst beschäftigt. 4mit schreiben vom 15. mai 2009 legte sie gegen die ablehnung ihrer übernahme in das beamtenverhältnis auf probe „widerspruch“ ein. zur begründung verwies sie auf das urteil des bundesverwaltungsgerichts vom 19. februar 2009 - 2 c 18.07 -, wonach die nordrhein-westfälischen regelungen über einstellungshöchstaltersgrenzen unwirksam seien. diesen antrag lehnte die bezirksregierung e. mit bestandskräftigem bescheid vom 6. november 2009 ab. 5unter dem 19. juni 2015 begehrte die klägerin erneut ihre übernahme in das beamtenverhältnis auf probe unter hinweis auf die (nach der entscheidung des bundesverfassungsgerichts vom 21. april 2015, 2 bvr 1322/12 und 2 bvr 1989/12) unwirksame höchstaltersgrenze. 6mit art. 1 ziffer 2 des gesetzes zur neuregelung der höchstaltersgrenzen für die einstellung in ein beamtenverhältnis im land nordrhein-westfalen und zur entfristung der altersteilzeitregelung vom 17. dezember 2015 (gv. nrw., seite 938), in kraft getreten am 31. dezember 2015, hat der landesgesetzgeber die altersgrenze auf die vollendung des 42. lebensjahres angehoben. 7die bezirksregierung e. lehnte den neuerlichen verbeamtungsantrag mit bescheid vom 19. april 2016, zugestellt am 23. april 2016, unter hinweis auf die vorgenannte gesetzliche regelung ab. 8die klägerin hat am 19. mai 2016 klage erhoben. zur begründung trägt sie vor, sie habe ihren verbeamtungsantrag bereits im sommer 2015 und damit vor inkrafttreten der neuregelung am 31. dezember 2015 (§ 15a lbg nrw a.f.) gestellt. eine rechtswirksame altersgrenze habe damit im zeitpunkt der antragstellung nicht bestanden, sodass ihrem antrag hätte stattgegeben werden müssen, da sie auch alle weiteren laufbahn- und dienstrechtlichen voraussetzungen für die begehrte übernahme in das beamtenverhältnis auf probe erfülle. im übrigen sei auch die neugeregelte altersgrenze von 42. lebensjahren rechtswidrig, weil sie gegen das verbot der altersdiskriminierung verstoße. auch sei diese altersgrenze willkürlich und nicht ausreichend begründet. 9die klägerin beantragt schriftsätzlich, 10das beklagte land unter aufhebung des bescheides vom 19. april 2016 zu verpflichten, ihren antrag auf übernahme in das beamtenverhältnis auf probe vom 19. juni 2015 unter beachtung der rechtsauffassung des gerichtes erneut zu bescheiden. 11das beklagte land beantragt schriftsätzlich, 12die klage abzuweisen. 13zur begründung wiederholt und vertieft es die ausführungen aus dem verwaltungsverfahren. 14wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den inhalt der gerichtsakten und des beigezogenen verwaltungsvorgangs sowie der personalakte der klägerin bezug genommen. 15
16die kammer konnte durch den einzelrichter entscheiden, weil sie ihm den rechtsstreit zur entscheidung mit beschluss vom 10. august 2016 übertragen hat (vgl. § 6 abs. 1 vwgo). 17gemäß § 84 abs. 1 vwgo konnte der einzelrichter ohne mündliche verhandlung durch gerichtsbescheid entscheiden, weil die sache keine besonderen schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher art aufweist und der sachverhalt geklärt ist. die beteiligten sind hierzu unter dem 11. august 2016 angehört worden. 18die klage hat keinen erfolg. sie ist unbegründet. 19die klägerin hat keinen anspruch auf aufhebung des bescheides vom 19. april 2016 und neubescheidung ihres verbeamtungsantrags (vgl. § 113 abs. 5 vwgo). die im angegriffenen bescheid vorgenommene ablehnung der übernahme in das beamtenverhältnis auf probe ist rechtmäßig. denn die klägerin überschreitet die einstellungshöchstaltersgrenze. maßgebend ist insoweit die sach- und rechtslage im zeitpunkt der gerichtlichen entscheidung. eine abweichung von diesem grundsatz ist nicht aufgrund des umstands geboten, dass die bezirksregierung e. eine entscheidung über den antrag der klägerin vom 19. juni 2015 bis zum inkrafttreten der neuregelung in § 15a lbg nrw (a. f.) nicht getroffen hat. 20vgl. ovg nrw, beschluss vom 15. november 2011 – 6 a 3/11 –, juris rn. 16. 21der landesgesetzgeber hat mit der am 31. dezember 2015 in kraft getretenen neuregelung in § 15a abs. 1 lbg nrw, 22- vgl. hierzu art. 1 ziffer 2 des gesetzes zur neuregelung der höchstaltersgrenzen für die einstellung in ein beamtenverhältnis im land nordrhein-westfalen und zur entfristung der altersteilzeitregelung vom 17. dezember 2015, gv. nrw., seite 938 - 23die mit inkrafttreten des dienstrechtsmodernisierungsgesetzes am 1. juli 2016 nunmehr inhaltsgleich in § 14 abs. 3 lbg nrw überführt wurde, die altersgrenze auf die vollendung des 42. lebensjahres angehoben. diese grenze überschreitet die am 12. september 1963 geborene klägerin seit dem ablauf des 12. september 2005. die höchstaltersgrenze überschreitet sie auch unter berücksichtigung einer möglichen erhöhung um jeweils drei jahre aufgrund der betreuung ihrer beiden kinder nach § 14 abs. 5 satz 1 nr. 3 und satz 2 lbg nrw. auf die frage, ob die voraussetzungen für eine anrechenbarkeit der betreuungszeiten tatsächlich vorliegen, kommt es daher nicht an. 24die kammer hat keine bedenken an der wirksamkeit der neuregelung. dies gilt auch mit blick auf den beschluss des bundesverfassungsgerichts vom 21. april 2015 – 2 bvr 1322/12 und 2 bvr 1989/12 – (juris). das bundesverfassungsgericht hat dort den verfassungsrechtlichen rahmen aufgezeigt, an dem sich einstellungshöchstaltersgrenzen messen lassen müssen, ohne allerdings die in dem vorgenannten verfahren in rede stehende altersgrenze (vollendung des 40. lebensjahres) in frage zu stellen. hierauf kam es zwar nach den verfassungsrechtlichen feststellungen auch nicht mehr entscheidungserheblich an, weil es bereits an einer hinreichend bestimmten ermächtigungsgrundlage für die regelung von einstellungshöchstaltersgrenzen mangelte. den getroffenen feststellungen lässt sich nach auffassung der kammer aber auch sonst nicht entnehmen, dass der durch die nunmehr gewählte altersgrenze bewirkte eingriff in art. 12 abs. 1 gg und art. 33 abs. 2 gg verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigt ist. vielmehr hat das bundesverfassungsgericht festgestellt, dass dem (landes-) gesetzgeber bei der einführung von einstellungshöchstaltersgrenzen für beamte ein gestaltungsspielraum einzuräumen ist. hinzu kommt, dass das bundesverwaltungsgericht mit urteil vom 23. februar 2012 – 2 c 76.10 –, juris, die vormalige höchstaltersgrenze (vollendung des 40. lebensjahres) für verfassungsgemäß gehalten hat. nichts anderes kann nach auffassung der kammer für die im streit stehende altersgrenze gelten. 25vgl. auch jüngst bverwg, urteil vom 10. november 2016 - 2 c 11. 15 -, juris (pressemitteilung). 26die klägerin kann ihr verbeamtungsbegehren auch nicht mit erfolg auf § 14 abs. 10 satz 1 nr. 2 lbg nrw stützen. danach können ausnahmen von der höchstaltersgrenze für die einstellung in das beamtenverhältnis auf probe für einzelne fälle zugelassen werden, wenn sich nachweislich der berufliche werdegang aus von dem bewerber nicht zu vertretenden gründen in einem maß verzögert hat, welches die anwendung der höchstaltersgrenze unbillig erschienen ließe. das ovg nrw hat zu der inhaltsgleichen regelung in § 84 abs. 2 satz 1 nr. 2 lvo nrw a.f. unter anderem mit beschluss vom 11. juli 2011 – 6 a 2501/10 – (juris), entschieden, dass die vorgenannten voraussetzungen etwa dann vorliegen, wenn ein antrag auf übernahme in das beamtenverhältnis auf probe rechtswidrig unter hinweis auf die - von anfang an unwirksame - höchstaltersgrenze alten rechts abgelehnt wurde, der bewerber hiergegen rechtsmittel eingelegt hat und zwischenzeitlich die neue höchstaltersgrenze überschritten ist. ein solcher geschehensablauf, bei dem sich der berufliche werdegang des bewerbers durch die behördliche behandlung seines verbeamtungsantrags verzögert hat, ließe die anwendung der altersgrenze unbillig erscheinen. hier liegt der fall allerdings anders. die überalterung der klägerin ist nicht während eines anhängigen rechtsmittelverfahrens eingetreten. der im jahr 2009 gestellte verbeamtungsantrag wurde mit bestandskräftigem bescheid vom 6. november 2009 abgelehnt. den neuerlichen antrag vom 19. juni 2015 hat die klägerin erst nach der entscheidung des bundesverfassungsgerichts vom 21. april 2015 gestellt. 27auch die von der klägerin monierte nichtbescheidung des antrags vom 19. juni 2015 durch die bezirksregierung e. während des zeitraums bis zum inkrafttreten der neuregelung in § 15a lbg nrw am 31. dezember 2015 rechtfertigt angesichts des umgehend nach der entscheidung des bundesverfassungsgerichts vom 21. april 2015 eingeleiteten gesetzgebungsverfahrens und der zu erwarten gewesenen baldigen entscheidung des gesetzgebers keine ausnahme von der höchstaltersgrenze aus billigkeitsgründen nach § 14 abs. 10 satz 1 nr. 2 lbg nrw. 28vgl. ovg nrw, beschluss vom 15. november 2011 – 6 a 3/11 –, juris rn. 49. 29gründe, die auf eine ausnahme aus billigkeitsgründen nach § 14 abs. 10 satz 1 nr. 2 lbg nrw führen, resultieren auch nicht aus dem geschilderten atypischen bildungsweg und beruflichen werdegang der klägerin. hieraus ergibt sich vielmehr, dass sie langjährig anderweitige berufliche tätigkeiten ausgeübt hat, bevor sie sich dem lehrerberuf zugewandt hat, wie es insbesondere durch die anerkennung ihres im jahr 2001 abgeschlossenen studiums der volkswirtschaftslehre als erste staatsprüfung für das lehramt an berufskollegs im jahr 2004 und damit zu einem zeitpunkt, als die klägerin bereits 40 jahre alt war, zum ausdruck kommt. dies spricht allerdings dagegen, dass sich der berufliche werdegang der klägerin aus von ihr nicht zu vertretenen gründen verzögert hat, welches die anwendung der höchstaltersgrenze unbillig erscheinen ließe. 30die kostenentscheidung folgt aus § 154 abs. 1 vwgo. die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit beruht auf § 167 vwgo i.v.m. § 708 nr. 11, 711 zpo. 31beschluss: 32der streitwert wird auf die wertstufe bis 30.000 euro festgesetzt. 33gründe: 34die festsetzung des streitwertes beruht auf § 52 abs. 6 satz 1 nr. 2, sätze 2 und 3 gkg.
Verklagte*r
0
343,765
9 A 361/18
2022-02-21T00:00:00
Urteil
Tenor Die Berufung wird zurückgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen, die dieser selbst trägt. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet. Die Revision wird zugelassen. 1Tatbestand: 2Die Klägerin betreibt bundesweit private Laboratorien und führt u. a. im Auftrag von Lebensmittelunternehmen Analysen bei Lebensmitteln durch. Sie wendet sich gegen die ihr nach § 44 Abs. 4a des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuchs (LFGB) obliegende Meldepflicht. 3Im April 2016 beauftragte die T. GmbH und Co. KG (im Folgenden: Auftraggeberin) die Klägerin mit einer mikrobiologischen Untersuchung des Produkts „C. Mandelkerne“. Die zu untersuchende Probe ging am 15. April 2016 bei der Klägerin ein. Am 19. April 2016 erfolgte die Prüfung des Produkts. Dabei wurde die Probe positiv auf Salmonellen getestet. Am selben Tag informierte die Klägerin die Auftraggeberin über dieses Ergebnis. Zugleich wies sie darauf hin, dass es sich möglicherweise um einen meldepflichtigen Fall nach § 44 Abs. 4a LFGB handele, und bat für das weitere Vorgehen und eine abschließende Beurteilung um weitere Informationen, u. a. um Mitteilung, ob das untersuchte Produkt als Lebensmittel oder Futtermittel in Deutschland in den Verkehr gebracht worden sei. Diese Frage verneinte die Auftraggeberin gegenüber der Klägerin. Daraufhin entschied ein Mitarbeiter der Klägerin am 23. April 2016, dass der Fall nicht meldepflichtig sei. Mit Prüfbericht vom 11. Mai 2016 übermittelte die Klägerin der Auftraggeberin das Ergebnis der mikrobiologischen Untersuchung. Aus dem Bericht ergibt sich das positive Ergebnis in Bezug auf Salmonellen. 4Am 9. November 2016 führte der Beklagte eine Plankontrolle im Betrieb der Auftraggeberin durch. Bei der Überprüfung der mikrobiologischen Eigenkontrollen fanden die Kontrolleure u. a. den Prüfbericht der Klägerin vom 11. Mai 2016 vor. 5Mit Bußgeldbescheid vom 2. Februar 2017 setzte der Beklagte gegen den Beigeladenen als verantwortliche Person im Labor der Klägerin eine Geldbuße in Höhe von 750 Euro wegen Verstoßes gegen § 44 Abs. 4a LFGB fest. Ihm wird angelastet, am 11. Mai 2016 und danach als Verantwortlicher des Labors der Klägerin vorsätzlich die zuständige Behörde entgegen § 44 Abs. 4a LFGB nicht unterrichtet und damit gegen die Meldepflicht verstoßen zu haben. Gegen den Bußgeldbescheid legte der Beigeladene Einspruch ein und beantragte, das Verfahren bis zum rechtskräftigen Abschluss des vorliegenden Verfahrens auszusetzen. 6Am 7. April 2017 hat die Klägerin beim Verwaltungsgericht Aachen Klage erhoben mit dem Begehren, festzustellen, dass eine Meldepflicht in dem dem Bußgeldbescheid zugrunde liegenden Fall nicht bestanden habe. Zur Begründung hat sie im Wesentlichen vorgetragen: Die Klage sei als Feststellungsklage zulässig. Sie diene der Klärung eines hinreichend konkreten Rechtsverhältnisses. Sie, die Klägerin, sei der Auffassung, dass eine Meldepflicht nach § 44 Abs. 4a LFGB trotz eines positiven Salmonellenbefundes nicht bestehe, wenn die betroffene Lebensmittelcharge überhaupt nicht in den Verkehr gelangt sei und das Inverkehrbringen ‑ wie im vorliegenden Fall ‑ vom Auftraggeber gerade davon abhängig gemacht worden sei, dass die Untersuchung der Probe keinen Nachweis von gesundheitsgefährdenden Keimen ergebe (sog. Freigabeuntersuchung). Der Beklagte gehe dagegen auch in diesem Fall von einer Meldepflicht aus. Wegen drohender (weiterer) Bußgeld- bzw. sogar Strafverfahren gegen ihre Mitarbeiter bestehe auch das erforderliche Feststellungsinteresse. Einen im Verwaltungsrechtsweg anfechtbaren Verwaltungsakt gebe es nicht. Eine Verpflichtungsklage sei ebenfalls nicht möglich. 7Die Feststellungsklage sei auch begründet. Ihre Meldepraxis sei rechtmäßig. Eine Meldepflicht bestehe nach § 44 Abs. 4a LFGB nur dann, wenn der Verantwortliche des Labors „Grund zu der Annahme“ habe, dass das Lebensmittel einem Verkehrsverbot nach Art. 14 Abs. 1 VO (EG) Nr. 178/2002 unterliegen würde. Wenn ein Inverkehrbringen des Lebensmittels ‑ wie im Fall einer Freigabeanalyse ‑ ausgeschlossen sei, bestehe jedoch kein Grund für die Annahme eines Verkehrsverbots und mithin auch keine Meldepflicht. Dies nehme auch die ALB-Projektgruppe der Länderarbeitsgemeinschaft Verbraucherschutz (LAV) in dem von ihr erstellten Leitfaden für die Durchführung der Meldungen nach § 44 Abs. 4a und 5a LFGB an. Danach bestehe eine Meldepflicht nur dann, wenn das analysierte Lebensmittel in den Verkehr gebracht werden solle. 8Unabhängig davon bestünden erhebliche Zweifel an der EU-Rechtskonformität der Vorschrift des § 44 Abs. 4a LFGB. Denn die gesetzlichen Meldepflichten im Fall von unsicheren Lebensmitteln seien bereits auf EU-Ebene abschließend in Art. 19 Abs. 1 Satz 1 VO (EG) Nr. 178/2002 geregelt. Die Vorschrift stelle eine Vollharmonisierung dar und regele nicht lediglich einen Mindeststandard. Verantwortlich sei danach allein der Lebensmittelunternehmer. Nach dem Willen des EU-Verordnungsgebers hätten Laboratorien weder eine eigene Verantwortung in der Lebensmittelkette noch eine Berechtigung oder gar eine ausdrückliche Verpflichtung, ohne entsprechende Weisung des jeweiligen Lebensmittelunternehmers Meldungen an die zuständige Überwachungsbehörde zu machen. Eine Anweisung des Lebensmittelunternehmers an das Labor zur Meldung von Untersuchungsergebnissen sehe die Verordnung, anders als im Futtermittelrecht im Bereich der Dioxinüberwachung, nicht vor. Diese Auffassung vertrete auch der Bund für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde e. V. (BLL) in einer Stellungnahme vom 20. Juni 2017 an das Bayerische Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz. Dem EuGH sei daher im Wege des Vorabentscheidungsverfahrens die Frage vorzulegen, ob § 44 Abs. 4a LFGB gegen Art. 19 VO (EG) Nr. 178/2002 verstoße. 9Die Klägerin hat beantragt, 10festzustellen, dass das Untersuchungsergebnis gemäß Prüfbericht der Klägerin vom 11. Mai 2016, der Gegenstand des Bußgeldbescheides des Beklagten vom 2. Februar 2017 (Az.: 39 10 12 / S - 137/16) ist, keine Meldepflicht im Sinne des § 44 Abs. 4a LFGB ausgelöst hat. 11Der Beklagte hat beantragt, 12die Klage abzuweisen. 13Zur Begründung hat er im Wesentlichen vorgetragen: Es bestünden bereits Zweifel an der Zulässigkeit der Feststellungsklage. Es handele sich vorliegend um ein streitiges Rechtsverhältnis, das sich ausschließlich in einer Bußgeldangelegenheit und somit innerhalb des Ordnungswidrigkeitenrechts bewege, welches nach § 68 OWiG den Amtsgerichten zur Entscheidung übertragen sei. Der Verwaltungsrechtsweg sei damit nicht eröffnet. 14Jedenfalls sei die Feststellungsklage nicht begründet. Im konkreten Fall habe eine Meldepflicht bestanden. Entgegen der Auffassung der Klägerin sei die Frage, ob das untersuchte Produkt unmittelbar in den Verkehr gebracht werden solle, für die Frage der Meldepflicht nicht relevant. Im Gesetzgebungsverfahren sei bewusst die Formulierung gewählt worden, dass der Verantwortliche des Labors Grund zu der Annahme habe, dass das Lebensmittel einem Verkehrsverbot „unterliegen würde“ (vorher laut Gesetzentwurf „unterliegt“). Dem Gesetzgeber sei es vor dem Hintergrund des Dioxin-Skandals Ende 2010/Anfang 2011 ein wichtiges Anliegen gewesen, zur Gewährleistung der Lebensmittelsicherheit neue Meldepflichten für Laboratorien sowie Lebensmittel- und Futtermittelunternehmer zu schaffen. Im konkreten Fall habe es sich um eine Kontrolle verkaufsfertiger Packungen zu je 200 g mit vollständigem Werbeaufdruck gehandelt, die nach der Laboruntersuchung in den Verkehr gebracht werden sollten. Das Labor der Klägerin habe demnach „Grund zu der Annahme“ gehabt, dass das Lebensmittel einem Verkehrsverbot unterliegen würde. Weder nach den Angaben der Auftraggeberin noch nach den äußeren Merkmalen des Vorgangs hätten sich Anhaltspunkte dafür ergeben, dass es sich bei dem Produkt etwa um ein Muster im Rahmen von Produktentwicklungen oder um einen Rohstoff handeln könnte, der nicht zum Inverkehrbringen bestimmt sei. Es habe daher kein Grund bestanden, die Meldepflicht zu bezweifeln. Die einmal entstandene Meldepflicht könne auch nicht durch gezielte Rückfragen beim Auftraggeber zu dem beabsichtigten Inverkehrbringen wieder entfallen. Der von der Klägerin angeführte Leitfaden der ALB-Projektgruppe erfasse nicht die vorliegende Fallgestaltung bzw. besage nichts anderes. 15Es bestünden auch keine Zweifel an der EU-Rechtskonformität des § 44 Abs. 4a LFGB. Die EU-Basisverordnung mit Regelungen zur Eigenverantwortung von Lebensmittelunternehmen stehe der Schaffung einer zusätzlichen Meldepflicht für Laboratorien durch den nationalen Gesetzgeber nicht entgegen. Es sei diesem unbenommen, weitergehende Regelungen zu schaffen, solange der Anwendungsvorrang von Unionsvorschriften hierdurch nicht berührt werde. 16Das Verwaltungsgericht hat die Klage durch Urteil vom 8. Dezember 2017 abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Der Verwaltungsrechtsweg sei eröffnet. Die mit der Klage aufgeworfenen Fragen seien dem öffentlichen Recht im Sinne von § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO zuzuordnen. Es liege keine abdrängende Spezialzuweisung vor. Dass der Streitstoff auch Gegenstand eines Ordnungswidrigkeitenverfahrens oder Strafverfahrens sein könne, begründe keine anderweitige gesetzliche Zuweisung. 17Die Klage sei als allgemeine Feststellungsklage statthaft. Dem Feststellungsbegehren liege ein konkretes Rechtsverhältnis zugrunde. Die Beteiligten stritten darüber, ob in der vorliegenden Konstellation der Untersuchung durch ein privates Labor eine Meldepflicht gegenüber der zuständigen Lebensmittelüberwachungsbehörde bestehe. Zwar treffe die Meldepflicht des § 44 Abs. 4a LFGB nicht die Klägerin selbst, weil ihr bzw. ihrem Geschäftsführer gegenüber kein Bußgeldbescheid erlassen worden sei. Gegenstand der Feststellungsklage könne aber auch ein Rechtsverhältnis zwischen einem Dritten und dem Beklagten sein. Das Feststellungsinteresse der Klägerin sei gegeben. Der Klägerin sei als Arbeitgeberin mit Weisungsrecht gegenüber ihren Arbeitnehmern zuzugestehen, sich außerhalb eines allein diese betreffenden Bußgeld- oder Strafverfahrens Klarheit darüber zu verschaffen, ob und in welchem Umfang eine Meldepflicht gegenüber der zuständigen Lebensmittelüberwachungsbehörde bestehe. Dem stehe auch nicht entgegen, dass der verwaltungsgerichtliche Rechtsschutz grundsätzlich nicht vorbeugend konzipiert sei. Es würde gegen die Garantie wirkungsvollen Rechtsschutzes aus Art. 19 Abs. 4 GG verstoßen, die Klägerin bzw. ihre Mitarbeiter auf die ihr zur Verfügung stehenden Rechtsmittel in einem ‑ wie hier bereits eingeleiteten ‑ Bußgeld- bzw. Strafverfahren zu verweisen. Den Arbeitnehmern, zu denen auch der verantwortliche Laborleiter gehöre, sei es nicht zuzumuten, die Klärung verwaltungsrechtlicher Zweifelsfragen „von der Anklagebank herab“ herbeiführen zu müssen. Sie hätten vielmehr ein als schutzwürdig anzuerkennendes Interesse daran, den Verwaltungsrechtsweg als sachnähere und „fachspezifischere“ Rechtsschutzform einzuschlagen, wenn ihnen wegen verwaltungsrechtlicher Fragen ein Straf- oder Ordnungswidrigkeitenverfahren drohe. 18Die Klage sei aber unbegründet. Der verantwortliche Laborleiter der Klägerin habe gegen die gesetzliche Meldepflicht aus § 44 Abs. 4a LFGB verstoßen. Aufgrund des Ergebnisses der mikrobiologischen Untersuchung („Salmonella spp. - Ergebnis: verdächtig“) habe Grund zu der Annahme bestanden, dass das untersuchte Lebensmittel einem Verkehrsverbot unterliegen würde. Bei einem positiven Salmonellenbefund liege die Gesundheitsschädlichkeit des beprobten Lebensmittels auf der Hand. Die Klägerin könne auch nicht mit Erfolg geltend machen, dass es sich um eine sog. Freigabeuntersuchung gehandelt habe, dass mithin ein Inverkehrbringen von dem Untersuchungsergebnis abhängig gemacht worden sei. Der Gesetzgeber habe gerade auch diese Konstellation erfassen wollen. Er habe sicherstellen wollen, dass ein nicht sicheres Lebensmittel auch wirklich nicht in den Verkehr gelange. Der von der Klägerin angeführte Leitfaden der ALB-Projektgruppe führe nicht weiter. Zum einen könne er keine Verbindlichkeit in der Gesetzesinterpretation für sich beanspruchen. Zum anderen beträfen die angeführten Regelungen nicht die Konstellation im vorliegenden Fall. 19Die Regelung des § 44 Abs. 4a LFGB widerspreche auch nicht europarechtlichen Vorgaben. Insbesondere stehe Art. 19 VO (EG) Nr. 178/2002 nicht entgegen. Es bedürfe keiner Entscheidung, ob diese Vorschrift lediglich einen Mindeststandard festlege, der von den Mitgliedstaaten erweitert werden dürfe, oder ob die Regelung als vollständig harmonisiertes Recht anzusehen sei. Denn der europarechtliche Grundsatz der Vollharmonisierung durch eine EU-Verordnung könne einer abweichenden nationalen Regelung nur insoweit entgegenstehen, als sich der Anwendungsbereich der EU-Verordnung erstrecke. Die Verordnung (EG) Nr. 178/2002 erfasse aber allein den Lebensmittel- bzw. Futtermittelunternehmer. Die unionsrechtlich vorgegebene Verantwortlichkeit des Lebensmittelunternehmers werde durch § 44 Abs. 4a LFGB weder erweitert noch suspendiert. 20Dagegen hat die Klägerin rechtzeitig die vom Verwaltungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassene Berufung eingelegt und begründet. Sie vertieft und ergänzt ihr erstinstanzliches Vorbringen und trägt weiter vor: Mit der vom Verwaltungsgericht gegebenen Begründung, der Gesetzgeber habe sicherstellen wollen, dass ein unsicheres Lebensmittel auch wirklich nicht in den Verkehr gelange, sei das in § 44 Abs. 4 Satz 3 LFGB normierte „Privileg“ des primär meldeverantwortlichen Lebensmittelunternehmers nicht haltbar. Es sei nicht nachvollziehbar, warum diesem „eigentlich“ für die Lebensmittelsicherheit Hauptverantwortlichen deutlich weniger Meldepflichten obliegen sollten als dem lediglich sekundär meldeverantwortlichen privaten Labor. Die Meldepflicht des § 44 Abs. 4a LFGB stelle darüber hinaus einen nicht gerechtfertigten Eingriff in ihr Grundrecht auf Achtung des Privatlebens gemäß Art. 8 EMRK und Art. 7 GRCh sowie in das Grundrecht der Berufsfreiheit gemäß Art. 12 Abs. 1 GG dar. Die Meldepflicht sei mit dem im Kundenverhältnis/Auftragsverhältnis geltenden Vertraulichkeitsprinzip sowie der beruflichen Pflicht des Laborverantwortlichen zur Geheimhaltung bestimmter Sachverhalte, die ihm im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit bekannt werden, unvereinbar. Der Eingriff in diese Grundrechte sei weder geeignet, erforderlich oder angemessen, um den vom Gesetzgeber beabsichtigten Zweck einer Verbesserung des gesundheitlichen Verbraucherschutzes zu erreichen. Die zusätzliche Meldepflicht könne einen erhöhten Bürokratieaufwand und damit eine Reduktion der Effektivität sowie der Reaktionsgeschwindigkeit der Behörden zur Folge haben. Die Meldepflicht der Labore könne zudem umgangen werden, indem ausländische Labore, die der Meldepflicht nicht unterlägen, mit der Untersuchung von Proben beauftragt würden. Der nicht rechtskonform agierende Lebensmittelunternehmer werde daher von der Vorschrift des § 44 Abs. 4a LFGB nicht erreicht. Den Laborverantwortlichen werde schließlich eine rechtliche Beurteilung der Frage abverlangt, ob aufgrund des analytischen Befundes ein Verkehrsverbot besteht bzw. bestehen könnte. Dies gehe weit über deren Aufgaben und Verantwortlichkeiten hinaus und könne weder sachlich noch fachlich erwartet werden. Es handele sich dabei um eine reine Rechtsfrage, die Juristen vorbehalten bleibe. Die Laborverantwortlichen müssten das Risiko einer Fehleinschätzung tragen. Eine von der Behörde abweichende Einschätzung könne Sanktionen zur Folge haben. Außerdem bestünden schwere haftungsrechtliche Folgen im Fall einer ungerechtfertigten Ausübung der Meldepflicht. Diese Abwälzung des Haftungsrisikos auf eine Stelle, die lediglich als Auftragnehmer bestimmte wissenschaftliche Tatsachen feststelle, sei nicht hinnehmbar. 21Die Klägerin beantragt, 22festzustellen, dass das Untersuchungsergebnis gemäß Prüfbericht der Klägerin vom 11. Mai 2016, der Gegenstand des Bußgeldbescheides des Beklagten vom 2. Februar 2017 (Az.: 39 10 12 / S - 137/16) ist, keine Meldepflicht im Sinne des § 44 Abs. 4a LFGB ausgelöst hat. 23Der Beklagte beantragt, 24die Berufung zurückzuweisen. 25Zur Begründung verweist er auf sein erstinstanzliches Vorbringen und die Ausführungen des Verwaltungsgerichts im Urteil vom 8. Dezember 2017. Er trägt weiter vor, der von der Klägerin angeführte Vergleich mit Meldepflichten des Lebensmittelunternehmers nach § 44 Abs. 4 LFGB sei nicht zielführend. Der Gesetzgeber dürfe unterschiedliche Meldepflichten für unterschiedliche Adressaten regeln. Im Übrigen habe ein Fall im Sinne von § 44 Abs. 4 LFGB hier auch nicht vorgelegen. Den Lebensmittelunternehmer habe ebenfalls eine Meldepflicht getroffen. Die von der Klägerin darüber hinaus betonte primäre Verantwortung des Lebensmittelunternehmers sei nicht zu bestreiten, schließe aber eine sekundäre Verantwortung Dritter, etwa der Laborverantwortlichen, durch eine spezielle rechtliche Regelung nicht aus. Auch könne aus dieser Eigenverantwortung der Unternehmer nicht hergeleitet werden, dass darüber hinausgehende, weitere Verantwortlichkeiten für den gesundheitlichen Verbraucherschutz nicht geeignet, nicht erforderlich, nicht angemessen und sogar schädlich sein könnten. 26Der mit Beschluss vom 3. Februar 2022 beigeladene Beigeladene stellt keinen Antrag und äußert sich nicht zur Sache. 27Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakten und den beigezogenen Verwaltungsvorgang des Beklagten Bezug genommen. 28Entscheidungsgründe: 29Die Berufung hat keinen Erfolg. 30Gegenstand des Berufungsverfahrens ist das Feststellungsbegehren der Klägerin, das auch Gegenstand der klageabweisenden Entscheidung des Verwaltungsgerichts war. Mit ihrer Berufung verfolgt die Klägerin ihr erstinstanzliches Begehren weiter und erstrebt eine Abänderung des erstinstanzlichen Urteils. Das ergibt sich bereits aus dem im Berufungsbegründungsschriftsatz angekündigten Antrag und ist auch sonst nicht zweifelhaft. Dass in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat der erste Teil des angekündigten Antrags, das Urteil des Verwaltungsgerichts zu ändern, versehentlich nicht wörtlich gestellt worden ist, ist unschädlich. 31Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Feststellungsklage ist zulässig (I.), aber unbegründet (II.). 32I. Die Klage ist als Feststellungsklage gemäß § 43 Abs. 1 VwGO statthaft und auch im Übrigen zulässig. 33Gemäß § 43 Abs. 1 VwGO kann durch Klage die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat. 341. Gegenstand der von der Klägerin erhobenen (negativen) Feststellungsklage ist ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis, und zwar eines zwischen dem Beklagten und dem Beigeladenen. 35Unter einem feststellungsfähigen Rechtsverhältnis sind die rechtlichen Beziehungen zu verstehen, die sich aus einem konkreten Sachverhalt aufgrund einer öffentlich-rechtlichen Norm für das Verhältnis von (natürlichen oder juristischen) Personen untereinander oder einer Person zu einer Sache ergeben. Gegenstand der Feststellungsklage muss ein streitiges konkretes Rechtsverhältnis sein, d. h. es muss „in Anwendung einer Rechtsnorm auf einen bestimmten bereits überschaubaren Sachverhalt streitig“ sein. Unabhängig von der Frage der Konkretisierung des Rechtsverhältnisses setzt ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis voraus, dass zwischen den Parteien dieses Rechtsverhältnisses ein Meinungsstreit besteht, aus dem heraus sich eine Seite berühmt, ein bestimmtes Tun oder Unterlassen der anderen Seite verlangen zu können. Es müssen sich also aus dieser Rechtsbeziehung heraus bestimmte Rechtsfolgen ergeben können, was wiederum die Anwendung von bestimmten Normen auf den konkreten Sachverhalt voraussetzt. Daran fehlt es, wenn nur abstrakte Rechtsfragen wie die Gültigkeit einer Norm zur Entscheidung gestellt werden. Auch bloße Vorfragen oder unselbstständige Elemente eines Rechtsverhältnisses können nicht Gegenstand einer Feststellungsklage sein. 36St. Rspr. des BVerwG, vgl. etwa Urteil vom 28. Januar 2010 ‑ 8 C 19.09 ‑, BVerwGE 136, 54 = juris Rn. 24. 37Es ist nicht erforderlich, dass der die Feststellung begehrende Kläger an dem streitigen Rechtsverhältnis unmittelbar beteiligt ist. Das feststellungsfähige Rechtsverhältnis kann, wenn die weiteren Voraussetzungen vorliegen, auch zwischen einem Beteiligten des Rechtsstreits und einem Dritten bestehen. 38Vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Juni 1997 ‑ 8 C 23.96 ‑ DVBl. 1998, 49 = juris Rn. 17 m. w. N.; Happ, in: Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2018, § 43 Rn. 22 f. 39Auf ein solches Drittrechtsverhältnis bezieht sich vorliegend das Feststellungsbegehren der Klägerin. Es zielt auf die Feststellung des Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses zwischen dem Beklagten und dem Beigeladenen. 40Zwischen dem Beklagten und dem Beigeladenen besteht ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis. Streitig ist zwischen ihnen das Bestehen bzw. Nichtbestehen der in § 44 Abs. 4a LFGB geregelten Meldepflicht des Beigeladenen, der Verantwortlicher eines Labors ‑ hier eines Labors der Klägerin in I. ‑ ist, das Analysen bei Lebensmitteln durchführt. Dass die Meldepflicht nach dieser Vorschrift im konkreten, zur Feststellung gestellten Fall nicht gegenüber dem Beklagten, sondern gegenüber der zuständigen Behörde in Hamburg bestanden hätte, steht der Annahme eines feststellungsfähigen Rechtsverhältnisses zwischen dem Beigeladenen und dem Beklagten nicht entgegen. 41Wird ‑ wie hier ‑ über die Frage gestritten, ob eine Meldepflicht nach § 44 Abs. 4a LFGB anzunehmen ist, besteht die Rechtsbeziehung zwar vorrangig zwischen demjenigen, der meldepflichtig ist, also dem Verantwortlichen des Labors (hier: dem Beigeladenen), und der für die Entgegennahme der Meldung zuständigen Behörde. 42Zum grundsätzlich zwischen Normadressat und Normanwender bestehenden Rechtsverhältnis vgl. BVerwG, Urteil vom 27. April 2021 ‑ 1 C 13.19 ‑, NVwZ-RR 2021, 952 = juris Rn. 15. 43Örtlich zuständige Behörde im Sinne des § 44 Abs. 4a LFGB ist dabei die Behörde am Sitz des Labors (hier: I. ), nicht diejenige am Sitz des Auftraggebers. Das ergibt sich bereits aus dem allgemeinen Verwaltungsverfahrensrecht (vgl. § 3 Abs. 1 Nr. 2 VwVfG) und lässt sich ferner damit begründen, dass dem Labor nicht zugemutet werden kann, in jedem Fall die für den Sitz des Auftraggebers oder den Herstellungsort des Produkts zuständige Behörde zu ermitteln. 44Vgl. Preuß, in: Bülte/Dannecker/Domeier/Gorny/Preuß, LFGB Kommentar, § 44 Rn. 25t; Meyer, in: Meyer/Streinz, LFGB Kommentar, 2. Aufl. 2012, § 44 Rn. 40 a. E. 45Zwischen dem Beigeladenen als Normadressaten und der im konkreten Fall für die Entgegennahme der Meldung zuständigen Behörde in I. besteht jedoch derzeit kein streitiges konkretes Rechtsverhältnis im oben genannten Sinne. 46Allerdings sind im vorliegenden Fall durch das vom Beklagten gegen den Beigeladenen geführte Bußgeldverfahren zwischen diesen Beteiligten Rechtsbeziehungen entstanden, die ein konkretes und streitiges Rechtsverhältnis bilden. Der Beklagte ist der Auffassung, dass eine Meldepflicht des Beigeladenen im Fall des am 19. April 2016 untersuchten Produkts „C. Mandelkerne“ bestanden und der Beigeladene diese Meldung entgegen § 44 Abs. 4a LFGB vorsätzlich unterlassen habe. In eigener Zuständigkeit (vgl. §§ 36 Abs. 2 Satz 1, 37 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2 OWiG, § 1 Abs. 2 Nr. 1 ZustVOVS NRW) hat der Beklagte einen Bußgeldbescheid gegen den Beigeladenen erlassen, gegen den dieser Einspruch erhoben hat, weil er meint, im konkreten Fall einer Freigabeuntersuchung, in der das Lebensmittel noch nicht in den Verkehr gelangt ist, nicht zur Meldung verpflichtet gewesen zu sein. Aufgrund dieses Vorgehens des Beklagten gegenüber dem Beigeladenen haben sich die Rechtsbeziehungen zwischen diesen Beteiligten zu einem Rechtsverhältnis im Sinne des § 43 Abs. 1 VwGO verdichtet. 472. Die an diesem Rechtsverhältnis zwischen dem Beklagten und dem Beigeladenen nicht unmittelbar beteiligte Klägerin hat, wie das Verwaltungsgericht zu Recht angenommen hat, auch das nach § 43 Abs. 1 VwGO erforderliche berechtigte Interesse an der Feststellung. 48Die Zulässigkeit einer Feststellungsklage im Drittrechtsverhältnis ‑ wie hier ‑ setzt voraus, dass das Feststellungsinteresse gerade gegenüber dem Beklagten besteht. 49Vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Juni 1997 ‑ 8 C 23.96 ‑, a. a. O. Rn. 17 m. w. N., und vom 27. April 2021 ‑ 1 C 13.19 ‑, a. a. O. Rn. 15 (für ein Rechtsverhältnis zwischen dem Normadressaten und einem beklagten Dritten); Happ, in: Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2018, § 43 Rn. 22 f. 50Diese Voraussetzung ist hier erfüllt. 51Die Klägerin betreibt bundesweit Labore, die u. a. Analysen bei Lebensmitteln durchführen. Nach ihrer Rechtsauffassung besteht in der zur Feststellung gestellten Konstellation einer Freigabeuntersuchung keine Meldepflicht ihres Labors bzw. ihres Laborverantwortlichen. Der Beklagte nimmt demgegenüber eine Meldepflicht auch im Fall von Freigabeuntersuchungen an und leitet bei fehlender Meldung Bußgeldverfahren gegen den Verantwortlichen des Labors ein. Gegen den Beigeladenen als Verantwortlichen des Labors der Klägerin in I. hat der Beklagte bereits zum zweiten Mal einen Bußgeldbescheid wegen Verstoßes gegen § 44 Abs. 4a LFGB erlassen. Zudem hat der Beklagte die Klägerin, wie sich aus dem Bußgeldbescheid gegen den Beigeladenen vom 2. Februar 2017 ergibt, bereits mit Schreiben vom 26. August 2014 auf die Meldepflicht hingewiesen und die Klägerin aufgefordert, dieser zukünftig nachzukommen. Das berechtigte Interesse der Klägerin an der begehrten gerichtlichen Feststellung folgt unter diesen Umständen aus der Wiederholungsgefahr, also der konkret absehbaren Möglichkeit, dass in naher Zukunft und unter im Wesentlichen unveränderten tatsächlichen und rechtlichen Umständen eine gleiche oder gleichartige Maßnahme des Beklagten gegen ihre Mitarbeiter zu erwarten ist. 52Vgl. hierzu BVerwG, Urteile vom 27. April 2021 ‑ 1 C 13.19 ‑, a. a. O. Rn. 16, und vom 16. Mai 2013 ‑ 8 C 14.12 ‑, BVerwGE 146, 303 = juris Rn. 21. 53Der Annahme eines Feststellungsinteresses der Klägerin steht nicht entgegen, dass die Ordnungswidrigkeitenverfahren nach § 60 Abs. 2 Nr. 22 LFGB i. V. m. § 44 Abs. 4a LFGB gegen die bei der Klägerin tätigen Laborverantwortlichen geführt werden und nicht gegen die Klägerin bzw. ihren Geschäftsführer. Denn (auch) die Klägerin selbst hat gegenüber dem Beklagten ein als schutzwürdig anzuerkennendes ‑ rechtliches ‑ Interesse im Sinne des § 43 Abs. 1 VwGO an der begehrten gerichtlichen Feststellung. Die Klägerin ist als Betreiberin der Labore in der Lage und in der Pflicht, dafür zu sorgen, dass gesetzliche Vorgaben in ihrem Unternehmen eingehalten werden. Als Arbeitgeberin kann sie ihren Mitarbeitern, insbesondere den Verantwortlichen ihrer Labore, etwa Anleitungen zum Umgang mit der gesetzlichen Meldepflicht zur Verfügung stellen und das grundsätzliche Vorgehen bzw. interne Betriebsabläufe in derartigen Fällen regeln. Dadurch kann sie etwaige Verstöße gegen die Meldepflicht ebenso wie ein weiteres Vorgehen des Beklagten gegen ihre Laborverantwortlichen verhindern. Die Klärung der Rechtslage durch die von der Klägerin begehrte gerichtliche Feststellung trägt damit zu einer Befriedung im Verhältnis zum Beklagten bei. 543. Unter dem Gesichtspunkt der Subsidiarität bestehen keine Zulässigkeitsbedenken gegen die Feststellungsklage. 55Nach § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO kann die Feststellung nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. 56Das ist hier nicht der Fall. Die Klägerin kann ihr Begehren nicht in zulässiger Weise durch eine derartige Klage verfolgen. Eine Regelung durch Verwaltungsakt sieht das Gesetz für die Meldepflichten der Labore nicht vor. Auch mit einer Leistungsklage kann die Klägerin ihr Rechtsschutzziel nicht erreichen. 57Entgegen der Auffassung des Beklagten ist auch nicht das Ordnungswidrigkeitenverfahren bzw. eine Klage gegen den Bußgeldbescheid des Beklagten vom 2. Februar 2017 vorrangig vor der verwaltungsgerichtlichen Feststellungsklage. Für die Klägerin besteht diese Möglichkeit einer Klärung der streitigen Fragen im Ordnungswidrigkeitenverfahren bereits nicht, weil sie nicht Adressat des Bußgeldbescheids ist. Sie kann nicht darauf verwiesen werden, dass ein Dritter ‑ hier der Beigeladene ‑ dieses (Klage-)Verfahren, an dem sie selbst nicht beteiligt wäre, durchführen und so eine Klärung herbeiführen könnte. Dies genügt den Anforderungen des Art. 19 Abs. 4 GG nicht. Im Übrigen wäre es, worauf das Verwaltungsgericht zutreffend hingewiesen hat, auch dem Beigeladenen nicht zuzumuten, die Klärung verwaltungsrechtlicher Zweifelsfragen nicht mit der fachspezifischeren Rechtsschutzform erzielen zu können, sondern im Bußgeldverfahren „von der Anklagebank aus“ betreiben zu müssen. 58Vgl. BVerwG, Urteil vom 12. September 2019 ‑ 3 C 3.18 ‑, BVerwGE 166, 265 = juris Rn. 29; BVerfG, Beschluss vom 7. April 2003 ‑ 1 BvR 2129/02 ‑, NVwZ 2003, 856 = juris Rn. 14. 59II. Die Feststellungsklage ist unbegründet. Im Fall der mikrobiologischen Untersuchung der Proben-Nr. 160387587 (Probenbezeichnung: C. Mandelkerne) am 19. April 2016 hätte die zuständige Behörde nach § 44 Abs. 4a LFGB unterrichtet werden müssen (1.). Die in dieser Vorschrift normierte Meldepflicht des Laborverantwortlichen verstößt nicht gegen Europarecht (2.). Sie verletzt auch keine Grundrechte der Klägerin (3.). 601. Der Beigeladene als Verantwortlicher des Labors der Klägerin in I1. , das am 19. April 2016 die oben genannte Probe des Lebensmittels „C. Mandelkerne“ untersucht hat, war zur Unterrichtung der zuständigen Behörde nach § 44 Abs. 4a LFGB verpflichtet. 61Nach dieser Vorschrift hat der Verantwortliche eines Labors, das Analysen bei Lebensmitteln durchführt, die zuständige Behörde von dem Zeitpunkt und dem Ergebnis der Analyse, der angewandten Analysenmethode und dem Auftraggeber der Analyse unverzüglich schriftlich oder elektronisch zu unterrichten, wenn er aufgrund einer von dem Labor erstellten Analyse einer im Inland von einem Lebensmittel gezogenen Probe Grund zu der Annahme hat, dass das Lebensmittel einem Verkehrsverbot nach Art. 14 Abs. 1 VO (EG) Nr. 178/2002 unterliegen würde. 62Diese Voraussetzungen für das Bestehen der Meldepflicht lagen im Fall der Analyse der Probe „C. Mandelkerne“ vor. In diesem konkreten Fall bestand Grund zu der Annahme eines Verkehrsverbots des untersuchten Lebensmittels. 63a) Bei der untersuchten Probe „C. Mandelkerne“ handelt es sich um ein Lebensmittel im Sinne von § 44 Abs. 4a LFGB i. V. m. § 3 Abs. 3 LFGB, Art. 2 VO (EG) Nr. 178/2002. 64b) Entgegen der Auffassung der Klägerin bestand im konkreten Fall für den Beigeladenen als Verantwortlichen des Labors auch „Grund zu der Annahme“, dass die Mandelkerne einem Verkehrsverbot unterliegen würden. 65Aus der Formulierung „Grund zu der Annahme“ ergibt sich, dass dieses Tatbestandsmerkmal sowohl eine objektive als auch eine subjektive Komponente hat. Der „Grund“ für die Annahme eines Verkehrsverbots muss sich aus konkreten tatsächlichen Umständen ergeben; diese Umstände müssen für den Verantwortlichen des Labors bei vernünftiger Betrachtung auch erkennbar sein. Dazu muss eine subjektive Vorstellung („Annahme“) des Verantwortlichen des Labors kommen, wonach die tatsächlichen Umstände zu einem Verkehrsverbot führen. 66Vgl. auch Bay. VGH, Beschluss vom 8. März 2021 ‑ 20 CS 20.2720 ‑, LMuR 2021, 213 = juris Rn. 21; Rathke, in: Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, Stand: Juli 2021, § 44 Rn. 74, 51 f. 67Die Frage, ob der Verantwortliche eines Labors im Sinne des § 44 Abs. 4a LFGB Grund zu der Annahme eines Verkehrsverbots hat, ist danach immer unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände des konkreten Einzelfalls zu beantworten. 68So auch Bay. VGH, Beschluss vom 8. März 2021 ‑ 20 CS 20.2720 ‑, a. a. O. Rn. 23. 69Dazu können als objektive Gesichtspunkte etwa das Analyseergebnis sowie die erkennbare Art bzw. Verwendung des beprobten Lebensmittels gehören. In subjektiver Hinsicht kann insbesondere die Kenntnis des Laborverantwortlichen von den Umständen der Produktion und dem Stand des Herstellungsprozesses, etwa darüber, ob es sich um ein bloßes Muster im Rahmen einer Produktentwicklung oder um ein Vor- oder Zwischenprodukt handelt oder ob weitere Verarbeitungsschritte erfolgen, zu berücksichtigen sein. Da die von dem Verantwortlichen des Labors zu treffende Entscheidung, ob das beprobte Lebensmittel einem Verkehrsverbot unterliegen würde, zudem von rechtlichen Bewertungen abhängt, besteht eine Meldepflicht dann nicht, wenn der Laborverantwortliche aufgrund einer rechtlich vertretbaren Auffassung annimmt, das Verkehrsverbot des Art. 14 Abs. 1 VO (EG) Nr. 178/2002 greife nicht ein. 70So auch Bay. VGH, Beschluss vom 8. März 2021 ‑ 20 CS 20.2720 ‑, a. a. O. Rn. 21 und 23; Rathke, in: Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, Stand: Juli 2021, § 44 Rn. 52. 71Davon ausgehend musste der Beigeladene im Fall der am 16. April 2016 untersuchten Mandelkerne Grund zu der Annahme haben, dass dieses Lebensmittel, das mit Salmonellen belastet war, einem Verkehrsverbot unterliegen würde. 72Ohne Zweifel ‑ zwischen den Beteiligten nicht streitig und für den Beigeladenen damals auch ohne Weiteres erkennbar ‑ besteht ein Verkehrsverbot nach Art. 14 Abs. 1 VO (EG) Nr. 178/2002 für Lebensmittel, die mit Salmonellen belastet sind. Denn dabei handelt es sich um im Sinne dieser Vorschrift nicht sichere Lebensmittel, weil sie gesundheitsschädlich, jedenfalls aber für den Verzehr durch den Menschen ungeeignet sind. 73Auch nach den sonstigen Umständen im konkreten Fall, insbesondere mit Blick auf die erkennbare Art bzw. Verwendung des beprobten Lebensmittels, bestand für den Beigeladenen Grund zu der Annahme eines Verkehrsverbots. Bei den beprobten Mandelkernen handelte es sich um ein zum Verkauf anstehendes, fertig verpacktes Lebensmittel, das erkennbar ‑ nach beanstandungsfreier Analyse ‑ ohne weitere Verarbeitungsschritte in den Verkehr gebracht werden sollte, mithin zum Inverkehrbringen bestimmt war. 74Der Einwand der Klägerin, es habe nicht im Sinne von § 44 Abs. 4a LFGB Grund zu der Annahme bestanden, dass die Mandelkerne einem Verkehrsverbot unterliegen würden, weil ein Inverkehrbringen des Lebensmittels ausgeschlossen gewesen sei, greift nicht durch. Vielmehr besteht auch bei sogenannten Freigabeuntersuchungen, bei denen das Inverkehrbringen des Lebensmittels von einer beanstandungsfreien Analyse abhängig gemacht wird, bzw. dann, wenn der Lebensmittelunternehmer gegenüber dem Labor erklärt, das Lebensmittel in dem unsicheren Zustand nicht in den Verkehr zu bringen, eine Meldepflicht des Laborverantwortlichen. 75Es ist unerheblich, dass das Labor der Klägerin nach Rückfrage bei der Auftraggeberin nach dem Salmonellenfund die (formularmäßige) Auskunft erhalten hat, dass das Produkt in Deutschland (noch) nicht in den Verkehr gebracht worden sei und dass die Ware einer zulässigen Behandlung zur nachweislichen Reduzierung des Schadstoffs auf ein unbedenkliches Maß unterzogen werde. Die Auskunft der Auftraggeberin mag die Annahme des Laborverantwortlichen rechtfertigen, dass das Lebensmittel bislang nicht in den Verkehr gebracht worden ist und ein Inverkehrbringen des Lebensmittels in dem untersuchten Zustand auch nicht erfolgen wird. Sie rechtfertigt indes nicht die Annahme, dass das beprobte Lebensmittel keinem Verkehrsverbot nach Art. 14 Abs. 1 VO (EG) Nr. 178/2002 unterliegen würde. Denn die Frage, ob das Lebensmittel einem Verkehrsverbot unterliegen würde, hängt nicht davon ab, ob das Lebensmittel bereits im Verkehr ist oder der Lebensmittelunternehmer ein Inverkehrbringen in dem unsicheren Zustand beabsichtigt. 76Dieses Ergebnis ergibt sich bereits aus dem Wortlaut des § 44 Abs. 4a LFGB, wonach Grund zu der Annahme bestehen muss, dass das Lebensmittel einem Verkehrsverbot „unterliegen würde“. Die Formulierung im Konjunktiv macht deutlich, dass es allein hypothetisch auf ein Inverkehrbringen ankommt, maßgeblich also ist, ob das Lebensmittel einem Verkehrsverbot unterliegen würde, wenn es im Verkehr wäre. Ferner stellt die Vorschrift nicht darauf ab, dass Grund zu der Annahme bestehen muss, dass eine konkrete Gesundheitsgefahr für Verbraucher besteht. 77Die von der Klägerin angestellten systematischen Erwägungen, namentlich der systematische Vergleich mit der Regelung in § 44 Abs. 4 Satz 3 LFGB, erfordern kein anderes Verständnis des § 44 Abs. 4a LFGB. § 44 Abs. 4 Satz 3 LFGB regelt einen bereits nicht vergleichbaren Fall. Nach dieser Vorschrift besteht für einen Lebensmittelunternehmer dann keine Pflicht zur Unterrichtung der zuständigen Behörde, wenn er ein nicht sicheres pflanzliches Lebensmittel, das ihm angeliefert worden ist oder das er erworben hat und über das er die tatsächliche unmittelbare Sachherrschaft erlangt hat, unschädlich beseitigt hat (Nr. 1) oder so hergestellt oder behandelt hat oder herzustellen oder zu behandeln beabsichtigt, dass es einem Verkehrsverbot nach Art. 14 Abs. 1 VO (EG) Nr. 178/2002 nicht mehr unterliegt (Nr. 2). Die Vorschrift betrifft also eine Situation, in der der Lebensmittelunternehmer die tatsächliche Sachherrschaft über das (pflanzliche) Lebensmittel und damit Einflussmöglichkeiten - Beseitigung, Herstellung, Behandlung ‑ auf den Zustand des Lebensmittels hat. Ein Labor, das Analysen bei Lebensmitteln durchführt, besitzt jedoch weder eine solche Sachherrschaft noch hat es derartige Einflussmöglichkeiten. Den Wertungswiderspruch, den die Klägerin der Sache nach geltend macht, sieht der Senat bereits deshalb nicht. Abgesehen davon zielt jedenfalls die in § 44 Abs. 4 Satz 3 Nr. 2 LFGB geregelte Ausnahme von der Unterrichtungspflicht auf Fallkonstellationen, die nicht mit der hier vorliegenden vergleichbar sind. Erfasst werden sollen von dieser Vorschrift bestimmte Lebensmittel pflanzlicher Herkunft, insbesondere Getreide, die in der Regel vor ihrer Abgabe an den Endverbraucher vom Lebensmittelunternehmer einer Behandlung durch Reinigungs-, Sortier- oder sonstige physikalische Verfahren unterzogen und dabei so behandelt werden, dass sie einem Verkehrsverbot nach Art. 14 Abs. 1 VO (EG) Nr. 178/2002 nicht mehr unterliegen. 78Vgl. BT-Drs. 16/8100, S. 21; Rathke, in: Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, Stand: Juli 2021, § 44 Rn. 67. 79Eine solche Weiterbehandlung vor der Abgabe an den (End-)Verbraucher findet jedoch im Fall von Freigabeuntersuchungen gerade nicht mehr statt. Gegen die systematischen Erwägungen der Klägerin spricht schließlich, dass dem Gesetzgeber bei Schaffung des § 44 Abs. 4a LFGB die Regelung in § 44 Abs. 4 Satz 3 LFGB bekannt war. Gleichwohl hat er eine (entsprechende oder ähnliche) Ausnahme von der Meldepflicht in § 44 Abs. 4a LFGB nicht normiert. Insbesondere hat er keine Ausnahme für die Fälle geregelt, dass es sich bei der vom Labor durchgeführten Analyse um eine Freigabeuntersuchung handelt oder dass der Lebensmittelunternehmer gegenüber dem Labor erklärt, das Lebensmittel in dem unsicheren Zustand nicht in den Verkehr zu bringen. 80Auch die Erwägungen des Gesetzgebers und die Entstehungsgeschichte des § 44 Abs. 4a LFGB sprechen für die oben genannte Auslegung. Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, ist die Vorschrift ‑ durch Art. 1 des Zweiten Gesetzes zur Änderung des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches sowie anderer Vorschriften (2. LFGBuaÄndG) vom 27. Juli 2011 (BGBl. I S. 1608) ‑ als Reaktion auf den Dioxinskandal in des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch eingefügt worden. Mit der Erweiterung des Kreises der Meldepflichtigen auf die Verantwortlichen von Laboren sollte neben den in bestimmten Fällen bereits meldepflichtigen Lebensmittelunternehmern ein Personenkreis in die Meldepflicht einbezogen werden, der an der Herstellung, dem Behandeln oder dem Vertrieb des untersuchten Lebensmittels nicht beteiligt ist und damit keine eigenen wirtschaftlichen Interessen verfolgt. 81Vgl. BR-Drs. 52/11, S. 53 f.; BT-Drs. 17/4984, S. 24. 82Die zunächst noch gewählte Formulierung „unterliegt“ ist aufgrund der Empfehlung des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz in „unterliegen würde“ abgeändert worden. Begründet wurde dies damit, dass die Adressaten für eine Entscheidung über eine Verkehrsfähigkeit eines Erzeugnisses nicht die Labore seien; es erscheine sachgerecht, dies zu verdeutlichen. 83Vgl. BT-Drs. 17/5953, S. 6 und 19. 84Der Gesetzgeber wollte damit ersichtlich dem Umstand Rechnung tragen, dass private Labore keinen Einfluss auf das Inverkehrbringen des untersuchten Erzeugnisses haben und regelmäßig auch kein sicheres Wissen darüber, ob sich das Erzeugnis bereits im Verkehr befindet bzw. wann und unter welchen Voraussetzungen ein Inverkehrbringen durch den Lebensmittelunternehmer beabsichtigt ist. Dazu sollte das Labor nach der Vorstellung des Gesetzgebers auch nicht vor der Meldung zunächst Erkundigungen beim Lebensmittelunternehmer einholen. Dies wird auch dadurch verdeutlicht, dass die Unterrichtung der zuständigen Behörde nach § 44 Abs. 4a LFGB unverzüglich zu erfolgen hat. 85Auch das mit der Vorschrift des § 44 Abs. 4a LFGB beabsichtigte Ziel, die Sicherheit des Verkehrs mit Lebensmitteln und damit den Verbraucherschutz zu erhöhen, bestätigt das hier vertretene Verständnis der Norm. Die Erweiterung der Meldepflicht auf private Labore erhöht die Sicherheit des Verkehrs mit Lebensmitteln. 86So auch Rathke, in: Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, Stand: Juli 2021, § 44 Rn. 72. 87Die Auffassung der Klägerin, zusätzliche Meldungen von Laborverantwortlichen könnten zu einem erhöhten Bürokratieaufwand führen und damit die effektive Reaktion der Behörden beeinträchtigen, teilt der Senat nicht. Es bestehen keine objektiven Anhaltspunkte für die Annahme, die zuständigen Behörden könnten aufgrund der Meldungen von privaten Laboren überfordert sein und ihren Überwachungsaufgaben deshalb nicht mehr in ausreichendem Maße bzw. schlechter als ohne die Meldungen von Laboren nachkommen. In diesem Sinne haben auch die Vertreter des Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erklärt, dass weder aktuell eine Überforderung der zuständigen Behörden bekannt sei noch dies zu befürchten sei, selbst wenn sich die Anzahl an Meldungen von Laboren in Zukunft erhöhte. 88Der von der Klägerin angeführte „Leitfaden für die Durchführung der Meldungen nach § 44 Abs. 4a und 5a Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch (LFGB)“ der ALB-Projektgruppe der Länderarbeitsgemeinschaft Verbraucherschutz (LAV) vom 27./28. September 2012 stellt das hier gefundene Auslegungsergebnis nicht in Frage. Rechtliche Verbindlichkeit kommt dem Leitfaden mangels Rechtsnormcharakter ohnehin nicht zu. Abgesehen davon sind die in dem Leitfaden gegebenen Hinweise aber auch nicht, wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, dahingehend zu verstehen, dass danach in der hier in Rede stehenden Konstellation eine Meldepflicht des Laborverantwortlichen nicht besteht. 89Anders als die Klägerin meint, ergibt sich derartiges nicht aus Ziff. 1a des Leitfadens. Im Gegenteil besteht danach eine Meldepflicht im hier streitigen Fall. Der Hinweis mit der Überschrift „Zweckbestimmung“ bezieht sich auf von dem Labor analysierte Lebensmittel, die nicht in den Verkehr gebracht werden sollen. Genannt sind Muster im Rahmen von Produktentwicklungen oder Rohstoffe, die nicht zum Inverkehrbringen bestimmt sind. Solche Erzeugnisse sind nach Auffassung der Ersteller des Leitfadens nicht von einer Meldeverpflichtung erfasst. Das im vorliegenden Fall analysierte Lebensmittel „C. Mandelkerne“ war jedoch, wie ausgeführt, zum Inverkehrbringen bestimmt. Darüber hinaus weist Satz 3 in Ziff. 1a darauf hin, dass der Verantwortliche des Labors davon ausgehen muss, dass das Lebensmittel zum Inverkehrbringen bestimmt ist, sofern er nicht vom Auftraggeber einen Hinweis erhält, dass es sich beispielsweise um ein Muster im Rahmen von Produktentwicklungen handelt. 90Ziff. 5c des Leitfadens, worauf sich die Klägerin weiter beruft, betrifft einen anderen als den vorliegenden Fall. Nach diesem Hinweis des Leitfadens entfällt die Pflicht (des Labors) zur Meldung, wenn der Verantwortliche des Labors bei einer Nachfrage erfährt, dass das Erzeugnis bereits unschädlich vernichtet oder unschädlich weiterverarbeitet worden ist. Ungeachtet der Frage, ob dies mit der gesetzlichen Regelung in § 44 Abs. 4a LFGB vereinbar ist, hat der Laborverantwortliche im hier streitigen Fall eine solche Auskunft jedenfalls nicht erhalten. Vielmehr hat die Auftraggeberin (nur) mitgeteilt, dass das untersuchte Produkt nicht in den Verkehr gebracht worden sei, und dass die Ware einer Behandlung zur nachweislichen Reduzierung des Schadstoffs auf ein unbedenkliches Maß unterzogen werde. Dass das Erzeugnis unschädlich vernichtet oder weiterverarbeitet worden ist, hat das Labor der Klägerin durch die von ihr veranlasste Nachfrage („Kundenauskunft“) nicht erfahren. 91Den ‑ hier im Streit stehenden ‑ Fall einer Freigabeuntersuchung bzw. den Fall, dass das Labor bei einer Nachfrage erfährt, dass das Lebensmittel noch nicht in den Verkehr gebracht worden ist und dass es einer Behandlung zur Reduzierung des Schadstoffs auf ein unbedenkliches Maß unterzogen wird, regelt der Leitfaden nicht. Das hat auch der Prozessbevollmächtigte der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat eingeräumt und ausgeführt, dass sich die Rechtsauffassung der Klägerin nur mittelbar aus den genannten Ziffern des Leitfadens ergebe. 922. Die in § 44 Abs. 4a LFGB normierte Meldepflicht der Labore verstößt nicht gegen europäisches Recht. Eine vollständige Harmonisierung im Bereich der Meldepflichten über nicht sichere Lebensmittel mit der Folge der Unzulässigkeit weitergehender mitgliedstaatlicher Regelungen hat die VO (EG) Nr. 178/2002 nicht bewirkt (a.). Die Meldepflicht der Laborverantwortlichen ist auch im Übrigen unionsrechtlich nicht zu beanstanden (b.). Eine Vorlage an den EuGH ist nicht erforderlich (c.). 93a. Anders als die Klägerin meint, harmonisiert Art. 19 VO (EG) Nr. 178/2002 die Meldepflichten bei nicht sicheren Lebensmitteln nicht abschließend mit der Folge, dass die Mitgliedstaaten weitergehende Meldepflichten nach nationalem Recht grundsätzlich nicht vorsehen dürften. Nach Art. 19 Abs. 3 Satz 1 VO (EG) Nr. 178/2002 teilt ein Lebensmittelunternehmer, wenn er erkennt oder Grund zu der Annahme hat, dass ein von ihm in Verkehr gebrachtes Lebensmittelmöglicherweise die Gesundheit des Menschen schädigen kann, dies unverzüglich der zuständigen Behörde mit. Nach Art. 19 Abs. 1 VO (EG) Nr. 178/2002 trifft den Lebensmittelunternehmer außerdem die Pflicht zu einer Rücknahme oder einem Rückruf von nicht sicheren Lebensmitteln. Eine Meldepflicht des Verantwortlichen eines Labors, das Lebensmittel analysiert, sieht die Verordnung nicht vor. Das hindert den deutschen Gesetzgeber aber nicht, eine solche Meldepflicht von Laboren auf nationaler Ebene anzuordnen. 94Das Lebensmittelrecht ist in weiten Teilen unionsrechtlich determiniert. Auch die Verordnung (EG) Nr. 178/2002 ist Teil des rechtlichen Rahmens, der die Lebensmittelsicherheit in der Union regelt. 95Vgl. auch Schlussanträge des Generalanwalts vom 11. Februar 2021 im Verfahren C-579/19, juris Rn. 2. 96Durch diese Verordnung sind zwar einzelstaatliche Vorschriften im Bereich des Lebensmittelrechts harmonisiert worden. Nach § 4 Abs. 2 VO (EG) Nr. 178/2002 bilden die in den Artikeln 5 bis 10 der Verordnung festgelegten allgemeinen Grundsätze einen horizontalen Gesamtrahmen, der einzuhalten ist, wenn Maßnahmen getroffen werden. Auch dem fünften Erwägungsgrund lässt sich entnehmen, dass mit der Verordnung harmonisierte Regeln geschaffen werden sollten. Nach dieser Erwägung ist eine Angleichung der Konzepte, Grundsätze und Verfahren des Lebensmittelrechts der Mitgliedstaaten notwendig, um eine gemeinsame Grundlage für Maßnahmen des Lebensmittel- und Futtermittelsektors zu schaffen, die in den Mitgliedstaaten und auf Gemeinschaftsebene erlassen werden. Im Bereich der Meldepflichten bei unsicheren Lebensmitteln ist diese Harmonisierung jedoch nicht abschließend, so dass es den Mitgliedstaaten freigestellt bleibt, unter Beachtung der Regelungen im Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) darüber hinausgehende Regelungen zu treffen. 97So auch Rathke, in: Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, Stand: Juli 2021, § 44 Rn. 50a (zu § 44 Abs. 4); a. A. Sperlich, ZLR 2010, 59 (65); Meyer, in: Meyer/Streinz, LFGB Kommentar, 2. Aufl. 2012, § 44 Rn. 35; Grube, ZLR 2012, 446 (455) und ZLR 2021, 259 (263 f.); Meisterernst/Eberlein, LMuR 2018, 137 (138). 98Aus dem Umstand, dass in Art. 19 VO (EG) Nr. 178/2002 konkrete Plichten der Lebensmittelunternehmer geregelt sind, kann entgegen der Auffassung der Klägerin nicht geschlossen werden, dass deshalb eine Meldepflicht eines Laborverantwortlichen unionsrechtlich nicht zulässig wäre. Art. 19 VO (EG) Nr. 178/2002 regelt allein die Pflichten der Lebensmittelunternehmer, die die primäre rechtliche Verantwortung für die Gewährleistung der Lebensmittelsicherheit tragen (vgl. Erwägungsgrund 30 der Verordnung). Lebensmittelunternehmer trifft nach dieser Vorschrift die Pflicht zu einer Rücknahme, einem Rückruf oder einer Meldung von nicht sicheren Lebensmitteln. Harmonisiert ist danach durch Art. 19 VO (EG) Nr. 178/2002 allenfalls der Bereich der Pflichten der Lebensmittelunternehmer, zu denen etwa auch deren Meldepflichten gehören. Etwaige Pflichten von privaten Laboren, die Lebensmittel analysieren, bzw. von Laborverantwortlichen sind dagegen weder in Art. 19 VO (EG) Nr. 178/2002 geregelt noch in einer anderen Vorschrift der Verordnung; sie verhält sich hierzu nicht. Der Verordnungsgeber hat im Übrigen auch nicht den Bereich der Meldepflichten (für unterschiedliche Personenkreise) generell geregelt, sondern vielmehr unterschiedliche Pflichten (nur) der primär verantwortlichen Lebensmittelunternehmer. Aus einer solchen Regelung lässt sich dann aber nicht der Rückschluss ziehen, Meldepflichten seien abschließend geregelt worden. Ebenso wenig lässt sich aus der Nichtregelung einer Meldepflicht für Labore folgern, dass der Verordnungsgeber diese für nicht zulässig gehalten hätte. Entgegen der Auffassung der Klägerin widerspricht die Meldepflicht der Labore auch nicht dem „Grundprinzip der Eigenverantwortung“ des Lebensmittelunternehmers. Die (primäre) Verantwortung des Lebensmittelunternehmers entsprechend den Vorgaben des Art. 19 VO (EG) Nr. 178/2002 bleibt durch die Meldepflicht der Labore unberührt. Dass der Lebensmittelunternehmer hauptverantwortlich ist für die Gewährleistung der Lebensmittelsicherheit, schließt es nicht aus, dass auch andere Personen oder Stellen (mit‑)verantwortlich sind. 99Gegen eine Vollharmonisierung im Bereich der Meldepflichten sprechen weiter die Verordnungsziele eines hohen Maßes an Schutz für die Gesundheit der Menschen sowie des Schutzes der Verbraucherinteressen (vgl. Art. 1 Abs. 1 Satz 1, Art. 5 Abs. 1 und Art. 8 der Verordnung und Erwägungsgründe 2 und 8). Wie bereits ausgeführt, führt die zusätzliche Meldepflicht privater Labore zu einer erhöhten Sicherheit des Verkehrs mit Lebensmitteln. Ziel der Verordnung ist im Übrigen, wie ebenfalls bereits ausgeführt, eine Angleichung der „Konzepte,Grundsätze und Verfahren“ des Lebensmittelrechts der Mitgliedstaaten (vgl. Art. 4 Abs. 2 der Verordnung und Erwägungsgrund 5). Daraus folgt, dass mit der Verordnung nicht sämtliche Einzelmaßnahmen im Bereich des Lebensmittelrechts harmonisiert werden sollten. 100Dem steht nicht entgegen, dass der Verordnungsgeber auch im Blick hatte, dass unterschiedliche Maßnahmen der Mitgliedstaaten betreffend Lebensmittel das Funktionieren des Binnenmarkts unmittelbar beeinträchtigen können (vgl. Art. 1 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung und Erwägungsgründe 4, 26 und 30). Denn Ziel des Verordnungsgebers ist ersichtlich ein funktionierender Binnenmarkt für sichere Lebensmittel (vgl. Art. 5 Abs. 2 der Verordnung und Erwägungsgründe 1 und 27). Dieses Ziel soll durch eine Angleichung der Konzepte, Grundsätze und Verfahren des Lebensmittelrechts erreicht werden (vgl. Erwägungsgründe 4 und 5), erfordert aber nicht die Harmonisierung aller Einzelmaßnahmen. 101Dieses Ergebnis einer fehlenden Vollharmonisierung im Bereich der Meldepflichten ergibt sich auch aus anderen Vorschriften der Verordnung, die auf mitgliedstaatliches Recht verweisen. So betreiben die Mitgliedstaaten nach Art. 17 Abs. 2 UAbs. 2 VO (EG) Nr. 178/2002 ein System amtlicher Kontrollen und führen andere den Umständen angemessene Maßnahmen durch. Auch Art. 19 Abs. 3 Satz 2 VO (EG) Nr. 178/2002 verweist auf das einzelstaatliche Recht und die einzelstaatliche Rechtspraxis. 102Das (wohl systematische) Argument der Klägerin, die Regelung im Futtermittelrecht, wonach der Futtermittelunternehmer das mit der Durchführung einerDioxinuntersuchung beauftragte Labor anweist, die Ergebnisse dieser Untersuchung der zuständigen Behörde zu melden, falls die maßgeblichen Dioxinhöchstgehalte überschritten wurden (vgl. Anhang II der VO (EG) Nr. 183/2005, Ziff. 7 im Abschnitt „Dioxinüberwachung von Ölen, Fetten und daraus hergestellten Erzeugnissen“), belege, dass ein Labor keine eigene Verantwortung habe, stellt das gefundene Ergebnis nicht in Frage. Der Regelung lässt sich zwar entnehmen, dass der Verordnungsgeber den Futtermittelunternehmer als primär verantwortlich für die Sicherheit von Futtermitteln angesehen hat. Daraus lässt sich indes nicht schließen, dass Labore, die Analysen bei Lebensmitteln durchführen, im Anwendungsbereich der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 nach dem Willen des Verordnungsgebers nicht sekundär Verantwortliche für die Sicherheit von Lebensmitteln sein können. 103A. A. Meyer, in: Meyer/Streinz, LFGB Kommentar, 2. Aufl. 2012, § 44 Rn. 35. 104Im Gegenteil dürfte sich aus dem Fehlen einer entsprechenden Regelung im (unionsrechtlichen) Lebensmittelrecht sogar schließen lassen, dass der Verordnungsgeber insoweit eine Meldepflicht von Laboren bewusst nicht geregelt hat, mithin insoweit eine vollständige Harmonisierung nicht beabsichtigt hat. 105b. Die in § 44 Abs. 4a LFGB geregelte Meldepflicht der Laborverantwortlichen verstößt auch sonst nicht gegen Unionsrecht. Selbst wenn man darin eine Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit (Art. 49 ff. AEUV) der privaten Labore in Deutschland sehen wollte, wäre diese aus Gründen des Gesundheits- und Verbraucherschutzes gerechtfertigt. 106c. Eine Vorlage an den EuGH nach Art. 267 Abs. 2 AEUV ist nicht erforderlich. Nach den oben gemachten Ausführungen lässt sich die Frage der Vereinbarkeit von § 44 Abs. 4a LFGB mit Art. 19 VO (EG) Nr. 178/2002, insbesondere die Frage nach einer etwaigen Harmonisierung von Meldepflichten bei nicht sicheren Lebensmitteln, auch ohne eine Vorlage an den EuGH beantworten. Eine Vorlagepflicht nach Art. 267 Abs. 3 AEUV trifft den Senat, der nicht letztinstanzlich entscheidet, nicht. 1073. Die Meldepflicht der Laborverantwortlichen verletzt die Klägerin nicht in ihren Grundrechten. 108Zur Anwendung kommen hier die Grundrechte des Grundgesetzes und nicht diejenigen der Grundrechtecharta der Europäischen Union. 109Im Geltungsbereich des Rechts der Europäischen Union hängt die Bestimmung der für deutsche Behörden und Gerichte maßgeblichen Grundrechtsverbürgungen grundsätzlich davon ab, ob die zu entscheidende Rechtsfrage unionsrechtlich vollständig determiniert ist. Dies richtet sich in aller Regel nach den Normen, aus denen die Rechtsfolgen für den streitgegenständlichen Fall abzuleiten sind, also danach, ob das streitgegenständliche Rechtsverhältnis und die sich aus ihm konkret ergebenden Rechtsfolgen durch das Unionsrecht oder das nationale Recht festgelegt werden. Maßgeblich sind die im konkreten Fall anzuwendenden Vorschriften in ihrem Kontext, nicht eine allgemeine Betrachtung des in Rede stehenden Regelungsbereichs. 110Vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 27. April 2021 ‑ 2 BvR 206/14 ‑, NVwZ 2021, 1211 = juris Rn. 35, 42, und vom 6. November 2019 ‑ 1 BvR 276/17 ‑, BVerfGE 152, 216 = juris Rn. 78; OVG NRW, Urteil vom 14. Dezember 2021 ‑ 9 A 1531/16 ‑, juris Rn. 144. 111Hiervon ausgehend ist der Streitfall nicht vollständig unionsrechtlich determiniert. Vielmehr wird das streitgegenständliche Rechtsverhältnis durch § 44 Abs. 4a LFGB bestimmt. Dabei handelt es sich nach den vorstehenden Ausführungen ‑ und im Übrigen auch nach Auffassung der Klägerin ‑ um eine rein nationale Vorschrift. 112Im Übrigen dürften aber ohnehin die Grundrechtsgarantien des Grundgesetzes, der Europäischen Menschenrechtskonvention und der Charta der Grundrechte der Europäischen Union einen im Wesentlichen funktional vergleichbaren Schutz gewährleisten und sich in großem Umfang als deckungsgleiche Gewährleistungen darstellen. Das gilt insbesondere für Art. 12 Abs. 1 GG und Art. 16 GRCh. 113Vgl. BVerfG, Beschluss vom 27. April 2021 ‑ 2 BvR 206/14 ‑, a. a. O. Rn. 58, 83. 114a. Die in § 44 Abs. 4a LFGB geregelte Meldepflicht der Laborverantwortlichen verletzt die Klägerin nicht in ihrer Berufsausübungsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG. 115Die Meldepflicht der Laborverantwortlichen beeinträchtigt schon nicht die Berufsausübungsfreiheit der Klägerin. Mit der Verpflichtung zur Unterrichtung der zuständigen Behörde durch ihre Laborverantwortlichen wird von der Klägerin nicht die Offenlegung von Betriebs- oder Geschäftsgeheimnissen verlangt. 116Das Grundrecht der Berufsfreiheit gewährleistet grundsätzlich auch den Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen. 117Vgl. etwa BVerfG, Beschluss vom 14. März 2006 ‑ 1 BvR 2087/03, 1 BvR 2111/03 ‑, BVerfGE 115, 205 = juris Rn. 81 ff. m. w. N. 118Werden Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse durch den Staat offen gelegt oder verlangt er deren Offenlegung, ist Art. 12 Abs. 1 GG in seinem Schutzbereich berührt, weil dadurch die ausschließliche Nutzungsmöglichkeit des betroffenen Wissens für den eigenen Erwerb beeinträchtigt werden kann. Wird exklusives wettbewerbserhebliches Wissen Konkurrenten zugänglich gemacht, mindert dies die Möglichkeiten eines Grundrechtsträgers, die eigene Berufsausübung unter Rückgriff auf dieses Wissen erfolgreich zu gestalten. 119Vgl. etwa BVerfG, Beschluss vom 27. April 2021 ‑ 2 BvR 206/14 ‑, a. a. O. Rn. 52 m. w. N.; OVG NRW, Beschluss vom 23. März 2021 ‑ 9 B 966/20 ‑, NWVBl. 2021, 337 = juris Rn. 48. 120Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse sind alle auf ein Unternehmen bezogenen Tatsachen, Umstände und Vorgänge, die nicht offenkundig, sondern nur einem begrenzten Personenkreis zugänglich sind und an deren Nichtverbreitung der Rechtsträger ein berechtigtes Interesse hat. Betriebsgeheimnisse umfassen im Wesentlichen technisches Wissen im weitesten Sinne; Geschäftsgeheimnisse betreffen vornehmlich kaufmännisches Wissen. Dazu zählen etwa Umsätze, Ertragslagen, Geschäftsbücher, Kundenlisten, Bezugsquellen, Konditionen, Marktstrategien, Unterlagen zur Kreditwürdigkeit, Kalkulationsunterlagen, Patentanmeldungen und sonstige Entwicklungs- und Forschungsprojekte, durch welche die wirtschaftlichen Verhältnisse eines Betriebs maßgeblich bestimmt werden können. 121Vgl. etwa BVerfG, Urteil vom 21. Oktober 2014 ‑ 2 BvE 5/11 ‑, BVerfGE 137, 185 = juris Rn. 182 m. w. N. 122Die nach § 44 Abs. 4a LFGB an die zuständige Behörde zu übermittelnden Informationen, insbesondere das Ergebnis der Analyse und der Auftraggeber der Analyse, sind keine in diesem Sinne schützenswerten Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse der Klägerin. Bei den betreffenden Informationen handelt es sich nicht um exklusives, auf den Betrieb der Klägerin bezogenes technisches oder kaufmännisches Wissen. Das behauptet im Übrigen auch die Klägerin nicht. Sie beruft sich vielmehr auf eine generelle, ihr obliegende Verschwiegenheitspflicht und damit letztlich auf eine Art „Berufsgeheimnis“, das sie als Geschäftsgeheimnis bezeichnet. Um ein Geschäftsgeheimnis im Sinne der oben genannten Definition geht es dabei aber nicht. Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang weiter ausführt, ihre Kunden beauftragten sie in dem Vertrauen darauf, dass „Geschäftsgeheimnisse“, zu denen auch „Informationen zu den eigenen Produkten“ zählten, nicht weitergegeben würden, ist schon nicht erkennbar, dass ein Geschäftsgeheimnis der Klägerin weitergegeben würde. Den Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen ihrer Kunden kann die Klägerin nicht geltend machen. Darüber hinaus ist es kein von Art. 12 Abs. 1 GG geschütztes Betriebsgeheimnis im Sinne der oben genannten Definition, dass ein Lebensmittel gesundheitsschädlich oder aus anderen Gründen nicht sicher ist. 123b. Soweit die Klägerin ‑ unter Berufung auf Art. 7 GRCh und Art. 8 EMRK ‑ eine Verletzung ihres Rechts auf Achtung des (beruflichen bzw. geschäftlichen) Privatlebens geltend macht, ist für eine Grundrechtsverletzung ‑ zur Anwendung käme hier Art. 2 Abs. 1 GG ‑ nichts ersichtlich. Nach den vorstehenden Ausführungen beeinträchtigt die in § 44 Abs. 4a LFGB normierte Meldepflicht der Laborverantwortlichen nicht die berufliche und geschäftliche Tätigkeit der Klägerin unter dem Aspekt des Schutzes von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen, die grundsätzlich (auch) dem Schutz von Art. 8 EMRK und Art. 7 GRCh unterfallen dürften. Insoweit gewährt Art. 2 Abs. 1 GG keinen weitergehenden Schutz. 124Die in § 44 Abs. 4a LFGB normierte Meldepflicht der Laborverantwortlichen berührt auch nicht den Schutzbereich des Rechts der Klägerin auf informationelle Selbstbestimmung. Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin durch die Meldepflicht einer Gefährdung hinsichtlich ihrer spezifischen Freiheitsausübung, hier ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit ausgesetzt wäre, 125vgl. zum Schutzbereich des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung einer juristischen Person etwa BVerfG, Beschluss vom 13. Juni 2007 ‑ 1 BvR 1550/03 u. a. ‑, BVerfGE 118, 168 = juris Rn. 155, 126sind weder von der Klägerin vorgetragen noch sonst ersichtlich. Der von dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat angeführte Vergleich mit Kenntnissen eines Rechtsanwalts über einen Mandanten oder einen Sachverhalt, die dieser Behörden nicht offenbaren dürfe, trägt nicht. Diese Situation ist mit der Weitergabe der von § 44 Abs. 4a LFGB erfassten Informationen an die zuständige Behörde nicht vergleichbar. Weder ist die Klägerin eine natürliche Person noch ein Berufsgeheimnisträger noch geht es bei den hier betroffenen Informationen über ein unsicheres Lebensmittel um eine schutzbedürftige, vertrauliche Kommunikation wie im Verhältnis von Rechtsanwalt und Mandant, die ‑ insbesondere bei Strafverfahren ‑ auch durch das Recht auf ein rechtsstaatlich faires Verfahren begründet ist. 127Vgl. hierzu etwa BVerfG, Beschluss vom 12. April 2005 ‑ 2 BvR 1027/02 ‑, BVerfGE 113, 29 = juris Rn. 87 ff. 128Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 und Abs. 3 VwGO. Dem Beigeladenen können Kosten nicht auferlegt werden, weil dieser keinen Antrag gestellt und sich damit selbst einem Kostenrisiko nicht ausgesetzt hat. 129Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 10, § 711 und § 709 Satz 2 ZPO. 130Die Revision ist wegen grundsätzlicher Bedeutung gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen. Die Fragen der Vereinbarkeit der Meldepflicht von Laborverantwortlichen mit Unionsrecht sowie die Auslegung des § 44 Abs. 4a LFGB sind höchstrichterlich noch nicht geklärt.
die berufung wird zurückgewiesen. die klägerin trägt die kosten des berufungsverfahrens mit ausnahme der außergerichtlichen kosten des beigeladenen, die dieser selbst trägt. das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. die klägerin darf die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe von 110 % des aufgrund des urteils vollstreckbaren betrags abwenden, wenn nicht der beklagte vor der vollstreckung sicherheit in höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden betrags leistet. die revision wird zugelassen. 1
2die klägerin betreibt bundesweit private laboratorien und führt u. a. im auftrag von lebensmittelunternehmen analysen bei lebensmitteln durch. sie wendet sich gegen die ihr nach § 44 abs. 4a des lebensmittel- und futtermittelgesetzbuchs (lfgb) obliegende meldepflicht. 3im april 2016 beauftragte die t. gmbh und co. kg (im folgenden: auftraggeberin) die klägerin mit einer mikrobiologischen untersuchung des produkts „c. mandelkerne“. die zu untersuchende probe ging am 15. april 2016 bei der klägerin ein. am 19. april 2016 erfolgte die prüfung des produkts. dabei wurde die probe positiv auf salmonellen getestet. am selben tag informierte die klägerin die auftraggeberin über dieses ergebnis. zugleich wies sie darauf hin, dass es sich möglicherweise um einen meldepflichtigen fall nach § 44 abs. 4a lfgb handele, und bat für das weitere vorgehen und eine abschließende beurteilung um weitere informationen, u. a. um mitteilung, ob das untersuchte produkt als lebensmittel oder futtermittel in deutschland in den verkehr gebracht worden sei. diese frage verneinte die auftraggeberin gegenüber der klägerin. daraufhin entschied ein mitarbeiter der klägerin am 23. april 2016, dass der fall nicht meldepflichtig sei. mit prüfbericht vom 11. mai 2016 übermittelte die klägerin der auftraggeberin das ergebnis der mikrobiologischen untersuchung. aus dem bericht ergibt sich das positive ergebnis in bezug auf salmonellen. 4am 9. november 2016 führte der beklagte eine plankontrolle im betrieb der auftraggeberin durch. bei der überprüfung der mikrobiologischen eigenkontrollen fanden die kontrolleure u. a. den prüfbericht der klägerin vom 11. mai 2016 vor. 5mit bußgeldbescheid vom 2. februar 2017 setzte der beklagte gegen den beigeladenen als verantwortliche person im labor der klägerin eine geldbuße in höhe von 750 euro wegen verstoßes gegen § 44 abs. 4a lfgb fest. ihm wird angelastet, am 11. mai 2016 und danach als verantwortlicher des labors der klägerin vorsätzlich die zuständige behörde entgegen § 44 abs. 4a lfgb nicht unterrichtet und damit gegen die meldepflicht verstoßen zu haben. gegen den bußgeldbescheid legte der beigeladene einspruch ein und beantragte, das verfahren bis zum rechtskräftigen abschluss des vorliegenden verfahrens auszusetzen. 6am 7. april 2017 hat die klägerin beim verwaltungsgericht aachen klage erhoben mit dem begehren, festzustellen, dass eine meldepflicht in dem dem bußgeldbescheid zugrunde liegenden fall nicht bestanden habe. zur begründung hat sie im wesentlichen vorgetragen: die klage sei als feststellungsklage zulässig. sie diene der klärung eines hinreichend konkreten rechtsverhältnisses. sie, die klägerin, sei der auffassung, dass eine meldepflicht nach § 44 abs. 4a lfgb trotz eines positiven salmonellenbefundes nicht bestehe, wenn die betroffene lebensmittelcharge überhaupt nicht in den verkehr gelangt sei und das inverkehrbringen ‑ wie im vorliegenden fall ‑ vom auftraggeber gerade davon abhängig gemacht worden sei, dass die untersuchung der probe keinen nachweis von gesundheitsgefährdenden keimen ergebe (sog. freigabeuntersuchung). der beklagte gehe dagegen auch in diesem fall von einer meldepflicht aus. wegen drohender (weiterer) bußgeld- bzw. sogar strafverfahren gegen ihre mitarbeiter bestehe auch das erforderliche feststellungsinteresse. einen im verwaltungsrechtsweg anfechtbaren verwaltungsakt gebe es nicht. eine verpflichtungsklage sei ebenfalls nicht möglich. 7die feststellungsklage sei auch begründet. ihre meldepraxis sei rechtmäßig. eine meldepflicht bestehe nach § 44 abs. 4a lfgb nur dann, wenn der verantwortliche des labors „grund zu der annahme“ habe, dass das lebensmittel einem verkehrsverbot nach art. 14 abs. 1 vo (eg) nr. 178/2002 unterliegen würde. wenn ein inverkehrbringen des lebensmittels ‑ wie im fall einer freigabeanalyse ‑ ausgeschlossen sei, bestehe jedoch kein grund für die annahme eines verkehrsverbots und mithin auch keine meldepflicht. dies nehme auch die alb-projektgruppe der länderarbeitsgemeinschaft verbraucherschutz (lav) in dem von ihr erstellten leitfaden für die durchführung der meldungen nach § 44 abs. 4a und 5a lfgb an. danach bestehe eine meldepflicht nur dann, wenn das analysierte lebensmittel in den verkehr gebracht werden solle. 8unabhängig davon bestünden erhebliche zweifel an der eu-rechtskonformität der vorschrift des § 44 abs. 4a lfgb. denn die gesetzlichen meldepflichten im fall von unsicheren lebensmitteln seien bereits auf eu-ebene abschließend in art. 19 abs. 1 satz 1 vo (eg) nr. 178/2002 geregelt. die vorschrift stelle eine vollharmonisierung dar und regele nicht lediglich einen mindeststandard. verantwortlich sei danach allein der lebensmittelunternehmer. nach dem willen des eu-verordnungsgebers hätten laboratorien weder eine eigene verantwortung in der lebensmittelkette noch eine berechtigung oder gar eine ausdrückliche verpflichtung, ohne entsprechende weisung des jeweiligen lebensmittelunternehmers meldungen an die zuständige überwachungsbehörde zu machen. eine anweisung des lebensmittelunternehmers an das labor zur meldung von untersuchungsergebnissen sehe die verordnung, anders als im futtermittelrecht im bereich der dioxinüberwachung, nicht vor. diese auffassung vertrete auch der bund für lebensmittelrecht und lebensmittelkunde e. v. (bll) in einer stellungnahme vom 20. juni 2017 an das bayerische staatsministerium für umwelt und verbraucherschutz. dem eugh sei daher im wege des vorabentscheidungsverfahrens die frage vorzulegen, ob § 44 abs. 4a lfgb gegen art. 19 vo (eg) nr. 178/2002 verstoße. 9die klägerin hat beantragt, 10festzustellen, dass das untersuchungsergebnis gemäß prüfbericht der klägerin vom 11. mai 2016, der gegenstand des bußgeldbescheides des beklagten vom 2. februar 2017 (az.: 39 10 12 / s - 137/16) ist, keine meldepflicht im sinne des § 44 abs. 4a lfgb ausgelöst hat. 11der beklagte hat beantragt, 12die klage abzuweisen. 13zur begründung hat er im wesentlichen vorgetragen: es bestünden bereits zweifel an der zulässigkeit der feststellungsklage. es handele sich vorliegend um ein streitiges rechtsverhältnis, das sich ausschließlich in einer bußgeldangelegenheit und somit innerhalb des ordnungswidrigkeitenrechts bewege, welches nach § 68 owig den amtsgerichten zur entscheidung übertragen sei. der verwaltungsrechtsweg sei damit nicht eröffnet. 14jedenfalls sei die feststellungsklage nicht begründet. im konkreten fall habe eine meldepflicht bestanden. entgegen der auffassung der klägerin sei die frage, ob das untersuchte produkt unmittelbar in den verkehr gebracht werden solle, für die frage der meldepflicht nicht relevant. im gesetzgebungsverfahren sei bewusst die formulierung gewählt worden, dass der verantwortliche des labors grund zu der annahme habe, dass das lebensmittel einem verkehrsverbot „unterliegen würde“ (vorher laut gesetzentwurf „unterliegt“). dem gesetzgeber sei es vor dem hintergrund des dioxin-skandals ende 2010/anfang 2011 ein wichtiges anliegen gewesen, zur gewährleistung der lebensmittelsicherheit neue meldepflichten für laboratorien sowie lebensmittel- und futtermittelunternehmer zu schaffen. im konkreten fall habe es sich um eine kontrolle verkaufsfertiger packungen zu je 200 g mit vollständigem werbeaufdruck gehandelt, die nach der laboruntersuchung in den verkehr gebracht werden sollten. das labor der klägerin habe demnach „grund zu der annahme“ gehabt, dass das lebensmittel einem verkehrsverbot unterliegen würde. weder nach den angaben der auftraggeberin noch nach den äußeren merkmalen des vorgangs hätten sich anhaltspunkte dafür ergeben, dass es sich bei dem produkt etwa um ein muster im rahmen von produktentwicklungen oder um einen rohstoff handeln könnte, der nicht zum inverkehrbringen bestimmt sei. es habe daher kein grund bestanden, die meldepflicht zu bezweifeln. die einmal entstandene meldepflicht könne auch nicht durch gezielte rückfragen beim auftraggeber zu dem beabsichtigten inverkehrbringen wieder entfallen. der von der klägerin angeführte leitfaden der alb-projektgruppe erfasse nicht die vorliegende fallgestaltung bzw. besage nichts anderes. 15es bestünden auch keine zweifel an der eu-rechtskonformität des § 44 abs. 4a lfgb. die eu-basisverordnung mit regelungen zur eigenverantwortung von lebensmittelunternehmen stehe der schaffung einer zusätzlichen meldepflicht für laboratorien durch den nationalen gesetzgeber nicht entgegen. es sei diesem unbenommen, weitergehende regelungen zu schaffen, solange der anwendungsvorrang von unionsvorschriften hierdurch nicht berührt werde. 16das verwaltungsgericht hat die klage durch urteil vom 8. dezember 2017 abgewiesen. zur begründung hat es im wesentlichen ausgeführt: der verwaltungsrechtsweg sei eröffnet. die mit der klage aufgeworfenen fragen seien dem öffentlichen recht im sinne von § 40 abs. 1 satz 1 vwgo zuzuordnen. es liege keine abdrängende spezialzuweisung vor. dass der streitstoff auch gegenstand eines ordnungswidrigkeitenverfahrens oder strafverfahrens sein könne, begründe keine anderweitige gesetzliche zuweisung. 17die klage sei als allgemeine feststellungsklage statthaft. dem feststellungsbegehren liege ein konkretes rechtsverhältnis zugrunde. die beteiligten stritten darüber, ob in der vorliegenden konstellation der untersuchung durch ein privates labor eine meldepflicht gegenüber der zuständigen lebensmittelüberwachungsbehörde bestehe. zwar treffe die meldepflicht des § 44 abs. 4a lfgb nicht die klägerin selbst, weil ihr bzw. ihrem geschäftsführer gegenüber kein bußgeldbescheid erlassen worden sei. gegenstand der feststellungsklage könne aber auch ein rechtsverhältnis zwischen einem dritten und dem beklagten sein. das feststellungsinteresse der klägerin sei gegeben. der klägerin sei als arbeitgeberin mit weisungsrecht gegenüber ihren arbeitnehmern zuzugestehen, sich außerhalb eines allein diese betreffenden bußgeld- oder strafverfahrens klarheit darüber zu verschaffen, ob und in welchem umfang eine meldepflicht gegenüber der zuständigen lebensmittelüberwachungsbehörde bestehe. dem stehe auch nicht entgegen, dass der verwaltungsgerichtliche rechtsschutz grundsätzlich nicht vorbeugend konzipiert sei. es würde gegen die garantie wirkungsvollen rechtsschutzes aus art. 19 abs. 4 gg verstoßen, die klägerin bzw. ihre mitarbeiter auf die ihr zur verfügung stehenden rechtsmittel in einem ‑ wie hier bereits eingeleiteten ‑ bußgeld- bzw. strafverfahren zu verweisen. den arbeitnehmern, zu denen auch der verantwortliche laborleiter gehöre, sei es nicht zuzumuten, die klärung verwaltungsrechtlicher zweifelsfragen „von der anklagebank herab“ herbeiführen zu müssen. sie hätten vielmehr ein als schutzwürdig anzuerkennendes interesse daran, den verwaltungsrechtsweg als sachnähere und „fachspezifischere“ rechtsschutzform einzuschlagen, wenn ihnen wegen verwaltungsrechtlicher fragen ein straf- oder ordnungswidrigkeitenverfahren drohe. 18die klage sei aber unbegründet. der verantwortliche laborleiter der klägerin habe gegen die gesetzliche meldepflicht aus § 44 abs. 4a lfgb verstoßen. aufgrund des ergebnisses der mikrobiologischen untersuchung („salmonella spp. - ergebnis: verdächtig“) habe grund zu der annahme bestanden, dass das untersuchte lebensmittel einem verkehrsverbot unterliegen würde. bei einem positiven salmonellenbefund liege die gesundheitsschädlichkeit des beprobten lebensmittels auf der hand. die klägerin könne auch nicht mit erfolg geltend machen, dass es sich um eine sog. freigabeuntersuchung gehandelt habe, dass mithin ein inverkehrbringen von dem untersuchungsergebnis abhängig gemacht worden sei. der gesetzgeber habe gerade auch diese konstellation erfassen wollen. er habe sicherstellen wollen, dass ein nicht sicheres lebensmittel auch wirklich nicht in den verkehr gelange. der von der klägerin angeführte leitfaden der alb-projektgruppe führe nicht weiter. zum einen könne er keine verbindlichkeit in der gesetzesinterpretation für sich beanspruchen. zum anderen beträfen die angeführten regelungen nicht die konstellation im vorliegenden fall. 19die regelung des § 44 abs. 4a lfgb widerspreche auch nicht europarechtlichen vorgaben. insbesondere stehe art. 19 vo (eg) nr. 178/2002 nicht entgegen. es bedürfe keiner entscheidung, ob diese vorschrift lediglich einen mindeststandard festlege, der von den mitgliedstaaten erweitert werden dürfe, oder ob die regelung als vollständig harmonisiertes recht anzusehen sei. denn der europarechtliche grundsatz der vollharmonisierung durch eine eu-verordnung könne einer abweichenden nationalen regelung nur insoweit entgegenstehen, als sich der anwendungsbereich der eu-verordnung erstrecke. die verordnung (eg) nr. 178/2002 erfasse aber allein den lebensmittel- bzw. futtermittelunternehmer. die unionsrechtlich vorgegebene verantwortlichkeit des lebensmittelunternehmers werde durch § 44 abs. 4a lfgb weder erweitert noch suspendiert. 20dagegen hat die klägerin rechtzeitig die vom verwaltungsgericht wegen grundsätzlicher bedeutung zugelassene berufung eingelegt und begründet. sie vertieft und ergänzt ihr erstinstanzliches vorbringen und trägt weiter vor: mit der vom verwaltungsgericht gegebenen begründung, der gesetzgeber habe sicherstellen wollen, dass ein unsicheres lebensmittel auch wirklich nicht in den verkehr gelange, sei das in § 44 abs. 4 satz 3 lfgb normierte „privileg“ des primär meldeverantwortlichen lebensmittelunternehmers nicht haltbar. es sei nicht nachvollziehbar, warum diesem „eigentlich“ für die lebensmittelsicherheit hauptverantwortlichen deutlich weniger meldepflichten obliegen sollten als dem lediglich sekundär meldeverantwortlichen privaten labor. die meldepflicht des § 44 abs. 4a lfgb stelle darüber hinaus einen nicht gerechtfertigten eingriff in ihr grundrecht auf achtung des privatlebens gemäß art. 8 emrk und art. 7 grch sowie in das grundrecht der berufsfreiheit gemäß art. 12 abs. 1 gg dar. die meldepflicht sei mit dem im kundenverhältnis/auftragsverhältnis geltenden vertraulichkeitsprinzip sowie der beruflichen pflicht des laborverantwortlichen zur geheimhaltung bestimmter sachverhalte, die ihm im rahmen seiner beruflichen tätigkeit bekannt werden, unvereinbar. der eingriff in diese grundrechte sei weder geeignet, erforderlich oder angemessen, um den vom gesetzgeber beabsichtigten zweck einer verbesserung des gesundheitlichen verbraucherschutzes zu erreichen. die zusätzliche meldepflicht könne einen erhöhten bürokratieaufwand und damit eine reduktion der effektivität sowie der reaktionsgeschwindigkeit der behörden zur folge haben. die meldepflicht der labore könne zudem umgangen werden, indem ausländische labore, die der meldepflicht nicht unterlägen, mit der untersuchung von proben beauftragt würden. der nicht rechtskonform agierende lebensmittelunternehmer werde daher von der vorschrift des § 44 abs. 4a lfgb nicht erreicht. den laborverantwortlichen werde schließlich eine rechtliche beurteilung der frage abverlangt, ob aufgrund des analytischen befundes ein verkehrsverbot besteht bzw. bestehen könnte. dies gehe weit über deren aufgaben und verantwortlichkeiten hinaus und könne weder sachlich noch fachlich erwartet werden. es handele sich dabei um eine reine rechtsfrage, die juristen vorbehalten bleibe. die laborverantwortlichen müssten das risiko einer fehleinschätzung tragen. eine von der behörde abweichende einschätzung könne sanktionen zur folge haben. außerdem bestünden schwere haftungsrechtliche folgen im fall einer ungerechtfertigten ausübung der meldepflicht. diese abwälzung des haftungsrisikos auf eine stelle, die lediglich als auftragnehmer bestimmte wissenschaftliche tatsachen feststelle, sei nicht hinnehmbar. 21die klägerin beantragt, 22festzustellen, dass das untersuchungsergebnis gemäß prüfbericht der klägerin vom 11. mai 2016, der gegenstand des bußgeldbescheides des beklagten vom 2. februar 2017 (az.: 39 10 12 / s - 137/16) ist, keine meldepflicht im sinne des § 44 abs. 4a lfgb ausgelöst hat. 23der beklagte beantragt, 24die berufung zurückzuweisen. 25zur begründung verweist er auf sein erstinstanzliches vorbringen und die ausführungen des verwaltungsgerichts im urteil vom 8. dezember 2017. er trägt weiter vor, der von der klägerin angeführte vergleich mit meldepflichten des lebensmittelunternehmers nach § 44 abs. 4 lfgb sei nicht zielführend. der gesetzgeber dürfe unterschiedliche meldepflichten für unterschiedliche adressaten regeln. im übrigen habe ein fall im sinne von § 44 abs. 4 lfgb hier auch nicht vorgelegen. den lebensmittelunternehmer habe ebenfalls eine meldepflicht getroffen. die von der klägerin darüber hinaus betonte primäre verantwortung des lebensmittelunternehmers sei nicht zu bestreiten, schließe aber eine sekundäre verantwortung dritter, etwa der laborverantwortlichen, durch eine spezielle rechtliche regelung nicht aus. auch könne aus dieser eigenverantwortung der unternehmer nicht hergeleitet werden, dass darüber hinausgehende, weitere verantwortlichkeiten für den gesundheitlichen verbraucherschutz nicht geeignet, nicht erforderlich, nicht angemessen und sogar schädlich sein könnten. 26der mit beschluss vom 3. februar 2022 beigeladene beigeladene stellt keinen antrag und äußert sich nicht zur sache. 27wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstands wird auf die gerichtsakten und den beigezogenen verwaltungsvorgang des beklagten bezug genommen. 28
29die berufung hat keinen erfolg. 30gegenstand des berufungsverfahrens ist das feststellungsbegehren der klägerin, das auch gegenstand der klageabweisenden entscheidung des verwaltungsgerichts war. mit ihrer berufung verfolgt die klägerin ihr erstinstanzliches begehren weiter und erstrebt eine abänderung des erstinstanzlichen urteils. das ergibt sich bereits aus dem im berufungsbegründungsschriftsatz angekündigten antrag und ist auch sonst nicht zweifelhaft. dass in der mündlichen verhandlung vor dem senat der erste teil des angekündigten antrags, das urteil des verwaltungsgerichts zu ändern, versehentlich nicht wörtlich gestellt worden ist, ist unschädlich. 31die zulässige berufung ist unbegründet. das verwaltungsgericht hat die klage zu recht abgewiesen. die feststellungsklage ist zulässig (i.), aber unbegründet (ii.). 32i. die klage ist als feststellungsklage gemäß § 43 abs. 1 vwgo statthaft und auch im übrigen zulässig. 33gemäß § 43 abs. 1 vwgo kann durch klage die feststellung des bestehens oder nichtbestehens eines rechtsverhältnisses begehrt werden, wenn der kläger ein berechtigtes interesse an der baldigen feststellung hat. 341. gegenstand der von der klägerin erhobenen (negativen) feststellungsklage ist ein feststellungsfähiges rechtsverhältnis, und zwar eines zwischen dem beklagten und dem beigeladenen. 35unter einem feststellungsfähigen rechtsverhältnis sind die rechtlichen beziehungen zu verstehen, die sich aus einem konkreten sachverhalt aufgrund einer öffentlich-rechtlichen norm für das verhältnis von (natürlichen oder juristischen) personen untereinander oder einer person zu einer sache ergeben. gegenstand der feststellungsklage muss ein streitiges konkretes rechtsverhältnis sein, d. h. es muss „in anwendung einer rechtsnorm auf einen bestimmten bereits überschaubaren sachverhalt streitig“ sein. unabhängig von der frage der konkretisierung des rechtsverhältnisses setzt ein feststellungsfähiges rechtsverhältnis voraus, dass zwischen den parteien dieses rechtsverhältnisses ein meinungsstreit besteht, aus dem heraus sich eine seite berühmt, ein bestimmtes tun oder unterlassen der anderen seite verlangen zu können. es müssen sich also aus dieser rechtsbeziehung heraus bestimmte rechtsfolgen ergeben können, was wiederum die anwendung von bestimmten normen auf den konkreten sachverhalt voraussetzt. daran fehlt es, wenn nur abstrakte rechtsfragen wie die gültigkeit einer norm zur entscheidung gestellt werden. auch bloße vorfragen oder unselbstständige elemente eines rechtsverhältnisses können nicht gegenstand einer feststellungsklage sein. 36st. rspr. des bverwg, vgl. etwa urteil vom 28. januar 2010 ‑ 8 c 19.09 ‑, bverwge 136, 54 = juris rn. 24. 37es ist nicht erforderlich, dass der die feststellung begehrende kläger an dem streitigen rechtsverhältnis unmittelbar beteiligt ist. das feststellungsfähige rechtsverhältnis kann, wenn die weiteren voraussetzungen vorliegen, auch zwischen einem beteiligten des rechtsstreits und einem dritten bestehen. 38vgl. bverwg, urteil vom 27. juni 1997 ‑ 8 c 23.96 ‑ dvbl. 1998, 49 = juris rn. 17 m. w. n.; happ, in: eyermann, vwgo, 15. aufl. 2018, § 43 rn. 22 f. 39auf ein solches drittrechtsverhältnis bezieht sich vorliegend das feststellungsbegehren der klägerin. es zielt auf die feststellung des nichtbestehens eines rechtsverhältnisses zwischen dem beklagten und dem beigeladenen. 40zwischen dem beklagten und dem beigeladenen besteht ein feststellungsfähiges rechtsverhältnis. streitig ist zwischen ihnen das bestehen bzw. nichtbestehen der in § 44 abs. 4a lfgb geregelten meldepflicht des beigeladenen, der verantwortlicher eines labors ‑ hier eines labors der klägerin in i. ‑ ist, das analysen bei lebensmitteln durchführt. dass die meldepflicht nach dieser vorschrift im konkreten, zur feststellung gestellten fall nicht gegenüber dem beklagten, sondern gegenüber der zuständigen behörde in hamburg bestanden hätte, steht der annahme eines feststellungsfähigen rechtsverhältnisses zwischen dem beigeladenen und dem beklagten nicht entgegen. 41wird ‑ wie hier ‑ über die frage gestritten, ob eine meldepflicht nach § 44 abs. 4a lfgb anzunehmen ist, besteht die rechtsbeziehung zwar vorrangig zwischen demjenigen, der meldepflichtig ist, also dem verantwortlichen des labors (hier: dem beigeladenen), und der für die entgegennahme der meldung zuständigen behörde. 42zum grundsätzlich zwischen normadressat und normanwender bestehenden rechtsverhältnis vgl. bverwg, urteil vom 27. april 2021 ‑ 1 c 13.19 ‑, nvwz-rr 2021, 952 = juris rn. 15. 43örtlich zuständige behörde im sinne des § 44 abs. 4a lfgb ist dabei die behörde am sitz des labors (hier: i. ), nicht diejenige am sitz des auftraggebers. das ergibt sich bereits aus dem allgemeinen verwaltungsverfahrensrecht (vgl. § 3 abs. 1 nr. 2 vwvfg) und lässt sich ferner damit begründen, dass dem labor nicht zugemutet werden kann, in jedem fall die für den sitz des auftraggebers oder den herstellungsort des produkts zuständige behörde zu ermitteln. 44vgl. preuß, in: bülte/dannecker/domeier/gorny/preuß, lfgb kommentar, § 44 rn. 25t; meyer, in: meyer/streinz, lfgb kommentar, 2. aufl. 2012, § 44 rn. 40 a. e. 45zwischen dem beigeladenen als normadressaten und der im konkreten fall für die entgegennahme der meldung zuständigen behörde in i. besteht jedoch derzeit kein streitiges konkretes rechtsverhältnis im oben genannten sinne. 46allerdings sind im vorliegenden fall durch das vom beklagten gegen den beigeladenen geführte bußgeldverfahren zwischen diesen beteiligten rechtsbeziehungen entstanden, die ein konkretes und streitiges rechtsverhältnis bilden. der beklagte ist der auffassung, dass eine meldepflicht des beigeladenen im fall des am 19. april 2016 untersuchten produkts „c. mandelkerne“ bestanden und der beigeladene diese meldung entgegen § 44 abs. 4a lfgb vorsätzlich unterlassen habe. in eigener zuständigkeit (vgl. §§ 36 abs. 2 satz 1, 37 abs. 1 nr. 1 alt. 2 owig, § 1 abs. 2 nr. 1 zustvovs nrw) hat der beklagte einen bußgeldbescheid gegen den beigeladenen erlassen, gegen den dieser einspruch erhoben hat, weil er meint, im konkreten fall einer freigabeuntersuchung, in der das lebensmittel noch nicht in den verkehr gelangt ist, nicht zur meldung verpflichtet gewesen zu sein. aufgrund dieses vorgehens des beklagten gegenüber dem beigeladenen haben sich die rechtsbeziehungen zwischen diesen beteiligten zu einem rechtsverhältnis im sinne des § 43 abs. 1 vwgo verdichtet. 472. die an diesem rechtsverhältnis zwischen dem beklagten und dem beigeladenen nicht unmittelbar beteiligte klägerin hat, wie das verwaltungsgericht zu recht angenommen hat, auch das nach § 43 abs. 1 vwgo erforderliche berechtigte interesse an der feststellung. 48die zulässigkeit einer feststellungsklage im drittrechtsverhältnis ‑ wie hier ‑ setzt voraus, dass das feststellungsinteresse gerade gegenüber dem beklagten besteht. 49vgl. bverwg, urteile vom 27. juni 1997 ‑ 8 c 23.96 ‑, a. a. o. rn. 17 m. w. n., und vom 27. april 2021 ‑ 1 c 13.19 ‑, a. a. o. rn. 15 (für ein rechtsverhältnis zwischen dem normadressaten und einem beklagten dritten); happ, in: eyermann, vwgo, 15. aufl. 2018, § 43 rn. 22 f. 50diese voraussetzung ist hier erfüllt. 51die klägerin betreibt bundesweit labore, die u. a. analysen bei lebensmitteln durchführen. nach ihrer rechtsauffassung besteht in der zur feststellung gestellten konstellation einer freigabeuntersuchung keine meldepflicht ihres labors bzw. ihres laborverantwortlichen. der beklagte nimmt demgegenüber eine meldepflicht auch im fall von freigabeuntersuchungen an und leitet bei fehlender meldung bußgeldverfahren gegen den verantwortlichen des labors ein. gegen den beigeladenen als verantwortlichen des labors der klägerin in i. hat der beklagte bereits zum zweiten mal einen bußgeldbescheid wegen verstoßes gegen § 44 abs. 4a lfgb erlassen. zudem hat der beklagte die klägerin, wie sich aus dem bußgeldbescheid gegen den beigeladenen vom 2. februar 2017 ergibt, bereits mit schreiben vom 26. august 2014 auf die meldepflicht hingewiesen und die klägerin aufgefordert, dieser zukünftig nachzukommen. das berechtigte interesse der klägerin an der begehrten gerichtlichen feststellung folgt unter diesen umständen aus der wiederholungsgefahr, also der konkret absehbaren möglichkeit, dass in naher zukunft und unter im wesentlichen unveränderten tatsächlichen und rechtlichen umständen eine gleiche oder gleichartige maßnahme des beklagten gegen ihre mitarbeiter zu erwarten ist. 52vgl. hierzu bverwg, urteile vom 27. april 2021 ‑ 1 c 13.19 ‑, a. a. o. rn. 16, und vom 16. mai 2013 ‑ 8 c 14.12 ‑, bverwge 146, 303 = juris rn. 21. 53der annahme eines feststellungsinteresses der klägerin steht nicht entgegen, dass die ordnungswidrigkeitenverfahren nach § 60 abs. 2 nr. 22 lfgb i. v. m. § 44 abs. 4a lfgb gegen die bei der klägerin tätigen laborverantwortlichen geführt werden und nicht gegen die klägerin bzw. ihren geschäftsführer. denn (auch) die klägerin selbst hat gegenüber dem beklagten ein als schutzwürdig anzuerkennendes ‑ rechtliches ‑ interesse im sinne des § 43 abs. 1 vwgo an der begehrten gerichtlichen feststellung. die klägerin ist als betreiberin der labore in der lage und in der pflicht, dafür zu sorgen, dass gesetzliche vorgaben in ihrem unternehmen eingehalten werden. als arbeitgeberin kann sie ihren mitarbeitern, insbesondere den verantwortlichen ihrer labore, etwa anleitungen zum umgang mit der gesetzlichen meldepflicht zur verfügung stellen und das grundsätzliche vorgehen bzw. interne betriebsabläufe in derartigen fällen regeln. dadurch kann sie etwaige verstöße gegen die meldepflicht ebenso wie ein weiteres vorgehen des beklagten gegen ihre laborverantwortlichen verhindern. die klärung der rechtslage durch die von der klägerin begehrte gerichtliche feststellung trägt damit zu einer befriedung im verhältnis zum beklagten bei. 543. unter dem gesichtspunkt der subsidiarität bestehen keine zulässigkeitsbedenken gegen die feststellungsklage. 55nach § 43 abs. 2 satz 1 vwgo kann die feststellung nicht begehrt werden, soweit der kläger seine rechte durch gestaltungs- oder leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. 56das ist hier nicht der fall. die klägerin kann ihr begehren nicht in zulässiger weise durch eine derartige klage verfolgen. eine regelung durch verwaltungsakt sieht das gesetz für die meldepflichten der labore nicht vor. auch mit einer leistungsklage kann die klägerin ihr rechtsschutzziel nicht erreichen. 57entgegen der auffassung des beklagten ist auch nicht das ordnungswidrigkeitenverfahren bzw. eine klage gegen den bußgeldbescheid des beklagten vom 2. februar 2017 vorrangig vor der verwaltungsgerichtlichen feststellungsklage. für die klägerin besteht diese möglichkeit einer klärung der streitigen fragen im ordnungswidrigkeitenverfahren bereits nicht, weil sie nicht adressat des bußgeldbescheids ist. sie kann nicht darauf verwiesen werden, dass ein dritter ‑ hier der beigeladene ‑ dieses (klage-)verfahren, an dem sie selbst nicht beteiligt wäre, durchführen und so eine klärung herbeiführen könnte. dies genügt den anforderungen des art. 19 abs. 4 gg nicht. im übrigen wäre es, worauf das verwaltungsgericht zutreffend hingewiesen hat, auch dem beigeladenen nicht zuzumuten, die klärung verwaltungsrechtlicher zweifelsfragen nicht mit der fachspezifischeren rechtsschutzform erzielen zu können, sondern im bußgeldverfahren „von der anklagebank aus“ betreiben zu müssen. 58vgl. bverwg, urteil vom 12. september 2019 ‑ 3 c 3.18 ‑, bverwge 166, 265 = juris rn. 29; bverfg, beschluss vom 7. april 2003 ‑ 1 bvr 2129/02 ‑, nvwz 2003, 856 = juris rn. 14. 59ii. die feststellungsklage ist unbegründet. im fall der mikrobiologischen untersuchung der proben-nr. 160387587 (probenbezeichnung: c. mandelkerne) am 19. april 2016 hätte die zuständige behörde nach § 44 abs. 4a lfgb unterrichtet werden müssen (1.). die in dieser vorschrift normierte meldepflicht des laborverantwortlichen verstößt nicht gegen europarecht (2.). sie verletzt auch keine grundrechte der klägerin (3.). 601. der beigeladene als verantwortlicher des labors der klägerin in i1. , das am 19. april 2016 die oben genannte probe des lebensmittels „c. mandelkerne“ untersucht hat, war zur unterrichtung der zuständigen behörde nach § 44 abs. 4a lfgb verpflichtet. 61nach dieser vorschrift hat der verantwortliche eines labors, das analysen bei lebensmitteln durchführt, die zuständige behörde von dem zeitpunkt und dem ergebnis der analyse, der angewandten analysenmethode und dem auftraggeber der analyse unverzüglich schriftlich oder elektronisch zu unterrichten, wenn er aufgrund einer von dem labor erstellten analyse einer im inland von einem lebensmittel gezogenen probe grund zu der annahme hat, dass das lebensmittel einem verkehrsverbot nach art. 14 abs. 1 vo (eg) nr. 178/2002 unterliegen würde. 62diese voraussetzungen für das bestehen der meldepflicht lagen im fall der analyse der probe „c. mandelkerne“ vor. in diesem konkreten fall bestand grund zu der annahme eines verkehrsverbots des untersuchten lebensmittels. 63a) bei der untersuchten probe „c. mandelkerne“ handelt es sich um ein lebensmittel im sinne von § 44 abs. 4a lfgb i. v. m. § 3 abs. 3 lfgb, art. 2 vo (eg) nr. 178/2002. 64b) entgegen der auffassung der klägerin bestand im konkreten fall für den beigeladenen als verantwortlichen des labors auch „grund zu der annahme“, dass die mandelkerne einem verkehrsverbot unterliegen würden. 65aus der formulierung „grund zu der annahme“ ergibt sich, dass dieses tatbestandsmerkmal sowohl eine objektive als auch eine subjektive komponente hat. der „grund“ für die annahme eines verkehrsverbots muss sich aus konkreten tatsächlichen umständen ergeben; diese umstände müssen für den verantwortlichen des labors bei vernünftiger betrachtung auch erkennbar sein. dazu muss eine subjektive vorstellung („annahme“) des verantwortlichen des labors kommen, wonach die tatsächlichen umstände zu einem verkehrsverbot führen. 66vgl. auch bay. vgh, beschluss vom 8. märz 2021 ‑ 20 cs 20.2720 ‑, lmur 2021, 213 = juris rn. 21; rathke, in: zipfel/rathke, lebensmittelrecht, stand: juli 2021, § 44 rn. 74, 51 f. 67die frage, ob der verantwortliche eines labors im sinne des § 44 abs. 4a lfgb grund zu der annahme eines verkehrsverbots hat, ist danach immer unter berücksichtigung sämtlicher umstände des konkreten einzelfalls zu beantworten. 68so auch bay. vgh, beschluss vom 8. märz 2021 ‑ 20 cs 20.2720 ‑, a. a. o. rn. 23. 69dazu können als objektive gesichtspunkte etwa das analyseergebnis sowie die erkennbare art bzw. verwendung des beprobten lebensmittels gehören. in subjektiver hinsicht kann insbesondere die kenntnis des laborverantwortlichen von den umständen der produktion und dem stand des herstellungsprozesses, etwa darüber, ob es sich um ein bloßes muster im rahmen einer produktentwicklung oder um ein vor- oder zwischenprodukt handelt oder ob weitere verarbeitungsschritte erfolgen, zu berücksichtigen sein. da die von dem verantwortlichen des labors zu treffende entscheidung, ob das beprobte lebensmittel einem verkehrsverbot unterliegen würde, zudem von rechtlichen bewertungen abhängt, besteht eine meldepflicht dann nicht, wenn der laborverantwortliche aufgrund einer rechtlich vertretbaren auffassung annimmt, das verkehrsverbot des art. 14 abs. 1 vo (eg) nr. 178/2002 greife nicht ein. 70so auch bay. vgh, beschluss vom 8. märz 2021 ‑ 20 cs 20.2720 ‑, a. a. o. rn. 21 und 23; rathke, in: zipfel/rathke, lebensmittelrecht, stand: juli 2021, § 44 rn. 52. 71davon ausgehend musste der beigeladene im fall der am 16. april 2016 untersuchten mandelkerne grund zu der annahme haben, dass dieses lebensmittel, das mit salmonellen belastet war, einem verkehrsverbot unterliegen würde. 72ohne zweifel ‑ zwischen den beteiligten nicht streitig und für den beigeladenen damals auch ohne weiteres erkennbar ‑ besteht ein verkehrsverbot nach art. 14 abs. 1 vo (eg) nr. 178/2002 für lebensmittel, die mit salmonellen belastet sind. denn dabei handelt es sich um im sinne dieser vorschrift nicht sichere lebensmittel, weil sie gesundheitsschädlich, jedenfalls aber für den verzehr durch den menschen ungeeignet sind. 73auch nach den sonstigen umständen im konkreten fall, insbesondere mit blick auf die erkennbare art bzw. verwendung des beprobten lebensmittels, bestand für den beigeladenen grund zu der annahme eines verkehrsverbots. bei den beprobten mandelkernen handelte es sich um ein zum verkauf anstehendes, fertig verpacktes lebensmittel, das erkennbar ‑ nach beanstandungsfreier analyse ‑ ohne weitere verarbeitungsschritte in den verkehr gebracht werden sollte, mithin zum inverkehrbringen bestimmt war. 74der einwand der klägerin, es habe nicht im sinne von § 44 abs. 4a lfgb grund zu der annahme bestanden, dass die mandelkerne einem verkehrsverbot unterliegen würden, weil ein inverkehrbringen des lebensmittels ausgeschlossen gewesen sei, greift nicht durch. vielmehr besteht auch bei sogenannten freigabeuntersuchungen, bei denen das inverkehrbringen des lebensmittels von einer beanstandungsfreien analyse abhängig gemacht wird, bzw. dann, wenn der lebensmittelunternehmer gegenüber dem labor erklärt, das lebensmittel in dem unsicheren zustand nicht in den verkehr zu bringen, eine meldepflicht des laborverantwortlichen. 75es ist unerheblich, dass das labor der klägerin nach rückfrage bei der auftraggeberin nach dem salmonellenfund die (formularmäßige) auskunft erhalten hat, dass das produkt in deutschland (noch) nicht in den verkehr gebracht worden sei und dass die ware einer zulässigen behandlung zur nachweislichen reduzierung des schadstoffs auf ein unbedenkliches maß unterzogen werde. die auskunft der auftraggeberin mag die annahme des laborverantwortlichen rechtfertigen, dass das lebensmittel bislang nicht in den verkehr gebracht worden ist und ein inverkehrbringen des lebensmittels in dem untersuchten zustand auch nicht erfolgen wird. sie rechtfertigt indes nicht die annahme, dass das beprobte lebensmittel keinem verkehrsverbot nach art. 14 abs. 1 vo (eg) nr. 178/2002 unterliegen würde. denn die frage, ob das lebensmittel einem verkehrsverbot unterliegen würde, hängt nicht davon ab, ob das lebensmittel bereits im verkehr ist oder der lebensmittelunternehmer ein inverkehrbringen in dem unsicheren zustand beabsichtigt. 76dieses ergebnis ergibt sich bereits aus dem wortlaut des § 44 abs. 4a lfgb, wonach grund zu der annahme bestehen muss, dass das lebensmittel einem verkehrsverbot „unterliegen würde“. die formulierung im konjunktiv macht deutlich, dass es allein hypothetisch auf ein inverkehrbringen ankommt, maßgeblich also ist, ob das lebensmittel einem verkehrsverbot unterliegen würde, wenn es im verkehr wäre. ferner stellt die vorschrift nicht darauf ab, dass grund zu der annahme bestehen muss, dass eine konkrete gesundheitsgefahr für verbraucher besteht. 77die von der klägerin angestellten systematischen erwägungen, namentlich der systematische vergleich mit der regelung in § 44 abs. 4 satz 3 lfgb, erfordern kein anderes verständnis des § 44 abs. 4a lfgb. § 44 abs. 4 satz 3 lfgb regelt einen bereits nicht vergleichbaren fall. nach dieser vorschrift besteht für einen lebensmittelunternehmer dann keine pflicht zur unterrichtung der zuständigen behörde, wenn er ein nicht sicheres pflanzliches lebensmittel, das ihm angeliefert worden ist oder das er erworben hat und über das er die tatsächliche unmittelbare sachherrschaft erlangt hat, unschädlich beseitigt hat (nr. 1) oder so hergestellt oder behandelt hat oder herzustellen oder zu behandeln beabsichtigt, dass es einem verkehrsverbot nach art. 14 abs. 1 vo (eg) nr. 178/2002 nicht mehr unterliegt (nr. 2). die vorschrift betrifft also eine situation, in der der lebensmittelunternehmer die tatsächliche sachherrschaft über das (pflanzliche) lebensmittel und damit einflussmöglichkeiten - beseitigung, herstellung, behandlung ‑ auf den zustand des lebensmittels hat. ein labor, das analysen bei lebensmitteln durchführt, besitzt jedoch weder eine solche sachherrschaft noch hat es derartige einflussmöglichkeiten. den wertungswiderspruch, den die klägerin der sache nach geltend macht, sieht der senat bereits deshalb nicht. abgesehen davon zielt jedenfalls die in § 44 abs. 4 satz 3 nr. 2 lfgb geregelte ausnahme von der unterrichtungspflicht auf fallkonstellationen, die nicht mit der hier vorliegenden vergleichbar sind. erfasst werden sollen von dieser vorschrift bestimmte lebensmittel pflanzlicher herkunft, insbesondere getreide, die in der regel vor ihrer abgabe an den endverbraucher vom lebensmittelunternehmer einer behandlung durch reinigungs-, sortier- oder sonstige physikalische verfahren unterzogen und dabei so behandelt werden, dass sie einem verkehrsverbot nach art. 14 abs. 1 vo (eg) nr. 178/2002 nicht mehr unterliegen. 78vgl. bt-drs. 16/8100, s. 21; rathke, in: zipfel/rathke, lebensmittelrecht, stand: juli 2021, § 44 rn. 67. 79eine solche weiterbehandlung vor der abgabe an den (end-)verbraucher findet jedoch im fall von freigabeuntersuchungen gerade nicht mehr statt. gegen die systematischen erwägungen der klägerin spricht schließlich, dass dem gesetzgeber bei schaffung des § 44 abs. 4a lfgb die regelung in § 44 abs. 4 satz 3 lfgb bekannt war. gleichwohl hat er eine (entsprechende oder ähnliche) ausnahme von der meldepflicht in § 44 abs. 4a lfgb nicht normiert. insbesondere hat er keine ausnahme für die fälle geregelt, dass es sich bei der vom labor durchgeführten analyse um eine freigabeuntersuchung handelt oder dass der lebensmittelunternehmer gegenüber dem labor erklärt, das lebensmittel in dem unsicheren zustand nicht in den verkehr zu bringen. 80auch die erwägungen des gesetzgebers und die entstehungsgeschichte des § 44 abs. 4a lfgb sprechen für die oben genannte auslegung. wie das verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, ist die vorschrift ‑ durch art. 1 des zweiten gesetzes zur änderung des lebensmittel- und futtermittelgesetzbuches sowie anderer vorschriften (2. lfgbuaändg) vom 27. juli 2011 (bgbl. i s. 1608) ‑ als reaktion auf den dioxinskandal in des lebensmittel- und futtermittelgesetzbuch eingefügt worden. mit der erweiterung des kreises der meldepflichtigen auf die verantwortlichen von laboren sollte neben den in bestimmten fällen bereits meldepflichtigen lebensmittelunternehmern ein personenkreis in die meldepflicht einbezogen werden, der an der herstellung, dem behandeln oder dem vertrieb des untersuchten lebensmittels nicht beteiligt ist und damit keine eigenen wirtschaftlichen interessen verfolgt. 81vgl. br-drs. 52/11, s. 53 f.; bt-drs. 17/4984, s. 24. 82die zunächst noch gewählte formulierung „unterliegt“ ist aufgrund der empfehlung des ausschusses für ernährung, landwirtschaft und verbraucherschutz in „unterliegen würde“ abgeändert worden. begründet wurde dies damit, dass die adressaten für eine entscheidung über eine verkehrsfähigkeit eines erzeugnisses nicht die labore seien; es erscheine sachgerecht, dies zu verdeutlichen. 83vgl. bt-drs. 17/5953, s. 6 und 19. 84der gesetzgeber wollte damit ersichtlich dem umstand rechnung tragen, dass private labore keinen einfluss auf das inverkehrbringen des untersuchten erzeugnisses haben und regelmäßig auch kein sicheres wissen darüber, ob sich das erzeugnis bereits im verkehr befindet bzw. wann und unter welchen voraussetzungen ein inverkehrbringen durch den lebensmittelunternehmer beabsichtigt ist. dazu sollte das labor nach der vorstellung des gesetzgebers auch nicht vor der meldung zunächst erkundigungen beim lebensmittelunternehmer einholen. dies wird auch dadurch verdeutlicht, dass die unterrichtung der zuständigen behörde nach § 44 abs. 4a lfgb unverzüglich zu erfolgen hat. 85auch das mit der vorschrift des § 44 abs. 4a lfgb beabsichtigte ziel, die sicherheit des verkehrs mit lebensmitteln und damit den verbraucherschutz zu erhöhen, bestätigt das hier vertretene verständnis der norm. die erweiterung der meldepflicht auf private labore erhöht die sicherheit des verkehrs mit lebensmitteln. 86so auch rathke, in: zipfel/rathke, lebensmittelrecht, stand: juli 2021, § 44 rn. 72. 87die auffassung der klägerin, zusätzliche meldungen von laborverantwortlichen könnten zu einem erhöhten bürokratieaufwand führen und damit die effektive reaktion der behörden beeinträchtigen, teilt der senat nicht. es bestehen keine objektiven anhaltspunkte für die annahme, die zuständigen behörden könnten aufgrund der meldungen von privaten laboren überfordert sein und ihren überwachungsaufgaben deshalb nicht mehr in ausreichendem maße bzw. schlechter als ohne die meldungen von laboren nachkommen. in diesem sinne haben auch die vertreter des beklagten in der mündlichen verhandlung vor dem senat erklärt, dass weder aktuell eine überforderung der zuständigen behörden bekannt sei noch dies zu befürchten sei, selbst wenn sich die anzahl an meldungen von laboren in zukunft erhöhte. 88der von der klägerin angeführte „leitfaden für die durchführung der meldungen nach § 44 abs. 4a und 5a lebensmittel- und futtermittelgesetzbuch (lfgb)“ der alb-projektgruppe der länderarbeitsgemeinschaft verbraucherschutz (lav) vom 27./28. september 2012 stellt das hier gefundene auslegungsergebnis nicht in frage. rechtliche verbindlichkeit kommt dem leitfaden mangels rechtsnormcharakter ohnehin nicht zu. abgesehen davon sind die in dem leitfaden gegebenen hinweise aber auch nicht, wie das verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, dahingehend zu verstehen, dass danach in der hier in rede stehenden konstellation eine meldepflicht des laborverantwortlichen nicht besteht. 89anders als die klägerin meint, ergibt sich derartiges nicht aus ziff. 1a des leitfadens. im gegenteil besteht danach eine meldepflicht im hier streitigen fall. der hinweis mit der überschrift „zweckbestimmung“ bezieht sich auf von dem labor analysierte lebensmittel, die nicht in den verkehr gebracht werden sollen. genannt sind muster im rahmen von produktentwicklungen oder rohstoffe, die nicht zum inverkehrbringen bestimmt sind. solche erzeugnisse sind nach auffassung der ersteller des leitfadens nicht von einer meldeverpflichtung erfasst. das im vorliegenden fall analysierte lebensmittel „c. mandelkerne“ war jedoch, wie ausgeführt, zum inverkehrbringen bestimmt. darüber hinaus weist satz 3 in ziff. 1a darauf hin, dass der verantwortliche des labors davon ausgehen muss, dass das lebensmittel zum inverkehrbringen bestimmt ist, sofern er nicht vom auftraggeber einen hinweis erhält, dass es sich beispielsweise um ein muster im rahmen von produktentwicklungen handelt. 90ziff. 5c des leitfadens, worauf sich die klägerin weiter beruft, betrifft einen anderen als den vorliegenden fall. nach diesem hinweis des leitfadens entfällt die pflicht (des labors) zur meldung, wenn der verantwortliche des labors bei einer nachfrage erfährt, dass das erzeugnis bereits unschädlich vernichtet oder unschädlich weiterverarbeitet worden ist. ungeachtet der frage, ob dies mit der gesetzlichen regelung in § 44 abs. 4a lfgb vereinbar ist, hat der laborverantwortliche im hier streitigen fall eine solche auskunft jedenfalls nicht erhalten. vielmehr hat die auftraggeberin (nur) mitgeteilt, dass das untersuchte produkt nicht in den verkehr gebracht worden sei, und dass die ware einer behandlung zur nachweislichen reduzierung des schadstoffs auf ein unbedenkliches maß unterzogen werde. dass das erzeugnis unschädlich vernichtet oder weiterverarbeitet worden ist, hat das labor der klägerin durch die von ihr veranlasste nachfrage („kundenauskunft“) nicht erfahren. 91den ‑ hier im streit stehenden ‑ fall einer freigabeuntersuchung bzw. den fall, dass das labor bei einer nachfrage erfährt, dass das lebensmittel noch nicht in den verkehr gebracht worden ist und dass es einer behandlung zur reduzierung des schadstoffs auf ein unbedenkliches maß unterzogen wird, regelt der leitfaden nicht. das hat auch der prozessbevollmächtigte der klägerin in der mündlichen verhandlung vor dem senat eingeräumt und ausgeführt, dass sich die rechtsauffassung der klägerin nur mittelbar aus den genannten ziffern des leitfadens ergebe. 922. die in § 44 abs. 4a lfgb normierte meldepflicht der labore verstößt nicht gegen europäisches recht. eine vollständige harmonisierung im bereich der meldepflichten über nicht sichere lebensmittel mit der folge der unzulässigkeit weitergehender mitgliedstaatlicher regelungen hat die vo (eg) nr. 178/2002 nicht bewirkt (a.). die meldepflicht der laborverantwortlichen ist auch im übrigen unionsrechtlich nicht zu beanstanden (b.). eine vorlage an den eugh ist nicht erforderlich (c.). 93a. anders als die klägerin meint, harmonisiert art. 19 vo (eg) nr. 178/2002 die meldepflichten bei nicht sicheren lebensmitteln nicht abschließend mit der folge, dass die mitgliedstaaten weitergehende meldepflichten nach nationalem recht grundsätzlich nicht vorsehen dürften. nach art. 19 abs. 3 satz 1 vo (eg) nr. 178/2002 teilt ein lebensmittelunternehmer, wenn er erkennt oder grund zu der annahme hat, dass ein von ihm in verkehr gebrachtes lebensmittelmöglicherweise die gesundheit des menschen schädigen kann, dies unverzüglich der zuständigen behörde mit. nach art. 19 abs. 1 vo (eg) nr. 178/2002 trifft den lebensmittelunternehmer außerdem die pflicht zu einer rücknahme oder einem rückruf von nicht sicheren lebensmitteln. eine meldepflicht des verantwortlichen eines labors, das lebensmittel analysiert, sieht die verordnung nicht vor. das hindert den deutschen gesetzgeber aber nicht, eine solche meldepflicht von laboren auf nationaler ebene anzuordnen. 94das lebensmittelrecht ist in weiten teilen unionsrechtlich determiniert. auch die verordnung (eg) nr. 178/2002 ist teil des rechtlichen rahmens, der die lebensmittelsicherheit in der union regelt. 95vgl. auch schlussanträge des generalanwalts vom 11. februar 2021 im verfahren c-579/19, juris rn. 2. 96durch diese verordnung sind zwar einzelstaatliche vorschriften im bereich des lebensmittelrechts harmonisiert worden. nach § 4 abs. 2 vo (eg) nr. 178/2002 bilden die in den artikeln 5 bis 10 der verordnung festgelegten allgemeinen grundsätze einen horizontalen gesamtrahmen, der einzuhalten ist, wenn maßnahmen getroffen werden. auch dem fünften erwägungsgrund lässt sich entnehmen, dass mit der verordnung harmonisierte regeln geschaffen werden sollten. nach dieser erwägung ist eine angleichung der konzepte, grundsätze und verfahren des lebensmittelrechts der mitgliedstaaten notwendig, um eine gemeinsame grundlage für maßnahmen des lebensmittel- und futtermittelsektors zu schaffen, die in den mitgliedstaaten und auf gemeinschaftsebene erlassen werden. im bereich der meldepflichten bei unsicheren lebensmitteln ist diese harmonisierung jedoch nicht abschließend, so dass es den mitgliedstaaten freigestellt bleibt, unter beachtung der regelungen im vertrag über die arbeitsweise der europäischen union (aeuv) darüber hinausgehende regelungen zu treffen. 97so auch rathke, in: zipfel/rathke, lebensmittelrecht, stand: juli 2021, § 44 rn. 50a (zu § 44 abs. 4); a. a. sperlich, zlr 2010, 59 (65); meyer, in: meyer/streinz, lfgb kommentar, 2. aufl. 2012, § 44 rn. 35; grube, zlr 2012, 446 (455) und zlr 2021, 259 (263 f.); meisterernst/eberlein, lmur 2018, 137 (138). 98aus dem umstand, dass in art. 19 vo (eg) nr. 178/2002 konkrete plichten der lebensmittelunternehmer geregelt sind, kann entgegen der auffassung der klägerin nicht geschlossen werden, dass deshalb eine meldepflicht eines laborverantwortlichen unionsrechtlich nicht zulässig wäre. art. 19 vo (eg) nr. 178/2002 regelt allein die pflichten der lebensmittelunternehmer, die die primäre rechtliche verantwortung für die gewährleistung der lebensmittelsicherheit tragen (vgl. erwägungsgrund 30 der verordnung). lebensmittelunternehmer trifft nach dieser vorschrift die pflicht zu einer rücknahme, einem rückruf oder einer meldung von nicht sicheren lebensmitteln. harmonisiert ist danach durch art. 19 vo (eg) nr. 178/2002 allenfalls der bereich der pflichten der lebensmittelunternehmer, zu denen etwa auch deren meldepflichten gehören. etwaige pflichten von privaten laboren, die lebensmittel analysieren, bzw. von laborverantwortlichen sind dagegen weder in art. 19 vo (eg) nr. 178/2002 geregelt noch in einer anderen vorschrift der verordnung; sie verhält sich hierzu nicht. der verordnungsgeber hat im übrigen auch nicht den bereich der meldepflichten (für unterschiedliche personenkreise) generell geregelt, sondern vielmehr unterschiedliche pflichten (nur) der primär verantwortlichen lebensmittelunternehmer. aus einer solchen regelung lässt sich dann aber nicht der rückschluss ziehen, meldepflichten seien abschließend geregelt worden. ebenso wenig lässt sich aus der nichtregelung einer meldepflicht für labore folgern, dass der verordnungsgeber diese für nicht zulässig gehalten hätte. entgegen der auffassung der klägerin widerspricht die meldepflicht der labore auch nicht dem „grundprinzip der eigenverantwortung“ des lebensmittelunternehmers. die (primäre) verantwortung des lebensmittelunternehmers entsprechend den vorgaben des art. 19 vo (eg) nr. 178/2002 bleibt durch die meldepflicht der labore unberührt. dass der lebensmittelunternehmer hauptverantwortlich ist für die gewährleistung der lebensmittelsicherheit, schließt es nicht aus, dass auch andere personen oder stellen (mit‑)verantwortlich sind. 99gegen eine vollharmonisierung im bereich der meldepflichten sprechen weiter die verordnungsziele eines hohen maßes an schutz für die gesundheit der menschen sowie des schutzes der verbraucherinteressen (vgl. art. 1 abs. 1 satz 1, art. 5 abs. 1 und art. 8 der verordnung und erwägungsgründe 2 und 8). wie bereits ausgeführt, führt die zusätzliche meldepflicht privater labore zu einer erhöhten sicherheit des verkehrs mit lebensmitteln. ziel der verordnung ist im übrigen, wie ebenfalls bereits ausgeführt, eine angleichung der „konzepte,grundsätze und verfahren“ des lebensmittelrechts der mitgliedstaaten (vgl. art. 4 abs. 2 der verordnung und erwägungsgrund 5). daraus folgt, dass mit der verordnung nicht sämtliche einzelmaßnahmen im bereich des lebensmittelrechts harmonisiert werden sollten. 100dem steht nicht entgegen, dass der verordnungsgeber auch im blick hatte, dass unterschiedliche maßnahmen der mitgliedstaaten betreffend lebensmittel das funktionieren des binnenmarkts unmittelbar beeinträchtigen können (vgl. art. 1 abs. 1 satz 1 der verordnung und erwägungsgründe 4, 26 und 30). denn ziel des verordnungsgebers ist ersichtlich ein funktionierender binnenmarkt für sichere lebensmittel (vgl. art. 5 abs. 2 der verordnung und erwägungsgründe 1 und 27). dieses ziel soll durch eine angleichung der konzepte, grundsätze und verfahren des lebensmittelrechts erreicht werden (vgl. erwägungsgründe 4 und 5), erfordert aber nicht die harmonisierung aller einzelmaßnahmen. 101dieses ergebnis einer fehlenden vollharmonisierung im bereich der meldepflichten ergibt sich auch aus anderen vorschriften der verordnung, die auf mitgliedstaatliches recht verweisen. so betreiben die mitgliedstaaten nach art. 17 abs. 2 uabs. 2 vo (eg) nr. 178/2002 ein system amtlicher kontrollen und führen andere den umständen angemessene maßnahmen durch. auch art. 19 abs. 3 satz 2 vo (eg) nr. 178/2002 verweist auf das einzelstaatliche recht und die einzelstaatliche rechtspraxis. 102das (wohl systematische) argument der klägerin, die regelung im futtermittelrecht, wonach der futtermittelunternehmer das mit der durchführung einerdioxinuntersuchung beauftragte labor anweist, die ergebnisse dieser untersuchung der zuständigen behörde zu melden, falls die maßgeblichen dioxinhöchstgehalte überschritten wurden (vgl. anhang ii der vo (eg) nr. 183/2005, ziff. 7 im abschnitt „dioxinüberwachung von ölen, fetten und daraus hergestellten erzeugnissen“), belege, dass ein labor keine eigene verantwortung habe, stellt das gefundene ergebnis nicht in frage. der regelung lässt sich zwar entnehmen, dass der verordnungsgeber den futtermittelunternehmer als primär verantwortlich für die sicherheit von futtermitteln angesehen hat. daraus lässt sich indes nicht schließen, dass labore, die analysen bei lebensmitteln durchführen, im anwendungsbereich der verordnung (eg) nr. 178/2002 nach dem willen des verordnungsgebers nicht sekundär verantwortliche für die sicherheit von lebensmitteln sein können. 103a. a. meyer, in: meyer/streinz, lfgb kommentar, 2. aufl. 2012, § 44 rn. 35. 104im gegenteil dürfte sich aus dem fehlen einer entsprechenden regelung im (unionsrechtlichen) lebensmittelrecht sogar schließen lassen, dass der verordnungsgeber insoweit eine meldepflicht von laboren bewusst nicht geregelt hat, mithin insoweit eine vollständige harmonisierung nicht beabsichtigt hat. 105b. die in § 44 abs. 4a lfgb geregelte meldepflicht der laborverantwortlichen verstößt auch sonst nicht gegen unionsrecht. selbst wenn man darin eine beschränkung der dienstleistungsfreiheit (art. 49 ff. aeuv) der privaten labore in deutschland sehen wollte, wäre diese aus gründen des gesundheits- und verbraucherschutzes gerechtfertigt. 106c. eine vorlage an den eugh nach art. 267 abs. 2 aeuv ist nicht erforderlich. nach den oben gemachten ausführungen lässt sich die frage der vereinbarkeit von § 44 abs. 4a lfgb mit art. 19 vo (eg) nr. 178/2002, insbesondere die frage nach einer etwaigen harmonisierung von meldepflichten bei nicht sicheren lebensmitteln, auch ohne eine vorlage an den eugh beantworten. eine vorlagepflicht nach art. 267 abs. 3 aeuv trifft den senat, der nicht letztinstanzlich entscheidet, nicht. 1073. die meldepflicht der laborverantwortlichen verletzt die klägerin nicht in ihren grundrechten. 108zur anwendung kommen hier die grundrechte des grundgesetzes und nicht diejenigen der grundrechtecharta der europäischen union. 109im geltungsbereich des rechts der europäischen union hängt die bestimmung der für deutsche behörden und gerichte maßgeblichen grundrechtsverbürgungen grundsätzlich davon ab, ob die zu entscheidende rechtsfrage unionsrechtlich vollständig determiniert ist. dies richtet sich in aller regel nach den normen, aus denen die rechtsfolgen für den streitgegenständlichen fall abzuleiten sind, also danach, ob das streitgegenständliche rechtsverhältnis und die sich aus ihm konkret ergebenden rechtsfolgen durch das unionsrecht oder das nationale recht festgelegt werden. maßgeblich sind die im konkreten fall anzuwendenden vorschriften in ihrem kontext, nicht eine allgemeine betrachtung des in rede stehenden regelungsbereichs. 110vgl. bverfg, beschlüsse vom 27. april 2021 ‑ 2 bvr 206/14 ‑, nvwz 2021, 1211 = juris rn. 35, 42, und vom 6. november 2019 ‑ 1 bvr 276/17 ‑, bverfge 152, 216 = juris rn. 78; ovg nrw, urteil vom 14. dezember 2021 ‑ 9 a 1531/16 ‑, juris rn. 144. 111hiervon ausgehend ist der streitfall nicht vollständig unionsrechtlich determiniert. vielmehr wird das streitgegenständliche rechtsverhältnis durch § 44 abs. 4a lfgb bestimmt. dabei handelt es sich nach den vorstehenden ausführungen ‑ und im übrigen auch nach auffassung der klägerin ‑ um eine rein nationale vorschrift. 112im übrigen dürften aber ohnehin die grundrechtsgarantien des grundgesetzes, der europäischen menschenrechtskonvention und der charta der grundrechte der europäischen union einen im wesentlichen funktional vergleichbaren schutz gewährleisten und sich in großem umfang als deckungsgleiche gewährleistungen darstellen. das gilt insbesondere für art. 12 abs. 1 gg und art. 16 grch. 113vgl. bverfg, beschluss vom 27. april 2021 ‑ 2 bvr 206/14 ‑, a. a. o. rn. 58, 83. 114a. die in § 44 abs. 4a lfgb geregelte meldepflicht der laborverantwortlichen verletzt die klägerin nicht in ihrer berufsausübungsfreiheit aus art. 12 abs. 1 satz 2 gg. 115die meldepflicht der laborverantwortlichen beeinträchtigt schon nicht die berufsausübungsfreiheit der klägerin. mit der verpflichtung zur unterrichtung der zuständigen behörde durch ihre laborverantwortlichen wird von der klägerin nicht die offenlegung von betriebs- oder geschäftsgeheimnissen verlangt. 116das grundrecht der berufsfreiheit gewährleistet grundsätzlich auch den schutz von betriebs- und geschäftsgeheimnissen. 117vgl. etwa bverfg, beschluss vom 14. märz 2006 ‑ 1 bvr 2087/03, 1 bvr 2111/03 ‑, bverfge 115, 205 = juris rn. 81 ff. m. w. n. 118werden betriebs- und geschäftsgeheimnisse durch den staat offen gelegt oder verlangt er deren offenlegung, ist art. 12 abs. 1 gg in seinem schutzbereich berührt, weil dadurch die ausschließliche nutzungsmöglichkeit des betroffenen wissens für den eigenen erwerb beeinträchtigt werden kann. wird exklusives wettbewerbserhebliches wissen konkurrenten zugänglich gemacht, mindert dies die möglichkeiten eines grundrechtsträgers, die eigene berufsausübung unter rückgriff auf dieses wissen erfolgreich zu gestalten. 119vgl. etwa bverfg, beschluss vom 27. april 2021 ‑ 2 bvr 206/14 ‑, a. a. o. rn. 52 m. w. n.; ovg nrw, beschluss vom 23. märz 2021 ‑ 9 b 966/20 ‑, nwvbl. 2021, 337 = juris rn. 48. 120betriebs- und geschäftsgeheimnisse sind alle auf ein unternehmen bezogenen tatsachen, umstände und vorgänge, die nicht offenkundig, sondern nur einem begrenzten personenkreis zugänglich sind und an deren nichtverbreitung der rechtsträger ein berechtigtes interesse hat. betriebsgeheimnisse umfassen im wesentlichen technisches wissen im weitesten sinne; geschäftsgeheimnisse betreffen vornehmlich kaufmännisches wissen. dazu zählen etwa umsätze, ertragslagen, geschäftsbücher, kundenlisten, bezugsquellen, konditionen, marktstrategien, unterlagen zur kreditwürdigkeit, kalkulationsunterlagen, patentanmeldungen und sonstige entwicklungs- und forschungsprojekte, durch welche die wirtschaftlichen verhältnisse eines betriebs maßgeblich bestimmt werden können. 121vgl. etwa bverfg, urteil vom 21. oktober 2014 ‑ 2 bve 5/11 ‑, bverfge 137, 185 = juris rn. 182 m. w. n. 122die nach § 44 abs. 4a lfgb an die zuständige behörde zu übermittelnden informationen, insbesondere das ergebnis der analyse und der auftraggeber der analyse, sind keine in diesem sinne schützenswerten betriebs- oder geschäftsgeheimnisse der klägerin. bei den betreffenden informationen handelt es sich nicht um exklusives, auf den betrieb der klägerin bezogenes technisches oder kaufmännisches wissen. das behauptet im übrigen auch die klägerin nicht. sie beruft sich vielmehr auf eine generelle, ihr obliegende verschwiegenheitspflicht und damit letztlich auf eine art „berufsgeheimnis“, das sie als geschäftsgeheimnis bezeichnet. um ein geschäftsgeheimnis im sinne der oben genannten definition geht es dabei aber nicht. soweit die klägerin in diesem zusammenhang weiter ausführt, ihre kunden beauftragten sie in dem vertrauen darauf, dass „geschäftsgeheimnisse“, zu denen auch „informationen zu den eigenen produkten“ zählten, nicht weitergegeben würden, ist schon nicht erkennbar, dass ein geschäftsgeheimnis der klägerin weitergegeben würde. den schutz von betriebs- und geschäftsgeheimnissen ihrer kunden kann die klägerin nicht geltend machen. darüber hinaus ist es kein von art. 12 abs. 1 gg geschütztes betriebsgeheimnis im sinne der oben genannten definition, dass ein lebensmittel gesundheitsschädlich oder aus anderen gründen nicht sicher ist. 123b. soweit die klägerin ‑ unter berufung auf art. 7 grch und art. 8 emrk ‑ eine verletzung ihres rechts auf achtung des (beruflichen bzw. geschäftlichen) privatlebens geltend macht, ist für eine grundrechtsverletzung ‑ zur anwendung käme hier art. 2 abs. 1 gg ‑ nichts ersichtlich. nach den vorstehenden ausführungen beeinträchtigt die in § 44 abs. 4a lfgb normierte meldepflicht der laborverantwortlichen nicht die berufliche und geschäftliche tätigkeit der klägerin unter dem aspekt des schutzes von betriebs- und geschäftsgeheimnissen, die grundsätzlich (auch) dem schutz von art. 8 emrk und art. 7 grch unterfallen dürften. insoweit gewährt art. 2 abs. 1 gg keinen weitergehenden schutz. 124die in § 44 abs. 4a lfgb normierte meldepflicht der laborverantwortlichen berührt auch nicht den schutzbereich des rechts der klägerin auf informationelle selbstbestimmung. anhaltspunkte dafür, dass die klägerin durch die meldepflicht einer gefährdung hinsichtlich ihrer spezifischen freiheitsausübung, hier ihrer wirtschaftlichen tätigkeit ausgesetzt wäre, 125vgl. zum schutzbereich des rechts auf informationelle selbstbestimmung einer juristischen person etwa bverfg, beschluss vom 13. juni 2007 ‑ 1 bvr 1550/03 u. a. ‑, bverfge 118, 168 = juris rn. 155, 126sind weder von der klägerin vorgetragen noch sonst ersichtlich. der von dem prozessbevollmächtigten der klägerin in der mündlichen verhandlung vor dem senat angeführte vergleich mit kenntnissen eines rechtsanwalts über einen mandanten oder einen sachverhalt, die dieser behörden nicht offenbaren dürfe, trägt nicht. diese situation ist mit der weitergabe der von § 44 abs. 4a lfgb erfassten informationen an die zuständige behörde nicht vergleichbar. weder ist die klägerin eine natürliche person noch ein berufsgeheimnisträger noch geht es bei den hier betroffenen informationen über ein unsicheres lebensmittel um eine schutzbedürftige, vertrauliche kommunikation wie im verhältnis von rechtsanwalt und mandant, die ‑ insbesondere bei strafverfahren ‑ auch durch das recht auf ein rechtsstaatlich faires verfahren begründet ist. 127vgl. hierzu etwa bverfg, beschluss vom 12. april 2005 ‑ 2 bvr 1027/02 ‑, bverfge 113, 29 = juris rn. 87 ff. 128die kostenentscheidung beruht auf § 154 abs. 2 und abs. 3 vwgo. dem beigeladenen können kosten nicht auferlegt werden, weil dieser keinen antrag gestellt und sich damit selbst einem kostenrisiko nicht ausgesetzt hat. 129die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit folgt aus § 167 abs. 1 satz 1 vwgo i. v. m. § 708 nr. 10, § 711 und § 709 satz 2 zpo. 130die revision ist wegen grundsätzlicher bedeutung gemäß § 132 abs. 2 nr. 1 vwgo zuzulassen. die fragen der vereinbarkeit der meldepflicht von laborverantwortlichen mit unionsrecht sowie die auslegung des § 44 abs. 4a lfgb sind höchstrichterlich noch nicht geklärt.
Verklagte*r
0
335,161
37 C 420/20
2021-02-12T00:00:00
Urteil
Tenor In dem Rechtsstreit des Herrn X, C-Straße, ##### Moers, Klägers, Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte O, F-Straße, ##### Moers, gegen die B GmbH, vertr. d.d. GF, E-Straße, ##### Düsseldorf, Beklagte, Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Y, W-Straße, ##### Kalkar, hat das Amtsgericht Düsseldorfim schriftlichen Verfahren mit einer Schriftsatzeinreichungsfrist bis zum 14.01.2021durch den Richter am Amtsgericht T für Recht erkannt: Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1116,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 10.07.2020 zu zahlen. Weiter wird die Beklagte verurteilt, den Kläger von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 201,71 Euro freizustellen. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte. Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrags, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet. 1Tatbestand: 2Der Kläger buchte für sich und seine Familie bei der Beklagten eine Pauschalreise nach Mallorca für den Zeitraum vom 17.07.2020 bis zum 31.07.2020 zu einem Gesamtpreis von 5644 €. Der Beklagte leistete eine fällige Anzahlung i.H.v. 1116 €. 3Mit E-Mail vom 10.06.2020 trat der Kläger vom Reisevertrag zurück und verwies auf seine kostenfreie Stornierungsmöglichkeit. Gemäß der Vertragsbedingungen der Beklagten ist bei einer Stornierung innerhalb des hier gegebenen Zeitraums vor Reisebeginn eine Entschädigung i.H.v. 25 % des Reisepreises zu leisten. 4Der Kläger ist der Ansicht, wegen der Besonderheiten der Corona-Pandemie stehe ihm ein kostenloses Rücktrittsrecht aus § 651 Buchst. h Abs. 3 BGB zu, insbesondere sei nicht zu erwarten gewesen, dass das gebuchte Hotel rechtzeitig öffne, zudem habe eine allgemeine Verpflichtung zum Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes bestanden. 5Mit Schreiben vom 18.06.2020 forderten die Prozessbevollmächtigten des Klägers die Beklagte auf, bis zum 09.07.2020 die Anzahlung zurück zu zahlen, nachdem die Beklagte zuvor mit Rechnung vom 10.06.2020 Stornokosten in Höhe von 1 451,00 Euro gegenüber dem Kläger geltend gemacht hatte. 6Der Kläger beantragt, 7die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1116 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 10.07.2020 zu zahlen sowie ihn von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten i.H.v. 201,71 € freizustellen. 8Die Beklagte beantragt, 9die Klage abzuweisen. 10Entscheidungsgründe: 11Die zulässige Klage ist begründet. 12Gemäß § 651 Buchst. h Abs. 1 S. 1 BGB ist der Kläger jederzeit zum Rücktritt vom Reisevertrag berechtigt mit der Folge der Rückzahlung des angezahlten Reisepreises. 13Die Voraussetzungen eines aufrechenbaren Entschädigungsanspruchs der Beklagten nach S.3 liegen nicht vor. 14Bedenken dagegen ergeben sich nicht schon aus einer möglichen Unwirksamkeit der Vertragsbestimmung. Gemäß Abs. 2 kann die Entschädigung in den Allgemeinen Reisebedingungen festgelegt werden. Anhaltspunkte dafür, dass die Entschädigung i.H.v. 25 % des Reisepreises unangemessen ist, bestehen nicht. Insbesondere hat der Kläger keine Begründung nach Abs. 2 S. 3 verlangt. 15Die Voraussetzung einer Entschädigungslosigkeit des Rücktritts vom Vertrag gemäß § 651h Abs. 3 liegen jedoch vor. Voraussetzung dafür ist, dass am Bestimmungsort der Reise oder in unmittelbarer Nähe unvermeidbare, außergewöhnliche Umstände, auftreten, die die Durchführung der Pauschalreise oder die Beförderung von Personen an den Bestimmungsort erheblich beeinträchtigen. Für die Feststellung, ob eine solche Beeinträchtigung voraussichtlich gegeben ist, kommt es auf den Zeitpunkt des erklärten Rücktritts an. Spätere Veränderungen auch zum negativen hin sind ebenso unbeachtlich, wie ein im Zeitpunkt seiner Erklärung begründeter entschädigungsloser Rücktritt nicht dadurch nachträglich entschädigungspflichtig wird, dass entgegen der Erwartungen die außergewöhnlichen beeinträchtigenden Umstände doch nicht eingetreten sind. Es ist also im Positiven wie im Negativen allein auf den Rücktrittszeitpunkt abzustellen (MüKoBGB/Tonner, 8. Aufl. 2020, BGB § 651h Rn. 42). Erfolgt die Kündigung deutlich im Voraus, kommt es darauf an, ob eine erhebliche Beeinträchtigung der Reise zu diesem Zeitpunkt schon mit hinreichender Wahrscheinlichkeit angenommen werden konnte. Ein fester maximaler Zeitraum der Prognosemöglichkeit besteht dabei nicht. Jedoch ist es grundsätzlich dem Reisenden zumutbar, bei Unklarheit über die weitere Entwicklung der Umstände am Reiseort noch so lange zuzuwarten, bis die Reise unmittelbar bevorsteht. Regelmäßig wird man dabei eine Frist von vier Wochen als angemessen anzusehen haben (Führich NJW 2020, 2137 Rn. 14). Dies bedeutet aber nicht zwingend, dass eine außerhalb der Frist von vier Wochen abgegebene Kündigungserklärung stets mangels Prognosemöglichkeit die Voraussetzungen des § 651h Abs. 3 BGB nicht erfüllt. Vielmehr muss auf den Einzelfall des beeinträchtigenden Umstands abgestellt werden und untersucht werden, ob dieser entgegen dem Regelfall auch schon mehr als vier Wochen vor Reiseantritt mit ausreichender Wahrscheinlichkeit bei Durchführung der Reise gegeben sein würde, wie es hier der Fall ist. 16Das ergibt sich jedoch nicht aus einer pandemiebedingten Gefahrensituation oder fehlender Bereitstellung des Hotels. Bereits mit Beschluss vom 03.06.2020 und damit vor der hier erfolgten Rücktrittserklärung hatte die Bundesregierung beschlossen, dass die allgemeine Reisewarnung für sämtliche Mitgliedsstaaten der EU zum 15.06.2020 aufgehoben und durch individuelle Reisehinweise ersetzt wird. Eine spezielle pandemiebedingte Reisewarnung für Spanien erging nachfolgend zunächst nicht. Durch das Robert-Koch-Institut wurde Spanien erst Anfang September 2020 erneut als besonderes Risikogebiet eingestuft. Im Zeitpunkt des Rücktritts lag daher eine Gesamtsituation vor, aufgrund der bis zum geplanten Reisebeginn mit einer stetigen Entspannung der Situation zu rechnen war. Hieran ändert sich auch nichts dadurch, dass der Kläger wenige Tage vor Beginn der geplanten Reise feststellte, dass das gebuchte Hotel noch nicht geöffnet war. Es handelt sich hierbei um keinen Umstand, der im Zeitpunkt der Kündigung mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten war. 17Ein außergewöhnlicher die Durchführung der Pauschalreise erheblich beeinträchtigender Umstand ergibt sich jedoch daraus, dass der Kläger im Zeitpunkt des Rücktritts davon ausgehen konnte, dass im Reisezeitraum auf Mallorca eine allgemeine Verpflichtung zum Tragen eines Mund-Nasenschutzes bestehen wird, im Folgenden aus Vereinfachungsgründen „Maskenpflicht“ genannt. Dass zum Rücktrittszeitpunkt eine solche durch die örtlichen Behörden erklärt war, ist von der Beklagten nicht bestritten und im Übrigen auch aus Presseveröffentlichungen allgemein bekannt. So findet sich im Internet ein Artikel des Mallorca-Magazins vom 20.05.2020, der die Einführung einer allgemeinen Maskenpflicht auf Mallorca ab kommenden Donnerstag thematisiert. Danach sei überall, wo ein Abstand zu anderen Menschen von zwei Metern nicht einzuhalten sei, eine Maske zu tragen, dies gelte nicht nur für geschlossene Räume, sondern auch für öffentliche Straßen und Plätze. Da hierbei eine Höchstfrist nicht genannt ist und es sich um eine Maßnahme handelt, die in zeitlichem Zusammenhang mit der Reaktivierung des Tourismus eingeführt worden ist, konnte auch in diesem Zeitpunkt schon davon ausgegangen werden, dass diese Regelung zur allgemeinen Maskenpflicht auch im Urlaubszeitpunkt noch fortbestehen wird. 18Diese Regelung stellt auch einen außergewöhnlichen Umstand dar, der die Durchführung der Reise erheblich beeinträchtigt. Nicht jede Verpflichtung zum Tragen eines Mund- und Nasenschutzes stellt eine erhebliche Beeinträchtigung dar, vielmehr kommt es auf die Gesamtumstände der Regelung an. Führt diese dazu, dass eine Maske täglich nur in kurzen Zeiträumen zu tragen ist, etwa im Supermarkt oder beim Durchlaufen eines Restaurants, liegt darin keine erhebliche Beeinträchtigung der Reise. Anders verhält es sich, wenn die Verpflichtung so ausgestaltet ist, dass sie den typischen Tagesablauf eines Urlaubs wesentlich berührt. Bei der spanischen Regelung ist dies der Fall, weil das Flanieren in innerstädtischen Bereichen sowie auf in der Hauptsaison stark besuchten Strandpromenaden typischerweise zu einem Mallorca-Urlaub gehört. Wegen des ebenfalls typischerweise hohen Andrangs zur Hauptsaison war auch damit zu rechnen, dass in weiten Teilen der Mindestabstand von zwei Metern zu anderen Personen nicht einzuhalten sein wird, sodass der Kläger zu erwarten hatte, dass er und seine Familie über einen erheblichen Teil eines üblichen Urlaubs-Tagesablaufs bei Außentemperaturen von 30 °C einen innerhalb kürzester Zeit durch Schweiß durchnässenden Mund- und Nasenschutz zu tragen haben werden. Hierin liegt eine erhebliche Beeinträchtigung des urlaubstypischen Tagesablaufs. Die Annahme eines außergewöhnlichen Umstands kann auch nicht dadurch verneint werden, dass sich in der Maskenpflicht das typische Lebensrisiko realisiere. Zum Zeitpunkt der Kündigung war eine Maskenpflicht des Umfangs, wie in Spanien festgelegt, keineswegs weltweit typisch, insbesondere auch nicht Bestandteil des Tagesablaufs am Heimatort des Klägers. Vielmehr bestand dort nach der in NRW geltenden Corona-Schutzverordnung die Maskenpflicht nur in bestimmten geschlossenen Räumen und beeinträchtigte damit den generellen Tagesablauf weit weniger als dies im Urlaub der Fall gewesen wäre. Ferner zeichnete sich im Rücktrittszeitpunkt für Deutschland eine zunehmende Rücknahme von Beschränkungen ab, sodass zu erwarten war, dass ein Urlaub in der zweiten Julihälfte an der Nord- oder Ostsee keinen wesentlichen Beschränkungen unterliegen wird, insbesondere spontanes Treffen mit bis zu 10 Personen wieder zulässig ist und im Außenbereich keine Beeinträchtigung durch eine Maskenpflicht bestehen wird. Gerade der Vergleich zu den üblichen Beschränkungen im Sommer 2020 am Heimatort der Kläger oder an einem typischen inländischen Urlaubsort am Meer zeigt, dass die Maskenpflicht in der spanischen Ausgestaltung über das allgemeine Lebensrisiko hinausgeht und das Leben des Klägers und seiner Familie ausgerechnet zur Urlaubszeit, die der Entspannung und Regeneration dienen soll, mehr beschränkt gewesen wäre als bei Verbleib am Heimatort. 19Die Verpflichtung zur Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten ergibt sich verzugsunabhängig aus §§ 241 Abs. 2, 280 Abs. 1 BGB. Die Beklagte hat mit der unberechtigten Geltendmachung von Stornierungskosten gemäß Rechnung vom 10.06.2020 gegen vertragliche Nebenpflichten verstoßen. Adäquat-kausale Folge dieser Pflichtverletzung ist die Beauftragung eines Rechtsanwalts, da eine eigenständige Wahrnehmung von Rechten durch den Kläger insbesondere vor dem Hintergrund nicht zumutbar ist als die Beklagte in keiner Weise näher erläutert hat, auf welche Rechtsgrundlage sie die Geltendmachung von „Stornierungskosten“ stützt. 20Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO. 21Der Streitwert wird auf 1.116,00 EUR festgesetzt. 22Rechtsbehelfsbelehrung: 23Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist, 241. wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder 252. wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht zugelassen worden ist. 26Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Landgericht Düsseldorf, Werdener Straße 1, 40227 Düsseldorf, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten. 27Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Landgericht Düsseldorf zu begründen. 28Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Düsseldorf durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein. 29Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden. 30Hinweis zum elektronischen Rechtsverkehr: 31Die Einlegung ist auch durch Übertragung eines elektronischen Dokuments an die elektronische Poststelle des Gerichts möglich. Das elektronische Dokument muss für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet und mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein oder von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg gemäß § 130a ZPO nach näherer Maßgabe der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (BGBl. 2017 I, S. 3803) eingereicht werden. Weitere Informationen erhalten Sie auf der Internetseite www.justiz.de. 32T
in dem rechtsstreit des herrn x, c-straße, ##### moers, klägers, prozessbevollmächtigte: rechtsanwälte o, f-straße, ##### moers, gegen die b gmbh, vertr. d.d. gf, e-straße, ##### düsseldorf, beklagte, prozessbevollmächtigte: rechtsanwälte y, w-straße, ##### kalkar, hat das amtsgericht düsseldorfim schriftlichen verfahren mit einer schriftsatzeinreichungsfrist bis zum 14.01.2021durch den richter am amtsgericht t für recht erkannt: die beklagte wird verurteilt, an den kläger 1116,00 euro nebst zinsen in höhe von 5 prozentpunkten über dem basiszinssatz seit dem 10.07.2020 zu zahlen. weiter wird die beklagte verurteilt, den kläger von vorgerichtlichen rechtsanwaltskosten in höhe von 201,71 euro freizustellen. die kosten des rechtsstreits trägt die beklagte. dieses urteil ist vorläufig vollstreckbar. die beklagte kann die vollstreckung abwenden durch sicherheitsleistung in höhe von 110% des vollstreckbaren betrags, wenn nicht die beklagte vor der vollstreckung sicherheit in höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden betrags leistet. 1
2der kläger buchte für sich und seine familie bei der beklagten eine pauschalreise nach mallorca für den zeitraum vom 17.07.2020 bis zum 31.07.2020 zu einem gesamtpreis von 5644 €. der beklagte leistete eine fällige anzahlung i.h.v. 1116 €. 3mit e-mail vom 10.06.2020 trat der kläger vom reisevertrag zurück und verwies auf seine kostenfreie stornierungsmöglichkeit. gemäß der vertragsbedingungen der beklagten ist bei einer stornierung innerhalb des hier gegebenen zeitraums vor reisebeginn eine entschädigung i.h.v. 25 % des reisepreises zu leisten. 4der kläger ist der ansicht, wegen der besonderheiten der corona-pandemie stehe ihm ein kostenloses rücktrittsrecht aus § 651 buchst. h abs. 3 bgb zu, insbesondere sei nicht zu erwarten gewesen, dass das gebuchte hotel rechtzeitig öffne, zudem habe eine allgemeine verpflichtung zum tragen eines mund-nasen-schutzes bestanden. 5mit schreiben vom 18.06.2020 forderten die prozessbevollmächtigten des klägers die beklagte auf, bis zum 09.07.2020 die anzahlung zurück zu zahlen, nachdem die beklagte zuvor mit rechnung vom 10.06.2020 stornokosten in höhe von 1 451,00 euro gegenüber dem kläger geltend gemacht hatte. 6der kläger beantragt, 7die beklagte zu verurteilen, an ihn 1116 € nebst zinsen i.h.v. 5 prozentpunkten über dem basiszinssatz seit dem 10.07.2020 zu zahlen sowie ihn von vorgerichtlichen rechtsanwaltskosten i.h.v. 201,71 € freizustellen. 8die beklagte beantragt, 9die klage abzuweisen. 10
11die zulässige klage ist begründet. 12gemäß § 651 buchst. h abs. 1 s. 1 bgb ist der kläger jederzeit zum rücktritt vom reisevertrag berechtigt mit der folge der rückzahlung des angezahlten reisepreises. 13die voraussetzungen eines aufrechenbaren entschädigungsanspruchs der beklagten nach s.3 liegen nicht vor. 14bedenken dagegen ergeben sich nicht schon aus einer möglichen unwirksamkeit der vertragsbestimmung. gemäß abs. 2 kann die entschädigung in den allgemeinen reisebedingungen festgelegt werden. anhaltspunkte dafür, dass die entschädigung i.h.v. 25 % des reisepreises unangemessen ist, bestehen nicht. insbesondere hat der kläger keine begründung nach abs. 2 s. 3 verlangt. 15die voraussetzung einer entschädigungslosigkeit des rücktritts vom vertrag gemäß § 651h abs. 3 liegen jedoch vor. voraussetzung dafür ist, dass am bestimmungsort der reise oder in unmittelbarer nähe unvermeidbare, außergewöhnliche umstände, auftreten, die die durchführung der pauschalreise oder die beförderung von personen an den bestimmungsort erheblich beeinträchtigen. für die feststellung, ob eine solche beeinträchtigung voraussichtlich gegeben ist, kommt es auf den zeitpunkt des erklärten rücktritts an. spätere veränderungen auch zum negativen hin sind ebenso unbeachtlich, wie ein im zeitpunkt seiner erklärung begründeter entschädigungsloser rücktritt nicht dadurch nachträglich entschädigungspflichtig wird, dass entgegen der erwartungen die außergewöhnlichen beeinträchtigenden umstände doch nicht eingetreten sind. es ist also im positiven wie im negativen allein auf den rücktrittszeitpunkt abzustellen (mükobgb/tonner, 8. aufl. 2020, bgb § 651h rn. 42). erfolgt die kündigung deutlich im voraus, kommt es darauf an, ob eine erhebliche beeinträchtigung der reise zu diesem zeitpunkt schon mit hinreichender wahrscheinlichkeit angenommen werden konnte. ein fester maximaler zeitraum der prognosemöglichkeit besteht dabei nicht. jedoch ist es grundsätzlich dem reisenden zumutbar, bei unklarheit über die weitere entwicklung der umstände am reiseort noch so lange zuzuwarten, bis die reise unmittelbar bevorsteht. regelmäßig wird man dabei eine frist von vier wochen als angemessen anzusehen haben (führich njw 2020, 2137 rn. 14). dies bedeutet aber nicht zwingend, dass eine außerhalb der frist von vier wochen abgegebene kündigungserklärung stets mangels prognosemöglichkeit die voraussetzungen des § 651h abs. 3 bgb nicht erfüllt. vielmehr muss auf den einzelfall des beeinträchtigenden umstands abgestellt werden und untersucht werden, ob dieser entgegen dem regelfall auch schon mehr als vier wochen vor reiseantritt mit ausreichender wahrscheinlichkeit bei durchführung der reise gegeben sein würde, wie es hier der fall ist. 16das ergibt sich jedoch nicht aus einer pandemiebedingten gefahrensituation oder fehlender bereitstellung des hotels. bereits mit beschluss vom 03.06.2020 und damit vor der hier erfolgten rücktrittserklärung hatte die bundesregierung beschlossen, dass die allgemeine reisewarnung für sämtliche mitgliedsstaaten der eu zum 15.06.2020 aufgehoben und durch individuelle reisehinweise ersetzt wird. eine spezielle pandemiebedingte reisewarnung für spanien erging nachfolgend zunächst nicht. durch das robert-koch-institut wurde spanien erst anfang september 2020 erneut als besonderes risikogebiet eingestuft. im zeitpunkt des rücktritts lag daher eine gesamtsituation vor, aufgrund der bis zum geplanten reisebeginn mit einer stetigen entspannung der situation zu rechnen war. hieran ändert sich auch nichts dadurch, dass der kläger wenige tage vor beginn der geplanten reise feststellte, dass das gebuchte hotel noch nicht geöffnet war. es handelt sich hierbei um keinen umstand, der im zeitpunkt der kündigung mit hoher wahrscheinlichkeit zu erwarten war. 17ein außergewöhnlicher die durchführung der pauschalreise erheblich beeinträchtigender umstand ergibt sich jedoch daraus, dass der kläger im zeitpunkt des rücktritts davon ausgehen konnte, dass im reisezeitraum auf mallorca eine allgemeine verpflichtung zum tragen eines mund-nasenschutzes bestehen wird, im folgenden aus vereinfachungsgründen „maskenpflicht“ genannt. dass zum rücktrittszeitpunkt eine solche durch die örtlichen behörden erklärt war, ist von der beklagten nicht bestritten und im übrigen auch aus presseveröffentlichungen allgemein bekannt. so findet sich im internet ein artikel des mallorca-magazins vom 20.05.2020, der die einführung einer allgemeinen maskenpflicht auf mallorca ab kommenden donnerstag thematisiert. danach sei überall, wo ein abstand zu anderen menschen von zwei metern nicht einzuhalten sei, eine maske zu tragen, dies gelte nicht nur für geschlossene räume, sondern auch für öffentliche straßen und plätze. da hierbei eine höchstfrist nicht genannt ist und es sich um eine maßnahme handelt, die in zeitlichem zusammenhang mit der reaktivierung des tourismus eingeführt worden ist, konnte auch in diesem zeitpunkt schon davon ausgegangen werden, dass diese regelung zur allgemeinen maskenpflicht auch im urlaubszeitpunkt noch fortbestehen wird. 18diese regelung stellt auch einen außergewöhnlichen umstand dar, der die durchführung der reise erheblich beeinträchtigt. nicht jede verpflichtung zum tragen eines mund- und nasenschutzes stellt eine erhebliche beeinträchtigung dar, vielmehr kommt es auf die gesamtumstände der regelung an. führt diese dazu, dass eine maske täglich nur in kurzen zeiträumen zu tragen ist, etwa im supermarkt oder beim durchlaufen eines restaurants, liegt darin keine erhebliche beeinträchtigung der reise. anders verhält es sich, wenn die verpflichtung so ausgestaltet ist, dass sie den typischen tagesablauf eines urlaubs wesentlich berührt. bei der spanischen regelung ist dies der fall, weil das flanieren in innerstädtischen bereichen sowie auf in der hauptsaison stark besuchten strandpromenaden typischerweise zu einem mallorca-urlaub gehört. wegen des ebenfalls typischerweise hohen andrangs zur hauptsaison war auch damit zu rechnen, dass in weiten teilen der mindestabstand von zwei metern zu anderen personen nicht einzuhalten sein wird, sodass der kläger zu erwarten hatte, dass er und seine familie über einen erheblichen teil eines üblichen urlaubs-tagesablaufs bei außentemperaturen von 30 °c einen innerhalb kürzester zeit durch schweiß durchnässenden mund- und nasenschutz zu tragen haben werden. hierin liegt eine erhebliche beeinträchtigung des urlaubstypischen tagesablaufs. die annahme eines außergewöhnlichen umstands kann auch nicht dadurch verneint werden, dass sich in der maskenpflicht das typische lebensrisiko realisiere. zum zeitpunkt der kündigung war eine maskenpflicht des umfangs, wie in spanien festgelegt, keineswegs weltweit typisch, insbesondere auch nicht bestandteil des tagesablaufs am heimatort des klägers. vielmehr bestand dort nach der in nrw geltenden corona-schutzverordnung die maskenpflicht nur in bestimmten geschlossenen räumen und beeinträchtigte damit den generellen tagesablauf weit weniger als dies im urlaub der fall gewesen wäre. ferner zeichnete sich im rücktrittszeitpunkt für deutschland eine zunehmende rücknahme von beschränkungen ab, sodass zu erwarten war, dass ein urlaub in der zweiten julihälfte an der nord- oder ostsee keinen wesentlichen beschränkungen unterliegen wird, insbesondere spontanes treffen mit bis zu 10 personen wieder zulässig ist und im außenbereich keine beeinträchtigung durch eine maskenpflicht bestehen wird. gerade der vergleich zu den üblichen beschränkungen im sommer 2020 am heimatort der kläger oder an einem typischen inländischen urlaubsort am meer zeigt, dass die maskenpflicht in der spanischen ausgestaltung über das allgemeine lebensrisiko hinausgeht und das leben des klägers und seiner familie ausgerechnet zur urlaubszeit, die der entspannung und regeneration dienen soll, mehr beschränkt gewesen wäre als bei verbleib am heimatort. 19die verpflichtung zur freistellung von vorgerichtlichen rechtsanwaltskosten ergibt sich verzugsunabhängig aus §§ 241 abs. 2, 280 abs. 1 bgb. die beklagte hat mit der unberechtigten geltendmachung von stornierungskosten gemäß rechnung vom 10.06.2020 gegen vertragliche nebenpflichten verstoßen. adäquat-kausale folge dieser pflichtverletzung ist die beauftragung eines rechtsanwalts, da eine eigenständige wahrnehmung von rechten durch den kläger insbesondere vor dem hintergrund nicht zumutbar ist als die beklagte in keiner weise näher erläutert hat, auf welche rechtsgrundlage sie die geltendmachung von „stornierungskosten“ stützt. 20die kostenentscheidung folgt aus § 91 zpo. die entscheidung zur vorläufigen vollstreckbarkeit folgt aus § 708 nr. 11, 711, 713 zpo. 21der streitwert wird auf 1.116,00 eur festgesetzt. 22rechtsbehelfsbelehrung: 23gegen dieses urteil ist das rechtsmittel der berufung für jeden zulässig, der durch dieses urteil in seinen rechten benachteiligt ist, 241. wenn der wert des beschwerdegegenstandes 600,00 eur übersteigt oder 252. wenn die berufung in dem urteil durch das amtsgericht zugelassen worden ist. 26die berufung muss innerhalb einer notfrist von einem monat nach zustellung dieses urteils schriftlich bei dem landgericht düsseldorf, werdener straße 1, 40227 düsseldorf, eingegangen sein. die berufungsschrift muss die bezeichnung des urteils, gegen das die berufung gerichtet wird, sowie die erklärung, dass gegen dieses urteil berufung eingelegt werde, enthalten. 27die berufung ist, sofern nicht bereits in der berufungsschrift erfolgt, binnen zwei monaten nach zustellung dieses urteils schriftlich gegenüber dem landgericht düsseldorf zu begründen. 28die parteien müssen sich vor dem landgericht düsseldorf durch einen rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die berufungs- und die berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein. 29mit der berufungsschrift soll eine ausfertigung oder beglaubigte abschrift des angefochtenen urteils vorgelegt werden. 30hinweis zum elektronischen rechtsverkehr: 31die einlegung ist auch durch übertragung eines elektronischen dokuments an die elektronische poststelle des gerichts möglich. das elektronische dokument muss für die bearbeitung durch das gericht geeignet und mit einer qualifizierten elektronischen signatur der verantwortenden person versehen sein oder von der verantwortenden person signiert und auf einem sicheren übermittlungsweg gemäß § 130a zpo nach näherer maßgabe der verordnung über die technischen rahmenbedingungen des elektronischen rechtsverkehrs und über das besondere elektronische behördenpostfach (bgbl. 2017 i, s. 3803) eingereicht werden. weitere informationen erhalten sie auf der internetseite www.justiz.de. 32t
Klaeger*in
1
185,123
S 6 U 56/12
2014-01-17T00:00:00
Urteil
Tenor Der Bescheid vom 00.00.0000 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 00.00.0000 wird abgeändert. Es wird festgestellt, dass die schwere Arthrose am rechten Ellenbogengelenk, die Bildung zweier freier Gelenkkörper sowie die Irritation des Ellennervs in der Ellenrinne des rechten Ellenbogens eine Berufskrankheit nach Nr. 2103 der Anlage 1 zur BKV darstellen. Die Beklagte trägt ¾ der außergerichtlichen Kosten des Klägers dem Grunde nach. 1Tatbestand: 2Der Kläger begehrt zuletzt noch die Anerkennung von Erkrankungen seines rechten Ellenbogens als Berufskrankheit. 3Der am 00.00.0000 geborene Kläger war von 0000 bis 0000 im Bergbau in der Grube B. (C.) unter Tage tätig. Von 0000 bis 0000 war er im Hoch- und Tiefbau beschäftigt, von 0000 bis 0000 erneute unter Tage in T. Von 0000 bis 0000 war er im Garten und Landschaftsbau tätig. Unter dem 00.00.0000 äußerte der behandelnde Chirurg Dr. T. gegenüber der Berufsgenossenschaft Rohstoffe und chemische Industrie (BG RCI) den Verdacht auf Vorliegen einer Berufskrankheit nach Nr. 2103 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung (Erkrankungen durch Erschütterung bei Arbeit mit Druckluftwerkzeugen oder gleichartig wirkenden Werkzeugen oder Maschinen). Die BG RCI führte bei der Knappschaft Ermittlungen zu den vom Kläger unter Tage ausgeübten Tätigkeiten durch und zog ein vom medizinischen Dienst der Knappschaft erstelltes Gutachten vom 00.00.0000 bei. Weiter wertete sie einen Entlassungsbericht des N. Klinikums C. T. vom 00.00.0000 aus und zog Berichte des Arztes für Neurologie und Psychiatrie M. vom 00.00.0000, des Arztes für Innere Medizin Dr. I. vom 00.00.0000 sowie des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) Nordrhein vom 00.00.0000 und des sozialmedizinischen Dienstes der Knappschaft vom 00.00.0000 bei. Überdies wertete die BG RCI einen Bericht des Rheumatologen Dr. C. vom 00.00.0000 aus und zog im Rentenverfahren vor dem SG Aachen (Az. S 5 KN 264/03) eingeholte Befundberichte des Arztes für Neurologie und Psychiatrie M. vom 00.00.0000 und des Rheumatologen Dr. C. vom 00.00.0000 sowie ein Gutachten des Arbeitsmediziners Dr. X. vom 00.00.0000 bei. Nach Auswertung von weiteren Berichten des Orthopäden Dr. U. (eingeholt im Rentenverfahren S 8 KN 122/07 vor dem SG Aachen) sowie des praktischen Arztes Dr. Y. vom 00.00.0000 zog sie ein Gutachten des Arztes für Innere Medizin Dr. K. vom 00.00.0000 bei und wertete ein Vorerkrankungsverzeichnis der AOK Rheinland/Hamburg vom 00.00.0000 aus. Nach Auswertung weiterer Unterlagen des Kardiologen Dr. N. vom 00.00.0000 sowie des Kardiologen Dr. w. F. vom 00.00.0000 und des Facharztes für Nervenheilkunde Dr. V. vom 00.00.0000 sowie des Arztes für Radiologie Dr. W. vom 00.00.0000, der Fachärztin für Orthopädie Dr. L. vom 00.00.0000 und des Radiologen Dr. T. vom 00.00.0000 holte sie eine Auskunft der Firma U. X. Garten- und Landschaftsbau vom 00.00.0000 ein. Unter dem 00.00.0000 gab die BG RCI den Vorgang an die Rechtsvorgängerin der Beklagten ab. Nach Einholung einer Stellungnahme des Präventionsdienstes der BG Bau zu den maßgeblichen Erschütterungen im Straßenbau vom 00.00.0000 holte die Rechtsvorgängerin der Beklagten eine Stellungnahme des beratenden Arztes Dr. Z. vom 00.00.0000 ein. Mit Bescheid vom 00.00.0000 lehnte sie die Anerkennung einer Berufskrankheit nach Nr. 2103 der Anlage 1 zur BKV ab. Zur Begründung führte sie aus, die bei dem Kläger festgestellte Erkrankung sei nicht ursächlich auf dessen berufliche Tätigkeit zurückzuführen. Der Kläger legte am 00.00.0000 Widerspruch ein, den die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 00.00.0000 unter Vertiefung ihrer bisherigen Ausführungen zurückwies. 4Hiergegen richtet sich die am 00.00.0000 erhobene Klage. 5Der Kläger beantragt zuletzt noch, den Bescheid vom 00.00.0000 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 00.00.0000 abzuändern und festzustellen, dass die schwere Arthrose am rechten Ellenbogengelenk, die Bildung mindestens zweier freier Gelenkkörper am rechten Ellenbogengelenk sowie die Irritation des Ellennervs in der Ellenrinne des rechten Ellenbogens eine Berufskrankheit nach Nr. 2103 der Anlage 1 zur BKV darstellen. 6Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. 7Sie hält an der bisherigen Auffassung ihrer Rechtsvorgängerin fest. 8Das Gericht hat zur Aufklärung des medizinischen Sachverhalts von Amts wegen eine Begutachtung des Klägers durch den Facharzt für Chirurgie Dr. D. veranlasst. Dr. D. ist im Rahmen seines unter dem 00.00.0000 erstellten Gutachtens zu dem Ergebnis gelangt, die bei dem Kläger am rechten Ellenbogengelenk vorliegenden Erkrankungen seien durch die beruflichen Einwirkungen verursacht worden. Die hieraus abzuleitende Minderung der Erwerbsfähigkeit sei auf unter 10 vom Hundert einzuschätzen. Nach einer Stellungnahme des beratenden Arztes Dr. U. vom 00.00.0000 ist auf Antrag des Klägers sodann ein weiteres Gutachten des Chirurgen Prof. Dr. N. vom 00.00.0000 eingeholt worden. Prof. Dr. N. hat sich im Wesentlichen den Schlussfolgerungen von Dr. B. angeschlossen und die Minderung der Erwerbsfähigkeit auf 10% seit dem Zeitpunkt der Untersuchung eingeschätzt. 9Zum Ergebnis der Beweisaufnahme wird auf den Inhalt der genannten Unterlagen verwiesen. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze und die übrige Gerichtsakte sowie auf die Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen, deren wesentlicher Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist. 10Entscheidungsgründe: 11Die im Rahmen der mündlichen Verhandlung auf eine Anfechtungs- und Feststellungsklage umgestellte Klage ist zulässig. Die Statthaftigkeit der Feststellungsklage folgt aus § 55 Abs. 1 Nr. 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Mit einer Feststellungsklage kann über § 55 Abs. 1 Nr. 3 SGG hinaus auch die Feststellung begehrt werden, dass eine Krankheit eine Berufskrankheit ist (BSG, Urteil vom 02.04.2009 - B 2 U 30/07 R = juris Rdnr. 11 m.w.N.). Ein Feststellungsinteresse des Klägers folgt bereits daraus, dass nach Anerkennung seiner Erkrankung von der Beklagten präventive Maßnahmen zur Verhinderung einer Verschlimmerung nach § 3 Abs. 1 Satz 1 der BKV zu erbringen sein könnten. 12Die Klage ist auch begründet. Der Kläger wird durch die angefochtenen Bescheide im Sinne von § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG beschwert. Denn sie sind insoweit rechtswidrig, als die Beklagte die Anerkennung der bei ihm vorliegenden Erkrankungen des rechten Ellenbogens als Berufskrankheit nach Nr. 2103 der Anlage zur BKV verweigert hat. 13Berufskrankheiten sind nach § 9 Abs. 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Unfallversicherung – (SGB VII) solche Krankheiten, welche die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates bezeichnet hat und die Versicherte infolge einer Tätigkeit erleiden, die Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründet. Nur solche Krankheiten, die in Anlage 1 zur BKV (sogenannte Berufskrankheitenliste) im Einzelnen aufgeführt sind, können als Berufskrankheiten anerkannt werden. 14Die Feststellung einer Berufskrankheit setzt voraus, dass der Versicherte im Rahmen der versicherten Tätigkeit schädigenden Einwirkungen ausgesetzt gewesen ist, die geeignet sind, einen entsprechenden Gesundheitsschaden zu bewirken. Dabei müssen die Krankheit, die versicherte Tätigkeit und die durch sie bedingten schädigenden Einwirkungen einschließlich ihrer Art und ihres Ausmaßes (sog. arbeitstechnische Voraussetzungen) mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit bewiesen sein (BSG, Urteil vom 20.01.1987, 2 RU 27/86 = SozR 2200 § 548 Nr. 84; BSG, Urteil vom 22.08.2000, B 2 U 34/99 R = SozR 3-5670 Anlage 1 Nr. 2108 Nr. 2; Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung, § 9 SGB VII, Rdnr. 3; Mehrtens/Perlebach, Die Berufskrankheiten-Verordnung, E § 9 SGB VII Rdnr. 14). Der Vollbeweis einer Krankheit in jenem Sinne ist geführt, wenn ihr Vorliegen in so hohem Grade wahrscheinlich ist, dass sämtliche Umstände des Einzelfalles unter Berücksichtigung der allgemeinen Lebenserfahrung geeignet sind, die volle richterliche Überzeugung hiervon zu begründen (LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 18.03.2011 – L 15 U 263/03 = juris). 15Der ursächliche Zusammenhang zwischen versicherter Tätigkeit und Einwirkung (haftungsbegründende Kausalität) sowie zwischen Einwirkung und Erkrankung (haftungsausfüllende Kausalität) beurteilt sich nach der unfallrechtlichen Kausalitätslehre von der wesentlichen Bedingung. Danach sind nur die Bedingungen (mit-)ursächlich die wegen ihrer besonderen Bedeutung für den Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben (BSG, a.a.O.). Die haftungsbegründende und haftungsausfüllende Kausalität müssen nicht nur möglich, sondern hinreichend wahrscheinlich sein (BSG, Urteil vom 02.02.1978 – 8 RU 66/77 = SozR 2200 § 548 Nr. 38; BSG, Urteil vom 27.06.2000 – B 2 U 29/99 R; Mehrtens/Perlebach, a.a.O., Rdnr. 26). Das ist dann der Fall, wenn unter Zugrundelegung der herrschenden arbeitsmedizinischen Lehrauffassung mehr für als gegen den Zusammenhang spricht und ernste Zweifel hinsichtlich einer anderen Verursachung ausscheiden (BSG, Urteil vom 16.02.1971 – 1 RA 113/70 = BSGE 32, 203, 209; BSG, Urteil vom 20.01.1977 – 8 RU 52/76 = 43, 110, 113; BSG, Urteil vom 02.11.1999 – B 2 U 47/98 R = SozR 3 - 1300 § 48 Nr. 67). 16Unter Berücksichtigung dieser Maßgaben ist die Kammer im vorliegenden Fall vom Vorliegen einer Krankheit nach Nr. 2103 der Anlage zur BKV überzeugt. 17Die arbeitstechnischen Voraussetzungen der Berufskrankheit nach Nr. 2103 der Anlage 1 zur BKV liegen, wovon die Beklagte selbst ausgeht, vor. Die Kammer stützt sich auf die von der BG RCI sowie der Rechtsvorgängerin der Beklagten und dem Präventionsdienst der BG Bau durchgeführten Ermittlungen und Feststellungen. 18Das Gericht ist weiter vom Vorliegen einer schweren Arthrose am rechten Ellenbogengelenk des Klägers, der Bildung zweier freier Gelenkkörper sowie einer Irritation des Ellennervs in der Ellenrinne des rechten Ellenbogens überzeugt, welche allesamt Erkrankungen im Sinne der BK nach Nr. 2103 der Anlage 1 zur BKV darstellen. Die Kammer stützt sich insoweit auf das von Amts wegen eingeholte Gutachten des Sachverständigen Dr. D. vom 00.00.0000. Weiter hat auch der auf Antrag des Klägers gehörte Prof. Dr. N. diese Erkrankungen anhand der bildgebenden Befunde zweifelsfrei gesichert. 19Schließlich steht zur Überzeugung der Kammer auch fest, dass nach dem aktuellen Stand der medizinischen Wissenschaft mehr für als gegen einen ursächlichen Zusammenhang zwischen Einwirkungen und Erkrankung spricht. So hat der Sachverständige Dr. D. im Rahmen seines Gutachtens in überzeugender Weise ausgeführt, dass die Belastungssituation beim Halten einer vibrierenden Maschine dem Erkrankungsbild des Klägers entspricht. Denn bei dem rechtshändigen Kläger ist nach den nachvollziehbaren Ausführungen von Dr. D. nahezu ausschließlich der rechte Ellenbogen betroffen. Prof. Dr. N. hat im Rahmen seines Gutachtens ergänzt, dass das rechte Ellenbogengelenk deutlich stärkere arthrotische Veränderungen aufweist, als nach dem Alter des Klägers zu erwarten wäre. Überdies spricht für eine berufliche Verursachung, dass andere Arthrose-Zonen des Klägers, etwa im Bereich der Halswirbelsäule oder im Bereich der Daumensattelgelenke nur geringgradige Veränderungen aufweisen. Demgegenüber sind die arthrotischen Veränderungen am rechten Ellenbogengelenk außerordentlich stark ausgeprägt. Hinzu kommt, dass ernste Zweifel hinsichtlich einer anderen Verursachung ausscheiden. Denn der Kläger hat im Rahmen seines Berufslebens keinerlei Unfallfolgen erlitten, welche die schwere Arthrose am rechten Ellenbogengelenk erklären könnte und auch außerberufliche Ursachen sind nicht ersichtlich, zumal sich – wie dargelegt – an anderen Arthrose-Zonen keine entsprechenden Veränderungen finden. 20Soweit die Beklagte einen ursächlichen Zusammenhang unter Hinweis auf die beratungsärztliche Stellungnahmen von Dr. U. vom 00.00.0000 sowie vom 00.00.0000 verneint, vermag das Gericht dessen Auffassung nicht zu teilen. Dr. U. geht im Rahmen seiner ersten Stellungnahme vom 00.00.0000 in der Annahme fehl, potentiell schädigende Einwirkungen im Sinne der BK nach Nr. 2103 der Anlage zur BKV ergäben sich im vorliegenden Fall lediglich in den siebziger Jahren. Gegen diese Annahme spricht bereits der ausführliche Bericht des Präventionsdienstes der BG RCI vom 00.00.0000 (Bl. 000 ff. der Verwaltungsvorgänge der Beklagten). Danach war der Kläger auch in der Zeit von 0000bis 0000 im Rahmen seiner Tätigkeit für die Firma U. X. Garten- und Landschaftsbau in ausreichender Weise exponiert. Überdies haben Dr. U. und Prof. Dr. N. übereinstimmend darauf hingewiesen, dass selbst bei Unterstellung einer gefährdenden Exposition zuletzt in den siebziger Jahren dies nicht schlechthin gegen eine überwiegende Wahrscheinlichkeit für einen ursächlichen Zusammenhang spricht. Denn ein Zeitintervall von selbst 20 Jahren zwischen der maßgeblichen Exposition und dem erstmaligen Auftreten von Beschwerden am rechten Ellenbogengelenk ist nach dem Stand der medizinischen Wissenschaft kein Ausschlusskriterium. Vielmehr ist im Rahmen der einschlägigen Fachliteratur anerkannt, dass Druckluftschäden auch nach weit zurückliegender Aufgabe der gefährdenden Tätigkeit erstmalig auftreten können (Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Auflage 2010, S.1170). 21Auch die zweite Stellungnahme von Dr. U. vom 00.00.0000 überzeugt die Kammer nicht. Abgesehen davon, dass sich dieser nicht mit den Stimmen in der wissenschaftlichen Fachliteratur auseinandergesetzt hat, welche ein langes Zeitintervall zwischen Aufgabe der gefährdenden Tätigkeit und erstmaligen Auftreten von Beschwerden als nicht ungewöhnlich einstufen, so geht der Hinweis auf angeblich bei dem Kläger vorliegende Stoffwechselkrankheiten als Alternativursache fehl. So hat der auf Antrag des Klägers gehörte Sachverständige Prof. Dr. N. darauf hingewiesen, dass als einzige bei dem Kläger gesicherte Stoffwechselstörung eine Hypercholesterinanämie in Betracht zu ziehen ist. Ein ursächlicher Zusammenhang zwischen einer Hypercholesterinanämie und einer Arthrose lasse sich indessen allenfalls bei Cholesterinablagerungen im Gelenkknorpel annehmen, die bei dem Kläger nicht vorliegen. Außerdem würde dies nicht die lediglich auf das Ellenbogengelenk begrenzte Arthrose erklären können, während andere Bereiche des Körpers des Klägers nicht betroffen sind. Auch dieser Umstand vermag eine Stoffwechselerkrankung als Alternativursache zweifelsfrei auszuschließen. 22Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG. Die Kammer hat hierbei berücksichtigt, dass der Kläger ursprünglich auch eine Entschädigung der Folgen der BK nach Nr. 2103 der Anlage zur BKV begehrt hatte und die Beklagte jedenfalls insoweit keinen Anlass zur Klageerhebung gegeben hat. In Ausübung ihres kostenrechtlichen Ermessens bewertete die Kammer das Obsiegen des Klägers im Hinblick auf die begehrte Anerkennung seiner Erkrankungen als BK nach Nr. 2103 der Anlage zur BKV weit überwiegend, im Ergebnis mit 75%.
der bescheid vom 00.00.0000 in der fassung des widerspruchsbescheides vom 00.00.0000 wird abgeändert. es wird festgestellt, dass die schwere arthrose am rechten ellenbogengelenk, die bildung zweier freier gelenkkörper sowie die irritation des ellennervs in der ellenrinne des rechten ellenbogens eine berufskrankheit nach nr. 2103 der anlage 1 zur bkv darstellen. die beklagte trägt ¾ der außergerichtlichen kosten des klägers dem grunde nach. 1
2der kläger begehrt zuletzt noch die anerkennung von erkrankungen seines rechten ellenbogens als berufskrankheit. 3der am 00.00.0000 geborene kläger war von 0000 bis 0000 im bergbau in der grube b. (c.) unter tage tätig. von 0000 bis 0000 war er im hoch- und tiefbau beschäftigt, von 0000 bis 0000 erneute unter tage in t. von 0000 bis 0000 war er im garten und landschaftsbau tätig. unter dem 00.00.0000 äußerte der behandelnde chirurg dr. t. gegenüber der berufsgenossenschaft rohstoffe und chemische industrie (bg rci) den verdacht auf vorliegen einer berufskrankheit nach nr. 2103 der anlage 1 zur berufskrankheiten-verordnung (erkrankungen durch erschütterung bei arbeit mit druckluftwerkzeugen oder gleichartig wirkenden werkzeugen oder maschinen). die bg rci führte bei der knappschaft ermittlungen zu den vom kläger unter tage ausgeübten tätigkeiten durch und zog ein vom medizinischen dienst der knappschaft erstelltes gutachten vom 00.00.0000 bei. weiter wertete sie einen entlassungsbericht des n. klinikums c. t. vom 00.00.0000 aus und zog berichte des arztes für neurologie und psychiatrie m. vom 00.00.0000, des arztes für innere medizin dr. i. vom 00.00.0000 sowie des medizinischen dienstes der krankenversicherung (mdk) nordrhein vom 00.00.0000 und des sozialmedizinischen dienstes der knappschaft vom 00.00.0000 bei. überdies wertete die bg rci einen bericht des rheumatologen dr. c. vom 00.00.0000 aus und zog im rentenverfahren vor dem sg aachen (az. s 5 kn 264/03) eingeholte befundberichte des arztes für neurologie und psychiatrie m. vom 00.00.0000 und des rheumatologen dr. c. vom 00.00.0000 sowie ein gutachten des arbeitsmediziners dr. x. vom 00.00.0000 bei. nach auswertung von weiteren berichten des orthopäden dr. u. (eingeholt im rentenverfahren s 8 kn 122/07 vor dem sg aachen) sowie des praktischen arztes dr. y. vom 00.00.0000 zog sie ein gutachten des arztes für innere medizin dr. k. vom 00.00.0000 bei und wertete ein vorerkrankungsverzeichnis der aok rheinland/hamburg vom 00.00.0000 aus. nach auswertung weiterer unterlagen des kardiologen dr. n. vom 00.00.0000 sowie des kardiologen dr. w. f. vom 00.00.0000 und des facharztes für nervenheilkunde dr. v. vom 00.00.0000 sowie des arztes für radiologie dr. w. vom 00.00.0000, der fachärztin für orthopädie dr. l. vom 00.00.0000 und des radiologen dr. t. vom 00.00.0000 holte sie eine auskunft der firma u. x. garten- und landschaftsbau vom 00.00.0000 ein. unter dem 00.00.0000 gab die bg rci den vorgang an die rechtsvorgängerin der beklagten ab. nach einholung einer stellungnahme des präventionsdienstes der bg bau zu den maßgeblichen erschütterungen im straßenbau vom 00.00.0000 holte die rechtsvorgängerin der beklagten eine stellungnahme des beratenden arztes dr. z. vom 00.00.0000 ein. mit bescheid vom 00.00.0000 lehnte sie die anerkennung einer berufskrankheit nach nr. 2103 der anlage 1 zur bkv ab. zur begründung führte sie aus, die bei dem kläger festgestellte erkrankung sei nicht ursächlich auf dessen berufliche tätigkeit zurückzuführen. der kläger legte am 00.00.0000 widerspruch ein, den die beklagte mit widerspruchsbescheid vom 00.00.0000 unter vertiefung ihrer bisherigen ausführungen zurückwies. 4hiergegen richtet sich die am 00.00.0000 erhobene klage. 5der kläger beantragt zuletzt noch, den bescheid vom 00.00.0000 in der fassung des widerspruchsbescheides vom 00.00.0000 abzuändern und festzustellen, dass die schwere arthrose am rechten ellenbogengelenk, die bildung mindestens zweier freier gelenkkörper am rechten ellenbogengelenk sowie die irritation des ellennervs in der ellenrinne des rechten ellenbogens eine berufskrankheit nach nr. 2103 der anlage 1 zur bkv darstellen. 6die beklagte beantragt, die klage abzuweisen. 7sie hält an der bisherigen auffassung ihrer rechtsvorgängerin fest. 8das gericht hat zur aufklärung des medizinischen sachverhalts von amts wegen eine begutachtung des klägers durch den facharzt für chirurgie dr. d. veranlasst. dr. d. ist im rahmen seines unter dem 00.00.0000 erstellten gutachtens zu dem ergebnis gelangt, die bei dem kläger am rechten ellenbogengelenk vorliegenden erkrankungen seien durch die beruflichen einwirkungen verursacht worden. die hieraus abzuleitende minderung der erwerbsfähigkeit sei auf unter 10 vom hundert einzuschätzen. nach einer stellungnahme des beratenden arztes dr. u. vom 00.00.0000 ist auf antrag des klägers sodann ein weiteres gutachten des chirurgen prof. dr. n. vom 00.00.0000 eingeholt worden. prof. dr. n. hat sich im wesentlichen den schlussfolgerungen von dr. b. angeschlossen und die minderung der erwerbsfähigkeit auf 10% seit dem zeitpunkt der untersuchung eingeschätzt. 9zum ergebnis der beweisaufnahme wird auf den inhalt der genannten unterlagen verwiesen. hinsichtlich der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf die gewechselten schriftsätze und die übrige gerichtsakte sowie auf die verwaltungsakte der beklagten verwiesen, deren wesentlicher inhalt gegenstand der mündlichen verhandlung gewesen ist. 10
11die im rahmen der mündlichen verhandlung auf eine anfechtungs- und feststellungsklage umgestellte klage ist zulässig. die statthaftigkeit der feststellungsklage folgt aus § 55 abs. 1 nr. 3 sozialgerichtsgesetz (sgg). mit einer feststellungsklage kann über § 55 abs. 1 nr. 3 sgg hinaus auch die feststellung begehrt werden, dass eine krankheit eine berufskrankheit ist (bsg, urteil vom 02.04.2009 - b 2 u 30/07 r = juris rdnr. 11 m.w.n.). ein feststellungsinteresse des klägers folgt bereits daraus, dass nach anerkennung seiner erkrankung von der beklagten präventive maßnahmen zur verhinderung einer verschlimmerung nach § 3 abs. 1 satz 1 der bkv zu erbringen sein könnten. 12die klage ist auch begründet. der kläger wird durch die angefochtenen bescheide im sinne von § 54 abs. 2 satz 1 sgg beschwert. denn sie sind insoweit rechtswidrig, als die beklagte die anerkennung der bei ihm vorliegenden erkrankungen des rechten ellenbogens als berufskrankheit nach nr. 2103 der anlage zur bkv verweigert hat. 13berufskrankheiten sind nach § 9 abs. 1 siebtes buch sozialgesetzbuch – gesetzliche unfallversicherung – (sgb vii) solche krankheiten, welche die bundesregierung durch rechtsverordnung mit zustimmung des bundesrates bezeichnet hat und die versicherte infolge einer tätigkeit erleiden, die versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 sgb vii begründet. nur solche krankheiten, die in anlage 1 zur bkv (sogenannte berufskrankheitenliste) im einzelnen aufgeführt sind, können als berufskrankheiten anerkannt werden. 14die feststellung einer berufskrankheit setzt voraus, dass der versicherte im rahmen der versicherten tätigkeit schädigenden einwirkungen ausgesetzt gewesen ist, die geeignet sind, einen entsprechenden gesundheitsschaden zu bewirken. dabei müssen die krankheit, die versicherte tätigkeit und die durch sie bedingten schädigenden einwirkungen einschließlich ihrer art und ihres ausmaßes (sog. arbeitstechnische voraussetzungen) mit an sicherheit grenzender wahrscheinlichkeit bewiesen sein (bsg, urteil vom 20.01.1987, 2 ru 27/86 = sozr 2200 § 548 nr. 84; bsg, urteil vom 22.08.2000, b 2 u 34/99 r = sozr 3-5670 anlage 1 nr. 2108 nr. 2; mehrtens, gesetzliche unfallversicherung, § 9 sgb vii, rdnr. 3; mehrtens/perlebach, die berufskrankheiten-verordnung, e § 9 sgb vii rdnr. 14). der vollbeweis einer krankheit in jenem sinne ist geführt, wenn ihr vorliegen in so hohem grade wahrscheinlich ist, dass sämtliche umstände des einzelfalles unter berücksichtigung der allgemeinen lebenserfahrung geeignet sind, die volle richterliche überzeugung hiervon zu begründen (lsg nordrhein-westfalen, urteil vom 18.03.2011 – l 15 u 263/03 = juris). 15der ursächliche zusammenhang zwischen versicherter tätigkeit und einwirkung (haftungsbegründende kausalität) sowie zwischen einwirkung und erkrankung (haftungsausfüllende kausalität) beurteilt sich nach der unfallrechtlichen kausalitätslehre von der wesentlichen bedingung. danach sind nur die bedingungen (mit-)ursächlich die wegen ihrer besonderen bedeutung für den erfolg zu dessen eintritt wesentlich mitgewirkt haben (bsg, a.a.o.). die haftungsbegründende und haftungsausfüllende kausalität müssen nicht nur möglich, sondern hinreichend wahrscheinlich sein (bsg, urteil vom 02.02.1978 – 8 ru 66/77 = sozr 2200 § 548 nr. 38; bsg, urteil vom 27.06.2000 – b 2 u 29/99 r; mehrtens/perlebach, a.a.o., rdnr. 26). das ist dann der fall, wenn unter zugrundelegung der herrschenden arbeitsmedizinischen lehrauffassung mehr für als gegen den zusammenhang spricht und ernste zweifel hinsichtlich einer anderen verursachung ausscheiden (bsg, urteil vom 16.02.1971 – 1 ra 113/70 = bsge 32, 203, 209; bsg, urteil vom 20.01.1977 – 8 ru 52/76 = 43, 110, 113; bsg, urteil vom 02.11.1999 – b 2 u 47/98 r = sozr 3 - 1300 § 48 nr. 67). 16unter berücksichtigung dieser maßgaben ist die kammer im vorliegenden fall vom vorliegen einer krankheit nach nr. 2103 der anlage zur bkv überzeugt. 17die arbeitstechnischen voraussetzungen der berufskrankheit nach nr. 2103 der anlage 1 zur bkv liegen, wovon die beklagte selbst ausgeht, vor. die kammer stützt sich auf die von der bg rci sowie der rechtsvorgängerin der beklagten und dem präventionsdienst der bg bau durchgeführten ermittlungen und feststellungen. 18das gericht ist weiter vom vorliegen einer schweren arthrose am rechten ellenbogengelenk des klägers, der bildung zweier freier gelenkkörper sowie einer irritation des ellennervs in der ellenrinne des rechten ellenbogens überzeugt, welche allesamt erkrankungen im sinne der bk nach nr. 2103 der anlage 1 zur bkv darstellen. die kammer stützt sich insoweit auf das von amts wegen eingeholte gutachten des sachverständigen dr. d. vom 00.00.0000. weiter hat auch der auf antrag des klägers gehörte prof. dr. n. diese erkrankungen anhand der bildgebenden befunde zweifelsfrei gesichert. 19schließlich steht zur überzeugung der kammer auch fest, dass nach dem aktuellen stand der medizinischen wissenschaft mehr für als gegen einen ursächlichen zusammenhang zwischen einwirkungen und erkrankung spricht. so hat der sachverständige dr. d. im rahmen seines gutachtens in überzeugender weise ausgeführt, dass die belastungssituation beim halten einer vibrierenden maschine dem erkrankungsbild des klägers entspricht. denn bei dem rechtshändigen kläger ist nach den nachvollziehbaren ausführungen von dr. d. nahezu ausschließlich der rechte ellenbogen betroffen. prof. dr. n. hat im rahmen seines gutachtens ergänzt, dass das rechte ellenbogengelenk deutlich stärkere arthrotische veränderungen aufweist, als nach dem alter des klägers zu erwarten wäre. überdies spricht für eine berufliche verursachung, dass andere arthrose-zonen des klägers, etwa im bereich der halswirbelsäule oder im bereich der daumensattelgelenke nur geringgradige veränderungen aufweisen. demgegenüber sind die arthrotischen veränderungen am rechten ellenbogengelenk außerordentlich stark ausgeprägt. hinzu kommt, dass ernste zweifel hinsichtlich einer anderen verursachung ausscheiden. denn der kläger hat im rahmen seines berufslebens keinerlei unfallfolgen erlitten, welche die schwere arthrose am rechten ellenbogengelenk erklären könnte und auch außerberufliche ursachen sind nicht ersichtlich, zumal sich – wie dargelegt – an anderen arthrose-zonen keine entsprechenden veränderungen finden. 20soweit die beklagte einen ursächlichen zusammenhang unter hinweis auf die beratungsärztliche stellungnahmen von dr. u. vom 00.00.0000 sowie vom 00.00.0000 verneint, vermag das gericht dessen auffassung nicht zu teilen. dr. u. geht im rahmen seiner ersten stellungnahme vom 00.00.0000 in der annahme fehl, potentiell schädigende einwirkungen im sinne der bk nach nr. 2103 der anlage zur bkv ergäben sich im vorliegenden fall lediglich in den siebziger jahren. gegen diese annahme spricht bereits der ausführliche bericht des präventionsdienstes der bg rci vom 00.00.0000 (bl. 000 ff. der verwaltungsvorgänge der beklagten). danach war der kläger auch in der zeit von 0000bis 0000 im rahmen seiner tätigkeit für die firma u. x. garten- und landschaftsbau in ausreichender weise exponiert. überdies haben dr. u. und prof. dr. n. übereinstimmend darauf hingewiesen, dass selbst bei unterstellung einer gefährdenden exposition zuletzt in den siebziger jahren dies nicht schlechthin gegen eine überwiegende wahrscheinlichkeit für einen ursächlichen zusammenhang spricht. denn ein zeitintervall von selbst 20 jahren zwischen der maßgeblichen exposition und dem erstmaligen auftreten von beschwerden am rechten ellenbogengelenk ist nach dem stand der medizinischen wissenschaft kein ausschlusskriterium. vielmehr ist im rahmen der einschlägigen fachliteratur anerkannt, dass druckluftschäden auch nach weit zurückliegender aufgabe der gefährdenden tätigkeit erstmalig auftreten können (schönberger/mehrtens/valentin, arbeitsunfall und berufskrankheit, 8. auflage 2010, s.1170). 21auch die zweite stellungnahme von dr. u. vom 00.00.0000 überzeugt die kammer nicht. abgesehen davon, dass sich dieser nicht mit den stimmen in der wissenschaftlichen fachliteratur auseinandergesetzt hat, welche ein langes zeitintervall zwischen aufgabe der gefährdenden tätigkeit und erstmaligen auftreten von beschwerden als nicht ungewöhnlich einstufen, so geht der hinweis auf angeblich bei dem kläger vorliegende stoffwechselkrankheiten als alternativursache fehl. so hat der auf antrag des klägers gehörte sachverständige prof. dr. n. darauf hingewiesen, dass als einzige bei dem kläger gesicherte stoffwechselstörung eine hypercholesterinanämie in betracht zu ziehen ist. ein ursächlicher zusammenhang zwischen einer hypercholesterinanämie und einer arthrose lasse sich indessen allenfalls bei cholesterinablagerungen im gelenkknorpel annehmen, die bei dem kläger nicht vorliegen. außerdem würde dies nicht die lediglich auf das ellenbogengelenk begrenzte arthrose erklären können, während andere bereiche des körpers des klägers nicht betroffen sind. auch dieser umstand vermag eine stoffwechselerkrankung als alternativursache zweifelsfrei auszuschließen. 22die kostenentscheidung beruht auf § 193 abs. 1 satz 1 sgg. die kammer hat hierbei berücksichtigt, dass der kläger ursprünglich auch eine entschädigung der folgen der bk nach nr. 2103 der anlage zur bkv begehrt hatte und die beklagte jedenfalls insoweit keinen anlass zur klageerhebung gegeben hat. in ausübung ihres kostenrechtlichen ermessens bewertete die kammer das obsiegen des klägers im hinblick auf die begehrte anerkennung seiner erkrankungen als bk nach nr. 2103 der anlage zur bkv weit überwiegend, im ergebnis mit 75%.
Klaeger*in
1
165,378
10 K 3994/14
2015-05-20T00:00:00
Urteil
Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Beitrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. 1Tatbestand: 2Die Klägerin wendet sich gegen das endgültige Nichtbestehen der Staatsprüfung für das Lehramt für die Sekundarstufe I. 3Die am 00.00.1961 geborene Klägerin nahm am 1. Mai 2012 den Vorbereitungsdienst auf. Das Landesprüfungsamt für Lehrämter an Schulen (nunmehr: Prüfungsamt) teilte ihr mit Bescheid vom 25. Juli 2013 mit, dass sie die Staatsprüfung für das Lehramt für die Sekundarstufe I nicht bestanden habe, weil die durch zwei geteilte Summe der Notenwerte für die beiden Langzeitbeurteilungen nicht gemäß § 34 Abs. 2 Nr. 3 der Ordnung des Vorbereitungsdienstes und der Staatsprüfung für Lehrämter an Schulen (OVP) mindestens „ausreichend“ (4,00) sei. Die Langzeitbeurteilung des Leiters des Zentrums für schulpraktische Lehrerausbildung Köln, Herrn P. , vom 18. Juli 2013 hatte mit der Endnote „mangelhaft“, die Langzeitbeurteilung des Schulleiters der Gesamtschule Köln-S. , Herrn L. , vom 22. Juli 2013 hatte in den Fächern der Ausbildung (Kunst, Sozialwissenschaften) jeweils mit der Note „mangelhaft“ und mit der Endnote „ungenügend“ abgeschlossen. Wegen der Einzelheiten dieser Beurteilungen wird auf Beiakte 1, Blatt 39 ff., 25 ff. verwiesen. Die Klägerin legte gegen den Bescheid des Prüfungsamtes vom 25. Juli 2013 Widerspruch ein, den das Prüfungsamt mit Widerspruchsbescheid vom 19. Dezember 2013 zurückwies. Die Klägerin erhob dagegen am 7. Januar 2014 bei dem erkennenden Gericht Klage (Az.: 10 K 111/14), die das Gericht mit Urteil vom 20. Mai 2015 abwies. 4Die Bezirksregierung Köln verlängerte den Vorbereitungsdienst der Klägerin am 9. August 2013 beginnend mit Ablauf des 31. Oktober 2013 um sechs Monate. Die Klägerin setzte ihre Ausbildung am Zentrum für schulpraktische Lehrerausbildung Köln und an der Gesamtschule der Stadt C. fort. 5Der Leiter des Zentrums für schulpraktische Lehrerausbildung Köln beurteilte den Verlauf und Erfolg des Vorbereitungsdienstes der Klägerin in seiner unter dem 11. März 2014 erstellten Langzeitbeurteilung mit der Endnote „mangelhaft“. Er nannte als Beurteilungsgrundlagen u. a. Beurteilungsbeiträge des Seminarausbilders N. vom 10. Juli 2013 und vom 12. Februar 2014. Wegen der Einzelheiten der Langzeitbeurteilung wird auf Beiakte 1, Blatt 72 ff., wegen der Einzelheiten der Beurteilungsbeiträge des Seminarausbilders N. wird auf Beiakte 1, Blatt 30 ff., 68 ff. verwiesen. 6Die Schulleiterin der Gesamtschule der Stadt C. , Frau I. , beurteilte den Verlauf und Erfolg des Vorbereitungsdienstes der Klägerin in ihrer unter dem 10. März 2014 erstellten Langzeitbeurteilung sowohl in den Fächern der Ausbildung mit der Note „ungenügend“ als auch mit der Endnote „ungenügend“. Sie nannte als Beurteilungsgrundlagen u. a. eigene Beobachtungen sowie Beurteilungsbeiträge der Ausbildungslehrkräfte T. vom 4. November 2013 und 10. März 2014, L1. vom 7. November 2013, B. vom 10. März 2014 und I. vom 10. März 2014. Sie führte unter dem Punkt „Gewichtende Zusammenfassung“ aus: „Frau T1. hat im Ausbildungsprozess keine Fortschritte hinsichtlich selbständiger und eigenverantwortlicher Planung und Durchführung von Unterricht gemacht. Aufgrund ihrer fehlenden Fachkenntnisse gelang es ihr nicht, sich in die fachdidaktischen Voraussetzungen des Kunst- und Arbeitslehreunterrichts einzuarbeiten. Frau T1. hat den Auftrag zur Erziehung nicht angenommen. Auf die individuellen Lebenswirklichkeiten ihrer Schüler/innen lässt sie sich nicht ein. Individuelle Förderung und erzieherische Kompetenzen sind nicht zu beobachten. Die Reflexionsfähigkeit ist ungenügend ausgeprägt. Frau T1. fällt es sehr schwer, ihre Erfahrungen in Unterricht, Erziehungstätigkeit und kollegialer Zusammenarbeit selbstkritisch zu hinterfragen und sich mit der Rolle des 'Aktiven Lernens' im Vorbereitungsdienst auseinanderzusetzen. Aufgrund der genannten Qualifikationsmängel war ein Einsatz im bedarfsdeckenden Unterricht nicht zu verantworten. Auch der Unterricht unter Anleitung musste intensiv unter besonderer Berücksichtigung der fachtheoretischen Grundlagen sehr eng begleitet werden. Von ihr vermittelte Unterrichtsinhalte mussten von den Ausbildungslehrer/innen nachgearbeitet werden.“ Wegen der Einzelheiten der Langzeitbeurteilung wird auf Beiakte 1, Blatt 59 ff. verwiesen. 7Das Prüfungsamt teilte der Klägerin mit Bescheid vom 13. März 2014 mit, dass sie die Staatsprüfung für das Lehramt für die Sekundarstufe I endgültig nicht bestanden habe, weil die durch zwei geteilte Summe der Notenwerte für die beiden Langzeitbeurteilungen nicht gemäß § 34 Abs. 2 Nr. 3 OVP mindestens „ausreichend“ (4,00) sei. 8Die Klägerin erhob dagegen am 25. März 2014 Widerspruch und begründete diesen wie folgt: Die Langzeitbeurteilung der Gesamtschule der Stadt C. trage die Noten „ungenügend“ in den Fächern der Ausbildung und die Endnote „ungenügend“ nicht. Aus der Beurteilung gehe nicht hervor, dass selbst ihre Grundkenntnisse lückenhaft seien. Sie habe bereits durch das Bestehen der Ersten Staatsprüfung gezeigt, dass sie über Grundkenntnisse verfüge. Es leuchte nicht ein, weshalb sie sich hinsichtlich der Noten in den Fächern der Ausbildung gegenüber der Langzeitbeurteilung der Gesamtschule Köln-S. vom 22. Juli 2013 noch verschlechtert haben solle. 9Die Langzeitbeurteilung der Schule sei unzulässigerweise auch auf Beobachtungen und Beurteilungen aus der Zeit vor der Verlängerung ihres Vorbereitungsdienstes gestützt worden. 10Die Ausbildung sei mangelhaft durchgeführt worden. Die Schulleiterin habe ihr nicht bzw. nur in ganz geringem Umfang Gelegenheit gegeben, selbständigen Unterricht zu erteilen. 11Aus den aufgezeigten Verfahrens- bzw. Bewertungsfehlern folge, dass die Schulleiterin ihr gegenüber voreingenommen gewesen sei. 12Die Langzeitbeurteilung des Zentrums für schulpraktische Lehrerausbildung sei fehlerhaft, weil sie auf einem Beurteilungsbeitrag des Seminarausbilders N. vom 12. Februar 2014 beruhe, der sprachlich weitgehend mit seinem Beurteilungsbeitrag vom 10. Juli 2013 übereinstimme. 13Das Prüfungsamt wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 2. Juli 2014 zurück. Es führte zur Begründung an: Die Endnote „ungenügend“ in der Langzeitbeurteilung der Schule werde nicht dadurch in Frage gestellt, dass die Klägerin die Erste Staatsprüfung für das angestrebte Lehramt bestanden habe. Das Bestehen der Ersten Staatsprüfung sei gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe a) OVP Voraussetzung für die Einstellung in den Vorbereitungsdienst und ohne Aussagekraft für die während des Vorbereitungsdienstes gezeigten Leistungen, deren Bewertung sich an den in der Anlage 1 zur OVP genannten Kompetenzen und Standards orientiere. 14Es sei nicht zu beanstanden, dass die Langzeitbeurteilung auch auf Beobachtungen und Beurteilungen aus der Zeit vor der Verlängerung des Vorbereitungsdienstes gestützt worden sei. Nach § 16 Abs. 1 Satz 1 OVP würden in der Langzeitbeurteilung Verlauf und Erfolg des Vorbereitungsdienstes beurteilt. Gemäß § 38 Abs. 2 OVP sei der Vorbereitungsdienst für die Ablegung der Wiederholungsprüfung nach § 34 Abs. 2 OVP um sechs Monate zu verlängern. Aus dem Wortlaut dieser Vorschriften werde deutlich, dass der Vorbereitungsdienst nach dem erstmaligen Nichtbestehen der Staatsprüfung nicht neu beginne. Die ursprüngliche Ausbildungszeit und die Verlängerung stellten vielmehr einen einheitlichen Vorbereitungsdienst dar. Um den in § 16 Abs. 1 Satz 1 OVP normierten Anspruch, Verlauf und Erfolg des gesamten Vorbereitungsdienstes zu bewerten, erfüllen zu können, müsse die Langzeitbeurteilung in Kenntnis der im ersten Prüfungsversuch erstellten Langzeitbeurteilung und der dieser zugrunde liegenden Beurteilungsbeiträge verfasst werden. 15Ein Ausbildungsmangel sei nicht ersichtlich. Schulleiter hätten nicht nur gemäß § 11 OVP einen Ausbildungsauftrag gegenüber den Lehramtsanwärtern zu erfüllen, sondern gleichzeitig gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 SchulG den Anspruch der Schüler auf schulische Bildung, Erziehung und individuelle Förderung. Sie wögen in diesem Spannungsverhältnis die Interessen der Lehramtsanwärter gegen die Interessen der Schüler ab und entschieden auch über einen Einsatz der Lehramtsanwärter im selbständigen Unterricht, der gemäß § 11 Abs. 7 OVP grundsätzlich erteilt werden solle. Gemessen daran sei die Entscheidung der Schulleiterin der Gesamtschule der Stadt C. , die Klägerin angesichts ihrer erheblichen Ausbildungsdefizite nur Unterricht unter Anleitung, nicht aber selbständigen Unterricht erteilen zu lassen, sachgerecht gewesen. 16Anhaltspunkte für eine Befangenheit der Schulleiterin lägen nicht vor. 17Die Klägerin dringe schließlich mit ihrer Rüge nicht durch, die Langzeitbeurteilung des Zentrums für schulpraktische Lehrerausbildung sei fehlerhaft, weil sie auf einem Beurteilungsbeitrag des Seminarausbilders N. vom 12. Februar 2014 beruhe, der sprachlich weitgehend mit seinem Beurteilungsbeitrag vom 10. Juli 2013 übereinstimme. Die weitgehenden Übereinstimmungen in den Formulierungen der Beurteilungsbeiträge sprächen lediglich dafür, dass der Seminarausbilder trotz des fortgeschrittenen Ausbildungsstandes der Klägerin zu im Wesentlichen identischen Einschätzungen bezüglich ihrer Leistungsfähigkeit gelangt sei. Die Wiederholung von bereits früher formulierter Kritik sei angesichts unverändert geltender Beurteilungskriterien nicht zu beanstanden. 18Die Klägerin hat dagegen am 17. Juli 2014 Klage erhoben. 19Zur Begründung wiederholt und vertieft sie ihr Vorbringen aus dem Verwaltungsverfahren und trägt ergänzend vor: Die Schulleiterin der Gesamtschule der Stadt C. sei ihr gegenüber voreingenommen gewesen. Die Voreingenommenheit komme bereits dadurch zum Ausdruck, dass die Schulleiterin – entgegen anderslautender Beteuerungen ihr, der Klägerin, gegenüber – die Langzeitbeurteilung der Gesamtschule Köln-S. und die dieser Beurteilung zugrunde liegenden Beurteilungsbeiträge gelesen habe. Die Voreingenommenheit zeige sich ferner daran, dass die Schulleiterin sie, die Klägerin, gleich zu Beginn ihrer Ausbildung zweimal im Ausbildungsunterricht besucht und in der Nachbesprechung der ersten Stunde scharfe Kritik an der Unterrichtsdurchführung geübt habe. Für eine Befangenheit spreche außerdem, dass die Schulleiterin wiederholt angeregt habe, sie, die Klägerin, solle die Ausbildung angesichts ihres Alters und ihrer vermeintlichen Ausbildungsdefizite beenden. Die Befangenheit werde dadurch bestätigt, dass die Schulleiterin ihre, der Klägerin, Anmerkung, einige Lehrer der Gesamtschule Köln-S. seien durchaus der Meinung gewesen, sie, die Klägerin, könne unterrichten, mit den Worten abgetan habe, entscheidend sei, was die Schulleitung und die Seminarleitung von dem Unterricht hielten. 20Die Klägerin beantragt, 21den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 13. März 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. Juli 2014 zu verpflichten, sie nach erneuter Verlängerung des Vorbereitungsdienstes, hilfsweise im Angestelltenverhältnis, erneut zu beurteilen und unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu bescheiden. 22Der Beklagte beantragt, 23 die Klage abzuweisen. 24Er verteidigt die angegriffenen Bescheide. Er legt ergänzend eine Stellungnahme der Schulleiterin der Gesamtschule der Stadt C. vom 1. Oktober 2014 vor, in der diese den von der Klägerin erhobenen Rügen entgegentritt. Wegen der Einzelheiten dieser Stellungnahme wird auf Blatt 23 ff. der Gerichtsakte verwiesen. 25Entscheidungsgründe: 26Die Klage ist unbegründet. 27Der Bescheid des Prüfungsamtes vom 13. März 2014 über das endgültige Nichtbestehen der Staatsprüfung für das Lehramt für die Sekundarstufe I in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. Juli 2014 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Der Klägerin steht der geltend gemachte Klageanspruch nicht zu (§ 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Satz 2 VwGO). 28Der Bescheid hat seine Rechtsgrundlage in § 38 Abs. 1 Satz 1, § 34 Abs. 2 Nr. 3, § 16 Abs. 5 Satz 4 OVP. Nach der letztgenannten Vorschrift wird die Prüfung ohne Durchführung von Prüfungsleistungen nach § 27 OVP für nicht bestanden erklärt, wenn die durch zwei geteilte Summe der Notenwerte der Endnoten für die beiden Langzeitbeurteilungen nicht mindestens die Note „ausreichend“ (4,0) ergibt. Die durch zwei geteilte Summe der Notenwerte der Endnoten für die beiden Langzeitbeurteilungen der Klägerin ergibt nicht mindestens die Note „ausreichend“ (4,0), sondern „mangelhaft“ (5,5). Nach § 38 Abs. 1 Satz 1 OVP kann die Prüfung nur einmal wiederholt werden. 29Die Langzeitbeurteilungen sind rechtlich nicht zu beanstanden. Die Klägerin wendet sich mit der Klage im Wesentlichen gegen die Langzeitbeurteilung der Schule. Ihre gegen diese Beurteilung gerichteten Rügen greifen nicht durch, ebenso wenig ihre Rüge gegen die Langzeitbeurteilung des Zentrums für schulpraktische Lehrerausbildung Köln. 30Dies gilt zunächst insoweit, als sie geltend macht, die Langzeitbeurteilung der Schule trage die Noten „ungenügend“ in den Fächern der Ausbildung und die Endnote „ungenügend“ nicht. Die Noten sind von dem Beurteilungsspielraum der Schulleiterin gedeckt. 31Vgl. zum Beurteilungsspielraum allgemein etwa BVerwG, Urt. vom 16. März 1994 – 6 C 5/93 – juris Rdnr. 32; Niehues/ Fischer/ Jeremias, Prüfungsrecht, 6. Auflage, 2014, Rdnr. 874 ff. 32Die Schulleiterin hat in ihrer Langzeitbeurteilung vom 10. März 2014 ausführlich und nachvollziehbar begründet, dass die Leistungen der Klägerin den Anforderungen nicht entsprochen haben und dass selbst ihre Grundkenntnisse lückenhaft gewesen sind. Einer noch eingehenderen Begründung bedurfte es nicht vor dem Hintergrund, dass die Klägerin die Erste Staatsprüfung bestanden hat. Das Bestehen der Ersten Staatsprüfung ist gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe a) OVP Voraussetzung für die Einstellung in den Vorbereitungsdienst und ohne Aussagekraft für die während des Vorbereitungsdienstes gezeigten Leistungen, deren Bewertung sich an den in der Anlage 1 zur OVP genannten Kompetenzen und Standards orientiert. 33Eine Rechtsfehlerhaftigkeit der Langzeitbeurteilung folgt auch nicht daraus, dass die Klägerin in den Fächern der Ausbildung schlechtere Noten erhalten hat als in der Langzeitbeurteilung der Gesamtschule Köln-S. vom 22. Juli 2013. Angesichts des den Beurteilern bei der Beurteilung zustehenden Spielraums sind Divergenzen in der Benotung durchaus möglich. Es liegt außerdem in der Natur der Sache, dass sich innerhalb der sechsmonatigen Verlängerung des Vorbereitungsdienstes auch eine negative Entwicklung zeigen kann. 34 Vgl. VG Gelsenkirchen, Urt. vom 15. April 2015 – 4 K 738/14 – juris Rdnr. 78. 35Die Langzeitbeurteilung ist entgegen der Auffassung der Klägerin auf die richtigen Beurteilungsgrundlagen und den zutreffenden Beurteilungszeitraum gestützt worden. Die Schulleiterin hat ihrer Langzeitbeurteilung zu Recht auch die Beobachtungen und Beurteilungen der ersten 18 Monate des Vorbereitungsdienstes der Klägerin zugrunde gelegt. Das VG Gelsenkirchen hat hierzu in seinem Urteil vom 15. April 2015 (Az.: 4 K 738/14; juris Rdnr. 39 ff.) ausgeführt: 36„§ 16 OVP enthält keine ausdrückliche Regelung zum maßgeblichen Beurteilungszeitraum im Falle einer Verlängerung des Vorbereitungsdienstes nach § 38 Abs. 2 OVP. Für die Einbeziehung der Erkenntnisse aus der Ausbildung vor der Verlängerung des Vorbereitungsdienstes spricht allerdings, dass nach dem Wortlaut des § 16 Abs. 1 Satz 1 OVP Schule und Zentrum für schulpraktische Lehrerausbildung mit den Langzeitbeurteilungen 'Verlauf und Erfolg des Vorbereitungsdienstes' beurteilen. Der Vorbereitungsdienst beginnt nach dem erstmaligen Nichtbestehen der Zweiten Staatsprüfung nämlich nicht neu, sondern wird lediglich verlängert (vgl. § 38 Abs. 2 OVP). Die ursprüngliche Ausbildungszeit und die Verlängerung stellen einen einheitlichen Vorbereitungsdienst dar. 37Vgl. OVG NRW, Urteil vom 18. März 1994 - 19 A 439/91 -. 38'Verlauf und Erfolg' sollen dabei nicht auf Grund einer 'Momentaufnahme' - wie etwa die Unterrichtspraktische Prüfung - bewertet werden. Dem entspricht, dass die Langzeitbeurteilungen gemäß § 27 Abs. 1 und § 16 Abs. 5 Satz 4 OVP nicht zu den Prüfungsleistungen der Staatsprüfung zählen. Nach § 16 Abs. 3 Satz 3 OVP beruhen die Langzeitbeurteilungen vielmehr auf der fortlaufenden Begleitung der Lehramtsanwärterinnen und Lehramtsanwärter in allen schulischen Handlungsfeldern und erstrecken sich damit - wie andere dienstliche Beurteilungen - auf einen längeren Zeitraum, in dem der Lehramtsanwärter den konkreten und vielfältigen Anforderungen gerecht werden muss. Anders als die Prüfungsleistungen nach § 27 OVP, die nur eine augenblickliche Leistung abbilden, sollen gerade die über den gesamten Zeitraum des Vorbereitungsdienstes erhobenen Erkenntnisse und die danach erkennbare Entwicklung die profunde Grundlage für die prognostische Feststellung hinsichtlich der Eignung für das angestrebte Amt bieten. Die Reduzierung der Beurteilungsgrundlage auf den sechsmonatigen Verlängerungszeitraum würde dieser Zielsetzung nicht ausreichend Rechnung tragen. 39Auch die Verlängerung des Vorbereitungsdienstes verfolgt insoweit nicht das Ziel, dass Prüfungsleistungen im Sinne einer eigentlichen Wiederholungsprüfung neu erbracht werden, vielmehr soll dem Lehramtsanwärter eine zusätzliche 'Bewährungschance' eingeräumt werden. Damit diese 'Chance' überhaupt zu einer positiven Gesamtbewertung führen kann, ist allenfalls der Schwerpunkt der Bewertung auf den Verlängerungszeitraum zu legen. Beurteilungsgrundlage bleibt jedoch die Entwicklung des Anwärters im gesamten Vorbereitungsdienst. 40Für die hier vertretene Auslegung spricht letztlich auch der das Prüfungsrecht beherrschende Gleichbehandlungsgrundsatz. Mit diesem stünde es nicht im Einklang, wenn sich die Langzeitbeurteilung des 'Wiederholers' nur auf die letzten sechs Monate beziehen würde. Denn es liegt in der Natur der Sache, dass ein Anwärter im letzten - fortgeschrittenen - Abschnitt seiner Ausbildung regelmäßig die besten Leistungen zeigt. Lehramtsanwärter, bei denen der Vorbereitungsdienst nicht verlängert wurde, können ihre Langzeitbeurteilungen indes nicht auf die letzten - vermeintlich besten - Monate beschränken.“ 41Die Kammer schließt sich diesen Ausführungen an. 42Der Einwand der Klägerin, ihre Ausbildung sei mangelhaft durchgeführt worden, weil ihr nicht bzw. nur in ganz geringem Umfang Gelegenheit gegeben worden sei, selbständigen Unterricht zu erteilen, kann die Rechtsfehlerhaftigkeit der Langzeitbeurteilung ebenfalls nicht begründen. Ein Ausbildungsmangel lässt sich bereits nicht feststellen. Zwar sieht § 11 Abs. 3, 5-8 OVP den Einsatz des Lehramtsanwärters im selbständigen Unterricht grundsätzlich vor. § 6 Abs. 3 Nr. 2 OVP eröffnet aber ausdrücklich die Möglichkeit, den Lehramtsanwärter zu entlassen, wenn er aus von ihm zu vertretenden ausbildungsfachlichen Gründen bis zum Ende der ersten Hälfte seiner Ausbildung nicht kontinuierlich selbständig im Unterricht eingesetzt werden konnte. Dieser Vorschrift lässt sich mit hinreichender Deutlichkeit die Vorstellung des Verordnungsgebers entnehmen, dass der Schulleiter von einem Einsatz des Lehramtsanwärters im selbständigen Unterricht absehen kann, wenn der Lehramtsanwärter die hierfür erforderlichen Fertigkeiten (noch) nicht besitzt. Das Prüfungsamt hat in diesem Zusammenhang in seinem Widerspruchsbescheid vom 2. Juli 2014 zutreffend ausgeführt, dass Schulleiter nicht nur gemäß § 11 OVP einen Ausbildungsauftrag gegenüber den Lehramtsanwärtern, sondern gleichzeitig gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 SchulG den Anspruch der Schüler auf schulische Bildung, Erziehung und individuelle Förderung zu erfüllen haben und sie in diesem Spannungsverhältnis über einen Einsatz der Lehramtsanwärter im selbständigen Unterricht entscheiden. Gemessen daran ist die Entscheidung der Schulleiterin der Gesamtschule der Stadt C. , die Klägerin angesichts ihrer erheblichen Ausbildungsdefizite und des ausbleibenden Kompetenzzuwachses nur Unterricht unter Anleitung, nicht aber selbständigen Unterricht erteilen zu lassen, sachgerecht gewesen. 43Für eine Voreingenommenheit der Schulleiterin ist nichts ersichtlich. Die von der Klägerin vorgetragenen Gründe sind nicht geeignet, Misstrauen gegen eine unparteiische Amtsausübung zu rechtfertigen: 44Der Schulleiterin war es insbesondere nicht untersagt, die Langzeitbeurteilung der Gesamtschule Köln-S. und die dieser Beurteilung zugrunde liegenden Beurteilungsbeiträge zu lesen. Die Befassung mit der Beurteilung und den Beiträgen war im Gegenteil geboten, um sich ein zutreffendes Bild von dem Leistungsstand der Klägerin und den in Betracht kommenden Fördermöglichkeiten machen zu können. 45Der Schulleiterin war es auch nicht verwehrt, die Klägerin gleich zu Beginn ihrer Ausbildung an der Gesamtschule der Stadt C. im Ausbildungsunterricht zu besuchen und die Kritikpunkte hinsichtlich der Unterrichtsdurchführung in der Nachbesprechung deutlich aufzuzeigen. Der frühzeitige Unterrichtsbesuch war schon allein deshalb veranlasst, um einordnen zu können, ob ein weitergehender Einsatz der Klägerin im selbständigen Unterricht erfolgen konnte. Die kritische Würdigung der Unterrichtsdurchführung war notwendig, um der Klägerin Verbesserungsbedarf aufzuzeigen. Die Klägerin trägt nichts Belastbares dazu vor, dass die Kritik unsachlich oder inhaltlich unberechtigt gewesen ist. 46Die wiederholte Anregung der Schulleiterin, die Klägerin solle über Alternativen zur Lehramtsausbildung nachdenken und die Ausbildung gegebenenfalls beenden, war angesichts der erheblichen Ausbildungsdefizite der Klägerin und des ausbleibenden Kompetenzzuwachses sinnvoll und angebracht. Gleiches gilt für den unterlassenen Einsatz der Klägerin im selbständigen Unterricht. Auf die obigen Ausführungen wird insoweit verwiesen. 47Die Äußerung der Schulleiterin, entscheidend für die Beurteilung der Klägerin seien die Einschätzungen von Schul- und Seminarleitung, gibt die Wertung des § 16 OVP wieder und bietet nicht ansatzweise Veranlassung, an der Unbefangenheit der Schulleiterin zu zweifeln. 48Soweit die Klägerin geltend macht, die Langzeitbeurteilung des Zentrums für schulpraktische Lehrerausbildung sei wegen Beruhens auf sprachlich weitgehend identischen Beurteilungsbeiträgen des Seminarausbilders N. vom 10. Juli 2013 und 12. Februar 2014 fehlerhaft, dringt sie auch hiermit nicht durch. Das Prüfungsamt hat den Einwand der Klägerin in seinem Widerspruchsbescheid vom 2. Juli 2014 mit zutreffender Begründung entkräftet. Das Gericht folgt dieser Begründung und sieht insoweit gemäß § 117 Abs. 5 VwGO von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab. 49Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO, § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.
die klage wird abgewiesen. die klägerin trägt die kosten des verfahrens. das urteil ist hinsichtlich der kosten vorläufig vollstreckbar. die klägerin darf die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe von 110 % des aufgrund des urteils vollstreckbaren beitrages abwenden, wenn nicht der beklagte vor der vollstreckung sicherheit in höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden betrages leistet. 1
2die klägerin wendet sich gegen das endgültige nichtbestehen der staatsprüfung für das lehramt für die sekundarstufe i. 3die am 00.00.1961 geborene klägerin nahm am 1. mai 2012 den vorbereitungsdienst auf. das landesprüfungsamt für lehrämter an schulen (nunmehr: prüfungsamt) teilte ihr mit bescheid vom 25. juli 2013 mit, dass sie die staatsprüfung für das lehramt für die sekundarstufe i nicht bestanden habe, weil die durch zwei geteilte summe der notenwerte für die beiden langzeitbeurteilungen nicht gemäß § 34 abs. 2 nr. 3 der ordnung des vorbereitungsdienstes und der staatsprüfung für lehrämter an schulen (ovp) mindestens „ausreichend“ (4,00) sei. die langzeitbeurteilung des leiters des zentrums für schulpraktische lehrerausbildung köln, herrn p. , vom 18. juli 2013 hatte mit der endnote „mangelhaft“, die langzeitbeurteilung des schulleiters der gesamtschule köln-s. , herrn l. , vom 22. juli 2013 hatte in den fächern der ausbildung (kunst, sozialwissenschaften) jeweils mit der note „mangelhaft“ und mit der endnote „ungenügend“ abgeschlossen. wegen der einzelheiten dieser beurteilungen wird auf beiakte 1, blatt 39 ff., 25 ff. verwiesen. die klägerin legte gegen den bescheid des prüfungsamtes vom 25. juli 2013 widerspruch ein, den das prüfungsamt mit widerspruchsbescheid vom 19. dezember 2013 zurückwies. die klägerin erhob dagegen am 7. januar 2014 bei dem erkennenden gericht klage (az.: 10 k 111/14), die das gericht mit urteil vom 20. mai 2015 abwies. 4die bezirksregierung köln verlängerte den vorbereitungsdienst der klägerin am 9. august 2013 beginnend mit ablauf des 31. oktober 2013 um sechs monate. die klägerin setzte ihre ausbildung am zentrum für schulpraktische lehrerausbildung köln und an der gesamtschule der stadt c. fort. 5der leiter des zentrums für schulpraktische lehrerausbildung köln beurteilte den verlauf und erfolg des vorbereitungsdienstes der klägerin in seiner unter dem 11. märz 2014 erstellten langzeitbeurteilung mit der endnote „mangelhaft“. er nannte als beurteilungsgrundlagen u. a. beurteilungsbeiträge des seminarausbilders n. vom 10. juli 2013 und vom 12. februar 2014. wegen der einzelheiten der langzeitbeurteilung wird auf beiakte 1, blatt 72 ff., wegen der einzelheiten der beurteilungsbeiträge des seminarausbilders n. wird auf beiakte 1, blatt 30 ff., 68 ff. verwiesen. 6die schulleiterin der gesamtschule der stadt c. , frau i. , beurteilte den verlauf und erfolg des vorbereitungsdienstes der klägerin in ihrer unter dem 10. märz 2014 erstellten langzeitbeurteilung sowohl in den fächern der ausbildung mit der note „ungenügend“ als auch mit der endnote „ungenügend“. sie nannte als beurteilungsgrundlagen u. a. eigene beobachtungen sowie beurteilungsbeiträge der ausbildungslehrkräfte t. vom 4. november 2013 und 10. märz 2014, l1. vom 7. november 2013, b. vom 10. märz 2014 und i. vom 10. märz 2014. sie führte unter dem punkt „gewichtende zusammenfassung“ aus: „frau t1. hat im ausbildungsprozess keine fortschritte hinsichtlich selbständiger und eigenverantwortlicher planung und durchführung von unterricht gemacht. aufgrund ihrer fehlenden fachkenntnisse gelang es ihr nicht, sich in die fachdidaktischen voraussetzungen des kunst- und arbeitslehreunterrichts einzuarbeiten. frau t1. hat den auftrag zur erziehung nicht angenommen. auf die individuellen lebenswirklichkeiten ihrer schüler/innen lässt sie sich nicht ein. individuelle förderung und erzieherische kompetenzen sind nicht zu beobachten. die reflexionsfähigkeit ist ungenügend ausgeprägt. frau t1. fällt es sehr schwer, ihre erfahrungen in unterricht, erziehungstätigkeit und kollegialer zusammenarbeit selbstkritisch zu hinterfragen und sich mit der rolle des 'aktiven lernens' im vorbereitungsdienst auseinanderzusetzen. aufgrund der genannten qualifikationsmängel war ein einsatz im bedarfsdeckenden unterricht nicht zu verantworten. auch der unterricht unter anleitung musste intensiv unter besonderer berücksichtigung der fachtheoretischen grundlagen sehr eng begleitet werden. von ihr vermittelte unterrichtsinhalte mussten von den ausbildungslehrer/innen nachgearbeitet werden.“ wegen der einzelheiten der langzeitbeurteilung wird auf beiakte 1, blatt 59 ff. verwiesen. 7das prüfungsamt teilte der klägerin mit bescheid vom 13. märz 2014 mit, dass sie die staatsprüfung für das lehramt für die sekundarstufe i endgültig nicht bestanden habe, weil die durch zwei geteilte summe der notenwerte für die beiden langzeitbeurteilungen nicht gemäß § 34 abs. 2 nr. 3 ovp mindestens „ausreichend“ (4,00) sei. 8die klägerin erhob dagegen am 25. märz 2014 widerspruch und begründete diesen wie folgt: die langzeitbeurteilung der gesamtschule der stadt c. trage die noten „ungenügend“ in den fächern der ausbildung und die endnote „ungenügend“ nicht. aus der beurteilung gehe nicht hervor, dass selbst ihre grundkenntnisse lückenhaft seien. sie habe bereits durch das bestehen der ersten staatsprüfung gezeigt, dass sie über grundkenntnisse verfüge. es leuchte nicht ein, weshalb sie sich hinsichtlich der noten in den fächern der ausbildung gegenüber der langzeitbeurteilung der gesamtschule köln-s. vom 22. juli 2013 noch verschlechtert haben solle. 9die langzeitbeurteilung der schule sei unzulässigerweise auch auf beobachtungen und beurteilungen aus der zeit vor der verlängerung ihres vorbereitungsdienstes gestützt worden. 10die ausbildung sei mangelhaft durchgeführt worden. die schulleiterin habe ihr nicht bzw. nur in ganz geringem umfang gelegenheit gegeben, selbständigen unterricht zu erteilen. 11aus den aufgezeigten verfahrens- bzw. bewertungsfehlern folge, dass die schulleiterin ihr gegenüber voreingenommen gewesen sei. 12die langzeitbeurteilung des zentrums für schulpraktische lehrerausbildung sei fehlerhaft, weil sie auf einem beurteilungsbeitrag des seminarausbilders n. vom 12. februar 2014 beruhe, der sprachlich weitgehend mit seinem beurteilungsbeitrag vom 10. juli 2013 übereinstimme. 13das prüfungsamt wies den widerspruch mit widerspruchsbescheid vom 2. juli 2014 zurück. es führte zur begründung an: die endnote „ungenügend“ in der langzeitbeurteilung der schule werde nicht dadurch in frage gestellt, dass die klägerin die erste staatsprüfung für das angestrebte lehramt bestanden habe. das bestehen der ersten staatsprüfung sei gemäß § 2 abs. 1 satz 1 nr. 2 buchstabe a) ovp voraussetzung für die einstellung in den vorbereitungsdienst und ohne aussagekraft für die während des vorbereitungsdienstes gezeigten leistungen, deren bewertung sich an den in der anlage 1 zur ovp genannten kompetenzen und standards orientiere. 14es sei nicht zu beanstanden, dass die langzeitbeurteilung auch auf beobachtungen und beurteilungen aus der zeit vor der verlängerung des vorbereitungsdienstes gestützt worden sei. nach § 16 abs. 1 satz 1 ovp würden in der langzeitbeurteilung verlauf und erfolg des vorbereitungsdienstes beurteilt. gemäß § 38 abs. 2 ovp sei der vorbereitungsdienst für die ablegung der wiederholungsprüfung nach § 34 abs. 2 ovp um sechs monate zu verlängern. aus dem wortlaut dieser vorschriften werde deutlich, dass der vorbereitungsdienst nach dem erstmaligen nichtbestehen der staatsprüfung nicht neu beginne. die ursprüngliche ausbildungszeit und die verlängerung stellten vielmehr einen einheitlichen vorbereitungsdienst dar. um den in § 16 abs. 1 satz 1 ovp normierten anspruch, verlauf und erfolg des gesamten vorbereitungsdienstes zu bewerten, erfüllen zu können, müsse die langzeitbeurteilung in kenntnis der im ersten prüfungsversuch erstellten langzeitbeurteilung und der dieser zugrunde liegenden beurteilungsbeiträge verfasst werden. 15ein ausbildungsmangel sei nicht ersichtlich. schulleiter hätten nicht nur gemäß § 11 ovp einen ausbildungsauftrag gegenüber den lehramtsanwärtern zu erfüllen, sondern gleichzeitig gemäß § 1 abs. 1 satz 1 schulg den anspruch der schüler auf schulische bildung, erziehung und individuelle förderung. sie wögen in diesem spannungsverhältnis die interessen der lehramtsanwärter gegen die interessen der schüler ab und entschieden auch über einen einsatz der lehramtsanwärter im selbständigen unterricht, der gemäß § 11 abs. 7 ovp grundsätzlich erteilt werden solle. gemessen daran sei die entscheidung der schulleiterin der gesamtschule der stadt c. , die klägerin angesichts ihrer erheblichen ausbildungsdefizite nur unterricht unter anleitung, nicht aber selbständigen unterricht erteilen zu lassen, sachgerecht gewesen. 16anhaltspunkte für eine befangenheit der schulleiterin lägen nicht vor. 17die klägerin dringe schließlich mit ihrer rüge nicht durch, die langzeitbeurteilung des zentrums für schulpraktische lehrerausbildung sei fehlerhaft, weil sie auf einem beurteilungsbeitrag des seminarausbilders n. vom 12. februar 2014 beruhe, der sprachlich weitgehend mit seinem beurteilungsbeitrag vom 10. juli 2013 übereinstimme. die weitgehenden übereinstimmungen in den formulierungen der beurteilungsbeiträge sprächen lediglich dafür, dass der seminarausbilder trotz des fortgeschrittenen ausbildungsstandes der klägerin zu im wesentlichen identischen einschätzungen bezüglich ihrer leistungsfähigkeit gelangt sei. die wiederholung von bereits früher formulierter kritik sei angesichts unverändert geltender beurteilungskriterien nicht zu beanstanden. 18die klägerin hat dagegen am 17. juli 2014 klage erhoben. 19zur begründung wiederholt und vertieft sie ihr vorbringen aus dem verwaltungsverfahren und trägt ergänzend vor: die schulleiterin der gesamtschule der stadt c. sei ihr gegenüber voreingenommen gewesen. die voreingenommenheit komme bereits dadurch zum ausdruck, dass die schulleiterin – entgegen anderslautender beteuerungen ihr, der klägerin, gegenüber – die langzeitbeurteilung der gesamtschule köln-s. und die dieser beurteilung zugrunde liegenden beurteilungsbeiträge gelesen habe. die voreingenommenheit zeige sich ferner daran, dass die schulleiterin sie, die klägerin, gleich zu beginn ihrer ausbildung zweimal im ausbildungsunterricht besucht und in der nachbesprechung der ersten stunde scharfe kritik an der unterrichtsdurchführung geübt habe. für eine befangenheit spreche außerdem, dass die schulleiterin wiederholt angeregt habe, sie, die klägerin, solle die ausbildung angesichts ihres alters und ihrer vermeintlichen ausbildungsdefizite beenden. die befangenheit werde dadurch bestätigt, dass die schulleiterin ihre, der klägerin, anmerkung, einige lehrer der gesamtschule köln-s. seien durchaus der meinung gewesen, sie, die klägerin, könne unterrichten, mit den worten abgetan habe, entscheidend sei, was die schulleitung und die seminarleitung von dem unterricht hielten. 20die klägerin beantragt, 21den beklagten unter aufhebung des bescheides vom 13. märz 2014 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 2. juli 2014 zu verpflichten, sie nach erneuter verlängerung des vorbereitungsdienstes, hilfsweise im angestelltenverhältnis, erneut zu beurteilen und unter beachtung der rechtsauffassung des gerichts erneut zu bescheiden. 22der beklagte beantragt, 23 die klage abzuweisen. 24er verteidigt die angegriffenen bescheide. er legt ergänzend eine stellungnahme der schulleiterin der gesamtschule der stadt c. vom 1. oktober 2014 vor, in der diese den von der klägerin erhobenen rügen entgegentritt. wegen der einzelheiten dieser stellungnahme wird auf blatt 23 ff. der gerichtsakte verwiesen. 25
26die klage ist unbegründet. 27der bescheid des prüfungsamtes vom 13. märz 2014 über das endgültige nichtbestehen der staatsprüfung für das lehramt für die sekundarstufe i in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 2. juli 2014 ist rechtmäßig und verletzt die klägerin nicht in ihren rechten. der klägerin steht der geltend gemachte klageanspruch nicht zu (§ 113 abs. 1 satz 1, abs. 5 satz 2 vwgo). 28der bescheid hat seine rechtsgrundlage in § 38 abs. 1 satz 1, § 34 abs. 2 nr. 3, § 16 abs. 5 satz 4 ovp. nach der letztgenannten vorschrift wird die prüfung ohne durchführung von prüfungsleistungen nach § 27 ovp für nicht bestanden erklärt, wenn die durch zwei geteilte summe der notenwerte der endnoten für die beiden langzeitbeurteilungen nicht mindestens die note „ausreichend“ (4,0) ergibt. die durch zwei geteilte summe der notenwerte der endnoten für die beiden langzeitbeurteilungen der klägerin ergibt nicht mindestens die note „ausreichend“ (4,0), sondern „mangelhaft“ (5,5). nach § 38 abs. 1 satz 1 ovp kann die prüfung nur einmal wiederholt werden. 29die langzeitbeurteilungen sind rechtlich nicht zu beanstanden. die klägerin wendet sich mit der klage im wesentlichen gegen die langzeitbeurteilung der schule. ihre gegen diese beurteilung gerichteten rügen greifen nicht durch, ebenso wenig ihre rüge gegen die langzeitbeurteilung des zentrums für schulpraktische lehrerausbildung köln. 30dies gilt zunächst insoweit, als sie geltend macht, die langzeitbeurteilung der schule trage die noten „ungenügend“ in den fächern der ausbildung und die endnote „ungenügend“ nicht. die noten sind von dem beurteilungsspielraum der schulleiterin gedeckt. 31vgl. zum beurteilungsspielraum allgemein etwa bverwg, urt. vom 16. märz 1994 – 6 c 5/93 – juris rdnr. 32; niehues/ fischer/ jeremias, prüfungsrecht, 6. auflage, 2014, rdnr. 874 ff. 32die schulleiterin hat in ihrer langzeitbeurteilung vom 10. märz 2014 ausführlich und nachvollziehbar begründet, dass die leistungen der klägerin den anforderungen nicht entsprochen haben und dass selbst ihre grundkenntnisse lückenhaft gewesen sind. einer noch eingehenderen begründung bedurfte es nicht vor dem hintergrund, dass die klägerin die erste staatsprüfung bestanden hat. das bestehen der ersten staatsprüfung ist gemäß § 2 abs. 1 satz 1 nr. 2 buchstabe a) ovp voraussetzung für die einstellung in den vorbereitungsdienst und ohne aussagekraft für die während des vorbereitungsdienstes gezeigten leistungen, deren bewertung sich an den in der anlage 1 zur ovp genannten kompetenzen und standards orientiert. 33eine rechtsfehlerhaftigkeit der langzeitbeurteilung folgt auch nicht daraus, dass die klägerin in den fächern der ausbildung schlechtere noten erhalten hat als in der langzeitbeurteilung der gesamtschule köln-s. vom 22. juli 2013. angesichts des den beurteilern bei der beurteilung zustehenden spielraums sind divergenzen in der benotung durchaus möglich. es liegt außerdem in der natur der sache, dass sich innerhalb der sechsmonatigen verlängerung des vorbereitungsdienstes auch eine negative entwicklung zeigen kann. 34 vgl. vg gelsenkirchen, urt. vom 15. april 2015 – 4 k 738/14 – juris rdnr. 78. 35die langzeitbeurteilung ist entgegen der auffassung der klägerin auf die richtigen beurteilungsgrundlagen und den zutreffenden beurteilungszeitraum gestützt worden. die schulleiterin hat ihrer langzeitbeurteilung zu recht auch die beobachtungen und beurteilungen der ersten 18 monate des vorbereitungsdienstes der klägerin zugrunde gelegt. das vg gelsenkirchen hat hierzu in seinem urteil vom 15. april 2015 (az.: 4 k 738/14; juris rdnr. 39 ff.) ausgeführt: 36„§ 16 ovp enthält keine ausdrückliche regelung zum maßgeblichen beurteilungszeitraum im falle einer verlängerung des vorbereitungsdienstes nach § 38 abs. 2 ovp. für die einbeziehung der erkenntnisse aus der ausbildung vor der verlängerung des vorbereitungsdienstes spricht allerdings, dass nach dem wortlaut des § 16 abs. 1 satz 1 ovp schule und zentrum für schulpraktische lehrerausbildung mit den langzeitbeurteilungen 'verlauf und erfolg des vorbereitungsdienstes' beurteilen. der vorbereitungsdienst beginnt nach dem erstmaligen nichtbestehen der zweiten staatsprüfung nämlich nicht neu, sondern wird lediglich verlängert (vgl. § 38 abs. 2 ovp). die ursprüngliche ausbildungszeit und die verlängerung stellen einen einheitlichen vorbereitungsdienst dar. 37vgl. ovg nrw, urteil vom 18. märz 1994 - 19 a 439/91 -. 38'verlauf und erfolg' sollen dabei nicht auf grund einer 'momentaufnahme' - wie etwa die unterrichtspraktische prüfung - bewertet werden. dem entspricht, dass die langzeitbeurteilungen gemäß § 27 abs. 1 und § 16 abs. 5 satz 4 ovp nicht zu den prüfungsleistungen der staatsprüfung zählen. nach § 16 abs. 3 satz 3 ovp beruhen die langzeitbeurteilungen vielmehr auf der fortlaufenden begleitung der lehramtsanwärterinnen und lehramtsanwärter in allen schulischen handlungsfeldern und erstrecken sich damit - wie andere dienstliche beurteilungen - auf einen längeren zeitraum, in dem der lehramtsanwärter den konkreten und vielfältigen anforderungen gerecht werden muss. anders als die prüfungsleistungen nach § 27 ovp, die nur eine augenblickliche leistung abbilden, sollen gerade die über den gesamten zeitraum des vorbereitungsdienstes erhobenen erkenntnisse und die danach erkennbare entwicklung die profunde grundlage für die prognostische feststellung hinsichtlich der eignung für das angestrebte amt bieten. die reduzierung der beurteilungsgrundlage auf den sechsmonatigen verlängerungszeitraum würde dieser zielsetzung nicht ausreichend rechnung tragen. 39auch die verlängerung des vorbereitungsdienstes verfolgt insoweit nicht das ziel, dass prüfungsleistungen im sinne einer eigentlichen wiederholungsprüfung neu erbracht werden, vielmehr soll dem lehramtsanwärter eine zusätzliche 'bewährungschance' eingeräumt werden. damit diese 'chance' überhaupt zu einer positiven gesamtbewertung führen kann, ist allenfalls der schwerpunkt der bewertung auf den verlängerungszeitraum zu legen. beurteilungsgrundlage bleibt jedoch die entwicklung des anwärters im gesamten vorbereitungsdienst. 40für die hier vertretene auslegung spricht letztlich auch der das prüfungsrecht beherrschende gleichbehandlungsgrundsatz. mit diesem stünde es nicht im einklang, wenn sich die langzeitbeurteilung des 'wiederholers' nur auf die letzten sechs monate beziehen würde. denn es liegt in der natur der sache, dass ein anwärter im letzten - fortgeschrittenen - abschnitt seiner ausbildung regelmäßig die besten leistungen zeigt. lehramtsanwärter, bei denen der vorbereitungsdienst nicht verlängert wurde, können ihre langzeitbeurteilungen indes nicht auf die letzten - vermeintlich besten - monate beschränken.“ 41die kammer schließt sich diesen ausführungen an. 42der einwand der klägerin, ihre ausbildung sei mangelhaft durchgeführt worden, weil ihr nicht bzw. nur in ganz geringem umfang gelegenheit gegeben worden sei, selbständigen unterricht zu erteilen, kann die rechtsfehlerhaftigkeit der langzeitbeurteilung ebenfalls nicht begründen. ein ausbildungsmangel lässt sich bereits nicht feststellen. zwar sieht § 11 abs. 3, 5-8 ovp den einsatz des lehramtsanwärters im selbständigen unterricht grundsätzlich vor. § 6 abs. 3 nr. 2 ovp eröffnet aber ausdrücklich die möglichkeit, den lehramtsanwärter zu entlassen, wenn er aus von ihm zu vertretenden ausbildungsfachlichen gründen bis zum ende der ersten hälfte seiner ausbildung nicht kontinuierlich selbständig im unterricht eingesetzt werden konnte. dieser vorschrift lässt sich mit hinreichender deutlichkeit die vorstellung des verordnungsgebers entnehmen, dass der schulleiter von einem einsatz des lehramtsanwärters im selbständigen unterricht absehen kann, wenn der lehramtsanwärter die hierfür erforderlichen fertigkeiten (noch) nicht besitzt. das prüfungsamt hat in diesem zusammenhang in seinem widerspruchsbescheid vom 2. juli 2014 zutreffend ausgeführt, dass schulleiter nicht nur gemäß § 11 ovp einen ausbildungsauftrag gegenüber den lehramtsanwärtern, sondern gleichzeitig gemäß § 1 abs. 1 satz 1 schulg den anspruch der schüler auf schulische bildung, erziehung und individuelle förderung zu erfüllen haben und sie in diesem spannungsverhältnis über einen einsatz der lehramtsanwärter im selbständigen unterricht entscheiden. gemessen daran ist die entscheidung der schulleiterin der gesamtschule der stadt c. , die klägerin angesichts ihrer erheblichen ausbildungsdefizite und des ausbleibenden kompetenzzuwachses nur unterricht unter anleitung, nicht aber selbständigen unterricht erteilen zu lassen, sachgerecht gewesen. 43für eine voreingenommenheit der schulleiterin ist nichts ersichtlich. die von der klägerin vorgetragenen gründe sind nicht geeignet, misstrauen gegen eine unparteiische amtsausübung zu rechtfertigen: 44der schulleiterin war es insbesondere nicht untersagt, die langzeitbeurteilung der gesamtschule köln-s. und die dieser beurteilung zugrunde liegenden beurteilungsbeiträge zu lesen. die befassung mit der beurteilung und den beiträgen war im gegenteil geboten, um sich ein zutreffendes bild von dem leistungsstand der klägerin und den in betracht kommenden fördermöglichkeiten machen zu können. 45der schulleiterin war es auch nicht verwehrt, die klägerin gleich zu beginn ihrer ausbildung an der gesamtschule der stadt c. im ausbildungsunterricht zu besuchen und die kritikpunkte hinsichtlich der unterrichtsdurchführung in der nachbesprechung deutlich aufzuzeigen. der frühzeitige unterrichtsbesuch war schon allein deshalb veranlasst, um einordnen zu können, ob ein weitergehender einsatz der klägerin im selbständigen unterricht erfolgen konnte. die kritische würdigung der unterrichtsdurchführung war notwendig, um der klägerin verbesserungsbedarf aufzuzeigen. die klägerin trägt nichts belastbares dazu vor, dass die kritik unsachlich oder inhaltlich unberechtigt gewesen ist. 46die wiederholte anregung der schulleiterin, die klägerin solle über alternativen zur lehramtsausbildung nachdenken und die ausbildung gegebenenfalls beenden, war angesichts der erheblichen ausbildungsdefizite der klägerin und des ausbleibenden kompetenzzuwachses sinnvoll und angebracht. gleiches gilt für den unterlassenen einsatz der klägerin im selbständigen unterricht. auf die obigen ausführungen wird insoweit verwiesen. 47die äußerung der schulleiterin, entscheidend für die beurteilung der klägerin seien die einschätzungen von schul- und seminarleitung, gibt die wertung des § 16 ovp wieder und bietet nicht ansatzweise veranlassung, an der unbefangenheit der schulleiterin zu zweifeln. 48soweit die klägerin geltend macht, die langzeitbeurteilung des zentrums für schulpraktische lehrerausbildung sei wegen beruhens auf sprachlich weitgehend identischen beurteilungsbeiträgen des seminarausbilders n. vom 10. juli 2013 und 12. februar 2014 fehlerhaft, dringt sie auch hiermit nicht durch. das prüfungsamt hat den einwand der klägerin in seinem widerspruchsbescheid vom 2. juli 2014 mit zutreffender begründung entkräftet. das gericht folgt dieser begründung und sieht insoweit gemäß § 117 abs. 5 vwgo von einer weiteren darstellung der entscheidungsgründe ab. 49die kostenentscheidung beruht auf § 154 abs. 1 vwgo. die entscheidung zur vorläufigen vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 vwgo, § 708 nr. 11, § 711 zpo.
Verklagte*r
0
346,681
10 D 9/20.NE
2022-08-19T00:00:00
Urteil
Tenor Der Bebauungsplan Nr. – Nördlich H.‑straße – der Stadt E. ist unwirksam. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Antragsgegnerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 von Hundert des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Antragsteller vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 von Hundert des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. Die Revision wird nicht zugelassen. 1Tatbestand: 2Der Antragsteller wendet sich gegen den Bebauungsplan Nr. – Nördlich H.‑straße – der Antragsgegnerin (im Folgenden: Bebauungsplan). Er ist Eigentümer der im südöstlichen Bereich des Plangebiets gelegenen Grundstücke H.‑straße 67 und 69, die unter anderem für eine Tankstelle mit 24-Stunden-Betrieb, einen Lackier- und Karosseriebetrieb, eine Textilreinigung und Büros genutzt werden. 3Das circa 10,4 ha große Plangebiet liegt im Südosten des Stadtgebiets an der Grenze zu F. Der Geltungsbereich des Bebauungsplans wird im Norden durch den Weg I. begrenzt, an den sich landwirtschaftlich genutzte Flächen anschließen. Nordwestlich des Plangebiets liegt eine Schule und weiter westlich eine Kleingartenanlage. Im Süden stößt das Plangebiet an die H.‑straße und im Osten an die F1. Straße. Östlich der F1. Straße steht, den Grundstücken des Antragstellers quasi gegenüber, die Wasserburg „Haus V.“. 4Das Plangebiet wurde zuletzt im Wesentlichen als Zentrallager und Logistikstandort mit großflächigen Lagerhallen, Verkehrsflächen und einem siebengeschossigen Büro- und Verwaltungsgebäude genutzt. 2010 wurden diese Nutzungen aufgegeben und die Gebäude wurden 2017 abgerissen. Ebenfalls abgerissen wurde ein dreigeschossiges Büro- und Geschäftshaus mit einem eingeschossigen Lager- und Werkstattgebäude, das auf dem Grundstück H.‑straße 71 gestanden hatte. 5Mit dem Bebauungsplan soll nach dem Ergebnis eines städtebaulichen Wettbewerbs mit Öffentlichkeitsbeteiligung der Stadtteil V. insbesondere als Wohnstandort gestärkt und der Siedlungsbestand sinnvoll ergänzt werden, indem die Errichtung von Wohngebäuden mit insgesamt maximal 375 Wohneinheiten ermöglicht wird. 6Die städtebauliche Grundstruktur basiert entsprechend dem Ergebnis des städtebaulichen Wettbewerbs auf vier von Süden nach Norden streifenartig angeordneten Baufeldern. In diesen Baufeldern sind entlang der inneren Erschließungsstraßen Gebäudezeilen mit nach Süden orientierten Fassaden vorgesehen, während an den westlichen und östlichen Rändern Gebäuderiegel die Baufelder begrenzen. Geplant sind drei durch mehrstöckige Wohnhäuser und durch eine kompakte Bebauung mit Einfamilienhäusern geprägte blockartige Baukomplexe, die als WA 1, WA 2, WA 3 sowie MI bezeichnet sind. Die Wohngebiete WA 1-3 sollen im jeweiligen Blockinnenbereich großzügige Garten- und Wohnhöfe erhalten, die durch ein Wegesystem verbunden werden. Nach Norden hin soll die blockartige Struktur durch ein Baufeld mit Einzel- und Doppelhäusern aufgelockert werden. Durch das für das Grundstück H.‑straße 71 festgesetzte Mischgebiet soll ein städtebaulich verträglicher Übergang zwischen dem westlich davon geplanten Wohngebiet und den Gewerbebetrieben auf den Grundstücken des Antragstellers erreicht werden. 7Der Rat beschloss in seiner Sitzung am 28. November 2019 den Bebauungsplan als Satzung. Der Satzungsbeschluss wurde am 29. Dezember 2019 öffentlich bekannt gemacht. 8Am 3. Februar 2020 hat der Antragsteller den Normenkontrollantrag gestellt und am 21. April 2020 um die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nachgesucht. Den Eilantrag hat der Senat mit Beschluss vom 25. Juni 2020 – 10 B 519/20.NE – abgelehnt. 9Zur Begründung seines Normenkontrollantrags trägt der Antragsteller vor: Für Nr. 2.1 Abs. 1 der textlichen Festsetzungen fehle eine Ermächtigungsgrundlage. Nach der Festsetzung seien im WA 1, WA 2 und WA 3 sowie im Mischgebiet bei der Berechnung der Geschossflächenzahl (GFZ) sämtliche Flächen aller oberirdischen Geschosse anzurechnen. Dies stehe im Widerspruch zu § 20 Abs. 3 Satz 1 BauNVO. Satz 2 dieser Bestimmung erlaube zwar weitergehende Festsetzungen zur Anrechnung von Flächen auf die GFZ, die nicht in Vollgeschossen lägen, erlaube insoweit aber nur die Anrechnung von Flächen von Aufenthaltsräumen einschließlich der zu ihnen gehörenden Umfassungswände. Nach der Planbegründung habe der Rat mit der Festsetzung Nr. 2.1 Abs. 1 der geänderten Definition des Begriffs „Vollgeschoss“ in der nordrhein-westfälischen Bauordnung Rechnung tragen wollen, um die Umsetzung des Wettbewerbsergebnisses, das Grundlage des Bebauungsplans sei, zu sichern. Der Vortrag der Antragsgegnerin, mit der Festsetzung sei selbstverständlich nur dasjenige gewollt, was die Ermächtigungsgrundlage erlaube, sei fernliegend, denn eine Festsetzung eines Bebauungsplans, für die es keine Ermächtigungsgrundlage gebe, dürfe nicht in Form einer geltungserhaltenden Reduktion so ausgelegt werden, dass sie entgegen ihrem Wortlaut den Vorgaben einer einschlägigen Ermächtigungsgrundlage entspreche. Die besagte Festsetzung gehöre zu den Grundzügen der Planung, sodass davon auszugehen sei, dass der Rat den Bebauungsplan ohne sie nicht beschlossen hätte. 10Auch für weitere textliche Festsetzungen unter Nr. 2.2 zur maximal zulässigen Zahl von Geschossen, die keine Vollgeschosse seien, und zur Begrenzung der Grundfläche der jeweils obersten Geschosse sowie zur Lage ihrer Außenwände fehle eine Ermächtigungsgrundlage. Es handele sich dabei nicht etwa, wie die Antragsgegnerin vortrage, um gestalterische Festsetzungen. Gegen ein solches Verständnis spreche schon, dass unter Nr. 2 der textlichen Festsetzungen das Maß der baulichen Nutzung geregelt sei. Als Ermächtigungsgrundlage sei auf der Planurkunde zwar auch § 89 Abs. 1 Nr. 1 BauO NRW ergänzend erwähnt, doch gestatte diese Vorschrift nur die Festlegung besonderer Anforderungen an die äußere Gestaltung baulicher Anlagen zur Erhaltung und Gestaltung von Ortsbildern. Die fraglichen Festsetzungen regelten indessen nicht die äußere Gestalt des jeweils obersten Geschosses oder gar des gesamten Gebäudes, sondern vorrangig das maximal zulässige Flächenmaß eines Geschosses im Verhältnis zu dem Flächenmaß des darunterliegenden Geschosses. Eine bestimmte äußere Gestaltung sei damit nicht vorgegeben, da es dem Bauherrn letztlich freigestellt sei, wie er dieses maximale Flächenmaß einhalte. Für die Unzulässigkeit der Festsetzungen als Festsetzungen zum Maß der baulichen Nutzung spreche schließlich auch ihr von der Antragsgegnerin selbst erläuterter Hintergrund. 11Die Festsetzung der Lärmschutzwand zum Schutz der Wohnnutzung im südlichen Baufenster des WA 5 sei unbestimmt, soweit diese in ihrem Abschnitt C-D auf die geplante Geländehöhe abfallen solle, denn es sei unklar, was damit genau gemeint sei. Mit diesem Bestimmtheitsmangel sei zugleich auch ein Abwägungsfehler verbunden, denn der Rat sei zu Unrecht davon ausgegangen, mit der unbestimmten Festsetzung einen ausreichenden Beitrag zur Konfliktbewältigung geleistet zu haben. 12Die textliche Festsetzung Nr. 9.3.2 zur vorgegebenen Reihenfolge der Bebauung sei ebenfalls unbestimmt. Es sei unklar, welches das in der Festsetzung genannte „östliche Gebäude“ und die „nach Osten ausgerichteten Fenster“ im WA 1.2 sein sollten. 13Auch die textliche Festsetzung Nr. 9.5 zu möglichen Abweichungen von dem Lärmschutzkonzept sei widersprüchlich und unbestimmt. Ein Sachverständiger für den Schallschutz habe nicht zu beurteilen, ob ein bestimmter geografischer Punkt im Zusammenhang mit einer bestimmten Emissionsquelle ein Immissionsort sei. Die Festlegung der maßgeblichen Immissionsorte erfordere vielmehr eine juristische Bewertung. Der Rat hätte die denkbaren Maßnahmen, die verhindern würden, dass eine Fassade trotz der darin eingebauten Fenster, die sich öffnen ließen, nicht als Immissionsort zu betrachten sei, konkret benennen und begutachten müssen. Da er dies nicht getan habe, sei völlig offen, mit welchen Maßnahmen der Konflikt zwischen der lärmverursachenden Nutzung im Gewerbegebiet und der insoweit schutzbedürftigen zugelassenen Wohnbebauung auf der Baugenehmigungsebene bewältigt werden solle. Welche Konfliktlösungen auf der Grundlage der TA-Lärm überhaupt denkbar seien, erläutere die Planbegründung nicht. Eine Verlagerung der Konfliktbewältigung auf nachfolgende Baugenehmigungsverfahren sei mithin nicht zulässig. 14Auch soweit die textliche Festsetzung Nr. 9.5 die Möglichkeit einräume, im Mischgebiet auf den Ausschluss von Fenstern, die sich öffnen ließen, zu verzichten, wenn sie Aufenthaltsräume belichteten, die zu einer gewerblichen Nutzung gehörten, sei sie fehlerhaft. 15Hinsichtlich der Ermittlung des auf die Wohnbebauung einwirkenden Gewerbelärms liege ein Abwägungsfehler vor, da der von den künftigen gewerblichen Nutzungen im Mischgebiet verursachte Lärm mit dem Argument, diese Nutzungen seien als wohnverträglich einzustufen, gar nicht berücksichtigt worden sei. Diese Argumentation greife zu kurz. 16Seine, des Antragstellers, Belange und die Belange der auf seinen Grundstücken ansässigen Gewerbetriebe seien hinsichtlich des Fortbestandes der bisherigen Nutzungsmöglichkeiten nicht zutreffend erfasst und gewürdigt worden. Die Annahme, dass die besagten Gewerbebetriebe wegen der in ihrer Umgebung bereits vorhandenen Wohnbebauung ohnehin keine Entwicklungsmöglichkeiten mehr gehabt hätten, sei falsch. Die mit dem Bebauungsplan zugelassene Wohnbebauung rücke von Norden und Westen an die Gewerbegrundstücke heran, während die Wohnbebauung an der H.‑straße sich südlich davon befinde. Der neuen Wohnbebauung habe der Rat zudem das Schutzniveau eines Allgemeinen Wohngebiets verliehen, während sich die bisherige Wohnbebauung lediglich auf das Schutzniveau eines Mischgebiets berufen könne. 17Der Antragsteller beantragt, 18den Bebauungsplan Nr. – Nördlich H.‑straße der Antragsgegnerin für unwirksam zu erklären. 19Die Antragsgegnerin beantragt, 20den Antrag abzulehnen. 21Zur Begründung trägt sie vor: 22Nr. 2.1. der textlichen Festsetzungen sei wirksam. Dem Wortlaut der Festsetzung lasse sich entnehmen, dass (auch) die Geschossfläche der jeweils obersten Geschosse bei der Berechnung der GFZ zu berücksichtigen sei. Die Festsetzung treffe keine explizite Aussage dazu, auf welche Weise diese Berücksichtigung erfolgen solle. Dies ergebe aber ihre Auslegung anhand der Aufstellungsvorgänge und der sonstigen das Planverfahren betreffenden Dokumente. Für die Art und Weise der Berechnung gebe es eindeutige Vorgaben. Für die jeweils obersten Geschosse, die keine Vollgeschosse seien, finde § 20 Abs. 3 Satz 2 BauNVO Anwendung. Dem Plangeber sei ein Gestaltungsspielraum eingeräumt, der hier zur Umsetzung der aus gestalterischen Gründen angestrebten Begrenzung des Bauvolumens genutzt worden sei. Somit bleibe lediglich zu prüfen, ob durch Anwendung der allgemeinen Auslegungsregeln eindeutig bestimmt werden könne, in welchem nach § 20 Abs. 3 Satz 2 BauNVO möglichen Umfang die Fläche von Geschossen, die keine Vollgeschosse seien – hier: die Flächen der jeweils obersten Geschosse – bei der Berechnung der GFZ zu berücksichtigen sei. Die Auslegung führe zu dem eindeutigen Ergebnis, dass eine Berücksichtigung der Fläche von Geschossen, die nicht Vollgeschosse seien, in dem nach § 20 Abs. 3 Satz 2 BauNVO größtmöglichen Maß erfolgen solle, um den in der Planbegründung ausgeführten Zielen zu entsprechen. 23Die von dem Antragsteller für richtig gehaltene Auslegung einer über die Vorgaben des § 20 Abs. 3 Satz 2 BauNVO hinausgehenden Berücksichtigung der jeweils obersten Geschosse bei der Berechnung der GFZ folge weder aus dem Wortlaut noch aus der Systematik der besagten Festsetzung und – wegen der Bindung der Verwaltung an Recht und Gesetz – auch nicht aus ihrer Zielsetzung. Durch die Bezugnahme auf § 20 BauNVO, das heiße auch auf Abs. 3 der Vorschrift, sei klargestellt, auf welche Weise die jeweils obersten Geschosse, soweit es sich dabei nicht um Vollgeschosse handele, bei der Berechnung der GFZ zu berücksichtigen seien. 24Sie, die Antragsgegnerin, habe bereits – rein vorsorglich – rechnerisch ermitteln lassen, dass die vom Rat angestrebte Sicherung der gewollten städtebaulichen Struktur auch im Hinblick auf die Gestaltung der Gebäude wegen des engen Rahmens, der sich aus dem Zusammenspiel der GRZ, der Zahl der zulässigen Vollgeschosse und der maximalen Gebäudehöhe ergebe, auch ohne die textliche Festsetzung Nr. 2.1. Abs. 1 gegeben sei, sodass eine Unwirksamkeit dieser Festsetzung nicht die Unwirksamkeit des Bebauungsplans insgesamt zur Folge hätte. 25Nr. 2.2 der textlichen Festsetzungen sei keine Festsetzung zum Maß der baulichen Nutzung. Sie finde ihre Ermächtigungsgrundlage vielmehr in § 9 Abs. 4 BauGB in Verbindung mit § 89 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Satz 1 BauO NRW als örtliche Bauvorschrift zur Regelung des äußeren Erscheinungsbildes. Die Festsetzung verfolge einzig und allein das Ziel, die Realisierung des städtebaulichen Wettbewerbsergebnisses zu gewährleisten. Dass gestalterische, auf örtlichen Baubestimmungen beruhende Festsetzungen Überschneidungen mit bauplanungsrechtlichen Festsetzungsmöglichkeiten aufwiesen, sei nicht ausgeschlossen. 26Unter anderem habe das Bundesverwaltungsgericht in einem Beschluss vom 29. August 2017 – 4 B 30.17 – klargestellt, dass der Festsetzungskatalog des § 9 Abs. 1 BauGB mit Blick auf einen Sachverhalt, der mit den Instrumenten des Bauplanungsrechts geregelt werden könne, keine Sperrwirkung hinsichtlich einer bauordnungsrechtlichen Regelung entfalte, die sich im Ergebnis wie eine bauplanungsrechtliche Festsetzung auswirke. Für die Abgrenzung zwischen bauplanungsrechtlichen Festsetzungen zum Maß der baulichen Nutzung und Gestaltungsvorschriften, die auf örtlichen Bauvorschriften beruhten, komme es auf Sinn und Zweck beziehungsweise auf den Schwerpunkt des planerischen Willens an. Danach bestehe kein Zweifel, dass die Festsetzung zur Begrenzung der Zahl der Geschosse, die keine Vollgeschosse seien, gestalterischer Art sei. 27Die gestalterische textliche Festsetzung der Nr. 2.2.1 stehe auch nicht im Widerspruch zu den soeben genannten anderen Festsetzungen des Bebauungsplans. Insbesondere decke sie sich mit den Maßfestsetzungen im Sinne von § 16 Abs. 2 Nr. 4 BauNVO zur jeweils zulässigen Höhe der Gebäude. Auch insoweit könne eine Unwirksamkeit der Festsetzung nicht zur Unwirksamkeit des Bebauungsplans insgesamt führen. 28Die Nrn. 2.2.2 bis 2.2.8 der textlichen Festsetzungen enthielten Regelungen zur Ausgestaltung des jeweils obersten Geschosses, soweit es kein Vollgeschoss sei. Durch die Festsetzung der maximal zulässigen Grundfläche im Verhältnis zu der Grundfläche des darunterliegenden Geschosses habe der Rat lediglich ausgeschlossen, dass das jeweils oberste Geschoss als Vollgeschoss im Sinne von § 2 Abs. 6 BauO NRW gebaut werde. Es handele sich weder um eine Regelung zu den Vollgeschossen noch um eine eigenständige Definition des Vollgeschosses. Die Festsetzungen seien ebenfalls örtliche Bauvorschriften zur Gestaltung baulicher Anlagen im Sinne von § 9 Abs. 4 BauGB in Verbindung mit § 89 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Satz 1 BauO NRW. Die Festsetzungen zu der zulässigen Grundfläche des jeweils obersten Geschosses und dessen Abstand von der darunter liegenden Gebäudekante beträfen das äußere Erscheinungsbild des jeweiligen Gebäudes. Die Vorgaben hätten ihren unmittelbaren Grund in dem im Wettbewerb prämierten städtebaulichen Konzept. Dieses in einem Rahmenplan fortgeführte Konzept liege dem Bebauungsplan zugrunde. Sinn und Zweck sämtlicher Festsetzungen zu den jeweils obersten Geschossen sei die Beibehaltung dieses städtebaulichen Konzepts und damit eine gestalterische Absicht. 29Die Ausnahmeregelung in Nr. 9.5 Abs. 2 der textlichen Festsetzungen genüge den Bestimmtheitsanforderungen. Die Festsetzung erlaube eine Ausnahme im Sinne von § 31 Abs. 1 BauGB von den Vorgaben der unter Nr. 9.4 getroffenen Festsetzung. Die Festsetzungen seien nicht in sich widersprüchlich. Die von dem Antragsteller in diesem Zusammenhang zitierte Rechtsprechung betreffe einen anderen Sachverhalt. Hier sei eindeutig ein Regel-/Ausnahmeverhältnis festgesetzt. 30Auch der Einwand des Antragstellers, dass unklar bleibe, unter welchen Voraussetzungen Fenster, die geöffnet werden könnten, in Fassaden zulässig seien, verkenne den Regelungsgehalt der Nr. 9.5 Abs. 2 der textlichen Festsetzungen. Die Regelung ermögliche nicht die ausnahmsweise Zulassung solcher Fenster, wenn bestimmte Lärmpegel eingehalten würden. Voraussetzung für die ausnahmsweise Zulassung solcher Fenster sei vielmehr, dass der zu betrachtende Lärm nicht auf die fragliche Fassade einwirke. Auch bei Erteilung einer entsprechenden Ausnahme sei ausgeschlossen, dass die fragliche Fassade bei einer schalltechnischen Untersuchung als Immissionsort in Betracht komme. 31Der Antragsteller verkenne auch die Voraussetzungen für die Erteilung einer Ausnahme nach Nr. 9.5 Abs. 2 der textlichen Festsetzungen. Danach könne nur dann von den Lärmschutzfestsetzungen abgewichen werden, wenn sichergestellt sei und durch einen Sachverständigen für den Schallschutz nachgewiesen werde, dass durch die Abweichung keine zusätzlichen Immissionsorte im Sinne der TA Lärm zu betrachten seien. 32Grundlage für die Bewertung sei die TA Lärm. Hierbei handele es sich um eine rechtliche, eindeutige und objektive Grundlage. Ob die Voraussetzungen für die Erteilung einer Ausnahme vorlägen, prüfe die Baugenehmigungsbehörde. Das zusätzliche Erfordernis eines Sachverständigengutachtens solle das fachliche Fundament der Ausnahmeentscheidung stützen. Die Regelung stelle darüber hinaus keine unzulässige Konfliktverlagerung dar, sondern sei Ausdruck des Grundsatzes der planerischen Zurückhaltung. Die sich bei der Entscheidung über die Erteilung einer Ausnahme stellenden Fragen könnten adäquat auf der Ebene des jeweiligen Baugenehmigungsverfahrens beantwortet werden. Darüber hinaus handele es sich nicht um eine Konfliktverlagerung, sondern um eine alternative Konfliktlösung, die unter bestimmten Voraussetzungen an die Stelle der Konfliktlösung in Nr. 9.4 der textlichen Festsetzungen gesetzt werden könne. 33Auch die Ausnahmeregelung in Nr. 9.5 Abs. 3 der textlichen Festsetzungen sei nicht offensichtlich fehlerhaft. In Räumen für Büronutzungen oder für sonstige gewerbliche Nutzungen, deren Anspruch auf Schutz vor Lärm in der Nacht nicht höher sei als am Tag, seien Fenster, die geöffnet werden könnten, zulässig, sofern hierzu in der jeweiligen Baugenehmigung eine verbindliche Regelung als Nebenbestimmung getroffen werde, um gesunde Arbeitsverhältnisse sicherzustellen. 34Wenn im nachgelagerten Baugenehmigungsverfahren jeweils sichergestellt werde, dass in den fraglichen Räumen zur Nachtzeit keine schutzwürdige Nutzung stattfinde und tagsüber die Immissionsrichtwerte der TA Lärm eingehalten würden, bestehe kein Grund, dem jeweiligen Bauherrn den Einbau von Fenstern, die geöffnet werden könnten, oder die Errichtung sonstiger Anlagen, die als Immissionsorte nach der TA Lärm in Betracht kämen, zu verweigern. Die Schutzziele der TA Lärm würden in einem solchen System erfüllt, ohne dass es – wie der Antragsteller vortrage – zu einer Relativierung des Schutzniveaus der TA Lärm komme. Die Untersagung der Nutzung des Gebäudes zur Nachtzeit durch eine entsprechende Auflage in der Baugenehmigung wirke faktisch dahingehend, dass seine Fassaden in der Nachtzeit – mangels irgendeiner schutzwürdigen Nutzung – nicht als maßgebliche Immissionsorte nach der TA Lärm zu betrachten seien. 35Die Unwirksamkeit der Ausnahmeregelungen hätte jedenfalls keine Auswirkungen auf die Wirksamkeit des Bebauungsplans insgesamt. 36Der Bebauungsplan beruhe auch nicht auf einer fehlerhaften Abwägung. Insbesondere seien die Lärmschutzbelange der Planbetroffenen nicht fehlerhaft ermittelt und abgewogen worden. 37Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten 10 D 9/20.NE und 10 B 519/20.NE sowie der beigezogenen Aufstellungsvorgänge (Beiakten Hefte 1 bis 7) Bezug genommen. 38Entscheidungsgründe: 39Der Antrag hat Erfolg. 40Er ist zulässig. 41Der Antragsteller ist als Eigentümer eines im Plangebiet gelegenen Grundstücks nach § 47 Abs. 2 VwGO antragsbefugt. 42Der Antrag ist auch begründet. 43Einzelne Festsetzungen des Bebauungsplans beruhen auf Rechtsfehlern, die zu seiner Unwirksamkeit insgesamt führen. 44Nr. 2.1 Abs. 1 der textlichen Festsetzung ist mangels Ermächtigungsgrundlage unwirksam. Sie beruht nicht auf § 20 Abs. 3 Satz 2 BauNVO, wonach im Bebauungsplan festgesetzt werden kann, dass die Flächen von Aufenthaltsräumen in anderen Geschossen einschließlich der zu ihnen gehörenden Umfassungswände ganz oder teilweise mitzurechnen oder ausnahmsweise nicht mitzurechnen sind. Die Festsetzung geht über diese Ermächtigung hinaus, weil sie pauschal und ohne Einschränkungen sämtliche Geschossflächen aller oberirdischen Geschosse einbezieht, also auch die nicht für Aufenthaltsräume und ihre Umfassungswände bestimmten Flächen von Geschossen, die nicht Vollgeschosse sind. 45Die Auffassung der Antragsgegnerin, eine Auslegung dieser Festsetzung führe zu dem eindeutigen Ergebnis, dass eine Berücksichtigung der Fläche von Geschossen, die nicht Vollgeschosse seien, nur in dem nach § 20 Abs. 3 Satz 2 BauNVO größtmöglichen Maß erfolgen solle, um den in der Planbegründung ausgeführten Zielen zu entsprechen, findet weder im Wortlaut der Festsetzung noch in der Planbegründung einen Anhalt. 46Auch die textlichen Festsetzungen unter Nr. 2.2 zur maximal zulässigen Zahl von Geschossen, die nicht Vollgeschosse sind, und zur Ausgestaltung des jeweils obersten Geschosses sind mangels Ermächtigungsgrundlage unwirksam. 47Sie lassen sich nicht auf § 16 Abs. 2 Nr. 3 BauNVO stützen, wovon offenbar auch die Antragsgegnerin ausgeht. Die Vorschrift ermöglicht lediglich eine Festsetzung zur Zahl der Vollgeschosse. Weitere planerische Festsetzungen sind in diesem Zusammenhang weder vorgesehen noch angesichts des abschließenden Charakters der Regelung möglich. Vielmehr ist der Begriff des Vollgeschosses ausdrücklich der Definition durch landesrechtliche Vorschriften überlassen (§ 20 Abs. 1 BauNVO). Durch diese Verweisung auf das Landesrecht hat der Verordnungsgeber den Gemeinden, soweit das Bundesrecht reicht, jede abändernde bauplanerische Festsetzung versagt. 48Vgl. BVerwG, Beschluss vom 5. Juli 1991 – 4 NB 22.91 –, juris, Rn. 8; OVG NRW, Beschluss vom 29. März 2006 – 10 B 1908/05.NE –, juris, Rn. 11 f. 49Die Festsetzungen unter Nr. 2.2 finden ihre Rechtsgrundlage auch nicht in § 89 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 3 Satz 1 BauO NRW. 50Das Bauordnungsrecht lässt danach Festsetzungen in Bebauungsplänen nur als besondere Anforderungen an die äußere Gestaltung baulicher Anlagen zur Erhaltung und Gestaltung von Ortsbildern zu. Darum geht es hier nicht. 51Die Festsetzungen unter Nr. 2.2 betreffen nicht die äußere Gestalt des jeweils obersten Geschosses oder des gesamten Gebäudes, sondern begrenzen die Zahl der Geschosse, die keine Vollgeschosse sind, und bestimmen insbesondere das Flächenmaß des jeweils obersten Geschosses im Verhältnis zu dem Flächenmaß des darunterliegenden Geschosses. 52Dem Landesgesetzgeber ist die Regelung des Bauordnungsrechts vorbehalten. Hierzu zählt nicht bloß die Abwehr von Gefahren, die der Allgemeinheit oder dem Einzelnen von baulichen Anlagen drohen. Das Bauordnungsrecht darf, soweit dies im Rahmen einer Inhalts- und Schrankenbestimmung im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG zulässig ist, auch zur Wahrung ästhetischer Belange nutzbar gemacht werden. Dies schließt neben der Abwehr von Verunstaltungen eine positive Gestaltungspflege ein. Den Gemeinden ist es auf landesrechtlicher Grundlage unbenommen, über die äußere Gestaltung einzelner baulicher Anlagen das örtliche Erscheinungsbild insgesamt zu beeinflussen, etwa durch Vorschriften, die es ermöglichen, ein Orts- oder Straßenbild je nach den gestalterischen Vorstellungen der jeweiligen Gemeinde zu erhalten oder umzugestalten. Regelungen, die der Gesetzgebungskompetenz der Länder entzogen sind, können dagegen nicht Gegenstand örtlicher Bauvorschriften sein. Dies gilt auch im Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung, soweit der Bundesgesetzgeber von seiner Kompetenz verfassungsgemäßen Gebrauch gemacht hat (Art. 72 GG). Hierzu gehört beispielsweise das Bodenrecht im Sinne des Art. 74 Abs. 1 Nr. 18 GG, das der Bundesgesetzgeber insbesondere im Baugesetzbuch kodifiziert hat. Dieses Gesetz regelt die rechtlichen Beziehungen zum Grund und Boden und bestimmt, in welcher Weise der jeweilige Eigentümer sein Grundstück nutzen darf. Nicht zuletzt über die Vorschriften, die die Art und das Maß der baulichen Nutzung, die Bauweise und die überbaubare Grundstücksfläche betreffen, leistet auch das Städtebaurecht als Teil des Bodenrechts einen Beitrag zur Gestaltung des Ortsbildes (§ 1 Abs. 5 Satz 2, § 34 Abs. 1 Satz 2 und § 35 Abs. 3 BauGB). Das städtebauliche Instrumentarium reicht unter diesem Blickwinkel indes nur soweit, wie das Baugesetzbuch entsprechende Gestaltungsmöglichkeiten eröffnet. Zur bodenrechtlichen Gestaltung des Ortsbildes steht der Gemeinde der in § 9 Abs. 1 BauGB abschließend umschriebene Festsetzungskatalog zur Verfügung. Gestaltungsvorschriften, die hierüber hinausgehen, ohne den Grund und Boden unmittelbar zum Gegenstand rechtlicher Ordnung zu haben, stehen dem landesrechtlichen Bauordnungsrecht offen. 53Vgl. BVerwG, Beschluss vom 10. Juli 1997 – 4 NB 15.97 –, juris, Rn. 3. 54Ausgehend von diesen Grundsätzen hat der Senat keine Zweifel, dass die Regelungen in den textlichen Festsetzungen unter Nr. 2.2 bodenrechtlicher Natur sind und ihrem sachlichen Gehalt nach nicht dem Bauordnungsrecht zugeordnet werden können. 55Dafür, dass dies auch der Rat so gesehen hat, spricht bereits, dass die Festsetzungen auf der Planurkunde bei den Regelungen zum Maß der baulichen Nutzung stehen. Auch nach der Planbegründung steht außer Frage, dass die besagten Festsetzungen bodenrechtlichen Charakter haben. Auf Seite 104 f. sind sie dort unter 4.7.2 „Geschossflächenzahl (GFZ), oberste Geschosse“ erläutert und danach durch den Wunsch motiviert, das im städtebaulichen Wettbewerb prämierte Konzept, das dem Bebauungsplan zugrunde liegt, umzusetzen. Das Konzept sehe aus „städtebaulichen Gründen“ oberste Geschosse vor, die abhängig von der jeweiligen „städtebaulichen Situation“ von den Außenwänden der darunter liegenden Geschosse ganz oder in Teilen zurücksprängen. Insoweit verfolge der Bebauungsplan das Ziel, nach der Änderung des Begriffs des Vollgeschosses in der Bauordnung Nordrhein-Westfalen, die Art und den Umfang der obersten Geschosse, die keine Vollgeschosse seien, eindeutig zu bestimmen und deren Grundflächen bei der Berechnung der GFZ zu berücksichtigen. So solle die „städtebauliche Struktur“ dem Ergebnis des städtebaulichen Wettbewerbs entsprechend ermöglicht und gestalterisch gesichert sowie die Geschossfläche im Plangebiet gesteuert beziehungsweise begrenzt werden. Dazu heißt es in der Planbegründung unter anderem, dass die festgesetzten Rücksprünge der Außenwände des jeweiligen obersten Geschosses von den Außenwänden des jeweils darunter liegenden Geschosses „auf die städtebauliche Situation“ Bezug nähmen, um die neue Bebauung in den Bestand einzubinden, verträgliche Übergänge zu schaffen und gut nutzbare Terrassen für die Wohnungen in den obersten Geschossen zu ermöglichen. Weiter ist die Rede von der Sicherung der Art der Bebauung und des sich hierdurch ergebenden räumlichen Gefüges in den geplanten Wohnstraßen. 56Auch nach dem Verlauf des Aufstellungsverfahrens und dem Inhalt der Planbegründung ist offenkundig, dass der Rat, nachdem er erkannt hatte, dass weder das Baugesetzbuch noch die Baunutzungsverordnung eine Ermächtigungsgrundlage für die in Rede stehenden Festsetzungen bieten, versucht hat, im Gewande bauordnungsrechtlicher Gestaltungsvorschriften bodenrechtliche Regelungen zu treffen. Dies folgt nicht nur aus der zitierten Planbegründung und daraus, dass er die bauordnungsrechtliche Ermächtigungsgrundlage nachträglich in den Abschnitt der auf der Planurkunde aufgedruckten textlichen Festsetzungen eingefügt hat, der das Maß der baulichen Nutzung betrifft, sondern auch daraus, dass die eigentlichen gestalterischen Festsetzungen unter anderem zur Dachgestaltung auf der Planurkunde in einem eigenen Abschnitt stehen und in der Planbegründung ausdrücklich als solche auf den Seiten 183 ff. erläutert sind. 57Ohne Erfolg verweist die Antragsgegnerin demgegenüber auf einzelne Formulierungen in der Plangebegründung, in denen von „gestalterisch zu sichern“ oder von „mit den obersten Geschossen beabsichtigten architektonischen Qualitäten“ die Rede ist. Einzelne gestalterische Aspekte, die mit den textlichen Festsetzungen unter Nr. 2.2 im Ergebnis verbunden sein mögen, lassen den wie oben aufgezeigt eigentlichen bodenrechtlichen Bezug dieser Festsetzungen nicht entfallen. Wie bereits das Bundesverwaltungsgericht in dem zitierten Beschluss ausgeführt hat, kann auch das Städtebaurecht einen gewissen Beitrag zur Gestaltung des Ortsbildes leisten. 58Jedenfalls die Unwirksamkeit der textlichen Festsetzungen unter Nr. 2.2 führt zur Unwirksamkeit des Bebauungsplans insgesamt. 59Die Unwirksamkeit einzelner Festsetzungen eines Bebauungsplans führt nur dann nicht zu seiner Unwirksamkeit insgesamt, wenn die übrigen Festsetzungen für sich betrachtet noch eine den Anforderungen des § 1 BauGB gerecht werdende sinnvolle städtebauliche Ordnung bewirken können und wenn zusätzlich der Rat nach seinem im Planverfahren zum Ausdruck gekommenen Willen im Zweifel auch einen Bebauungsplan dieses eingeschränkten Inhalts beschlossen hätte. 60Vgl. BVerwG, Beschluss vom 29. März 1993 – 4 BN 10.91 –, BRS 55 Nr. 30. 61Zwar mag der Bebauungsplan auch ohne die Festsetzungen unter Nr. 2.2 noch eine städtebauliche Ordnung bewirken, doch lässt sich nicht feststellen, dass der Rat einen Bebauungsplan auch ohne sie beschlossen hätte. Sie gehören zu den Grundzügen der Planung, was letztlich auch die Ausführungen der Antragsgegnerin im Normenkontrollverfahren zur Umsetzung des Ergebnisses des städtebaulichen Wettbewerbs bestätigen. 62Im Übrigen merkt der Senat für ein etwaiges Heilungsverfahren an: 63Zweifelhaft erscheint bereits, ob die Festsetzung Nr. 9.1 wirksam ist, soweit dort allgemein von technischen Vorkehrungen die Rede ist, die entsprechend der jeweils bei Einreichung des Bauantrags als technische Baubestimmung dann gültigen baurechtlich eingeführten Fassung der DIN 4109 vorzusehen sind. 64Soweit mit dieser Festsetzungen künftige Fassungen der DIN 4109 zum geltenden Satzungsrecht erhoben werden sollen, bestehen nicht nur unter dem Gesichtspunkt rechtsstaatlicher Publizität von Normen Bedenken. Weder der Rat noch ein Normadressat weiß oder kann erkennen, welche technischen Vorkehrungen künftig einmal von dieser Festsetzung erfasst sein könnten. 65Die Festsetzung Nr. 9.3.1 zur Höhe der Lärmschutzwand zum Schutz der Wohnnutzung im südlichen Baufenster des WA 5 ist nicht unbestimmt, obwohl der Rat lediglich ihre Mindesthöhe festgesetzt hat. Der Senat hält hierzu an seinen Ausführungen im Beschluss vom 25. Juni 2020 – 10 B 519/20.NE – im Wesentlichen fest. Soweit das Fehlen einer Festsetzung zur maximal zulässigen Höhe theoretisch die Errichtung einer Lärmschutzwand zulässt, deren Höhe die festgesetzte Mindesthöhe von 6,0 m deutlich übersteigt, ist dies bei näherer Betrachtung kein Aspekt der Bestimmtheit, sondern betrifft die Abwägung, weil eine Überschreitung der Mindesthöhe die Nutzung der angrenzenden Grundstücke, etwa durch Schattenwurf, stärker negativ beeinflussen könnte. Allerdings ist mit einer solchen deutlich höheren Lärmschutzwand bei realistischer Betrachtung tatsächlich nicht zu rechnen, denn die Errichtung von Lärmschutzwänden verursacht abhängig von ihrer Höhe und Länge erhebliche Kosten, sodass es ausgeschlossen erscheint, dass hier die künftige Lärmschutzwand die für den Lärmschutz gebotene Mindesthöhe wesentlich überschreiten wird. Auch die Bedenken hinsichtlich der Bestimmtheit des Höhenverlaufs der Lärmschutzwand zwischen den in der Planurkunde dargestellten Punkten C und D teilt der Senat nicht. Anhand der jeweils festgesetzten Mindesthöhen für den Anfangs- und den Endpunkt des fraglichen Wandabschnitts und unter Berücksichtigung der Beschreibung in der textlichen Festsetzung Nr. 9.3.1, wonach der Wandabschnitt von der festgelegten Mindesthöhe auf die geplante Geländehöhe „abfallen“ muss, lässt sich der Höhenverlauf der Lärmschutzwand in diesem Wandabschnitt noch hinreichend klar abschätzen, zumal die Planung und Ausführung der übrigen Bebauung nicht unmittelbar von dem genauen Höhenverlauf abhängig sind. Die Festlegung des konkreten Neigungswinkels oder der konkreten Neigungswinkel der Oberkante des Wandabschnitts bei einer gestuften Gestaltung kann insoweit der Baugenehmigung vorbehalten bleiben, zumal das schalltechnische Gutachten, auf dessen Vorschlag die Festsetzung der Lärmschutzwand zurückzuführen ist, davon ausgeht, dass die Wand in dem fraglichen Bereich linear abfällt. Gleichwohl ist der Antragsgegnerin anzuraten, bei einer eventuellen Heilung der aufgezeigten Fehler des Bebauungsplans auch die Festsetzungen zu der Lärmschutzwand nochmals in den Blick zu nehmen. 66Die auf § 9 Abs. 2 BauGB gestützte textliche Festsetzung Nr. 9.3.2 dürfte hinreichend bestimmt sein, weil sich deren Inhalt – wie der Senat ebenfalls in dem zitierten Eilbeschluss ausgeführt hat – ohne Weiteres im Wege der Auslegung ermitteln lässt. Soweit in der Festsetzung von dem östlichen Gebäude des WA 1.2 und von den darin nach Osten ausgerichteten Aufenthaltsräumen die Rede ist, kann nach der Lage der festgesetzten Baufenster im WA 1.2 und des angrenzenden Mischgebiets sowie der als Auslegungshilfe heranzuziehenden Begründung des Bebauungsplans und des dort ausdrücklich in Bezug genommenen schalltechnischen Gutachtens nicht zweifelhaft sein, dass insoweit die Bebauung im östlichen Baufenster des WA 1.2 und die Aufenthaltsräume mit Fenstern in der den Lärmquellen auf dem Grundstück des Antragstellers zugewandten östlichen Fassade des geplanten Baukörpers gemeint sind. Entsprechendes gilt für die ebenfalls noch hinreichend klare Formulierung: „Bebauung, entlang der Südost- und Südwestseite der überbaubaren Grundstücksfläche, die parallel zur H.‑straße liegt“. Bei sachbezogener Betrachtung erschließt sich, dass damit – wie die Antragsgegnerin dargelegt hat – der straßenseitige Riegel des L-förmigen Baufeldes im festgesetzten Mischgebiet angesprochen ist. 67Auch die Kritik, dass die Festsetzungen unter Nr. 9.5 zu Abweichungen von dem Lärmschutzkonzept widersprüchlich und unbestimmt seien, überzeugt nicht. 68Der Antragsteller wendet sich gegen die textliche Festsetzung Nr. 9.5 Abs. 2, wonach von den Lärmschutzfestsetzungen in Nr. 9.4 Sätze 1 und 2 abgewichen werden kann, wenn sichergestellt und durch Sachverständige für Schallschutz nachgewiesen wird, dass in den unter Nr. 9.4 definierten Bereichen keine Immissionsorte im Sinne der TA Lärm entstehen. Nach der Planbegründung soll die Regelung die spätere Berücksichtigung etwaiger neuer bautechnischer Entwicklungen ermöglichen. Die Antragsgegnerin versteht die Festsetzung dementsprechend so, dass für bauliche Konstruktionen an einer Fassade, die bei einer Beurteilung nach der TA Lärm nicht die Voraussetzungen für die Annahme eines dort gelegenen Immissionsortes erfüllten, eine Ausnahme in Betracht kommen solle. Deshalb trifft der Einwand, diese Festsetzung sei widersprüchlich, weil sie die nach Nr. 9.4 der textlichen Festsetzungen ausgeschlossenen Fenster, die geöffnet werden könnten, wieder zulasse, so nicht zu. 69Die textliche Festsetzung Nr. 9.5 Abs. 3, wonach von den Lärmschutzfestsetzungen in Nr. 9.4. Abs. 2 insoweit abgewichen werden kann, als ausnahmsweise Fenster, die sich öffnen lassen, und sonstige Öffnungen in Büroräumen und sonstigen schutzbedürftigen Arbeitsräumen zugelassen werden können, wenn in der für das Gebäude erteilten Baugenehmigung verbindliche Nebenbestimmungen einen für gesunde Arbeitsverhältnisse ausreichenden Schallschutz sicherstellen, dürfte wirksam sein. 70Die Regelung basiert auf der Annahme, dass dort der maßgebliche Immissionsrichtwert für Mischgebiete nach den gutachterlichen Feststellungen tagsüber eingehalten wird. Vor diesem Hintergrund will der Rat lediglich für Räume, in denen Nutzungen stattfinden sollen, die keinen erhöhten Schutz für die Nachtzeit benötigen, den Einbau von Fenstern, die geöffnet werden können, und von sonstigen Öffnungen als eine Ausnahme etwa als Ergebnis einer Sonderfallprüfung entsprechend Nr. 3.2.2 der TA Lärm ermöglichen. 71Der Einwand des Antragstellers, die TA Lärm sei als normative Konkretisierung des gesetzlichen Maßstabs für die Schädlichkeit von Geräuschen insoweit abschließend, als sie bestimmten Gebietsarten und Tageszeiten entsprechend der daraus abgeleiteten Schutzbedürftigkeit der in dem jeweiligen Gebiet zulässigen Nutzungen bestimmte Immissionsrichtwerte zuweise und das Verfahren zur Ermittlung und Beurteilung der in dem Gebiet zu erwartenden Geräuschimmissionen vorschreibe, überzeugt nicht. Weist der Bauherr in einem konkreten Genehmigungsverfahren nach, dass der aus der TA Lärm abgeleitete Schutzanspruch der zur Genehmigung gestellten Nutzung gewährleistet ist, weil diese Nutzung zu der allein kritischen Nachtzeit gar nicht stattfindet, ist die Erteilung einer entsprechenden Baugenehmigung auf der Grundlage der Ausnahmeregelung nicht zu beanstanden. 72Das von dem Antragsteller insoweit zitierte Urteil des OVG NRW vom 30. Januar 2018 – 2 D 102/14.NE –, juris, Rn. 188 ff., betrifft eine andere Fallgestaltung. Im Übrigen heißt es in dem zitierten Urteil unter Rn. 201, dass es eine andere Frage sei, ob insbesondere für Büroräume im Einzelfall eine Sonderfallprüfung nach Nr. 3.2.2 angezeigt sein und dabei festgestellt werden könne, dass sie auch nachts nur den ihnen für die Tagzeit zukommenden Schutzanspruch hätten. 73Vgl. auch Kuchler, Immissionsschutzrechtlicher Schutzanspruch von Büroräumen zur Nachtzeit, jurisPR-UmwR 5/2019, Anm. 3 m.w.N. 74Der Bebauungsplan beruht wohl auch nicht auf beachtlichen Fehlern bei der nach § 1 Abs. 7 BauGB gebotenen Abwägung. 75Gemäß § 1 Abs. 7 BauGB sind die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen. Das Abwägungsgebot umfasst als Verfahrensnorm das Gebot zur Ermittlung und Bewertung des Abwägungsmaterials (§ 2 Abs. 3 BauGB) und stellt inhaltlich Anforderungen an den Abwägungsvorgang und an das Abwägungsergebnis. Es ist verletzt, wenn eine sachgerechte Abwägung überhaupt nicht stattfindet, wenn in die Abwägung Belange nicht eingestellt werden, die nach Lage der Dinge hätten eingestellt werden müssen, wenn die Bedeutung der betroffenen Belange verkannt oder wenn der Ausgleich zwischen den von der Planung berührten Belangen in einer Weise vorgenommen wird, die zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht. Innerhalb des so gezogenen Rahmens ist dem Abwägungserfordernis genügt, wenn sich die zur Planung berufene Gemeinde im Widerstreit verschiedener Belange für die Bevorzugung des einen und damit notwendigerweise für die Zurückstellung des anderen Belangs entscheidet. 76Vgl. OVG NRW, Urteil vom 22. September 2015 – 10 D 82/13.NE –, juris, Rn. 30. 77Der von dem Antragsteller geltend gemachte Abwägungsmangel im Hinblick auf eine unzureichende Ermittlung möglicher Gewerbelärmimmissionen im Plangebiet erscheint unter Berücksichtigung der konkreten Umstände der Planung fernliegend. Der Antragsteller macht geltend, der Rat habe nicht berücksichtigt, dass zu den Immissionen aus dem Gewerbegebiet auch solche aus dem Mischgebiet hinzutreten könnten. Der Senat teilt die Einschätzung der Antragsgegnerin, dass der im festgesetzten Mischgebiet künftig zulässigerweise erzeugte Gewerbelärm eine Erhöhung der Lärmimmissionswerte in den angrenzenden Wohngebieten vermutlich nicht bewirken wird. Im Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses hatte der Rat keinerlei konkrete Kenntnisse über künftige gewerbliche Nutzungen im Mischgebiet. Solche künftigen Nutzungen müssen entsprechend der festgesetzten Gebietsart wohnverträglich sein. Sollten bei der geplanten Ansiedlung eines Gewerbebetriebs etwa wegen einer Zusammenrechnung des mit dem Betrieb verbundenen Lärms und des aus dem Gewerbegebiet stammenden Lärms insoweit Zweifel aufkommen, könnte ein etwaig zu erwartender immissionsschutzrechtlicher Konflikt im Baugenehmigungsverfahren gelöst werden. Dass dies nicht möglich sein könnte, vermag der Senat nicht zu erkennen. 78Im Übrigen macht der Antragsteller zu Unrecht geltend, der Rat habe nicht berücksichtigt, dass den Gewerbebetrieben auf seinem Grundstück die Möglichkeit genommen werde, lärmtechnische Optimierungen der Betriebsabläufe vorzunehmen, um gegebenenfalls die von dort ausgehende Immissionsbelastung für die Wohnbebauung südlich der H.‑straße zu verringern. Es bestehen nach dem bisherigen Sach- und Streitstand, nachdem der Betrieb offenbar mehrere Jahrzehnte ohne Beanstandungen geblieben ist, schon keine Anhaltspunkte für die geltend gemachte Gefahr betriebseinschränkender Anordnungen wegen der auf den angesprochenen Wohngrundstücken verursachten Immissionen. Im Übrigen hält der Senat die Verlagerung betrieblicher Tätigkeiten auf dem Grundstück des Antragstellers aus den bereits in der Antragserwiderung dargelegten Erwägungen für vage und unrealistisch, sodass sie bei der Abwägungsentscheidung nicht berücksichtigt zu werden brauchten. 79Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. 80Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit stützt sich auf § 167 VwGO in Verbindung mit den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. 81Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.
der bebauungsplan nr. – nördlich h.‑straße – der stadt e. ist unwirksam. die antragsgegnerin trägt die kosten des verfahrens. das urteil ist hinsichtlich der kosten vorläufig vollstreckbar. die antragsgegnerin darf die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe von 110 von hundert des auf grund des urteils vollstreckbaren betrages abwenden, wenn nicht der antragsteller vor der vollstreckung sicherheit in höhe von 110 von hundert des jeweils zu vollstreckenden betrages leistet. die revision wird nicht zugelassen. 1
2der antragsteller wendet sich gegen den bebauungsplan nr. – nördlich h.‑straße – der antragsgegnerin (im folgenden: bebauungsplan). er ist eigentümer der im südöstlichen bereich des plangebiets gelegenen grundstücke h.‑straße 67 und 69, die unter anderem für eine tankstelle mit 24-stunden-betrieb, einen lackier- und karosseriebetrieb, eine textilreinigung und büros genutzt werden. 3das circa 10,4 ha große plangebiet liegt im südosten des stadtgebiets an der grenze zu f. der geltungsbereich des bebauungsplans wird im norden durch den weg i. begrenzt, an den sich landwirtschaftlich genutzte flächen anschließen. nordwestlich des plangebiets liegt eine schule und weiter westlich eine kleingartenanlage. im süden stößt das plangebiet an die h.‑straße und im osten an die f1. straße. östlich der f1. straße steht, den grundstücken des antragstellers quasi gegenüber, die wasserburg „haus v.“. 4das plangebiet wurde zuletzt im wesentlichen als zentrallager und logistikstandort mit großflächigen lagerhallen, verkehrsflächen und einem siebengeschossigen büro- und verwaltungsgebäude genutzt. 2010 wurden diese nutzungen aufgegeben und die gebäude wurden 2017 abgerissen. ebenfalls abgerissen wurde ein dreigeschossiges büro- und geschäftshaus mit einem eingeschossigen lager- und werkstattgebäude, das auf dem grundstück h.‑straße 71 gestanden hatte. 5mit dem bebauungsplan soll nach dem ergebnis eines städtebaulichen wettbewerbs mit öffentlichkeitsbeteiligung der stadtteil v. insbesondere als wohnstandort gestärkt und der siedlungsbestand sinnvoll ergänzt werden, indem die errichtung von wohngebäuden mit insgesamt maximal 375 wohneinheiten ermöglicht wird. 6die städtebauliche grundstruktur basiert entsprechend dem ergebnis des städtebaulichen wettbewerbs auf vier von süden nach norden streifenartig angeordneten baufeldern. in diesen baufeldern sind entlang der inneren erschließungsstraßen gebäudezeilen mit nach süden orientierten fassaden vorgesehen, während an den westlichen und östlichen rändern gebäuderiegel die baufelder begrenzen. geplant sind drei durch mehrstöckige wohnhäuser und durch eine kompakte bebauung mit einfamilienhäusern geprägte blockartige baukomplexe, die als wa 1, wa 2, wa 3 sowie mi bezeichnet sind. die wohngebiete wa 1-3 sollen im jeweiligen blockinnenbereich großzügige garten- und wohnhöfe erhalten, die durch ein wegesystem verbunden werden. nach norden hin soll die blockartige struktur durch ein baufeld mit einzel- und doppelhäusern aufgelockert werden. durch das für das grundstück h.‑straße 71 festgesetzte mischgebiet soll ein städtebaulich verträglicher übergang zwischen dem westlich davon geplanten wohngebiet und den gewerbebetrieben auf den grundstücken des antragstellers erreicht werden. 7der rat beschloss in seiner sitzung am 28. november 2019 den bebauungsplan als satzung. der satzungsbeschluss wurde am 29. dezember 2019 öffentlich bekannt gemacht. 8am 3. februar 2020 hat der antragsteller den normenkontrollantrag gestellt und am 21. april 2020 um die gewährung vorläufigen rechtsschutzes nachgesucht. den eilantrag hat der senat mit beschluss vom 25. juni 2020 – 10 b 519/20.ne – abgelehnt. 9zur begründung seines normenkontrollantrags trägt der antragsteller vor: für nr. 2.1 abs. 1 der textlichen festsetzungen fehle eine ermächtigungsgrundlage. nach der festsetzung seien im wa 1, wa 2 und wa 3 sowie im mischgebiet bei der berechnung der geschossflächenzahl (gfz) sämtliche flächen aller oberirdischen geschosse anzurechnen. dies stehe im widerspruch zu § 20 abs. 3 satz 1 baunvo. satz 2 dieser bestimmung erlaube zwar weitergehende festsetzungen zur anrechnung von flächen auf die gfz, die nicht in vollgeschossen lägen, erlaube insoweit aber nur die anrechnung von flächen von aufenthaltsräumen einschließlich der zu ihnen gehörenden umfassungswände. nach der planbegründung habe der rat mit der festsetzung nr. 2.1 abs. 1 der geänderten definition des begriffs „vollgeschoss“ in der nordrhein-westfälischen bauordnung rechnung tragen wollen, um die umsetzung des wettbewerbsergebnisses, das grundlage des bebauungsplans sei, zu sichern. der vortrag der antragsgegnerin, mit der festsetzung sei selbstverständlich nur dasjenige gewollt, was die ermächtigungsgrundlage erlaube, sei fernliegend, denn eine festsetzung eines bebauungsplans, für die es keine ermächtigungsgrundlage gebe, dürfe nicht in form einer geltungserhaltenden reduktion so ausgelegt werden, dass sie entgegen ihrem wortlaut den vorgaben einer einschlägigen ermächtigungsgrundlage entspreche. die besagte festsetzung gehöre zu den grundzügen der planung, sodass davon auszugehen sei, dass der rat den bebauungsplan ohne sie nicht beschlossen hätte. 10auch für weitere textliche festsetzungen unter nr. 2.2 zur maximal zulässigen zahl von geschossen, die keine vollgeschosse seien, und zur begrenzung der grundfläche der jeweils obersten geschosse sowie zur lage ihrer außenwände fehle eine ermächtigungsgrundlage. es handele sich dabei nicht etwa, wie die antragsgegnerin vortrage, um gestalterische festsetzungen. gegen ein solches verständnis spreche schon, dass unter nr. 2 der textlichen festsetzungen das maß der baulichen nutzung geregelt sei. als ermächtigungsgrundlage sei auf der planurkunde zwar auch § 89 abs. 1 nr. 1 bauo nrw ergänzend erwähnt, doch gestatte diese vorschrift nur die festlegung besonderer anforderungen an die äußere gestaltung baulicher anlagen zur erhaltung und gestaltung von ortsbildern. die fraglichen festsetzungen regelten indessen nicht die äußere gestalt des jeweils obersten geschosses oder gar des gesamten gebäudes, sondern vorrangig das maximal zulässige flächenmaß eines geschosses im verhältnis zu dem flächenmaß des darunterliegenden geschosses. eine bestimmte äußere gestaltung sei damit nicht vorgegeben, da es dem bauherrn letztlich freigestellt sei, wie er dieses maximale flächenmaß einhalte. für die unzulässigkeit der festsetzungen als festsetzungen zum maß der baulichen nutzung spreche schließlich auch ihr von der antragsgegnerin selbst erläuterter hintergrund. 11die festsetzung der lärmschutzwand zum schutz der wohnnutzung im südlichen baufenster des wa 5 sei unbestimmt, soweit diese in ihrem abschnitt c-d auf die geplante geländehöhe abfallen solle, denn es sei unklar, was damit genau gemeint sei. mit diesem bestimmtheitsmangel sei zugleich auch ein abwägungsfehler verbunden, denn der rat sei zu unrecht davon ausgegangen, mit der unbestimmten festsetzung einen ausreichenden beitrag zur konfliktbewältigung geleistet zu haben. 12die textliche festsetzung nr. 9.3.2 zur vorgegebenen reihenfolge der bebauung sei ebenfalls unbestimmt. es sei unklar, welches das in der festsetzung genannte „östliche gebäude“ und die „nach osten ausgerichteten fenster“ im wa 1.2 sein sollten. 13auch die textliche festsetzung nr. 9.5 zu möglichen abweichungen von dem lärmschutzkonzept sei widersprüchlich und unbestimmt. ein sachverständiger für den schallschutz habe nicht zu beurteilen, ob ein bestimmter geografischer punkt im zusammenhang mit einer bestimmten emissionsquelle ein immissionsort sei. die festlegung der maßgeblichen immissionsorte erfordere vielmehr eine juristische bewertung. der rat hätte die denkbaren maßnahmen, die verhindern würden, dass eine fassade trotz der darin eingebauten fenster, die sich öffnen ließen, nicht als immissionsort zu betrachten sei, konkret benennen und begutachten müssen. da er dies nicht getan habe, sei völlig offen, mit welchen maßnahmen der konflikt zwischen der lärmverursachenden nutzung im gewerbegebiet und der insoweit schutzbedürftigen zugelassenen wohnbebauung auf der baugenehmigungsebene bewältigt werden solle. welche konfliktlösungen auf der grundlage der ta-lärm überhaupt denkbar seien, erläutere die planbegründung nicht. eine verlagerung der konfliktbewältigung auf nachfolgende baugenehmigungsverfahren sei mithin nicht zulässig. 14auch soweit die textliche festsetzung nr. 9.5 die möglichkeit einräume, im mischgebiet auf den ausschluss von fenstern, die sich öffnen ließen, zu verzichten, wenn sie aufenthaltsräume belichteten, die zu einer gewerblichen nutzung gehörten, sei sie fehlerhaft. 15hinsichtlich der ermittlung des auf die wohnbebauung einwirkenden gewerbelärms liege ein abwägungsfehler vor, da der von den künftigen gewerblichen nutzungen im mischgebiet verursachte lärm mit dem argument, diese nutzungen seien als wohnverträglich einzustufen, gar nicht berücksichtigt worden sei. diese argumentation greife zu kurz. 16seine, des antragstellers, belange und die belange der auf seinen grundstücken ansässigen gewerbetriebe seien hinsichtlich des fortbestandes der bisherigen nutzungsmöglichkeiten nicht zutreffend erfasst und gewürdigt worden. die annahme, dass die besagten gewerbebetriebe wegen der in ihrer umgebung bereits vorhandenen wohnbebauung ohnehin keine entwicklungsmöglichkeiten mehr gehabt hätten, sei falsch. die mit dem bebauungsplan zugelassene wohnbebauung rücke von norden und westen an die gewerbegrundstücke heran, während die wohnbebauung an der h.‑straße sich südlich davon befinde. der neuen wohnbebauung habe der rat zudem das schutzniveau eines allgemeinen wohngebiets verliehen, während sich die bisherige wohnbebauung lediglich auf das schutzniveau eines mischgebiets berufen könne. 17der antragsteller beantragt, 18den bebauungsplan nr. – nördlich h.‑straße der antragsgegnerin für unwirksam zu erklären. 19die antragsgegnerin beantragt, 20den antrag abzulehnen. 21zur begründung trägt sie vor: 22nr. 2.1. der textlichen festsetzungen sei wirksam. dem wortlaut der festsetzung lasse sich entnehmen, dass (auch) die geschossfläche der jeweils obersten geschosse bei der berechnung der gfz zu berücksichtigen sei. die festsetzung treffe keine explizite aussage dazu, auf welche weise diese berücksichtigung erfolgen solle. dies ergebe aber ihre auslegung anhand der aufstellungsvorgänge und der sonstigen das planverfahren betreffenden dokumente. für die art und weise der berechnung gebe es eindeutige vorgaben. für die jeweils obersten geschosse, die keine vollgeschosse seien, finde § 20 abs. 3 satz 2 baunvo anwendung. dem plangeber sei ein gestaltungsspielraum eingeräumt, der hier zur umsetzung der aus gestalterischen gründen angestrebten begrenzung des bauvolumens genutzt worden sei. somit bleibe lediglich zu prüfen, ob durch anwendung der allgemeinen auslegungsregeln eindeutig bestimmt werden könne, in welchem nach § 20 abs. 3 satz 2 baunvo möglichen umfang die fläche von geschossen, die keine vollgeschosse seien – hier: die flächen der jeweils obersten geschosse – bei der berechnung der gfz zu berücksichtigen sei. die auslegung führe zu dem eindeutigen ergebnis, dass eine berücksichtigung der fläche von geschossen, die nicht vollgeschosse seien, in dem nach § 20 abs. 3 satz 2 baunvo größtmöglichen maß erfolgen solle, um den in der planbegründung ausgeführten zielen zu entsprechen. 23die von dem antragsteller für richtig gehaltene auslegung einer über die vorgaben des § 20 abs. 3 satz 2 baunvo hinausgehenden berücksichtigung der jeweils obersten geschosse bei der berechnung der gfz folge weder aus dem wortlaut noch aus der systematik der besagten festsetzung und – wegen der bindung der verwaltung an recht und gesetz – auch nicht aus ihrer zielsetzung. durch die bezugnahme auf § 20 baunvo, das heiße auch auf abs. 3 der vorschrift, sei klargestellt, auf welche weise die jeweils obersten geschosse, soweit es sich dabei nicht um vollgeschosse handele, bei der berechnung der gfz zu berücksichtigen seien. 24sie, die antragsgegnerin, habe bereits – rein vorsorglich – rechnerisch ermitteln lassen, dass die vom rat angestrebte sicherung der gewollten städtebaulichen struktur auch im hinblick auf die gestaltung der gebäude wegen des engen rahmens, der sich aus dem zusammenspiel der grz, der zahl der zulässigen vollgeschosse und der maximalen gebäudehöhe ergebe, auch ohne die textliche festsetzung nr. 2.1. abs. 1 gegeben sei, sodass eine unwirksamkeit dieser festsetzung nicht die unwirksamkeit des bebauungsplans insgesamt zur folge hätte. 25nr. 2.2 der textlichen festsetzungen sei keine festsetzung zum maß der baulichen nutzung. sie finde ihre ermächtigungsgrundlage vielmehr in § 9 abs. 4 baugb in verbindung mit § 89 abs. 1 nr. 1, abs. 2 satz 1 bauo nrw als örtliche bauvorschrift zur regelung des äußeren erscheinungsbildes. die festsetzung verfolge einzig und allein das ziel, die realisierung des städtebaulichen wettbewerbsergebnisses zu gewährleisten. dass gestalterische, auf örtlichen baubestimmungen beruhende festsetzungen überschneidungen mit bauplanungsrechtlichen festsetzungsmöglichkeiten aufwiesen, sei nicht ausgeschlossen. 26unter anderem habe das bundesverwaltungsgericht in einem beschluss vom 29. august 2017 – 4 b 30.17 – klargestellt, dass der festsetzungskatalog des § 9 abs. 1 baugb mit blick auf einen sachverhalt, der mit den instrumenten des bauplanungsrechts geregelt werden könne, keine sperrwirkung hinsichtlich einer bauordnungsrechtlichen regelung entfalte, die sich im ergebnis wie eine bauplanungsrechtliche festsetzung auswirke. für die abgrenzung zwischen bauplanungsrechtlichen festsetzungen zum maß der baulichen nutzung und gestaltungsvorschriften, die auf örtlichen bauvorschriften beruhten, komme es auf sinn und zweck beziehungsweise auf den schwerpunkt des planerischen willens an. danach bestehe kein zweifel, dass die festsetzung zur begrenzung der zahl der geschosse, die keine vollgeschosse seien, gestalterischer art sei. 27die gestalterische textliche festsetzung der nr. 2.2.1 stehe auch nicht im widerspruch zu den soeben genannten anderen festsetzungen des bebauungsplans. insbesondere decke sie sich mit den maßfestsetzungen im sinne von § 16 abs. 2 nr. 4 baunvo zur jeweils zulässigen höhe der gebäude. auch insoweit könne eine unwirksamkeit der festsetzung nicht zur unwirksamkeit des bebauungsplans insgesamt führen. 28die nrn. 2.2.2 bis 2.2.8 der textlichen festsetzungen enthielten regelungen zur ausgestaltung des jeweils obersten geschosses, soweit es kein vollgeschoss sei. durch die festsetzung der maximal zulässigen grundfläche im verhältnis zu der grundfläche des darunterliegenden geschosses habe der rat lediglich ausgeschlossen, dass das jeweils oberste geschoss als vollgeschoss im sinne von § 2 abs. 6 bauo nrw gebaut werde. es handele sich weder um eine regelung zu den vollgeschossen noch um eine eigenständige definition des vollgeschosses. die festsetzungen seien ebenfalls örtliche bauvorschriften zur gestaltung baulicher anlagen im sinne von § 9 abs. 4 baugb in verbindung mit § 89 abs. 1 nr. 1, abs. 2 satz 1 bauo nrw. die festsetzungen zu der zulässigen grundfläche des jeweils obersten geschosses und dessen abstand von der darunter liegenden gebäudekante beträfen das äußere erscheinungsbild des jeweiligen gebäudes. die vorgaben hätten ihren unmittelbaren grund in dem im wettbewerb prämierten städtebaulichen konzept. dieses in einem rahmenplan fortgeführte konzept liege dem bebauungsplan zugrunde. sinn und zweck sämtlicher festsetzungen zu den jeweils obersten geschossen sei die beibehaltung dieses städtebaulichen konzepts und damit eine gestalterische absicht. 29die ausnahmeregelung in nr. 9.5 abs. 2 der textlichen festsetzungen genüge den bestimmtheitsanforderungen. die festsetzung erlaube eine ausnahme im sinne von § 31 abs. 1 baugb von den vorgaben der unter nr. 9.4 getroffenen festsetzung. die festsetzungen seien nicht in sich widersprüchlich. die von dem antragsteller in diesem zusammenhang zitierte rechtsprechung betreffe einen anderen sachverhalt. hier sei eindeutig ein regel-/ausnahmeverhältnis festgesetzt. 30auch der einwand des antragstellers, dass unklar bleibe, unter welchen voraussetzungen fenster, die geöffnet werden könnten, in fassaden zulässig seien, verkenne den regelungsgehalt der nr. 9.5 abs. 2 der textlichen festsetzungen. die regelung ermögliche nicht die ausnahmsweise zulassung solcher fenster, wenn bestimmte lärmpegel eingehalten würden. voraussetzung für die ausnahmsweise zulassung solcher fenster sei vielmehr, dass der zu betrachtende lärm nicht auf die fragliche fassade einwirke. auch bei erteilung einer entsprechenden ausnahme sei ausgeschlossen, dass die fragliche fassade bei einer schalltechnischen untersuchung als immissionsort in betracht komme. 31der antragsteller verkenne auch die voraussetzungen für die erteilung einer ausnahme nach nr. 9.5 abs. 2 der textlichen festsetzungen. danach könne nur dann von den lärmschutzfestsetzungen abgewichen werden, wenn sichergestellt sei und durch einen sachverständigen für den schallschutz nachgewiesen werde, dass durch die abweichung keine zusätzlichen immissionsorte im sinne der ta lärm zu betrachten seien. 32grundlage für die bewertung sei die ta lärm. hierbei handele es sich um eine rechtliche, eindeutige und objektive grundlage. ob die voraussetzungen für die erteilung einer ausnahme vorlägen, prüfe die baugenehmigungsbehörde. das zusätzliche erfordernis eines sachverständigengutachtens solle das fachliche fundament der ausnahmeentscheidung stützen. die regelung stelle darüber hinaus keine unzulässige konfliktverlagerung dar, sondern sei ausdruck des grundsatzes der planerischen zurückhaltung. die sich bei der entscheidung über die erteilung einer ausnahme stellenden fragen könnten adäquat auf der ebene des jeweiligen baugenehmigungsverfahrens beantwortet werden. darüber hinaus handele es sich nicht um eine konfliktverlagerung, sondern um eine alternative konfliktlösung, die unter bestimmten voraussetzungen an die stelle der konfliktlösung in nr. 9.4 der textlichen festsetzungen gesetzt werden könne. 33auch die ausnahmeregelung in nr. 9.5 abs. 3 der textlichen festsetzungen sei nicht offensichtlich fehlerhaft. in räumen für büronutzungen oder für sonstige gewerbliche nutzungen, deren anspruch auf schutz vor lärm in der nacht nicht höher sei als am tag, seien fenster, die geöffnet werden könnten, zulässig, sofern hierzu in der jeweiligen baugenehmigung eine verbindliche regelung als nebenbestimmung getroffen werde, um gesunde arbeitsverhältnisse sicherzustellen. 34wenn im nachgelagerten baugenehmigungsverfahren jeweils sichergestellt werde, dass in den fraglichen räumen zur nachtzeit keine schutzwürdige nutzung stattfinde und tagsüber die immissionsrichtwerte der ta lärm eingehalten würden, bestehe kein grund, dem jeweiligen bauherrn den einbau von fenstern, die geöffnet werden könnten, oder die errichtung sonstiger anlagen, die als immissionsorte nach der ta lärm in betracht kämen, zu verweigern. die schutzziele der ta lärm würden in einem solchen system erfüllt, ohne dass es – wie der antragsteller vortrage – zu einer relativierung des schutzniveaus der ta lärm komme. die untersagung der nutzung des gebäudes zur nachtzeit durch eine entsprechende auflage in der baugenehmigung wirke faktisch dahingehend, dass seine fassaden in der nachtzeit – mangels irgendeiner schutzwürdigen nutzung – nicht als maßgebliche immissionsorte nach der ta lärm zu betrachten seien. 35die unwirksamkeit der ausnahmeregelungen hätte jedenfalls keine auswirkungen auf die wirksamkeit des bebauungsplans insgesamt. 36der bebauungsplan beruhe auch nicht auf einer fehlerhaften abwägung. insbesondere seien die lärmschutzbelange der planbetroffenen nicht fehlerhaft ermittelt und abgewogen worden. 37wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstands wird auf den inhalt der gerichtsakten 10 d 9/20.ne und 10 b 519/20.ne sowie der beigezogenen aufstellungsvorgänge (beiakten hefte 1 bis 7) bezug genommen. 38
39der antrag hat erfolg. 40er ist zulässig. 41der antragsteller ist als eigentümer eines im plangebiet gelegenen grundstücks nach § 47 abs. 2 vwgo antragsbefugt. 42der antrag ist auch begründet. 43einzelne festsetzungen des bebauungsplans beruhen auf rechtsfehlern, die zu seiner unwirksamkeit insgesamt führen. 44nr. 2.1 abs. 1 der textlichen festsetzung ist mangels ermächtigungsgrundlage unwirksam. sie beruht nicht auf § 20 abs. 3 satz 2 baunvo, wonach im bebauungsplan festgesetzt werden kann, dass die flächen von aufenthaltsräumen in anderen geschossen einschließlich der zu ihnen gehörenden umfassungswände ganz oder teilweise mitzurechnen oder ausnahmsweise nicht mitzurechnen sind. die festsetzung geht über diese ermächtigung hinaus, weil sie pauschal und ohne einschränkungen sämtliche geschossflächen aller oberirdischen geschosse einbezieht, also auch die nicht für aufenthaltsräume und ihre umfassungswände bestimmten flächen von geschossen, die nicht vollgeschosse sind. 45die auffassung der antragsgegnerin, eine auslegung dieser festsetzung führe zu dem eindeutigen ergebnis, dass eine berücksichtigung der fläche von geschossen, die nicht vollgeschosse seien, nur in dem nach § 20 abs. 3 satz 2 baunvo größtmöglichen maß erfolgen solle, um den in der planbegründung ausgeführten zielen zu entsprechen, findet weder im wortlaut der festsetzung noch in der planbegründung einen anhalt. 46auch die textlichen festsetzungen unter nr. 2.2 zur maximal zulässigen zahl von geschossen, die nicht vollgeschosse sind, und zur ausgestaltung des jeweils obersten geschosses sind mangels ermächtigungsgrundlage unwirksam. 47sie lassen sich nicht auf § 16 abs. 2 nr. 3 baunvo stützen, wovon offenbar auch die antragsgegnerin ausgeht. die vorschrift ermöglicht lediglich eine festsetzung zur zahl der vollgeschosse. weitere planerische festsetzungen sind in diesem zusammenhang weder vorgesehen noch angesichts des abschließenden charakters der regelung möglich. vielmehr ist der begriff des vollgeschosses ausdrücklich der definition durch landesrechtliche vorschriften überlassen (§ 20 abs. 1 baunvo). durch diese verweisung auf das landesrecht hat der verordnungsgeber den gemeinden, soweit das bundesrecht reicht, jede abändernde bauplanerische festsetzung versagt. 48vgl. bverwg, beschluss vom 5. juli 1991 – 4 nb 22.91 –, juris, rn. 8; ovg nrw, beschluss vom 29. märz 2006 – 10 b 1908/05.ne –, juris, rn. 11 f. 49die festsetzungen unter nr. 2.2 finden ihre rechtsgrundlage auch nicht in § 89 abs. 1 nr. 1 und abs. 3 satz 1 bauo nrw. 50das bauordnungsrecht lässt danach festsetzungen in bebauungsplänen nur als besondere anforderungen an die äußere gestaltung baulicher anlagen zur erhaltung und gestaltung von ortsbildern zu. darum geht es hier nicht. 51die festsetzungen unter nr. 2.2 betreffen nicht die äußere gestalt des jeweils obersten geschosses oder des gesamten gebäudes, sondern begrenzen die zahl der geschosse, die keine vollgeschosse sind, und bestimmen insbesondere das flächenmaß des jeweils obersten geschosses im verhältnis zu dem flächenmaß des darunterliegenden geschosses. 52dem landesgesetzgeber ist die regelung des bauordnungsrechts vorbehalten. hierzu zählt nicht bloß die abwehr von gefahren, die der allgemeinheit oder dem einzelnen von baulichen anlagen drohen. das bauordnungsrecht darf, soweit dies im rahmen einer inhalts- und schrankenbestimmung im sinne des art. 14 abs. 1 satz 2 gg zulässig ist, auch zur wahrung ästhetischer belange nutzbar gemacht werden. dies schließt neben der abwehr von verunstaltungen eine positive gestaltungspflege ein. den gemeinden ist es auf landesrechtlicher grundlage unbenommen, über die äußere gestaltung einzelner baulicher anlagen das örtliche erscheinungsbild insgesamt zu beeinflussen, etwa durch vorschriften, die es ermöglichen, ein orts- oder straßenbild je nach den gestalterischen vorstellungen der jeweiligen gemeinde zu erhalten oder umzugestalten. regelungen, die der gesetzgebungskompetenz der länder entzogen sind, können dagegen nicht gegenstand örtlicher bauvorschriften sein. dies gilt auch im bereich der konkurrierenden gesetzgebung, soweit der bundesgesetzgeber von seiner kompetenz verfassungsgemäßen gebrauch gemacht hat (art. 72 gg). hierzu gehört beispielsweise das bodenrecht im sinne des art. 74 abs. 1 nr. 18 gg, das der bundesgesetzgeber insbesondere im baugesetzbuch kodifiziert hat. dieses gesetz regelt die rechtlichen beziehungen zum grund und boden und bestimmt, in welcher weise der jeweilige eigentümer sein grundstück nutzen darf. nicht zuletzt über die vorschriften, die die art und das maß der baulichen nutzung, die bauweise und die überbaubare grundstücksfläche betreffen, leistet auch das städtebaurecht als teil des bodenrechts einen beitrag zur gestaltung des ortsbildes (§ 1 abs. 5 satz 2, § 34 abs. 1 satz 2 und § 35 abs. 3 baugb). das städtebauliche instrumentarium reicht unter diesem blickwinkel indes nur soweit, wie das baugesetzbuch entsprechende gestaltungsmöglichkeiten eröffnet. zur bodenrechtlichen gestaltung des ortsbildes steht der gemeinde der in § 9 abs. 1 baugb abschließend umschriebene festsetzungskatalog zur verfügung. gestaltungsvorschriften, die hierüber hinausgehen, ohne den grund und boden unmittelbar zum gegenstand rechtlicher ordnung zu haben, stehen dem landesrechtlichen bauordnungsrecht offen. 53vgl. bverwg, beschluss vom 10. juli 1997 – 4 nb 15.97 –, juris, rn. 3. 54ausgehend von diesen grundsätzen hat der senat keine zweifel, dass die regelungen in den textlichen festsetzungen unter nr. 2.2 bodenrechtlicher natur sind und ihrem sachlichen gehalt nach nicht dem bauordnungsrecht zugeordnet werden können. 55dafür, dass dies auch der rat so gesehen hat, spricht bereits, dass die festsetzungen auf der planurkunde bei den regelungen zum maß der baulichen nutzung stehen. auch nach der planbegründung steht außer frage, dass die besagten festsetzungen bodenrechtlichen charakter haben. auf seite 104 f. sind sie dort unter 4.7.2 „geschossflächenzahl (gfz), oberste geschosse“ erläutert und danach durch den wunsch motiviert, das im städtebaulichen wettbewerb prämierte konzept, das dem bebauungsplan zugrunde liegt, umzusetzen. das konzept sehe aus „städtebaulichen gründen“ oberste geschosse vor, die abhängig von der jeweiligen „städtebaulichen situation“ von den außenwänden der darunter liegenden geschosse ganz oder in teilen zurücksprängen. insoweit verfolge der bebauungsplan das ziel, nach der änderung des begriffs des vollgeschosses in der bauordnung nordrhein-westfalen, die art und den umfang der obersten geschosse, die keine vollgeschosse seien, eindeutig zu bestimmen und deren grundflächen bei der berechnung der gfz zu berücksichtigen. so solle die „städtebauliche struktur“ dem ergebnis des städtebaulichen wettbewerbs entsprechend ermöglicht und gestalterisch gesichert sowie die geschossfläche im plangebiet gesteuert beziehungsweise begrenzt werden. dazu heißt es in der planbegründung unter anderem, dass die festgesetzten rücksprünge der außenwände des jeweiligen obersten geschosses von den außenwänden des jeweils darunter liegenden geschosses „auf die städtebauliche situation“ bezug nähmen, um die neue bebauung in den bestand einzubinden, verträgliche übergänge zu schaffen und gut nutzbare terrassen für die wohnungen in den obersten geschossen zu ermöglichen. weiter ist die rede von der sicherung der art der bebauung und des sich hierdurch ergebenden räumlichen gefüges in den geplanten wohnstraßen. 56auch nach dem verlauf des aufstellungsverfahrens und dem inhalt der planbegründung ist offenkundig, dass der rat, nachdem er erkannt hatte, dass weder das baugesetzbuch noch die baunutzungsverordnung eine ermächtigungsgrundlage für die in rede stehenden festsetzungen bieten, versucht hat, im gewande bauordnungsrechtlicher gestaltungsvorschriften bodenrechtliche regelungen zu treffen. dies folgt nicht nur aus der zitierten planbegründung und daraus, dass er die bauordnungsrechtliche ermächtigungsgrundlage nachträglich in den abschnitt der auf der planurkunde aufgedruckten textlichen festsetzungen eingefügt hat, der das maß der baulichen nutzung betrifft, sondern auch daraus, dass die eigentlichen gestalterischen festsetzungen unter anderem zur dachgestaltung auf der planurkunde in einem eigenen abschnitt stehen und in der planbegründung ausdrücklich als solche auf den seiten 183 ff. erläutert sind. 57ohne erfolg verweist die antragsgegnerin demgegenüber auf einzelne formulierungen in der plangebegründung, in denen von „gestalterisch zu sichern“ oder von „mit den obersten geschossen beabsichtigten architektonischen qualitäten“ die rede ist. einzelne gestalterische aspekte, die mit den textlichen festsetzungen unter nr. 2.2 im ergebnis verbunden sein mögen, lassen den wie oben aufgezeigt eigentlichen bodenrechtlichen bezug dieser festsetzungen nicht entfallen. wie bereits das bundesverwaltungsgericht in dem zitierten beschluss ausgeführt hat, kann auch das städtebaurecht einen gewissen beitrag zur gestaltung des ortsbildes leisten. 58jedenfalls die unwirksamkeit der textlichen festsetzungen unter nr. 2.2 führt zur unwirksamkeit des bebauungsplans insgesamt. 59die unwirksamkeit einzelner festsetzungen eines bebauungsplans führt nur dann nicht zu seiner unwirksamkeit insgesamt, wenn die übrigen festsetzungen für sich betrachtet noch eine den anforderungen des § 1 baugb gerecht werdende sinnvolle städtebauliche ordnung bewirken können und wenn zusätzlich der rat nach seinem im planverfahren zum ausdruck gekommenen willen im zweifel auch einen bebauungsplan dieses eingeschränkten inhalts beschlossen hätte. 60vgl. bverwg, beschluss vom 29. märz 1993 – 4 bn 10.91 –, brs 55 nr. 30. 61zwar mag der bebauungsplan auch ohne die festsetzungen unter nr. 2.2 noch eine städtebauliche ordnung bewirken, doch lässt sich nicht feststellen, dass der rat einen bebauungsplan auch ohne sie beschlossen hätte. sie gehören zu den grundzügen der planung, was letztlich auch die ausführungen der antragsgegnerin im normenkontrollverfahren zur umsetzung des ergebnisses des städtebaulichen wettbewerbs bestätigen. 62im übrigen merkt der senat für ein etwaiges heilungsverfahren an: 63zweifelhaft erscheint bereits, ob die festsetzung nr. 9.1 wirksam ist, soweit dort allgemein von technischen vorkehrungen die rede ist, die entsprechend der jeweils bei einreichung des bauantrags als technische baubestimmung dann gültigen baurechtlich eingeführten fassung der din 4109 vorzusehen sind. 64soweit mit dieser festsetzungen künftige fassungen der din 4109 zum geltenden satzungsrecht erhoben werden sollen, bestehen nicht nur unter dem gesichtspunkt rechtsstaatlicher publizität von normen bedenken. weder der rat noch ein normadressat weiß oder kann erkennen, welche technischen vorkehrungen künftig einmal von dieser festsetzung erfasst sein könnten. 65die festsetzung nr. 9.3.1 zur höhe der lärmschutzwand zum schutz der wohnnutzung im südlichen baufenster des wa 5 ist nicht unbestimmt, obwohl der rat lediglich ihre mindesthöhe festgesetzt hat. der senat hält hierzu an seinen ausführungen im beschluss vom 25. juni 2020 – 10 b 519/20.ne – im wesentlichen fest. soweit das fehlen einer festsetzung zur maximal zulässigen höhe theoretisch die errichtung einer lärmschutzwand zulässt, deren höhe die festgesetzte mindesthöhe von 6,0 m deutlich übersteigt, ist dies bei näherer betrachtung kein aspekt der bestimmtheit, sondern betrifft die abwägung, weil eine überschreitung der mindesthöhe die nutzung der angrenzenden grundstücke, etwa durch schattenwurf, stärker negativ beeinflussen könnte. allerdings ist mit einer solchen deutlich höheren lärmschutzwand bei realistischer betrachtung tatsächlich nicht zu rechnen, denn die errichtung von lärmschutzwänden verursacht abhängig von ihrer höhe und länge erhebliche kosten, sodass es ausgeschlossen erscheint, dass hier die künftige lärmschutzwand die für den lärmschutz gebotene mindesthöhe wesentlich überschreiten wird. auch die bedenken hinsichtlich der bestimmtheit des höhenverlaufs der lärmschutzwand zwischen den in der planurkunde dargestellten punkten c und d teilt der senat nicht. anhand der jeweils festgesetzten mindesthöhen für den anfangs- und den endpunkt des fraglichen wandabschnitts und unter berücksichtigung der beschreibung in der textlichen festsetzung nr. 9.3.1, wonach der wandabschnitt von der festgelegten mindesthöhe auf die geplante geländehöhe „abfallen“ muss, lässt sich der höhenverlauf der lärmschutzwand in diesem wandabschnitt noch hinreichend klar abschätzen, zumal die planung und ausführung der übrigen bebauung nicht unmittelbar von dem genauen höhenverlauf abhängig sind. die festlegung des konkreten neigungswinkels oder der konkreten neigungswinkel der oberkante des wandabschnitts bei einer gestuften gestaltung kann insoweit der baugenehmigung vorbehalten bleiben, zumal das schalltechnische gutachten, auf dessen vorschlag die festsetzung der lärmschutzwand zurückzuführen ist, davon ausgeht, dass die wand in dem fraglichen bereich linear abfällt. gleichwohl ist der antragsgegnerin anzuraten, bei einer eventuellen heilung der aufgezeigten fehler des bebauungsplans auch die festsetzungen zu der lärmschutzwand nochmals in den blick zu nehmen. 66die auf § 9 abs. 2 baugb gestützte textliche festsetzung nr. 9.3.2 dürfte hinreichend bestimmt sein, weil sich deren inhalt – wie der senat ebenfalls in dem zitierten eilbeschluss ausgeführt hat – ohne weiteres im wege der auslegung ermitteln lässt. soweit in der festsetzung von dem östlichen gebäude des wa 1.2 und von den darin nach osten ausgerichteten aufenthaltsräumen die rede ist, kann nach der lage der festgesetzten baufenster im wa 1.2 und des angrenzenden mischgebiets sowie der als auslegungshilfe heranzuziehenden begründung des bebauungsplans und des dort ausdrücklich in bezug genommenen schalltechnischen gutachtens nicht zweifelhaft sein, dass insoweit die bebauung im östlichen baufenster des wa 1.2 und die aufenthaltsräume mit fenstern in der den lärmquellen auf dem grundstück des antragstellers zugewandten östlichen fassade des geplanten baukörpers gemeint sind. entsprechendes gilt für die ebenfalls noch hinreichend klare formulierung: „bebauung, entlang der südost- und südwestseite der überbaubaren grundstücksfläche, die parallel zur h.‑straße liegt“. bei sachbezogener betrachtung erschließt sich, dass damit – wie die antragsgegnerin dargelegt hat – der straßenseitige riegel des l-förmigen baufeldes im festgesetzten mischgebiet angesprochen ist. 67auch die kritik, dass die festsetzungen unter nr. 9.5 zu abweichungen von dem lärmschutzkonzept widersprüchlich und unbestimmt seien, überzeugt nicht. 68der antragsteller wendet sich gegen die textliche festsetzung nr. 9.5 abs. 2, wonach von den lärmschutzfestsetzungen in nr. 9.4 sätze 1 und 2 abgewichen werden kann, wenn sichergestellt und durch sachverständige für schallschutz nachgewiesen wird, dass in den unter nr. 9.4 definierten bereichen keine immissionsorte im sinne der ta lärm entstehen. nach der planbegründung soll die regelung die spätere berücksichtigung etwaiger neuer bautechnischer entwicklungen ermöglichen. die antragsgegnerin versteht die festsetzung dementsprechend so, dass für bauliche konstruktionen an einer fassade, die bei einer beurteilung nach der ta lärm nicht die voraussetzungen für die annahme eines dort gelegenen immissionsortes erfüllten, eine ausnahme in betracht kommen solle. deshalb trifft der einwand, diese festsetzung sei widersprüchlich, weil sie die nach nr. 9.4 der textlichen festsetzungen ausgeschlossenen fenster, die geöffnet werden könnten, wieder zulasse, so nicht zu. 69die textliche festsetzung nr. 9.5 abs. 3, wonach von den lärmschutzfestsetzungen in nr. 9.4. abs. 2 insoweit abgewichen werden kann, als ausnahmsweise fenster, die sich öffnen lassen, und sonstige öffnungen in büroräumen und sonstigen schutzbedürftigen arbeitsräumen zugelassen werden können, wenn in der für das gebäude erteilten baugenehmigung verbindliche nebenbestimmungen einen für gesunde arbeitsverhältnisse ausreichenden schallschutz sicherstellen, dürfte wirksam sein. 70die regelung basiert auf der annahme, dass dort der maßgebliche immissionsrichtwert für mischgebiete nach den gutachterlichen feststellungen tagsüber eingehalten wird. vor diesem hintergrund will der rat lediglich für räume, in denen nutzungen stattfinden sollen, die keinen erhöhten schutz für die nachtzeit benötigen, den einbau von fenstern, die geöffnet werden können, und von sonstigen öffnungen als eine ausnahme etwa als ergebnis einer sonderfallprüfung entsprechend nr. 3.2.2 der ta lärm ermöglichen. 71der einwand des antragstellers, die ta lärm sei als normative konkretisierung des gesetzlichen maßstabs für die schädlichkeit von geräuschen insoweit abschließend, als sie bestimmten gebietsarten und tageszeiten entsprechend der daraus abgeleiteten schutzbedürftigkeit der in dem jeweiligen gebiet zulässigen nutzungen bestimmte immissionsrichtwerte zuweise und das verfahren zur ermittlung und beurteilung der in dem gebiet zu erwartenden geräuschimmissionen vorschreibe, überzeugt nicht. weist der bauherr in einem konkreten genehmigungsverfahren nach, dass der aus der ta lärm abgeleitete schutzanspruch der zur genehmigung gestellten nutzung gewährleistet ist, weil diese nutzung zu der allein kritischen nachtzeit gar nicht stattfindet, ist die erteilung einer entsprechenden baugenehmigung auf der grundlage der ausnahmeregelung nicht zu beanstanden. 72das von dem antragsteller insoweit zitierte urteil des ovg nrw vom 30. januar 2018 – 2 d 102/14.ne –, juris, rn. 188 ff., betrifft eine andere fallgestaltung. im übrigen heißt es in dem zitierten urteil unter rn. 201, dass es eine andere frage sei, ob insbesondere für büroräume im einzelfall eine sonderfallprüfung nach nr. 3.2.2 angezeigt sein und dabei festgestellt werden könne, dass sie auch nachts nur den ihnen für die tagzeit zukommenden schutzanspruch hätten. 73vgl. auch kuchler, immissionsschutzrechtlicher schutzanspruch von büroräumen zur nachtzeit, jurispr-umwr 5/2019, anm. 3 m.w.n. 74der bebauungsplan beruht wohl auch nicht auf beachtlichen fehlern bei der nach § 1 abs. 7 baugb gebotenen abwägung. 75gemäß § 1 abs. 7 baugb sind die öffentlichen und privaten belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen. das abwägungsgebot umfasst als verfahrensnorm das gebot zur ermittlung und bewertung des abwägungsmaterials (§ 2 abs. 3 baugb) und stellt inhaltlich anforderungen an den abwägungsvorgang und an das abwägungsergebnis. es ist verletzt, wenn eine sachgerechte abwägung überhaupt nicht stattfindet, wenn in die abwägung belange nicht eingestellt werden, die nach lage der dinge hätten eingestellt werden müssen, wenn die bedeutung der betroffenen belange verkannt oder wenn der ausgleich zwischen den von der planung berührten belangen in einer weise vorgenommen wird, die zur objektiven gewichtigkeit einzelner belange außer verhältnis steht. innerhalb des so gezogenen rahmens ist dem abwägungserfordernis genügt, wenn sich die zur planung berufene gemeinde im widerstreit verschiedener belange für die bevorzugung des einen und damit notwendigerweise für die zurückstellung des anderen belangs entscheidet. 76vgl. ovg nrw, urteil vom 22. september 2015 – 10 d 82/13.ne –, juris, rn. 30. 77der von dem antragsteller geltend gemachte abwägungsmangel im hinblick auf eine unzureichende ermittlung möglicher gewerbelärmimmissionen im plangebiet erscheint unter berücksichtigung der konkreten umstände der planung fernliegend. der antragsteller macht geltend, der rat habe nicht berücksichtigt, dass zu den immissionen aus dem gewerbegebiet auch solche aus dem mischgebiet hinzutreten könnten. der senat teilt die einschätzung der antragsgegnerin, dass der im festgesetzten mischgebiet künftig zulässigerweise erzeugte gewerbelärm eine erhöhung der lärmimmissionswerte in den angrenzenden wohngebieten vermutlich nicht bewirken wird. im zeitpunkt des satzungsbeschlusses hatte der rat keinerlei konkrete kenntnisse über künftige gewerbliche nutzungen im mischgebiet. solche künftigen nutzungen müssen entsprechend der festgesetzten gebietsart wohnverträglich sein. sollten bei der geplanten ansiedlung eines gewerbebetriebs etwa wegen einer zusammenrechnung des mit dem betrieb verbundenen lärms und des aus dem gewerbegebiet stammenden lärms insoweit zweifel aufkommen, könnte ein etwaig zu erwartender immissionsschutzrechtlicher konflikt im baugenehmigungsverfahren gelöst werden. dass dies nicht möglich sein könnte, vermag der senat nicht zu erkennen. 78im übrigen macht der antragsteller zu unrecht geltend, der rat habe nicht berücksichtigt, dass den gewerbebetrieben auf seinem grundstück die möglichkeit genommen werde, lärmtechnische optimierungen der betriebsabläufe vorzunehmen, um gegebenenfalls die von dort ausgehende immissionsbelastung für die wohnbebauung südlich der h.‑straße zu verringern. es bestehen nach dem bisherigen sach- und streitstand, nachdem der betrieb offenbar mehrere jahrzehnte ohne beanstandungen geblieben ist, schon keine anhaltspunkte für die geltend gemachte gefahr betriebseinschränkender anordnungen wegen der auf den angesprochenen wohngrundstücken verursachten immissionen. im übrigen hält der senat die verlagerung betrieblicher tätigkeiten auf dem grundstück des antragstellers aus den bereits in der antragserwiderung dargelegten erwägungen für vage und unrealistisch, sodass sie bei der abwägungsentscheidung nicht berücksichtigt zu werden brauchten. 79die kostenentscheidung beruht auf § 154 abs. 1 vwgo. 80die entscheidung zur vorläufigen vollstreckbarkeit stützt sich auf § 167 vwgo in verbindung mit den §§ 708 nr. 10, 711 zpo. 81die revision ist nicht zuzulassen, da die voraussetzungen des § 132 abs. 2 vwgo nicht vorliegen.
Klaeger*in
1
167,574
S 37 R 215/14 WA
2015-02-23T00:00:00
Urteil
Tenor Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. 1Tatbestand: 2Die Beteiligten streiten darüber, ob dem Kläger in seiner Beschäftigung als Syndikusanwalt bei der Beigeladenen zu 2) ein Anspruch auf Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) zusteht. Der am geborene Kläger ist seit dem 06.02.2000 als Rechtsanwalt zugelassen und ab diesem Zeitpunkt Pflichtmitglied in der Rechtsanwaltskammer Köln und des Versorgungswerks der Rechtsanwälte im Lande Nordrhein-Westfalen (Beigeladene zu 1). In dem bei der Beklagten geführten Versicherungsverlauf des Klägers sind gegenwärtig 202 Monate Beitragszeiten und 93 Monate Anrechnungszeiten (insgesamt 295 Monate) gespeichert. Erstmals beantragte der Kläger mit Schreiben vom 16.02.2000 die Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung. Zu diesem Zeitpunkt befand er sich in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis bei der Gerling Versicherungsgruppe. Mit Bescheid vom 25.04.2000 wurde der Kläger mit Wirkung zum 10.02.2000 im Bezug auf eine Tätigkeit als "Rechtsanwalt" und in Anbetracht seiner Pflichtmitgliedschaft bei der Beigeladenen zu 1) von der Rentenversicherungspflicht befreit. Der Bescheid vom 25.04.2000 enthält folgende Hinweise: "Die Befreiung wirkt erst ab Beginn der Pflichtmitgliedschaft in der Versorgungseinrichtung und der Berufskammer. Die Befreiung gilt für die Dauer der Pflichtmitgliedschaft und einer daran anschließenden freiwilligen Mitgliedschaft in der Versorgungseinrichtung unter Beibehaltung der Pflichtmitgliedschaft in der jeweiligen Berufskammer, soweit Versorgungsabgaben in gleicher Höhe geleistet werden, wie ohne die Befreiung Beiträge zur Rentenversicherung der Angestellten zu zahlen wären. Die Wirkung der Befreiung ist grundsätzlich auf die jeweilige berufsständische Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit beschränkt. Die Befreiung erstreckt sich, sofern die Pflichtmitgliedschaft in der Berufskammer weiterhin besteht, auch auf andere nicht berufsständische versicherungspflichtige Beschäftigungen oder Tätigkeiten, wenn diese infolge ihrer Eigenart oder vertraglich im Voraus zeitlich begrenzt sind und sie insoweit satzungsgemäß verpflichtet ist, einkommensbezogene Beiträge zur Versorgungseinrichtung zu zahlen. ( ) Die Befreiung endet erst mit der förmlichen Aufhebung durch die BfA. ( ) Falls Sie inzwischen ihren Arbeitgeber gewechselt haben, bitten wir den früheren (vorherigen) Arbeitgeber von der Befreiung zu verständigen." Zum 01.04.2012 nahm der Kläger eine abhängige Beschäftigung als "Abteilungsleiter Kraftfahrtschaden" bei der Provinzial Rheinland Versicherung AG (Beigeladene zu 2) auf. Am 17.04.2012 beantragte er in Bezug auf seine am 01.04.2012 bei der Beigeladenen zu 2) aufgenommene Beschäftigung eine Befreiung von der Rentenversicherungspflicht nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI. Die Beigeladene zu 2) bescheinigte ihm in einer an die Rechtsanwaltskammer Köln adressierten Aufgabenbeschreibung vom 11.04.2012, dass er als Abteilungsleiter Kraftfahrtschaden als Syndikus-Anwalt beschäftigt sei und im Rahmen der Aufgabenerfüllung dort rechtsberatend, rechtsgestaltend, rechtsentscheidend und rechtsvermittelnd tätig werde. Mit Bescheid vom 03.07.2012 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers auf Befreiung von der Sozialversicherungspflicht zur gesetzlichen Rentenversicherung ab, da die gesetzlichen Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI nicht vorlägen. Der Kläger sei bei seinem jetzigen Arbeitgeber nicht anwaltlich beschäftigt. Von einer anwaltlichen Beschäftigung sei nur auszugehen, wenn durch den Kläger die Aufgabenfelder Rechtsberatung, Rechtsentscheidung, Rechtsgestaltung und Rechtsvermittlung kumulativ wahrgenommen würden. Diese Voraussetzungen lägen beim Kläger nicht vor. Aus der Aufgabenbeschreibung folge bereits, dass die Tätigkeit nicht zwingend eine Qualifikation als Volljurist voraussetze. Bereits hiernach könne es sich nicht um eine anwaltliche Tätigkeit handeln. Auch seien auf Grund der beschriebenen Aufgaben die Merkmale der Rechtsentscheidung und Rechtsgestaltung nicht in hinreichendem Maße gegeben. Gegen diesen Bescheid legte der Kläger mit Schreiben vom 23.07.2012 Widerspruch ein. Er behauptete, sowohl rechtsgestaltend als auch rechtsentscheidend tätig zu werden. Überdies habe er bereits vor seiner Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 2) eine seiner jetzigen Tätigkeit vergleichbare Aufgabe in der Versicherungswirtschaft ausgeübt, die die Befreiung von der Rentenversicherungspflicht gerechtfertigt hätte. Schon aus Gründen der Kontinuität der Altersversorgung sei eine Fortsetzung seiner seit über 12 Jahren bestehenden Befreiung von der Rentenversicherungspflicht geboten. Ein Wechsel zurück in das Regelwerk der gesetzlichen Rentenversicherung sei unzumutbar. Ergänzend fügte er mit anwaltlichem Schriftsatz vom 11.11.2012 an, dass der Bescheid bereits formell rechtswidrig sei. Die mit Bescheid vom 25.04.2000 ausgesprochene Befreiung gelte fort. Eine Aufhebung im Sinne des § 48 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) sei nicht erfolgt. Mit Widerspruchsbescheid vom 14.02.2013 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers unter Vertiefung ihrer Ausführungen aus dem Bescheid vom 03.07.2012 als unbegründet zurück. Ergänzend führte die Beklagte aus, dass es einer Aufhebung des Befreiungsbescheides vom 25.04.2000 nicht bedürfe. Die vom Rentenversicherungsträger ausgesprochene Befreiung ende entweder mit der von der Entscheidung des Rentenversicherungsträgers ausdrücklich erfassten Tätigkeit und müsse in diesem Fall für eine weitere Tätigkeit erneut beantragt und ausgesprochen werden oder mit der Aufhebung der Befreiungsentscheidung seitens des Rentenversicherungsträgers. Einer Aufhebung des ursprünglichen Bescheides nach § 48 SGB X auf Grund der neuen Ausübung einer Beschäftigung bedürfe es nicht, da dieser Sachverhalt keine wesentliche Änderung in den Verhältnissen beinhalte, wie dies § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X erfordere. Am 14.03.2013 hat der Kläger vor dem Sozialgericht Köln Klage erhoben. Er nimmt auf sein bisheriges Vorbringen Bezug und führt ergänzend aus, dass ein Arbeitskollege, der ebenfalls bei der Beigeladenen zu 2) beschäftigt sei, in gleicher Funktion mit der gleichen Tätigkeitsbeschreibung seitens der Beklagten befreit worden sei. Ihm sei Vertrauensschutz im Sinne der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) vom 03.04.2014 (Az.: B 5 RE 13/14 R) zu gewähren. Der Kläger beantragt, unter Aufhebung des Bescheides vom 03.07.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.02.2013 die Beklagte zu verpflichten, ihn ab dem 01.04.2012 von der Versicherungspflicht zur gesetzlichen Rentenversicherung nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI zu befreien. Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. Sie verweist darauf, dass es nach der Rechtsprechung des BSG vom 03.04.2014 (Az.: B 5 RE 13/14 R u.a.) auf die von der Rechtspraxis entwickelte Viel-Kriterien-Theorie nicht (mehr) ankomme. Die Beschäftigung als Abteilungsleiter Kraftfahrtschaden bei der Beigeladenen zu 2) führe nicht zu einer Pflichtmitgliedschaft in der berufsständischen Kammer und in der berufsständischen Versorgungseinrichtung. Eine Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherung sei damit ausgeschlossen. Eine Verwaltungspraxis der Beklagten in der Vergangenheit, nach der in weiterem Umfang Befreiungen von der Rentenversicherungspflicht erteilt worden sind, könne keinen Anspruch des Klägers auf eine Befreiung von der Rentenversicherungspflicht begründen. Eine Selbstbindung der Verwaltung durch und an eine ständige Verwaltungspraxis könne es mangels Entscheidungsspielraums nicht geben. Die ursprünglich mit Bescheid vom 25.04.2000 ausgesprochene Befreiung könne sich nicht auf das streitgegenständliche Beschäftigungsverhältnis erstrecken. Nach der Rechtsprechung des BSG vom 31.10.2012 (Az.: B 12 R 3/11 R) sei eine Befreiung stets auf die ganz konkret ausgeübte Tätigkeit bei einem bestimmten Arbeitgeber beschränkt. Mit dem Wechsel des Arbeitgebers oder der Tätigkeit ende sie. Auch könne zu Gunsten des Klägers das von der Beklagten in Umsetzung der Rechtsprechung des BSG vom 03.04.2014 entwickelte Eckpunktepapier eine Beitragspflicht nicht verhindern. Mit Beschluss vom 28.06.2013 hat die Kammer das Verfahren in Anbetracht anhängiger Revisionsverfahren ruhend gestellt. Auf Betreiben der Klägerseite wurde das Verfahren zum 13.02.2014 wieder aufgenommen. Mit Beschluss vom 13.01.2015 erfolgten die Beiladungen der Beigeladenen zu 1) und 2). Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des übrigen Vorbringens der Beteiligten wird auf den weiteren Inhalt der Gerichts- und Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen. Diese sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen. 3Entscheidungsgründe: 4Die zulässige Klage ist unbegründet. Der angefochtene Bescheid vom 03.07.2012 (in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14.02.2013, § 95 SGG) ist im Ergebnis rechtmäßig und beschwert den Kläger nicht, § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung für die bei der Beigeladenen zu 2) ausgeübte Beschäftigung, § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI. Nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI werden von der Versicherungspflicht befreit Beschäftigte und selbständig Tätige für die Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit, wegen der sie aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglied einer öffentlich-rechtlichen Versicherungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe (berufsständische Versorgungseinrichtung) und zugleich kraft gesetzlicher Verpflichtung Mitglied einer berufsständischen Kammer sind, wenn a) am jeweiligen Ort der Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit für ihre Berufsgruppe bereits vor dem 1.1.1995 eine gesetzliche Verpflichtung zur Mitgliedschaft in der berufsständischen Kammer bestanden hat, b) für sie nach näherer Maßgabe der Satzung einkommensbezogene Beiträge unter Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze zur berufsständischen Versorgungseinrichtung zu zahlen sind und c) aufgrund dieser Beiträge Leistungen für den Fall verminderter Erwerbsfähigkeit und des Alters sowie für Hinterbliebene erbracht und angepasst werden, wobei auch die finanzielle Lage der berufsständischen Versorgungseinrichtung zu berücksichtigen ist. Nach Maßgabe dieser Voraussetzungen ist der Kläger für seine – sozialversicherungspflichtige (1.) - Beschäftigung bei der Beigeladenen zu 2) nicht von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI zu befreien (2.). Der Befreiungsbescheid vom 25.04.2000 wirkt sich auf die streitgegenständliche Versicherungspflicht nicht aus (3.). Nichts Anderes folgt aus dem Eckpunktepunktepapier der Beklagten ("Information zur Umsetzung der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts vom 03.04.2014") (4.). 1.) Der Kläger war abhängig beschäftigt, weil die konstituierenden Merkmale des entsprechenden sozialrechtlichen Anknüpfungssachverhalts (§ 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV) vorliegen. Hiernach erbrachte der Kläger bei der Beigeladenen zu 2) als Syndikus-Anwalt nichtselbständige Arbeit in einem Arbeitsverhältnis (§§ 611 ff. BGB). Aufgrund dieser entgeltlichen Beschäftigung war er (renten-)versicherungspflichtig (§ 1 Satz 1 Nr. 1 Halbs. 1 Alt. 1 SGB VI). Eine Versicherungsfreiheit wegen Geringfügigkeit (§ 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB VI i.V.m. § 8 Abs. 1 SGB IV) lag offensichtlich nicht vor. 2.) Der Befreiungstatbestand des § 6 Abs. 1 Satz 1 SGB VI liegt nicht vor. Der Kläger ist zwar verkammertes Mitglied einer berufsständischen Versorgungseinrichtung (a.). Zurückzuführen ist dies indes nicht auf die Beschäftigung des Klägers bei der Beigeladenen zu 2) (b.). a. Der Kläger ist ab dem 06.02.2000 durch die Rechtsanwaltskammer Köln zur Rechtsanwaltschaft zugelassen worden. Gemäß § 12 Abs. 3 BRAO ist der Kläger damit kraft gesetzlicher Verpflichtung (eo ipso) obligatorisches Pflichtmitglied der zulassenden Rechtsanwaltskammer (§ 60 Abs. 1 Satz 2 BRAO). Fehler im Zulassungsverfahren oder etwaige Verstöße gegen berufsrechtliche Pflichten lassen diese Pflichtmitgliedschaft unberührt (vgl. BSG, Urteil vom 03.04.2014, Az.: B 5 RE 3/14 R, B 5 RE 9/14 R, B 5 RE 13/14 R; Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 21.11.2014, Az.: L 14 R 694/13 u.a.; Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 05.11.2014, Az.: L 16 R 406/11). Der u.a. für die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft als Handlungsform vorgeschriebene Verwaltungsakt bleibt nach den damit einschlägigen allgemeinen Vorschriften des jeweiligen Verwaltungsverfahrensgesetzes (§§ 35 ff. VwVfG) wirksam, solange und soweit er nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt ist (§ 43 Abs. 2 VwVfG i.V.m. § 32 Abs. 1 Satz 1 BRAO). Seine rechtsgestaltenden Wirkungen sind damit auch von den mit der Durchführung der Sozialversicherung betrauten Behörden und den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit in der Weise zu beachten, dass die dort getroffenen Regelungen auch ihnen gegenüber als verbindlich anzusehen sind (sog. Tatbestandswirkung). Unter anderem ist deshalb unerheblich, ob der Kläger im Zulassungsverfahren Falschangaben gemacht hat, ob die gesetzlichen Voraussetzungen der Zulassung im Einzelnen vorgelegen haben und welche (Fehl-)Vorstellungen Amtswalter der RAK ggf. bei Erlass des Zulassungsverwaltungsaktes hatten. Die Sozialgerichtsbarkeit entscheidet rechtlich grundsätzlich - mit Ausnahme der Fälle der Nichtigkeit - nicht, wer seinem Status nach Rechtsanwalt ist (vgl. BSG, Urteil vom 03.04.2014, Az.: B 5 RE 3/14 R, B 5 RE 9/14 R, B 5 RE 13/14 R; Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 21.11.2014, Az.: L 14 R 694/13 u.a.; Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 05.11.2014, Az.: L 16 R 406/11). Der Kläger ist zugleich "aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglied einer öffentlich-rechtlichen Versicherungs- oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe (berufsständische Versorgungseinrichtung)" geworden. Die Beigeladene zu 1) ist als Versorgungswerk der Rechtsanwälte im Lande Nordrhein-Westfalen eine berufsständische Versorgungseinrichtung. Mit der Zulassung durch die RAK wurde der Kläger auf der Grundlage der einschlägigen versorgungs- und kammerrechtlichen Normen in § 2 Abs. 1 RAVG NW i.V.m. § 10 Nr. 2 der Satzung der Beigeladenen zu 1) ipso iure (ohne Erlass eines weiteren Verwaltungs- oder eines anderen konstitutiven Rechtsakts) zeitgleich obligatorisches Pflichtmitglied der Beigeladenen zu 1) und zugleich kraft gesetzlicher Verpflichtung Mitglied der Rechtsanwaltskammer (vgl. BSG, Urteil vom 03.04.2014, Az.: B 5 RE 3/14 R, B 5 RE 9/14 R, B 5 RE 13/14 R; Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 21.11.2014, Az.: L 14 R 694/13 u.a.; Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 05.11.2014, Az.: L 16 R 406/11). b. § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI gibt indessen versicherungspflichtig Beschäftigten, die gleichzeitig verkammerte Mitglieder einer berufsständischen Versorgungseinrichtung sind, einen Anspruch auf Befreiung von der Versicherungspflicht nur für die "Beschäftigung, wegen der" sie auf Grund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglied einer öffentlich-rechtlichen Versicherungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe (berufsständische Versorgungseinrichtung) und zugleich kraft gesetzlicher Verpflichtung Mitglied einer berufsständischen Kammer sind. Die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft ist weder im Blick auf eine "Beschäftigung" noch auf einen bestimmten Kreis anwaltlicher Betätigungen erfolgt, sondern mit der statusbegründenden Zulassung ist stets der volle Umfang anwaltlicher Berufsausübung eröffnet, der damit auch zur Mitgliedschaft in der berufsständischen Versorgungseinrichtung führt. Die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft wird nämlich unter den tatbestandlichen Voraussetzungen insbesondere der §§ 4 ff. BRAO unabhängig von einer bestimmten Tätigkeit im Wesentlichen personenbezogen und ohne zusätzliche Beschränkung für alle Betätigungen erteilt, die mit dem Beruf des Rechtsanwalts als unabhängiges Organ der Rechtspflege (§ 1 BRAO) und als berufener unabhängiger Berater und Vertreter in allen Rechtsangelegenheiten (§ 3 Abs. 1 BRAO) verbunden sind. Im Blick hierauf könnten bei einem strikt Wortlaut getreuen Normverständnis die tatbestandlichen Befreiungsvoraussetzungen bei Rechtsanwälten zumindest grundsätzlich nicht erfüllt werden. Die rentenrechtliche Funktion des § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI erlaubt und fordert jedoch zwingend ein den Gegebenheiten des anwaltlichen Berufs- und Versorgungsrechts angepasstes Verständnis des Tatbestandselements derselben Beschäftigung (" für die Beschäftigung, wegen der "), wenn und soweit es gerade in diesem Kontext Anwendung findet. Im vorliegenden Zusammenhang kann unter "derselben Beschäftigung" i.S. der Norm die "von der Beschäftigung erfasste Erwerbstätigkeit" verstanden werden (vgl. BSG, Urteil vom 03.04.2014, Az.: B 5 RE 3/14 R, B 5 RE 9/14 R, B 5 RE 13/14 R; Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 21.11.2014, Az.: L 14 R 694/13 u.a.; Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 05.11.2014, Az.: L 16 R 406/11). § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI betrifft die Koexistenz von jeweils aufgrund öffentlich-rechtlichen Zwangs angeordneten Versorgungen für die Fälle von verminderter Erwerbsfähigkeit, Alter und Tod (sog. "doppelte Pflichtmitgliedschaft"). Er überlässt es dem hiernach gesetzlich Ermächtigten, es nach jeweils eigener Willensentscheidung entweder durch Untätigkeit bei der Parallelität als gesetzlich stillschweigend angelegtem Regelfall zu belassen oder unter den gesetzlich im Einzelnen bestimmten Voraussetzungen durch einen hierauf gerichteten materiell-rechtlichen Antrag (§ 6 Abs. 2 SGB VI) sein Recht auf Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung unter Verbleib in der berufsständischen Versorgungseinrichtung geltend zu machen. Mit einem Gebrauchmachen von der gesetzlich eröffneten positiven Gestaltungsmöglichkeit kann im Ergebnis eine Doppelbelastung mit Beiträgen und eine mehrfache Absicherung vergleichbarer Risiken vermieden werden. Das Verständnis von § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI hat sich an dieser systemübergreifenden Koordinierungsfunktion zu orientieren und darf daher nicht bereits die Schnittmenge beider Bereiche allein nach Kriterien der gesetzlichen Rentenversicherung ("Beschäftigung") bestimmen, die für die Zugehörigkeit zu den berufsständischen Versorgungseinrichtungen grundsätzlich ohne Bedeutung sind (vgl. BSG, Urteil vom 03.04.2014, Az.: B 5 RE 3/14 R, B 5 RE 9/14 R, B 5 RE 13/14 R; Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 21.11.2014, Az.: L 14 R 694/13 u.a.; Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 05.11.2014, Az.: L 16 R 406/11). Maßgeblich für die Einbeziehung in die berufsständische Versorgung ist grundsätzlich nämlich weder die inhaltliche Beschränkung auf einzelne Verrichtungen innerhalb eines Berufsbildes noch die Form von deren Erbringung in persönlicher Abhängigkeit von einem Arbeitgeber, sondern der durch Zulassungsakt eröffnete Zugang zu einer Berufstätigkeit in ihrer Gesamtheit. Beide Sicherungsformen (gesetzliche Rentenversicherung und berufsständische Versorgung) stimmen jedoch - als Minus gegenüber der "Beschäftigung", die § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI auf beide Sicherungssysteme anzuwenden scheint - jedenfalls darin überein, dass sie inhaltlich jeweils an die Ausübung einer Erwerbstätigkeit anknüpfen und Schutz gegen die wirtschaftlichen Folgen gerade hiermit verbundener Risiken gewährleisten. Kommt daher in Betracht, dass ein und dieselbe Erwerbstätigkeit zur Versicherungspflicht in beiden Sicherungssystemen führt, ist bereits damit der Anwendungsbereich von § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI eröffnet und eine weitergehende Prüfung veranlasst (vgl. BSG, Urteil vom 03.04.2014, Az.: B 5 RE 3/14 R, B 5 RE 9/14 R, B 5 RE 13/14 R; Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 21.11.2014, Az.: L 14 R 694/13 u.a.; Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 05.11.2014, Az.: L 16 R 406/11). Der Kläger erfüllt die Voraussetzungen der in dieser Weise modifiziert verstandenen Norm nicht. Seine Erwerbstätigkeit bei der Beigeladenen zu 2) kann dem Berufsfeld des Rechtsanwalts von vornherein nicht zugeordnet werden. Seine anwaltliche Berufsausübung ist in der äußeren Form der Beschäftigung nicht möglich. Umgekehrt bedarf es mangels Tätigkeit in einer konkreten fremden Angelegenheit für die Erbringung von Rechtsdienstleistungen gegenüber einem Arbeitgeber keiner Zulassung zur Rechtsanwaltschaft (§ 2 Abs. 1, § 3 des Gesetzes über außergerichtliche Rechtsdienstleistungen - RDG). Die im Rahmen der Beschäftigung erbrachte Erwerbstätigkeit ist damit für seine Mitgliedschaft bei der Beigeladenen zu 1) und die hierdurch parallel zur gesetzlichen Rentenversicherung begründete öffentlich-rechtliche Sicherung ohne Bedeutung, sodass es bereits deshalb an der Grundvoraussetzung von § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI fehlt und sich eine weitergehende inhaltliche Prüfung erübrigt. Die erkennende Kammer kann dies ungeachtet der Tatbestandswirkung der Zulassung des Klägers zur Rechtsanwaltschaft selbst abschließend beurteilen. Entsprechende Status begründende Verwaltungsakte umfassen ihrem Regelungsgehalt nach nicht die Zuordnung einzelner Tätigkeiten und sind insofern im konkreten Zusammenhang notwendig der eigenständigen Auslegung und Anwendung bedürftig (vgl. BSG, Urteil vom 03.04.2014, Az.: B 5 RE 3/14 R, B 5 RE 9/14 R, B 5 RE 13/14 R; Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 21.11.2014, Az.: L 14 R 694/13 u.a.; Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 05.11.2014, Az.: L 16 R 406/11). Die Kammer legt ihrer Beurteilung der sozialrechtlichen (Vor-)Frage, ob eine Erwerbstätigkeit dem Bereich anwaltlicher Berufstätigkeit zugeordnet werden kann, obwohl sie im Rahmen einer Beschäftigung einem nichtanwaltlichen Arbeitgeber geschuldet ist, die ständige übereinstimmende Rechtsprechung des für das Berufsrecht der Rechtsanwälte zuständigen BGH, des BVerfG und des EuGH zugrunde (vgl. BSG, Urteil vom 03.04.2014, Az.: B 5 RE 3/14 R, B 5 RE 9/14 R, B 5 RE 13/14 R; Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 21.11.2014, Az.: L 14 R 694/13 u.a.; Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 05.11.2014, Az.: L 16 R 406/11). Hiernach ist unter einem "Syndikus" derjenige zu verstehen, der als ständiger Rechtsberater in einem festen Dienst- oder Anstellungsverhältnis bei einem bestimmten Arbeitgeber steht. Der "Syndikusanwalt" ist gleichzeitig als Rechtsanwalt zugelassen (vgl. BSG, Urteil vom 03.04.2014, Az.: B 5 RE 3/14 R, B 5 RE 9/14 R, B 5 RE 13/14 R unter Hinweis auf BGH, Urteil vom 25.02.1999, Az.: IX ZR 384/97). Inhaltlich entnimmt der BGH dem in §§ 1 bis 3 BRAO normierten Tätigkeitsbild des Rechtsanwalts in gefestigter Rechtsprechung und unter Berufung auf die Gesetzesmaterialien, dass der Syndikus in dieser Eigenschaft nicht als Rechtsanwalt tätig ist. Bereits in der Entscheidung vom 07.11.1960 (AnwZ (B) 4/60) heißt es insofern: "Der Syndikusanwalt hat eine Doppelstellung inne: Er ist einerseits Angestellter und andererseits Rechtsanwalt. Soweit es um das Anstellungsverhältnis geht, kann er allerdings seine Eigenschaft als Rechtsanwalt nicht abstreifen, aber diese Eigenschaft ändert nichts daran, daß das Arbeitsverhältnis von dem Prinzip der Über- und Unterordnung beherrscht wird. Die Bundesrechtsanwaltsordnung vermochte nicht in bestehende Arbeitsverträge einzugreifen und schreibt auch für nach ihrem Erlaß abgeschlossene Verträge keinen neuen Arbeitsvertragstypus vor, der den Syndikusanwalt und seinen Dienstherrn etwa gleichgeordnet stellt. Wenn man, wie das die Bundesrechtsanwaltsordnung getan hat, die Institution des Syndikusanwalts bejaht, muß man auch dem gerecht werden, daß der Syndikusanwalt zwei Arbeitsbereiche hat, nämlich einen arbeitsvertraglich gebundenen und einen als freier Anwalt. Die Amtliche Begründung (zu § 59 S. 77) sagt ganz mit Recht: Der Syndikusanwalt entspricht bei seiner Tätigkeit als Syndikus für seinen Dienstherrn nicht dem allgemeinen anwaltlichen Berufsbild, wie es in der Vorstellung der Allgemeinheit besteht. In das Berufsbild des Anwalts, das sich von ihm als einem unabhängigen Organ der Rechtspflege geformt hat, lässt sich nur die Tätigkeit einfügen, die der Syndikus als Anwalt außerhalb seines Dienstverhältnisses ausübt. Dagegen sind bei der Tätigkeit, die er als Syndikus für seinen Dienstherrn leistet, die typischen Wesensmerkmale der freien Berufsausübung, die das Bild des Anwalts bestimmen, nicht gegeben." Hieran wird – worauf das BSG in seinen Urteilen vom 03.04.2014 (Az.: B 5 RE 3/14 R, B 5 RE 9/14 R, B 5 RE 13/14 R) hinweist - im Rahmen einer kontinuierlichen Verweisungskette bis heute festgehalten (vgl. exemplarisch BGH Beschluss vom 25.4.1988 - AnwZ (B) 2/88 - BRAK-Mitt 1988, 271 f; Urteil vom 25.2.1999 - IX ZR 384/97 - BGHZ 141, 69, 71; Beschluss vom 13.3.2000 - AnwZ (B) 25/99 - NJW 2000, 1645; Beschluss vom 18.6.2001 - AnwZ (B) 41/00 - NJW 2001, 3130; Beschluss vom 4.11.2009 - AnwZ (B) 16/09 - NJW 2010, 377, 379 RdNr 17, insofern in BGHZ 183, 73 ff nicht abgedruckt; Beschluss vom 7.2.2011 - AnwZ (B) 20/10 - NJW 2011, 1517, 1518 RdNr 6; ebenso BAG Beschluss vom 19.3.1996 - 2 AZB 36/95 - BAGE 82, 239, 241). Im genannten Beschluss vom 07.02.2011 formuliert der BGH - unter ausdrücklicher Erweiterung dieser Rechtsprechung auf das Berufsbild des europäischen Rechtsanwalts (§ 2 Abs. 1 EuRAG) - aktuell wie folgt: "Nach gefestigter Rechtsprechung zu dem Tätigkeitsbild des Rechtsanwalts nach der Bundesrechtsanwaltsordnung wird derjenige, der als ständiger Rechtsberater in einem festen Dienst- oder Anstellungsverhältnis zu einem bestimmten Arbeitgeber steht (Syndikus), in dieser Eigenschaft nicht als Rechtsanwalt tätig (BVerfGE 87, 287; BGH, Beschluss vom 18. Juni 2001 - AnwZ (B) 41/00, NJW 2001, 3130; Beschluss vom 4. November 2009 - AnwZ (B) 16/09, NJW 2010, 377 Rn. 17). Die mit dem Dienst- oder Anstellungsverhältnis verbundenen Bindungen und Abhängigkeiten stehen nicht im Einklang mit dem in §§ 1 bis 3 BRAO normierten Berufsbild des Rechtsanwalts als freiem und unabhängigem Berater und Vertreter aller Rechtsuchenden. " (vgl. BSG, Urteil vom 03.04.2014, Az.: B 5 RE 3/14 R, B 5 RE 9/14 R, B 5 RE 13/14 R) u.a. auch unter Hinweis auf die diesbezügliche Rechtsprechung des BVerfG, Beschluss vom 04.11.1992, Az.: 1 BvR 79/85 u.a. und des EuGH, Urteil vom 14.09.2010, Az.: C-550/07 P). Damit ist insbesondere geklärt, dass ungeachtet im Einzelfall arbeitsrechtlich eröffneter Möglichkeiten, auch gegenüber dem Arbeitgeber sachlich selbständig und eigenverantwortlich zu handeln, allein die Eingliederung in die von diesem vorgegebene Arbeitsorganisation mit dem Berufsbild des Rechtsanwalts unvereinbar ist. Das für die Zulassung unverzichtbare Berufsbild des Rechtsanwalts kann sich damit nur daraus ergeben, dass der Syndikus rechtlich und tatsächlich in der Lage ist, neben (!) seiner Tätigkeit im Unternehmen Rechtsuchende als freier Anwalt zu beraten und zu vertreten. Der Syndikusanwalt ist Rechtsanwalt, nicht weil er Syndikus ist, sondern weil er sich aufgrund einer nur deshalb zu erteilenden Zulassung unabhängig hiervon und daneben gesondert als Rechtsanwalt betätigt. Beide Tätigkeiten sind grundsätzlich getrennt zu betrachten (vgl. BSG, Urteil vom 03.04.2014, Az.: B 5 RE 3/14 R, B 5 RE 9/14 R, B 5 RE 13/14 R; Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 21.11.2014, Az.: L 14 R 694/13 u.a.; Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 05.11.2014, Az.: L 16 R 406/11). Ausdrücklich hat das BSG in seinen Entscheidungen vom 03.04.2014 (Az.: B 5 RE 3/14 R, B 5 RE 9/14 R, B 5 RE 13/14 R) zudem klargestellt, dass eine abhängige Beschäftigung und eine daneben ausgeübte selbständige Tätigkeit als Rechtsanwalt nicht im Sinne einer einheitlichen Betrachtung "zusammenzuziehen" sind. Rechtlich ist auch unerheblich, ob die in Frage stehende Beschäftigung inhaltlich "Elemente" der anwaltlichen Berufstätigkeit aufweist. § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI fordert nach Normwortlaut und Funktion stets zusätzlich, dass die Tätigkeit, die zur Versicherungspflicht bei der berufsständischen Versorgungseinrichtung führt, gleichzeitig in der Form der Beschäftigung ausgeübt wird und Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung begründet. Ist dies - wie vorliegend für eine Tätigkeit als Rechtsanwalt bei einem nicht dem Standesrecht unterworfenen Arbeitgeber - von vornherein ausgeschlossen, sind mögliche Sachbezüge der ausgeübten Erwerbstätigkeit zum Berufsbild des Rechtsanwalts ohne rechtliche Bedeutung (vgl. BSG, Urteil vom 03.04.2014, Az.: B 5 RE 3/14 R, B 5 RE 9/14 R, B 5 RE 13/14 R; Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 21.11.2014, Az.: L 14 R 694/13 u.a.; Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 05.11.2014, Az.: L 16 R 406/11). Die tatbestandlichen Voraussetzungen von § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI können auch nicht dadurch umgangen werden, dass die sog. "Vier-Kriterien-Theorie" an Stelle des gesetzlichen Tatbestands gesetzt wird. Unterschiedliche Absicherungen in unterschiedlichen Systemen sind Konsequenz des Umstandes, dass synchron und diachron eine Vielzahl von Erwerbstätigkeiten betrieben werden kann, und deren hieran anknüpfende Absicherung nicht ihrerseits im Sinne eines einheitlichen Gesamtkonzepts durch zwingendes Recht koordiniert ist. Es gibt deshalb auch keinen Rechtssatz des Inhalts, dass stets nur die Zugehörigkeit zu einem einzigen Sicherungssystem in Betracht kommen könnte oder es ungeachtet einer Änderung der hierfür rechtlich maßgeblichen Umstände stets bei der einmal begründeten Zuständigkeit eines Systems zu verbleiben habe (vgl. BSG, Urteil vom 03.04.2014, Az.: B 5 RE 3/14 R, B 5 RE 9/14 R, B 5 RE 13/14 R; Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 21.11.2014, Az.: L 14 R 694/13 u.a.; Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 05.11.2014, Az.: L 16 R 406/11). Die gesetzlich geforderte positive Feststellung, dass dieselbe Erwerbstätigkeit, die die Mitgliedschaft in der berufsständischen Versorgungseinrichtung begründet hat, wegen ihrer Ausübung in der Form der Beschäftigung zugleich Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung begründet, kann erst recht nicht durch diejenige ersetzt werden, dass die in der Form der Beschäftigung ausgeübte Erwerbstätigkeit der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft nicht ursprünglich oder nachträglich entgegensteht (vgl. BSG, Urteil vom 03.04.2014, Az.: B 5 RE 3/14 R, B 5 RE 9/14 R, B 5 RE 13/14 R; Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 21.11.2014, Az.: L 14 R 694/13 u.a.; Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 05.11.2014, Az.: L 16 R 406/11). § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI ist zudem als abschließende Ausnahmeregelung einer weiten, erweiternden oder analogen Anwendung weder bedürftig noch fähig. Der Kläger gehört als abhängig Beschäftigter i.S. von § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV zum Kernbereich der typisiert Schutzbedürftigen und deshalb grundsätzlich in allen Zweigen der Sozialversicherung (vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 1 SGB IV) und insbesondere in der gesetzlichen Rentenversicherung (§ 1 Satz 1 Nr. 1 Halbs. 1 SGB VI) Zwangsversicherten. Diese einfachgesetzliche Leitentscheidung wird für den Personenkreis, dem der Kläger zugehört, auch nicht unmittelbar spezialgesetzlich modifiziert oder revoziert. Umstände, die - ihrerseits typisierend - trotz Ausübung einer Beschäftigung der Annahme der Schutzbedürftigkeit entgegenstehen und daher Anlass zu einer Tatbestandsreduktion geben könnten, sind gesetzlich nicht umschrieben. Die gesetzlichen Voraussetzungen einer Tatbestandsreduktion, die Anlass gegeben hätten, von vornherein von der Anordnung der Rechtsfolge Versicherungspflicht abzusehen (z.B. § 1 Satz 3 SGB VI) oder trotz Eröffnung des Anwendungsbereichs der Beschäftigtenversicherung ausnahmsweise unmittelbar kraft Gesetzes Versicherungsfreiheit anzuordnen (§ 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 – Nr. 3 SGB VI), sind erkennbar nicht erfüllt. Die vorliegend allein in Frage stehende Regelung des § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI gehört zu einem Kreis von Bestimmungen, die den betroffenen Pflichtversicherten unter den im Gesetz jeweils im Einzelnen umschriebenen Voraussetzungen nach eigenem "Entschließungsermessen" einen Anspruch auf eine konstitutive Befreiung von der Rentenversicherungspflicht durch einen gebundenen Verwaltungsakt des Rentenversicherungsträgers mit grundsätzlich auf die in Frage stehende Beschäftigung begrenzter Wirkung (§ 6 Abs. 5 SGB VI) gewähren, um nachfolgend allein im berufsständischen Versorgungswerk mit günstigeren Bedingungen zu verbleiben. Eine vollständige Entlassung aus der öffentlichen Sozialversicherung ist dagegen nicht möglich (vgl. BSG, Urteil vom 03.04.2014, Az.: B 5 RE 3/14 R, B 5 RE 9/14 R, B 5 RE 13/14 R unter Hinweis auf BVerfG, Beschluss vom 05.05.2008, Az.: 1 BvR 1060/05 u.a.). Ebenfalls ist § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI weder bevorzugt dazu bestimmt, den Interessen von Freiberuflern zu dienen, noch bezweckt er in besonderer Weise den Bestandsschutz berufsständischer Versorgungswerke. Im Rahmen seines positiven Anwendungsbereichs bestimmt § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI aus der Binnenperspektive der gesetzlichen Rentenversicherung einseitig, ob es bei der normativen Anordnung von Versicherungspflicht aus § 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI verbleibt oder ob hiervon ausnahmsweise wegen einer aus ihrer Sicht ausreichenden anderweitigen Absicherung abgesehen werden kann. Er kann schon deshalb keine "magna charta" der berufsständischen Versorgungseinrichtungen repräsentieren, die allenfalls im Sinne eines Rechtsreflexes betroffen sind (vgl. BSG, Urteil vom 03.04.2014, Az.: B 5 RE 3/14 R, B 5 RE 9/14 R, B 5 RE 13/14 R; Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 21.11.2014, Az.: L 14 R 694/13 u.a.; Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 05.11.2014, Az.: L 16 R 406/11). Das gefundene Ergebnis verstößt auch nicht gegen Verfassungsrecht. Die einschlägigen Fragen sind durch die Rechtsprechung des BVerfG geklärt (vgl. BSG, Urteil vom 03.04.2014, Az.: B 5 RE 3/14 R, B 5 RE 9/14 R, B 5 RE 13/14 R; Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 21.11.2014, Az.: L 14 R 694/13 u.a.; Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 05.11.2014, Az.: L 16 R 406/11). Die gesetzliche Rentenversicherung kennt unter Berücksichtigung dieser Vorgaben weder ein allgemeines Befreiungsrecht noch im Blick auf die gleichzeitige Absicherung in anderen Systemen einen allgemeinen Grundsatz der Vermeidung von "Doppelversicherungen". Auch gibt es von Verfassung wegen kein Wahlrecht zugunsten der jeweils günstigsten Versorgungsmöglichkeit (vgl. BSG, Urteil vom 03.04.2014, Az.: B 5 RE 3/14 R, B 5 RE 9/14 R, B 5 RE 13/14 R; Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 21.11.2014, Az.: L 14 R 694/13 u.a.; Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 05.11.2014, Az.: L 16 R 406/11). Auf eine vom Gesetz abweichende rechtswidrige Verwaltungspraxis der Beklagten kann sich der Kläger nicht berufen. Auch besteht keine Selbstbindung an eine rechtswidrige Verwaltungspraxis. Eine "Gleichheit im Unrecht" gibt es nicht. 3.) Die mit Bescheid vom 25.04.2000 mit Wirkung zum 10.02.2000 aufgrund seiner Tätigkeit als Rechtsanwalt und seiner Pflichtmitgliedschaft bei der Beigeladenen zu 1) erteilte Befreiung von der Rentenversicherungspflicht umfasst weder das Beschäftigungsverhältnis zur Beigeladenen zu 2) (a.), noch ist die frühere Befreiung hierauf zu erstrecken (b.). Ein Vertrauen darauf, dass der Bescheid vom 25.04.2000 auch das Beschäftigungsverhältnis bei der Beigeladenen zu 2) umfasst, ist rechtlich unerheblich (c.). a.) Nach der Rechtsprechung des BSG vom 31.10.2012 (Az.: B 12 R 3/11 R) erfolgt mit einer Befreiungsentscheidung keine umfassende Befreiung von der Versicherungspflicht auch für andere als die "jeweilig" ausgeübte Beschäftigung des Betroffenen, selbst wenn ursprüngliche und nachfolgende Erwerbstätigkeiten ähnlich sein mögen. Der Gesetzeswortlaut in § 6 Abs. 5 Satz 1 SGB VI definiert die Reichweite einer Befreiung von der Versicherungspflicht nicht über die konkreten inhaltlichen Merkmale der ausgeübten Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit, wie etwa Berufsbezeichnung, berufliche Qualifikation oder beruflichen Status. Vielmehr werden in § 6 Abs. 5 Satz 1 SGB VI ausschließlich die Rechtsbegriffe der Beschäftigung und der selbstständigen Tätigkeit verwendet. "Beschäftigung" wiederum wird in § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV als "nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis" definiert und in Abs. 1 Satz 2 der Regelung gekennzeichnet als Eingliederung in die Arbeitsorganisation eines (konkreten) Weisungsgebers (vgl. m.w.N. BSG, Urteil vom 31.10.2012, Az.: B 12 R 3/11 R). Bei der Beschäftigung des Klägers bei der Beigeladenen zu 2) handelt es sich vor diesem Hintergrund schon deshalb offensichtlich nicht um diejenige Beschäftigung i.S. von § 6 Abs. 5 Satz 1 SGB VI, die der ursprünglichen Befreiung von der Versicherungspflicht durch den Bescheid vom 25.04.2000 zugrunde lag, weil in Bezug auf die Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 2) ein anderes Arbeitsverhältnis und eine andere Beschäftigung im Raum steht (vgl. BSG, Urteil vom 31.10.2012, Az.: B 12 R 3/11 R). b.) Eine Verpflichtung der Beklagten, die frühere Befreiung von der Versicherungspflicht gemäß § 6 Abs. 5 Satz 2 SGB VI auf die im streitigen Zeitraum ausgeübte Beschäftigung des Klägers bei der Beigeladenen zu 2) zu erstrecken, besteht nicht. Nach dieser Vorschrift erstreckt sich die Befreiung von der Versicherungspflicht in den Fällen des § 6 Abs. 1 Nr. 1 und 2 SGB VI auch auf eine andere versicherungspflichtige Tätigkeit, wenn diese infolge ihrer Eigenart oder vertraglich im Voraus zeitlich begrenzt ist und der Versorgungsträger für die Zeit der Tätigkeit den Erwerb einkommensbezogener Versorgungsanwartschaften gewährleistet (vgl. BSG, Urteil vom 31.10.2012, Az.: B 12 R 3/11 R). Die tatbestandlichen Voraussetzungen sind vorliegend schon deshalb nicht erfüllt, weil es sich bei der Beschäftigung der Klägers bei der Beigeladenen zu 2) nicht um eine von vornherein zeitlich begrenzte Beschäftigung handelt. c.) Der Kläger kann auch nicht darauf vertrauen, dass der Bescheid vom 25.04.2000 auch das Beschäftigungsverhältnis bei der Beigeladenen zu 2) umfasst. Unabhängig davon, ob der Vertrauensschutz über den Grundsatz von Treu und Glauben oder, was im öffentlichen Recht nahe liegt, über das Rechtsstaatsprinzip und die Grundrechte begründet wird: Seine Inanspruchnahme setzt neben dem Vorhandensein und der Kenntnis einer Vertrauensgrundlage insbesondere die Schutzwürdigkeit dessen, der sich darauf beruft, voraus (vgl. Becker, ZFA 2014, 87, 122 m.w.N.). Hier mangelt es bereits am Vorhandensein einer Vertrauensgrundlage. Der Kläger selbst ist nicht davon ausgegangen, dass die Befreiung im Bescheid vom 25.04.2000 auch das Beschäftigungsverhältnis bei der Beigeladenen zu 2) umfasst. Dafür spricht, dass der Kläger bei Aufnahme der streitgegenständlichen Beschäftigung einen Antrag auf Befreiung stellte. Hiermit brachte er zum Ausdruck, dass auch er davon ausging, eine erneute Befreiung beantragen zu müssen. So weist auch Becker (a.a.O., 124) darauf hin, dass Personen, die - nachdem sie selbst von dem Ende einer früheren Befreiung gewusst haben – für eine andere, zwischenzeitlich begonnene Beschäftigung einen Befreiungsantrag stellen, nicht schutzwürdig sind. Soweit das BSG in seinen Entscheidungen vom 03.04.2014 (Az.: B 5 RE 3/14 R, B 5 RE 9/14 R, B 5 RE 13/14 R) ausführte, dass Inhaber einer begünstigenden Befreiungsentscheidung - bezogen auf die jeweilige Beschäftigung, für die die Befreiung ausgesprochen wurde - ein rechtlich geschütztes Vertrauen in den Bestand dieser Entscheidungen haben, folgt hieraus nur, dass die Beklagte nicht rückwirkend in erteilte Befreiungen nach § 48 SGB X eingreifen darf, was vorliegend nicht streitgegenständlich ist. 4.) Das von der Beklagten in Anbetracht der Rechtsprechung des BSG vom 03.04.2014 entwickelte Eckpunktepapier ("Information zur Umsetzung der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts vom 03.04.2014", Bl. 73 GA) kann zu Gunsten des Klägers keine abweichende Entscheidung rechtfertigen. Es ist bereits keine gesetzliche Grundlage dafür ersichtlich, die es der Beklagten ermöglichen könnte, – über die Rechtsprechung des BSG vom 03.04.2014 hinaus – großzügig weitere Sachverhalte anzuerkennen, in denen Befreiungsentscheidungen ausgesprochen werden dürfen. Aus einer mithin rechtswidrigen Verwaltungspraxis kann – wie vorstehend dargelegt – kein subjektives Recht des Versicherten abgeleitet werden. Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 183, 193 SGG.
die klage wird abgewiesen. außergerichtliche kosten sind nicht zu erstatten. 1
2die beteiligten streiten darüber, ob dem kläger in seiner beschäftigung als syndikusanwalt bei der beigeladenen zu 2) ein anspruch auf befreiung von der versicherungspflicht in der gesetzlichen rentenversicherung nach § 6 abs. 1 satz 1 nr. 1 sechstes buch sozialgesetzbuch (sgb vi) zusteht. der am geborene kläger ist seit dem 06.02.2000 als rechtsanwalt zugelassen und ab diesem zeitpunkt pflichtmitglied in der rechtsanwaltskammer köln und des versorgungswerks der rechtsanwälte im lande nordrhein-westfalen (beigeladene zu 1). in dem bei der beklagten geführten versicherungsverlauf des klägers sind gegenwärtig 202 monate beitragszeiten und 93 monate anrechnungszeiten (insgesamt 295 monate) gespeichert. erstmals beantragte der kläger mit schreiben vom 16.02.2000 die befreiung von der versicherungspflicht in der gesetzlichen rentenversicherung. zu diesem zeitpunkt befand er sich in einem abhängigen beschäftigungsverhältnis bei der gerling versicherungsgruppe. mit bescheid vom 25.04.2000 wurde der kläger mit wirkung zum 10.02.2000 im bezug auf eine tätigkeit als "rechtsanwalt" und in anbetracht seiner pflichtmitgliedschaft bei der beigeladenen zu 1) von der rentenversicherungspflicht befreit. der bescheid vom 25.04.2000 enthält folgende hinweise: "die befreiung wirkt erst ab beginn der pflichtmitgliedschaft in der versorgungseinrichtung und der berufskammer. die befreiung gilt für die dauer der pflichtmitgliedschaft und einer daran anschließenden freiwilligen mitgliedschaft in der versorgungseinrichtung unter beibehaltung der pflichtmitgliedschaft in der jeweiligen berufskammer, soweit versorgungsabgaben in gleicher höhe geleistet werden, wie ohne die befreiung beiträge zur rentenversicherung der angestellten zu zahlen wären. die wirkung der befreiung ist grundsätzlich auf die jeweilige berufsständische beschäftigung oder selbstständige tätigkeit beschränkt. die befreiung erstreckt sich, sofern die pflichtmitgliedschaft in der berufskammer weiterhin besteht, auch auf andere nicht berufsständische versicherungspflichtige beschäftigungen oder tätigkeiten, wenn diese infolge ihrer eigenart oder vertraglich im voraus zeitlich begrenzt sind und sie insoweit satzungsgemäß verpflichtet ist, einkommensbezogene beiträge zur versorgungseinrichtung zu zahlen. ( ) die befreiung endet erst mit der förmlichen aufhebung durch die bfa. ( ) falls sie inzwischen ihren arbeitgeber gewechselt haben, bitten wir den früheren (vorherigen) arbeitgeber von der befreiung zu verständigen." zum 01.04.2012 nahm der kläger eine abhängige beschäftigung als "abteilungsleiter kraftfahrtschaden" bei der provinzial rheinland versicherung ag (beigeladene zu 2) auf. am 17.04.2012 beantragte er in bezug auf seine am 01.04.2012 bei der beigeladenen zu 2) aufgenommene beschäftigung eine befreiung von der rentenversicherungspflicht nach § 6 abs. 1 satz 1 nr. 1 sgb vi. die beigeladene zu 2) bescheinigte ihm in einer an die rechtsanwaltskammer köln adressierten aufgabenbeschreibung vom 11.04.2012, dass er als abteilungsleiter kraftfahrtschaden als syndikus-anwalt beschäftigt sei und im rahmen der aufgabenerfüllung dort rechtsberatend, rechtsgestaltend, rechtsentscheidend und rechtsvermittelnd tätig werde. mit bescheid vom 03.07.2012 lehnte die beklagte den antrag des klägers auf befreiung von der sozialversicherungspflicht zur gesetzlichen rentenversicherung ab, da die gesetzlichen voraussetzungen des § 6 abs. 1 satz 1 nr. 1 sgb vi nicht vorlägen. der kläger sei bei seinem jetzigen arbeitgeber nicht anwaltlich beschäftigt. von einer anwaltlichen beschäftigung sei nur auszugehen, wenn durch den kläger die aufgabenfelder rechtsberatung, rechtsentscheidung, rechtsgestaltung und rechtsvermittlung kumulativ wahrgenommen würden. diese voraussetzungen lägen beim kläger nicht vor. aus der aufgabenbeschreibung folge bereits, dass die tätigkeit nicht zwingend eine qualifikation als volljurist voraussetze. bereits hiernach könne es sich nicht um eine anwaltliche tätigkeit handeln. auch seien auf grund der beschriebenen aufgaben die merkmale der rechtsentscheidung und rechtsgestaltung nicht in hinreichendem maße gegeben. gegen diesen bescheid legte der kläger mit schreiben vom 23.07.2012 widerspruch ein. er behauptete, sowohl rechtsgestaltend als auch rechtsentscheidend tätig zu werden. überdies habe er bereits vor seiner tätigkeit bei der beigeladenen zu 2) eine seiner jetzigen tätigkeit vergleichbare aufgabe in der versicherungswirtschaft ausgeübt, die die befreiung von der rentenversicherungspflicht gerechtfertigt hätte. schon aus gründen der kontinuität der altersversorgung sei eine fortsetzung seiner seit über 12 jahren bestehenden befreiung von der rentenversicherungspflicht geboten. ein wechsel zurück in das regelwerk der gesetzlichen rentenversicherung sei unzumutbar. ergänzend fügte er mit anwaltlichem schriftsatz vom 11.11.2012 an, dass der bescheid bereits formell rechtswidrig sei. die mit bescheid vom 25.04.2000 ausgesprochene befreiung gelte fort. eine aufhebung im sinne des § 48 zehntes buch sozialgesetzbuch (sgb x) sei nicht erfolgt. mit widerspruchsbescheid vom 14.02.2013 wies die beklagte den widerspruch des klägers unter vertiefung ihrer ausführungen aus dem bescheid vom 03.07.2012 als unbegründet zurück. ergänzend führte die beklagte aus, dass es einer aufhebung des befreiungsbescheides vom 25.04.2000 nicht bedürfe. die vom rentenversicherungsträger ausgesprochene befreiung ende entweder mit der von der entscheidung des rentenversicherungsträgers ausdrücklich erfassten tätigkeit und müsse in diesem fall für eine weitere tätigkeit erneut beantragt und ausgesprochen werden oder mit der aufhebung der befreiungsentscheidung seitens des rentenversicherungsträgers. einer aufhebung des ursprünglichen bescheides nach § 48 sgb x auf grund der neuen ausübung einer beschäftigung bedürfe es nicht, da dieser sachverhalt keine wesentliche änderung in den verhältnissen beinhalte, wie dies § 48 abs. 1 satz 1 sgb x erfordere. am 14.03.2013 hat der kläger vor dem sozialgericht köln klage erhoben. er nimmt auf sein bisheriges vorbringen bezug und führt ergänzend aus, dass ein arbeitskollege, der ebenfalls bei der beigeladenen zu 2) beschäftigt sei, in gleicher funktion mit der gleichen tätigkeitsbeschreibung seitens der beklagten befreit worden sei. ihm sei vertrauensschutz im sinne der rechtsprechung des bundessozialgerichts (bsg) vom 03.04.2014 (az.: b 5 re 13/14 r) zu gewähren. der kläger beantragt, unter aufhebung des bescheides vom 03.07.2012 in gestalt des widerspruchsbescheides vom 14.02.2013 die beklagte zu verpflichten, ihn ab dem 01.04.2012 von der versicherungspflicht zur gesetzlichen rentenversicherung nach § 6 abs. 1 satz 1 nr. 1 sgb vi zu befreien. die beklagte beantragt, die klage abzuweisen. sie verweist darauf, dass es nach der rechtsprechung des bsg vom 03.04.2014 (az.: b 5 re 13/14 r u.a.) auf die von der rechtspraxis entwickelte viel-kriterien-theorie nicht (mehr) ankomme. die beschäftigung als abteilungsleiter kraftfahrtschaden bei der beigeladenen zu 2) führe nicht zu einer pflichtmitgliedschaft in der berufsständischen kammer und in der berufsständischen versorgungseinrichtung. eine befreiung von der gesetzlichen rentenversicherung sei damit ausgeschlossen. eine verwaltungspraxis der beklagten in der vergangenheit, nach der in weiterem umfang befreiungen von der rentenversicherungspflicht erteilt worden sind, könne keinen anspruch des klägers auf eine befreiung von der rentenversicherungspflicht begründen. eine selbstbindung der verwaltung durch und an eine ständige verwaltungspraxis könne es mangels entscheidungsspielraums nicht geben. die ursprünglich mit bescheid vom 25.04.2000 ausgesprochene befreiung könne sich nicht auf das streitgegenständliche beschäftigungsverhältnis erstrecken. nach der rechtsprechung des bsg vom 31.10.2012 (az.: b 12 r 3/11 r) sei eine befreiung stets auf die ganz konkret ausgeübte tätigkeit bei einem bestimmten arbeitgeber beschränkt. mit dem wechsel des arbeitgebers oder der tätigkeit ende sie. auch könne zu gunsten des klägers das von der beklagten in umsetzung der rechtsprechung des bsg vom 03.04.2014 entwickelte eckpunktepapier eine beitragspflicht nicht verhindern. mit beschluss vom 28.06.2013 hat die kammer das verfahren in anbetracht anhängiger revisionsverfahren ruhend gestellt. auf betreiben der klägerseite wurde das verfahren zum 13.02.2014 wieder aufgenommen. mit beschluss vom 13.01.2015 erfolgten die beiladungen der beigeladenen zu 1) und 2). wegen der weiteren einzelheiten des sachverhalts und des übrigen vorbringens der beteiligten wird auf den weiteren inhalt der gerichts- und verwaltungsakten der beklagten bezug genommen. diese sind gegenstand der mündlichen verhandlung gewesen. 3
4die zulässige klage ist unbegründet. der angefochtene bescheid vom 03.07.2012 (in der gestalt des widerspruchsbescheids vom 14.02.2013, § 95 sgg) ist im ergebnis rechtmäßig und beschwert den kläger nicht, § 54 abs. 2 satz 1 sgg. der kläger hat keinen anspruch auf befreiung von der versicherungspflicht in der gesetzlichen rentenversicherung für die bei der beigeladenen zu 2) ausgeübte beschäftigung, § 6 abs. 1 satz 1 nr. 1 sgb vi. nach § 6 abs. 1 satz 1 nr. 1 sgb vi werden von der versicherungspflicht befreit beschäftigte und selbständig tätige für die beschäftigung oder selbständige tätigkeit, wegen der sie aufgrund einer durch gesetz angeordneten oder auf gesetz beruhenden verpflichtung mitglied einer öffentlich-rechtlichen versicherungseinrichtung oder versorgungseinrichtung ihrer berufsgruppe (berufsständische versorgungseinrichtung) und zugleich kraft gesetzlicher verpflichtung mitglied einer berufsständischen kammer sind, wenn a) am jeweiligen ort der beschäftigung oder selbständigen tätigkeit für ihre berufsgruppe bereits vor dem 1.1.1995 eine gesetzliche verpflichtung zur mitgliedschaft in der berufsständischen kammer bestanden hat, b) für sie nach näherer maßgabe der satzung einkommensbezogene beiträge unter berücksichtigung der beitragsbemessungsgrenze zur berufsständischen versorgungseinrichtung zu zahlen sind und c) aufgrund dieser beiträge leistungen für den fall verminderter erwerbsfähigkeit und des alters sowie für hinterbliebene erbracht und angepasst werden, wobei auch die finanzielle lage der berufsständischen versorgungseinrichtung zu berücksichtigen ist. nach maßgabe dieser voraussetzungen ist der kläger für seine – sozialversicherungspflichtige (1.) - beschäftigung bei der beigeladenen zu 2) nicht von der versicherungspflicht in der gesetzlichen rentenversicherung nach § 6 abs. 1 satz 1 nr. 1 sgb vi zu befreien (2.). der befreiungsbescheid vom 25.04.2000 wirkt sich auf die streitgegenständliche versicherungspflicht nicht aus (3.). nichts anderes folgt aus dem eckpunktepunktepapier der beklagten ("information zur umsetzung der rechtsprechung des bundessozialgerichts vom 03.04.2014") (4.). 1.) der kläger war abhängig beschäftigt, weil die konstituierenden merkmale des entsprechenden sozialrechtlichen anknüpfungssachverhalts (§ 7 abs. 1 satz 1 sgb iv) vorliegen. hiernach erbrachte der kläger bei der beigeladenen zu 2) als syndikus-anwalt nichtselbständige arbeit in einem arbeitsverhältnis (§§ 611 ff. bgb). aufgrund dieser entgeltlichen beschäftigung war er (renten-)versicherungspflichtig (§ 1 satz 1 nr. 1 halbs. 1 alt. 1 sgb vi). eine versicherungsfreiheit wegen geringfügigkeit (§ 5 abs. 2 satz 1 nr. 1 sgb vi i.v.m. § 8 abs. 1 sgb iv) lag offensichtlich nicht vor. 2.) der befreiungstatbestand des § 6 abs. 1 satz 1 sgb vi liegt nicht vor. der kläger ist zwar verkammertes mitglied einer berufsständischen versorgungseinrichtung (a.). zurückzuführen ist dies indes nicht auf die beschäftigung des klägers bei der beigeladenen zu 2) (b.). a. der kläger ist ab dem 06.02.2000 durch die rechtsanwaltskammer köln zur rechtsanwaltschaft zugelassen worden. gemäß § 12 abs. 3 brao ist der kläger damit kraft gesetzlicher verpflichtung (eo ipso) obligatorisches pflichtmitglied der zulassenden rechtsanwaltskammer (§ 60 abs. 1 satz 2 brao). fehler im zulassungsverfahren oder etwaige verstöße gegen berufsrechtliche pflichten lassen diese pflichtmitgliedschaft unberührt (vgl. bsg, urteil vom 03.04.2014, az.: b 5 re 3/14 r, b 5 re 9/14 r, b 5 re 13/14 r; landessozialgericht nordrhein-westfalen, urteil vom 21.11.2014, az.: l 14 r 694/13 u.a.; landessozialgericht berlin-brandenburg, urteil vom 05.11.2014, az.: l 16 r 406/11). der u.a. für die zulassung zur rechtsanwaltschaft als handlungsform vorgeschriebene verwaltungsakt bleibt nach den damit einschlägigen allgemeinen vorschriften des jeweiligen verwaltungsverfahrensgesetzes (§§ 35 ff. vwvfg) wirksam, solange und soweit er nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch zeitablauf oder auf andere weise erledigt ist (§ 43 abs. 2 vwvfg i.v.m. § 32 abs. 1 satz 1 brao). seine rechtsgestaltenden wirkungen sind damit auch von den mit der durchführung der sozialversicherung betrauten behörden und den gerichten der sozialgerichtsbarkeit in der weise zu beachten, dass die dort getroffenen regelungen auch ihnen gegenüber als verbindlich anzusehen sind (sog. tatbestandswirkung). unter anderem ist deshalb unerheblich, ob der kläger im zulassungsverfahren falschangaben gemacht hat, ob die gesetzlichen voraussetzungen der zulassung im einzelnen vorgelegen haben und welche (fehl-)vorstellungen amtswalter der rak ggf. bei erlass des zulassungsverwaltungsaktes hatten. die sozialgerichtsbarkeit entscheidet rechtlich grundsätzlich - mit ausnahme der fälle der nichtigkeit - nicht, wer seinem status nach rechtsanwalt ist (vgl. bsg, urteil vom 03.04.2014, az.: b 5 re 3/14 r, b 5 re 9/14 r, b 5 re 13/14 r; landessozialgericht nordrhein-westfalen, urteil vom 21.11.2014, az.: l 14 r 694/13 u.a.; landessozialgericht berlin-brandenburg, urteil vom 05.11.2014, az.: l 16 r 406/11). der kläger ist zugleich "aufgrund einer durch gesetz angeordneten oder auf gesetz beruhenden verpflichtung mitglied einer öffentlich-rechtlichen versicherungs- oder versorgungseinrichtung ihrer berufsgruppe (berufsständische versorgungseinrichtung)" geworden. die beigeladene zu 1) ist als versorgungswerk der rechtsanwälte im lande nordrhein-westfalen eine berufsständische versorgungseinrichtung. mit der zulassung durch die rak wurde der kläger auf der grundlage der einschlägigen versorgungs- und kammerrechtlichen normen in § 2 abs. 1 ravg nw i.v.m. § 10 nr. 2 der satzung der beigeladenen zu 1) ipso iure (ohne erlass eines weiteren verwaltungs- oder eines anderen konstitutiven rechtsakts) zeitgleich obligatorisches pflichtmitglied der beigeladenen zu 1) und zugleich kraft gesetzlicher verpflichtung mitglied der rechtsanwaltskammer (vgl. bsg, urteil vom 03.04.2014, az.: b 5 re 3/14 r, b 5 re 9/14 r, b 5 re 13/14 r; landessozialgericht nordrhein-westfalen, urteil vom 21.11.2014, az.: l 14 r 694/13 u.a.; landessozialgericht berlin-brandenburg, urteil vom 05.11.2014, az.: l 16 r 406/11). b. § 6 abs. 1 satz 1 nr. 1 sgb vi gibt indessen versicherungspflichtig beschäftigten, die gleichzeitig verkammerte mitglieder einer berufsständischen versorgungseinrichtung sind, einen anspruch auf befreiung von der versicherungspflicht nur für die "beschäftigung, wegen der" sie auf grund einer durch gesetz angeordneten oder auf gesetz beruhenden verpflichtung mitglied einer öffentlich-rechtlichen versicherungseinrichtung oder versorgungseinrichtung ihrer berufsgruppe (berufsständische versorgungseinrichtung) und zugleich kraft gesetzlicher verpflichtung mitglied einer berufsständischen kammer sind. die zulassung zur rechtsanwaltschaft ist weder im blick auf eine "beschäftigung" noch auf einen bestimmten kreis anwaltlicher betätigungen erfolgt, sondern mit der statusbegründenden zulassung ist stets der volle umfang anwaltlicher berufsausübung eröffnet, der damit auch zur mitgliedschaft in der berufsständischen versorgungseinrichtung führt. die zulassung zur rechtsanwaltschaft wird nämlich unter den tatbestandlichen voraussetzungen insbesondere der §§ 4 ff. brao unabhängig von einer bestimmten tätigkeit im wesentlichen personenbezogen und ohne zusätzliche beschränkung für alle betätigungen erteilt, die mit dem beruf des rechtsanwalts als unabhängiges organ der rechtspflege (§ 1 brao) und als berufener unabhängiger berater und vertreter in allen rechtsangelegenheiten (§ 3 abs. 1 brao) verbunden sind. im blick hierauf könnten bei einem strikt wortlaut getreuen normverständnis die tatbestandlichen befreiungsvoraussetzungen bei rechtsanwälten zumindest grundsätzlich nicht erfüllt werden. die rentenrechtliche funktion des § 6 abs. 1 satz 1 nr. 1 sgb vi erlaubt und fordert jedoch zwingend ein den gegebenheiten des anwaltlichen berufs- und versorgungsrechts angepasstes verständnis des tatbestandselements derselben beschäftigung (" für die beschäftigung, wegen der "), wenn und soweit es gerade in diesem kontext anwendung findet. im vorliegenden zusammenhang kann unter "derselben beschäftigung" i.s. der norm die "von der beschäftigung erfasste erwerbstätigkeit" verstanden werden (vgl. bsg, urteil vom 03.04.2014, az.: b 5 re 3/14 r, b 5 re 9/14 r, b 5 re 13/14 r; landessozialgericht nordrhein-westfalen, urteil vom 21.11.2014, az.: l 14 r 694/13 u.a.; landessozialgericht berlin-brandenburg, urteil vom 05.11.2014, az.: l 16 r 406/11). § 6 abs. 1 satz 1 nr. 1 sgb vi betrifft die koexistenz von jeweils aufgrund öffentlich-rechtlichen zwangs angeordneten versorgungen für die fälle von verminderter erwerbsfähigkeit, alter und tod (sog. "doppelte pflichtmitgliedschaft"). er überlässt es dem hiernach gesetzlich ermächtigten, es nach jeweils eigener willensentscheidung entweder durch untätigkeit bei der parallelität als gesetzlich stillschweigend angelegtem regelfall zu belassen oder unter den gesetzlich im einzelnen bestimmten voraussetzungen durch einen hierauf gerichteten materiell-rechtlichen antrag (§ 6 abs. 2 sgb vi) sein recht auf befreiung von der versicherungspflicht in der gesetzlichen rentenversicherung unter verbleib in der berufsständischen versorgungseinrichtung geltend zu machen. mit einem gebrauchmachen von der gesetzlich eröffneten positiven gestaltungsmöglichkeit kann im ergebnis eine doppelbelastung mit beiträgen und eine mehrfache absicherung vergleichbarer risiken vermieden werden. das verständnis von § 6 abs. 1 satz 1 nr. 1 sgb vi hat sich an dieser systemübergreifenden koordinierungsfunktion zu orientieren und darf daher nicht bereits die schnittmenge beider bereiche allein nach kriterien der gesetzlichen rentenversicherung ("beschäftigung") bestimmen, die für die zugehörigkeit zu den berufsständischen versorgungseinrichtungen grundsätzlich ohne bedeutung sind (vgl. bsg, urteil vom 03.04.2014, az.: b 5 re 3/14 r, b 5 re 9/14 r, b 5 re 13/14 r; landessozialgericht nordrhein-westfalen, urteil vom 21.11.2014, az.: l 14 r 694/13 u.a.; landessozialgericht berlin-brandenburg, urteil vom 05.11.2014, az.: l 16 r 406/11). maßgeblich für die einbeziehung in die berufsständische versorgung ist grundsätzlich nämlich weder die inhaltliche beschränkung auf einzelne verrichtungen innerhalb eines berufsbildes noch die form von deren erbringung in persönlicher abhängigkeit von einem arbeitgeber, sondern der durch zulassungsakt eröffnete zugang zu einer berufstätigkeit in ihrer gesamtheit. beide sicherungsformen (gesetzliche rentenversicherung und berufsständische versorgung) stimmen jedoch - als minus gegenüber der "beschäftigung", die § 6 abs. 1 satz 1 nr. 1 sgb vi auf beide sicherungssysteme anzuwenden scheint - jedenfalls darin überein, dass sie inhaltlich jeweils an die ausübung einer erwerbstätigkeit anknüpfen und schutz gegen die wirtschaftlichen folgen gerade hiermit verbundener risiken gewährleisten. kommt daher in betracht, dass ein und dieselbe erwerbstätigkeit zur versicherungspflicht in beiden sicherungssystemen führt, ist bereits damit der anwendungsbereich von § 6 abs. 1 satz 1 nr. 1 sgb vi eröffnet und eine weitergehende prüfung veranlasst (vgl. bsg, urteil vom 03.04.2014, az.: b 5 re 3/14 r, b 5 re 9/14 r, b 5 re 13/14 r; landessozialgericht nordrhein-westfalen, urteil vom 21.11.2014, az.: l 14 r 694/13 u.a.; landessozialgericht berlin-brandenburg, urteil vom 05.11.2014, az.: l 16 r 406/11). der kläger erfüllt die voraussetzungen der in dieser weise modifiziert verstandenen norm nicht. seine erwerbstätigkeit bei der beigeladenen zu 2) kann dem berufsfeld des rechtsanwalts von vornherein nicht zugeordnet werden. seine anwaltliche berufsausübung ist in der äußeren form der beschäftigung nicht möglich. umgekehrt bedarf es mangels tätigkeit in einer konkreten fremden angelegenheit für die erbringung von rechtsdienstleistungen gegenüber einem arbeitgeber keiner zulassung zur rechtsanwaltschaft (§ 2 abs. 1, § 3 des gesetzes über außergerichtliche rechtsdienstleistungen - rdg). die im rahmen der beschäftigung erbrachte erwerbstätigkeit ist damit für seine mitgliedschaft bei der beigeladenen zu 1) und die hierdurch parallel zur gesetzlichen rentenversicherung begründete öffentlich-rechtliche sicherung ohne bedeutung, sodass es bereits deshalb an der grundvoraussetzung von § 6 abs. 1 satz 1 nr. 1 sgb vi fehlt und sich eine weitergehende inhaltliche prüfung erübrigt. die erkennende kammer kann dies ungeachtet der tatbestandswirkung der zulassung des klägers zur rechtsanwaltschaft selbst abschließend beurteilen. entsprechende status begründende verwaltungsakte umfassen ihrem regelungsgehalt nach nicht die zuordnung einzelner tätigkeiten und sind insofern im konkreten zusammenhang notwendig der eigenständigen auslegung und anwendung bedürftig (vgl. bsg, urteil vom 03.04.2014, az.: b 5 re 3/14 r, b 5 re 9/14 r, b 5 re 13/14 r; landessozialgericht nordrhein-westfalen, urteil vom 21.11.2014, az.: l 14 r 694/13 u.a.; landessozialgericht berlin-brandenburg, urteil vom 05.11.2014, az.: l 16 r 406/11). die kammer legt ihrer beurteilung der sozialrechtlichen (vor-)frage, ob eine erwerbstätigkeit dem bereich anwaltlicher berufstätigkeit zugeordnet werden kann, obwohl sie im rahmen einer beschäftigung einem nichtanwaltlichen arbeitgeber geschuldet ist, die ständige übereinstimmende rechtsprechung des für das berufsrecht der rechtsanwälte zuständigen bgh, des bverfg und des eugh zugrunde (vgl. bsg, urteil vom 03.04.2014, az.: b 5 re 3/14 r, b 5 re 9/14 r, b 5 re 13/14 r; landessozialgericht nordrhein-westfalen, urteil vom 21.11.2014, az.: l 14 r 694/13 u.a.; landessozialgericht berlin-brandenburg, urteil vom 05.11.2014, az.: l 16 r 406/11). hiernach ist unter einem "syndikus" derjenige zu verstehen, der als ständiger rechtsberater in einem festen dienst- oder anstellungsverhältnis bei einem bestimmten arbeitgeber steht. der "syndikusanwalt" ist gleichzeitig als rechtsanwalt zugelassen (vgl. bsg, urteil vom 03.04.2014, az.: b 5 re 3/14 r, b 5 re 9/14 r, b 5 re 13/14 r unter hinweis auf bgh, urteil vom 25.02.1999, az.: ix zr 384/97). inhaltlich entnimmt der bgh dem in §§ 1 bis 3 brao normierten tätigkeitsbild des rechtsanwalts in gefestigter rechtsprechung und unter berufung auf die gesetzesmaterialien, dass der syndikus in dieser eigenschaft nicht als rechtsanwalt tätig ist. bereits in der entscheidung vom 07.11.1960 (anwz (b) 4/60) heißt es insofern: "der syndikusanwalt hat eine doppelstellung inne: er ist einerseits angestellter und andererseits rechtsanwalt. soweit es um das anstellungsverhältnis geht, kann er allerdings seine eigenschaft als rechtsanwalt nicht abstreifen, aber diese eigenschaft ändert nichts daran, daß das arbeitsverhältnis von dem prinzip der über- und unterordnung beherrscht wird. die bundesrechtsanwaltsordnung vermochte nicht in bestehende arbeitsverträge einzugreifen und schreibt auch für nach ihrem erlaß abgeschlossene verträge keinen neuen arbeitsvertragstypus vor, der den syndikusanwalt und seinen dienstherrn etwa gleichgeordnet stellt. wenn man, wie das die bundesrechtsanwaltsordnung getan hat, die institution des syndikusanwalts bejaht, muß man auch dem gerecht werden, daß der syndikusanwalt zwei arbeitsbereiche hat, nämlich einen arbeitsvertraglich gebundenen und einen als freier anwalt. die amtliche begründung (zu § 59 s. 77) sagt ganz mit recht: der syndikusanwalt entspricht bei seiner tätigkeit als syndikus für seinen dienstherrn nicht dem allgemeinen anwaltlichen berufsbild, wie es in der vorstellung der allgemeinheit besteht. in das berufsbild des anwalts, das sich von ihm als einem unabhängigen organ der rechtspflege geformt hat, lässt sich nur die tätigkeit einfügen, die der syndikus als anwalt außerhalb seines dienstverhältnisses ausübt. dagegen sind bei der tätigkeit, die er als syndikus für seinen dienstherrn leistet, die typischen wesensmerkmale der freien berufsausübung, die das bild des anwalts bestimmen, nicht gegeben." hieran wird – worauf das bsg in seinen urteilen vom 03.04.2014 (az.: b 5 re 3/14 r, b 5 re 9/14 r, b 5 re 13/14 r) hinweist - im rahmen einer kontinuierlichen verweisungskette bis heute festgehalten (vgl. exemplarisch bgh beschluss vom 25.4.1988 - anwz (b) 2/88 - brak-mitt 1988, 271 f; urteil vom 25.2.1999 - ix zr 384/97 - bghz 141, 69, 71; beschluss vom 13.3.2000 - anwz (b) 25/99 - njw 2000, 1645; beschluss vom 18.6.2001 - anwz (b) 41/00 - njw 2001, 3130; beschluss vom 4.11.2009 - anwz (b) 16/09 - njw 2010, 377, 379 rdnr 17, insofern in bghz 183, 73 ff nicht abgedruckt; beschluss vom 7.2.2011 - anwz (b) 20/10 - njw 2011, 1517, 1518 rdnr 6; ebenso bag beschluss vom 19.3.1996 - 2 azb 36/95 - bage 82, 239, 241). im genannten beschluss vom 07.02.2011 formuliert der bgh - unter ausdrücklicher erweiterung dieser rechtsprechung auf das berufsbild des europäischen rechtsanwalts (§ 2 abs. 1 eurag) - aktuell wie folgt: "nach gefestigter rechtsprechung zu dem tätigkeitsbild des rechtsanwalts nach der bundesrechtsanwaltsordnung wird derjenige, der als ständiger rechtsberater in einem festen dienst- oder anstellungsverhältnis zu einem bestimmten arbeitgeber steht (syndikus), in dieser eigenschaft nicht als rechtsanwalt tätig (bverfge 87, 287; bgh, beschluss vom 18. juni 2001 - anwz (b) 41/00, njw 2001, 3130; beschluss vom 4. november 2009 - anwz (b) 16/09, njw 2010, 377 rn. 17). die mit dem dienst- oder anstellungsverhältnis verbundenen bindungen und abhängigkeiten stehen nicht im einklang mit dem in §§ 1 bis 3 brao normierten berufsbild des rechtsanwalts als freiem und unabhängigem berater und vertreter aller rechtsuchenden. " (vgl. bsg, urteil vom 03.04.2014, az.: b 5 re 3/14 r, b 5 re 9/14 r, b 5 re 13/14 r) u.a. auch unter hinweis auf die diesbezügliche rechtsprechung des bverfg, beschluss vom 04.11.1992, az.: 1 bvr 79/85 u.a. und des eugh, urteil vom 14.09.2010, az.: c-550/07 p). damit ist insbesondere geklärt, dass ungeachtet im einzelfall arbeitsrechtlich eröffneter möglichkeiten, auch gegenüber dem arbeitgeber sachlich selbständig und eigenverantwortlich zu handeln, allein die eingliederung in die von diesem vorgegebene arbeitsorganisation mit dem berufsbild des rechtsanwalts unvereinbar ist. das für die zulassung unverzichtbare berufsbild des rechtsanwalts kann sich damit nur daraus ergeben, dass der syndikus rechtlich und tatsächlich in der lage ist, neben (!) seiner tätigkeit im unternehmen rechtsuchende als freier anwalt zu beraten und zu vertreten. der syndikusanwalt ist rechtsanwalt, nicht weil er syndikus ist, sondern weil er sich aufgrund einer nur deshalb zu erteilenden zulassung unabhängig hiervon und daneben gesondert als rechtsanwalt betätigt. beide tätigkeiten sind grundsätzlich getrennt zu betrachten (vgl. bsg, urteil vom 03.04.2014, az.: b 5 re 3/14 r, b 5 re 9/14 r, b 5 re 13/14 r; landessozialgericht nordrhein-westfalen, urteil vom 21.11.2014, az.: l 14 r 694/13 u.a.; landessozialgericht berlin-brandenburg, urteil vom 05.11.2014, az.: l 16 r 406/11). ausdrücklich hat das bsg in seinen entscheidungen vom 03.04.2014 (az.: b 5 re 3/14 r, b 5 re 9/14 r, b 5 re 13/14 r) zudem klargestellt, dass eine abhängige beschäftigung und eine daneben ausgeübte selbständige tätigkeit als rechtsanwalt nicht im sinne einer einheitlichen betrachtung "zusammenzuziehen" sind. rechtlich ist auch unerheblich, ob die in frage stehende beschäftigung inhaltlich "elemente" der anwaltlichen berufstätigkeit aufweist. § 6 abs. 1 satz 1 nr. 1 sgb vi fordert nach normwortlaut und funktion stets zusätzlich, dass die tätigkeit, die zur versicherungspflicht bei der berufsständischen versorgungseinrichtung führt, gleichzeitig in der form der beschäftigung ausgeübt wird und versicherungspflicht in der gesetzlichen rentenversicherung begründet. ist dies - wie vorliegend für eine tätigkeit als rechtsanwalt bei einem nicht dem standesrecht unterworfenen arbeitgeber - von vornherein ausgeschlossen, sind mögliche sachbezüge der ausgeübten erwerbstätigkeit zum berufsbild des rechtsanwalts ohne rechtliche bedeutung (vgl. bsg, urteil vom 03.04.2014, az.: b 5 re 3/14 r, b 5 re 9/14 r, b 5 re 13/14 r; landessozialgericht nordrhein-westfalen, urteil vom 21.11.2014, az.: l 14 r 694/13 u.a.; landessozialgericht berlin-brandenburg, urteil vom 05.11.2014, az.: l 16 r 406/11). die tatbestandlichen voraussetzungen von § 6 abs. 1 satz 1 nr. 1 sgb vi können auch nicht dadurch umgangen werden, dass die sog. "vier-kriterien-theorie" an stelle des gesetzlichen tatbestands gesetzt wird. unterschiedliche absicherungen in unterschiedlichen systemen sind konsequenz des umstandes, dass synchron und diachron eine vielzahl von erwerbstätigkeiten betrieben werden kann, und deren hieran anknüpfende absicherung nicht ihrerseits im sinne eines einheitlichen gesamtkonzepts durch zwingendes recht koordiniert ist. es gibt deshalb auch keinen rechtssatz des inhalts, dass stets nur die zugehörigkeit zu einem einzigen sicherungssystem in betracht kommen könnte oder es ungeachtet einer änderung der hierfür rechtlich maßgeblichen umstände stets bei der einmal begründeten zuständigkeit eines systems zu verbleiben habe (vgl. bsg, urteil vom 03.04.2014, az.: b 5 re 3/14 r, b 5 re 9/14 r, b 5 re 13/14 r; landessozialgericht nordrhein-westfalen, urteil vom 21.11.2014, az.: l 14 r 694/13 u.a.; landessozialgericht berlin-brandenburg, urteil vom 05.11.2014, az.: l 16 r 406/11). die gesetzlich geforderte positive feststellung, dass dieselbe erwerbstätigkeit, die die mitgliedschaft in der berufsständischen versorgungseinrichtung begründet hat, wegen ihrer ausübung in der form der beschäftigung zugleich versicherungspflicht in der gesetzlichen rentenversicherung begründet, kann erst recht nicht durch diejenige ersetzt werden, dass die in der form der beschäftigung ausgeübte erwerbstätigkeit der zulassung zur rechtsanwaltschaft nicht ursprünglich oder nachträglich entgegensteht (vgl. bsg, urteil vom 03.04.2014, az.: b 5 re 3/14 r, b 5 re 9/14 r, b 5 re 13/14 r; landessozialgericht nordrhein-westfalen, urteil vom 21.11.2014, az.: l 14 r 694/13 u.a.; landessozialgericht berlin-brandenburg, urteil vom 05.11.2014, az.: l 16 r 406/11). § 6 abs. 1 satz 1 nr. 1 sgb vi ist zudem als abschließende ausnahmeregelung einer weiten, erweiternden oder analogen anwendung weder bedürftig noch fähig. der kläger gehört als abhängig beschäftigter i.s. von § 7 abs. 1 satz 1 sgb iv zum kernbereich der typisiert schutzbedürftigen und deshalb grundsätzlich in allen zweigen der sozialversicherung (vgl. § 2 abs. 2 nr. 1 sgb iv) und insbesondere in der gesetzlichen rentenversicherung (§ 1 satz 1 nr. 1 halbs. 1 sgb vi) zwangsversicherten. diese einfachgesetzliche leitentscheidung wird für den personenkreis, dem der kläger zugehört, auch nicht unmittelbar spezialgesetzlich modifiziert oder revoziert. umstände, die - ihrerseits typisierend - trotz ausübung einer beschäftigung der annahme der schutzbedürftigkeit entgegenstehen und daher anlass zu einer tatbestandsreduktion geben könnten, sind gesetzlich nicht umschrieben. die gesetzlichen voraussetzungen einer tatbestandsreduktion, die anlass gegeben hätten, von vornherein von der anordnung der rechtsfolge versicherungspflicht abzusehen (z.b. § 1 satz 3 sgb vi) oder trotz eröffnung des anwendungsbereichs der beschäftigtenversicherung ausnahmsweise unmittelbar kraft gesetzes versicherungsfreiheit anzuordnen (§ 5 abs. 1 satz 1 nr. 1 – nr. 3 sgb vi), sind erkennbar nicht erfüllt. die vorliegend allein in frage stehende regelung des § 6 abs. 1 satz 1 nr. 1 sgb vi gehört zu einem kreis von bestimmungen, die den betroffenen pflichtversicherten unter den im gesetz jeweils im einzelnen umschriebenen voraussetzungen nach eigenem "entschließungsermessen" einen anspruch auf eine konstitutive befreiung von der rentenversicherungspflicht durch einen gebundenen verwaltungsakt des rentenversicherungsträgers mit grundsätzlich auf die in frage stehende beschäftigung begrenzter wirkung (§ 6 abs. 5 sgb vi) gewähren, um nachfolgend allein im berufsständischen versorgungswerk mit günstigeren bedingungen zu verbleiben. eine vollständige entlassung aus der öffentlichen sozialversicherung ist dagegen nicht möglich (vgl. bsg, urteil vom 03.04.2014, az.: b 5 re 3/14 r, b 5 re 9/14 r, b 5 re 13/14 r unter hinweis auf bverfg, beschluss vom 05.05.2008, az.: 1 bvr 1060/05 u.a.). ebenfalls ist § 6 abs. 1 satz 1 nr. 1 sgb vi weder bevorzugt dazu bestimmt, den interessen von freiberuflern zu dienen, noch bezweckt er in besonderer weise den bestandsschutz berufsständischer versorgungswerke. im rahmen seines positiven anwendungsbereichs bestimmt § 6 abs. 1 satz 1 nr. 1 sgb vi aus der binnenperspektive der gesetzlichen rentenversicherung einseitig, ob es bei der normativen anordnung von versicherungspflicht aus § 1 satz 1 nr. 1 sgb vi verbleibt oder ob hiervon ausnahmsweise wegen einer aus ihrer sicht ausreichenden anderweitigen absicherung abgesehen werden kann. er kann schon deshalb keine "magna charta" der berufsständischen versorgungseinrichtungen repräsentieren, die allenfalls im sinne eines rechtsreflexes betroffen sind (vgl. bsg, urteil vom 03.04.2014, az.: b 5 re 3/14 r, b 5 re 9/14 r, b 5 re 13/14 r; landessozialgericht nordrhein-westfalen, urteil vom 21.11.2014, az.: l 14 r 694/13 u.a.; landessozialgericht berlin-brandenburg, urteil vom 05.11.2014, az.: l 16 r 406/11). das gefundene ergebnis verstößt auch nicht gegen verfassungsrecht. die einschlägigen fragen sind durch die rechtsprechung des bverfg geklärt (vgl. bsg, urteil vom 03.04.2014, az.: b 5 re 3/14 r, b 5 re 9/14 r, b 5 re 13/14 r; landessozialgericht nordrhein-westfalen, urteil vom 21.11.2014, az.: l 14 r 694/13 u.a.; landessozialgericht berlin-brandenburg, urteil vom 05.11.2014, az.: l 16 r 406/11). die gesetzliche rentenversicherung kennt unter berücksichtigung dieser vorgaben weder ein allgemeines befreiungsrecht noch im blick auf die gleichzeitige absicherung in anderen systemen einen allgemeinen grundsatz der vermeidung von "doppelversicherungen". auch gibt es von verfassung wegen kein wahlrecht zugunsten der jeweils günstigsten versorgungsmöglichkeit (vgl. bsg, urteil vom 03.04.2014, az.: b 5 re 3/14 r, b 5 re 9/14 r, b 5 re 13/14 r; landessozialgericht nordrhein-westfalen, urteil vom 21.11.2014, az.: l 14 r 694/13 u.a.; landessozialgericht berlin-brandenburg, urteil vom 05.11.2014, az.: l 16 r 406/11). auf eine vom gesetz abweichende rechtswidrige verwaltungspraxis der beklagten kann sich der kläger nicht berufen. auch besteht keine selbstbindung an eine rechtswidrige verwaltungspraxis. eine "gleichheit im unrecht" gibt es nicht. 3.) die mit bescheid vom 25.04.2000 mit wirkung zum 10.02.2000 aufgrund seiner tätigkeit als rechtsanwalt und seiner pflichtmitgliedschaft bei der beigeladenen zu 1) erteilte befreiung von der rentenversicherungspflicht umfasst weder das beschäftigungsverhältnis zur beigeladenen zu 2) (a.), noch ist die frühere befreiung hierauf zu erstrecken (b.). ein vertrauen darauf, dass der bescheid vom 25.04.2000 auch das beschäftigungsverhältnis bei der beigeladenen zu 2) umfasst, ist rechtlich unerheblich (c.). a.) nach der rechtsprechung des bsg vom 31.10.2012 (az.: b 12 r 3/11 r) erfolgt mit einer befreiungsentscheidung keine umfassende befreiung von der versicherungspflicht auch für andere als die "jeweilig" ausgeübte beschäftigung des betroffenen, selbst wenn ursprüngliche und nachfolgende erwerbstätigkeiten ähnlich sein mögen. der gesetzeswortlaut in § 6 abs. 5 satz 1 sgb vi definiert die reichweite einer befreiung von der versicherungspflicht nicht über die konkreten inhaltlichen merkmale der ausgeübten beschäftigung oder selbstständigen tätigkeit, wie etwa berufsbezeichnung, berufliche qualifikation oder beruflichen status. vielmehr werden in § 6 abs. 5 satz 1 sgb vi ausschließlich die rechtsbegriffe der beschäftigung und der selbstständigen tätigkeit verwendet. "beschäftigung" wiederum wird in § 7 abs. 1 satz 1 sgb iv als "nichtselbstständige arbeit, insbesondere in einem arbeitsverhältnis" definiert und in abs. 1 satz 2 der regelung gekennzeichnet als eingliederung in die arbeitsorganisation eines (konkreten) weisungsgebers (vgl. m.w.n. bsg, urteil vom 31.10.2012, az.: b 12 r 3/11 r). bei der beschäftigung des klägers bei der beigeladenen zu 2) handelt es sich vor diesem hintergrund schon deshalb offensichtlich nicht um diejenige beschäftigung i.s. von § 6 abs. 5 satz 1 sgb vi, die der ursprünglichen befreiung von der versicherungspflicht durch den bescheid vom 25.04.2000 zugrunde lag, weil in bezug auf die tätigkeit bei der beigeladenen zu 2) ein anderes arbeitsverhältnis und eine andere beschäftigung im raum steht (vgl. bsg, urteil vom 31.10.2012, az.: b 12 r 3/11 r). b.) eine verpflichtung der beklagten, die frühere befreiung von der versicherungspflicht gemäß § 6 abs. 5 satz 2 sgb vi auf die im streitigen zeitraum ausgeübte beschäftigung des klägers bei der beigeladenen zu 2) zu erstrecken, besteht nicht. nach dieser vorschrift erstreckt sich die befreiung von der versicherungspflicht in den fällen des § 6 abs. 1 nr. 1 und 2 sgb vi auch auf eine andere versicherungspflichtige tätigkeit, wenn diese infolge ihrer eigenart oder vertraglich im voraus zeitlich begrenzt ist und der versorgungsträger für die zeit der tätigkeit den erwerb einkommensbezogener versorgungsanwartschaften gewährleistet (vgl. bsg, urteil vom 31.10.2012, az.: b 12 r 3/11 r). die tatbestandlichen voraussetzungen sind vorliegend schon deshalb nicht erfüllt, weil es sich bei der beschäftigung der klägers bei der beigeladenen zu 2) nicht um eine von vornherein zeitlich begrenzte beschäftigung handelt. c.) der kläger kann auch nicht darauf vertrauen, dass der bescheid vom 25.04.2000 auch das beschäftigungsverhältnis bei der beigeladenen zu 2) umfasst. unabhängig davon, ob der vertrauensschutz über den grundsatz von treu und glauben oder, was im öffentlichen recht nahe liegt, über das rechtsstaatsprinzip und die grundrechte begründet wird: seine inanspruchnahme setzt neben dem vorhandensein und der kenntnis einer vertrauensgrundlage insbesondere die schutzwürdigkeit dessen, der sich darauf beruft, voraus (vgl. becker, zfa 2014, 87, 122 m.w.n.). hier mangelt es bereits am vorhandensein einer vertrauensgrundlage. der kläger selbst ist nicht davon ausgegangen, dass die befreiung im bescheid vom 25.04.2000 auch das beschäftigungsverhältnis bei der beigeladenen zu 2) umfasst. dafür spricht, dass der kläger bei aufnahme der streitgegenständlichen beschäftigung einen antrag auf befreiung stellte. hiermit brachte er zum ausdruck, dass auch er davon ausging, eine erneute befreiung beantragen zu müssen. so weist auch becker (a.a.o., 124) darauf hin, dass personen, die - nachdem sie selbst von dem ende einer früheren befreiung gewusst haben – für eine andere, zwischenzeitlich begonnene beschäftigung einen befreiungsantrag stellen, nicht schutzwürdig sind. soweit das bsg in seinen entscheidungen vom 03.04.2014 (az.: b 5 re 3/14 r, b 5 re 9/14 r, b 5 re 13/14 r) ausführte, dass inhaber einer begünstigenden befreiungsentscheidung - bezogen auf die jeweilige beschäftigung, für die die befreiung ausgesprochen wurde - ein rechtlich geschütztes vertrauen in den bestand dieser entscheidungen haben, folgt hieraus nur, dass die beklagte nicht rückwirkend in erteilte befreiungen nach § 48 sgb x eingreifen darf, was vorliegend nicht streitgegenständlich ist. 4.) das von der beklagten in anbetracht der rechtsprechung des bsg vom 03.04.2014 entwickelte eckpunktepapier ("information zur umsetzung der rechtsprechung des bundessozialgerichts vom 03.04.2014", bl. 73 ga) kann zu gunsten des klägers keine abweichende entscheidung rechtfertigen. es ist bereits keine gesetzliche grundlage dafür ersichtlich, die es der beklagten ermöglichen könnte, – über die rechtsprechung des bsg vom 03.04.2014 hinaus – großzügig weitere sachverhalte anzuerkennen, in denen befreiungsentscheidungen ausgesprochen werden dürfen. aus einer mithin rechtswidrigen verwaltungspraxis kann – wie vorstehend dargelegt – kein subjektives recht des versicherten abgeleitet werden. die kostenentscheidung folgt aus den §§ 183, 193 sgg.
Verklagte*r
0
342,577
8 A 513/19
2021-11-30T00:00:00
Urteil
Tenor Auf die Berufung des Beklagten wird das ohne mündliche Verhandlung ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 17. Januar 2019 geändert. Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet. Die Revision wird zugelassen. 1Tatbestand: 2Die Klägerin begehrt die Feststellung, dass das Betreten ihres Anlagengrundstücks am 10. Juli 2018 durch Mitarbeiter der Bezirksregierung Düsseldorf sowie die dabei erfolgte Anfertigung von Lichtbildern rechtswidrig waren. 3Die Klägerin betreibt auf dem vorgenannten Anlagengrundstück ein Sonderabfall-Zwischenlager (Lagerung besonders überwachungsbedürftiger und nicht besonders überwachungsbedürftiger Abfälle inklusive Abfallschlämme). Die Anlage fällt in den Anwendungsbereich der Richtlinie 2010/75/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 über Industrieemissionen (im Folgenden: Industrieemissions-Richtlinie). Grundlage dieses Anlagenbetriebs ist die (der N. Entsorgungsgesellschaft mbH erteilte) immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 15. Dezember 2004, die in Teil 3 „Nebenbestimmungen und Hinweise“ Nr. 1.7 Folgendes regelt: „Die Betreiberin hat den Bediensteten der Bezirksregierung und den für die Überwachung der Anlage zuständigen Behörden jederzeit Zutritt zur Anlage sowie Einsicht in die Betriebsbücher zu gestatten und sie bei der Erfüllung ihrer Aufgaben zu unterstützen.“ 4Die Bezirksregierung führt im Rahmen der Anlagenüberwachung regelmäßig Vor-Ort-Besichtigungen durch. Dabei behält sie sich, gestützt auf den Erlass „Risikobasierte Planung und Durchführung von medienübergreifenden Umweltinspektionen“ (im Folgenden: Umweltinspektionserlass), 5- siehe hinsichtlich des Zeitpunkts der streitbefangenen Vor-Ort-Besichtigung den Erlass des Ministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen (MKULNV NRW) in der Fassung vom 29. Mai 2015, nunmehr den Erlass des Ministeriums für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen (MULNV NRW) in der Fassung vom 17. September 2021 - 6vor, den Anlagenbetreibern die konkreten Termine, auch wenn diese nicht durch einen konkreten Verdacht für das Vorliegen von Unregelmäßigkeiten veranlasst sind, nicht vorher mitzuteilen, wobei nach Ziffer 4.2 des Umweltinspektionserlasses die unangekündigten (Regel-)Inspektionen einen Anteil von ca. 25 % ausmachen sollen. 7Eine unangekündigte Vor-Ort-Besichtigung auf dem Anlagengrundstück der Klägerin erfolgte am 8. Mai 2015 durch zwei Mitarbeiter der Bezirksregierung, Frau I. und Herrn T. . Der seinerzeit vor Ort anwesende Betriebsleiter, Herr X. , erklärte den Behördenmitarbeitern, dass die Klägerin mit der Begehung des Anlagengrundstücks bis zum Eintreffen eines Mitarbeiters aus der Genehmigungsabteilung in M. nicht einverstanden sei. Da die Behördenmitarbeiter dessen Eintreffen nicht abwarten wollten, führten sie die Anlagenbegehung selbstständig und ohne Begleitung eines Vertreters der Klägerin durch (vgl. den Vermerk über die Anlagenüberwachung am 8. Mai 2015). Hierbei wurden verschiedene Mängel der Anlage bzw. im Betriebsablauf festgestellt und entsprechende Lichtbilder gefertigt. Im Nachgang drohte die Bezirksregierung der Klägerin durch Bescheid vom 19. Mai 2015 die Festsetzung eines Zwangsgeldes in Höhe von 20.000,‑ Euro für den Fall an, dass diese „ab sofort der Ziffer 1.7 der Genehmigung vom 15.12.2004 […] nicht vollständig nachkommen“ sollte. Diesen Bescheid hob das Verwaltungsgericht Düsseldorf auf eine entsprechende Klage der Klägerin durch Gerichtsbescheid vom 21. April 2016 (3 K 3886/15) auf und stellte zugleich fest, dass die Anlagenbegehung am 8. Mai 2015 durch die Mitarbeiter der Bezirksregierung rechtswidrig gewesen sei; sie sei unverhältnismäßig gewesen, da sie zuvor nicht angemeldet worden sei. Nach Zulassung der Berufung gegen den vorgenannten Gerichtsbescheid durch den erkennenden Senat (8 A 999/16) nahm die Klägerin ihre Klage noch vor der anberaumten mündlichen Verhandlung mit Schriftsatz vom 22. Januar 2018 zurück, nachdem sich aus ihrer Sicht ‑ die zwischenzeitlich durchgeführten Vor-Ort-Kontrollen waren jeweils angekündigt worden - die Überwachungspraxis der Bezirksregierung so entwickelt habe, dass für sie zukünftig aller Voraussicht nach kein Anlass bestehen werde, das Betreten ihres Anlagengrundstücks zu verweigern. Nachdem der Beklagte der Klagerücknahme nicht innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des die Rücknahme enthaltenden Schriftsatzes widersprochen hatte, stellte der Senat das Verfahren ein und erklärte den Gerichtsbescheid vom 21. April 2016 durch Beschluss vom 13. Februar 2018 für wirkungslos. Schriftverkehr oder mündliche Absprachen darüber, wie bei Vor-Ort-Kontrollen der betreffenden Anlage zukünftig generell verfahren werden sollte, waren der Klagerücknahme nicht vorausgegangen. 8Am 10. Juli 2018 suchten erneut zwei Mitarbeiter der Bezirksregierung, Herr T. und Herr B. , das Anlagengrundstück der Klägerin ohne vorherige Ankündigung auf. In dem hierzu angefertigten Vermerk führte Herr T. aus, dass die Vor-Ort-Besichtigung im Rahmen des IED‑Überwachungsprogramms erfolgt sei (Anm.: IED ist die Abkürzung für Industrial Emissions Directive; hierbei handelt es sich um die englischsprachige Bezeichnung der Industrieemissions-Richtlinie). Auf eine vorherige Ankündigung sei verzichtet worden, da nach dem „Überwachungserlass“ des MULNV NRW vom 16. Mai 2018 - gemeint ist ein Erlass des Ministeriums, der sich mit der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts Düsseldorf auseinandersetzt und die nachgeordneten Behörden auffordert, dieser nicht zu folgen (vgl. Beiakte 2, Blatt 1) - auch unangekündigte Überwachungen durchgeführt werden sollten und die letzten drei Überwachungen vorher bekannt gegeben worden seien. Dass eine Inspektion spätestens am 18. Juli 2018 hätte erfolgen müssen, sei der Klägerin wegen der Kenntnis des Datums der letzten Überwachung (18. Juli 2016) sowie des Überwachungsintervalls von zwei Jahren bekannt. Zu Beginn der Inspektion hätten sich die Behördenmitarbeiter bei dem Niederlassungsleiter, Herrn T. , angemeldet. Dieser habe auf die „üblichen Regelungen“ bei der Klägerin verwiesen, womit nach Ansicht des Vermerkverfassers die vorherige Anmeldung gemeint gewesen sei. Er habe daraufhin auf den vorgenannten „Erlass“ verwiesen und auf die Durchführung der Inspektion bestanden. Herr T. , der einen anderen Termin gehabt habe, habe seinen Vertreter, Herrn X. , gebeten, die Anlage mit den Behördenmitarbeitern zu begehen, was sodann geschehen sei. Zum Schluss der Anlagenbegehung habe der Geschäftsführer der Klägerin angerufen und mitteilen lassen, dass dem Vermerkverfasser Hausverbot erteilt werde. Da die Begehung zu diesem Zeitpunkt abgeschlossen gewesen sei, sei auf den Erlass einer mündlichen Duldungsverfügung verzichtet und die Inspektion beendet worden. Während dieser Umweltinspektion wurden auch Lichtbilder gefertigt. 9Mit Schreiben vom 18. Juli 2018 an die Bezirksregierung rügte die Klägerin die am 10. Juli 2018 durchgeführte Inspektion, insbesondere den Umstand der unterbliebenen vorherigen Ankündigung. Dabei verwies sie u. a. darauf, dass Herr T. den Behördenmitarbeitern mitgeteilt habe, dass er weder mit der beabsichtigten Anlagenbegehung noch mit der Anfertigung von Lichtbildern einverstanden gewesen sei. Hierauf entgegnete die Bezirksregierung mit Schreiben vom 26. Juli 2018, auf der Grundlage des aus dem behördlichen Vermerk über die Anlagenbegehung am 10. Juli 2018 ersichtlichen Sachverhalts ergäben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass Herr T. mit dem Betreten der Anlage oder mit dem Fotografieren nicht einverstanden gewesen sei. Er habe vielmehr seinen Vertreter gebeten, die Behördenmitarbeiter bei der Begehung zu begleiten und Fragen zu beantworten. Zudem habe Herr T. , nachdem der Geschäftsführer der Klägerin, Herr Dr. T. M. , im Rahmen der am 3. März 2018 in einer anderen Anlage der Klägerin durchgeführten Umweltinspektion das Fotografieren akzeptiert habe, davon ausgehen dürfen, dass dies für alle weiteren Anlagen der Klägerin gelte. Mit Schreiben vom 6. September 2018 wies die Klägerin erneut darauf hin, dass Herr T. kein Einverständnis für das Betreten des Anlagengrundstücks erteilt habe. Er habe lediglich Herrn X. zur Begleitung der illegalen Anlagenbegehung abgestellt, nachdem Herr T. sich unter Verweis auf den neuen Erlass nicht habe aufhalten lassen. Zudem habe Herr T. Herrn T. ausdrücklich auf das Fotografierverbot hingewiesen, entsprechende Schilder seien unübersehbar in der Anlage ausgehängt. Von einem stillschweigenden Einvernehmen könne deshalb nicht ausgegangen werden. 10Am 13. August 2018 fand eine weitere Vor-Ort-Besichtigung der Anlage der Klägerin statt, die die Bezirksregierung als „2. Teil der Umweltinspektion“ bezeichnete. Auf Grundlage der Inspektionen vom 10. Juli und 13. August 2018 fertigte sie unter dem 12. Oktober 2018 einen Umweltinspektionsbericht an. Dieser hält als Ergebnis verschiedene als „geringfügig“ und als „erheblich“ deklarierte Mängel fest. Dieser zur Veröffentlichung im Internet bestimmte Umweltinspektionsbericht ist Gegenstand des beim Verwaltungsgericht Düsseldorf anhängigen Klageverfahrens (3 K 9484/18). Auf den zugleich gestellten Antrag der Klägerin auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes gab das Verwaltungsgericht dem Beklagten durch Beschluss vom 8. Januar 2019 (3 L 3420/18) auf, den Umweltinspektionsbericht vom 12. Oktober 2018 nur mit (näher geregeltem) eingeschränktem Inhalt zu veröffentlichen. Die dagegen gerichtete Beschwerde des Beklagten wies der Senat durch Beschluss vom 28. August 2020 (8 B 128/19) zurück. 11Die Klägerin hat am 22. Oktober 2018 Klage erhoben, mit der sie die Feststellung begehrt, dass das Betreten ihres Anlagengrundstücks am 10. Juli 2018 durch Mitarbeiter der Bezirksregierung Düsseldorf sowie die dabei erfolgte Anfertigung von Lichtbildern rechtswidrig waren. Zur Begründung hat sie im Wesentlichen vorgetragen: Unter Berücksichtigung der maßgeblichen Umstände des konkreten Einzelfalls sei die Bezirksregierung nicht berechtigt gewesen, das Anlagengrundstück unangemeldet und ohne Gestattung zu betreten. Im Regelfall sei aus Gründen der Verhältnismäßigkeit eine Ankündigung der Inspektion geboten, nicht zuletzt um dem Anlagenbetreiber zu ermöglichen, an der Inspektion mit verantwortlichen Personen aus der Geschäftsführung, Niederlassungs- oder Betriebsleitung teilnehmen zu können. Weder in dem Behördenvermerk über den Inspektionstermin noch aus dem Verwaltungsvorgang ergebe sich ein plausibler Grund für die nicht erfolgte Ankündigung. Darüber hinaus sei die Anlagenbegehung am 10. Juli 2018 auch deswegen rechtswidrig gewesen, weil die Bezirksregierung eine schriftliche oder mündliche Verfügung, den Zutritt zu gestatten, nicht erlassen habe. Dies wäre aber erforderlich gewesen, weil der Niederlassungsleiter, Herr T. , das für das Betreten des Anlagengrundstücks notwendige Einverständnis nicht erteilt habe. Auf die Nebenbestimmung Nr. 1.7 der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung vom 15. Dezember 2004 könne die Anlagenbegehung nicht gestützt werden, da diese lediglich deklaratorisch das wiederhole, was § 52 Abs. 2 Satz 1 BImSchG ohnehin bereits vorsehe. Unabhängig davon enthalte diese Nebenbestimmung lediglich eine Verpflichtung zur Gestattung, nicht jedoch die Gestattung selbst. Mangels Vorliegens einer gegenwärtigen Gefahr hätten auch die Voraussetzungen für einen Sofortvollzug nach § 55 Abs. 2 VwVG NRW nicht vorgelegen. Die Anfertigung von Lichtbildern anlässlich des Inspektionstermins am 10. Juli 2018 sei ebenfalls rechtswidrig gewesen. Eine entsprechende Zustimmung sei den Behördenmitarbeitern nicht erteilt worden. Eine Ermächtigungsgrundlage, Lichtbilder ohne Zustimmung des Anlagenbetreibers anzufertigen, ergebe sich weder aus § 52 Abs. 1 bzw. Abs. 2 Satz 1 BImSchG noch aus §§ 24, 26 VwVfG NRW. Das Fotografieren von betrieblichen Einrichtungen der Betriebsstätte ohne Erlaubnis beeinträchtige das grundrechtlich geschützte Persönlichkeitsrecht des Unternehmens. Zu berücksichtigen sei, dass die im Rahmen einer Umweltinspektion gegen den Willen des Anlagenbetreibers aufgenommenen Fotos Gegenstand der Überwachungsakte würden und damit grundsätzlich auf der Grundlage von Umweltinformationsansprüchen jedermann zur Einsicht zur Verfügung stünden. Es sei außerdem nicht auszuschließen, dass das nicht genehmigte Fotografieren der Überwachungsbehörde eine Einsichtnahme in Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse ermögliche. 12Die Klägerin hat beantragt, 13festzustellen, dass das Betreten des Anlagengrundstücks der Klägerin durch Mitarbeiter der Bezirksregierung am 10. Juli 2018 rechtswidrig gewesen ist, 14festzustellen, dass das Fotografieren am Betriebsstandort nach dem Betreten des Anlagengrundstücks der Klägerin durch Mitarbeiter der Bezirksregierung am 10. Juli 2018 rechtswidrig gewesen ist. 15Der Beklagte hat beantragt, 16die Klage abzuweisen. 17Zur Begründung hat er im Wesentlichen vorgetragen: Die Begehung des Anlagengrundstücks am 10. Juli 2018 sei mit Zustimmung des Niederlassungsleiters erfolgt. Eine explizite Aussage, dass den Behördenmitarbeitern der Zutritt zum Gelände der Klägerin nicht gestattet werde, sei nicht getätigt worden. Anderenfalls wäre eine mündliche Ordnungsverfügung erlassen worden. Selbst wenn eine Zustimmung zur Anlagenbegehung nicht vorgelegen habe, sei die Durchführung der unangekündigten Überwachung gemäß § 52 Abs. 2 Satz 1 BImSchG zulässig gewesen. Das behördliche Zutrittsrecht hänge weder davon ab, ob konkrete Anhaltspunkte vorlägen, die ein behördliches Einschreiten notwendig machten, noch von einer vorgeschalteten Ankündigung. Sinn und Zweck der Überwachungspflicht nach § 52 BImSchG sei es, zu überprüfen, ob der Betreiber einer nach § 4 BImSchG genehmigten Anlage die erforderlichen gesetzlichen Vorgaben zum Schutz der menschlichen Gesundheit und der Umwelt einhalte. Diesem Zweck liefe es zuwider, wenn eine unangekündigte Überwachung nur in konkreten Ausnamefällen und bei einem konkreten Verdacht durchgeführt werden dürfte. Auch das Anfertigen der Lichtbilder sei rechtmäßig erfolgt. Auf Nachfrage von Herrn T. habe der Vertreter des Niederlassungsleiters, Herr X. , das Fotografieren erlaubt. Außerdem habe der Geschäftsführer der Klägerin, Herr Dr. T. M. , das Fotografieren bei einer Umweltinspektion im März 2018 an einem anderen Standort der Klägerin akzeptiert. Insofern hätten die Behördenmitarbeiter davon ausgehen dürfen, dass dieser mit den Fotografien einverstanden sei. Hinzu komme, dass in der Anfertigung der Fotodokumentation kein Eingriff in die Grundrechte der Klägerin liege. Selbst wenn man von einem Grundrechtseingriff ausginge, wäre dieser gerechtfertigt. Die Aufnahme der Lichtbilder als Abbild der Anlage sei allein im Rahmen der Überwachungstätigkeit zu Dokumentationszwecken erfolgt und vom weit auszulegenden Prüfungsrecht nach § 52 Abs. 2 Satz 1 BImSchG umfasst. 18Durch das ohne mündliche Verhandlung ergangene Urteil vom 17. Januar 2019 hat das Verwaltungsgericht der Klage stattgegeben und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Die Bezirksregierung könne sich für das unangekündigte Betreten des Anlagengrundstücks nicht auf eine taugliche Ermächtigungsgrundlage berufen. Die Regelung des § 52 Abs. 2 Satz 1 BImSchG schreibe der Behörde nicht stets eine vorherige Anmeldung oder stets die zwingende Anwesenheit des Anlagenbetreibers vor. Andererseits erlaube sie wegen des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit nicht generell unangekündigte Besichtigungen. Dies komme etwa dann in Betracht, wenn ansonsten die berechtigte Gefahr bestünde, dass der Zweck der Besichtigung vereitelt werden würde. Dies sei hier jedoch nicht der Fall gewesen. Auch der Erlass, auf den sich die Vertreter der Bezirksregierung berufen hätten, sowie die Nebenbestimmung Nr. 1.7 der Anlagengenehmigung vom 15. Dezember 2004 seien keine tauglichen Ermächtigungsgrundlagen gewesen. Mangels vollziehbarer Grundverfügung gegenüber der Klägerin sei auch kein Fall des sog. gestreckten Verfahrens gemäß § 55 Abs. 1 VwVG NRW anzunehmen; die Voraussetzungen des sog. sofortigen Vollzugs nach § 55 Abs. 2 VwVG NRW lägen mangels Eilbedürftigkeit nicht vor. Infolge dessen unterlägen auch die während der rechtswidrigen Anlagenbegehung gefertigten Fotos einem Verwertungsverbot. 19Zur Begründung der vom Senat zugelassenen Berufung trägt der Beklagte im Wesentlichen vor: Die Behördenmitarbeiter hätten aufgrund des Verhaltens des Herrn T. davon ausgehen dürfen, dass dieser mit der Durchführung der Inspektion einverstanden sei. Zudem sei das Betreten des Anlagengrundstücks der Klägerin am 10. Juli 2018 von der Ermächtigungsgrundlage des § 52 Abs. 2 Satz 1 BImSchG gedeckt. Aus der Gesetzesbegründung ergebe sich, dass der Gesetzgeber von einer Pflicht zur Duldung der Überwachungsmaßnahme ausgegangen sei. Eine Duldung beinhalte schon dem allgemeinen Sprachgebrauch nach gerade nicht das Einbezogenwerden in eine Entscheidung oder einen Überwachungsvorgang. Daher könne die Überwachungsmaßnahme zum einen nicht vom Willen des Anlagenbetreibers abhängen; zum anderen setze § 52 Abs. 2 Satz 1 BImSchG auch nicht generell voraus, dass der Anlagenbetreiber auf die Überwachungsmaßnahme vorbereitet sei, diese also mit zeitlichem Vorlauf anzukündigen wäre. Eine andere Auslegung werde dem Sinn und Zweck der Überwachungsnorm nicht gerecht. Das Betretungsrecht solle der zuständigen Behörde eine wirksame Überwachungstätigkeit ermöglichen. Es diene der Informationsgewinnung und letztlich der Beurteilung, ob die zu überprüfende Anlage den rechtlichen Vorgaben entsprechend betrieben werde und die von ihr ausgehenden potentiellen Gefahren in einem zu akzeptierenden Ausmaß blieben. Die Ankündigung der Überwachung biete dem Anlagenbetreiber die Möglichkeit zur gezielten Vorbereitung des angekündigten Überwachungstermins. Die Erfahrungen langjähriger behördlicher Überwachungspraxis zeigten, dass eine erhöhte Wahrscheinlichkeit von Rechtsverstößen für die Überwachungsbehörde im Vorfeld einer Inspektion kaum erkennbar sei. Zudem habe eine neueste Auswertung von Umweltinspektionen bei Anlagen, die - wie diejenige der Klägerin - in den Anwendungsbereich der Industrieemissions-Richtlinie fielen, durch das MULNV NRW ergeben, dass bei unangekündigten Umweltinspektionen an solchen Anlagen verhältnismäßig mehr Mängel und zudem eine verhältnismäßig höhere Mängelschwere festgestellt würden als bei angekündigten Umweltinspektionen. Auch außerhalb des Anwendungsbereichs des Bundes-Immissionsschutzgesetzes seien unangekündigte, anlasslose Kontrollen durch die Überwachungsbehörden die Regel und nicht die Ausnahme, so im Gewerbe-, Arzneimittel-, Gaststätten- und Lebensmittelrecht. Die unangekündigte Umweltinspektion am 10. Juli 2018 sei auch im Übrigen verhältnismäßig gewesen. Der Überwachungstermin habe der turnusmäßigen Überwachung der Anlage der Klägerin, die nach den entsprechenden Überwachungsplänen alle zwei Jahre zu überwachen sei, gedient. Die damit verbundene Belastung der Klägerin stehe nicht außer Verhältnis zum verfassungsrechtlichen Gewicht des mit der immissionsschutzrechtlichen Überwachung verfolgten Zwecks und den damit verbundenen Interessen der Allgemeinheit. Der Schutz von Leib und Leben genieße in der verfassungsrechtlichen Werteordnung einen besonders hohen Rang und sei höher anzusiedeln als der Schutz der Klägerin vor Störungen ihres Besitzes. Aufgrund der Qualität der Anlage als potentielle Gefahrenquelle könne vom Anlagenbetreiber auch verlangt werden, jederzeit eine befähigte Person zur Verfügung zu stellen, die über die erforderlichen Fachkenntnisse zur Erklärung der Abläufe verfüge sowie über Spezialkenntnisse über den jeweiligen Betrieb. Eine unangekündigte Kontrolle der Anlage stelle somit für den Anlagenbetreiber aus betriebsorganisatorischen Gründen keine besondere Herausforderung dar. Die Anfertigung von Lichtbildern im Rahmen der Anlagenbegehung am 10. Juli 2018 sei ebenfalls rechtmäßig erfolgt. Die Ermächtigung hierfür folge aus § 52 BlmSchG und sei Teil des weit auszulegenden Überwachungs- und Prüfungsrechts der Überwachungsbehörde. Die Anfertigung von Lichtbildern sei zwingend notwendig, um eine Überwachungstätigkeit zu gewährleisten. Zudem sei die Behörde in einem sich ggf. anschließenden verwaltungsgerichtlichen Verfahren verpflichtet, das Vorliegen rechtswidriger Zustände nachzuweisen. Hierfür dienten die Fotografien ebenfalls. 20Im Hinblick auf die derzeitige Gefährdung durch das Coronavirus seien die Kontrollen zuletzt stets zuvor angekündigt worden, weil den Anlagenbetreibern Gelegenheit zu einer angemessenen Vorbereitung, insbesondere mit Blick auf erforderliche Mindestabstände bei Gesprächen, gegeben werden solle. Grundsätzlich halte der Beklagte aber an der Auffassung fest, dass es in einem gewissen Umfang auch unvermutete Kontrollen geben müsse. 21Der Beklagte beantragt, 22das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 17. Januar 2019 zu ändern und die Klage abzuweisen. 23Die Klägerin beantragt, 24die Berufung zurückzuweisen. 25Zur Begründung macht sie im Wesentlichen geltend: Eine Einverständniserklärung mit der Anlagenbegehung am 10. Juli 2018 habe Herr T. nicht abgegeben. Die Begleitung der Behördenvertreter durch den stellvertretenden Niederlassungsleiter, Herrn X. , sei lediglich aus Sicherheitsaspekten erfolgt. Damit sei das Betreten des Anlagengrundstücks nicht im Sinne des § 52 Abs. 2 Satz 1 BImSchG gestattet gewesen. Nach dem allgemeinen Sprachgebrauch heiße „gestatten“ so viel wie „einwilligen, dass jemand etwas tut oder lässt“, und damit ein Mehr in Richtung des Zutrittgewährens gegenüber dem bloßen Geschehenlassen. Zudem ermächtige § 52 Abs. 2 Satz 1 BImSchG die zuständige Behörde jeweils (nur) zu verhältnismäßigen Maßnahmen. Das behördliche Betreten einer Betriebsstätte im Rahmen einer unangekündigten Überwachung stelle einen intensiveren (Grund-)Rechtseingriff dar als das Betreten bei einer angekündigten Überwachung. Werde der Überwachungstermin angekündigt, könne der Anlagenbetreiber seine Terminplanung mit entsprechendem Vorlauf von vornherein an den Eckdaten des beabsichtigten behördlichen Überwachungstermins ausrichten und damit einhergehende Betriebsbeeinträchtigungen mittels betriebsorganisatorischer Maßnahmen zumindest minimieren. Daher müsse der Überwachungstermin im Hinblick auf den Grundsatz der Erforderlichkeit angekündigt werden, soweit der Zweck des Zutritts- und Prüfungsrechts dadurch nicht vereitelt werde. Auch der Richtliniengeber der Industrieemissions-Richtlinie scheine in Art. 23 Abs. 1 Unterabs. 2 von dem angekündigten Überwachungstermin als Regelfall auszugehen. Ferner sei zu beachten, dass der Anlagenbetreiber im Hinblick auf seine betriebliche Organisationshoheit grundsätzlich einen Anspruch darauf habe, diejenigen natürlichen Personen (insbesondere Geschäftsführer, bestimmte verantwortliche bzw. mit besonderer Fachkunde ausgestattete Mitarbeiter, wie Niederlassungsleiter, Betriebsleiter und/oder Umweltbeauftragte sowie externe Personen wie z. B. vom Anlagenbetreiber beauftragte externe Sachverständige oder Rechtsanwälte) zu bestimmen, die an einem konkreten behördlichen Überwachungstermin teilnehmen sollen. Dies sei dem Anlagenbetreiber jedoch nur dann möglich, wenn ihm der Überwachungstermin rechtzeitig vorher durch die Behörde angekündigt werde. Daher bedürfe jeder behördliche Verzicht auf die Ankündigung eines Überwachungstermins stets einer besonderen Rechtfertigung im Einzelfall. Ein sachlicher Grund für den Ankündigungsverzicht sei hier nicht gegeben und von der Bezirksregierung in ihren Verwaltungsvorgängen auch nicht dokumentiert. Darüber hinaus seien unangekündigte Vor-Ort-Besichtigungen im Vergleich zu angekündigten nicht besser geeignet, dem Überwachungszweck zu dienen. Bezüglich der vom Beklagten vorgelegten Auswertungen von Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie in Nordrhein-Westfalen stehe bereits die Repräsentativität der Erhebung bzw. die Vergleichbarkeit der erhobenen Daten in Frage. Insbesondere sei nicht ersichtlich, welche Anlagen jeweils konkret betroffen gewesen und welche Mängel aus welchen Gründen angeblich jeweils festgestellt worden seien. Insoweit liege aber die Annahme nicht fern, dass die angeblich geringere „Mängelquote“ bei angekündigten behördlichen Überwachungen gerade auf Selbstkorrekturen der Anlagenbetreiber zurückzuführen seien, die diese anlässlich der behördlichen Ankündigung vornähmen. Soweit der Beklagte einen Vergleich zu dem Vollzug anderer Überwachungsbehörden anstelle, verkenne er, dass sowohl die Klägerin als auch das Verwaltungsgericht nicht davon ausgingen, das Bundes-Immissionsschutzgesetz lasse ausnahmslos nur angekündigte Überwachungstermine zu. Die Anfertigung von Lichtbildern bzw. das Erstellen einer Fotodokumentation sei ebenfalls ohne das Einverständnis der Klägerin erfolgt. Ein solches Einverständnis könne nicht aus dem Schweigen des stellvertretenden Niederlassungsleiters, Herrn X. , abgeleitet werden. Zudem habe der Niederlassungsleiter, Herr T. , die Mitarbeiter der Bezirksregierung ausdrücklich auf das (diesen bekannte) Fotografierverbot hingewiesen, ein Verbotsschild sei darüber hinaus auch unübersehbar in der Anlage ausgehängt. Auf eine gesetzliche Ermächtigungsgrundlage für das Fotografieren von Zuständen auf dem Anlagengelände, das einen Grundrechtseingriff darstelle, könne sich der Beklagte ebenfalls nicht mit Erfolg berufen. Insbesondere stelle § 52 Abs. 2 Satz 1 BImSchG keine solche dar, da dort das Erstellen von Fotodokumentationen nicht erwähnt sei. Selbst wenn man hiervon ausginge, habe es hier jedenfalls an der zur Überwindung des ausgesprochenen Fotografierverbots erforderlichen behördlichen Verfügung gefehlt. Der Anlagenbetreiber könne unproblematisch eigene Fotos anfertigen, worin notwendig kein Eingriff in seine Rechte zu sehen wäre. Die behördliche Dokumentation eines Kontrolltermins könne zudem schriftlich erfolgen, indem die Behörde während des Termins entsprechende Notizen fertige, womit ebenfalls kein Eingriff in Rechte des Anlagenbetreibers verbunden sei. In der Vergangenheit seien behördliche Umweltinspektionen auch unproblematisch ohne das begleitende Anfertigen von Fotos durch die Überwachungsbehörde ausgekommen. 26In der am 27. August 2021 durchgeführten mündlichen Verhandlung hat die Klägerin die Rücknahme der Klage erklärt. Die Bezirksregierung Düsseldorf hat mit Schriftsatz vom 7. September 2021 mitgeteilt, dass sie der Klagerücknahme nicht zustimme. Der Senat hat durch Beschluss vom 8. September 2021 die mündliche Verhandlung wiedereröffnet und den Beteiligten unter Berücksichtigung der Erörterung der Sach- und Rechtslage in der mündlichen Verhandlung rechtliche Hinweise erteilt. 27Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte dieses Verfahrens sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten, ferner die beigezogenen Gerichtsakten 3 K 3886/15 VG Düsseldorf (8 A 999/16 OVG), 3 K 9484/18 VG Düsseldorf und 3 L 3420/18 VG Düsseldorf (8 B 128/19 OVG) verwiesen. 28Entscheidungsgründe: 29Die zulässige Berufung des Beklagten ist begründet. Das Verwaltungsgericht hat der Klage zu Unrecht stattgegeben. Die nicht wirksam zurückgenommene (dazu I.) Klage der Klägerin hat weder mit dem ersten (dazu II.) noch mit dem zweiten Feststellungsantrag (dazu III.) Erfolg. 30I. Das gerichtliche Verfahren ist nicht durch die von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung am 27. August 2021 erklärte Klagerücknahme beendet worden. Diese Prozesserklärung ist nicht wirksam geworden, da der Beklagte mit Schriftsatz vom 7. September 2021 erklärt hat, der Klagerücknahme nicht zuzustimmen (§ 125 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 92 Abs. 1 Satz 2 VwGO). Die Klagerücknahme in zweiter Instanz setzt stets die Einwilligung des Beklagten voraus, auch wenn das Verwaltungsgericht - wie hier - ohne mündliche Verhandlung entschieden hat. 31Vgl. Seibert, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 125 Rn. 30. 32Dementsprechend war die mündliche Verhandlung wiederzueröffnen (vgl. Beschluss vom 8. September 2021) und über die Berufung durch Urteil zu entscheiden. 33II. Der erste Feststellungsantrag ist zulässig (dazu 1.), aber unbegründet (dazu 2.). 341. Die mit dem ersten Klageantrag begehrte Feststellung, dass das Betreten des Anlagengrundstücks der Klägerin durch Mitarbeiter der Bezirksregierung am 10. Juli 2018 rechtswidrig war, ist als Feststellungsklage gemäß § 43 Abs. 1 VwGO statthaft und auch im Übrigen zulässig. 35a) Gemäß § 43 Abs. 1 VwGO kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat. Unter einem feststellungsfähigen Rechtsverhältnis sind die rechtlichen Beziehungen zu verstehen, die sich aus einem konkreten Sachverhalt aufgrund einer öffentlich-rechtlichen Norm für das Verhältnis von (natürlichen oder juristischen) Personen untereinander oder einer Person zu einer Sache ergeben. Unabhängig von der Frage der Konkretisierung des Rechtsverhältnisses setzt ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis voraus, dass zwischen den Beteiligten dieses Rechtsverhältnisses ein Meinungsstreit besteht, aus dem heraus sich eine Seite berühmt, ein bestimmtes Tun oder Unterlassen der anderen Seite verlangen zu können. Es müssen sich also aus dieser Rechtsbeziehung heraus bestimmte Rechtsfolgen ergeben können, was wiederum die Anwendung von bestimmten Normen auf den konkreten Sachverhalt voraussetzt. Daran fehlt es, wenn nur abstrakte Rechtsfragen wie die Gültigkeit einer Norm zur Entscheidung gestellt werden. Auch bloße Vorfragen oder unselbstständige Elemente eines Rechtsverhältnisses können nicht Gegenstand einer Feststellungsklage sein. 36Vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Januar 2010 ‑ 8 C 19.09 -, juris Rn. 24, m. w. N. 37Das erste Feststellungsbegehren der Klägerin bezieht sich auf das am 10. Juli 2018 erfolgte Betreten ihres Anlagengrundstücks durch zwei Mitarbeiter der Bezirksregierung. Hierbei handelt es sich um ein konkretes Rechtsverhältnis, auf das eine öffentlich-rechtliche Norm (§ 52 Abs. 2 Satz 1 BImSchG bzw. § 47 Abs. 3 Satz 2 KrWG) Anwendung findet. Es besteht auch eine Meinungsverschiedenheit zwischen den Beteiligten über die Rechtmäßigkeit der Vor-Ort-Besichtigung, namentlich, ob es einer vorherigen Ankündigung des konkreten Termins bedurfte. 38Für die begehrte Feststellung besteht auch das gemäß § 43 Abs. 1 VwGO erforderliche Feststellungsinteresse. Hinsichtlich der nicht erfolgten Ankündigung des konkreten Termins bzw. des - die Richtigkeit ihres Vortrags unterstellt - fehlenden Einverständnisses mit der Anlagenbegehung durch die Klägerin folgt das besondere Feststellungsinteresse aus der Wiederholungsgefahr, also der konkret absehbaren Möglichkeit, dass in naher Zukunft und unter im Wesentlichen unveränderten tatsächlichen und rechtlichen Umständen eine gleiche oder gleichartige Maßnahme des Beklagten zu erwarten ist, die die Klägerin beschwert. 39Vgl. BVerwG, Urteil vom 27. April 2021 ‑ 1 C 13.19 -, juris Rn. 16, m. w. N. 40Die Bezirksregierung ist gemäß § 52 Abs. 1 Satz 1, Abs. 1b BImSchG zur regelmäßigen Überwachung der Anlage der Klägerin verpflichtet. Hierzu gehören insbesondere Vor-Ort-Besichtigungen (vgl. § 52 Abs. 1b Satz 2 BImSchG). Diese hat die Bezirksregierung Düsseldorf in der Vergangenheit ohne vorherige Ankündigung durchgeführt und behält sich dies unter Verweis auf den Umweltinspektionserlass auch für die Zukunft vor. 41Das Feststellungsinteresse ist nicht deshalb ganz oder teilweise entfallen, weil die zurückliegenden Regelkontrollen nach den übereinstimmenden Angaben der Beteiligten stets zuvor angekündigt worden waren. Denn der Umstand, dass die Mitarbeiter der Bezirksregierung derartige Kontrollen derzeit zuvor ankündigen, beruht nicht auf einer Änderung der Rechtsauffassung des Beklagten, sondern dient mit Blick auf die Corona-Pandemie der Reduzierung von Infektionsgefahren, weil dem Anlagenbetreiber so Gelegenheit gegeben werden soll, bei Besprechungen für die Einhaltung der nötigen Maßnahmen Sorge zu tragen. Die Änderung der Verwaltungspraxis ist daher nach gegenwärtigem Sachstand lediglich vorübergehender Natur. 42Darüber hinaus folgt das Feststellungsinteresse - auch bezüglich der übrigen Einzelfallumstände der am 10. Juli 2018 durchgeführten Anlagenbegehung - aus dem Gebot des effektiven Rechtsschutzes gemäß Art. 19 Abs. 4 GG. Das Betreten bzw. Besichtigen des Anlagengrundstücks erledigt sich mit Beendigung der Vor-Ort-Besichtigung und damit typischerweise derart kurzfristig, dass sie ohne die Annahme eines Feststellungsinteresses regelmäßig keiner Überprüfung im gerichtlichen Hauptsacheverfahren zugeführt werden könnte. 43Vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Mai 2013 ‑ 8 C 14.12 -, juris Rn. 31 f., m. w. N. 44b) Die Klägerin ist auch in entsprechender Anwendung des § 42 Abs. 2 VwGO, 45vgl. zu diesem Erfordernis: BVerwG, Urteil vom 5. Juli 2018 - 3 C 21.16 -, juris Rn. 21, 46klagebefugt, da nicht von vornherein ausgeschlossen ist, dass das Betreten des Anlagengrundstücks am 10. Juli 2018 rechtswidrig war und sie in ihren Grundrechten verletzte. 47c) Der Zulässigkeit der Feststellungsklage steht auch nicht die in § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO angeordnete Subsidiarität entgegen. Diese Vorschrift regelt das Verhältnis der Feststellungsklage zur Gestaltungs- oder Leistungsklage. Einen Verwaltungsakt im Sinne des § 35 Satz 1 VwVfG NRW in Form einer Duldungsverfügung hat die Bezirksregierung - wovon die Beteiligten übereinstimmend ausgehen - am 10. Juli 2018 weder ausdrücklich noch konkludent erlassen. Auch der bloße Hinweis in Teil 3 „Nebenbestimmungen und Hinweise“ Nr. 1.7 des Genehmigungsbescheides 15. Dezember 2004 auf die Pflichten des Anlagebetreibers nach § 52 Abs. 2 BImSchG stellt - wovon die Bezirksregierung inzwischen ebenfalls ausgeht - keine eigenständige Grundlage für eine zwangsweise Durchsetzung einer verweigerten Vor-Ort-Besichtigung dar, macht mithin den Erlass einer Duldungsverfügung vor Androhung und Festsetzung von Zwangsmitteln nicht entbehrlich. 482. Der erste Feststellungsantrag ist unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die begehrte Feststellung, weil das Betreten ihres Anlagengrundstücks am 10. Juli 2018 durch zwei Mitarbeiter der Bezirksregierung rechtmäßig war. 49Entsprechend dem Vorbringen der Beteiligten hat das Verwaltungsgericht die Rechtmäßigkeit der an diesem Tag erfolgten Anlagenbegehung an den Anforderungen des § 52 Abs. 2 Satz 1 Var. 1 BImSchG gemessen. Da dessen Voraussetzungen vorlagen (dazu a)), kann dahinstehen, ob die Bezirksregierung Düsseldorf das Anlagengrundstück der Klägerin auch auf der Grundlage des § 47 Abs. 3 Satz 2 KrWG betreten durfte (dazu b)). 50a) Die am 10. Juli 2018 durchgeführte, der Klägerin zuvor nicht angekündigte Vor-Ort-Besichtigung findet ihre Rechtsgrundlage in §§ 52 Abs. 1 Satz 1, Abs. 1b, Abs. 2 Satz 1 Var. 1 BImSchG. 51aa) § 52 Abs. 1 Satz 1 BImSchG begründet eine allgemeine Überwachungspflicht hinsichtlich der Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes und der auf dieses Gesetz gestützten Rechtsverordnungen. Anlagen, die - wie diejenige der Klägerin (vgl. Ziffer 5.5 des Anhangs I der Industrieemissions-Richtlinie: zeitweilige Lagerung von gefährlichen Abfällen mit einer Gesamtkapazität von über 50 t) - in den Anwendungsbereich der Industrieemissions-Richtlinie fallen, die in ihrem Art. 23 die Regelung und Durchführung von routinemäßigen sowie nicht routinemäßigen Umweltinspektionen vorschreibt, unterliegen gemäß § 52 Abs. 1b Satz 1 BImSchG der regelmäßigen Überwachung durch die zuständige Behörde, die hierfür Überwachungspläne und Überwachungsprogramme gemäß § 52a BImSchG aufstellt. Zu dieser regelmäßigen Überwachung gehören gemäß § 52 Abs. 1b Satz 2 BImSchG u. a. Vor-Ort-Besichtigungen. 52Zur effektiven Durchführung der (regelmäßigen) Überwachung verpflichtet § 52 Abs. 2 Satz 1 Var. 1 BImSchG Eigentümer und Betreiber von Anlagen sowie die Eigentümer und Besitzer von Grundstücken, auf denen solche Anlagen betrieben werden, den Angehörigen der zuständigen Behörde und deren Beauftragten Zutritt zu den Grundstücken zu gestatten. Das hiermit korrespondierende behördliche Betretungsrecht beinhaltet nicht nur eine passive Pflicht, das Betreten zu dulden, sondern erfordert - im Sinne von „ermöglichen“ - unter Umständen auch aktive Mitwirkungshandlungen des Verpflichteten, etwa indem verschlossene Türen geöffnet oder andere dem Zugang entgegenstehende Hindernisse beseitigt werden. 53Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 4. Juni 2021 ‑ 8 B 165/21 -, juris 13 f.; Kenyeressy, in: Appel/Ohms/Saurer, BImSchG, 2021, § 52 Rn. 74; Lechelt, in: Führ, GK‑BImSchG, 2. Aufl. 2019, § 52 Rn. 46; Hansmann/Röckinghausen, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, § 52 BImSchG Rn. 63 (Stand der Kommentierung: Januar 2014); Feldhaus, in: ders., Bundesimmissionsschutzrecht, § 52 BImSchG Rn. 47 (Stand der Kommentierung: 1. November 2010). 54Neben der Begehung als solcher umfasst das Zutrittsrecht auch das Recht zur visuellen Wahrnehmung der für die Überwachungstätigkeit erforderlichen Informationen. § 52 Abs. 2 Satz 1 Var. 1 BImSchG regelt damit eine allgemeine Betretungs- und Besichtigungsbefugnis der zuständigen Behörden. 55Vgl. BVerwG, Urteil vom 25. August 1999 ‑ 8 C 12.98 -, juris Rn. 39; OVG NRW, Beschluss vom 4. Juni 2021 - 8 B 165/21 -, juris 15 f.; Mösbauer, NVwZ 1985, 457 (459); Lechelt, in: Führ, GK-BImSchG, 2. Aufl. 2019, § 52 Rn. 45; Jarass, BImSchG, 13. Aufl. 2020, § 52 Rn. 41; Feldhaus, in: ders., Bundesimmissionsschutzrecht, § 52 BImSchG Rn. 47 (Stand der Kommentierung: 1. November 2010); Schwertner, in: Giesberts/Reinhardt, BeckOK Umweltrecht, § 52 BImSchG Rn. 10 (Stand der Kommentierung: 1. Juli 2021). 56Dabei hängt das der Behörde vom Gesetzgeber eingeräumte Betretungs- und Besichtigungsrecht entgegen der Auffassung der Klägerin nicht von einem positiven Willensakt des Anlagenbetreibers im Sinne einer Entscheidung ab, die Kontrolle zu billigen oder mit ihr einverstanden zu sein. Die Gestattungspflicht zielt stattdessen (lediglich) auf ein tatsächliches Verhalten des Kontrollierten, die Kontrolle nicht zu verhindern bzw. ‑ soweit eine Mitwirkung beispielsweise durch Öffnen von Türen oder Behältern, durch Vorlage von Unterlagen oder nach § 52 Abs. 2 Satz 4 BImSchG durch Bereitstellung von Arbeitskräften etc. erforderlich ist - mitzuwirken. Eine Auslegung, nach der eine Kontrolle von einer ausdrücklichen bzw. konkludenten Zustimmung des Kontrollierten abhängig wäre, entspricht weder dem Sinn und Zweck der Regelung noch der damit verfolgten Intention des Gesetzgebers. § 52 Abs. 2 Satz 1 Var. 1 BImSchG ist seit seiner Verkündung am 21. März 1974 (BGBl. I S. 721) unverändert geblieben und entspricht dem Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 14. Februar 1973 (BT‑Drs. 7/179, S. 13; dort noch als § 44 BImSchG geführt). Der Gesetzesbegründung zufolge verpflichtet diese Vorschrift „die Eigentümer und Betreiber von Anlagen sowie die Eigentümer und Besitzer von Grundstücken, auf denen solche Anlagen betrieben werden, die nach diesem Gesetz erforderlichen Überwachungsmaßnahmen zu dulden und ggf. zu fördern. Zu diesem Zweck haben sie den Zutritt zu den Grundstücken und die Vornahme von Prüfungen zu gestatten, Auskünfte zu erteilen, Unterlagen vorzulegen sowie die erforderliche Hilfe zu leisten.“ (BT‑Drs. 7/179, S. 47). Der Gesetzgeber wollte den in § 52 Abs. 2 Satz 1 Var. 1 BImSchG verwendeten Begriff der Gestattung damit nicht im Sinne einer Zustimmung verstanden wissen; vielmehr sollte mit dieser Vorschrift zuvörderst (lediglich) eine Duldungspflicht statuiert werden. 57Ein in diesem Sinne passives Hinnehmen des Betretens des Anlagengrundstücks schließt es nicht aus, dass der Pflichtige hiermit nicht einverstanden ist, sich aber in Kenntnis seiner Duldungspflicht entscheidet, an der Vor-Ort-Inspektion mitzuwirken. Erst dann, wenn der Pflichtige den Behördenmitarbeitern den Zutritt und die Besichtigung verweigert, indem er z. B. ein Hausverbot ausspricht, Tore oder Türen nicht öffnet oder den Zutritt anderweitig verwehrt, bedarf es eines die gesetzliche Duldungspflicht des § 52 Abs. 2 Satz 1 Var. 1 BImSchG konkretisierenden Verwaltungsakts, der entweder unmittelbar auf die vorgenannte Vorschrift, die eine Befugnisnorm darstellt, 58vgl. BVerwG, Urteil vom 25. August 1999 ‑ 8 C 12.98 -, juris Rn. 39; Jarass, BImSchG, 13. Aufl. 2020, § 52 Rn. 59; Feldhaus, in: ders., Bundesimmissionsschutzrecht, § 52 BImSchG Rn. 16 (Stand der Kommentierung: 1. November 2010); Schwertner, in: Giesberts/Reinhardt, BeckOK Umweltrecht, § 52 BImSchG Rn. 27 (Stand der Kommentierung: 1. Juli 2021); Mösbauer, NVwZ 1985, 457 (459), 59oder auf § 52 Abs. 1 Satz 2 BImSchG gestützt werden kann, 60so Hansmann/Röckinghausen, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, § 52 BImSchG Rn. 19 (Stand der Kommentierung: Januar 2014), wonach der Gesetzgeber mit § 52 Abs. 1 Satz 2 BImSchG klargestellt habe, dass § 52 Abs. 1 BImSchG nicht lediglich eine Aufgaben-, sondern auch eine Befugnisnorm sei; a. A. - mit Verweis auf das Gesetzgebungsverfahren - Lechelt, in: Führ, GK-BImSchG, 2. Aufl. 2019, § 52 Rn. 20, m. w. N.; Jarass, BImSchG, 13. Aufl. 2020, § 52 Rn. 5; Betensted/Grandjot/Waskow, ZUR 2013, 395 (402), 61und der im Wege des Verwaltungszwangs vollstreckt werden kann. 62Eine andere Auslegung des in § 52 Abs. 2 Satz 1 Var. 1 BImSchG verwendeten Begriffs der Gestattung folgt nicht aus Art. 23 Abs. 1 Unterabs. 2 der Industrieemissions-Richtlinie. Danach stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass die Betreiber den zuständigen Behörden jede notwendige Unterstützung dabei gewähren, etwaige Vor-Ort-Besichtigungen und Probenahmen durchzuführen und die zur Erfüllung ihrer Pflichten im Rahmen dieser Richtlinie erforderlichen Informationen zu sammeln. Die in Art. 23 der Industrieemissions-Richtlinie geregelten Vorgaben hat der nationale Gesetzgeber im Jahr 2013 (vgl. das Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie über Industrieemissionen vom 8. April 2013, BGBl. I S. 734) durch Ergänzungen des § 52 BImSchG sowie durch Einfügung des § 52a BImSchG umgesetzt (vgl. BT-Drs. 17/10486, S. 9 f., 23 f.). 63Zur Entstehungsgeschichte des § 52 BImSchG in seiner heutigen Fassung vgl. Kenyeressy, in: Appel/Ohms/Saurer, BImSchG, 2021, § 52 Rn. 5 ff. 64Eine Änderung oder Anpassung der in § 52 Abs. 2 BImSchG normierten Pflichten hielt der Gesetzeber auch mit Blick auf Art. 23 Abs. 1 Unterabs. 2 der Industrieemissions-Richtlinie offenbar nicht für erforderlich. Eine Verpflichtung der zuständigen Behörde, den Termin der Vor-Ort-Besichtigung im Regelfall vorher anzukündigen, lässt sich der vorgenannten Vorgabe entgegen der Auffassung der Klägerin weder ausdrücklich noch sinngemäß entnehmen. Soweit es dort heißt: 65„Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Betreiber den zuständigen Behörden jede notwendige Unterstützung dabei gewähren, etwaige Vor-Ort-Besichtigungen und Probenahmen durchzuführen und die zur Erfüllung ihrer Pflichten im Rahmen dieser Richtlinie erforderlichen Informationen zu sammeln“, 66folgen aus der Richtlinie keine über die gesetzliche Regelung in § 52 BImSchG hinausgehenden Anforderungen an die Art und Weise der Durchführung. Unionsrechtlich geboten ist danach die Regelung einer Mitwirkungspflicht des Anlagenbetreibers durch den nationalen Gesetzgeber, nicht aber die Regelung einer Pflicht der Behörde, die (routinemäßige) Kontrolle anzukündigen. Zwar wird es zutreffen, dass beispielsweise die Kontrolle von im Betrieb zu führenden Aufzeichnungen schneller und effektiver erfolgen kann, wenn die Umweltinspektion angekündigt worden ist. Es liegt aber mindestens ebenso auf der Hand, dass die nach Art. 23 Abs. 6 der Industrieemissions-Richtlinie bei jeder Vor-Ort-Besichtigung zu treffenden Feststellungen darüber, ob die Genehmigungsauflagen eingehalten werden, am ehesten realitätsgetreu sind, wenn sie auf einer vom Anlagenbetreiber nicht erwarteten Inspektion beruhen. Die Industrieemissions-Richtlinie dient der Sicherstellung eines hohen Umweltschutzniveaus (vgl. Erwägungsgrund 44) und nicht einer Entlastung der mit der Überwachung betrauten Behörden; dass die effektive Durchführung der Inspektionen einen hohen Personalaufwand erfordert, war dem Richtliniengeber bewusst (vgl. Erwägungsgrund 26). 67Weitere Voraussetzungen stellt § 52 Abs. 2 Satz 1 Var. 1 BImSchG auf der Tatbestandsseite nicht auf. Insbesondere bedarf es bei der hier in Rede stehenden regelmäßigen (routinemäßigen) Überwachung keines Verdachts, dass rechtswidrige Zustände vorliegen. Die Regelung ist Ausfluss der gesetzgeberischen Entscheidung, unter das Immissionsschutzrecht fallende Anlagen aufgrund ihrer potentiellen Gefährlichkeit einem besonderen Überwachungsregime zu unterstellen, um Gefahren frühzeitig und umfassend erkennen zu können. 68Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 10. Juni 2015 ‑ 8 B 555/15 -, n. v., Seite 4 des Beschlussabdrucks, unter Verweis u. a. auf BVerwG, Urteil vom 28. Januar 1992 - 7 C 22.91 -, juris Rn. 14; Hess. VGH, Urteil vom 17. März 1999 ‑ 5 UE 2898/96 -, juris Rn. 40; Hansmann/Röckinghausen, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, § 52 BImSchG Rn. 60 (Stand der Kommentierung: Januar 2014); Kenyeressy, in: Appel/Ohms/Saurer, BImSchG, 2021, § 52 Rn. 17. 69bb) Mangels näherer Bestimmung der Art und Weise sowie der Häufigkeit der Vor-Ort-Besichtigungen ist der Überwachungsbehörde insoweit ein Handlungsspielraum eingeräumt, den sie nach pflichtgemäßen Ermessen auszufüllen hat. 70Vgl. generell zur Durchführung der Überwachung nach § 52 BImSchG auch Kenyeressy, in: Appel/Ohms/Saurer, BImSchG, 2021, § 52 Rn. 17. 71Die für Verwaltungsakte geltenden Grundsätze (vgl. § 40 VwVfG NRW) finden insoweit auf sonstiges Verwaltungshandeln wie insbesondere Realakte entsprechende Anwendung. 72Vgl. Schönenbroicher, in: Mann/Sennekamp/Uechtritz, VwVfG, 2. Aufl. 2019, § 40 Rn. 11; Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Auflage 2018, § 40 Rn. 47. 73Das gilt auch für die nach Maßgabe von § 114 Satz 1 VwGO eingeschränkte gerichtliche Überprüfung. 74Vgl. Wolff, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Auflage 2018, § 114 Rn. 50. 75Für Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie wird das Ermessen der Überwachungsbehörde hinsichtlich des Überwachungsintervalls durch § 52a Abs. 3 und 4 BImSchG eingeschränkt. 76Einschränkungen des behördlichen Zutrittsrechts nach § 52 Abs. 2 Satz 1 Var. 1 BImSchG können sich vor allem aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ergeben, an dessen Anforderungen sich jedes staatliche Handeln auszurichten hat. Die Entscheidung der Überwachungsbehörde, die Durchführung einer Kontrolle im Rahmen der gesetzlich vorgeschriebenen regelmäßigen Anlagenüberwachung (Vor-Ort-Besichtigung nach § 52 Abs. 1b, Abs. 2 BImSchG) dem Betreiber einer Anlage nach der Industrieemissions-Richtlinie nicht vorher anzukündigen, ist im Regelfall verhältnismäßig und bedarf nach dem Sinn und Zweck der Kontrolle keiner einzelfallbezogenen und - mangels Anwendbarkeit des nur für schriftliche bzw. schriftlich bestätigte Verwaltungsakte geltenden § 39 Abs. 1 VwVfG NRW - auch keiner schriftlichen Begründung. 77Unangekündigte Kontrollen sind zur Erreichung ihres Zwecks nicht nur geeignet, sondern auch erforderlich und in aller Regel verhältnismäßig. 78Der behördlichen Vor-Ort-Besichtigung kommt im Rahmen der (regelmäßigen) Anlagenüberwachung eine zentrale Bedeutung zu, weil Feststellungen, ob die Anforderungen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes und der hierauf gestützten Verordnungen eingehalten werden (vgl. § 52 Abs. 1 Satz 1 BImSchG), vielfach nur bzw. erst durch eine Inaugenscheinnahme der Anlage bzw. des Anlagenbetriebs möglich sind. Auch die in § 52 Abs. 2 Satz 1 BImSchG ausdrücklich genannte Ermittlung von Emissionen und Immissionen erfordert regelmäßig das behördliche Betreten des Anlagengrundstücks. Demgemäß bildet die Vor-Ort-Besichtigung und damit einhergehend das behördliche Zutrittsrecht einen unverzichtbaren Bestandteil der behördlichen Überwachung bei der Erfüllung des mit dem Bundes-Immissionsschutzgesetz verfolgten Schutzzwecks (vgl. § 1 BImSchG). 79Gerade weil die Vor-Ort-Besichtigung (und die dabei gewonnenen Informationen) ihrer Natur nach nur eine Momentaufnahme darstellen kann, ist es unter dem Gesichtspunkt der Effektivität der behördlichen Überwachung von maßgeblicher Bedeutung, dass die Überwachungsbehörde solche Zustände auf dem Anlagengrundstück vorfindet, die den Anlagenzustand sowie die Betriebsverhältnisse möglichst realitätsnah abbilden. Hierfür sind unangekündigte Kontrollen durch die Überwachungsbehörde eine wesentliche Voraussetzung; angekündigte Kontrollen erweisen sich hingegen nicht als in gleicher Weise wirksam. Dies zeigt sich exemplarisch an der von der Bezirksregierung im Berufungsverfahren vorgelegten Auswertung (mit Stand vom 28. Oktober 2020) des MULNV NRW, wonach bei unangekündigten Umweltinspektionen an Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie verhältnismäßig mehr Mängel und zudem eine verhältnismäßig höhere Mängelschwere festgestellt wurden als bei angekündigten Umweltinspektionen. Dafür, dass diese Auswertung nicht repräsentativ ist, bestehen mit Blick auf die Anzahl der Vor-Ort-Besichtigungen (4.233 angekündigt, 620 unangekündigt) keine begründeten Anhaltspunkte; auch die Klägerin belässt es insoweit bei der nicht weiter begründeten Rüge der fehlenden Repräsentativität. Insofern ist auch der Hinweis der Bezirksregierung darauf, dass eine vorherige Ankündigung des Überwachungstermins dem Anlagenbetreiber die Möglichkeit zur gezielten Vorbereitung der Umweltinspektion biete, ohne weiteres nachvollziehbar. Demgemäß sind angekündigte Kontrollen grundsätzlich nicht in gleicher Weise geeignet, den Zweck der Anlagenüberwachung zu erreichen wie unangekündigte (unvermutete) Kontrollen. 80Es entspricht vielmehr der allgemeinen Lebenserfahrung, dass mit einer unangekündigten Besichtigung die größtmögliche Effektivität einer Überwachungsmaßnahme zu erreichen ist, 81vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 27. Januar 2004 - 9 S 1343/03 -, juris Rn. 4 ff., zum Betretungs- und Besichtigungsrecht nach § 64 Abs. 4 Nr. 1 AMG, 82wenn die vorherige Ankündigung einer - wie hier - ordnungsrechtlich veranlassten Kontrolle eines Geschäftsbetriebs nicht sogar regelmäßig als zweckwidrig angesehen werden muss. 83Vgl. BVerwG, Beschluss vom 28. Januar 1998 ‑ 1 B 5.98 -, juris Rn. 7, zu Kontrollen nach § 22 Abs. 2 GaststättenG. 84In Anbetracht der vorstehend beschriebenen Bedeutung der Vor-Ort-Besichtigung für die Anlagenüberwachung ist die Überwachungsbehörde auch dann nicht zu einer vorherigen Ankündigung verpflichtet, wenn der Zweck des Zutritts- und Prüfungsrechts dadurch nicht vereitelt wird. 85So aber VG Düsseldorf, Urteil vom 21. Februar 2017 - 3 K 3004/15 -, juris Rn. 24 f.; Kenyeressy, in: Appel/Ohms/Saurer, BImSchG, 2021, § 52 Rn. 58; Jarass, BImSchG, 13. Aufl. 2020, § 52 Rn. 46; Lechelt, in: Führ, GK-BImSchG, 2. Aufl. 2019, § 52 Rn. 45, jeweils m. w. N. 86Dagegen spricht nicht zuletzt, dass selbst bei einer zu einem konkreten Zweck geplanten Kontrolle stets auch die Gesamtanlage in den Blick genommen werden muss, d. h. dass die Mitarbeiter der Überwachungsbehörde augenfällige Verstöße gegen Genehmigungsauflagen und Rechtsvorschriften, die Sicherheits- oder Umweltgefahren verursachen können, zur Kenntnis nehmen und in dem zu erstellenden Bericht vermerken müssen. Dies zugrunde gelegt ist eine Begrenzung der Umweltinspektion auf einen bestimmten, vorher festgelegten Zweck allenfalls theoretischer Natur. 87Die Annahme einer regelmäßig bestehenden Verpflichtung, Routinekontrollen anzukündigen, hätte zur Folge, dass die Überwachungsbehörden nur in Fällen auf eine vorherige Ankündigung verzichten könnten, in denen ihnen hinreichend konkrete Anhaltspunkte auf einen nicht gesetzeskonformen Anlagenbetrieb bekannt werden (z. B. aufgrund von (Nachbar)Beschwerden oder anderweitiger Hinweise). Die Funktion der Überwachung (im Sinne einer Beobachtung und Informationsgewinnung) besteht aber gerade auch in der verdachtsunabhängigen, anlasslosen Kontrolle und setzt nicht das Vorliegen einer Gefahr (im polizeirechtlichen Sinne) voraus. Anderenfalls liefe die Möglichkeit zur Durchführung unvermuteter Kontrollen, die zu einer effektiven Anlagenüberwachung unerlässlich sind, und damit auch der vom Gesetzgeber mit § 52 BImSchG beabsichtigte Kontrollzweck weitgehend leer. Dies gilt in gleicher Weise für regelmäßige Kontrollen nach § 52 Abs. 1b BImSchG. 88Schutzwürdige Interessen des Anlagenbetreibers gebieten in der Regel ebenfalls keine Ankündigung anlassloser Kontrollen. Betriebliche oder sonstige Belange des Anlagenbetreibers werden durch nicht angekündigte Kontrollen objektiv nicht übermäßig (unverhältnismäßig i. e. S.) beeinträchtigt. Das gilt mit Blick auf alle hier in Betracht kommenden Grundrechtsgewährleistungen (etwa Art. 13, 14, 2 Abs. 1 GG). 89Zum - bei prinzipieller Einbeziehung von Geschäfts- und Betriebsräumen in den Schutzbereich des Art. 13 GG - geringeren Schutzbedürfnis derartiger Räume, weshalb behördliche Betretungsrechte für Routinekontrollen keinen Eingriff i. S. d. Art. 13 Abs. 3 GG darstellen, vgl. BVerfG, Beschluss vom 13. Oktober 1971 ‑ 1 BvR 280/66 -, juris Rn. 38 ff.; BVerwG, Urteil vom 5. November 1987 ‑ 3 C 52.85 -, juris Rn. 25 ff. 90Eine übermäßige, durch den Kontrollzweck nicht gerechtfertigte Störung der Betriebsabläufe kann im Einzelfall durch die konkrete Gestaltung der Art und Weise der Kontrolle ausreichend vermieden werden. Dazu gehört auch, dass sich die die Kontrolle durchführenden Behördenmitarbeiter zu Beginn der Inspektion bei der an dem betreffenden Tag vor Ort anwesenden, für den Betrieb der Anlage verantwortlichen, das Hausrecht ausübenden Person anmelden und die weiteren für den kontrollierten Betrieb maßgeblichen Sicherheitsvorschriften, z. B. das Anlegen von Schutzausrüstung, beachten. 91Vgl. zu Lebensmittelkontrollen nach § 41 Abs. 3 Nr. 1 LMBG (nunmehr: § 42 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 LFGB): BVerwG, Urteil vom 5. November 1987 ‑ 3 C 52.85 -, juris Rn. 31. 92Die Einhaltung der maßgeblichen Sicherheitsvorschriften kann von den mit der Überwachung betrauten, fachlich mit Anlagen der zu kontrollierenden Art vertrauten Mitarbeitern regelmäßig ohne weiteres erwartet werden. Dies vorausgeschickt kann die Notwendigkeit einer vorherigen Ankündigung von Vor-Ort-Inspektionen auch nicht mit der Erwägung begründet werden, dass Anlagen, die in den Anwendungsbereich der Industrieemissions-Richtlinie fallen, anders als sonstige (Gewerbe-)Betriebe ein hohes Gefährdungspotential und damit zugleich eine erhöhte Sensibilität gegenüber Störungen durch betriebsfremde Einflüsse aufweisen. 93Eine unverhältnismäßige Beeinträchtigung durch unangemeldete Kontrollen folgt schließlich nicht daraus, dass gemäß § 52a Abs. 5 BImSchG nach jeder Vor-Ort-Besichtigung einer Anlage ein Bericht mit den relevanten Feststellungen über die Einhaltung der Genehmigungsanforderungen nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG und der Nebenbestimmungen nach § 12 BImSchG sowie mit Schlussfolgerungen, ob weitere Maßnahmen notwendig sind, erstellt wird (Satz 1) und dieser Bericht innerhalb von vier Monaten nach der Vor-Ort-Besichtigung der Öffentlichkeit nach den Vorschriften über den Zugang zu Umweltinformationen zugänglich zu machen ist (Satz 3). Zweck des Zugänglichmachens der Berichte ist die Information der Öffentlichkeit - also auch möglicher Kunden und Geschäftspartner - unter anderem darüber, ob das Unternehmen seinen Verpflichtungen aus dem Genehmigungsbescheid nachkommt. Der Inhalt des Berichts kann daher einen wettbewerbsrelevanten Eindruck über die Zuverlässigkeit des Unternehmens vermitteln. 94Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 28. August 2020 - 8 B 1564/19 -, juris Rn. 12 und vom 30. Oktober 2014 - 8 B 721/14 -, juris Rn. 11. 95Sind die in dem Bericht vermerkten Beanstandungen berechtigt, muss der Anlagenbetreiber dies hinnehmen und zum Anlass nehmen, zukünftig jederzeit für einen genehmigungskonformen Zustand und Betrieb seiner Anlage Sorge zu tragen, der keinen Anlass zu Beanstandungen gibt. Sind die bei einer Vor-Ort-Kontrolle zunächst vermerkten Beanstandungen hingegen unberechtigt, bedarf es nicht - wie die Klägerin meint - zur effektiven Wahrnehmung ihrer Rechte einer Hinzuziehung von bestimmten Vorstandsmitgliedern, Sachverständigen und Rechtsanwälten schon bei der Umweltinspektion. Denn abgesehen von der offenkundig ohnehin bestehenden Verwaltungspraxis, bei der unangekündigten Kontrolle nicht zu klärende Fragen in einem mit den maßgeblichen Ansprechpartnern vereinbarten Folgetermin zu erörtern, werden die Inspektionsberichte vor ihrer Veröffentlichung im Internet zunächst dem Anlagenbetreiber übermittelt (vgl. § 52a Abs. 5 BImSchG), wodurch er Gelegenheit zur Stellungnahme und Ausräumung etwaiger Missverständnisse erhält. Zudem steht dem Anlagenbetreiber - wie sich nicht zuletzt am Beispiel der Klägerin zeigt (vgl. insoweit die Beschlüsse gleichen Rubrums des Verwaltungsgerichts vom 8. Januar 2019 ‑ 3 L 3420/18 - sowie nachgehend des erkennenden Senats vom 28. August 2020 ‑ 8 B 128/19 -) gegen die Veröffentlichung des Umweltinspektionsberichts effektiver Rechtsschutz zur Verfügung. 96Vgl. im Einzelnen zu den Voraussetzungen für die Rechtmäßigkeit der Veröffentlichung des Umweltinspektionsberichts: OVG NRW, Beschluss vom 28. August 2020 - 8 B 1564/19 -, juris Rn. 5 ff. 97cc) Ausgehend von diesen Maßstäben war die von zwei Behördenmitarbeitern der Bezirksregierung am 10. Juli 2018 durchgeführte Vor-Ort-Besichtigung auf dem Anlagengrundstück der Klägerin rechtmäßig. 98aaa) Die Behördenmitarbeiter haben sich an den Vorgaben des zur Zeit der Kontrolle geltenden Umweltinspektionserlasses des Ministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz vom 26. Juni 2015- V-1/V-7-1034 -) orientiert, der in Bezug auf die hier in Rede stehenden Routinekontrollen in Ziffer 4.2 ausführt: 99„Unangemeldete Kontrollen bergen zwar das Risiko, dass zum Zeitpunkt der Vor-Ort-Besichtigung das Betriebsgelände bzw. bestimmte Anlagen nicht zugänglich oder aber verantwortliche bzw. auskunftsfähige Personen nicht vor Ort sind. Allerdings ermöglicht eine unangemeldete behördliche Inaugenscheinnahme des Betriebsgrundstücks und der Einrichtungen einen wirklichkeitsgetreuen Einblick in die Betriebsführung und den Anlagenzustand. Darauf deutet die merklich erhöhte Mängelquote bei den bisher unangemeldet durchgeführten Inspektionen hin. In den anlagenbezogenen Überwachungsprogrammen sollen die Umweltschutzbehörden daher anstreben, zumindest 25 % der jährlich durchgeführten Umweltinspektionen unangemeldet durchzuführen.“ 100Die so begründete und zumindest auch im behördlichen Interesse (Beschleunigung, schnelle Verfügbarkeit von Unterlagen und Anwesenheit kompetenter Ansprechpartner) liegende Verwaltungspraxis im Land Nordrhein-Westfalen, Kontrollen zumeist anzukündigen und (nur) mindestens 25 % der Kontrollen unangekündigt durchzuführen, begegnet nach den vorstehenden Ausführungen keinen durchgreifenden Bedenken. 101bbb) Die vor Ort anwesenden Behördenmitarbeiter haben sich am 10. Juli 2018 ordnungsgemäß beim Niederlassungsleiter angemeldet und darauf hingewiesen, zu welchem Zweck sie das Anlagengrundstück betreten/besichtigen möchten. 102Vgl. zum Recht des Verpflichteten, darüber zu entscheiden, wer die dem Publikumsverkehr nicht eröffneten Betriebs- und Geschäftsräume betreten darf, und zu erfahren, welche Personen zu welchem Zweck sich in diesen Räumen aufhalten (Informationsrecht), BVerwG, Urteil vom 5. November 1987 - 3 C 52.85 -, juris Rn. 22. 103ccc) Der zwischen den Beteiligten nicht einheitlich beantworteten Frage, ob der Niederlassungsleiter, Herr T. , den vor Ort anwesenden Behördenmitarbeitern das Einverständnis mit der Anlagenbegehung erteilt hatte bzw. ob diese berechtigterweise von einem Einverständnis durch die Klägerin ausgehen durften, brauchte der Senat nicht weiter nachzugehen. Zwischen den Beteiligten ist jedenfalls unstreitig, dass die Klägerin die Anlagenbegehung nach Hinweis auf die Rechts- bzw. Erlasslage - und im Übrigen auch in Kenntnis dessen, dass die Bezirksregierung den vorangegangenen Streitfall zum Anlass genommen hatte, ein Zwangsgeld anzudrohen - zunächst faktisch geduldet, an der Betriebsbegehung durch Begleitung der Behördenmitarbeiter mitgewirkt und diesen erst nach etwa 45 Minuten telefonisch ein Hausverbot erteilt hat. Diesem Hausverbot sind die Behördenmitarbeiter auch unstreitig umgehend nachgekommen, indem sie das Betriebsgelände verlassen haben. Auf ein eventuell nicht vorhandenes Einverständnis der Klägerin bzw. eine fehlende Billigung der Maßnahme kam es nach der vorstehenden Auslegung des Begriffs des Gestattens in § 52 Abs. 2 Satz 1 Var. 1 BImSchG für die Rechtmäßigkeit der Anlagenbegehung nicht an. 104ddd) Die Vor-Ort-Besichtigung war auch nicht deshalb unverhältnismäßig, weil sie nicht zuvor angekündigt wurde. Dass die Bezirksregierung Düsseldorf entgegen den vorstehenden Ausführungen ausnahmsweise verpflichtet gewesen wäre, die Klägerin von dem Termin vorab in Kenntnis zu setzen, kann auf der Grundlage ihres Vorbringens nicht festgestellt werden. 105Zwar wäre es hilfreich gewesen, wenn die Bezirksregierung die Klägerin nach der überraschenden Klagerücknahme in dem vorangegangenen Verfahren 8 A 999/16 darauf hingewiesen hätte, dass sie ihre Rechtsauffassung und ihre Verwaltungspraxis nicht geändert hatte. Die erneute Durchführung einer unangekündigten Kontrolle erwies sich aber auch nicht als treuwidrig, weil die Überwachungsbehörde der Klägerin keinen Anlass zu der Annahme gegeben hatte, dass die Verwaltungspraxis generell oder gar bezogen auf die Anlagen der Klägerin geändert worden sei. Allein daraus, dass mehrere Kontrollen angekündigt worden waren, konnte die Klägerin eine diesbezügliche Erwartung bei objektiver Betrachtung nicht ableiten. 106Eine unzumutbare Beeinträchtigung der Rechtsposition der Klägerin ist nicht darin zu sehen, dass infolge der unterbliebenen Ankündigung eine Teilnahme derjenigen Personen nicht möglich war, die nicht (während der gesamten Anlagenbegehung) vor Ort waren und auch nicht kurzfristig anreisen konnten. Zwar dürfte die Klägerin aufgrund ihres Hausrechts grundsätzlich verlangen können, dass sich die Behördenmitarbeiter auf dem Anlagengrundstück nicht unbegleitet bewegen. Ein entsprechendes Verlangen wäre nicht ohne weiteres von dem behördlichen Zutrittsrecht gemäß § 52 Abs. 2 Satz 1 Var. 1 BImSchG gedeckt. Das ist hier auch nicht geschehen; der Betriebsleiter war anwesend und hat die Behördenmitarbeiter begleitet. 107Aus ihrem Hausrecht bzw. ihrer betrieblichen Organisationshoheit folgt indes kein Anspruch der Klägerin darauf, dass ihr die Teilnahme von Personen ermöglicht wird, die an dem jeweiligen Termin nicht vor Ort sind und deren Anreise einen nicht lediglich geringen zeitlichen Aufwand erfordert. Die Anlagenbegehung und ‑besichtigung ist wesentlicher Bestandteil der behördlichen Anlagenüberwachung und damit als hoheitliche Maßnahme zu qualifizieren. Demgemäß obliegt es allein der Überwachungsbehörde, in Ausübung ihres pflichtgemäßen Ermessens darüber zu entscheiden, welche im Lager des Verpflichteten stehenden Personen ihr bei der Vor-Ort-Besichtigung unterstützend zur Seite stehen (müssen). Hiervon geht ersichtlich auch der Gesetzgeber aus, wenn er in § 52 Abs. 2 Satz 3 BImSchG den Betreiber von Anlagen, für die ein Immissionsschutzbeauftragter oder ein Störfallbeauftragter bestellt ist, verpflichtet, diesen auf Verlangen der zuständigen Behörde zu Überwachungsmaßnahmen nach § 52 Abs. 2 Satz 1 BImSchG hinzuzuziehen. Dass unangekündigte Vor-Ort-Besichtigungen für die Überwachungsbehörde mit dem Risiko verbunden sind, bei ihrer Durchführung auf sich möglicherweise ergebende Fragen keine qualifizierten Antworten zu erhalten, weil eine mit dem entsprechenden, insbesondere technischen Sachverstand ausgestattete Person ortsabwesend ist und/oder wegen anderweitiger, im betrieblichen Interesse unaufschiebbarer Verpflichtungen an der Anlagenbegehung nicht teilnehmen kann, ändert an dem vorstehenden Befund nichts. In einem solchen Fall ist es der Überwachungsbehörde lediglich verwehrt, allein hieraus für den Anlagenbetreiber negative Schlussfolgerungen abzuleiten. 108Die Unverhältnismäßigkeit der unangekündigten Vor-Ort-Besichtigung folgt auch nicht aus dem Hinweis der Klägerin, eine vorherige Ankündigung eröffne dem Anlagenbetreiber die Möglichkeit, die mit der Durchführung der Anlagenbegehung einhergehenden Betriebsbeeinträchtigungen mittels betriebsorganisatorischer Maßnahmen möglichst zu vermeiden bzw. diese zumindest abzumildern. Die Überwachungsbehörde ist bei der Durchführung der Überwachungsmaßnahme bereits aus Gründen der Verhältnismäßigkeit verpflichtet, auf die berechtigten Belange des Anlagenbetreibers Rücksicht zu nehmen. Hieraus folgt, dass sich die betrieblichen Beeinträchtigungen, die mit der behördlichen Anlagenbegehung einhergehen, auf das aus dem Zweck der Maßnahme ergebende Mindestmaß zu beschränken haben. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass das Verhalten der beiden Behördenmitarbeiter am 10. Juli 2018 diesen Rahmen verlassen hatte, hat die Klägerin nicht benannt. Sie drängen sich auch mit Blick auf die Dauer der Inspektion von etwa 45 Minuten sowie die Anzahl der vor Ort anwesenden Behördenmitarbeiter nicht auf. Es ist im Übrigen nicht geltend gemacht und nach Aktenlage auch auszuschließen, dass eine Unverhältnismäßigkeit der streitbefangenen Vor-Ort-Besichtigung aus einer überzogenen Häufigkeit der Inspektionen der betreffenden Anlage folgt. 109b) Ob das Betreten und Besichtigen des Anlagengrundstücks der Klägerin auch auf der Grundlage des § 47 Abs. 3 Satz 2 KrWG - das von der Klägerin betriebene Sonderabfall-Zwischenlager fällt jedenfalls gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 4 KrWG in den Geltungsbereich des Kreislaufwirtschaftsgesetzes, so dass die Klägerin neben immissionsschutzrechtlichen Anforderungen auch abfallrechtliche Verpflichtungen treffen - erfolgen durfte, braucht in Anbetracht der vorstehenden Erwägungen nicht weiter vertieft zu werden. Diese Überwachungsvorschrift, die selbstständig neben § 52 Abs. 2 Satz 1 Var. 1 BImSchG steht, 110vgl. Hansmann/Röckinghausen, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, § 52 BImSchG Rn. 9 (Stand der Kommentierung: Januar 2014); Lechelt, in: Führ, GK-BImSchG, 2. Aufl. 2019, § 52 Rn. 135, 111regelt ebenfalls das behördliche Betretungs- und Besichtigungsrecht der zuständigen Überwachungsbehörde. Im Hinblick auf die hier in Rede stehende Pflicht zur vorherigen Ankündigung der Vor-Ort-Besichtigung dürfte § 47 Abs. 3 Satz 2 KrWG, um auch überraschende Kontrollen zu ermöglichen, keine anderen Anforderungen aufstellen als § 52 Abs. 2 Satz 1 Var. 1 BImSchG. 112Vgl. OVG Berlin-Bbg., Beschluss vom 5. September 2014 - OVG 11 N 118.12 -, juris Rn. 17; Beckmann, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, § 47 KrWG Rn. 66 (Stand der Kommentierung: April 2013). 113III. Der zweite Feststellungsantrag ist zulässig (dazu 1.), aber unbegründet (dazu 2.). 1141. Die mit dem zweiten Klageantrag begehrte Feststellung, dass das Fotografieren am Betriebsstandort nach dem Betreten des Anlagengrundstücks der Klägerin durch Mitarbeiter der Bezirksregierung am 10. Juli 2018 rechtswidrig war, ist als Feststellungsklage gemäß § 43 Abs. 1 VwGO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Insoweit gelten die unter II. 1. gemachten Ausführungen entsprechend. 1152. Der zweite Feststellungsantrag ist unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die begehrte Feststellung, weil das Anfertigen von Lichtbildern zu Dokumentationszwecken während der Anlagenbegehung am 10. Juli 2018 rechtmäßig war. 116Dabei kann dahinstehen, ob - was wiederum zwischen den Beteiligten umstritten ist - die Lichtbilder im (konkludenten) Einverständnis der Klägerin angefertigt wurden. Sollte dies nicht der Fall gewesen sein, bedurfte die Anfertigung der Lichtbilder einer Ermächtigungsgrundlage (dazu a)), die hier vorliegt (dazu b)). Auch im Übrigen begegnet die Anfertigung der Lichtbilder im vorliegenden Einzelfall keinen Rechtmäßigkeitsbedenken (dazu c)). 117a) Die Anfertigung von Lichtbildern während einer Vor-Ort-Besichtigung durch die Überwachungsbehörde bedarf jedenfalls dann einer Ermächtigungsgrundlage, wenn sie gegen den Willen des Hausrechtsinhabers erfolgt. Insoweit liegt ein Eingriff in das Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung gemäß Art. 13 Abs. 1 GG vor. Im Interesse eines wirksamen Schutzes der Wohnung legt das Bundesverfassungsgericht diesen Begriff weit aus und zählt hierzu auch Arbeits-, Betriebs- und Geschäftsräume einschließlich des umfriedeten Besitztums. Das Grundrecht gewährleistet den Schutz gegen Eingriffe in die Entscheidung des Hausrechtsinhabers über das Zutrittsrecht im Einzelnen und über die Zweckbestimmung des Aufenthalts. 118Vgl. BVerfG, Beschluss vom 17. Februar 1998 ‑ 1 BvF 1/91 -, juris Rn. 134, m. w. N.; BVerwG, Urteil vom 25. August 2004 - 6 C 26.03 -, juris Rn. 23. 119Auch eine Kommanditgesellschaft wie die Klägerin kann über Art. 19 Abs. 3 GG Trägerin des Grundrechts aus Art. 13 Abs. 1 GG sein. 120Vgl. BVerfG, Beschluss vom 26. Mai 1976 ‑ 2 BvR 294/76 -, juris Rn. 29, m. w. N. 121Daher kann offen bleiben, ob die Anfertigung der Lichtbilder darüber hinaus - wie die Klägerin meint - auch in ihr durch Art. 14 GG gewährleistetes Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb bzw. in ihre durch Art. 2 Abs. 1 GG geschützte wirtschaftliche Betätigungsfreiheit - insoweit übersieht die Klägerin allerdings, dass die Lichtbilder zu Dokumentationszwecken angefertigt wurden und nicht der Ausspähung dienen sollten - bzw. in ihr allgemeines Persönlichkeitsrecht eingriff. 122b) Für das Anfertigen der Lichtbilder steht eine taugliche Ermächtigungsgrundlage zur Verfügung. Zwar weist die Klägerin zutreffend darauf hin, dass das Anfertigen der Lichtbilder bzw. das Erstellen einer Fotodokumentation - im Gegensatz etwa zu § 64 Abs. 4 Nr. 1 AMG - nicht ausdrücklich in § 52 Abs. 2 BImSchG aufgeführt ist. Die Befugnis der Überwachungsbehörde, im Rahmen der Vor-Ort-Besichtigung Lichtbilder anzufertigen, ist aber auch ohne ausdrückliche Erwähnung im Wortlaut des § 52 BImSchG von dem Besichtigungsauftrag bzw. der Besichtigungsermächtigung gedeckt, wenn und soweit die Lichtbilder der Dokumentation der Kontrolle sowie der Plausibilisierung etwaiger Beanstandungen dienen. 123Vgl. zu diesem Erfordernis mit Blick auf die Veröffentlichung eines etwaigen Mängelberichts nach § 52a Abs. 5 BImSchG OVG NRW, Beschlüsse vom 28. August 2020 - 8 B 128/19 -, n. v. Seite 4 f. des Beschlussabdrucks, und ‑ 8 B 1564/19 -, juris Rn. 5 ff. 124Lichtbilder sind dazu bestimmt und hierfür auch besonders geeignet, die während der Anlagenbesichtigung (im Sinne einer Inaugenscheinnahme) optisch wahrgenommenen tatsächlichen Verhältnisse bildlich - als ausgedrucktes bzw. digital gespeichertes Foto - festzuhalten. Der ihnen damit zukommende Dokumentationszweck erfüllt dabei zwei Funktionen: Zum einen dienen Lichtbilder der Überwachungsbehörde als Gedächtnisstütze bei der sich anschließenden Beurteilung der Sach- und Rechtslage bezüglich der tatsächlichen Verhältnisse „vor Ort“. Zum anderen dienen sie der Beweissicherung für ein sich ggf. anschließendes (verwaltungs)gerichtliches Verfahren. 125Demgemäß bedarf die Anfertigung von Lichtbildern im Rahmen eines Überwachungstermins - analog dem behördlichen Betretungsrecht - auf Tatbestandsseite keiner Zustimmung durch den Anlagenbetreiber. 126c) Die Anfertigung der Lichtbilder während der Vor-Ort-Besichtigung am 10. Juli 2018 begegnet auch im Übrigen keinen Bedenken hinsichtlich ihrer Rechtmäßigkeit. 127aa) Der von der Klägerin angesprochene Aushang, dass auf dem Anlagengrundstück ein Fotografierverbot gelte, richtete sich bei objektiver Auslegung generell an betriebsfremde Besucher. Ausgehend davon, dass bei früheren Anlagenbegehungen unstreitig auch bereits Fotos aufgenommen worden waren, war schon nicht davon auszugehen, dass sich das Fotografierverbot auch an Behördenmitarbeiter in Ausübung der Besichtigungsbefugnis nach § 52 Abs. 2 BImSchG richten sollte. Jedenfalls aber bedurfte es nach den vorstehenden Ausführungen nicht des ausdrücklichen Einverständnisses der Klägerin. Dass sich die vor Ort anwesenden Personen - hier der Niederlassungsleiter und der Betriebsleiter - der Anfertigung von Fotos in einer Weise entgegengestellt hätten, die den Erlass einer Ordnungsverfügung nebst Zwangsmittelandrohung erforderlich gemacht hätten, ist dem insoweit von den Beteiligten unstreitig vorgetragenen Sachverhalt nicht zu entnehmen. 128bb) Ein Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit kann ebenfalls nicht festgestellt werden. 129Die Anfertigung von Lichtbildern ist geeignet, um eine rechtssichere Dokumentation des Anlagenzustandes zu gewährleisten. Bedenken gegen die Erforderlichkeit dieser Maßnahme bestehen nicht. Eine rein schriftliche Dokumentation des Kontrolltermins ist nicht gleich geeignet, den genannten Zweck der Beweissicherung zu erreichen. Lichtbilder können unbeteiligten Dritten, namentlich den in einem gerichtlichen Verfahren zur Entscheidung berufenen Spruchkörpern, die vor Ort vorgefundenen Zustände im Regelfall besser vermitteln als eine schriftliche Dokumentation, die typischerweise den Detailreichtum eines (Farb)Lichtbildes nicht vollständig erfassen (können) wird. Die von der Klägerin ferner angesprochene Anfertigung eigener Lichtbilder stellt - abgesehen davon, dass sich dem Senat der sich aus einer solchen Vorgehensweise ergebende tatsächliche oder rechtliche Vorteil für die Klägerin nicht erschließt - ebenfalls kein gleich geeignetes Mittel dar. Insoweit ist zunächst darauf hinzuweisen, dass es allein der Überwachungsbehörde und nicht dem Anlagenbetreiber obliegt, darüber zu entscheiden, welche Zustände sie auf dem Anlagengrundstück zur Beweissicherung mittels Lichtbildern festhält. Daher erscheint es wenig praktikabel, wenn die Behördenvertreter die Mitarbeiter der Klägerin für die Anfertigung jedes einzelnen Lichtbildes ersuchen müssten; dies gilt in besonderem Maße, wenn es genauer Vorgaben bedarf, was genau und aus welchem Winkel es aufgenommen werden soll. Neben einer Verzögerung der Durchführung der Kontrolle birgt eine solche Vorgehensweise zudem ersichtlich ein gewisses Konfliktpotential für den Fall, dass die Anfertigung der Lichtbilder nicht in einer nach Auffassung der Überwachungsbehörde hinreichenden Art und Weise erfolgt. 130Die Anfertigung der Lichtbilder am 10. Juli 2018 war auch angemessen. Der damit verbundene Eingriff in die Rechtsposition der Klägerin erweist sich hinsichtlich seiner Intensität und Qualität als gering. Denn durch die angefertigten Lichtbilder werden lediglich diejenigen Zustände und Verhältnisse fotografisch festgehalten, die die vor Ort anwesenden Behördenmitarbeiter visuell ohnehin wahrgenommen haben. Daher kommt der rechtssicheren Dokumentation der tatsächlichen Vor-Ort-Verhältnisse, die im Übrigen auch im wohlverstandenen Rechtsschutzinteresse der Klägerin ist, eine höhere Bedeutung zu. Etwas anderes folgt nicht aus dem Hinweis der Klägerin, behördliche Umweltinspektionen seien in der Vergangenheit ohne das begleitende Anfertigen von Lichtbildern durch die Überwachungsbehörde ausgekommen. Allein aus dem Umstand, dass die Überwachungsbehörden von den ihnen durch das Gesetz eröffneten Befugnissen in der Vergangenheit nicht in einer Weise Gebrauch gemacht haben, wie dies offenbar gegenwärtig erfolgt, lassen sich keine Anhaltspunkte gegen die Angemessenheit einer behördlichen Maßnahme ableiten. Vielmehr dürfte die von der Klägerin angesprochene Entwicklung der Überwachungspraxis auch darauf zurückzuführen sein, dass die nach jeder Vor-Ort-Besichtigung zu erstellenden und der Öffentlichkeit zugänglich zu machenden Umweltinspektionsberichte vermehrt zur gerichtlichen Überprüfung gestellt wurden bzw. werden, weshalb die in diesen Verfahren zur Plausibilisierung etwaiger Beanstandungen verpflichteten Überwachungsbehörden vermehrt von ihrer Befugnis, Lichtbilder anzufertigen, Gebrauch machen. 131Es kann hier dahin stehen, ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen bei Vor-Ort-Besichtigungen auch Fotos von Personen angefertigt werden dürften. Denn das ist hier ausweislich der in der Verwaltungsakte enthaltenen Fotodokumentation nicht geschehen. 132Ein Verstoß gegen das Übermaßverbot folgt auch nicht aus dem Hinweis der Klägerin, dass die angefertigten Lichtbilder Gegenstand der Überwachungsakte würden, grundsätzlich auf der Grundlage von Umweltinformationsansprüchen jedermann zur Einsicht zur Verfügung stünden und eine Einsichtnahme in Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse ermöglichten. Das von der Klägerin damit angesprochene Geheimhaltungsinteresse wird in ausreichender Weise durch das Umweltinformationsgesetz des Bundes (UIG) bzw. dasjenige des Landes Nordrhein-Westfalen (UIG NRW) geschützt. Gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 UIG ist der Antrag auf Zugänglichmachung einer Umweltinformation abzulehnen, soweit durch das Bekanntgeben der Informationen personenbezogene Daten offenbart und dadurch Interessen der Betroffenen erheblich beeinträchtigt würden (Nr. 1) oder durch das Bekanntgeben Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse zugänglich gemacht würden oder die Informationen dem Steuergeheimnis oder dem Statistikgeheimnis unterliegen (Nr. 3), es sei denn, die Betroffenen haben zugestimmt oder das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe überwiegt. Nach § 9 Abs. 1 Satz 3 UIG sind die Betroffenen vor der Entscheidung über die Offenbarung der durch § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 3 UIG geschützten Informationen anzuhören. Im Anwendungsbereich des UIG NRW gilt derselbe einfachgesetzliche Schutzmechanismus, weil § 9 Abs. 1 UIG über § 2 Satz 3 UIG NRW Anwendung findet. Abgesehen davon hat die Klägerin auch nicht substantiiert vorgetragen, dass die am 10. Juli 2018 angefertigten Lichtbilder Darstellungen enthalten, die als Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse zu qualifizieren sind. 133Vgl. zur Auslegung dieser Begriffe: BVerwG, Urteil vom 23. Februar 2017 - 7 C 31.15 -, juris Rn. 64 f., m. w. N. 134Entsprechendes würde gelten, wenn - was aber hier nicht der Fall ist - auf den Fotos auch die Gesichter von Personen zu sehen wären. 135Die Kostenentscheidung folgt für beide Instanzen aus § 154 Abs. 1 VwGO. 136Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. 137Die Revision wird mit Blick auf die Fragen, ob bzw. unter welchen Voraussetzungen regelmäßige Umweltinspektionen nach § 52 BImSchG vorher anzukündigen sind und ob diese Rechtsgrundlage auch eine Befugnis zur Anfertigung von Fotos umfasst, wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). 138Rechtsmittelbelehrung 139Gegen das Urteil steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu. 140Die Revision ist bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster, innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses Urteils schriftlich einzulegen. Die Revisionsfrist ist auch gewahrt, wenn die Revision innerhalb der Frist bei dem Bundesverwaltungsgericht, Simsonplatz 1, 04107 Leipzig, schriftlich eingelegt wird. Die Revision muss das angefochtene Urteil bezeichnen. 141Die Revision ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils zu begründen. Die Begründung ist bei dem Bundesverwaltungsgericht, Simsonplatz 1, 04107 Leipzig, schriftlich einzureichen. 142Auf die ab dem 1. Januar 2022 unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung von Schriftstücken als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung ‑‑ ERVV –) wird hingewiesen. 143Im Revisionsverfahren müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen; dies gilt auch für die Einlegung der Revision. Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Auf die zusätzlichen Vertretungsmöglichkeiten für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und § 5 Nr. 6 des Einführungsgesetzes zum Rechtsdienstleistungsgesetz – RDGEG –). 144Dr. Kleinschnittger Dr. Rolfsen Dr. Lier 145Ferner ergeht ohne Mitwirkung der ehrenamtlichen Richter folgender 146B e s c h l u s s : 147Der Streitwert wird - nach Anhörung der Beteiligten und zugleich unter Abänderung der erstinstanzlichen Streitwertfestsetzung - für beide Instanzen auf 10.000,- Euro festgesetzt. 148G r ü n d e : 149Die Streitwertfestsetzung und -änderung beruht auf den §§ 47, 52 Abs. 1 und Abs. 2, 63 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GKG. Dabei bemisst der Senat das Interesse der Klägerin an den beiden Feststellungsanträgen unter Berücksichtigung der Nr. 1.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 mit jeweils 5.000,- Euro. 150Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 68 Abs. 1 Satz 5 i. V. m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
auf die berufung des beklagten wird das ohne mündliche verhandlung ergangene urteil des verwaltungsgerichts düsseldorf vom 17. januar 2019 geändert. die klage wird abgewiesen. die klägerin trägt die kosten des verfahrens. das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. die klägerin darf die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe von 110 % des auf grund des urteils vollstreckbaren betrags abwenden, wenn nicht der beklagte vor der vollstreckung sicherheit in höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden betrags leistet. die revision wird zugelassen. 1
2die klägerin begehrt die feststellung, dass das betreten ihres anlagengrundstücks am 10. juli 2018 durch mitarbeiter der bezirksregierung düsseldorf sowie die dabei erfolgte anfertigung von lichtbildern rechtswidrig waren. 3die klägerin betreibt auf dem vorgenannten anlagengrundstück ein sonderabfall-zwischenlager (lagerung besonders überwachungsbedürftiger und nicht besonders überwachungsbedürftiger abfälle inklusive abfallschlämme). die anlage fällt in den anwendungsbereich der richtlinie 2010/75/eu des europäischen parlaments und des rates vom 24. november 2010 über industrieemissionen (im folgenden: industrieemissions-richtlinie). grundlage dieses anlagenbetriebs ist die (der n. entsorgungsgesellschaft mbh erteilte) immissionsschutzrechtliche genehmigung vom 15. dezember 2004, die in teil 3 „nebenbestimmungen und hinweise“ nr. 1.7 folgendes regelt: „die betreiberin hat den bediensteten der bezirksregierung und den für die überwachung der anlage zuständigen behörden jederzeit zutritt zur anlage sowie einsicht in die betriebsbücher zu gestatten und sie bei der erfüllung ihrer aufgaben zu unterstützen.“ 4die bezirksregierung führt im rahmen der anlagenüberwachung regelmäßig vor-ort-besichtigungen durch. dabei behält sie sich, gestützt auf den erlass „risikobasierte planung und durchführung von medienübergreifenden umweltinspektionen“ (im folgenden: umweltinspektionserlass), 5- siehe hinsichtlich des zeitpunkts der streitbefangenen vor-ort-besichtigung den erlass des ministeriums für klimaschutz, umwelt, landwirtschaft, natur- und verbraucherschutz des landes nordrhein-westfalen (mkulnv nrw) in der fassung vom 29. mai 2015, nunmehr den erlass des ministeriums für umwelt, landwirtschaft, natur- und verbraucherschutz des landes nordrhein-westfalen (mulnv nrw) in der fassung vom 17. september 2021 - 6vor, den anlagenbetreibern die konkreten termine, auch wenn diese nicht durch einen konkreten verdacht für das vorliegen von unregelmäßigkeiten veranlasst sind, nicht vorher mitzuteilen, wobei nach ziffer 4.2 des umweltinspektionserlasses die unangekündigten (regel-)inspektionen einen anteil von ca. 25 % ausmachen sollen. 7eine unangekündigte vor-ort-besichtigung auf dem anlagengrundstück der klägerin erfolgte am 8. mai 2015 durch zwei mitarbeiter der bezirksregierung, frau i. und herrn t. . der seinerzeit vor ort anwesende betriebsleiter, herr x. , erklärte den behördenmitarbeitern, dass die klägerin mit der begehung des anlagengrundstücks bis zum eintreffen eines mitarbeiters aus der genehmigungsabteilung in m. nicht einverstanden sei. da die behördenmitarbeiter dessen eintreffen nicht abwarten wollten, führten sie die anlagenbegehung selbstständig und ohne begleitung eines vertreters der klägerin durch (vgl. den vermerk über die anlagenüberwachung am 8. mai 2015). hierbei wurden verschiedene mängel der anlage bzw. im betriebsablauf festgestellt und entsprechende lichtbilder gefertigt. im nachgang drohte die bezirksregierung der klägerin durch bescheid vom 19. mai 2015 die festsetzung eines zwangsgeldes in höhe von 20.000,‑ euro für den fall an, dass diese „ab sofort der ziffer 1.7 der genehmigung vom 15.12.2004 […] nicht vollständig nachkommen“ sollte. diesen bescheid hob das verwaltungsgericht düsseldorf auf eine entsprechende klage der klägerin durch gerichtsbescheid vom 21. april 2016 (3 k 3886/15) auf und stellte zugleich fest, dass die anlagenbegehung am 8. mai 2015 durch die mitarbeiter der bezirksregierung rechtswidrig gewesen sei; sie sei unverhältnismäßig gewesen, da sie zuvor nicht angemeldet worden sei. nach zulassung der berufung gegen den vorgenannten gerichtsbescheid durch den erkennenden senat (8 a 999/16) nahm die klägerin ihre klage noch vor der anberaumten mündlichen verhandlung mit schriftsatz vom 22. januar 2018 zurück, nachdem sich aus ihrer sicht ‑ die zwischenzeitlich durchgeführten vor-ort-kontrollen waren jeweils angekündigt worden - die überwachungspraxis der bezirksregierung so entwickelt habe, dass für sie zukünftig aller voraussicht nach kein anlass bestehen werde, das betreten ihres anlagengrundstücks zu verweigern. nachdem der beklagte der klagerücknahme nicht innerhalb von zwei wochen nach zustellung des die rücknahme enthaltenden schriftsatzes widersprochen hatte, stellte der senat das verfahren ein und erklärte den gerichtsbescheid vom 21. april 2016 durch beschluss vom 13. februar 2018 für wirkungslos. schriftverkehr oder mündliche absprachen darüber, wie bei vor-ort-kontrollen der betreffenden anlage zukünftig generell verfahren werden sollte, waren der klagerücknahme nicht vorausgegangen. 8am 10. juli 2018 suchten erneut zwei mitarbeiter der bezirksregierung, herr t. und herr b. , das anlagengrundstück der klägerin ohne vorherige ankündigung auf. in dem hierzu angefertigten vermerk führte herr t. aus, dass die vor-ort-besichtigung im rahmen des ied‑überwachungsprogramms erfolgt sei (anm.: ied ist die abkürzung für industrial emissions directive; hierbei handelt es sich um die englischsprachige bezeichnung der industrieemissions-richtlinie). auf eine vorherige ankündigung sei verzichtet worden, da nach dem „überwachungserlass“ des mulnv nrw vom 16. mai 2018 - gemeint ist ein erlass des ministeriums, der sich mit der rechtsauffassung des verwaltungsgerichts düsseldorf auseinandersetzt und die nachgeordneten behörden auffordert, dieser nicht zu folgen (vgl. beiakte 2, blatt 1) - auch unangekündigte überwachungen durchgeführt werden sollten und die letzten drei überwachungen vorher bekannt gegeben worden seien. dass eine inspektion spätestens am 18. juli 2018 hätte erfolgen müssen, sei der klägerin wegen der kenntnis des datums der letzten überwachung (18. juli 2016) sowie des überwachungsintervalls von zwei jahren bekannt. zu beginn der inspektion hätten sich die behördenmitarbeiter bei dem niederlassungsleiter, herrn t. , angemeldet. dieser habe auf die „üblichen regelungen“ bei der klägerin verwiesen, womit nach ansicht des vermerkverfassers die vorherige anmeldung gemeint gewesen sei. er habe daraufhin auf den vorgenannten „erlass“ verwiesen und auf die durchführung der inspektion bestanden. herr t. , der einen anderen termin gehabt habe, habe seinen vertreter, herrn x. , gebeten, die anlage mit den behördenmitarbeitern zu begehen, was sodann geschehen sei. zum schluss der anlagenbegehung habe der geschäftsführer der klägerin angerufen und mitteilen lassen, dass dem vermerkverfasser hausverbot erteilt werde. da die begehung zu diesem zeitpunkt abgeschlossen gewesen sei, sei auf den erlass einer mündlichen duldungsverfügung verzichtet und die inspektion beendet worden. während dieser umweltinspektion wurden auch lichtbilder gefertigt. 9mit schreiben vom 18. juli 2018 an die bezirksregierung rügte die klägerin die am 10. juli 2018 durchgeführte inspektion, insbesondere den umstand der unterbliebenen vorherigen ankündigung. dabei verwies sie u. a. darauf, dass herr t. den behördenmitarbeitern mitgeteilt habe, dass er weder mit der beabsichtigten anlagenbegehung noch mit der anfertigung von lichtbildern einverstanden gewesen sei. hierauf entgegnete die bezirksregierung mit schreiben vom 26. juli 2018, auf der grundlage des aus dem behördlichen vermerk über die anlagenbegehung am 10. juli 2018 ersichtlichen sachverhalts ergäben sich keine anhaltspunkte dafür, dass herr t. mit dem betreten der anlage oder mit dem fotografieren nicht einverstanden gewesen sei. er habe vielmehr seinen vertreter gebeten, die behördenmitarbeiter bei der begehung zu begleiten und fragen zu beantworten. zudem habe herr t. , nachdem der geschäftsführer der klägerin, herr dr. t. m. , im rahmen der am 3. märz 2018 in einer anderen anlage der klägerin durchgeführten umweltinspektion das fotografieren akzeptiert habe, davon ausgehen dürfen, dass dies für alle weiteren anlagen der klägerin gelte. mit schreiben vom 6. september 2018 wies die klägerin erneut darauf hin, dass herr t. kein einverständnis für das betreten des anlagengrundstücks erteilt habe. er habe lediglich herrn x. zur begleitung der illegalen anlagenbegehung abgestellt, nachdem herr t. sich unter verweis auf den neuen erlass nicht habe aufhalten lassen. zudem habe herr t. herrn t. ausdrücklich auf das fotografierverbot hingewiesen, entsprechende schilder seien unübersehbar in der anlage ausgehängt. von einem stillschweigenden einvernehmen könne deshalb nicht ausgegangen werden. 10am 13. august 2018 fand eine weitere vor-ort-besichtigung der anlage der klägerin statt, die die bezirksregierung als „2. teil der umweltinspektion“ bezeichnete. auf grundlage der inspektionen vom 10. juli und 13. august 2018 fertigte sie unter dem 12. oktober 2018 einen umweltinspektionsbericht an. dieser hält als ergebnis verschiedene als „geringfügig“ und als „erheblich“ deklarierte mängel fest. dieser zur veröffentlichung im internet bestimmte umweltinspektionsbericht ist gegenstand des beim verwaltungsgericht düsseldorf anhängigen klageverfahrens (3 k 9484/18). auf den zugleich gestellten antrag der klägerin auf gewährung einstweiligen rechtsschutzes gab das verwaltungsgericht dem beklagten durch beschluss vom 8. januar 2019 (3 l 3420/18) auf, den umweltinspektionsbericht vom 12. oktober 2018 nur mit (näher geregeltem) eingeschränktem inhalt zu veröffentlichen. die dagegen gerichtete beschwerde des beklagten wies der senat durch beschluss vom 28. august 2020 (8 b 128/19) zurück. 11die klägerin hat am 22. oktober 2018 klage erhoben, mit der sie die feststellung begehrt, dass das betreten ihres anlagengrundstücks am 10. juli 2018 durch mitarbeiter der bezirksregierung düsseldorf sowie die dabei erfolgte anfertigung von lichtbildern rechtswidrig waren. zur begründung hat sie im wesentlichen vorgetragen: unter berücksichtigung der maßgeblichen umstände des konkreten einzelfalls sei die bezirksregierung nicht berechtigt gewesen, das anlagengrundstück unangemeldet und ohne gestattung zu betreten. im regelfall sei aus gründen der verhältnismäßigkeit eine ankündigung der inspektion geboten, nicht zuletzt um dem anlagenbetreiber zu ermöglichen, an der inspektion mit verantwortlichen personen aus der geschäftsführung, niederlassungs- oder betriebsleitung teilnehmen zu können. weder in dem behördenvermerk über den inspektionstermin noch aus dem verwaltungsvorgang ergebe sich ein plausibler grund für die nicht erfolgte ankündigung. darüber hinaus sei die anlagenbegehung am 10. juli 2018 auch deswegen rechtswidrig gewesen, weil die bezirksregierung eine schriftliche oder mündliche verfügung, den zutritt zu gestatten, nicht erlassen habe. dies wäre aber erforderlich gewesen, weil der niederlassungsleiter, herr t. , das für das betreten des anlagengrundstücks notwendige einverständnis nicht erteilt habe. auf die nebenbestimmung nr. 1.7 der immissionsschutzrechtlichen genehmigung vom 15. dezember 2004 könne die anlagenbegehung nicht gestützt werden, da diese lediglich deklaratorisch das wiederhole, was § 52 abs. 2 satz 1 bimschg ohnehin bereits vorsehe. unabhängig davon enthalte diese nebenbestimmung lediglich eine verpflichtung zur gestattung, nicht jedoch die gestattung selbst. mangels vorliegens einer gegenwärtigen gefahr hätten auch die voraussetzungen für einen sofortvollzug nach § 55 abs. 2 vwvg nrw nicht vorgelegen. die anfertigung von lichtbildern anlässlich des inspektionstermins am 10. juli 2018 sei ebenfalls rechtswidrig gewesen. eine entsprechende zustimmung sei den behördenmitarbeitern nicht erteilt worden. eine ermächtigungsgrundlage, lichtbilder ohne zustimmung des anlagenbetreibers anzufertigen, ergebe sich weder aus § 52 abs. 1 bzw. abs. 2 satz 1 bimschg noch aus §§ 24, 26 vwvfg nrw. das fotografieren von betrieblichen einrichtungen der betriebsstätte ohne erlaubnis beeinträchtige das grundrechtlich geschützte persönlichkeitsrecht des unternehmens. zu berücksichtigen sei, dass die im rahmen einer umweltinspektion gegen den willen des anlagenbetreibers aufgenommenen fotos gegenstand der überwachungsakte würden und damit grundsätzlich auf der grundlage von umweltinformationsansprüchen jedermann zur einsicht zur verfügung stünden. es sei außerdem nicht auszuschließen, dass das nicht genehmigte fotografieren der überwachungsbehörde eine einsichtnahme in betriebs- und geschäftsgeheimnisse ermögliche. 12die klägerin hat beantragt, 13festzustellen, dass das betreten des anlagengrundstücks der klägerin durch mitarbeiter der bezirksregierung am 10. juli 2018 rechtswidrig gewesen ist, 14festzustellen, dass das fotografieren am betriebsstandort nach dem betreten des anlagengrundstücks der klägerin durch mitarbeiter der bezirksregierung am 10. juli 2018 rechtswidrig gewesen ist. 15der beklagte hat beantragt, 16die klage abzuweisen. 17zur begründung hat er im wesentlichen vorgetragen: die begehung des anlagengrundstücks am 10. juli 2018 sei mit zustimmung des niederlassungsleiters erfolgt. eine explizite aussage, dass den behördenmitarbeitern der zutritt zum gelände der klägerin nicht gestattet werde, sei nicht getätigt worden. anderenfalls wäre eine mündliche ordnungsverfügung erlassen worden. selbst wenn eine zustimmung zur anlagenbegehung nicht vorgelegen habe, sei die durchführung der unangekündigten überwachung gemäß § 52 abs. 2 satz 1 bimschg zulässig gewesen. das behördliche zutrittsrecht hänge weder davon ab, ob konkrete anhaltspunkte vorlägen, die ein behördliches einschreiten notwendig machten, noch von einer vorgeschalteten ankündigung. sinn und zweck der überwachungspflicht nach § 52 bimschg sei es, zu überprüfen, ob der betreiber einer nach § 4 bimschg genehmigten anlage die erforderlichen gesetzlichen vorgaben zum schutz der menschlichen gesundheit und der umwelt einhalte. diesem zweck liefe es zuwider, wenn eine unangekündigte überwachung nur in konkreten ausnamefällen und bei einem konkreten verdacht durchgeführt werden dürfte. auch das anfertigen der lichtbilder sei rechtmäßig erfolgt. auf nachfrage von herrn t. habe der vertreter des niederlassungsleiters, herr x. , das fotografieren erlaubt. außerdem habe der geschäftsführer der klägerin, herr dr. t. m. , das fotografieren bei einer umweltinspektion im märz 2018 an einem anderen standort der klägerin akzeptiert. insofern hätten die behördenmitarbeiter davon ausgehen dürfen, dass dieser mit den fotografien einverstanden sei. hinzu komme, dass in der anfertigung der fotodokumentation kein eingriff in die grundrechte der klägerin liege. selbst wenn man von einem grundrechtseingriff ausginge, wäre dieser gerechtfertigt. die aufnahme der lichtbilder als abbild der anlage sei allein im rahmen der überwachungstätigkeit zu dokumentationszwecken erfolgt und vom weit auszulegenden prüfungsrecht nach § 52 abs. 2 satz 1 bimschg umfasst. 18durch das ohne mündliche verhandlung ergangene urteil vom 17. januar 2019 hat das verwaltungsgericht der klage stattgegeben und zur begründung im wesentlichen ausgeführt: die bezirksregierung könne sich für das unangekündigte betreten des anlagengrundstücks nicht auf eine taugliche ermächtigungsgrundlage berufen. die regelung des § 52 abs. 2 satz 1 bimschg schreibe der behörde nicht stets eine vorherige anmeldung oder stets die zwingende anwesenheit des anlagenbetreibers vor. andererseits erlaube sie wegen des grundsatzes der verhältnismäßigkeit nicht generell unangekündigte besichtigungen. dies komme etwa dann in betracht, wenn ansonsten die berechtigte gefahr bestünde, dass der zweck der besichtigung vereitelt werden würde. dies sei hier jedoch nicht der fall gewesen. auch der erlass, auf den sich die vertreter der bezirksregierung berufen hätten, sowie die nebenbestimmung nr. 1.7 der anlagengenehmigung vom 15. dezember 2004 seien keine tauglichen ermächtigungsgrundlagen gewesen. mangels vollziehbarer grundverfügung gegenüber der klägerin sei auch kein fall des sog. gestreckten verfahrens gemäß § 55 abs. 1 vwvg nrw anzunehmen; die voraussetzungen des sog. sofortigen vollzugs nach § 55 abs. 2 vwvg nrw lägen mangels eilbedürftigkeit nicht vor. infolge dessen unterlägen auch die während der rechtswidrigen anlagenbegehung gefertigten fotos einem verwertungsverbot. 19zur begründung der vom senat zugelassenen berufung trägt der beklagte im wesentlichen vor: die behördenmitarbeiter hätten aufgrund des verhaltens des herrn t. davon ausgehen dürfen, dass dieser mit der durchführung der inspektion einverstanden sei. zudem sei das betreten des anlagengrundstücks der klägerin am 10. juli 2018 von der ermächtigungsgrundlage des § 52 abs. 2 satz 1 bimschg gedeckt. aus der gesetzesbegründung ergebe sich, dass der gesetzgeber von einer pflicht zur duldung der überwachungsmaßnahme ausgegangen sei. eine duldung beinhalte schon dem allgemeinen sprachgebrauch nach gerade nicht das einbezogenwerden in eine entscheidung oder einen überwachungsvorgang. daher könne die überwachungsmaßnahme zum einen nicht vom willen des anlagenbetreibers abhängen; zum anderen setze § 52 abs. 2 satz 1 bimschg auch nicht generell voraus, dass der anlagenbetreiber auf die überwachungsmaßnahme vorbereitet sei, diese also mit zeitlichem vorlauf anzukündigen wäre. eine andere auslegung werde dem sinn und zweck der überwachungsnorm nicht gerecht. das betretungsrecht solle der zuständigen behörde eine wirksame überwachungstätigkeit ermöglichen. es diene der informationsgewinnung und letztlich der beurteilung, ob die zu überprüfende anlage den rechtlichen vorgaben entsprechend betrieben werde und die von ihr ausgehenden potentiellen gefahren in einem zu akzeptierenden ausmaß blieben. die ankündigung der überwachung biete dem anlagenbetreiber die möglichkeit zur gezielten vorbereitung des angekündigten überwachungstermins. die erfahrungen langjähriger behördlicher überwachungspraxis zeigten, dass eine erhöhte wahrscheinlichkeit von rechtsverstößen für die überwachungsbehörde im vorfeld einer inspektion kaum erkennbar sei. zudem habe eine neueste auswertung von umweltinspektionen bei anlagen, die - wie diejenige der klägerin - in den anwendungsbereich der industrieemissions-richtlinie fielen, durch das mulnv nrw ergeben, dass bei unangekündigten umweltinspektionen an solchen anlagen verhältnismäßig mehr mängel und zudem eine verhältnismäßig höhere mängelschwere festgestellt würden als bei angekündigten umweltinspektionen. auch außerhalb des anwendungsbereichs des bundes-immissionsschutzgesetzes seien unangekündigte, anlasslose kontrollen durch die überwachungsbehörden die regel und nicht die ausnahme, so im gewerbe-, arzneimittel-, gaststätten- und lebensmittelrecht. die unangekündigte umweltinspektion am 10. juli 2018 sei auch im übrigen verhältnismäßig gewesen. der überwachungstermin habe der turnusmäßigen überwachung der anlage der klägerin, die nach den entsprechenden überwachungsplänen alle zwei jahre zu überwachen sei, gedient. die damit verbundene belastung der klägerin stehe nicht außer verhältnis zum verfassungsrechtlichen gewicht des mit der immissionsschutzrechtlichen überwachung verfolgten zwecks und den damit verbundenen interessen der allgemeinheit. der schutz von leib und leben genieße in der verfassungsrechtlichen werteordnung einen besonders hohen rang und sei höher anzusiedeln als der schutz der klägerin vor störungen ihres besitzes. aufgrund der qualität der anlage als potentielle gefahrenquelle könne vom anlagenbetreiber auch verlangt werden, jederzeit eine befähigte person zur verfügung zu stellen, die über die erforderlichen fachkenntnisse zur erklärung der abläufe verfüge sowie über spezialkenntnisse über den jeweiligen betrieb. eine unangekündigte kontrolle der anlage stelle somit für den anlagenbetreiber aus betriebsorganisatorischen gründen keine besondere herausforderung dar. die anfertigung von lichtbildern im rahmen der anlagenbegehung am 10. juli 2018 sei ebenfalls rechtmäßig erfolgt. die ermächtigung hierfür folge aus § 52 blmschg und sei teil des weit auszulegenden überwachungs- und prüfungsrechts der überwachungsbehörde. die anfertigung von lichtbildern sei zwingend notwendig, um eine überwachungstätigkeit zu gewährleisten. zudem sei die behörde in einem sich ggf. anschließenden verwaltungsgerichtlichen verfahren verpflichtet, das vorliegen rechtswidriger zustände nachzuweisen. hierfür dienten die fotografien ebenfalls. 20im hinblick auf die derzeitige gefährdung durch das coronavirus seien die kontrollen zuletzt stets zuvor angekündigt worden, weil den anlagenbetreibern gelegenheit zu einer angemessenen vorbereitung, insbesondere mit blick auf erforderliche mindestabstände bei gesprächen, gegeben werden solle. grundsätzlich halte der beklagte aber an der auffassung fest, dass es in einem gewissen umfang auch unvermutete kontrollen geben müsse. 21der beklagte beantragt, 22das urteil des verwaltungsgerichts düsseldorf vom 17. januar 2019 zu ändern und die klage abzuweisen. 23die klägerin beantragt, 24die berufung zurückzuweisen. 25zur begründung macht sie im wesentlichen geltend: eine einverständniserklärung mit der anlagenbegehung am 10. juli 2018 habe herr t. nicht abgegeben. die begleitung der behördenvertreter durch den stellvertretenden niederlassungsleiter, herrn x. , sei lediglich aus sicherheitsaspekten erfolgt. damit sei das betreten des anlagengrundstücks nicht im sinne des § 52 abs. 2 satz 1 bimschg gestattet gewesen. nach dem allgemeinen sprachgebrauch heiße „gestatten“ so viel wie „einwilligen, dass jemand etwas tut oder lässt“, und damit ein mehr in richtung des zutrittgewährens gegenüber dem bloßen geschehenlassen. zudem ermächtige § 52 abs. 2 satz 1 bimschg die zuständige behörde jeweils (nur) zu verhältnismäßigen maßnahmen. das behördliche betreten einer betriebsstätte im rahmen einer unangekündigten überwachung stelle einen intensiveren (grund-)rechtseingriff dar als das betreten bei einer angekündigten überwachung. werde der überwachungstermin angekündigt, könne der anlagenbetreiber seine terminplanung mit entsprechendem vorlauf von vornherein an den eckdaten des beabsichtigten behördlichen überwachungstermins ausrichten und damit einhergehende betriebsbeeinträchtigungen mittels betriebsorganisatorischer maßnahmen zumindest minimieren. daher müsse der überwachungstermin im hinblick auf den grundsatz der erforderlichkeit angekündigt werden, soweit der zweck des zutritts- und prüfungsrechts dadurch nicht vereitelt werde. auch der richtliniengeber der industrieemissions-richtlinie scheine in art. 23 abs. 1 unterabs. 2 von dem angekündigten überwachungstermin als regelfall auszugehen. ferner sei zu beachten, dass der anlagenbetreiber im hinblick auf seine betriebliche organisationshoheit grundsätzlich einen anspruch darauf habe, diejenigen natürlichen personen (insbesondere geschäftsführer, bestimmte verantwortliche bzw. mit besonderer fachkunde ausgestattete mitarbeiter, wie niederlassungsleiter, betriebsleiter und/oder umweltbeauftragte sowie externe personen wie z. b. vom anlagenbetreiber beauftragte externe sachverständige oder rechtsanwälte) zu bestimmen, die an einem konkreten behördlichen überwachungstermin teilnehmen sollen. dies sei dem anlagenbetreiber jedoch nur dann möglich, wenn ihm der überwachungstermin rechtzeitig vorher durch die behörde angekündigt werde. daher bedürfe jeder behördliche verzicht auf die ankündigung eines überwachungstermins stets einer besonderen rechtfertigung im einzelfall. ein sachlicher grund für den ankündigungsverzicht sei hier nicht gegeben und von der bezirksregierung in ihren verwaltungsvorgängen auch nicht dokumentiert. darüber hinaus seien unangekündigte vor-ort-besichtigungen im vergleich zu angekündigten nicht besser geeignet, dem überwachungszweck zu dienen. bezüglich der vom beklagten vorgelegten auswertungen von anlagen nach der industrieemissions-richtlinie in nordrhein-westfalen stehe bereits die repräsentativität der erhebung bzw. die vergleichbarkeit der erhobenen daten in frage. insbesondere sei nicht ersichtlich, welche anlagen jeweils konkret betroffen gewesen und welche mängel aus welchen gründen angeblich jeweils festgestellt worden seien. insoweit liege aber die annahme nicht fern, dass die angeblich geringere „mängelquote“ bei angekündigten behördlichen überwachungen gerade auf selbstkorrekturen der anlagenbetreiber zurückzuführen seien, die diese anlässlich der behördlichen ankündigung vornähmen. soweit der beklagte einen vergleich zu dem vollzug anderer überwachungsbehörden anstelle, verkenne er, dass sowohl die klägerin als auch das verwaltungsgericht nicht davon ausgingen, das bundes-immissionsschutzgesetz lasse ausnahmslos nur angekündigte überwachungstermine zu. die anfertigung von lichtbildern bzw. das erstellen einer fotodokumentation sei ebenfalls ohne das einverständnis der klägerin erfolgt. ein solches einverständnis könne nicht aus dem schweigen des stellvertretenden niederlassungsleiters, herrn x. , abgeleitet werden. zudem habe der niederlassungsleiter, herr t. , die mitarbeiter der bezirksregierung ausdrücklich auf das (diesen bekannte) fotografierverbot hingewiesen, ein verbotsschild sei darüber hinaus auch unübersehbar in der anlage ausgehängt. auf eine gesetzliche ermächtigungsgrundlage für das fotografieren von zuständen auf dem anlagengelände, das einen grundrechtseingriff darstelle, könne sich der beklagte ebenfalls nicht mit erfolg berufen. insbesondere stelle § 52 abs. 2 satz 1 bimschg keine solche dar, da dort das erstellen von fotodokumentationen nicht erwähnt sei. selbst wenn man hiervon ausginge, habe es hier jedenfalls an der zur überwindung des ausgesprochenen fotografierverbots erforderlichen behördlichen verfügung gefehlt. der anlagenbetreiber könne unproblematisch eigene fotos anfertigen, worin notwendig kein eingriff in seine rechte zu sehen wäre. die behördliche dokumentation eines kontrolltermins könne zudem schriftlich erfolgen, indem die behörde während des termins entsprechende notizen fertige, womit ebenfalls kein eingriff in rechte des anlagenbetreibers verbunden sei. in der vergangenheit seien behördliche umweltinspektionen auch unproblematisch ohne das begleitende anfertigen von fotos durch die überwachungsbehörde ausgekommen. 26in der am 27. august 2021 durchgeführten mündlichen verhandlung hat die klägerin die rücknahme der klage erklärt. die bezirksregierung düsseldorf hat mit schriftsatz vom 7. september 2021 mitgeteilt, dass sie der klagerücknahme nicht zustimme. der senat hat durch beschluss vom 8. september 2021 die mündliche verhandlung wiedereröffnet und den beteiligten unter berücksichtigung der erörterung der sach- und rechtslage in der mündlichen verhandlung rechtliche hinweise erteilt. 27hinsichtlich des weiteren sach- und streitstandes wird auf die gerichtsakte dieses verfahrens sowie die beigezogenen verwaltungsvorgänge des beklagten, ferner die beigezogenen gerichtsakten 3 k 3886/15 vg düsseldorf (8 a 999/16 ovg), 3 k 9484/18 vg düsseldorf und 3 l 3420/18 vg düsseldorf (8 b 128/19 ovg) verwiesen. 28
29die zulässige berufung des beklagten ist begründet. das verwaltungsgericht hat der klage zu unrecht stattgegeben. die nicht wirksam zurückgenommene (dazu i.) klage der klägerin hat weder mit dem ersten (dazu ii.) noch mit dem zweiten feststellungsantrag (dazu iii.) erfolg. 30i. das gerichtliche verfahren ist nicht durch die von der klägerin in der mündlichen verhandlung am 27. august 2021 erklärte klagerücknahme beendet worden. diese prozesserklärung ist nicht wirksam geworden, da der beklagte mit schriftsatz vom 7. september 2021 erklärt hat, der klagerücknahme nicht zuzustimmen (§ 125 abs. 1 satz 1 i. v. m. § 92 abs. 1 satz 2 vwgo). die klagerücknahme in zweiter instanz setzt stets die einwilligung des beklagten voraus, auch wenn das verwaltungsgericht - wie hier - ohne mündliche verhandlung entschieden hat. 31vgl. seibert, in: sodan/ziekow, vwgo, 5. aufl. 2018, § 125 rn. 30. 32dementsprechend war die mündliche verhandlung wiederzueröffnen (vgl. beschluss vom 8. september 2021) und über die berufung durch urteil zu entscheiden. 33ii. der erste feststellungsantrag ist zulässig (dazu 1.), aber unbegründet (dazu 2.). 341. die mit dem ersten klageantrag begehrte feststellung, dass das betreten des anlagengrundstücks der klägerin durch mitarbeiter der bezirksregierung am 10. juli 2018 rechtswidrig war, ist als feststellungsklage gemäß § 43 abs. 1 vwgo statthaft und auch im übrigen zulässig. 35a) gemäß § 43 abs. 1 vwgo kann die feststellung des bestehens oder nichtbestehens eines rechtsverhältnisses oder der nichtigkeit eines verwaltungsakts begehrt werden, wenn der kläger ein berechtigtes interesse an der baldigen feststellung hat. unter einem feststellungsfähigen rechtsverhältnis sind die rechtlichen beziehungen zu verstehen, die sich aus einem konkreten sachverhalt aufgrund einer öffentlich-rechtlichen norm für das verhältnis von (natürlichen oder juristischen) personen untereinander oder einer person zu einer sache ergeben. unabhängig von der frage der konkretisierung des rechtsverhältnisses setzt ein feststellungsfähiges rechtsverhältnis voraus, dass zwischen den beteiligten dieses rechtsverhältnisses ein meinungsstreit besteht, aus dem heraus sich eine seite berühmt, ein bestimmtes tun oder unterlassen der anderen seite verlangen zu können. es müssen sich also aus dieser rechtsbeziehung heraus bestimmte rechtsfolgen ergeben können, was wiederum die anwendung von bestimmten normen auf den konkreten sachverhalt voraussetzt. daran fehlt es, wenn nur abstrakte rechtsfragen wie die gültigkeit einer norm zur entscheidung gestellt werden. auch bloße vorfragen oder unselbstständige elemente eines rechtsverhältnisses können nicht gegenstand einer feststellungsklage sein. 36vgl. bverwg, urteil vom 28. januar 2010 ‑ 8 c 19.09 -, juris rn. 24, m. w. n. 37das erste feststellungsbegehren der klägerin bezieht sich auf das am 10. juli 2018 erfolgte betreten ihres anlagengrundstücks durch zwei mitarbeiter der bezirksregierung. hierbei handelt es sich um ein konkretes rechtsverhältnis, auf das eine öffentlich-rechtliche norm (§ 52 abs. 2 satz 1 bimschg bzw. § 47 abs. 3 satz 2 krwg) anwendung findet. es besteht auch eine meinungsverschiedenheit zwischen den beteiligten über die rechtmäßigkeit der vor-ort-besichtigung, namentlich, ob es einer vorherigen ankündigung des konkreten termins bedurfte. 38für die begehrte feststellung besteht auch das gemäß § 43 abs. 1 vwgo erforderliche feststellungsinteresse. hinsichtlich der nicht erfolgten ankündigung des konkreten termins bzw. des - die richtigkeit ihres vortrags unterstellt - fehlenden einverständnisses mit der anlagenbegehung durch die klägerin folgt das besondere feststellungsinteresse aus der wiederholungsgefahr, also der konkret absehbaren möglichkeit, dass in naher zukunft und unter im wesentlichen unveränderten tatsächlichen und rechtlichen umständen eine gleiche oder gleichartige maßnahme des beklagten zu erwarten ist, die die klägerin beschwert. 39vgl. bverwg, urteil vom 27. april 2021 ‑ 1 c 13.19 -, juris rn. 16, m. w. n. 40die bezirksregierung ist gemäß § 52 abs. 1 satz 1, abs. 1b bimschg zur regelmäßigen überwachung der anlage der klägerin verpflichtet. hierzu gehören insbesondere vor-ort-besichtigungen (vgl. § 52 abs. 1b satz 2 bimschg). diese hat die bezirksregierung düsseldorf in der vergangenheit ohne vorherige ankündigung durchgeführt und behält sich dies unter verweis auf den umweltinspektionserlass auch für die zukunft vor. 41das feststellungsinteresse ist nicht deshalb ganz oder teilweise entfallen, weil die zurückliegenden regelkontrollen nach den übereinstimmenden angaben der beteiligten stets zuvor angekündigt worden waren. denn der umstand, dass die mitarbeiter der bezirksregierung derartige kontrollen derzeit zuvor ankündigen, beruht nicht auf einer änderung der rechtsauffassung des beklagten, sondern dient mit blick auf die corona-pandemie der reduzierung von infektionsgefahren, weil dem anlagenbetreiber so gelegenheit gegeben werden soll, bei besprechungen für die einhaltung der nötigen maßnahmen sorge zu tragen. die änderung der verwaltungspraxis ist daher nach gegenwärtigem sachstand lediglich vorübergehender natur. 42darüber hinaus folgt das feststellungsinteresse - auch bezüglich der übrigen einzelfallumstände der am 10. juli 2018 durchgeführten anlagenbegehung - aus dem gebot des effektiven rechtsschutzes gemäß art. 19 abs. 4 gg. das betreten bzw. besichtigen des anlagengrundstücks erledigt sich mit beendigung der vor-ort-besichtigung und damit typischerweise derart kurzfristig, dass sie ohne die annahme eines feststellungsinteresses regelmäßig keiner überprüfung im gerichtlichen hauptsacheverfahren zugeführt werden könnte. 43vgl. bverwg, urteil vom 16. mai 2013 ‑ 8 c 14.12 -, juris rn. 31 f., m. w. n. 44b) die klägerin ist auch in entsprechender anwendung des § 42 abs. 2 vwgo, 45vgl. zu diesem erfordernis: bverwg, urteil vom 5. juli 2018 - 3 c 21.16 -, juris rn. 21, 46klagebefugt, da nicht von vornherein ausgeschlossen ist, dass das betreten des anlagengrundstücks am 10. juli 2018 rechtswidrig war und sie in ihren grundrechten verletzte. 47c) der zulässigkeit der feststellungsklage steht auch nicht die in § 43 abs. 2 satz 1 vwgo angeordnete subsidiarität entgegen. diese vorschrift regelt das verhältnis der feststellungsklage zur gestaltungs- oder leistungsklage. einen verwaltungsakt im sinne des § 35 satz 1 vwvfg nrw in form einer duldungsverfügung hat die bezirksregierung - wovon die beteiligten übereinstimmend ausgehen - am 10. juli 2018 weder ausdrücklich noch konkludent erlassen. auch der bloße hinweis in teil 3 „nebenbestimmungen und hinweise“ nr. 1.7 des genehmigungsbescheides 15. dezember 2004 auf die pflichten des anlagebetreibers nach § 52 abs. 2 bimschg stellt - wovon die bezirksregierung inzwischen ebenfalls ausgeht - keine eigenständige grundlage für eine zwangsweise durchsetzung einer verweigerten vor-ort-besichtigung dar, macht mithin den erlass einer duldungsverfügung vor androhung und festsetzung von zwangsmitteln nicht entbehrlich. 482. der erste feststellungsantrag ist unbegründet. die klägerin hat keinen anspruch auf die begehrte feststellung, weil das betreten ihres anlagengrundstücks am 10. juli 2018 durch zwei mitarbeiter der bezirksregierung rechtmäßig war. 49entsprechend dem vorbringen der beteiligten hat das verwaltungsgericht die rechtmäßigkeit der an diesem tag erfolgten anlagenbegehung an den anforderungen des § 52 abs. 2 satz 1 var. 1 bimschg gemessen. da dessen voraussetzungen vorlagen (dazu a)), kann dahinstehen, ob die bezirksregierung düsseldorf das anlagengrundstück der klägerin auch auf der grundlage des § 47 abs. 3 satz 2 krwg betreten durfte (dazu b)). 50a) die am 10. juli 2018 durchgeführte, der klägerin zuvor nicht angekündigte vor-ort-besichtigung findet ihre rechtsgrundlage in §§ 52 abs. 1 satz 1, abs. 1b, abs. 2 satz 1 var. 1 bimschg. 51aa) § 52 abs. 1 satz 1 bimschg begründet eine allgemeine überwachungspflicht hinsichtlich der durchführung des bundes-immissionsschutzgesetzes und der auf dieses gesetz gestützten rechtsverordnungen. anlagen, die - wie diejenige der klägerin (vgl. ziffer 5.5 des anhangs i der industrieemissions-richtlinie: zeitweilige lagerung von gefährlichen abfällen mit einer gesamtkapazität von über 50 t) - in den anwendungsbereich der industrieemissions-richtlinie fallen, die in ihrem art. 23 die regelung und durchführung von routinemäßigen sowie nicht routinemäßigen umweltinspektionen vorschreibt, unterliegen gemäß § 52 abs. 1b satz 1 bimschg der regelmäßigen überwachung durch die zuständige behörde, die hierfür überwachungspläne und überwachungsprogramme gemäß § 52a bimschg aufstellt. zu dieser regelmäßigen überwachung gehören gemäß § 52 abs. 1b satz 2 bimschg u. a. vor-ort-besichtigungen. 52zur effektiven durchführung der (regelmäßigen) überwachung verpflichtet § 52 abs. 2 satz 1 var. 1 bimschg eigentümer und betreiber von anlagen sowie die eigentümer und besitzer von grundstücken, auf denen solche anlagen betrieben werden, den angehörigen der zuständigen behörde und deren beauftragten zutritt zu den grundstücken zu gestatten. das hiermit korrespondierende behördliche betretungsrecht beinhaltet nicht nur eine passive pflicht, das betreten zu dulden, sondern erfordert - im sinne von „ermöglichen“ - unter umständen auch aktive mitwirkungshandlungen des verpflichteten, etwa indem verschlossene türen geöffnet oder andere dem zugang entgegenstehende hindernisse beseitigt werden. 53vgl. ovg nrw, beschluss vom 4. juni 2021 ‑ 8 b 165/21 -, juris 13 f.; kenyeressy, in: appel/ohms/saurer, bimschg, 2021, § 52 rn. 74; lechelt, in: führ, gk‑bimschg, 2. aufl. 2019, § 52 rn. 46; hansmann/röckinghausen, in: landmann/rohmer, umweltrecht, § 52 bimschg rn. 63 (stand der kommentierung: januar 2014); feldhaus, in: ders., bundesimmissionsschutzrecht, § 52 bimschg rn. 47 (stand der kommentierung: 1. november 2010). 54neben der begehung als solcher umfasst das zutrittsrecht auch das recht zur visuellen wahrnehmung der für die überwachungstätigkeit erforderlichen informationen. § 52 abs. 2 satz 1 var. 1 bimschg regelt damit eine allgemeine betretungs- und besichtigungsbefugnis der zuständigen behörden. 55vgl. bverwg, urteil vom 25. august 1999 ‑ 8 c 12.98 -, juris rn. 39; ovg nrw, beschluss vom 4. juni 2021 - 8 b 165/21 -, juris 15 f.; mösbauer, nvwz 1985, 457 (459); lechelt, in: führ, gk-bimschg, 2. aufl. 2019, § 52 rn. 45; jarass, bimschg, 13. aufl. 2020, § 52 rn. 41; feldhaus, in: ders., bundesimmissionsschutzrecht, § 52 bimschg rn. 47 (stand der kommentierung: 1. november 2010); schwertner, in: giesberts/reinhardt, beckok umweltrecht, § 52 bimschg rn. 10 (stand der kommentierung: 1. juli 2021). 56dabei hängt das der behörde vom gesetzgeber eingeräumte betretungs- und besichtigungsrecht entgegen der auffassung der klägerin nicht von einem positiven willensakt des anlagenbetreibers im sinne einer entscheidung ab, die kontrolle zu billigen oder mit ihr einverstanden zu sein. die gestattungspflicht zielt stattdessen (lediglich) auf ein tatsächliches verhalten des kontrollierten, die kontrolle nicht zu verhindern bzw. ‑ soweit eine mitwirkung beispielsweise durch öffnen von türen oder behältern, durch vorlage von unterlagen oder nach § 52 abs. 2 satz 4 bimschg durch bereitstellung von arbeitskräften etc. erforderlich ist - mitzuwirken. eine auslegung, nach der eine kontrolle von einer ausdrücklichen bzw. konkludenten zustimmung des kontrollierten abhängig wäre, entspricht weder dem sinn und zweck der regelung noch der damit verfolgten intention des gesetzgebers. § 52 abs. 2 satz 1 var. 1 bimschg ist seit seiner verkündung am 21. märz 1974 (bgbl. i s. 721) unverändert geblieben und entspricht dem gesetzentwurf der bundesregierung vom 14. februar 1973 (bt‑drs. 7/179, s. 13; dort noch als § 44 bimschg geführt). der gesetzesbegründung zufolge verpflichtet diese vorschrift „die eigentümer und betreiber von anlagen sowie die eigentümer und besitzer von grundstücken, auf denen solche anlagen betrieben werden, die nach diesem gesetz erforderlichen überwachungsmaßnahmen zu dulden und ggf. zu fördern. zu diesem zweck haben sie den zutritt zu den grundstücken und die vornahme von prüfungen zu gestatten, auskünfte zu erteilen, unterlagen vorzulegen sowie die erforderliche hilfe zu leisten.“ (bt‑drs. 7/179, s. 47). der gesetzgeber wollte den in § 52 abs. 2 satz 1 var. 1 bimschg verwendeten begriff der gestattung damit nicht im sinne einer zustimmung verstanden wissen; vielmehr sollte mit dieser vorschrift zuvörderst (lediglich) eine duldungspflicht statuiert werden. 57ein in diesem sinne passives hinnehmen des betretens des anlagengrundstücks schließt es nicht aus, dass der pflichtige hiermit nicht einverstanden ist, sich aber in kenntnis seiner duldungspflicht entscheidet, an der vor-ort-inspektion mitzuwirken. erst dann, wenn der pflichtige den behördenmitarbeitern den zutritt und die besichtigung verweigert, indem er z. b. ein hausverbot ausspricht, tore oder türen nicht öffnet oder den zutritt anderweitig verwehrt, bedarf es eines die gesetzliche duldungspflicht des § 52 abs. 2 satz 1 var. 1 bimschg konkretisierenden verwaltungsakts, der entweder unmittelbar auf die vorgenannte vorschrift, die eine befugnisnorm darstellt, 58vgl. bverwg, urteil vom 25. august 1999 ‑ 8 c 12.98 -, juris rn. 39; jarass, bimschg, 13. aufl. 2020, § 52 rn. 59; feldhaus, in: ders., bundesimmissionsschutzrecht, § 52 bimschg rn. 16 (stand der kommentierung: 1. november 2010); schwertner, in: giesberts/reinhardt, beckok umweltrecht, § 52 bimschg rn. 27 (stand der kommentierung: 1. juli 2021); mösbauer, nvwz 1985, 457 (459), 59oder auf § 52 abs. 1 satz 2 bimschg gestützt werden kann, 60so hansmann/röckinghausen, in: landmann/rohmer, umweltrecht, § 52 bimschg rn. 19 (stand der kommentierung: januar 2014), wonach der gesetzgeber mit § 52 abs. 1 satz 2 bimschg klargestellt habe, dass § 52 abs. 1 bimschg nicht lediglich eine aufgaben-, sondern auch eine befugnisnorm sei; a. a. - mit verweis auf das gesetzgebungsverfahren - lechelt, in: führ, gk-bimschg, 2. aufl. 2019, § 52 rn. 20, m. w. n.; jarass, bimschg, 13. aufl. 2020, § 52 rn. 5; betensted/grandjot/waskow, zur 2013, 395 (402), 61und der im wege des verwaltungszwangs vollstreckt werden kann. 62eine andere auslegung des in § 52 abs. 2 satz 1 var. 1 bimschg verwendeten begriffs der gestattung folgt nicht aus art. 23 abs. 1 unterabs. 2 der industrieemissions-richtlinie. danach stellen die mitgliedstaaten sicher, dass die betreiber den zuständigen behörden jede notwendige unterstützung dabei gewähren, etwaige vor-ort-besichtigungen und probenahmen durchzuführen und die zur erfüllung ihrer pflichten im rahmen dieser richtlinie erforderlichen informationen zu sammeln. die in art. 23 der industrieemissions-richtlinie geregelten vorgaben hat der nationale gesetzgeber im jahr 2013 (vgl. das gesetz zur umsetzung der richtlinie über industrieemissionen vom 8. april 2013, bgbl. i s. 734) durch ergänzungen des § 52 bimschg sowie durch einfügung des § 52a bimschg umgesetzt (vgl. bt-drs. 17/10486, s. 9 f., 23 f.). 63zur entstehungsgeschichte des § 52 bimschg in seiner heutigen fassung vgl. kenyeressy, in: appel/ohms/saurer, bimschg, 2021, § 52 rn. 5 ff. 64eine änderung oder anpassung der in § 52 abs. 2 bimschg normierten pflichten hielt der gesetzeber auch mit blick auf art. 23 abs. 1 unterabs. 2 der industrieemissions-richtlinie offenbar nicht für erforderlich. eine verpflichtung der zuständigen behörde, den termin der vor-ort-besichtigung im regelfall vorher anzukündigen, lässt sich der vorgenannten vorgabe entgegen der auffassung der klägerin weder ausdrücklich noch sinngemäß entnehmen. soweit es dort heißt: 65„die mitgliedstaaten stellen sicher, dass die betreiber den zuständigen behörden jede notwendige unterstützung dabei gewähren, etwaige vor-ort-besichtigungen und probenahmen durchzuführen und die zur erfüllung ihrer pflichten im rahmen dieser richtlinie erforderlichen informationen zu sammeln“, 66folgen aus der richtlinie keine über die gesetzliche regelung in § 52 bimschg hinausgehenden anforderungen an die art und weise der durchführung. unionsrechtlich geboten ist danach die regelung einer mitwirkungspflicht des anlagenbetreibers durch den nationalen gesetzgeber, nicht aber die regelung einer pflicht der behörde, die (routinemäßige) kontrolle anzukündigen. zwar wird es zutreffen, dass beispielsweise die kontrolle von im betrieb zu führenden aufzeichnungen schneller und effektiver erfolgen kann, wenn die umweltinspektion angekündigt worden ist. es liegt aber mindestens ebenso auf der hand, dass die nach art. 23 abs. 6 der industrieemissions-richtlinie bei jeder vor-ort-besichtigung zu treffenden feststellungen darüber, ob die genehmigungsauflagen eingehalten werden, am ehesten realitätsgetreu sind, wenn sie auf einer vom anlagenbetreiber nicht erwarteten inspektion beruhen. die industrieemissions-richtlinie dient der sicherstellung eines hohen umweltschutzniveaus (vgl. erwägungsgrund 44) und nicht einer entlastung der mit der überwachung betrauten behörden; dass die effektive durchführung der inspektionen einen hohen personalaufwand erfordert, war dem richtliniengeber bewusst (vgl. erwägungsgrund 26). 67weitere voraussetzungen stellt § 52 abs. 2 satz 1 var. 1 bimschg auf der tatbestandsseite nicht auf. insbesondere bedarf es bei der hier in rede stehenden regelmäßigen (routinemäßigen) überwachung keines verdachts, dass rechtswidrige zustände vorliegen. die regelung ist ausfluss der gesetzgeberischen entscheidung, unter das immissionsschutzrecht fallende anlagen aufgrund ihrer potentiellen gefährlichkeit einem besonderen überwachungsregime zu unterstellen, um gefahren frühzeitig und umfassend erkennen zu können. 68vgl. ovg nrw, beschluss vom 10. juni 2015 ‑ 8 b 555/15 -, n. v., seite 4 des beschlussabdrucks, unter verweis u. a. auf bverwg, urteil vom 28. januar 1992 - 7 c 22.91 -, juris rn. 14; hess. vgh, urteil vom 17. märz 1999 ‑ 5 ue 2898/96 -, juris rn. 40; hansmann/röckinghausen, in: landmann/rohmer, umweltrecht, § 52 bimschg rn. 60 (stand der kommentierung: januar 2014); kenyeressy, in: appel/ohms/saurer, bimschg, 2021, § 52 rn. 17. 69bb) mangels näherer bestimmung der art und weise sowie der häufigkeit der vor-ort-besichtigungen ist der überwachungsbehörde insoweit ein handlungsspielraum eingeräumt, den sie nach pflichtgemäßen ermessen auszufüllen hat. 70vgl. generell zur durchführung der überwachung nach § 52 bimschg auch kenyeressy, in: appel/ohms/saurer, bimschg, 2021, § 52 rn. 17. 71die für verwaltungsakte geltenden grundsätze (vgl. § 40 vwvfg nrw) finden insoweit auf sonstiges verwaltungshandeln wie insbesondere realakte entsprechende anwendung. 72vgl. schönenbroicher, in: mann/sennekamp/uechtritz, vwvfg, 2. aufl. 2019, § 40 rn. 11; sachs, in: stelkens/bonk/sachs, vwvfg, 9. auflage 2018, § 40 rn. 47. 73das gilt auch für die nach maßgabe von § 114 satz 1 vwgo eingeschränkte gerichtliche überprüfung. 74vgl. wolff, in: sodan/ziekow, vwgo, 5. auflage 2018, § 114 rn. 50. 75für anlagen nach der industrieemissions-richtlinie wird das ermessen der überwachungsbehörde hinsichtlich des überwachungsintervalls durch § 52a abs. 3 und 4 bimschg eingeschränkt. 76einschränkungen des behördlichen zutrittsrechts nach § 52 abs. 2 satz 1 var. 1 bimschg können sich vor allem aus dem grundsatz der verhältnismäßigkeit ergeben, an dessen anforderungen sich jedes staatliche handeln auszurichten hat. die entscheidung der überwachungsbehörde, die durchführung einer kontrolle im rahmen der gesetzlich vorgeschriebenen regelmäßigen anlagenüberwachung (vor-ort-besichtigung nach § 52 abs. 1b, abs. 2 bimschg) dem betreiber einer anlage nach der industrieemissions-richtlinie nicht vorher anzukündigen, ist im regelfall verhältnismäßig und bedarf nach dem sinn und zweck der kontrolle keiner einzelfallbezogenen und - mangels anwendbarkeit des nur für schriftliche bzw. schriftlich bestätigte verwaltungsakte geltenden § 39 abs. 1 vwvfg nrw - auch keiner schriftlichen begründung. 77unangekündigte kontrollen sind zur erreichung ihres zwecks nicht nur geeignet, sondern auch erforderlich und in aller regel verhältnismäßig. 78der behördlichen vor-ort-besichtigung kommt im rahmen der (regelmäßigen) anlagenüberwachung eine zentrale bedeutung zu, weil feststellungen, ob die anforderungen des bundes-immissionsschutzgesetzes und der hierauf gestützten verordnungen eingehalten werden (vgl. § 52 abs. 1 satz 1 bimschg), vielfach nur bzw. erst durch eine inaugenscheinnahme der anlage bzw. des anlagenbetriebs möglich sind. auch die in § 52 abs. 2 satz 1 bimschg ausdrücklich genannte ermittlung von emissionen und immissionen erfordert regelmäßig das behördliche betreten des anlagengrundstücks. demgemäß bildet die vor-ort-besichtigung und damit einhergehend das behördliche zutrittsrecht einen unverzichtbaren bestandteil der behördlichen überwachung bei der erfüllung des mit dem bundes-immissionsschutzgesetz verfolgten schutzzwecks (vgl. § 1 bimschg). 79gerade weil die vor-ort-besichtigung (und die dabei gewonnenen informationen) ihrer natur nach nur eine momentaufnahme darstellen kann, ist es unter dem gesichtspunkt der effektivität der behördlichen überwachung von maßgeblicher bedeutung, dass die überwachungsbehörde solche zustände auf dem anlagengrundstück vorfindet, die den anlagenzustand sowie die betriebsverhältnisse möglichst realitätsnah abbilden. hierfür sind unangekündigte kontrollen durch die überwachungsbehörde eine wesentliche voraussetzung; angekündigte kontrollen erweisen sich hingegen nicht als in gleicher weise wirksam. dies zeigt sich exemplarisch an der von der bezirksregierung im berufungsverfahren vorgelegten auswertung (mit stand vom 28. oktober 2020) des mulnv nrw, wonach bei unangekündigten umweltinspektionen an anlagen nach der industrieemissions-richtlinie verhältnismäßig mehr mängel und zudem eine verhältnismäßig höhere mängelschwere festgestellt wurden als bei angekündigten umweltinspektionen. dafür, dass diese auswertung nicht repräsentativ ist, bestehen mit blick auf die anzahl der vor-ort-besichtigungen (4.233 angekündigt, 620 unangekündigt) keine begründeten anhaltspunkte; auch die klägerin belässt es insoweit bei der nicht weiter begründeten rüge der fehlenden repräsentativität. insofern ist auch der hinweis der bezirksregierung darauf, dass eine vorherige ankündigung des überwachungstermins dem anlagenbetreiber die möglichkeit zur gezielten vorbereitung der umweltinspektion biete, ohne weiteres nachvollziehbar. demgemäß sind angekündigte kontrollen grundsätzlich nicht in gleicher weise geeignet, den zweck der anlagenüberwachung zu erreichen wie unangekündigte (unvermutete) kontrollen. 80es entspricht vielmehr der allgemeinen lebenserfahrung, dass mit einer unangekündigten besichtigung die größtmögliche effektivität einer überwachungsmaßnahme zu erreichen ist, 81vgl. vgh bad.-württ., beschluss vom 27. januar 2004 - 9 s 1343/03 -, juris rn. 4 ff., zum betretungs- und besichtigungsrecht nach § 64 abs. 4 nr. 1 amg, 82wenn die vorherige ankündigung einer - wie hier - ordnungsrechtlich veranlassten kontrolle eines geschäftsbetriebs nicht sogar regelmäßig als zweckwidrig angesehen werden muss. 83vgl. bverwg, beschluss vom 28. januar 1998 ‑ 1 b 5.98 -, juris rn. 7, zu kontrollen nach § 22 abs. 2 gaststätteng. 84in anbetracht der vorstehend beschriebenen bedeutung der vor-ort-besichtigung für die anlagenüberwachung ist die überwachungsbehörde auch dann nicht zu einer vorherigen ankündigung verpflichtet, wenn der zweck des zutritts- und prüfungsrechts dadurch nicht vereitelt wird. 85so aber vg düsseldorf, urteil vom 21. februar 2017 - 3 k 3004/15 -, juris rn. 24 f.; kenyeressy, in: appel/ohms/saurer, bimschg, 2021, § 52 rn. 58; jarass, bimschg, 13. aufl. 2020, § 52 rn. 46; lechelt, in: führ, gk-bimschg, 2. aufl. 2019, § 52 rn. 45, jeweils m. w. n. 86dagegen spricht nicht zuletzt, dass selbst bei einer zu einem konkreten zweck geplanten kontrolle stets auch die gesamtanlage in den blick genommen werden muss, d. h. dass die mitarbeiter der überwachungsbehörde augenfällige verstöße gegen genehmigungsauflagen und rechtsvorschriften, die sicherheits- oder umweltgefahren verursachen können, zur kenntnis nehmen und in dem zu erstellenden bericht vermerken müssen. dies zugrunde gelegt ist eine begrenzung der umweltinspektion auf einen bestimmten, vorher festgelegten zweck allenfalls theoretischer natur. 87die annahme einer regelmäßig bestehenden verpflichtung, routinekontrollen anzukündigen, hätte zur folge, dass die überwachungsbehörden nur in fällen auf eine vorherige ankündigung verzichten könnten, in denen ihnen hinreichend konkrete anhaltspunkte auf einen nicht gesetzeskonformen anlagenbetrieb bekannt werden (z. b. aufgrund von (nachbar)beschwerden oder anderweitiger hinweise). die funktion der überwachung (im sinne einer beobachtung und informationsgewinnung) besteht aber gerade auch in der verdachtsunabhängigen, anlasslosen kontrolle und setzt nicht das vorliegen einer gefahr (im polizeirechtlichen sinne) voraus. anderenfalls liefe die möglichkeit zur durchführung unvermuteter kontrollen, die zu einer effektiven anlagenüberwachung unerlässlich sind, und damit auch der vom gesetzgeber mit § 52 bimschg beabsichtigte kontrollzweck weitgehend leer. dies gilt in gleicher weise für regelmäßige kontrollen nach § 52 abs. 1b bimschg. 88schutzwürdige interessen des anlagenbetreibers gebieten in der regel ebenfalls keine ankündigung anlassloser kontrollen. betriebliche oder sonstige belange des anlagenbetreibers werden durch nicht angekündigte kontrollen objektiv nicht übermäßig (unverhältnismäßig i. e. s.) beeinträchtigt. das gilt mit blick auf alle hier in betracht kommenden grundrechtsgewährleistungen (etwa art. 13, 14, 2 abs. 1 gg). 89zum - bei prinzipieller einbeziehung von geschäfts- und betriebsräumen in den schutzbereich des art. 13 gg - geringeren schutzbedürfnis derartiger räume, weshalb behördliche betretungsrechte für routinekontrollen keinen eingriff i. s. d. art. 13 abs. 3 gg darstellen, vgl. bverfg, beschluss vom 13. oktober 1971 ‑ 1 bvr 280/66 -, juris rn. 38 ff.; bverwg, urteil vom 5. november 1987 ‑ 3 c 52.85 -, juris rn. 25 ff. 90eine übermäßige, durch den kontrollzweck nicht gerechtfertigte störung der betriebsabläufe kann im einzelfall durch die konkrete gestaltung der art und weise der kontrolle ausreichend vermieden werden. dazu gehört auch, dass sich die die kontrolle durchführenden behördenmitarbeiter zu beginn der inspektion bei der an dem betreffenden tag vor ort anwesenden, für den betrieb der anlage verantwortlichen, das hausrecht ausübenden person anmelden und die weiteren für den kontrollierten betrieb maßgeblichen sicherheitsvorschriften, z. b. das anlegen von schutzausrüstung, beachten. 91vgl. zu lebensmittelkontrollen nach § 41 abs. 3 nr. 1 lmbg (nunmehr: § 42 abs. 2 satz 1 nr. 1 lfgb): bverwg, urteil vom 5. november 1987 ‑ 3 c 52.85 -, juris rn. 31. 92die einhaltung der maßgeblichen sicherheitsvorschriften kann von den mit der überwachung betrauten, fachlich mit anlagen der zu kontrollierenden art vertrauten mitarbeitern regelmäßig ohne weiteres erwartet werden. dies vorausgeschickt kann die notwendigkeit einer vorherigen ankündigung von vor-ort-inspektionen auch nicht mit der erwägung begründet werden, dass anlagen, die in den anwendungsbereich der industrieemissions-richtlinie fallen, anders als sonstige (gewerbe-)betriebe ein hohes gefährdungspotential und damit zugleich eine erhöhte sensibilität gegenüber störungen durch betriebsfremde einflüsse aufweisen. 93eine unverhältnismäßige beeinträchtigung durch unangemeldete kontrollen folgt schließlich nicht daraus, dass gemäß § 52a abs. 5 bimschg nach jeder vor-ort-besichtigung einer anlage ein bericht mit den relevanten feststellungen über die einhaltung der genehmigungsanforderungen nach § 6 abs. 1 nr. 1 bimschg und der nebenbestimmungen nach § 12 bimschg sowie mit schlussfolgerungen, ob weitere maßnahmen notwendig sind, erstellt wird (satz 1) und dieser bericht innerhalb von vier monaten nach der vor-ort-besichtigung der öffentlichkeit nach den vorschriften über den zugang zu umweltinformationen zugänglich zu machen ist (satz 3). zweck des zugänglichmachens der berichte ist die information der öffentlichkeit - also auch möglicher kunden und geschäftspartner - unter anderem darüber, ob das unternehmen seinen verpflichtungen aus dem genehmigungsbescheid nachkommt. der inhalt des berichts kann daher einen wettbewerbsrelevanten eindruck über die zuverlässigkeit des unternehmens vermitteln. 94vgl. ovg nrw, beschlüsse vom 28. august 2020 - 8 b 1564/19 -, juris rn. 12 und vom 30. oktober 2014 - 8 b 721/14 -, juris rn. 11. 95sind die in dem bericht vermerkten beanstandungen berechtigt, muss der anlagenbetreiber dies hinnehmen und zum anlass nehmen, zukünftig jederzeit für einen genehmigungskonformen zustand und betrieb seiner anlage sorge zu tragen, der keinen anlass zu beanstandungen gibt. sind die bei einer vor-ort-kontrolle zunächst vermerkten beanstandungen hingegen unberechtigt, bedarf es nicht - wie die klägerin meint - zur effektiven wahrnehmung ihrer rechte einer hinzuziehung von bestimmten vorstandsmitgliedern, sachverständigen und rechtsanwälten schon bei der umweltinspektion. denn abgesehen von der offenkundig ohnehin bestehenden verwaltungspraxis, bei der unangekündigten kontrolle nicht zu klärende fragen in einem mit den maßgeblichen ansprechpartnern vereinbarten folgetermin zu erörtern, werden die inspektionsberichte vor ihrer veröffentlichung im internet zunächst dem anlagenbetreiber übermittelt (vgl. § 52a abs. 5 bimschg), wodurch er gelegenheit zur stellungnahme und ausräumung etwaiger missverständnisse erhält. zudem steht dem anlagenbetreiber - wie sich nicht zuletzt am beispiel der klägerin zeigt (vgl. insoweit die beschlüsse gleichen rubrums des verwaltungsgerichts vom 8. januar 2019 ‑ 3 l 3420/18 - sowie nachgehend des erkennenden senats vom 28. august 2020 ‑ 8 b 128/19 -) gegen die veröffentlichung des umweltinspektionsberichts effektiver rechtsschutz zur verfügung. 96vgl. im einzelnen zu den voraussetzungen für die rechtmäßigkeit der veröffentlichung des umweltinspektionsberichts: ovg nrw, beschluss vom 28. august 2020 - 8 b 1564/19 -, juris rn. 5 ff. 97cc) ausgehend von diesen maßstäben war die von zwei behördenmitarbeitern der bezirksregierung am 10. juli 2018 durchgeführte vor-ort-besichtigung auf dem anlagengrundstück der klägerin rechtmäßig. 98aaa) die behördenmitarbeiter haben sich an den vorgaben des zur zeit der kontrolle geltenden umweltinspektionserlasses des ministeriums für klimaschutz, umwelt, landwirtschaft, natur- und verbraucherschutz vom 26. juni 2015- v-1/v-7-1034 -) orientiert, der in bezug auf die hier in rede stehenden routinekontrollen in ziffer 4.2 ausführt: 99„unangemeldete kontrollen bergen zwar das risiko, dass zum zeitpunkt der vor-ort-besichtigung das betriebsgelände bzw. bestimmte anlagen nicht zugänglich oder aber verantwortliche bzw. auskunftsfähige personen nicht vor ort sind. allerdings ermöglicht eine unangemeldete behördliche inaugenscheinnahme des betriebsgrundstücks und der einrichtungen einen wirklichkeitsgetreuen einblick in die betriebsführung und den anlagenzustand. darauf deutet die merklich erhöhte mängelquote bei den bisher unangemeldet durchgeführten inspektionen hin. in den anlagenbezogenen überwachungsprogrammen sollen die umweltschutzbehörden daher anstreben, zumindest 25 % der jährlich durchgeführten umweltinspektionen unangemeldet durchzuführen.“ 100die so begründete und zumindest auch im behördlichen interesse (beschleunigung, schnelle verfügbarkeit von unterlagen und anwesenheit kompetenter ansprechpartner) liegende verwaltungspraxis im land nordrhein-westfalen, kontrollen zumeist anzukündigen und (nur) mindestens 25 % der kontrollen unangekündigt durchzuführen, begegnet nach den vorstehenden ausführungen keinen durchgreifenden bedenken. 101bbb) die vor ort anwesenden behördenmitarbeiter haben sich am 10. juli 2018 ordnungsgemäß beim niederlassungsleiter angemeldet und darauf hingewiesen, zu welchem zweck sie das anlagengrundstück betreten/besichtigen möchten. 102vgl. zum recht des verpflichteten, darüber zu entscheiden, wer die dem publikumsverkehr nicht eröffneten betriebs- und geschäftsräume betreten darf, und zu erfahren, welche personen zu welchem zweck sich in diesen räumen aufhalten (informationsrecht), bverwg, urteil vom 5. november 1987 - 3 c 52.85 -, juris rn. 22. 103ccc) der zwischen den beteiligten nicht einheitlich beantworteten frage, ob der niederlassungsleiter, herr t. , den vor ort anwesenden behördenmitarbeitern das einverständnis mit der anlagenbegehung erteilt hatte bzw. ob diese berechtigterweise von einem einverständnis durch die klägerin ausgehen durften, brauchte der senat nicht weiter nachzugehen. zwischen den beteiligten ist jedenfalls unstreitig, dass die klägerin die anlagenbegehung nach hinweis auf die rechts- bzw. erlasslage - und im übrigen auch in kenntnis dessen, dass die bezirksregierung den vorangegangenen streitfall zum anlass genommen hatte, ein zwangsgeld anzudrohen - zunächst faktisch geduldet, an der betriebsbegehung durch begleitung der behördenmitarbeiter mitgewirkt und diesen erst nach etwa 45 minuten telefonisch ein hausverbot erteilt hat. diesem hausverbot sind die behördenmitarbeiter auch unstreitig umgehend nachgekommen, indem sie das betriebsgelände verlassen haben. auf ein eventuell nicht vorhandenes einverständnis der klägerin bzw. eine fehlende billigung der maßnahme kam es nach der vorstehenden auslegung des begriffs des gestattens in § 52 abs. 2 satz 1 var. 1 bimschg für die rechtmäßigkeit der anlagenbegehung nicht an. 104ddd) die vor-ort-besichtigung war auch nicht deshalb unverhältnismäßig, weil sie nicht zuvor angekündigt wurde. dass die bezirksregierung düsseldorf entgegen den vorstehenden ausführungen ausnahmsweise verpflichtet gewesen wäre, die klägerin von dem termin vorab in kenntnis zu setzen, kann auf der grundlage ihres vorbringens nicht festgestellt werden. 105zwar wäre es hilfreich gewesen, wenn die bezirksregierung die klägerin nach der überraschenden klagerücknahme in dem vorangegangenen verfahren 8 a 999/16 darauf hingewiesen hätte, dass sie ihre rechtsauffassung und ihre verwaltungspraxis nicht geändert hatte. die erneute durchführung einer unangekündigten kontrolle erwies sich aber auch nicht als treuwidrig, weil die überwachungsbehörde der klägerin keinen anlass zu der annahme gegeben hatte, dass die verwaltungspraxis generell oder gar bezogen auf die anlagen der klägerin geändert worden sei. allein daraus, dass mehrere kontrollen angekündigt worden waren, konnte die klägerin eine diesbezügliche erwartung bei objektiver betrachtung nicht ableiten. 106eine unzumutbare beeinträchtigung der rechtsposition der klägerin ist nicht darin zu sehen, dass infolge der unterbliebenen ankündigung eine teilnahme derjenigen personen nicht möglich war, die nicht (während der gesamten anlagenbegehung) vor ort waren und auch nicht kurzfristig anreisen konnten. zwar dürfte die klägerin aufgrund ihres hausrechts grundsätzlich verlangen können, dass sich die behördenmitarbeiter auf dem anlagengrundstück nicht unbegleitet bewegen. ein entsprechendes verlangen wäre nicht ohne weiteres von dem behördlichen zutrittsrecht gemäß § 52 abs. 2 satz 1 var. 1 bimschg gedeckt. das ist hier auch nicht geschehen; der betriebsleiter war anwesend und hat die behördenmitarbeiter begleitet. 107aus ihrem hausrecht bzw. ihrer betrieblichen organisationshoheit folgt indes kein anspruch der klägerin darauf, dass ihr die teilnahme von personen ermöglicht wird, die an dem jeweiligen termin nicht vor ort sind und deren anreise einen nicht lediglich geringen zeitlichen aufwand erfordert. die anlagenbegehung und ‑besichtigung ist wesentlicher bestandteil der behördlichen anlagenüberwachung und damit als hoheitliche maßnahme zu qualifizieren. demgemäß obliegt es allein der überwachungsbehörde, in ausübung ihres pflichtgemäßen ermessens darüber zu entscheiden, welche im lager des verpflichteten stehenden personen ihr bei der vor-ort-besichtigung unterstützend zur seite stehen (müssen). hiervon geht ersichtlich auch der gesetzgeber aus, wenn er in § 52 abs. 2 satz 3 bimschg den betreiber von anlagen, für die ein immissionsschutzbeauftragter oder ein störfallbeauftragter bestellt ist, verpflichtet, diesen auf verlangen der zuständigen behörde zu überwachungsmaßnahmen nach § 52 abs. 2 satz 1 bimschg hinzuzuziehen. dass unangekündigte vor-ort-besichtigungen für die überwachungsbehörde mit dem risiko verbunden sind, bei ihrer durchführung auf sich möglicherweise ergebende fragen keine qualifizierten antworten zu erhalten, weil eine mit dem entsprechenden, insbesondere technischen sachverstand ausgestattete person ortsabwesend ist und/oder wegen anderweitiger, im betrieblichen interesse unaufschiebbarer verpflichtungen an der anlagenbegehung nicht teilnehmen kann, ändert an dem vorstehenden befund nichts. in einem solchen fall ist es der überwachungsbehörde lediglich verwehrt, allein hieraus für den anlagenbetreiber negative schlussfolgerungen abzuleiten. 108die unverhältnismäßigkeit der unangekündigten vor-ort-besichtigung folgt auch nicht aus dem hinweis der klägerin, eine vorherige ankündigung eröffne dem anlagenbetreiber die möglichkeit, die mit der durchführung der anlagenbegehung einhergehenden betriebsbeeinträchtigungen mittels betriebsorganisatorischer maßnahmen möglichst zu vermeiden bzw. diese zumindest abzumildern. die überwachungsbehörde ist bei der durchführung der überwachungsmaßnahme bereits aus gründen der verhältnismäßigkeit verpflichtet, auf die berechtigten belange des anlagenbetreibers rücksicht zu nehmen. hieraus folgt, dass sich die betrieblichen beeinträchtigungen, die mit der behördlichen anlagenbegehung einhergehen, auf das aus dem zweck der maßnahme ergebende mindestmaß zu beschränken haben. konkrete anhaltspunkte dafür, dass das verhalten der beiden behördenmitarbeiter am 10. juli 2018 diesen rahmen verlassen hatte, hat die klägerin nicht benannt. sie drängen sich auch mit blick auf die dauer der inspektion von etwa 45 minuten sowie die anzahl der vor ort anwesenden behördenmitarbeiter nicht auf. es ist im übrigen nicht geltend gemacht und nach aktenlage auch auszuschließen, dass eine unverhältnismäßigkeit der streitbefangenen vor-ort-besichtigung aus einer überzogenen häufigkeit der inspektionen der betreffenden anlage folgt. 109b) ob das betreten und besichtigen des anlagengrundstücks der klägerin auch auf der grundlage des § 47 abs. 3 satz 2 krwg - das von der klägerin betriebene sonderabfall-zwischenlager fällt jedenfalls gemäß § 2 abs. 1 nr. 4 krwg in den geltungsbereich des kreislaufwirtschaftsgesetzes, so dass die klägerin neben immissionsschutzrechtlichen anforderungen auch abfallrechtliche verpflichtungen treffen - erfolgen durfte, braucht in anbetracht der vorstehenden erwägungen nicht weiter vertieft zu werden. diese überwachungsvorschrift, die selbstständig neben § 52 abs. 2 satz 1 var. 1 bimschg steht, 110vgl. hansmann/röckinghausen, in: landmann/rohmer, umweltrecht, § 52 bimschg rn. 9 (stand der kommentierung: januar 2014); lechelt, in: führ, gk-bimschg, 2. aufl. 2019, § 52 rn. 135, 111regelt ebenfalls das behördliche betretungs- und besichtigungsrecht der zuständigen überwachungsbehörde. im hinblick auf die hier in rede stehende pflicht zur vorherigen ankündigung der vor-ort-besichtigung dürfte § 47 abs. 3 satz 2 krwg, um auch überraschende kontrollen zu ermöglichen, keine anderen anforderungen aufstellen als § 52 abs. 2 satz 1 var. 1 bimschg. 112vgl. ovg berlin-bbg., beschluss vom 5. september 2014 - ovg 11 n 118.12 -, juris rn. 17; beckmann, in: landmann/rohmer, umweltrecht, § 47 krwg rn. 66 (stand der kommentierung: april 2013). 113iii. der zweite feststellungsantrag ist zulässig (dazu 1.), aber unbegründet (dazu 2.). 1141. die mit dem zweiten klageantrag begehrte feststellung, dass das fotografieren am betriebsstandort nach dem betreten des anlagengrundstücks der klägerin durch mitarbeiter der bezirksregierung am 10. juli 2018 rechtswidrig war, ist als feststellungsklage gemäß § 43 abs. 1 vwgo statthaft und auch im übrigen zulässig. insoweit gelten die unter ii. 1. gemachten ausführungen entsprechend. 1152. der zweite feststellungsantrag ist unbegründet. die klägerin hat keinen anspruch auf die begehrte feststellung, weil das anfertigen von lichtbildern zu dokumentationszwecken während der anlagenbegehung am 10. juli 2018 rechtmäßig war. 116dabei kann dahinstehen, ob - was wiederum zwischen den beteiligten umstritten ist - die lichtbilder im (konkludenten) einverständnis der klägerin angefertigt wurden. sollte dies nicht der fall gewesen sein, bedurfte die anfertigung der lichtbilder einer ermächtigungsgrundlage (dazu a)), die hier vorliegt (dazu b)). auch im übrigen begegnet die anfertigung der lichtbilder im vorliegenden einzelfall keinen rechtmäßigkeitsbedenken (dazu c)). 117a) die anfertigung von lichtbildern während einer vor-ort-besichtigung durch die überwachungsbehörde bedarf jedenfalls dann einer ermächtigungsgrundlage, wenn sie gegen den willen des hausrechtsinhabers erfolgt. insoweit liegt ein eingriff in das grundrecht auf unverletzlichkeit der wohnung gemäß art. 13 abs. 1 gg vor. im interesse eines wirksamen schutzes der wohnung legt das bundesverfassungsgericht diesen begriff weit aus und zählt hierzu auch arbeits-, betriebs- und geschäftsräume einschließlich des umfriedeten besitztums. das grundrecht gewährleistet den schutz gegen eingriffe in die entscheidung des hausrechtsinhabers über das zutrittsrecht im einzelnen und über die zweckbestimmung des aufenthalts. 118vgl. bverfg, beschluss vom 17. februar 1998 ‑ 1 bvf 1/91 -, juris rn. 134, m. w. n.; bverwg, urteil vom 25. august 2004 - 6 c 26.03 -, juris rn. 23. 119auch eine kommanditgesellschaft wie die klägerin kann über art. 19 abs. 3 gg trägerin des grundrechts aus art. 13 abs. 1 gg sein. 120vgl. bverfg, beschluss vom 26. mai 1976 ‑ 2 bvr 294/76 -, juris rn. 29, m. w. n. 121daher kann offen bleiben, ob die anfertigung der lichtbilder darüber hinaus - wie die klägerin meint - auch in ihr durch art. 14 gg gewährleistetes recht am eingerichteten und ausgeübten gewerbebetrieb bzw. in ihre durch art. 2 abs. 1 gg geschützte wirtschaftliche betätigungsfreiheit - insoweit übersieht die klägerin allerdings, dass die lichtbilder zu dokumentationszwecken angefertigt wurden und nicht der ausspähung dienen sollten - bzw. in ihr allgemeines persönlichkeitsrecht eingriff. 122b) für das anfertigen der lichtbilder steht eine taugliche ermächtigungsgrundlage zur verfügung. zwar weist die klägerin zutreffend darauf hin, dass das anfertigen der lichtbilder bzw. das erstellen einer fotodokumentation - im gegensatz etwa zu § 64 abs. 4 nr. 1 amg - nicht ausdrücklich in § 52 abs. 2 bimschg aufgeführt ist. die befugnis der überwachungsbehörde, im rahmen der vor-ort-besichtigung lichtbilder anzufertigen, ist aber auch ohne ausdrückliche erwähnung im wortlaut des § 52 bimschg von dem besichtigungsauftrag bzw. der besichtigungsermächtigung gedeckt, wenn und soweit die lichtbilder der dokumentation der kontrolle sowie der plausibilisierung etwaiger beanstandungen dienen. 123vgl. zu diesem erfordernis mit blick auf die veröffentlichung eines etwaigen mängelberichts nach § 52a abs. 5 bimschg ovg nrw, beschlüsse vom 28. august 2020 - 8 b 128/19 -, n. v. seite 4 f. des beschlussabdrucks, und ‑ 8 b 1564/19 -, juris rn. 5 ff. 124lichtbilder sind dazu bestimmt und hierfür auch besonders geeignet, die während der anlagenbesichtigung (im sinne einer inaugenscheinnahme) optisch wahrgenommenen tatsächlichen verhältnisse bildlich - als ausgedrucktes bzw. digital gespeichertes foto - festzuhalten. der ihnen damit zukommende dokumentationszweck erfüllt dabei zwei funktionen: zum einen dienen lichtbilder der überwachungsbehörde als gedächtnisstütze bei der sich anschließenden beurteilung der sach- und rechtslage bezüglich der tatsächlichen verhältnisse „vor ort“. zum anderen dienen sie der beweissicherung für ein sich ggf. anschließendes (verwaltungs)gerichtliches verfahren. 125demgemäß bedarf die anfertigung von lichtbildern im rahmen eines überwachungstermins - analog dem behördlichen betretungsrecht - auf tatbestandsseite keiner zustimmung durch den anlagenbetreiber. 126c) die anfertigung der lichtbilder während der vor-ort-besichtigung am 10. juli 2018 begegnet auch im übrigen keinen bedenken hinsichtlich ihrer rechtmäßigkeit. 127aa) der von der klägerin angesprochene aushang, dass auf dem anlagengrundstück ein fotografierverbot gelte, richtete sich bei objektiver auslegung generell an betriebsfremde besucher. ausgehend davon, dass bei früheren anlagenbegehungen unstreitig auch bereits fotos aufgenommen worden waren, war schon nicht davon auszugehen, dass sich das fotografierverbot auch an behördenmitarbeiter in ausübung der besichtigungsbefugnis nach § 52 abs. 2 bimschg richten sollte. jedenfalls aber bedurfte es nach den vorstehenden ausführungen nicht des ausdrücklichen einverständnisses der klägerin. dass sich die vor ort anwesenden personen - hier der niederlassungsleiter und der betriebsleiter - der anfertigung von fotos in einer weise entgegengestellt hätten, die den erlass einer ordnungsverfügung nebst zwangsmittelandrohung erforderlich gemacht hätten, ist dem insoweit von den beteiligten unstreitig vorgetragenen sachverhalt nicht zu entnehmen. 128bb) ein verstoß gegen den grundsatz der verhältnismäßigkeit kann ebenfalls nicht festgestellt werden. 129die anfertigung von lichtbildern ist geeignet, um eine rechtssichere dokumentation des anlagenzustandes zu gewährleisten. bedenken gegen die erforderlichkeit dieser maßnahme bestehen nicht. eine rein schriftliche dokumentation des kontrolltermins ist nicht gleich geeignet, den genannten zweck der beweissicherung zu erreichen. lichtbilder können unbeteiligten dritten, namentlich den in einem gerichtlichen verfahren zur entscheidung berufenen spruchkörpern, die vor ort vorgefundenen zustände im regelfall besser vermitteln als eine schriftliche dokumentation, die typischerweise den detailreichtum eines (farb)lichtbildes nicht vollständig erfassen (können) wird. die von der klägerin ferner angesprochene anfertigung eigener lichtbilder stellt - abgesehen davon, dass sich dem senat der sich aus einer solchen vorgehensweise ergebende tatsächliche oder rechtliche vorteil für die klägerin nicht erschließt - ebenfalls kein gleich geeignetes mittel dar. insoweit ist zunächst darauf hinzuweisen, dass es allein der überwachungsbehörde und nicht dem anlagenbetreiber obliegt, darüber zu entscheiden, welche zustände sie auf dem anlagengrundstück zur beweissicherung mittels lichtbildern festhält. daher erscheint es wenig praktikabel, wenn die behördenvertreter die mitarbeiter der klägerin für die anfertigung jedes einzelnen lichtbildes ersuchen müssten; dies gilt in besonderem maße, wenn es genauer vorgaben bedarf, was genau und aus welchem winkel es aufgenommen werden soll. neben einer verzögerung der durchführung der kontrolle birgt eine solche vorgehensweise zudem ersichtlich ein gewisses konfliktpotential für den fall, dass die anfertigung der lichtbilder nicht in einer nach auffassung der überwachungsbehörde hinreichenden art und weise erfolgt. 130die anfertigung der lichtbilder am 10. juli 2018 war auch angemessen. der damit verbundene eingriff in die rechtsposition der klägerin erweist sich hinsichtlich seiner intensität und qualität als gering. denn durch die angefertigten lichtbilder werden lediglich diejenigen zustände und verhältnisse fotografisch festgehalten, die die vor ort anwesenden behördenmitarbeiter visuell ohnehin wahrgenommen haben. daher kommt der rechtssicheren dokumentation der tatsächlichen vor-ort-verhältnisse, die im übrigen auch im wohlverstandenen rechtsschutzinteresse der klägerin ist, eine höhere bedeutung zu. etwas anderes folgt nicht aus dem hinweis der klägerin, behördliche umweltinspektionen seien in der vergangenheit ohne das begleitende anfertigen von lichtbildern durch die überwachungsbehörde ausgekommen. allein aus dem umstand, dass die überwachungsbehörden von den ihnen durch das gesetz eröffneten befugnissen in der vergangenheit nicht in einer weise gebrauch gemacht haben, wie dies offenbar gegenwärtig erfolgt, lassen sich keine anhaltspunkte gegen die angemessenheit einer behördlichen maßnahme ableiten. vielmehr dürfte die von der klägerin angesprochene entwicklung der überwachungspraxis auch darauf zurückzuführen sein, dass die nach jeder vor-ort-besichtigung zu erstellenden und der öffentlichkeit zugänglich zu machenden umweltinspektionsberichte vermehrt zur gerichtlichen überprüfung gestellt wurden bzw. werden, weshalb die in diesen verfahren zur plausibilisierung etwaiger beanstandungen verpflichteten überwachungsbehörden vermehrt von ihrer befugnis, lichtbilder anzufertigen, gebrauch machen. 131es kann hier dahin stehen, ob und ggf. unter welchen voraussetzungen bei vor-ort-besichtigungen auch fotos von personen angefertigt werden dürften. denn das ist hier ausweislich der in der verwaltungsakte enthaltenen fotodokumentation nicht geschehen. 132ein verstoß gegen das übermaßverbot folgt auch nicht aus dem hinweis der klägerin, dass die angefertigten lichtbilder gegenstand der überwachungsakte würden, grundsätzlich auf der grundlage von umweltinformationsansprüchen jedermann zur einsicht zur verfügung stünden und eine einsichtnahme in betriebs- und geschäftsgeheimnisse ermöglichten. das von der klägerin damit angesprochene geheimhaltungsinteresse wird in ausreichender weise durch das umweltinformationsgesetz des bundes (uig) bzw. dasjenige des landes nordrhein-westfalen (uig nrw) geschützt. gemäß § 9 abs. 1 satz 1 uig ist der antrag auf zugänglichmachung einer umweltinformation abzulehnen, soweit durch das bekanntgeben der informationen personenbezogene daten offenbart und dadurch interessen der betroffenen erheblich beeinträchtigt würden (nr. 1) oder durch das bekanntgeben betriebs- oder geschäftsgeheimnisse zugänglich gemacht würden oder die informationen dem steuergeheimnis oder dem statistikgeheimnis unterliegen (nr. 3), es sei denn, die betroffenen haben zugestimmt oder das öffentliche interesse an der bekanntgabe überwiegt. nach § 9 abs. 1 satz 3 uig sind die betroffenen vor der entscheidung über die offenbarung der durch § 9 abs. 1 satz 1 nr. 1 bis 3 uig geschützten informationen anzuhören. im anwendungsbereich des uig nrw gilt derselbe einfachgesetzliche schutzmechanismus, weil § 9 abs. 1 uig über § 2 satz 3 uig nrw anwendung findet. abgesehen davon hat die klägerin auch nicht substantiiert vorgetragen, dass die am 10. juli 2018 angefertigten lichtbilder darstellungen enthalten, die als betriebs- oder geschäftsgeheimnisse zu qualifizieren sind. 133vgl. zur auslegung dieser begriffe: bverwg, urteil vom 23. februar 2017 - 7 c 31.15 -, juris rn. 64 f., m. w. n. 134entsprechendes würde gelten, wenn - was aber hier nicht der fall ist - auf den fotos auch die gesichter von personen zu sehen wären. 135die kostenentscheidung folgt für beide instanzen aus § 154 abs. 1 vwgo. 136die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit beruht auf § 167 vwgo i. v. m. den §§ 708 nr. 10, 711 zpo. 137die revision wird mit blick auf die fragen, ob bzw. unter welchen voraussetzungen regelmäßige umweltinspektionen nach § 52 bimschg vorher anzukündigen sind und ob diese rechtsgrundlage auch eine befugnis zur anfertigung von fotos umfasst, wegen grundsätzlicher bedeutung zugelassen (§ 132 abs. 2 nr. 1 vwgo). 138rechtsmittelbelehrung 139gegen das urteil steht den beteiligten die revision an das bundesverwaltungsgericht zu. 140die revision ist bei dem oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen, aegidiikirchplatz 5, 48143 münster, innerhalb eines monats nach zustellung dieses urteils schriftlich einzulegen. die revisionsfrist ist auch gewahrt, wenn die revision innerhalb der frist bei dem bundesverwaltungsgericht, simsonplatz 1, 04107 leipzig, schriftlich eingelegt wird. die revision muss das angefochtene urteil bezeichnen. 141die revision ist innerhalb von zwei monaten nach zustellung dieses urteils zu begründen. die begründung ist bei dem bundesverwaltungsgericht, simsonplatz 1, 04107 leipzig, schriftlich einzureichen. 142auf die ab dem 1. januar 2022 unter anderem für rechtsanwälte, behörden und juristische personen des öffentlichen rechts geltende pflicht zur übermittlung von schriftstücken als elektronisches dokument nach maßgabe der §§ 55a, 55d verwaltungsgerichtsordnung – vwgo – und der verordnung über die technischen rahmenbedingungen des elektronischen rechtsverkehrs und über das besondere elektronische behördenpostfach (elektronischer-rechtsverkehr-verordnung ‑‑ ervv –) wird hingewiesen. 143im revisionsverfahren müssen sich die beteiligten durch prozessbevollmächtigte vertreten lassen; dies gilt auch für die einlegung der revision. die beteiligten können sich durch einen rechtsanwalt oder einen rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten hochschule eines mitgliedstaates der europäischen union, eines anderen vertragsstaates des abkommens über den europäischen wirtschaftsraum oder der schweiz, der die befähigung zum richteramt besitzt, als bevollmächtigten vertreten lassen. auf die zusätzlichen vertretungsmöglichkeiten für behörden und juristische personen des öffentlichen rechts einschließlich der von ihnen zur erfüllung ihrer öffentlichen aufgaben gebildeten zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 abs. 4 satz 4 vwgo und § 5 nr. 6 des einführungsgesetzes zum rechtsdienstleistungsgesetz – rdgeg –). 144dr. kleinschnittger dr. rolfsen dr. lier 145ferner ergeht ohne mitwirkung der ehrenamtlichen richter folgender 146b e s c h l u s s : 147der streitwert wird - nach anhörung der beteiligten und zugleich unter abänderung der erstinstanzlichen streitwertfestsetzung - für beide instanzen auf 10.000,- euro festgesetzt. 148g r ü n d e : 149die streitwertfestsetzung und -änderung beruht auf den §§ 47, 52 abs. 1 und abs. 2, 63 abs. 2 satz 1 und abs. 3 satz 1 nr. 2 gkg. dabei bemisst der senat das interesse der klägerin an den beiden feststellungsanträgen unter berücksichtigung der nr. 1.3 des streitwertkatalogs für die verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 mit jeweils 5.000,- euro. 150dieser beschluss ist unanfechtbar (§ 68 abs. 1 satz 5 i. v. m. § 66 abs. 3 satz 3 gkg).
Verklagte*r
0
190,226
14 K 7033/12
2013-08-20T00:00:00
Urteil
Tenor Die Klage wird abgewiesen.Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils beizutreibenden Betrages abwenden, soweit nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. 1Tatbestand:2Die Klägerin wendet sich gegen einen Gebührenbescheid nach einer durchgeführten Abschleppmaßnahme.3Das klägerische Kraftfahrzeug, Fabrikat Fiat, mit dem amtlichen Kennzeichen E. -R. 3162, parkte am 19.04.2012 in der Zeit von 08:10 Uhr bis 08:30 Uhr in E1. auf der G.------straße gegenüber der Hausnummer 1 senkrecht zur Fahrbahn. Auf Veranlassung von Polizeivollzugsbeamten des Beklagten wurde das Fahrzeug um 08:53 Uhr durch die C. City Abschlepp- und Bergungsdienst GmbH abgeschleppt. Ausweislich des vom Beklagten gefertigten Abschleppprotokolls stand das Fahrzeug der Klägerin in einem Bereich, in welchem durch Aufstellung von mobilen Verkehrszeichen eine absolute Haltverbotszone aufgrund einer Genehmigung vom 12.04.2012 eingerichtet war. Die Abschleppmaßnahme wurde eingeleitet, nachdem der Beklagte durch den Genehmigungsinhaber, das Umzugsunternehmen I. S. Sohn KG, informiert worden war. Der Klägerin wurde ihr Fahrzeug am 19.04.2012 um 17:29 Uhr von der C. City Abschlepp- und Bergungsdienst GmbH wieder ausgehändigt, nachdem sie die entstandenen Kosten für die Abschleppmaßnahme in Höhe von 69,02 Euro beglichen hatte.4Die Klägerin wurde durch ein Merkblatt des Beklagten auf den beabsichtigten Erlass eines Gebührenbescheides und das ihr zustehende Anhörungsrecht hingewiesen. Daraufhin ließ sie mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 27.04.2012 mitteilen, die durchgeführte Abschleppmaßnahme sei rechtswidrig gewesen. Am 19.04.2012 sei am Abstellort ihres Fahrzeuges keine ordnungsgemäße Haltverbotszone eingerichtet gewesen. Vor Ort sei lediglich eine Haltverbotszone des Umzugsunternehmens Q. mit dem Zusatz „Für Umzug bitte freihalten, Datum: 20.04.2012, Uhrzeit von 07:00 Uhr bis 19:00 Uhr“ eingerichtet gewesen. Eine andere Anordnung, insbesondere für den 19.04.2012, sei vor Ort nicht ersichtlich gewesen.5Aus der vom Beklagten eingeholten schriftlichen Stellungnahme des POK N. O. vom 07.05.2012 geht hervor, am Abstellort des Fahrzeuges sei definitiv ein absolutes Haltverbot für den 19.04.2012 mit mobilen Verkehrszeichen wegen eines Umzuges eingerichtet gewesen. Das Umzugsunternehmen habe vor Ort eine Liste und die Genehmigung vorgezeigt. Neben dem eingerichteten Haltverbot für den 19.04.2012 sei für denselben Bereich der Straße noch ein weiteres Haltverbot für den 20.04.2012 eingerichtet gewesen. Die Haltverbotsschilder für den 20.04.2012 hätten direkt neben den Schildern für den 19.04.2012 gestanden. Die Abschleppmaßnahme sei eingeleitet worden, nachdem für den Pkw der Klägerin kein Verantwortlicher habe erreicht werden können.6Auf Anfrage des Beklagten teilte das Umzugsunternehmen I. S. & Sohn KG am 09.07.2012 mit, die absolute Haltverbotszone auf der G.------straße gegenüber der Hausnummer 1 (vor dem Gebäude G1.------1) sei am 16.04.2012 auf Grundlage der Genehmigung vom 12.04.2012 eingerichtet worden. Hierzu wurden eine Kopie der Ausnahmegenehmigung zum Einrichten einer Haltverbotszone der Stadt E1. vom 12.04.2012 sowie das gefertigte Aufstellprotokoll vom 16.04.2012 übersandt, in welcher die Fahrzeuge mit Kennzeichen vermerkt sind, die bei Einrichtung der Haltverbotszone in dem betreffenden Bereich parkten. Das Fahrzeug der Klägerin ist in dem Aufstellprotokoll nicht vermerkt.7Mit Gebührenbescheid vom 10.09.2012 setzte der Beklagte gegenüber der Klägerin eine Verwaltungsgebühr in Höhe von 72,00 Euro für die Durchführung der Abschleppmaßnahme fest. Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, das Fahrzeug der Klägerin habe in einer eingerichteten Haltverbotszone geparkt und andere Verkehrsteilnehmer behindert.8Die Klägerin hat am 11.10.2012 Klage erhoben.9Zur Begründung führt sie im Wesentlichen aus, der Gebührenbescheid sei rechtswidrig. Als sie ihr Fahrzeug am 18.04.2012 gegen 23:00 Uhr auf der G.------straße geparkt habe, hätten sich vor Ort lediglich Haltverbotsschilder mit dem Zeitzusatz „20.04.2012 von 07:00 bis 19:00 Uhr“ befunden, die durch das Umzugsunternehmen Q Umzug + Transporte Management aufgestellt worden seien. Mobile Haltverbotsschilder mit einem Zeitzusatz für den 19.04.2012 hätten dort nicht gestanden. Da der Beklagte keine Lichtbilder gefertigt habe, gebe es keinen Nachweis darüber, dass derartige Schilder aufgestellt gewesen seien. Auch der die Abschleppmaßnahme veranlassende Polizeibeamte behaupte nicht, dass vor Ort zwei Beschilderungen mit den Zeitzusätzen 19.04.2012 und 20.04.2012 gestanden hätten. Das gegen die Klägerin eingeleitete Ordnungswidrigkeitenverfahren sei durch Beschluss des Amtsgerichts E1. vom 20.11.2012 zwischenzeitlich eingestellt worden.10Die Klägerin beantragt,11112Den Gebührenbescheid des Beklagten vom 10.09.2012 aufzuheben.213Den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 69,02 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12.05.2012 zu zahlen.14Der Beklagte beantragt,15die Klage abzuweisen.16Zur Begründung führt er aus, das Fahrzeug der Klägerin habe zur Tatzeit in einer mobilen Haltverbotszone geparkt. Der Melder der Verkehrsbehinderung sei gleichzeitig der Berechtigte für das Einrichten der Haltverbotszone. Nach den Angaben der einschreitenden Polizeibeamten sei die Haltverbotszone ordnungsgemäß eingerichtet gewesen. Nach Auskunft der Firma S. sei die Haltverbotszone am 16.04.2012 eingerichtet worden. Die Erhebung von Verwaltungsgebühren für die durchgeführte Abschleppmaßnahme werde durch die Einstellung des Ordnungswidrigkeitenverfahrens nicht berührt. 17Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge ergänzend Bezug genommen.18Entscheidungsgründe:19Die Klage bleibt insgesamt ohne Erfolg.201.)21Soweit sich die Klage gegen den Gebührenbescheid vom 10.09.2012 richtet, ist sie als Anfechtungsklage zulässig aber unbegründet.22Der Gebührenbescheid des Beklagten ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).23Die gegenüber der Klägerin festgesetzte Verwaltungsgebühr in Höhe von 72,00 Euro für die durchgeführte Abschleppmaßnahme findet ihre Ermächtigungsgrundlage in § 77 Abs. 1 Verwaltungsvollstreckungsgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (VwVG NRW), § 15 Abs. 1 Nr. 7 der Verordnung zur Ausführung des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes (VO VwVG NRW) i.V.m. § 8, § 50 Abs. 2, § 51 Abs. 1 Nr. 1, § 52 Polizeigesetz des Landes Nordrhein-Westfalen (PolG NRW) bzw. in § 77 Abs. 1 VwVG NRW, § 15 Abs. 1 Nr. 7 VO VwVG NRW i.V.m. § 46 Abs. 3, § 43 Nr. 1 PolG NRW.24Der Gebührenbescheid ist formell rechtmäßig.25Eine ordnungsgemäße Anhörung gemäß § 28 Abs. 1 Verwaltungsverfahrensgesetz Nordrhein-Westfalen (VwVfG NRW) ist seitens des Beklagten durchgeführt worden. Die Klägerin hat durch Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 27.04.2012 von ihrem Anhörungsrecht Gebrauch gemacht.26Der Gebührenbescheid ist auch materiell rechtmäßig.27Ob die hier in Rede stehende Abschleppmaßnahme als Sicherstellung gemäß § 46 Abs. 3, § 43 Nr. 1 PolG NRW oder als Ersatzvornahme einer Beseitigungsmaßnahme gemäß § 8, § 50 Abs. 2, § 51 Abs. 1 Nr. 1, § 52 PolG NRW auf Grundlage der polizeirechtlichen Generalklausel anzusehen ist, kann dahinstehen,28vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 28.11.2000 – 5 A 2625/00 –, Rn. 13, juris,29denn die eingeleitete Abschleppmaßnahme ist nach beiden Alternativen rechtmäßig. Die in den vorgenannten Vorschriften vorausgesetzte gegenwärtige bzw. konkrete Gefahr für die öffentliche Sicherheit bestand vorliegend. Eine Gefahr im polizei- und ordnungsrechtlichen Sinne liegt jedenfalls bei einem Verstoß gegen die objektive Rechtsordnung, mithin bei einer Zuwiderhandlung gegen formelle und materielle Gesetze vor.30Vorliegend war eine Zuwiderhandlung gegen straßenverkehrsrechtliche Vorschriften gegeben. Im Zeitpunkt des Einschreitens des Beklagten lag ein Verstoß gegen § 41 Abs. 1 Straßenverkehrsordnung (StVO) i.V.m. Ziffer 62 der Anlage 2 zu § 41 Abs. 1 StVO (Zeichen 283) vor, weil das Fahrzeug der Klägerin auf der G.------straße gegenüber der Hausnummer 1 senkrecht zur Fahrbahn im Bereich des Zeichens 283 (Absolutes Haltverbot) abgestellt war. Das Verkehrszeichen 283 verbietet das Halten auf der Fahrbahn in dem vom Verbotszeichen erfassten Bereich. Gegen dieses im Verkehrszeichen verkörperte absolute Haltverbot hat die Klägerin verstoßen und zugleich das ebenfalls im Verkehrszeichen liegende – entsprechend § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 VwGO sofort vollziehbare – Wegfahrgebot verletzt.31Die hier maßgeblichen Verkehrszeichen mit dem Zeitzusatz für den 19.04.2012 sind gegenüber der Klägerin wirksam geworden, selbst wenn sie diese nicht wahrgenommen haben sollte.32Bei dem Verkehrszeichen 283 handelt es sich um einen Verwaltungsakt in Form einer Allgemeinverfügung gemäß § 35 Satz 2 VwVfG NRW. Dieser Verwaltungsakt wird gemäß § 43 Abs. 1 VwVfG NRW gegenüber demjenigen, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, in dem Zeitpunkt wirksam, in dem er ihm bekanntgegeben wird. Die Bekanntgabe erfolgt nach den bundesrechtlichen Vorschriften der StVO durch Aufstellung des Verkehrsschildes (§ 39 Abs. 1 und 2, § 45 Abs. 4 StVO). Bei der Aufstellung handelt es sich um eine besondere Form der öffentlichen Bekanntgabe.33Vgl. BVerwG, Urteil vom 11.12.1996 – 11 C 15.95 –, Rn. 9, juris.34Sind Verkehrszeichen so aufgestellt oder angebracht, dass sie ein durchschnittlicher Kraftfahrer bei Einhaltung der nach § 1 StVO erforderlichen Sorgfalt schon „mit einem raschen und beiläufigen Blick“ erfassen kann, so äußern sie ihre Rechtswirkung gegenüber jedem von der Regelung betroffenen Verkehrsteilnehmer, unabhängig davon, ob er das Verkehrszeichen tatsächlich wahrgenommen hat.35Vgl. BVerwG, Urteil vom 11.12.1996 – 11 C 15.95 –, Rn. 9, juris; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 23.05.1995 – 5 A 2092/93 –, Rn. 4 ff.; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 15.05.1990– 5 A 1687/89 –, Rn. 7 ff., juris.36Aus dem Rechtsstaatsprinzip folgt, dass die Anbringung oder Aufbringung des Verkehrszeichens in der Weise erfolgen muss, dass der im Sinne des § 1 StVO sorgfältig handelnde Verkehrsteilnehmer die Anordnung ohne weitere Überlegung eindeutig erfassen kann.37Vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 15.05.1990 – 5 A 1687/89 –, Rn. 9, juris.38Allerdings sind an die Sichtbarkeit von Verkehrszeichen, die den ruhenden Verkehr betreffen, niedrigere Anforderungen zu stellen, als an solche für den fließenden Verkehr. Diese müssen – anders als beim fließenden Verkehr – nicht bereits mit einem raschen und beiläufigen Blick erfasst werden können.39Vgl. OVG Hamburg, Urteil vom 30.06.2009 – 3 Bf 408/08 –, Rn. 31 ff., juris.40Einen Verkehrsteilnehmer, der sein Fahrzeug abstellt, treffen dementsprechend auch andere Sorgfalts- und Informationspflichten hinsichtlich der Beschilderung und der maßgeblichen örtlichen Verkehrsregelungen als einen Teilnehmer am fließenden Verkehr. Die Sorgfaltsanforderungen richten sich stets nach den konkreten Umständen des Einzelfalles.41Vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 11.06.1997 – 5 A 4278/95 –, Rn. 5 ff., juris; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 25.11.2004 – 5 A 850/03 –, Rn. 38, juris; OVG Hamburg, Urteil vom 30.06.2009 – 3 Bf 408/08 –, Rn. 31 ff., juris; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 15.05.1990– 5 A 1687/89 –, Rn. 7 ff., juris.42In Bezug auf Einschränkungen des Parkens und Haltens ist ein Verkehrsteilnehmer daher grundsätzlich verpflichtet, sich nach etwa vorhandenen Verkehrszeichen mit Sorgfalt umzusehen und sich über den örtlichen und zeitlichen Geltungsbereich eines (mobilen) Haltverbotsschilds zu informieren. Dabei muss er jedenfalls den leicht einsehbaren Nahbereich auf das Vorhandensein verkehrsrechtlicher Regelungen überprüfen, bevor er sein Fahrzeug endgültig abstellt.43Vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 11.06.1997 – 5 A 4278/95 –, Rn. 5 ff., juris; OVG Hamburg, Urteil vom 30.06.2009 – 3 Bf 408/08 –, Rn. 31 ff., juris.44Nach Maßgabe der vorgenannten Kriterien steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass die auf der G.------straße gegenüber der Hausnummer 1 aufgestellten mobilen Haltverbotszeichen mit dem Zeitzusatz für den 19.04.2012 ordnungsgemäß bekannt gegeben wurden und nach dem Sichtbarkeitsgrundsatz für einen durchschnittlichen Kraftfahrer bei Anwendung der erforderlichen Sorgfalt hinreichend erkennbar waren. Insbesondere war die absolute Haltverbotszone im Zeitpunkt der Abschleppmaßnahme ordnungsgemäß eingerichtet.45Dies ergibt sich zunächst aus dem im Verwaltungsverfahren vorgelegten Aufstellprotokoll des Umzugsunternehmens I. S. & Sohn KG vom 16.04.2012 und der Ausnahmegenehmigung der Stadt E1. vom 12.04.2012, die der Einrichtung der absoluten Haltverbotszone zugrundelag. Aus dem Aufstellprotokoll geht eindeutig hervor, dass die mobilen Haltverbotsschilder am 16.04.2012 und damit drei Tage vor der durchgeführten Abschleppmaßnahme aufgestellt worden sind. Im Aufstellprotokoll sind diejenigen Fahrzeuge mit Kennzeichen aufgeführt, die im Zeitpunkt der Schilderaufstellung im betreffenden Bereich abgestellt waren. Das Fahrzeug der Klägerin ist darin nicht vermerkt. Darüber hinaus ergibt sich aus der schriftlichen Stellungnahme des die Abschleppmaßnahme veranlassenden Polizeibeamten, POK N. O. , vom 07.05.2012, dass auch im maßgeblichen Zeitpunkt der Abschleppmaßnahme ein mobiles Haltverbot für den 19.04.2012 eingerichtet gewesen ist. Der Stellungnahme ist unter Ziffer 2 eindeutig zu entnehmen, dass neben dem streitgegenständlichen Haltverbot für den 19.04.2012 für denselben Bereich der Straße noch eine weitere Haltverbotszone für den 20.04.2012 eingerichtet war. Die Haltverbotsschilder für den 19.04.2012 hätten direkt neben den Schildern für den 20.04.2012 gestanden. Bei dieser zweiten Haltverbotszone dürfte es sich um die vom Umzugsunternehmen Q aufgestellten Haltverbotszeichen mit dem Zeitzusatz für den 20.04.2012 handeln, die auf den von der Klägerin vorgelegten Lichtbildern zu erkennen sind. Die einschreitenden Polizeibeamten sind im Übrigen ausweislich des gefertigten Abschleppberichts vom 19.04.2012 durch das Umzugsunternehmen I. S. & Sohn KG als Inhaber der Ausnahmegenehmigung über das verbotswidrig abgestellte Fahrzeug der Klägerin informiert worden und haben erst daraufhin die Abschleppmaßnahme eingeleitet. Angesichts des Aufstellprotokolls und der eindeutigen schriftlichen Stellungnahme des POK O. sind auch keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die streitgegenständlichen Haltverbotsschilder mit dem Zeitzusatz für den 19.04.2012 im Zeitraum zwischen dem 16.04.2012 und dem 19.04.2012 vorübergehend entfernt und erneut aufgestellt worden sind. Ein derartig atypischer Sachverhalt ist von der Klägerin nicht ansatzweise substantiiert dargelegt worden und widerspräche im Übrigen der allgemeinen Lebenserfahrung. Das Gericht geht folglich davon aus, dass die maßgeblichen Haltverbotsschilder mit dem Zeitzusatz für den 19.04.2012 auch am 18.04.2012 gegen 23:00 Uhr, als die Klägerin ihr Fahrzeug nach eigenen Angaben auf der G.------straße geparkt hat, ordnungsgemäß aufgestellt waren und damit der Klägerin gegenüber wirksam geworden sind, auch wenn sie die Verkehrszeichen bei den um 23:00 Uhr vorherrschenden nächtlichen Lichtverhältnissen tatsächlich nicht wahrgenommen haben sollte. Denn die für die Wirksamkeit eines Verwaltungsaktes in Form eines Verkehrszeichens bedeutsame Bekanntgabe setzt lediglich voraus, dass es von dem, der selbst oder dessen Fahrzeug in den Wirkungsbereich des Verkehrszeichens gelangt, bei Anlegung des von § 1 StVO vorgegebenen Sorgfaltsmaßstabs ohne weiteres wahrgenommen werden kann.46Vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 15.05.1990 – 5 A 1687/89 –, Rn. 5 ff., juris.47Im Übrigen führen auch die von der Klägerin vorgelegten Lichtbilder, auf denen zwei Haltverbotsschilder mit einem Zeitzusatz für den 20.04.2012 zu erkennen sind, zu keiner anderen Beurteilung. Weder den Fotos noch dem Vortrag der Klägerin lässt sich entnehmen, wann genau die Bilder angefertigt worden sind. Angesichts der Tatsache, dass die Fotos bei Tageslicht gefertigt wurden, das Fahrzeug indes am 18.04.2012 um 23:00 Uhr bei nächtlichen Lichtverhältnissen im betreffenden Bereich abgestellt wurde, ist davon auszugehen, dass die Klägerin die Bilder erst nach der durchgeführten Abschleppmaßnahme angefertigt haben kann. Dies zugrunde gelegt sind die Bilder jedoch nicht geeignet den Nachweis zu erbringen, dass im allein maßgeblichen Zeitpunkt der Abschleppmaßnahme am Morgen des 19.04.2012, keine zusätzlichen Haltverbotsschilder mit einem Zeitzusatz für den 19.04.2012 aufgestellt waren. Angesichts dieser Sachlage bestand daher keine Veranlassung, den Sachverhalt ohne Vorliegen konkreter Anhaltspunkte für eine atypische Sachverhaltskonstellation von Amts wegen weiter aufzuklären.48Der Bescheid richtet sich zudem gegen die richtige Adressatin. Die Klägerin selbst hat die Gefahr für die öffentliche Sicherheit verursacht, indem sie ihr Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen E. -R. 3162 auf der G.------straße gegenüber der Hausnummer 1 geparkt hat. Sie ist mithin zutreffend als Verhaltensstörerin gemäß § 4 Abs. 1 PolG NRW in Anspruch genommen worden. 49Die eingeleitete Abschleppmaßnahme war auch verhältnismäßig. Der Beklagte hat in fehlerfreier Weise von seinem Ermessen Gebrauch gemacht. Es ist nicht ersichtlich, dass die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten wurden oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht wurde, § 114 Satz 1 VwGO.50Die durchgeführte Abschleppmaßnahme war geeignet, den Rechtsverstoß zu beenden und die blockierte Straßenfläche für die mit der Verkehrsregelung bezweckten Umzugsarbeiten freizugeben. Die Maßnahme war auch erforderlich, da kein milderes und gleich effektives Mittel zur Beseitigung des Rechtsverstoßes in Betracht kam. Die Polizeibeamten des Beklagten wären – obwohl sie dies versucht haben – noch nicht einmal gehalten gewesen, die Klägerin vor Einleitung der Abschleppmaßnahme ausfindig zu machen. Sofern sich der Fahrer – wie hier – von dem verbotswidrig geparkten Fahrzeug entfernt und deshalb nicht unmittelbar wie jemand zur Verfügung steht, der sich in Ruf- oder Sichtweite seines Fahrzeugs aufhält, sind grundsätzlich keine Ermittlungen nach dem Verbleib des Verantwortlichen veranlasst, weil deren Erfolg zweifelhaft ist und zu nicht abzusehenden Verzögerungen führt.51Vgl. BVerwG, Beschluss vom 18.02.2002 – 3 B 149.01 –, Rn. 6 ff., juris; OVG Hamburg, Urteil vom 22.05.2005 – 3 Bf 25/02 –, Rn. 36, juris; VGH Bayern, Urteil vom 16.01.2001 – 24 B 99.1571 –, Rn. 36, juris; VGH Hessen, Urteil vom 11.11.1997 – 11 UE 3450/95 –, Rn. 27, juris; VG E1. , Gerichtsbescheid vom 27.07.2009 – 14 K 1421/09 –; VG Köln, Urteil vom 11.10.2007– 20 K 2162/06 –, Rn. 22, juris. 52Dies gilt selbst dann, wenn der Behörde der Wohnort des Ordnungspflichtigen im Zeitpunkt der Einleitung der Abschleppmaßnahme bekannt ist und die Wohnungsanschrift in unmittelbarer Nähe zu dem verbotswidrig geparkten Fahrzeug liegt.53Vgl. VG E1. , Gerichtsbescheid vom 27.07.2009 – 14 K 1421/09 –; VG Köln, Urteil vom 11.10.2007 – 20 K 2162/06 –, Rn. 22, juris.54Die Abschleppmaßnahme war auch angemessen. Ihr Nutzen stand nicht außer Verhältnis zu den der Klägerin entstandenen Unannehmlichkeiten. Die Maßnahme belastete die Klägerin lediglich mit den Kosten für die Abschleppmaßnahme in Höhe von 69,02 Euro und der Verwaltungsgebühr in Höhe von 72,00 Euro. Die Höhe des zu zahlenden Geldbetrages und die sonstigen Ungelegenheiten sind damit geringfügig. Schon deshalb stehen die Nachteile zu dem mit der Maßnahme erstrebten Erfolg, die ungehinderte Durchführung der Umzugsarbeiten auf der G.------straße sicherzustellen, in keinem offensichtlichen Missverhältnis.55Offen bleiben kann in diesem Zusammenhang, ob nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts,56vgl. BVerwG, Beschluss vom 18.02.2002 – 3 B 149.01 –, Rn. 4, juris,57zu dem objektiven Rechtsverstoß (hier: Parken im Bereich eines absoluten Haltverbots) stets auch eine konkrete Behinderung hinzutreten muss. Denn das Abschleppen eines verkehrswidrig geparkten Fahrzeuges steht, ohne dass es auf das Vorliegen einer konkreten Verkehrsbehinderung ankommt, jedenfalls dann mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz im Einklang, wenn mit dem verkehrswidrigen Parken eine Funktionsbeeinträchtigung der Verkehrsfläche verbunden ist.58Vgl. BVerwG, Beschluss vom 18.02.2002 – 3 B 149.01 –, Rn. 4, juris; BVerwG, Beschluss vom 01.12.2000 – 3 B 51.00 –, Rn. 3 f., juris, OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 20.12.2012– 5 A 2802/11 –, Rn. 3 ff., juris.59Dies ist beim Abstellen eines Fahrzeuges im Bereich eines absoluten Haltverbots regelmäßig der Fall.60Vgl. VG Aachen, Urteil vom 23.02.2011 – 6 K 1/10 –, Rn. 34 ff., juris; VG Potsdam, Urteil vom 14.03.2012 – 10 K 59/08 –, Rn. 21, juris.61Eine derartige Funktionsbeeinträchtigung war vorliegend gegeben. Die eingerichtete Haltverbotszone auf der G.------straße diente dem Zweck, die Durchführung eines Umzuges und das ungestörte Beladen der Umzugswagen zu ermöglichen. Dieser Zweck konnte angesichts der Verkehrssituation im betreffenden Bereich nur durch die temporäre Anordnung eines absoluten Haltverbotes erreicht werden. Diese Funktion hat die Klägerin durch ihr verbotswidrig abgestelltes Fahrzeug beeinträchtigt. Hinzu kommt, dass das Fahrzeug der Klägerin die im Bereich der Haltverbotszone stattfindenden Umzugsarbeiten auch konkret behindert hat. Denn der Beklagte ist insoweit erst auf Anforderung des Umzugsunternehmens S. tätig geworden, das die mobile Haltverbotszone auf Grundlage der Genehmigung vom 12.04.2012 eingerichtet hat. 62Als Verhaltensstörerin ist die Klägerin auch der richtige Gebührenschuldner im Sinne von § 77 Abs. 1 VwVG NRW.63Gegen die erhobene Verwaltungsgebühr bestehen auch der Höhe nach keine Bedenken. Sie bewegt sich im mittleren Bereich des durch § 15 Abs. 1 Nr. 7 VO VwVG NRW vorgegebenen Gebührenrahmens von 25 bis 150 Euro.642.)65Soweit die Klägerin die Rückzahlung der unmittelbar an das Abschleppunternehmen gezahlten Abschleppkosten in Höhe von 69,02 Euro begehrt, ist ihre Klage als allgemeine Leistungsklage statthaft.66Diese ist zulässig, aber unbegründet.67Als Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Erstattungsanspruch kommt lediglich § 21 Abs. 1 Gebührengesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (GebG NRW) i.V.m. § 77 Abs. 4 VwVG NRW in Betracht. Hiernach sind überzahlte oder zu Unrecht erhobene Kosten unverzüglich zu erstatten, zu Unrecht erhobene Kosten jedoch nur, soweit eine Kostenentscheidung noch nicht unanfechtbar geworden ist.68Die tatbestandlichen Voraussetzungen der Rechtsgrundlage sind nicht gegeben. Die unmittelbar an das Abschleppunternehmen gezahlten Kosten für die durchgeführte Abschleppmaßnahme wurden nicht zu Unrecht im Sinne von § 21 Abs. 1 GebG NRW i.V.m. § 77 Abs. 4 VwVG NRW erhoben. Denn die Klägerin hat durch die vorgenommene Zahlung einen Anspruch des Beklagten gemäß § 77 Abs. 1 VwVG NRW, § 20 Abs. 2 Nr. 8 VO VwVG NRW i.V.m. § 46 Abs. 3, § 43 Nr. 1 PolG NRW bzw. gemäß § 77 Abs. 1 VwVG NRW, § 20 Abs. 2 Nr. 7 VO VwVG NRW i.V.m. § 8, § 50 Abs. 2, § 51 Abs. 1 Nr. 1, § 52 PolG NRW erfüllt. Hiernach hat der Ordnungspflichtige die durch eine rechtmäßige Ersatzvornahme bzw. Sicherstellung entstandenen Kosten, mithin die Kosten der Abschleppmaßnahme, zu tragen. Die durchgeführte Abschleppmaßnahme war – wie oben unter Ziffer 1.) dargelegt – rechtmäßig.693.)70Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.71Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 Zivilprozessordnung (ZPO).72Beschluss:73Der Streitwert wird auf 141,02 Euro festgesetzt.74Gründe:75Die Festsetzung des Streitwertes ist nach § 52 Abs. 3 GKG erfolgt.
die klage wird abgewiesen.die kosten des verfahrens trägt die klägerin.das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. die klägerin darf die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe von 110 % des aufgrund des urteils beizutreibenden betrages abwenden, soweit nicht der beklagte vor der vollstreckung sicherheit in höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden betrages leistet. 1
2die klägerin wendet sich gegen einen gebührenbescheid nach einer durchgeführten abschleppmaßnahme.3das klägerische kraftfahrzeug, fabrikat fiat, mit dem amtlichen kennzeichen e. -r. 3162, parkte am 19.04.2012 in der zeit von 08:10 uhr bis 08:30 uhr in e1. auf der g.------straße gegenüber der hausnummer 1 senkrecht zur fahrbahn. auf veranlassung von polizeivollzugsbeamten des beklagten wurde das fahrzeug um 08:53 uhr durch die c. city abschlepp- und bergungsdienst gmbh abgeschleppt. ausweislich des vom beklagten gefertigten abschleppprotokolls stand das fahrzeug der klägerin in einem bereich, in welchem durch aufstellung von mobilen verkehrszeichen eine absolute haltverbotszone aufgrund einer genehmigung vom 12.04.2012 eingerichtet war. die abschleppmaßnahme wurde eingeleitet, nachdem der beklagte durch den genehmigungsinhaber, das umzugsunternehmen i. s. sohn kg, informiert worden war. der klägerin wurde ihr fahrzeug am 19.04.2012 um 17:29 uhr von der c. city abschlepp- und bergungsdienst gmbh wieder ausgehändigt, nachdem sie die entstandenen kosten für die abschleppmaßnahme in höhe von 69,02 euro beglichen hatte.4die klägerin wurde durch ein merkblatt des beklagten auf den beabsichtigten erlass eines gebührenbescheides und das ihr zustehende anhörungsrecht hingewiesen. daraufhin ließ sie mit schreiben ihrer prozessbevollmächtigten vom 27.04.2012 mitteilen, die durchgeführte abschleppmaßnahme sei rechtswidrig gewesen. am 19.04.2012 sei am abstellort ihres fahrzeuges keine ordnungsgemäße haltverbotszone eingerichtet gewesen. vor ort sei lediglich eine haltverbotszone des umzugsunternehmens q. mit dem zusatz „für umzug bitte freihalten, datum: 20.04.2012, uhrzeit von 07:00 uhr bis 19:00 uhr“ eingerichtet gewesen. eine andere anordnung, insbesondere für den 19.04.2012, sei vor ort nicht ersichtlich gewesen.5aus der vom beklagten eingeholten schriftlichen stellungnahme des pok n. o. vom 07.05.2012 geht hervor, am abstellort des fahrzeuges sei definitiv ein absolutes haltverbot für den 19.04.2012 mit mobilen verkehrszeichen wegen eines umzuges eingerichtet gewesen. das umzugsunternehmen habe vor ort eine liste und die genehmigung vorgezeigt. neben dem eingerichteten haltverbot für den 19.04.2012 sei für denselben bereich der straße noch ein weiteres haltverbot für den 20.04.2012 eingerichtet gewesen. die haltverbotsschilder für den 20.04.2012 hätten direkt neben den schildern für den 19.04.2012 gestanden. die abschleppmaßnahme sei eingeleitet worden, nachdem für den pkw der klägerin kein verantwortlicher habe erreicht werden können.6auf anfrage des beklagten teilte das umzugsunternehmen i. s. & sohn kg am 09.07.2012 mit, die absolute haltverbotszone auf der g.------straße gegenüber der hausnummer 1 (vor dem gebäude g1.------1) sei am 16.04.2012 auf grundlage der genehmigung vom 12.04.2012 eingerichtet worden. hierzu wurden eine kopie der ausnahmegenehmigung zum einrichten einer haltverbotszone der stadt e1. vom 12.04.2012 sowie das gefertigte aufstellprotokoll vom 16.04.2012 übersandt, in welcher die fahrzeuge mit kennzeichen vermerkt sind, die bei einrichtung der haltverbotszone in dem betreffenden bereich parkten. das fahrzeug der klägerin ist in dem aufstellprotokoll nicht vermerkt.7mit gebührenbescheid vom 10.09.2012 setzte der beklagte gegenüber der klägerin eine verwaltungsgebühr in höhe von 72,00 euro für die durchführung der abschleppmaßnahme fest. zur begründung wird im wesentlichen ausgeführt, das fahrzeug der klägerin habe in einer eingerichteten haltverbotszone geparkt und andere verkehrsteilnehmer behindert.8die klägerin hat am 11.10.2012 klage erhoben.9zur begründung führt sie im wesentlichen aus, der gebührenbescheid sei rechtswidrig. als sie ihr fahrzeug am 18.04.2012 gegen 23:00 uhr auf der g.------straße geparkt habe, hätten sich vor ort lediglich haltverbotsschilder mit dem zeitzusatz „20.04.2012 von 07:00 bis 19:00 uhr“ befunden, die durch das umzugsunternehmen q umzug + transporte management aufgestellt worden seien. mobile haltverbotsschilder mit einem zeitzusatz für den 19.04.2012 hätten dort nicht gestanden. da der beklagte keine lichtbilder gefertigt habe, gebe es keinen nachweis darüber, dass derartige schilder aufgestellt gewesen seien. auch der die abschleppmaßnahme veranlassende polizeibeamte behaupte nicht, dass vor ort zwei beschilderungen mit den zeitzusätzen 19.04.2012 und 20.04.2012 gestanden hätten. das gegen die klägerin eingeleitete ordnungswidrigkeitenverfahren sei durch beschluss des amtsgerichts e1. vom 20.11.2012 zwischenzeitlich eingestellt worden.10die klägerin beantragt,11112den gebührenbescheid des beklagten vom 10.09.2012 aufzuheben.213den beklagten zu verurteilen, an die klägerin 69,02 euro nebst zinsen in höhe von fünf prozentpunkten über dem basiszinssatz seit dem 12.05.2012 zu zahlen.14der beklagte beantragt,15die klage abzuweisen.16zur begründung führt er aus, das fahrzeug der klägerin habe zur tatzeit in einer mobilen haltverbotszone geparkt. der melder der verkehrsbehinderung sei gleichzeitig der berechtigte für das einrichten der haltverbotszone. nach den angaben der einschreitenden polizeibeamten sei die haltverbotszone ordnungsgemäß eingerichtet gewesen. nach auskunft der firma s. sei die haltverbotszone am 16.04.2012 eingerichtet worden. die erhebung von verwaltungsgebühren für die durchgeführte abschleppmaßnahme werde durch die einstellung des ordnungswidrigkeitenverfahrens nicht berührt. 17wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf die gerichtsakte und die beigezogenen verwaltungsvorgänge ergänzend bezug genommen.18
19die klage bleibt insgesamt ohne erfolg.201.)21soweit sich die klage gegen den gebührenbescheid vom 10.09.2012 richtet, ist sie als anfechtungsklage zulässig aber unbegründet.22der gebührenbescheid des beklagten ist rechtmäßig und verletzt die klägerin nicht in ihren rechten, § 113 abs. 1 satz 1 verwaltungsgerichtsordnung (vwgo).23die gegenüber der klägerin festgesetzte verwaltungsgebühr in höhe von 72,00 euro für die durchgeführte abschleppmaßnahme findet ihre ermächtigungsgrundlage in § 77 abs. 1 verwaltungsvollstreckungsgesetz für das land nordrhein-westfalen (vwvg nrw), § 15 abs. 1 nr. 7 der verordnung zur ausführung des verwaltungsvollstreckungsgesetzes (vo vwvg nrw) i.v.m. § 8, § 50 abs. 2, § 51 abs. 1 nr. 1, § 52 polizeigesetz des landes nordrhein-westfalen (polg nrw) bzw. in § 77 abs. 1 vwvg nrw, § 15 abs. 1 nr. 7 vo vwvg nrw i.v.m. § 46 abs. 3, § 43 nr. 1 polg nrw.24der gebührenbescheid ist formell rechtmäßig.25eine ordnungsgemäße anhörung gemäß § 28 abs. 1 verwaltungsverfahrensgesetz nordrhein-westfalen (vwvfg nrw) ist seitens des beklagten durchgeführt worden. die klägerin hat durch schriftsatz ihrer prozessbevollmächtigten vom 27.04.2012 von ihrem anhörungsrecht gebrauch gemacht.26der gebührenbescheid ist auch materiell rechtmäßig.27ob die hier in rede stehende abschleppmaßnahme als sicherstellung gemäß § 46 abs. 3, § 43 nr. 1 polg nrw oder als ersatzvornahme einer beseitigungsmaßnahme gemäß § 8, § 50 abs. 2, § 51 abs. 1 nr. 1, § 52 polg nrw auf grundlage der polizeirechtlichen generalklausel anzusehen ist, kann dahinstehen,28vgl. ovg nordrhein-westfalen, urteil vom 28.11.2000 – 5 a 2625/00 –, rn. 13, juris,29denn die eingeleitete abschleppmaßnahme ist nach beiden alternativen rechtmäßig. die in den vorgenannten vorschriften vorausgesetzte gegenwärtige bzw. konkrete gefahr für die öffentliche sicherheit bestand vorliegend. eine gefahr im polizei- und ordnungsrechtlichen sinne liegt jedenfalls bei einem verstoß gegen die objektive rechtsordnung, mithin bei einer zuwiderhandlung gegen formelle und materielle gesetze vor.30vorliegend war eine zuwiderhandlung gegen straßenverkehrsrechtliche vorschriften gegeben. im zeitpunkt des einschreitens des beklagten lag ein verstoß gegen § 41 abs. 1 straßenverkehrsordnung (stvo) i.v.m. ziffer 62 der anlage 2 zu § 41 abs. 1 stvo (zeichen 283) vor, weil das fahrzeug der klägerin auf der g.------straße gegenüber der hausnummer 1 senkrecht zur fahrbahn im bereich des zeichens 283 (absolutes haltverbot) abgestellt war. das verkehrszeichen 283 verbietet das halten auf der fahrbahn in dem vom verbotszeichen erfassten bereich. gegen dieses im verkehrszeichen verkörperte absolute haltverbot hat die klägerin verstoßen und zugleich das ebenfalls im verkehrszeichen liegende – entsprechend § 80 abs. 2 satz 1 nr. 2 vwgo sofort vollziehbare – wegfahrgebot verletzt.31die hier maßgeblichen verkehrszeichen mit dem zeitzusatz für den 19.04.2012 sind gegenüber der klägerin wirksam geworden, selbst wenn sie diese nicht wahrgenommen haben sollte.32bei dem verkehrszeichen 283 handelt es sich um einen verwaltungsakt in form einer allgemeinverfügung gemäß § 35 satz 2 vwvfg nrw. dieser verwaltungsakt wird gemäß § 43 abs. 1 vwvfg nrw gegenüber demjenigen, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, in dem zeitpunkt wirksam, in dem er ihm bekanntgegeben wird. die bekanntgabe erfolgt nach den bundesrechtlichen vorschriften der stvo durch aufstellung des verkehrsschildes (§ 39 abs. 1 und 2, § 45 abs. 4 stvo). bei der aufstellung handelt es sich um eine besondere form der öffentlichen bekanntgabe.33vgl. bverwg, urteil vom 11.12.1996 – 11 c 15.95 –, rn. 9, juris.34sind verkehrszeichen so aufgestellt oder angebracht, dass sie ein durchschnittlicher kraftfahrer bei einhaltung der nach § 1 stvo erforderlichen sorgfalt schon „mit einem raschen und beiläufigen blick“ erfassen kann, so äußern sie ihre rechtswirkung gegenüber jedem von der regelung betroffenen verkehrsteilnehmer, unabhängig davon, ob er das verkehrszeichen tatsächlich wahrgenommen hat.35vgl. bverwg, urteil vom 11.12.1996 – 11 c 15.95 –, rn. 9, juris; ovg nordrhein-westfalen, urteil vom 23.05.1995 – 5 a 2092/93 –, rn. 4 ff.; ovg nordrhein-westfalen, urteil vom 15.05.1990– 5 a 1687/89 –, rn. 7 ff., juris.36aus dem rechtsstaatsprinzip folgt, dass die anbringung oder aufbringung des verkehrszeichens in der weise erfolgen muss, dass der im sinne des § 1 stvo sorgfältig handelnde verkehrsteilnehmer die anordnung ohne weitere überlegung eindeutig erfassen kann.37vgl. ovg nordrhein-westfalen, urteil vom 15.05.1990 – 5 a 1687/89 –, rn. 9, juris.38allerdings sind an die sichtbarkeit von verkehrszeichen, die den ruhenden verkehr betreffen, niedrigere anforderungen zu stellen, als an solche für den fließenden verkehr. diese müssen – anders als beim fließenden verkehr – nicht bereits mit einem raschen und beiläufigen blick erfasst werden können.39vgl. ovg hamburg, urteil vom 30.06.2009 – 3 bf 408/08 –, rn. 31 ff., juris.40einen verkehrsteilnehmer, der sein fahrzeug abstellt, treffen dementsprechend auch andere sorgfalts- und informationspflichten hinsichtlich der beschilderung und der maßgeblichen örtlichen verkehrsregelungen als einen teilnehmer am fließenden verkehr. die sorgfaltsanforderungen richten sich stets nach den konkreten umständen des einzelfalles.41vgl. ovg nordrhein-westfalen, beschluss vom 11.06.1997 – 5 a 4278/95 –, rn. 5 ff., juris; ovg nordrhein-westfalen, beschluss vom 25.11.2004 – 5 a 850/03 –, rn. 38, juris; ovg hamburg, urteil vom 30.06.2009 – 3 bf 408/08 –, rn. 31 ff., juris; ovg nordrhein-westfalen, urteil vom 15.05.1990– 5 a 1687/89 –, rn. 7 ff., juris.42in bezug auf einschränkungen des parkens und haltens ist ein verkehrsteilnehmer daher grundsätzlich verpflichtet, sich nach etwa vorhandenen verkehrszeichen mit sorgfalt umzusehen und sich über den örtlichen und zeitlichen geltungsbereich eines (mobilen) haltverbotsschilds zu informieren. dabei muss er jedenfalls den leicht einsehbaren nahbereich auf das vorhandensein verkehrsrechtlicher regelungen überprüfen, bevor er sein fahrzeug endgültig abstellt.43vgl. ovg nordrhein-westfalen, beschluss vom 11.06.1997 – 5 a 4278/95 –, rn. 5 ff., juris; ovg hamburg, urteil vom 30.06.2009 – 3 bf 408/08 –, rn. 31 ff., juris.44nach maßgabe der vorgenannten kriterien steht zur überzeugung des gerichts fest, dass die auf der g.------straße gegenüber der hausnummer 1 aufgestellten mobilen haltverbotszeichen mit dem zeitzusatz für den 19.04.2012 ordnungsgemäß bekannt gegeben wurden und nach dem sichtbarkeitsgrundsatz für einen durchschnittlichen kraftfahrer bei anwendung der erforderlichen sorgfalt hinreichend erkennbar waren. insbesondere war die absolute haltverbotszone im zeitpunkt der abschleppmaßnahme ordnungsgemäß eingerichtet.45dies ergibt sich zunächst aus dem im verwaltungsverfahren vorgelegten aufstellprotokoll des umzugsunternehmens i. s. & sohn kg vom 16.04.2012 und der ausnahmegenehmigung der stadt e1. vom 12.04.2012, die der einrichtung der absoluten haltverbotszone zugrundelag. aus dem aufstellprotokoll geht eindeutig hervor, dass die mobilen haltverbotsschilder am 16.04.2012 und damit drei tage vor der durchgeführten abschleppmaßnahme aufgestellt worden sind. im aufstellprotokoll sind diejenigen fahrzeuge mit kennzeichen aufgeführt, die im zeitpunkt der schilderaufstellung im betreffenden bereich abgestellt waren. das fahrzeug der klägerin ist darin nicht vermerkt. darüber hinaus ergibt sich aus der schriftlichen stellungnahme des die abschleppmaßnahme veranlassenden polizeibeamten, pok n. o. , vom 07.05.2012, dass auch im maßgeblichen zeitpunkt der abschleppmaßnahme ein mobiles haltverbot für den 19.04.2012 eingerichtet gewesen ist. der stellungnahme ist unter ziffer 2 eindeutig zu entnehmen, dass neben dem streitgegenständlichen haltverbot für den 19.04.2012 für denselben bereich der straße noch eine weitere haltverbotszone für den 20.04.2012 eingerichtet war. die haltverbotsschilder für den 19.04.2012 hätten direkt neben den schildern für den 20.04.2012 gestanden. bei dieser zweiten haltverbotszone dürfte es sich um die vom umzugsunternehmen q aufgestellten haltverbotszeichen mit dem zeitzusatz für den 20.04.2012 handeln, die auf den von der klägerin vorgelegten lichtbildern zu erkennen sind. die einschreitenden polizeibeamten sind im übrigen ausweislich des gefertigten abschleppberichts vom 19.04.2012 durch das umzugsunternehmen i. s. & sohn kg als inhaber der ausnahmegenehmigung über das verbotswidrig abgestellte fahrzeug der klägerin informiert worden und haben erst daraufhin die abschleppmaßnahme eingeleitet. angesichts des aufstellprotokolls und der eindeutigen schriftlichen stellungnahme des pok o. sind auch keine anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die streitgegenständlichen haltverbotsschilder mit dem zeitzusatz für den 19.04.2012 im zeitraum zwischen dem 16.04.2012 und dem 19.04.2012 vorübergehend entfernt und erneut aufgestellt worden sind. ein derartig atypischer sachverhalt ist von der klägerin nicht ansatzweise substantiiert dargelegt worden und widerspräche im übrigen der allgemeinen lebenserfahrung. das gericht geht folglich davon aus, dass die maßgeblichen haltverbotsschilder mit dem zeitzusatz für den 19.04.2012 auch am 18.04.2012 gegen 23:00 uhr, als die klägerin ihr fahrzeug nach eigenen angaben auf der g.------straße geparkt hat, ordnungsgemäß aufgestellt waren und damit der klägerin gegenüber wirksam geworden sind, auch wenn sie die verkehrszeichen bei den um 23:00 uhr vorherrschenden nächtlichen lichtverhältnissen tatsächlich nicht wahrgenommen haben sollte. denn die für die wirksamkeit eines verwaltungsaktes in form eines verkehrszeichens bedeutsame bekanntgabe setzt lediglich voraus, dass es von dem, der selbst oder dessen fahrzeug in den wirkungsbereich des verkehrszeichens gelangt, bei anlegung des von § 1 stvo vorgegebenen sorgfaltsmaßstabs ohne weiteres wahrgenommen werden kann.46vgl. ovg nordrhein-westfalen, urteil vom 15.05.1990 – 5 a 1687/89 –, rn. 5 ff., juris.47im übrigen führen auch die von der klägerin vorgelegten lichtbilder, auf denen zwei haltverbotsschilder mit einem zeitzusatz für den 20.04.2012 zu erkennen sind, zu keiner anderen beurteilung. weder den fotos noch dem vortrag der klägerin lässt sich entnehmen, wann genau die bilder angefertigt worden sind. angesichts der tatsache, dass die fotos bei tageslicht gefertigt wurden, das fahrzeug indes am 18.04.2012 um 23:00 uhr bei nächtlichen lichtverhältnissen im betreffenden bereich abgestellt wurde, ist davon auszugehen, dass die klägerin die bilder erst nach der durchgeführten abschleppmaßnahme angefertigt haben kann. dies zugrunde gelegt sind die bilder jedoch nicht geeignet den nachweis zu erbringen, dass im allein maßgeblichen zeitpunkt der abschleppmaßnahme am morgen des 19.04.2012, keine zusätzlichen haltverbotsschilder mit einem zeitzusatz für den 19.04.2012 aufgestellt waren. angesichts dieser sachlage bestand daher keine veranlassung, den sachverhalt ohne vorliegen konkreter anhaltspunkte für eine atypische sachverhaltskonstellation von amts wegen weiter aufzuklären.48der bescheid richtet sich zudem gegen die richtige adressatin. die klägerin selbst hat die gefahr für die öffentliche sicherheit verursacht, indem sie ihr fahrzeug mit dem amtlichen kennzeichen e. -r. 3162 auf der g.------straße gegenüber der hausnummer 1 geparkt hat. sie ist mithin zutreffend als verhaltensstörerin gemäß § 4 abs. 1 polg nrw in anspruch genommen worden. 49die eingeleitete abschleppmaßnahme war auch verhältnismäßig. der beklagte hat in fehlerfreier weise von seinem ermessen gebrauch gemacht. es ist nicht ersichtlich, dass die gesetzlichen grenzen des ermessens überschritten wurden oder von dem ermessen in einer dem zweck der ermächtigung nicht entsprechenden weise gebrauch gemacht wurde, § 114 satz 1 vwgo.50die durchgeführte abschleppmaßnahme war geeignet, den rechtsverstoß zu beenden und die blockierte straßenfläche für die mit der verkehrsregelung bezweckten umzugsarbeiten freizugeben. die maßnahme war auch erforderlich, da kein milderes und gleich effektives mittel zur beseitigung des rechtsverstoßes in betracht kam. die polizeibeamten des beklagten wären – obwohl sie dies versucht haben – noch nicht einmal gehalten gewesen, die klägerin vor einleitung der abschleppmaßnahme ausfindig zu machen. sofern sich der fahrer – wie hier – von dem verbotswidrig geparkten fahrzeug entfernt und deshalb nicht unmittelbar wie jemand zur verfügung steht, der sich in ruf- oder sichtweite seines fahrzeugs aufhält, sind grundsätzlich keine ermittlungen nach dem verbleib des verantwortlichen veranlasst, weil deren erfolg zweifelhaft ist und zu nicht abzusehenden verzögerungen führt.51vgl. bverwg, beschluss vom 18.02.2002 – 3 b 149.01 –, rn. 6 ff., juris; ovg hamburg, urteil vom 22.05.2005 – 3 bf 25/02 –, rn. 36, juris; vgh bayern, urteil vom 16.01.2001 – 24 b 99.1571 –, rn. 36, juris; vgh hessen, urteil vom 11.11.1997 – 11 ue 3450/95 –, rn. 27, juris; vg e1. , gerichtsbescheid vom 27.07.2009 – 14 k 1421/09 –; vg köln, urteil vom 11.10.2007– 20 k 2162/06 –, rn. 22, juris. 52dies gilt selbst dann, wenn der behörde der wohnort des ordnungspflichtigen im zeitpunkt der einleitung der abschleppmaßnahme bekannt ist und die wohnungsanschrift in unmittelbarer nähe zu dem verbotswidrig geparkten fahrzeug liegt.53vgl. vg e1. , gerichtsbescheid vom 27.07.2009 – 14 k 1421/09 –; vg köln, urteil vom 11.10.2007 – 20 k 2162/06 –, rn. 22, juris.54die abschleppmaßnahme war auch angemessen. ihr nutzen stand nicht außer verhältnis zu den der klägerin entstandenen unannehmlichkeiten. die maßnahme belastete die klägerin lediglich mit den kosten für die abschleppmaßnahme in höhe von 69,02 euro und der verwaltungsgebühr in höhe von 72,00 euro. die höhe des zu zahlenden geldbetrages und die sonstigen ungelegenheiten sind damit geringfügig. schon deshalb stehen die nachteile zu dem mit der maßnahme erstrebten erfolg, die ungehinderte durchführung der umzugsarbeiten auf der g.------straße sicherzustellen, in keinem offensichtlichen missverhältnis.55offen bleiben kann in diesem zusammenhang, ob nach der rechtsprechung des bundesverwaltungsgerichts,56vgl. bverwg, beschluss vom 18.02.2002 – 3 b 149.01 –, rn. 4, juris,57zu dem objektiven rechtsverstoß (hier: parken im bereich eines absoluten haltverbots) stets auch eine konkrete behinderung hinzutreten muss. denn das abschleppen eines verkehrswidrig geparkten fahrzeuges steht, ohne dass es auf das vorliegen einer konkreten verkehrsbehinderung ankommt, jedenfalls dann mit dem verhältnismäßigkeitsgrundsatz im einklang, wenn mit dem verkehrswidrigen parken eine funktionsbeeinträchtigung der verkehrsfläche verbunden ist.58vgl. bverwg, beschluss vom 18.02.2002 – 3 b 149.01 –, rn. 4, juris; bverwg, beschluss vom 01.12.2000 – 3 b 51.00 –, rn. 3 f., juris, ovg nordrhein-westfalen, beschluss vom 20.12.2012– 5 a 2802/11 –, rn. 3 ff., juris.59dies ist beim abstellen eines fahrzeuges im bereich eines absoluten haltverbots regelmäßig der fall.60vgl. vg aachen, urteil vom 23.02.2011 – 6 k 1/10 –, rn. 34 ff., juris; vg potsdam, urteil vom 14.03.2012 – 10 k 59/08 –, rn. 21, juris.61eine derartige funktionsbeeinträchtigung war vorliegend gegeben. die eingerichtete haltverbotszone auf der g.------straße diente dem zweck, die durchführung eines umzuges und das ungestörte beladen der umzugswagen zu ermöglichen. dieser zweck konnte angesichts der verkehrssituation im betreffenden bereich nur durch die temporäre anordnung eines absoluten haltverbotes erreicht werden. diese funktion hat die klägerin durch ihr verbotswidrig abgestelltes fahrzeug beeinträchtigt. hinzu kommt, dass das fahrzeug der klägerin die im bereich der haltverbotszone stattfindenden umzugsarbeiten auch konkret behindert hat. denn der beklagte ist insoweit erst auf anforderung des umzugsunternehmens s. tätig geworden, das die mobile haltverbotszone auf grundlage der genehmigung vom 12.04.2012 eingerichtet hat. 62als verhaltensstörerin ist die klägerin auch der richtige gebührenschuldner im sinne von § 77 abs. 1 vwvg nrw.63gegen die erhobene verwaltungsgebühr bestehen auch der höhe nach keine bedenken. sie bewegt sich im mittleren bereich des durch § 15 abs. 1 nr. 7 vo vwvg nrw vorgegebenen gebührenrahmens von 25 bis 150 euro.642.)65soweit die klägerin die rückzahlung der unmittelbar an das abschleppunternehmen gezahlten abschleppkosten in höhe von 69,02 euro begehrt, ist ihre klage als allgemeine leistungsklage statthaft.66diese ist zulässig, aber unbegründet.67als rechtsgrundlage für den geltend gemachten erstattungsanspruch kommt lediglich § 21 abs. 1 gebührengesetz für das land nordrhein-westfalen (gebg nrw) i.v.m. § 77 abs. 4 vwvg nrw in betracht. hiernach sind überzahlte oder zu unrecht erhobene kosten unverzüglich zu erstatten, zu unrecht erhobene kosten jedoch nur, soweit eine kostenentscheidung noch nicht unanfechtbar geworden ist.68die tatbestandlichen voraussetzungen der rechtsgrundlage sind nicht gegeben. die unmittelbar an das abschleppunternehmen gezahlten kosten für die durchgeführte abschleppmaßnahme wurden nicht zu unrecht im sinne von § 21 abs. 1 gebg nrw i.v.m. § 77 abs. 4 vwvg nrw erhoben. denn die klägerin hat durch die vorgenommene zahlung einen anspruch des beklagten gemäß § 77 abs. 1 vwvg nrw, § 20 abs. 2 nr. 8 vo vwvg nrw i.v.m. § 46 abs. 3, § 43 nr. 1 polg nrw bzw. gemäß § 77 abs. 1 vwvg nrw, § 20 abs. 2 nr. 7 vo vwvg nrw i.v.m. § 8, § 50 abs. 2, § 51 abs. 1 nr. 1, § 52 polg nrw erfüllt. hiernach hat der ordnungspflichtige die durch eine rechtmäßige ersatzvornahme bzw. sicherstellung entstandenen kosten, mithin die kosten der abschleppmaßnahme, zu tragen. die durchgeführte abschleppmaßnahme war – wie oben unter ziffer 1.) dargelegt – rechtmäßig.693.)70die kostenentscheidung folgt aus § 154 abs. 1 vwgo.71die entscheidung zur vorläufigen vollstreckbarkeit beruht auf § 167 vwgo i.v.m. § 708 nr. 11, § 711 zivilprozessordnung (zpo).72beschluss:73der streitwert wird auf 141,02 euro festgesetzt.74gründe:75die festsetzung des streitwertes ist nach § 52 abs. 3 gkg erfolgt.
Verklagte*r
0
120,793
15 K 5905/15
2016-10-14T00:00:00
Urteil
Tenor Der Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 17. August 2015 verpflichtet, die Grundstücke W. , Gemarkung O. , Flur 2, Flurstücke 29, 31, 32, 89, 305, 306 und Flur 4, Flurstücke 172, 173, 174 und das Grundstück W. , Gemarkung V. , Flur 1, Flurstück 152 zu jeweils jagdrechtlich befriedeten Bezirken zu erklären. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1. und zu 2., die diese jeweils selbst tragen. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. 1Tatbestand: 2Die Klägerin ist Eigentümerin der Grundstücke in W. , Gemarkung O. , Flur 2, Flurstücke 29, 31, 32, 89, 305, 306 und Flur 4, Flurstücke 172, 173, 174, die im gemeinschaftlichen Jagdbezirk der Beigeladenen zu 1. liegen. Zudem steht das Grundstück W. , Gemarkung V. , Flur 1, Flurstück 152 in ihrem Eigentum, das ganz überwiegend im gemeinschaftlichen Jagdbezirk der Beigeladenen zu 1. und im Übrigen in demjenigen der Beigeladenen zu 2. gelegen ist. 3Mit Schreiben vom 17. April 2013 beantragte die Klägerin bei dem Beklagten ihre Eigentumsflächen von der Bejagung auszunehmen. Zur Begründung verwies sie darauf, dass die Pflichtmitgliedschaft eines Grundstückseigentümers in einer Jagdgenossenschaft nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte gegen die Europäische Menschenrechtskonvention verstoße. Bezug nehmend auf das ihr unter dem 17. Februar 2014 durch den Beklagten übersandte Antragsformular zur Befriedung von Grundflächen teilte die Klägerin dem Beklagten unter dem 29. Oktober 2014 mit, dass sich ihr Befriedungsantrag auf sämtliche der in ihrem Eigentum stehenden Grundstücke beziehe. Ihr Antragsbegehren erläuternd führte sie ferner aus, seit dem Erwerb ihres unter der im Rubrum benannten Anschrift gelegenen und von ihr bewohnten Anwesens, das aus den in der Gemarkung O. gelegenen Grundstücken bestehe, habe sie der Beigeladenen zu 1. sowie deren Jagdpächtern gegenüber wiederholt klargestellt, dass sie die Jagd als solche ablehne, und vergeblich versucht, durch einen Verzicht auf die Jagdpacht eine Bejagung ihrer Grundstücke zu verhindern. Schon der Straßenverkehr fordere viele Opfer unter den Tieren. Moralisch höchst fragwürdig und für sie unerträglich und verachtenswert sei es deshalb, Tiere auf der Jagd zu töten, zumal die Trophäenjagd in der Tradition der nationalsozialistischen Ideologie stehe. Zudem fühle sie sich durch das Verhalten mancher Jäger persönlich bedroht. So habe ein Jäger auf ihrer Pferdeweide "… zwischen den Tieren herumgeballert …". Ein anderer ihr bekannter Jäger, den sie – wie üblich leicht angeheitert – bei der Jagd auf ihrer Weide zur Rede gestellt habe, habe sie mit entsicherter Waffe tätlich angegriffen. Von einem weiteren, stark alkoholisierten Jäger sei sie körperlich angegangen worden, als sie ihn aufgefordert habe, den über ihre Hoffläche hetzenden Jagdhund anzuleinen. 4Nachdem der Beklagte sich im Hinblick auf die im gemeinschaftlichen Jagdbezirk der Beigeladenen zu 2. gelegene Teilfläche des Grundstücks W. , Gemarkung V1. , Flur 1, Flurstück 152 mit der unteren Jagdbehörde der Stadt X. auf seine Zuständigkeit für die Bearbeitung auch dieses Teils des Befriedungsantrags der Klägerin geeinigt hatte, gab er den Trägern der öffentlichen Belange sowie den Eigentümern der an die Antragsflächen angrenzenden Grundstücke Gelegenheit, zu dem Befriedungsgesuch der Klägerin Stellung zu nehmen. 5Nach Ablauf der Stellungnahmefrist wies der Beklagte die Klägerin mit Schreiben vom 18. Juli 2015 darauf hin, dass er beabsichtige, den Antrag auf Befriedung ihrer Grundflächen sowohl aus jagdlichen Gründen als auch wegen unzureichend glaubhaft gemachter ethischer Gründe gegen die Jagdausübung abzulehnen, und gab ihr Gelegenheit zur Äußerung. 6Mit Bescheid vom 17. August 2015 lehnte der Beklagte den Befriedungsantrag der Klägerin mit der Begründung ab, sie habe ethische Gründe für ihr ‑ aus jagdlicher Sicht ebenfalls zu versagendes ‑ Gesuch nicht glaubhaft gemacht. 7Glaubhaft gemacht sei eine Ablehnung der Jagd aus ethischen Gründen, wenn objektive Umstände das Vorliegen einer ernsthaften, echten und tiefen Gewissensentscheidung nachvollziehbar machten mit der Folge, dass das Vorhandensein ethischer Motive zumindest überwiegend wahrscheinlich sei. Daran fehle es, weil die Begründung der Klägerin zu dem Befriedungsantrag nicht erkennen lasse, dass sie die Ablehnung der Jagd aus Gewissensgründen lebe und als persönliche Überzeugung im täglichen Verhalten zum Ausdruck bringe. Als Beleg hierfür genüge die Aussage der Tochter der Klägerin alleine nicht, ihre Mutter sei Zeit ihres Lebens gegen das Töten von Tieren gewesen. Darüber hinaus deute sowohl der von der Klägerin mit der Stadt W. geführte Rechtsstreit über das Recht der Allgemeinheit, einen zwischen ihren Hofgebäuden verlaufenden Weg als Wanderweg zu nutzen, als auch die Tatsache, dass die Klägerin sich durch das Verhalten von Jägern persönlich bedroht fühle, darauf hin, dass sie nicht die Jagd generell, sondern nur durch bestimmte Personen ablehne, und mit der Befriedung ihrer Grundstücke lediglich dem von ihr angestrebten Betretungsverbot für die Wegefläche Vorschub leisten wolle. 8Im Übrigen sei die Befriedung der Grundstücke auch aus jagdlichen Gründen zu versagen. Dass im dortigen Gebiet erhöhte Schwarzwildaufkommen führe schon jetzt zu erheblichen Wildschäden auf landwirtschaftlich genutzten Flächen. Eine Befriedung der Grundstücke der Klägerin lasse befürchten, dass die Schwarzwildpopulation diese als Rückzugsgebiet nutzen und sich dort ungestört vermehren werde. Dies werde zu noch größeren Schäden in der Landwirtschaft führen, umfangreiche Sanierungsarbeiten der Jagdpächter erforderlich machen und durch vermehrten Wildwechsel Leben und Gesundheit von Verkehrsteilnehmern auf den beiden an das Anwesen der Klägerin angrenzenden Straßen gefährden. 9Die Klägerin hat am 31. August 2015 Klage erhoben. 10Sie ist der Auffassung, ihr stehe ein Anspruch auf Befriedung ihrer Grundstücke zu. Sie habe ihre ethische Motivation für die Ablehnung der Jagd glaubhaft gemacht. Auf ihr diesbezügliches Vorbringen im Verwaltungsverfahren verweisend macht sie ergänzend geltend, auch Tierversuche stets abgelehnt und aus diesem Grund selbst auf das Studium der Medizin verzichtet zu haben. Zudem sei sie Mitglied in verschiedenen Tierschutzorganisationen und aktiv im Tierschutz tätig. Auch ihr Konsumverhalten habe sie entsprechend ausgerichtet und schon zu einer Zeit angefangen, ihre Grundflächen biologisch zu bewirtschaften, als dies noch nicht als förderungswürdig anerkannt gewesen sei. Nicht motiviert sei ihre Ablehnung der Jagd hingegen durch die Wegerechtsstreitigkeiten mit der Stadt W. sowie die Auseinandersetzungen mit einzelnen Jägern. 11Eine Befriedung ihrer Grundflächen gefährde auch keine Allgemeinwohlbelange. Da sie diese Grundstücke – von zwei mit lichtem Altbuchenbestand bestockten Waldparzellen abgesehen –, überwiegend als Grünland nutze, bildeten die Grundflächen für Rehwild, das nicht standorttreu sei und deshalb auch außerhalb der Antragsflächen bejaht werden könne, keinen Rückzugsraum. Die jagdliche Unbedenklichkeit einer Befriedung ihres Grundeigentums ergebe sich auch aus den im Verwaltungsverfahren abgegebenen Stellungnahmen. So habe etwa der Landesbetrieb Wald und Holz Nordrhein-Westfalen gegen ihr Vorhaben keine Einwände erhoben. Gleiches gelte für die untere Landschaftsbehörde und den Naturschutzbund. Gegenteilige Stellungnahmen, wie etwa diejenigen der Jagdpächter, seien von persönlichen Interessen geprägt und bezeichneten zudem keine konkreten, sondern lediglich abstrakte Beeinträchtigungen für die Jagd. 12Die Klägerin beantragt, 13den Beklagten zu verpflichten, unter Aufhebung des Bescheides vom 17. August 2015 die Grundstücke W. , Gemarkung O. , Flur 2, Flurstücke 29, 31, 32, 89, 305, 306 und Flur 4, Flurstücke 172, 173, 174 und das Grundstück W. , Gemarkung V. , Flur 1, Flurstück 152 zu jeweils jagdrechtlich befriedeten Bezirken zu erklären. 14Der Beklagte beantragt, 15die Klage abzuweisen. 16Die Beigeladenen zu 1. und zu 2. stellen keinen Antrag. 17Der Beklagte ist der Auffassung, seine Versagungsentscheidung sei aus den in dem angegriffenen Bescheid genannten Gründen rechtmäßig, und macht ergänzend geltend, bei einer Gesamtgröße der Antragsflächen von ca. 11 ha sei deren Bedeutung für die Entwicklung der Schwarzwildpopulation nicht unbedeutend. Im Übrigen belege die polizeiliche Unfallstatistik der Jahre 2011 bis 2015 für die an die an das Anwesen der Klägerin angrenzenden Straßen die Gefährdung des Straßenverkehrs durch Wild. 18Die Beigeladene zu 1. macht ‑ ihren Vortrag aus dem Anhörungsverfahren wiederholend und ergänzend ‑ geltend, eine Befriedung der Antragsflächen behindere sie in der Wahrnehmung ihrer Aufgaben. Die Zerstückelung des Jagdreviers mache dessen Verpachtung auch wegen des aktuell verstärkten Auftretens von Schwarzwild nahezu unmöglich. Ohne eine strukturierte Verpachtung des Jagdreviers werde aber die Bejagung und Pflege des Wildes deutlich erschwert mit nachteiligen und unabsehbaren Folgen insbesondere für die Forstbestände, den Artenschutz und die Bekämpfung von Wildseuchen. Dabei gebe es bereits heute schon gravierende Störungen der Jagdruhe und Jagdausübung etwa durch Geocacher, Mountainbiker und Hundeführer. 19Die Beigeladene zu 2. führt aus, angesichts der verstreut in den Jagdbezirken liegenden Antragsflächen werde deren Befriedung eine erhebliche Beeinträchtigung des Jagdbetriebes insbesondere dadurch nach sich ziehen, dass sich notwendige Treibjagden auf Schwarzwild nicht mehr durchführen ließen. Dies werde erhebliche Wildschäden in der Landwirtschaft ebenso zur Folge haben wie eine Häufung von Verkehrsunfällen und zudem die Gefahr begründen, eine ausbrechende Schweinepest durch nachhaltige Reduzierung des Schwarzwildbestandes effektiv zu bekämpfen. Im Übrigen dienten die Antragsflächen angesichts ihrer Nutzung durch Rehe zu Äsungszwecken der Erhaltung eines gesunden Wildbestandes und der Vermeidung von Verbissschäden durch diese Wildart. 20Entsprechend der mit der Ladung zum Termin zur mündlichen Verhandlung verbundenen Aufforderung des Gerichts, ihren Vortrag zu belegen, sie sei in verschiedenen Tierschutzorganisationen Mitglied und aktiv im Tierschutz tätig, hat die Klägerin Schreiben der der Bundesgeschäftsstelle des BUND vom 22. September 2016, der BUND-Kreisgruppe X. vom 24. September 2016 und des H. e. V. vom 22. September 2016 ebenso vorgelegt wie Bestätigungen des Naturschutz N. Kreis e.V. über ihre Teilnahme an der Veranstaltung "Erfahrungsaustausch Streuobst NRW" im Juni 2009 und des Landesbetriebes Wald und Holz über die Teilnahme an den zum forstlichen Forstbildungsprogramm gehörigen Seminaren "Pilze im Stoffkreislauf des Waldes" (September 2008), "Wiederbewaldung von Windwurfflächen" (Oktober 2008) und "Renaturierung von Bachtälern der waldreichen Mittelgebirge" (Juni 2011), auf deren jeweiligen Inhalt wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird. 21Im Termin zur mündlichen Verhandlung ist die Klägerin zu den Gründen für ihre Ablehnung der Jagd befragt worden; hinsichtlich der diesbezüglichen Einzelheiten wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen. 22Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach‑ und Streitstandes wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten verwiesen. 23Entscheidungsgründe: 24Die Klage hat Erfolg. 25Das auf die Befriedung von Grundflächen abzielende Klagebegehren ist als Verpflichtungsklage (§ 42 Abs. 1 Alt. 2 VwGO) statthaft und auch im Übrigen zulässig sowie zudem begründet. Der gemäß § 6 a Abs. 1 S. 1 des Bundesjagdgesetzes (BJagdG) in der zuletzt durch Artikel 422 der Verordnung vom 31. August 2015 (BGBl. I S. 1474) geänderten Fassung der Neubekanntmachung vom 29. September 1976 (BGBl. I S. 2849) geltend gemachte Befriedungsanspruch steht der Klägerin zu (§ 113 Abs. 5 S. 1 VwGO). 26Offen bleiben kann, ob und gegebenenfalls welche der von dem Befriedungsbegehren der Klägerin erfassten Grundflächen bereits kraft Gesetzes (§ 6 BJagdG i. V. m. § 4 des Landesjagdgesetzes Nordrhein-Westfalen [LJG NRW] vom 7. Dezember 1994 [GV. NRW. 1995 S. 2, ber. GV. NRW. 1997 S. 56], zuletzt geändert durch Gesetz vom 12. Mai 2015 [GV. NRW. S. 448, ber. S. 629]) mit der Folge als befriedete Bezirke gelten, dass auf ihnen die Jagd schon gemäß § 6 S. 1 BJagdG ruht. Ein rechtlich schutzwürdiges Interesse des Eigentümers an einer Befriedung seines Grundeigentums aus ethischen Gründen besteht nämlich auch dann, wenn die Flächen bereits nach Maßgabe des Gesetzes befriedet sind. Denn eine Befriedung aus ethischen Gründen soll gemäß § 6 a Abs. 2 S. 1 BJagdG erst mit Wirkung zum Ende eines laufenden Jagdpachtvertrages erfolgen. Deshalb ist eine auf gesetzlich befriedete Bezirke bezogene Befriedungsentscheidung nach § 6 a Abs. 1 S. 1 BJagdG für den Grundeigentümer rechtlich vorteilhaft, weil sie die Entstehung des Jagdrechts auf einer Grundfläche hindert, wenn diese aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht länger als kraft Gesetzes befriedet gilt. 27Gemäß § 6 a Abs. 1 S. 1 BJagdG sind Grundflächen, die zu einem gemeinschaftlichen Jagdbezirk gehören und im Eigentum einer natürlichen Person stehen, auf Antrag des Grundeigentümers zu befriedeten Bezirken zu erklären, wenn der Grundeigentümer glaubhaft macht, dass er die Jagdausübung aus ethischen Gründen ablehnt. Nach Satz 3 Nummer 1 und Nummer 2 der genannten Vorschrift liegen ethische Gründe insbesondere dann nicht vor, wenn der die Befriedung aus ethischen Gründen Beantragende selbst die Jagd ausübt oder die Ausübung der Jagd durch Dritte auf einem ihm gehörenden Grundstück duldet (Nr. 1) oder zum Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung einen Jagdschein selbst gelöst oder beantragt hat (Nr. 2). Nach § 6 a Abs. 1 S. 2 BJagdG ist hingegen eine Befriedung zu versagen, soweit Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass ein Ruhen der Jagd auf der vom Antrag umfassten Fläche bezogen auf den gesamten jeweiligen Jagdbezirk die in den Nummern 1 bis 5 der Vorschrift genannten Belange gefährdet. Die danach für einen Erfolg des Anspruchsbegehrens maßgeblichen Voraussetzungen sind hier erfüllt. 28Die Klägerin hat gemäß den Vorgaben des § 6 a Abs. 1 S. 1 BJagdG ethische Gründe für ihre Ablehnung der Jagd glaubhaft gemacht; zudem widerspricht eine Befriedung der Antragsflächen den Allgemeinwohlbelangen nicht. 29Das in § 6 a Abs. 1 S. 1 BJagdG angeführte Tatbestandsmerkmal "ethische Gründe", das der Gesetzgeber selbst ‑ von den in § 6 a Abs. 1 S. 3 BJagdG normierten Ausschlussgründen abgesehen ‑ inhaltlich nicht näher ausgestaltetet hat, ist als unbestimmter Rechtsbegriff auszulegen. Anknüpfend an das allgemeine Begriffsverständnis, 30vgl. etwa https://de.wikipedia.org/wiki/Ethik, 31ist mithin auch (jagd-)rechtlich ein Handeln nur dann als ethisch motiviert zu qualifizieren, wenn der Handelnde sein Tun an Kriterien ausrichtet, die er anhand der moralischen Kategorien von "Gut" und "Böse" bewertet hat und an die er sich innerlich derart gebunden fühlt, dass ihn ein Handeln gegen diese Wertvorstellungen in einen Gewissenskonflikt von erheblichem Gewicht geraten lässt. 32Vgl. Urteil der Kammer vom 16. Dezember 2015, 15 K 8252/14, www.nrwe.de und juris (dort Rdnr. 24 ff.), nicht rechtskräftig; VG Minden, Urteil vom 3. Mai 2016, 8 K 1480/15 www.nrwe.de und juris (dort Rdnr. 20 ff.); und VG Münster, Urteil vom 30. Oktober 2015, 1 K 1488/14, www.nrwe.de und juris (dort Rdnr. 25) unter Bezugnahme auf Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 20. Dezember 1960, 1 BvL 21/60, juris; vgl. auch das Recht der Kriegsdienstverweigerung betreffend: Verwaltungsgericht Dresden, Urteil vom 2. April 2003,14 K 2479/02, juris Rdnr. 18. 33Dies setzt eine ernsthafte Gewissensentscheidung voraus, die im Sinne des § 6 a Abs. 1 S. 1 BJagdG dann glaubhaft gemacht ist, wenn sie durch konkrete Anhaltspunkte und objektive Umstände sowie die Schilderung der zu Grunde liegenden Motivation in einer Weise nachvollziehbar gemacht wird, die das Vorhandensein ethischer Gründe ‑ hier für die Ablehnung der Jagd ‑ zumindest überwiegend wahrscheinlich sein lässt. 34Vgl. Verwaltungsgericht Würzburg, Beschluss vom 5. März 2013, W 5 E 13.138, juris Rdnr. 7; Begründung der Bundesregierung vom 14. Januar 2003 zum "Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der jagdrechtlichen Vorschriften", Bundestags-Drucksache 17/12046, S. 8. 35Diesen Anforderungen genügt das Vorbringen der insoweit darlegungspflichtigen Klägerin. Sie nimmt nicht nur für sich in Anspruch, dass ihrer Ablehnung der Jagd eine ernsthafte und an den moralischen Kategorien von Gut und Böse orientierte Gewissensentscheidung zu Grunde liegt, wenn sie geltend macht, für sie sei das mit der Jagd den Tieren zugefügte Leid unerträglich und verachtenswert. Substantiiert dargetan hat sie vielmehr auch, dass die für sie derzeit bestehende Verpflichtung, die Jagd auf ihrem Grundeigentum zu dulden, aufgrund der für sich reklamierten inneren Überzeugung für sie einen Gewissenskonflikt von erheblichem Ausmaß bedeutet. Denn mit den geschilderten Motiven für die Ablehnung der Jagd und ihrem sonstigen Vortrag hat die Klägerin ihrem Befriedungsgesuch eine in sich schlüssige Begründung beigefügt, die das Vorhandensein eines derartigen Gewissenskonflikts nachvollziehbar erscheinen lässt. 36Unzweifelhaft ist, dass die Klägerin sich seit Jahrzehnten aktiv für die Belange des Naturschutzes einsetzt und ihren Grund und Boden nach ökologischen Grundsätzen bewirtschaftet. Ihre schriftsätzlichen Ausführungen hierzu und ihre diesbezüglichen Angaben im Termin zur mündlichen Verhandlung, die, weil substantiiert und ohne Widersprüche, glaubhaft sind, finden ihre Bestätigung namentlich in der der Klägerin seitens der Bundesgeschäftsstelle des BUND unter dem 22. September 2016 ausgestellten Bescheinigung über ihre monatliche Zahlung von Förderspenden seit Juni 1994 und in dem Schreiben der BUND-Kreisgruppe X. vom 24. September 2016. Nach Letzterem ist die Klägerin in der Kreisgruppe seit vielen Jahren ehrenamtlich für den Natur‑ und Landschaftsschutz engagiert. Dabei beteiligt sie sich unter anderem an praktischen Aktivitäten der Kreisgruppe wie etwa Projekten, Exkursionen sowie der Beratung von Bürgerinnen und Bürgern in Naturschutzbelangen und nimmt am "Aktivtreff" der Kreisgruppe teil, bei dem naturschutzrelevante Fragen besprochen, Projekte geplant, Vorgehensweisen ausgearbeitet und Pressemitteilungen abgestimmt werden. Dabei hat die Klägerin sich nach Angaben der Kreisgruppe aus Anlass ihrer Arbeit dort als Mensch präsentiert, für den "… der Naturschutz höchste Priorität hat …" und der "… um das Leben und Überleben jedes einzelnen Tieres und den unbedingten Schutz von Fauna und Flora bemüht …" ist. 37Allerdings lassen für sich genommen weder der Einsatz der Klägerin für eine Bewirtschaftung von Grund und Boden nach ökologischen Gesichtspunkten noch ihr offensichtlich nachhaltiges Engagement für die Belange des Naturschutzes darauf schließen, dass sie auch die Jagd aus ethischen Gründen ablehnt. Denn ein an den Belangen des Naturschutzes ausgerichtetes, die ökologische Bewirtschaftung landwirtschaftlicher Flächen einschließendes Handeln und die Ausübung der Jagd schließen sich gegenseitig nicht aus. Nach § 1 Abs. 1 S. 1 i. V. m. S. 2 BJagdG umfasst das Jagdrecht nämlich neben der ausschließlichen Befugnis, auf wild lebende und dem Jagdrecht unterliegen Tiere die Jagd auszuüben und sie sich anzueignen, die Pflicht zur Hege des Wildes. Dabei hat die Hege die Erhaltung eines den landschaftlichen und landeskulturellen Verhältnissen angepassten artenreichen und gesunden Wildbestandes ebenso zum Ziel wie die Pflege und Sicherung seiner Lebensgrundlagen und muss so durchgeführt werden, dass Beeinträchtigungen einer ordnungsgemäßen land‑, forst‑ und fischereiwirtschaftlichen Nutzung, insbesondere Wildschäden, möglichst vermieden werden (§ 1 Abs. 2 BJagdG). 38Die vorbezeichneten Aktivitäten der Klägerin im Zusammenhang mit ihren Bemühungen um den Naturschutz sind ‑ einschließlich der Besuche an den Seminarveranstaltungen des Landesbetriebes Wald und Holz NRW ‑ auch nicht durch einen besonderen Einsatz gerade gegen die Jagdausübung geprägt. So engagiert die Klägerin sich etwa nicht in einer Vereinigung, die sich gegen die Jagd und oder allgemein gegen das Töten von Tieren einsetzt. Auch setzt sich die Klägerin seit Jahren im und für den BUND ein und unterstützt H. finanziell, ohne sich ‑ wie von ihr im Termin zur mündlichen Verhandlung eingeräumt ‑ über die Positionierung dieser Vereinigungen zum Thema Jagdausübung Kenntnis verschafft zu haben. 39Gleichwohl hat die Klägerin darlegen können, dass die Ablehnung der Jagd für sie eine als Richtschnur des eigenen Handelns hervorgehobene Bedeutung besitzt, an der sie ihre Lebensweise auch erkennbar ausrichtet. 40Dies gilt nicht nur mit Blick darauf, dass die Klägerin sich ausweislich des Schreibens der BUND-Kreisgruppe X. vom 24. September 2016 seit Jahren auch unter anderem "… um das Leben und Überleben jedes einzelnen Tieres (…) bemüht …" und ihre Tochter im Verwaltungsverfahren dem Beklagten gegenüber schriftlich ausgeführt hat, ihre Mutter sei Zeit ihres Lebens gegen die Tötung von Tieren eingestellt gewesen. 41Bestätigung finden diese Einschätzungen Dritter nämlich etwa in den Überlegungen der Klägerin zu der Frage, wie sich einem Anwachsen der Schwarzwildpopulation und deren Folgen begegnen ließe. Im Termin zur mündlichen Verhandlung hat sie in diesem Zusammenhang nicht nur betont, sie halte es für ethisch erforderlich, den Tierbestand sich selbst zu überlassen, sondern darüber hinaus auch ihre Vorstellungen zu den aus dieser ethischen Forderung folgenden Handlungskonsequenzen in sich schlüssig dargestellt. 42Mit dem aus Sicht der Klägerin gebotenen Verzicht auf die Fütterung wild lebender Tiere geht dabei ihre Erkenntnis einher, dass dies die Gefahr begründen könne, dass Tiere wegen unzureichender Futtergrundlagen versterben. Eine solche Gefahr ist nach der in der mündlichen Verhandlung geäußerten Meinung der Klägerin aber auch deshalb hinzunehmen, weil das etwaige Versterben von Tieren als Folge einer unzureichenden Futtergrundlage anderen Tieren des Nahrungskreislaufes zu Gute kommen würde. Auch durch Schwarzwild verursachte Schäden lassen sich nach Auffassung der Klägerin nicht nur durch die Jagd, sondern auch durch andere Maßnahmen gleich effektiv verringern. So könne man etwa die Attraktivität von Grünflächen für das Schwarzwild durch eine Minimierung der Düngung und die damit verbundene Verringerung des für Schwarzwild interessanten Aufkommens an Regenwürmern im Boden mindern. Auch möglich sei die Ansiedlung von Prädatoren. Darüber hinaus erschwerten zum Beispiel die von ihr angepflanzten Hecken dem Schwarzwild den Zugang zu ihren Pferdeweiden. Gegebenenfalls würde sie erwägen, selbst Hunde oder andere Tiere anzuschaffen, die dabei behilflich sein könnten, den Druck einer Wildschweinpopulation auf ihr Grundeigentum weiter zu mildern. 43Der Ernsthaftigkeit der Entscheidung Klägerin gegen die Tötung von Tieren auch im Wege der Jagd steht nicht entgegen, dass Klägerin die Jagdausübung nicht generell ablehnt. Nach ihrer Einlassung im Termin zur mündlichen Verhandlung hält sie es zwar für gerechtfertigt, dass Jagdausübungsberechtigte verletzte oder kranke Tiere schießen. Die darin seitens der Klägerin liegende Billigung der Jagdausübung ist dabei aber für sie an das Vorliegen von Voraussetzungen gebunden, die ihrerseits eng und anhand ethischer Erwägungen definiert sind. Für sie ist das Töten von Wild im Wege der Jagd nämlich nur als "ultima ratio" dann gerechtfertigt, wenn das durch eine Verletzung oder Erkrankung hervorgerufene Leid dem Tier auf andere Weise nicht mehr genommen werden kann. Dass sie das kranke oder verletzte Tier, wie sie im Termin zur mündlichen Verhandlung glaubhaft ausgeführt hat, trotz des Leidens des Tieres nicht selbst würde töten können, sondern das Töten dem Jagdausübungsberechtigten überließe, dabei spricht dabei nicht nur für die Ernsthaftigkeit des für die Klägerin bestehenden ethischen Zielkonflikts, einerseits in ihrem Handeln dem Leben von Tieren höchste Priorität einzuräumen und andererseits unabwendbares Leid für Tiere nicht unnötig zu verlängern, sondern auch für ihren Respekt der Rechtsordnung gegenüber, nach der das Recht, wild lebende Tiere zu töten, Bestandteil des Jagdrechts ist (§ 1 Abs. 1 BJagdG). 44Der Annahme einer durch die Klägerin aus ethischen Gründen abgelehnten Jagdausübung steht auch nicht entgegen, dass sie der in Teilen der Gesellschaft für einzelne Lebensbereiche postulierten Notwendigkeit, Tiere zu anderen als jagdlichen Zwecken töten zu müssen, ihre moralische Anerkennung nicht grundsätzlich versagt. 45So hat die Klägerin im Termin zur mündlichen Verhandlung etwa auf Befragen nach ihrem Fleischkonsum angegeben, im Rahmen ihrer Ernährung zwar ganz überwiegend auf Fleisch zu verzichten, zugleich aber eingeräumt, bei sozialen Anlässen etwa drei‑ bis viermal im Jahr auch Fleisch zu essen. Dass die Klägerin sich danach weder vegan noch durchweg vegetarisch ernährt, rechtfertigt für sich genommen schon nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte keine rechtlich durchgreifenden Zweifel an der Ernsthaftigkeit der von der Klägerin für sich reklamierten Gewissensentscheidung. Nach der Rechtsauffassung des Gerichtshofes, 46vgl. Urteil der Großen Kammer vom 26. Juni 2012, 9003/07, Rdnr. 732, juris, 47die zur inhaltlichen Bestimmung des Begriffs der ethischen Gründe im Sinne des § 6 a Abs. 1 S. 1 BJagdG heranzuziehen ist, widerspricht der Verzehr von Fleisch einer ethisch begründeten Ablehnung der Jagd nicht, da diese nicht mit der Ablehnung des Schlachtens von Tieren zum Verzehr durch den Menschen gleichgestellt werden kann. 48Vgl. auch VG Minden, Urteil vom 3. Mai 2016, 8 K 1480/15 www.nrwe.de und juris (dort Rdnr. 37.); zum Angelsport: VG Regensburg, Urteil vom 10. Mai 2106, RN 4 K 16.8, juris Rdnr. 35. 49Ausgehend von den ‑ bei der hier gebotenen rechtlichen Betrachtungsweise ‑ danach gegebenen strukturellen Unterschieden der Gründe für die Ablehnung der Jagd einerseits und der Tötung von Tieren aus anderen als jagdlichen Motiven andererseits stellt auch die Rolle, die die Klägerin der "klassischen Medizin" in ihrem Leben zugeordnet hat, die Ernsthaftigkeit ihrer für sich reklamierten Gewissensentscheidung nicht entscheidend in Abrede. Diesbezüglich hat die Klägerin nämlich zwar schriftsätzlich vorgetragen, wegen ihrer ablehnenden Haltung Tierversuchen gegenüber auf ein Medizinstudium verzichtet zu haben. Gleichwohl nimmt sie aber nach eigenen Angaben die "klassische" Medizin einschließlich ihrer Medikation in Anspruch, obwohl deren zugelassene Behandlungsmethoden und Einsatzgebiete regelmäßig auch bestimmt werden durch die Ergebnisse von Tierversuchen, die oftmals den Tod der Tiere einschließen. 50Im Sinne der vorbezeichneten Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte eignet sich dieser Umstand aber nicht als Beleg dafür, dass die Klägerin die von ihr als ethische Grundhaltung in Anspruch genommene Ablehnung der Jagd und der Tötung von Tieren nicht konsequent lebt. Denn mit der Ausübung der Jagd kann auch das Töten von Tieren zu medizinischen Zwecken nicht gleichgestellt werden. Abgesehen davon ist den Ausführungen der Klägerin zur Nutzung der "klassischen Medizin" wiederum zu entnehmen, dass sie gewillt und in der Lage ist, für sie aus ihrer ethischen Grundhaltung folgende Gewissenskonflikte aufzulösen, indem sie ihre ethische Handlungsmaxime dann anderen Interessen unterordnet, wenn diese anderen Interessen ‑ wie hier Gesundheit und Leben von Menschen ‑ nach ihrer eigenen, nicht willkürlichen Werteordnung als gewichtiger einzustufen sind als ihr Einsatz für das Leben von Tieren. So hat die Klägerin auf Befragen im Termin zur mündlichen Verhandlung etwa ausgeführt, sie habe ihre Tochter gegen verschiedene "Kinderkrankheiten" impfen lassen, weil ihr die mit einem Verzicht auf die Impfung verbundenen Risiken für die Gesundheit und das Leben ihres Kindes erheblicher erschienen als die für sie mit einer Impfung verbundenen Nachteile. Ihren weiteren Angaben zu Folge begibt sie sich zudem selbst nur dann in ärztliche Behandlung, wenn "Hausmittel“ gesundheitliche Beschwerden nicht hinreichend lindern. 51Die Annahme, dass nach allem das Vorhandensein ethischer Gründe bei der Klägerin für die Ablehnung der Jagd zumindest überwiegend wahrscheinlich ist, wird schließlich nicht dadurch ausgeschlossen, dass sie ihr Befriedungsgesuch im Verwaltungsverfahren auch auf die Behauptung gestützt hat, mehrfach von teils betrunkenen Jägern persönlich bedroht worden zu sein. Das hieraus abzuleitende Interesse der Klägerin daran, Jägern deshalb generell den Zutritt zu ihrem Grundeigentum zu verwehren, schließt ebenso wenig ethische Gründe für das Ablehnen der Jagdausübung aus wie die Tatsache, dass die Klägerin ‑ nach dem unwidersprochen gebliebenen Vortrag des Beklagten ‑ mit der Stadt W. Rechtsstreitigkeiten mit dem Ziel führt, der Allgemeinheit das von ihr in Abrede gestellte Recht zu nehmen, einen zwischen ihren Hofgebäuden verlaufenden Weg als Wanderweg zu nutzen. 52Dem Erfolg des Klagebegehrens stehen auch keine jagdlichen Versagungsgründe entgegen. 53Gemäß § 6 a Abs. 1 S. 2 BJagdG ist die Befriedung zu versagen, soweit Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass ein Ruhen der Jagd auf der vom Antrag umfassten Fläche bezogen auf den gesamten jeweiligen Jagdbezirk die Belange der Erhaltung eines artenreichen und gesunden Wildbestandes sowie der Pflege und Sicherung seiner Lebensgrundlagen (Nr. 1), des Schutzes der Land‑, Forst‑ und Fischereiwirtschaft vor übermäßigen Wildschäden (Nr. 2), des Naturschutzes und der Landschaftspflege (Nr. 3), des Schutzes vor Tierseuchen (Nr. 4) oder der Abwendung sonstiger Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung (Nr. 5) gefährdet. 54Weil die Gefahr für die vorbezeichneten Allgemeininteressen die Befriedung nach § 6 a Abs. 1 S. 1 BJagdG ausschließt, darf sie mit Blick auf das Gewicht, das dem schutzwürdigen Interesse des Grundstückseigentümers daran zukommt, die von ihm aus ethischen Gründen ablehnte Jagd auf seinem Grundeigentum zu verhindern, nicht nur abstrakt bestehen; sie muss vielmehr von vergleichbarem Gewicht und damit konkret sein. 55Vgl. im Ergebnis ebenso: Schuck, Bundesjagdgesetz, Kommentar, 2. Auflage 2015, zu § 6 a BJagdG Rdnr. 56; Leonhardt, Jagdrecht, Kommentar, Band 1, Stand: Februar 2016, Anm. 2.4.1. 56Von der allgemeinen Gefahr, die vorliegt, wenn in gedachten typischen Fällen nach auf allgemeiner Lebenserfahrung beruhender Beurteilung bei ungehindertem Ablauf des objektiv zu erwartenden Geschehens eine Schädigung des zu schützenden Rechtsguts wahrscheinlich ist, 57vgl. BVerwG, Urteil vom 26. Februar 1974, I C 31.72, juris, Rdnr. 32, 58unterscheidet sich die konkrete Gefahr nicht durch den Grad der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts, sondern durch den Bezugspunkt der Gefahrenprognose. Während bei einer allgemeinen Gefahr eine generell abstrakte Betrachtung für bestimmte Arten von Verhaltensweisen oder Zuständen die Annahme rechtfertigt, das mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein Schaden im Einzelfall einzutreten pflegt, ist Bezugspunkt der für die Annahme einer konkreten Gefahr erforderlichen Gefahrenprognose der Einzelfall selbst. 59So BVerwG, Urteil vom 3. Juli 2002, 6 CN 8/01, juris Rdnr. 35. 60Dementsprechend liegt eine im Einzelfall gegebene und damit konkrete Gefahr vor, wenn ein nach Ort, Zeit und sonstigen Umständen bestimmter oder bestimmbarer Sachverhalt bereits einen Schaden hervorgerufen hat oder ein solcher Sachverhalt mit hinreichender Wahrscheinlichkeit die Fortdauer einer bestehenden Gefahrenlage oder ‑ in absehbarer Zeit ‑ den Eintritt einer Gefahrensituation befürchten lässt. 61Vgl. hierzu etwa: BVerfG, Urteil vom 20. April 2016, 1 BvR 966/09, 1 BvR 1140/09, juris Rdnr. 111; BVerwG, Urteil vom 3. Juli 2002, a. a. O.; Bayrischer Verfassungsgerichtshof, Entscheidung vom 19. Oktober 1994, Vf. 12‑VII‑92, Vf. 13‑VII‑92, juris. 62Dabei zählt es zum Wesen einer Prognose, dass das Vorhergesagte wegen anderer als der erwarteten Geschehensabläufe ausbleiben kann. Von dieser Unwägbarkeit ist die Ungewissheit zu unterscheiden, die bereits die tatsächlichen Grundlagen der Gefahrenprognose betrifft. Fehlt es an genügender Erkenntnis über die Einzelheiten des zu regelnden Sachverhalts und / oder über die maßgeblichen Kausalverläufe, mangelt es an der für eine Gefahrenprognose erforderlichen Grundlage. Dann liegt schon keine Gefahr vor, sondern – allenfalls – eine mögliche Gefahr oder ein Gefahrenverdacht. 63Vgl. BVerwG, Urteil vom 3. Juli 2002, a. a. O. 64Gemessen daran gefährdet ein Ruhen der Jagd auf den vom Antrag der Klägerin umfassten Flächen bezogen auf den gesamten Jagdbezirk der Beigeladenen zu 1. bzw. der Beigeladenen zu 2. die in § 6 a Abs. 1 S. 2 BJagdG bezeichneten Allgemeinwohlbelange nicht. Aus dem Vorbringen der Beigeladenen zu 1. und Beigeladenen zu 2. sowie dem Vortrag der gemäß § 6 a Abs. 1 S. 5 BJagdG vorprozessual Angehörten (Jagdpächter, Jagdbeiräte, angrenzende Grundstückseigentümer, Trägern öffentlicher Belange) ergibt sich keine konkrete Gefahr für die in § 6 a Abs. 1 S. 2 Nr. 1 bis Nr. 5 BJagdG bezeichneten Allgemeininteressen. Die gegen eine Befriedung im Kern übereinstimmend erhobenen Einwände bezeichnen sämtlich allenfalls ‑ im vorbezeichneten Sinn ‑ abstrakte Gefahren. 65Mit Blick auf die bezogen auf die Tatbestände des § 6 a Abs. 1 S. 2 Nr. 1 und 2 BJagdG geäußerte Befürchtung, eine Befriedung der Grundstücke der Klägerin werde zu einem noch schnelleren Anwachsen der Schwarzwildpopulationen führen, gilt dies, weil substantiiert nichts dafür dargetan ist, dass die Grundflächen, soweit auf ihnen die Jagd nicht ohnehin kraft Gesetzes ruht (§§ 6 S. 1 BJagdG, 4 Abs. 1 Buchst. a) und b) LJG NRW), angesichts der Größe der einzelnen Grundstücke und / oder aneinander angrenzender Flächen, nach ihrem Zuschnitt sowie angesichts ihres Bewuchses und / oder ihrer konkreten Nutzung sowie den sonst insoweit maßgeblichen Gegebenheiten vor Ort überhaupt als Rückzugsraum für Schwarzwild in Betracht kommt. Das diesbezügliche Vorbringen ist beschränkt geblieben auf eine bloße Behauptung, die zudem offen lässt, warum ein Rückzug von Schwarzwild auf gerade diese Flächen erwarten lassen soll, dass dessen Population in nennenswertem Umfang in einer Weise anwächst, die ohne einen solchen Rückzugsraum nicht zu erwarten steht. Ebenso wenig erkennbar ist, welche nachteiligen Folgen eine Schwarzwildpopulation, die sich auf solchen Rückzugsflächen etwa vermehrt, auf die an die Grundflächen der Klägerin angrenzenden Grundstücke haben soll und dass und aus welchen Gründen sich solche Folgen nicht durch adäquate jagdliche Maßnahme hinreichend begrenzen lassen. 66Aus den vorgenannten Gründen ebenfalls nicht rechtserheblich ist der weitere Vortrag, eine Befriedung erschwere eine effektive Bekämpfung der durch Schwarzwild übertragenen Schweinegrippe im Fall ihres Ausbruchs. Im Übrigen stünde selbst eine solche (konkrete) Gefahr nach der gesetzlichen Systematik des § 6 a BJagdG einer Befriedung von Grundflächen aus ethischen Gründen nicht entgegen. Ihr dürfte vielmehr gemäß § 6 a Abs. 5 S. 1 BJagdG durch die Anordnung einer beschränkten Jagdausübung auf den für befriedigt erklärt Grundflächen zu begegnen sein, soweit eine solche Maßnahme zur Vermeidung der Gefahr von Tierseuchen oder aus Gründen der Seuchenhygiene erforderlich ist. 67Soweit der Beklagte ferner geltend macht, eine Befriedung werde die Zahl der durch Wild verursachten Verkehrsunfälle ansteigen lassen, ist auch dieses Vorbringen ungeeignet, eine rechtserhebliche konkrete Gefahr für die öffentliche Sicherheit im Sinne des § 6 a Abs. 1 S. 2 Nr. 5 BJagdG zu belegen. Abgesehen davon, dass es auch diesbezüglich schon an einem substantiierten Vortrag dazu fehlt, warum eine Befriedung der ‑ im Übrigen nur mit dem Flurstück 29 an eine Straße angrenzenden und nach dem Klagevortrag abgezäunten ‑ Grundflächen der Klägerin dort zu einem vermehrten Schwarzwildaufkommen führen soll, ist dem Vorbringen auch nicht zu entnehmen, dass sich ein durch ein vermehrtes Auftreten Schwarzwild etwa erhöhtes Risiko von Wildunfällen nicht durch andere Maßnahmen, wie etwa eine Beschränkung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit, rechtserheblich mindern lässt. Auch hier ist im Übrigen darauf zu verweisen, dass nach der Vorstellung des Gesetzgebers die zuständige Behörde zur Gewährleistung der Sicherheit des Verkehrs auf öffentlichen Verkehrswegen gemäß § 6 a Abs. 5 S. 1 BJagdG eine beschränkte Jagdausübung auf den für befriedigt erklärten Grundflächen anordnen kann. 68Weiterhin rechtfertigt die allgemein geltend gemachte nachhaltige Erschwernis einer Befriedung der Grundflächen für die Hege und Pflege die Hege und Pflege des Wildes die Annahme eines Ausschlussgrundes im Sinne des § 6 Abs. 1 S. 2 BJagdG ebenfalls nicht. Solche Einschränkungen sind als notwendige Folge einer Befriedung von Grundflächen grundsätzlich hinzunehmen, wenn sie denn ‑ wie hier ‑ keinen der Ausschlusstatbestände des § 6 a Abs. 1 S. 2 BJagdG erfüllen. Zudem ist nach § 6 a Abs. 4 S. 7 BJagdG die Befriedungsentscheidung unter den Vorbehalt des Widerrufs zu stellen für den Fall, dass ein oder mehrere weitere begründete Anträge auf Befriedung in demselben Jagdbezirken gestellt werden und nicht allen Anträgen insgesamt ohne Gefährdung der Belange nach § 6 a Abs. 1 S. 2 BJagdG stattgegeben werden kann. 69Die Kostenentscheidung ergibt sich aus den §§ 154 Abs. 1 und Abs. 3, 162 Abs. 3 VwGO. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1. und zu 2. waren danach nicht aus Gründen der Billigkeit für erstattungsfähig zu erklären, da die die Beigeladenen keinen Sachantrag gestellt und sich damit auch nicht dem Risiko ausgesetzt haben, im Fall des Unterliegens mit Prozesskosten belastet zu werden. 70Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 167 Abs. 2 i. V m. Abs. 1 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO. 71Beschluss: 72Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 5.000,00 Euro festgesetzt. 73Gründe: 74Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1 GKG.
der beklagte wird unter aufhebung des bescheides vom 17. august 2015 verpflichtet, die grundstücke w. , gemarkung o. , flur 2, flurstücke 29, 31, 32, 89, 305, 306 und flur 4, flurstücke 172, 173, 174 und das grundstück w. , gemarkung v. , flur 1, flurstück 152 zu jeweils jagdrechtlich befriedeten bezirken zu erklären. der beklagte trägt die kosten des verfahrens mit ausnahme der außergerichtlichen kosten der beigeladenen zu 1. und zu 2., die diese jeweils selbst tragen. das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar.der beklagte darf die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe von 110 % des beizutreibenden betrages abwenden, wenn nicht die klägerin vor der vollstreckung sicherheit in gleicher höhe leistet. 1
2die klägerin ist eigentümerin der grundstücke in w. , gemarkung o. , flur 2, flurstücke 29, 31, 32, 89, 305, 306 und flur 4, flurstücke 172, 173, 174, die im gemeinschaftlichen jagdbezirk der beigeladenen zu 1. liegen. zudem steht das grundstück w. , gemarkung v. , flur 1, flurstück 152 in ihrem eigentum, das ganz überwiegend im gemeinschaftlichen jagdbezirk der beigeladenen zu 1. und im übrigen in demjenigen der beigeladenen zu 2. gelegen ist. 3mit schreiben vom 17. april 2013 beantragte die klägerin bei dem beklagten ihre eigentumsflächen von der bejagung auszunehmen. zur begründung verwies sie darauf, dass die pflichtmitgliedschaft eines grundstückseigentümers in einer jagdgenossenschaft nach der rechtsprechung des europäischen gerichtshofes für menschenrechte gegen die europäische menschenrechtskonvention verstoße. bezug nehmend auf das ihr unter dem 17. februar 2014 durch den beklagten übersandte antragsformular zur befriedung von grundflächen teilte die klägerin dem beklagten unter dem 29. oktober 2014 mit, dass sich ihr befriedungsantrag auf sämtliche der in ihrem eigentum stehenden grundstücke beziehe. ihr antragsbegehren erläuternd führte sie ferner aus, seit dem erwerb ihres unter der im rubrum benannten anschrift gelegenen und von ihr bewohnten anwesens, das aus den in der gemarkung o. gelegenen grundstücken bestehe, habe sie der beigeladenen zu 1. sowie deren jagdpächtern gegenüber wiederholt klargestellt, dass sie die jagd als solche ablehne, und vergeblich versucht, durch einen verzicht auf die jagdpacht eine bejagung ihrer grundstücke zu verhindern. schon der straßenverkehr fordere viele opfer unter den tieren. moralisch höchst fragwürdig und für sie unerträglich und verachtenswert sei es deshalb, tiere auf der jagd zu töten, zumal die trophäenjagd in der tradition der nationalsozialistischen ideologie stehe. zudem fühle sie sich durch das verhalten mancher jäger persönlich bedroht. so habe ein jäger auf ihrer pferdeweide "… zwischen den tieren herumgeballert …". ein anderer ihr bekannter jäger, den sie – wie üblich leicht angeheitert – bei der jagd auf ihrer weide zur rede gestellt habe, habe sie mit entsicherter waffe tätlich angegriffen. von einem weiteren, stark alkoholisierten jäger sei sie körperlich angegangen worden, als sie ihn aufgefordert habe, den über ihre hoffläche hetzenden jagdhund anzuleinen. 4nachdem der beklagte sich im hinblick auf die im gemeinschaftlichen jagdbezirk der beigeladenen zu 2. gelegene teilfläche des grundstücks w. , gemarkung v1. , flur 1, flurstück 152 mit der unteren jagdbehörde der stadt x. auf seine zuständigkeit für die bearbeitung auch dieses teils des befriedungsantrags der klägerin geeinigt hatte, gab er den trägern der öffentlichen belange sowie den eigentümern der an die antragsflächen angrenzenden grundstücke gelegenheit, zu dem befriedungsgesuch der klägerin stellung zu nehmen. 5nach ablauf der stellungnahmefrist wies der beklagte die klägerin mit schreiben vom 18. juli 2015 darauf hin, dass er beabsichtige, den antrag auf befriedung ihrer grundflächen sowohl aus jagdlichen gründen als auch wegen unzureichend glaubhaft gemachter ethischer gründe gegen die jagdausübung abzulehnen, und gab ihr gelegenheit zur äußerung. 6mit bescheid vom 17. august 2015 lehnte der beklagte den befriedungsantrag der klägerin mit der begründung ab, sie habe ethische gründe für ihr ‑ aus jagdlicher sicht ebenfalls zu versagendes ‑ gesuch nicht glaubhaft gemacht. 7glaubhaft gemacht sei eine ablehnung der jagd aus ethischen gründen, wenn objektive umstände das vorliegen einer ernsthaften, echten und tiefen gewissensentscheidung nachvollziehbar machten mit der folge, dass das vorhandensein ethischer motive zumindest überwiegend wahrscheinlich sei. daran fehle es, weil die begründung der klägerin zu dem befriedungsantrag nicht erkennen lasse, dass sie die ablehnung der jagd aus gewissensgründen lebe und als persönliche überzeugung im täglichen verhalten zum ausdruck bringe. als beleg hierfür genüge die aussage der tochter der klägerin alleine nicht, ihre mutter sei zeit ihres lebens gegen das töten von tieren gewesen. darüber hinaus deute sowohl der von der klägerin mit der stadt w. geführte rechtsstreit über das recht der allgemeinheit, einen zwischen ihren hofgebäuden verlaufenden weg als wanderweg zu nutzen, als auch die tatsache, dass die klägerin sich durch das verhalten von jägern persönlich bedroht fühle, darauf hin, dass sie nicht die jagd generell, sondern nur durch bestimmte personen ablehne, und mit der befriedung ihrer grundstücke lediglich dem von ihr angestrebten betretungsverbot für die wegefläche vorschub leisten wolle. 8im übrigen sei die befriedung der grundstücke auch aus jagdlichen gründen zu versagen. dass im dortigen gebiet erhöhte schwarzwildaufkommen führe schon jetzt zu erheblichen wildschäden auf landwirtschaftlich genutzten flächen. eine befriedung der grundstücke der klägerin lasse befürchten, dass die schwarzwildpopulation diese als rückzugsgebiet nutzen und sich dort ungestört vermehren werde. dies werde zu noch größeren schäden in der landwirtschaft führen, umfangreiche sanierungsarbeiten der jagdpächter erforderlich machen und durch vermehrten wildwechsel leben und gesundheit von verkehrsteilnehmern auf den beiden an das anwesen der klägerin angrenzenden straßen gefährden. 9die klägerin hat am 31. august 2015 klage erhoben. 10sie ist der auffassung, ihr stehe ein anspruch auf befriedung ihrer grundstücke zu. sie habe ihre ethische motivation für die ablehnung der jagd glaubhaft gemacht. auf ihr diesbezügliches vorbringen im verwaltungsverfahren verweisend macht sie ergänzend geltend, auch tierversuche stets abgelehnt und aus diesem grund selbst auf das studium der medizin verzichtet zu haben. zudem sei sie mitglied in verschiedenen tierschutzorganisationen und aktiv im tierschutz tätig. auch ihr konsumverhalten habe sie entsprechend ausgerichtet und schon zu einer zeit angefangen, ihre grundflächen biologisch zu bewirtschaften, als dies noch nicht als förderungswürdig anerkannt gewesen sei. nicht motiviert sei ihre ablehnung der jagd hingegen durch die wegerechtsstreitigkeiten mit der stadt w. sowie die auseinandersetzungen mit einzelnen jägern. 11eine befriedung ihrer grundflächen gefährde auch keine allgemeinwohlbelange. da sie diese grundstücke – von zwei mit lichtem altbuchenbestand bestockten waldparzellen abgesehen –, überwiegend als grünland nutze, bildeten die grundflächen für rehwild, das nicht standorttreu sei und deshalb auch außerhalb der antragsflächen bejaht werden könne, keinen rückzugsraum. die jagdliche unbedenklichkeit einer befriedung ihres grundeigentums ergebe sich auch aus den im verwaltungsverfahren abgegebenen stellungnahmen. so habe etwa der landesbetrieb wald und holz nordrhein-westfalen gegen ihr vorhaben keine einwände erhoben. gleiches gelte für die untere landschaftsbehörde und den naturschutzbund. gegenteilige stellungnahmen, wie etwa diejenigen der jagdpächter, seien von persönlichen interessen geprägt und bezeichneten zudem keine konkreten, sondern lediglich abstrakte beeinträchtigungen für die jagd. 12die klägerin beantragt, 13den beklagten zu verpflichten, unter aufhebung des bescheides vom 17. august 2015 die grundstücke w. , gemarkung o. , flur 2, flurstücke 29, 31, 32, 89, 305, 306 und flur 4, flurstücke 172, 173, 174 und das grundstück w. , gemarkung v. , flur 1, flurstück 152 zu jeweils jagdrechtlich befriedeten bezirken zu erklären. 14der beklagte beantragt, 15die klage abzuweisen. 16die beigeladenen zu 1. und zu 2. stellen keinen antrag. 17der beklagte ist der auffassung, seine versagungsentscheidung sei aus den in dem angegriffenen bescheid genannten gründen rechtmäßig, und macht ergänzend geltend, bei einer gesamtgröße der antragsflächen von ca. 11 ha sei deren bedeutung für die entwicklung der schwarzwildpopulation nicht unbedeutend. im übrigen belege die polizeiliche unfallstatistik der jahre 2011 bis 2015 für die an die an das anwesen der klägerin angrenzenden straßen die gefährdung des straßenverkehrs durch wild. 18die beigeladene zu 1. macht ‑ ihren vortrag aus dem anhörungsverfahren wiederholend und ergänzend ‑ geltend, eine befriedung der antragsflächen behindere sie in der wahrnehmung ihrer aufgaben. die zerstückelung des jagdreviers mache dessen verpachtung auch wegen des aktuell verstärkten auftretens von schwarzwild nahezu unmöglich. ohne eine strukturierte verpachtung des jagdreviers werde aber die bejagung und pflege des wildes deutlich erschwert mit nachteiligen und unabsehbaren folgen insbesondere für die forstbestände, den artenschutz und die bekämpfung von wildseuchen. dabei gebe es bereits heute schon gravierende störungen der jagdruhe und jagdausübung etwa durch geocacher, mountainbiker und hundeführer. 19die beigeladene zu 2. führt aus, angesichts der verstreut in den jagdbezirken liegenden antragsflächen werde deren befriedung eine erhebliche beeinträchtigung des jagdbetriebes insbesondere dadurch nach sich ziehen, dass sich notwendige treibjagden auf schwarzwild nicht mehr durchführen ließen. dies werde erhebliche wildschäden in der landwirtschaft ebenso zur folge haben wie eine häufung von verkehrsunfällen und zudem die gefahr begründen, eine ausbrechende schweinepest durch nachhaltige reduzierung des schwarzwildbestandes effektiv zu bekämpfen. im übrigen dienten die antragsflächen angesichts ihrer nutzung durch rehe zu äsungszwecken der erhaltung eines gesunden wildbestandes und der vermeidung von verbissschäden durch diese wildart. 20entsprechend der mit der ladung zum termin zur mündlichen verhandlung verbundenen aufforderung des gerichts, ihren vortrag zu belegen, sie sei in verschiedenen tierschutzorganisationen mitglied und aktiv im tierschutz tätig, hat die klägerin schreiben der der bundesgeschäftsstelle des bund vom 22. september 2016, der bund-kreisgruppe x. vom 24. september 2016 und des h. e. v. vom 22. september 2016 ebenso vorgelegt wie bestätigungen des naturschutz n. kreis e.v. über ihre teilnahme an der veranstaltung "erfahrungsaustausch streuobst nrw" im juni 2009 und des landesbetriebes wald und holz über die teilnahme an den zum forstlichen forstbildungsprogramm gehörigen seminaren "pilze im stoffkreislauf des waldes" (september 2008), "wiederbewaldung von windwurfflächen" (oktober 2008) und "renaturierung von bachtälern der waldreichen mittelgebirge" (juni 2011), auf deren jeweiligen inhalt wegen der einzelheiten bezug genommen wird. 21im termin zur mündlichen verhandlung ist die klägerin zu den gründen für ihre ablehnung der jagd befragt worden; hinsichtlich der diesbezüglichen einzelheiten wird auf das protokoll der mündlichen verhandlung bezug genommen. 22wegen der weiteren einzelheiten des sach‑ und streitstandes wird ergänzend auf den inhalt der gerichtsakten und der beigezogenen verwaltungsvorgänge des beklagten verwiesen. 23
24die klage hat erfolg. 25das auf die befriedung von grundflächen abzielende klagebegehren ist als verpflichtungsklage (§ 42 abs. 1 alt. 2 vwgo) statthaft und auch im übrigen zulässig sowie zudem begründet. der gemäß § 6 a abs. 1 s. 1 des bundesjagdgesetzes (bjagdg) in der zuletzt durch artikel 422 der verordnung vom 31. august 2015 (bgbl. i s. 1474) geänderten fassung der neubekanntmachung vom 29. september 1976 (bgbl. i s. 2849) geltend gemachte befriedungsanspruch steht der klägerin zu (§ 113 abs. 5 s. 1 vwgo). 26offen bleiben kann, ob und gegebenenfalls welche der von dem befriedungsbegehren der klägerin erfassten grundflächen bereits kraft gesetzes (§ 6 bjagdg i. v. m. § 4 des landesjagdgesetzes nordrhein-westfalen [ljg nrw] vom 7. dezember 1994 [gv. nrw. 1995 s. 2, ber. gv. nrw. 1997 s. 56], zuletzt geändert durch gesetz vom 12. mai 2015 [gv. nrw. s. 448, ber. s. 629]) mit der folge als befriedete bezirke gelten, dass auf ihnen die jagd schon gemäß § 6 s. 1 bjagdg ruht. ein rechtlich schutzwürdiges interesse des eigentümers an einer befriedung seines grundeigentums aus ethischen gründen besteht nämlich auch dann, wenn die flächen bereits nach maßgabe des gesetzes befriedet sind. denn eine befriedung aus ethischen gründen soll gemäß § 6 a abs. 2 s. 1 bjagdg erst mit wirkung zum ende eines laufenden jagdpachtvertrages erfolgen. deshalb ist eine auf gesetzlich befriedete bezirke bezogene befriedungsentscheidung nach § 6 a abs. 1 s. 1 bjagdg für den grundeigentümer rechtlich vorteilhaft, weil sie die entstehung des jagdrechts auf einer grundfläche hindert, wenn diese aus tatsächlichen oder rechtlichen gründen nicht länger als kraft gesetzes befriedet gilt. 27gemäß § 6 a abs. 1 s. 1 bjagdg sind grundflächen, die zu einem gemeinschaftlichen jagdbezirk gehören und im eigentum einer natürlichen person stehen, auf antrag des grundeigentümers zu befriedeten bezirken zu erklären, wenn der grundeigentümer glaubhaft macht, dass er die jagdausübung aus ethischen gründen ablehnt. nach satz 3 nummer 1 und nummer 2 der genannten vorschrift liegen ethische gründe insbesondere dann nicht vor, wenn der die befriedung aus ethischen gründen beantragende selbst die jagd ausübt oder die ausübung der jagd durch dritte auf einem ihm gehörenden grundstück duldet (nr. 1) oder zum zeitpunkt der behördlichen entscheidung einen jagdschein selbst gelöst oder beantragt hat (nr. 2). nach § 6 a abs. 1 s. 2 bjagdg ist hingegen eine befriedung zu versagen, soweit tatsachen die annahme rechtfertigen, dass ein ruhen der jagd auf der vom antrag umfassten fläche bezogen auf den gesamten jeweiligen jagdbezirk die in den nummern 1 bis 5 der vorschrift genannten belange gefährdet. die danach für einen erfolg des anspruchsbegehrens maßgeblichen voraussetzungen sind hier erfüllt. 28die klägerin hat gemäß den vorgaben des § 6 a abs. 1 s. 1 bjagdg ethische gründe für ihre ablehnung der jagd glaubhaft gemacht; zudem widerspricht eine befriedung der antragsflächen den allgemeinwohlbelangen nicht. 29das in § 6 a abs. 1 s. 1 bjagdg angeführte tatbestandsmerkmal "ethische gründe", das der gesetzgeber selbst ‑ von den in § 6 a abs. 1 s. 3 bjagdg normierten ausschlussgründen abgesehen ‑ inhaltlich nicht näher ausgestaltetet hat, ist als unbestimmter rechtsbegriff auszulegen. anknüpfend an das allgemeine begriffsverständnis, 30vgl. etwa https://de.wikipedia.org/wiki/ethik, 31ist mithin auch (jagd-)rechtlich ein handeln nur dann als ethisch motiviert zu qualifizieren, wenn der handelnde sein tun an kriterien ausrichtet, die er anhand der moralischen kategorien von "gut" und "böse" bewertet hat und an die er sich innerlich derart gebunden fühlt, dass ihn ein handeln gegen diese wertvorstellungen in einen gewissenskonflikt von erheblichem gewicht geraten lässt. 32vgl. urteil der kammer vom 16. dezember 2015, 15 k 8252/14, www.nrwe.de und juris (dort rdnr. 24 ff.), nicht rechtskräftig; vg minden, urteil vom 3. mai 2016, 8 k 1480/15 www.nrwe.de und juris (dort rdnr. 20 ff.); und vg münster, urteil vom 30. oktober 2015, 1 k 1488/14, www.nrwe.de und juris (dort rdnr. 25) unter bezugnahme auf bundesverfassungsgericht, beschluss vom 20. dezember 1960, 1 bvl 21/60, juris; vgl. auch das recht der kriegsdienstverweigerung betreffend: verwaltungsgericht dresden, urteil vom 2. april 2003,14 k 2479/02, juris rdnr. 18. 33dies setzt eine ernsthafte gewissensentscheidung voraus, die im sinne des § 6 a abs. 1 s. 1 bjagdg dann glaubhaft gemacht ist, wenn sie durch konkrete anhaltspunkte und objektive umstände sowie die schilderung der zu grunde liegenden motivation in einer weise nachvollziehbar gemacht wird, die das vorhandensein ethischer gründe ‑ hier für die ablehnung der jagd ‑ zumindest überwiegend wahrscheinlich sein lässt. 34vgl. verwaltungsgericht würzburg, beschluss vom 5. märz 2013, w 5 e 13.138, juris rdnr. 7; begründung der bundesregierung vom 14. januar 2003 zum "entwurf eines gesetzes zur änderung der jagdrechtlichen vorschriften", bundestags-drucksache 17/12046, s. 8. 35diesen anforderungen genügt das vorbringen der insoweit darlegungspflichtigen klägerin. sie nimmt nicht nur für sich in anspruch, dass ihrer ablehnung der jagd eine ernsthafte und an den moralischen kategorien von gut und böse orientierte gewissensentscheidung zu grunde liegt, wenn sie geltend macht, für sie sei das mit der jagd den tieren zugefügte leid unerträglich und verachtenswert. substantiiert dargetan hat sie vielmehr auch, dass die für sie derzeit bestehende verpflichtung, die jagd auf ihrem grundeigentum zu dulden, aufgrund der für sich reklamierten inneren überzeugung für sie einen gewissenskonflikt von erheblichem ausmaß bedeutet. denn mit den geschilderten motiven für die ablehnung der jagd und ihrem sonstigen vortrag hat die klägerin ihrem befriedungsgesuch eine in sich schlüssige begründung beigefügt, die das vorhandensein eines derartigen gewissenskonflikts nachvollziehbar erscheinen lässt. 36unzweifelhaft ist, dass die klägerin sich seit jahrzehnten aktiv für die belange des naturschutzes einsetzt und ihren grund und boden nach ökologischen grundsätzen bewirtschaftet. ihre schriftsätzlichen ausführungen hierzu und ihre diesbezüglichen angaben im termin zur mündlichen verhandlung, die, weil substantiiert und ohne widersprüche, glaubhaft sind, finden ihre bestätigung namentlich in der der klägerin seitens der bundesgeschäftsstelle des bund unter dem 22. september 2016 ausgestellten bescheinigung über ihre monatliche zahlung von förderspenden seit juni 1994 und in dem schreiben der bund-kreisgruppe x. vom 24. september 2016. nach letzterem ist die klägerin in der kreisgruppe seit vielen jahren ehrenamtlich für den natur‑ und landschaftsschutz engagiert. dabei beteiligt sie sich unter anderem an praktischen aktivitäten der kreisgruppe wie etwa projekten, exkursionen sowie der beratung von bürgerinnen und bürgern in naturschutzbelangen und nimmt am "aktivtreff" der kreisgruppe teil, bei dem naturschutzrelevante fragen besprochen, projekte geplant, vorgehensweisen ausgearbeitet und pressemitteilungen abgestimmt werden. dabei hat die klägerin sich nach angaben der kreisgruppe aus anlass ihrer arbeit dort als mensch präsentiert, für den "… der naturschutz höchste priorität hat …" und der "… um das leben und überleben jedes einzelnen tieres und den unbedingten schutz von fauna und flora bemüht …" ist. 37allerdings lassen für sich genommen weder der einsatz der klägerin für eine bewirtschaftung von grund und boden nach ökologischen gesichtspunkten noch ihr offensichtlich nachhaltiges engagement für die belange des naturschutzes darauf schließen, dass sie auch die jagd aus ethischen gründen ablehnt. denn ein an den belangen des naturschutzes ausgerichtetes, die ökologische bewirtschaftung landwirtschaftlicher flächen einschließendes handeln und die ausübung der jagd schließen sich gegenseitig nicht aus. nach § 1 abs. 1 s. 1 i. v. m. s. 2 bjagdg umfasst das jagdrecht nämlich neben der ausschließlichen befugnis, auf wild lebende und dem jagdrecht unterliegen tiere die jagd auszuüben und sie sich anzueignen, die pflicht zur hege des wildes. dabei hat die hege die erhaltung eines den landschaftlichen und landeskulturellen verhältnissen angepassten artenreichen und gesunden wildbestandes ebenso zum ziel wie die pflege und sicherung seiner lebensgrundlagen und muss so durchgeführt werden, dass beeinträchtigungen einer ordnungsgemäßen land‑, forst‑ und fischereiwirtschaftlichen nutzung, insbesondere wildschäden, möglichst vermieden werden (§ 1 abs. 2 bjagdg). 38die vorbezeichneten aktivitäten der klägerin im zusammenhang mit ihren bemühungen um den naturschutz sind ‑ einschließlich der besuche an den seminarveranstaltungen des landesbetriebes wald und holz nrw ‑ auch nicht durch einen besonderen einsatz gerade gegen die jagdausübung geprägt. so engagiert die klägerin sich etwa nicht in einer vereinigung, die sich gegen die jagd und oder allgemein gegen das töten von tieren einsetzt. auch setzt sich die klägerin seit jahren im und für den bund ein und unterstützt h. finanziell, ohne sich ‑ wie von ihr im termin zur mündlichen verhandlung eingeräumt ‑ über die positionierung dieser vereinigungen zum thema jagdausübung kenntnis verschafft zu haben. 39gleichwohl hat die klägerin darlegen können, dass die ablehnung der jagd für sie eine als richtschnur des eigenen handelns hervorgehobene bedeutung besitzt, an der sie ihre lebensweise auch erkennbar ausrichtet. 40dies gilt nicht nur mit blick darauf, dass die klägerin sich ausweislich des schreibens der bund-kreisgruppe x. vom 24. september 2016 seit jahren auch unter anderem "… um das leben und überleben jedes einzelnen tieres (…) bemüht …" und ihre tochter im verwaltungsverfahren dem beklagten gegenüber schriftlich ausgeführt hat, ihre mutter sei zeit ihres lebens gegen die tötung von tieren eingestellt gewesen. 41bestätigung finden diese einschätzungen dritter nämlich etwa in den überlegungen der klägerin zu der frage, wie sich einem anwachsen der schwarzwildpopulation und deren folgen begegnen ließe. im termin zur mündlichen verhandlung hat sie in diesem zusammenhang nicht nur betont, sie halte es für ethisch erforderlich, den tierbestand sich selbst zu überlassen, sondern darüber hinaus auch ihre vorstellungen zu den aus dieser ethischen forderung folgenden handlungskonsequenzen in sich schlüssig dargestellt. 42mit dem aus sicht der klägerin gebotenen verzicht auf die fütterung wild lebender tiere geht dabei ihre erkenntnis einher, dass dies die gefahr begründen könne, dass tiere wegen unzureichender futtergrundlagen versterben. eine solche gefahr ist nach der in der mündlichen verhandlung geäußerten meinung der klägerin aber auch deshalb hinzunehmen, weil das etwaige versterben von tieren als folge einer unzureichenden futtergrundlage anderen tieren des nahrungskreislaufes zu gute kommen würde. auch durch schwarzwild verursachte schäden lassen sich nach auffassung der klägerin nicht nur durch die jagd, sondern auch durch andere maßnahmen gleich effektiv verringern. so könne man etwa die attraktivität von grünflächen für das schwarzwild durch eine minimierung der düngung und die damit verbundene verringerung des für schwarzwild interessanten aufkommens an regenwürmern im boden mindern. auch möglich sei die ansiedlung von prädatoren. darüber hinaus erschwerten zum beispiel die von ihr angepflanzten hecken dem schwarzwild den zugang zu ihren pferdeweiden. gegebenenfalls würde sie erwägen, selbst hunde oder andere tiere anzuschaffen, die dabei behilflich sein könnten, den druck einer wildschweinpopulation auf ihr grundeigentum weiter zu mildern. 43der ernsthaftigkeit der entscheidung klägerin gegen die tötung von tieren auch im wege der jagd steht nicht entgegen, dass klägerin die jagdausübung nicht generell ablehnt. nach ihrer einlassung im termin zur mündlichen verhandlung hält sie es zwar für gerechtfertigt, dass jagdausübungsberechtigte verletzte oder kranke tiere schießen. die darin seitens der klägerin liegende billigung der jagdausübung ist dabei aber für sie an das vorliegen von voraussetzungen gebunden, die ihrerseits eng und anhand ethischer erwägungen definiert sind. für sie ist das töten von wild im wege der jagd nämlich nur als "ultima ratio" dann gerechtfertigt, wenn das durch eine verletzung oder erkrankung hervorgerufene leid dem tier auf andere weise nicht mehr genommen werden kann. dass sie das kranke oder verletzte tier, wie sie im termin zur mündlichen verhandlung glaubhaft ausgeführt hat, trotz des leidens des tieres nicht selbst würde töten können, sondern das töten dem jagdausübungsberechtigten überließe, dabei spricht dabei nicht nur für die ernsthaftigkeit des für die klägerin bestehenden ethischen zielkonflikts, einerseits in ihrem handeln dem leben von tieren höchste priorität einzuräumen und andererseits unabwendbares leid für tiere nicht unnötig zu verlängern, sondern auch für ihren respekt der rechtsordnung gegenüber, nach der das recht, wild lebende tiere zu töten, bestandteil des jagdrechts ist (§ 1 abs. 1 bjagdg). 44der annahme einer durch die klägerin aus ethischen gründen abgelehnten jagdausübung steht auch nicht entgegen, dass sie der in teilen der gesellschaft für einzelne lebensbereiche postulierten notwendigkeit, tiere zu anderen als jagdlichen zwecken töten zu müssen, ihre moralische anerkennung nicht grundsätzlich versagt. 45so hat die klägerin im termin zur mündlichen verhandlung etwa auf befragen nach ihrem fleischkonsum angegeben, im rahmen ihrer ernährung zwar ganz überwiegend auf fleisch zu verzichten, zugleich aber eingeräumt, bei sozialen anlässen etwa drei‑ bis viermal im jahr auch fleisch zu essen. dass die klägerin sich danach weder vegan noch durchweg vegetarisch ernährt, rechtfertigt für sich genommen schon nach der rechtsprechung des europäischen gerichtshofs für menschenrechte keine rechtlich durchgreifenden zweifel an der ernsthaftigkeit der von der klägerin für sich reklamierten gewissensentscheidung. nach der rechtsauffassung des gerichtshofes, 46vgl. urteil der großen kammer vom 26. juni 2012, 9003/07, rdnr. 732, juris, 47die zur inhaltlichen bestimmung des begriffs der ethischen gründe im sinne des § 6 a abs. 1 s. 1 bjagdg heranzuziehen ist, widerspricht der verzehr von fleisch einer ethisch begründeten ablehnung der jagd nicht, da diese nicht mit der ablehnung des schlachtens von tieren zum verzehr durch den menschen gleichgestellt werden kann. 48vgl. auch vg minden, urteil vom 3. mai 2016, 8 k 1480/15 www.nrwe.de und juris (dort rdnr. 37.); zum angelsport: vg regensburg, urteil vom 10. mai 2106, rn 4 k 16.8, juris rdnr. 35. 49ausgehend von den ‑ bei der hier gebotenen rechtlichen betrachtungsweise ‑ danach gegebenen strukturellen unterschieden der gründe für die ablehnung der jagd einerseits und der tötung von tieren aus anderen als jagdlichen motiven andererseits stellt auch die rolle, die die klägerin der "klassischen medizin" in ihrem leben zugeordnet hat, die ernsthaftigkeit ihrer für sich reklamierten gewissensentscheidung nicht entscheidend in abrede. diesbezüglich hat die klägerin nämlich zwar schriftsätzlich vorgetragen, wegen ihrer ablehnenden haltung tierversuchen gegenüber auf ein medizinstudium verzichtet zu haben. gleichwohl nimmt sie aber nach eigenen angaben die "klassische" medizin einschließlich ihrer medikation in anspruch, obwohl deren zugelassene behandlungsmethoden und einsatzgebiete regelmäßig auch bestimmt werden durch die ergebnisse von tierversuchen, die oftmals den tod der tiere einschließen. 50im sinne der vorbezeichneten rechtsprechung des europäischen gerichtshofs für menschenrechte eignet sich dieser umstand aber nicht als beleg dafür, dass die klägerin die von ihr als ethische grundhaltung in anspruch genommene ablehnung der jagd und der tötung von tieren nicht konsequent lebt. denn mit der ausübung der jagd kann auch das töten von tieren zu medizinischen zwecken nicht gleichgestellt werden. abgesehen davon ist den ausführungen der klägerin zur nutzung der "klassischen medizin" wiederum zu entnehmen, dass sie gewillt und in der lage ist, für sie aus ihrer ethischen grundhaltung folgende gewissenskonflikte aufzulösen, indem sie ihre ethische handlungsmaxime dann anderen interessen unterordnet, wenn diese anderen interessen ‑ wie hier gesundheit und leben von menschen ‑ nach ihrer eigenen, nicht willkürlichen werteordnung als gewichtiger einzustufen sind als ihr einsatz für das leben von tieren. so hat die klägerin auf befragen im termin zur mündlichen verhandlung etwa ausgeführt, sie habe ihre tochter gegen verschiedene "kinderkrankheiten" impfen lassen, weil ihr die mit einem verzicht auf die impfung verbundenen risiken für die gesundheit und das leben ihres kindes erheblicher erschienen als die für sie mit einer impfung verbundenen nachteile. ihren weiteren angaben zu folge begibt sie sich zudem selbst nur dann in ärztliche behandlung, wenn "hausmittel“ gesundheitliche beschwerden nicht hinreichend lindern. 51die annahme, dass nach allem das vorhandensein ethischer gründe bei der klägerin für die ablehnung der jagd zumindest überwiegend wahrscheinlich ist, wird schließlich nicht dadurch ausgeschlossen, dass sie ihr befriedungsgesuch im verwaltungsverfahren auch auf die behauptung gestützt hat, mehrfach von teils betrunkenen jägern persönlich bedroht worden zu sein. das hieraus abzuleitende interesse der klägerin daran, jägern deshalb generell den zutritt zu ihrem grundeigentum zu verwehren, schließt ebenso wenig ethische gründe für das ablehnen der jagdausübung aus wie die tatsache, dass die klägerin ‑ nach dem unwidersprochen gebliebenen vortrag des beklagten ‑ mit der stadt w. rechtsstreitigkeiten mit dem ziel führt, der allgemeinheit das von ihr in abrede gestellte recht zu nehmen, einen zwischen ihren hofgebäuden verlaufenden weg als wanderweg zu nutzen. 52dem erfolg des klagebegehrens stehen auch keine jagdlichen versagungsgründe entgegen. 53gemäß § 6 a abs. 1 s. 2 bjagdg ist die befriedung zu versagen, soweit tatsachen die annahme rechtfertigen, dass ein ruhen der jagd auf der vom antrag umfassten fläche bezogen auf den gesamten jeweiligen jagdbezirk die belange der erhaltung eines artenreichen und gesunden wildbestandes sowie der pflege und sicherung seiner lebensgrundlagen (nr. 1), des schutzes der land‑, forst‑ und fischereiwirtschaft vor übermäßigen wildschäden (nr. 2), des naturschutzes und der landschaftspflege (nr. 3), des schutzes vor tierseuchen (nr. 4) oder der abwendung sonstiger gefahren für die öffentliche sicherheit und ordnung (nr. 5) gefährdet. 54weil die gefahr für die vorbezeichneten allgemeininteressen die befriedung nach § 6 a abs. 1 s. 1 bjagdg ausschließt, darf sie mit blick auf das gewicht, das dem schutzwürdigen interesse des grundstückseigentümers daran zukommt, die von ihm aus ethischen gründen ablehnte jagd auf seinem grundeigentum zu verhindern, nicht nur abstrakt bestehen; sie muss vielmehr von vergleichbarem gewicht und damit konkret sein. 55vgl. im ergebnis ebenso: schuck, bundesjagdgesetz, kommentar, 2. auflage 2015, zu § 6 a bjagdg rdnr. 56; leonhardt, jagdrecht, kommentar, band 1, stand: februar 2016, anm. 2.4.1. 56von der allgemeinen gefahr, die vorliegt, wenn in gedachten typischen fällen nach auf allgemeiner lebenserfahrung beruhender beurteilung bei ungehindertem ablauf des objektiv zu erwartenden geschehens eine schädigung des zu schützenden rechtsguts wahrscheinlich ist, 57vgl. bverwg, urteil vom 26. februar 1974, i c 31.72, juris, rdnr. 32, 58unterscheidet sich die konkrete gefahr nicht durch den grad der wahrscheinlichkeit des schadenseintritts, sondern durch den bezugspunkt der gefahrenprognose. während bei einer allgemeinen gefahr eine generell abstrakte betrachtung für bestimmte arten von verhaltensweisen oder zuständen die annahme rechtfertigt, das mit hinreichender wahrscheinlichkeit ein schaden im einzelfall einzutreten pflegt, ist bezugspunkt der für die annahme einer konkreten gefahr erforderlichen gefahrenprognose der einzelfall selbst. 59so bverwg, urteil vom 3. juli 2002, 6 cn 8/01, juris rdnr. 35. 60dementsprechend liegt eine im einzelfall gegebene und damit konkrete gefahr vor, wenn ein nach ort, zeit und sonstigen umständen bestimmter oder bestimmbarer sachverhalt bereits einen schaden hervorgerufen hat oder ein solcher sachverhalt mit hinreichender wahrscheinlichkeit die fortdauer einer bestehenden gefahrenlage oder ‑ in absehbarer zeit ‑ den eintritt einer gefahrensituation befürchten lässt. 61vgl. hierzu etwa: bverfg, urteil vom 20. april 2016, 1 bvr 966/09, 1 bvr 1140/09, juris rdnr. 111; bverwg, urteil vom 3. juli 2002, a. a. o.; bayrischer verfassungsgerichtshof, entscheidung vom 19. oktober 1994, vf. 12‑vii‑92, vf. 13‑vii‑92, juris. 62dabei zählt es zum wesen einer prognose, dass das vorhergesagte wegen anderer als der erwarteten geschehensabläufe ausbleiben kann. von dieser unwägbarkeit ist die ungewissheit zu unterscheiden, die bereits die tatsächlichen grundlagen der gefahrenprognose betrifft. fehlt es an genügender erkenntnis über die einzelheiten des zu regelnden sachverhalts und / oder über die maßgeblichen kausalverläufe, mangelt es an der für eine gefahrenprognose erforderlichen grundlage. dann liegt schon keine gefahr vor, sondern – allenfalls – eine mögliche gefahr oder ein gefahrenverdacht. 63vgl. bverwg, urteil vom 3. juli 2002, a. a. o. 64gemessen daran gefährdet ein ruhen der jagd auf den vom antrag der klägerin umfassten flächen bezogen auf den gesamten jagdbezirk der beigeladenen zu 1. bzw. der beigeladenen zu 2. die in § 6 a abs. 1 s. 2 bjagdg bezeichneten allgemeinwohlbelange nicht. aus dem vorbringen der beigeladenen zu 1. und beigeladenen zu 2. sowie dem vortrag der gemäß § 6 a abs. 1 s. 5 bjagdg vorprozessual angehörten (jagdpächter, jagdbeiräte, angrenzende grundstückseigentümer, trägern öffentlicher belange) ergibt sich keine konkrete gefahr für die in § 6 a abs. 1 s. 2 nr. 1 bis nr. 5 bjagdg bezeichneten allgemeininteressen. die gegen eine befriedung im kern übereinstimmend erhobenen einwände bezeichnen sämtlich allenfalls ‑ im vorbezeichneten sinn ‑ abstrakte gefahren. 65mit blick auf die bezogen auf die tatbestände des § 6 a abs. 1 s. 2 nr. 1 und 2 bjagdg geäußerte befürchtung, eine befriedung der grundstücke der klägerin werde zu einem noch schnelleren anwachsen der schwarzwildpopulationen führen, gilt dies, weil substantiiert nichts dafür dargetan ist, dass die grundflächen, soweit auf ihnen die jagd nicht ohnehin kraft gesetzes ruht (§§ 6 s. 1 bjagdg, 4 abs. 1 buchst. a) und b) ljg nrw), angesichts der größe der einzelnen grundstücke und / oder aneinander angrenzender flächen, nach ihrem zuschnitt sowie angesichts ihres bewuchses und / oder ihrer konkreten nutzung sowie den sonst insoweit maßgeblichen gegebenheiten vor ort überhaupt als rückzugsraum für schwarzwild in betracht kommt. das diesbezügliche vorbringen ist beschränkt geblieben auf eine bloße behauptung, die zudem offen lässt, warum ein rückzug von schwarzwild auf gerade diese flächen erwarten lassen soll, dass dessen population in nennenswertem umfang in einer weise anwächst, die ohne einen solchen rückzugsraum nicht zu erwarten steht. ebenso wenig erkennbar ist, welche nachteiligen folgen eine schwarzwildpopulation, die sich auf solchen rückzugsflächen etwa vermehrt, auf die an die grundflächen der klägerin angrenzenden grundstücke haben soll und dass und aus welchen gründen sich solche folgen nicht durch adäquate jagdliche maßnahme hinreichend begrenzen lassen. 66aus den vorgenannten gründen ebenfalls nicht rechtserheblich ist der weitere vortrag, eine befriedung erschwere eine effektive bekämpfung der durch schwarzwild übertragenen schweinegrippe im fall ihres ausbruchs. im übrigen stünde selbst eine solche (konkrete) gefahr nach der gesetzlichen systematik des § 6 a bjagdg einer befriedung von grundflächen aus ethischen gründen nicht entgegen. ihr dürfte vielmehr gemäß § 6 a abs. 5 s. 1 bjagdg durch die anordnung einer beschränkten jagdausübung auf den für befriedigt erklärt grundflächen zu begegnen sein, soweit eine solche maßnahme zur vermeidung der gefahr von tierseuchen oder aus gründen der seuchenhygiene erforderlich ist. 67soweit der beklagte ferner geltend macht, eine befriedung werde die zahl der durch wild verursachten verkehrsunfälle ansteigen lassen, ist auch dieses vorbringen ungeeignet, eine rechtserhebliche konkrete gefahr für die öffentliche sicherheit im sinne des § 6 a abs. 1 s. 2 nr. 5 bjagdg zu belegen. abgesehen davon, dass es auch diesbezüglich schon an einem substantiierten vortrag dazu fehlt, warum eine befriedung der ‑ im übrigen nur mit dem flurstück 29 an eine straße angrenzenden und nach dem klagevortrag abgezäunten ‑ grundflächen der klägerin dort zu einem vermehrten schwarzwildaufkommen führen soll, ist dem vorbringen auch nicht zu entnehmen, dass sich ein durch ein vermehrtes auftreten schwarzwild etwa erhöhtes risiko von wildunfällen nicht durch andere maßnahmen, wie etwa eine beschränkung der zulässigen höchstgeschwindigkeit, rechtserheblich mindern lässt. auch hier ist im übrigen darauf zu verweisen, dass nach der vorstellung des gesetzgebers die zuständige behörde zur gewährleistung der sicherheit des verkehrs auf öffentlichen verkehrswegen gemäß § 6 a abs. 5 s. 1 bjagdg eine beschränkte jagdausübung auf den für befriedigt erklärten grundflächen anordnen kann. 68weiterhin rechtfertigt die allgemein geltend gemachte nachhaltige erschwernis einer befriedung der grundflächen für die hege und pflege die hege und pflege des wildes die annahme eines ausschlussgrundes im sinne des § 6 abs. 1 s. 2 bjagdg ebenfalls nicht. solche einschränkungen sind als notwendige folge einer befriedung von grundflächen grundsätzlich hinzunehmen, wenn sie denn ‑ wie hier ‑ keinen der ausschlusstatbestände des § 6 a abs. 1 s. 2 bjagdg erfüllen. zudem ist nach § 6 a abs. 4 s. 7 bjagdg die befriedungsentscheidung unter den vorbehalt des widerrufs zu stellen für den fall, dass ein oder mehrere weitere begründete anträge auf befriedung in demselben jagdbezirken gestellt werden und nicht allen anträgen insgesamt ohne gefährdung der belange nach § 6 a abs. 1 s. 2 bjagdg stattgegeben werden kann. 69die kostenentscheidung ergibt sich aus den §§ 154 abs. 1 und abs. 3, 162 abs. 3 vwgo. die außergerichtlichen kosten der beigeladenen zu 1. und zu 2. waren danach nicht aus gründen der billigkeit für erstattungsfähig zu erklären, da die die beigeladenen keinen sachantrag gestellt und sich damit auch nicht dem risiko ausgesetzt haben, im fall des unterliegens mit prozesskosten belastet zu werden. 70der ausspruch zur vorläufigen vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 167 abs. 2 i. v m. abs. 1 vwgo, 708 nr. 11, 711 zpo. 71beschluss: 72der wert des streitgegenstandes wird auf 5.000,00 euro festgesetzt. 73gründe: 74die streitwertfestsetzung beruht auf § 52 abs. 1 gkg.
Klaeger*in
1
322,632
S 13 KR 88/19
2019-08-20T00:00:00
Urteil
Tenor Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin 12.581,45 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von zwei Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 13.06.2017 zu zahlen. Die Kosten des Verfahrens trägt die Beklagte. Der Streitwert wird auf 12.581,45 EUR festgesetzt. 1Tatbestand: 2Die Beteiligten streiten über die Vergütung für stationäre Krankenhausbehandlung in Höhe von 12.581,45 EUR. Die Klägerin betreibt ein zugelassenes Krankenhaus und dort in der Klinik für Neurologie und Neurolinguistik eine spezielle Aphasiestation. Der bei der Beklagten versicherte am 00.00.0000 geborene T. X. (T.X.) stellte sich am 00.00.0000 mit Sprachstörungen und Verwirrtheit im Krankenhaus F. vor. Die dortige Bildgebung zeigte eine Gehirnblutung links mit Ventrikeleinbruch. Der Patient wurde darauf zur intensivmedizinischen Behandlung und Überwachung in die Neurochirurgische Klinik der Klägerin verlegt und bis zum 06.04.2016 behandelt. Die Anlage einer Ventrikeldrainage bei Gefahr der Entwicklung eines Hydrocephalus war erforderlich. Es erfolgte eine konservative medikamentöse Therapie. Nach intensivmedizinischer Überwachung konnte der Patient am 06.04.2016 zur weiteren Behandlung nach Erkelenz zurück verlegt werden. Dort erhielt er eine neurologische Komplexbehandlung im interdisziplinären Team, bestehend aus Logopädie, Ergo- und Physiotherapie, physikalische Therapie und aktivierender Pflege. Da die Therapie nicht zur Verbesserung der schweren Aphasie führte und weiterhin schwere sensomotorische aphasische (fehlendes Sprachverständnis) und ideomotorisch apraktische (Störung der Ausführung willkürlicher zielgerichteter und geordneter Bewegungen bei intakter motorischer Funktion) Defizite des Patienten mit massiven Auswirkungen bei den Aktivitäten des täglichen Lebens vorlagen, wurde die Indikation für eine Aphasiespezialbehandlung gestellt. Der Patient wurde sodann am 00.00.0000 stationär bei der Klägerin aufgenommen und bis zum 03.06.2016 behandelt. Die für die stationäre Behandlung angefallenen Behandlungskosten der Aphasiespezialbehandlung in Höhe von 12.581,45 EUR stellte die Klägerin der Beklagten am 00.00.0000 in Rechnung. Mit Datensatz vom gleichen Tag teilte die Beklagte mit, dass die Kosten für die medizinisch notwendige Behandlung übernommen würden und eine Überprüfung der Schlussrechnung vorbehalten bleibe. Der Fall wurde am 00.00.0000 vollständig bezahlt. Die Beklagte beauftragte den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) mit der Prüfung des Falles. Dieser kam im Gutachten vom 20.12.2016 zu Ergebnis, dass die Behandlung des beim Patienten vorliegenden Defizits eine Aufnahme begründet habe; jedoch sei keine akutmedizinische Behandlung notwendig gewesen; die Behandlung sei als REHA-Behandlung anzusehen und abzurechnen. Da die Klägerin der Rückerstattungsforderung der Beklagten nicht nachkam, verrechnete die Beklagte mit Schreiben vom 02.06.2017 ihren vermeintlichen Rückforderungsanspruch in Höhe von 12.581,45 EUR mit einer – genau bezeichneten – unstrittigen Vergütungsforderung der Klägerin in Höhe von 16.449,08 EUR aus einer Rechnung vom 26.05.2017; diese resultierte aus der Behandlung einer anderen bei der Beklagten versicherten Patientin – Q. W. (Q.W.) – vom 05.04.2017 bis zum 14.04.2017; die Beklagte zahlte auf diese Rechnung nur 3.867,63 EUR. Am 22.02.2019 hat die Klägerin Klage auf Zahlung der Rest-Vergütung in Höhe von 12.581,45 EUR aus dem Behandlungsfall Q. W. erhoben. Sie ist der Auffassung, die Aufrechnung der Vergütungsforderung aus diesem Behandlungsfall mit dem vermeintlichen Erstattungsanspruch aus dem Behandlungsfall T.X. sei nicht wirksam, der (Rest-)Vergütungsanspruch im Fall Q.W. nicht erloschen. Der aus der Behandlung des T.X. resultierende Vergütungsanspruch sei begründet gewesen; die Beklagte habe ihn durch Zahlung zurecht erfüllt. Zur Begründung hat die Klägerin ausgeführt: "Die Empfehlung zur Durchführung der Aphasiebehandlung bei der Klägerin wurde bereits im Rahmen der akutstationären Behandlung im Krankenhaus Erkelenz gegeben. Aufgrund des jungen Alters des Patienten, des trotz Behandlung persistierenden störungsspezifischen Erkrankungsbildes einer schweren Aphasie und des zum Behandlungszeitpunkts erst kurze Zeit zurückliegenden Schadensereignisses bestand die Indikation zur stationären Aufnahme und Behandlung bei der Klägerin. Bei seiner Aufnahme lag bei dem Patienten eine mittelschwere bis schwere akute flüssige Aphasie vor. Sowohl akute als auch chronische Aphasien können nach der Flüssigkeit der Sprachproduktion eingeteilt werden. Man unterscheidet flüssige von nicht-flüssigen Aphasien. Eine nichtflüssige Aphasie ist nach Huber et al. (1983) durch eine stockende, verlangsamte Sprechgeschwindigkeit mit vielen Unterbrechungen und einer durchschnittlichen Phrasenlänge von weniger als 5 Wörtern definiert. Bei flüssigen Aphasien hingegen ist der Sprachfluss normal, es kommt jedoch häufig zu lautlichen Entstellungen von Wörtern oder zu semantischen Ersetzungen durch andere Wörter, die oftmals keinen direkten Bedeutungszusammenhang mehr zum Kontext erkennen lassen. Zudem ist das Sprachverständnis häufig deutlich gestört, was die Kommunikation erheblich beeinträchtigt. Bei dem Patienten zeigten sich in der Spontansprache Wortfindungsstörungen mit Suchverhalten, phonematischen Paraphasien (lautliche Veränderungen eines Wortes) und semantischen Paraphasien (fehlerhaftes Auftreten eines Wortes) sowie inhaltslosen Redefloskeln. Insgesamt war die Sprachproduktion reduziert und Herr W. äußerte sich nur in geringem Ausmaß. Das Bewusstsein für die aphasische Symptomatik war bei ihm noch nicht gegeben. Es bestand eine Sprachverständnisstörung für komplexere Inhalte. Das mündliche Benennen war schwerer beeinträchtigt als das schriftliche. Aufgrund der akuten Symptomatik wurde zunächst stimulierend und sprachaktivierend mit dem Patienten gearbeitet. Hierbei war der Aufbau des Störungsbewusstseins ein essentieller Therapieschwerpunkt. Im Rahmen der Behandlung verbesserte der Patient schnell seine Störungswahrnehmung und schätzte seine Symptomatik zunehmend richtig ein. Daraufhin konnte zu störungsspezifischen Übungsformen übergegangen werden. Hier lagen die Schwerpunkte in den Therapiebereichen Wortabruf und Textarbeit. Der Patient erhielt im Rahmen der Aphasiebehandlung u. a. durchschnittlich 7,5 Stunden Logopädie pro Woche, sowie 0,4 Stunden Neuropsychologie pro Woche und 1,3 Stunden Kommunikative Gruppentherapien pro Woche. Der Behandlungsumfang betrug somit 9,2 Therapiestunden pro Woche im Bereich Sprache/Kommunikation. Unter dem Einfluss der Intensivtherapie in den Bereichen Wortabruf, Schriftsprache, Sprachverständnis, Störungswahrnehmung und Sprachkontrolle verbesserte sich das Erkrankungsbild des Patienten in allen Bereichen deutlich. Zu Beginn und zum Ende der Behandlung wurden Untersuchungen der Benennleistungen auf Wortebene mittels Wortproduktionsprüfung (WPP) durchgeführt. Hierbei konnten mündlichen Benennen von Worten signifikante Verbesserungen erzielt werden. Tabelle: Wortproduktionsprüfung nach Blanken (WPP. Blanken. 1999) WPP (n = 60 Items) 26.04.2016 31.05.2016 korrekte Items / Gesamtanzahl geprüfter Items (max. n = 60) korrekte Items / Gesamtanzahl geprüfter Items (max, n = 60) Mündliches Benennen von Nomina 39/60 51/60*** Schriftliches Benennen von Nomina 49/60 53/60 *** p(.01, exakter McNemar-Test (signifikante Verbesserung) Der Patient erreichte im Rahmen der 7-wöchigen Therapie sehr gute sprachliche Verbesse¬rungen in den Bereichen Sprachaktivierung, Störungswahrnehmung, Wortabruf und Textarbeit. Der abschließend durchgeführte Aachener Aphasie Test (AAT) zeigte, dass sowohl in der Spontansprache als auch in den Untertests des AAT nur noch leichte bis minimale Einschränkungen vorlagen (vgl. Tabelle Aachener Aphasie Test: überwiegend Prozentränge )90). Die intensive Aphasietherapie führte nachweislich dazu, dass bei Entlassung nur noch eine Restaphasie bestand. Tabelle Aachener Aphasie Test (AAT) Zeitpunkt Spontansprache: Pkte 0-5 KOM ART AUT SEM PHO SYN Untertests: Punktwert/Prozentrang TOKEN NACH SCHR BEN SV 02.06.16 4 5 4 4 5 4 3/95 147/96 86/96 114/98 95/75 TOKEN = Token Test; NACH = Nachsprechen; SCHR - Schriftsprache; BEN = Benennen; SV = Sprachver¬ständnis Der Aachener Aphasie Test (AAT, Huber et al., 1993) ist ein für die deutsche Sprache entwickeltes Verfahren zur Diagnose von Aphasien infolge erworbener Hirnschädigungen, das deutschlandweit ab der 6. Woche nach dem Ereignis eingesetzt wird. Er erfüllt die gängigen psychometrischen Gütekriterien wie Objektivität, Reliabilität, Validität, Normierung und Standardisierung. Bei diesem Verfahren werden alle sprachlichen Ebenen verlässlich überprüft, d.h. es können sprachliche Störungen in der Spontansprache, beim Nachsprechen, beim Benennen, Lesen, Schreiben und im Sprachverständnis identifiziert werden. Es gibt derzeit im deutschsprachigen Raum zum AAT als psychometrisch abgesichertem Test keine vergleichbaren Verfahren. Der AAT ermöglicht nicht nur eine verlässliche Syndrom-Zuordnung (z.B. "Wernicke-Aphasie"), sondern auch eine Verlaufsuntersuchung. Dadurch können u.a. die Effekte einer Therapie durch einen Vergleich der Leistungen vor und nach der logopädischen Behandlung bestimmt werden. Mit der deutschlandweiten Verwendung des AAT gibt es eine Vereinheitlichung der Nomenklatur und Definitionen von aphasischen Syndromen, was die Verständigung zwischen den Beteiligten (Ärzte, Therapeuten, Kostenträger) erleichtert. Der AAT setzt sich aus folgenden Testteilen zusammen: 1. Spontansprache 2. Token Test 3. Nachsprechen 4. Schriftsprache 5. Benennen 6. Sprachverständnis Die Durchführung des Tests wird generell erst ab der 6. Woche nach Ereignis empfohlen, da die aphasische Symptomatik in der Akutphase noch sehr schwankend ist und die Bestimmung eines Syndroms erst danach sinnvoll ist." Die Klägerin meint, sie habe durch die bei ihr durchgeführte Krankenhausbehandlung nachgewiesen, dass die Aphasie als Erkrankung zeitnah nach dem Schadensereignis behandelbar sei. Es handele sich um eine "störungsspezifische Therapie", bei der die Verbesserung der neuropsychologischen Erkrankung durch hochintensive, fachärztlich geleitete logopädische Therapie im Vordergrund stehe. Aufgrund der vorliegenden Behandlungsergebnisse sei nachweisbar, dass durch die durchgeführte Behandlung deutliche Verbesserungen des Erkrankungsbildes hätten erzielt werden können. Die Behandlung erfolgten leitlinienkonform in dem von der von Deutschen Gesellschaft für Neurologie für die Durchführung einer intensiven Intervalltherapie vorgesehenen Therapieumfang von mindestens 5 bis 10 Therapiestunden pro Woche über einen Zeitraum von 7 Wochen vor. Die Klägerin verweist hierzu auf die einschlägige Leitlinien "Rehabilitation aphasischer Störungen nach Schlaganfall" der Deutschen Gesellschaft für Neurologie. Die zu diesem Thema durchgeführte FCET2EC-Studie belege die Wirksamkeit einer stationär-intensiv-logopädischen Behandlung in dem von der Klägerin angewendeten Behandlungsniveau und der durchgeführten Behandlungsintensität. Diese Studie sei eine randomisierte, kontrollierte Interventionsstudie der höchsten Evidenzkategorie ("Class I"- Evidence). Die Therapieintensität im Rahmen der Studie habe 10 Stunden Einzeltherapie pro Woche betragen. Das Konzept der Aphasiestation der Klägerin habe Modell gestanden für das Studiendesign und belege allein die Wirksamkeit einer stationären Behandlung in dem von der Klägerin vorgehaltenen Versorgungsumfang. Eine hinsichtlich der Behandlung des Erkrankungsbildes gleichermaßen wirksame Rehabilitationsmaßnahme sei nicht belegbar. Es gehöre zur Aufgabe der Krankenversicherung, die Gesundheit des Versicherten wiederherzustellen bzw. seinen Gesundheitszustand zu verbessern. Dementsprechend beziehe sich der Therapieansatz der Klägerin auf das Krankheitsbild selbst, also direkt auf die Aphasie und die Verbesserung der neuropsychologischen Erkrankung. Im Gegensatz dazu verfolge die medizinische Rehabilitation das Ziel, eine Behinderung oder Pflegebedürftigkeit abzuwenden, zu beseitigen, zu mindern, auszugleichen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder ihre Folgen zu mildern. Der Schwerpunkt einer rehabilitativen Maßnahme liege in der Behandlung der aus der Erkrankung resultierenden Funktionseinschränkungen gemäß ICF (International Classification of Functioning, Disability and Health). Die Klägerin verweist darauf, dass in zahlreichen Urteilen verschiedener Sozialgerichte bestätigt worden sei, dass es sich bei der Aphasiebehandlung der Klägerin um Krankenhausbehandlung handele. Auch die stationäre Behandlung des Patienten T.X. sei nach Art und Schwere der Erkrankung als Krankenhausbehandlung erforderlich gewesen. Die Klägerin beantragt, 3die Beklagte zu verurteilen, ihr 12.581,45 EUR nebst Zinsen in Höhe von zwei Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 13.06.2017 zu zahlen. 4Die Beklagte beantragt, 5die Klage abzuweisen. 6Sie ist der Auffassung, der Vergütungsanspruch der Klägerin aus der Behandlung der Versicherten Q.W. sei erfüllt. Sie habe ihren Rückforderungsanspruch aus der bereits geleisteten Vergütung der Behandlung des Versicherten T.X. wirksam gegen den Anspruch der Klägerin aus der Behandlung der Q.W. in Höhe der Klageforderung aufgerechnet. Zur Begründung führt sie in Bezug auf die Behandlung des Versicherten T.X. aus: "Der MDK hat im Rahmen der Begutachtung festgestellt, dass der streitgegenständliche stationäre Aufenthalt bereits dem Grunde nach medizinisch nicht notwendig war. Inhaltlich führte MDK aus, dass es sich um keine Krankenhausbehandlung nach § 39 SGB V gehandelt hat, da nicht die Behandlung/Linderung von Krankheiten Anlass für die stationäre Aufnahme und Ziel der Maßnahmen war. Der Versicherte war nach einer Akutphase der ICB in einer Klinik in Erkelenz in das Haus der Klägerin verlegt worden. Die Verlegung erfolgte ausschließlich zur Durchführung einer intensivierten Sprach- und Sprechtherapie auf der Aphasiestation. Es ging also eben nicht um die Heilung von Krankheiten oder die Linderung von Schmerzen bzw. Beschwerden. Vorliegend ging es um die Wiederherstellung verloren gegangener Fähigkeiten (Sprache bzw. Sprechen). Dies ist Teil einer Rehabilitationsbehandlung. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist zwischen einer Krankenhausbehandlung im Sinne von § 39 SGB V und einer Rehabilitationsbehandlung im Sinne von § 40 SGB V wie folgt zu unterscheiden: Nach § 107 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b) und Nr. 2 SGB V dienen Rehabilitationseinrichtungen der stationären Behandlung der Patienten "um eine Krankheit zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern oder im Anschluss an Krankenhausbehandlung den dabei erzielten Behandlungserfolg zu sichern oder zu festigen, auch mit dem Ziel, eine drohende Behinderung oder Pflegebedürftigkeit abzuwenden, zu beseitigen, zu mindern, auszugleichen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder ihre Folgen zu mildern". Es ist zudem erforderlich, dass diese Einrichtungen "fachlich-medizinisch unter ständiger ärztlicher Verantwortung und unter Mitwirkung von besonders geschultem Personal darauf eingerichtet sind, den Gesundheitszustand der Patienten nach einem ärztlichen Behandlungsplan vorwiegend durch Anwendung von Heilmitteln einschließlich Krankengymnastik, Bewegungstherapie, Sprachtherapie oder Arbeits- und Beschäftigungstherapie, ferner durch andere geeignete Hilfen, auch durch geistige und seelische Einwirkungen, zu verbessern und den Patienten bei der Entwicklung eigener Abwehr- und Heilungskräfte zu helfen". Krankenhäuser sind demgegenüber "Einrichtungen, die der Krankenhausbehandlung oder Geburtshilfe dienen, fachlich-medizinisch unter ständiger ärztlicher Leitung stehen, über ausreichende, ihrem Versorgungsauftrag entsprechende diagnostische und therapeutische Möglichkeiten verfügen und nach wissenschaftlich anerkannten Methoden arbeiten und mithilfe von jederzeit verfügbarem ärztlichem, Pflege-, Funktions- und medizinisch-technischem Personal darauf eingerichtet sind, vorwiegend durch ärztliche und pflegerische Hilfeleistung Krankheiten der Patienten zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten, Krankheitsbeschwerden zu lindern oder Geburtshilfe zu leisten [§ 107 Abs. 1 Nr. 1-3 SGB V). Die Rechtsprechung hat u.a. daraus als besondere Mittel des Krankenhauses auf eine apparative Mindestausstattung, ein geschultes Pflegepersonal und eine jederzeit präsenten bzw. Ruf bereiten Arzt geschlossen. Regelmäßig ist eine Gesamtschau unter Berücksichtigung der Verhältnisse des einzelnen Falles erforderlich, die jedoch nur nach objektiven Merkmalen und Kriterien erfolgen kann (vgl. BSG - B 3 KR 14/07 R). Vorliegend ging es nicht um eine akute medizinische Behandlung, welche eine ärztliche Behandlung zum wesentlichen Gegenstand hatte und welche der besonderen Mittel eines Krankenhauses, insbesondere einer jederzeitigen Interventionsbereitschaft eines Arztes, einer jederzeitigen Verfügbarkeit von qualifiziertem Pflegepersonal sowie einer besonderen apparativen Ausstattung bedurfte. Der Versicherte war aus dem Hause der Klägerin am 6.4.2016 zurück in die Klinik nach Erkelenz verlegt worden. Dort erhielt er eine neurologische Komplexbehandlung bestehend aus Logopädie, Ergotherapie, Physiotherapie, physikalische Therapie und aktivierender Pflege. Da die dortige Therapie offenbar nicht zur Verbesserung der schweren Aphasie (Sprachverlust} geführt hatte, erfolgte die gezielte und erneute Aufnahme im Hause der Klägerin zur Verbesserung der Sprachfähigkeit. Es ging hier also um die Wiederherstellung bzw. Verbesserung einer verloren gegangenen Fähigkeit, nämlich der Fähigkeit des Sprechens. Dies ist eine Rehabilitationsmaßnahme, da der Sprachverlust kompensiert werden sollte. Es ging nicht um die ärztliche Behandlung einer akuten Erkrankung durch operative, medikamentöse etc. Maßnahmen. Es ging auch nicht um die Linderung von akuten Beschwerden. Es ging vielmehr um Verbesserung bzw. Beseitigung einer körperlichen Behinderung in Form des Sprachverlustes. Sprachtherapie ist eine Domäne der Logopädie. Diese Behandlung ist nicht im Schwerpunkt ärztlich geleitet, allenfalls gelegentlich ärztlich begleitet. Logopädie findet regelmäßig ambulant statt. Wie der zuvor zitierten höchstrichterlichen Rechtsprechung zu entnehmen ist, hängt die Zuordnung einer Versorgung entweder zum Sektor der Krankenhausbehandlung oder zu dem der stationären Rehabilitation weitgehend von der Intensität der ärztlichen Tätigkeit und den verfolgten Behandlungszielen ab. Da es vorliegend nicht um die Heilung oder Linderung von akuten Beschwerden ging, der Patient die Akutversorgung zuvor bereits im Hause der Klägerin und im einer Klinik in Erkelenz erhalten hatte, diese abgeschlossen war und auch im hier streitgegenständlichen Zeitraum nicht mehr fortgesetzt wurde, handelte es sich nicht um eine Krankenhausbehandlung im Sinne von § 39 SGB V. Die Intensität ärztlicher Tätigkeit stand nicht im Vordergrund, vielmehr trat sie deutlich hinter die Sprachtherapie zurück. Das Behandlungsziel entsprach nicht dem eines Krankenhauses, sondern dem einer Rehabilitationsklinik. Sofern die Klägerin ihr ausführt, aufgrund des jungen Alters des Patienten, des trotz Behandlung persistierenden störungsspezifischen Erkrankungsbildes einer schweren Aphasie und des zum Behandlungszeitpunkts erst kurze Zeit zurückliegenden Schadensereignisses habe die Indikation zur stationären Aufnahme und Behandlung im Hause der Klägerin bestanden, verkennt die Klägerin ganz offensichtlich, dass es für die Abgrenzung zwischen Krankenhausbehandlung und Rehabilitation nicht auf das Alter, nicht auf die persistierende Situation und den zeitlichen Zusammenhang zum Schadensereignis ankommt. Maßgeblich ist allein, mit welchem Ziel die Behandlung stattfand und ob sie dem Grunde nach einer Krankenhausbehandlung und somit im Schwerpunkt einer ärztlichen Behandlung entsprach. Dies war nicht der Fall. Der Aufbau eines Störungsbewusstseins, die Störungswahrnehmung und die störungsspezifischen Übungsformen entsprechend keiner ärztlich geleiteten Behandlung. Wie die Klägerin selbst ausführt bestand die Behandlung aus Logopädie, Neuropsychologie und Therapien im Bereich Wortabruf, Schriftsprache, Sprachverständnis, Störungswahrnehmung und Sprachkontrolle. Dies wird von Therapeuten durchgeführt, welche sämtlich in der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung vorhanden sind. Diese Therapien bedürfen nicht der täglich 24-stündigen ärztlichen Anwesenheit, sie bedürfen nicht einer jederzeitigen Verfügbarkeit von besonders qualifiziertem Pflegepersonal und sie bedürfen auch nicht der besonderen apparativen Ausstattung. Es handelte sich somit nicht um eine Krankenhausbehandlung im Sinne von § 39 SGB V. Folglich bestand keine medizinische Notwendigkeit dieser Krankenhausbehandlung. Rehabilitation findet im Hause der Klägerin nicht statt. Sie ist ein Krankenhaus." 7Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen. 8Entscheidungsgründe: 9Die Klage ist als (echte) Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig. Bei einer auf Zahlung der (Rest-)Vergütung wegen der Behandlung eines Versicherten gerichteten Klage eines Krankenhauses gegen eine Krankenkasse geht es um einen so genannten Parteienstreit im Gleichordnungsverhältnis, in dem eine Regelung durch Verwaltungsakt nicht in Betracht kommt (vgl. BSG, Urteil vom 17.06.2000 – B 3 KR 33/99 R = BSGE 86,166 = SozR 3-2500 § 112 Nr. 1; Urteil vom 23.07.2002 – B 3 KR 64/01 R = SozR 3-2500 § 112 Nr. 3). Ein Vorverfahren war mithin nicht durchzuführen, die Einhaltung einer Klagefrist nicht geboten. Die Klage ist auch begründet. Gegenstand der Klageforderung ist nicht der Vergütungsanspruch der Klägerin aus der Behandlung des Versicherten T.X ... Denn dieser ist durch die Zahlung der Beklagten in vollem Umfang erfüllt. Gegenstand der Klageforderung ist vielmehr der Rest-Anspruch auf Vergütung aufgrund der stationären Behandlung der Versicherter Q.W., aus der die Klägerin – dies ist unstreitig – zunächst Anspruch auf die in Rechnung gestellte Vergütung in voller Höhe hatte. Die Rest-Forderung der Klägerin aus dieser Behandlung ist in Höhe der Klageforderung begründet, da die Beklagte dagegen mit ihrem vermeintlichen Rückforderungsanspruch aus dem Behandlungsfall des Versicherten T.X. nicht wirksam aufgerechnet hat. Die Klägerin hatte der Beklagten aus dieser Behandlung am 25.08.2016 zurecht 12.581,45 EUR in Rechnung gestellt, die die Beklagte auch zurecht bezahlt hat. Die Klägerin hatte Anspruch auf Vergütung der stationären Behandlung des Versicherten T.X., da diese als Krankenhausbehandlung notwendig war. Rechtsgrundlage des geltenden gemachten restlichen Vergütungsanspruchs der Kläge-rin ist § 109 Abs. 4 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) i.V.m. dem aus § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V folgenden Krankenhausbehandlungsanspruch des Versicherten. Die Zahlungsverpflichtung der Krankenkasse entsteht unmittelbar mit der Inanspruchnahme der Leistung durch die Versicherten (BSG, Urteil vom 13.12.2001 - B 3 KR 11/01 R = SozR 3-2500 § 112 Nr. 2; Urteil vom 23.07.2002 - B 3 KR 64/01 R = SozR 3-2500 § 112 Nr. 3). Die näheren Einzelheiten über Aufnahme und Entlassung von Versicherten, Kostenübernahme, Abrechnung der Entgelte sowie die Überprüfung der Notwendigkeit und Dauer der Krankenhausbehandlung ist in den zwischen der Krankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalen einerseits und verschiedenen Krankenkassen sowie Landesverbänden der Krankenkasse andererseits geschlossenen Verträge nach § 112 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGB V geregelt. Es sind dies der Vertrag über allgemeine Bedingungen der Krankenhausbehandlung (KBV) und der Vertrag zur Überprüfung der Notwendigkeit und Dauer der Krankenhausbehandlung (KÜV). Nach Auswertung aller ihr über den Behandlungsfall des Versicherten T.X. bekannt gewordenen Umstände, medizinischen Unterlagen und Stellungnahmen ist die Kammer davon überzeugt, dass die Behandlung auf der Aphasiestation der Klägerin als stationäre Krankenhausbehandlung notwendig war, weil der Versicherte im streitbefangenen Zeitraum krankenhausbehandlungsbedürftig war. Nach § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V haben Versicherte Anspruch auf vollstationäre Behandlung in einem zugelassenen Krankenhaus, wenn die Aufnahme nach Prüfung durch das Krankenhaus erforderlich ist, weil das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann. Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit ist ein Krankheitszustand, dessen Behandlung den Einsatz der besonderen Mittel eines Krankenhauses erforderlich macht. Besondere Mittel des Krankenhauses sind u.a. eine operative Mindestausstattung, geschultes Pflegepersonal und ein jederzeit präsenter oder rufbereiter Arzt. Dabei fordert die Rechtsprechung für die Notwendigkeit einer Krankenhausbehandlung weder den Einsatz aller dieser Mittel noch sieht sie ihn stets als ausreichend an. Es ist vielmehr eine Gesamtbeachtung vorzunehmen, bei der den mit Aussicht auf Erfolg angestrebten Behandlungszielen und den vorhandenen Möglichkeiten einer vorrangigen ambulanten Behandlung entscheidende Bedeutung zukommt (BSG, Urteil vom 16.12.2008 - B 1 KN 3/08 KR R - m.w.N.). Ob eine stationäre Krankenhausbehandlung notwendig ist, richtet sich allein nach den medizinischen Erfordernissen. Zur Beurteilung der Notwendigkeit ist von dem im Behandlungszeitpunkt verfügbaren Wissens- und Kenntnisstand des verantwortlichen Krankenhausarztes auszugehen (BSG/Großer Senat, Beschluss vom 25.09.2007 - GS 1/06). Nach diesen Grundsätzen war die Behandlung des Versicherten T.X. vom 18.04. bis 03.06.2016 als stationäre Krankenhausbehandlung notwendig. Die seit vielen Jahren in der Klinik der Klägerin durchgeführte Aachener Aphasiespezialbehandlung wird als intensive multidisziplinäre Komplexbehandlung durchgeführt und ist als solche in der medizinischen Fachwelt anerkannt. Sie umfasst logopädische Intensivtherapie, physiotherapeutische Behandlung der Grob- und Feinmotorikstörung, physikalische Therapie, neuropsychologische Diagnostik und neuropsychologisches Training am Computer, Dyskalkuliediagnostik sowie ein Training zur Zahlenverarbeitung, Milieutherapie zur Verbesserung der Selbstständigkeit im Alltag, neurologische und internistische Kontrolluntersuchungen sowie kontinuierliche ärztliche Betreuung. Das Behandlungsangebot wird für jeden Patienten individuell angepasst. Die Behandlungsdauer beträgt in der Regel sieben Wochen. Die medizinische Notwendigkeit einer stationären Behandlung auf der Aachener Aphasiestation wird im Einzelfall entweder durch ausführliche neurologische, neuropsychologische und neulinguistische Untersuchungen in der Sprachambulanz vor Ort ermittelt oder durch sorgfältige Evaluation von früheren Befundberichten (vgl. "Die Aachener Aphasiebehandlung: Informationen für Krankenkassen und medizinische Dienste" der Klägerin, Blatt 50 bis 54 der Gerichtsakte, vorgelegt mit der Anlage K6 zur Klageschrift). Nach den Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Neurologie "Rehabilitation aphasischer Störungen nach Schlaganfall" (Stand: 9/2012; Gültigkeit verlängert bis 2017) ist ein wesentlicher Einflussfaktor die Therapieintensität. Studien haben gezeigt, dass eine höhere Therapiefrequenz mit einem größeren positiven Behandlungseffekt einhergeht. Gegebenenfalls ist auch nach mehr als zwölf Monaten nach dem Schlaganfallereignis eine Wiederholung von stationärer Behandlung mit Intensivtherapie (sechs bis acht Wochen mit möglichst täglichen Therapiestunden) notwendig. Aus den ausführlichen Berichten der Klinik für Neurologie – Aphasiestation – der Klägerin, die der Klageschrift beigefügt waren, ergibt sich, das aufgrund der akuten Symptomatik zunächst stimulierend und sprachaktivierend mit dem Patienten gearbeitet wurde. Hierbei war der Aufbau des Störungsbewusstseins ein essentieller Therapieschwerpunkt. Im Rahmen der Behandlung verbesserte der Versicherte T.X. schnell seine Störungswahrnehmung und schätzte seine Symptomatik zunehmend richtig ein. Daraufhin konnte zu störungsspezifischen Übungsformen übergegangen werden. Hier lagen die Schwerpunkte in den Therapiebereichen Wortabruf und Textarbeit. Der Patient erhielt im Rahmen der Aphasiebehandlung u. a. durchschnittlich 7,5 Stunden Logopädie pro Woche, sowie 0,4 Stunden Neuropsychologie pro Woche und 1,3 Stunden Kommunikative Gruppentherapien pro Woche. Der Behandlungsumfang betrug somit 9,2 Therapiestunden pro Woche im Bereich Sprache/Kommunikation. Unter dem Einfluss der Intensivtherapie in den Bereichen Wortabruf, Schriftsprache, Sprachverständnis, Störungswahrnehmung und Sprachkontrolle verbesserte sich das Erkrankungsbild des Patienten in allen Bereichen deutlich. Zu Beginn und zum Ende der Behandlung wurden Untersuchungen der Benennleistungen auf Wortebene mittels Wortproduktionsprüfung (WPP) durchgeführt. Hierbei konnten mündlichen Benennen von Worten signifikante Verbesserungen erzielt werden. Der Patient erreichte im Rahmen der 7-wöchigen Therapie sehr gute sprachliche Verbesserungen in den Bereichen Sprachaktivierung, Störungswahrnehmung, Wortabruf und Textarbeit. Der abschließend durchgeführte Aachener Aphasie Test (AAT) zeigte, dass sowohl in der Spontansprache als auch in den Untertests des AAT nur noch leichte bis minimale Einschränkungen Vorlagen (vgl. Tabelle Aachener Aphasie Test: überwiegend Prozentränge )90). Die intensive Aphasietherapie führte nachweislich dazu, dass bei Entlassung nur noch eine Restaphasie bestand. Die Beklagte hat zutreffend aus der Vorschrift des § 107 SGB V zitiert. Sie verkennt jedoch, dass die Grenzen zwischen Krankenhausbehandlung und Rehabilitation nicht starr ("entweder – oder") verlaufen, sondern fließend sind und ineinander übergehen bzw. sich überschneiden können. Rehabilitationseinrichtungen dienen der stationären Behandlung der Patienten, um u.a. auch "eine Krankheit zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten und Krankheitsbeschwerden zu lindern" (vgl. § 107 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b) SGB V); genau diesem Ziel dient auch stationäre Krankenhausbehandlung. Die Krankenhausbehandlung umfasst andererseits nicht nur die ärztliche Behandlung, Krankenpflege, Versorgung mit Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln, Unterkunft und Verpflegung; vielmehr umfasst die akutstationäre Behandlung "auch die im Einzelfall erforderliche und zum frühestmöglichen Zeitpunkt einsetzenden Leistungen zur Frührehabilitation (§ 39 Abs. 1 Satz 3 SGB V). Unstreitig war die neurologische Komplexbehandlung des Versicherten T.X. vom 06.04.2016 bis zur Verlegung in das Krankenhaus der Klägerin am 18.04.2016, in deren Verlauf er im Krankenhaus Erkelenz im interdisziplinären Team Logopädie, Ergo- und Physiotherapie, physikalische Therapie und aktivierende Pflege erhielt, Krankenhausbehandlung i.S.v. § 39 SGB V. Aber auch die sich anschließende Aphasiespezialbehandlung diente sowohl der Behandlung einer Krankheit – "Aphasie" (ICD-10-Ziffer R47.0 – als auch der Frührehabilitation gem. § 39 Abs. 1 Satz 3, 2. Halbsatz SGB V. Die Verlegung in das Krankenhaus der Klägerin erfolgte nur deshalb, weil die Behandlung im Krankenhaus Erkelenz nicht zur Verbesserung der schweren Aphasie geführt hatte. In dem Umfang und insbesondere in der Intensität, wie die bei dem Versicherten T.X. erforderlichen und zum frühestmöglichen Zeitpunkt einsetzenden Leistungen im Rahmen der "Aachener Aphasiebehandlung" erbracht worden sind, waren sie nur im Krankenhaus der Klägerin möglich und durchführbar. Diese Leistungen hätten in diesem Umfang und dieser Intensität in keinem anderen Krankenhaus und auch in keiner Rehabilitationseinrichtung erbracht werden können. Dies wird auch von der Beklagten nicht bestritten. Jedenfalls hat sie weder zum damaligen Zeitpunkt der Behandlung des Versicherten T.X. noch im Verlauf dieses Verfahrens eine solche Einrichtung benennen können. Dass es sich bei der "Aachener Aphasiebehandlung" um eine Behandlung handelt, die stationär nur in einem Krankenhaus durchgeführt wird und als solche Krankenhausbehandlung i.S.v. § 39 SGB V ist, hat die Kammer bereits durch rechtskräftiges Urteil vom 11.01.2011 (S 13 KR 55/10) festgestellt und ist in der sozialgerichtlichen Rechtsprechung seit vielen Jahren anerkannt (vgl. Sozialgericht [SG] Trier, Urteil vom 09.05.2007 – S 5 KR 10/08; SG Nürnberg, Urteil vom 08.05.2014 – S 7 KR 176/13; SG Aachen, Urteil vom 24.03.2016 – S 15 KR 365/13; SG Detmold, Beschluss vom 27.07.2016 – S 3 KR 558/16 ER). Dies trifft auch für den vorliegenden Fall zu. Der Zinsanspruch ist unter dem Gesichtspunkt des Verzuges begründet. Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 KBV sind Rechnungen innerhalb von 15 Kalendertagen nach Eingang zu begleichen. Die Klägerin hat der Beklagten die Kosten der Krankenhausbehandlung der Versicherten Q.W. in Höhe von 16.449,08 EUR am 26.05.2017 in Rechnung gestellt. Da die Beklagte den (um 12.581,45 EUR gekürzten) Betrag von 3.867,63 EUR am 13.06.2017 gezahlt hat, ist sie jedenfalls seit dem 13.06.2017 mit der Vergütung der Restforderung in Verzug. Daher ist das Zinsbegehren der Klägerin sowohl nach dessen Beginn als auch der Höhe nach (vgl. § 15 KBV) begründet. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. §§ 154 Abs. 1, 161 Abs. 1, 162 Abs. 1 und 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 52 Abs. 1 und 3 Gerichtskostengesetz (GKG).
die beklagte wird verurteilt, der klägerin 12.581,45 eur zuzüglich zinsen in höhe von zwei prozentpunkten über dem jeweiligen basiszinssatz seit dem 13.06.2017 zu zahlen. die kosten des verfahrens trägt die beklagte. der streitwert wird auf 12.581,45 eur festgesetzt. 1
2die beteiligten streiten über die vergütung für stationäre krankenhausbehandlung in höhe von 12.581,45 eur. die klägerin betreibt ein zugelassenes krankenhaus und dort in der klinik für neurologie und neurolinguistik eine spezielle aphasiestation. der bei der beklagten versicherte am 00.00.0000 geborene t. x. (t.x.) stellte sich am 00.00.0000 mit sprachstörungen und verwirrtheit im krankenhaus f. vor. die dortige bildgebung zeigte eine gehirnblutung links mit ventrikeleinbruch. der patient wurde darauf zur intensivmedizinischen behandlung und überwachung in die neurochirurgische klinik der klägerin verlegt und bis zum 06.04.2016 behandelt. die anlage einer ventrikeldrainage bei gefahr der entwicklung eines hydrocephalus war erforderlich. es erfolgte eine konservative medikamentöse therapie. nach intensivmedizinischer überwachung konnte der patient am 06.04.2016 zur weiteren behandlung nach erkelenz zurück verlegt werden. dort erhielt er eine neurologische komplexbehandlung im interdisziplinären team, bestehend aus logopädie, ergo- und physiotherapie, physikalische therapie und aktivierender pflege. da die therapie nicht zur verbesserung der schweren aphasie führte und weiterhin schwere sensomotorische aphasische (fehlendes sprachverständnis) und ideomotorisch apraktische (störung der ausführung willkürlicher zielgerichteter und geordneter bewegungen bei intakter motorischer funktion) defizite des patienten mit massiven auswirkungen bei den aktivitäten des täglichen lebens vorlagen, wurde die indikation für eine aphasiespezialbehandlung gestellt. der patient wurde sodann am 00.00.0000 stationär bei der klägerin aufgenommen und bis zum 03.06.2016 behandelt. die für die stationäre behandlung angefallenen behandlungskosten der aphasiespezialbehandlung in höhe von 12.581,45 eur stellte die klägerin der beklagten am 00.00.0000 in rechnung. mit datensatz vom gleichen tag teilte die beklagte mit, dass die kosten für die medizinisch notwendige behandlung übernommen würden und eine überprüfung der schlussrechnung vorbehalten bleibe. der fall wurde am 00.00.0000 vollständig bezahlt. die beklagte beauftragte den medizinischen dienst der krankenversicherung (mdk) mit der prüfung des falles. dieser kam im gutachten vom 20.12.2016 zu ergebnis, dass die behandlung des beim patienten vorliegenden defizits eine aufnahme begründet habe; jedoch sei keine akutmedizinische behandlung notwendig gewesen; die behandlung sei als reha-behandlung anzusehen und abzurechnen. da die klägerin der rückerstattungsforderung der beklagten nicht nachkam, verrechnete die beklagte mit schreiben vom 02.06.2017 ihren vermeintlichen rückforderungsanspruch in höhe von 12.581,45 eur mit einer – genau bezeichneten – unstrittigen vergütungsforderung der klägerin in höhe von 16.449,08 eur aus einer rechnung vom 26.05.2017; diese resultierte aus der behandlung einer anderen bei der beklagten versicherten patientin – q. w. (q.w.) – vom 05.04.2017 bis zum 14.04.2017; die beklagte zahlte auf diese rechnung nur 3.867,63 eur. am 22.02.2019 hat die klägerin klage auf zahlung der rest-vergütung in höhe von 12.581,45 eur aus dem behandlungsfall q. w. erhoben. sie ist der auffassung, die aufrechnung der vergütungsforderung aus diesem behandlungsfall mit dem vermeintlichen erstattungsanspruch aus dem behandlungsfall t.x. sei nicht wirksam, der (rest-)vergütungsanspruch im fall q.w. nicht erloschen. der aus der behandlung des t.x. resultierende vergütungsanspruch sei begründet gewesen; die beklagte habe ihn durch zahlung zurecht erfüllt. zur begründung hat die klägerin ausgeführt: "die empfehlung zur durchführung der aphasiebehandlung bei der klägerin wurde bereits im rahmen der akutstationären behandlung im krankenhaus erkelenz gegeben. aufgrund des jungen alters des patienten, des trotz behandlung persistierenden störungsspezifischen erkrankungsbildes einer schweren aphasie und des zum behandlungszeitpunkts erst kurze zeit zurückliegenden schadensereignisses bestand die indikation zur stationären aufnahme und behandlung bei der klägerin. bei seiner aufnahme lag bei dem patienten eine mittelschwere bis schwere akute flüssige aphasie vor. sowohl akute als auch chronische aphasien können nach der flüssigkeit der sprachproduktion eingeteilt werden. man unterscheidet flüssige von nicht-flüssigen aphasien. eine nichtflüssige aphasie ist nach huber et al. (1983) durch eine stockende, verlangsamte sprechgeschwindigkeit mit vielen unterbrechungen und einer durchschnittlichen phrasenlänge von weniger als 5 wörtern definiert. bei flüssigen aphasien hingegen ist der sprachfluss normal, es kommt jedoch häufig zu lautlichen entstellungen von wörtern oder zu semantischen ersetzungen durch andere wörter, die oftmals keinen direkten bedeutungszusammenhang mehr zum kontext erkennen lassen. zudem ist das sprachverständnis häufig deutlich gestört, was die kommunikation erheblich beeinträchtigt. bei dem patienten zeigten sich in der spontansprache wortfindungsstörungen mit suchverhalten, phonematischen paraphasien (lautliche veränderungen eines wortes) und semantischen paraphasien (fehlerhaftes auftreten eines wortes) sowie inhaltslosen redefloskeln. insgesamt war die sprachproduktion reduziert und herr w. äußerte sich nur in geringem ausmaß. das bewusstsein für die aphasische symptomatik war bei ihm noch nicht gegeben. es bestand eine sprachverständnisstörung für komplexere inhalte. das mündliche benennen war schwerer beeinträchtigt als das schriftliche. aufgrund der akuten symptomatik wurde zunächst stimulierend und sprachaktivierend mit dem patienten gearbeitet. hierbei war der aufbau des störungsbewusstseins ein essentieller therapieschwerpunkt. im rahmen der behandlung verbesserte der patient schnell seine störungswahrnehmung und schätzte seine symptomatik zunehmend richtig ein. daraufhin konnte zu störungsspezifischen übungsformen übergegangen werden. hier lagen die schwerpunkte in den therapiebereichen wortabruf und textarbeit. der patient erhielt im rahmen der aphasiebehandlung u. a. durchschnittlich 7,5 stunden logopädie pro woche, sowie 0,4 stunden neuropsychologie pro woche und 1,3 stunden kommunikative gruppentherapien pro woche. der behandlungsumfang betrug somit 9,2 therapiestunden pro woche im bereich sprache/kommunikation. unter dem einfluss der intensivtherapie in den bereichen wortabruf, schriftsprache, sprachverständnis, störungswahrnehmung und sprachkontrolle verbesserte sich das erkrankungsbild des patienten in allen bereichen deutlich. zu beginn und zum ende der behandlung wurden untersuchungen der benennleistungen auf wortebene mittels wortproduktionsprüfung (wpp) durchgeführt. hierbei konnten mündlichen benennen von worten signifikante verbesserungen erzielt werden. tabelle: wortproduktionsprüfung nach blanken (wpp. blanken. 1999) wpp (n = 60 items) 26.04.2016 31.05.2016 korrekte items / gesamtanzahl geprüfter items (max. n = 60) korrekte items / gesamtanzahl geprüfter items (max, n = 60) mündliches benennen von nomina 39/60 51/60*** schriftliches benennen von nomina 49/60 53/60 *** p(.01, exakter mcnemar-test (signifikante verbesserung) der patient erreichte im rahmen der 7-wöchigen therapie sehr gute sprachliche verbesse¬rungen in den bereichen sprachaktivierung, störungswahrnehmung, wortabruf und textarbeit. der abschließend durchgeführte aachener aphasie test (aat) zeigte, dass sowohl in der spontansprache als auch in den untertests des aat nur noch leichte bis minimale einschränkungen vorlagen (vgl. tabelle aachener aphasie test: überwiegend prozentränge )90). die intensive aphasietherapie führte nachweislich dazu, dass bei entlassung nur noch eine restaphasie bestand. tabelle aachener aphasie test (aat) zeitpunkt spontansprache: pkte 0-5 kom art aut sem pho syn untertests: punktwert/prozentrang token nach schr ben sv 02.06.16 4 5 4 4 5 4 3/95 147/96 86/96 114/98 95/75 token = token test; nach = nachsprechen; schr - schriftsprache; ben = benennen; sv = sprachver¬ständnis der aachener aphasie test (aat, huber et al., 1993) ist ein für die deutsche sprache entwickeltes verfahren zur diagnose von aphasien infolge erworbener hirnschädigungen, das deutschlandweit ab der 6. woche nach dem ereignis eingesetzt wird. er erfüllt die gängigen psychometrischen gütekriterien wie objektivität, reliabilität, validität, normierung und standardisierung. bei diesem verfahren werden alle sprachlichen ebenen verlässlich überprüft, d.h. es können sprachliche störungen in der spontansprache, beim nachsprechen, beim benennen, lesen, schreiben und im sprachverständnis identifiziert werden. es gibt derzeit im deutschsprachigen raum zum aat als psychometrisch abgesichertem test keine vergleichbaren verfahren. der aat ermöglicht nicht nur eine verlässliche syndrom-zuordnung (z.b. "wernicke-aphasie"), sondern auch eine verlaufsuntersuchung. dadurch können u.a. die effekte einer therapie durch einen vergleich der leistungen vor und nach der logopädischen behandlung bestimmt werden. mit der deutschlandweiten verwendung des aat gibt es eine vereinheitlichung der nomenklatur und definitionen von aphasischen syndromen, was die verständigung zwischen den beteiligten (ärzte, therapeuten, kostenträger) erleichtert. der aat setzt sich aus folgenden testteilen zusammen: 1. spontansprache 2. token test 3. nachsprechen 4. schriftsprache 5. benennen 6. sprachverständnis die durchführung des tests wird generell erst ab der 6. woche nach ereignis empfohlen, da die aphasische symptomatik in der akutphase noch sehr schwankend ist und die bestimmung eines syndroms erst danach sinnvoll ist." die klägerin meint, sie habe durch die bei ihr durchgeführte krankenhausbehandlung nachgewiesen, dass die aphasie als erkrankung zeitnah nach dem schadensereignis behandelbar sei. es handele sich um eine "störungsspezifische therapie", bei der die verbesserung der neuropsychologischen erkrankung durch hochintensive, fachärztlich geleitete logopädische therapie im vordergrund stehe. aufgrund der vorliegenden behandlungsergebnisse sei nachweisbar, dass durch die durchgeführte behandlung deutliche verbesserungen des erkrankungsbildes hätten erzielt werden können. die behandlung erfolgten leitlinienkonform in dem von der von deutschen gesellschaft für neurologie für die durchführung einer intensiven intervalltherapie vorgesehenen therapieumfang von mindestens 5 bis 10 therapiestunden pro woche über einen zeitraum von 7 wochen vor. die klägerin verweist hierzu auf die einschlägige leitlinien "rehabilitation aphasischer störungen nach schlaganfall" der deutschen gesellschaft für neurologie. die zu diesem thema durchgeführte fcet2ec-studie belege die wirksamkeit einer stationär-intensiv-logopädischen behandlung in dem von der klägerin angewendeten behandlungsniveau und der durchgeführten behandlungsintensität. diese studie sei eine randomisierte, kontrollierte interventionsstudie der höchsten evidenzkategorie ("class i"- evidence). die therapieintensität im rahmen der studie habe 10 stunden einzeltherapie pro woche betragen. das konzept der aphasiestation der klägerin habe modell gestanden für das studiendesign und belege allein die wirksamkeit einer stationären behandlung in dem von der klägerin vorgehaltenen versorgungsumfang. eine hinsichtlich der behandlung des erkrankungsbildes gleichermaßen wirksame rehabilitationsmaßnahme sei nicht belegbar. es gehöre zur aufgabe der krankenversicherung, die gesundheit des versicherten wiederherzustellen bzw. seinen gesundheitszustand zu verbessern. dementsprechend beziehe sich der therapieansatz der klägerin auf das krankheitsbild selbst, also direkt auf die aphasie und die verbesserung der neuropsychologischen erkrankung. im gegensatz dazu verfolge die medizinische rehabilitation das ziel, eine behinderung oder pflegebedürftigkeit abzuwenden, zu beseitigen, zu mindern, auszugleichen, ihre verschlimmerung zu verhüten oder ihre folgen zu mildern. der schwerpunkt einer rehabilitativen maßnahme liege in der behandlung der aus der erkrankung resultierenden funktionseinschränkungen gemäß icf (international classification of functioning, disability and health). die klägerin verweist darauf, dass in zahlreichen urteilen verschiedener sozialgerichte bestätigt worden sei, dass es sich bei der aphasiebehandlung der klägerin um krankenhausbehandlung handele. auch die stationäre behandlung des patienten t.x. sei nach art und schwere der erkrankung als krankenhausbehandlung erforderlich gewesen. die klägerin beantragt, 3die beklagte zu verurteilen, ihr 12.581,45 eur nebst zinsen in höhe von zwei prozentpunkten über dem jeweiligen basiszinssatz seit dem 13.06.2017 zu zahlen. 4die beklagte beantragt, 5die klage abzuweisen. 6sie ist der auffassung, der vergütungsanspruch der klägerin aus der behandlung der versicherten q.w. sei erfüllt. sie habe ihren rückforderungsanspruch aus der bereits geleisteten vergütung der behandlung des versicherten t.x. wirksam gegen den anspruch der klägerin aus der behandlung der q.w. in höhe der klageforderung aufgerechnet. zur begründung führt sie in bezug auf die behandlung des versicherten t.x. aus: "der mdk hat im rahmen der begutachtung festgestellt, dass der streitgegenständliche stationäre aufenthalt bereits dem grunde nach medizinisch nicht notwendig war. inhaltlich führte mdk aus, dass es sich um keine krankenhausbehandlung nach § 39 sgb v gehandelt hat, da nicht die behandlung/linderung von krankheiten anlass für die stationäre aufnahme und ziel der maßnahmen war. der versicherte war nach einer akutphase der icb in einer klinik in erkelenz in das haus der klägerin verlegt worden. die verlegung erfolgte ausschließlich zur durchführung einer intensivierten sprach- und sprechtherapie auf der aphasiestation. es ging also eben nicht um die heilung von krankheiten oder die linderung von schmerzen bzw. beschwerden. vorliegend ging es um die wiederherstellung verloren gegangener fähigkeiten (sprache bzw. sprechen). dies ist teil einer rehabilitationsbehandlung. nach der höchstrichterlichen rechtsprechung ist zwischen einer krankenhausbehandlung im sinne von § 39 sgb v und einer rehabilitationsbehandlung im sinne von § 40 sgb v wie folgt zu unterscheiden: nach § 107 abs. 2 nr. 1 buchst. b) und nr. 2 sgb v dienen rehabilitationseinrichtungen der stationären behandlung der patienten "um eine krankheit zu heilen, ihre verschlimmerung zu verhüten oder krankheitsbeschwerden zu lindern oder im anschluss an krankenhausbehandlung den dabei erzielten behandlungserfolg zu sichern oder zu festigen, auch mit dem ziel, eine drohende behinderung oder pflegebedürftigkeit abzuwenden, zu beseitigen, zu mindern, auszugleichen, ihre verschlimmerung zu verhüten oder ihre folgen zu mildern". es ist zudem erforderlich, dass diese einrichtungen "fachlich-medizinisch unter ständiger ärztlicher verantwortung und unter mitwirkung von besonders geschultem personal darauf eingerichtet sind, den gesundheitszustand der patienten nach einem ärztlichen behandlungsplan vorwiegend durch anwendung von heilmitteln einschließlich krankengymnastik, bewegungstherapie, sprachtherapie oder arbeits- und beschäftigungstherapie, ferner durch andere geeignete hilfen, auch durch geistige und seelische einwirkungen, zu verbessern und den patienten bei der entwicklung eigener abwehr- und heilungskräfte zu helfen". krankenhäuser sind demgegenüber "einrichtungen, die der krankenhausbehandlung oder geburtshilfe dienen, fachlich-medizinisch unter ständiger ärztlicher leitung stehen, über ausreichende, ihrem versorgungsauftrag entsprechende diagnostische und therapeutische möglichkeiten verfügen und nach wissenschaftlich anerkannten methoden arbeiten und mithilfe von jederzeit verfügbarem ärztlichem, pflege-, funktions- und medizinisch-technischem personal darauf eingerichtet sind, vorwiegend durch ärztliche und pflegerische hilfeleistung krankheiten der patienten zu erkennen, zu heilen, ihre verschlimmerung zu verhüten, krankheitsbeschwerden zu lindern oder geburtshilfe zu leisten [§ 107 abs. 1 nr. 1-3 sgb v). die rechtsprechung hat u.a. daraus als besondere mittel des krankenhauses auf eine apparative mindestausstattung, ein geschultes pflegepersonal und eine jederzeit präsenten bzw. ruf bereiten arzt geschlossen. regelmäßig ist eine gesamtschau unter berücksichtigung der verhältnisse des einzelnen falles erforderlich, die jedoch nur nach objektiven merkmalen und kriterien erfolgen kann (vgl. bsg - b 3 kr 14/07 r). vorliegend ging es nicht um eine akute medizinische behandlung, welche eine ärztliche behandlung zum wesentlichen gegenstand hatte und welche der besonderen mittel eines krankenhauses, insbesondere einer jederzeitigen interventionsbereitschaft eines arztes, einer jederzeitigen verfügbarkeit von qualifiziertem pflegepersonal sowie einer besonderen apparativen ausstattung bedurfte. der versicherte war aus dem hause der klägerin am 6.4.2016 zurück in die klinik nach erkelenz verlegt worden. dort erhielt er eine neurologische komplexbehandlung bestehend aus logopädie, ergotherapie, physiotherapie, physikalische therapie und aktivierender pflege. da die dortige therapie offenbar nicht zur verbesserung der schweren aphasie (sprachverlust} geführt hatte, erfolgte die gezielte und erneute aufnahme im hause der klägerin zur verbesserung der sprachfähigkeit. es ging hier also um die wiederherstellung bzw. verbesserung einer verloren gegangenen fähigkeit, nämlich der fähigkeit des sprechens. dies ist eine rehabilitationsmaßnahme, da der sprachverlust kompensiert werden sollte. es ging nicht um die ärztliche behandlung einer akuten erkrankung durch operative, medikamentöse etc. maßnahmen. es ging auch nicht um die linderung von akuten beschwerden. es ging vielmehr um verbesserung bzw. beseitigung einer körperlichen behinderung in form des sprachverlustes. sprachtherapie ist eine domäne der logopädie. diese behandlung ist nicht im schwerpunkt ärztlich geleitet, allenfalls gelegentlich ärztlich begleitet. logopädie findet regelmäßig ambulant statt. wie der zuvor zitierten höchstrichterlichen rechtsprechung zu entnehmen ist, hängt die zuordnung einer versorgung entweder zum sektor der krankenhausbehandlung oder zu dem der stationären rehabilitation weitgehend von der intensität der ärztlichen tätigkeit und den verfolgten behandlungszielen ab. da es vorliegend nicht um die heilung oder linderung von akuten beschwerden ging, der patient die akutversorgung zuvor bereits im hause der klägerin und im einer klinik in erkelenz erhalten hatte, diese abgeschlossen war und auch im hier streitgegenständlichen zeitraum nicht mehr fortgesetzt wurde, handelte es sich nicht um eine krankenhausbehandlung im sinne von § 39 sgb v. die intensität ärztlicher tätigkeit stand nicht im vordergrund, vielmehr trat sie deutlich hinter die sprachtherapie zurück. das behandlungsziel entsprach nicht dem eines krankenhauses, sondern dem einer rehabilitationsklinik. sofern die klägerin ihr ausführt, aufgrund des jungen alters des patienten, des trotz behandlung persistierenden störungsspezifischen erkrankungsbildes einer schweren aphasie und des zum behandlungszeitpunkts erst kurze zeit zurückliegenden schadensereignisses habe die indikation zur stationären aufnahme und behandlung im hause der klägerin bestanden, verkennt die klägerin ganz offensichtlich, dass es für die abgrenzung zwischen krankenhausbehandlung und rehabilitation nicht auf das alter, nicht auf die persistierende situation und den zeitlichen zusammenhang zum schadensereignis ankommt. maßgeblich ist allein, mit welchem ziel die behandlung stattfand und ob sie dem grunde nach einer krankenhausbehandlung und somit im schwerpunkt einer ärztlichen behandlung entsprach. dies war nicht der fall. der aufbau eines störungsbewusstseins, die störungswahrnehmung und die störungsspezifischen übungsformen entsprechend keiner ärztlich geleiteten behandlung. wie die klägerin selbst ausführt bestand die behandlung aus logopädie, neuropsychologie und therapien im bereich wortabruf, schriftsprache, sprachverständnis, störungswahrnehmung und sprachkontrolle. dies wird von therapeuten durchgeführt, welche sämtlich in der ambulanten vertragsärztlichen versorgung vorhanden sind. diese therapien bedürfen nicht der täglich 24-stündigen ärztlichen anwesenheit, sie bedürfen nicht einer jederzeitigen verfügbarkeit von besonders qualifiziertem pflegepersonal und sie bedürfen auch nicht der besonderen apparativen ausstattung. es handelte sich somit nicht um eine krankenhausbehandlung im sinne von § 39 sgb v. folglich bestand keine medizinische notwendigkeit dieser krankenhausbehandlung. rehabilitation findet im hause der klägerin nicht statt. sie ist ein krankenhaus." 7wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den inhalt der zwischen den beteiligten gewechselten schriftsätze und den sonstigen inhalt der gerichtsakte sowie der beigezogenen verwaltungsakte der beklagten, die gegenstand der mündlichen verhandlung gewesen sind, bezug genommen. 8
9die klage ist als (echte) leistungsklage nach § 54 abs. 5 sozialgerichtsgesetz (sgg) zulässig. bei einer auf zahlung der (rest-)vergütung wegen der behandlung eines versicherten gerichteten klage eines krankenhauses gegen eine krankenkasse geht es um einen so genannten parteienstreit im gleichordnungsverhältnis, in dem eine regelung durch verwaltungsakt nicht in betracht kommt (vgl. bsg, urteil vom 17.06.2000 – b 3 kr 33/99 r = bsge 86,166 = sozr 3-2500 § 112 nr. 1; urteil vom 23.07.2002 – b 3 kr 64/01 r = sozr 3-2500 § 112 nr. 3). ein vorverfahren war mithin nicht durchzuführen, die einhaltung einer klagefrist nicht geboten. die klage ist auch begründet. gegenstand der klageforderung ist nicht der vergütungsanspruch der klägerin aus der behandlung des versicherten t.x ... denn dieser ist durch die zahlung der beklagten in vollem umfang erfüllt. gegenstand der klageforderung ist vielmehr der rest-anspruch auf vergütung aufgrund der stationären behandlung der versicherter q.w., aus der die klägerin – dies ist unstreitig – zunächst anspruch auf die in rechnung gestellte vergütung in voller höhe hatte. die rest-forderung der klägerin aus dieser behandlung ist in höhe der klageforderung begründet, da die beklagte dagegen mit ihrem vermeintlichen rückforderungsanspruch aus dem behandlungsfall des versicherten t.x. nicht wirksam aufgerechnet hat. die klägerin hatte der beklagten aus dieser behandlung am 25.08.2016 zurecht 12.581,45 eur in rechnung gestellt, die die beklagte auch zurecht bezahlt hat. die klägerin hatte anspruch auf vergütung der stationären behandlung des versicherten t.x., da diese als krankenhausbehandlung notwendig war. rechtsgrundlage des geltenden gemachten restlichen vergütungsanspruchs der kläge-rin ist § 109 abs. 4 fünftes buch sozialgesetzbuch (sgb v) i.v.m. dem aus § 39 abs. 1 satz 2 sgb v folgenden krankenhausbehandlungsanspruch des versicherten. die zahlungsverpflichtung der krankenkasse entsteht unmittelbar mit der inanspruchnahme der leistung durch die versicherten (bsg, urteil vom 13.12.2001 - b 3 kr 11/01 r = sozr 3-2500 § 112 nr. 2; urteil vom 23.07.2002 - b 3 kr 64/01 r = sozr 3-2500 § 112 nr. 3). die näheren einzelheiten über aufnahme und entlassung von versicherten, kostenübernahme, abrechnung der entgelte sowie die überprüfung der notwendigkeit und dauer der krankenhausbehandlung ist in den zwischen der krankenhausgesellschaft nordrhein-westfalen einerseits und verschiedenen krankenkassen sowie landesverbänden der krankenkasse andererseits geschlossenen verträge nach § 112 abs. 2 nr. 1 und 2 sgb v geregelt. es sind dies der vertrag über allgemeine bedingungen der krankenhausbehandlung (kbv) und der vertrag zur überprüfung der notwendigkeit und dauer der krankenhausbehandlung (küv). nach auswertung aller ihr über den behandlungsfall des versicherten t.x. bekannt gewordenen umstände, medizinischen unterlagen und stellungnahmen ist die kammer davon überzeugt, dass die behandlung auf der aphasiestation der klägerin als stationäre krankenhausbehandlung notwendig war, weil der versicherte im streitbefangenen zeitraum krankenhausbehandlungsbedürftig war. nach § 39 abs. 1 satz 2 sgb v haben versicherte anspruch auf vollstationäre behandlung in einem zugelassenen krankenhaus, wenn die aufnahme nach prüfung durch das krankenhaus erforderlich ist, weil das behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor- und nachstationäre oder ambulante behandlung einschließlich häuslicher krankenpflege erreicht werden kann. krankenhausbehandlungsbedürftigkeit ist ein krankheitszustand, dessen behandlung den einsatz der besonderen mittel eines krankenhauses erforderlich macht. besondere mittel des krankenhauses sind u.a. eine operative mindestausstattung, geschultes pflegepersonal und ein jederzeit präsenter oder rufbereiter arzt. dabei fordert die rechtsprechung für die notwendigkeit einer krankenhausbehandlung weder den einsatz aller dieser mittel noch sieht sie ihn stets als ausreichend an. es ist vielmehr eine gesamtbeachtung vorzunehmen, bei der den mit aussicht auf erfolg angestrebten behandlungszielen und den vorhandenen möglichkeiten einer vorrangigen ambulanten behandlung entscheidende bedeutung zukommt (bsg, urteil vom 16.12.2008 - b 1 kn 3/08 kr r - m.w.n.). ob eine stationäre krankenhausbehandlung notwendig ist, richtet sich allein nach den medizinischen erfordernissen. zur beurteilung der notwendigkeit ist von dem im behandlungszeitpunkt verfügbaren wissens- und kenntnisstand des verantwortlichen krankenhausarztes auszugehen (bsg/großer senat, beschluss vom 25.09.2007 - gs 1/06). nach diesen grundsätzen war die behandlung des versicherten t.x. vom 18.04. bis 03.06.2016 als stationäre krankenhausbehandlung notwendig. die seit vielen jahren in der klinik der klägerin durchgeführte aachener aphasiespezialbehandlung wird als intensive multidisziplinäre komplexbehandlung durchgeführt und ist als solche in der medizinischen fachwelt anerkannt. sie umfasst logopädische intensivtherapie, physiotherapeutische behandlung der grob- und feinmotorikstörung, physikalische therapie, neuropsychologische diagnostik und neuropsychologisches training am computer, dyskalkuliediagnostik sowie ein training zur zahlenverarbeitung, milieutherapie zur verbesserung der selbstständigkeit im alltag, neurologische und internistische kontrolluntersuchungen sowie kontinuierliche ärztliche betreuung. das behandlungsangebot wird für jeden patienten individuell angepasst. die behandlungsdauer beträgt in der regel sieben wochen. die medizinische notwendigkeit einer stationären behandlung auf der aachener aphasiestation wird im einzelfall entweder durch ausführliche neurologische, neuropsychologische und neulinguistische untersuchungen in der sprachambulanz vor ort ermittelt oder durch sorgfältige evaluation von früheren befundberichten (vgl. "die aachener aphasiebehandlung: informationen für krankenkassen und medizinische dienste" der klägerin, blatt 50 bis 54 der gerichtsakte, vorgelegt mit der anlage k6 zur klageschrift). nach den leitlinien der deutschen gesellschaft für neurologie "rehabilitation aphasischer störungen nach schlaganfall" (stand: 9/2012; gültigkeit verlängert bis 2017) ist ein wesentlicher einflussfaktor die therapieintensität. studien haben gezeigt, dass eine höhere therapiefrequenz mit einem größeren positiven behandlungseffekt einhergeht. gegebenenfalls ist auch nach mehr als zwölf monaten nach dem schlaganfallereignis eine wiederholung von stationärer behandlung mit intensivtherapie (sechs bis acht wochen mit möglichst täglichen therapiestunden) notwendig. aus den ausführlichen berichten der klinik für neurologie – aphasiestation – der klägerin, die der klageschrift beigefügt waren, ergibt sich, das aufgrund der akuten symptomatik zunächst stimulierend und sprachaktivierend mit dem patienten gearbeitet wurde. hierbei war der aufbau des störungsbewusstseins ein essentieller therapieschwerpunkt. im rahmen der behandlung verbesserte der versicherte t.x. schnell seine störungswahrnehmung und schätzte seine symptomatik zunehmend richtig ein. daraufhin konnte zu störungsspezifischen übungsformen übergegangen werden. hier lagen die schwerpunkte in den therapiebereichen wortabruf und textarbeit. der patient erhielt im rahmen der aphasiebehandlung u. a. durchschnittlich 7,5 stunden logopädie pro woche, sowie 0,4 stunden neuropsychologie pro woche und 1,3 stunden kommunikative gruppentherapien pro woche. der behandlungsumfang betrug somit 9,2 therapiestunden pro woche im bereich sprache/kommunikation. unter dem einfluss der intensivtherapie in den bereichen wortabruf, schriftsprache, sprachverständnis, störungswahrnehmung und sprachkontrolle verbesserte sich das erkrankungsbild des patienten in allen bereichen deutlich. zu beginn und zum ende der behandlung wurden untersuchungen der benennleistungen auf wortebene mittels wortproduktionsprüfung (wpp) durchgeführt. hierbei konnten mündlichen benennen von worten signifikante verbesserungen erzielt werden. der patient erreichte im rahmen der 7-wöchigen therapie sehr gute sprachliche verbesserungen in den bereichen sprachaktivierung, störungswahrnehmung, wortabruf und textarbeit. der abschließend durchgeführte aachener aphasie test (aat) zeigte, dass sowohl in der spontansprache als auch in den untertests des aat nur noch leichte bis minimale einschränkungen vorlagen (vgl. tabelle aachener aphasie test: überwiegend prozentränge )90). die intensive aphasietherapie führte nachweislich dazu, dass bei entlassung nur noch eine restaphasie bestand. die beklagte hat zutreffend aus der vorschrift des § 107 sgb v zitiert. sie verkennt jedoch, dass die grenzen zwischen krankenhausbehandlung und rehabilitation nicht starr ("entweder – oder") verlaufen, sondern fließend sind und ineinander übergehen bzw. sich überschneiden können. rehabilitationseinrichtungen dienen der stationären behandlung der patienten, um u.a. auch "eine krankheit zu heilen, ihre verschlimmerung zu verhüten und krankheitsbeschwerden zu lindern" (vgl. § 107 abs. 2 nr. 1 buchst. b) sgb v); genau diesem ziel dient auch stationäre krankenhausbehandlung. die krankenhausbehandlung umfasst andererseits nicht nur die ärztliche behandlung, krankenpflege, versorgung mit arznei-, heil- und hilfsmitteln, unterkunft und verpflegung; vielmehr umfasst die akutstationäre behandlung "auch die im einzelfall erforderliche und zum frühestmöglichen zeitpunkt einsetzenden leistungen zur frührehabilitation (§ 39 abs. 1 satz 3 sgb v). unstreitig war die neurologische komplexbehandlung des versicherten t.x. vom 06.04.2016 bis zur verlegung in das krankenhaus der klägerin am 18.04.2016, in deren verlauf er im krankenhaus erkelenz im interdisziplinären team logopädie, ergo- und physiotherapie, physikalische therapie und aktivierende pflege erhielt, krankenhausbehandlung i.s.v. § 39 sgb v. aber auch die sich anschließende aphasiespezialbehandlung diente sowohl der behandlung einer krankheit – "aphasie" (icd-10-ziffer r47.0 – als auch der frührehabilitation gem. § 39 abs. 1 satz 3, 2. halbsatz sgb v. die verlegung in das krankenhaus der klägerin erfolgte nur deshalb, weil die behandlung im krankenhaus erkelenz nicht zur verbesserung der schweren aphasie geführt hatte. in dem umfang und insbesondere in der intensität, wie die bei dem versicherten t.x. erforderlichen und zum frühestmöglichen zeitpunkt einsetzenden leistungen im rahmen der "aachener aphasiebehandlung" erbracht worden sind, waren sie nur im krankenhaus der klägerin möglich und durchführbar. diese leistungen hätten in diesem umfang und dieser intensität in keinem anderen krankenhaus und auch in keiner rehabilitationseinrichtung erbracht werden können. dies wird auch von der beklagten nicht bestritten. jedenfalls hat sie weder zum damaligen zeitpunkt der behandlung des versicherten t.x. noch im verlauf dieses verfahrens eine solche einrichtung benennen können. dass es sich bei der "aachener aphasiebehandlung" um eine behandlung handelt, die stationär nur in einem krankenhaus durchgeführt wird und als solche krankenhausbehandlung i.s.v. § 39 sgb v ist, hat die kammer bereits durch rechtskräftiges urteil vom 11.01.2011 (s 13 kr 55/10) festgestellt und ist in der sozialgerichtlichen rechtsprechung seit vielen jahren anerkannt (vgl. sozialgericht [sg] trier, urteil vom 09.05.2007 – s 5 kr 10/08; sg nürnberg, urteil vom 08.05.2014 – s 7 kr 176/13; sg aachen, urteil vom 24.03.2016 – s 15 kr 365/13; sg detmold, beschluss vom 27.07.2016 – s 3 kr 558/16 er). dies trifft auch für den vorliegenden fall zu. der zinsanspruch ist unter dem gesichtspunkt des verzuges begründet. nach § 15 abs. 1 satz 1 kbv sind rechnungen innerhalb von 15 kalendertagen nach eingang zu begleichen. die klägerin hat der beklagten die kosten der krankenhausbehandlung der versicherten q.w. in höhe von 16.449,08 eur am 26.05.2017 in rechnung gestellt. da die beklagte den (um 12.581,45 eur gekürzten) betrag von 3.867,63 eur am 13.06.2017 gezahlt hat, ist sie jedenfalls seit dem 13.06.2017 mit der vergütung der restforderung in verzug. daher ist das zinsbegehren der klägerin sowohl nach dessen beginn als auch der höhe nach (vgl. § 15 kbv) begründet. die kostenentscheidung beruht auf § 197a abs. 1 satz 1 sgg i.v.m. §§ 154 abs. 1, 161 abs. 1, 162 abs. 1 und 2 verwaltungsgerichtsordnung (vwgo). die streitwertfestsetzung beruht auf § 197a abs. 1 satz 1 sgg i.v.m. § 52 abs. 1 und 3 gerichtskostengesetz (gkg).
Klaeger*in
1
323,399
29 K 2845/18
2019-10-21T00:00:00
Urteil
Tenor Die Beklagte wird unter entsprechender Aufhebung des Bescheides vom 1. März 2018 verpflichtet, dem Kläger eine Ablichtung des Vertrages zwischen der Beklagten und der Beigeladenen, der anlässlich der Tour de France 2017 geschlossen worden ist, zu übersenden. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens, mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst trägt. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. 1Tatbestand: 2Der Kläger ist Journalist und begehrt von der beklagten Stadt Düsseldorf die Herausgabe von Informationen über den von der beigeladenen Firma B. in Düsseldorf durchgeführten Grand Départ im Rahmen der Tour de France 2017. 3Mit E-Mail vom 26. Januar 2018 beantragte der Kläger gegenüber der Beklagten, ihm auf Grundlage des Gesetzes über die Freiheit des Zugangs zu Informationen für das Land Nordrhein-Westfalen (im Folgenden: IFG NRW) eine Kopie des Vertrages zwischen ihr und der Beigeladenen, der anlässlich der Tour de France 2017 geschlossen worden ist, zu übersenden. 4Mit Bescheid vom 1. März 2018 lehnte die Beklagte diesen Antrag ab. Zur Begründung gab sie an, dass dem Auskunftsanspruch des Klägers der Ausschlussgrund aus § 8 Satz 1 IFG NRW entgegenstehe. Durch die Übermittlung des Vertrages würde ein Betriebs- und Geschäftsgeheimnis der Beigeladenen offenbart und dieser dadurch ein wirtschaftlicher Schaden entstehen. Der Vertrag unterliege einer strengen Vertraulichkeitsvereinbarung und sei nur einem begrenzten Personenkreis bekannt. Auch habe die Beigeladene einer Veröffentlichung des Vertrages zum Schutz ihrer wirtschaftlichen Interessen widersprochen. Den Fraktionen des Rates der Stadt Düsseldorf sei zwar Einsicht gewährt worden, jedoch nur im Hinblick auf die gemeinderechtliche Verschwiegenheitspflicht. Der Vertrag enthalte weitreichende, individuell mit der Beklagten ausgehandelte Vertragskonditionen, die detailliert beschrieben seien. Daraus ließen sich für andere Vertragspartner Rückschlüsse auf zukünftige Projekte der Beigeladenen im Bereich der Tour de France ziehen. Dies wiederum könne die Position der Beigeladenen in künftigen Verhandlungen mit anderen führenden Großstädten nachhaltig verschlechtern. Eine bloße Schwärzung einzelner Klauseln könne einen solchen Schadenseintritt nicht verhindern. Denn auch aus den nicht geschwärzten Informationen könnten Schlussfolgerungen im Hinblick auf die wirtschaftlichen und strategischen Überlegungen der Beigeladenen gezogen werden. Die Fortdauer der Tour de France hänge jedoch nicht zuletzt von innovativen und wirtschaftlich gut ausgehandelten Verträgen mit den Austragungsorten ab. Ein überwiegendes Interesse der Allgemeinheit an der Gewährung des Informationszugangs im Sinne von § 8 Satz 3 IFG NRW bestehe nicht. Im Übrigen sie die notwendige Öffentlichkeit durch die Beteiligung des Rates der Stadt Düsseldorf und die Offenbarung einer Fülle von Vertragsinhalten in der Pressemitteilung der Beklagten vom 16. Februar 2016 hergestellt worden. 5Gegen diesen Bescheid hat der Kläger am 24. März 2018 die vorliegende Klage erhoben, mit der er sein Auskunftsbegehren weiterverfolgt. Er macht geltend, dass weder das Vorliegen eines schützenswerten Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisses, noch die konkrete Gefahr eines der Beigeladenen drohenden wirtschaftlichen Schadens im Falle der Offenlegung des Vertrages hinreichend dargelegt sei. Die von der Beklagten im gerichtlichen Verfahren vorgelegte Sperrerklärung der Beigeladenen vermöge die Vertraulichkeit des Vertrages nicht zu begründen, zumal die Beigeladene in dieser Erklärung die Geheimhaltung nur verlangt habe, soweit dies gesetzlich möglich sei. Zudem erschließe sich nicht, warum die Schwärzung einzelner Vertragsklauseln nicht möglich sein solle, zumal viele Vertragsdetails bereits in der Presseerklärung vom 16. Februar 2016 verraten worden seien. Ungeachtet dessen bestehe ein überwiegendes Interesse der Allgemeinheit, die Kalkulation in Bezug auf die Durchführung der Tour de France 2017 in Düsseldorf nachvollziehen zu können und zu erfahren, wie es zu einem Finanzierungsdefizit habe kommen können. Etwaige kalkulatorische Fehlgriffe der Beklagten verdienten wegen des Grundsatzes der Haushaltsöffentlichkeit keinen Geheimhaltungsschutz. Das zeige auch der vorgelegte Rechnungsprüfungsbericht, der wesentliche wirtschaftliche Details preisgebe. Schließlich sei nicht klar, welche Ausgestaltungen des in Rede stehenden Vertrages auch nach dessen Abwicklung noch der Geheimhaltung bedürften. 6Der Kläger beantragt, 7die Beklagte unter entsprechender Aufhebung des Bescheides vom 1. März 2018 zu verpflichten, dem Kläger eine Ablichtung des Vertrages zwischen der Beklagten und der Beigeladenen, der anlässlich der Tour de France 2017 geschlossen worden ist, zu übersenden. 8Die Beklagte beantragt, 9die Klage abzuweisen. 10Zur Begründung bezieht sie sich im Wesentlichen auf den streitgegenständlichen Bescheid und trägt ergänzend vor: Der zwischen ihr und der Beigeladenen geschlossene Vertrag enthalte eine Vertraulichkeitsvereinbarung. Für die Darlegung eines drohenden wirtschaftlichen Schadens genüge die Angabe der durch die Offenlegung der begehrten Informationen wahrscheinlich entstehenden Schäden. Liege ein schutzwürdiges Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis vor, sei der Schadenseintritt indiziert. Ein überwiegendes Allgemeininteresse an der Übermittlung der von dem Kläger begehrten Informationen, das insbesondere dann gegeben sei, wenn der Verdacht bestehe, dass mit Steuergeldern und/oder Ämtern Missbrauch betrieben worden sei, liege nicht vor. Die Beklagte gehe so offen wie möglich mit allen finanziellen Aspekten der Tour de France 2017 um. Zum einen habe die Beklagte dem Kläger mit E-Mail vom 23. Januar 2018 umfassende Informationen zu den finanziellen Gesichtspunkten der Tour de France 2017 geliefert. Zum anderen habe das Rechnungsprüfungsamt in nicht-öffentlicher Sitzung des Rechnungsprüfungsausschusses über die finanziellen Aspekte des Grand Départ in Düsseldorf berichtet. Diese seien in der als Video im Internet abrufbaren Ratssitzung vom 14. Juni 2018 umfassend behandelt worden. 11Mit Beschluss der Kammer vom 20. August 2019 ist der Rechtsstreit dem Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen worden. 12Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakten, des beigezogenen Verwaltungsvorgangs der Beklagten sowie die Niederschrift über die mündliche Verhandlung Bezug genommen. 13Entscheidungsgründe: 14Die Klage hat Erfolg. Sie ist zulässig und begründet. 15Die Klage ist zulässig, insbesondere ist sie als Verpflichtungsklage gemäß § 42 Abs. 1, 2. Alt. VwGO statthaft. Denn der Kläger begehrt den Erlass eines begünstigenden Verwaltungsakts in Form einer – der eigentlichen Akteneinsicht vorgelagerten – behördlichen Entscheidung über das Auskunftsbegehren. Das zeigt ein vergleichender Blick auf die bundesgesetzliche Regelung des § 9 Abs. 4 IFG (Bund), wonach gegen die Ablehnung eines Antrags auf Akteneinsicht Widerspruch und Verpflichtungsklage zulässig sind. Diese Rechtsbehelfe wären nicht statthaft, wenn es sich bei der Entscheidung über den Antrag auf Akteneinsicht um einen bloßen Realakt handeln würde, vgl. § 68 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 VwGO. 16Vgl. zur Statthaftigkeit der Verpflichtungsklage: VGH Hessen, Beschluss vom 31. Oktober 2013 - 6 A 1734/13.Z -, juris, Rdn. 9; OVG Sachsen, Urteil vom 6. Dezember 2016 - 4 A 342/14 -, juris, Rdn. 18, m.w.N.; VG Stuttgart, Urteil vom 13. November 2014 - 4 K 5228/13 -, juris, Rdn. 34; VG Arnsberg, Urteil vom 29. November 2007 - 7 K 3982/06 -, juris, Rdn. 23; VG Köln, Urteil vom 22. November 2007 - 13 K 4113/06 -, juris, Rdn. 13, m.w.N. 17Die Klage ist auch begründet. Die Verweigerung der Auskunftserteilung durch Bescheid vom 1. März 2018 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Er hat in dem für die rechtliche Beurteilung maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts einen Anspruch auf Erteilung der mit Antrag vom 26. Januar 2018 begehrten Auskünfte aus § 4 Abs. 1 IFG NRW (§ 113 Abs. 1 und Abs. 5 Satz 1 VwGO). 18Das IFG NRW ist anwendbar, insbesondere wird der Anspruch aus § 4 Abs. 1 IFG NRW vorliegend nicht von dem Informationsrecht der Presse aus § 4 Abs. 1 des Pressegesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (im Folgenden: PresseG NRW) verdrängt. 19Nach § 4 Abs. 2 Satz 1 IFG NRW gehen, soweit besondere Rechtsvorschriften über den Zugang zu amtlichen Informationen, die Auskunftserteilung oder die Gewährung von Akteneinsicht bestehen, diese den Vorschriften des IFG NRW vor. Wie das Tatbestandsmerkmal „soweit“ zeigt, sind nur solche Vorschriften als vorrangig in Betracht zu ziehen, die denselben Sachverhalt abschließend – sei es identisch, sei es abweichend – regeln. Konkurrenzfragen sind in jedem konkreten Regelungszusammenhang durch eine systematische, an Sinn und Zweck des Gesetzes orientierte Auslegung der jeweiligen Informationszugangsrechte zu klären. Wenn spezialgesetzliche Bestimmungen für einen gesonderten Sachbereich oder für bestimmte Personengruppen einen begrenzten Informationsanspruch vorsehen, ist deshalb jeweils zu untersuchen, ob diese Grenzen auch für den Anspruch aus § 4 Abs. 1 IFG NRW bindend sind. Das ist anzunehmen, wenn ein umfassender Informationsanspruch dem Schutzzweck des Spezialgesetzes zuwider liefe. Lässt sich Derartiges nicht feststellen, ist § 4 Abs. 1 IFG NRW anzuwenden. 20OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 31. Januar 2005 - 21 E 1487/04 -, juris, Rdn. 14 ff., m.w.N.; Franßen, in Franßen/Seidel, Das Informationsfreiheitsgesetz Nordrhein-Westfalen, § 4 Rdn. 436 m.w.N. 21Ausgehend davon handelt es sich bei dem Informationsrecht der Presse gemäß § 4 Abs. 1 PresseG NRW nicht um eine den Anspruch aus § 4 Abs. 1 IFG NRW verdrängende, besondere Rechtsvorschrift. Der presserechtliche Auskunftsanspruch bezweckt eine Privilegierung der Presse gegenüber sonstigen Auskunftssuchenden. Er soll der Presse ermöglichen, ihre verfassungsrechtlich garantierte Funktion der Berichterstattung im Interesse einer politischen Willensbildung des Volkes auch über Vorgänge im staatlichen Bereich zu erfüllen. In der freiheitlich-demokratischen Grundordnung soll das Informationsrecht der Presse die Behörden zu einem Verhalten veranlassen, das in Angelegenheiten von öffentlichem Interesse von Offenheit geprägt ist. 22Diesem Regelungszweck entspricht es, Pressevertretern neben dem presserechtlichen Auskunftsanspruch auch weitere gesetzlich vorgesehene Informationsansprüche zu eröffnen, die der demokratischen Willensbildung des Volkes dienen sollen. Das ist bei dem jedermann zustehenden Informationsanspruch nach dem Informationsfreiheitsgesetz der Fall. Seine Einführung beruht darauf, dass die bloße Möglichkeit, sich aus allgemein zugänglichen Quellen zu informieren, nicht mehr als ausreichend angesehen wird, um sich mit hinreichender Sachkenntnis an Entscheidungsprozessen auf Landes- und auf kommunaler Ebene zu beteiligen, 23Entwurf eines Gesetzes über die Freiheit des Zuganges zu Informationen für das Land Nordrhein-Westfalen, LT-Drucks. 13/1311 vom 12. Juni 2011, S. 1. 24Zudem wäre es mit der in Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG gewährleisteten Pressefreiheit nicht vereinbar, einen Informationszugang, der jedem Bürger offen steht, für Journalisten zu versperren. Der Staat ist verpflichtet, in seiner Rechtsordnung überall dort, wo der Geltungsbereich einer Norm die Presse berührt, dem Postulat ihrer Freiheit Rechnung zu tragen. 25Die Pressefreiheit gebietet zwar nicht die Eröffnung einer Informationsquelle. Insoweit reicht die Pressefreiheit nicht weiter als die Informationsfreiheit des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG, die den Zugang zu allgemein zugänglichen Informationsquellen gegen staatliche Beschränkungen sichert. Jedoch umfasst das Grundrecht ein gegen den Staat gerichtetes Recht auf Informationszugang in Fällen, in denen eine im staatlichen Verantwortungsbereich liegende Informationsquelle auf Grund rechtlicher Vorgaben zur öffentlichen Zugänglichkeit bestimmt ist. 26Soweit die öffentliche Zugänglichkeit durch das Informationsfreiheitsgesetz jedem Bürger eröffnet wird, steht demnach der Zugang unter gleichen Bedingungen auch den Vertretern der Presse zu. 27OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 9. Februar 2012 - 5 A 166/10 -, juris, Rdn. 37 ff., m.w.N., VG Minden - 7 K 3873/13 -, juris, Rdn. 49. 28Ist das IFG NRW demnach nicht durch die Vorschriften des PresseG NRW gesperrt, sind die Voraussetzungen des Auskunftsanspruchs aus § 4 Abs. 1 IFG NRW vorliegend erfüllt. 29Nach § 4 Abs. 1 IFG NRW hat jede natürliche Person nach Maßgabe dieses Gesetzes gegenüber den in § 2 genannten Stellen Anspruch auf Zugang zu den bei der Stelle vorhandenen amtlichen Informationen. 30Der Kläger ist eine natürliche Person. 31Die Beklagte ist als Gebietskörperschaft auch eine informationspflichtige Stelle im Sinne des § 2 Abs. 1 IFG NRW. 32Der von dem Kläger begehrte Vertrag betrifft zudem die Verwaltungstätigkeit der Beklagten. Der Begriff der Verwaltungstätigkeit in § 2 Abs. 1 IFG NRW ist weit auszulegen und umfasst die Verwaltung sowohl im formellen als auch im materiellen Sinne. Zweck des Gesetzes ist es nämlich, staatliches Handeln transparent zu machen und durch den freien Zugang zu Informationen nicht nur die Nachvollziehbarkeit, sondern auch die Akzeptanz behördlicher Entscheidungen zu steigern. Dementsprechend beabsichtigte der Gesetzgeber, einen möglichst weiten und umfassenden Informationsanspruch zu schaffen und die Ausschlussgründe eng zu fassen, 33OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 9. Februar 2012 - 5 A 166/10 -, juris, Rdn. 53. 34Demnach fällt unter den Begriff der Verwaltungstätigkeit zunächst die gesamte Tätigkeit der Exekutive, unabhängig davon, ob es sich um eine Tätigkeit materiell verwaltender Art handelt. Entscheidend ist die Einordnung des Handelnden in den Staatsaufbau. Ausgehend davon liegt eine Verwaltungstätigkeit dann vor, wenn eine Stelle aus dem Bereich der Exekutive und nicht der Legislative oder Judikative tätig wird (formeller Behördenbegriff). Darüber hinaus erfasst § 2 Abs. 1 IFG NRW die Verwaltung im materiellen Sinne. Dies ergibt sich aus der Behördendefinition in § 2 Abs. 1 Satz 2 IFG NRW sowie aus § 2 Abs. 4 IFG NRW, der die Anwendbarkeit des Gesetzes auf natürliche und juristische Personen des Privatrechts regelt, sofern sie öffentlich-rechtliche Aufgaben wahrnehmen. Der materielle Verwaltungsbegriff knüpft an die ausgeübte Funktion oder den verfolgten Zweck der Tätigkeit an, unabhängig davon, wer sie ausübt. 35OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 9. Februar 2012 - 5 A 166/10 -, juris, Rdn. 55; Franßen/Seidel, Das Informationsfreiheitsgesetz Nordrhein-Westfalen, § 2 Rdn. 221 f. 36Ausgehend davon sind die Vertragsverhandlungen und -vereinbarungen in Bezug auf die Ausrichtung des Grand Départ der Verwaltungstätigkeit der Beklagten (als Teil der Exekutive) zuzuordnen. 37Bei dem Vertrag zwischen der Beklagten und der Beigeladenen handelt es sich auch um amtliche Informationen im Sinne von § 4 Abs. 1 IFG NRW. Nach § 3 sind Informationen im Sinne des Gesetzes alle in Schrift-, Bild-, Ton- oder Datenverarbeitungsform oder auf sonstigen Informationsträgern vorhandenen Informationen, die im dienstlichen Zusammenhang erlangt wurden. Gemeint sind solche Informationen, die von einer öffentlichen Stelle nicht nur bei Gelegenheit ihrer Verwaltungstätigkeit, sondern gerade in Ausübung ihrer Verwaltungstätigkeit zielgerichtet erlangt wurden und daher einen inhaltlichen Bezug zur Verwaltungstätigkeit aufweisen, 38Franßen/Seidel, Das Informationsfreiheitsgesetz Nordrhein-Westfalen, § 3 Rdn. 355. 39Das ist bei dem hier in Rede stehenden Vertrag über die Durchführung der Tour de France 2017 in Düsseldorf zweifelsohne der Fall. 40Die begehrten Informationen sind ferner bei der Beklagten vorhanden. 41Dem Auskunftsanspruch des Klägers steht schließlich nicht der Ausschlussgrund des § 8 Satz 1 IFG NRW entgegen. 42Nach dieser Vorschrift ist der Antrag auf Informationszugang abzulehnen, soweit durch die Übermittlung der Information ein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis offenbart wird und dadurch ein wirtschaftlicher Schaden entstehen würde. 43Der Begriff des Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisses ist im IFG NRW selbst nicht legaldefiniert, sondern wird von diesem so vorausgesetzt, wie er in der Rechtsprechung entwickelt ist, 44Entwurf eines Gesetzes über die Freiheit des Zuganges zu Informationen für das Land Nordrhein-Westfalen, LT-Drucks. 13/1311 vom 12. Juni 2011, S. 13. 45Daher ist auf Rechtsprechung und Schrifttum zu anderen Vorschriften, die diesen Rechtsbegriff verwenden – insbesondere auf § 2 des Gesetzes zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen – zurückzugreifen. Danach sind Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse (sinngemäß) alle auf ein Unternehmen bezogenen Tatsachen, Umstände und Vorgänge, die nicht offenkundig, sondern nur einem begrenzten Personenkreis zugänglich sind und an deren Nichtverbreitung der Rechtsträger ein berechtigtes wirtschaftliches Interesse hat, 46vgl. OVG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 22. Juni 2005 - 4 LB 30/04 -, juris, Rdn. 50; Fischer, in: Fluck/Fischer/Martini, Informationsfreiheitsrecht, § 6 IFG Bund, Rdn. 37; Seidel, in: Franßen/Seidel, Das Informationsfreiheitsgesetz Nordrhein-Westfalen, § 8 Rdn. 873, m.w.N. 47Ein berechtigtes wirtschaftliches Interesse besteht, wenn die Offenlegung der Information geeignet ist, exklusives technisches oder kaufmännisches Wissen den Marktkonkurrenten zugänglich zu machen und so die Wettbewerbsposition des Unternehmens nachteilig zu beeinflussen. Die Offenlegung der begehrten Informationen muss also die Wettbewerbsposition des betroffenen Unternehmens schwächen und die des Konkurrenten fördern, 48vgl. Fischer, in: Fluck/Fischer/Martini, Informationsfreiheitsrecht, § 6 IFG Bund, Rdn. 57; BVerwG, Urteil vom 24. September 2009 - 7 C 2/09 -, juris, Rdn. 50. 49Das schutzwürdige Interesse bemisst sich danach, ob ein verständiger Unternehmer Informationen der betreffenden Art geheim halten würde. Davon ist insbesondere bei solchen Informationen auszugehen, die den Kernbereich der betrieblichen Informationssphäre betreffen. 50Seidel, in: Franßen/Seidel, Das Informationsfreiheitsgesetz Nordrhein-Westfalen, § 8 Rdn. 878 ff. 51Schutzwürdig sind in erster Linie Umsätze, Ertragslagen, Geschäftsbücher, Kundenlisten, Bezugsquellen, Konditionen, Marktstrategien, Kalkulationsunterlagen etc. Auch konkrete Vertragsgestaltungen können geschützt sein. Weitere Beispiele sind Zeichnungen, Planungsunterlagen und Modelle von technischen Bauten oder Geräten, 52vgl. Fischer, in: Fluck/Fischer/Martini, Informationsfreiheitsrecht, § 6 IFG Bund, Rdn. 40 f.; BVerwG, Beschluss vom 8. Februar 2011 - 20 F 14.10 -, juris, Rdn. 17. 53Der Ausschlusstatbestand des § 8 Satz 1 IFG NRW setzt zusätzlich voraus, dass durch die Offenbarung der in Rede stehenden Informationen ein wirtschaftlicher Schaden droht. Ein Schaden ist jede Einbuße an einem Recht oder Rechtsgut. Wirtschaftlich ist der Schaden, wenn letztlich das Vermögen eine Einbuße erleidet. Im Falle der Offenbarung eines Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisses wird die Einbuße oftmals in der Schwächung der Wettbewerbssituation bestehen, die sich nur mittelbar auswirkt. Liegt ein schutzwürdiges Interesse an der Geheimhaltung vor, folgt daraus in der Regel auch, dass durch die Offenbarung ein Schaden eintreten würde. Die in Anspruch genommene öffentliche Stelle bzw. der betroffene Dritte muss konkret und substantiiert deutlich machen, inwiefern sich dessen Wettbewerbssituation durch die Offenbarung des Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisses nachhaltig verschlechtern würde. 54Vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 18. August 2015 - 15 A 97/13 -, juris, Rdn. 101, und vom 2. Juni 2015 - 15 A 1997/12 -, juris, Rdn. 119. 55Daran fehlt es hier. Es ist nicht hinreichend dargetan, dass im Falle der Herausgabe des Vertrages zwischen der Beklagten und der Beigeladenen, der anlässlich der Tour de France 2017 geschlossen worden ist, schützenswerte Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse offenbart würden. 56Ein schützenswertes Geheimhaltungsinteresse folgt insbesondere nicht aus der vertraglichen Vertraulichkeitsvereinbarung zwischen der Beklagten und der Beigeladenen. Vertragliche Vereinbarungen vermögen als solche den gesetzlichen Auskunftsanspruch aus § 4 Abs. 1 IFG NRW nicht auszuschließen. Das IFG NRW sieht einen derartigen Ausschlusstatbestand nicht vor. Anderenfalls hätten es die in § 2 IFG NRW genannten Stellen in der Hand, den gesetzlich vorgeschriebenen Auskunftsanspruch – über die Ausnahmetatbestände hinaus – willkürlich einzuschränken. Dies stünde in evidentem Widerspruch zum Zweck des IFG NRW, die Transparenz behördlichen Handelns zu erhöhen und sicherzustellen. 57Vgl. in diesem Sinne auch: OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 3. Mai 2010 - 13a F 31/09 -, juris, Rdn. 24; Franßen/Seidel, Das Informationsfreiheitsgesetz Nordrhein-Westfalen, § 8 Rdn. 877, m.w.N. 58Die Beklagte hat im Übrigen nicht hinreichend dargelegt, welche konkreten Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse der Beigeladenen im Falle der Offenlegung des streitgegenständlichen Vertrages betroffen wären. Der pauschale und nicht näher substantiierte Hinweis, der Vertrag enthalte detaillierte Regelungen zur Durchführung der Tour de France, genügt hierfür nicht ansatzweise. Daraus lassen sich keine Rückschlüsse darauf ziehen, welches exklusive technische oder kaufmännische Wissen der Beigeladenen offenbart würde. Auch in der mündlichen Verhandlung hat die Beklagtenvertreterin lediglich einzelne Themenkomplexe des Vertrages aufgezählt, ohne deren Inhalte zu konkretisieren und/oder näher darzulegen, welche Regelungen aus welchen Gründen schutzwürdig sein sollen. 59Ungeachtet dessen ist nicht ersichtlich, warum es der Beklagten nicht möglich sein soll, die Offenbarung etwaiger Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse der Beigeladenen durch entsprechende Schwärzungen zu verhindern. Dies gilt vor allem, da nach Angaben der Beklagten bereits eine Fülle von Vertragsinhalten in der Pressemitteilung vom 16. Februar 2016 veröffentlicht wurden, was darauf schließen lässt, dass – auch aus Sicht der Beklagten – nicht sämtliche Vertragsbestandteile geheimhaltungsbedürftig sein können. 60Ist schon das Vorliegen schützenswerter Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse nicht dargetan, droht im Falle der Übermittlung der begehrten Informationen auch kein wirtschaftlicher Schaden. 61Ein Schaden ist jede Einbuße an einem Recht oder Rechtsgut. Wirtschaftlich ist der Schaden, wenn letztlich das Vermögen eine Einbuße erleidet. Im Falle der Offenbarung eines Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisses wird die Einbuße oftmals in der Schwächung der Wettbewerbssituation bestehen. Die in Anspruch genommene öffentliche Stelle bzw. der betroffene Dritte muss konkret und substantiiert deutlich machen, wie sich dessen Wettbewerbssituation durch die Offenbarung des Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisses nachhaltig verschlechtern wird. 62Vgl. OVG NRW, Urteil vom 18. August 2015 - 15 A 97/13 -, juris, Rdn. 101 und Urteil vom 2. Juni 2015 - 15 A 1997/12 -, juris, Rdn. 119; Franßen/Seidel, Das Informationsfreiheitsgesetz Nordrhein-Westfalen, § 8 Rdn. 878. 63Daran fehlt es hier. Soweit die Beklagte – ohne weitere Substantiierung – angegeben hat, die Position der Beigeladenen könne sich in künftigen Verhandlungen mit anderen führenden Großstädten durch die Offenlegung des streitgegenständlichen Vertrages nachhaltig verschlechtern, geht daraus nicht hinreichend konkret hervor, inwiefern dies der Fall sein sollte. Das gilt insbesondere, da die Beigeladene in Bezug auf die Durchführung der Tour de France augenscheinlich eine faktische Monopolstellung innehat und sich insofern – mangels Konkurrenten – schon in keiner Wettbewerbssituation befindet, 64vgl. dazu: VG Köln, Urteil vom 25. Februar 2016 - 13 K 5017/13 -, juris, Rdn. 34; VG Berlin, Urteil vom 25. April 2006 - 2 A 88.05 -, juris, Rdn. 26; Schoch, IFG, 2. Auflage 2016, § 6 Rdn. 94 m.w.N. 65Selbst wenn dies anders zu beurteilen wäre, bestünde jedenfalls ein überwiegendes Allgemeininteresse im Sinne von § 8 Satz 3 IFG NRW an der Offenlegung des streitgegenständlichen Vertrages. Denn er regelt die Durchführung und Finanzierung des Grand Départ im Rahmen der Tour de France 2017 in Düsseldorf, die kontrovers im Rat der Stadt Düsseldorf diskutiert wurde und erhebliche mediale Aufmerksamkeit erfahren hat. 66Vgl. nur aus der öffentlichen Berichterstattung: Streit um die Finanzierung der Tour de France in Düsseldorf, in: NRZ vom 3.6.2016, abrufbar unter: https://www.nrz.de/staedte/duesseldorf/streit-um-die-finanzierung-tour-de-france-in-duesseldorf-id11881483.html; Rat stimmt erneut gegen Tour-Finanzierung, in: RP vom 7.11.2017, abrufbar unter: https://rp-online.de/nrw/staedte/duesseldorf/duesseldorf-rat-stimmt-erneut-gegen-tour-finanzierung_aid-17760515; Start der Tour de France – Düsseldorf fehlen Sponsoren, in: Deutschlandfunk, abrufbar unter: https://www.deutschlandfunk.de/start-der-tour-de-france-duesseldorf-fehlen-sponsoren.1346.de.html?dram:article_id=346298. 67Zudem liegt der Informationszugang im Hinblick auf die Verwendung öffentlicher Gelder – unabhängig von dem Verdacht des Missbrauchs von Ämtern und/oder Steuergeldern – regelmäßig im Allgemeininteresse, zumal ein etwaiger Missbrauch ohne Kenntnis der maßgeblichen Informationen gar nicht festgestellt werden könnte. 68Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, § 162 Abs. 3 VwGO. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig. Gemäß § 162 Abs. 3 VwGO sind die außergerichtlichen Kosten eines Beigeladenen nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt. In der Regel entspricht es nur dann der Billigkeit, einem Beigeladenen die außergerichtlichen Kosten zu erstatten, wenn dieser erfolgreich Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt oder wenn er das Verfahren in sonstiger Weise gefördert hat. 69Vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 23. Auflage 2017, § 162, Rdn. 23; VG Lüneburg, Beschluss vom 29. Dezember 2004 - 3 A 212/03 -, juris, Rdn. 10; VG Augsburg, Beschluss vom 20. Januar 2011 - Au 3 K 08.1168 -, juris, Rdn. 11 f. 70Daran fehlt es hier. Zwar hat die Beigeladene mit E-Mail vom 3. Oktober 2019 sinngemäß erklärt, dass die streitgegenständlichen vertraglichen Vereinbarungen dem Geschäftsgeheimnis unterlägen und nicht an den Kläger weitergegeben werden könnten. Dies stellt jedoch weder einen Antrag dar, noch wurde das Verfahren durch diese Mitteilung (weiter) gefördert. 71Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO. 72Rechtsmittelbelehrung: 73Gegen dieses Urteil kann innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) schriftlich die Zulassung der Berufung beantragt werden. Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. 74Der Antrag kann auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) eingereicht werden. 75Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. 76Die Berufung ist nur zuzulassen, 771. wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, 782. wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, 793. wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, 804. wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder 815. wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann. 82Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster oder Postfach 6309, 48033 Münster) schriftlich oder als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der ERVV einzureichen. 83Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen. 84Im Berufungs- und Berufungszulassungsverfahren müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die das Verfahren eingeleitet wird. Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Auf die zusätzlichen Vertretungsmöglichkeiten für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und § 5 Nr. 6 des Einführungsgesetzes zum Rechtsdienstleistungsgesetz – RDGEG –). Darüber hinaus sind die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen unter den dort genannten Voraussetzungen als Bevollmächtigte zugelassen. 85Die Antragsschrift und die Zulassungsbegründungsschrift sollen möglichst 3-fach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften. 86Beschluss: 87Der Streitwert wird auf 5.000,-- Euro festgesetzt. 88Gründe: 89Die Festsetzung des Streitwertes ist nach § 52 Abs. 2 GKG erfolgt. 90Rechtsmittelbelehrung: 91Gegen den Streitwertbeschluss kann schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) Beschwerde eingelegt werden, über die das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster entscheidet, falls ihr nicht abgeholfen wird. 92Die Beschwerde kann auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) oder zu Protokoll der Geschäftsstelle eingelegt werden; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. 93Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von sechs Monaten eingelegt wird, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. 94Die Beschwerde ist nicht gegeben, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,-- Euro nicht übersteigt. 95Die Beschwerdeschrift soll möglichst 3-fach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften. 96War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist angerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.
die beklagte wird unter entsprechender aufhebung des bescheides vom 1. märz 2018 verpflichtet, dem kläger eine ablichtung des vertrages zwischen der beklagten und der beigeladenen, der anlässlich der tour de france 2017 geschlossen worden ist, zu übersenden. die beklagte trägt die kosten des verfahrens, mit ausnahme der außergerichtlichen kosten der beigeladenen, die diese selbst trägt. das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. die beklagte darf die vollstreckung durch sicherheitsleistung oder hinterlegung in höhe von 110 % des auf grund des urteils vollstreckbaren betrages abwenden, wenn nicht der kläger vor der vollstreckung sicherheit in höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden betrages leistet. 1
2der kläger ist journalist und begehrt von der beklagten stadt düsseldorf die herausgabe von informationen über den von der beigeladenen firma b. in düsseldorf durchgeführten grand départ im rahmen der tour de france 2017. 3mit e-mail vom 26. januar 2018 beantragte der kläger gegenüber der beklagten, ihm auf grundlage des gesetzes über die freiheit des zugangs zu informationen für das land nordrhein-westfalen (im folgenden: ifg nrw) eine kopie des vertrages zwischen ihr und der beigeladenen, der anlässlich der tour de france 2017 geschlossen worden ist, zu übersenden. 4mit bescheid vom 1. märz 2018 lehnte die beklagte diesen antrag ab. zur begründung gab sie an, dass dem auskunftsanspruch des klägers der ausschlussgrund aus § 8 satz 1 ifg nrw entgegenstehe. durch die übermittlung des vertrages würde ein betriebs- und geschäftsgeheimnis der beigeladenen offenbart und dieser dadurch ein wirtschaftlicher schaden entstehen. der vertrag unterliege einer strengen vertraulichkeitsvereinbarung und sei nur einem begrenzten personenkreis bekannt. auch habe die beigeladene einer veröffentlichung des vertrages zum schutz ihrer wirtschaftlichen interessen widersprochen. den fraktionen des rates der stadt düsseldorf sei zwar einsicht gewährt worden, jedoch nur im hinblick auf die gemeinderechtliche verschwiegenheitspflicht. der vertrag enthalte weitreichende, individuell mit der beklagten ausgehandelte vertragskonditionen, die detailliert beschrieben seien. daraus ließen sich für andere vertragspartner rückschlüsse auf zukünftige projekte der beigeladenen im bereich der tour de france ziehen. dies wiederum könne die position der beigeladenen in künftigen verhandlungen mit anderen führenden großstädten nachhaltig verschlechtern. eine bloße schwärzung einzelner klauseln könne einen solchen schadenseintritt nicht verhindern. denn auch aus den nicht geschwärzten informationen könnten schlussfolgerungen im hinblick auf die wirtschaftlichen und strategischen überlegungen der beigeladenen gezogen werden. die fortdauer der tour de france hänge jedoch nicht zuletzt von innovativen und wirtschaftlich gut ausgehandelten verträgen mit den austragungsorten ab. ein überwiegendes interesse der allgemeinheit an der gewährung des informationszugangs im sinne von § 8 satz 3 ifg nrw bestehe nicht. im übrigen sie die notwendige öffentlichkeit durch die beteiligung des rates der stadt düsseldorf und die offenbarung einer fülle von vertragsinhalten in der pressemitteilung der beklagten vom 16. februar 2016 hergestellt worden. 5gegen diesen bescheid hat der kläger am 24. märz 2018 die vorliegende klage erhoben, mit der er sein auskunftsbegehren weiterverfolgt. er macht geltend, dass weder das vorliegen eines schützenswerten betriebs- oder geschäftsgeheimnisses, noch die konkrete gefahr eines der beigeladenen drohenden wirtschaftlichen schadens im falle der offenlegung des vertrages hinreichend dargelegt sei. die von der beklagten im gerichtlichen verfahren vorgelegte sperrerklärung der beigeladenen vermöge die vertraulichkeit des vertrages nicht zu begründen, zumal die beigeladene in dieser erklärung die geheimhaltung nur verlangt habe, soweit dies gesetzlich möglich sei. zudem erschließe sich nicht, warum die schwärzung einzelner vertragsklauseln nicht möglich sein solle, zumal viele vertragsdetails bereits in der presseerklärung vom 16. februar 2016 verraten worden seien. ungeachtet dessen bestehe ein überwiegendes interesse der allgemeinheit, die kalkulation in bezug auf die durchführung der tour de france 2017 in düsseldorf nachvollziehen zu können und zu erfahren, wie es zu einem finanzierungsdefizit habe kommen können. etwaige kalkulatorische fehlgriffe der beklagten verdienten wegen des grundsatzes der haushaltsöffentlichkeit keinen geheimhaltungsschutz. das zeige auch der vorgelegte rechnungsprüfungsbericht, der wesentliche wirtschaftliche details preisgebe. schließlich sei nicht klar, welche ausgestaltungen des in rede stehenden vertrages auch nach dessen abwicklung noch der geheimhaltung bedürften. 6der kläger beantragt, 7die beklagte unter entsprechender aufhebung des bescheides vom 1. märz 2018 zu verpflichten, dem kläger eine ablichtung des vertrages zwischen der beklagten und der beigeladenen, der anlässlich der tour de france 2017 geschlossen worden ist, zu übersenden. 8die beklagte beantragt, 9die klage abzuweisen. 10zur begründung bezieht sie sich im wesentlichen auf den streitgegenständlichen bescheid und trägt ergänzend vor: der zwischen ihr und der beigeladenen geschlossene vertrag enthalte eine vertraulichkeitsvereinbarung. für die darlegung eines drohenden wirtschaftlichen schadens genüge die angabe der durch die offenlegung der begehrten informationen wahrscheinlich entstehenden schäden. liege ein schutzwürdiges betriebs- oder geschäftsgeheimnis vor, sei der schadenseintritt indiziert. ein überwiegendes allgemeininteresse an der übermittlung der von dem kläger begehrten informationen, das insbesondere dann gegeben sei, wenn der verdacht bestehe, dass mit steuergeldern und/oder ämtern missbrauch betrieben worden sei, liege nicht vor. die beklagte gehe so offen wie möglich mit allen finanziellen aspekten der tour de france 2017 um. zum einen habe die beklagte dem kläger mit e-mail vom 23. januar 2018 umfassende informationen zu den finanziellen gesichtspunkten der tour de france 2017 geliefert. zum anderen habe das rechnungsprüfungsamt in nicht-öffentlicher sitzung des rechnungsprüfungsausschusses über die finanziellen aspekte des grand départ in düsseldorf berichtet. diese seien in der als video im internet abrufbaren ratssitzung vom 14. juni 2018 umfassend behandelt worden. 11mit beschluss der kammer vom 20. august 2019 ist der rechtsstreit dem berichterstatter als einzelrichter zur entscheidung übertragen worden. 12wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird ergänzend auf den inhalt der gerichtsakten, des beigezogenen verwaltungsvorgangs der beklagten sowie die niederschrift über die mündliche verhandlung bezug genommen. 13
14die klage hat erfolg. sie ist zulässig und begründet. 15die klage ist zulässig, insbesondere ist sie als verpflichtungsklage gemäß § 42 abs. 1, 2. alt. vwgo statthaft. denn der kläger begehrt den erlass eines begünstigenden verwaltungsakts in form einer – der eigentlichen akteneinsicht vorgelagerten – behördlichen entscheidung über das auskunftsbegehren. das zeigt ein vergleichender blick auf die bundesgesetzliche regelung des § 9 abs. 4 ifg (bund), wonach gegen die ablehnung eines antrags auf akteneinsicht widerspruch und verpflichtungsklage zulässig sind. diese rechtsbehelfe wären nicht statthaft, wenn es sich bei der entscheidung über den antrag auf akteneinsicht um einen bloßen realakt handeln würde, vgl. § 68 abs. 1 satz 1 und abs. 2 vwgo. 16vgl. zur statthaftigkeit der verpflichtungsklage: vgh hessen, beschluss vom 31. oktober 2013 - 6 a 1734/13.z -, juris, rdn. 9; ovg sachsen, urteil vom 6. dezember 2016 - 4 a 342/14 -, juris, rdn. 18, m.w.n.; vg stuttgart, urteil vom 13. november 2014 - 4 k 5228/13 -, juris, rdn. 34; vg arnsberg, urteil vom 29. november 2007 - 7 k 3982/06 -, juris, rdn. 23; vg köln, urteil vom 22. november 2007 - 13 k 4113/06 -, juris, rdn. 13, m.w.n. 17die klage ist auch begründet. die verweigerung der auskunftserteilung durch bescheid vom 1. märz 2018 ist rechtswidrig und verletzt den kläger in seinen rechten. er hat in dem für die rechtliche beurteilung maßgeblichen zeitpunkt der entscheidung des gerichts einen anspruch auf erteilung der mit antrag vom 26. januar 2018 begehrten auskünfte aus § 4 abs. 1 ifg nrw (§ 113 abs. 1 und abs. 5 satz 1 vwgo). 18das ifg nrw ist anwendbar, insbesondere wird der anspruch aus § 4 abs. 1 ifg nrw vorliegend nicht von dem informationsrecht der presse aus § 4 abs. 1 des pressegesetzes für das land nordrhein-westfalen (im folgenden: presseg nrw) verdrängt. 19nach § 4 abs. 2 satz 1 ifg nrw gehen, soweit besondere rechtsvorschriften über den zugang zu amtlichen informationen, die auskunftserteilung oder die gewährung von akteneinsicht bestehen, diese den vorschriften des ifg nrw vor. wie das tatbestandsmerkmal „soweit“ zeigt, sind nur solche vorschriften als vorrangig in betracht zu ziehen, die denselben sachverhalt abschließend – sei es identisch, sei es abweichend – regeln. konkurrenzfragen sind in jedem konkreten regelungszusammenhang durch eine systematische, an sinn und zweck des gesetzes orientierte auslegung der jeweiligen informationszugangsrechte zu klären. wenn spezialgesetzliche bestimmungen für einen gesonderten sachbereich oder für bestimmte personengruppen einen begrenzten informationsanspruch vorsehen, ist deshalb jeweils zu untersuchen, ob diese grenzen auch für den anspruch aus § 4 abs. 1 ifg nrw bindend sind. das ist anzunehmen, wenn ein umfassender informationsanspruch dem schutzzweck des spezialgesetzes zuwider liefe. lässt sich derartiges nicht feststellen, ist § 4 abs. 1 ifg nrw anzuwenden. 20ovg nordrhein-westfalen, beschluss vom 31. januar 2005 - 21 e 1487/04 -, juris, rdn. 14 ff., m.w.n.; franßen, in franßen/seidel, das informationsfreiheitsgesetz nordrhein-westfalen, § 4 rdn. 436 m.w.n. 21ausgehend davon handelt es sich bei dem informationsrecht der presse gemäß § 4 abs. 1 presseg nrw nicht um eine den anspruch aus § 4 abs. 1 ifg nrw verdrängende, besondere rechtsvorschrift. der presserechtliche auskunftsanspruch bezweckt eine privilegierung der presse gegenüber sonstigen auskunftssuchenden. er soll der presse ermöglichen, ihre verfassungsrechtlich garantierte funktion der berichterstattung im interesse einer politischen willensbildung des volkes auch über vorgänge im staatlichen bereich zu erfüllen. in der freiheitlich-demokratischen grundordnung soll das informationsrecht der presse die behörden zu einem verhalten veranlassen, das in angelegenheiten von öffentlichem interesse von offenheit geprägt ist. 22diesem regelungszweck entspricht es, pressevertretern neben dem presserechtlichen auskunftsanspruch auch weitere gesetzlich vorgesehene informationsansprüche zu eröffnen, die der demokratischen willensbildung des volkes dienen sollen. das ist bei dem jedermann zustehenden informationsanspruch nach dem informationsfreiheitsgesetz der fall. seine einführung beruht darauf, dass die bloße möglichkeit, sich aus allgemein zugänglichen quellen zu informieren, nicht mehr als ausreichend angesehen wird, um sich mit hinreichender sachkenntnis an entscheidungsprozessen auf landes- und auf kommunaler ebene zu beteiligen, 23entwurf eines gesetzes über die freiheit des zuganges zu informationen für das land nordrhein-westfalen, lt-drucks. 13/1311 vom 12. juni 2011, s. 1. 24zudem wäre es mit der in art. 5 abs. 1 satz 2 gg gewährleisteten pressefreiheit nicht vereinbar, einen informationszugang, der jedem bürger offen steht, für journalisten zu versperren. der staat ist verpflichtet, in seiner rechtsordnung überall dort, wo der geltungsbereich einer norm die presse berührt, dem postulat ihrer freiheit rechnung zu tragen. 25die pressefreiheit gebietet zwar nicht die eröffnung einer informationsquelle. insoweit reicht die pressefreiheit nicht weiter als die informationsfreiheit des art. 5 abs. 1 satz 1 gg, die den zugang zu allgemein zugänglichen informationsquellen gegen staatliche beschränkungen sichert. jedoch umfasst das grundrecht ein gegen den staat gerichtetes recht auf informationszugang in fällen, in denen eine im staatlichen verantwortungsbereich liegende informationsquelle auf grund rechtlicher vorgaben zur öffentlichen zugänglichkeit bestimmt ist. 26soweit die öffentliche zugänglichkeit durch das informationsfreiheitsgesetz jedem bürger eröffnet wird, steht demnach der zugang unter gleichen bedingungen auch den vertretern der presse zu. 27ovg nordrhein-westfalen, urteil vom 9. februar 2012 - 5 a 166/10 -, juris, rdn. 37 ff., m.w.n., vg minden - 7 k 3873/13 -, juris, rdn. 49. 28ist das ifg nrw demnach nicht durch die vorschriften des presseg nrw gesperrt, sind die voraussetzungen des auskunftsanspruchs aus § 4 abs. 1 ifg nrw vorliegend erfüllt. 29nach § 4 abs. 1 ifg nrw hat jede natürliche person nach maßgabe dieses gesetzes gegenüber den in § 2 genannten stellen anspruch auf zugang zu den bei der stelle vorhandenen amtlichen informationen. 30der kläger ist eine natürliche person. 31die beklagte ist als gebietskörperschaft auch eine informationspflichtige stelle im sinne des § 2 abs. 1 ifg nrw. 32der von dem kläger begehrte vertrag betrifft zudem die verwaltungstätigkeit der beklagten. der begriff der verwaltungstätigkeit in § 2 abs. 1 ifg nrw ist weit auszulegen und umfasst die verwaltung sowohl im formellen als auch im materiellen sinne. zweck des gesetzes ist es nämlich, staatliches handeln transparent zu machen und durch den freien zugang zu informationen nicht nur die nachvollziehbarkeit, sondern auch die akzeptanz behördlicher entscheidungen zu steigern. dementsprechend beabsichtigte der gesetzgeber, einen möglichst weiten und umfassenden informationsanspruch zu schaffen und die ausschlussgründe eng zu fassen, 33ovg nordrhein-westfalen, urteil vom 9. februar 2012 - 5 a 166/10 -, juris, rdn. 53. 34demnach fällt unter den begriff der verwaltungstätigkeit zunächst die gesamte tätigkeit der exekutive, unabhängig davon, ob es sich um eine tätigkeit materiell verwaltender art handelt. entscheidend ist die einordnung des handelnden in den staatsaufbau. ausgehend davon liegt eine verwaltungstätigkeit dann vor, wenn eine stelle aus dem bereich der exekutive und nicht der legislative oder judikative tätig wird (formeller behördenbegriff). darüber hinaus erfasst § 2 abs. 1 ifg nrw die verwaltung im materiellen sinne. dies ergibt sich aus der behördendefinition in § 2 abs. 1 satz 2 ifg nrw sowie aus § 2 abs. 4 ifg nrw, der die anwendbarkeit des gesetzes auf natürliche und juristische personen des privatrechts regelt, sofern sie öffentlich-rechtliche aufgaben wahrnehmen. der materielle verwaltungsbegriff knüpft an die ausgeübte funktion oder den verfolgten zweck der tätigkeit an, unabhängig davon, wer sie ausübt. 35ovg nordrhein-westfalen, urteil vom 9. februar 2012 - 5 a 166/10 -, juris, rdn. 55; franßen/seidel, das informationsfreiheitsgesetz nordrhein-westfalen, § 2 rdn. 221 f. 36ausgehend davon sind die vertragsverhandlungen und -vereinbarungen in bezug auf die ausrichtung des grand départ der verwaltungstätigkeit der beklagten (als teil der exekutive) zuzuordnen. 37bei dem vertrag zwischen der beklagten und der beigeladenen handelt es sich auch um amtliche informationen im sinne von § 4 abs. 1 ifg nrw. nach § 3 sind informationen im sinne des gesetzes alle in schrift-, bild-, ton- oder datenverarbeitungsform oder auf sonstigen informationsträgern vorhandenen informationen, die im dienstlichen zusammenhang erlangt wurden. gemeint sind solche informationen, die von einer öffentlichen stelle nicht nur bei gelegenheit ihrer verwaltungstätigkeit, sondern gerade in ausübung ihrer verwaltungstätigkeit zielgerichtet erlangt wurden und daher einen inhaltlichen bezug zur verwaltungstätigkeit aufweisen, 38franßen/seidel, das informationsfreiheitsgesetz nordrhein-westfalen, § 3 rdn. 355. 39das ist bei dem hier in rede stehenden vertrag über die durchführung der tour de france 2017 in düsseldorf zweifelsohne der fall. 40die begehrten informationen sind ferner bei der beklagten vorhanden. 41dem auskunftsanspruch des klägers steht schließlich nicht der ausschlussgrund des § 8 satz 1 ifg nrw entgegen. 42nach dieser vorschrift ist der antrag auf informationszugang abzulehnen, soweit durch die übermittlung der information ein betriebs- oder geschäftsgeheimnis offenbart wird und dadurch ein wirtschaftlicher schaden entstehen würde. 43der begriff des betriebs- oder geschäftsgeheimnisses ist im ifg nrw selbst nicht legaldefiniert, sondern wird von diesem so vorausgesetzt, wie er in der rechtsprechung entwickelt ist, 44entwurf eines gesetzes über die freiheit des zuganges zu informationen für das land nordrhein-westfalen, lt-drucks. 13/1311 vom 12. juni 2011, s. 13. 45daher ist auf rechtsprechung und schrifttum zu anderen vorschriften, die diesen rechtsbegriff verwenden – insbesondere auf § 2 des gesetzes zum schutz von geschäftsgeheimnissen – zurückzugreifen. danach sind betriebs- und geschäftsgeheimnisse (sinngemäß) alle auf ein unternehmen bezogenen tatsachen, umstände und vorgänge, die nicht offenkundig, sondern nur einem begrenzten personenkreis zugänglich sind und an deren nichtverbreitung der rechtsträger ein berechtigtes wirtschaftliches interesse hat, 46vgl. ovg schleswig-holstein, beschluss vom 22. juni 2005 - 4 lb 30/04 -, juris, rdn. 50; fischer, in: fluck/fischer/martini, informationsfreiheitsrecht, § 6 ifg bund, rdn. 37; seidel, in: franßen/seidel, das informationsfreiheitsgesetz nordrhein-westfalen, § 8 rdn. 873, m.w.n. 47ein berechtigtes wirtschaftliches interesse besteht, wenn die offenlegung der information geeignet ist, exklusives technisches oder kaufmännisches wissen den marktkonkurrenten zugänglich zu machen und so die wettbewerbsposition des unternehmens nachteilig zu beeinflussen. die offenlegung der begehrten informationen muss also die wettbewerbsposition des betroffenen unternehmens schwächen und die des konkurrenten fördern, 48vgl. fischer, in: fluck/fischer/martini, informationsfreiheitsrecht, § 6 ifg bund, rdn. 57; bverwg, urteil vom 24. september 2009 - 7 c 2/09 -, juris, rdn. 50. 49das schutzwürdige interesse bemisst sich danach, ob ein verständiger unternehmer informationen der betreffenden art geheim halten würde. davon ist insbesondere bei solchen informationen auszugehen, die den kernbereich der betrieblichen informationssphäre betreffen. 50seidel, in: franßen/seidel, das informationsfreiheitsgesetz nordrhein-westfalen, § 8 rdn. 878 ff. 51schutzwürdig sind in erster linie umsätze, ertragslagen, geschäftsbücher, kundenlisten, bezugsquellen, konditionen, marktstrategien, kalkulationsunterlagen etc. auch konkrete vertragsgestaltungen können geschützt sein. weitere beispiele sind zeichnungen, planungsunterlagen und modelle von technischen bauten oder geräten, 52vgl. fischer, in: fluck/fischer/martini, informationsfreiheitsrecht, § 6 ifg bund, rdn. 40 f.; bverwg, beschluss vom 8. februar 2011 - 20 f 14.10 -, juris, rdn. 17. 53der ausschlusstatbestand des § 8 satz 1 ifg nrw setzt zusätzlich voraus, dass durch die offenbarung der in rede stehenden informationen ein wirtschaftlicher schaden droht. ein schaden ist jede einbuße an einem recht oder rechtsgut. wirtschaftlich ist der schaden, wenn letztlich das vermögen eine einbuße erleidet. im falle der offenbarung eines betriebs- oder geschäftsgeheimnisses wird die einbuße oftmals in der schwächung der wettbewerbssituation bestehen, die sich nur mittelbar auswirkt. liegt ein schutzwürdiges interesse an der geheimhaltung vor, folgt daraus in der regel auch, dass durch die offenbarung ein schaden eintreten würde. die in anspruch genommene öffentliche stelle bzw. der betroffene dritte muss konkret und substantiiert deutlich machen, inwiefern sich dessen wettbewerbssituation durch die offenbarung des betriebs- oder geschäftsgeheimnisses nachhaltig verschlechtern würde. 54vgl. ovg nordrhein-westfalen, urteil vom 18. august 2015 - 15 a 97/13 -, juris, rdn. 101, und vom 2. juni 2015 - 15 a 1997/12 -, juris, rdn. 119. 55daran fehlt es hier. es ist nicht hinreichend dargetan, dass im falle der herausgabe des vertrages zwischen der beklagten und der beigeladenen, der anlässlich der tour de france 2017 geschlossen worden ist, schützenswerte betriebs- oder geschäftsgeheimnisse offenbart würden. 56ein schützenswertes geheimhaltungsinteresse folgt insbesondere nicht aus der vertraglichen vertraulichkeitsvereinbarung zwischen der beklagten und der beigeladenen. vertragliche vereinbarungen vermögen als solche den gesetzlichen auskunftsanspruch aus § 4 abs. 1 ifg nrw nicht auszuschließen. das ifg nrw sieht einen derartigen ausschlusstatbestand nicht vor. anderenfalls hätten es die in § 2 ifg nrw genannten stellen in der hand, den gesetzlich vorgeschriebenen auskunftsanspruch – über die ausnahmetatbestände hinaus – willkürlich einzuschränken. dies stünde in evidentem widerspruch zum zweck des ifg nrw, die transparenz behördlichen handelns zu erhöhen und sicherzustellen. 57vgl. in diesem sinne auch: ovg nordrhein-westfalen, beschluss vom 3. mai 2010 - 13a f 31/09 -, juris, rdn. 24; franßen/seidel, das informationsfreiheitsgesetz nordrhein-westfalen, § 8 rdn. 877, m.w.n. 58die beklagte hat im übrigen nicht hinreichend dargelegt, welche konkreten betriebs- oder geschäftsgeheimnisse der beigeladenen im falle der offenlegung des streitgegenständlichen vertrages betroffen wären. der pauschale und nicht näher substantiierte hinweis, der vertrag enthalte detaillierte regelungen zur durchführung der tour de france, genügt hierfür nicht ansatzweise. daraus lassen sich keine rückschlüsse darauf ziehen, welches exklusive technische oder kaufmännische wissen der beigeladenen offenbart würde. auch in der mündlichen verhandlung hat die beklagtenvertreterin lediglich einzelne themenkomplexe des vertrages aufgezählt, ohne deren inhalte zu konkretisieren und/oder näher darzulegen, welche regelungen aus welchen gründen schutzwürdig sein sollen. 59ungeachtet dessen ist nicht ersichtlich, warum es der beklagten nicht möglich sein soll, die offenbarung etwaiger betriebs- oder geschäftsgeheimnisse der beigeladenen durch entsprechende schwärzungen zu verhindern. dies gilt vor allem, da nach angaben der beklagten bereits eine fülle von vertragsinhalten in der pressemitteilung vom 16. februar 2016 veröffentlicht wurden, was darauf schließen lässt, dass – auch aus sicht der beklagten – nicht sämtliche vertragsbestandteile geheimhaltungsbedürftig sein können. 60ist schon das vorliegen schützenswerter betriebs- oder geschäftsgeheimnisse nicht dargetan, droht im falle der übermittlung der begehrten informationen auch kein wirtschaftlicher schaden. 61ein schaden ist jede einbuße an einem recht oder rechtsgut. wirtschaftlich ist der schaden, wenn letztlich das vermögen eine einbuße erleidet. im falle der offenbarung eines betriebs- oder geschäftsgeheimnisses wird die einbuße oftmals in der schwächung der wettbewerbssituation bestehen. die in anspruch genommene öffentliche stelle bzw. der betroffene dritte muss konkret und substantiiert deutlich machen, wie sich dessen wettbewerbssituation durch die offenbarung des betriebs- oder geschäftsgeheimnisses nachhaltig verschlechtern wird. 62vgl. ovg nrw, urteil vom 18. august 2015 - 15 a 97/13 -, juris, rdn. 101 und urteil vom 2. juni 2015 - 15 a 1997/12 -, juris, rdn. 119; franßen/seidel, das informationsfreiheitsgesetz nordrhein-westfalen, § 8 rdn. 878. 63daran fehlt es hier. soweit die beklagte – ohne weitere substantiierung – angegeben hat, die position der beigeladenen könne sich in künftigen verhandlungen mit anderen führenden großstädten durch die offenlegung des streitgegenständlichen vertrages nachhaltig verschlechtern, geht daraus nicht hinreichend konkret hervor, inwiefern dies der fall sein sollte. das gilt insbesondere, da die beigeladene in bezug auf die durchführung der tour de france augenscheinlich eine faktische monopolstellung innehat und sich insofern – mangels konkurrenten – schon in keiner wettbewerbssituation befindet, 64vgl. dazu: vg köln, urteil vom 25. februar 2016 - 13 k 5017/13 -, juris, rdn. 34; vg berlin, urteil vom 25. april 2006 - 2 a 88.05 -, juris, rdn. 26; schoch, ifg, 2. auflage 2016, § 6 rdn. 94 m.w.n. 65selbst wenn dies anders zu beurteilen wäre, bestünde jedenfalls ein überwiegendes allgemeininteresse im sinne von § 8 satz 3 ifg nrw an der offenlegung des streitgegenständlichen vertrages. denn er regelt die durchführung und finanzierung des grand départ im rahmen der tour de france 2017 in düsseldorf, die kontrovers im rat der stadt düsseldorf diskutiert wurde und erhebliche mediale aufmerksamkeit erfahren hat. 66vgl. nur aus der öffentlichen berichterstattung: streit um die finanzierung der tour de france in düsseldorf, in: nrz vom 3.6.2016, abrufbar unter: https://www.nrz.de/staedte/duesseldorf/streit-um-die-finanzierung-tour-de-france-in-duesseldorf-id11881483.html; rat stimmt erneut gegen tour-finanzierung, in: rp vom 7.11.2017, abrufbar unter: https://rp-online.de/nrw/staedte/duesseldorf/duesseldorf-rat-stimmt-erneut-gegen-tour-finanzierung_aid-17760515; start der tour de france – düsseldorf fehlen sponsoren, in: deutschlandfunk, abrufbar unter: https://www.deutschlandfunk.de/start-der-tour-de-france-duesseldorf-fehlen-sponsoren.1346.de.html?dram:article_id=346298. 67zudem liegt der informationszugang im hinblick auf die verwendung öffentlicher gelder – unabhängig von dem verdacht des missbrauchs von ämtern und/oder steuergeldern – regelmäßig im allgemeininteresse, zumal ein etwaiger missbrauch ohne kenntnis der maßgeblichen informationen gar nicht festgestellt werden könnte. 68die kostenentscheidung beruht auf § 154 abs. 1, § 162 abs. 3 vwgo. die außergerichtlichen kosten der beigeladenen sind nicht erstattungsfähig. gemäß § 162 abs. 3 vwgo sind die außergerichtlichen kosten eines beigeladenen nur erstattungsfähig, wenn sie das gericht aus billigkeit der unterliegenden partei oder der staatskasse auferlegt. in der regel entspricht es nur dann der billigkeit, einem beigeladenen die außergerichtlichen kosten zu erstatten, wenn dieser erfolgreich anträge gestellt oder rechtsmittel eingelegt oder wenn er das verfahren in sonstiger weise gefördert hat. 69vgl. kopp/schenke, vwgo, 23. auflage 2017, § 162, rdn. 23; vg lüneburg, beschluss vom 29. dezember 2004 - 3 a 212/03 -, juris, rdn. 10; vg augsburg, beschluss vom 20. januar 2011 - au 3 k 08.1168 -, juris, rdn. 11 f. 70daran fehlt es hier. zwar hat die beigeladene mit e-mail vom 3. oktober 2019 sinngemäß erklärt, dass die streitgegenständlichen vertraglichen vereinbarungen dem geschäftsgeheimnis unterlägen und nicht an den kläger weitergegeben werden könnten. dies stellt jedoch weder einen antrag dar, noch wurde das verfahren durch diese mitteilung (weiter) gefördert. 71die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit beruht auf § 167 abs. 1 satz 1, abs. 2 vwgo i.v.m. §§ 708 nr. 11, 711 zpo. 72rechtsmittelbelehrung: 73gegen dieses urteil kann innerhalb eines monats nach zustellung des vollständigen urteils bei dem verwaltungsgericht düsseldorf (bastionstraße 39, 40213 düsseldorf oder postfach 20 08 60, 40105 düsseldorf) schriftlich die zulassung der berufung beantragt werden. der antrag muss das angefochtene urteil bezeichnen. 74der antrag kann auch als elektronisches dokument nach maßgabe des § 55a vwgo und der verordnung über die technischen rahmenbedingungen des elektronischen rechtsverkehrs und über das besondere elektronische behördenpostfach (elektronischer rechtsverkehr-verordnung – ervv) eingereicht werden. 75innerhalb von zwei monaten nach zustellung des vollständigen urteils sind die gründe darzulegen, aus denen die berufung zuzulassen ist. 76die berufung ist nur zuzulassen, 771. wenn ernstliche zweifel an der richtigkeit des urteils bestehen, 782. wenn die rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche schwierigkeiten aufweist, 793. wenn die rechtssache grundsätzliche bedeutung hat, 804. wenn das urteil von einer entscheidung des oberverwaltungsgerichts für das land nordrhein-westfalen, des bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen senats der obersten gerichtshöfe des bundes oder des bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser abweichung beruht oder 815. wenn ein der beurteilung des berufungsgerichts unterliegender verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die entscheidung beruhen kann. 82die begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem antrag vorgelegt worden ist, bei dem oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen (aegidiikirchplatz 5, 48143 münster oder postfach 6309, 48033 münster) schriftlich oder als elektronisches dokument nach maßgabe des § 55a vwgo und der ervv einzureichen. 83über den antrag entscheidet das oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen. 84im berufungs- und berufungszulassungsverfahren müssen sich die beteiligten durch prozessbevollmächtigte vertreten lassen. dies gilt auch für prozesshandlungen, durch die das verfahren eingeleitet wird. die beteiligten können sich durch einen rechtsanwalt oder einen rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten hochschule eines mitgliedstaates der europäischen union, eines anderen vertragsstaates des abkommens über den europäischen wirtschaftsraum oder der schweiz, der die befähigung zum richteramt besitzt, als bevollmächtigten vertreten lassen. auf die zusätzlichen vertretungsmöglichkeiten für behörden und juristische personen des öffentlichen rechts einschließlich der von ihnen zur erfüllung ihrer öffentlichen aufgaben gebildeten zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 abs. 4 satz 4 vwgo und § 5 nr. 6 des einführungsgesetzes zum rechtsdienstleistungsgesetz – rdgeg –). darüber hinaus sind die in § 67 abs. 2 satz 2 nr. 3 bis 7 vwgo bezeichneten personen und organisationen unter den dort genannten voraussetzungen als bevollmächtigte zugelassen. 85die antragsschrift und die zulassungsbegründungsschrift sollen möglichst 3-fach eingereicht werden. im fall der einreichung als elektronisches dokument bedarf es keiner abschriften. 86beschluss: 87der streitwert wird auf 5.000,-- euro festgesetzt. 88gründe: 89die festsetzung des streitwertes ist nach § 52 abs. 2 gkg erfolgt. 90rechtsmittelbelehrung: 91gegen den streitwertbeschluss kann schriftlich oder zur niederschrift des urkundsbeamten der geschäftsstelle bei dem verwaltungsgericht düsseldorf (bastionstraße 39, 40213 düsseldorf oder postfach 20 08 60, 40105 düsseldorf) beschwerde eingelegt werden, über die das oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen in münster entscheidet, falls ihr nicht abgeholfen wird. 92die beschwerde kann auch als elektronisches dokument nach maßgabe des § 55a vwgo und der verordnung über die technischen rahmenbedingungen des elektronischen rechtsverkehrs und über das besondere elektronische behördenpostfach (elektronischer rechtsverkehr-verordnung – ervv) oder zu protokoll der geschäftsstelle eingelegt werden; § 129a der zivilprozessordnung gilt entsprechend. 93die beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von sechs monaten eingelegt wird, nachdem die entscheidung in der hauptsache rechtskraft erlangt oder das verfahren sich anderweitig erledigt hat; ist der streitwert später als einen monat vor ablauf dieser frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines monats nach zustellung oder formloser mitteilung des festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. 94die beschwerde ist nicht gegeben, wenn der wert des beschwerdegegenstandes 200,-- euro nicht übersteigt. 95die beschwerdeschrift soll möglichst 3-fach eingereicht werden. im fall der einreichung als elektronisches dokument bedarf es keiner abschriften. 96war der beschwerdeführer ohne sein verschulden verhindert, die frist einzuhalten, ist ihm auf antrag von dem gericht, das über die beschwerde zu entscheiden hat, wiedereinsetzung in den vorigen stand zu gewähren, wenn er die beschwerde binnen zwei wochen nach der beseitigung des hindernisses einlegt und die tatsachen, welche die wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. nach ablauf eines jahres, von dem ende der versäumten frist angerechnet, kann die wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.
Klaeger*in
1
168,751
11 O 94/13
2015-01-14T00:00:00
Urteil
Tenor Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 981,41 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 07.02.2013 zu zahlen. Die Beklagten werden ferner verurteilt, die Klägerin von der Zahlung außergerichtlicher Kosten in Höhe von 130,50 € freizustellen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin 80 % und die Beklagten gesamtschuldnerisch 20%. Das Urteil ist für beide Parteien vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung. Jede Partei kann die Vollstreckung der anderen Seite durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Gegenseite zuvor Sicherheit in entsprechender Höhe leistet. 1Tatbestand: 2Der Kläger nimmt die Beklagten aus einem Verkehrsunfall in Anspruch, der sich am … in H ereignete. 3Der Beklagte zu 1) ist der Fahrer und Halter des unfallbeteiligten Fahrzeugs mit dem amtlichen Kennzeichen …, die Beklagte zu 2) die dahinter stehende Haftpflichtversicherung. 4Am … befuhr ein Mitarbeiter der Klägerin, der Zeuge T, mit deren Fahrzeug, G, amtliches Kennzeichen …, die S-Straße in H und bog an der Kreuzung P-Ring nach links in diesen ein. In dem Fahrzeug befand sich als Beifahrer zudem der Zeuge T1. Der Beklagte zu 1) kam mit seinem Fahrzeug, B, aus entgegengesetzter Richtung und bog nach rechts in den P-Ring ab. Im Kreuzungsbereich verfügt der P-Ring über zwei Fahrspuren. Es kam dort zur Kollision der beiden Fahrzeuge. An dem Fahrzeug der Klägerin trat infolgedessen ein Schaden in Höhe von 3.795,04 € netto sowie eine Wertminderung in Höhe von 500,00 € ein. 5Der Klägerin sind im Zusammenhang mit der Erstellung eines Schadensgutachtens Kosten in Höhe von 698,33 € entstanden. 6Mit anwaltlichem Schreiben vom 23.01.2013 forderte die Klägerin die Beklagte zu 2) zur Schadensregulierung bis spätestens zum 06.02.2013 auf. 7Die Klägerin behauptet, der Zeuge T sei auf die linke Spur des P-Rings gefahren. Dort habe er vor dem dort befindlichen Fußgängerüberweg anhalten müssen, um einen von links kommenden Fußgänger, der „Grünlicht“ hatte, passieren zu lassen. Danach sei der Zeuge T angefahren. Der Beklagte zu 1) sei auf die rechte Spur des P-Rings abgebogen und habe ebenfalls den Fußgänger passieren lassen müssen, allerdings zeitlich nach dem Zeugen T. Auch der Beklagte zu 1) sei danach angefahren. Kurze Zeit nach dem Abbiegevorgang habe dieser dann die Fahrspur gewechselt, ohne dabei den seitlich vor ihm auf der linken Fahrspur befindlichen PKW der Klägerin zu beachten. Der Zeuge T habe keine Möglichkeit gehabt, dem gegnerischen Fahrzeug auszuweichen und den Unfall zu vermeiden. 8Die Klägerin ist der Ansicht, dass der Beklagte zu 1) beim Fahrspurwechsel seine bestehenden Sorgfaltspflichten nicht beachtet habe. Sie behauptet hierzu, dass das Unfallereignis sich erst ereignet habe, nachdem beide Fahrzeuge bereits 10-15 Meter gefahren seien, so dass von einem Vorfahrtsverstoß als Linksabbieger seitens des Zeugen T nicht die Rede gewesen sein könne. Auf der von den Beklagten eingereichten Unfallskizze sei zu erkennen, dass das Fahrzeug der Klägerin bereits mehr als 18 m auf der linken Fahrspur gefahren sei, als es zum Zusammenstoß gekommen sei. Erst dort habe der Beklagte zu 1) die von ihm befahrene Fahrspur des P-Rings gewechselt und nach links gelenkt. Der Zeuge T habe sich nicht mit seinem Fahrzeug in die Fahrspur des Beklagten zu 1) hineingedrängt, sondern habe diesen auf der rechten Fahrspur überhaupt nicht behindert. Es handele sich nicht um einen Fehler im Abbiegevorgang, sondern um einen Fehler im Fahrspurwechsel. Aus der Kreuzungsgestaltung ergebe sich eindeutig, dass der Beklagte zu 1), wenn er die linke Spur des P-Rings sofort hätte nutzen wollen, wesentlich früher auf diese Fahrspur hätte auffahren müssen. 9Die Klägerin beantragt: 101. 11Die Beklagten werden gesamtschuldnerisch verurteilt, an den Kläger 5.018,57 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinnsatz seit dem 07.02.2013 zu zahlen. 122. 13Die Beklagten werden gesamtschuldnerisch verurteilt, den Kläger von der Zahlung außergerichtlicher Kosten in Höhe von 459,40 € freizustellen. 14Die Beklagten beantragen, 15die Klage abzuweisen. 16Die Beklagten behaupten, der Beklagte zu 1) sei an der Kreuzung P-Ring rechts in diesen eingebogen und habe beabsichtigt, auf der linken Fahrspur weiterzufahren. Vor dem Fahrzeug des Beklagten zu 1) sei ein anderes Fahrzeug gefahren, welches wie der Beklagte zu 1) im Schritttempo gefahren sei und Fußgängern Platz gemacht habe, die die Ampel überqueren wollten. Plötzlich habe der Beklagte zu 1) das aus Richtung H1-Straße kommende, von dort nach links abbiegende klägerische Fahrzeug neben sich wahrgenommen. Ohne auf das im Abbiegevorgang befindliche vorfahrtsberechtigte Fahrzeug des Beklagten zu 1) zu achten, habe der Fahrer versucht links an dem Beklagten zu 1) vorbei zu fahren, was ihm jedoch nicht gelungen sei, so dass es anschließend zur Kollision gekommen sei. 17Der Unfall habe sich auch nicht erst 10-15 Meter nach der Kreuzung ereignet. Beide Unfallbeteiligten hätten gegenüber den den Verkehrsunfall aufnehmenden Polizisten erklärt, dass es „kurz hinter der Fußgängerfurt“ zum Unfall gekommen sei. Dementsprechend sei eine Unfallskizze erstellt und auch ein Splitterfeld unmittelbar nach der Fußgängerfurt fotografiert worden. 18Die Beklagten sind der Ansicht, dass der Unfall allein durch den Zeugen T verursacht worden sei, da dieser als Linksabbieger die Vorfahrt des ihm entgegenkommenden, nach rechts abbiegenden Beklagten zu 1) nicht beachtet habe. Hierin sei ein Verstoß gegen § 9 Abs. 4 StVO zu sehen. Sie sind außerdem der Ansicht, dass die Sachverständigenkosten der unstreitig zum Vorsteuerabzug berechtigten Klägerin nur netto verlangt werden könnten, so dass die Klägerin 111,53 € zu viel fordere. Dies habe ebenfalls Auswirkungen auf die Erstattung der außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten. 19Das Gericht hat Beweis erhoben durch die Vernehmung der Zeugen T1 und T sowie durch Einholung eines schriftlichen Gutachtens des Sachverständigen T2, welches dieser in der Sitzung vom 14.01.2015 mündlich erläutert hat. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Protokolle der Sitzungen vom 30.08.2013 und 14.01.2015 sowie auf das Sachverständigengutachten vom 30.05.2014 Bezug genommen. 20Die Bußgeldakte der Stadt H2 (Az.: …) wurde beigezogen und war Gegenstand der mündlichen Verhandlung. 21Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, Bezug genommen. 22Entscheidungsgründe: 23Die Klage ist nur teilweise begründet. 24I. 25Ein Anspruch der Klägerin besteht gemäß §§ 7 Abs. 1, 17 Abs. 1, Abs. 2 StVG, 823 Abs. 1 BGB i.V.m. § 115 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, S. 4 VVG nur im tenorierten Umfang. 26Der streitgegenständliche Verkehrsunfall vom … hat sich im Sinne des § 7 Abs. 1 StVG bei Betrieb des B ereignet, dessen Eigentümer und Halter der Beklagte zu 1) ist. Hierbei wurde der im Eigentum der Klägerin stehende PKW beschädigt. Die Beklagte zu 2) ist Haftpflichtversicherer des Beklagtenfahrzeugs. Die Haftung der Beklagten ist nicht nach § 7 Abs. 2 StVG ausgeschlossen, denn der Unfall war nicht durch höhere Gewalt im Sinne der Norm verursacht. 27Auch die Klägerin haftet ihrerseits gemäß § 7 Abs. 1 StVG als Halterin des unfallbeteiligten G für die bei Betrieb dieses Fahrzeugs entstandenen Schäden am B des Beklagten zu 1). Ihre Haftung ist ebenfalls nicht gemäß § 7 Abs. 2 StVG ausgeschlossen. 28Die daher gemäß § 17 Abs. 1, Abs. 2 StVG durchzuführende Abwägung der jeweiligen Verursachungsbeiträge führt zu einer Haftung der Beklagten zu 20% und der Klägerin zu 80 %. 29Der Kläger hat nicht bewiesen, dass dem Beklagten zu 1) ein Verstoß gegen § 7 Abs. 5 StVO anzulasten ist. Die Zeugen T/T1 waren insoweit unergiebig. Der Zeuge T konnte keine konkreten Angaben zum Unfallhergang machen. Er erinnerte lediglich, dass er aus den Augenwinkeln das Fahrzeug des Beklagten zu 1) gesehen habe. Er konnte jedoch nicht mit Bestimmtheit sagen, dass sich der Beklagte zu 1) zunächst auf der rechten der beiden Fahrspuren eingeordnet hatte und sodann die Fahrspur gewechselt hat. Er erklärte, er habe dies tatsächlich nicht gesehen, er schlussfolgere dies lediglich daraus, dass das Fahrzeug von rechts gekommen und mit dem von ihm geführten PKW kollidiert sei. Angaben zum Kollisionsort machte der Zeuge keine; insbesondere keine Angaben dazu, ob der Abbiegevorgang beider Fahrzeuge bereits abgeschlossen war. 30Der Zeuge T1 konnte ebenfalls nur bekunden, dass der Beklagte zu 1) von rechts in den G hineingefahren sei. Konkrete Angaben, wie es zur Kollision kam, konnte der Zeuge nicht machen. Er räumte ein, vor dem Unfall mit seinem Handy gespielt zu haben. 31Zur Überzeugung des Gerichts steht auf Grund des Gutachtens des Sachverständigen T2 vielmehr fest, dass der Zeuge T als Fahrer des klägerischen PKW gegen die aus § 9 Abs. 4 StVO folgende Verpflichtung, beim Linksabbiegen dem entgegenkommenden Verkehr den Vorrang einzuräumen, verstoßen hat. 32Die Wartepflicht besteht gegenüber einem entgegenkommenden Fahrzeug, wenn dieses so nah herangekommen ist, dass es durch das Abbiegen gefährdet oder auch nur in zügiger Weiterfahrt wesentlich behindert würde. Das Vorfahrtsrecht des entgegenkommenden Verkehrs bezieht sich dabei auf beide Fahrstreifen, d.h. der Rechtsabbieger darf vor dem Linksabbieger die Fahrstreifen frei wählen. Die Wartepflicht besteht dabei solange bis sich der Vorfahrtsberechtigte in den Verkehr auf der Straße, in welche er abbiegt, vollständig eingeordnet hat, d.h. bis er in der neuen Richtung mit einer dem Verkehr auf dieser Straße entsprechende Geschwindigkeit fährt. Behindert oder gefährdet der Linksabbiegende bis zum Erreichen dieses Zustandes den Vorfahrtberechtigten, indem er sich beispielsweise in zu knappem Abstand vor ihn setzt, so liegt eine Vorfahrtverletzung vor (Burmann/ Heß/ Jahnke/ Janker, Straßenverkehrsrecht, 23. Aufl. 2014, Rn. 7a). Diese entfällt nicht dadurch, dass der Wartepflichtige in einem engen Bogen nach links einbiegt und dadurch den Schnittpunkt der Fahrlinien ein Stück aus der Kreuzungsfläche hinaus nach links verlegt. Erst nach vollständiger Einordnung richtet sich das Verhalten der beiden Beteiligten nach den Grundsätzen des Hintereinanderfahrens oder Überholens (Bay 69, 115 = VRS 39, 134; 57, 61 = VRS 13, 70; 63, 74 = VRS 25, 371; BGH VersR 67, 178; im Ergebnis ebenso OLG München VRS 30, 20). 33Der Sachverständige T2 hat nachvollziehbar dargelegt, dass es technisch plausibel erscheint, dass der Beklagte zu 1) an der Fußgängerfurt zunächst angehalten habe, anschließend angefahren sei und erst dann der G nach links abgebogen sei und ohne zu halten die Fußgängerfurt überquert habe, sodass es zur Kollision der Fahrzeuge kam. 34Soweit der Zeuge T ausgesagt hat, er habe ebenfalls noch vor der Fußgängerfurt angehalten, steht dies im Widerspruch zur Aussage des Zeugen T1, der aussagte, er meine, sein Vater sei beim Linksabbiegen direkt durchgefahren. Auch der Sachverständige erklärte nachvollziehbar, ein Halten des G vor der Fußgängerfurt unterstellt, sei der Unfall technisch nicht darstellbar. Sollten wie von dem Zeugen geschildert, Fußgänger den Überweg aus seiner Sicht von links nach rechts überquert haben, wäre der G, der auf Grund des Schadensbildes schneller unterwegs gewesen sein müsse als der B, bereits weg gewesen als der Beklagte zu 1) auf die linke Fahrspur eingebogen wäre. 35Der Sachverständige erläuterte mündlich ferner, ein nach Abschluss des Abbiegevorgangs getätigter Spurwechsel und damit einen Verstoß des Beklagten zu 1) gegen § 7 Abs. 5 StVO halte er demgegenüber für weniger plausibel. Zwar könnten die Schäden theoretisch bei einer Winkelstellung von 20° auch aus einem Spurwechsel des B aus einer Geradeausfahrt resultieren. Hiergegen spreche jedoch, dass sich der Unfall spätestens hinter der zweiten gestrichelten Linie der Fußgängerfurt ereignet haben müsse. Die Nähe des Unfallorts zum Kreuzungsbereich spricht dafür, dass sich die Kollision noch im Zusammenhang mit den Abbiegevorgängen der beiden Fahrzeuge ereignete. Als plausiblen Kollisionsort gab der Sachverständige T2 den in Anlage A 26 seines Gutachtens angeführten Ort hinter der letzten gestrichelten Linie des Fußgängerüberwegs an. Er schließe dies daraus, dass auf Blatt 13 der Bußgeldakte der Vermerk eines Polizeibeamten angebracht sei, wonach sich dort ein Splitterfeld befunden habe. Der Unfall sei nur bei niedrigen Geschwindigkeiten der beiden Fahrzeuge rekonstruierbar. Aus diesem Grund sei davon auszugehen, dass die relativ leichten Splitter nahezu senkrecht zu Boden fielen. Es sei auszuschließen, dass diese mehrere Meter weiter getragen worden seien. In seinem schriftlichen Gutachtens hat der Sachverständige ausgeführt, dass sich der Kollisionsort nicht beliebig in den P-Ring hinein verlagern ließe, da die Unfallfahrzeuge nach dem Unfall nur etwa zwanzig Meter hinter dem Fußgängerüberweg hielten. Bei der in Anlage A 26 des Gutachtens geschilderten möglichen Unfallörtlichkeit handele es sich daher um die spätest mögliche Kollisionsstelle (Seiten 7 und 9 des Gutachtens vom 30.05.2014). 36Keine der Parteien hat bewiesen, dass das Unfallgeschehen für sie unvermeidbar war im Sinne des § 17 Abs. 3 S. 1 und 3 StVG. Ein unvermeidbares Ereignis liegt nur vor, wenn der Fahrer jede nach den Umständen des Falles gebotene Sorgfalt beobachtet hat und auch durch diese das Unfallereignis nicht abgewendet werden konnte. Hierzu gehört sachgemäßes, geistesgegenwärtiges Handeln, das über den gewöhnlichen und persönlichen Maßstab hinaus geht und alle möglichen Gefahrenmomente berücksichtigt (vgl. KG Berlin, Urt. v. 24. 10. 2005, Az.: 12 U 264/04; Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 40. Aufl., § 17 StVG, Rn. 22 m. w. N.). Der Sachverständige hat hierzu mündlich ausgeführt, der B-Fahrer habe beim Abbiegen nach rechts jedenfalls die Möglichkeit gehabt, den Linksabbieger zu sehen. Gleiches gelte umgekehrt auch für den Linksabbieger. Auch diesem sei es möglich gewesen, den rechtsabbiegenden B zu erkennen. 37Da der Unfall für den Beklagten zu 1) nicht unvermeidbar war, war im Rahmen der Abwägung der jeweiligen Verursachungsbeiträge die Betriebsgefahr seines Fahrzeugs zu berücksichtigen. Diese hat die Kammer mit 20 % bewertet. 38Die Schäden an dem klägerischen Fahrzeug sind unstreitig auf den Zusammenstoß mit dem Beklagtenfahrzeug zurückzuführen und mit 4.295,04 € zu beziffern. Dieser Schaden ist der Klägerin entsprechend der festgestellten Verursachungsbeiträge zu 20 % und damit in Höhe von 859,01 € zu ersetzen. Gemäß § 249 Abs. 1 BGB haben die Beklagten der Klägerin auch anteilig in Höhe von 117,40 € die Kosten für die Erstellung des Sachverständigengutachtens zu ersetzen. Insoweit war allerdings nur der Nettobetrag in Höhe von 587,00 € in Ansatz zu bringen, da die Klägerin zum Vorsteuerabzug berechtigt ist. Ferner hat die Klägerin einen Anspruch auf eine Kostenpauschale von 25,00 €. 39II. 40Der Zinsanspruch der Klägerin folgt ab dem 07.02.2013 aus §§ 286, 288 Abs. 1 BGB. Ab diesem Zeitpunkt befanden sich die Beklagten mit der Schadensersatzleistung in Verzug. Mit anwaltlichem Schreiben vom 23.01.2013 hat die Klägerin die Beklagte zu 2) erfolglos zur Zahlung unter Fristsetzung bis zum 06.02.2013 aufgefordert. Abweichend von § 425 Abs. 1, Abs. 2 BGB wirkt die Mahnung gegenüber der Beklagten zu 2) als Kraftfahrzeughaftpflichtversicherer gemäß § 10 V der Allgemeinen Bedingungen für die Kraftfahrzeugversicherung auch gegenüber dem Beklagten zu 1) (vgl. Palandt/Grüneberg, BGB, 74. Aufl., § 425 Rn. 3 m.w.N.) 41III. 42Die Klägerin hat zudem einen Anspruch auf Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 130,50 € gemäß §§ 7 Abs. 1, 17 Abs. 1, Abs. 2 StVG, 823 Abs. 1 BGB i.V.m. § 115 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, S. 4 VVG. Auch unabhängig von einem etwaigen Verzugseintritt stellen Rechtsanwaltskosten einen ersatzfähigen Schaden dar, wenn die Inanspruchnahme eines Rechtsanwaltes – wie vorliegend – erforderlich und zweckmäßig war. 43IV. 44Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Abs. 1 S. 1, 100 Abs. 1 ZPO; die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
die beklagten werden als gesamtschuldner verurteilt, an die klägerin 981,41 € nebst zinsen in höhe von 5 prozentpunkten über dem basiszinssatz seit dem 07.02.2013 zu zahlen. die beklagten werden ferner verurteilt, die klägerin von der zahlung außergerichtlicher kosten in höhe von 130,50 € freizustellen. im übrigen wird die klage abgewiesen. von den kosten des rechtsstreits tragen die klägerin 80 % und die beklagten gesamtschuldnerisch 20%. das urteil ist für beide parteien vorläufig vollstreckbar ohne sicherheitsleistung. jede partei kann die vollstreckung der anderen seite durch sicherheitsleistung in höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden betrages abwenden, wenn nicht die gegenseite zuvor sicherheit in entsprechender höhe leistet. 1
2der kläger nimmt die beklagten aus einem verkehrsunfall in anspruch, der sich am … in h ereignete. 3der beklagte zu 1) ist der fahrer und halter des unfallbeteiligten fahrzeugs mit dem amtlichen kennzeichen …, die beklagte zu 2) die dahinter stehende haftpflichtversicherung. 4am … befuhr ein mitarbeiter der klägerin, der zeuge t, mit deren fahrzeug, g, amtliches kennzeichen …, die s-straße in h und bog an der kreuzung p-ring nach links in diesen ein. in dem fahrzeug befand sich als beifahrer zudem der zeuge t1. der beklagte zu 1) kam mit seinem fahrzeug, b, aus entgegengesetzter richtung und bog nach rechts in den p-ring ab. im kreuzungsbereich verfügt der p-ring über zwei fahrspuren. es kam dort zur kollision der beiden fahrzeuge. an dem fahrzeug der klägerin trat infolgedessen ein schaden in höhe von 3.795,04 € netto sowie eine wertminderung in höhe von 500,00 € ein. 5der klägerin sind im zusammenhang mit der erstellung eines schadensgutachtens kosten in höhe von 698,33 € entstanden. 6mit anwaltlichem schreiben vom 23.01.2013 forderte die klägerin die beklagte zu 2) zur schadensregulierung bis spätestens zum 06.02.2013 auf. 7die klägerin behauptet, der zeuge t sei auf die linke spur des p-rings gefahren. dort habe er vor dem dort befindlichen fußgängerüberweg anhalten müssen, um einen von links kommenden fußgänger, der „grünlicht“ hatte, passieren zu lassen. danach sei der zeuge t angefahren. der beklagte zu 1) sei auf die rechte spur des p-rings abgebogen und habe ebenfalls den fußgänger passieren lassen müssen, allerdings zeitlich nach dem zeugen t. auch der beklagte zu 1) sei danach angefahren. kurze zeit nach dem abbiegevorgang habe dieser dann die fahrspur gewechselt, ohne dabei den seitlich vor ihm auf der linken fahrspur befindlichen pkw der klägerin zu beachten. der zeuge t habe keine möglichkeit gehabt, dem gegnerischen fahrzeug auszuweichen und den unfall zu vermeiden. 8die klägerin ist der ansicht, dass der beklagte zu 1) beim fahrspurwechsel seine bestehenden sorgfaltspflichten nicht beachtet habe. sie behauptet hierzu, dass das unfallereignis sich erst ereignet habe, nachdem beide fahrzeuge bereits 10-15 meter gefahren seien, so dass von einem vorfahrtsverstoß als linksabbieger seitens des zeugen t nicht die rede gewesen sein könne. auf der von den beklagten eingereichten unfallskizze sei zu erkennen, dass das fahrzeug der klägerin bereits mehr als 18 m auf der linken fahrspur gefahren sei, als es zum zusammenstoß gekommen sei. erst dort habe der beklagte zu 1) die von ihm befahrene fahrspur des p-rings gewechselt und nach links gelenkt. der zeuge t habe sich nicht mit seinem fahrzeug in die fahrspur des beklagten zu 1) hineingedrängt, sondern habe diesen auf der rechten fahrspur überhaupt nicht behindert. es handele sich nicht um einen fehler im abbiegevorgang, sondern um einen fehler im fahrspurwechsel. aus der kreuzungsgestaltung ergebe sich eindeutig, dass der beklagte zu 1), wenn er die linke spur des p-rings sofort hätte nutzen wollen, wesentlich früher auf diese fahrspur hätte auffahren müssen. 9die klägerin beantragt: 101. 11die beklagten werden gesamtschuldnerisch verurteilt, an den kläger 5.018,57 € nebst zinsen in höhe von 5 prozentpunkten über dem basiszinnsatz seit dem 07.02.2013 zu zahlen. 122. 13die beklagten werden gesamtschuldnerisch verurteilt, den kläger von der zahlung außergerichtlicher kosten in höhe von 459,40 € freizustellen. 14die beklagten beantragen, 15die klage abzuweisen. 16die beklagten behaupten, der beklagte zu 1) sei an der kreuzung p-ring rechts in diesen eingebogen und habe beabsichtigt, auf der linken fahrspur weiterzufahren. vor dem fahrzeug des beklagten zu 1) sei ein anderes fahrzeug gefahren, welches wie der beklagte zu 1) im schritttempo gefahren sei und fußgängern platz gemacht habe, die die ampel überqueren wollten. plötzlich habe der beklagte zu 1) das aus richtung h1-straße kommende, von dort nach links abbiegende klägerische fahrzeug neben sich wahrgenommen. ohne auf das im abbiegevorgang befindliche vorfahrtsberechtigte fahrzeug des beklagten zu 1) zu achten, habe der fahrer versucht links an dem beklagten zu 1) vorbei zu fahren, was ihm jedoch nicht gelungen sei, so dass es anschließend zur kollision gekommen sei. 17der unfall habe sich auch nicht erst 10-15 meter nach der kreuzung ereignet. beide unfallbeteiligten hätten gegenüber den den verkehrsunfall aufnehmenden polizisten erklärt, dass es „kurz hinter der fußgängerfurt“ zum unfall gekommen sei. dementsprechend sei eine unfallskizze erstellt und auch ein splitterfeld unmittelbar nach der fußgängerfurt fotografiert worden. 18die beklagten sind der ansicht, dass der unfall allein durch den zeugen t verursacht worden sei, da dieser als linksabbieger die vorfahrt des ihm entgegenkommenden, nach rechts abbiegenden beklagten zu 1) nicht beachtet habe. hierin sei ein verstoß gegen § 9 abs. 4 stvo zu sehen. sie sind außerdem der ansicht, dass die sachverständigenkosten der unstreitig zum vorsteuerabzug berechtigten klägerin nur netto verlangt werden könnten, so dass die klägerin 111,53 € zu viel fordere. dies habe ebenfalls auswirkungen auf die erstattung der außergerichtlichen rechtsanwaltskosten. 19das gericht hat beweis erhoben durch die vernehmung der zeugen t1 und t sowie durch einholung eines schriftlichen gutachtens des sachverständigen t2, welches dieser in der sitzung vom 14.01.2015 mündlich erläutert hat. wegen des ergebnisses der beweisaufnahme wird auf die protokolle der sitzungen vom 30.08.2013 und 14.01.2015 sowie auf das sachverständigengutachten vom 30.05.2014 bezug genommen. 20die bußgeldakte der stadt h2 (az.: …) wurde beigezogen und war gegenstand der mündlichen verhandlung. 21wegen der weiteren einzelheiten wird auf die zwischen den parteien gewechselten schriftsätze nebst anlagen, die gegenstand der mündlichen verhandlung waren, bezug genommen. 22
23die klage ist nur teilweise begründet. 24i. 25ein anspruch der klägerin besteht gemäß §§ 7 abs. 1, 17 abs. 1, abs. 2 stvg, 823 abs. 1 bgb i.v.m. § 115 abs. 1 s. 1 nr. 1, s. 4 vvg nur im tenorierten umfang. 26der streitgegenständliche verkehrsunfall vom … hat sich im sinne des § 7 abs. 1 stvg bei betrieb des b ereignet, dessen eigentümer und halter der beklagte zu 1) ist. hierbei wurde der im eigentum der klägerin stehende pkw beschädigt. die beklagte zu 2) ist haftpflichtversicherer des beklagtenfahrzeugs. die haftung der beklagten ist nicht nach § 7 abs. 2 stvg ausgeschlossen, denn der unfall war nicht durch höhere gewalt im sinne der norm verursacht. 27auch die klägerin haftet ihrerseits gemäß § 7 abs. 1 stvg als halterin des unfallbeteiligten g für die bei betrieb dieses fahrzeugs entstandenen schäden am b des beklagten zu 1). ihre haftung ist ebenfalls nicht gemäß § 7 abs. 2 stvg ausgeschlossen. 28die daher gemäß § 17 abs. 1, abs. 2 stvg durchzuführende abwägung der jeweiligen verursachungsbeiträge führt zu einer haftung der beklagten zu 20% und der klägerin zu 80 %. 29der kläger hat nicht bewiesen, dass dem beklagten zu 1) ein verstoß gegen § 7 abs. 5 stvo anzulasten ist. die zeugen t/t1 waren insoweit unergiebig. der zeuge t konnte keine konkreten angaben zum unfallhergang machen. er erinnerte lediglich, dass er aus den augenwinkeln das fahrzeug des beklagten zu 1) gesehen habe. er konnte jedoch nicht mit bestimmtheit sagen, dass sich der beklagte zu 1) zunächst auf der rechten der beiden fahrspuren eingeordnet hatte und sodann die fahrspur gewechselt hat. er erklärte, er habe dies tatsächlich nicht gesehen, er schlussfolgere dies lediglich daraus, dass das fahrzeug von rechts gekommen und mit dem von ihm geführten pkw kollidiert sei. angaben zum kollisionsort machte der zeuge keine; insbesondere keine angaben dazu, ob der abbiegevorgang beider fahrzeuge bereits abgeschlossen war. 30der zeuge t1 konnte ebenfalls nur bekunden, dass der beklagte zu 1) von rechts in den g hineingefahren sei. konkrete angaben, wie es zur kollision kam, konnte der zeuge nicht machen. er räumte ein, vor dem unfall mit seinem handy gespielt zu haben. 31zur überzeugung des gerichts steht auf grund des gutachtens des sachverständigen t2 vielmehr fest, dass der zeuge t als fahrer des klägerischen pkw gegen die aus § 9 abs. 4 stvo folgende verpflichtung, beim linksabbiegen dem entgegenkommenden verkehr den vorrang einzuräumen, verstoßen hat. 32die wartepflicht besteht gegenüber einem entgegenkommenden fahrzeug, wenn dieses so nah herangekommen ist, dass es durch das abbiegen gefährdet oder auch nur in zügiger weiterfahrt wesentlich behindert würde. das vorfahrtsrecht des entgegenkommenden verkehrs bezieht sich dabei auf beide fahrstreifen, d.h. der rechtsabbieger darf vor dem linksabbieger die fahrstreifen frei wählen. die wartepflicht besteht dabei solange bis sich der vorfahrtsberechtigte in den verkehr auf der straße, in welche er abbiegt, vollständig eingeordnet hat, d.h. bis er in der neuen richtung mit einer dem verkehr auf dieser straße entsprechende geschwindigkeit fährt. behindert oder gefährdet der linksabbiegende bis zum erreichen dieses zustandes den vorfahrtberechtigten, indem er sich beispielsweise in zu knappem abstand vor ihn setzt, so liegt eine vorfahrtverletzung vor (burmann/ heß/ jahnke/ janker, straßenverkehrsrecht, 23. aufl. 2014, rn. 7a). diese entfällt nicht dadurch, dass der wartepflichtige in einem engen bogen nach links einbiegt und dadurch den schnittpunkt der fahrlinien ein stück aus der kreuzungsfläche hinaus nach links verlegt. erst nach vollständiger einordnung richtet sich das verhalten der beiden beteiligten nach den grundsätzen des hintereinanderfahrens oder überholens (bay 69, 115 = vrs 39, 134; 57, 61 = vrs 13, 70; 63, 74 = vrs 25, 371; bgh versr 67, 178; im ergebnis ebenso olg münchen vrs 30, 20). 33der sachverständige t2 hat nachvollziehbar dargelegt, dass es technisch plausibel erscheint, dass der beklagte zu 1) an der fußgängerfurt zunächst angehalten habe, anschließend angefahren sei und erst dann der g nach links abgebogen sei und ohne zu halten die fußgängerfurt überquert habe, sodass es zur kollision der fahrzeuge kam. 34soweit der zeuge t ausgesagt hat, er habe ebenfalls noch vor der fußgängerfurt angehalten, steht dies im widerspruch zur aussage des zeugen t1, der aussagte, er meine, sein vater sei beim linksabbiegen direkt durchgefahren. auch der sachverständige erklärte nachvollziehbar, ein halten des g vor der fußgängerfurt unterstellt, sei der unfall technisch nicht darstellbar. sollten wie von dem zeugen geschildert, fußgänger den überweg aus seiner sicht von links nach rechts überquert haben, wäre der g, der auf grund des schadensbildes schneller unterwegs gewesen sein müsse als der b, bereits weg gewesen als der beklagte zu 1) auf die linke fahrspur eingebogen wäre. 35der sachverständige erläuterte mündlich ferner, ein nach abschluss des abbiegevorgangs getätigter spurwechsel und damit einen verstoß des beklagten zu 1) gegen § 7 abs. 5 stvo halte er demgegenüber für weniger plausibel. zwar könnten die schäden theoretisch bei einer winkelstellung von 20° auch aus einem spurwechsel des b aus einer geradeausfahrt resultieren. hiergegen spreche jedoch, dass sich der unfall spätestens hinter der zweiten gestrichelten linie der fußgängerfurt ereignet haben müsse. die nähe des unfallorts zum kreuzungsbereich spricht dafür, dass sich die kollision noch im zusammenhang mit den abbiegevorgängen der beiden fahrzeuge ereignete. als plausiblen kollisionsort gab der sachverständige t2 den in anlage a 26 seines gutachtens angeführten ort hinter der letzten gestrichelten linie des fußgängerüberwegs an. er schließe dies daraus, dass auf blatt 13 der bußgeldakte der vermerk eines polizeibeamten angebracht sei, wonach sich dort ein splitterfeld befunden habe. der unfall sei nur bei niedrigen geschwindigkeiten der beiden fahrzeuge rekonstruierbar. aus diesem grund sei davon auszugehen, dass die relativ leichten splitter nahezu senkrecht zu boden fielen. es sei auszuschließen, dass diese mehrere meter weiter getragen worden seien. in seinem schriftlichen gutachtens hat der sachverständige ausgeführt, dass sich der kollisionsort nicht beliebig in den p-ring hinein verlagern ließe, da die unfallfahrzeuge nach dem unfall nur etwa zwanzig meter hinter dem fußgängerüberweg hielten. bei der in anlage a 26 des gutachtens geschilderten möglichen unfallörtlichkeit handele es sich daher um die spätest mögliche kollisionsstelle (seiten 7 und 9 des gutachtens vom 30.05.2014). 36keine der parteien hat bewiesen, dass das unfallgeschehen für sie unvermeidbar war im sinne des § 17 abs. 3 s. 1 und 3 stvg. ein unvermeidbares ereignis liegt nur vor, wenn der fahrer jede nach den umständen des falles gebotene sorgfalt beobachtet hat und auch durch diese das unfallereignis nicht abgewendet werden konnte. hierzu gehört sachgemäßes, geistesgegenwärtiges handeln, das über den gewöhnlichen und persönlichen maßstab hinaus geht und alle möglichen gefahrenmomente berücksichtigt (vgl. kg berlin, urt. v. 24. 10. 2005, az.: 12 u 264/04; hentschel/könig/dauer, straßenverkehrsrecht, 40. aufl., § 17 stvg, rn. 22 m. w. n.). der sachverständige hat hierzu mündlich ausgeführt, der b-fahrer habe beim abbiegen nach rechts jedenfalls die möglichkeit gehabt, den linksabbieger zu sehen. gleiches gelte umgekehrt auch für den linksabbieger. auch diesem sei es möglich gewesen, den rechtsabbiegenden b zu erkennen. 37da der unfall für den beklagten zu 1) nicht unvermeidbar war, war im rahmen der abwägung der jeweiligen verursachungsbeiträge die betriebsgefahr seines fahrzeugs zu berücksichtigen. diese hat die kammer mit 20 % bewertet. 38die schäden an dem klägerischen fahrzeug sind unstreitig auf den zusammenstoß mit dem beklagtenfahrzeug zurückzuführen und mit 4.295,04 € zu beziffern. dieser schaden ist der klägerin entsprechend der festgestellten verursachungsbeiträge zu 20 % und damit in höhe von 859,01 € zu ersetzen. gemäß § 249 abs. 1 bgb haben die beklagten der klägerin auch anteilig in höhe von 117,40 € die kosten für die erstellung des sachverständigengutachtens zu ersetzen. insoweit war allerdings nur der nettobetrag in höhe von 587,00 € in ansatz zu bringen, da die klägerin zum vorsteuerabzug berechtigt ist. ferner hat die klägerin einen anspruch auf eine kostenpauschale von 25,00 €. 39ii. 40der zinsanspruch der klägerin folgt ab dem 07.02.2013 aus §§ 286, 288 abs. 1 bgb. ab diesem zeitpunkt befanden sich die beklagten mit der schadensersatzleistung in verzug. mit anwaltlichem schreiben vom 23.01.2013 hat die klägerin die beklagte zu 2) erfolglos zur zahlung unter fristsetzung bis zum 06.02.2013 aufgefordert. abweichend von § 425 abs. 1, abs. 2 bgb wirkt die mahnung gegenüber der beklagten zu 2) als kraftfahrzeughaftpflichtversicherer gemäß § 10 v der allgemeinen bedingungen für die kraftfahrzeugversicherung auch gegenüber dem beklagten zu 1) (vgl. palandt/grüneberg, bgb, 74. aufl., § 425 rn. 3 m.w.n.) 41iii. 42die klägerin hat zudem einen anspruch auf freistellung von vorgerichtlichen rechtsanwaltskosten in höhe von 130,50 € gemäß §§ 7 abs. 1, 17 abs. 1, abs. 2 stvg, 823 abs. 1 bgb i.v.m. § 115 abs. 1 s. 1 nr. 1, s. 4 vvg. auch unabhängig von einem etwaigen verzugseintritt stellen rechtsanwaltskosten einen ersatzfähigen schaden dar, wenn die inanspruchnahme eines rechtsanwaltes – wie vorliegend – erforderlich und zweckmäßig war. 43iv. 44die kostenentscheidung folgt aus §§ 92 abs. 1 s. 1, 100 abs. 1 zpo; die entscheidung zur vorläufigen vollstreckbarkeit aus §§ 708 nr. 11, 711 zpo.
Klaeger*in
1
167,340
1 K 2369/13
2015-03-02T00:00:00
Urteil
Tenor Die schriftliche Ermahnung vom 27. August 2012 und das Schreiben vom 8. Oktober 2012 werden aufgehoben. Die Beklagte wird verurteilt, das Schreiben des Bereichsleiters vom 8. August 2012, die schriftliche Ermahnung vom 27. August 2012 samt Empfangsbekenntnis, den Widerspruch der Klägerin vom 4. September 2012 und die Widerspruchsbegründung vom 27. September 2012 sowie das Schreiben vom 8. Oktober 2012 aus der Personalakte der Klägerin zu entfernen. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. 1Tatbestand: 2Die Klägerin wendet sich gegen eine schriftliche Ermahnung und begehrt die Entfernung dieses Vorgangs aus ihrer Personalakte. 3Die am 00.00.0000 geborene Klägerin wurde im August 2005 zur Stadtinspektorin bei der Stadt Aachen ernannt und planmäßig zum 1. März 2008 zur Beamtin auf Lebenszeit berufen. Zuletzt war sie bei der Stadt Aachen als Leistungssachbearbeiterin AR.GE tätig. Weil bei der Beklagten zum 1. Januar 2011 eine gemeinsame Einrichtung Jobcenter gebildet wurde, wurde die Klägerin am 30. Dezember 2010 auf eigenen Antrag in den Dienstbereich der Beklagten versetzt und für die Dauer von fünf Jahren der gemeinsamen Einrichtung Jobcenter zugewiesen. Mit Wirkung vom 1. Juli 2011 wurde die Klägerin zur Städteregionsoberinspektorin ernannt und in eine Planstelle der Besoldungsgruppe A 10 BBesG eingewiesen. 4In einem Vermerk vom 8. August 2012 hielt der Bereichsleiter des Jobcenters der Beklagten fest, dass die Klägerin sich grundsätzlich bereit erklärt hätte, in der Woche vom 6. August 2012 bis zum 10. August 2012 wegen eines Personalengpasses in der Geschäftsstelle in B. zu arbeiten. Nachdem die Klägerin am 6. und 7. August 2012 in B. tätig gewesen war, habe sie ihn am Morgen des 8. August 2012 von der Dienststelle in Aachen aus angerufen und mitgeteilt, sie könne nicht nach B. fahren, weil ihr Pkw seit gestern defekt sei. Den Vorschlag, mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu fahren, habe sie abgelehnt, weil die tägliche Fahrtzeit dann zwei Stunden betrage. Die Klägerin habe sich im Anschluss an das Telefonat krank gemeldet und sei bis Freitag, den 10. August 2012, arbeitsunfähig erkrankt gewesen. Mit dem Hinweis, die Klägerin habe sich geweigert, einer dienstlichen Anordnung Folge zu leisten, bat der Bereichsleiter die Personalstelle um weitere Veranlassung. 5Mit Schreiben vom 27. August 2012, zugestellt am 30. August 2012, wurde der Klägerin eine Ermahnung im Sinne des § 6 Abs. 1 Satz 2 LDG NRW erteilt. Sie habe sich geweigert, einer dienstlichen Anordnung Folge zu leisten, und damit eine Pflichtverletzung nach § 35 BeamtStG begangen. Von einer Einleitung eines Disziplinarverfahrens werde aus Gründen der Verhältnismäßigkeit abgesehen. 6Die Klägerin legte unter dem 4. September 2012 Widerspruch ein und beantragte, die Ermahnung aus der Personalakte zu entfernen. Sie bemängelte die fehlenden Anhörung und erläuterte, sie habe sich bereit erklärt, in B. auszuhelfen, weil sie mit ihrem Pkw flexibel gewesen sei. Am 6. und 7. August 2012 sei sie trotz erster Krankheitssymptome in B. tätig gewesen. Nachdem das Auto nicht mehr fahrtüchtig gewesen sei, habe sie sich am 8. August 2012 trotz starker Kopfschmerzen in die Dienststelle in Aachen begeben, um den Bereichsleiter zu informieren. Angesichts der Fahrtzeit mit dem ÖPNV (ca. 80 Minuten für den Hinweg) und der Tatsache, dass die Geschäftsstelle in B. an dem besagten Mittwoch bereits mittags schließe, habe sie gefragt, ob sich ein derartiger Aufwand noch lohne. Zudem habe sie den Geschäftsleiter auf ihren schlechten Gesundheitszustand verwiesen. Die Nachfrage nach anderen einsatzbereiten Kollegen sei nicht beantwortet worden. Ihre Kopfschmerzen hätten sich während des Gesprächs verschlimmert, so dass sie im Nachgang ihrem Teamleiter mitgeteilt habe, sie würde nunmehr einen Arzt aufsuchen. Die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung für den Rest der Woche habe sie der Personalabteilung eingereicht. Sie habe sich keinesfalls geweigert, einer dienstlichen Anordnung Folge zu leisten, vielmehr habe ihr Gesundheitszustand sie davon abgehalten, nach B. zu fahren. 7Mit Schreiben vom 8. Oktober 2012 hielt die Beklagte fest, dass sie verpflichtet sei, alle Unterlagen, die unter den materiellen Personalaktenbegriff fielen, in diese aufzunehmen. Die Ermahnung vom 27. August 2012 betreffe ein dienstliches Fehlverhalten und sei damit Teil der Personalakte. Die klägerische Gegendarstellung werde man ebenfalls aufnehmen. 8Die Klägerin hat am 29. August 2013 Klage erhoben. Zur Begründung führt sie aus, sie habe am Mittwoch, dem 8. August 2012, eine Mitfahrgelegenheit genutzt, um zu ihrem Arbeitsplatz in Aachen zu kommen. Dort habe sie sich nach einem Dienstwagen erkundigen wollen. Ihr stehe ein Anspruch auf Entfernung des gesamten Vorgangs aus der Personalakte zu. Die Ermahnung sei keine Disziplinarmaßnahme. Ihre Zustimmung zur Entfernung liege vor. Inhaltlich sei die Ermahnung zudem unzutreffend. Sie habe ihren Vorgesetzten darauf hinweisen dürfen, dass die Anordnung nicht zweckmäßig gewesen sei, weil die Geschäftsstelle in B. um 12 Uhr schließe. Mangels Dienstfähigkeit infolge Krankheit könne sie nicht gegen ihre Folgepflicht verstoßen haben. Sie habe keine Anordnung missachtet, sondern sei dienstunfähig erkrankt gewesen. Daher sei die Ermahnung aufzuheben. Mangels Rechtsbehelfsbelehrung gelte die Jahresfrist, so dass die Klage fristgerecht erhoben worden sei. 9Die Klägerin beantragt sinngemäß, 101. die schriftliche Ermahnung vom 27. August 2012 und das Schreiben vom 8. Oktober 2012 aufzuheben sowie 112. die Beklagte zu verurteilen, das Schreiben des Bereichsleiters vom 8. August 2012, die schriftliche Ermahnung vom 27. August 2012 samt Empfangsbekenntnis, den Widerspruch vom 4. September 2012 und die Widerspruchsbegründung vom 27. September 2012 sowie das Schreiben vom 8. Oktober 2012 aus ihrer Personalakte zu entfernen. 12Die Beklagte beantragt, 13die Klage abzuweisen. 14Die Klage sei unzulässig, weil die Klägerin nicht um Primärrechtsschutz gegen die Ermahnung nachgesucht habe. Der Widerspruch habe sich nur auf die Entfernung aus der Personalakte bezogen. Es fehle an einem auf Aufhebung der Ermahnung gerichteten Vorverfahren nach § 126 Abs. 3 BRRG. Zudem sei die Klage unbegründet. Die Klägerin hätte am 8. August 2012 nicht in die Geschäftsstelle Aachen fahren dürfen, sondern in B. ihre Arbeitsstelle aufsuchen müssen. Sie habe gegen ihre Dienstleistungspflicht aus § 34 Satz 1 BeamtStG verstoßen. Die Dienstunfähigkeitsbescheinigung ändere hieran nichts. Zum Zeitpunkt der Weisung ihres Vorgesetzten sei die Klägerin nach ihrem eigenen Vortrag noch nicht dienstunfähig gewesen. 15Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen. 16Entscheidungsgründe: 17Die Entscheidung ergeht im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§ 101 Abs. 2 VwGO). 18Die Klage hat Erfolg. 19Sie ist zulässig. Der Verwaltungsrechtsweg ist eröffnet, § 40 Abs. 1 VwGO. Die gegenüber der Klägerin ausgesprochene Ermahnung ist eine missbilligende Äußerung im Sinne des § 6 Abs. 1 Satz 2 LDG NRW. Nach der Vorschrift sind missbilligende Äußerungen (Zurechtweisungen, Ermahnungen oder Rügen), die nicht ausdrücklich als Verweis bezeichnet werden, keine Disziplinarmaßnahmen. Gegen sie ist deshalb nicht der Rechtsweg zu den Disziplinargerichten gegeben. 20Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 17. März 1967 - W 8/63 -, OVGE MüLü 23, 118; VG Gelsenkirchen, Urteil vom 22. Oktober 2008 - 1 K 292/07 -, juris. 21Statthafte Klageart gegen die schriftliche Missbilligung in Form der Ermahnung vom 27. August 2012 und das Schreiben vom 8. Oktober 2012 ist die Anfechtungsklage, § 42 Abs. 1 VwGO. Beide Maßnahmen sind Verwaltungsakte im Sinne des § 35 Satz 1 VwVfG NRW. 22In den streitgegenständlichen Maßnahmen hat die Beklagte der Klägerin zu Last gelegt, gegen ihre Dienstpflichten verstoßen zu haben, und sie ermahnt. Eine schriftliche Missbilligung, die ausdrücklich oder den Umständen nach den Vorwurf einer schuldhaften Dienstpflichtverletzung, also eines Dienstvergehens, enthält, erfüllt als qualifizierte Missbilligung oder Missbilligung im engeren Sinn die Voraussetzungen eines Verwaltungsaktes im Sinne des § 35 Satz 1 VwVfG, ist zur Personalakte zu nehmen und kann mit der Anfechtungsklage angegriffen werden. 23Vgl. VG Aachen, Urteil vom 17. Juli 2014 - 1 K 270/14 -, n.v.; Niedersächsisches OVG, Urteil vom 22. Januar 2013 - 5 LB 227/11 -, DVBl. 2013, 397; VG Gelsenkirchen, Urteil vom 22. Oktober 2008 - 1 K 292/07 -, a.a.O. 24Die schriftliche Missbilligung vom 27. August 2012 ist trotz einer fehlenden Rechtsmittelbelehrung ein Verwaltungsakt. Dem Schreiben lässt sich in keiner Form entnehmen, dass es nur eine vorbereitende Verfügung (im Sinne einer Anhörung) vor dem endgültigen Ausspruch der Ermahnung sein soll. Es wurde vielmehr in dem Schreiben darauf hingewiesen, dass es als Ermahnung im Sinne des § 6 Abs. 1 LDG NRW gelte. Die schriftliche Missbilligung vom 27. August 2012 wurde auch nicht durch das gleichfalls einen Verwaltungsakt darstellende Schreiben vom 8. Oktober 2012 aufgehoben. Vielmehr hat die Beklagte mit diesem Schreiben an der Ermahnung und deren Aufnahme in die Personalakte der Klägerin festgehalten. 25Schließlich hat die Klägerin mit ihrer als Widerspruchsbegründung bezeichneten Stellungnahme auch deutlich gemacht, dass sie sich inhaltlich gegen die schriftliche Missbilligung wendet, weil sie nach eigener Anschauung keinen Pflichtenverstoß begangen habe, und insoweit die Aufhebung der Ermahnung mitsamt dem Bestätigungsschreiben und die Entfernung des Vorgangs aus der Personalakte begehrt. 26Der Durchführung eines Widerspruchsverfahrens bedurfte es nach § 54 Abs. 2 Satz 3 BeamtStG und § 104 Abs. 1 Satz 1 LBG NRW nicht. Die mangels Rechtsbehelfsbelehrung geltende Jahresfrist nach § 58 Abs. 2 VwGO war bei Klageerhebung am 29. August 2013 noch nicht abgelaufen. Die Ermahnung wurde der Klägerin am 30. August 2012 bekannt gemacht. 27Die Klage ist auch begründet. 28Die schriftliche Missbilligung vom 27. August 2012 und das Schreiben vom 8. Oktober 2012 sind rechtswidrig und verletzten die Klägerin in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. 29Rechtsgrundlage für die der Klägerin gegenüber erfolgte Ermahnung als eine Unterform der in § 6 Abs. 1 Satz 2 LDG NRW vorgesehenen missbilligenden Äußerungen ist die sich aus dem allgemeinen Beamtenrecht ergebende Geschäftsleitungs-, Weisungs- und Aufsichtsbefugnis des Dienstherrn. Diese berechtigt den Dienstvorgesetzten im Rahmen der Dienstaufsicht dazu, kritisch-missbilligend gegen unterstellte Beamte einzuschreiten. Die Missbilligung ist als gemilderter Tadel eines der Ordnung zuwiderlaufenden Verhaltens zu verstehen, das spezial- oder generalpräventiven Zwecken dient. Es handelt sich um ein außerdisziplinarrechtliches pädagogisches Mittel, das Dienstvorgesetzte besitzen, um auf ein dienstlich zu beanstandendes, nicht notwendig schon ein Dienstvergehen darstellendes Verhalten angemessen reagieren zu können. 30Vgl. Sächsisches OVG, Urteil vom 18. Februar 2014 - 2 A 448/12 -, juris; VG Wiesbaden, Urteil vom 3. April 2014 - 28 K 943/12.WI.D, juris. 31Die schriftliche Missbilligung vom 27. August 2012 und das Schreiben vom 8. Oktober 2012 sind formell rechtmäßig. Eine schriftliche Missbilligung unterliegt nicht der Mitbestimmung des Personalrates. Einzig in Betracht kommender Mitbestimmungstatbestand ist vorliegend § 74 Abs. 2 LPVG NRW. Danach ist der Personalrat vor Abmahnungen anzuhören. Eine schriftliche Missbilligung ist jedoch keine Abmahnung im Sinne der Vorschrift. 32Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 5. August 1991 - CL 53/89 -, NWVBl. 1992, 135; VG Düsseldorf, Urteil vom 13. September 2011 - 10 K 2776/11 -, juris. 33Soweit die Klägerin vor Erlass der schriftlichen Missbilligung vom 27. August 2012 und des Schreibens vom 8. Oktober 2012 nicht gemäß § 28 Abs. 1 VwVfG NRW angehört wurde, ist ein entsprechender Mangel nachträglich nach § 45 Abs. 1 Nr. 3 VwVfG NRW geheilt worden. Die Klägerin hatte sowohl im Verwaltungsverfahren durch ihre "Widerspruchsbegründung" als auch im Klageverfahren Gelegenheit zur Stellungnahme. 34Die schriftliche Missbilligung vom 27. August 2012 und das Schreiben vom 8. Oktober 2012 sind jedoch materiell rechtswidrig. 35Die Klägerin hat gegen ihre Dienstleistungspflicht nach § 34 Satz 1 BeamtStG nicht verstoßen, weil sie am 8. August 2012 dienstunfähig erkrankt war. Dies ist durch die Dienstunfähigkeitsbescheinigung belegt und wird in der Sache von den Beteiligten auch als unstreitig angesehen. Weil die Dienstunfähigkeitsbescheinigung allein auf Kalendertage abstellt und die Klägerin vom 8. August 2012 bis zum 10. August 2012 für dienstunfähig erklärte, kann sich die Beklagte auch nicht darauf berufen, die Klägerin sei am Morgen des 8. August 2012 noch dienstfähig gewesen und hätte der Anordnung Folge leisten müssen, sich nach Alsdorf zu begeben. 36Selbst wenn man aber der Klägerin vorhielte, sie hätte am Morgen des 8. August 2012 in Alsdorf ihren Dienst antreten müssen, um von dort aus im Lauf des Tages einen Arzt aufzusuchen, wäre der Ausspruch einer dienstlichen Missbilligung ermessensfehlerhaft, weil die Möglichkeit einer milderen Maßnahme in die Ermessensauswahl nicht eingestellt wurde. 37Die Auswahl des Mittels der qualifizierten Missbilligung steht im pflichtgemäßen Ermessen des Dienstherrn. Dieser hat in die Ermessensauswahl einzustellen, dass ihm anstatt einer qualifizierten Missbilligung noch mehrere andere Maßnahmen der Kritik an dem Verhalten des Beamten zustehen, welche als mildere Mittel nicht in die Personalakte aufzunehmen sind. Die Beklagte hat die Möglichkeit einer milderen Maßnahme im Rahmen ihrer Ermessensausübung nicht in Betracht gezogen. Zwar geht sie in ihren Bescheiden zu Recht davon aus, dass die qualifizierte Missbilligung gegenüber der Einleitung eines Disziplinarverfahrens eine geringere Eingriffsintensität hat. Die Beklagte hat deshalb auch zu Recht davon abgesehen, ein Disziplinarverfahren einzuleiten. Sie hat aber ausweislich der Bescheide und des Verwaltungsvorgangs keine Erwägungen dahingehend angestellt, ob ein einfacher Hinweis oder eine Rüge ausreichend gewesen wären. 38Die Klage ist auch hinsichtlich des Klageantrags zu 2. begründet. 39Der Anspruch der Klägerin auf Entfernung des streitgegenständlichen Vorgangs, der neben der Ermahnung vom 27. August 2012 und dem Schreiben vom 8. Oktober 2012 auch den das Verfahren einleitenden Vermerk des Bereichsleiters vom 8. August 2012 und die Stellungnahmen der Klägerin umfasst, aus ihrer Personalakte folgt aus § 89 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 LBG NRW. Danach sind Unterlagen über Beschwerden, Behauptungen und Bewertungen, auf die die Tilgungsvorschriften des Disziplinarrechts keine Anwendung finden, mit Zustimmung des Beamten unverzüglich aus der Personalakte zu entfernen und zu vernichten, falls sie sich als unbegründet oder falsch erwiesen haben. Die Voraussetzungen der Vorschrift liegen vor, da die streitgegenständlichen Bescheide nach dem Vorstehenden rechtswidrig sind und die Klägerin ihre Zustimmung zur Entfernung erteilt hat. 40Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. 41Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 2, Abs. 1 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
die schriftliche ermahnung vom 27. august 2012 und das schreiben vom 8. oktober 2012 werden aufgehoben. die beklagte wird verurteilt, das schreiben des bereichsleiters vom 8. august 2012, die schriftliche ermahnung vom 27. august 2012 samt empfangsbekenntnis, den widerspruch der klägerin vom 4. september 2012 und die widerspruchsbegründung vom 27. september 2012 sowie das schreiben vom 8. oktober 2012 aus der personalakte der klägerin zu entfernen. die beklagte trägt die kosten des verfahrens das urteil ist hinsichtlich der kosten vorläufig vollstreckbar. die beklagte kann die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe von 110 % des aufgrund des urteils vollstreckbaren betrages abwenden, wenn nicht die klägerin vor der vollstreckung sicherheit in höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden betrages leistet. 1
2die klägerin wendet sich gegen eine schriftliche ermahnung und begehrt die entfernung dieses vorgangs aus ihrer personalakte. 3die am 00.00.0000 geborene klägerin wurde im august 2005 zur stadtinspektorin bei der stadt aachen ernannt und planmäßig zum 1. märz 2008 zur beamtin auf lebenszeit berufen. zuletzt war sie bei der stadt aachen als leistungssachbearbeiterin ar.ge tätig. weil bei der beklagten zum 1. januar 2011 eine gemeinsame einrichtung jobcenter gebildet wurde, wurde die klägerin am 30. dezember 2010 auf eigenen antrag in den dienstbereich der beklagten versetzt und für die dauer von fünf jahren der gemeinsamen einrichtung jobcenter zugewiesen. mit wirkung vom 1. juli 2011 wurde die klägerin zur städteregionsoberinspektorin ernannt und in eine planstelle der besoldungsgruppe a 10 bbesg eingewiesen. 4in einem vermerk vom 8. august 2012 hielt der bereichsleiter des jobcenters der beklagten fest, dass die klägerin sich grundsätzlich bereit erklärt hätte, in der woche vom 6. august 2012 bis zum 10. august 2012 wegen eines personalengpasses in der geschäftsstelle in b. zu arbeiten. nachdem die klägerin am 6. und 7. august 2012 in b. tätig gewesen war, habe sie ihn am morgen des 8. august 2012 von der dienststelle in aachen aus angerufen und mitgeteilt, sie könne nicht nach b. fahren, weil ihr pkw seit gestern defekt sei. den vorschlag, mit öffentlichen verkehrsmitteln zu fahren, habe sie abgelehnt, weil die tägliche fahrtzeit dann zwei stunden betrage. die klägerin habe sich im anschluss an das telefonat krank gemeldet und sei bis freitag, den 10. august 2012, arbeitsunfähig erkrankt gewesen. mit dem hinweis, die klägerin habe sich geweigert, einer dienstlichen anordnung folge zu leisten, bat der bereichsleiter die personalstelle um weitere veranlassung. 5mit schreiben vom 27. august 2012, zugestellt am 30. august 2012, wurde der klägerin eine ermahnung im sinne des § 6 abs. 1 satz 2 ldg nrw erteilt. sie habe sich geweigert, einer dienstlichen anordnung folge zu leisten, und damit eine pflichtverletzung nach § 35 beamtstg begangen. von einer einleitung eines disziplinarverfahrens werde aus gründen der verhältnismäßigkeit abgesehen. 6die klägerin legte unter dem 4. september 2012 widerspruch ein und beantragte, die ermahnung aus der personalakte zu entfernen. sie bemängelte die fehlenden anhörung und erläuterte, sie habe sich bereit erklärt, in b. auszuhelfen, weil sie mit ihrem pkw flexibel gewesen sei. am 6. und 7. august 2012 sei sie trotz erster krankheitssymptome in b. tätig gewesen. nachdem das auto nicht mehr fahrtüchtig gewesen sei, habe sie sich am 8. august 2012 trotz starker kopfschmerzen in die dienststelle in aachen begeben, um den bereichsleiter zu informieren. angesichts der fahrtzeit mit dem öpnv (ca. 80 minuten für den hinweg) und der tatsache, dass die geschäftsstelle in b. an dem besagten mittwoch bereits mittags schließe, habe sie gefragt, ob sich ein derartiger aufwand noch lohne. zudem habe sie den geschäftsleiter auf ihren schlechten gesundheitszustand verwiesen. die nachfrage nach anderen einsatzbereiten kollegen sei nicht beantwortet worden. ihre kopfschmerzen hätten sich während des gesprächs verschlimmert, so dass sie im nachgang ihrem teamleiter mitgeteilt habe, sie würde nunmehr einen arzt aufsuchen. die arbeitsunfähigkeitsbescheinigung für den rest der woche habe sie der personalabteilung eingereicht. sie habe sich keinesfalls geweigert, einer dienstlichen anordnung folge zu leisten, vielmehr habe ihr gesundheitszustand sie davon abgehalten, nach b. zu fahren. 7mit schreiben vom 8. oktober 2012 hielt die beklagte fest, dass sie verpflichtet sei, alle unterlagen, die unter den materiellen personalaktenbegriff fielen, in diese aufzunehmen. die ermahnung vom 27. august 2012 betreffe ein dienstliches fehlverhalten und sei damit teil der personalakte. die klägerische gegendarstellung werde man ebenfalls aufnehmen. 8die klägerin hat am 29. august 2013 klage erhoben. zur begründung führt sie aus, sie habe am mittwoch, dem 8. august 2012, eine mitfahrgelegenheit genutzt, um zu ihrem arbeitsplatz in aachen zu kommen. dort habe sie sich nach einem dienstwagen erkundigen wollen. ihr stehe ein anspruch auf entfernung des gesamten vorgangs aus der personalakte zu. die ermahnung sei keine disziplinarmaßnahme. ihre zustimmung zur entfernung liege vor. inhaltlich sei die ermahnung zudem unzutreffend. sie habe ihren vorgesetzten darauf hinweisen dürfen, dass die anordnung nicht zweckmäßig gewesen sei, weil die geschäftsstelle in b. um 12 uhr schließe. mangels dienstfähigkeit infolge krankheit könne sie nicht gegen ihre folgepflicht verstoßen haben. sie habe keine anordnung missachtet, sondern sei dienstunfähig erkrankt gewesen. daher sei die ermahnung aufzuheben. mangels rechtsbehelfsbelehrung gelte die jahresfrist, so dass die klage fristgerecht erhoben worden sei. 9die klägerin beantragt sinngemäß, 101. die schriftliche ermahnung vom 27. august 2012 und das schreiben vom 8. oktober 2012 aufzuheben sowie 112. die beklagte zu verurteilen, das schreiben des bereichsleiters vom 8. august 2012, die schriftliche ermahnung vom 27. august 2012 samt empfangsbekenntnis, den widerspruch vom 4. september 2012 und die widerspruchsbegründung vom 27. september 2012 sowie das schreiben vom 8. oktober 2012 aus ihrer personalakte zu entfernen. 12die beklagte beantragt, 13die klage abzuweisen. 14die klage sei unzulässig, weil die klägerin nicht um primärrechtsschutz gegen die ermahnung nachgesucht habe. der widerspruch habe sich nur auf die entfernung aus der personalakte bezogen. es fehle an einem auf aufhebung der ermahnung gerichteten vorverfahren nach § 126 abs. 3 brrg. zudem sei die klage unbegründet. die klägerin hätte am 8. august 2012 nicht in die geschäftsstelle aachen fahren dürfen, sondern in b. ihre arbeitsstelle aufsuchen müssen. sie habe gegen ihre dienstleistungspflicht aus § 34 satz 1 beamtstg verstoßen. die dienstunfähigkeitsbescheinigung ändere hieran nichts. zum zeitpunkt der weisung ihres vorgesetzten sei die klägerin nach ihrem eigenen vortrag noch nicht dienstunfähig gewesen. 15wegen der weiteren einzelheiten wird auf den inhalt der gerichtsakte und der beigezogenen verwaltungsvorgänge bezug genommen. 16
17die entscheidung ergeht im einverständnis der beteiligten ohne mündliche verhandlung (§ 101 abs. 2 vwgo). 18die klage hat erfolg. 19sie ist zulässig. der verwaltungsrechtsweg ist eröffnet, § 40 abs. 1 vwgo. die gegenüber der klägerin ausgesprochene ermahnung ist eine missbilligende äußerung im sinne des § 6 abs. 1 satz 2 ldg nrw. nach der vorschrift sind missbilligende äußerungen (zurechtweisungen, ermahnungen oder rügen), die nicht ausdrücklich als verweis bezeichnet werden, keine disziplinarmaßnahmen. gegen sie ist deshalb nicht der rechtsweg zu den disziplinargerichten gegeben. 20vgl. ovg nrw, beschluss vom 17. märz 1967 - w 8/63 -, ovge mülü 23, 118; vg gelsenkirchen, urteil vom 22. oktober 2008 - 1 k 292/07 -, juris. 21statthafte klageart gegen die schriftliche missbilligung in form der ermahnung vom 27. august 2012 und das schreiben vom 8. oktober 2012 ist die anfechtungsklage, § 42 abs. 1 vwgo. beide maßnahmen sind verwaltungsakte im sinne des § 35 satz 1 vwvfg nrw. 22in den streitgegenständlichen maßnahmen hat die beklagte der klägerin zu last gelegt, gegen ihre dienstpflichten verstoßen zu haben, und sie ermahnt. eine schriftliche missbilligung, die ausdrücklich oder den umständen nach den vorwurf einer schuldhaften dienstpflichtverletzung, also eines dienstvergehens, enthält, erfüllt als qualifizierte missbilligung oder missbilligung im engeren sinn die voraussetzungen eines verwaltungsaktes im sinne des § 35 satz 1 vwvfg, ist zur personalakte zu nehmen und kann mit der anfechtungsklage angegriffen werden. 23vgl. vg aachen, urteil vom 17. juli 2014 - 1 k 270/14 -, n.v.; niedersächsisches ovg, urteil vom 22. januar 2013 - 5 lb 227/11 -, dvbl. 2013, 397; vg gelsenkirchen, urteil vom 22. oktober 2008 - 1 k 292/07 -, a.a.o. 24die schriftliche missbilligung vom 27. august 2012 ist trotz einer fehlenden rechtsmittelbelehrung ein verwaltungsakt. dem schreiben lässt sich in keiner form entnehmen, dass es nur eine vorbereitende verfügung (im sinne einer anhörung) vor dem endgültigen ausspruch der ermahnung sein soll. es wurde vielmehr in dem schreiben darauf hingewiesen, dass es als ermahnung im sinne des § 6 abs. 1 ldg nrw gelte. die schriftliche missbilligung vom 27. august 2012 wurde auch nicht durch das gleichfalls einen verwaltungsakt darstellende schreiben vom 8. oktober 2012 aufgehoben. vielmehr hat die beklagte mit diesem schreiben an der ermahnung und deren aufnahme in die personalakte der klägerin festgehalten. 25schließlich hat die klägerin mit ihrer als widerspruchsbegründung bezeichneten stellungnahme auch deutlich gemacht, dass sie sich inhaltlich gegen die schriftliche missbilligung wendet, weil sie nach eigener anschauung keinen pflichtenverstoß begangen habe, und insoweit die aufhebung der ermahnung mitsamt dem bestätigungsschreiben und die entfernung des vorgangs aus der personalakte begehrt. 26der durchführung eines widerspruchsverfahrens bedurfte es nach § 54 abs. 2 satz 3 beamtstg und § 104 abs. 1 satz 1 lbg nrw nicht. die mangels rechtsbehelfsbelehrung geltende jahresfrist nach § 58 abs. 2 vwgo war bei klageerhebung am 29. august 2013 noch nicht abgelaufen. die ermahnung wurde der klägerin am 30. august 2012 bekannt gemacht. 27die klage ist auch begründet. 28die schriftliche missbilligung vom 27. august 2012 und das schreiben vom 8. oktober 2012 sind rechtswidrig und verletzten die klägerin in ihren rechten, § 113 abs. 1 satz 1 vwgo. 29rechtsgrundlage für die der klägerin gegenüber erfolgte ermahnung als eine unterform der in § 6 abs. 1 satz 2 ldg nrw vorgesehenen missbilligenden äußerungen ist die sich aus dem allgemeinen beamtenrecht ergebende geschäftsleitungs-, weisungs- und aufsichtsbefugnis des dienstherrn. diese berechtigt den dienstvorgesetzten im rahmen der dienstaufsicht dazu, kritisch-missbilligend gegen unterstellte beamte einzuschreiten. die missbilligung ist als gemilderter tadel eines der ordnung zuwiderlaufenden verhaltens zu verstehen, das spezial- oder generalpräventiven zwecken dient. es handelt sich um ein außerdisziplinarrechtliches pädagogisches mittel, das dienstvorgesetzte besitzen, um auf ein dienstlich zu beanstandendes, nicht notwendig schon ein dienstvergehen darstellendes verhalten angemessen reagieren zu können. 30vgl. sächsisches ovg, urteil vom 18. februar 2014 - 2 a 448/12 -, juris; vg wiesbaden, urteil vom 3. april 2014 - 28 k 943/12.wi.d, juris. 31die schriftliche missbilligung vom 27. august 2012 und das schreiben vom 8. oktober 2012 sind formell rechtmäßig. eine schriftliche missbilligung unterliegt nicht der mitbestimmung des personalrates. einzig in betracht kommender mitbestimmungstatbestand ist vorliegend § 74 abs. 2 lpvg nrw. danach ist der personalrat vor abmahnungen anzuhören. eine schriftliche missbilligung ist jedoch keine abmahnung im sinne der vorschrift. 32vgl. ovg nrw, beschluss vom 5. august 1991 - cl 53/89 -, nwvbl. 1992, 135; vg düsseldorf, urteil vom 13. september 2011 - 10 k 2776/11 -, juris. 33soweit die klägerin vor erlass der schriftlichen missbilligung vom 27. august 2012 und des schreibens vom 8. oktober 2012 nicht gemäß § 28 abs. 1 vwvfg nrw angehört wurde, ist ein entsprechender mangel nachträglich nach § 45 abs. 1 nr. 3 vwvfg nrw geheilt worden. die klägerin hatte sowohl im verwaltungsverfahren durch ihre "widerspruchsbegründung" als auch im klageverfahren gelegenheit zur stellungnahme. 34die schriftliche missbilligung vom 27. august 2012 und das schreiben vom 8. oktober 2012 sind jedoch materiell rechtswidrig. 35die klägerin hat gegen ihre dienstleistungspflicht nach § 34 satz 1 beamtstg nicht verstoßen, weil sie am 8. august 2012 dienstunfähig erkrankt war. dies ist durch die dienstunfähigkeitsbescheinigung belegt und wird in der sache von den beteiligten auch als unstreitig angesehen. weil die dienstunfähigkeitsbescheinigung allein auf kalendertage abstellt und die klägerin vom 8. august 2012 bis zum 10. august 2012 für dienstunfähig erklärte, kann sich die beklagte auch nicht darauf berufen, die klägerin sei am morgen des 8. august 2012 noch dienstfähig gewesen und hätte der anordnung folge leisten müssen, sich nach alsdorf zu begeben. 36selbst wenn man aber der klägerin vorhielte, sie hätte am morgen des 8. august 2012 in alsdorf ihren dienst antreten müssen, um von dort aus im lauf des tages einen arzt aufzusuchen, wäre der ausspruch einer dienstlichen missbilligung ermessensfehlerhaft, weil die möglichkeit einer milderen maßnahme in die ermessensauswahl nicht eingestellt wurde. 37die auswahl des mittels der qualifizierten missbilligung steht im pflichtgemäßen ermessen des dienstherrn. dieser hat in die ermessensauswahl einzustellen, dass ihm anstatt einer qualifizierten missbilligung noch mehrere andere maßnahmen der kritik an dem verhalten des beamten zustehen, welche als mildere mittel nicht in die personalakte aufzunehmen sind. die beklagte hat die möglichkeit einer milderen maßnahme im rahmen ihrer ermessensausübung nicht in betracht gezogen. zwar geht sie in ihren bescheiden zu recht davon aus, dass die qualifizierte missbilligung gegenüber der einleitung eines disziplinarverfahrens eine geringere eingriffsintensität hat. die beklagte hat deshalb auch zu recht davon abgesehen, ein disziplinarverfahren einzuleiten. sie hat aber ausweislich der bescheide und des verwaltungsvorgangs keine erwägungen dahingehend angestellt, ob ein einfacher hinweis oder eine rüge ausreichend gewesen wären. 38die klage ist auch hinsichtlich des klageantrags zu 2. begründet. 39der anspruch der klägerin auf entfernung des streitgegenständlichen vorgangs, der neben der ermahnung vom 27. august 2012 und dem schreiben vom 8. oktober 2012 auch den das verfahren einleitenden vermerk des bereichsleiters vom 8. august 2012 und die stellungnahmen der klägerin umfasst, aus ihrer personalakte folgt aus § 89 abs. 1 satz 1 nr. 1 lbg nrw. danach sind unterlagen über beschwerden, behauptungen und bewertungen, auf die die tilgungsvorschriften des disziplinarrechts keine anwendung finden, mit zustimmung des beamten unverzüglich aus der personalakte zu entfernen und zu vernichten, falls sie sich als unbegründet oder falsch erwiesen haben. die voraussetzungen der vorschrift liegen vor, da die streitgegenständlichen bescheide nach dem vorstehenden rechtswidrig sind und die klägerin ihre zustimmung zur entfernung erteilt hat. 40die kostenentscheidung folgt aus § 154 abs. 1 vwgo. 41die entscheidung zur vorläufigen vollstreckbarkeit beruht auf § 167 abs. 2, abs. 1 vwgo i. v. m. §§ 708 nr. 11, 711 zpo.
Klaeger*in
1
167,473
13 A 1374/14
2015-02-25T00:00:00
Urteil
Tenor Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 20. Mai 2014 geändert. Die Klage wird abgewiesen, soweit der Bescheid vom 21. Dezember 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Februar 2012 die Arzneimittel Hyposedon N und Kavain Harras N betrifft. Die weitergehende Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. Die Revision wird zugelassen, soweit die Berufung zurückgewiesen worden ist. 1Tatbestand: 2Die Klägerin ist ein pharmazeutisches Unternehmen. Sie wendet sich gegen den Widerruf der Zulassung der Präparate L. Kapseln und L. Tropfen, die sie bis zum Jahr 2001 in den Verkehr gebracht hatte. Für das zuerst genannte Präparat wurde die beantragte Nachzulassung bislang nicht erteilt. Für das Präparat L. Tropfen hatte das BfArM die Zulassung mit einer Dosierung von zwei- bis dreimal täglich 30 Tropfen bezogen auf 2500 mg Kavalactone/ 100 ml Flüssigkeit mit Bescheid vom 23. Dezember 1999 erteilt. 3Bei den Präparaten handelt es sich um pflanzliche Angstlöser (Anxiolytika) zur Anwendung bei nervösen Angst-, Spannungs- und Unruhezuständen, die als Wirkstoff den Kava-Kava-Wurzelstock-Trockenextrakt - Piperis methystici rhizoma - in Gestalt eines ethanolischen Auszugs enthalten. 4Die Anwendungsgebiete der Arzneimittel der Klägerin entsprachen den Vorgaben der Monographie der Kommission E vom 1. Juni 1990. Ihre Verschreibungspflicht wurde im Jahr 2002 beschlossen. 5Im Jahr 2001 leitete das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) aufgrund von Berichten über Verdachtsfälle von Nebenwirkungen in Gestalt lebertoxischer Effekte bei acetonischen Kava-Kava-Auszügen insbesondere aus der Schweiz ein Stufenplanverfahren nach § 63 AMG ein. Nach Anhörung der betroffenen pharmazeutischen Unternehmen widerrief das BfArM mit Bescheid vom 14. Juni 2002 erstmals die Zulassungen Kava-Kava- und Kavain-haltiger Arzneimittel bis zu einer homöopathischen Verdünnung von D4. Hiergegen legten die betroffenen Unternehmen Widerspruch ein, woraufhin das BfArM an der Widerrufsentscheidung nicht festhielt, sondern stattdessen mit Bescheid vom 12. Mai 2005 ein befristetes Ruhen der betroffenen Zulassungen anordnete. 6Nachdem zwischen den beteiligten Unternehmen, ihren Verbänden und dem BfArM über die Art des vorzulegenden wissenschaftlichen Erkenntnismaterials keine Einigung erzielt werden konnte, widerrief die Behörde mit dem streitgegenständlichen Bescheid vom 21. Dezember 2007 die Zulassungen Kava-Kava- und Kavain-haltiger Arzneimittel und homöopathischer Zubereitungen aus Kava-Kava-Zubereitungen. Es bestehe weiterhin der Widerrufsgrund des § 30 Abs. 1 i.V.m. § 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 AMG, da der begründete Verdacht schädlicher Wirkungen auch unter Berücksichtigung der von den betroffenen Unternehmen und ihren Verbänden vorgelegten Unterlagen fortbestehe. Das Ruhen der Zulassungen sei angeordnet worden, um den betroffenen Unternehmen Gelegenheit zu geben, Studienergebnisse vorzulegen, die die Wirksamkeit in dem beanspruchten Anwendungsgebiet in einem Maße belegten, dass die bekannten hepatotoxischen Risiken vertretbar seien. Die vorgelegten toxikologischen Untersuchungen lieferten keine hinreichende Grundlage für die Risikoabschätzung. Anhand der in-vitro-Studien könne zwar ein gewisser Toxizitätsvergleich der untersuchten Kava-Kava-Extrakte bzw. Kavalactone aufgestellt werden. Eine direkte Risikoabschätzung bzw. ein Unbedenklichkeitsnachweis für die Anwendung sämtlicher Arten von Kava-Kava-Extrakten am Menschen könne daraus aber nicht abgeleitet werden. Die in-vivo-Studien wiesen methodische Mängel auf und seien deswegen nicht bewertungsfähig. Zudem beschränke sich die Aussagekraft der Studie von DiSilvestro et al. auf einen bestimmten Kava-Kava-Extrakt und könne deswegen nicht zur Risikoabschätzung von Kava-Kava-Arzneimitteln allgemein herangezogen werden. In der Studie von L. Sorrentino et al. seien nicht genügend Parameter zum Ausschluss der Lebertoxizität erhoben worden. Zudem fehlten Daten zur Pharmakokinetik bzw. Toxikokinetik der potentiell toxischen Inhaltsstoffe. Es sei weiterhin unklar, ob die Ratte die geeignete Tierspezies sei, um vergleichbare hepatotoxische Effekte auszulösen, wie sie aufgetreten seien. Die nachgereichten Publikationen lieferten keine Erkenntnisse, die eine Hepato-toxizität der von dem Stufenplan betroffenen deutschen Kava-Kava-haltigen Arzneimittel ausschlössen oder relativierten. Deren Fehlen in den vorliegenden Untersuchungen stehe im Widerspruch zu den klinischen Befunden. Mangels weiterer Untersuchungen, die die pharmazeutischen Unternehmen zwar angekündigt, aber nicht durchgeführt hätten, seien nach wie vor weder die Mechanismen der klinisch aufgetretenen hepatotoxischen Effekte noch das klinisch relevante Toxin bekannt. 7Der Bescheid enthält eine Zusammenfassung der vorliegenden Erkenntnisse zum Risiko der Einnahme Kava-Kava-haltiger Präparate und verweist insoweit auf einen Bericht der Weltgesundheitsorganisation (WHO) aus dem Jahr 2007, der eine Bewertung von 93 Fallberichten zu Leberschädigungen enthalte. Außerdem wird in dem Bescheid auf den Bericht der britischen Gesundheitsbehörde Medicines and Healthcare Products Regulatory Agency (MHRA) vom 27. Juni 2006 verwiesen, in dem - nach Ländern gegliedert - die bei der MHRA eingegangenen Meldungen zu 110 Nebenwirkungsverdachtsfällen weltweit - darunter die überwiegende Anzahl aus Deutschland - aufgeführt sind. 8Den hiernach bestehenden Risiken stehe der Umstand gegenüber, dass neuere Untersuchungen zum Beleg der Wirksamkeit Kava-Kava- sowie Kavalacton-haltiger Arzneimittel nicht vorgelegt worden seien. Bei Arzneimitteln, für die es ‑ jedenfalls bei der vorgeschlagenen Dosierung - keine ausreichenden Wirksamkeitsbelege gebe, sei ein nicht zu eliminierendes Risiko nicht hinnehmbar, wenn es um schwerwiegende unerwünschte Arzneimittelwirkungen (UAW) gehe. Risikominimierende Maßnahmen wie die Unterstellung unter die Verschreibungspflicht, die Begrenzung der Dosierung und Leberfunktionstests rechtfertigten keine abweichende Bewertung, zumal bei der Behandlung von Angststörungen mit Benzodiazepinen, Buspiron und einigen Serotoninwiederaufnahmehemmern wie Paroxetin und Citalopram therapeutische Alternativen zur Verfügung stünden. Deren Wirksamkeit in der Behandlung von unterschiedlichen Formen von Angststörungen sei im Gegensatz zu Kava-Kava-haltigen Arzneimitteln in mehreren klinischen Studien gut untersucht und belegt worden. Das bei Benzodiazepinen bestehende Abhängigkeitsrisiko rechtfertige es nicht, das mit Kava-Kava-Produkten verbundene Risiko hinzunehmen. 9In einer zusammenfassenden Bewertung führte das BfArM aus, dass bei monographiekonformer Dosierung bis 120 mg Kava-Pyrone als Tagesdosis das Risiko von Leberschädigungen zwar geringer, aber immer noch deutlich vorhanden sei. Bei Dosierungen oberhalb von 120 mg Kava-Pyronen bestehe zwar ein gewisser Anhalt für die Wirksamkeit; das Risiko für Leberschäden sei dann aber zu groß. 10Die Klägerin erhob gegen den Bescheid Widerspruch. In einer Stellungnahme des Bundesverbandes der Arzneimittelhersteller e.V. (BAH) zum Widerruf der Zulassungen, die sich die Klägerin zu eigen machte, führte der Verband aus, die Annahme schädlicher Wirkungen Kava-Kava- und Kavain-haltiger Arzneimittel sei unzutreffend. Das BfArM habe die neu vorgelegten toxikologischen Untersuchungen nicht bewertet bzw. keinen nachvollziehbaren Bewertungskriterien unterworfen. Die Kommission E habe in ihrer Sitzung vom 27. Februar 2002 unter dem Vorbehalt bestimmter Sicherheitsmaßnahmen ein klares Votum zur weiteren Verkehrsfähigkeit Kava-Kava-haltiger Arzneimittel abgegeben. Auch berücksichtige der Bescheid nicht, dass § 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 AMG in seiner seit dem 6.September 2005 geltenden Fassung keinen „begründeten Verdacht schädlicher Wirkungen“, sondern ein ungünstiges Nutzen-Risiko-Verhältnis voraussetze. Kava-Kava erfülle die Voraussetzungen eines „well-established use“. Es werde seit Jahrzehnten in der Europäischen Union medizinisch verwendet. Wirkungen und Nebenwirkungen seien bekannt. Neue klinische Studien könnten folglich nicht verlangt werden. Zudem könne eine klinische Studie keine Erkenntnisse über seltene Nebenwirkungen liefern. Anlass zu Kritik an den eingereichten toxikologischen Studien bestehe nicht. Andere therapeutische Ansätze wie z.B. Benzodiazepine stellten aufgrund ihrer Risiken keine therapeutische Alternative dar. Andere Arzneistoffe wiesen das gleiche oder sogar ein höheres Risiko für Leberschädigungen und zudem weitere schwerwiegendere unerwünschte Effekte als Kava-Kava auf, insbesondere sei ein Anstieg der Suizidrate bekannt. Die Ergebnisse des Berichts der MHRA seien wegen der gänzlich anderen Indikation in Großbritannien (Blasenerkrankungen) nicht übertragbar. Die Bewertung der vorliegenden Fallmeldungen sei nicht sachgerecht. Ihre Inzidenzrate werde vom BfArM nach wie vor nicht berücksichtigt. 11In der Folgezeit führten Gespräche und Schriftwechsel zwischen den pharmazeutischen Unternehmen und dem BfArM zu keinem Ergebnis. Der Widerspruch der Klägerin blieb zunächst unbeschieden. 12Unter dem 29. März 2011 richtete die Klägerin Änderungsanzeigen für beide Präparate an das BfArM, deren Inhalt jeweils die Verdoppelung der Dosierung ist. 13In den für beide Präparate beigefügten Fachinformationen, Stand März 2011, ist 14für L. Tropfen eine Dosierung von zwei- bis dreimal täglich 60 Tropfen vorgesehen, wobei 100 ml Flüssigkeit 2500 mg Kavalactone enthalten. Die Dosierung für L. Kapseln ist mit viermal täglich einer Kapsel vorgesehen, wobei eine Kapsel 50 mg Kavalactone enthält. Unter den Gegenanzeigen ist u.a. eine vorbestehende Leberschädigung und (nur) in den Fachinformationen für L. Kapseln erheblicher Alkoholkonsum aufgeführt. Unter der Rubrik Nebenwirkungen enthalten sie den Hinweis auf sehr selten auftretende Leberschäden unterschiedlicher Schweregrade (Transaminasenanstieg, Ikterus, Hepatitis). In einigen Fällen sei es nach der Einnahme der empfohlenen oder der zwei- bis dreifachen Dosierung bei Kava-Kava-Zubereitungen bereits nach acht Wochen zu einem irreversiblen Leberversagen gekommen. Es werde weiter darauf hingewiesen, dass eine Ausdehnung über einen Monat hinaus mit dem Arzt abzustimmen sei, damit gegebenenfalls Laborkontrollen der Leberfunktion durchgeführt werden könnten. Als Wechselwirkung sei eine Wirkungsverstärkung von zentral wirksamen Substanzen wie Alkohol, Barbituraten, Psychopharmaka und Muskelrelaxanzien möglich. Eine Verstärkung hepatotoxischer Wirkungen anderer Arzneimittel durch die zeitnahe Einnahme von Kava-Kava-Zubereitungen könne nicht ausgeschlossen werden. Die Gebrauchsinformationen, Stand März 2011, enthalten den Hinweis auf die Symptome einer fortgeschrittenen Leberschädigung, bei deren Auftreten das Präparat umgehend abzusetzen und ein Arzt zu konsultieren sei. Für L. Tropfen sind Packungsgrößen von 50 ml und 100 ml vorgesehen und für L. Kapseln von 20/50/100 Kapseln. 15Das BfArM hat den Änderungsanzeigen in der Folgezeit nicht widersprochen. 16Die Klägerin hat am 20. Dezember 2011 die vorliegende Klage zunächst als Untätigkeitsklage erhoben und zugleich im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Anordnung deren aufschiebender Wirkung beantragt (VG Köln 7 L 1919/11). Diesen Antrag hat sie am 24. Mai 2012 zurückgenommen. Nach Erlass des Widerspruchsbescheides am 15. Februar 2012 hat die Klägerin ihr Klagebegehren umgestellt und mit Schriftsatz vom 28. Februar 2012 im Wege der Anfechtungsklage beantragt, den Bescheid vom 21. Dezember 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Februar 2012 aufzuheben, soweit hiervon die Arzneimittel L. Tropfen und L. Kapseln betroffen sind. 17Zur Begründung der Klage hat sie im Wesentlichen ausgeführt: Der Widerruf der Zulassungen sei rechtswidrig. Das Nutzen-Risiko-Verhältnis für Kava-Kava-haltige Arzneimittel, die auf einem ethanolischen Extrakt des Kava-Kava-Wurzelstocks basierten, sei nicht ungünstig. Die Wirksamkeit des Arzneimittels sei bei einer Dosierung von 240 mg Kava-Pyrone, berechnet nach der Hochleistungsflüssigkeitschromatographie-Methode - engl. high performance liquid chromatography - (HPLC-Methode) auf sechs Kava-Pyrone, belegt. Die von der Kommission E angegebenen 120 mg Kava-Pyrone seien mittels Dünnschichtchromatographie (DC) beschränkt auf drei Kava-Pryrone berechnet worden. Deswegen entsprächen 120 mg Kava-Pyrone berechnet nach der DC-Methode 240 mg Kava-Pyrone berechnet nach der. Überdies sei Ende der 80er Jahre eine exakte quantitative Bestimmung aller maßgeblichen sechs Kavalactone auch mit Hilfe der HPLC-Methode nicht möglich gewesen. Demzufolge entsprächen die in der Monographie ermittelten 120 mg nicht dem Gesamtgehalt an Kavalactonen. Vielmehr sei der Kavalactongehalt der Kava-Produkte, die in der Monographie Berücksichtigung gefunden hätten, nach heutigen Standards wesentlich höher anzusetzen. 18Der Einwand des BfArM, die Mittel seien nicht wirksam, beruhe darauf, dass die betroffenen Unternehmen auf entsprechende Forderung des BfArM die Dosierung halbiert hätten, um sich numerisch an die Monographie anzupassen. Das sei inzwischen mit Blick auf die unterschiedlichen Berechnungsgrundlagen durch die mit der Änderungsanzeige erfolgte Anhebung auf die alte Menge von 240 mg Kava-Pyrone korrigiert worden. Bei der Bewertung der Wirksamkeit müsse deswegen nach aktuellem Stand der Zulassung für alle betroffenen Arzneimittel eine Dosierung von 240 mg Kava-Pyrone zugrunde gelegt werden. 19Die vorliegenden Fälle unerwünschter Ereignisse in Zusammenhang mit Kava-Kava seien vom BfArM unrichtig und teilweise anders als von anderen Institutionen bewertet worden. Auf der Grundlage der Auswertung durch Teschke et al. aus dem Jahr 2008 ergäben sich lediglich drei Fälle, in denen überhaupt von einer Auslösung durch Kava-Kava auszugehen sei. In zwei dieser Fälle habe es sich um acetonische Extrakte gehandelt. Der verbleibende Fall stehe im Zusammenhang mit einer Allergie. Die Häufung von UAW-Meldungen in den Jahren 2001 und 2002 sei zudem durch die aktive negative Informationspolitik des BfArM zu erklären. Im Gegensatz zum BfArM habe die schweizerische Behörde nicht auf Vorlage präklinischer Studien bestanden, sondern nur eine Anwendungsbeobachtung gefordert, die jedoch wegen des deutschen Kava-Kava-Verbots abgebrochen worden sei. In den USA würden Kava-Kava-Produkte nach wie vor als Nahrungsergänzungsmittel in den Verkehr gebracht. 20Die Risiken in Betracht zu ziehender Alternativpräparate - insbesondere Benzodiazepine und Antidepressiva - seien ungleich höher als die der betroffenen Kava-Kava-Produkte. Das angestrebte Ziel der Verminderung von Therapierisiken könne mit dem Widerruf nicht erreicht werden. Anstelle des geringeren Risikos von Kava-Kava-Produkten lasse das BfArM zu, Arzneimittel einzusetzen, deren Anwendung für die Patienten mit weit größeren Risiken verbunden sei. Noch bis zum Jahr 2001 habe das BfArM Neuzulassungen für Kava-Kava-haltige Arzneimittel erteilt. 21Mit Bescheid vom 15. Februar 2012 hat das BfArM den Widerspruch der Klägerin unter Wiederholung und Vertiefung seiner vorherigen Ausführungen zum Risiko der Anwendung Kava-Kava-haltiger Arzneimittel als unbegründet zurückgewiesen. In Deutschland seien 48 Fälle lebertoxischer Reaktionen registriert worden, von denen 26 ausreichend gut dokumentiert seien. In sieben Fällen habe eine Lebertransplantation vorgenommen werden müssen. Zwei dieser Patienten und eine Patientin ohne Lebertransplantation seien verstorben. In zwei Fällen sei die lebertoxische Reaktion nach Absetzen des Kava-Kava-Produkts zurückgegangen und bei Reexposition erneut aufgetreten. In dreizehn Fällen sei aufgrund des zeitlichen Zusammenhangs, des Fehlens lebertoxischer Faktoren und einer entsprechenden Komedikation ein Kausalzusammenhang wahrscheinlich. In einzelnen dieser Fälle sei eine synergistische Beteiligung eines anderen Arzneimittels (z.B. eines Estrogens) als möglich anzusehen, ohne dass dies die Annahme gerechtfertigt hätte, dass das Kava-Kava-Arzneimittel nicht an der hepatotoxischen Reaktion beteiligt gewesen wäre. In weiteren fünf spontan gemeldeten Fällen sei ein Kausalzusammenhang „möglich bis wahrscheinlich“ und in den restlichen Fällen „möglich“. Aus den dargestellten Fällen gehe hervor, dass Kava-Kava eindeutig das Potential zu schwerer Lebertoxizität habe. Der Effekt weise ein durchaus charakteristisches Muster auf mit einem zeitlichen Gipfel bei drei bis vier Monaten nach Medikationsbeginn und einer wahrscheinlich höheren Toxizität bei höheren Dosen. 22Zur toxikologischen Bewertung von Kava-Kava-Extrakten fehlten weiterhin nach heutigen Standards durchgeführte Tierstudien. Die Wirksamkeit der ethano-lischen Kava-Kava-Auszüge als Anxiolytikum sei unverändert als nicht belegt anzusehen. Ein Vergleich des Nutzen-Risiko-Profils mit therapeutischen Alternativen setze diesen Wirksamkeitsnachweis aber voraus. 23Mit Auflagenbeschluss vom 30. Oktober 2012 hat das Verwaltungsgericht der Beklagten aufgegeben, eine Zusammenstellung nebst Wirksamkeitsbelegen und Nebenwirkungsprofil von Benzodiazepin-haltigen, in Deutschland verkehrsfähigen Arzneimitteln vorzulegen, deren Anwendungsgebiet ganz oder teilweise der Indikation „Nervöse Angst-, Spannungs- und Unruhezustände“ entspricht. Zugleich hat es der Klägerin aufgegeben, darzulegen, ob und unter welchen Voraussetzungen toxikologische Untersuchungen in vivo mit dem Wirkstoff ihres Arzneimittels an einer weiteren Tierart, die nicht Nagetier ist, durchgeführt werden können. 24Die Beklagte ist diesen Auflagen nachgekommen und hat hierzu erwidert, es sei reine Spekulation und durch nichts belegt, dass Patienten nach dem Verbot von Kava-Kava auf Benzodiazepine übergegangen seien. Deren Verwendung sei durch die Hinweise an die Ärzte zum bestimmungsgemäßen Gebrauch von Benzodiazepin-haltigen Präparaten limitiert. Auch weise die Fachinformation auf den überwiegenden Einsatz dieser Arzneistoffe bei schweren Angstzuständen, Schlafstörungen sowie zur Behandlung von Muskelverspannungen und Epilepsien sowie die zeitliche Begrenzung einer Behandlung hin. Zur symptomatischen Behandlung von Angstzuständen (Leitsymptomatik: Angst, innere Unruhe, Spannungszustände) stehe der Wirkstoff Buspiron zur Verfügung, ein Serotonin ohne erhöhtes Abhängigkeitspotential, aber mit verzögertem Wirkungseintritt. Daneben hat das BfArM auf unterschiedliche Psychopharmaka, ferner auf andere pflanzliche Präparate wie Baldrian, Hopfen, Melisse, Passionsblume oder Johanniskraut verwiesen. Die von Klägerseite vertretene Annahme unterschiedlicher Risiken verschiedener Kava-Kava-Kultivare sei spekulativ, da sich die Nebenwirkungsmeldungen gleichmäßig auf die verschiedenen Kultivare und Extrakte verteilten. In einem Fall sei es sogar zu einer „positiven Rechallenge“ - einem Wiederauftreten der Nebenwirkung nach erneuter Gabe - gekommen, was eine gesicherte Kausalität begründe. Zudem habe sich in mehreren vom National Toxicology Program (NTP) der USA mit einem handelsüblichen Kava-Kava-Extrakt durchgeführten Studien ergeben, dass die Leber Hauptzielorgan toxischer und kanzerogener Effekte sei. 25Die Klägerin hat sich in ihrer Gegenäußerung zum Auflagenbeschluss gegen das Erfordernis weiterer tierexperimenteller Toxizitätsstudien gewandt und dazu ausgeführt: Das bisherige Datenmaterial habe ein hepatotoxisches Potential von Kava-Kava nicht belegen können. Nebenwirkungen seien insoweit in der Vergangenheit in erster Linie bei acetonischen Kava-Kava-Extrakten und minderwertigen Sorten aufgetreten. Unter Zugrundelegung des zutreffenden Bewertungsschemas (sog. RUCAM-Schema des Council for International Organisations of Medical Sciences - CIOMS - der WHO) wären zahlreiche Meldungen nicht auf Kava-Kava zurückzuführen. Der einzelne Fall einer Rechallenge hätte in diesem Licht unter dem Gesichtspunkt einer Allergie bewertet werden müssen. Zur Gewinnung weiterer Erkenntnisse über das Risiko am Menschen sei eine Beobachtung von Patienten im Rahmen der laufenden Behandlung geeignet (sog. Post Authorisation Safety Study, „PASS“). Entsprechendes sei vom BfArM auch im Fall von Pelargonium („Umckaloabo“) akzeptiert worden. Die bestehende toxikologische Datenlage reiche aus. Es lägen allein in Deutschland Erfahrungswerte über einen Zeitraum von 100 Jahren vor. Die Klägerin verweist in diesem Zusammenhang u.a. auf eine Reihe - teils neuerer - Studien, die ein hepato-toxisches Risiko des ethanolischen Extrakts, insbesondere bei einer Anwen-dungsdauer von bis zu vier Wochen, nicht hätten belegen können. In den USA sei Kava-Kava nach wie vor unbeanstandet als Nahrungsergänzungsmittel verkehrsfähig. Kanzerogene Effekte seien bei Mäusen festgestellt worden; dieses Spezies-spezifische Phänomen trete in dieser Form auch bei Benzodiazepinen auf und erfordere eine Langzeitgabe sehr hoher Dosen. Zudem hätten andere Studien gezeigt, dass Kava-Kava nicht mutagen sei. Die Beklagte lasse - der Zulassungspraxis des BfArM widersprechend - bei der Auswertung der Nebenwirkungsmeldungen konsequent die erforderliche Differenzierung der Arzneimittel nach Art der Droge und Extraktionsmittel vermissen. 26Im Gegensatz zur Auffassung der Beklagten seien Benzodiazepine bei der Nutzen-Risiko-Abwägung von Kava-Kava durchaus in den Blick zu nehmen. Die Beklagte selbst benenne Benzodiazepine als risikoärmere Alternative zu Kava-Kava. Angesichts des teilweise identischen Anwendungsgebiets von Kava-Kava und mit Blick auf die Verschreibungszahlen 1998 und 1999 lasse sich feststellen, dass bei etwa jeder 10. Verordnung die Wahl auf Kava-Kava als risikoärmere Alternative zu Benzodiazepinen gefallen sei. Das von der Beklagten aufgrund des Auflagenbeschlusses vorgelegte Material belege ein erhebliches Nebenwirkungspotential von Benzodiazepinen, die in ihrer Schwere einer Hepatotoxizität entsprächen oder über diese hinausgingen, wie etwa die Gefahr einer missbräuchlichen Überdosierung und Selbsttötungen unter Zuhilfenahme von Benzodiazepinen. Auch das von der Beklagten angeführte Buspiron weise ein größeres Abhängigkeitspotential als Kava-Kava auf und sei nebenwirkungsbehaftet. Vergleichbares gelte für Antidepressiva, auch in Bezug auf Leberschädigungen. Johanniskraut zeige Wechselwirkungen zu anderen Arzneimitteln, führe zu Lichtempfindlichkeit und müsse über einen längeren Zeitraum eingenommen werden, um überhaupt eine Wirkung zu zeitigen. 27Auch bestehe eine Asymmetrie in der Risikobewertung des BfArM bei Phyto-pharmaka. Es stelle sich die Frage, warum bei einem freiverkäuflichen Arzneimittel wie „Umckaloabo“ mit dem Wirkstoff aus der Pelargoniumwurzel, das ebenfalls im Verdacht stehe, Leberschädigungen hervorzurufen, dieses Risiko in Kauf genommen werde, bei Kava-Kava jedoch trotz von den Unternehmen angebotener Transaminasen-Kontrollen, der Verschreibungspflicht und des hochwertigen Anwendungsgebiets die Zulassungen widerrufen würden. 28Die Klägerin hat beantragt, 29den Bescheid des BfArM vom 21. Dezember 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Februar 2012 aufzuheben. 30Die Beklagte hat beantragt, 31 die Klage abzuweisen. 32Sie hat ihr Vorbringen aus dem Verwaltungsverfahren wiederholt und vertieft und ergänzend Folgendes ausgeführt: Die von der britischen Gesundheitsbehörde in ihrem Bericht aus dem Jahr 2006 aufgeführten 110 Nebenwirkungsverdachtsfälle beschränkten sich nicht auf acetonische Extrakte, sondern hätten in der Mehrzahl der Fälle ethanolische Extrakte betroffen. 33Die seitens der Unternehmen vorgelegten toxikologischen Untersuchungen seien nicht geeignet, die Risikofreiheit des Wirkstoffs zu belegen. Insbesondere geeignete Tierstudien stünden aus. Eine Kurzzeitanwendung von nur vier Wochen sei angesichts des Krankheitsbildes auch wenig realistisch. Die einschlägigen Guidelines forderten eine Studiendauer bei Nicht-Nagern von neun Monaten. 34Auch die Wirksamkeit sei nicht hinreichend belegt. Insbesondere sei die Darstellung, die Monographie der Kommission E beruhe auf einer DC-Messung, nicht belegt. Aus den Unterlagen zur Monographieerstellung der Kommission E gehe hervor, dass die Bestimmung auch zum damaligen Zeitpunkt schon mit der HPLC-Methode erfolgt sei. Die zwischenzeitliche Erhöhung der Tagesdosis über den monographiekonformen Wert von 60 bis 120 mg Kava-Pyrone hinaus sei nicht geeignet, das negative Nutzen-Risiko-Verhältnis zu ändern. 35Der Klägerin sei zwar darin zuzustimmen, dass in der Phytotherapie der arzneilich wirksame Bestandteil durch das Extraktionsmittel und das Droge-Extrakt-Verhältnis (DEV) eindeutig gekennzeichnet sei und eine Änderung des Extraktionsmittels bzw. des DEV auch zu einem anderen Wirkstoff führe. Nur die Berücksichtigung ethanolischer Extrakte reduziere aber auch das zugunsten der Klägerin vorgelegte Studienmaterial immens, da dann alle Ergebnisse zu wässrigen, acetonischen oder CO2-Extrakten nicht berücksichtigungsfähig seien. 36Die Beklagte sieht sich durch die NTP-Studie in ihrer Risikobewertung bestätigt. Dass die US-amerikanische Behörde hieraus keinen Handlungsbedarf abgeleitet habe, sei ohne Belang. Die von der Klägerin herangezogenen neueren Studien seien nicht hinreichend aussagekräftig. 37Die Möglichkeit der Anordnung von Post Authorization Safety Studies sei erst durch das 2. AMG-Änderungsgesetz vom 19. Oktober 2012 geschaffen worden. 38Das Verwaltungsgericht hat den Bescheid des BfArM vom 21. Dezember 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Februar 2012 durch Urteil vom 20. Mai 2014 aufgehoben. Zur Begründung hat es ausgeführt: Das Nutzen-Risiko-Verhältnis Kava-Kava-haltiger Arzneimittel der hier streitgegenständlichen Art erweise sich nicht als ungünstig. Wenngleich die Monographie „Piperis methystici rhizoma" der Kommission E vom 1. Juni 1990, aus der die Klägerin die Wirksamkeit Kava-Kava-haltiger Arzneimittel im Wesentlichen herleite, nicht auf einer aktuellen Erfordernissen genügenden klinischen Erprobung des Wirkstoffs beruhe, sei sie in der Folgezeit Grundlage für eine Vielzahl von Zulassungen und Nachzulassungen Kava-Kava-haltiger Präparaten gewesen, ohne dass insoweit eine sachliche Unterscheidung zwischen ethanolischen und anderen Auszügen erfolgt sei. Diese Wirksamkeitsaussage habe das BfArM im gerichtlichen Verfahren nicht substantiiert angegriffen. Auch habe sich die Kommission E noch im Jahre 2002 in Kenntnis der bekannten Risikoaspekte für die Verkehrsfähigkeit der Produkte unter dem Vorbehalt bestimmter Sicherheitsmaßnahmen ausgesprochen. Vor diesem Hintergrund könne den vom Widerruf betroffenen Arzneimitteln ungeachtet ihrer Dosierung nicht jede Wirksamkeit von vornherein abgesprochen werden. Wegen des abweichenden Prüfungsmaßstabs des § 30 Abs. 1 AMG komme es auf die Frage, ob die Wirksamkeit Kava-Kava-haltiger Arzneimittel in einer den Anforderungen des § 22 Abs. 2 S. 1 Nr. 3, Abs. 3 AMG genügenden Weise begründbar sei, nicht an. 39Dem durch die Zulassungsbescheide belegten Nutzen der Präparate in den Anwendungsgebieten „nervöse Angst, Spannungs- und Unruhezustände" stünden Anwendungsrisiken in Gestalt hepatotoxischer Ereignisse gegenüber. Die in dem Bericht der WHO dokumentierten Fälle lebertoxischer Reaktionen seien im Rahmen einer quantitativen Gewichtung angesichts der weiten Verbreitung Kava-Kava-haltiger Arzneimittel als „selten" oder „sehr selten" auftretende Nebenwirkungen auszuweisen. Dabei sei zu berücksichtigen, dass die Klägerin nachvollziehbar dargelegt habe, dass in die Berichte der WHO und der MHRA auch Meldungen aus Deutschland eingeflossen seien und deswegen eine doppelte Berücksichtigung ein und desselben Ereignisses nahe liege. Inhaltlich sei das zu den hepatotoxischen Nebenwirkungen vorliegende Zahlenmaterial nicht konsistent. Das aus Großbritannien ausgewertete Zahlenmaterial beziehe sich auf die Anwendung von Kava-Kava in einem anderen Anwendungsgebiet, nämlich Blasenerkrankungen. Zudem erschwere die Multikausalität von Leberschädigungen die Zuordnung zu einer bestimmten Medikamentengabe. Die Klägerin habe nachvollziehbar dargelegt, dass es auch in sog. „Rechallenge-Fällen" einer Dokumentation der Komedikation bedürfe, um eine tragfähige Wahrscheinlichkeitsaussage treffen zu können. In der vorliegenden Gestalt lasse das Zahlenmaterial nur die Aussage einer möglichen Verknüpfung von Nebenwirkungen durch Kava-Kava-Gabe zu. Dies gelte auch für ethanolische Extrakte. 40Im Rahmen der Bewertung des Nutzen-Risiko-Verhältnisses hat das Verwaltungsgericht zunächst darauf hingewiesen, dass das monographierte Anwendungsgebiet „nervöse Angst, Spannungs- und Unruhezustände" sich mit dem für Benzodiazepine zugelassenen Anwendungsgebiet überschneide. Obwohl es sich bei Letzteren um zugelassene und verschreibungspflichtige Arzneimittel handele, gingen von diesen Wirkstoffen erhebliche Gefahren aus. Es bestehe schon bei therapeutischen Dosierungen ein sehr hohes Abhängigkeitspotential. Benzodiazepine würden weltweit als Medikamente mit der höchsten Missbrauchsrate gelten. Seit 2002 habe es für Benzodiazepine insgesamt 4.478 UAW-Meldungen gegeben, die sich über eine Vielzahl von unerwünschten Nebenwirkungen erstreckten und - soweit schwer - bei Suizidversuchen und Suchtmissbrauch deutliche Spitzen aufwiesen, vereinzelt aber auch Leberschädigungen zeigten. Vor diesem Hintergrund könne nicht von einer risikoärmeren Alternative zu Kava-Kava-haltigen Arzneimitteln ausgegangen werden. Das gelte in abgeschwächter Form auch für das vom BfArM angeführte Buspiron und die erwähnten Antidepressiva. Zudem seien im Rahmen einer am Verhältnismäßigkeitsgrundsatz und dem Übermaßverbot orientierten Nutzen-Risiko-Abwägung andere regulatorische Maßnahmen zur Risikominimierung zu berücksichtigen, die eine weitere Verkehrsfähigkeit der Produkte ohne unvertretbare Gefahren für die öffentliche Gesundheit gewährleisteten. Hierzu zählten die Verschreibungspflicht, Gegenanzeigen, Anwendungsbeschränkungen, eine ausdrückliche Beschränkung der Anwendungsdauer sowie eine begleitende regelmäßige Erhebung der Leberwerte. Hinzu trete die nunmehr gemäß § 28 Abs. 3b Satz 1 Nr. 2 AMG auch nach Erteilung der Zulassung bestehende Möglichkeit der Bundesoberbehörde, im Wege der Auflage anzuordnen, Unbedenklichkeitsprüfungen durchzuführen, wenn dies im Interesse der Arzneimittelsicherheit erforderlich sei. Angesichts des Umstandes, dass bislang die Anhaltspunkte für ein hepatotoxisches Risiko der streitbefangenen Produkte nicht mit der genügenden Sicherheit hätten verifiziert werden können, wäre eine solche nachgelagerte Erprobung bei fortbestehender Marktfähigkeit unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten naheliegend und das gegenüber dem Widerruf mildere Mittel. 41Die Beklagte hat die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung eingelegt und zur Begründung im Wesentlichen geltend gemacht: Die Möglichkeit, eine Unbedenklichkeitsstudie anzuordnen, bestehe nicht. Das materielle Recht, insbesondere § 28 Abs. 3b Satz 1 Nr. 2 AMG, eröffne nicht die Möglichkeit, nach Zulassung eine Unbedenklichkeitsstudie anzuordnen. Es bestehe kein Ansatz dafür, dass die Vorschrift auf vor ihrem Inkrafttreten eingeleitete (und abgeschlossene) Risikoverfahren Anwendung finde. Das Verwaltungsgericht habe zutreffend festgestellt, dass die aktuelle Bewertung der Wirksamkeit des Arzneimittels ein maßgeblicher Abwägungsbelang bei der Bewertung des Nutzen-Risiko-Verhältnisses sei. Die Wirksamkeit Kava-Kava-haltiger Arzneimittel sei bereits bei Erstellung der Monographie der Kommission E fraglich gewesen. Wegen der geringen Bedeutung von Kava-Kava sei zunächst eine Negativmonographie erstellt worden. Die von der Kommission E in Bezug auf die Wirksamkeit angenommene Plausibilität würde und könnte unter den heutigen rechtlichen Rahmenbedingungen zu einer traditionellen Registrierung gemäß § 39c AMG führen, womit allerdings eine sehr viel kritischere Nutzen-Risiko-Bewertung einhergehe. Schon zum Zeitpunkt der Stufenplanentscheidung hätten dem BfArM keine Studien vorgelegen, die eine Wirksamkeit ausreichend belegt hätten. Das Herbal Medicinal Product Commitee (HMPC) habe in einer öffentlichen Stellungnahme „Piperis methystici rhizoma“ als einen der Wirkstoffe benannt, für die die Erstellung einer Positivmonographie nicht erfolgversprechend erscheine. Das angegriffene Urteil überspanne die Anforderungen an den Verdachtsgrad schädlicher Nebenwirkungen. Wenn - wie vorliegend - eine größere Anzahl von Verdachtsfällen zusammenkomme, ergebe sich der begründete Verdacht des Auftretens unvertretbarer schädlicher Wirkungen mit zumindest möglicher Kausalität. Da es sich hier um sehr schwerwiegende Nebenwirkungen mit ernsten Konsequenzen gehandelt habe, seien zum Schutz der Patienten einschneidende Maßnahmen gerechtfertigt gewesen. Die vom Gericht beanstandete fehlende Häufigkeit der Nebenwirkungen sei aus den Daten der Spontanerfassung bekanntermaßen nicht verlässlich ableitbar. Insoweit sei insbesondere die hohe Dunkelziffer zu berücksichtigen. Quantitative Aussagen zur Häufigkeit von Nebenwirkungen seien nur durch Studien mit systematischer Datenerfassung und ausreichender Anzahl eingeschlossener Patienten zu treffen. Entscheidend sei das Vorliegen einer Reihe von Fällen schwerwiegender Nebenwirkungen, bei denen ein kausaler Zusammenhang mit der Anwendung von Kava-Kava-haltigen Arzneimitteln zumindest möglich erscheine. Dieser sei nach den dem BfArM vorliegenden - im Folgenden nochmals zusammengefassten - Erkenntnissen gegeben. Daraus gehe hervor, dass Kava-Kava eindeutig das Potential zu schwerer Lebertoxizität habe, wobei auch idiosynkratische Leberschädigungen eine denkbare Erklärungsmöglichkeit seien. Die Darstellung der Klägerin zu Inzidenzraten bleibe unklar. An der Arbeit von Teschke et al. sei auffällig, dass der Kausalzusammenhang in 13 Fällen wegen anderer nicht medikamentöser Ursachen verneint worden sei und dies in drei beispielhaft aufgeführten Fällen nicht mit den differenzialdiagnostischen Feststellungen der Ärzte, von denen diese Fallberichte stammten, in Einklang stehe. In der bisherigen Diskussion zu Noble-Kava und den zu erwartenden Qualitätsunterschieden habe die Klägerin bislang nicht belegt, welche Kava-Qualität sie in den 80er/90er Jahren verwendet habe. Es sei auch nicht dargelegt, ob die klinischen Studien, die der damaligen Zulassung zugrunde lagen, ausschließlich mit Noble-Kava durchgeführt worden seien. 42Auch wenn der für die NTP-Studie verwendete Extrakt mit überkritischem Kohlendioxyd nicht mit den ethanolischen Extrakten vergleichbar sei - was sich angesichts der 96%igen Ethanolkonzentration jedoch diskutieren ließe -, seien die dort gewonnenen Schlussfolgerungen als Hintergrundinformation bei der Bewertung mit einzubeziehen. Mit Bezug auf den Mechanismus der Hepatotoxizität seien zudem die Ergebnisse weiterer im Einzelnen aufgeführter Publikationen aus den Jahren 2011 und 2012 zu berücksichtigen. 43Die Nutzen-Risiko-Abwägung des Verwaltungsgerichts verdiene Kritik. Die dort angeführte Überschneidung der Anwendungsgebiete von Benzodiazepin- und Kava-Kava-haltigen Arzneimitteln wiege die Unterschiede beider Arzneimittel nicht auf. Vielmehr sei mit Blick auf etwaige Behandlungsalternativen insbesondere die interdisziplinäre S3-Leitlinie „Behandlung von Angststörungen" in den Blick zu nehmen. Benzodiazepine zählten danach weder zu den Arzneimitteln der ersten noch der zweiten Wahl für die Angstbehandlung. Dazu zählten demgegenüber selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer, selektive Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer, Pregabalin, Buspiron, Opipramol, Hydroxyzin und damit Arzneimittel mit einem guten Nutzen-Risiko-Verhältnis. Abgesehen davon handele es sich bei der mit einer Behandlung mit Benzodiazepinen vielfach auftretenden Abhängigkeit um eine Niedrigdosisabhängigkeit, die keine Abhängigkeit im eigentlichen Sinne sei. Das Verwaltungsgericht setze sich auch in Widerspruch zu den von ihm selbst aufgestellten Kriterien, wenn es die missbräuchliche Verwendung von Benzodiazepinen in die Abwägung einfließen lasse. Darüber hinaus stünden auch aus dem Bereich der pflanzlichen Arzneimittel Behandlungsalternativen, etwa Baldrianwurzelzubereitungen oder Lavendelöl, zur Verfügung. Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung habe das Verwaltungsgericht zu Unrecht nicht berücksichtigt, dass dem Widerruf die Anordnung des Ruhens als milderes Mittel vorausgegangen sei. Die Widerrufsent-scheidung habe darauf beruht, dass die Zulassungsinhaber nicht bereit gewesen seien, die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen bzw. weiteres wissenschaft-liches Erkenntnismaterial vorzulegen. Auch wenn man die geänderte Rechtslage zugrundelegte, wäre die Anordnung einer Unbedenklichkeitsstudie kein gleich geeignetes, erst recht kein milderes Mittel. Denn sie lasse nicht den Versagungs-grund des ungünstigen Nutzen-Risiko-Verhältnisses entfallen, sondern diene allein dem Gewinn neuer Erkenntnisse und der Erforschung der Risiken. Folglich führe eine solche Studie nicht zu einer Risikominimierung und wirke sich des-wegen nicht positiv auf das Nutzen-Risiko-Verhältnis aus. Das Risikoverfahren zu pelargoniumwurzelhaltigen Arzneimitteln sei mit dem vorliegenden Verfahren nicht vergleichbar und müsse differenziert bewertet werden. 44Die Beklagte beantragt, 45das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 20. Mai 2014 zu ändern und die Klage abzuweisen. 46Die Klägerin beantragt, 47die Berufung zurückzuweisen. 48Zur Begründung führt sie aus: Nach dem im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung geltenden materiellen Recht hätte die Beklagte die Durchführung einer PASS anordnen können. Zudem sei es eine stets geübte Praxis des BfArM gewesen, auf der Grundlage von § 30 AMG i.V.m. § 36 VwVfG entsprechende Anordnungen zu treffen. Die Ausführungen der Beklagten zur Nutzen-Risiko-Bewertung des Verwaltungsgerichts seien nicht überzeugend. Nach Erstellung der Monographie der Kommission E habe sich die Erkenntnislage eindeutig zu Gunsten von Kava-Kava verbessert. Das BfArM habe dies dadurch bestätigt, dass es gestützt auf diese Monographie und die nachfolgend publizierten klinischen Prüfungen sehr viele Zulassungen für Kava-Kava-haltige Arzneimittel erteilt habe und zwar mit einem Status nach § 22 Abs. 3 AMG. Die von der Beklagten zitierte öffentliche Stellungnahme des HMPC führe zu keiner anderen Bewertung der Wirksamkeit von Kava-Kava. Die darin enthaltenen Aussagen beträfen traditionelle pflanzliche Arzneimittel, die nicht verschreibungspflichtig seien, und könnten nicht auf die hier streitbefangenen verschreibungspflichtigen Arzneimittel erstreckt werden. In Bezug auf die in Rede stehenden Nebenwirkungen sei zwischen Kava-Kava-Präparaten aus Noble-Kava mit ethanolischem Extrakt und solchen aus Two-Day-Kava mit acetonischem Extrakt zu unterscheiden. Bei Ersteren ergebe sich aus den vorliegenden Erkenntnissen allenfalls ein schwacher Verdacht für Nebenwirkungen. Im Zusammenhang mit möglichen Behandlungsalternativen führe die Beklagte Arzneimittel an, die für andere Anwendungsgebiete zugelassen seien als Kava-Kava, und verharmlose überdies das bei einer Behandlung mit Benzodiazepinen bestehende Abhängigkeitsrisiko. Entsprechendes gelte mit Bezug auf die in der interdisziplinären S3-Leitlinie zur Behandlung von Angststörungen aufgeführten Arzneimittel. Die von der Beklagten als Behandlungsalternative benannten pflanzlichen Arzneimittel deckten nicht die gleichen Erkrankungen ab. Entgegen der Auffassung der Beklagten bestehe bei Pelargoniumwurzelpräparaten und Kava-Kava-Präparaten in fachlich-medizinischer Hinsicht eine vergleichbare Situation. Insofern sei es bemerkenswert, dass das BfArM nur bei Ersteren, nicht hingegen bei Letzteren die Möglichkeit gesehen habe, eine PASS durchzuführen. 49Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten. 50Entscheidungsgründe: 51Die Berufung der Beklagten hat im tenorierten Umfang Erfolg. Im Übrigen ist sie zulässig, aber unbegründet. 52Das Urteil des Verwaltungsgerichts war insoweit zu ändern, als damit der Widerrufsbescheid vom 21. Dezember 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Februar 2012 auch bezogen auf die Präparate Hyposedon N und Kavain Harras N aufgehoben worden ist. Insoweit ist die Klage unzulässig. Denn die Klägerin hat nur hinsichtlich der Präparate L. Kapseln und L. Tropfen fristgerecht Klage erhoben (§ 74 Abs. 1 VwGO). Mit ihrem Antrag in dem Schriftsatz vom 28. Februar 2012 hat sie ihr Klagebegehren ausdrücklich auf diese Präparate beschränkt. Soweit sie im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht am 20. Mai 2014 - offenkundig lediglich aufgrund eines Versehens - den Antrag gestellt hat, den Bescheid vom 21. Dezember 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Februar 2012 (insgesamt) aufzuheben, ist dieser Antrag verfristet, soweit er sich auf die Präparate Hyposedon N und Kavain Harras N bezieht, mit der Folge, dass die insoweit unzulässige Klage in diesem Umfang abzuweisen war. 53Im Übrigen, d.h. mit Bezug auf den Widerruf der Zulassungen für die Präparate L. Kapseln und L. Tropfen, hat das Verwaltungsgericht der Klage im Ergebnis zu Recht stattgegeben. Der Widerrufsbescheid des BfArM vom 21. Dezember 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15. Februar 2012 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). 54Die Voraussetzungen für einen Widerruf der Zulassung der Arzneimittel L. Tropfen und L. Kapseln sind nicht erfüllt. 55Für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Widerrufsbescheides ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung der Tatsacheninstanz, hier also der Berufungsverhandlung, entscheidend. Der maßgebliche Zeitpunkt der Beurteilung der Rechtmäßigkeit eines angefochtenen Verwaltungsakts richtet sich nach dem jeweiligen materiellen Recht. Für die Anfechtungsklage gilt im Allgemeinen, dass die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung maßgeblich ist, es sei denn, das materielle Recht regelt etwas Abweichendes. 56Vgl. BVerwG, Urteile vom 28. Juli 1989 - 7 C 39.87 -, juris, Rn. 8, und vom 1. Juni 2011 - 8 C 4.10 -, juris, Rn. 19. 57Letzteres muss nicht zwingend in Gestalt einer ausdrücklichen fachgesetzlichen Regelung zum Ausdruck kommen, sondern kann sich auch aus dem Sinn und Zweck des jeweils einschlägigen Normgefüges ergeben. 58Vgl. Wolff, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Auflage, 2014, § 113, Rn. 96. 59Dies ist hier der Fall. Einerseits erfordert der in § 1 AMG niedergelegte Gesetzeszweck der Arzneimittelsicherheit - wie das Verwaltungsgericht bereits zutreffend festgestellt hat - die Berücksichtigung von Änderungen der Sach- und Rechtslage nach der letzten behördlichen Entscheidung. 60Vgl. OVG NRW, Urteil vom 29. Januar 2014 - 13 A 2730/12 -, juris, Rn. 28 f. 61Andererseits gebietet dies die besondere Eingriffsintensität des Widerrufs in die Grundrechte der pharmazeutischen Unternehmer. Denn die Wiedererlangung der Zulassung ist nach deren bestandskräftigem Widerruf erheblich erschwert. Das folgt daraus, dass die Versagungsgründe des § 25 Abs. 2 AMG nicht deckungsgleich mit den Widerrufsgründen des § 30 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 AMG sind. Insbesondere ist der Widerruf der Zulassung nicht vorgesehen, wenn der Versagungsgrund des § 25 Abs. 2 Nr. 2 AMG nachträglich eingetreten ist, also dann, wenn das Arzneimittel nicht nach dem jeweils gesicherten Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse ausreichend geprüft worden ist oder das andere wissenschaftliche Erkenntnismaterial nach § 22 Abs. 3 AMG nicht dem jeweils gesicherten Stand der wissenschaftlichen Erkenntnis entspricht. Angesichts dessen ist es unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten geboten, für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Widerrufs auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung abzustellen. Bestätigt wird dies durch den in § 30 Abs. 2a AMG zum Ausdruck kommenden Rechtsgedanken einer gegenüber dem Widerruf vorrangigen Anpassung der Zulassung nach Maßgabe der jeweils geltenden Sach- und Rechtslage. 62Die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Widerrufs der Zulassung richtet sich deswegen nach § 30 Abs. 1, 2a AMG in der Fassung vom 19. Dezember 2012. Nach § 30 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 AMG ist die Arzneimittelzulassung zu widerrufen, wenn der Versagungsgrund des § 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 AMG nachträglich eingetreten ist, das heißt, wenn sich das Nutzen-Risiko-Verhältnis des Präparats nachträglich als ungünstig erweist. Gemäß § 30 Abs. 2a Satz 1 1. Alt. AMG ist die Zulassung zu ändern, wenn dadurch der in Absatz 1 genannte betreffende Versagungsgrund entfällt. Ein Widerruf der Zulassung ist danach nur gerechtfertigt, wenn das Nutzen-Risiko-Verhältnis eines Arzneimittels ungünstig ist und dem durch eine Änderung der Zulassung nicht abgeholfen werden kann. Die Zulassungsänderung hat damit bei Vorliegen eines Versagungsgrundes Vorrang gegenüber dem Widerruf, mit der Folge, dass dieser rechtswidrig ist, wenn die Voraussetzungen des § 30 Abs. 2a AMG erfüllt sind. 63Vgl. zu § 30 AMG a.F. Krüger, in: Kügel/Müller/ Hoffmann, Arzneimittelgesetz, 2012, § 30, Rn. 34. 64Das ist hier der Fall. Das Nutzen-Risiko-Verhältnis der streitbefangenen Präparate ist derzeit ungünstig (I.). Dies rechtfertigt aber nicht den Widerruf der Zulassungen, weil dieser Versagungsgrund bereits durch deren Änderung ausgeräumt werden kann (II.). 65(I.) Das Nutzen-Risiko-Verhältnis umfasst nach § 4 Abs. 28 AMG eine Bewertung der positiven therapeutischen Wirkungen des Arzneimittels im Verhältnis zu dem Risiko nach Absatz 27 lit. a. Dies ist jedes Risiko im Zusammenhang mit der Qualität, Sicherheit oder Wirksamkeit des Arzneimittels für die Gesundheit der Patienten. Mit dem Begriff des Risikos wird ebenso wie bei der früheren Gesetzesfassung des § 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 AMG jede Art von schädlichen Wirkungen erfasst, die über ein nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft vertretbares Maß hinausgehen. Nach der bis zum 5. September 2005 geltenden Vorschrift durfte die Zulassung versagt werden, wenn bei dem Arzneimittel der begründete Verdacht bestand, dass es bei bestimmungsgemäßem Gebrauch schädliche Wirkungen hat, die über ein nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft vertretbares Maß hinausgehen (vgl. auch § 5 Abs. 2 AMG). Mit der Änderung des Wortlauts des § 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 AMG, die der Angleichung an die Richtlinienvorgaben diente, ist keine inhaltliche Änderung verbunden. Beide Fassungen erstrecken sich auf jegliche Nebenwirkungen. Unter Nebenwirkungen sind die beim bestimmungsgemäßen Gebrauch eines Arzneimittels auftretenden schädlichen unbeabsichtigten Reaktionen zu verstehen (§ 4 Abs. 13 AMG), also nicht nur pharmakologisch-toxikologische Wirkungen, sondern jedwede unerwünschte Folge. Der erforderliche Verdacht schädlicher Wirkungen liegt vor, wenn ernstzunehmende Erkenntnisse den Schluss nahelegen, dass das Arzneimittel unvertretbare Nebenwirkungen hat. 66Vgl. BVerwG, Urteil vom 19. November 2009 - 3 C 10.09 -, NVwZ-RR 2010, 330 = juris, Rn. 32 ff., sowie Beschluss vom 12. Juni 2012 - 3 B 88.11 ‑, juris, Rn. 3; OVG NRW, Urteile vom 7. November 2012 - 13 A 2710/08 -, juris, Rn. 39 ff. und vom 29. Januar 2014 - 13 A 2730/12 - , juris, Rn. 34; BT-Drs. 15/5316, S. 38. 67Dafür bedarf es keines positiven Nachweises der kausalen Beziehung zwischen der Einnahme des Arzneimittels und aufgetretenen Nebenwirkungen, weil dies dem Gebot der Arzneimittelsicherheit zuwiderlaufen würde. 68Vgl. BVerwG, Urteil vom 26. April 2007 - 3 C 36.06 -, Q. Recht 2007, 423 = NVwZ-RR 2007, 774; OVG NRW, Beschluss vom 17. September 2009 - 13 A 1428/08 -, juris, Rn. 11; OVG Berlin, Urteil vom 16. September 1999 ‑ 5 B 34.97 -, juris, Rn. 17; Kloesel/Cyran, Arzneimittelrecht, Kommentar, Stand: 2012, § 25, Rn. 76, m. w. N. 69Insbesondere dann, wenn schwere Gesundheitsgefahren in Rede stehen, reicht es aus, wenn die entfernte Möglichkeit einer Risikoverwirklichung besteht. 70Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 17. September 2009 - 13 A 1428/08 -, juris, Rn. 13. 71Ein ungünstiges Nutzen-Risiko-Verhältnis folgt nicht bereits daraus, dass die bezweckte therapeutische Wirksamkeit eines Arzneimittels nicht (mehr) belegt ist. Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, begründen Zweifel an der Wirksamkeit oder eine unzureichende Wirksamkeitsbegründung nicht automatisch die Annahme eines ungünstigen Nutzen-Risiko-Verhältnisses und rechtfertigen daher für sich genommen nicht die Aufhebung der Zulassung, die nur auf die feststehende fehlende Wirksamkeit gestützt werden kann (vgl. § 30 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AMG). 72Vgl. dazu Krüger, in: Kügel/Müller/Hoffmann, Arzneimittelgesetz, 2012, § 30, Rn. 15. 73Nach aktuellem Erkenntnisstand bestehende Zweifel an der Wirksamkeit eines Arzneimittels sind für die im Rahmen des § 30 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2, § 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 AMG zu treffende Prognoseentscheidung gleichwohl von Bedeutung. Denn unter der Voraussetzung, dass die insoweit darlegungs- und materiell beweispflichtige Behörde sie konkret begründet hat, bilden sie einen Abwägungsbelang, der auf dritter Stufe bei der Abwägung des festgestellten Nutzens und der Risiken eines Arzneimittels zu berücksichtigen ist. 74Vgl. OVG NRW, Urteil vom 29. Januar 2014 - 13 A 2730/12 -, juris, Rn. 43. 75Hierbei sind Gesichtspunkte wie Indikation, Schwere des zu behandelnden Defekts, Behandlungsnotwendigkeit, Chancen eines Behandlungserfolges sowie eventuelle Behandlungsalternativen gegen solche wie Schweregrad und Häufigkeit der unerwünschten Nebenwirkung, die Rückbildungswahrscheinlichkeit (Reversibilität), mutmaßliche Gegenmaßnahmen und Suchtpotential im Sinne einer Vertretbarkeitsentscheidung gegeneinander abzuwägen. 76Vgl. zu den Abwägungskriterien: Kloesel/Cyran, Arzneimittelrecht, Kommentar, Stand 2012, § 25 Rn. 77; Kügel, in: Kügel/Müller/Hoffmann, Arzneimittelgesetz, § 25, Rn. 56. 77Voraussetzung für den Widerruf ist, dass die mit dem Verdacht schädlicher Wirkungen verbundenen Risiken gegenüber dem therapeutischen Nutzen des Arzneimittels überwiegen. 78Vgl. BVerwG, Urteil vom 26. April 2007 - 3 C 36.06 -, Q. Recht 2007, 423 = NVwZ-RR 2007, 774. 79Die materielle Beweislast für das Vorliegen sämtlicher tatbestandlichen Voraussetzungen des den Widerruf der Zulassung auslösenden Versagungsgrundes trägt die Beklagte, 80vgl. BVerwG, Urteil vom 14. Oktober 1993 - 3 C 46.91 -, juris, Rn. 31; Kügel, in: Kügel/Müller/ Hoffmann, Arzneimittelgesetz, 2012, § 25, Rn. 58, 81mit der Folge, dass insoweit verbleibende Zweifel zu ihren Lasten gehen und sie das Risiko der Unaufklärbarkeit des Sachverhalts trägt. 82Hiervon ausgehend gilt für die Bewertung des Nutzen-Risiko-Verhältnisses der hier streitgegenständlichen Arzneimittel Folgendes: 83(1) Kernkriterium für die Bewertung des Nutzens eines Arzneimittels ist seine therapeutische Wirksamkeit. Diese ist für die Präparate L. -Kapseln und L. Tropfen mit der durch die Änderungsanzeigen jeweils verdoppelten Dosierung zu bejahen. Mit dieser Dosierung sind L. Tropfen und gelten L. Kapseln als zugelassen. Für das zuerst genannte Präparat folgt dies aus § 29 Abs. 2a Satz 1 Nr. 1, Satz 3 AMG. Die Klägerin hat die Dosierungsänderungen von zwei- bis dreimal täglich 30 Tropfen auf zwei- bis dreimal täglich 60 Tropfen pro Tag für das Präparat L. Tropfen nebst entsprechender Änderung der Gebrauchs- und Fachinformationen durch Änderungsanzeige vom 29. März 2011 angezeigt. Die Beklagte hat der Änderungsanzeige nicht innerhalb der Dreimonatsfrist widersprochen, was zur Folge hat, dass die Zustimmung als erteilt gilt (§ 29 Abs. 2a Satz 3 AMG). Für das Präparat L. Kapseln, für das bislang keine Nachzulassung erteilt wurde, hat die Klägerin eine Dosierungsänderung von zweimal täglich eine Kapsel auf viermal täglich eine Kapsel - entsprechend einer Tagesdosis von 200 mg Kava-Pyrone - angezeigt, die mangels bestehender Genehmigungspflicht zu einer entsprechenden Modifizierung der fiktiven Zulassung geführt hat (vgl. § 105 Abs. 3a Satz 1 AMG). Unschädlich ist insoweit, dass die Änderungsanzeigen erst im laufenden Widerspruchsverfahren gestellt worden sind. Denn der sofortige Vollzug des Widerrufs berührt die Wirksamkeit der Zulassungen nicht. 84Die Wirksamkeit der streitgegenständlichen Präparate wird weder durch das erstinstanzliche Vorbringen der Beklagten noch durch ihr Vorbringen im Berufungsverfahren durchgreifend in Zweifel gezogen. 85Mit ihrer Monographie „Piperis methystici rhizoma“ („Kava-Kava-Wurzelstock“) vom 1. Juni 1990 hat die Kommission E die anxiolytische, also angstlösende Wirkung des Wirkstoffs für die Anwendungsgebiete „Nervöse Angst-, Spannungs- und Unruhezustände“ unter Angabe einer Tagesdosis von Droge und Zubereitung entsprechend 60-120 mg Kava-Pyrone festgestellt. In weitgehender Übereinstimmung damit steht die Aussage der entsprechenden im Jahr 2003 veröffentlichten Monographie der European Scientific Cooperative on Phytotherapy (ESCOP), des europäischen Dachverbandes der nationalen Gesellschaften für Phytotherapie. Darin ist als Anwendungsgebiet „Anxiety, tension and restlessness arising from various causes of non psychotic origin“ mit einer Tagesdosierung von 60-120 mg Kavalactonen angegeben. 86Vgl. ESCOP Monographs, 2003, The scientific foundation for herbal medicinal products, S. 365 ff. 87Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kommt den von den unterschiedlichen Kommissionen aufgestellten Kriterien und Empfehlungen die Qualität antizipierter Sachverständigengutachten zu. 88Vgl. BVerwG, Urteile vom 19. November 2009 - 3 C 10.09 -, juris, Rn. 25, und vom 16. Oktober 2008 - 3 C 24.07 -, juris, Rn 20. 89Sie geben den jeweiligen wissenschaftlichen Erkenntnisstand wieder und sind einer Neubewertung zugänglich. Stellungnahmen der Kommissionen sind anderes wissenschaftliches Erkenntnismaterial im Sinne des § 22 Abs. 3 AMG. Die Zulassungsbehörde ist nicht an die in der Monographie getroffene Aussage gebunden. 90Kügel, in: Kügel/Müller/Hoffmann, Arzneimittelgesetz, 2012, § 25, Rn. 177. 91Da sachverständige Feststellungen bei besserer Erkenntnis ersetzt werden können (und müssen), darf die Kommission von früheren Feststellungen in Aufbereitungsmonographien abweichen. 92Vgl. BVerwG, Urteil vom 19. November 2009 - 3 C 10.09 -, juris, Rn. 27. 93Handelt es sich dabei um allgemeine Aussagen, sind diese als sachverständige Äußerung zu bewerten. 94Vgl. dazu Kügel, in: Kügel/Müller/Hoffmann, Arzneimittelgesetz, 2012, § 25, Rn. 178. 95Die Kommission E verfügt über besondere Sach- und Fachkunde. Hieraus und nicht zuletzt deswegen, weil es sich dabei um ein neutrales Sachverständigengremium handelt, folgt die besondere Bedeutung ihrer Stellungnahmen. Die Mitglieder der Kommission E sind Sachverständige mit besonderen Kenntnissen der wissenschaftlichen und/oder praktischen Phytotherapie. Die Kommission ist interdisziplinär mit Experten für Toxikologie, experimentelle Pharmakologie, Biometrie, pharmazeutische Biologie sowie Ärzten und Heilpraktikern, die Phyto-pharmaka praktisch einsetzen, zusammengesetzt. Diese werden alle drei Jahre von Verbänden der Fachrichtung vorgeschlagen und vom Bundesgesundheitsministerium benannt. 96Vergleichbares gilt bezogen auf die Monographien der ESCOP. Wenngleich sie keinen gesetzlichen Standard definieren, dienen sie dazu, die beste verfügbare wissenschaftliche Evidenz auf der Basis der aktuellen Literatur zusammenzustellen 97Vgl. Pharmazeutische Zeitung online „Monographien als Richtschnur“ 13/2014, abrufbar unter: http://www.pharmazeutische-zeitung.de/index.php?id=51461. 98Die Beklagte hat die Monographie der Kommission E aus 1990 im Zulassungsverfahren als Wirksamkeitsbeleg zugrunde gelegt, ohne weitere Erkenntnisse zu fordern oder beizuziehen. Angesichts dessen sieht der Senat keine Veranlassung, die Wirksamkeit des Arzneimittels bezogen auf diesen Zeitpunkt anzuzweifeln, zumal die Beklagte in dem angegriffenen Bescheid selbst konstatiert, dass das Votum der Kommission E dem Erkenntnisstand der frühen 1990er Jahre entsprochen habe. 99Demgegenüber fehlen Vortrag und Anhalt dafür, dass dieser Erkenntnisstand durch neuere Erkenntnisse, die ernsthafte Zweifel an der Wirksamkeit Kava-Kava-haltiger Arzneimittel begründen, überholt ist. Im Gegenteil: Die Kommission E hat sich aufgrund der Einleitung des Stufenplanverfahrens und nach näherer Befassung mit der Angelegenheit veranlasst gesehen, in einer Anfang des Jahres 2002 verfassten öffentlichen Erklärung mitzuteilen, dass ihre Mitglieder nach wie vor von den vorgelegten wissenschaftlichen Daten zur Wirksamkeit von Kava-Kava überzeugt seien. Das impliziert, dass zum damaligen Zeitpunkt aus Expertensicht keine abweichenden neuen Erkenntnisse vorlagen. Nichts spricht dafür, dass die Kommission E zwischenzeitlich angesichts aktuellerer Forschungsergebnisse von diesem Standpunkt abgerückt ist. Insbesondere hat sie bis heute keine anderslautende Stellungnahme abgegeben. Entsprechendes gilt für die ESCOP. Die für „Piperis methystici rhizoma“ erstellte Monographie gehörte zu den ersten 80 Monographien, die die ESCOP im Jahr 2003 veröffentlicht hat. 100Vgl. ESCOP Monographs, 2003, The scientific foundation for herbal medicinal products, S. 365 ff. 101Obgleich die ESCOP ihre Monographien regelmäßig überarbeitet und aktualisiert, hat diejenige für „Piperis methystici rhizoma“ bislang keine Änderung erfahren. 102Hinzu kommt, dass die WHO in ihrem Bericht aus dem Jahr 2007 (Coulter et al., „Assessment of the risk of hepatotoxicity with kava products“) offensichtlich ebenfalls von der Wirksamkeit von Kava-Kava ausgeht. Dort heißt es, 16 gut kontrollierte Doppelblindstudien hätten die angstlösende Wirkung von Kava-Kava gezeigt (vgl. Tabelle 3, S. 6, 11). Diese Bewertung entspricht der mit dem Ziel der Untersuchung Kava-Kava-haltiger Arzneimittel durchgeführten Metaanalyse einer Reihe randomisierter placebokontrollierter Doppelblindstudien von Pittler und Ernst (zuletzt, „Kava extract versus placebo for treating anxiety“, 2003). Diese hat zur Wirksamkeit der Behandlung von Angststörungen, gemessen an den Kriterien der Hamilton Anxiety Scale (HAMA) die Überlegenheit Kava-Kava-haltiger Arzneimittel gegenüber Placebopräparaten ergeben. Eventuelle Mängel der analysierten Einzelstudien vermögen die Indizwirkung des Ergebnisses der Metaanalyse im Zusammenhang mit dem weiteren Erkenntnismaterial nicht zu entkräften. 103Letztlich konzediert die Beklagte selbst eine - wenngleich dosisabhängige - Wirksamkeit, wenn es in dem angefochtenen Bescheid heißt, bei Dosierungen oberhalb von 120 mg Kava-Pyrone pro Tag bestehe ein gewisser Anhalt für eine Wirksamkeit in den beanspruchten Indikationen. Angesichts dessen sind Wirksamkeitszweifel auch nicht etwa deswegen angezeigt, weil die Dosierung der streitgegenständlichen Präparate - worauf noch einzugehen sein wird - über die Monographieempfehlung hinaus geht, zumal das übrige in das Verfahren eingeführte Erkenntnismaterial hierfür ebenfalls keinen Anknüpfungspunkt bietet. Hinzu kommt, dass aus dem angefochtenen Bescheid hervorgeht, dass die Wirksamkeitszweifel des BfArM nicht auf tatsächliche Anhaltspunkte gestützt sind, wenn es darin heißt, aus den Ausführungen zur Wirksamkeit ergäben sich keine neuen Erkenntnisse gegenüber dem früheren Kenntnisstand (Widerspruchsbescheid vom 15. Februar 2012, S. 6). 104Angesichts dieser Erkenntnissituation vermag der Umstand, dass das vorliegende Studienmaterial heute nicht in jeder Hinsicht den speziell für Angsterkrankungen entwickelten Anforderungen der Guidelines der European Medicines Agency (EMA) entspricht, keine nachhaltigen Zweifel am Nutzen der Präparate zu wecken. Das gilt bereits bei einer monographiekonformen Dosierung. Da die Kommission E eine Dosierung oberhalb von 120 mg Kava-Pyrone nicht vorgegeben hat, kommt es hinsichtlich der Frage der Wirksamkeit auf die unterschiedlichen Auffassungen der Beteiligten hinsichtlich der jeweils zugrunde liegenden Berechnungsgrundlagen nicht entscheidungserheblich an. 105Soweit die Beklagte die Auffassung vertritt, aus der nicht zureichend belegten Wirksamkeit resultierten automatisch Wirksamkeitszweifel, ist dieser Rückschluss ohne das Hinzutreten tatsächlicher Anhaltspunkte für solche Zweifel nicht gerechtfertigt. Denn in der Konsequenz würde dies in einer nicht überschaubaren Anzahl von Fällen dazu führen, dass während der Geltungsdauer einer Zulassung die Wirksamkeit eines Arzneimittels fortlaufend neu zu belegen wäre. Überdies geht der Senat mit dem Verwaltungsgericht davon aus, dass bei der Forderung nach einer guidelinekonformen Studie die Absicht im Vordergrund steht, Daten für die weitere Nutzen-Risiko-Abwägung zu generieren. Zumindest bietet dies einen Erklärungsansatz dafür, warum das BfArM im Stufenplanbescheid auf die CPMP-Guidelinie zur klinischen Prüfung von Arzneimitteln zur Behandlung von Angststörungen in der Fassung aus den Jahren 1993/94 verwiesen hat, obgleich es - dem unwidersprochenen Vortrag der Klägerin zufolge - zugleich bis in das Jahr 2001 Neuzulassungen für Kava-Kava-haltige Arzneimittel erteilt hat, ohne die Vorlage entsprechender Studien verlangt zu haben. 106Die weiteren Einwände der Beklagten im Berufungsverfahren rechtfertigen keine andere Bewertung: Ihr Hinweis darauf, dass die Kommission E im Zuge der Ausarbeitung der Monographie angesichts der geringen Bedeutung von Kava-Kava als Droge oder Drogenzubereitung zunächst beabsichtigte, eine Negativmonographie zu erstellen, ist unerheblich. Denn abgesehen davon, dass die geringe Bedeutung eines Wirkstoffs nichts über seine Wirksamkeit aussagt, hat die Kommission E diese Einschätzung - was entscheidend ist - letztlich revidiert und eine Positivmonographie erstellt. Darin hat sie folgende Überlegungen zur Wirksamkeit von Kava-Kava angestellt: 107 „Aufgrund der Wirkungen der isolierten Inhaltsstoffe ist eine 108 schwache, zentral relaxierende Wirkung ähnlich wie bei 109Benzodiazepinen anzunehmen. Durch Kava-Kava-Extrakt zeigt sich im quantitativen EEG eine für das anxiolytische Pharmako-EEG-Profil von Benzodiazepinen typische Steigerung der ß-Aktivität bei gleichzeitiger Abnahme der alpha-Aktivität (Johnson 1989). Neuere Studien weisen eine Wirksamkeit von Kava-Kava-Extrakt bei ,Angst, Spannungs- und Unruhezuständen‘ nach (Warnecke 1989, Bhate 1989).“ 110Soweit die Beklagte sinngemäß beanstandet, dieser Monographie liege letztlich nur eine Plausibilitätsprüfung zugrunde, ist dem entgegenzuhalten, dass die Kommission E in ihrer Stellungnahme aus dem Jahr 2002 ausdrücklich erklärt hat, „von den vorgelegten wissenschaftlichen Daten zur Wirksamkeit von Kava-Kava überzeugt zu sein“. Abgesehen davon sind die Überlegungen der Beklagten zu § 39c AMG bereits deswegen nicht tragfähig, weil es sich bei Kava-Kava-Präparaten um Arzneimittel handelt, die der Verschreibungspflicht unterliegen, und eine Registrierung als traditionelles pflanzliches Arzneimittel deswegen ausscheidet (§ 39c Abs. 2 Nr. 2 AMG). 111Ebenso wenig stützt die Stellungnahme des Comittee on Herbal Medicine Products (HMPC) der EMA vom 6. Mai 2014 die Position der Beklagten. Zwar prognostiziert das HMPC darin, dass u.a. für den Wirkstoff „Piperis methystici rhizoma“ angesichts des ungünstigen Nutzen-Risiko-Verhältnisses voraussichtlich keine Monographie erteilt werden wird. Hierbei handelt es sich -‑ was sprachlich durch die Formulierung „es ist nicht wahrscheinlich, auf ein positives Nutzen-Risiko-Verhältnis zu schließen“ zum Ausdruck gebracht wird ‑ nicht um eine sichere Voraussage, sondern um eine Vorabeinschätzung. Da dieser - wie sich aus dem Bericht ergibt - aber gerade keine detaillierte Prüfung zugrunde liegt, kommt ihr kein entscheidendes Gewicht zu. Eine isolierte Aussage über die Wirksamkeit Kava-Kava-haltiger Arzneimittel lässt sich auf der Grundlage dieser Aussage ohnehin nicht treffen. Hinzu kommt, dass sich der Bericht auf Wirkstoffe bezieht, die als Grundlage einer späteren Registrierung (§ 39 AMG) eine Monographie als traditionelle pflanzliche Arzneimittel erhalten sollen, bei denen sich die Bewertung des Nutzen-Risiko-Verhältnisses nach anderen Maßstäben richtet als bei den verfahrensgegenständlichen verschreibungspflichtigen Präparaten. 112Ist danach von der therapeutischen Wirksamkeit der streitgegenständlichen Kava-Kava-Präparate auszugehen, sprechen für deren Nutzen weiterhin die Art und Schwere der in Rede stehenden Erkrankung sowie deren Behandlungsnotwendigkeit. Jedenfalls soweit das monographierte Anwendungsgebiet auf die Behandlung von Angststörungen abzielt, handelt es sich nicht um eine Bagatelldiagnose, sondern um eine ernsthafte, weitverbreitete psychische Erkrankung. Bei dieser stehen Symptome der Angst in Gestalt einer anhaltenden Angstreaktion, mangelnder Kontrolle der Angst, eventueller körperlicher Reaktionen einschließlich katastrophisierender Fehlinterpretationen und Beeinträchtigung in wichtigen Funktionen des Berufs-, Alltags- und Familienlebens im Vordergrund. 113Vgl. Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch, 263. Auflage 2012, „Angststörung“. 114Angststörungen zählen zu den häufigsten psychischen Erkrankungen. Ihre Verbreitung nimmt zu. Je nach Schweregrad können sie mit erheblichen psychosozialen, somatischen und ökonomischen Folgen einhergehen. Dazu zählen Arbeitsunfähigkeit, ein erhöhtes Risiko für sekundäre komorbide Erkrankungen - beispielsweise Suchterkrankungen -, eine erhöhte Suizidrate sowie eine übermäßige Inanspruchnahme medizinischer Leistungen. 115Vgl. Deutsches Ärzteblatt, „Angststörungen/ Panikattacken: Angst aus heiterem Himmel“, Dezember 2005, 557. 116Bereits bei mittlerem Leidensdruck des Patienten, psychosozialen Einschränkungen sowie Komplikationen der Angsterkrankung ist eine Behandlung in Gestalt von Psycho- oder Pharmakotherapie oder einer Kombination aus beidem indiziert. 117Vgl. Deutsches Ärzteblatt, „Diagnostik und Therapieempfehlungen bei Angststörungen“, Juli 2014, 475 ff. 118Unter diesen Gesichtspunkten erschließt sich der besondere Nutzen einer wirksamen anxiolytischen Medikation. Bezogen auf Kava-Kava-haltige-Präparate ist insoweit zu berücksichtigen, dass deren Anwendung nur für leichte und mittelschwere Formen von Angststörungen indiziert ist, die damit nach Einschätzung von Experten üblicherweise innerhalb eines Monats gut therapiert werden können. Für schwere Angststörungen wird von einer Kontraindikation ausgegangen. 119Vgl. Teschke, Deutsches Ärzteblatt, „Hepatoxizität durch Kava-Kava: Risikofaktoren und Prävention“, 2002, 99. 120(2) In Übereinstimmung mit dem Verwaltungsgericht geht der Senat davon aus, dass dem vorstehend beschriebenen Nutzen der verfahrensgegenständlichen Präparate Anwendungsrisiken in Form hepatotoxischer Ereignisse gegenüberstehen, also ein begründeter Verdacht für derartige Nebenwirkungen besteht. Angesichts dessen ist der sinngemäße Einwand der Beklagten, das Verwaltungsgericht habe bei seiner Bewertung die Anforderungen, die an die Annahme eines begründeten Nebenwirkungsverdachts zu stellen sind, überspannt, nicht nachvollziehbar. 121Die von der WHO in ihrem Bericht aus dem Jahr 2007 dokumentierten Fälle sind als Beleg für die Möglichkeit hepatotoxischer Wirkungen der hier in Rede stehenden Kava-Kava-Präparate zu werten. Entsprechendes gilt für die dem BfArM vorliegenden Fallberichte zu Leberreaktionen. Zwar wird dies durch den Bericht der MHRA aus dem Jahr 2006 („Report of the Committee on Safety of Medicines Export Working Group") gestützt. Allerdings ist der Senat übereinstimmend mit dem Verwaltungsgericht der Auffassung, dass der darin enthaltenen Risikobeurteilung, die - unter Einschluss des vom BfArM übermittelten Fallmaterials aus Deutschland - nicht die Begutachtung von Kava-Kava als Anxiolytikum, sondern bei Oberbauch- und Blasenbeschwerden zum Gegenstand hatte, keine besondere Bedeutung beizumessen ist. 122Der Bericht der WHO enthält eine Auswertung von 93 Fallberichten - darunter einige der vom BfArM dokumentierten Fälle aus Deutschland - über hypothetisch mit der Einnahme von Kava-Kava-Extrakten im Zusammenhang stehende Leberschädigungen. In vierzehn Fällen erfolgte eine Lebertransplantation. Sieben Fälle endeten tödlich. Die WHO-Expertengruppe bewertete die Kausalität zwischen hepatotoxischer Schädigung und der Einnahme von Kava-Kava-Präparaten in keinem Fall als sicher, in acht Fällen als wahrscheinlich, in 54 Fällen als möglich und in 28 Fällen als nicht bewertbar. 123Die Beklagte verweist auf 41 Fälle in Deutschland aufgetretener lebertoxischer Reaktionen. Hiervon seien 20 hinreichend gut dokumentiert, um eine fundierte Kausalitätsbewertung vornehmen zu können. In sieben dieser Fälle sei eine Lebertransplantation erforderlich gewesen. Insgesamt seien drei Patienten verstorben. In zwei Fällen sei die lebertoxische Reaktion nach Absetzen des Kava-Kava-Präparats zurückgegangen und bei Reexposition erneut aufgetreten. Bei zwölf spontan gemeldeten Fällen und einem in einer Publikation dargestellten Fall sei der Kausalzusammenhang wahrscheinlich. Diese Bewertung beruhe auf dem deutlichen zeitlichen Zusammenhang zwischen dem Beginn der Kava-Kava-Medikation und dem Auftreten der Symptome bzw. pathologischen Veränderungen einerseits und dem Zurückgehen der Lebererkrankung nach Absetzen der Kava-Kava-Medikation und/oder des Fehlens lebertoxischer Faktoren wie einer entsprechenden Komedikation andererseits. In einigen dieser Fälle sei die synergistische Beteiligung eines anderen Arzneimittels jedoch möglich. 124Diese Auswertungsergebnisse reichen für die Annahme eines begründeten Verdachts leberschädigender Wirkungen aus, weil insoweit geringe Kausalitätsanforderungen gelten. Für die Nutzen-Risiko-Abwägung ist aber der Verdacht graduell und qualitativ näher zu bestimmen. 125Allerdings bietet die gegenwärtige Studienlage hierfür keine tragfähigen Anknüpfungspunkte. Bei Gesamtbetrachtung ist sie uneinheitlich und deswegen nicht ergiebig. Herkömmliche klinische Studien sind - darüber sind sich die Beteiligten einig - aufgrund der zu geringen Population nicht geeignet, tragfähige Erkenntnisse über das lebertoxische Risiko zu gewinnen. Toxizitätsstudien haben weder potentiell toxische Bestandteile von Kava-Kava noch einen lebertoxischen Mechanismus aufzeigen können. Die Ergebnisse der NTP-Studie, auf die die Beklagte verweist, mögen zwar einen Toxizitätsbeleg begründen. Das gilt aber nur für die darin einbezogenen Präparate mit einem CO²-Extrakt. Für eine Übertragbarkeit der gefundenen Ergebnisse auf die hier streitgegenständlichen Präparate mit ethanolischen Auszügen hat die Beklagte keine überzeugenden Gesichtspunkte benannt. Abgesehen davon gibt der Nachweis toxischer Effekte eines bestimmten Präparats als solcher - was auch die Beklagte anerkennt - weder Aufschluss über die potentiell toxischen Einzelstoffe noch über den Mechanismus einer lebertoxischen Wirkweise, sondern untermauert lediglich das, wovon bereits auf der Grundlage der Fallberichte auszugehen ist. Auch das restliche vorliegende Studienmaterial bietet hierzu keine belastbaren und konsistenten Erkenntnisse. Anders als die Beklagte meint, geht dieser Umstand zu ihren Lasten. Denn sie trägt das Risiko der Unerweislichkeit der Umstände, die ein ungünstiges Nutzen-Risiko-Verhältnis begründen. 126Demgegenüber erlauben die folgenden relativierenden Faktoren eine nähere Eingrenzung der bestehenden Verdachtsmomente für eine hepatotoxische Wirkung von Kava-Kava-haltigen Arzneimitteln. Wenngleich sie den geweckten Verdacht nicht auszuräumen vermögen, schwächen sie ihn ab. 127Von Bedeutung ist insoweit zunächst, dass die Auswertungsergebnisse der WHO und des BfArM nicht für eine hohe, sondern im Gegenteil für eine schwache Inzidenzrate sprechen. Zwar lässt sich diese auf der Grundlage des vorliegenden Erkenntnismaterials nicht genau bestimmen. Andererseits gibt es aber bereits im Ausgangspunkt keine tragfähigen Belege dafür, dass hepatotoxische Ereignisse im Zusammenhang mit der Anwendung von Kava-Kava-Präparaten gehäuft auftreten, also eine hohe Inzidenzrate besteht. Umgekehrt sprechen deutschlandweit 20 und nach der Datenlage des WHO-Berichts weltweit 62 Fälle, in denen eine derartige Relation festgestellt werden konnte, bei einem Anwendungsvolumen von - dem unwidersprochenen Vortrag der Klägerin zufolge - 250 Millionen Tagesdosen bezogen auf einen Zehnjahreszeitraum für eine sehr geringe lnzidenzrate. Das gilt auch unter Berücksichtigung der mit dem zugrundeliegenden Spontanerfassungssystem verbundenen Abbildungsdefizite, zumal wenn man berücksichtigt, dass ein Großteil dieser Meldungen in zeitlichem Zusammenhang mit dem Stufenplanverfahren und der öffentlich geführten Debatte um die potentielle Toxizität Kava-Kava-haltiger Arzneimittel steht. Dem entspricht die Einschätzung der Expertengruppe der WHO in ihrem Bericht aus dem Jahr 2007, in dem es heißt, die genaue Inzidenzrate von Nebenwirkungen, die mit der Einnahme von Kava-Kava in Zusammenhang stünden, sei nicht bekannt, scheine aber ziemlich niedrig zu sein (vgl. WHO-Bericht, S. 60). 128Unabhängig von diesem quantitativen Gesichtspunkt ist die Aussagekraft der Fälle, in denen ein Kausalzusammenhang als wahrscheinlich oder möglich angesehen worden ist, unter qualitativen Aspekten begrenzt. 129Bezogen auf den Bericht der WHO ergibt sich dies aus Folgendem: Nach dessen Ergebnis konnte nur in knapp zwei Dritteln der untersuchten Fälle (62 von 93) überhaupt eine Relation zwischen hepatotoxischen Wirkungen und der Einnahme von Kava-Kava-haltigen Arzneimitteln hergestellt werden. In keinem dieser Fälle wurde ein sicherer Kausalzusammenhang festgestellt. In 54 Fällen - darunter in allen sieben Todesfällen und in zehn Fällen mit Lebertransplantation - wurde der Kausalzusammenhang als „möglich“ und in acht Fällen als „wahrscheinlich“ eingestuft. Dass sich unter den zuletzt genannten Fällen nicht solche mit tödlichem Ausgang oder Lebertransplantation finden, beruht nicht lediglich auf der Definition der Kausalitätskriterien der WHO für einen wahrscheinlichen Kausalzusammenhang. Denn für elf der insgesamt 14 Patienten mit Lebertransplantation ist eine Begleitmedikation dokumentiert, die ebenfalls Auslöser der aufgetretenen Leberreaktionen gewesen sein könnte (vgl. WHO-Bericht, Tabelle 11a und 11 b, S. 46). Das gilt gleichermaßen für sämtliche Fälle mit tödlichem Ausgang (vgl. WHO-Bericht, Tabelle 12, S. 48). Es erscheint deswegen durchaus nicht fernliegend, die schwache lnzidenz schwerer Nebenwirkungen bei alleiniger Gabe Kava-Kava-haltiger Präparate als ein diesen Wirkstoff entlastendes lndiz zu werten. 130Hierzu passt die Einschätzung der Expertengruppe der WHO, wonach ein direkter Kausalzusammenhang zwischen der Einnahme Kava-Kava-haltiger Arzneimittel in der Mehrzahl der untersuchten Fälle schwierig nachzuweisen ist und die verfügbaren Fallberichte insoweit keinen Beweis für ein Ursache-Wirkungs-Verhältnis liefern (vgl. WHO-Bericht, S. 17). Als Ergebnis enthält der Bericht mit Blick darauf die - relativierende - Feststellung, dass Kavalactone durch die Wechselwirkungen von Kava-Kava und anderen Arzneimitteln, exzessiven Alkoholkonsum, metabolisch oder immunologisch bedingte Idiosynkrasie oder aufgrund einer vorbestehenden Lebererkrankung in jeder Art von Präparat selten hepatische Nebenwirkungen hervorrufen können (vgl. WHO-Bericht, S.63). Damit sind zugleich besondere Risikofaktoren angesprochen, die die WHO auch an anderer Stelle ihres Berichts noch gesondert aufführt (vgl. WHO-Bericht, S.61). Das impliziert, dass hepatotoxische Ereignisse, was im Übrigen wissenschaftlich anerkannt sein dürfte, 131vgl. etwa Russmann/Kullak-Ublick, Beurteilung und Meldung medikamentöser Leberschäden, swissmedic, Jubiläumsausgabe Dezember 2012, 11/26, 132multifaktorielle Ereignisse sind und sich dies erschwerend auf die Möglichkeit der Zuordnung ihrer Ursachen auswirkt. 133Zudem sind die Auswertungsergebnisse der WHO auch deswegen nur bedingt aussagekräftig, weil sie sich auf sämtliche Arten Kava-Kava-haltiger Arzneimittel beziehen. Aus dem in das Verfahren eingeführten wissenschaftlichen Erkenntnismaterial geht hervor, dass weder die potentiell toxischen Einzelstoffe noch der Mechanismus einer lebertoxischen Wirkung von Kava-Kava bekannt sind. Vermutet wird, dass neben Anwendungsdauer und Dosierung auch Extrakt und Kultivar insoweit eine Rolle spielen könnten. Hierzu hat die Klägerin plausible und von dem Experten Dr. N. T. in mehreren Stellungnahmen untermauerte Überlegungen angestellt, denen die Beklagte in der Sache nicht substantiiert entgegengetreten ist. Der Bericht der WHO enthält keine differenzierte Auswertung nach Extrakt und Kultivar. Vielmehr bezieht sich die Auswertung und dementsprechend auch die getroffene Risikoaussage auf sämtliche Arten Kava-Kava-haltiger Präparate. Demgegenüber handelt es sich bei den verfahrensgegenständlichen Präparaten unbestritten ausnahmslos um solche mit einem ethano-lischen Auszug. Da aber Risikoaussagen zu einer Auszugsart nicht ohne weiteres auf eine andere übertragen werden können, 134vgl. OVG NRW, Beschluss vom 26. November 2010 - 13 A 2807/09 -, juris, Rn. 10, 135sind die Ergebnisse in dem Bericht der WHO für das vorliegende Verfahren nur eingeschränkt aussagekräftig. 136Auch die von der Beklagten selbst auf der Grundlage des Fallmaterials des BfArM vorgenommene Risikobeurteilung ist unter verschiedenen Gesichtspunkten zweifelhaft. Ihr Vorbringen suggeriert eine „fundierte Kausalitätsbewertung" in 20 von 41 Fällen. Hiervon seien 18 spontan gemeldet worden und in zwei Fällen handele es sich um Berichte aus der Literatur. Demgegenüber ist der Kausalzusammenhang nur für 15 Fälle nachvollziehbar dargelegt, wobei in „einigen“ ‑ weder benannten noch bezifferten - dieser Fälle die synergistische Beteiligung eines anderen Arzneimittels möglich gewesen sein soll. Dieses Vorbringen bezieht sich offensichtlich auf die in dem Bescheid vom 12. Mai 2005 detailliert aufgeführten 26 Fallberichte und überschneidet sich damit. Bei deren Auswertung war das BfArM in 19 Fällen von einem Kausalzusammenhang im Bereich „wahrscheinlich“ - hiervon in drei Fällen als „wahrscheinlich bis gesichert“ - und in sechs Fällen von einer „möglichen“ Kausalität ausgegangen. Einen Fall hatte es für nicht auswertbar erachtet. Der Senat ist unter Berücksichtigung des wechselseitigen Vorbringens und der in das Verfahren eingeführten Erkenntnisse nicht zu der Überzeugung gelangt, dass diese Bewertung insgesamt zutrifft. Denn sie steht tiefgreifend in Widerspruch mit den Bewertungen anderer Institutionen, die jedenfalls nicht weniger plausibel hergeleitet und unabhängig voneinander durchgehend zu weniger besorgniserregenden Ergebnissen gelangt sind. Dies folgt aus der Übersicht in der Stellungnahme von Dr. N. T. vom 6. Februar 2012, in der dieser sich außerdem detailliert mit den einzelnen Fallberichten und deren Bewertung durch das BfArM auseinandergesetzt und diese durchgreifend in Zweifel gezogen hat (vgl. dort S. 9 ff.). Die Beklagte ist den darin enthaltenen Einwänden inhaltlich nicht substantiiert entgegen getreten. Unabhängig davon erscheint die Annahme eines „wahrscheinlichen“ Kausalzusammenhangs schon aufgrund der in der Mehrzahl der Fälle jeweils dokumentierten Begleitmedikation vielfach zweifelhaft. Entgegen der Auffassung der Beklagten rechtfertigt auch der Umstand, dass die festgestellten Leberreaktionen in zwei Fällen nach Absetzen des Kava-Kava-Präparats zurückgegangen und nach Reexposition erneut aufgetreten sind, mangels ausreichender Dokumentation der Begleitmedikation jedenfalls nicht die Bewertung eines „gesicherten“ Kausalzusammenhangs (BfArM 01003950/01003951). 137Weitere Bedenken gegen die Kausalitätsbewertung der Beklagten ergeben sich auf der Grundlage der Publikation von Teschke et al. („Kava hepatotoxicity: a clinical survey and critical analysis of 26 suspected cases“, European Journal of gastroenterology & hepatology 2008, Vol. 20, S. 1182 ff.). Nach den stimmigen und transparent hergeleiteten dortigen Ausführungen, auf die Bezug genommen wird, bestand lediglich in acht Fällen ein Kausalzusammenhang, wobei lediglich in einem dieser Fälle eine monographiekonforme Anwendung dokumentiert war. 138Soweit die Beklagte mit Schriftsatz vom 26. Januar 2015 die in dieser Publikation getroffene Feststellung des Fehlens einer medikamentösen Ursache in 13 Fällen beanstandet, und, um dies zu wiederlegen, bezogen auf drei Fälle auf den Inhalt der hierzu gefertigten Arztberichte verwiesen hat, führt dies zu keiner anderen Bewertung. Denn daraus geht jedenfalls nicht hervor, dass die beobachtete Leberschädigung durch Kava-Kava und nicht durch die jeweils dokumentierte Begleitmedikation verursacht worden ist. Unter diesen Umständen ergibt sich dies nicht bereits daraus, dass nach ärztlicher Einschätzung von einer medikamentös induzierten Leberschädigung auszugehen ist. 139Relativierend ist zuletzt der ebenfalls vom Verwaltungsgericht bereits angesprochene Aspekt in den Blick zu nehmen, dass die streitbefangenen Präparate auf eine Kurzzeitbehandlung angelegt sind und eine Begrenzung von Anwendungsdauer und Dosierung vorgesehen ist. Auch hieraus folgt die nur begrenzte Aussagekraft der Auswertungen des BfArM und der WHO, in denen nicht nach diesen von der Beklagten selbst als risikobeeinflussend eingestuften Kriterien differenziert wird. Da eine lange Exposition einerseits und eine erhöhte Dosierung andererseits mit einer Risikoerhöhung assoziiert werden, liegt es auf der Hand, dass die Auswertung eines Kollektivs von Fällen, in denen diese Differenzierung nicht getroffen wird, keine einheitliche Risikoaussage erlaubt. Die Vielzahl der Fälle, in denen Leberschädigungen im Zusammenhang mit einer Überdosierung, einer überlangen Anwendungsdauer oder einer potentiell lebertoxischen Begleitmedikation aufgetreten sind, ist aber umgekehrt als Beleg dafür zu werten, dass es sich hierbei um Risikofaktoren handelt. Dies wird auch von keinem der Beteiligten in Abrede gestellt. 140Auf der Basis aller in das Verfahren eingeführter Erkenntnisse geht der Senat davon aus, dass toxische Lebererkrankungen durch Kava-Kava-Extrakte sehr selten sind, im Einzelfall aber potenziell lebensbedrohend verlaufen können und durch eine Vielzahl von Risikofaktoren wie Dosierung, Anwendungsdauer, Begleitmedikation, Alkoholkonsum und Lebervorschädigung beeinflusst werden. Hinsichtlich dieser Risikofaktoren stimmen die Beteiligten überein, wenngleich ihre Einschätzungen zu den Risiken der Verwendung unterschiedlicher Auszüge und Kultivare auseinandergehen. 141(3) Hiervon ausgehend ist das Nutzen-Risiko-Verhältnis der streitgegenständlichen Präparate derzeit ungünstig. Dieser Einschätzung liegt zugrunde, dass hinsichtlich Kava-Kava-haltiger Arzneimittel zwar nicht generell, aber dann von einem ungünstigen Nutzen-Risiko-Verhältnis ausgegangen werden muss, wenn nicht alle Maßnahmen umgesetzt worden sind, um die damit einhergehenden Risiken bestmöglich einzudämmen. Letzteres ist hier der Fall. 142Der Umstand, dass die zuvor erwähnten Risikofaktoren im Zusammenhang mit der Hepatotoxizität von Kava-Kava bekannt sind, führt in der Publikation von Teschke et al. („Kava hepatotoxicity: a clinical survey and critical analysis of 26 suspected cases“, European Journal of gastroenterology & Hepatology 2008, Vol. 20, S. 1182 ff.) zu der überzeugenden Schlussfolgerung, dass hepatotoxische Ereignisse im Zusammenhang mit Kava-Kava weitgehend vermeidbar sind. Dies, die nur schwache Inzidenzrate und der belegte Nutzen Kava-Kava-haltiger Arzneimittel stehen der generellen - also nicht präparatspezifischen, sondern rein wirkstoffbezogenen - Annahme eines ungünstigen Nutzen-Risiko-Verhältnisses entgegen. Andererseits sind angesichts der Schwere möglicher Nebenwirkungen vermeidbare Risiken nicht hinnehmbar. 143Insoweit bilden die Empfehlungen der Kommission E in ihrer Stellungnahme aus dem Jahr 2002 nach Auffassung des Senats einen tauglichen und deshalb einzuhaltenden Maßstab zur Risikominimierung und führen bei Beachtung im Ergebnis zu einem günstigen Nutzen-Risiko-Verhältnis. Sie beruhen auf den Unterlagen, die das BfArM der Kommission E zur Verfügung gestellt hat und sind auf der Grundlage einer eingehenden Befassung mit der Kava-Kava-Thematik abgegeben worden (vgl. Ruhensbescheid des BfArM vom 12. Mai 2005, S. 52). 144Die Kommission E hat darin unter Hinweis darauf, weiterhin von einem positiven Nutzen-Risiko-Verhältnis auszugehen und die Auffassung des BfArM bezüglich der Risiken bei bestimmungsgemäßem Gebrauch nicht zu teilen, folgende Regularien zu deren Eindämmung empfohlen: 145146Ärztliche Verschreibungspflicht für Kava-Kava-haltige Arzneimittel 147Klare Indikationsstellung: Leichte bis mittelschwere generalisierte Angststörungen. Depression ist keine Indikation. 148Maximale Tagesdosis entsprechend 120 mg Kava-Pyrone. 149150Packungsgröße bei 120 mg Kava-Pyrone maximal 30 Einheiten 151Übliche Therapiedauer 1 Monat, maximal 2 Monate 152Bestimmung der Leberwerte (GPT und -GT) vor Beginn der Behandlung und dann einmal wöchentlich) 153Optional: Bestimmung der Leberwerte am Ende der Behandlung (wichtig für evtl. spätere erneute Behandlung) 154Vermeidung einer begleitenden Medikation mit potentiell hepatotoxischen Medikamenten, insbesondere auch Betablockern, Antidepressiva und Migränemitteln. Vorsicht bei Alkohol. 155Der Senat sieht in Ansehung des Berufungsvorbringens keine Veranlassung, diese sachverständige Einschätzung in Frage zu stellen. Sie wird durch die Aussage der WHO in ihrem Bericht aus dem Jahr 2007, wonach ein Verkehrsverbot für Kava-Kava nach gegenwärtigem wissenschaftlichen Erkenntnisstand nicht zu rechtfertigen ist (vgl. WHO Bericht, S. 18), gestützt. Auch Teschke spricht sich in seiner Veröffentlichung „Hepatotoxizität durch Kava-Kava: Risikofaktoren und Prävention“ (Deutsches Ärzteblatt 2002, 99 (50)) für entsprechende Maßnahmen aus. Aktuellere wissenschaftliche Erkenntnisse, die die Empfehlungen der Kommission E durchgreifend in Zweifel ziehen, liegen nicht vor. 156Diese sind auch geeignet, die bestehenden hepatotoxischen Risiken - soweit sie vorhersehbar sind - weitgehend wirkungsvoll auszuschalten. 157Besondere Bedeutung kommt hierbei der Unterstellung unter die Verschreibungspflicht zu. Hierdurch wird eine ärztliche Indikationsstellung sichergestellt und einer unsachgemäßen Selbstmedikation entgegengewirkt. Der Einwand der Beklagten, eine Verschreibungspflicht sei unzureichend, weil der hepatotoxische Wirkmechanismus von Kava-Kava nicht hinreichend geklärt sei und der verordnende Arzt nicht mit genügender Sicherheit vorhersehen könne, welcher Patient gefährdet sei, greift nicht durch. Er eignet sich schon deswegen nicht als Argument gegen die Verschreibungspflicht, weil das Arzneimittelgesetz in § 48 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AMG als eine Fallgruppe verschreibungspflichtiger Arzneimittel diejenigen vorsieht, die Stoffe mit in der medizinischen Wissenschaft nicht allgemein bekannten Wirkungen oder Zubereitungen solcher Stoffe enthalten. Abgesehen davon ist es einem Arzt in Bezug auf ein Kava-Kava-haltiges Präparat anhand der bekannten Risikofaktoren auch ungeachtet des genauen Wirkmechanismus möglich, das Risikoprofil eines Patienten abzustecken. Denn in einem ersten Schritt können - nach anamnestischer Abklärung - Fälle mit relevanter Begleitmedikation, erheblichem Alkoholkonsum, Lebererkrankung oder Lebervorschädigung sowie nicht zutreffender Indikation herausgefiltert werden. Erfolgt nach Abklärung dieser Gesichtspunkte eine Verschreibung, kann den von der Krankenvorgeschichte unabhängigen Risikofaktoren wirksam durch eine Begrenzung von Anwendungsdauer und Dosierung entsprechend den Vorgaben der Fachinformationen entgegengewirkt werden. Hinzuweisen ist darin außerdem auf die Risiken bei erheblichem Alkoholkonsum und einer begleitenden Medikation mit potentiell hepatotoxischen Medikamenten, wie Betablockern, Antidepressiva und Migränemitteln. 158Dabei sind die Einhaltung der vorgesehen Dosierung von 120 mg Kava-Pyrone und die Begrenzung der Anwendungsdauer entsprechend den aktualisierten Erkenntnissen der Kommission E auf einen, maximal zwei Monate entscheidend. Eine höhere Dosierung ist einerseits deswegen nicht vertretbar, weil die Wirksamkeit für eine Dosierung von 60 mg-120 mg Kava-Pyrone belegt ist und deswegen keine Rechtfertigung dafür besteht, potentiell mit einer höheren Dosierung einhergehende Zusatzrisiken einzugehen. Abgesehen davon bestehen den genannten wissenschaftlichen Erkenntnissen zufolge konkrete Anhaltspunkte dafür, dass eine höhere Dosierung das Risiko für leberschädigende Nebenwirkungen erhöht. Entsprechendes gilt bezogen auf eine längere Anwendungsdauer. 159Flankierend zu den bereits erwähnten Maßnahmen wirkt die von der Kommission E vorgeschlagene Begrenzung der Packungsgröße auf maximal 30 Einheiten bei 120 mg Kava-Pyrone. Durch diese Maßnahme wird der Gefahr einer missbräuchlichen Verwendung vorgebeugt und auf einen bestimmungsgemäßer Gebrauch hingewirkt. Dabei ist zu sehen, dass die Missbrauchsgefahr jedenfalls bei indikationskonformer Anwendung Kava-Kava-haltiger Präparate nicht gleichermaßen hoch sein dürfte, wie bei Arzneimitteln, die - wie z.B. Benzodiazepine - Abhängigkeiten auslösen. Allerdings ist insoweit darauf hinzuweisen, dass diesem Aspekt im Rahmen der Nutzen-Risiko-Abwägung, die sich an dem bestimmungsgemäßen Gebrauch zu orientieren hat, keine eigenständige Bedeutung zukommt. Abweichungen der von der Kommission E empfohlenen Packungsgröße begründen daher ohne das Hinzutreten weiterer Abweichungen kein ungünstiges Nutzen-Risiko-Verhältnis. 160Die vorgesehene Bestimmung der Leberwerte vor Beginn der Behandlung und deren fortlaufende wöchentliche Kontrolle ermöglicht eine zeitnahe Reaktion auf festgestellte Veränderungen und zielt darauf ab, irreversiblen Schädigungen vorzubeugen. 161Der Senat verkennt nicht, dass mit den genannten Maßnahmen nicht in jedem Einzelfall ein Risikoausschluss garantiert werden kann, geht aber davon aus, dass bedingt durch ihre Zielrichtung, Wirkweise und ihr Ineinandergreifen die nach derzeitigem Erkenntnisstand prognostizierbaren Risiken in Relation zum Nutzen von Kava-Kava-Präparaten auf ein vertretbares Maß reduziert werden können. 162Das wird daran deutlich, dass mit Ausnahme eines Falls in sämtlichen Fällen, auf die das BfArM seine Risikoeinschätzung stützt, zumindest einer der durch die vorgenannten Maßnahmen begrenzbaren Risikofaktoren vorlag. Entweder es war eine Begleitmedikation verordnet oder die Anwendung dauerte länger als drei Monate an oder es wurde eine Überdosierung festgestellt. Zumeist war sogar eine Kombination aus mehreren dieser Faktoren gegeben. 163Vgl. die Übersicht in Table 1 bei Teschke/ Schwarzenboeck/Hennermann “Kava hepatotoxcity: a clinical survey and critical analysis of 26 cases”, European Journal of gastroenterology & hepatology 2008, Vol. 20, S. 1182 ff. 164Dieser Einschätzung steht auch nicht das vermehrte Auftreten idiosynkratischer, d.h. unvorhersehbarer Leberreaktionen im Zusammenhang mit der Einnahme von Kava-Kava-Präparaten entgegen. Die Auswertung der Fallberichte des BfArM liefert hierfür keinen Beleg. Letztlich scheint die Beklagte selbst ‑ wenngleich sie diesen Aspekt besonders hervorgehoben hat - nicht hiervon auszugehen, wenn sie diese Fälle als „Ausreißer“ bezeichnet und andererseits meint, ein „charakteristisches Muster“ für die potentielle Lebertoxizität von Kava-Kava-Präparaten ausmachen zu können. Abgesehen davon ist die Möglichkeit einer idiosynkratischen Leberschädigung deswegen kein durchgreifendes Argument für ein ungünstiges Nutzen-Risiko-Verhältnis der hier in Rede stehenden Kava-Kava-Präparate, weil es sich dabei um ein generelles Problem im Hinblick auf die Lebertoxizität von Medikamenten handelt. Der Mechanismus der Idiosynkrasie, also einer angeborenen oder erworbenen Überempfindlichkeit schon beim ersten Kontakt gegen bestimmte, von außen zugeführte Stoffe, die nicht durch eine Reaktion des Immunsystems hervorgerufen wird, sondern durch Fehlfunktion/Nichtfunktion defekter oder Fehlen intakter Enzyme, 165vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Idiosynkrasie, 166beschränkt sich nicht auf Kava-Kava-haltige Arzneimittel. 167Ungefähr 1000 Arzneistoffe gelten als lebertoxisch. Hierzu gehören beispielsweise Paracetamol, Diclofenac und Penicillin. 168Vgl. Schlatter, Entgiftung zum Gift, Nebenwirkung Leberschaden, Pharmazeutische Zeitung Ausgabe 35/2009. 169Obgleich bei all diesen Arzneistoffen unvorhersehbare, also idiosynkratische, Leberreaktionen möglich sind, befindet sich eine Vielzahl von Präparaten, die diese Wirkstoffe enthalten, auf dem Markt. 170An der getroffenen Bewertung ändern auch bestehende Behandlungsalternativen nichts, insbesondere fällt die Nutzen-Risiko-Abwägung mit Blick darauf nicht generell zu Ungunsten der streitbefangenen Präparate aus. Abwägungsrelevant könnte dieser Aspekt sein, wenn deren Ersetzbarkeit durch andere Arzneimittel mit günstigerem Nebenwirkungsprofil gewährleistet wäre. Das ist aber nicht der Fall. Denn soweit die Beklagte Bezug auf den Inhalt der S3-Leitlinie zur Behandlung von Angststörungen nimmt und auf selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI), selektive Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer (SNRI) und Pregabalin als Mittel der ersten Wahl sowie auf trizyklische Antidepressiva (TZA), Buspiron, Benzodiazepine, Hydroxin und Opipramol als Mittel der zweiten Wahl verweist, sind diese Voraussetzungen nicht erfüllt. Es erscheint schon zweifelhaft, ob es sich dabei überhaupt um einen geeigneten Ersatz für Kava-Kava-Präparate handelt. Das gilt ungeachtet der fehlenden vollständigen Übereinstimmung der Anwendungsgebiete insbesondere deswegen, weil jene Arzneimittel im Gegensatz zu den auf eine Kurzzeitbehandlung mit raschem Wirkeintritt gerichteten Kava-Kava-Präparaten größtenteils eine längere Wirklatenz von bis zu sechs Wochen haben. Überdies kann für keines der von der Beklagten empfohlenen synthetischen Alternativarzneimittel ein günstigeres Nebenwirkungsprofil festgestellt werden. Das ergibt sich daraus, dass das Spektrum möglicher Nebenwirkungen weitgehend breiter gefächert ist als bei den verfahrensgegenständlichen Kava-Kava-Präparaten, zum Teil auch schwere Nebenwirkungen umfasst und vielfach Absetzphänomene, Abhängigkeitsrisiken und sedierende Effekte mit dem damit einhergehenden negativen Einfluss auf die geistige Leistungsfähigkeit beschrieben werden. Wegen der Einzelheiten dazu wird auf die tabellarische Übersicht bei B. Bandelow, R. Boerner, S. Kasper, M.Linden, H.-U. Wittchen und H.-J. Möller „Generalisierte Angststörung: Diagnostik und Therapie“, Deutsches Ärzteblatt 2013, S. 303, und die zutreffenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts Bezug genommen. 171Die von der Beklagten angesprochenen traditionellen Phytopharamka, namentlich Baldrianwurzelzubereitungen und Lavendelöl sind schon deswegen keine geeignete Alternative, weil ihr Anwendungsgebiet nicht deckungsgleich mit dem Kava-Kava-haltiger Arzneimittel ist, sondern sich insoweit nur gewisse Überschneidungen ergeben. 172Gemessen an den vorstehenden Überlegungen ist das Nutzen-Risiko-Verhältnis der streitbefangenen Präparate ungünstig. Denn unter Zugrundelegung des Inhalts der Änderungsanzeige und der vorstehenden Ausführungen sind die bisher umgesetzten Maßnahmen zur Minimierung der bestehenden Risiken nicht ausreichend. 173Dies bezieht sich in erster Linie auf die Dosierung der Präparate. Diese weisen nach der Änderungsanzeige keine der Monographie der Kommission E bzw. deren Empfehlungen aus dem Jahr 2002 entsprechende Dosierung von 60-120 mg Kava-Pyrone (= Kavalactone) auf. Damit hat die Klägerin die Tagesdosis für L. Kapseln von zweimal täglich einer Kapsel L. (je 50 mg Kavalactone) auf viermal täglich eine Kapsel und die für L. Tropfen von zwei- bis dreimal täglich 30 Tropfen auf zwei- bis dreimal täglich 60 Tropfen bei 2500 mg Kavalactone auf 100 ml Flüssigkeit erhöht. Diese Dosierung ist ‑ wenngleich die Abweichung zumindest bezogen auf L. Kapseln vergleichsweise geringfügig ist - nicht monographiekonform. Diese Feststellung beruht auf Folgendem: Der Senat ist aufgrund der plausiblen und durchgehend nachvollziehbaren sachverständigen Erläuterungen von Frau Dr. H. und Herrn Dr. T. , denen die Beklagte nichts Durchgreifendes entgegen gesetzt hat, zu der Überzeugung gelangt, dass sich die in der Monographie der Kommission E angegebene Dosierungsspanne von 60-120 mg Kava-Pyrone auf die DC-Methode und nicht - auch nicht teilweise - auf die HPLC-Methode bezieht. 174In der Monographie selber ist keine Aussage zu der zugrunde liegenden Messmethode getroffen worden. Das sich bei den Unterlagen zur Monographieerstellung befindliche Gutachten von Dr. K. M. aus dem Jahr 1986 erlaubt entgegen der Auffassung der Beklagten nicht den Rückschluss, dass sich die Dosierungsangabe auf die HPLC- Methode bezieht. Denn daraus geht lediglich hervor, dass zu diesem Zeitpunkt bereits alle sechs Kava-Pyrone bekannt waren und es die HPLC-Methode gab. Zum Umfang ihres Einsatzes und dazu, ob die für die Erstellung der Positivmonographie maßgebenden Studien mit Extrakten durchgeführt worden sind, deren Kavalactongehalt mit dieser Methode gemessen worden ist, ergibt sich daraus hingegen nichts. 175Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung auch nicht in Abrede gestellt, 176dass es die HPLC-Methode zu diesem Zeitpunkt bereits gab, sondern hat vielmehr bestätigt, dass sie bereits damals im universitären Bereich Anwendung gefunden hat. Etwas anderes gelte indes für die Industrie. Dort habe man zur Zeit der Monographieerstellung nicht über die entsprechenden Reinsubstanzen verfügt, um alle sechs Kava-Pyrone quantifizieren zu können. Da die der Monographieerstellung zugrundeliegenden Studien mit Industriepräparaten durchgeführt worden seien, beziehe sich die in der Monographie angegebene Dosierung demzufolge auf die DC-Methode. Dass die Studien mit Industriepräparaten durchgeführt worden sind, ist zwischen den Beteiligten unstreitig. Hierzu hat Frau Dr. H. - von der Beklagten unwidersprochen - darauf hingewiesen, dass die Firma G. , bei der sie zum damaligen Zeitpunkt angestellt war, damals allein mit der DC-Methode gemessene Kava-Extrakte hergestellt und an pharmazeutische Unternehmen geliefert und insoweit einen 95 prozentigen Marktanteil gehalten habe. 177Angesichts dessen konnte die Beklagte auch lediglich auf die Extrakte der Firma T1. , die erst zu einem späteren Zeitpunkt Kundin der Firma G. geworden war, verweisen. Sie gehe davon aus, dass die Firma T1. ab dem Jahr 1990 Extrakte hergestellt habe, die nach der HPLC-Methode bemessen worden seien und davon, dass mit deren Präparaten die Studien von Warnecke, die für die Erstellung der Monographie maßgebend waren, durchgeführt worden seien. Hierbei handelt es sich indes um eine durch die von Herrn Dr. T. angestellten Ermittlungen widerlegte Vermutung. Denn daraus geht hervor, dass in der Monographie nicht auf die erst später erstellten Studien von Warnecke zu dem Präparat Laitan sondern lediglich auf zwei der Komission E im Zeitraum von April bis September 1989 vorgelegte Studienberichte Bezug genommen wird. Das folge - so Herr Dr. T. - daraus, dass sich die Untersuchungen von Warnecke ausweislich der Monographie auf ein mit 60 mg Kava-Pyrone dosiertes Präparat und die erst nach Erstellung der Monographie veröffentlichten Studien hingegen auf das sich erst seit Dezember 1989 auf dem Markt befindliche Präparat Laitan mit einer Dosierung von 70-210 mg Kava-Pyrone bezogen hätten. 178Diese unterschiedlichen Dosierungen können einerseits als Hinweis darauf gedeutet werden, dass im Zeitraum zwischen den Studienberichten und der Veröffentlichung der Studien eine Umrechnung stattgefunden hat, für die aber nur dann ein Erfordernis bestand, wenn das den Studienberichten zugrundeliegende Präparat mittels DC-Methode gemessen war. Als weitere denkbare Erklärungsmöglichkeit kommt allein in Betracht, dass sich Studien und Studienberichte auf unterschiedliche Präparate bezogen haben. Aber auch daraus ergibt sich kein Anhalt dafür, dass das Präparat, zu dem sich der Studienbericht verhält, bereits nach der HPLC-Methode gemessen war. Dagegen spricht, dass es sich dabei um ein - an der damals standardisierten DC-Methode gemessen - erheblich aus dem Rahmen fallendes, weil deutlich unterhalb der angenommen Wirksamkeitsschwelle dosiertes Präparat gehandelt hätte. Hinzu kommt, dass die entgegengesetzte Annahme der Beklagten nicht auf validen Erkenntnissen beruht, sondern auf einer Mitteilung, die die Firma T1. erst zu einem viel späteren Zeitpunkt, nämlich im Zulassungsverfahren gemacht hat. Demgegenüber hat Herr Dr. T. anhand der Studienberichte die dem Präparat der Firma T1. zugrundeliegende Analytik selbst geprüft und hat dabei keinen Hinweis darauf gefunden, dass dies nach der HPLC-Methode bemessen wurde. 179Vor diesem Hintergrund ist auch die weitere Vermutung der Beklagten, dass der in der Monographie angegebene Wert von 60 mg Kava-Pyrone auf der DC-Methode beruhte und der Wert von 120 mg auf der HPLC-Methode, fernliegend und durch nichts belegt. Denn einerseits ginge damit einher, dass die für Phyto-pharmaka charakteristische Dosierungsspanne weitgehend entfiele. Andererseits hält der Senat es mit Frau Dr. H. für abwegig, dass in einer Dosis-empfehlung, die eine Spannbreite angibt, zwei Werte genannt werden, die auf unterschiedlichen Mess- und Analysemethoden beruhen. 180Angesichts dessen ist der Klägerin darin zu folgen, dass die Deklarierung der Dosierung an die heute standardisierte HPLC-Methode angepasst werden muss. Der Senat stimmt aber darin nicht mit der Klägerin überein, dass dies im Sinne einer Verdoppelung zu erfolgen hat. Der Umstand, dass die Bestimmung nach der DC-Methode mit drei Kava-Pyronen erfolgt und die nach der HPLC-Methode mit sechs Kava-Pyronen, rechtfertigt dies nicht, weil der Lactongehalt der unterschiedlichen Pyrone variiert. Das erfordert die Bestimmung eines anderen Umrechnungsfaktors. Frau Dr. H. hat 1,61 als Korrelationsfaktor angegeben und dessen Herleitung anhand einer gut nachvollziehbaren und stimmigen Berechnungsübersicht erläutert. Die Beklagte ist dem nicht entgegen getreten. Der Senat hat auch unter Berücksichtigung der übrigen in das Verfahren eingeführten Erkenntnisse keine Zweifel, dass dieser Korrelationsfaktor zutrifft. Bei seiner Anwendung ergibt sich, dass der in der Monographie genannten Dosierungsspanne von 60-120 mg Kava-Pyrone nach der DC-Methode einer Dosierungsspanne von 97-193 mg Kava-Pyrone nach der HPLC-Methode entspricht und die hier streitgegenständlichen Präparate deswegen überdosiert sind. 181Neben der Dosierung entsprechen auch die dem Senat vorliegenden Gebrauchs- und Fachinformation - unterstellt, die darin enthaltenen Änderungen von für die Zulassung wesentlichen Angaben sind im Wege der Änderungsanzeige wirksam geworden - nicht vollständig den Empfehlungen der Kommission E. Das betrifft die Angabe der Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten (der Hinweis auf die Vermeidung einer begleitenden Medikation mit potentiell hepatotoxischen Medikamenten, insbesondere auch Betablockern, Antidepressiva und Migräne-mitteln fehlt) und die darin vorgesehene Bestimmung der Leberwerte vor Beginn der Behandlung, sodann wöchentlich und optional nach Abschluss der Behand-lung. Bei dem Präparat L. -Tropfen fehlt es außerdem an einem aus-drücklichen Hinweis auf die bei erheblichem Alkoholkonsum bestehenden Risiken. 182(II.) Wenngleich die festgestellten Abweichungen ein ungünstiges Nutzen-Risiko-Verhältnis begründen, rechtfertigen sie nicht den Widerruf der Zulassung, weil eine Änderung der Zulassung auf der Grundlage von § 30 Abs. 2a Satz 1 AMG vorrangig ist. Mit dieser in der Fassung vom 19. Dezember 2012 geltenden Vorschrift, die als Ausprägung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zu interpretieren ist, besteht eine Grundlage dafür, Änderungen auf Ebene der Zulassung vorzunehmen. 183Vgl. Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 18. April 2012, BT-Drs. 17/9341, S. 54. 184Wie ausgeführt, ist das Nutzen-Risiko-Verhältnis der hier streitgegenständlichen Präparate - insbesondere wegen der zu hohen Dosierung, aber auch im Hinblick auf die übrigen Abweichungen von den Empfehlungen der Kommission E in ihrer Stellungnahme aus dem Jahr 2002 als ungünstig zu bewerten, erwiese sich aber nach entsprechender Anpassung an diese Empfehlungen nicht mehr als ungünstig, mit der Folge, dass der Versagungsgrund des § 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 AMG entfällt. Zur Begründung dafür wird auf die vorstehenden Ausführungen Bezug genommen. 185Lassen sich die mit der Anwendung Kava-Kava-haltiger Arzneimittel in Verbindung gebrachten Nebenwirkungen danach bereits durch die von der Kommission E vorgeschlagenen regulatorischen Maßnahmen auf ein vertretbares Maß reduzieren, kommt es nicht entscheidungserheblich darauf an, ob die Beklagte vorrangig unter der Voraussetzungen des § 28 Abs. 3b Satz 1 Nr. 2 AMG eine Unbedenklichkeitsstudie („PASS“) hätte anordnen können und müssen. 186Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO. 187Der Umstand, dass die unbeschränkte Antragstellung in der erstinstanzlichen mündlichen Verhandlung offenkundig auf einem Versehen beruhte, die Beteiligten, wie sich aus ihrem wechselseitigen Vorbringen ergibt, übereinstimmend davon ausgegangen sind, dass nur die Präparate L. Kapseln und L. Tropfen verfahrensgegenständlich sind, und die weiteren Präparate nicht Gegenstand der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung sind, rechtfertigt die Anwendbarkeit dieser Vorschrift. 188Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 1 und 2 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 10, § 711 Satz 1 und 2, § 709 Satz 2 ZPO. 189Die Revision ist zuzulassen, soweit die Berufung zurückgewiesen worden ist, weil insoweit die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegen.
auf die berufung der beklagten wird das urteil des verwaltungsgerichts köln vom 20. mai 2014 geändert. die klage wird abgewiesen, soweit der bescheid vom 21. dezember 2007 in gestalt des widerspruchsbescheides vom 15. februar 2012 die arzneimittel hyposedon n und kavain harras n betrifft. die weitergehende berufung der beklagten wird zurückgewiesen. die beklagte trägt die kosten des verfahrens in beiden instanzen. das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. die beklagte darf die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe von 110 % des auf grund des urteils vollstreckbaren betrages abwenden, wenn nicht die klägerin vor der vollstreckung sicherheit in höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden betrages leistet. die revision wird zugelassen, soweit die berufung zurückgewiesen worden ist. 1
2die klägerin ist ein pharmazeutisches unternehmen. sie wendet sich gegen den widerruf der zulassung der präparate l. kapseln und l. tropfen, die sie bis zum jahr 2001 in den verkehr gebracht hatte. für das zuerst genannte präparat wurde die beantragte nachzulassung bislang nicht erteilt. für das präparat l. tropfen hatte das bfarm die zulassung mit einer dosierung von zwei- bis dreimal täglich 30 tropfen bezogen auf 2500 mg kavalactone/ 100 ml flüssigkeit mit bescheid vom 23. dezember 1999 erteilt. 3bei den präparaten handelt es sich um pflanzliche angstlöser (anxiolytika) zur anwendung bei nervösen angst-, spannungs- und unruhezuständen, die als wirkstoff den kava-kava-wurzelstock-trockenextrakt - piperis methystici rhizoma - in gestalt eines ethanolischen auszugs enthalten. 4die anwendungsgebiete der arzneimittel der klägerin entsprachen den vorgaben der monographie der kommission e vom 1. juni 1990. ihre verschreibungspflicht wurde im jahr 2002 beschlossen. 5im jahr 2001 leitete das bundesinstitut für arzneimittel und medizinprodukte (bfarm) aufgrund von berichten über verdachtsfälle von nebenwirkungen in gestalt lebertoxischer effekte bei acetonischen kava-kava-auszügen insbesondere aus der schweiz ein stufenplanverfahren nach § 63 amg ein. nach anhörung der betroffenen pharmazeutischen unternehmen widerrief das bfarm mit bescheid vom 14. juni 2002 erstmals die zulassungen kava-kava- und kavain-haltiger arzneimittel bis zu einer homöopathischen verdünnung von d4. hiergegen legten die betroffenen unternehmen widerspruch ein, woraufhin das bfarm an der widerrufsentscheidung nicht festhielt, sondern stattdessen mit bescheid vom 12. mai 2005 ein befristetes ruhen der betroffenen zulassungen anordnete. 6nachdem zwischen den beteiligten unternehmen, ihren verbänden und dem bfarm über die art des vorzulegenden wissenschaftlichen erkenntnismaterials keine einigung erzielt werden konnte, widerrief die behörde mit dem streitgegenständlichen bescheid vom 21. dezember 2007 die zulassungen kava-kava- und kavain-haltiger arzneimittel und homöopathischer zubereitungen aus kava-kava-zubereitungen. es bestehe weiterhin der widerrufsgrund des § 30 abs. 1 i.v.m. § 25 abs. 2 satz 1 nr. 5 amg, da der begründete verdacht schädlicher wirkungen auch unter berücksichtigung der von den betroffenen unternehmen und ihren verbänden vorgelegten unterlagen fortbestehe. das ruhen der zulassungen sei angeordnet worden, um den betroffenen unternehmen gelegenheit zu geben, studienergebnisse vorzulegen, die die wirksamkeit in dem beanspruchten anwendungsgebiet in einem maße belegten, dass die bekannten hepatotoxischen risiken vertretbar seien. die vorgelegten toxikologischen untersuchungen lieferten keine hinreichende grundlage für die risikoabschätzung. anhand der in-vitro-studien könne zwar ein gewisser toxizitätsvergleich der untersuchten kava-kava-extrakte bzw. kavalactone aufgestellt werden. eine direkte risikoabschätzung bzw. ein unbedenklichkeitsnachweis für die anwendung sämtlicher arten von kava-kava-extrakten am menschen könne daraus aber nicht abgeleitet werden. die in-vivo-studien wiesen methodische mängel auf und seien deswegen nicht bewertungsfähig. zudem beschränke sich die aussagekraft der studie von disilvestro et al. auf einen bestimmten kava-kava-extrakt und könne deswegen nicht zur risikoabschätzung von kava-kava-arzneimitteln allgemein herangezogen werden. in der studie von l. sorrentino et al. seien nicht genügend parameter zum ausschluss der lebertoxizität erhoben worden. zudem fehlten daten zur pharmakokinetik bzw. toxikokinetik der potentiell toxischen inhaltsstoffe. es sei weiterhin unklar, ob die ratte die geeignete tierspezies sei, um vergleichbare hepatotoxische effekte auszulösen, wie sie aufgetreten seien. die nachgereichten publikationen lieferten keine erkenntnisse, die eine hepato-toxizität der von dem stufenplan betroffenen deutschen kava-kava-haltigen arzneimittel ausschlössen oder relativierten. deren fehlen in den vorliegenden untersuchungen stehe im widerspruch zu den klinischen befunden. mangels weiterer untersuchungen, die die pharmazeutischen unternehmen zwar angekündigt, aber nicht durchgeführt hätten, seien nach wie vor weder die mechanismen der klinisch aufgetretenen hepatotoxischen effekte noch das klinisch relevante toxin bekannt. 7der bescheid enthält eine zusammenfassung der vorliegenden erkenntnisse zum risiko der einnahme kava-kava-haltiger präparate und verweist insoweit auf einen bericht der weltgesundheitsorganisation (who) aus dem jahr 2007, der eine bewertung von 93 fallberichten zu leberschädigungen enthalte. außerdem wird in dem bescheid auf den bericht der britischen gesundheitsbehörde medicines and healthcare products regulatory agency (mhra) vom 27. juni 2006 verwiesen, in dem - nach ländern gegliedert - die bei der mhra eingegangenen meldungen zu 110 nebenwirkungsverdachtsfällen weltweit - darunter die überwiegende anzahl aus deutschland - aufgeführt sind. 8den hiernach bestehenden risiken stehe der umstand gegenüber, dass neuere untersuchungen zum beleg der wirksamkeit kava-kava- sowie kavalacton-haltiger arzneimittel nicht vorgelegt worden seien. bei arzneimitteln, für die es ‑ jedenfalls bei der vorgeschlagenen dosierung - keine ausreichenden wirksamkeitsbelege gebe, sei ein nicht zu eliminierendes risiko nicht hinnehmbar, wenn es um schwerwiegende unerwünschte arzneimittelwirkungen (uaw) gehe. risikominimierende maßnahmen wie die unterstellung unter die verschreibungspflicht, die begrenzung der dosierung und leberfunktionstests rechtfertigten keine abweichende bewertung, zumal bei der behandlung von angststörungen mit benzodiazepinen, buspiron und einigen serotoninwiederaufnahmehemmern wie paroxetin und citalopram therapeutische alternativen zur verfügung stünden. deren wirksamkeit in der behandlung von unterschiedlichen formen von angststörungen sei im gegensatz zu kava-kava-haltigen arzneimitteln in mehreren klinischen studien gut untersucht und belegt worden. das bei benzodiazepinen bestehende abhängigkeitsrisiko rechtfertige es nicht, das mit kava-kava-produkten verbundene risiko hinzunehmen. 9in einer zusammenfassenden bewertung führte das bfarm aus, dass bei monographiekonformer dosierung bis 120 mg kava-pyrone als tagesdosis das risiko von leberschädigungen zwar geringer, aber immer noch deutlich vorhanden sei. bei dosierungen oberhalb von 120 mg kava-pyronen bestehe zwar ein gewisser anhalt für die wirksamkeit; das risiko für leberschäden sei dann aber zu groß. 10die klägerin erhob gegen den bescheid widerspruch. in einer stellungnahme des bundesverbandes der arzneimittelhersteller e.v. (bah) zum widerruf der zulassungen, die sich die klägerin zu eigen machte, führte der verband aus, die annahme schädlicher wirkungen kava-kava- und kavain-haltiger arzneimittel sei unzutreffend. das bfarm habe die neu vorgelegten toxikologischen untersuchungen nicht bewertet bzw. keinen nachvollziehbaren bewertungskriterien unterworfen. die kommission e habe in ihrer sitzung vom 27. februar 2002 unter dem vorbehalt bestimmter sicherheitsmaßnahmen ein klares votum zur weiteren verkehrsfähigkeit kava-kava-haltiger arzneimittel abgegeben. auch berücksichtige der bescheid nicht, dass § 25 abs. 2 satz 1 nr. 5 amg in seiner seit dem 6.september 2005 geltenden fassung keinen „begründeten verdacht schädlicher wirkungen“, sondern ein ungünstiges nutzen-risiko-verhältnis voraussetze. kava-kava erfülle die voraussetzungen eines „well-established use“. es werde seit jahrzehnten in der europäischen union medizinisch verwendet. wirkungen und nebenwirkungen seien bekannt. neue klinische studien könnten folglich nicht verlangt werden. zudem könne eine klinische studie keine erkenntnisse über seltene nebenwirkungen liefern. anlass zu kritik an den eingereichten toxikologischen studien bestehe nicht. andere therapeutische ansätze wie z.b. benzodiazepine stellten aufgrund ihrer risiken keine therapeutische alternative dar. andere arzneistoffe wiesen das gleiche oder sogar ein höheres risiko für leberschädigungen und zudem weitere schwerwiegendere unerwünschte effekte als kava-kava auf, insbesondere sei ein anstieg der suizidrate bekannt. die ergebnisse des berichts der mhra seien wegen der gänzlich anderen indikation in großbritannien (blasenerkrankungen) nicht übertragbar. die bewertung der vorliegenden fallmeldungen sei nicht sachgerecht. ihre inzidenzrate werde vom bfarm nach wie vor nicht berücksichtigt. 11in der folgezeit führten gespräche und schriftwechsel zwischen den pharmazeutischen unternehmen und dem bfarm zu keinem ergebnis. der widerspruch der klägerin blieb zunächst unbeschieden. 12unter dem 29. märz 2011 richtete die klägerin änderungsanzeigen für beide präparate an das bfarm, deren inhalt jeweils die verdoppelung der dosierung ist. 13in den für beide präparate beigefügten fachinformationen, stand märz 2011, ist 14für l. tropfen eine dosierung von zwei- bis dreimal täglich 60 tropfen vorgesehen, wobei 100 ml flüssigkeit 2500 mg kavalactone enthalten. die dosierung für l. kapseln ist mit viermal täglich einer kapsel vorgesehen, wobei eine kapsel 50 mg kavalactone enthält. unter den gegenanzeigen ist u.a. eine vorbestehende leberschädigung und (nur) in den fachinformationen für l. kapseln erheblicher alkoholkonsum aufgeführt. unter der rubrik nebenwirkungen enthalten sie den hinweis auf sehr selten auftretende leberschäden unterschiedlicher schweregrade (transaminasenanstieg, ikterus, hepatitis). in einigen fällen sei es nach der einnahme der empfohlenen oder der zwei- bis dreifachen dosierung bei kava-kava-zubereitungen bereits nach acht wochen zu einem irreversiblen leberversagen gekommen. es werde weiter darauf hingewiesen, dass eine ausdehnung über einen monat hinaus mit dem arzt abzustimmen sei, damit gegebenenfalls laborkontrollen der leberfunktion durchgeführt werden könnten. als wechselwirkung sei eine wirkungsverstärkung von zentral wirksamen substanzen wie alkohol, barbituraten, psychopharmaka und muskelrelaxanzien möglich. eine verstärkung hepatotoxischer wirkungen anderer arzneimittel durch die zeitnahe einnahme von kava-kava-zubereitungen könne nicht ausgeschlossen werden. die gebrauchsinformationen, stand märz 2011, enthalten den hinweis auf die symptome einer fortgeschrittenen leberschädigung, bei deren auftreten das präparat umgehend abzusetzen und ein arzt zu konsultieren sei. für l. tropfen sind packungsgrößen von 50 ml und 100 ml vorgesehen und für l. kapseln von 20/50/100 kapseln. 15das bfarm hat den änderungsanzeigen in der folgezeit nicht widersprochen. 16die klägerin hat am 20. dezember 2011 die vorliegende klage zunächst als untätigkeitsklage erhoben und zugleich im wege des einstweiligen rechtsschutzes die anordnung deren aufschiebender wirkung beantragt (vg köln 7 l 1919/11). diesen antrag hat sie am 24. mai 2012 zurückgenommen. nach erlass des widerspruchsbescheides am 15. februar 2012 hat die klägerin ihr klagebegehren umgestellt und mit schriftsatz vom 28. februar 2012 im wege der anfechtungsklage beantragt, den bescheid vom 21. dezember 2007 in gestalt des widerspruchsbescheides vom 15. februar 2012 aufzuheben, soweit hiervon die arzneimittel l. tropfen und l. kapseln betroffen sind. 17zur begründung der klage hat sie im wesentlichen ausgeführt: der widerruf der zulassungen sei rechtswidrig. das nutzen-risiko-verhältnis für kava-kava-haltige arzneimittel, die auf einem ethanolischen extrakt des kava-kava-wurzelstocks basierten, sei nicht ungünstig. die wirksamkeit des arzneimittels sei bei einer dosierung von 240 mg kava-pyrone, berechnet nach der hochleistungsflüssigkeitschromatographie-methode - engl. high performance liquid chromatography - (hplc-methode) auf sechs kava-pyrone, belegt. die von der kommission e angegebenen 120 mg kava-pyrone seien mittels dünnschichtchromatographie (dc) beschränkt auf drei kava-pryrone berechnet worden. deswegen entsprächen 120 mg kava-pyrone berechnet nach der dc-methode 240 mg kava-pyrone berechnet nach der. überdies sei ende der 80er jahre eine exakte quantitative bestimmung aller maßgeblichen sechs kavalactone auch mit hilfe der hplc-methode nicht möglich gewesen. demzufolge entsprächen die in der monographie ermittelten 120 mg nicht dem gesamtgehalt an kavalactonen. vielmehr sei der kavalactongehalt der kava-produkte, die in der monographie berücksichtigung gefunden hätten, nach heutigen standards wesentlich höher anzusetzen. 18der einwand des bfarm, die mittel seien nicht wirksam, beruhe darauf, dass die betroffenen unternehmen auf entsprechende forderung des bfarm die dosierung halbiert hätten, um sich numerisch an die monographie anzupassen. das sei inzwischen mit blick auf die unterschiedlichen berechnungsgrundlagen durch die mit der änderungsanzeige erfolgte anhebung auf die alte menge von 240 mg kava-pyrone korrigiert worden. bei der bewertung der wirksamkeit müsse deswegen nach aktuellem stand der zulassung für alle betroffenen arzneimittel eine dosierung von 240 mg kava-pyrone zugrunde gelegt werden. 19die vorliegenden fälle unerwünschter ereignisse in zusammenhang mit kava-kava seien vom bfarm unrichtig und teilweise anders als von anderen institutionen bewertet worden. auf der grundlage der auswertung durch teschke et al. aus dem jahr 2008 ergäben sich lediglich drei fälle, in denen überhaupt von einer auslösung durch kava-kava auszugehen sei. in zwei dieser fälle habe es sich um acetonische extrakte gehandelt. der verbleibende fall stehe im zusammenhang mit einer allergie. die häufung von uaw-meldungen in den jahren 2001 und 2002 sei zudem durch die aktive negative informationspolitik des bfarm zu erklären. im gegensatz zum bfarm habe die schweizerische behörde nicht auf vorlage präklinischer studien bestanden, sondern nur eine anwendungsbeobachtung gefordert, die jedoch wegen des deutschen kava-kava-verbots abgebrochen worden sei. in den usa würden kava-kava-produkte nach wie vor als nahrungsergänzungsmittel in den verkehr gebracht. 20die risiken in betracht zu ziehender alternativpräparate - insbesondere benzodiazepine und antidepressiva - seien ungleich höher als die der betroffenen kava-kava-produkte. das angestrebte ziel der verminderung von therapierisiken könne mit dem widerruf nicht erreicht werden. anstelle des geringeren risikos von kava-kava-produkten lasse das bfarm zu, arzneimittel einzusetzen, deren anwendung für die patienten mit weit größeren risiken verbunden sei. noch bis zum jahr 2001 habe das bfarm neuzulassungen für kava-kava-haltige arzneimittel erteilt. 21mit bescheid vom 15. februar 2012 hat das bfarm den widerspruch der klägerin unter wiederholung und vertiefung seiner vorherigen ausführungen zum risiko der anwendung kava-kava-haltiger arzneimittel als unbegründet zurückgewiesen. in deutschland seien 48 fälle lebertoxischer reaktionen registriert worden, von denen 26 ausreichend gut dokumentiert seien. in sieben fällen habe eine lebertransplantation vorgenommen werden müssen. zwei dieser patienten und eine patientin ohne lebertransplantation seien verstorben. in zwei fällen sei die lebertoxische reaktion nach absetzen des kava-kava-produkts zurückgegangen und bei reexposition erneut aufgetreten. in dreizehn fällen sei aufgrund des zeitlichen zusammenhangs, des fehlens lebertoxischer faktoren und einer entsprechenden komedikation ein kausalzusammenhang wahrscheinlich. in einzelnen dieser fälle sei eine synergistische beteiligung eines anderen arzneimittels (z.b. eines estrogens) als möglich anzusehen, ohne dass dies die annahme gerechtfertigt hätte, dass das kava-kava-arzneimittel nicht an der hepatotoxischen reaktion beteiligt gewesen wäre. in weiteren fünf spontan gemeldeten fällen sei ein kausalzusammenhang „möglich bis wahrscheinlich“ und in den restlichen fällen „möglich“. aus den dargestellten fällen gehe hervor, dass kava-kava eindeutig das potential zu schwerer lebertoxizität habe. der effekt weise ein durchaus charakteristisches muster auf mit einem zeitlichen gipfel bei drei bis vier monaten nach medikationsbeginn und einer wahrscheinlich höheren toxizität bei höheren dosen. 22zur toxikologischen bewertung von kava-kava-extrakten fehlten weiterhin nach heutigen standards durchgeführte tierstudien. die wirksamkeit der ethano-lischen kava-kava-auszüge als anxiolytikum sei unverändert als nicht belegt anzusehen. ein vergleich des nutzen-risiko-profils mit therapeutischen alternativen setze diesen wirksamkeitsnachweis aber voraus. 23mit auflagenbeschluss vom 30. oktober 2012 hat das verwaltungsgericht der beklagten aufgegeben, eine zusammenstellung nebst wirksamkeitsbelegen und nebenwirkungsprofil von benzodiazepin-haltigen, in deutschland verkehrsfähigen arzneimitteln vorzulegen, deren anwendungsgebiet ganz oder teilweise der indikation „nervöse angst-, spannungs- und unruhezustände“ entspricht. zugleich hat es der klägerin aufgegeben, darzulegen, ob und unter welchen voraussetzungen toxikologische untersuchungen in vivo mit dem wirkstoff ihres arzneimittels an einer weiteren tierart, die nicht nagetier ist, durchgeführt werden können. 24die beklagte ist diesen auflagen nachgekommen und hat hierzu erwidert, es sei reine spekulation und durch nichts belegt, dass patienten nach dem verbot von kava-kava auf benzodiazepine übergegangen seien. deren verwendung sei durch die hinweise an die ärzte zum bestimmungsgemäßen gebrauch von benzodiazepin-haltigen präparaten limitiert. auch weise die fachinformation auf den überwiegenden einsatz dieser arzneistoffe bei schweren angstzuständen, schlafstörungen sowie zur behandlung von muskelverspannungen und epilepsien sowie die zeitliche begrenzung einer behandlung hin. zur symptomatischen behandlung von angstzuständen (leitsymptomatik: angst, innere unruhe, spannungszustände) stehe der wirkstoff buspiron zur verfügung, ein serotonin ohne erhöhtes abhängigkeitspotential, aber mit verzögertem wirkungseintritt. daneben hat das bfarm auf unterschiedliche psychopharmaka, ferner auf andere pflanzliche präparate wie baldrian, hopfen, melisse, passionsblume oder johanniskraut verwiesen. die von klägerseite vertretene annahme unterschiedlicher risiken verschiedener kava-kava-kultivare sei spekulativ, da sich die nebenwirkungsmeldungen gleichmäßig auf die verschiedenen kultivare und extrakte verteilten. in einem fall sei es sogar zu einer „positiven rechallenge“ - einem wiederauftreten der nebenwirkung nach erneuter gabe - gekommen, was eine gesicherte kausalität begründe. zudem habe sich in mehreren vom national toxicology program (ntp) der usa mit einem handelsüblichen kava-kava-extrakt durchgeführten studien ergeben, dass die leber hauptzielorgan toxischer und kanzerogener effekte sei. 25die klägerin hat sich in ihrer gegenäußerung zum auflagenbeschluss gegen das erfordernis weiterer tierexperimenteller toxizitätsstudien gewandt und dazu ausgeführt: das bisherige datenmaterial habe ein hepatotoxisches potential von kava-kava nicht belegen können. nebenwirkungen seien insoweit in der vergangenheit in erster linie bei acetonischen kava-kava-extrakten und minderwertigen sorten aufgetreten. unter zugrundelegung des zutreffenden bewertungsschemas (sog. rucam-schema des council for international organisations of medical sciences - cioms - der who) wären zahlreiche meldungen nicht auf kava-kava zurückzuführen. der einzelne fall einer rechallenge hätte in diesem licht unter dem gesichtspunkt einer allergie bewertet werden müssen. zur gewinnung weiterer erkenntnisse über das risiko am menschen sei eine beobachtung von patienten im rahmen der laufenden behandlung geeignet (sog. post authorisation safety study, „pass“). entsprechendes sei vom bfarm auch im fall von pelargonium („umckaloabo“) akzeptiert worden. die bestehende toxikologische datenlage reiche aus. es lägen allein in deutschland erfahrungswerte über einen zeitraum von 100 jahren vor. die klägerin verweist in diesem zusammenhang u.a. auf eine reihe - teils neuerer - studien, die ein hepato-toxisches risiko des ethanolischen extrakts, insbesondere bei einer anwen-dungsdauer von bis zu vier wochen, nicht hätten belegen können. in den usa sei kava-kava nach wie vor unbeanstandet als nahrungsergänzungsmittel verkehrsfähig. kanzerogene effekte seien bei mäusen festgestellt worden; dieses spezies-spezifische phänomen trete in dieser form auch bei benzodiazepinen auf und erfordere eine langzeitgabe sehr hoher dosen. zudem hätten andere studien gezeigt, dass kava-kava nicht mutagen sei. die beklagte lasse - der zulassungspraxis des bfarm widersprechend - bei der auswertung der nebenwirkungsmeldungen konsequent die erforderliche differenzierung der arzneimittel nach art der droge und extraktionsmittel vermissen. 26im gegensatz zur auffassung der beklagten seien benzodiazepine bei der nutzen-risiko-abwägung von kava-kava durchaus in den blick zu nehmen. die beklagte selbst benenne benzodiazepine als risikoärmere alternative zu kava-kava. angesichts des teilweise identischen anwendungsgebiets von kava-kava und mit blick auf die verschreibungszahlen 1998 und 1999 lasse sich feststellen, dass bei etwa jeder 10. verordnung die wahl auf kava-kava als risikoärmere alternative zu benzodiazepinen gefallen sei. das von der beklagten aufgrund des auflagenbeschlusses vorgelegte material belege ein erhebliches nebenwirkungspotential von benzodiazepinen, die in ihrer schwere einer hepatotoxizität entsprächen oder über diese hinausgingen, wie etwa die gefahr einer missbräuchlichen überdosierung und selbsttötungen unter zuhilfenahme von benzodiazepinen. auch das von der beklagten angeführte buspiron weise ein größeres abhängigkeitspotential als kava-kava auf und sei nebenwirkungsbehaftet. vergleichbares gelte für antidepressiva, auch in bezug auf leberschädigungen. johanniskraut zeige wechselwirkungen zu anderen arzneimitteln, führe zu lichtempfindlichkeit und müsse über einen längeren zeitraum eingenommen werden, um überhaupt eine wirkung zu zeitigen. 27auch bestehe eine asymmetrie in der risikobewertung des bfarm bei phyto-pharmaka. es stelle sich die frage, warum bei einem freiverkäuflichen arzneimittel wie „umckaloabo“ mit dem wirkstoff aus der pelargoniumwurzel, das ebenfalls im verdacht stehe, leberschädigungen hervorzurufen, dieses risiko in kauf genommen werde, bei kava-kava jedoch trotz von den unternehmen angebotener transaminasen-kontrollen, der verschreibungspflicht und des hochwertigen anwendungsgebiets die zulassungen widerrufen würden. 28die klägerin hat beantragt, 29den bescheid des bfarm vom 21. dezember 2007 in gestalt des widerspruchsbescheides vom 15. februar 2012 aufzuheben. 30die beklagte hat beantragt, 31 die klage abzuweisen. 32sie hat ihr vorbringen aus dem verwaltungsverfahren wiederholt und vertieft und ergänzend folgendes ausgeführt: die von der britischen gesundheitsbehörde in ihrem bericht aus dem jahr 2006 aufgeführten 110 nebenwirkungsverdachtsfälle beschränkten sich nicht auf acetonische extrakte, sondern hätten in der mehrzahl der fälle ethanolische extrakte betroffen. 33die seitens der unternehmen vorgelegten toxikologischen untersuchungen seien nicht geeignet, die risikofreiheit des wirkstoffs zu belegen. insbesondere geeignete tierstudien stünden aus. eine kurzzeitanwendung von nur vier wochen sei angesichts des krankheitsbildes auch wenig realistisch. die einschlägigen guidelines forderten eine studiendauer bei nicht-nagern von neun monaten. 34auch die wirksamkeit sei nicht hinreichend belegt. insbesondere sei die darstellung, die monographie der kommission e beruhe auf einer dc-messung, nicht belegt. aus den unterlagen zur monographieerstellung der kommission e gehe hervor, dass die bestimmung auch zum damaligen zeitpunkt schon mit der hplc-methode erfolgt sei. die zwischenzeitliche erhöhung der tagesdosis über den monographiekonformen wert von 60 bis 120 mg kava-pyrone hinaus sei nicht geeignet, das negative nutzen-risiko-verhältnis zu ändern. 35der klägerin sei zwar darin zuzustimmen, dass in der phytotherapie der arzneilich wirksame bestandteil durch das extraktionsmittel und das droge-extrakt-verhältnis (dev) eindeutig gekennzeichnet sei und eine änderung des extraktionsmittels bzw. des dev auch zu einem anderen wirkstoff führe. nur die berücksichtigung ethanolischer extrakte reduziere aber auch das zugunsten der klägerin vorgelegte studienmaterial immens, da dann alle ergebnisse zu wässrigen, acetonischen oder co2-extrakten nicht berücksichtigungsfähig seien. 36die beklagte sieht sich durch die ntp-studie in ihrer risikobewertung bestätigt. dass die us-amerikanische behörde hieraus keinen handlungsbedarf abgeleitet habe, sei ohne belang. die von der klägerin herangezogenen neueren studien seien nicht hinreichend aussagekräftig. 37die möglichkeit der anordnung von post authorization safety studies sei erst durch das 2. amg-änderungsgesetz vom 19. oktober 2012 geschaffen worden. 38das verwaltungsgericht hat den bescheid des bfarm vom 21. dezember 2007 in gestalt des widerspruchsbescheides vom 15. februar 2012 durch urteil vom 20. mai 2014 aufgehoben. zur begründung hat es ausgeführt: das nutzen-risiko-verhältnis kava-kava-haltiger arzneimittel der hier streitgegenständlichen art erweise sich nicht als ungünstig. wenngleich die monographie „piperis methystici rhizoma" der kommission e vom 1. juni 1990, aus der die klägerin die wirksamkeit kava-kava-haltiger arzneimittel im wesentlichen herleite, nicht auf einer aktuellen erfordernissen genügenden klinischen erprobung des wirkstoffs beruhe, sei sie in der folgezeit grundlage für eine vielzahl von zulassungen und nachzulassungen kava-kava-haltiger präparaten gewesen, ohne dass insoweit eine sachliche unterscheidung zwischen ethanolischen und anderen auszügen erfolgt sei. diese wirksamkeitsaussage habe das bfarm im gerichtlichen verfahren nicht substantiiert angegriffen. auch habe sich die kommission e noch im jahre 2002 in kenntnis der bekannten risikoaspekte für die verkehrsfähigkeit der produkte unter dem vorbehalt bestimmter sicherheitsmaßnahmen ausgesprochen. vor diesem hintergrund könne den vom widerruf betroffenen arzneimitteln ungeachtet ihrer dosierung nicht jede wirksamkeit von vornherein abgesprochen werden. wegen des abweichenden prüfungsmaßstabs des § 30 abs. 1 amg komme es auf die frage, ob die wirksamkeit kava-kava-haltiger arzneimittel in einer den anforderungen des § 22 abs. 2 s. 1 nr. 3, abs. 3 amg genügenden weise begründbar sei, nicht an. 39dem durch die zulassungsbescheide belegten nutzen der präparate in den anwendungsgebieten „nervöse angst, spannungs- und unruhezustände" stünden anwendungsrisiken in gestalt hepatotoxischer ereignisse gegenüber. die in dem bericht der who dokumentierten fälle lebertoxischer reaktionen seien im rahmen einer quantitativen gewichtung angesichts der weiten verbreitung kava-kava-haltiger arzneimittel als „selten" oder „sehr selten" auftretende nebenwirkungen auszuweisen. dabei sei zu berücksichtigen, dass die klägerin nachvollziehbar dargelegt habe, dass in die berichte der who und der mhra auch meldungen aus deutschland eingeflossen seien und deswegen eine doppelte berücksichtigung ein und desselben ereignisses nahe liege. inhaltlich sei das zu den hepatotoxischen nebenwirkungen vorliegende zahlenmaterial nicht konsistent. das aus großbritannien ausgewertete zahlenmaterial beziehe sich auf die anwendung von kava-kava in einem anderen anwendungsgebiet, nämlich blasenerkrankungen. zudem erschwere die multikausalität von leberschädigungen die zuordnung zu einer bestimmten medikamentengabe. die klägerin habe nachvollziehbar dargelegt, dass es auch in sog. „rechallenge-fällen" einer dokumentation der komedikation bedürfe, um eine tragfähige wahrscheinlichkeitsaussage treffen zu können. in der vorliegenden gestalt lasse das zahlenmaterial nur die aussage einer möglichen verknüpfung von nebenwirkungen durch kava-kava-gabe zu. dies gelte auch für ethanolische extrakte. 40im rahmen der bewertung des nutzen-risiko-verhältnisses hat das verwaltungsgericht zunächst darauf hingewiesen, dass das monographierte anwendungsgebiet „nervöse angst, spannungs- und unruhezustände" sich mit dem für benzodiazepine zugelassenen anwendungsgebiet überschneide. obwohl es sich bei letzteren um zugelassene und verschreibungspflichtige arzneimittel handele, gingen von diesen wirkstoffen erhebliche gefahren aus. es bestehe schon bei therapeutischen dosierungen ein sehr hohes abhängigkeitspotential. benzodiazepine würden weltweit als medikamente mit der höchsten missbrauchsrate gelten. seit 2002 habe es für benzodiazepine insgesamt 4.478 uaw-meldungen gegeben, die sich über eine vielzahl von unerwünschten nebenwirkungen erstreckten und - soweit schwer - bei suizidversuchen und suchtmissbrauch deutliche spitzen aufwiesen, vereinzelt aber auch leberschädigungen zeigten. vor diesem hintergrund könne nicht von einer risikoärmeren alternative zu kava-kava-haltigen arzneimitteln ausgegangen werden. das gelte in abgeschwächter form auch für das vom bfarm angeführte buspiron und die erwähnten antidepressiva. zudem seien im rahmen einer am verhältnismäßigkeitsgrundsatz und dem übermaßverbot orientierten nutzen-risiko-abwägung andere regulatorische maßnahmen zur risikominimierung zu berücksichtigen, die eine weitere verkehrsfähigkeit der produkte ohne unvertretbare gefahren für die öffentliche gesundheit gewährleisteten. hierzu zählten die verschreibungspflicht, gegenanzeigen, anwendungsbeschränkungen, eine ausdrückliche beschränkung der anwendungsdauer sowie eine begleitende regelmäßige erhebung der leberwerte. hinzu trete die nunmehr gemäß § 28 abs. 3b satz 1 nr. 2 amg auch nach erteilung der zulassung bestehende möglichkeit der bundesoberbehörde, im wege der auflage anzuordnen, unbedenklichkeitsprüfungen durchzuführen, wenn dies im interesse der arzneimittelsicherheit erforderlich sei. angesichts des umstandes, dass bislang die anhaltspunkte für ein hepatotoxisches risiko der streitbefangenen produkte nicht mit der genügenden sicherheit hätten verifiziert werden können, wäre eine solche nachgelagerte erprobung bei fortbestehender marktfähigkeit unter verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten naheliegend und das gegenüber dem widerruf mildere mittel. 41die beklagte hat die vom verwaltungsgericht zugelassene berufung eingelegt und zur begründung im wesentlichen geltend gemacht: die möglichkeit, eine unbedenklichkeitsstudie anzuordnen, bestehe nicht. das materielle recht, insbesondere § 28 abs. 3b satz 1 nr. 2 amg, eröffne nicht die möglichkeit, nach zulassung eine unbedenklichkeitsstudie anzuordnen. es bestehe kein ansatz dafür, dass die vorschrift auf vor ihrem inkrafttreten eingeleitete (und abgeschlossene) risikoverfahren anwendung finde. das verwaltungsgericht habe zutreffend festgestellt, dass die aktuelle bewertung der wirksamkeit des arzneimittels ein maßgeblicher abwägungsbelang bei der bewertung des nutzen-risiko-verhältnisses sei. die wirksamkeit kava-kava-haltiger arzneimittel sei bereits bei erstellung der monographie der kommission e fraglich gewesen. wegen der geringen bedeutung von kava-kava sei zunächst eine negativmonographie erstellt worden. die von der kommission e in bezug auf die wirksamkeit angenommene plausibilität würde und könnte unter den heutigen rechtlichen rahmenbedingungen zu einer traditionellen registrierung gemäß § 39c amg führen, womit allerdings eine sehr viel kritischere nutzen-risiko-bewertung einhergehe. schon zum zeitpunkt der stufenplanentscheidung hätten dem bfarm keine studien vorgelegen, die eine wirksamkeit ausreichend belegt hätten. das herbal medicinal product commitee (hmpc) habe in einer öffentlichen stellungnahme „piperis methystici rhizoma“ als einen der wirkstoffe benannt, für die die erstellung einer positivmonographie nicht erfolgversprechend erscheine. das angegriffene urteil überspanne die anforderungen an den verdachtsgrad schädlicher nebenwirkungen. wenn - wie vorliegend - eine größere anzahl von verdachtsfällen zusammenkomme, ergebe sich der begründete verdacht des auftretens unvertretbarer schädlicher wirkungen mit zumindest möglicher kausalität. da es sich hier um sehr schwerwiegende nebenwirkungen mit ernsten konsequenzen gehandelt habe, seien zum schutz der patienten einschneidende maßnahmen gerechtfertigt gewesen. die vom gericht beanstandete fehlende häufigkeit der nebenwirkungen sei aus den daten der spontanerfassung bekanntermaßen nicht verlässlich ableitbar. insoweit sei insbesondere die hohe dunkelziffer zu berücksichtigen. quantitative aussagen zur häufigkeit von nebenwirkungen seien nur durch studien mit systematischer datenerfassung und ausreichender anzahl eingeschlossener patienten zu treffen. entscheidend sei das vorliegen einer reihe von fällen schwerwiegender nebenwirkungen, bei denen ein kausaler zusammenhang mit der anwendung von kava-kava-haltigen arzneimitteln zumindest möglich erscheine. dieser sei nach den dem bfarm vorliegenden - im folgenden nochmals zusammengefassten - erkenntnissen gegeben. daraus gehe hervor, dass kava-kava eindeutig das potential zu schwerer lebertoxizität habe, wobei auch idiosynkratische leberschädigungen eine denkbare erklärungsmöglichkeit seien. die darstellung der klägerin zu inzidenzraten bleibe unklar. an der arbeit von teschke et al. sei auffällig, dass der kausalzusammenhang in 13 fällen wegen anderer nicht medikamentöser ursachen verneint worden sei und dies in drei beispielhaft aufgeführten fällen nicht mit den differenzialdiagnostischen feststellungen der ärzte, von denen diese fallberichte stammten, in einklang stehe. in der bisherigen diskussion zu noble-kava und den zu erwartenden qualitätsunterschieden habe die klägerin bislang nicht belegt, welche kava-qualität sie in den 80er/90er jahren verwendet habe. es sei auch nicht dargelegt, ob die klinischen studien, die der damaligen zulassung zugrunde lagen, ausschließlich mit noble-kava durchgeführt worden seien. 42auch wenn der für die ntp-studie verwendete extrakt mit überkritischem kohlendioxyd nicht mit den ethanolischen extrakten vergleichbar sei - was sich angesichts der 96%igen ethanolkonzentration jedoch diskutieren ließe -, seien die dort gewonnenen schlussfolgerungen als hintergrundinformation bei der bewertung mit einzubeziehen. mit bezug auf den mechanismus der hepatotoxizität seien zudem die ergebnisse weiterer im einzelnen aufgeführter publikationen aus den jahren 2011 und 2012 zu berücksichtigen. 43die nutzen-risiko-abwägung des verwaltungsgerichts verdiene kritik. die dort angeführte überschneidung der anwendungsgebiete von benzodiazepin- und kava-kava-haltigen arzneimitteln wiege die unterschiede beider arzneimittel nicht auf. vielmehr sei mit blick auf etwaige behandlungsalternativen insbesondere die interdisziplinäre s3-leitlinie „behandlung von angststörungen" in den blick zu nehmen. benzodiazepine zählten danach weder zu den arzneimitteln der ersten noch der zweiten wahl für die angstbehandlung. dazu zählten demgegenüber selektive serotonin-wiederaufnahmehemmer, selektive serotonin-noradrenalin-wiederaufnahmehemmer, pregabalin, buspiron, opipramol, hydroxyzin und damit arzneimittel mit einem guten nutzen-risiko-verhältnis. abgesehen davon handele es sich bei der mit einer behandlung mit benzodiazepinen vielfach auftretenden abhängigkeit um eine niedrigdosisabhängigkeit, die keine abhängigkeit im eigentlichen sinne sei. das verwaltungsgericht setze sich auch in widerspruch zu den von ihm selbst aufgestellten kriterien, wenn es die missbräuchliche verwendung von benzodiazepinen in die abwägung einfließen lasse. darüber hinaus stünden auch aus dem bereich der pflanzlichen arzneimittel behandlungsalternativen, etwa baldrianwurzelzubereitungen oder lavendelöl, zur verfügung. im rahmen der verhältnismäßigkeitsprüfung habe das verwaltungsgericht zu unrecht nicht berücksichtigt, dass dem widerruf die anordnung des ruhens als milderes mittel vorausgegangen sei. die widerrufsent-scheidung habe darauf beruht, dass die zulassungsinhaber nicht bereit gewesen seien, die erforderlichen maßnahmen zu ergreifen bzw. weiteres wissenschaft-liches erkenntnismaterial vorzulegen. auch wenn man die geänderte rechtslage zugrundelegte, wäre die anordnung einer unbedenklichkeitsstudie kein gleich geeignetes, erst recht kein milderes mittel. denn sie lasse nicht den versagungs-grund des ungünstigen nutzen-risiko-verhältnisses entfallen, sondern diene allein dem gewinn neuer erkenntnisse und der erforschung der risiken. folglich führe eine solche studie nicht zu einer risikominimierung und wirke sich des-wegen nicht positiv auf das nutzen-risiko-verhältnis aus. das risikoverfahren zu pelargoniumwurzelhaltigen arzneimitteln sei mit dem vorliegenden verfahren nicht vergleichbar und müsse differenziert bewertet werden. 44die beklagte beantragt, 45das urteil des verwaltungsgerichts köln vom 20. mai 2014 zu ändern und die klage abzuweisen. 46die klägerin beantragt, 47die berufung zurückzuweisen. 48zur begründung führt sie aus: nach dem im zeitpunkt der gerichtlichen entscheidung geltenden materiellen recht hätte die beklagte die durchführung einer pass anordnen können. zudem sei es eine stets geübte praxis des bfarm gewesen, auf der grundlage von § 30 amg i.v.m. § 36 vwvfg entsprechende anordnungen zu treffen. die ausführungen der beklagten zur nutzen-risiko-bewertung des verwaltungsgerichts seien nicht überzeugend. nach erstellung der monographie der kommission e habe sich die erkenntnislage eindeutig zu gunsten von kava-kava verbessert. das bfarm habe dies dadurch bestätigt, dass es gestützt auf diese monographie und die nachfolgend publizierten klinischen prüfungen sehr viele zulassungen für kava-kava-haltige arzneimittel erteilt habe und zwar mit einem status nach § 22 abs. 3 amg. die von der beklagten zitierte öffentliche stellungnahme des hmpc führe zu keiner anderen bewertung der wirksamkeit von kava-kava. die darin enthaltenen aussagen beträfen traditionelle pflanzliche arzneimittel, die nicht verschreibungspflichtig seien, und könnten nicht auf die hier streitbefangenen verschreibungspflichtigen arzneimittel erstreckt werden. in bezug auf die in rede stehenden nebenwirkungen sei zwischen kava-kava-präparaten aus noble-kava mit ethanolischem extrakt und solchen aus two-day-kava mit acetonischem extrakt zu unterscheiden. bei ersteren ergebe sich aus den vorliegenden erkenntnissen allenfalls ein schwacher verdacht für nebenwirkungen. im zusammenhang mit möglichen behandlungsalternativen führe die beklagte arzneimittel an, die für andere anwendungsgebiete zugelassen seien als kava-kava, und verharmlose überdies das bei einer behandlung mit benzodiazepinen bestehende abhängigkeitsrisiko. entsprechendes gelte mit bezug auf die in der interdisziplinären s3-leitlinie zur behandlung von angststörungen aufgeführten arzneimittel. die von der beklagten als behandlungsalternative benannten pflanzlichen arzneimittel deckten nicht die gleichen erkrankungen ab. entgegen der auffassung der beklagten bestehe bei pelargoniumwurzelpräparaten und kava-kava-präparaten in fachlich-medizinischer hinsicht eine vergleichbare situation. insofern sei es bemerkenswert, dass das bfarm nur bei ersteren, nicht hingegen bei letzteren die möglichkeit gesehen habe, eine pass durchzuführen. 49wegen der einzelheiten des sach- und streitstandes wird bezug genommen auf den inhalt der gerichtsakte und der beigezogenen verwaltungsvorgänge der beklagten. 50
51die berufung der beklagten hat im tenorierten umfang erfolg. im übrigen ist sie zulässig, aber unbegründet. 52das urteil des verwaltungsgerichts war insoweit zu ändern, als damit der widerrufsbescheid vom 21. dezember 2007 in gestalt des widerspruchsbescheides vom 15. februar 2012 auch bezogen auf die präparate hyposedon n und kavain harras n aufgehoben worden ist. insoweit ist die klage unzulässig. denn die klägerin hat nur hinsichtlich der präparate l. kapseln und l. tropfen fristgerecht klage erhoben (§ 74 abs. 1 vwgo). mit ihrem antrag in dem schriftsatz vom 28. februar 2012 hat sie ihr klagebegehren ausdrücklich auf diese präparate beschränkt. soweit sie im termin zur mündlichen verhandlung vor dem verwaltungsgericht am 20. mai 2014 - offenkundig lediglich aufgrund eines versehens - den antrag gestellt hat, den bescheid vom 21. dezember 2007 in gestalt des widerspruchsbescheides vom 15. februar 2012 (insgesamt) aufzuheben, ist dieser antrag verfristet, soweit er sich auf die präparate hyposedon n und kavain harras n bezieht, mit der folge, dass die insoweit unzulässige klage in diesem umfang abzuweisen war. 53im übrigen, d.h. mit bezug auf den widerruf der zulassungen für die präparate l. kapseln und l. tropfen, hat das verwaltungsgericht der klage im ergebnis zu recht stattgegeben. der widerrufsbescheid des bfarm vom 21. dezember 2007 in der gestalt des widerspruchsbescheids vom 15. februar 2012 ist rechtswidrig und verletzt die klägerin in ihren rechten (§ 113 abs. 1 satz 1 vwgo). 54die voraussetzungen für einen widerruf der zulassung der arzneimittel l. tropfen und l. kapseln sind nicht erfüllt. 55für die beurteilung der rechtmäßigkeit des widerrufsbescheides ist die sach- und rechtslage im zeitpunkt der letzten mündlichen verhandlung der tatsacheninstanz, hier also der berufungsverhandlung, entscheidend. der maßgebliche zeitpunkt der beurteilung der rechtmäßigkeit eines angefochtenen verwaltungsakts richtet sich nach dem jeweiligen materiellen recht. für die anfechtungsklage gilt im allgemeinen, dass die sach- und rechtslage im zeitpunkt der letzten behördenentscheidung maßgeblich ist, es sei denn, das materielle recht regelt etwas abweichendes. 56vgl. bverwg, urteile vom 28. juli 1989 - 7 c 39.87 -, juris, rn. 8, und vom 1. juni 2011 - 8 c 4.10 -, juris, rn. 19. 57letzteres muss nicht zwingend in gestalt einer ausdrücklichen fachgesetzlichen regelung zum ausdruck kommen, sondern kann sich auch aus dem sinn und zweck des jeweils einschlägigen normgefüges ergeben. 58vgl. wolff, in: sodan/ziekow, vwgo, 4. auflage, 2014, § 113, rn. 96. 59dies ist hier der fall. einerseits erfordert der in § 1 amg niedergelegte gesetzeszweck der arzneimittelsicherheit - wie das verwaltungsgericht bereits zutreffend festgestellt hat - die berücksichtigung von änderungen der sach- und rechtslage nach der letzten behördlichen entscheidung. 60vgl. ovg nrw, urteil vom 29. januar 2014 - 13 a 2730/12 -, juris, rn. 28 f. 61andererseits gebietet dies die besondere eingriffsintensität des widerrufs in die grundrechte der pharmazeutischen unternehmer. denn die wiedererlangung der zulassung ist nach deren bestandskräftigem widerruf erheblich erschwert. das folgt daraus, dass die versagungsgründe des § 25 abs. 2 amg nicht deckungsgleich mit den widerrufsgründen des § 30 abs. 1 satz 1 halbsatz 2 amg sind. insbesondere ist der widerruf der zulassung nicht vorgesehen, wenn der versagungsgrund des § 25 abs. 2 nr. 2 amg nachträglich eingetreten ist, also dann, wenn das arzneimittel nicht nach dem jeweils gesicherten stand der wissenschaftlichen erkenntnisse ausreichend geprüft worden ist oder das andere wissenschaftliche erkenntnismaterial nach § 22 abs. 3 amg nicht dem jeweils gesicherten stand der wissenschaftlichen erkenntnis entspricht. angesichts dessen ist es unter verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten geboten, für die beurteilung der rechtmäßigkeit des widerrufs auf den zeitpunkt der letzten mündlichen verhandlung abzustellen. bestätigt wird dies durch den in § 30 abs. 2a amg zum ausdruck kommenden rechtsgedanken einer gegenüber dem widerruf vorrangigen anpassung der zulassung nach maßgabe der jeweils geltenden sach- und rechtslage. 62die beurteilung der rechtmäßigkeit des widerrufs der zulassung richtet sich deswegen nach § 30 abs. 1, 2a amg in der fassung vom 19. dezember 2012. nach § 30 abs. 1 satz 1 halbsatz 2 amg ist die arzneimittelzulassung zu widerrufen, wenn der versagungsgrund des § 25 abs. 2 satz 1 nr. 5 amg nachträglich eingetreten ist, das heißt, wenn sich das nutzen-risiko-verhältnis des präparats nachträglich als ungünstig erweist. gemäß § 30 abs. 2a satz 1 1. alt. amg ist die zulassung zu ändern, wenn dadurch der in absatz 1 genannte betreffende versagungsgrund entfällt. ein widerruf der zulassung ist danach nur gerechtfertigt, wenn das nutzen-risiko-verhältnis eines arzneimittels ungünstig ist und dem durch eine änderung der zulassung nicht abgeholfen werden kann. die zulassungsänderung hat damit bei vorliegen eines versagungsgrundes vorrang gegenüber dem widerruf, mit der folge, dass dieser rechtswidrig ist, wenn die voraussetzungen des § 30 abs. 2a amg erfüllt sind. 63vgl. zu § 30 amg a.f. krüger, in: kügel/müller/ hoffmann, arzneimittelgesetz, 2012, § 30, rn. 34. 64das ist hier der fall. das nutzen-risiko-verhältnis der streitbefangenen präparate ist derzeit ungünstig (i.). dies rechtfertigt aber nicht den widerruf der zulassungen, weil dieser versagungsgrund bereits durch deren änderung ausgeräumt werden kann (ii.). 65(i.) das nutzen-risiko-verhältnis umfasst nach § 4 abs. 28 amg eine bewertung der positiven therapeutischen wirkungen des arzneimittels im verhältnis zu dem risiko nach absatz 27 lit. a. dies ist jedes risiko im zusammenhang mit der qualität, sicherheit oder wirksamkeit des arzneimittels für die gesundheit der patienten. mit dem begriff des risikos wird ebenso wie bei der früheren gesetzesfassung des § 25 abs. 2 satz 1 nr. 5 amg jede art von schädlichen wirkungen erfasst, die über ein nach den erkenntnissen der medizinischen wissenschaft vertretbares maß hinausgehen. nach der bis zum 5. september 2005 geltenden vorschrift durfte die zulassung versagt werden, wenn bei dem arzneimittel der begründete verdacht bestand, dass es bei bestimmungsgemäßem gebrauch schädliche wirkungen hat, die über ein nach den erkenntnissen der medizinischen wissenschaft vertretbares maß hinausgehen (vgl. auch § 5 abs. 2 amg). mit der änderung des wortlauts des § 25 abs. 2 satz 1 nr. 5 amg, die der angleichung an die richtlinienvorgaben diente, ist keine inhaltliche änderung verbunden. beide fassungen erstrecken sich auf jegliche nebenwirkungen. unter nebenwirkungen sind die beim bestimmungsgemäßen gebrauch eines arzneimittels auftretenden schädlichen unbeabsichtigten reaktionen zu verstehen (§ 4 abs. 13 amg), also nicht nur pharmakologisch-toxikologische wirkungen, sondern jedwede unerwünschte folge. der erforderliche verdacht schädlicher wirkungen liegt vor, wenn ernstzunehmende erkenntnisse den schluss nahelegen, dass das arzneimittel unvertretbare nebenwirkungen hat. 66vgl. bverwg, urteil vom 19. november 2009 - 3 c 10.09 -, nvwz-rr 2010, 330 = juris, rn. 32 ff., sowie beschluss vom 12. juni 2012 - 3 b 88.11 ‑, juris, rn. 3; ovg nrw, urteile vom 7. november 2012 - 13 a 2710/08 -, juris, rn. 39 ff. und vom 29. januar 2014 - 13 a 2730/12 - , juris, rn. 34; bt-drs. 15/5316, s. 38. 67dafür bedarf es keines positiven nachweises der kausalen beziehung zwischen der einnahme des arzneimittels und aufgetretenen nebenwirkungen, weil dies dem gebot der arzneimittelsicherheit zuwiderlaufen würde. 68vgl. bverwg, urteil vom 26. april 2007 - 3 c 36.06 -, q. recht 2007, 423 = nvwz-rr 2007, 774; ovg nrw, beschluss vom 17. september 2009 - 13 a 1428/08 -, juris, rn. 11; ovg berlin, urteil vom 16. september 1999 ‑ 5 b 34.97 -, juris, rn. 17; kloesel/cyran, arzneimittelrecht, kommentar, stand: 2012, § 25, rn. 76, m. w. n. 69insbesondere dann, wenn schwere gesundheitsgefahren in rede stehen, reicht es aus, wenn die entfernte möglichkeit einer risikoverwirklichung besteht. 70vgl. ovg nrw, beschluss vom 17. september 2009 - 13 a 1428/08 -, juris, rn. 13. 71ein ungünstiges nutzen-risiko-verhältnis folgt nicht bereits daraus, dass die bezweckte therapeutische wirksamkeit eines arzneimittels nicht (mehr) belegt ist. wie das verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, begründen zweifel an der wirksamkeit oder eine unzureichende wirksamkeitsbegründung nicht automatisch die annahme eines ungünstigen nutzen-risiko-verhältnisses und rechtfertigen daher für sich genommen nicht die aufhebung der zulassung, die nur auf die feststehende fehlende wirksamkeit gestützt werden kann (vgl. § 30 abs. 1 satz 2 nr. 1 amg). 72vgl. dazu krüger, in: kügel/müller/hoffmann, arzneimittelgesetz, 2012, § 30, rn. 15. 73nach aktuellem erkenntnisstand bestehende zweifel an der wirksamkeit eines arzneimittels sind für die im rahmen des § 30 abs. 1 satz 1 halbsatz 2, § 25 abs. 2 satz 1 nr. 5 amg zu treffende prognoseentscheidung gleichwohl von bedeutung. denn unter der voraussetzung, dass die insoweit darlegungs- und materiell beweispflichtige behörde sie konkret begründet hat, bilden sie einen abwägungsbelang, der auf dritter stufe bei der abwägung des festgestellten nutzens und der risiken eines arzneimittels zu berücksichtigen ist. 74vgl. ovg nrw, urteil vom 29. januar 2014 - 13 a 2730/12 -, juris, rn. 43. 75hierbei sind gesichtspunkte wie indikation, schwere des zu behandelnden defekts, behandlungsnotwendigkeit, chancen eines behandlungserfolges sowie eventuelle behandlungsalternativen gegen solche wie schweregrad und häufigkeit der unerwünschten nebenwirkung, die rückbildungswahrscheinlichkeit (reversibilität), mutmaßliche gegenmaßnahmen und suchtpotential im sinne einer vertretbarkeitsentscheidung gegeneinander abzuwägen. 76vgl. zu den abwägungskriterien: kloesel/cyran, arzneimittelrecht, kommentar, stand 2012, § 25 rn. 77; kügel, in: kügel/müller/hoffmann, arzneimittelgesetz, § 25, rn. 56. 77voraussetzung für den widerruf ist, dass die mit dem verdacht schädlicher wirkungen verbundenen risiken gegenüber dem therapeutischen nutzen des arzneimittels überwiegen. 78vgl. bverwg, urteil vom 26. april 2007 - 3 c 36.06 -, q. recht 2007, 423 = nvwz-rr 2007, 774. 79die materielle beweislast für das vorliegen sämtlicher tatbestandlichen voraussetzungen des den widerruf der zulassung auslösenden versagungsgrundes trägt die beklagte, 80vgl. bverwg, urteil vom 14. oktober 1993 - 3 c 46.91 -, juris, rn. 31; kügel, in: kügel/müller/ hoffmann, arzneimittelgesetz, 2012, § 25, rn. 58, 81mit der folge, dass insoweit verbleibende zweifel zu ihren lasten gehen und sie das risiko der unaufklärbarkeit des sachverhalts trägt. 82hiervon ausgehend gilt für die bewertung des nutzen-risiko-verhältnisses der hier streitgegenständlichen arzneimittel folgendes: 83(1) kernkriterium für die bewertung des nutzens eines arzneimittels ist seine therapeutische wirksamkeit. diese ist für die präparate l. -kapseln und l. tropfen mit der durch die änderungsanzeigen jeweils verdoppelten dosierung zu bejahen. mit dieser dosierung sind l. tropfen und gelten l. kapseln als zugelassen. für das zuerst genannte präparat folgt dies aus § 29 abs. 2a satz 1 nr. 1, satz 3 amg. die klägerin hat die dosierungsänderungen von zwei- bis dreimal täglich 30 tropfen auf zwei- bis dreimal täglich 60 tropfen pro tag für das präparat l. tropfen nebst entsprechender änderung der gebrauchs- und fachinformationen durch änderungsanzeige vom 29. märz 2011 angezeigt. die beklagte hat der änderungsanzeige nicht innerhalb der dreimonatsfrist widersprochen, was zur folge hat, dass die zustimmung als erteilt gilt (§ 29 abs. 2a satz 3 amg). für das präparat l. kapseln, für das bislang keine nachzulassung erteilt wurde, hat die klägerin eine dosierungsänderung von zweimal täglich eine kapsel auf viermal täglich eine kapsel - entsprechend einer tagesdosis von 200 mg kava-pyrone - angezeigt, die mangels bestehender genehmigungspflicht zu einer entsprechenden modifizierung der fiktiven zulassung geführt hat (vgl. § 105 abs. 3a satz 1 amg). unschädlich ist insoweit, dass die änderungsanzeigen erst im laufenden widerspruchsverfahren gestellt worden sind. denn der sofortige vollzug des widerrufs berührt die wirksamkeit der zulassungen nicht. 84die wirksamkeit der streitgegenständlichen präparate wird weder durch das erstinstanzliche vorbringen der beklagten noch durch ihr vorbringen im berufungsverfahren durchgreifend in zweifel gezogen. 85mit ihrer monographie „piperis methystici rhizoma“ („kava-kava-wurzelstock“) vom 1. juni 1990 hat die kommission e die anxiolytische, also angstlösende wirkung des wirkstoffs für die anwendungsgebiete „nervöse angst-, spannungs- und unruhezustände“ unter angabe einer tagesdosis von droge und zubereitung entsprechend 60-120 mg kava-pyrone festgestellt. in weitgehender übereinstimmung damit steht die aussage der entsprechenden im jahr 2003 veröffentlichten monographie der european scientific cooperative on phytotherapy (escop), des europäischen dachverbandes der nationalen gesellschaften für phytotherapie. darin ist als anwendungsgebiet „anxiety, tension and restlessness arising from various causes of non psychotic origin“ mit einer tagesdosierung von 60-120 mg kavalactonen angegeben. 86vgl. escop monographs, 2003, the scientific foundation for herbal medicinal products, s. 365 ff. 87nach ständiger rechtsprechung des bundesverwaltungsgerichts kommt den von den unterschiedlichen kommissionen aufgestellten kriterien und empfehlungen die qualität antizipierter sachverständigengutachten zu. 88vgl. bverwg, urteile vom 19. november 2009 - 3 c 10.09 -, juris, rn. 25, und vom 16. oktober 2008 - 3 c 24.07 -, juris, rn 20. 89sie geben den jeweiligen wissenschaftlichen erkenntnisstand wieder und sind einer neubewertung zugänglich. stellungnahmen der kommissionen sind anderes wissenschaftliches erkenntnismaterial im sinne des § 22 abs. 3 amg. die zulassungsbehörde ist nicht an die in der monographie getroffene aussage gebunden. 90kügel, in: kügel/müller/hoffmann, arzneimittelgesetz, 2012, § 25, rn. 177. 91da sachverständige feststellungen bei besserer erkenntnis ersetzt werden können (und müssen), darf die kommission von früheren feststellungen in aufbereitungsmonographien abweichen. 92vgl. bverwg, urteil vom 19. november 2009 - 3 c 10.09 -, juris, rn. 27. 93handelt es sich dabei um allgemeine aussagen, sind diese als sachverständige äußerung zu bewerten. 94vgl. dazu kügel, in: kügel/müller/hoffmann, arzneimittelgesetz, 2012, § 25, rn. 178. 95die kommission e verfügt über besondere sach- und fachkunde. hieraus und nicht zuletzt deswegen, weil es sich dabei um ein neutrales sachverständigengremium handelt, folgt die besondere bedeutung ihrer stellungnahmen. die mitglieder der kommission e sind sachverständige mit besonderen kenntnissen der wissenschaftlichen und/oder praktischen phytotherapie. die kommission ist interdisziplinär mit experten für toxikologie, experimentelle pharmakologie, biometrie, pharmazeutische biologie sowie ärzten und heilpraktikern, die phyto-pharmaka praktisch einsetzen, zusammengesetzt. diese werden alle drei jahre von verbänden der fachrichtung vorgeschlagen und vom bundesgesundheitsministerium benannt. 96vergleichbares gilt bezogen auf die monographien der escop. wenngleich sie keinen gesetzlichen standard definieren, dienen sie dazu, die beste verfügbare wissenschaftliche evidenz auf der basis der aktuellen literatur zusammenzustellen 97vgl. pharmazeutische zeitung online „monographien als richtschnur“ 13/2014, abrufbar unter: http://www.pharmazeutische-zeitung.de/index.php?id=51461. 98die beklagte hat die monographie der kommission e aus 1990 im zulassungsverfahren als wirksamkeitsbeleg zugrunde gelegt, ohne weitere erkenntnisse zu fordern oder beizuziehen. angesichts dessen sieht der senat keine veranlassung, die wirksamkeit des arzneimittels bezogen auf diesen zeitpunkt anzuzweifeln, zumal die beklagte in dem angegriffenen bescheid selbst konstatiert, dass das votum der kommission e dem erkenntnisstand der frühen 1990er jahre entsprochen habe. 99demgegenüber fehlen vortrag und anhalt dafür, dass dieser erkenntnisstand durch neuere erkenntnisse, die ernsthafte zweifel an der wirksamkeit kava-kava-haltiger arzneimittel begründen, überholt ist. im gegenteil: die kommission e hat sich aufgrund der einleitung des stufenplanverfahrens und nach näherer befassung mit der angelegenheit veranlasst gesehen, in einer anfang des jahres 2002 verfassten öffentlichen erklärung mitzuteilen, dass ihre mitglieder nach wie vor von den vorgelegten wissenschaftlichen daten zur wirksamkeit von kava-kava überzeugt seien. das impliziert, dass zum damaligen zeitpunkt aus expertensicht keine abweichenden neuen erkenntnisse vorlagen. nichts spricht dafür, dass die kommission e zwischenzeitlich angesichts aktuellerer forschungsergebnisse von diesem standpunkt abgerückt ist. insbesondere hat sie bis heute keine anderslautende stellungnahme abgegeben. entsprechendes gilt für die escop. die für „piperis methystici rhizoma“ erstellte monographie gehörte zu den ersten 80 monographien, die die escop im jahr 2003 veröffentlicht hat. 100vgl. escop monographs, 2003, the scientific foundation for herbal medicinal products, s. 365 ff. 101obgleich die escop ihre monographien regelmäßig überarbeitet und aktualisiert, hat diejenige für „piperis methystici rhizoma“ bislang keine änderung erfahren. 102hinzu kommt, dass die who in ihrem bericht aus dem jahr 2007 (coulter et al., „assessment of the risk of hepatotoxicity with kava products“) offensichtlich ebenfalls von der wirksamkeit von kava-kava ausgeht. dort heißt es, 16 gut kontrollierte doppelblindstudien hätten die angstlösende wirkung von kava-kava gezeigt (vgl. tabelle 3, s. 6, 11). diese bewertung entspricht der mit dem ziel der untersuchung kava-kava-haltiger arzneimittel durchgeführten metaanalyse einer reihe randomisierter placebokontrollierter doppelblindstudien von pittler und ernst (zuletzt, „kava extract versus placebo for treating anxiety“, 2003). diese hat zur wirksamkeit der behandlung von angststörungen, gemessen an den kriterien der hamilton anxiety scale (hama) die überlegenheit kava-kava-haltiger arzneimittel gegenüber placebopräparaten ergeben. eventuelle mängel der analysierten einzelstudien vermögen die indizwirkung des ergebnisses der metaanalyse im zusammenhang mit dem weiteren erkenntnismaterial nicht zu entkräften. 103letztlich konzediert die beklagte selbst eine - wenngleich dosisabhängige - wirksamkeit, wenn es in dem angefochtenen bescheid heißt, bei dosierungen oberhalb von 120 mg kava-pyrone pro tag bestehe ein gewisser anhalt für eine wirksamkeit in den beanspruchten indikationen. angesichts dessen sind wirksamkeitszweifel auch nicht etwa deswegen angezeigt, weil die dosierung der streitgegenständlichen präparate - worauf noch einzugehen sein wird - über die monographieempfehlung hinaus geht, zumal das übrige in das verfahren eingeführte erkenntnismaterial hierfür ebenfalls keinen anknüpfungspunkt bietet. hinzu kommt, dass aus dem angefochtenen bescheid hervorgeht, dass die wirksamkeitszweifel des bfarm nicht auf tatsächliche anhaltspunkte gestützt sind, wenn es darin heißt, aus den ausführungen zur wirksamkeit ergäben sich keine neuen erkenntnisse gegenüber dem früheren kenntnisstand (widerspruchsbescheid vom 15. februar 2012, s. 6). 104angesichts dieser erkenntnissituation vermag der umstand, dass das vorliegende studienmaterial heute nicht in jeder hinsicht den speziell für angsterkrankungen entwickelten anforderungen der guidelines der european medicines agency (ema) entspricht, keine nachhaltigen zweifel am nutzen der präparate zu wecken. das gilt bereits bei einer monographiekonformen dosierung. da die kommission e eine dosierung oberhalb von 120 mg kava-pyrone nicht vorgegeben hat, kommt es hinsichtlich der frage der wirksamkeit auf die unterschiedlichen auffassungen der beteiligten hinsichtlich der jeweils zugrunde liegenden berechnungsgrundlagen nicht entscheidungserheblich an. 105soweit die beklagte die auffassung vertritt, aus der nicht zureichend belegten wirksamkeit resultierten automatisch wirksamkeitszweifel, ist dieser rückschluss ohne das hinzutreten tatsächlicher anhaltspunkte für solche zweifel nicht gerechtfertigt. denn in der konsequenz würde dies in einer nicht überschaubaren anzahl von fällen dazu führen, dass während der geltungsdauer einer zulassung die wirksamkeit eines arzneimittels fortlaufend neu zu belegen wäre. überdies geht der senat mit dem verwaltungsgericht davon aus, dass bei der forderung nach einer guidelinekonformen studie die absicht im vordergrund steht, daten für die weitere nutzen-risiko-abwägung zu generieren. zumindest bietet dies einen erklärungsansatz dafür, warum das bfarm im stufenplanbescheid auf die cpmp-guidelinie zur klinischen prüfung von arzneimitteln zur behandlung von angststörungen in der fassung aus den jahren 1993/94 verwiesen hat, obgleich es - dem unwidersprochenen vortrag der klägerin zufolge - zugleich bis in das jahr 2001 neuzulassungen für kava-kava-haltige arzneimittel erteilt hat, ohne die vorlage entsprechender studien verlangt zu haben. 106die weiteren einwände der beklagten im berufungsverfahren rechtfertigen keine andere bewertung: ihr hinweis darauf, dass die kommission e im zuge der ausarbeitung der monographie angesichts der geringen bedeutung von kava-kava als droge oder drogenzubereitung zunächst beabsichtigte, eine negativmonographie zu erstellen, ist unerheblich. denn abgesehen davon, dass die geringe bedeutung eines wirkstoffs nichts über seine wirksamkeit aussagt, hat die kommission e diese einschätzung - was entscheidend ist - letztlich revidiert und eine positivmonographie erstellt. darin hat sie folgende überlegungen zur wirksamkeit von kava-kava angestellt: 107 „aufgrund der wirkungen der isolierten inhaltsstoffe ist eine 108 schwache, zentral relaxierende wirkung ähnlich wie bei 109benzodiazepinen anzunehmen. durch kava-kava-extrakt zeigt sich im quantitativen eeg eine für das anxiolytische pharmako-eeg-profil von benzodiazepinen typische steigerung der ß-aktivität bei gleichzeitiger abnahme der alpha-aktivität (johnson 1989). neuere studien weisen eine wirksamkeit von kava-kava-extrakt bei ,angst, spannungs- und unruhezuständen‘ nach (warnecke 1989, bhate 1989).“ 110soweit die beklagte sinngemäß beanstandet, dieser monographie liege letztlich nur eine plausibilitätsprüfung zugrunde, ist dem entgegenzuhalten, dass die kommission e in ihrer stellungnahme aus dem jahr 2002 ausdrücklich erklärt hat, „von den vorgelegten wissenschaftlichen daten zur wirksamkeit von kava-kava überzeugt zu sein“. abgesehen davon sind die überlegungen der beklagten zu § 39c amg bereits deswegen nicht tragfähig, weil es sich bei kava-kava-präparaten um arzneimittel handelt, die der verschreibungspflicht unterliegen, und eine registrierung als traditionelles pflanzliches arzneimittel deswegen ausscheidet (§ 39c abs. 2 nr. 2 amg). 111ebenso wenig stützt die stellungnahme des comittee on herbal medicine products (hmpc) der ema vom 6. mai 2014 die position der beklagten. zwar prognostiziert das hmpc darin, dass u.a. für den wirkstoff „piperis methystici rhizoma“ angesichts des ungünstigen nutzen-risiko-verhältnisses voraussichtlich keine monographie erteilt werden wird. hierbei handelt es sich -‑ was sprachlich durch die formulierung „es ist nicht wahrscheinlich, auf ein positives nutzen-risiko-verhältnis zu schließen“ zum ausdruck gebracht wird ‑ nicht um eine sichere voraussage, sondern um eine vorabeinschätzung. da dieser - wie sich aus dem bericht ergibt - aber gerade keine detaillierte prüfung zugrunde liegt, kommt ihr kein entscheidendes gewicht zu. eine isolierte aussage über die wirksamkeit kava-kava-haltiger arzneimittel lässt sich auf der grundlage dieser aussage ohnehin nicht treffen. hinzu kommt, dass sich der bericht auf wirkstoffe bezieht, die als grundlage einer späteren registrierung (§ 39 amg) eine monographie als traditionelle pflanzliche arzneimittel erhalten sollen, bei denen sich die bewertung des nutzen-risiko-verhältnisses nach anderen maßstäben richtet als bei den verfahrensgegenständlichen verschreibungspflichtigen präparaten. 112ist danach von der therapeutischen wirksamkeit der streitgegenständlichen kava-kava-präparate auszugehen, sprechen für deren nutzen weiterhin die art und schwere der in rede stehenden erkrankung sowie deren behandlungsnotwendigkeit. jedenfalls soweit das monographierte anwendungsgebiet auf die behandlung von angststörungen abzielt, handelt es sich nicht um eine bagatelldiagnose, sondern um eine ernsthafte, weitverbreitete psychische erkrankung. bei dieser stehen symptome der angst in gestalt einer anhaltenden angstreaktion, mangelnder kontrolle der angst, eventueller körperlicher reaktionen einschließlich katastrophisierender fehlinterpretationen und beeinträchtigung in wichtigen funktionen des berufs-, alltags- und familienlebens im vordergrund. 113vgl. pschyrembel, klinisches wörterbuch, 263. auflage 2012, „angststörung“. 114angststörungen zählen zu den häufigsten psychischen erkrankungen. ihre verbreitung nimmt zu. je nach schweregrad können sie mit erheblichen psychosozialen, somatischen und ökonomischen folgen einhergehen. dazu zählen arbeitsunfähigkeit, ein erhöhtes risiko für sekundäre komorbide erkrankungen - beispielsweise suchterkrankungen -, eine erhöhte suizidrate sowie eine übermäßige inanspruchnahme medizinischer leistungen. 115vgl. deutsches ärzteblatt, „angststörungen/ panikattacken: angst aus heiterem himmel“, dezember 2005, 557. 116bereits bei mittlerem leidensdruck des patienten, psychosozialen einschränkungen sowie komplikationen der angsterkrankung ist eine behandlung in gestalt von psycho- oder pharmakotherapie oder einer kombination aus beidem indiziert. 117vgl. deutsches ärzteblatt, „diagnostik und therapieempfehlungen bei angststörungen“, juli 2014, 475 ff. 118unter diesen gesichtspunkten erschließt sich der besondere nutzen einer wirksamen anxiolytischen medikation. bezogen auf kava-kava-haltige-präparate ist insoweit zu berücksichtigen, dass deren anwendung nur für leichte und mittelschwere formen von angststörungen indiziert ist, die damit nach einschätzung von experten üblicherweise innerhalb eines monats gut therapiert werden können. für schwere angststörungen wird von einer kontraindikation ausgegangen. 119vgl. teschke, deutsches ärzteblatt, „hepatoxizität durch kava-kava: risikofaktoren und prävention“, 2002, 99. 120(2) in übereinstimmung mit dem verwaltungsgericht geht der senat davon aus, dass dem vorstehend beschriebenen nutzen der verfahrensgegenständlichen präparate anwendungsrisiken in form hepatotoxischer ereignisse gegenüberstehen, also ein begründeter verdacht für derartige nebenwirkungen besteht. angesichts dessen ist der sinngemäße einwand der beklagten, das verwaltungsgericht habe bei seiner bewertung die anforderungen, die an die annahme eines begründeten nebenwirkungsverdachts zu stellen sind, überspannt, nicht nachvollziehbar. 121die von der who in ihrem bericht aus dem jahr 2007 dokumentierten fälle sind als beleg für die möglichkeit hepatotoxischer wirkungen der hier in rede stehenden kava-kava-präparate zu werten. entsprechendes gilt für die dem bfarm vorliegenden fallberichte zu leberreaktionen. zwar wird dies durch den bericht der mhra aus dem jahr 2006 („report of the committee on safety of medicines export working group") gestützt. allerdings ist der senat übereinstimmend mit dem verwaltungsgericht der auffassung, dass der darin enthaltenen risikobeurteilung, die - unter einschluss des vom bfarm übermittelten fallmaterials aus deutschland - nicht die begutachtung von kava-kava als anxiolytikum, sondern bei oberbauch- und blasenbeschwerden zum gegenstand hatte, keine besondere bedeutung beizumessen ist. 122der bericht der who enthält eine auswertung von 93 fallberichten - darunter einige der vom bfarm dokumentierten fälle aus deutschland - über hypothetisch mit der einnahme von kava-kava-extrakten im zusammenhang stehende leberschädigungen. in vierzehn fällen erfolgte eine lebertransplantation. sieben fälle endeten tödlich. die who-expertengruppe bewertete die kausalität zwischen hepatotoxischer schädigung und der einnahme von kava-kava-präparaten in keinem fall als sicher, in acht fällen als wahrscheinlich, in 54 fällen als möglich und in 28 fällen als nicht bewertbar. 123die beklagte verweist auf 41 fälle in deutschland aufgetretener lebertoxischer reaktionen. hiervon seien 20 hinreichend gut dokumentiert, um eine fundierte kausalitätsbewertung vornehmen zu können. in sieben dieser fälle sei eine lebertransplantation erforderlich gewesen. insgesamt seien drei patienten verstorben. in zwei fällen sei die lebertoxische reaktion nach absetzen des kava-kava-präparats zurückgegangen und bei reexposition erneut aufgetreten. bei zwölf spontan gemeldeten fällen und einem in einer publikation dargestellten fall sei der kausalzusammenhang wahrscheinlich. diese bewertung beruhe auf dem deutlichen zeitlichen zusammenhang zwischen dem beginn der kava-kava-medikation und dem auftreten der symptome bzw. pathologischen veränderungen einerseits und dem zurückgehen der lebererkrankung nach absetzen der kava-kava-medikation und/oder des fehlens lebertoxischer faktoren wie einer entsprechenden komedikation andererseits. in einigen dieser fälle sei die synergistische beteiligung eines anderen arzneimittels jedoch möglich. 124diese auswertungsergebnisse reichen für die annahme eines begründeten verdachts leberschädigender wirkungen aus, weil insoweit geringe kausalitätsanforderungen gelten. für die nutzen-risiko-abwägung ist aber der verdacht graduell und qualitativ näher zu bestimmen. 125allerdings bietet die gegenwärtige studienlage hierfür keine tragfähigen anknüpfungspunkte. bei gesamtbetrachtung ist sie uneinheitlich und deswegen nicht ergiebig. herkömmliche klinische studien sind - darüber sind sich die beteiligten einig - aufgrund der zu geringen population nicht geeignet, tragfähige erkenntnisse über das lebertoxische risiko zu gewinnen. toxizitätsstudien haben weder potentiell toxische bestandteile von kava-kava noch einen lebertoxischen mechanismus aufzeigen können. die ergebnisse der ntp-studie, auf die die beklagte verweist, mögen zwar einen toxizitätsbeleg begründen. das gilt aber nur für die darin einbezogenen präparate mit einem co²-extrakt. für eine übertragbarkeit der gefundenen ergebnisse auf die hier streitgegenständlichen präparate mit ethanolischen auszügen hat die beklagte keine überzeugenden gesichtspunkte benannt. abgesehen davon gibt der nachweis toxischer effekte eines bestimmten präparats als solcher - was auch die beklagte anerkennt - weder aufschluss über die potentiell toxischen einzelstoffe noch über den mechanismus einer lebertoxischen wirkweise, sondern untermauert lediglich das, wovon bereits auf der grundlage der fallberichte auszugehen ist. auch das restliche vorliegende studienmaterial bietet hierzu keine belastbaren und konsistenten erkenntnisse. anders als die beklagte meint, geht dieser umstand zu ihren lasten. denn sie trägt das risiko der unerweislichkeit der umstände, die ein ungünstiges nutzen-risiko-verhältnis begründen. 126demgegenüber erlauben die folgenden relativierenden faktoren eine nähere eingrenzung der bestehenden verdachtsmomente für eine hepatotoxische wirkung von kava-kava-haltigen arzneimitteln. wenngleich sie den geweckten verdacht nicht auszuräumen vermögen, schwächen sie ihn ab. 127von bedeutung ist insoweit zunächst, dass die auswertungsergebnisse der who und des bfarm nicht für eine hohe, sondern im gegenteil für eine schwache inzidenzrate sprechen. zwar lässt sich diese auf der grundlage des vorliegenden erkenntnismaterials nicht genau bestimmen. andererseits gibt es aber bereits im ausgangspunkt keine tragfähigen belege dafür, dass hepatotoxische ereignisse im zusammenhang mit der anwendung von kava-kava-präparaten gehäuft auftreten, also eine hohe inzidenzrate besteht. umgekehrt sprechen deutschlandweit 20 und nach der datenlage des who-berichts weltweit 62 fälle, in denen eine derartige relation festgestellt werden konnte, bei einem anwendungsvolumen von - dem unwidersprochenen vortrag der klägerin zufolge - 250 millionen tagesdosen bezogen auf einen zehnjahreszeitraum für eine sehr geringe lnzidenzrate. das gilt auch unter berücksichtigung der mit dem zugrundeliegenden spontanerfassungssystem verbundenen abbildungsdefizite, zumal wenn man berücksichtigt, dass ein großteil dieser meldungen in zeitlichem zusammenhang mit dem stufenplanverfahren und der öffentlich geführten debatte um die potentielle toxizität kava-kava-haltiger arzneimittel steht. dem entspricht die einschätzung der expertengruppe der who in ihrem bericht aus dem jahr 2007, in dem es heißt, die genaue inzidenzrate von nebenwirkungen, die mit der einnahme von kava-kava in zusammenhang stünden, sei nicht bekannt, scheine aber ziemlich niedrig zu sein (vgl. who-bericht, s. 60). 128unabhängig von diesem quantitativen gesichtspunkt ist die aussagekraft der fälle, in denen ein kausalzusammenhang als wahrscheinlich oder möglich angesehen worden ist, unter qualitativen aspekten begrenzt. 129bezogen auf den bericht der who ergibt sich dies aus folgendem: nach dessen ergebnis konnte nur in knapp zwei dritteln der untersuchten fälle (62 von 93) überhaupt eine relation zwischen hepatotoxischen wirkungen und der einnahme von kava-kava-haltigen arzneimitteln hergestellt werden. in keinem dieser fälle wurde ein sicherer kausalzusammenhang festgestellt. in 54 fällen - darunter in allen sieben todesfällen und in zehn fällen mit lebertransplantation - wurde der kausalzusammenhang als „möglich“ und in acht fällen als „wahrscheinlich“ eingestuft. dass sich unter den zuletzt genannten fällen nicht solche mit tödlichem ausgang oder lebertransplantation finden, beruht nicht lediglich auf der definition der kausalitätskriterien der who für einen wahrscheinlichen kausalzusammenhang. denn für elf der insgesamt 14 patienten mit lebertransplantation ist eine begleitmedikation dokumentiert, die ebenfalls auslöser der aufgetretenen leberreaktionen gewesen sein könnte (vgl. who-bericht, tabelle 11a und 11 b, s. 46). das gilt gleichermaßen für sämtliche fälle mit tödlichem ausgang (vgl. who-bericht, tabelle 12, s. 48). es erscheint deswegen durchaus nicht fernliegend, die schwache lnzidenz schwerer nebenwirkungen bei alleiniger gabe kava-kava-haltiger präparate als ein diesen wirkstoff entlastendes lndiz zu werten. 130hierzu passt die einschätzung der expertengruppe der who, wonach ein direkter kausalzusammenhang zwischen der einnahme kava-kava-haltiger arzneimittel in der mehrzahl der untersuchten fälle schwierig nachzuweisen ist und die verfügbaren fallberichte insoweit keinen beweis für ein ursache-wirkungs-verhältnis liefern (vgl. who-bericht, s. 17). als ergebnis enthält der bericht mit blick darauf die - relativierende - feststellung, dass kavalactone durch die wechselwirkungen von kava-kava und anderen arzneimitteln, exzessiven alkoholkonsum, metabolisch oder immunologisch bedingte idiosynkrasie oder aufgrund einer vorbestehenden lebererkrankung in jeder art von präparat selten hepatische nebenwirkungen hervorrufen können (vgl. who-bericht, s.63). damit sind zugleich besondere risikofaktoren angesprochen, die die who auch an anderer stelle ihres berichts noch gesondert aufführt (vgl. who-bericht, s.61). das impliziert, dass hepatotoxische ereignisse, was im übrigen wissenschaftlich anerkannt sein dürfte, 131vgl. etwa russmann/kullak-ublick, beurteilung und meldung medikamentöser leberschäden, swissmedic, jubiläumsausgabe dezember 2012, 11/26, 132multifaktorielle ereignisse sind und sich dies erschwerend auf die möglichkeit der zuordnung ihrer ursachen auswirkt. 133zudem sind die auswertungsergebnisse der who auch deswegen nur bedingt aussagekräftig, weil sie sich auf sämtliche arten kava-kava-haltiger arzneimittel beziehen. aus dem in das verfahren eingeführten wissenschaftlichen erkenntnismaterial geht hervor, dass weder die potentiell toxischen einzelstoffe noch der mechanismus einer lebertoxischen wirkung von kava-kava bekannt sind. vermutet wird, dass neben anwendungsdauer und dosierung auch extrakt und kultivar insoweit eine rolle spielen könnten. hierzu hat die klägerin plausible und von dem experten dr. n. t. in mehreren stellungnahmen untermauerte überlegungen angestellt, denen die beklagte in der sache nicht substantiiert entgegengetreten ist. der bericht der who enthält keine differenzierte auswertung nach extrakt und kultivar. vielmehr bezieht sich die auswertung und dementsprechend auch die getroffene risikoaussage auf sämtliche arten kava-kava-haltiger präparate. demgegenüber handelt es sich bei den verfahrensgegenständlichen präparaten unbestritten ausnahmslos um solche mit einem ethano-lischen auszug. da aber risikoaussagen zu einer auszugsart nicht ohne weiteres auf eine andere übertragen werden können, 134vgl. ovg nrw, beschluss vom 26. november 2010 - 13 a 2807/09 -, juris, rn. 10, 135sind die ergebnisse in dem bericht der who für das vorliegende verfahren nur eingeschränkt aussagekräftig. 136auch die von der beklagten selbst auf der grundlage des fallmaterials des bfarm vorgenommene risikobeurteilung ist unter verschiedenen gesichtspunkten zweifelhaft. ihr vorbringen suggeriert eine „fundierte kausalitätsbewertung" in 20 von 41 fällen. hiervon seien 18 spontan gemeldet worden und in zwei fällen handele es sich um berichte aus der literatur. demgegenüber ist der kausalzusammenhang nur für 15 fälle nachvollziehbar dargelegt, wobei in „einigen“ ‑ weder benannten noch bezifferten - dieser fälle die synergistische beteiligung eines anderen arzneimittels möglich gewesen sein soll. dieses vorbringen bezieht sich offensichtlich auf die in dem bescheid vom 12. mai 2005 detailliert aufgeführten 26 fallberichte und überschneidet sich damit. bei deren auswertung war das bfarm in 19 fällen von einem kausalzusammenhang im bereich „wahrscheinlich“ - hiervon in drei fällen als „wahrscheinlich bis gesichert“ - und in sechs fällen von einer „möglichen“ kausalität ausgegangen. einen fall hatte es für nicht auswertbar erachtet. der senat ist unter berücksichtigung des wechselseitigen vorbringens und der in das verfahren eingeführten erkenntnisse nicht zu der überzeugung gelangt, dass diese bewertung insgesamt zutrifft. denn sie steht tiefgreifend in widerspruch mit den bewertungen anderer institutionen, die jedenfalls nicht weniger plausibel hergeleitet und unabhängig voneinander durchgehend zu weniger besorgniserregenden ergebnissen gelangt sind. dies folgt aus der übersicht in der stellungnahme von dr. n. t. vom 6. februar 2012, in der dieser sich außerdem detailliert mit den einzelnen fallberichten und deren bewertung durch das bfarm auseinandergesetzt und diese durchgreifend in zweifel gezogen hat (vgl. dort s. 9 ff.). die beklagte ist den darin enthaltenen einwänden inhaltlich nicht substantiiert entgegen getreten. unabhängig davon erscheint die annahme eines „wahrscheinlichen“ kausalzusammenhangs schon aufgrund der in der mehrzahl der fälle jeweils dokumentierten begleitmedikation vielfach zweifelhaft. entgegen der auffassung der beklagten rechtfertigt auch der umstand, dass die festgestellten leberreaktionen in zwei fällen nach absetzen des kava-kava-präparats zurückgegangen und nach reexposition erneut aufgetreten sind, mangels ausreichender dokumentation der begleitmedikation jedenfalls nicht die bewertung eines „gesicherten“ kausalzusammenhangs (bfarm 01003950/01003951). 137weitere bedenken gegen die kausalitätsbewertung der beklagten ergeben sich auf der grundlage der publikation von teschke et al. („kava hepatotoxicity: a clinical survey and critical analysis of 26 suspected cases“, european journal of gastroenterology & hepatology 2008, vol. 20, s. 1182 ff.). nach den stimmigen und transparent hergeleiteten dortigen ausführungen, auf die bezug genommen wird, bestand lediglich in acht fällen ein kausalzusammenhang, wobei lediglich in einem dieser fälle eine monographiekonforme anwendung dokumentiert war. 138soweit die beklagte mit schriftsatz vom 26. januar 2015 die in dieser publikation getroffene feststellung des fehlens einer medikamentösen ursache in 13 fällen beanstandet, und, um dies zu wiederlegen, bezogen auf drei fälle auf den inhalt der hierzu gefertigten arztberichte verwiesen hat, führt dies zu keiner anderen bewertung. denn daraus geht jedenfalls nicht hervor, dass die beobachtete leberschädigung durch kava-kava und nicht durch die jeweils dokumentierte begleitmedikation verursacht worden ist. unter diesen umständen ergibt sich dies nicht bereits daraus, dass nach ärztlicher einschätzung von einer medikamentös induzierten leberschädigung auszugehen ist. 139relativierend ist zuletzt der ebenfalls vom verwaltungsgericht bereits angesprochene aspekt in den blick zu nehmen, dass die streitbefangenen präparate auf eine kurzzeitbehandlung angelegt sind und eine begrenzung von anwendungsdauer und dosierung vorgesehen ist. auch hieraus folgt die nur begrenzte aussagekraft der auswertungen des bfarm und der who, in denen nicht nach diesen von der beklagten selbst als risikobeeinflussend eingestuften kriterien differenziert wird. da eine lange exposition einerseits und eine erhöhte dosierung andererseits mit einer risikoerhöhung assoziiert werden, liegt es auf der hand, dass die auswertung eines kollektivs von fällen, in denen diese differenzierung nicht getroffen wird, keine einheitliche risikoaussage erlaubt. die vielzahl der fälle, in denen leberschädigungen im zusammenhang mit einer überdosierung, einer überlangen anwendungsdauer oder einer potentiell lebertoxischen begleitmedikation aufgetreten sind, ist aber umgekehrt als beleg dafür zu werten, dass es sich hierbei um risikofaktoren handelt. dies wird auch von keinem der beteiligten in abrede gestellt. 140auf der basis aller in das verfahren eingeführter erkenntnisse geht der senat davon aus, dass toxische lebererkrankungen durch kava-kava-extrakte sehr selten sind, im einzelfall aber potenziell lebensbedrohend verlaufen können und durch eine vielzahl von risikofaktoren wie dosierung, anwendungsdauer, begleitmedikation, alkoholkonsum und lebervorschädigung beeinflusst werden. hinsichtlich dieser risikofaktoren stimmen die beteiligten überein, wenngleich ihre einschätzungen zu den risiken der verwendung unterschiedlicher auszüge und kultivare auseinandergehen. 141(3) hiervon ausgehend ist das nutzen-risiko-verhältnis der streitgegenständlichen präparate derzeit ungünstig. dieser einschätzung liegt zugrunde, dass hinsichtlich kava-kava-haltiger arzneimittel zwar nicht generell, aber dann von einem ungünstigen nutzen-risiko-verhältnis ausgegangen werden muss, wenn nicht alle maßnahmen umgesetzt worden sind, um die damit einhergehenden risiken bestmöglich einzudämmen. letzteres ist hier der fall. 142der umstand, dass die zuvor erwähnten risikofaktoren im zusammenhang mit der hepatotoxizität von kava-kava bekannt sind, führt in der publikation von teschke et al. („kava hepatotoxicity: a clinical survey and critical analysis of 26 suspected cases“, european journal of gastroenterology & hepatology 2008, vol. 20, s. 1182 ff.) zu der überzeugenden schlussfolgerung, dass hepatotoxische ereignisse im zusammenhang mit kava-kava weitgehend vermeidbar sind. dies, die nur schwache inzidenzrate und der belegte nutzen kava-kava-haltiger arzneimittel stehen der generellen - also nicht präparatspezifischen, sondern rein wirkstoffbezogenen - annahme eines ungünstigen nutzen-risiko-verhältnisses entgegen. andererseits sind angesichts der schwere möglicher nebenwirkungen vermeidbare risiken nicht hinnehmbar. 143insoweit bilden die empfehlungen der kommission e in ihrer stellungnahme aus dem jahr 2002 nach auffassung des senats einen tauglichen und deshalb einzuhaltenden maßstab zur risikominimierung und führen bei beachtung im ergebnis zu einem günstigen nutzen-risiko-verhältnis. sie beruhen auf den unterlagen, die das bfarm der kommission e zur verfügung gestellt hat und sind auf der grundlage einer eingehenden befassung mit der kava-kava-thematik abgegeben worden (vgl. ruhensbescheid des bfarm vom 12. mai 2005, s. 52). 144die kommission e hat darin unter hinweis darauf, weiterhin von einem positiven nutzen-risiko-verhältnis auszugehen und die auffassung des bfarm bezüglich der risiken bei bestimmungsgemäßem gebrauch nicht zu teilen, folgende regularien zu deren eindämmung empfohlen: 145146ärztliche verschreibungspflicht für kava-kava-haltige arzneimittel 147klare indikationsstellung: leichte bis mittelschwere generalisierte angststörungen. depression ist keine indikation. 148maximale tagesdosis entsprechend 120 mg kava-pyrone. 149150packungsgröße bei 120 mg kava-pyrone maximal 30 einheiten 151übliche therapiedauer 1 monat, maximal 2 monate 152bestimmung der leberwerte (gpt und -gt) vor beginn der behandlung und dann einmal wöchentlich) 153optional: bestimmung der leberwerte am ende der behandlung (wichtig für evtl. spätere erneute behandlung) 154vermeidung einer begleitenden medikation mit potentiell hepatotoxischen medikamenten, insbesondere auch betablockern, antidepressiva und migränemitteln. vorsicht bei alkohol. 155der senat sieht in ansehung des berufungsvorbringens keine veranlassung, diese sachverständige einschätzung in frage zu stellen. sie wird durch die aussage der who in ihrem bericht aus dem jahr 2007, wonach ein verkehrsverbot für kava-kava nach gegenwärtigem wissenschaftlichen erkenntnisstand nicht zu rechtfertigen ist (vgl. who bericht, s. 18), gestützt. auch teschke spricht sich in seiner veröffentlichung „hepatotoxizität durch kava-kava: risikofaktoren und prävention“ (deutsches ärzteblatt 2002, 99 (50)) für entsprechende maßnahmen aus. aktuellere wissenschaftliche erkenntnisse, die die empfehlungen der kommission e durchgreifend in zweifel ziehen, liegen nicht vor. 156diese sind auch geeignet, die bestehenden hepatotoxischen risiken - soweit sie vorhersehbar sind - weitgehend wirkungsvoll auszuschalten. 157besondere bedeutung kommt hierbei der unterstellung unter die verschreibungspflicht zu. hierdurch wird eine ärztliche indikationsstellung sichergestellt und einer unsachgemäßen selbstmedikation entgegengewirkt. der einwand der beklagten, eine verschreibungspflicht sei unzureichend, weil der hepatotoxische wirkmechanismus von kava-kava nicht hinreichend geklärt sei und der verordnende arzt nicht mit genügender sicherheit vorhersehen könne, welcher patient gefährdet sei, greift nicht durch. er eignet sich schon deswegen nicht als argument gegen die verschreibungspflicht, weil das arzneimittelgesetz in § 48 abs. 2 satz 1 nr. 1 i.v.m. § 48 abs. 1 satz 1 nr. 3 amg als eine fallgruppe verschreibungspflichtiger arzneimittel diejenigen vorsieht, die stoffe mit in der medizinischen wissenschaft nicht allgemein bekannten wirkungen oder zubereitungen solcher stoffe enthalten. abgesehen davon ist es einem arzt in bezug auf ein kava-kava-haltiges präparat anhand der bekannten risikofaktoren auch ungeachtet des genauen wirkmechanismus möglich, das risikoprofil eines patienten abzustecken. denn in einem ersten schritt können - nach anamnestischer abklärung - fälle mit relevanter begleitmedikation, erheblichem alkoholkonsum, lebererkrankung oder lebervorschädigung sowie nicht zutreffender indikation herausgefiltert werden. erfolgt nach abklärung dieser gesichtspunkte eine verschreibung, kann den von der krankenvorgeschichte unabhängigen risikofaktoren wirksam durch eine begrenzung von anwendungsdauer und dosierung entsprechend den vorgaben der fachinformationen entgegengewirkt werden. hinzuweisen ist darin außerdem auf die risiken bei erheblichem alkoholkonsum und einer begleitenden medikation mit potentiell hepatotoxischen medikamenten, wie betablockern, antidepressiva und migränemitteln. 158dabei sind die einhaltung der vorgesehen dosierung von 120 mg kava-pyrone und die begrenzung der anwendungsdauer entsprechend den aktualisierten erkenntnissen der kommission e auf einen, maximal zwei monate entscheidend. eine höhere dosierung ist einerseits deswegen nicht vertretbar, weil die wirksamkeit für eine dosierung von 60 mg-120 mg kava-pyrone belegt ist und deswegen keine rechtfertigung dafür besteht, potentiell mit einer höheren dosierung einhergehende zusatzrisiken einzugehen. abgesehen davon bestehen den genannten wissenschaftlichen erkenntnissen zufolge konkrete anhaltspunkte dafür, dass eine höhere dosierung das risiko für leberschädigende nebenwirkungen erhöht. entsprechendes gilt bezogen auf eine längere anwendungsdauer. 159flankierend zu den bereits erwähnten maßnahmen wirkt die von der kommission e vorgeschlagene begrenzung der packungsgröße auf maximal 30 einheiten bei 120 mg kava-pyrone. durch diese maßnahme wird der gefahr einer missbräuchlichen verwendung vorgebeugt und auf einen bestimmungsgemäßer gebrauch hingewirkt. dabei ist zu sehen, dass die missbrauchsgefahr jedenfalls bei indikationskonformer anwendung kava-kava-haltiger präparate nicht gleichermaßen hoch sein dürfte, wie bei arzneimitteln, die - wie z.b. benzodiazepine - abhängigkeiten auslösen. allerdings ist insoweit darauf hinzuweisen, dass diesem aspekt im rahmen der nutzen-risiko-abwägung, die sich an dem bestimmungsgemäßen gebrauch zu orientieren hat, keine eigenständige bedeutung zukommt. abweichungen der von der kommission e empfohlenen packungsgröße begründen daher ohne das hinzutreten weiterer abweichungen kein ungünstiges nutzen-risiko-verhältnis. 160die vorgesehene bestimmung der leberwerte vor beginn der behandlung und deren fortlaufende wöchentliche kontrolle ermöglicht eine zeitnahe reaktion auf festgestellte veränderungen und zielt darauf ab, irreversiblen schädigungen vorzubeugen. 161der senat verkennt nicht, dass mit den genannten maßnahmen nicht in jedem einzelfall ein risikoausschluss garantiert werden kann, geht aber davon aus, dass bedingt durch ihre zielrichtung, wirkweise und ihr ineinandergreifen die nach derzeitigem erkenntnisstand prognostizierbaren risiken in relation zum nutzen von kava-kava-präparaten auf ein vertretbares maß reduziert werden können. 162das wird daran deutlich, dass mit ausnahme eines falls in sämtlichen fällen, auf die das bfarm seine risikoeinschätzung stützt, zumindest einer der durch die vorgenannten maßnahmen begrenzbaren risikofaktoren vorlag. entweder es war eine begleitmedikation verordnet oder die anwendung dauerte länger als drei monate an oder es wurde eine überdosierung festgestellt. zumeist war sogar eine kombination aus mehreren dieser faktoren gegeben. 163vgl. die übersicht in table 1 bei teschke/ schwarzenboeck/hennermann “kava hepatotoxcity: a clinical survey and critical analysis of 26 cases”, european journal of gastroenterology & hepatology 2008, vol. 20, s. 1182 ff. 164dieser einschätzung steht auch nicht das vermehrte auftreten idiosynkratischer, d.h. unvorhersehbarer leberreaktionen im zusammenhang mit der einnahme von kava-kava-präparaten entgegen. die auswertung der fallberichte des bfarm liefert hierfür keinen beleg. letztlich scheint die beklagte selbst ‑ wenngleich sie diesen aspekt besonders hervorgehoben hat - nicht hiervon auszugehen, wenn sie diese fälle als „ausreißer“ bezeichnet und andererseits meint, ein „charakteristisches muster“ für die potentielle lebertoxizität von kava-kava-präparaten ausmachen zu können. abgesehen davon ist die möglichkeit einer idiosynkratischen leberschädigung deswegen kein durchgreifendes argument für ein ungünstiges nutzen-risiko-verhältnis der hier in rede stehenden kava-kava-präparate, weil es sich dabei um ein generelles problem im hinblick auf die lebertoxizität von medikamenten handelt. der mechanismus der idiosynkrasie, also einer angeborenen oder erworbenen überempfindlichkeit schon beim ersten kontakt gegen bestimmte, von außen zugeführte stoffe, die nicht durch eine reaktion des immunsystems hervorgerufen wird, sondern durch fehlfunktion/nichtfunktion defekter oder fehlen intakter enzyme, 165vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/idiosynkrasie, 166beschränkt sich nicht auf kava-kava-haltige arzneimittel. 167ungefähr 1000 arzneistoffe gelten als lebertoxisch. hierzu gehören beispielsweise paracetamol, diclofenac und penicillin. 168vgl. schlatter, entgiftung zum gift, nebenwirkung leberschaden, pharmazeutische zeitung ausgabe 35/2009. 169obgleich bei all diesen arzneistoffen unvorhersehbare, also idiosynkratische, leberreaktionen möglich sind, befindet sich eine vielzahl von präparaten, die diese wirkstoffe enthalten, auf dem markt. 170an der getroffenen bewertung ändern auch bestehende behandlungsalternativen nichts, insbesondere fällt die nutzen-risiko-abwägung mit blick darauf nicht generell zu ungunsten der streitbefangenen präparate aus. abwägungsrelevant könnte dieser aspekt sein, wenn deren ersetzbarkeit durch andere arzneimittel mit günstigerem nebenwirkungsprofil gewährleistet wäre. das ist aber nicht der fall. denn soweit die beklagte bezug auf den inhalt der s3-leitlinie zur behandlung von angststörungen nimmt und auf selektive serotonin-wiederaufnahmehemmer (ssri), selektive serotonin-noradrenalin-wiederaufnahmehemmer (snri) und pregabalin als mittel der ersten wahl sowie auf trizyklische antidepressiva (tza), buspiron, benzodiazepine, hydroxin und opipramol als mittel der zweiten wahl verweist, sind diese voraussetzungen nicht erfüllt. es erscheint schon zweifelhaft, ob es sich dabei überhaupt um einen geeigneten ersatz für kava-kava-präparate handelt. das gilt ungeachtet der fehlenden vollständigen übereinstimmung der anwendungsgebiete insbesondere deswegen, weil jene arzneimittel im gegensatz zu den auf eine kurzzeitbehandlung mit raschem wirkeintritt gerichteten kava-kava-präparaten größtenteils eine längere wirklatenz von bis zu sechs wochen haben. überdies kann für keines der von der beklagten empfohlenen synthetischen alternativarzneimittel ein günstigeres nebenwirkungsprofil festgestellt werden. das ergibt sich daraus, dass das spektrum möglicher nebenwirkungen weitgehend breiter gefächert ist als bei den verfahrensgegenständlichen kava-kava-präparaten, zum teil auch schwere nebenwirkungen umfasst und vielfach absetzphänomene, abhängigkeitsrisiken und sedierende effekte mit dem damit einhergehenden negativen einfluss auf die geistige leistungsfähigkeit beschrieben werden. wegen der einzelheiten dazu wird auf die tabellarische übersicht bei b. bandelow, r. boerner, s. kasper, m.linden, h.-u. wittchen und h.-j. möller „generalisierte angststörung: diagnostik und therapie“, deutsches ärzteblatt 2013, s. 303, und die zutreffenden ausführungen des verwaltungsgerichts bezug genommen. 171die von der beklagten angesprochenen traditionellen phytopharamka, namentlich baldrianwurzelzubereitungen und lavendelöl sind schon deswegen keine geeignete alternative, weil ihr anwendungsgebiet nicht deckungsgleich mit dem kava-kava-haltiger arzneimittel ist, sondern sich insoweit nur gewisse überschneidungen ergeben. 172gemessen an den vorstehenden überlegungen ist das nutzen-risiko-verhältnis der streitbefangenen präparate ungünstig. denn unter zugrundelegung des inhalts der änderungsanzeige und der vorstehenden ausführungen sind die bisher umgesetzten maßnahmen zur minimierung der bestehenden risiken nicht ausreichend. 173dies bezieht sich in erster linie auf die dosierung der präparate. diese weisen nach der änderungsanzeige keine der monographie der kommission e bzw. deren empfehlungen aus dem jahr 2002 entsprechende dosierung von 60-120 mg kava-pyrone (= kavalactone) auf. damit hat die klägerin die tagesdosis für l. kapseln von zweimal täglich einer kapsel l. (je 50 mg kavalactone) auf viermal täglich eine kapsel und die für l. tropfen von zwei- bis dreimal täglich 30 tropfen auf zwei- bis dreimal täglich 60 tropfen bei 2500 mg kavalactone auf 100 ml flüssigkeit erhöht. diese dosierung ist ‑ wenngleich die abweichung zumindest bezogen auf l. kapseln vergleichsweise geringfügig ist - nicht monographiekonform. diese feststellung beruht auf folgendem: der senat ist aufgrund der plausiblen und durchgehend nachvollziehbaren sachverständigen erläuterungen von frau dr. h. und herrn dr. t. , denen die beklagte nichts durchgreifendes entgegen gesetzt hat, zu der überzeugung gelangt, dass sich die in der monographie der kommission e angegebene dosierungsspanne von 60-120 mg kava-pyrone auf die dc-methode und nicht - auch nicht teilweise - auf die hplc-methode bezieht. 174in der monographie selber ist keine aussage zu der zugrunde liegenden messmethode getroffen worden. das sich bei den unterlagen zur monographieerstellung befindliche gutachten von dr. k. m. aus dem jahr 1986 erlaubt entgegen der auffassung der beklagten nicht den rückschluss, dass sich die dosierungsangabe auf die hplc- methode bezieht. denn daraus geht lediglich hervor, dass zu diesem zeitpunkt bereits alle sechs kava-pyrone bekannt waren und es die hplc-methode gab. zum umfang ihres einsatzes und dazu, ob die für die erstellung der positivmonographie maßgebenden studien mit extrakten durchgeführt worden sind, deren kavalactongehalt mit dieser methode gemessen worden ist, ergibt sich daraus hingegen nichts. 175die klägerin hat in der mündlichen verhandlung auch nicht in abrede gestellt, 176dass es die hplc-methode zu diesem zeitpunkt bereits gab, sondern hat vielmehr bestätigt, dass sie bereits damals im universitären bereich anwendung gefunden hat. etwas anderes gelte indes für die industrie. dort habe man zur zeit der monographieerstellung nicht über die entsprechenden reinsubstanzen verfügt, um alle sechs kava-pyrone quantifizieren zu können. da die der monographieerstellung zugrundeliegenden studien mit industriepräparaten durchgeführt worden seien, beziehe sich die in der monographie angegebene dosierung demzufolge auf die dc-methode. dass die studien mit industriepräparaten durchgeführt worden sind, ist zwischen den beteiligten unstreitig. hierzu hat frau dr. h. - von der beklagten unwidersprochen - darauf hingewiesen, dass die firma g. , bei der sie zum damaligen zeitpunkt angestellt war, damals allein mit der dc-methode gemessene kava-extrakte hergestellt und an pharmazeutische unternehmen geliefert und insoweit einen 95 prozentigen marktanteil gehalten habe. 177angesichts dessen konnte die beklagte auch lediglich auf die extrakte der firma t1. , die erst zu einem späteren zeitpunkt kundin der firma g. geworden war, verweisen. sie gehe davon aus, dass die firma t1. ab dem jahr 1990 extrakte hergestellt habe, die nach der hplc-methode bemessen worden seien und davon, dass mit deren präparaten die studien von warnecke, die für die erstellung der monographie maßgebend waren, durchgeführt worden seien. hierbei handelt es sich indes um eine durch die von herrn dr. t. angestellten ermittlungen widerlegte vermutung. denn daraus geht hervor, dass in der monographie nicht auf die erst später erstellten studien von warnecke zu dem präparat laitan sondern lediglich auf zwei der komission e im zeitraum von april bis september 1989 vorgelegte studienberichte bezug genommen wird. das folge - so herr dr. t. - daraus, dass sich die untersuchungen von warnecke ausweislich der monographie auf ein mit 60 mg kava-pyrone dosiertes präparat und die erst nach erstellung der monographie veröffentlichten studien hingegen auf das sich erst seit dezember 1989 auf dem markt befindliche präparat laitan mit einer dosierung von 70-210 mg kava-pyrone bezogen hätten. 178diese unterschiedlichen dosierungen können einerseits als hinweis darauf gedeutet werden, dass im zeitraum zwischen den studienberichten und der veröffentlichung der studien eine umrechnung stattgefunden hat, für die aber nur dann ein erfordernis bestand, wenn das den studienberichten zugrundeliegende präparat mittels dc-methode gemessen war. als weitere denkbare erklärungsmöglichkeit kommt allein in betracht, dass sich studien und studienberichte auf unterschiedliche präparate bezogen haben. aber auch daraus ergibt sich kein anhalt dafür, dass das präparat, zu dem sich der studienbericht verhält, bereits nach der hplc-methode gemessen war. dagegen spricht, dass es sich dabei um ein - an der damals standardisierten dc-methode gemessen - erheblich aus dem rahmen fallendes, weil deutlich unterhalb der angenommen wirksamkeitsschwelle dosiertes präparat gehandelt hätte. hinzu kommt, dass die entgegengesetzte annahme der beklagten nicht auf validen erkenntnissen beruht, sondern auf einer mitteilung, die die firma t1. erst zu einem viel späteren zeitpunkt, nämlich im zulassungsverfahren gemacht hat. demgegenüber hat herr dr. t. anhand der studienberichte die dem präparat der firma t1. zugrundeliegende analytik selbst geprüft und hat dabei keinen hinweis darauf gefunden, dass dies nach der hplc-methode bemessen wurde. 179vor diesem hintergrund ist auch die weitere vermutung der beklagten, dass der in der monographie angegebene wert von 60 mg kava-pyrone auf der dc-methode beruhte und der wert von 120 mg auf der hplc-methode, fernliegend und durch nichts belegt. denn einerseits ginge damit einher, dass die für phyto-pharmaka charakteristische dosierungsspanne weitgehend entfiele. andererseits hält der senat es mit frau dr. h. für abwegig, dass in einer dosis-empfehlung, die eine spannbreite angibt, zwei werte genannt werden, die auf unterschiedlichen mess- und analysemethoden beruhen. 180angesichts dessen ist der klägerin darin zu folgen, dass die deklarierung der dosierung an die heute standardisierte hplc-methode angepasst werden muss. der senat stimmt aber darin nicht mit der klägerin überein, dass dies im sinne einer verdoppelung zu erfolgen hat. der umstand, dass die bestimmung nach der dc-methode mit drei kava-pyronen erfolgt und die nach der hplc-methode mit sechs kava-pyronen, rechtfertigt dies nicht, weil der lactongehalt der unterschiedlichen pyrone variiert. das erfordert die bestimmung eines anderen umrechnungsfaktors. frau dr. h. hat 1,61 als korrelationsfaktor angegeben und dessen herleitung anhand einer gut nachvollziehbaren und stimmigen berechnungsübersicht erläutert. die beklagte ist dem nicht entgegen getreten. der senat hat auch unter berücksichtigung der übrigen in das verfahren eingeführten erkenntnisse keine zweifel, dass dieser korrelationsfaktor zutrifft. bei seiner anwendung ergibt sich, dass der in der monographie genannten dosierungsspanne von 60-120 mg kava-pyrone nach der dc-methode einer dosierungsspanne von 97-193 mg kava-pyrone nach der hplc-methode entspricht und die hier streitgegenständlichen präparate deswegen überdosiert sind. 181neben der dosierung entsprechen auch die dem senat vorliegenden gebrauchs- und fachinformation - unterstellt, die darin enthaltenen änderungen von für die zulassung wesentlichen angaben sind im wege der änderungsanzeige wirksam geworden - nicht vollständig den empfehlungen der kommission e. das betrifft die angabe der wechselwirkungen mit anderen medikamenten (der hinweis auf die vermeidung einer begleitenden medikation mit potentiell hepatotoxischen medikamenten, insbesondere auch betablockern, antidepressiva und migräne-mitteln fehlt) und die darin vorgesehene bestimmung der leberwerte vor beginn der behandlung, sodann wöchentlich und optional nach abschluss der behand-lung. bei dem präparat l. -tropfen fehlt es außerdem an einem aus-drücklichen hinweis auf die bei erheblichem alkoholkonsum bestehenden risiken. 182(ii.) wenngleich die festgestellten abweichungen ein ungünstiges nutzen-risiko-verhältnis begründen, rechtfertigen sie nicht den widerruf der zulassung, weil eine änderung der zulassung auf der grundlage von § 30 abs. 2a satz 1 amg vorrangig ist. mit dieser in der fassung vom 19. dezember 2012 geltenden vorschrift, die als ausprägung des verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zu interpretieren ist, besteht eine grundlage dafür, änderungen auf ebene der zulassung vorzunehmen. 183vgl. gesetzentwurf der bundesregierung vom 18. april 2012, bt-drs. 17/9341, s. 54. 184wie ausgeführt, ist das nutzen-risiko-verhältnis der hier streitgegenständlichen präparate - insbesondere wegen der zu hohen dosierung, aber auch im hinblick auf die übrigen abweichungen von den empfehlungen der kommission e in ihrer stellungnahme aus dem jahr 2002 als ungünstig zu bewerten, erwiese sich aber nach entsprechender anpassung an diese empfehlungen nicht mehr als ungünstig, mit der folge, dass der versagungsgrund des § 25 abs. 2 satz 1 nr. 5 amg entfällt. zur begründung dafür wird auf die vorstehenden ausführungen bezug genommen. 185lassen sich die mit der anwendung kava-kava-haltiger arzneimittel in verbindung gebrachten nebenwirkungen danach bereits durch die von der kommission e vorgeschlagenen regulatorischen maßnahmen auf ein vertretbares maß reduzieren, kommt es nicht entscheidungserheblich darauf an, ob die beklagte vorrangig unter der voraussetzungen des § 28 abs. 3b satz 1 nr. 2 amg eine unbedenklichkeitsstudie („pass“) hätte anordnen können und müssen. 186die kostenentscheidung beruht auf § 154 abs. 2, 155 abs. 1 satz 3 vwgo. 187der umstand, dass die unbeschränkte antragstellung in der erstinstanzlichen mündlichen verhandlung offenkundig auf einem versehen beruhte, die beteiligten, wie sich aus ihrem wechselseitigen vorbringen ergibt, übereinstimmend davon ausgegangen sind, dass nur die präparate l. kapseln und l. tropfen verfahrensgegenständlich sind, und die weiteren präparate nicht gegenstand der verwaltungsgerichtlichen entscheidung sind, rechtfertigt die anwendbarkeit dieser vorschrift. 188die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit folgt aus § 167 abs. 1 und 2 vwgo i. v. m. § 708 nr. 10, § 711 satz 1 und 2, § 709 satz 2 zpo. 189die revision ist zuzulassen, soweit die berufung zurückgewiesen worden ist, weil insoweit die voraussetzungen des § 132 abs. 2 vwgo vorliegen.
Verklagte*r
0
335,893
106 C 10/19
2021-02-23T00:00:00
Urteil
Tenor Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin ein Schmerzensgeld i. H. v. 750 € nebst Zinsen i. H. v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 08.02.2019 zu zahlen. Die Beklagte wird weiter verurteilt, an die Klägerin 172,50 € nebst Zinsen i. H. v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 08.02.2019 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 48 Prozent und die Beklagte zu 52 Prozent. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Schuldner kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung i. H. v. 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht zuvor der Gläubiger Sicherheit i. H. v. 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet. 1Tatbestand: 2Die Klägerin begehrt Schadensersatz von der Beklagten aus einer podologischen Behandlung. 3Die am 00.00.0000 geborene Klägerin war bei der Beklagten in podologischer Behandlung über den Zeitraum von 00.0000 bis 00.0000 wegen zwei eingewachsener Zehennägel. Es wurden sog. Ross-Faser-Orthonyxiespangen bzw. Nagelkorrekturspangen (im Folgenden Nagelspangen) angebracht, um eine Operation der eingewachsenen Zehennägel zu verhindern. Am 00.00.0000 begann die Beklagte entsprechende Behandlung, in dem sie beiden Zehennägel zurück schnitt und die Nagelspangen befestigte. 4Die Beklagte rechnete gegenüber der Kläger für das Jahr 0000 einen Gesamtbetrag von 604 € ab. Während der Behandlungszeit konnte die Klägerin nicht ins Schwimmbad und Sport nur eingeschränkt betreiben. Ein Judotraining wie auch Ausflüge waren ihr nicht mehr möglich; beim Schulsport musste sie häufiger aufhören. Die Klägerin litt weiter unter Angstzuständen vor den Terminen. Geschlossene Schuhe konnte sie nicht tragen und wurde von der Mutter zu Behandlung hin- und wieder zurückgebracht. Die Klägerin begab sich nach einer Behandlung bei der Klägerin in eine Behandlung bei der Podologin Frau L. 5Die Klägerin macht klageweise folgende Positionen geltend: 6• 604 € Behandlungskosten bei Beklagter im Jahr 0000 7• 172,50 € Kosten für die Korrektur der Fehlbehandlung bei Frau L und neue Klebespangen 8• Mind. 1.000 € Schmerzensgeld 9Die Klägerin behauptet, die Behandlung durch die Beklagte sei nicht fachgerecht erfolgt. So seien die Zehennägel bereits bei der ersten Behandlung im 00.0000 unnötigerweise und darüber hinaus auch noch seitlich zu tief eingeschnitten worden, die Beklagte habe dabei keine Handschuhe getragen und die Spangen seien während der Behandlungsdauer mehrfach verrutscht. Die Behandlung bei der Beklagten habe zu keiner Verbesserung geführt und sei mit Schmerzen verbunden gewesen. In der Folgebehandlung bei Frau L habe drei Monate gewartet werden müssen bis der zu weit zurückgeschnittene Zehennagel wieder entsprechend herausgewachsen sei. Auch habe die Beklagte in ihrer Behandlung die Nagelspange nicht individuell angepasst, was dazu geführt habe, dass die Nagelspangen sich nicht – wie in Behandlung bei Frau L – verschoben hätten. Tatsächlich hätten sich die Spangen verschoben gehabt. Die grob fehlerhafte Behandlung der Beklagten habe die Behandlung um etwa 14 Monate verzögert. Ersatzfähig als Schaden seien die Behandlungskosten im Jahr 0000, die Kosten für die Fehlbehandlung und neue Klebespangen sowie ein Schmerzensgeld von mindestens 1.000 €. 10Die Klägerin beantragt, 111. die Beklagte zu verurteilen an die Klägerin ein angemessenes Schmerzensgeld dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, mindestens jedoch 1.000 €, nebst Zinsen i. H. v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen. 122. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 776,50 € nebst Zinsen i. H. v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen. 13Die Beklagte beantragt, 14die Klage abzuweisen. 15Die Beklagte behauptet, dass die Zehennägel nicht zu tief eingeschnitten und Hygienevorschriften eingehalten worden seien. Die Beklagte habe bei der Behandlung auch Handschuhe getragen. Die Klägerin als auch die Mutter hätten die Spangen ohne Desinfizieren /Händewaschen angefasst, obwohl die Mutter als ausgebildete Arzthelferin hätte wissen müssen, dass die Spangen nicht abgenommen oder versetzt werden dürfen, insbesondere nicht ohne Beachtung der erforderlichen Hygiene. Die Klägerin habe an den Nagelhautecken gerissen und an der Spange „geknibbelt“. Die Mutter habe die Spangen permanent auf Festigkeit überprüft. Am 00.00.00, am 00.00.00, am 00.00.00 wären Entzündungen vorhanden gewesen. Beim Lösen der Spange wäre eine Abnahme nicht erforderlich, sondern es wäre ausreichend dies durch Klarlack zu befestigen. Ein Vortrag der Klägerseite zum Neuaufsetzen der Spange sei widersprüchlich, da die Rechnung vom 00.00.0000 ausweise, dass die Spangen angebracht worden seien. Sie bestreitet den Klägervortrag zur Weiterbehandlung bei Frau L mit Nichtwissen. 16Die Klage ist der Beklagten am 00.00.0000 zugestellt worden. 17Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Gutachtens des Sachverständigen Dr. B. Für das Ergebnis des Gutachtens vom 00.00.0000 sowie die Erläuterung in der mündlichen Verhandlung vom 00.00.0000 wird auf Bl. 69 ff, 151 ff. d. A. Bezug genommen. 18Für den weiteren Sach- und Streitstand wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen. 19Entscheidungsgründe: 20Die Klage ist zulässig und teilweise begründet. 211. 22Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf materiellen Schadensersatz i. H. v. 172,50 € sowie Schmerzensgeld i. H. v. 750 € gemäß §§ 280 Abs. 1, 630a Abs. 2, 611, 249, 253 Abs. 2 BGB. Einen weitergehenden Anspruch hat die Klägerin nicht. 23a. 24Zwischen der Klägerin und der Beklagten ist ein Behandlungsvertrag i. S. d. § 630a ff. BGB geschlossen worden, in dem die Klägerin durch ihre gesetzlichen Vertreter – den Eltern - nach §§ 106, 107, 161, 1626, 1629 BGB vertreten wurde. Bei einem podologischen Behandlungsvertrag handelt es sich um einen Dienstvertrag, da kein Erfolg sondern nur die medizinische Behandlung geschuldet war (vgl. § 630a Abs. 1 BGB). Nach § 630a Abs. 2 BGB ist die Behandlung nach den zum Zeitpunkt der Behandlung bestehenden, allgemein anerkannten fachlichen Standards geschuldet, soweit nicht etwas anderes vereinbart ist. 25b. 26Es liegt ein grober Behandlungsfehler der Beklagten durch Unterlassen der Anfertigung eines Abdrucks vor mit der Folge dass sie beweisen müsste, dass die die Anpassung der Spange ohne vorherigen Abdruck noch regelgerecht gewesen wäre. Hierzu bleibt die Beklagte beweisfällig. 27Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht für das Gericht zum einen fest, dass die Beklagte den Zustand der Zehen der Klägerin vor Durchführung der Behandlung fehlerhaft in keiner Weise dokumentiert hat. Dies folgt bereits aus dem Gutachten des Sachverständigen Dr. B, dem sich das Gericht in eigener Überzeugungsbildung anschließt. Insofern ergibt sich aus dem schriftlichen Gutachten zunächst dass der Sachverständige nicht von einer fehlerhaften Behandlung ausging. Jedoch führte er in seiner weiteren mündlichen Erläuterung im Termin am 00.00.0000 aus, dass eine Dokumentation unzureichend sei und bei ordnungsgemäßer Dokumentation hätte beurteilt werden können, ob es sich um einen Standardfall handele oder nicht – bei dem ein Abdruck vorher hätte angefertigt werden müssen oder nicht. Es sei zwar gängiger Lehrmeinung, dass bei dieser Art der Spange ein Abdruck gefertigt werden müsse, jedoch halte er Abweichungen bei erfahrenen Podologen für zulässig, da solche Spangen alltägliche Tätigkeit sind. Die Anpassung ohne Abdruck sei auch bei einer minderjährigen Patientin möglich, wenn es sich um einen Standardfall handele. Ob ein Standardfall vorlag, könne er mangels Dokumentation nicht beurteilen. Außerdem hat der Sachverständige angegeben, dass es bei einer nicht ordnungsgemäß angepassten Spange dazu kommen könnte, dass der Nagel nicht richtig aufgerichtet wird und dass sich die Häkchen der Spange in die Haut einarbeiten. Die Angaben des Sachverständigen zum Dokumentationszustand sind plausibel, nachvollziehbar und entsprechen auch dem Zustand der Behandlungsunterlagen, die der Akte als Beweismittel in der separaten Beweismittelakte beigefügt sind. Als Oberarzt der Klinik für Dermatologie und Venerologie, Sektionsleiter Operative Dermatologie, Nagelchirurgie und spezielle Nagelchirurgie am Universitätsklinikum C ist er für die vorliegende Begutachtung besonders qualifiziert. Dem Gutachten wurden alle vorhandenen Unterlagen zugrunde gelegt. Aus den damit vollständig ermittelten Befund- und Anknüpfungstatsachen hat der Sachverständige unter vollständiger Würdigung der medizinischen Vorgaben in jeder Hinsicht nachvollziehbar und widerspruchsfreie Schlussfolgerungen gezogen. 28Ein Anfangszustand sowie eine Abdruck ist nicht dokumentiert, obwohl nach § 630 f Abs. 2 BGB dem Behandelnden entsprechende Dokumentationspflichten aufgelegt werden. Dies führt vorliegend zu einer Beweislastumkehr, d.h. die Beklagte muss beweisen, dass ein Standardfall vorliegt, bei dem die Anpassung der Spange ohne vorherigen Abdruck noch regelgerecht gewesen wäre (vgl. zur möglichen Beweislastumkehr bei Dokumentationsmängeln OLG Frankfurt, Urt. v. 14.03.1991, Az. 1 U 218/89, juris, m.w.N; ebenso OLG Köln, Urt. v. 07.05.1984, Az. 7 U 306/83, juris). Ist ein Behandlungsfehler generell geeignet, einen eingetretenen Schaden herbeizuführen, so erstreckt sich die Umkehr der Beweislast auch hierauf (vgl. BGH, Urt. v. 19.06.2012, Az. VI ZR 77/11, juris, Rdnr. 6). 29Zum anderen steht für das Gericht nicht mit der erforderlichen Gewissheit fest, dass die Anpassung der Spange ohne vorherigen Abdruck noch regelgerecht gewesen wäre. Da der Sachverständige Dr. B keine Angaben ohne vorhandenen Anfangsdokumentation hierzu machen kann und weitere Beweismittel nicht vorhanden sind, bleibt die Beklagte für die Beweisfrage, ob eine Anpassung der Spange ohne vorherigen Abdruck noch regelgerecht gewesen wäre, beweisfällig. 30c. 31Als kausaler Schaden sind die Kosten der Weiterbehandlung, als auch das Schmerzensgeld erstattungsfähig. Nicht erstattungsfähig als Schaden ist die Vergütung der Beklagten für das Jahr 0000. 32Zu ersetzen ist der durch die Pflichtverletzung entstandene Schaden. Dieser beurteilt sich grundsätzlich nach einem rechnerischen Vergleich der durch das schädigende Ereignis bewirkten Vermögenslage mit derjenigen, die ohne die Pflichtverletzung bestünde (vgl. BGH NJW-RR 1990, 1241 [1244]; NJW 2001, 673 [674]; DB 2011, 1633 Rn. 16). Das erfordert einen Gesamtvermögensvergleich, der alle von dem haftungsbegründenden Ereignis betroffenen finanziellen Positionen umfasst (vgl. BGH WM 1998, 142, 1244; 2005, 999 [1000]; 2006, 927 [928]; 2008, 946 Rn. 24; DB 2011, 1633 Rn. 16; WM 2015, 790 Rn. 7). Hierbei ist grundsätzlich die gesamte Schadensentwicklung bis zur letzten mündlichen Verhandlung in den Tatsacheninstanzen in die Schadensberechnung einzubeziehen (vgl. BGHZ 133, 246 [252 f.] = WM 1996, 1504; BGH WM 2008, 946 Rn. 24; 2015, 1622 Rn. 32). Es geht bei dem Gesamtvermögensvergleich nicht um Einzelpositionen, sondern um eine Gegenüberstellung der hypothetischen und der tatsächlichen Vermögenslage (vgl. BGH WM 2006, 927 [928]; 2008, 946 Rn. 24; DB 2011, 1633 Rn. 16). Im Einzelnen ist die Vermögenslage mit Pflichtverletzung (IST-Zustand) mit der Vermögenslage zu vergleichen, die bestanden hätte, wenn sich die Beklagte pflichtgemäß verhalten hätte (hypothetischer SOLL-Zustand). 33Die aufgetretene Komplikationen und dadurch verursachte Behandlungsverzögerungen beruhen auf einem Behandlungsfehler der Beklagten. Ohne den Behandlungsfehler wären die Komplikationen nicht aufgetreten. 34Im Einzelnen: 35aa. 36Die Kosten der weiteren Behandlung in Form der Behandlung zur Entzündungslinderung und der provisorischen Spange sind in Höhe der von der Klägerin geltend gemachten 172,50 € ersatzfähig. Diese sind Zusatzkosten, die bei ordnungsgemäßer Durchführung der Behandlung durch die Beklagte nicht angefallen wären (vgl. auch MüKoBGB/Wagner, 8. Aufl. 2020, BGB § 630a Rn. 100). 37Soweit die Beklagte mit Nichtwissen eine weitere Behandlung durch Frau L bestreitet, ist dies nicht genügend. Die Klägerin hat durch die Vorlage der Rechnungen vom 00.00.0000, 00.00.0000 und 00.00.0000 substantiiert vorgetragen und nachgewiesen, dass sie in weiterer Behandlung bei Frau L gewesen ist und diese insgesamt Kosten vom 172,50 € abrechnete (Rechnung vom 00.00.0000 über 119 €, vom 00.00.0000 über 37 € und 00.00.0000 über 16,50 €). Bei ordnungsgemäßer Behandlung durch die Beklagte wären diese Kosten einer Folgebehandlung vermieden worden. 38bb. 39Die Behandlungskosten der Beklagten für das Jahr 0000 sind nicht als Schaden ersatzfähig. 40Der Auftraggeber eines Dienstleisters kann den vertraglichen Vergütungsanspruch nicht kraft Gesetzes wegen mangelhafter Dienstleistung kürzen, denn das Dienstvertragsrecht kennt keine Gewährleistung i. F. v. Minderung (vgl. BGH NJW 2004, 2817 zur Anwaltsvergütung). Das gilt auch dann wenn die Pflichtverletzung schuldhaft war (vgl. BGH a. a. O., OLG Düsseldorf MDR 2011, 1327, OLG Koblenz NJW-RR 2003, 274 jeweils zum Anwaltsvertrag). Der Patient ist daran gehindert, das Honorar einfach deshalb zu kürzen, weil der erhoffte Behandlungserfolg nicht eingetreten ist oder die von dem Behandelnden tatsächlich erbrachte Leistung weniger wert ist als die unter Beachtung der vertraglichen Vereinbarung und des § 630a Abs. 2 geschuldete Leistung. Es ist aber streitig, ob der Vergütungsanspruch dann entfällt, wenn die Pflichtverletzung als besonders schwerwiegend anzusehen ist bzw. sich die ärztliche Leistung für den Patienten als völlig unbrauchbar darstellt (bejahend LG Regensburg, Urteil vom 27.05.2014 - 4 O 910/11 = BeckRS 2014, 19594 m. w. N.; verneinend MüKoBGB/Wagner, 8. Aufl. 2020, BGB § 630a Rn. 94). 41Das Gericht schließt sich zwar der Entscheidung des LG Regensburg an, dass eine Vergütungspflicht bei besonders schwerwiegenden Pflichtverletzungen grundsätzlich entfällt. Denn auch außerhalb des medizinischen Behandlungsvertrags wird für andere Arten von Dienstverträgen ein Ausschluss der Gebührenforderung in Ausnahmefällen anerkannt (vgl. BGH NJW 2004, 2817 m. w. N.; BGH, NJW 1981, 1212 jeweils zum Anwaltsvertrag). So nimmt beim Anwaltsvertrag die ständige Rechtsprechung einen Ausschluss im Hinblick auf den Grundgedanken des § 654 BGB an, wenn der Anwalt über einen grob fahrlässigen Pflichtenverstoß hinaus einen nach § 356 StGB strafbaren Parteiverrat begangen hat (vgl. BGH NJW 2004, 2817 m. w. N.; BGH, NJW 1981, 1212). Die für den Anwaltsvertrag entwickelten Grundsätze sind vom Gedanken her auch auf den medizinischen Behandlungsvertrag anwendbar- jedoch ist auf die Besonderheiten des § 630a ff. BGB entsprechende Rücksicht zu nehmen, da diese einen eigenständigen Typus des Dienstvertrags darstellt. Für ein Entfallen der Vergütungspflicht spricht auch die Systematik zu § 628 Abs. 1 S. 2 BGB. So führt eine völlige Unbrauchbarkeit der Leistung in Ansehung des § 628 Abs. 1 S. 2 BGB dazu, das die Vergütungspflicht ganz oder teilweise bei veranlasster Kündigung durch den anderen Teil entfällt. 42Selbst wenn man wie das Gericht dazu kommen sollte, dass eine Vergütungspflicht bei besonders schwerer Pflichtverletzung oder völliger Unbrauchbarkeit entfallen kann, sind aber die Voraussetzungen hier nicht gegeben. Die Behandlung der Beklagten war nicht vollständig unbrauchbar. So hatte auch der Sachverständige Dr. B angegeben, dass die lange Behandlungsdauer nicht ungewöhnliches sei und Spangen zur Korrektur generell verwendet würden. Das Fertigen von Abdrücken sei zwar gängige Lehrmeinung, aber bei erfahrenen Podologen nicht stets erforderlich. Die Anpassung ohne Abdruck sei auch bei einer minderjährigen Patientin möglich, wenn es sich um einen Standardfall handele. Eine fehlerhaft angepasste Spange könne dazu führen, dass die Haut verletzt („eingearbeitet“) werde. Bei Entzündung des Nagelbetts wäre es eine Grauzone, wann ein Arzt hinzuziehen wäre – insofern dann wenn bereits eine beginnende Wundrose vorliegen würde, wäre es zwingend. Ansonsten würde die Nichthinzuziehung eines Arztes lediglich einen einfachen Behandlungsfehler darstellen. Unter Berücksichtigung dieser Umstände, denen sich das Gericht in eigener Überzeugungsbildung anschließt, liegt zwar ein grober Behandlungsfehler durch die Unterlassung der erforderlichen Dokumentation vor, aber die Behandlung war nicht vollständig unbrauchbar. So wäre bei einem Standardfall keine Anfertigung eines Abdrucks erforderlich – wozu der Sachverständige aber mangels Dokumentation keine Angaben machen kann. Aber auch bei Berücksichtigung der Komplikationen stellt sich die Behandlung nicht als völlig unbrauchbar dar. So hat die Klägerin selbst ausgeführt, dass Sport „nur eingeschränkt“ betrieben werden konnte. Eine Überschreitung der Grenze zur Unbrauchbarkeit stellt sich vor dem Hintergrund nicht dar, da dies impliziert das Bewegung teilweise – wenn auch eingeschränkt – im Behandlungszeitraum noch möglich und nicht gänzlich aufgehoben war. 43cc. 44Die Höhe des Schmerzensgeldes schätzt das Gericht nach § 287 Abs. 1 ZPO auf 750 €. Der Anspruch auf Schmerzensgeld soll dem Verletzten einen angemessenen Ausgleich für erlittene immaterielle Beeinträchtigungen und Genugtuung für das bieten, was ihm der Schädiger zugefügt hat. Das Schmerzensgeld muss dabei der Höhe nach unter umfassender Berücksichtigung aller maßgeblichen Umstände festgesetzt werden und in einem angemessenen Verhältnis zur Art und Dauer der Verletzung stehen (BGH NJW 1995, 781). Dabei war sowohl das Alter der Klägerin als auch der Umfang der erlittenen Einschränkungen zu berücksichtigen. 45Insofern sind hier folgende Aspekte zu berücksichtigen, die von der Klägerin mit Schriftsatz vom 00.00.0000 substantiiert vorgetragen und durch die Beklagte nicht mehr bestritten wurden (vgl. § 138 Abs. 3 ZPO). Während der Behandlungszeit konnte die Klägerin nicht ins Schwimmbad und Sport nur eingeschränkt betreiben. Ein Judotraining wie auch Ausflüge waren ihr nicht mehr möglich; beim Schulsport musste sie häufiger aufhören. Die Klägerin litt weiter unter Angstzuständen vor den Terminen. Geschlossene Schuhe konnte sie nicht tragen und wurde von der Mutter zu Behandlung hin- und wieder zurückgebracht. Die unstreitigen Einschränkungen der persönlichen Lebenssphäre der Klägerin sprechen dafür, dass die Komplikationen schon ein erhebliches Maß erreichten. Eine Verbesserung der Lage konnte durch die Behandlung bei Frau L aber dann relativ schnell erreicht werden. Auch die Dauer der Behandlungszeit und der Umstand, dass ein grober Behandlungsfehler vorliegt führen dazu, dass das Gericht ein Schmerzensgeld von 750 € für angemessen aber auch ausreichend erachtet. So ist nicht ersichtlich, dass Dauerschäden bei der noch jungen Klägerin verbleiben, da die Behandlung durch Frau L zufriedenstellend abgeschlossen werden konnte. 46d. 47Ein Mitverschulden i.s.d. § 254 Abs. 1 BGB muss sich die Klägerin, insbesondere der Mutter, nicht anrechnen lassen. So ist schon nicht ausreichend substantiiert dargelegt, dass ein Verhalten der Kläger zum Schadensentstehung beigetragen hat. Die von der Beklagten pauschal vorgetragenen Einwände im Schriftsatz vom 00.00.0000 zum „Knibbeln“ bzw. Anfassen/Prüfung der Spange (vgl. Bl. 42 d. A.) sind schon nicht substantiiert. Insofern hätte sie darlegen müssen, welche Stellung die Spangen vor und nach jeder Behandlung hatten, um hieraus den Rückschluss zu ziehen, dass diese von der Klägerin oder der Mutter verrückt wurden. 48Auch der Sachverständige Dr. B konnte anhand der ihm vorliegenden Unterlagen nicht angeben, ob Manipulationen stattgefunden haben oder nicht. 492. 50Der Anspruch der Kläger auf die Zinsen folgt aus §§ 288, 291 ZPO seit dem Tag nach Rechtshängigkeit – mithin hier dem 00.00.0000. 513. 52Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92 Abs. 1, 708 Nr. 1, 711 ZPO. 53Streitwert: 1776,50 € 54Rechtsbehelfsbelehrung: 55Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist, 561. wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder 572. wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht zugelassen worden ist. 58Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Landgericht G, Bweg XX, XXXXX G, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten. 59Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Landgericht Aachen zu begründen. 60Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht G durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein. 61Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden. 62Hinweis zum elektronischen Rechtsverkehr: 63Die Einlegung ist auch durch Übertragung eines elektronischen Dokuments an die elektronische Poststelle des Gerichts möglich. Das elektronische Dokument muss für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet und mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein oder von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg gemäß § 130a ZPO nach näherer Maßgabe der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (BGBl. 2017 I, S. 3803) eingereicht werden. Weitere Informationen erhalten Sie auf der Internetseite www.justiz.de.
die beklagte wird verurteilt, an die klägerin ein schmerzensgeld i. h. v. 750 € nebst zinsen i. h. v. 5 prozentpunkten über dem basiszinssatz seit dem 08.02.2019 zu zahlen. die beklagte wird weiter verurteilt, an die klägerin 172,50 € nebst zinsen i. h. v. 5 prozentpunkten über dem basiszinssatz seit dem 08.02.2019 zu zahlen. im übrigen wird die klage abgewiesen. die kosten des rechtsstreits tragen die klägerin zu 48 prozent und die beklagte zu 52 prozent. das urteil ist vorläufig vollstreckbar. der schuldner kann die zwangsvollstreckung durch sicherheitsleistung i. h. v. 110 prozent des jeweils zu vollstreckenden betrags abwenden, wenn nicht zuvor der gläubiger sicherheit i. h. v. 110 prozent des jeweils zu vollstreckenden betrags leistet. 1
2die klägerin begehrt schadensersatz von der beklagten aus einer podologischen behandlung. 3die am 00.00.0000 geborene klägerin war bei der beklagten in podologischer behandlung über den zeitraum von 00.0000 bis 00.0000 wegen zwei eingewachsener zehennägel. es wurden sog. ross-faser-orthonyxiespangen bzw. nagelkorrekturspangen (im folgenden nagelspangen) angebracht, um eine operation der eingewachsenen zehennägel zu verhindern. am 00.00.0000 begann die beklagte entsprechende behandlung, in dem sie beiden zehennägel zurück schnitt und die nagelspangen befestigte. 4die beklagte rechnete gegenüber der kläger für das jahr 0000 einen gesamtbetrag von 604 € ab. während der behandlungszeit konnte die klägerin nicht ins schwimmbad und sport nur eingeschränkt betreiben. ein judotraining wie auch ausflüge waren ihr nicht mehr möglich; beim schulsport musste sie häufiger aufhören. die klägerin litt weiter unter angstzuständen vor den terminen. geschlossene schuhe konnte sie nicht tragen und wurde von der mutter zu behandlung hin- und wieder zurückgebracht. die klägerin begab sich nach einer behandlung bei der klägerin in eine behandlung bei der podologin frau l. 5die klägerin macht klageweise folgende positionen geltend: 6• 604 € behandlungskosten bei beklagter im jahr 0000 7• 172,50 € kosten für die korrektur der fehlbehandlung bei frau l und neue klebespangen 8• mind. 1.000 € schmerzensgeld 9die klägerin behauptet, die behandlung durch die beklagte sei nicht fachgerecht erfolgt. so seien die zehennägel bereits bei der ersten behandlung im 00.0000 unnötigerweise und darüber hinaus auch noch seitlich zu tief eingeschnitten worden, die beklagte habe dabei keine handschuhe getragen und die spangen seien während der behandlungsdauer mehrfach verrutscht. die behandlung bei der beklagten habe zu keiner verbesserung geführt und sei mit schmerzen verbunden gewesen. in der folgebehandlung bei frau l habe drei monate gewartet werden müssen bis der zu weit zurückgeschnittene zehennagel wieder entsprechend herausgewachsen sei. auch habe die beklagte in ihrer behandlung die nagelspange nicht individuell angepasst, was dazu geführt habe, dass die nagelspangen sich nicht – wie in behandlung bei frau l – verschoben hätten. tatsächlich hätten sich die spangen verschoben gehabt. die grob fehlerhafte behandlung der beklagten habe die behandlung um etwa 14 monate verzögert. ersatzfähig als schaden seien die behandlungskosten im jahr 0000, die kosten für die fehlbehandlung und neue klebespangen sowie ein schmerzensgeld von mindestens 1.000 €. 10die klägerin beantragt, 111. die beklagte zu verurteilen an die klägerin ein angemessenes schmerzensgeld dessen höhe in das ermessen des gerichts gestellt wird, mindestens jedoch 1.000 €, nebst zinsen i. h. v. 5 prozentpunkten über dem basiszinssatz seit rechtshängigkeit zu zahlen. 122. die beklagte zu verurteilen, an die klägerin 776,50 € nebst zinsen i. h. v. 5 prozentpunkten über dem basiszinssatz seit rechtshängigkeit zu zahlen. 13die beklagte beantragt, 14die klage abzuweisen. 15die beklagte behauptet, dass die zehennägel nicht zu tief eingeschnitten und hygienevorschriften eingehalten worden seien. die beklagte habe bei der behandlung auch handschuhe getragen. die klägerin als auch die mutter hätten die spangen ohne desinfizieren /händewaschen angefasst, obwohl die mutter als ausgebildete arzthelferin hätte wissen müssen, dass die spangen nicht abgenommen oder versetzt werden dürfen, insbesondere nicht ohne beachtung der erforderlichen hygiene. die klägerin habe an den nagelhautecken gerissen und an der spange „geknibbelt“. die mutter habe die spangen permanent auf festigkeit überprüft. am 00.00.00, am 00.00.00, am 00.00.00 wären entzündungen vorhanden gewesen. beim lösen der spange wäre eine abnahme nicht erforderlich, sondern es wäre ausreichend dies durch klarlack zu befestigen. ein vortrag der klägerseite zum neuaufsetzen der spange sei widersprüchlich, da die rechnung vom 00.00.0000 ausweise, dass die spangen angebracht worden seien. sie bestreitet den klägervortrag zur weiterbehandlung bei frau l mit nichtwissen. 16die klage ist der beklagten am 00.00.0000 zugestellt worden. 17das gericht hat beweis erhoben durch einholung eines schriftlichen gutachtens des sachverständigen dr. b. für das ergebnis des gutachtens vom 00.00.0000 sowie die erläuterung in der mündlichen verhandlung vom 00.00.0000 wird auf bl. 69 ff, 151 ff. d. a. bezug genommen. 18für den weiteren sach- und streitstand wird auf die schriftsätze der parteien nebst anlagen bezug genommen. 19
20die klage ist zulässig und teilweise begründet. 211. 22die klägerin hat gegen die beklagte einen anspruch auf materiellen schadensersatz i. h. v. 172,50 € sowie schmerzensgeld i. h. v. 750 € gemäß §§ 280 abs. 1, 630a abs. 2, 611, 249, 253 abs. 2 bgb. einen weitergehenden anspruch hat die klägerin nicht. 23a. 24zwischen der klägerin und der beklagten ist ein behandlungsvertrag i. s. d. § 630a ff. bgb geschlossen worden, in dem die klägerin durch ihre gesetzlichen vertreter – den eltern - nach §§ 106, 107, 161, 1626, 1629 bgb vertreten wurde. bei einem podologischen behandlungsvertrag handelt es sich um einen dienstvertrag, da kein erfolg sondern nur die medizinische behandlung geschuldet war (vgl. § 630a abs. 1 bgb). nach § 630a abs. 2 bgb ist die behandlung nach den zum zeitpunkt der behandlung bestehenden, allgemein anerkannten fachlichen standards geschuldet, soweit nicht etwas anderes vereinbart ist. 25b. 26es liegt ein grober behandlungsfehler der beklagten durch unterlassen der anfertigung eines abdrucks vor mit der folge dass sie beweisen müsste, dass die die anpassung der spange ohne vorherigen abdruck noch regelgerecht gewesen wäre. hierzu bleibt die beklagte beweisfällig. 27nach dem ergebnis der beweisaufnahme steht für das gericht zum einen fest, dass die beklagte den zustand der zehen der klägerin vor durchführung der behandlung fehlerhaft in keiner weise dokumentiert hat. dies folgt bereits aus dem gutachten des sachverständigen dr. b, dem sich das gericht in eigener überzeugungsbildung anschließt. insofern ergibt sich aus dem schriftlichen gutachten zunächst dass der sachverständige nicht von einer fehlerhaften behandlung ausging. jedoch führte er in seiner weiteren mündlichen erläuterung im termin am 00.00.0000 aus, dass eine dokumentation unzureichend sei und bei ordnungsgemäßer dokumentation hätte beurteilt werden können, ob es sich um einen standardfall handele oder nicht – bei dem ein abdruck vorher hätte angefertigt werden müssen oder nicht. es sei zwar gängiger lehrmeinung, dass bei dieser art der spange ein abdruck gefertigt werden müsse, jedoch halte er abweichungen bei erfahrenen podologen für zulässig, da solche spangen alltägliche tätigkeit sind. die anpassung ohne abdruck sei auch bei einer minderjährigen patientin möglich, wenn es sich um einen standardfall handele. ob ein standardfall vorlag, könne er mangels dokumentation nicht beurteilen. außerdem hat der sachverständige angegeben, dass es bei einer nicht ordnungsgemäß angepassten spange dazu kommen könnte, dass der nagel nicht richtig aufgerichtet wird und dass sich die häkchen der spange in die haut einarbeiten. die angaben des sachverständigen zum dokumentationszustand sind plausibel, nachvollziehbar und entsprechen auch dem zustand der behandlungsunterlagen, die der akte als beweismittel in der separaten beweismittelakte beigefügt sind. als oberarzt der klinik für dermatologie und venerologie, sektionsleiter operative dermatologie, nagelchirurgie und spezielle nagelchirurgie am universitätsklinikum c ist er für die vorliegende begutachtung besonders qualifiziert. dem gutachten wurden alle vorhandenen unterlagen zugrunde gelegt. aus den damit vollständig ermittelten befund- und anknüpfungstatsachen hat der sachverständige unter vollständiger würdigung der medizinischen vorgaben in jeder hinsicht nachvollziehbar und widerspruchsfreie schlussfolgerungen gezogen. 28ein anfangszustand sowie eine abdruck ist nicht dokumentiert, obwohl nach § 630 f abs. 2 bgb dem behandelnden entsprechende dokumentationspflichten aufgelegt werden. dies führt vorliegend zu einer beweislastumkehr, d.h. die beklagte muss beweisen, dass ein standardfall vorliegt, bei dem die anpassung der spange ohne vorherigen abdruck noch regelgerecht gewesen wäre (vgl. zur möglichen beweislastumkehr bei dokumentationsmängeln olg frankfurt, urt. v. 14.03.1991, az. 1 u 218/89, juris, m.w.n; ebenso olg köln, urt. v. 07.05.1984, az. 7 u 306/83, juris). ist ein behandlungsfehler generell geeignet, einen eingetretenen schaden herbeizuführen, so erstreckt sich die umkehr der beweislast auch hierauf (vgl. bgh, urt. v. 19.06.2012, az. vi zr 77/11, juris, rdnr. 6). 29zum anderen steht für das gericht nicht mit der erforderlichen gewissheit fest, dass die anpassung der spange ohne vorherigen abdruck noch regelgerecht gewesen wäre. da der sachverständige dr. b keine angaben ohne vorhandenen anfangsdokumentation hierzu machen kann und weitere beweismittel nicht vorhanden sind, bleibt die beklagte für die beweisfrage, ob eine anpassung der spange ohne vorherigen abdruck noch regelgerecht gewesen wäre, beweisfällig. 30c. 31als kausaler schaden sind die kosten der weiterbehandlung, als auch das schmerzensgeld erstattungsfähig. nicht erstattungsfähig als schaden ist die vergütung der beklagten für das jahr 0000. 32zu ersetzen ist der durch die pflichtverletzung entstandene schaden. dieser beurteilt sich grundsätzlich nach einem rechnerischen vergleich der durch das schädigende ereignis bewirkten vermögenslage mit derjenigen, die ohne die pflichtverletzung bestünde (vgl. bgh njw-rr 1990, 1241 [1244]; njw 2001, 673 [674]; db 2011, 1633 rn. 16). das erfordert einen gesamtvermögensvergleich, der alle von dem haftungsbegründenden ereignis betroffenen finanziellen positionen umfasst (vgl. bgh wm 1998, 142, 1244; 2005, 999 [1000]; 2006, 927 [928]; 2008, 946 rn. 24; db 2011, 1633 rn. 16; wm 2015, 790 rn. 7). hierbei ist grundsätzlich die gesamte schadensentwicklung bis zur letzten mündlichen verhandlung in den tatsacheninstanzen in die schadensberechnung einzubeziehen (vgl. bghz 133, 246 [252 f.] = wm 1996, 1504; bgh wm 2008, 946 rn. 24; 2015, 1622 rn. 32). es geht bei dem gesamtvermögensvergleich nicht um einzelpositionen, sondern um eine gegenüberstellung der hypothetischen und der tatsächlichen vermögenslage (vgl. bgh wm 2006, 927 [928]; 2008, 946 rn. 24; db 2011, 1633 rn. 16). im einzelnen ist die vermögenslage mit pflichtverletzung (ist-zustand) mit der vermögenslage zu vergleichen, die bestanden hätte, wenn sich die beklagte pflichtgemäß verhalten hätte (hypothetischer soll-zustand). 33die aufgetretene komplikationen und dadurch verursachte behandlungsverzögerungen beruhen auf einem behandlungsfehler der beklagten. ohne den behandlungsfehler wären die komplikationen nicht aufgetreten. 34im einzelnen: 35aa. 36die kosten der weiteren behandlung in form der behandlung zur entzündungslinderung und der provisorischen spange sind in höhe der von der klägerin geltend gemachten 172,50 € ersatzfähig. diese sind zusatzkosten, die bei ordnungsgemäßer durchführung der behandlung durch die beklagte nicht angefallen wären (vgl. auch mükobgb/wagner, 8. aufl. 2020, bgb § 630a rn. 100). 37soweit die beklagte mit nichtwissen eine weitere behandlung durch frau l bestreitet, ist dies nicht genügend. die klägerin hat durch die vorlage der rechnungen vom 00.00.0000, 00.00.0000 und 00.00.0000 substantiiert vorgetragen und nachgewiesen, dass sie in weiterer behandlung bei frau l gewesen ist und diese insgesamt kosten vom 172,50 € abrechnete (rechnung vom 00.00.0000 über 119 €, vom 00.00.0000 über 37 € und 00.00.0000 über 16,50 €). bei ordnungsgemäßer behandlung durch die beklagte wären diese kosten einer folgebehandlung vermieden worden. 38bb. 39die behandlungskosten der beklagten für das jahr 0000 sind nicht als schaden ersatzfähig. 40der auftraggeber eines dienstleisters kann den vertraglichen vergütungsanspruch nicht kraft gesetzes wegen mangelhafter dienstleistung kürzen, denn das dienstvertragsrecht kennt keine gewährleistung i. f. v. minderung (vgl. bgh njw 2004, 2817 zur anwaltsvergütung). das gilt auch dann wenn die pflichtverletzung schuldhaft war (vgl. bgh a. a. o., olg düsseldorf mdr 2011, 1327, olg koblenz njw-rr 2003, 274 jeweils zum anwaltsvertrag). der patient ist daran gehindert, das honorar einfach deshalb zu kürzen, weil der erhoffte behandlungserfolg nicht eingetreten ist oder die von dem behandelnden tatsächlich erbrachte leistung weniger wert ist als die unter beachtung der vertraglichen vereinbarung und des § 630a abs. 2 geschuldete leistung. es ist aber streitig, ob der vergütungsanspruch dann entfällt, wenn die pflichtverletzung als besonders schwerwiegend anzusehen ist bzw. sich die ärztliche leistung für den patienten als völlig unbrauchbar darstellt (bejahend lg regensburg, urteil vom 27.05.2014 - 4 o 910/11 = beckrs 2014, 19594 m. w. n.; verneinend mükobgb/wagner, 8. aufl. 2020, bgb § 630a rn. 94). 41das gericht schließt sich zwar der entscheidung des lg regensburg an, dass eine vergütungspflicht bei besonders schwerwiegenden pflichtverletzungen grundsätzlich entfällt. denn auch außerhalb des medizinischen behandlungsvertrags wird für andere arten von dienstverträgen ein ausschluss der gebührenforderung in ausnahmefällen anerkannt (vgl. bgh njw 2004, 2817 m. w. n.; bgh, njw 1981, 1212 jeweils zum anwaltsvertrag). so nimmt beim anwaltsvertrag die ständige rechtsprechung einen ausschluss im hinblick auf den grundgedanken des § 654 bgb an, wenn der anwalt über einen grob fahrlässigen pflichtenverstoß hinaus einen nach § 356 stgb strafbaren parteiverrat begangen hat (vgl. bgh njw 2004, 2817 m. w. n.; bgh, njw 1981, 1212). die für den anwaltsvertrag entwickelten grundsätze sind vom gedanken her auch auf den medizinischen behandlungsvertrag anwendbar- jedoch ist auf die besonderheiten des § 630a ff. bgb entsprechende rücksicht zu nehmen, da diese einen eigenständigen typus des dienstvertrags darstellt. für ein entfallen der vergütungspflicht spricht auch die systematik zu § 628 abs. 1 s. 2 bgb. so führt eine völlige unbrauchbarkeit der leistung in ansehung des § 628 abs. 1 s. 2 bgb dazu, das die vergütungspflicht ganz oder teilweise bei veranlasster kündigung durch den anderen teil entfällt. 42selbst wenn man wie das gericht dazu kommen sollte, dass eine vergütungspflicht bei besonders schwerer pflichtverletzung oder völliger unbrauchbarkeit entfallen kann, sind aber die voraussetzungen hier nicht gegeben. die behandlung der beklagten war nicht vollständig unbrauchbar. so hatte auch der sachverständige dr. b angegeben, dass die lange behandlungsdauer nicht ungewöhnliches sei und spangen zur korrektur generell verwendet würden. das fertigen von abdrücken sei zwar gängige lehrmeinung, aber bei erfahrenen podologen nicht stets erforderlich. die anpassung ohne abdruck sei auch bei einer minderjährigen patientin möglich, wenn es sich um einen standardfall handele. eine fehlerhaft angepasste spange könne dazu führen, dass die haut verletzt („eingearbeitet“) werde. bei entzündung des nagelbetts wäre es eine grauzone, wann ein arzt hinzuziehen wäre – insofern dann wenn bereits eine beginnende wundrose vorliegen würde, wäre es zwingend. ansonsten würde die nichthinzuziehung eines arztes lediglich einen einfachen behandlungsfehler darstellen. unter berücksichtigung dieser umstände, denen sich das gericht in eigener überzeugungsbildung anschließt, liegt zwar ein grober behandlungsfehler durch die unterlassung der erforderlichen dokumentation vor, aber die behandlung war nicht vollständig unbrauchbar. so wäre bei einem standardfall keine anfertigung eines abdrucks erforderlich – wozu der sachverständige aber mangels dokumentation keine angaben machen kann. aber auch bei berücksichtigung der komplikationen stellt sich die behandlung nicht als völlig unbrauchbar dar. so hat die klägerin selbst ausgeführt, dass sport „nur eingeschränkt“ betrieben werden konnte. eine überschreitung der grenze zur unbrauchbarkeit stellt sich vor dem hintergrund nicht dar, da dies impliziert das bewegung teilweise – wenn auch eingeschränkt – im behandlungszeitraum noch möglich und nicht gänzlich aufgehoben war. 43cc. 44die höhe des schmerzensgeldes schätzt das gericht nach § 287 abs. 1 zpo auf 750 €. der anspruch auf schmerzensgeld soll dem verletzten einen angemessenen ausgleich für erlittene immaterielle beeinträchtigungen und genugtuung für das bieten, was ihm der schädiger zugefügt hat. das schmerzensgeld muss dabei der höhe nach unter umfassender berücksichtigung aller maßgeblichen umstände festgesetzt werden und in einem angemessenen verhältnis zur art und dauer der verletzung stehen (bgh njw 1995, 781). dabei war sowohl das alter der klägerin als auch der umfang der erlittenen einschränkungen zu berücksichtigen. 45insofern sind hier folgende aspekte zu berücksichtigen, die von der klägerin mit schriftsatz vom 00.00.0000 substantiiert vorgetragen und durch die beklagte nicht mehr bestritten wurden (vgl. § 138 abs. 3 zpo). während der behandlungszeit konnte die klägerin nicht ins schwimmbad und sport nur eingeschränkt betreiben. ein judotraining wie auch ausflüge waren ihr nicht mehr möglich; beim schulsport musste sie häufiger aufhören. die klägerin litt weiter unter angstzuständen vor den terminen. geschlossene schuhe konnte sie nicht tragen und wurde von der mutter zu behandlung hin- und wieder zurückgebracht. die unstreitigen einschränkungen der persönlichen lebenssphäre der klägerin sprechen dafür, dass die komplikationen schon ein erhebliches maß erreichten. eine verbesserung der lage konnte durch die behandlung bei frau l aber dann relativ schnell erreicht werden. auch die dauer der behandlungszeit und der umstand, dass ein grober behandlungsfehler vorliegt führen dazu, dass das gericht ein schmerzensgeld von 750 € für angemessen aber auch ausreichend erachtet. so ist nicht ersichtlich, dass dauerschäden bei der noch jungen klägerin verbleiben, da die behandlung durch frau l zufriedenstellend abgeschlossen werden konnte. 46d. 47ein mitverschulden i.s.d. § 254 abs. 1 bgb muss sich die klägerin, insbesondere der mutter, nicht anrechnen lassen. so ist schon nicht ausreichend substantiiert dargelegt, dass ein verhalten der kläger zum schadensentstehung beigetragen hat. die von der beklagten pauschal vorgetragenen einwände im schriftsatz vom 00.00.0000 zum „knibbeln“ bzw. anfassen/prüfung der spange (vgl. bl. 42 d. a.) sind schon nicht substantiiert. insofern hätte sie darlegen müssen, welche stellung die spangen vor und nach jeder behandlung hatten, um hieraus den rückschluss zu ziehen, dass diese von der klägerin oder der mutter verrückt wurden. 48auch der sachverständige dr. b konnte anhand der ihm vorliegenden unterlagen nicht angeben, ob manipulationen stattgefunden haben oder nicht. 492. 50der anspruch der kläger auf die zinsen folgt aus §§ 288, 291 zpo seit dem tag nach rechtshängigkeit – mithin hier dem 00.00.0000. 513. 52die prozessualen nebenentscheidungen folgen aus §§ 92 abs. 1, 708 nr. 1, 711 zpo. 53streitwert: 1776,50 € 54rechtsbehelfsbelehrung: 55gegen dieses urteil ist das rechtsmittel der berufung für jeden zulässig, der durch dieses urteil in seinen rechten benachteiligt ist, 561. wenn der wert des beschwerdegegenstandes 600,00 eur übersteigt oder 572. wenn die berufung in dem urteil durch das amtsgericht zugelassen worden ist. 58die berufung muss innerhalb einer notfrist von einem monat nach zustellung dieses urteils schriftlich bei dem landgericht g, bweg xx, xxxxx g, eingegangen sein. die berufungsschrift muss die bezeichnung des urteils, gegen das die berufung gerichtet wird, sowie die erklärung, dass gegen dieses urteil berufung eingelegt werde, enthalten. 59die berufung ist, sofern nicht bereits in der berufungsschrift erfolgt, binnen zwei monaten nach zustellung dieses urteils schriftlich gegenüber dem landgericht aachen zu begründen. 60die parteien müssen sich vor dem landgericht g durch einen rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die berufungs- und die berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein. 61mit der berufungsschrift soll eine ausfertigung oder beglaubigte abschrift des angefochtenen urteils vorgelegt werden. 62hinweis zum elektronischen rechtsverkehr: 63die einlegung ist auch durch übertragung eines elektronischen dokuments an die elektronische poststelle des gerichts möglich. das elektronische dokument muss für die bearbeitung durch das gericht geeignet und mit einer qualifizierten elektronischen signatur der verantwortenden person versehen sein oder von der verantwortenden person signiert und auf einem sicheren übermittlungsweg gemäß § 130a zpo nach näherer maßgabe der verordnung über die technischen rahmenbedingungen des elektronischen rechtsverkehrs und über das besondere elektronische behördenpostfach (bgbl. 2017 i, s. 3803) eingereicht werden. weitere informationen erhalten sie auf der internetseite www.justiz.de.
Klaeger*in
1
341,751
29 K 8461/18
2021-11-17T00:00:00
Urteil
Tenor Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet. Die Berufung wird zugelassen. 1Tatbestand: 2Die Beteiligten streiten über die Pflicht des Klägers, sich als Prostituierter anzumelden und eine Gesundheitsberatung wahrzunehmen. Der im Jahr 0000 geborene Kläger betreibt eine Massagepraxis, der Beklagte unterhält eine Prostituiertenberatungsstelle. 3In einem mit „Zertifikat Tantramassage-Profi-Ausbildung“ überschriebenen Dokument vom 0. E. 2011 wird dem Kläger bescheinigt, dass er die „B. ® Tantramassage-Profi-Ausbildung“ besucht und erfolgreich abgeschlossen habe. Dieser Abschluss berechtige ihn zur Führung der Bezeichnung „Trantramasseur Level 1“. 4Nach einem mit „Teilnahme-Zertifikat“ überschriebenen Dokument nahm der Kläger zwischen dem 00. B. 2013 und dem 00. N. 2015 an einer Fortbildung „in Beziehungsdynamischer Sexualtherapie“ teil. 5Ein weiteres mit „Zertifikat“ überschriebenes Dokument der „C. der E. H. für B1. Medizin“ bestätigt dem Kläger, „die Ausbildung als Gesundheitspraktiker BfG für Sexualkultur erfolgreich abgeschlossen“ zu haben. 6Unter dem 0. T. 2014 meldete der Kläger bei der Stadt W. ein Gewerbe für folgende Tätigkeiten an: 7„B1. Wellnessmassagen unter anderem nach vorheriger Terminabsprache vom Kunden beim Kunden, beratende Tätigkeiten im Wellnessbereich sowie dazugehörigen der Seminare, Sexualberatung.“ 8In seiner Massagepraxis, die unter dem Namen „G. “ firmiert, bietet der Kläger unter anderem Seminare, Sexualberatung und Tantramassagen an, wobei seine Klienten zu 95 % aus Frauen bestehen. 9Unter dem 0. Juni 2018 forderte der Beklagte den Kläger auf, eine Erlaubnis gemäß § 12 Abs. 1 des Gesetzes zum Schutz von in der Prostitution tätigen Personen (Prostituiertenschutzgesetz – ProstSchG) zu beantragen, weil er ein erlaubnispflichtiges Prostitutionsgewerbe betreibe. Darüber hinaus wies der Beklagte den Kläger darauf hin, dass Personen, die sexuelle Dienstleistungen anböten, einer Anmeldepflicht unterlägen. 10Mit anwaltlichem Schreiben vom 23. Juli 2018 ließ der Kläger mitteilen, dass er als Einzelmasseur in eigener Praxis tätig sei, sodass er die Voraussetzungen für ein Prostitutionsgewerbe nicht erfülle. Ihn betreffe auch die Anmeldepflicht des § 3 Abs. 1 ProstSchG nicht, da die von ihm angebotenen Massagen keine sexuellen Dienstleistungen darstellten. Vielmehr unterbreite er mit den von ihm angebotenen Massagen ein sexualtherapeutisches, alternativmedizinisches Angebot. Er biete als „Tantramasseur TMV®“ ausschließlich „Tantramassagen TMV®“ an. Dies dürften nur Personen, die – wie er – eine anerkannte, zertifizierte Ausbildung nach den strengen Richtlinien des U. W1. e. V. (U1. ) erfolgreich durchlaufen hätten. Als Mitglied dieses W1. treffe ihn die Verpflichtung, sich mindestens zwanzig Unterrichtsstunden im Jahr fortzubilden. Die „U. U1. ®“ sei eine ganzheitliche, sexualtherapeutische Massage. Vor und nach der Massage stehe ein ausführliches Gespräch, teilweise auch mehrmalig. Bei der Massage werde der gesamte Körper des Klienten berührt, unter anderem auch der Intimbereich. Hier stehe nicht die sexuelle Stimulation im Vordergrund, sondern die ganzheitliche Berührung des Körpers zur Überwindung von Blockaden und traumatischen Erlebnissen. Zu den Symptombildern der ihn aufsuchenden Klienten gehörten mitunter: 1112„Sexuelle Störungsbilder wie Scheidenkrämpfe (Vaginismus), Schmerzen im Intimbereich oder beim Geschlechtsverkehr (Dyspareunie), Missbrauchsthemen und sexuelle Traumata, veränderte Lust bei älteren Frauen, Schmerzen und Fremdkörpergefühl nach Krebsoperationen (z. B. nach einer Brustamputation), nach allgemeinen Operationen zur Narbenendstörung (z. B. Dammschnitte), ein sich nicht Wohlfühlen im eigenen Körper, Orgasmusschwierigkeiten und Lustlosigkeit, Frauen, denen etwas fehlt in der männlich geprägten Sexualität, Menschen, die spüren, dass Sexualität ein Zugang zur Spiritualität sein kann, Frauen, die die verletzte oder veränderte Region nach einer Unterleibsoperation vorsichtig wieder neu entdecken möchten, Menschen, die eine neue Körpererfahrung machen möchten, Frauen, Männer oder Paare, die in einem Berührungscoaching erlernen möchten, wie man sich achtsam, aber auch intensiver berühren kann, Klienten mit Burn-out und/oder Depressionen“. 13Da der Kläger freiberuflich und selbstbestimmt in eigener Praxis arbeite, bestehe auch kein Bedürfnis, ihn durch das Prostituiertenschutzgesetz zu schützen. 14Mit Schreiben vom 7. August 2018 ließ der Beklagte den Kläger wissen, dass er an der „Aufforderung zur Antragstellung gemäß § 12 ProstSchG“ festhalte. Massagestudios, die Tantramassagen anböten, seien als erotische Massagestudios den bordellartigen Betrieben zuzurechnen. Ob im Zusammenhang mit der Massage die Ausübung von Geschlechtsverkehr gegen Entgelt angeboten werde, sei hier nicht relevant. Entscheidend sei vielmehr, dass es sich um eine Dienstleistung handele, die ihrer Art nach erkennbar auf die sexuelle Stimulation des Kunden ausgerichtet sei. Bei der Ausübung seiner Dienstleistungen beziehe der Kläger den Intimbereich ein, denn er biete auf seiner Homepage unter anderem ein Seminar an, in dem eine Anal- sowie Prostatamassage erlernt werden könne. 15Nach einer persönlichen Vorsprache des Klägers bei dem Beklagten am 14. August 2018 hielt ein Sachbearbeiter des Beklagten in einem Vermerk fest: 16„Herr E1. konnte jedoch widerlegen, dass er nicht der Erlaubnispflicht nach § 12 ProstSchG unterliegt. Er zieht seinen Angaben nach keinen wirtschaftlichen Nutzen aus der Prostitution anderer, da er für Seminare oder Vier-Hand-Massagen lediglich seine Räume zur Verfügung stellt. Ob dies jedoch kostenfrei geschieht oder gegen Entgelt, konnte nicht genau geklärt werden. 17Hier bleibt fraglich, ob Herr E1. andere Tantramasseure bei sich arbeiten lässt und ob hier eine Entschädigung für die Nutzung der Räumlichkeiten oder eine Aufteilung des Entgelts für Vier-Hand-Massagen erfolgt.“ 18In einem am 28. August 2018 unter der Überschrift „Anhörung gemäß § 28 des Verwaltungsverfahrensgesetzes“ verfassten Dokument forderte der Beklagte den Kläger zur Anmeldung gemäß § 3 Abs. 1 ProstSchG auf. Unter sexuellen Dienstleistungen im Sinne des Prostituiertenschutzgesetzes seien alle üblicherweise der Prostitution zugerechneten Formen sexueller Handlungen gegen Entgelt zu verstehen, einschließlich sexualbezogener sadistischer oder masochistischer Handlungen, unabhängig davon, ob es dabei zu körperlichen Berührungen oder zur Ausübung des Geschlechtsverkehrs zwischen den beteiligten Personen komme. Hiervon umfasst seien insbesondere Tantramassagen, welche oftmals eine sexuelle Stimulierung des Kunden mit der Hand oder dem eigenen Körper beinhalteten. 19Mit anwaltlichem Schreiben vom 5. Oktober 2018 ließ der Kläger gegenüber dem Beklagten mitteilen, dass er keine sexuellen Dienstleistungen anbiete, sondern ein sexualtherapeutisches Angebot unterhalte. 20In einem mit „Ordnungsverfügung“ überschriebenen Dokument vom 9. Oktober 2018 forderte der Beklagte den Kläger auf, seine Tätigkeit als Prostituierter anzumelden und eine gesundheitliche Beratung wahrzunehmen. Für den Fall, dass Anmeldung und gesundheitliche Beratung nicht bis zum 24. Oktober 2018 vorgenommen würden, drohte der Beklagte dem Kläger ein Zwangsgeld in Höhe von 2.500,00 EUR an. Die sofortige Vollziehung der Verfügung wurde angeordnet. Nach Würdigung der Einlassung des Klägers habe man davon Abstand genommen, sein Gewerbe als erlaubnispflichtiges Prostitutionsgewerbe einzustufen. Er sei jedoch verpflichtet, seine Tätigkeit als Prostituierter anzumelden. Insbesondere biete er sexuelle Dienstleistungen an. Laut Internetseite des U. W1. e. V. werde bei einer „U. U1. ®“ kein Körperteil ausgelassen. Weiterhin werde jede Folge davon, seien es Atem, Stimme, Bewegung, Ejakulation, aufsteigende Erschütterung, Tränen bis hin zur lustvoll-mystischen Erfahrung oder einfach nur ein schlichter Orgasmus als willkommen angesehen. Dieses Schreiben erhielt der Rechtsanwalt des Klägers am 10. Oktober 2018. 21Mit Schriftsatz vom 17. Oktober 2018, bei Gericht eingegangen am 19. Oktober 2018, hat der Kläger Klage erhoben, mit der er zunächst die Aufhebung des Bescheids vom 9. Oktober 2018 begehrt hat. Den parallel zur Klageerhebung gestellten Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung hat das Gericht mit Beschluss vom 28. August 2019, Aktenzeichen: 29 L 3067/18, abgelehnt. Die hiergegen gerichtete Beschwerde hat das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW) mit Beschluss vom 17. Januar 2020, Aktenzeichen: 13 B 1282/19, zurückgewiesen. Daraufhin hat sich der Kläger am 23. Oktober 2020 als Prostituierter angemeldet und an einem gesundheitlichen Beratungsgespräch teilgenommen. 22Mit seiner Klage begehrt er nunmehr die Feststellung, dass die Verpflichtung, sich als Prostituierter anzumelden und an einem gesundheitlichen Beratungsgespräch teilzunehmen, rechtswidrig war. Er habe ein Rehabilitierungsinteresse, da er durch die Einordnung als Prostituierter diskriminiert und nach außen hin diskreditiert werde. Da die Anmeldebescheinigung nur zwei Jahre gültig sei, bestehe außerdem eine Wiederholungsgefahr. 23Er erbringe keine sexuelle Dienstleistung im Sinne von § 2 Abs. 1 ProstSchG, weil seine Hauptleistung als „Tantramasseur U1. ®“ in der Behandlung von Körper und Geist bestehe. Er biete eine ganzheitliche Massage des Körpers an, Berührungen der Geschlechtsteile sowohl männlicher als auch weiblicher Kunden seien darin integriert. Dieses erhebe aber die Behandlung nicht zu einer sexuellen Dienstleistung. Dass mit einer Massage eine sexuelle Erregung einhergehe, reiche nicht aus. Die angewandten Methoden während der U. dienten nicht der Befriedigung sexueller Lust, sondern der Herstellung einer körperlichen und seelischen Balance, die im Einzelfall gestört sein könne. Solche Störungen bezeichne man auch als sexuelle Dysfunktionen wie z. B. Dyspareunie, Vaginismus und Vulvodynie. Derartige Schmerzerkrankungen ließen sich durch fachmedizinische Behandlungen nicht in den Griff kriegen, weshalb auf andere Behandlungsmethoden, darunter auch die „U. U1. ®“, zurückgegriffen werde. Diese Tantramassagen würden im Rahmen von Sexualtherapien ausdrücklich empfohlen. Die durchgeführten Berührungen und angewandten Massagetechniken würden bewirken, dass negative Erfahrungen, schamhafte Körpergefühle oder traumatische Erlebnisse überwunden und verarbeitet würden. In einigen Fällen komme es überhaupt nicht zu Massagen und Berührungen des Genitalbereichs (z. B. bei Vulvodynie und Erektionsstörungen). 24Letztlich komme es nicht darauf an, ob eine „U. U1. ®“ eine sexuelle Dienstleistung sei, weil diese Massage den Schutzzweck des Gesetzes von vornherein nicht berühre. Die in der Gesetzesbegründung erwähnten Prostituierten hätten mit den Personen, die nach einer Ausbildung als zertifizierte „Tantramasseure U1. ®“ tätig seien, nichts gemeinsam. Dies beruhe auf der hinter der Tätigkeit stehenden Ausbildung, aber auch auf der Tatsache, dass „Tantramassagen U1. ®“ auf der Kundenseite von Männern und Frauen gleichermaßen in Anspruch genommen und auch von männlichen und weiblichen „Tantramasseuren U1. ®“ angeboten würden. Darüber hinaus liege der Idee des Gesetzgebers ein Bild von Prostituierten zugrunde, die kaum oder überhaupt keinen Zugang zu Informationen hätten, diese aber dringend bräuchten. Zertifizierte „Tantramasseure U1. ®“ könnten hiermit nicht gemeint sein. Der Kläger sei darüber hinaus sogar noch zertifizierter Sexualtherapeut und Gesundheitspraktiker. Der Gesetzgeber habe den Bereich der U. nicht gesehen. Die Gerichte seien daher dazu berufen, eine Einschränkung des Anwendungsbereichs des Prostituiertenschutzgesetzes vorzunehmen. 25Auch nach der Begründung zu diesem Gesetz sei die Massage eines zertifizierten „Tantramasseurs U1. ®“ nicht als sexuelle Dienstleistung einzuordnen, weil hierunter nur „alle üblicherweise der Prostitution zugerechneten Formen sexueller Handlungen gegen Entgelt“ fielen. Bei einer „U. U1. ®“ handele es sich demgegenüber nicht um Formen sexueller Handlungen, die „üblicherweise“ der Prostitution zugerechnet würden. 26Der Kläger beantragt, 27festzustellen, dass der Bescheid des Beklagten vom 9. Oktober 2018 rechtswidrig war. 28Der Beklagte beantragt, 29die Klage abzuweisen. 30Zur Begründung wiederholt er im Wesentlichen seine Ausführungen aus dem Verwaltungsverfahren. Ergänzend trägt er vor, dass eine vom Kläger subjektiv empfundene fehlende Schutzbedürftigkeit für die Frage der Einordnung seiner Tätigkeit als sexuelle Dienstleistung nicht entscheidend sei. 31Am 18. Oktober 2021 hat ein Erörterungstermin stattgefunden, im Rahmen dessen der Kläger zum Sachverhalt befragt worden ist. Wegen der weiteren Einzelheiten des Vortrags der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, den beigezogenen Verwaltungsvorgang und auf das Sitzungsprotokoll zum Erörterungstermin vom 18. Oktober 2021 verwiesen. 32Entscheidungsgründe: 33Der Einzelrichter ist für die Entscheidung zuständig, nachdem die Kammer ihm den Rechtsstreit mit Beschluss vom 22. September 2021 zur Entscheidung übertragen hat, vgl. § 6 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Aufgrund des im Erörterungstermin am 18. Oktober 2021 erklärten Einverständnisses der Beteiligten entscheidet das Gericht gemäß § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung. 34Die Klage ist zulässig (I.), aber unbegründet (II.). 35I. Sie ist als Fortsetzungsfeststellungsklage gemäß § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO statthaft, da sich die angefochtene Ordnungsverfügung vom 9. Oktober 2018, bei der es sich um einen Verwaltungsakt gemäß § 35 Satz 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (VwVfG NRW) handelt, nach Klageerhebung erledigt hat, indem sich der Kläger am 23. Oktober 2020 als Prostituierter angemeldet und an einem gesundheitlichen Beratungsgespräch teilgenommen hat. Die Umstellung der Klage von einer ursprünglichen Anfechtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 VwGO in eine Fortsetzungsfeststellungsklage gemäß § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO stellt nach § 173 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 264 Nr. 3 der Zivilprozessordnung (ZPO) eine zulässige Klageänderung dar. 36Der Kläger ist auch klagebefugt im Sinne von § 42 Abs. 2 VwGO, da nicht von vornherein ausgeschlossen werden kann, dass er durch die streitgegenständliche Ordnungsverfügung jedenfalls in seiner Berufsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) verletzt ist. 37Er hat zudem ein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung der Rechtswidrigkeit der Ordnungsverfügung vom 0. Oktober 2018. Ein solches Fortsetzungsfeststellungsinteresse kann rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller Natur sein. Es besteht typischerweise in den anerkannten Fallgruppen der Wiederholungsgefahr, des Rehabilitationsinteresses sowie der Absicht zum Führen eines Schadensersatzprozesses, kann sich aber auch aus anderen besonderen Umständen des Einzelfalls ergeben, sofern die gerichtliche Entscheidung geeignet ist, die klägerische Position in rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller Hinsicht zu verbessern. 38BVerwG, Beschluss vom 17. Dezember 2019 – 9 B 52/18 –, juris, Rn. 9. 39Vorliegend kann offenbleiben, ob dem Kläger ein Rehabilitierungsinteresse zur Seite steht, ob also die Pflicht zur Anmeldung als Prostituierter bei objektiver und vernünftiger Betrachtungsweise diskriminierende Wirkung entfaltet oder gar eine Stigmatisierung darstellt und, falls ja, ob diese in Ansehung von §§ 5 Abs. 6, 34 ProstSchG die erforderliche Außenwirkung entfaltet. Jedenfalls besteht nämlich die Gefahr, dass er sich in Zukunft regelmäßig gleichlautenden Ordnungsverfügungen ausgesetzt sieht. Eine solche Wiederholungsgefahr setzt die hinreichend bestimmte Gefahr voraus, dass unter im Wesentlichen unveränderten tatsächlichen und rechtlichen Umständen ein gleichartiger Verwaltungsakt ergehen bzw. eine gleichartige behördliche Entscheidung getroffen wird. 40BVerwG, Beschluss vom 17. Dezember 2019 – 9 B 52/18 –, juris, Rn. 9. 41Das erfordert zum einen die konkrete Möglichkeit, dass sich ein vergleichbarer Sachverhalt wieder ereignen, und zum anderen, dass die Behörde voraussichtlich an ihrer Rechtsauffassung festhalten wird. 42BVerfG, Beschluss vom 8. Februar 2011 – 1 BvR 1946/06 –, juris, Rn. 22. 43Davon ist vorliegend auszugehen. Gemäß § 5 Abs. 4 Satz 1 ProstSchG gilt die Anmeldebescheinigung für anmeldepflichtige Personen, die – wie der Kläger – älter sind als 21 Jahre, für zwei Jahre. Wird die Tätigkeit als Prostituierter nach Ablauf der Gültigkeitsdauer fortgesetzt, so ist gemäß § 5 Abs. 5 Satz 1 ProstSchG die Anmeldebescheinigung zu verlängern, wozu ein Nachweis über die mindestens einmal jährlich erfolgte gesundheitliche Beratung vorzulegen ist, vgl. §§ 4 Abs. 4 Satz 1, 5 Abs. 5 Satz 2 ProstSchG. Auch die sonstigen für eine Anmeldung erforderlichen Angaben und Nachweise gemäß § 4 ProstSchG sind gemäß § 5 Abs. 5 Satz 4 ProstSchG erneut zu erbringen. Der Kläger wird daher spätestens zwei Jahre nach seiner erstmaligen Anmeldung am 23. Oktober 2020 das Prozedere erneut durchlaufen müssen. Sofern er sich dem verweigert, ist mit hinreichender Bestimmtheit davon auszugehen, dass der Beklagte eine neuerliche Ordnungsverfügung erlassen wird. Denn dass er zukünftig von seiner bisherigen Rechtsauffassung abweichen wird, ist weder vorgetragen noch erkennbar. Eine entsprechende Erklärung haben die Vertreter des Beklagten im Erörterungstermin nicht abgegeben. 44Mit Klageerhebung am 19. Oktober 2018 gegen die Ordnungsverfügung vom 0. Oktober 2018 hat der Kläger zudem die ursprüngliche Anfechtungsklage fristgerecht innerhalb der Monatsfrist des § 74 Abs. 1 Satz 2 VwGO erhoben. 45II. Die Klage ist jedoch unbegründet. Die Ordnungsverfügung des Beklagten vom 9. Oktober 2018 war zum maßgeblichen Zeitpunkt der Erledigung des Verwaltungsakts, 46vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 25. Juli 1985 – 3 C 25/84 –, juris, Rn. 42, 47rechtmäßig und hat den Kläger nicht in seinen Rechten verletzt, § 113 Abs. 1 Satz 4 in Verbindung mit § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Dies gilt sowohl für die in Ziffer 1. der Ordnungsverfügung an den Kläger gerichtete Aufforderung, seine Tätigkeit als Prostituierter anzumelden und die gesundheitliche Beratung wahrzunehmen (1.) als auch für die in Ziffer 2. enthaltene Zwangsgeldandrohung (2.). Die vom Kläger schriftsätzlich gestellten Beweisanträge sind abzulehnen (3.). 481. Gegen die in Ziffer 1. der Ordnungsverfügung an den Kläger gerichtete Aufforderung, seine Tätigkeit als Prostituierter anzumelden und an einem gesundheitlichen Beratungsgespräch teilzunehmen, war im entscheidungserheblichen Zeitpunkt nichts zu erinnern. 49a. Sie fand ihre Rechtsgrundlage in § 11 Abs. 1 in Verbindung mit § 3 Abs. 1 ProstSchG bzw. in § 11 Abs. 2 in Verbindung mit § 10 Abs. 3 Satz 1 ProstSchG. 50§ 11 Abs. 1 ProstSchG bestimmt, dass die zuständige Behörde eine Person auffordert, ihre Tätigkeit als Prostituierte oder als Prostituierter innerhalb einer angemessenen Frist anzumelden und der zuständigen Behörde die Anmeldebescheinigung vorzulegen, wenn der Behörde tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass diese Person der Prostitution nachgeht, ohne diese Tätigkeit zuvor angemeldet zu haben. Die Anmeldepflicht für Prostituierte ergibt sich dabei aus § 3 Abs. 1 ProstSchG. Danach hat die Person, die eine Tätigkeit als Prostituierte oder als Prostituierter ausüben will, dies vor Aufnahme der Tätigkeit persönlich bei der Behörde, in deren Zuständigkeitsbereich die Tätigkeit vorwiegend ausgeübt werden soll, anzumelden. 51Nach § 11 Abs. 2 ProstSchG wiederum fordert die zuständige Behörde Personen auf, innerhalb einer angemessenen Frist die gesundheitliche Beratung wahrzunehmen und der zuständigen Behörde die Bescheinigung über die gesundheitliche Beratung vorzulegen, wenn der Behörde tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass diese Person der Prostitution nachgeht, ohne die Pflicht zur gesundheitlichen Beratung wahrgenommen zu haben. Die Pflicht zur Wahrnehmung einer gesundheitlichen Beratung ergibt sich aus § 10 Abs. 3 Satz 1 ProstSchG, dem zufolge Personen, die eine Tätigkeit als Prostituierte oder als Prostituierter ausüben wollen, vor der erstmaligen Anmeldung der Tätigkeit eine gesundheitliche Beratung wahrnehmen müssen. 52An der Verfassungs- und Europarechtskonformität dieser Rechtsgrundlagen, insbesondere der Anmeldepflicht und der Pflicht zur gesundheitlichen Beratung bestehen keine Zweifel. Insoweit wird auf den Eilbeschwerdebeschluss des OVG NRW, der im Rahmen des parallel zu diesem Klageverfahren angestrengten Eilverfahrens ergangen ist, Bezug genommen. Das Gericht macht sich die Ausführungen des OVG NRW zu eigen. 53Vgl. im Einzelnen OVG NRW, Beschluss vom 17. Januar 2020 – 13 B 1282/19 –, juris, Rn. 8 ff. 54Sämtliche vom Kläger angeführten Argumente sind in dem vorgenannten Beschluss eingehend gewürdigt worden. Nach rechtskräftigem Abschluss des Eilverfahrens hat er zudem keine weitere Begründung, die aus seiner Sicht eine andere Beurteilung rechtfertigen könnte, mehr vorgetragen und auch keine weiteren konstitutionellen Einwände mehr erhoben. 55b. Die Anordnung in Ziffer 1. des Bescheids vom 9. Oktober 2018 war formell rechtmäßig. 56Der Beklagte war gemäß §§ 3 Abs. 1, 11 Abs. 1 und 2 ProstSchG örtlich und gemäß § 11 Abs. 1 und 2 ProstSchG in Verbindung mit § 1 Abs. 1 der Verordnung zur Durchführung von Aufgaben nach dem Gesetz zum Schutz von in der Prostitution tätigen Personen (Durchführungsverordnung Prostituiertenschutzgesetz Nordrhein-Westfalen – DVO ProstSchG NRW) sachlich für den Erlass der Ordnungsverfügung zuständig. 57Verfahrens- oder Formfehler sind weder geltend gemacht noch ersichtlich. Insbesondere ist der Kläger vor Erlass der Ordnungsverfügung mit Schreiben vom 4. Juni 2018, vom 7. August 2018, vom 28. August 2018 schriftlich sowie am 14. Juni 2018 telefonisch und am 14. August 2018 persönlich gemäß § 28 Abs. 1 VwVfG NRW angehört worden. 58c. Die Anordnung in Ziffer 1. der Ordnungsverfügung war auch materiell rechtmäßig. Zum maßgeblichen Zeitpunkt der Erledigung des Verwaltungsakts lagen tatsächliche Anhaltspunkte dafür vor, dass der Kläger der Prostitution nachgeht (aa.), ohne diese Tätigkeit zuvor angemeldet zu haben bzw. ohne die Pflicht zur gesundheitlichen Beratung wahrgenommen zu haben, sodass der Beklagte berechtigt war, den Kläger zur Anmeldung seiner Tätigkeit bzw. zur Wahrnehmung einer gesundheitlichen Beratung innerhalb einer angemessenen Frist aufzufordern (bb.). 59aa. Das Gericht hat die gemäß § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO erforderliche Überzeugung gewonnen, dass der Kläger einer Tätigkeit als Prostituierter nachgeht. 60Prostituierte sind nach § 2 Abs. 2 ProstSchG „Personen, die sexuelle Dienstleistungen erbringen.“ Eine „sexuelle Dienstleistung“ ist nach der Legaldefinition in § 2 Abs. 1 Satz 1 ProstSchG „eine sexuelle Handlung mindestens einer Person an oder vor mindestens einer anderen unmittelbar anwesenden Person gegen Entgelt oder das Zulassen einer sexuellen Handlung an oder vor der eigenen Person gegen Entgelt.“ Keine sexuellen Dienstleistungen sind gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 ProstSchG „Vorführungen mit ausschließlich darstellerischem Charakter, bei denen keine weitere der anwesenden Personen sexuell aktiv einbezogen ist.“ Weitere Vorgaben macht das Gesetz nicht. 61(1.) Ob Tantramassagen unter den Begriff der „sexuellen Dienstleistung“ fallen, wird – soweit ersichtlich – in der Rechtsprechung, die überwiegend im Zusammenhang mit dem Ordnungswidrigkeitsrecht, dem Baurecht, dem Coronaschutzrecht oder dem Vergnügungssteuerrecht ergangen ist, nicht einheitlich bewertet. Im Wesentlichen haben sich vier Strömungen herausgebildet. 62(a.) Zahlreiche Entscheidungen zeichnen sich dadurch aus, dass die in § 2 Abs. 1 Satz 1 ProstSchG enthaltene Legaldefinition der „sexuellen Dienstleistung“ zitiert wird und sodann, ohne den hierin enthaltenen Begriff der „sexuellen Handlung“ näher zu konkretisieren bzw. sich abstrakt damit auseinanderzusetzen, festgestellt wird, dass die U. diese Voraussetzungen „zweifelsfrei“ erfülle. 63Zum Baurecht: VG Neustadt (Weinstraße), Beschluss vom 4. Juli 2012 – 3 L 571/12.NW –, juris, Rn. 12; VG Minden, Urteil vom 3. März 2015 – 1 K 2113/13 –, juris, Rn. 19; zum Coronaschutzrecht: VG Düsseldorf, Beschluss vom 30. Juni 2020 – 7 L 1186/20 –, juris, Rn. 40. 64Diese Vorgehensweise überzeugt schon deshalb nicht, weil die Subsumtion wegen der unterlassenen Definition des streitentscheidenden Begriffs der „sexuellen Handlung“ unvollendet bleibt. 65(b.) Andere Gerichte wiederum nehmen bei der Definition einer „sexuellen Dienstleistung“ eine Schwerpunktbetrachtung vor. Hiernach liege eine „sexuelle Dienstleistung“ vor, „wenn der Sexualbezug nach der […] konkreten Ausgestaltung [der Handlung] mit Blick auf die weiteren Umstände des Einzelfalls und das sonstige Leistungsangebot der dienstleistenden Person nach der objektiv zutage tretenden Erscheinungsform ohne weitergehende Einbindung in ein Konzept der ganzheitlichen Körperarbeit auch im Zusammenhang mit den sonstigen Begleitumständen deutlich im Vordergrund“ stehe. 66Zum Gewerberecht: VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 25. November 2020 – 18 L 967/20 –, juris, Rn. 36; zum Baurecht: VG Gelsenkirchen, Urteil vom 29. August 2019 – 5 K 4649/18 –, juris, Rn. 29; zum Ordnungswidrigkeitsrecht: AG Stuttgart, Urteil vom 3. Juli 2020 – 4 OWi 25 Js 111521/19 –, S. 6 des Urteilsumdrucks, nicht veröffentlicht; zum Coronaschutzrecht ansatzweise auch: VG Düsseldorf, Beschluss vom 30. Juni 2020 – 7 L 1186/20 –, juris, Rn. 31. 67(c.) Vereinzelt tendiert die Rechtsprechung dazu, Tantramassagen vor dem Hintergrund des Schutzzwecks des Prostituiertenschutzgesetzes nicht als „sexuelle Dienstleistungen“ anzusehen. Der Zweck des Gesetzes sei der Schutz des sexuellen Selbstbestimmungsrechts der Prostituierten, der Schutz der Gesundheit, die Gewährleistung verträglicher Arbeitsbedingungen sowie die Bekämpfung von Kriminalität. Dieser Schutzzweck sei bei der Durchführung von Tantramassagen durch einen zertifizierten „Tantramasseur U1. ®“ nicht berührt. Denn die „U. U1. ®“ unterscheide sich vom Prostitutionsgewerbe dadurch, dass Geschlechtsverkehr ausgeschlossen sei, die Kunden zur Passivität verpflichtet seien, die Identität der Kunden bekannt sei und es strenge Anforderungen an die Ausbildung der Masseure gäbe. 68Zum Ordnungswidrigkeitsrecht: AG Stuttgart, Urteil vom 3. Juli 2020 – 4 OWi 25 Js 111521/19 –, S. 6 f. des Urteilsumdrucks, nicht veröffentlicht. 69(d.) Schließlich stellen andere Gerichte zur Feststellung einer „sexuellen Dienstleistung“ darauf ab, ob die vorgenommene Handlung eine sexuelle Erregung oder Befriedigung herbeiführe. Unter einer „sexuellen Handlung“ falle „dem Wortsinn nach jedes menschliche Verhalten, das darauf gerichtet […] [sei], einen anderen sexuell zu erregen oder zu befriedigen, unabhängig davon, ob es dabei zu körperlichen Berührungen oder zur Ausübung des Geschlechtsverkehrs zwischen den beteiligten Personen komm[e].“ Für die Einordnung als „sexuelle Dienstleistung“ sei nicht entscheidend, ob die speziellen Handlungen im allgemeinen Sprachgebrauch durchgängig als Prostitution bewertet würden. Da eine U. darauf gerichtet sei, den Kunden sexuell zu erregen, erfülle sie die an eine sexuelle Handlung zu stellenden Anforderungen. 70Zum Coronaschutzrecht: OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 28. August 2020 – 6 B 10864/20 –, juris, Rn. 11 f.; VG Düsseldorf, Beschluss vom 30. Juni 2020 – 7 L 1186/20 –, juris, Rn. 40; zum Baurecht: VG Leipzig, Urteil vom 3. Mai 2017 – 4 K 399/15 –, juris, Rn. 25; ansatzweise auch: VG Gelsenkirchen, Urteil vom 29. August 2019 – 5 K 4649/18 –, juris, Rn. 29, 31, 32; zum Gewerberecht ansatzweise auch: VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 25. November 2020 – 18 L 967/20 –, juris, Rn. 20. 71(e.) Neben diesen vier in der Rechtsprechung vertretenen Ansichten ist im Vergnügungssteuerrecht anerkannt, dass es sich bei einer U. jedenfalls um ein „sexuelles Vergnügen“ handele. 72OVG NRW, Beschluss vom 6. Februar 2015 – 14 B 72/15 –, juris, Rn. 11 ff.; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 3. Juli 2014 – 2 S 3/14 –, juris, Rn. 32 ff.; VG Stuttgart, Urteil vom 6. November 2013 – 8 K 28/13 –, juris, Rn. 36. 73Diese Rechtsprechung kann für das Prostituiertenschutzgesetz jedoch nur bedingt fruchtbar gemacht werden, weil es sich bei dem „sexuellen Vergnügen“ um ein ganz anderes Tatbestandsmerkmal handelt und weil die Zielsetzung des Vergnügungssteuerrechts nicht mit derjenigen des Prostituiertenschutzgesetzes verglichen werden kann. 74(f.) Das OVG NRW hat in dem vom Kläger parallel geführten Eilverfahren ausdrücklich offengelassen, ob eine U. eine „sexuelle Dienstleistung“ darstellt und sich ausschließlich mit der Verfassungs- und Europarechtskonformität der Anmelde- und Beratungspflicht der §§ 3 Abs. 1, 10 Abs. 3 Satz 1 ProstSchG befasst. 75OVG NRW, Beschluss vom 17. Januar 2020 – 13 B 1282/19 –, juris, Rn. 106; vgl. auch ausdrücklich OVG NRW, Beschluss vom 25. Juni 2020 – 13 B 800/20.NE –, juris, Rn. 75. 76In einer weiteren Entscheidung stellt das OVG NRW fest, dass sich der Begriff der „sexuellen Dienstleistung“ in § 10 Abs. 1 Nr. 2 der Verordnung zum Schutz vor Neuinfizierungen mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 (Coronaschutzverordnung – CoronaSchV) vom 31. August 2020 an der im Prostituiertenschutzgesetz niedergelegten Begriffsbestimmung orientiere. Von der in § 2 Abs. 1 Satz 1 ProstSchG enthaltenen Legaldefinition ausgehend umfasse das Tatbestandsmerkmal ein breites Spektrum von Leistungen. Es erstrecke sich nicht nur auf den vaginalen, oralen oder analen Geschlechtsverkehr, sondern auf alle üblicherweise der Prostitution zugerechneten Formen sexueller Handlungen gegen Entgelt. Dies gelte unabhängig davon, ob es dabei zu körperlichen Berührungen oder zur Ausübung des Geschlechtsverkehrs zwischen den beteiligten Personen komme. Damit unterfielen ihm beispielsweise auch BDSM-Dienstleistungen, der sexuellen Befriedigung dienende erotische Massagen und – soweit es um die Erbringung sexueller Handlungen geht – auch Escort-Serviceleistungen oder die behindertengerechte Sexualbegleitung/-assistenz. 77OVG NRW, Beschluss vom 8. September 2020 – 13 B 902/20.NE –, juris, Rn. 22; vgl. auch VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 25. November 2020 – 18 L 967/20 –, juris, Rn. 22. 78Diese Ausführungen tragen zum Verständnis des Begriffs der „sexuellen Dienstleistung“ und insbesondere der „sexuellen Handlung“ indessen kaum etwas bei, da sie eine abstrakte Definition vermissen lassen und sich nahezu ausschließlich in der Wiedergabe der Gesetzesbegründung erschöpfen. 79Vgl. Deutscher Bundestag, Entwurf eines Gesetzes zur Regulierung des Prostitutionsgewerbes sowie zum Schutz von in der Prostitution tätigen Personen, Drucksache 18/8556 vom 25. Mai 2016, S. 33, 59. 80(2.) Eine gefestigte Rechtsprechung dazu, was unter einer „sexuellen Dienstleistung“ zu verstehen ist, existiert nach alledem – soweit ersichtlich – nicht. Ausgangspunkt für die Beantwortung dieser Frage ist die vorzitierte Legaldefinition des § 2 Abs. 1 Satz 1 ProstSchG. Diese zugrundegelegt ist das Gericht davon überzeugt, dass der Kläger im Rahmen der von ihm angebotenen „Tantramassagen U1. ®“ sexuelle Handlungen (a.) gegen Entgelt (b.) vornimmt. 81(a.) Das Tatbestandsmerkmal der „sexuellen Handlung“ ist der zentrale Begriff für die Beantwortung der Frage, ob eine „sexuelle Dienstleistung“ vorliegt. Da die vom Gesetzgeber gewählte Formulierung allgemein gehalten und nicht eindeutig abgrenzbar ist, handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff. 82Vgl. zum unbestimmten Rechtsbegriff BVerfG, Beschluss vom 8. Januar 1981 – 2 BvL 3/77 –, juris, Rn. 41 ff. 83Die Verwendung unbestimmter Rechtsbegriffe durch den Gesetzgeber ist grundsätzlich mit der Verfassung vereinbar. Es ist Aufgabe der Verwaltungsbehörden und der Rechtspraxis, solche Tatbestandsmerkmale zu konkretisieren. 84BVerfG, Beschluss vom 29. September 2020 – 1 BvR 1550/19 –, juris, Rn. 74; BVerfG, Urteil vom 17. November 1992 – 1 BvL 8/87 –, juris, Rn. 91; BVerwG, Beschluss vom 29. Juni 2021 – 4 B 7/21 –, juris, Rn. 6. 85Beruht eine angefochtene Verwaltungsentscheidung auf der Anwendung unbestimmter Rechtsbegriffe, so ist die Entscheidung der Verwaltungsbehörde in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht vollständig vom Gericht nachprüfbar, wenn es sich – wie vorliegend – um einen unbestimmten Rechtsbegriff ohne Beurteilungsspielraum handelt. 86Vgl. BVerfG, Beschluss vom 17. April 1991 – 1 BvR 419/81 –, juris, Rn. 47 f. 87Bei dieser Prüfung sind die Gerichte insbesondere nicht an hierzu erlassene norminterpretierende Verwaltungsvorschriften gebunden. Denn diese dienen lediglich der Steuerung des behördlichen Verwaltungshandelns, haben aber keine Rechtsnormqualität. 88BVerwG, Beschluss vom 20. Juni 2011 – 1 B 1/11 –, juris, Rn. 6. 89Soweit daher die Richtlinie des Ministeriums für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie des Landes Nordrhein-Westfalen zum Vollzug des Prostituiertenschutzgesetzes gegenüber dem Prostitutionsgewerbe vom 25. März 2020 (RL ProstSchG-Gewerbe) in Ziffer 2.1.3.1 festlegt, dass die unter der Bezeichnung „U. “ angebotenen Dienstleistungen als „sexuelle Dienstleistung“ im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 ProstSchG zu qualifizieren seien, entfaltet dies keine Bindungswirkung für das Gericht. 90Vielmehr haben die Gerichte bei der Nachprüfung eines von den Verwaltungsbehörden angewandten unbestimmten Rechtsbegriffs und bei dessen Konkretisierung die allgemeinen juristischen Auslegungsregeln zu beachten. 91Vgl. BVerfG, Beschluss vom 9. November 1988 – 1 BvR 243/86 –, juris, Orientierungssatz 4.; BVerfG, Urteil vom 6. Juli 1999 – 2 BvF 3 /90 –, juris, Rn. 121; Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Auflage 2018, § 40 Rn. 153. 92Was also unter einer „sexuellen Handlung“ zu verstehen ist, ist durch eine an Wortlaut ((aa.)), Gesetzeshistorie ((bb.)), Systematik ((cc.)) und Schutzzweck des Prostituiertenschutzgesetzes ((dd.)) orientierte Auslegung zu ermitteln. Im Ergebnis ist das Gericht davon überzeugt, dass der Kläger im Rahmen der „U. U1. ®“ „sexuelle Handlungen“ vornimmt (ee.). 93(aa.) Zu den anerkannten Auslegungsmethoden gehört vor allem der anhand der Umgangs- wie der Fachsprache zu bewertende Wortlaut, der die äußerste Grenze der Interpretation darstellt. 94Vgl. BVerfG, Urteil vom 30. März 2004 – 2 BvR 1520/01, 2 BvR 1521/01 –, juris, Rn. 91. 95Für die Definition einer „Handlung“ im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 ProstSchG ist auf den rechtswissenschaftlichen Handlungsbegriff abzustellen. Dies folgt schon daraus, dass es sich um einen Rechtsbegriff handelt. Darüber hinaus verweist der Gesetzesentwurf zum Prostituiertenschutzgesetz in seiner Begründung zum Begriff der „sexuellen Handlung“ ausdrücklich auf die „beispielsweise durch das Strafgesetzbuch […] eingeführte Begriffsbildung“. 96Deutscher Bundestag, Entwurf eines Gesetzes zur Regulierung des Prostitutionsgewerbes sowie zum Schutz von in der Prostitution tätigen Personen, Drucksache 18/8556 vom 25. Mai 2016, S. 59. 97Der Gesetzgeber geht mithin unmissverständlich davon aus, dass zur Definition der „sexuellen Handlung“ auf bereits bestehende juristische Begrifflichkeiten zurückgegriffen werden kann. 98Sowohl im Strafrecht als auch im Zivilrecht liegt eine Handlung im natürlichen Sinne vor, wenn es durch einen menschlichen Entschluss zu einer Willensbetätigung kommt, 99BGH, Urteil vom 5. Januar 1951 – 2 StR 83/50 –, juris, Rn. 2; BGH, Urteil vom 3. August 1962 – 4 StR 155/62 –, juris, Rn. 38; BGH, Urteil vom 12. Februar 1963 – VI ZR 70/62 –, juris, Rn. 12; vgl. zu den im Einzelnen umstrittenen Handlungslehren: Schönke/Schröder/Eisele StGB, 30. Auflage 2019, vor § 13 Rn. 25 ff. 100Das Adjektiv „sexuell“ stammt aus dem Lateinischen (sexualis) und bedeutet „zum Geschlecht gehörend“ bzw. „geschlechtlich“ oder (tautologisch) „die Sexualität betreffend“. 101Brockhaus, 21. Auflage 2006, Band 25, Stichwort: sexuell. 102Seinem Wortlaut nach umfasst eine „sexuelle Handlung“ also jedes vom Willen getragene menschliche Verhalten, das einen geschlechtlichen Bezug erkennen lässt. 103(bb.) Eine historische Analyse von § 2 Abs. 1 Satz 1 ProstSchG liefert zwei wesentliche Erkenntnisse, die zum Verständnis dieser Vorschrift beitragen: Nach dem Willen des Gesetzgebers soll der Begriff der „sexuellen Handlung“ weit zu verstehen sein ((aaa.)) und er soll in Anlehnung an andere Rechtsgebiete ausgelegt werden ((bbb.)). 104(aaa.) Gleich an mehreren Stellen hebt der Gesetzgeber in der Begründung zum Prostituiertenschutzgesetz deutlich hervor, dass er den Anwendungsbereich dieses Gesetzes extensiv verstanden wissen will. 105Schon im „Allgemeinen Teil“ seiner Begründung formuliert er unmissverständlich: 106„Dem Schutzzweck entsprechend wird für dieses Gesetz ein weiter Begriff der Prostitution zugrunde gelegt, der nahezu alle Formen bezahlter sexueller Kontakte umfasst.“ 107Deutscher Bundestag, Entwurf eines Gesetzes zur Regulierung des Prostitutionsgewerbes sowie zum Schutz von in der Prostitution tätigen Personen, Drucksache 18/8556 vom 25. Mai 2016, S. 33; vgl. auch Weidtmann-Neuer, Praxis der Kommunalverwaltung Bund, K-2g, ProstSchG, Loseblattsammlung, Stand: Juni 2017, § 1. 108Zu § 1 ProstSchG heißt es in der Gesetzesbegründung: 109„Dem Gesetz liegt grundsätzlich ein weites Verständnis von Prostitution zugrunde, das möglichst alle Angebotsformen entgeltlicher sexueller Kontakte und deren gewerbsmäßige Organisation im Bereich der Prostitution zurechnet. Entsprechend seinem Schutzzweck wird damit das Ziel verfolgt, den Anwendungsbereich auf eine möglichst große Bandbreite an Geschäftsmodellen im Bereich der sexuellen Dienstleistung zu erstrecken.“ 110Deutscher Bundestag, Entwurf eines Gesetzes zur Regulierung des Prostitutionsgewerbes sowie zum Schutz von in der Prostitution tätigen Personen, Drucksache 18/8556 vom 25. Mai 2016, S. 58; vgl. auch OVG NRW, Beschluss vom 17. Januar 2021 – 13 B 1282/19 –, juris, Rn. 49; vgl. auch Weidtmann-Neuer, Praxis der Kommunalverwaltung Bund, K-2g, ProstSchG, Loseblattsammlung, Stand: Juni 2017, § 1. 111Speziell zur Definition der „sexuellen Dienstleistung“ führt der Gesetzgeber aus: 112„Umfasst sind damit alle üblicherweise der Prostitution zugerechneten Formen sexueller Handlungen gegen Entgelt einschließlich sexualbezogener sadistischer oder masochistischer Handlungen, unabhängig davon, ob es dabei zu körperlichen Berührungen oder zur Ausübung des Geschlechtsverkehrs zwischen den beteiligten Personen kommt.“ 113Deutscher Bundestag, Entwurf eines Gesetzes zur Regulierung des Prostitutionsgewerbes sowie zum Schutz von in der Prostitution tätigen Personen, Drucksache 18/8556 vom 25. Mai 2016, S. 59. 114Dieser Passus offenbart die geringen Anforderungen für das Vorliegen einer „sexuellen Handlung“ besonders deutlich: Der Ausübung des Geschlechtsverkehrs bedarf es nicht, sie setzt nicht einmal voraus, dass es überhaupt zu körperlichen Berührungen kommt. 115Soweit der Kläger die vorstehende Gesetzesbegründung heranzieht, um einzuwenden, dass nur solche Verhaltensweisen vom Anwendungsbereich des Prostituiertenschutzgesetzes erfasst seien, die „üblicherweise“ zu den der Prostitution zugerechneten Formen sexueller Handlungen gegen Entgelt gehörten, was auf die U. nicht zutreffe, überzeugt dies nicht. Vielmehr sollen nach der Vorstellung des Gesetzgebers gerade auch solche Handlungen unter den Begriff der „sexuellen Dienstleistung“ fallen, die im allgemeinen oder milieutypischen Sprachgebrauch nicht als Prostitution bewertet werden: 116„Nicht alle dieser unter den Begriff der sexuellen Dienstleistung fallenden Erscheinungsformen werden im allgemeinen oder milieutypischen Sprachgebrauch durchgängig als ‚Prostitution‘ bewertet.“ 117Deutscher Bundestag, Entwurf eines Gesetzes zur Regulierung des Prostitutionsgewerbes sowie zum Schutz von in der Prostitution tätigen Personen, Drucksache 18/8556 vom 25. Mai 2016, S. 59. 118Nach dem Willen des Gesetzgebers ist der Begriff der „sexuellen Handlung“ mithin weit auszulegen. 119(bbb.) Der Gesetzesbegründung ist die weitere Erkenntnis zu entnehmen, dass zur Konkretisierung der „sexuellen Handlung“ auf andere Rechtsgebiete zurückgegriffen werden soll. Der Gesetzgeber stellt klar: 120„Der Begriff der ‚sexuellen Handlung‘ ist beispielsweise durch das Strafgesetzbuch eine eingeführte Begriffsbildung, die daher keiner näheren gesetzlichen Definition bedarf.“ 121Deutscher Bundestag, Entwurf eines Gesetzes zur Regulierung des Prostitutionsgewerbes sowie zum Schutz von in der Prostitution tätigen Personen, Drucksache 18/8556 vom 25. Mai 2016, S. 59. 122Im Strafrecht, auf das die Gesetzesbegründung primär verweist, ist für den Begriff der sexuellen Handlung nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung das äußere Erscheinungsbild maßgebend. Das Merkmal ist hiernach erfüllt, wenn das Erscheinungsbild nach allgemeinem Verständnis die Sexualbezogenheit erkennen lässt. 123BGH, Beschluss vom 2. Februar 2021 – 4 StR 364/19 –, juris, Rn. 11; BGH, Beschluss vom 7. April 2020 – 3 StR 44/20 –, juris, Rn. 13. 124Neben dem Verweis auf das Strafrecht spricht auch die weitere Gesetzesbegründung dafür, dass es bei der Beurteilung der Frage, ob eine „sexuelle Handlung“ vorliegt, auf das äußere Erscheinungsbild, also auf die Sicht eines objektiven Dritten, ankommt. So soll für die Einordnung einer ortsfesten Anlage als Prostitutionsstätte im Sinne von § 2 Abs. 4 ProstSchG unter anderem die „erkennbare“ Ausrichtung des Geschäftsmodells auf entgeltliche sexuelle Kontakte entscheidend sein. 125Deutscher Bundestag, Entwurf eines Gesetzes zur Regulierung des Prostitutionsgewerbes sowie zum Schutz von in der Prostitution tätigen Personen, Drucksache 18/8556 vom 25. Mai 2016, S. 60. 126Durch das Adjektiv „erkennbar“ stellt der Gesetzgeber für den Begriff der „Prostitutionsstätte“ auf nach außen hervortretende Umstände ab. Weiter heißt es in der Gesetzesbegründung, dass bei Abgrenzungsschwierigkeiten in Zweifelsfällen auch „der typische Erwartungshorizont szenekundiger Besucherinnen und Besucher herangezogen werden“ könne. 127Deutscher Bundestag, Entwurf eines Gesetzes zur Regulierung des Prostitutionsgewerbes sowie zum Schutz von in der Prostitution tätigen Personen, Drucksache 18/8556 vom 25. Mai 2016, S. 61. 128Mit dieser Formulierung gibt der Gesetzgeber klar zu erkennen, dass für die Beantwortung der Frage, ob eine Prostitutionsstätte vorliegt, die Sicht eines objektiven Dritten entscheidend ist. 129Wegen des Grundsatzes der Einheit der Rechtsordnung und weil keine Gründe ersichtlich sind, die eine Ausnahme rechtfertigen würden, spricht alles dafür, das Kriterium des äußeren Erscheinungsbilds auch im Zusammenhang mit dem Begriff der „sexuellen Handlung“ anzuwenden. 130Vgl. auch Büttner, ProstSchG, 2017, § 2 Rn. 28; Rixen, Gewerberecht der Sexualität: Das Prostituiertenschutzgesetz, WiVerw 2018/2, S. 142. 131(ccc.) Die Gesetzeshistorie bestätigt mithin zum einen das Ergebnis der Wortlautanalyse, wonach der Begriff der „sexuellen Handlung“ weit zu verstehen ist und sie führt zum anderen zu der Erkenntnis, dass die Frage, ob eine solche Handlung vorliegt, aus der Sicht eines objektiven Dritten zu beantworten ist. 132Unter Berücksichtigung allein des Wortlauts und der Gesetzeshistorie ist unter einer „sexuellen Handlung“ daher jedes vom Willen getragene menschliche Verhalten zu verstehen, das objektiv, also gemessen an seinem äußeren Erscheinungsbild, einen geschlechtlichen Bezug erkennen lässt, und zwar unabhängig davon, ob es dabei zu körperlichen Berührungen oder zur Ausübung des Geschlechtsverkehrs kommt. 133(cc.) In systematischer Hinsicht liefert § 2 Abs. 1 Satz 2 ProstSchG eine weitere Erkenntnis für das Verständnis einer „sexuellen Handlung“. Hiernach sind „Vorführungen mit ausschließlich darstellerischem Charakter, bei denen keine weitere der anwesenden Personen sexuell aktiv einbezogen ist“, „keine sexuellen Dienstleistungen“. 134Die Vorschrift regelt mithin negativ, was nicht unter einer sexuellen Dienstleistung zu verstehen ist und begrenzt so ihren Anwendungsbereich. Für das Tatbestandsmerkmal der „sexuellen Handlung“ bedeutet dies im Umkehrschluss, dass sie so zu definieren ist, dass grundsätzlich auch Vorführungen mit ausschließlich darstellerischem Charakter, bei denen keine weitere der anwesenden Personen sexuell aktiv einbezogen ist, hierunter fallen. Denn nur in diesem Fall gewinnt die in § 2 Abs. 1 Satz 2 ProstSchG geregelte Ausnahme überhaupt eine Bedeutung. 135Würde man demgegenüber den Begriff der „sexuellen Handlung“ bereits so eng fassen, dass derartige Vorführungen nicht hierunter zu subsumieren wären, würde § 2 Abs. 1 Satz 2 ProstSchG zu einer leeren Hülse degradiert. Dass der Gesetzgeber dieser Vorschrift lediglich einen solchen klarstellenden Charakter zuweisen wollte, ist indessen nicht ersichtlich. 136Unter Berücksichtigung dieser systematischen Aspekte verbleibt es mithin bei der durch Wortlautanalyse und historischer Auslegung hergeleiteten Definition. Denn diese umfasst auch Vorführungen mit ausschließlich darstellerischem Charakter, so dass für die Vorschrift des § 2 Abs. 1 Satz 2 ProstSchG weiterhin ein Anwendungsbereich gegeben ist. 137(dd.) Die Definition einer „sexuellen Handlung“, wie sie sich dem Rechtsanwender nach vorstehenden Ausführungen in Ansehung von Wortlaut, Gesetzeshistorie und Systematik erschließt, ist sehr weit gefasst. Ihr unterfielen auch ambivalente Handlungen, die für sich betrachtet nicht ohne Weiteres einen sexuellen Charakter aufweisen. Hierzu zählt beispielsweise die Untersuchung eines Geschlechtsteils durch einen Arzt. Denn auch dieses Verhalten lässt nach seinem äußeren Erscheinungsbild einen geschlechtlichen Bezug erkennen. Verbliebe es mithin bei der vorstehenden Definition einer „sexuellen Handlung“, müssten sich unter anderem auch Urologen oder Gynäkologen als Prostituierte anmelden. 138Um dies zu vermeiden, um also den Begriff der „sexuellen Handlung“ und damit indirekt den Anwendungsbereich des Prostituiertenschutzgesetzes nicht ausufern zu lassen, sind in der Rechtsprechung die unter Ziffer II.1.c.aa.(1.) dargestellten Lösungsansätze entwickelt worden. Die Schwerpunktbetrachtung ((aaa.)) überzeugt dabei jedoch ebenso wenig wie die Auffassung, dass „Tantramassagen U1. ®“ vor dem Hintergrund des Schutzzwecks des Prostituiertenschutzgesetzes nicht als „sexuelle Dienstleistungen“ anzusehen seien ((bbb.)). Für die Frage, ob eine „sexuelle Handlung“ zu bejahen ist, kommt es vielmehr darauf an, ob sich das Verhalten typischerweise als geschlechtliche Stimulation darstellt ((ccc.)). 139(aaa.) Nach der Schwerpunktbetrachtung liegt eine „sexuelle Handlung“ nur dann vor, wenn bei einer menschlichen Verhaltensweise der Sexualbezug im Vordergrund steht. 140Zum Gewerberecht: VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 25. November 2020 – 18 L 967/20 –, juris, Rn. 36; zum Baurecht: VG Gelsenkirchen, Urteil vom 29. August 2019 – 5 K 4649/18 –, juris, Rn. 29; zum Ordnungswidrigkeitsrecht: AG Stuttgart, Urteil vom 3. Juli 2020 – 4 OWi 25 Js 111521/19 –, S. 6 des Urteilsumdrucks, nicht veröffentlicht; zum Coronaschutzrecht ansatzweise auch: VG Düsseldorf, Beschluss vom 30. Juni 2020 – 7 L 1186/20 –, juris, Rn. 31. 141Der Kläger macht sich diese Auffassung zu eigen, wenn er argumentiert, dass die U. eine ganzheitliche Massage sei, die der Behandlung von Körper und Geist diene und bei der die Berührung der Geschlechtsteile nicht im Vordergrund stehe, sondern nur eine Begleiterscheinung sei. Die Methoden während der U. dienten nicht der Befriedigung sexueller Lust, sondern der Herstellung körperlicher und seelischer Balance. Ziel der Massage sei es, negative Erfahrungen, schamhafte Körpergefühle und traumatische Erlebnisse zu überwinden und zu verarbeiten. Ein gestörtes Verhältnis zur eigenen Sexualität solle aufgebrochen und behoben werden. Dafür, dass der Sexualbezug bei einer U. nicht im Vordergrund stehe, spreche sowohl, dass Sexualtherapeuten Tantramassagen aus gesundheitlichen Gründen empfählen, um Dysfunktionen zu beheben, als auch, dass das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Betroffenen sexuellen Missbrauchs Tantramassagen bewillige. 142Diese Schwerpunktbetrachtung ist rechtlich nicht haltbar. Sie findet keine Stütze im Gesetz. 143Schon der Wortlaut des Gesetzes gibt eine solche Betrachtungsweise nicht her. § 2 Abs. 1 Satz 1 ProstSchG differenziert nicht zwischen einer Gesamtdienstleistung und dem darin enthaltenen sexuellen Handlungsanteil. Die Legaldefinition enthält auch keinen Schwellenwert, bei dessen Überschreitung der Sexualbezug überwiegt und so die Gesamthandlung zu einer „sexuellen Handlung“ und bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen zu einer „sexuellen Dienstleistung“ wird. Vielmehr verdeutlicht der Wortlaut des Gesetzes gerade, dass am Vorliegen einer „sexuellen Dienstleistung“ keine sonderlich hohen Hürden zu stellen sind: Der vorangestellte unbestimmte Artikel („eine“) und die Verwendung des Singulars („sexuelle Handlung“) geben zu erkennen, dass für die Bejahung einer „sexuellen Dienstleistung“ nicht einmal mehrere sexuelle Handlungen notwendig sind. Darüber hinaus lässt es das Gesetz ausreichen, wenn die entsprechende Handlung vor einer anderen Person ausgeführt wird, ohne dass es überhaupt zu wechselseitigen Berührungen kommen muss. 144Auch die Entstehungsgeschichte des Prostituiertenschutzgesetzes spricht gegen eine Schwerpunktbetrachtung. Der Gesetzgeber hat das Vorliegen einer „sexuellen Dienstleistung“ gerade nicht von der Vornahme „überwiegend“ sexueller Handlungen abhängig gemacht, obwohl ihm dies ohne Weiteres möglich gewesen wäre. In der Gesetzesbegründung lassen sich zudem keinerlei Hinweise dafür finden, dass der Gesetzgeber eine „sexuelle Dienstleistung“ nur dann angenommen wissen wollte, wenn im Rahmen einer Gesamthandlung überwiegend sexuelle Handlungen vorgenommen werden – im Gegenteil: Für die Einordnung einer Wohnung als Prostitutionsstätte hat sich der Gesetzgeber ausdrücklich dahingehend geäußert, dass eine Wohnung auch dann als Prostitutionsstätte anzusehen ist, wenn sie zugleich zum Zwecke des Wohnens oder des Schlafens genutzt wird. 145Deutscher Bundestag, Entwurf eines Gesetzes zur Regulierung des Prostitutionsgewerbes sowie zum Schutz von in der Prostitution tätigen Personen, Drucksache 18/8556 vom 25. Mai 2016, S. 61. 146Damit hat der Gesetzgeber der Schwerpunktbetrachtung bei der Frage, ob eine Wohnung als Prostitutionsstätte zu qualifizieren ist, eine klare Absage erteilt. Wegen der Einheit der Rechtsordnung kann nichts anderes für die Legaldefinition einer „sexuellen Dienstleistung“ gelten, zumal kein Grund ersichtlich ist, warum der Gesetzgeber ein und demselben Regelungsgegenstand unterschiedliche Prüfungsmaßstäbe zuführen sollte. 147Entgegen der im Erörterungstermin vorgetragenen Ansicht der Klägerseite ist die Schwerpunktbetrachtung auch nicht in der im Wortlaut des Gesetzes zum Ausdruck kommenden Verknüpfung von „sexueller Handlung“ und „Entgelt“ angelegt. Insoweit hat die Prozessbevollmächtigte des Klägers argumentiert, dass eine „sexuelle Handlung“ nur dann vorliegen könne, wenn das Entgelt gerade hierfür geleistet werde. Werde es demgegenüber schwerpunktmäßig für sexuell nicht motivierte Handlungen bezahlt, könne das Gesamtverhalten nicht als „sexuelle Dienstleistung“ eingeordnet werden. Diese Ansicht überzeugt schon deshalb nicht, weil das Gesetz ebenso wenig wie zwischen einer Gesamthandlung und ihrem sexuellen Anteil zwischen einem Gesamtentgelt und einem Entgelt für die „sexuelle Handlung“ differenziert. Ausreichend ist vielmehr, dass ein Entgelt – sei es auch nur ein Teilentgelt – für die Vornahme einer „sexuellen Handlung“ bezahlt wird. Letztlich führt diese Ansicht dazu, dass die Problematik, was unter einer „sexuellen Dienstleistung“ zu verstehen ist, vom Begriff der „sexuellen Handlung“ auf das Tatbestandsmerkmal des „Entgelts“ verlagert wird. Es wäre stets danach zu fragen, welcher Anteil des von den Vertragsparteien vereinbarten Gesamtentgelts nach deren Willen auf die vorgenommenen sexuellen Handlungen entfällt. Einer solchen Vorgehensweise stehen jedoch praktisch kaum zu überwindende Hürden im Wege, weil die Kriterien, nach denen das Gesamtentgelt auf sexualbezogene und neutrale Handlungen aufgeteilt werden soll, im Unklaren bleiben. 148Systematische Gründe lassen ebenfalls erhebliche Zweifel an einer Schwerpunktbetrachtung aufkommen. Die Schwerpunktbetrachtung hat – soweit ersichtlich – ihren Ursprung im öffentlichen Baurecht. 149Vgl. VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 25. November 2020 – 18 L 967/20 –, juris, Rn. 36, in dem das Gericht auf eine baurechtliche Entscheidung desselben Gerichts, nämlich VG Gelsenkirchen, Urteil vom 29. August 2019 – 5 K 4649/18 –, juris, Bezug nimmt. 150Dort stellt die Rechtsprechung auf die Gesamtumstände ab, um die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit eines Vorhabens zu überprüfen. Sofern in einem Betrieb sexuelle Dienstleistungen im Sinne des Prostituiertenschutzgesetzes angeboten würden, liefere dies lediglich Anhaltspunkte für die Frage des Vorliegens eines bordellartigen Betriebs. Ein solches Angebot allein sei aber nicht entscheidend, da es auf den Schwerpunkt des Betriebs ankomme. Erst wenn dieser im Anbieten sexueller Dienstleistungen liege, komme es im Regelfall zu den besonderen bodenrechtlichen Spannungen, vor denen das Baurecht schützen solle, insbesondere zu typisch „milieubedingten“ Auswirkungen derartiger Einrichtungen auf das das Wohnumfeld in dem betreffenden Gebiet prägende soziale Klima. 151VG Gelsenkirchen, Urteil vom 29. August 2019 – 5 K 4649/18 –, juris, Rn. 29, 34. 152Demgegenüber verfolgt das Prostituiertenschutzgesetz einen ganz anderen Schutzzweck, nämlich die sexuelle Selbstbestimmung von Menschen in der Prostitution möglichst umfassend zu gewährleisten. Die Definition der „sexuellen Dienstleistung“ ist daher nach dem Willen des Gesetzgebers – wie dargestellt – bewusst sehr weit gefasst, um alle Angebotsformen entgeltlicher sexueller Kontakte oder deren gewerbsmäßiger Organisation zu erfassen. Dieser deutlich andere Schutzzweck verbietet es, die aus dem Baurecht stammende Schwerpunktbetrachtung auf das Prostituiertenschutzrecht zu übertragen. 153Vgl. auch VG Gelsenkirchen, Urteil vom 29. August 2019 – 5 K 4649/18 –, juris, Rn. 34. 154Die Schwerpunktbetrachtung ist aber auch deshalb abzulehnen, weil sie kaum justiziabel ist. Sie mündet letztlich in der nahezu unmöglich zu beantwortenden Frage, ab welcher Schwelle eine Handlung zu einer „sexuellen Handlung“ im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 ProstSchG wird. Es erschließt sich schon nicht, ob maßgebliches Kriterium hierfür die zeitliche Gewichtung, die Häufigkeit der Vornahme einer bestimmten Handlung, die Intensität der Handlung etc. oder eine Kombination aus allem sein soll. So bleibt unklar, wie viele Minuten bei einer 120-minütigen U. auf die Massage des Geschlechtsteils entfallen müssen, damit es sich insgesamt um eine „sexuelle Handlung“ handelt. Denkbar wäre aber auch, nicht etwa auf eine einzelne Massage abzustellen, sondern auf alle in einem Monat durchgeführten Massagen. Übervorteilt wäre in diesem Fall allerdings derjenige Masseur, der nicht lediglich Tantramassagen, sondern zudem traditionell gesundheitsbezogene Massagen, bei denen es zweifelsfrei nicht zu sexuellen Handlungen kommt, vornimmt. Nicht nur Masseure, sondern auch Personen, die gegenwärtig unter den Begriff der Prostituierten im Sinne von § 2 Abs. 2 ProstSchG fallen, könnten zudem auf die Idee kommen, ihre jeweiligen Angebote so auszugestalten, dass sie im Rahmen einer Gesamtdienstleistung zu einem überwiegenden Anteil Leistungen anbieten, die keine sexuellen Handlungen darstellen, sodass es sich insgesamt nicht (mehr) um eine „sexuelle Dienstleistung“ im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 ProstSchG handelt, um so den Anwendungsbereich des Gesetzes zu umgehen. 155Vgl. auch Büttner, ProstSchG, 2017, § 2 Rn. 29. 156Mit der Schaffung des Prostituiertenschutzgesetzes sollen nach dem Willen des Gesetzgebers aber gerade jedwede Umgehungsmöglichkeiten ausgeschlossen werden. 157Deutscher Bundestag, Entwurf eines Gesetzes zur Regulierung des Prostitutionsgewerbes sowie zum Schutz von in der Prostitution tätigen Personen, Drucksache 18/8556 vom 25. Mai 2016, S. 60. 158Die Schwerpunktbetrachtung würde vor diesem Hintergrund nicht zuletzt dazu führen, dass nahezu nicht mehr kontrollierbar wäre, ob jemand der Prostitution nachgeht oder nicht. 159Der Ansicht, dass eine Schwerpunktbetrachtung kaum justiziabel sein dürfte, scheint auch das OVG NRW zuzuneigen, wenn es zu bedenken gibt, dass von der Definition der „sexuellen Dienstleistung“ lediglich ausgenommen seien Handlungen, bei denen kein unmittelbares Gegenüber räumlich anwesend ist, sowie Vorführungen mit rein darstellerischem Charakter, und es sodann ausdrücklich festhält: 160„Eine weitere Differenzierung zwischen den einzelnen Formen der Prostitution ist unter Berücksichtigung des Schutzzwecks und wegen bestehender Abgrenzungsschwierigkeiten kaum möglich und wegen des Erfordernisses der Sachverhaltsermittlung zur Bewertung eines etwaigen Anmelde- und Beratungserfordernisses weder schonender noch ebenso effizient.“ 161OVG NRW, Beschluss vom 17. Januar 2021 – 13 B 1282/19 –, juris, Rn. 53. 162Da es nach alledem bei der Frage, ob eine „sexuelle Handlung“ vorliegt, nicht auf den Schwerpunkt der Gesamthandlung ankommt, geht die Argumentation des Klägers, die „U. U1. ®“ sei überwiegend auf Therapie und Heilung gerichtet, vollständig ins Leere. 163Soweit der Vortrag des Klägers sogar dahingehend zu verstehen sein soll, dass die „U. U1. ®“ insgesamt medizinischen Zwecken diene und deswegen per se keine „sexuelle Dienstleistung“ darstellen könne, ist dem nicht zu folgen. Dem Prostituiertenschutzgesetz ist nicht zu entnehmen, dass nicht auch medizinisch indizierte Handlungen eine „sexuelle Dienstleistung“ darstellen könnten. Selbst wenn also der „U. U1. ®“ eine gesundheitsfördernde Wirkung zukäme, wäre eine „sexuelle Handlung“ nicht automatisch ausgeschlossen. Aus diesem Grund verfängt die Argumentation des Klägers nicht, wonach sich der U. W2. e. V. eine Ausbildungsordnung gegeben und insbesondere strenge Vorgaben für die Erlangung des Titels „Tantramasseur U1. ®“ geschaffen habe, wonach die Durchfallquoten im Rahmen der Abschlussprüfungen beachtlich seien, wonach Sexualtherapeuten ihren Patienten die Durchführung von „Tantramassagen U1. ®“ empfählen und wonach diese vereinzelt vom Staat finanziert würden. 164Unabhängig hiervon und selbstständig tragend ist festzuhalten, dass das Erlernen der Durchführung einer „U. U1. ®“ kein anerkannter Ausbildungsberuf im Heilwesen ist. 165Vgl. Bundesinstitut für Berufsbildung, Verzeichnis der anerkannten Ausbildungsberufe 2021, abrufbar unter: file://srzms06c004/VGD/HOMES/vg4216/zbs/Downloads/60e81e6a13fbb_Verzeichnis_ anerkannte_Ausbildungsberufe_2021.pdf. 166Dabei verkennt das Gericht nicht, dass es sich bei der Ausübung der Tätigkeit des „Tantramasseurs U1. ®“ um einen Beruf handelt, 167vgl. OVG NRW, Beschluss vom 17. Januar 2020 – 13 B 1282 –, juris, Rn. 10; VG Köln, Urteil vom 13. Mai 2015 – 24 K 7822/13 –, juris, Rn. 27; VG Düsseldorf, Beschluss vom 30. Juni 2020 – 7 L 1186/20 –, juris, Rn. 56, 168er ist – anders als der in § 1 Abs. 1 des Gesetzes über die Berufe in der Physiotherapie (Masseur- und Physiotherapeutengesetz – MPhG) geregelte Beruf des Masseurs – jedoch nicht staatlich nicht anerkannt (schon gar nicht für das Heilwesen), sondern nur durch einen privaten Dachverband, dem U. W2. e. V., zertifiziert. 169Vgl. auch VG Gelsenkirchen, Urteil vom 29. August 2019 – 5 K 4649/18 –, juris, Rn. 27; LG Wiesbaden, Urteil vom 3. November 2011 – 5 S 8/08 –, juris, Rn. 50. 170Die Regelungen, die sich dieser W2. selbst gegeben hat, ersetzen jedoch nicht das dem Gesetzgeber im besonders sensiblen Bereich der Vornahme „sexueller Handlungen“ wichtig erscheinende staatliche Kontrollinstrumentarium. Gleich mehrfach wird in der Gesetzesbegründung darauf hingewiesen, dass ein maßgeblicher Grund für die Änderung des Prostituiertenschutzgesetzes das Defizit an behördlichen Aufsichtsinstrumenten gewesen sei. 171Deutscher Bundestag, Entwurf eines Gesetzes zur Regulierung des Prostitutionsgewerbes sowie zum Schutz von in der Prostitution tätigen Personen, Drucksache 18/8556 vom 25. Mai 2016, S. 1, 2, 32, 33, 35, 63. 172(bbb.) Eine Verkürzung des Anwendungsbereichs des Prostituiertenschutzgesetzes auf der Grundlage, dass Massagen durch einen zertifizierten „Tantramasseur U1. ®“ den Schutzzweck des Gesetzes nicht berühren, kommt nicht in Betracht. 173In diesem Zusammenhang argumentiert der Kläger, dass der Schutzzweck des Prostituiertenschutzgesetzes im Wesentlichen darin bestehe, das sexuelle Selbstbestimmungsrecht von Menschen in der Prostitution zu stärken, fachgesetzliche Grundlagen zur Gewährleistung verträglicher Arbeitsbedingungen und zum Schutz der Gesundheit zu schaffen, gefährliche Erscheinungsformen der Prostitution und sozial unverträgliche Auswirkungen der Prostitutionsausübung auszuschließen sowie Kriminalität in der Prostitution wie Menschenhandel, Gewalt gegen Ausbeutung von Prostituierten und Zuhälterei, zu bekämpfen. Vor diesem Hintergrund sei offensichtlich, dass mit dem Prostituiertenschutzgesetz ein anderer Personenkreis geschützt werden solle als derjenige, der im Bereich zertifizierter Tantramassagen tätig sei. Ein „Tantramasseur U1. ®“ habe mit einem Prostituierten nichts gemeinsam. Dies beruhe auf der Tätigkeit und der dahinter stehenden Ausbildung. Sowohl auf Seiten der Anbieter als auch auf Seiten der Kunden sei ein ganz anderer Personenkreis tätig und angesprochen. 174Darüber hinaus liege der Gesetzesbegründung ein Bild von Prostituierten zugrunde, die kaum oder überhaupt keinen Zugang zu Informationen hätten und diese dringend bräuchten. „Tantramasseure U1. ®“ könnten hiermit nicht gemeint sein, da sie über eine Ausbildung und dementsprechend über hinreichende Kenntnisse und Fähigkeiten verfügten. 175Schließlich sei zu berücksichtigen, dass die Behördenmitarbeiter, die das Informations- und Beratungsgespräch bzw. das Gesundheitsgespräch führten, nicht wüssten, was überhaupt eine U. sei, sodass faktisch eine Beratung nicht stattfinden könne. 176Im Ergebnis sei der Wortlaut der Regelungen des Prostituiertenschutzgesetzes dahingehend zu korrigieren, dass ihr Anwendungsbereich bei der Vornahme von Massagen durch einen „Tantramasseur U1. ®“ nicht eröffnet sei. 177Diese Ausführungen überzeugen nicht. Zwar handelt es sich bei der vom Kläger begehrten teleologischen Reduktion grundsätzlich um eine anerkannte Methode der Gesetzesauslegung. Sie ist dann vorzunehmen, wenn die auszulegende Vorschrift auf einen Teil der vom Wortlaut erfassten Fälle nicht angewandt werden soll, weil Sinn und Zweck der Norm, ihre Entstehungsgeschichte und der Gesamtzusammenhang der einschlägigen Regelungen gegen eine uneingeschränkte Anwendung sprechen. 178BVerfG, Beschluss vom 31. Oktober 2016 – 1 BvR 871/13, 1 BvR 1833/13 –, juris, Rn. 22. 179Diese Voraussetzungen liegen indessen nicht vor. Weder teleologische Gesichtspunkte noch die Gesetzeshistorie oder der Gesamtzusammenhang rechtfertigen es, Massagen durch einen vom U. W2. e. V. zertifizierten „Tantramasseur U1. ®“ per se vom Anwendungsbereich des § 2 Abs. 1 Satz 1 ProstSchG auszunehmen. Im Einzelnen: 180Dem Kläger ist zuzugeben, dass einige der vom Gesetz verfolgten Schutzzwecke auf ihn und der von ihm ausgeübten Tätigkeit nicht zutreffen. Als „Tantramasseur U1. ®“ dürfte er beispielsweise eher nicht mit den kriminellen Begleiterscheinungen der Prostitution (Menschenhandel, Gewalt, Ausbeutung, Zuhälterei) in Berührung kommen. Dies gilt allerdings – entgegen der Ausführungen der Prozessbevollmächtigten des Klägers im Erörterungstermin – nicht für sämtliche vom Gesetzgeber verfolgte Schutzzwecke. So dient das Prostituiertenschutzgesetz auch dem Schutz der Gesundheit aller an den sexuellen Handlungen beteiligten Personen. 181Deutscher Bundestag, Entwurf eines Gesetzes zur Regulierung des Prostitutionsgewerbes sowie zum Schutz von in der Prostitution tätigen Personen, Drucksache 18/8556 vom 25. Mai 2016, S. 32, 33; vgl. auch OVG NRW, Beschluss vom 17. Januar 2021 – 13 B 1282/19 –, juris, Rn. 17; Rixen, Gewerberecht der Sexualität: Das Prostituiertenschutzgesetz, WiVerw 2018/2, S. 139, 140. 182Der Gesundheitsschutz ist durch Wissensvermittlung und regelmäßige Wiederholung und Vorhaltung gesundheitlicher Gefahren in einem Beratungsgespräch sicherzustellen. Hierzu stellt der Gesetzgeber fest: 183„Zudem zeigen Erfahrungen aus der Beratungsarbeit zu HIV und anderen sexuell übertragbaren Infektionen, dass die Wissensvermittlung zu sexuell übertragbaren Infektionen regelmäßig erneuert sowie Informationen zur Verringerung des Übertragungsrisikos und Empfehlungen zum Schutzverhalten regelmäßig wiederholt werden sollten.“ 184Deutscher Bundestag, Entwurf eines Gesetzes zur Regulierung des Prostitutionsgewerbes sowie zum Schutz von in der Prostitution tätigen Personen, Drucksache 18/8556 vom 25. Mai 2016, S. 65, 73 f.; vgl. auch OVG NRW, Beschluss vom 17. Januar 2021 – 13 B 1282/19 –, juris, Rn. 44. 185Das Prostituiertenschutzgesetz verfolgt mithin auch das Ziel, ein Mindestmaß an Beratungskontakt im Gesundheitsbereich sicherzustellen. 186OVG NRW, Beschluss vom 17.Januar 2021 – 13 B 1282/19 –, juris, Rn. 19. 187Diese Aspekte des Gesundheitsschutzes treffen auch auf einen „Tantramasseur U1. ®“ zu, da er in aller Regel mit den Geschlechtsteilen, die der effektivste Übertragungsweg für Geschlechtskrankheiten sind, anderer Personen in Kontakt tritt. So dringt er bei der Yoni-Massage, die er nach seinen eigenen Angaben am häufigsten praktiziert, mit seinen – wenn auch behandschuhten – Fingern in die Vagina ein, wie seine Befragung im Erörterungstermin ergeben hat. Dabei ist ein Orgasmus der behandelten Frau nicht ausgeschlossen, sondern nach den Ausbildungsunterlagen des U. W1. e. V. „willkommen und in Ordnung“. 188B. , Skript zur U. – Ausbildung U1. e. V., S. 4. 189Diese Verhaltensweise entspricht im Wesentlichen dem heterosexuellen (klassischen) Geschlechtsakt, mit dem Unterschied, dass anstelle der behandschuhten Finger ein Eindringen in das Geschlechtsteil der Frau durch den erigierten, aber im Bereich der Prostitution gemäß § 32 Abs. 1 ProstSchG von Gesetzes wegen mit einem Kondom versehenen Penis des Mannes erfolgt. Die Ähnlichkeit dieser Verhaltensweisen verschmilzt dadurch bis zur Deckungsgleichheit, als dem Gericht auch Sexualpraktiken bekannt sind, bei denen die sexuelle Stimulation der Frau nicht etwa durch ein Eindringen in die Vagina mit dem Geschlechtsteil des Mannes, sondern mit dessen (behandschuhten) Fingern bewerkstelligt werden kann. Unter Gesundheitsgesichtspunkten spielt es keine Rolle, inwieweit sich die hierbei angewandten Techniken eines „Tantramasseurs U1. ®“ von denjenigen eines „klassischen“ Prostituierten unterscheiden. Der Geschlechtskrankheit ist es egal, ob der in die Vagina der Frau eindringende Finger einem „Tantramasseur U1. ®“ oder aber einem „klassischen“ Prostituierten zuzuordnen ist. Für die mögliche Übertragung einer Geschlechtskrankheit allein entscheidend ist, dass es regelmäßig zu einem Kontakt zwischen dem „Tantramasseur U1. ®“ oder dem „klassischen“ Prostituierten und dem Geschlechtsteil des jeweiligen Kunden kommt. Es ist kein Grund erkennbar, diese unter gesundheitlichen Aspekten im Wesentlichen gleichen Sachverhalte ungleich zu behandeln. 190Erschwerend kommt hinzu, dass die vorgelegten Ausbildungsunterlagen des U. W1. e. V. eine Nutzung von Handschuhen auch nur bei der inneren Yoni-Massage vorsehen. Wird die Yoni also von ihrer äußeren Seite massiert, geschieht dies nach den Empfehlungen des U. W1. e. V. ganz ohne Schutz, 191B. , Skript zur U. – Ausbildung U1. e. V., S. 29, 192was ein beträchtliches beiderseitiges Infektionsrisiko nach sich zieht. 193Nichts anderes gilt für die vom Kläger angebotene Lingam-Massage, bei der nach den eben erwähnten Schulungsdokumenten ebenfalls keine Handschuhe getragen werden. Damit besteht für den Tantramasseur, der gewiss mit dem Penisschaft und der Eichel, möglicherweise aber auch, falls ein Orgasmus herbeigeführt wird, mit dem Ejakulat in Berührung kommt, ein erhebliches Gesundheitsrisiko. 194Zwar soll ein „Tantramasseur U1. ®“ nach den Ausbildungsunterlagen des U. W1. e. V. bei der Analmassage ebenfalls Handschuhe tragen, 195B. , Skript zur U. – Ausbildung U1. e. V., S. 29, 196dennoch kann ein Infektionsrisiko auch bei dieser Form der Massage, bei der der Masseur mit dem After, dem Analkanal und dem Darm in Kontakt tritt, nicht vollständig ausgeschlossen werden, so dass eine gesundheitliche Beratung angezeigt ist. 197Da die gesundheitlichen Risiken dieselben sind, spielt es in diesem Zusammenhang auch keine Rolle, dass – wie der Kläger vorträgt – der Kundenkreis im Prostitutionsgewerbe ein anderer sei als im Bereich der „U. U1. ®“. Ebenso unerheblich ist aus gesundheitlicher Perspektive, dass der Gast bei dieser Massage eine ausschließlich rezeptive Haltung einnimmt. Das Infektionsrisiko wird nicht dadurch geschmälert, dass ein Beteiligter den rein passiven Part übernimmt, während sich der andere Teil dafür umso aktiver verhält. 198Nicht nur für den „klassischen“ Prostituierten, sondern auch für den „Tantramasseur U1. ®“ ist es daher von erheblicher Bedeutung, über neue Entwicklungen im Bereich der Geschlechtskrankheiten auf dem Laufenden gehalten zu werden und sich regelmäßig mit den hiermit verbundenen Risiken und Präventionsmaßnahmen auseinanderzusetzen und sie immer wieder vor Augen geführt zu bekommen. 199Der hiergegen gerichtete Einwand des Klägers, dass sich eine gesundheitliche Beratung schon deshalb erübrige, „weil die Mitarbeiter der Behörden keine Kenntnis vom Beratungsgegenstand“ hätten und infolgedessen sein letztes Beratungsgespräch seinem Empfinden nach fruchtlos verlaufen sei, verfängt nicht. Sofern diese Behauptung überhaupt zutreffend sein sollte, ist gerade in diesem Fall ein Austausch zwischen den Beteiligten nicht nur sinnvoll, sondern geradezu geboten und überdies vom Gesetzgeber auch gewollt. Diesem kam es mit der Schaffung des Prostituiertenschutzgesetzes nämlich gerade darauf an, einen durchsetzbaren, fachgesetzlichen Regulierungsrahmen zu schaffen und für eine verbesserte Erreichbarkeit der in der Prostitution Tätigen zu sorgen. 200Deutscher Bundestag, Entwurf eines Gesetzes zur Regulierung des Prostitutionsgewerbes sowie zum Schutz von in der Prostitution tätigen Personen, Drucksache 18/8556 vom 25. Mai 2016, S. 1, 32, 35, 63; vgl. auch OVG NRW, Beschluss vom 17. Januar 2021 – 13 B 1282/19 –, juris, Rn. 17, 19, 31. 201Dies setzt voraus, dass die Behörden Kenntnis von jeglichen Erscheinungsformen im Bereich sexueller Kontakte haben. Im Übrigen würde die Argumentation des Klägers dazu führen, dass bei besonders außergewöhnlichen Angeboten im Bereich der Prostitution eine Beratung nicht stattfinden würde, obwohl sie dort besonders angezeigt ist. 202Die nach alledem auch in der Situation des Klägers als „Tantramasseur U1. ®“ sinnvolle und erforderliche gesundheitliche Beratung kann weder durch Ausbildungsmodule im Rahmen der Ausbildung zum „Tantramasseur U1. ®“ noch durch den in den „U1. ® Kriterien zur Qualitätssicherung“ vorgesehenen Fortbildungsumfang von zwanzig Unterrichtsstunden pro Jahr ersetzt werden. Für die Ausbildung folgt dies schon daraus, dass in ihrem Rahmen lediglich einmalig eine gesundheitliche Aufklärung stattfindet. Die Ausbildung des Klägers liegt nunmehr aber bereits ca. zehn Jahre zurück. Hinzu kommt, dass es gemäß der vom Kläger vorgelegten Ausbildungsordnung des U. W1. e. V. (Ausbildungsordnung) keine Fortbildungspflicht für „Tantramasseure U1. ®“ gibt. Nur für offizielle Ausbilder ist in § 9 Abs. 5 Ausbildungsordnung vorgesehen, dass sich diese „zu persönlichen Fortbildungen gemäß § 6“ Ausbildungsordnung verpflichten. Dieser Verweis geht jedoch ins Leere, weil in § 6 Ausbildungsordnung nichts geregelt ist („entfällt“). Soweit die Mitgliedschaftsordnung des U. W1. e. V. (Mitgliedschaftsordnung), 203abrufbar unter: https://www.tantramassage-verband.de/wp-content/uploads/2020/11/ Mitgliedschaftsordnung-U1. -2020_10_29.pdf, 204in § 6 Mitgliedschaftsordnung eine Fortbildungspflicht für alle seine Mitglieder festschreibt, ist nicht gewährleistet, dass es sich hierbei um gesundheitliche Fortbildungen handelt. Vielmehr werden explizit Fortbildungen „zum Thema Persönlichkeitsentwicklung, Selbsterfahrung und Massage sowie Assistenzen in Tantra- oder Massage-Seminaren“ und damit zu ganz anderen Fragestellungen genannt. Gleiches gilt für die vom Kläger vorgelegten „U1. ® Kriterien zur Qualitätssicherung“, die einen zeitlichen Umfang für Fortbildungen von zwanzig Unterrichtsstunden pro Jahr vorsehen. Abgesehen davon, dass dieser Kriterienkatalog § 6 Abs. 1 Mitgliedschaftsordnung, der einen Fortbildungsumfang von lediglich „15 Zeitstunden pro Kalenderjahr“ vorsieht, widerspricht, ist er nicht geeignet, eine staatliche Gesundheitsberatung zu ersetzen. Er enthält lediglich allgemeine Beschreibungen, ohne aber den Mitgliedern des W1. rechtsverbindliche Verpflichtungen aufzuerlegen, geschweige denn Maßnahmen für den Fall vorzusehen, dass die Vorgaben nicht eingehalten werden. Mit Blick auf die dort aufgeführten Weiterbildungen ist zudem unklar, welche thematischen Bereiche diese überhaupt abstecken. Damit bleibt offen, ob es überhaupt zu einer gesundheitlichen Fortbildung kommt. Schließlich gilt es zu bedenken, dass es sich bei den vorgesehenen zwanzig Unterrichtsstunden lediglich um eine Sollvorgabe handelt, die augenscheinlich Ausnahmen zugänglich ist, was im Übrigen dadurch bestätigt wird, dass nach der Einlassung des Klägers im Erörterungstermin in den letzten zwei Jahren aufgrund der Covid-19-Pandemie überhaupt keine Fortbildung stattgefunden habe. Dies belegt den fundamentalen Stellenwert einer staatlichen Gesundheitsberatung, die durch derartige Krisen nicht beeinträchtigt wird. Schließlich gilt es zu bedenken, dass dem Gesetzgeber bei Erlass des Gesetzes die Differenzierung zwischen dem Informations- und Beratungsgespräch nach dem Prostituiertenschutzgesetz und den zielgruppenspezifischeren oder auf bestimmte Lebenslagen zielenden psychosozialen oder gesundheitlichen Beratungsangeboten bewusst gewesen ist, 205Deutscher Bundestag, Entwurf eines Gesetzes zur Regulierung des Prostitutionsgewerbes sowie zum Schutz von in der Prostitution tätigen Personen, Drucksache 18/8556 vom 25. Mai 2016, S. 70, 206er aber dennoch die Beratungspflicht ins Prostituiertenschutzgesetz aufgenommen hat. Damit hat er deutlich klargestellt, dass bereichsspezifische Beratungsangebote keine B1. für die im Prostituiertenschutzgesetz vorgesehenen verpflichtenden Beratungsgespräche sind. 207Vgl. auch OVG NRW, Beschluss vom 17. Januar 2021 – 13 B 1282/19 –, juris, Rn. 58. 208Die weitere Argumentation des Klägers, er habe eine Ausbildung zum „Gesundheitspraktiker für Sexualkultur“ absolviert, so dass sich eine gesundheitliche Beratung für ihn erübrige, geht ins Leere. Aus dem von ihm vorgelegten Zertifikat, wonach er die Ausbildung erfolgreich abgeschlossen habe, folgt lediglich, dass er an 36 Unterrichtsstunden teilgenommen hat, ohne dass ersichtlich wäre, inwieweit dort der Umgang mit sexuell übertragbaren Krankheiten überhaupt thematisiert worden ist. Aus der vom Kläger überreichten Tabelle, in der er die Fortbildungen, an denen er bisher teilgenommen hat, aufgelistet hat, ergibt sich – mit Ausnahme der beiden vorerwähnten Ausbildungen – nicht, dass er an weiteren Fortbildungen zum Thema Geschlechtskrankheiten teilgenommen hätte. Die letzte dort aufgeführte Fortbildung überhaupt hat im Jahr 2018 stattgefunden. Damit steht schon nach dem eigenen Vortrag des Klägers fest, dass er im Rahmen seiner Tätigkeit, bei der er regelmäßig in Kontakt mit den Geschlechtsteilen anderer Leute tritt, an keinerlei wiederkehrender gesundheitlicher Beratung teilnimmt, er mithin in besonderer Weise vom Schutzzweck des Gesetzes erfasst ist. 209Der Einwand des Klägers, er könne vom Schutzzweck des Gesetzes auch deshalb nicht erfasst sein, weil dieses auf Personen abziele, die sich in einer besonders verletzlichen oder belastenden Situation befänden, begegnet ebenfalls durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Richtig ist, dass der Gesetzgeber beim Erlass des Prostituiertenschutzgesetzes auch und vielleicht sogar in erster Linie ein Bild von Prostituierten als Personen aus besonders vulnerablen Gruppen vor Augen hatte. 210Vgl. Deutscher Bundestag, Entwurf eines Gesetzes zur Regulierung des Prostitutionsgewerbes sowie zum Schutz von in der Prostitution tätigen Personen, Drucksache 18/8556 vom 25. Mai 2016, S. 33. 211Richtig ist aber auch, dass dem Gesetzgeber ebenso bewusst war, dass sich nicht alle Prostituierten in einer derartigen Situation befinden. So stellt er in der Gesetzesbegründung unmissverständlich fest, dass „nicht alle Prostituierten […] von Ausbeutung, Gewalt und unzumutbaren gesundheitlichen Bedingungen tatsächlich betroffen [sind],“ 212Deutscher Bundestag, Entwurf eines Gesetzes zur Regulierung des Prostitutionsgewerbes sowie zum Schutz von in der Prostitution tätigen Personen, Drucksache 18/8556 vom 25. Mai 2016, S. 33; vgl. auch Rixen, Gewerberecht der Sexualität: Das Prostituiertenschutzgesetz, WiVerw 2018/2, S. 128, 213ohne jedoch diesen Personenkreis aus dem Anwendungsbereich des Prostituiertenschutzgesetzes auszunehmen. Hieraus folgt, dass auch diejenigen Prostituierten, die sich nicht in einer Zwangslage befinden, vom Schutzbereich des Prostituiertenschutzgesetzes erfasst sein sollen. 214Dieses Ergebnis wird an verschiedenen Stellen in der Gesetzesbegründung bestätigt. So werde die Tätigkeit der Prostitution „nicht selten“ von Personen aus besonders vulnerablen Gruppen ausgeübt. 215Deutscher Bundestag, Entwurf eines Gesetzes zur Regulierung des Prostitutionsgewerbes sowie zum Schutz von in der Prostitution tätigen Personen, Drucksache 18/8556 vom 25. Mai 2016, S. 33; vgl. auch Rixen, Gewerberecht der Sexualität: Das Prostituiertenschutzgesetz, WiVerw 2018/2, S. 128. 216Im Umkehrschluss folgt hieraus, dass dem Gesetzgeber bewusst war, dass auch autonom handelnde Personen der Prostitution nachgehen. Gleiches gilt, wenn der Gesetzgeber formuliert, dass sich „viele“ – aber eben nicht alle – Prostituierte in einer sozialen und psychischen Situation befinden, in der es fraglich sei, ob sie sich wirklich frei für oder gegen diese Tätigkeit entscheiden könnten. 217Deutscher Bundestag, Entwurf eines Gesetzes zur Regulierung des Prostitutionsgewerbes sowie zum Schutz von in der Prostitution tätigen Personen, Drucksache 18/8556 vom 25. Mai 2016, S. 33; vgl. auch Rixen, Gewerberecht der Sexualität: Das Prostituiertenschutzgesetz, WiVerw 2018/2, S. 128. 218Es sei ein differenzierter rechtlicher Umgang mit Prostitution geboten, der die Spannbreite der verschiedenen Erscheinungsformen der Prostitution berücksichtige. Hierzu zähle auch der Fall „autonomer, aufgeklärter Entscheidung für diese Tätigkeit“. 219Deutscher Bundestag, Entwurf eines Gesetzes zur Regulierung des Prostitutionsgewerbes sowie zum Schutz von in der Prostitution tätigen Personen, Drucksache 18/8556 vom 25. Mai 2016, S. 33; vgl. auch Rixen, Gewerberecht der Sexualität: Das Prostituiertenschutzgesetz, WiVerw 2018/2, S. 128. 220Noch deutlicher kann der Gesetzgeber kaum betonen, dass auch Prostituierte, die sich freiwillig für diese Tätigkeit entschieden haben und mit dem kriminellen Milieu nichts zu tun haben, vom Anwendungsbereich des Prostituiertenschutzgesetzes erfasst sein sollen. Dem Kläger ist die erfolgreiche Argumentation, er könne vom Schutzbereich des Gesetzes nicht erfasst sein, weil er sich nicht in einer Zwangslage befinde, nach alledem verwehrt. 221(ccc.) Der nach Wortlaut, Gesetzeshistorie und Systematik des Prostituiertenschutzgesetzes weit zu verstehenden Begriff der „sexuellen Handlung“ ist dadurch zu beschränken, dass nur Verhaltensweisen erfasst werden, die typischerweise eine geschlechtliche Stimulation darstellen. 222Diese Auslegung entspricht dem Wesen der Prostitution: Seit jeher suchen Freier Prostituierte auf, um sich eine sexuelle Erregung und ggf. Befriedigung zu verschaffen. Hierbei handelt es sich, wenn auch die Motivlage wissenschaftlich abschließend noch nicht geklärt ist, jedenfalls um das verbreitetste Motiv für die Nachfrage nach sexuellen Dienstleistungen. 223Bundeszentrale für politische Bildung, Udo Gerheim, Aus Politik und Zeitgeschichte, APUZ, Ausgabe 9/2013, abrufbar unter: https://www.bpb.de/apuz/155375/motive-der-maennlichen-nachfrage-nach-kaeuflichem-sex?p=1; Udo Gerheim, taz, Ausgabe vom 3. Dezember 2013, abrufbar unter: https://taz.de/Debatte-Prostitution/!5053744/. 224Systematische Argumente sprechen ebenfalls dafür, das Tatbestandsmerkmal der „sexuellen Handlung“ von einer geschlechtlichen Stimulation abhängig zu machen. Ein solches Verständnis lässt sich insbesondere mit § 2 Abs. 1 Satz 2 ProstSchG in Einklang bringen. Hiernach sind Vorführungen mit ausschließlich darstellerischem Charakter, bei denen keine weitere der anwesenden Personen sexuell aktiv einbezogen ist, keine „sexuellen Dienstleistungen“. Ein Bedürfnis für diese Ausnahmeregelung besteht – wie dargelegt – nur dann, wenn der Begriff der „sexuellen Handlung“ grundsätzlich so definiert wird, dass er auch Verhaltensweisen nach § 2 Abs. 1 Satz 2 ProstSchG umfasst. Diese Voraussetzung erfüllt die von einer geschlechtlichen Stimulation abhängige Definition. Denn auch im Falle von Vorführungen mit ausschließlich darstellerischem Charakter, worunter nach der Gesetzesbegründung unter anderem Table-Dance-Aufführungen oder Peepshows zu verstehen sein sollen, 225Deutscher Bundestag, Entwurf eines Gesetzes zur Regulierung des Prostitutionsgewerbes sowie zum Schutz von in der Prostitution tätigen Personen, Drucksache 18/8556 vom 25. Mai 2016, S. 33, 59, 226kann das Aufkommen einer sexuellen Erregung bei den Zuschauern nicht von vornherein ausgeschlossen werden. Sollen diese Verhaltensweisen vom Anwendungsbereich des Prostituiertenschutzgesetzes ausgenommen werden, so bedarf es daher einer Ausnahme wie sie § 2 Abs. 1 Satz 2 Prostituiertenschutzgesetz vorsieht. 227Für eine geschlechtliche Stimulation als Voraussetzung für eine „sexuelle Handlung“ streitet ein weiteres systematisches Argument, nämlich der Vergleich zum Strafrecht, auf das die Gesetzesbegründung zur Definition einer „sexuellen Handlung“ ausdrücklich verweist. 228Deutscher Bundestag, Entwurf eines Gesetzes zur Regulierung des Prostitutionsgewerbes sowie zum Schutz von in der Prostitution tätigen Personen, Drucksache 18/8556 vom 25. Mai 2016, S. 59. 229Dort ist anerkannt, dass auch ambivalente Verhaltensweisen tatbestandsmäßig sein können. Abzustellen sei in diesen Fällen auf das Urteil eines objektiven Betrachters, der alle Umstände des Einzelfalls kennt, wobei auch zu berücksichtigen sei, ob der Täter von sexuellen Absichten geleitet war. 230BGH, Beschluss vom 7. April 2020 – 3 StR 44/20 –, juris, Rn. 13 mit weiteren Nachweisen. 231Entscheidendes Kriterium im Strafrecht ist in Zweifelsfällen mithin die Motivation des Täters, „seine sexuellen Bedürfnisse zu befriedigen“, 232BGH, Urteil vom 10. März 2016 – 3 StR 437/15 –, juris, Rn. 7, 233wobei „auf das Urteil eines objektiven Betrachters abzustellen“ ist. 234BGH, Beschluss vom 2. Februar 2021 – 4 StR 364/19 –, juris, Rn. 12, 15. 235Die geschlechtliche Stimulation in die Definition einer „sexuellen Handlung“ einzubeziehen, um ambivalente Verhaltensweisen beurteilen zu können, deckt sich nach alledem mit der strafrechtlichen Vorgehensweise und entspricht somit dem Willen des Gesetzgebers, der – wie dargelegt – auf das Strafrecht Bezug genommen hat. 236Vgl. auch Büttner, ProstSchG, 2017, § 2 Rn. 28; Rixen, Gewerberecht der Sexualität: Das Prostituiertenschutzgesetz, WiVerw 2018/2, S. 142. 237Soweit es im Strafrecht allerdings darauf ankommt, ob der Täter die Motivation bzw. die Absicht einer sexuellen Stimulation verfolgt, kann dies für die Frage, ob eine „sexuelle Handlung“ im Sinne des Prostituiertenschutzgesetzes vorliegt, nicht entscheidend sein. Während das Strafrecht nämlich repressiv geprägt ist und die Verwirklichung einer Straftat von der Erfüllung (auch) eines subjektiven Tatbestands und eines Schuldvorwurfs abhängt, ist hierfür im Ordnungsrecht, in dem es um die präventive Gefahrenabwehr geht, kein Raum. Subjektive Handlungselemente wie Vorsatz, Fahrlässigkeit oder Schuld spielen daher keine Rolle. 238OVG NRW, Beschluss vom 14. März 2013 – 2 B 219/13 –, juris, Rn. 20; VG Aachen, Beschluss vom 16. Juni 2020 – 3 L 1162/19 –, juris, Rn. 34; VG Mainz, Urteil vom 29. November 2017 – 1 K 1430/16.MZ –, juris, Rn. 54. 239Das Prostituiertenschutzgesetz dient der Gefahrenabwehr. Insbesondere die Anmeldepflicht, das Informations- und Beratungsgespräch sowie die gesundheitliche Beratung dienen dem präventiven Schutz der Prostituierten, ihrer Kunden und der Allgemeinheit vor den kriminellen Auswüchsen der Prostitution sowie vor den mit der Ausübung der Prostitution verbundenen gesundheitlichen Gefahren. 240Deutscher Bundestag, Entwurf eines Gesetzes zur Regulierung des Prostitutionsgewerbes sowie zum Schutz von in der Prostitution tätigen Personen, Drucksache 18/8556 vom 25. Mai 2016, S. 1, 32, 35, 36, 65, 73, 74, 78, 98; vgl. auch § 11 Abs. 3 Nr. 1 und Nr. 3 ProstSchG. 241Für die gefahrenrechtliche Beurteilung, ob eine „sexuelle Handlung“ vorliegt, ist daher allein entscheidend, ob sich das zu beurteilende Verhalten typischerweise als geschlechtliche Stimulation darstellt, ohne dass subjektive Handlungselemente eine Rolle spielten. 242Diese Auslegung trifft auch den Kern von Sinn und Zweck des Prostituiertenschutzgesetzes, der in erster Linie darin besteht, das sexuelle Selbstbestimmungsrecht Prostituierter zu stärken. 243Deutscher Bundestag, Entwurf eines Gesetzes zur Regulierung des Prostitutionsgewerbes sowie zum Schutz von in der Prostitution tätigen Personen, Drucksache 18/8556 vom 25. Mai 2016, S. 1, 2, 32, 33, 34, 70, 77, 78, 79, 80, 90, 107, 116; vgl. auch §§ 11 Abs. 3 Nr. 1, 14 Abs. 2 Nr. 1, 15 Abs. 1 Nr. 1 lit. b), 17 Abs. 1 Nr. 1 ProstSchG. 244Der Gesetzgeber selbst schreibt diesem „besonders sensiblen Schutzgut […] eine Schlüsselrolle“ zu. Die Stärkung des sexuellen Selbstbestimmungsrechts sei ein „Kernanliegen“. 245Deutscher Bundestag, Entwurf eines Gesetzes zur Regulierung des Prostitutionsgewerbes sowie zum Schutz von in der Prostitution tätigen Personen, Drucksache 18/8556 vom 25. Mai 2016, S. 33, 107. 246Daneben spielt der Gesundheitsschutz eine zentrale Rolle in der Gesetzesbegründung. 247Deutscher Bundestag, Entwurf eines Gesetzes zur Regulierung des Prostitutionsgewerbes sowie zum Schutz von in der Prostitution tätigen Personen, Drucksache 18/8556 vom 25. Mai 2016, S. 1, 2, 3, 32, 33, 34, 35, 36, 37, 65, 67, 70, 72, 73, 74, 76, 86, 88, 89, 91. 248Nur dann, wenn es zu einer geschlechtlichen Stimulation kommt, sind diese Schutzzwecke aber überhaupt erst berührt. 249Schließlich ist auch in der Rechtsprechung die Tendenz erkennbar, bei der Definition einer „sexuellen Handlung“ auf eine Erregung abzustellen. Besonders deutlich wird dies in einer Entscheidung des OVG Rheinland-Pfalz, 250Beschluss vom 28. August 2020 – 6 B 10864/20 –, juris, Rn. 11, 251wonach ein Verhalten „darauf gerichtet“ sein müsse, „einen anderen sexuell zu erregen oder zu befriedigen“, um als „sexuelle Handlung“ qualifiziert zu werden. 252Ohne dieses Tatbestandsmerkmal abstrakt zu definieren, stellt auch das Verwaltungsgericht Düsseldorf fest, dass die in dem dort streitgegenständlichen Betrieb angebotenen erotischen Massagen „auf sexuelle Erregung […] und Befriedigung des Kunden/der Kunden abzielen“ würden. 253VG Düsseldorf, Beschluss vom 30. Juni 2020 – 7 L 1186/20 –, juris, Rn. 40. 254Schließlich ist für das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen bei der Charakterisierung einer Betriebsform als bordellartiger Betrieb ebenso entscheidend, „ob der konkrete Betrieb gerade auf die sexuelle Stimulation der Kunden ausgerichtet ist oder andere Ziele verfolgt“. 255VG Gelsenkirchen, Urteil vom 29. August 2019 – 5 K 4649/18 –, juris, Rn. 29, 31, 32; VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 25. November 2020 – 18 L 967/20 –, juris, Rn. 20; vgl. auch VG Leipzig, Urteil vom 3. Mai 2017 – 4 K 399/15 –, juris, Rn. 25. 256Das vom Kläger gegen die Heranziehung einer geschlechtlichen Stimulation zur Definition einer „sexuellen Handlung“ bemühte historische Argument, dass der Gesetzgeber Handlungen, denen zwar eine sexuelle Konnotation anhafte, die aber aus seiner Sicht nicht schutzwürdig erschienen, ausdrücklich vom Anwendungsbereich ausgenommen habe, überzeugt demgegenüber nicht. Zwar ist richtig, dass der Gesetzgeber „sexuell konnotierte oder pornographische Darstellungen und Vorführungen wie Table-Dance, Peepshows etc.“ nicht vom Begriff der Prostitution erfasst wissen wollte. 257Deutscher Bundestag, Entwurf eines Gesetzes zur Regulierung des Prostitutionsgewerbes sowie zum Schutz von in der Prostitution tätigen Personen, Drucksache 18/8556 vom 25. Mai 2016, S. 33. 258Wie der Gesetzgeber an anderer Stelle der Begründung zu erkennen gibt, meinte er hiermit jedoch lediglich die in § 2 Abs. 1 Satz 2 ProstSchG ausdrücklich geregelten Vorführungen mit ausschließlich darstellerischem Charakter, bei denen keine weitere der anwesenden Personen sexuell aktiv einbezogen ist, 259Deutscher Bundestag, Entwurf eines Gesetzes zur Regulierung des Prostitutionsgewerbes sowie zum Schutz von in der Prostitution tätigen Personen, Drucksache 18/8556 vom 25. Mai 2016, S. 59, 260zu denen die „U. U1. ®“ ersichtlich nicht gehört, sodass der Einwand des Klägers ins Leere geht. Überdies handelt es sich bei der „U. U1. ®“, im Rahmen derer der Tantramasseur in aller Regel in Kontakt zu den Geschlechtsteilen seiner Kunden gerät, augenscheinlich nicht lediglich um eine Handlung, der eine sexuelle Konnotation anhaftet. 261Unter Berücksichtigung aller durch die Auslegung gewonnener Erkenntnisse lässt sich eine „sexuelle Handlung“ im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 ProstSchG im Ergebnis definieren als jedes vom Willen getragene menschliche Verhalten, das sich objektiv, also gemessen an seinem äußeren Erscheinungsbild, typischerweise als geschlechtliche Stimulation darstellt, und zwar unabhängig davon, ob es dabei zu körperlichen Berührungen oder zur Ausübung des Geschlechtsverkehrs kommt. 262(ee.) Das Gericht ist nach den ihm vorliegenden Unterlagen und Erkenntnismitteln sowie aufgrund der Befragung des Klägers im Erörterungstermin davon überzeugt, dass im Rahmen der von ihm angebotenen „U. U1. ®“ „sexuelle Handlungen“ im Sinne der vorbezeichneten Definition vorgenommen werden. Im Einzelnen: 263(aaa.) Es steht außer Frage, dass die vom Kläger während einer „U. U1. ®“ angewandten Grifftechniken ein menschliches Verhalten darstellen, auch wenn der jeweilige Kunde grundsätzlich in der Rolle des Empfangenden eine rezeptive Haltung einnimmt. Ausreichend ist ausweislich des ausdrücklichen Wortlauts von § 2 Abs. 1 Satz 1 ProstSchG, dass sich – wie bei der „U. U1. ®“ – eine einzige Person an einer anderen unmittelbar anwesenden Person betätigt, zumal – wie die vorstehenden Ausführungen gezeigt haben – das Vorliegen einer „sexuellen Handlung“ nicht von körperlichen Berührungen abhängt. 264Dass – wie der Kläger im Erörterungstermin zu Protokoll gegeben hat – „alles was bei der U. passiert, […] absichtslos“ geschehe, führt nicht dazu, dass das Verhalten des Klägers bei der von ihm angebotenen U. nicht mehr vom Willen getragen wäre. Vielmehr bringt der Kläger hiermit lediglich zum Ausdruck, dass im Rahmen einer solchen Massage Techniken intuitiv angewendet werden. 265(bbb.) Aus der Sicht eines objektiven Dritten stellt sich das Verhalten des Klägers als „Tantramasseur U1. ®“ im Rahmen der „U. U1. ®“ auch typischerweise als geschlechtliche Stimulation dar. 266Letztlich stellt der Kläger dies gar nicht in Abrede, wenn er in seinem Schriftsatz vom 16. Februar 2021 vortragen lässt, dass es bei der U. „zu sexuellen Handlungen oder Erregungsmomenten“ komme. Dies belegt auch seine Beschreibung auf seiner eigenen Internetseite zum Zeitpunkt des Erlasses des Eilbeschlusses vom 28. August 2019: 267„Tantrisch wird eine Massage auch durch ihre Ganzheitlichkeit. Sie berührt den ganzen Menschen, sie lässt keinen Körperteil aus. Insbesondere integriert sie die Sexualität und weckt ihre Energie als Lebenskraft. Jede Folge davon, sei es Atem, Stimme oder Bewegung, sei es Ejakulation oder aufsteigende Erschütterung, Tränen … bis hin zur lustvoll-mystischen Erfahrung oder einfach nur ein schlichter Orgasmus – alles ist willkommen und in Ordnung. […] Dabei wird der Intimbereich auf harmonische, natürliche und absichtslose Weise mit einbezogen, was einen völlig neuen Zugang zur eigenen Sinnlichkeit und Sexualität erschließt, dort neue, vorher nicht gekannte Erlebnisräume eröffnen und zur Integration der sexuellen Aspekte des Menschseins beitragen kann.“ 268VG Düsseldorf, Beschluss vom 28. August 2019 – 29 L 3067/18 –, juris, Rn. 19. 269Zwar hat der Kläger diesen Passus von seiner Internetseite mittlerweile entfernt. Abgesehen davon, dass er einen nachvollziehbaren Grund hierfür („Ich kann mich jetzt in diesem Fall an die Einzelheiten nicht mehr erinnern.“) im Erörterungstermin nicht benennen konnte, bedeutet die Änderung jedoch nicht, dass die Ausführungen inhaltlich nicht mehr zuträfen. Im Gegenteil folgt aus dem vom Kläger vorgelegten Ausbildungsskript zur „U. U1. ®“: 270„Die U. berührt den ganzen Menschen, sie lässt keinen Körperteil aus, außer der Gast möchte an bestimmten Stellen nicht berührt werden. Insbesondere integriert sie die Sexualität und weckt ihre Energie als Lebenskraft. Jede Folge davon, sei es Atem, Stimme oder Bewegung, sei es Ejakulation oder aufsteigende Erschütterung, Tränen … bis hin zur lustvoll-mystischen Erfahrung oder einfach nur ein schlichter Orgasmus – alles ist willkommen und in Ordnung.“ 271B. , Skript zur U. – Ausbildung U1. e. V., S. 4. 272Weiter heißt es dort: 273„Bei der U. wird die orgastische Energie des Klienten von Beginn an geweckt, erhalten und in den ganzen Körper gebracht.“ 274B. , Skript zur U. – Ausbildung U1. e. V., S. 4. 275Die Ziele der U. bestünden darin, ein allgemeines entspanntes Befinden des Körpers herbeizuführen sowie „einen orgastischen Zustand des Klienten zu erhalten und wenn möglich ganzkörperlich erfahrbar zu machen.“ 276B. , Skript zur U. – Ausbildung U1. e. V., S. 5. 277Diese Zitate dokumentieren unmissverständlich einen der Hauptzwecke der U. – mag sie auch noch so ganzkörperlich sein –, den Kunden sexuell – bis hin zum Orgasmus – zu erregen. 278Dementsprechend verwundert es nicht, dass der U. W2. e. V. zum Ziel hat, „die U. als kultivierte Form von Erotik gesellschaftlich zu etablieren […].“ 279B. , Skript zur U. – Ausbildung U1. e. V., S. 6. 280Die Feststellung, dass die U. jedenfalls auch auf sexuelle Erregung und Befriedigung ausgerichtet ist, hat der Kläger im Erörterungstermin bestätigt, wenn er vorträgt, dass auch Frauen zu ihm kämen, die keinerlei körperliche oder seelische Beschwerden hätten. In diesen Fällen wollten „diese Frauen einfach etwas Neues erfahren […], vielleicht anders berührt werden.“ Damit gibt der Kläger zu erkennen, dass es seinen Kunden jedenfalls teilweise auch darum geht, neue sexuelle Erfahrungen zu sammeln, mit denen naturgemäß eine geschlechtliche Stimulation verbunden ist. Insoweit konnte der Kläger auch nicht ausschließen, dass er von Kunden aufgesucht werde, die einfach nur ihre sexuellen Bedürfnisse befriedigen wollen. 281Dass die sexuelle Erregung einen erheblichen Stellenwert im Rahmen der U. einnimmt, folgt auch daraus, dass nach den vorgelegten Schulungsunterlagen der Umgang mit der eigenen Lust des „Tantramasseurs U1. ®“ eine gewichtige Rolle spielt. So sei es „natürlich“, dass auch bei dem Tantramasseur „sexuell lustvolle Empfindungen entstehen können.“ Diese seien zu bejahen, denn wenn der Tantramasseur „selbst in einem lustvollen Zustand“ sei, dann spüre er „auch besser, was die Gäste empfinden.“ 282B. , Skript zur U. – Ausbildung U1. e. V., S. 10 f. 283Im Erörterungstermin hat der Kläger bestätigt, dass es vorkommen könne, dass er selbst bei der Massage sexuell erregt sei, auch wenn dies nur „ganz selten“ passiere. Damit steht fest, dass es im Rahmen einer U. nicht lediglich zu einer geschlechtlichen Stimulation des Gastes, sondern auch zu einer solchen des Tantramasseurs kommt bzw. kommen kann und dass dies sogar gewünscht ist, um eine bessere Dienstleistung erbringen zu können. 284Bestätigt wird dieses Ergebnis in Ansehung der in den Schulungsunterlagen enthaltenen praktischen Hilfestellungen für das zu Beginn einer U. zu führende Vorgespräch mit dem jeweiligen Gast. Hiernach solle dem Gast gesagt werden, dass er „total lustvoll und laut sein […] [und seinen] Orgasmus zulassen“ dürfe. 285B. , Skript zur U. – Ausbildung U1. e. V., S. 33. 286Der Tantramasseur solle seinen Gast fragen, was dieser „besonders lustvoll“ finde. 287B. , Skript zur U. – Ausbildung U1. e. V., S. 34. 288Bereits für das Vorgespräch sehen die Schulungsunterlagen vor, dass der Tantramasseur seinen jeweiligen Gast auf Folgendes hinweisen solle: 289„Wir machen erst eine Reise durch deine ganze Yoni, dann gegen Ende hast du genügend Zeit, um dir genau das zu holen, was du brauchst, damit die Yoni-Massage rund für dich ist. Das kann ein Orgasmus sein, […].“ 290B. , Skript zur U. – Ausbildung U1. e. V., S. 34. 291Während der Massage solle der Tantramasseur seinen Kunden „beim Finale“ fragen: 292„Was von all dem war am lustvollsten für dich, was wünschst du dir? Oder: Was brauchst du, damit es jetzt richtig rund für dich wird?“ 293B. , Skript zur U. – Ausbildung U1. e. V., S. 34. 294Diese Handlungsempfehlungen lassen keinen Zweifel daran, dass während der „U. U1. ®“ nicht nur Handlungen vorgenommen werden, die sich typischerweise als geschlechtliche Stimulation darstellen, sondern dass es insbesondere auch darum geht, dem Gast – sofern er dies wünscht – gegen Ende der Massagezeit eine sexuelle Befriedigung zu verschaffen. 295Vor dem Hintergrund dieser eindeutigen Handlungsempfehlungen des privaten Dachverbands, bei dem der Kläger seine Ausbildung absolviert hat und von dem er zertifiziert worden ist, erweisen sich seine Ausführungen im Erörterungstermin, die Intimmassage ziele nicht darauf ab, „Lust zu stimulieren“, es sei „okay“, wenn bei einer U. Lust auf komme, sie „förder[t]en“ sie aber nicht, als Makulatur. 296In dem weiteren vom Kläger vorgelegten Ausbildungsskript spielen Erregung und Orgasmus eine zentrale Rolle. Dem Tantramasseur werden biologische und anatomische Fähigkeiten vermittelt, um „die Zeit zwischen Erregungs- und Orgasmusreflex zu gestalten, zu steigern oder genießen“, um den Orgasmus einer Frau herbeizuführen oder den Samenerguss eines Mannes hinauszuzögern. 297B. , Skript Level 2, Modul 3: Umgang mit sexuellen Störungen in der tantrischen Körperarbeit, S. 22 ff. 298Sexuelle Erregung und Orgasmus sind mithin Kernbestandteil einer „U. U1. ®“. 299Dies wird durch die Ausführungen des Klägers im Erörterungstermin bestätigt. Auch wenn er sich hinsichtlich der Yoni-Massage zurückhaltend gezeigt und stattdessen ausführlich über den dogmatischen Hintergrund und die anderen Abschnitte der U. erzählt hat, hat er doch zu Protokoll gegeben, dass er mit seinem Finger in die Yoni eindringe, sie „punktiere“ oder „kreisende Bewegungen“ mache. Es gehe „langsam vonstatten“. Es könne sein, dass er „fünf Minuten an einer Stelle bleibe, weil es heiß […] [sei] in der Yoni“. Er fühle „verschiedene Stellen ab, zum Beispiel den Zwölf-Uhr-Punkt oder den Dreizehn-Uhr-Punkt etc.“ Es mag sein, dass durch diese Techniken gewisse – wie der Kläger sagt – Blockaden oder Spannungen gelöst werden mögen, in jedem Fall sind sie geeignet, eine geschlechtliche Stimulation herbeizuführen. Nicht umsonst kommt es – so der Kläger im Erörterungstermin – „bei weniger als einem Drittel der Gäste zu einem für […] [ihn] erkennbaren Orgasmus“, wobei er selbst zu bedenken gibt, dass ein solcher „bei einer Frau ja so offensichtlich auch gar nicht zu erkennen“ sei. Die Dunkelziffer dürfte dementsprechend höher liegen. 300Bei seiner Würdigung verkennt das Gericht nicht, dass die U. durchaus geeignet sein kann, Menschen, die unter sexuellen (Missbrauchs-) Traumata, sexuellen Störungsbildern, Blockaden, Lustlosigkeit, Schmerzen und Fremdkörpergefühl nach Operationen, Orgasmusschwierigkeiten etc. leiden, zu helfen. Da es jedoch – wie dargelegt – nicht auf eine Schwerpunktbetrachtung, sondern darauf, ob ein Verhalten vorliegt, das sich typischerweise als geschlechtliche Stimulation darstellt, ankommt, ist dies irrelevant. Selbst wenn die Leistungen des Klägers nach eigenen Angaben eine sexualtherapeutische Wirkung haben, sind sie dennoch als „sexuelle Handlung“ einzustufen. 301Da die U. – wie sie vom U. W2. e. V. zertifiziert wird – nach dem Wortlaut, der Gesetzeshistorie, der Systematik und dem Sinn und Zweck des Prostituiertenschutzgesetzes in dessen Anwendungsbereich fällt, kommt eine teleologische Reduktion, wie sie von der Prozessbevollmächtigten des Klägers vertreten wird, nicht in Betracht. 302Vgl. zu den Voraussetzungen für eine teleologische Reduktion: BVerfG, Beschluss vom 31. Oktober 2016 – 1 BvR 871/13, 1 BvR 1833/13 –, juris, Rn. 22. 303Es ist nicht Aufgabe der Rechtsprechung, die vorbezeichnete Massage dem Regime des Prostituiertenschutzgesetzes zu entziehen. Allein der Gesetzgeber ist dazu berufen, eine entsprechende Bereichsausnahme zu schaffen. 304Schließlich gilt es zu bedenken, dass selbst wenn man – entgegen der hier vertretenen Auffassung – der Ansicht wäre, dass es bei der Frage, ob eine „sexuelle Handlung“ vorliegt, auf den Schwerpunkt der Gesamthandlung ankomme, sich das Gericht des Eindrucks nicht erwehren könnte, dass der Sexualbezug im Vordergrund steht. Hierfür spricht jedenfalls der vom Kläger im Erörterungstermin im Einzelnen dargelegte Ablauf einer „U. U1. ®“. Denn zahlreiche Handlungen, die der „Tantramasseur U1. ®“ vor dem – wie es in den Schulungsunterlagen genannt wird – „Finale“ vornimmt, dienen dazu, dass es überhaupt erst zu einer Massage des Geschlechtsteils des Gastes kommen kann. So zielt das Vorgespräch darauf ab, eine erste Vertrautheit herzustellen. 305B. , Skript zur U. – Ausbildung U1. e. V., S. 33 ff. 306Das schrittweise Entblößen sowohl des Tantramasseurs als auch des Gastes führt zu einem weiteren Distanzabbau, wobei das Gericht trotz der Einlassung des Klägers im Erörterungstermin und der von ihm vorgelegten Fachinformation, 307Fachinformation zu zertifizierten U. U1. ®, Anlage 14, S. 165 der Gerichtsakte, 308aufgrund der Handlungsempfehlungen in den Ausbildungsskripten, die – wie dargelegt – auf eine Steigerung des Lustempfindens ausgerichtet sind, nicht in Gänze auszuschließen vermag, dass die Nacktheit des Masseurs nicht jedenfalls auch dem Lustgewinn des Gastes dient. 309Die eigentliche Massage beginnt mit Kopf, Rücken und Extremitäten, wobei sich der Masseur immer weiter dem Geschlechtsteil annähert. Auch diese Vorgehensweise verdeutlicht, dass während der gesamten Massage auf ein einziges Ziel hingearbeitet wird, nämlich der Massage des Geschlechtsteils. Wenn also dieser Teil der Massage, der nach der Einlassung des Klägers im Erörterungstermin nur das „letzte Drittel oder Viertel“ der Massagezeit in Anspruch nimmt, so bedeutet dies nicht, dass nicht bereits die zuvor erfolgten Handlungen einen Sexualbezug aufgewiesen hätten, weil sie das „Finale“ erst ermöglichen. Da die Grenzen zwischen sexualbezogenen und neutralen Handlungen fließend sind, belegen diese Ausführungen einmal mehr, dass eine Schwerpunktbetrachtung nicht justiziabel ist. 310(ccc.) Schließlich ist es für das Erfüllen des Tatbestandsmerkmals einer „sexuellen Handlung“ unbeachtlich, das es im Rahmen einer „U. U1. ®“ nicht zur Ausübung des Geschlechtsverkehrs kommt. 311(b.) Die vom Kläger an seinen Kunden ausgeübte „sexuelle Handlung“ ist zudem an die Entrichtung eines Entgelts geknüpft. Ausweislich der von ihm betriebenen Internetseite liegen seine Preise für eine einzelne U. zwischen 200,00 EUR und 300,00 EUR. 312Der Einwand der Prozessbevollmächtigten des Klägers im Erörterungstermin, dass nur ein Bruchteil der Gesamtmassage einen geschlechtlichen Hintergrund habe, sodass sich der überwiegende Anteil des zu zahlenden Entgelts auf neutrale Handlungen beziehe, greift nicht durch, weil es – wie dargelegt – nicht auf eine Schwerpunktbetrachtung ankommt. Ausreichend ist, wenn sich nur ein Teil des Entgelts, und sei er auch noch so geringfügig, auf die vorgenommene „sexuellen Handlung“ bezieht. 313bb. Auch die übrigen Voraussetzungen des § 11 Abs. 1 in Verbindung mit § 3 Abs. 1 ProstSchG und des § 11 Abs. 2 in Verbindung mit § 10 Abs. 3 Satz 1 ProstSchG liegen vor. 314Der Kläger hat seine Tätigkeit als Prostituierter bis zum maßgeblichen Zeitpunkt des erledigenden Ereignisses ohne Anmeldung und ohne Nachweis, an einer gesundheitlichen Beratung teilgenommen zu haben, durchgeführt. 315Anhaltspunkte dafür, dass die dem Kläger in Ziffer 2. der Ordnungsverfügung zu entnehmende Frist zur Anmeldung bzw. zur Wahrnehmung der gesundheitlichen Beratung nicht angemessen gewesen wäre, sind weder vorgetragen worden noch sonst ersichtlich. 3162. Soweit sich die Klage gegen die Zwangsgeldandrohung in Ziffer 2. der angefochtenen Ordnungsverfügung richtet, ist sie ebenfalls unbegründet. 317Zum maßgeblichen Zeitpunkt der Erledigung des Verwaltungsakts lagen die Voraussetzungen der § 55 Abs. 1, § 57 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2, § 60, § 63 Abs. 1 bis 3 und Abs. 5 des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (VwVG NRW) für die Androhung eines Zwangsgeldes vor. Insbesondere Ermessensfehler sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. 3183. Die vom Kläger schriftsätzlich gestellten Beweisanträge sind abzulehnen. 319Ein Beweisantrag ist das an das Gericht gestellte Verlangen eines Prozessbeteiligten, Beweis über eine den Sachverhalt betreffende Behauptung durch bestimmte, nach prozessualem Recht zulässige Beweismittel zu erheben. Erforderlich sind eine Beweisbehauptung, ein Beweismittel sowie eine Konnexität zwischen Beweistatsache und Beweismittel. Bei der Ablehnung von Beweisanträgen haben wegen der übereinstimmenden Geltung des Amtsermittlungsprinzips der Sache nach die in § 244 Abs. 3 und 4 der Strafprozessordnung (StPO) für den Strafprozess normierten Ablehnungsgründe auch im verwaltungsgerichtlichen Prozess Geltung. 320BVerwG, Beschluss vom 9. Mai 1983 – 9 B 10466/81 –, juris, Rn. 4; BVerwG, Beschluss vom 31. Juli 2014 – 2 B 20/14 –, NVwZ-RR 2014, S. 887; OVG NRW, Beschluss vom 22. Januar 1981 – 18 A 10023/80 –, juris, Leitsatz. 321Der Antrag, Herrn P. H1. als Zeugen zum Schwierigkeitsgrad der Ausbildung des U. W1. e. V. sowie zur Durchfallquote zu befragen, ist abzulehnen, weil die Beweiserhebung wegen Offenkundigkeit überflüssig ist, § 244 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 StPO. Die unter Beweis gestellten Tatsachen sind bereits durch die vorgelegten Unterlagen (Ausbildungsordnung, Ausbildungsskripte, Rechenschaftsbericht) sowie durch die Anhörung des Klägers im Erörterungstermin gerichtskundig. Der Beweisantrag ist zudem wegen Bedeutungslosigkeit gemäß § 244 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 StPO abzulehnen. Die Frage, wie anspruchsvoll die Ausbildung zur Erlangung eines U. -Zertifikats des U. W1. e. V. ist und wie hoch die Durchfallquote ist, steht in keinerlei Zusammenhang mit der Urteilsfindung. Die Qualität der Ausbildung und die Höhe der Durchfallquote spielen für die Beantwortung der Rechtsfrage, was unter einer „sexuellen Handlung“ zu verstehen ist, keine Rolle, zumal das Gericht diese Frage dahingehend beantwortet hat, dass es nicht auf eine Schwerpunktbetrachtung ankommt. 322Der „Antrag“ Frau N. S. als Zeugin zu befragen, ist ebenfalls abzulehnen. Das Gericht hat bereits erhebliche Zweifel daran, dass es sich hierbei überhaupt um einen Beweisantrag handelt. Es fehlt an einer Beweisbehauptung, weil es dem Kläger nicht gelungen ist, eine Beweistatsache als hinreichend bestimmt und feststehend zu benennen. Frau N. S. wird als Zeugin für die „Einzelheiten“ der Berührungskunst bzw. für die „Anforderungen“ an ein Zertifikat benannt, ohne dass ersichtlich wäre, wozu genau sie etwas sagen können soll. Konkrete Umstände oder Geschehnisse, die die als Zeugin benannte Frau N. S. wahrgenommen haben soll, werden nicht angegeben. Vielmehr ist das Beweisthema so weit gefasst, dass es ein klares Beweisziel vermissen lässt. Es handelt sich mithin um einen unsubstantiierten Beweisantrag „ins Blaue hinein“. Aber selbst wenn man von einem formellen Beweisantrag ausginge, wäre die Beweiserhebung wegen Offenkundigkeit gemäß § 244 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 StPO aus denselben Gründen überflüssig wie die Einvernahme des als Zeugen benannten Herrn P. H1. . Auf die vorstehenden Ausführungen wird verwiesen. Auch der Ablehnungsgrund der Bedeutungslosigkeit gemäß § 244 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 StPO käme zur Anwendung, weil die Einzelheiten über die Berührungskunst, über die Anforderungen an ein Zertifikat bzw. über den Personenkreis, der die Ausbildung erfolgreich besteht, in keinem Zusammenhang mit der Urteilsfindung stehen. 323Schließlich sind auch die „Anträge“, Frau B2. -N1. I. und Herrn Dipl.-Psych. S1. D. als Zeugen zu den positiven sexualtherapeutischen Auswirkungen von Tantramassagen zu vernehmen, abzulehnen. Auch hier hat das Gericht bereits durchgreifende Zweifel daran, dass es sich überhaupt um förmliche Beweisanträge handelt. Über welches Fachwissen die beiden Personen, die weder als sachverständige Zeugen noch als Sachverständige benannt wurden, verfügen sollen, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, auch nicht unter Berücksichtigung der mit Schriftsatz vom 16. Februar 2021 eingereichten Anlagen 4 und 5. Ebenso wenig erschließt sich, dass sich die beiden als Zeugen benannten Personen mit der Art und Weise der U. auskennen würden. Letztlich könnten sie nur Auskunft zu ihren konkreten Patienten geben, die bereits einmal die Erfahrung einer U. gemacht haben; in Bezug auf diese Personen könnten sie mitteilen, wie sich die U. in diesen konkreten Fällen bei ihren Patienten sexualtherapeutisch ausgewirkt hat. Zu derartigen Geschehnissen und Umständen (Anzahl der Patienten, konkrete Fälle, Therapieverlauf etc.) macht der Kläger jedoch keinerlei Angaben. Dass die als Zeugen benannten Personen in der Lage wären, allgemeingültige Bekundungen auszusprechen, ist ebenso wenig vorgetragen oder anzunehmen. Aber selbst wenn man von förmlichen Beweisanträgen ausginge, sind diese abzulehnen. Die unter Beweis gestellten Tatsachen sind für die Entscheidungsfindung gemäß § 244 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 StPO ohne Bedeutung, weil es sich bei der Frage, was unter einer „sexuellen Handlung“ im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 ProstSchG zu verstehen ist, um eine Rechtsfrage handelt. Die Beweisanträge sind zudem gemäß § 244 Abs. 3 Satz 3 Nr. 6 StPO abzulehnen, denn selbst dann, wenn man als wahr unterstellte, dass der „U. U1. ®“ therapeutische Wirkung zukäme, änderte dies nichts daran, dass im Rahmen dieser Massage „sexuelle Handlungen“ vorgenommen würden. 324III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. 325Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 1 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 709 Satz 2, 711 ZPO. 326Die Berufung ist zuzulassen, weil der abstrakten Rechtsfrage, was unter einer „sexuellen Handlung“ im Sinne von § 2 Abs. 1 ProstSchG und damit unter einer „sexuellen Dienstleistung“ zu verstehen ist, wegen der vielschichtigen Fallgestaltungen (U. , Sexualbegleitung, Sexualassistenz etc.) eine über den konkreten Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt, also im allgemeinen Interesse liegt und deswegen grundsätzliche Bedeutung hat, zumal – soweit ersichtlich – hierüber bislang noch nicht höchstrichterlich entschieden worden ist, § 124a Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO. 327Rechtsmittelbelehrung: 328Gegen dieses Urteil kann innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) schriftlich Berufung eingelegt werden. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen. 329Die Berufung kann auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) eingelegt werden. 330Die Berufung ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster oder Postfach 6309, 48033 Münster) schriftlich oder als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der ERVV einzureichen. 331Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). 332Im Berufungsverfahren müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die das Verfahren eingeleitet wird. Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Auf die zusätzlichen Vertretungsmöglichkeiten für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und § 5 Nr. 6 des Einführungsgesetzes zum Rechtsdienstleistungsgesetz – RDGEG –). Darüber hinaus sind die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen unter den dort genannten Voraussetzungen als Bevollmächtigte zugelassen. 333Die Berufungsschrift und die Berufungsbegründungsschrift sollen möglichst dreifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften. 334Beschluss: 335Der Streitwert wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt. 336Gründe: 337Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 2 des Gerichtskostengesetzes (GKG). Die in Ziffer 2. des streitgegenständlichen Bescheids enthaltene Zwangsgeldandrohung bleibt für die Bemessung des Streitwerts gemäß Ziffer 1.7.2 des Streitwertkatalogs 2013 in der Fassung der am 31. Mai/1. Juni 2012 und am 18. Juli 2013 beschlossenen Änderungen, 338NVwZ-Beilage 2013, S. 58), 339außer Betracht. 340Rechtsmittelbelehrung: 341Gegen den Streitwertbeschluss kann schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) Beschwerde eingelegt werden, über die das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster entscheidet, falls ihr nicht abgeholfen wird. 342Die Beschwerde kann auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) oder zu Protokoll der Geschäftsstelle eingelegt werden; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. 343Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von sechs Monaten eingelegt wird, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. 344Die Beschwerde ist nicht gegeben, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,-- Euro nicht übersteigt. 345Die Beschwerdeschrift soll möglichst dreifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften. 346War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. 347Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist angerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.
die klage wird abgewiesen. der kläger trägt die kosten des verfahrens. das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. der kläger darf die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe von 110 % des aufgrund des urteils vollstreckbaren betrags abwenden, wenn nicht der beklagte vor der vollstreckung sicherheit in höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden betrags leistet. die berufung wird zugelassen. 1
2die beteiligten streiten über die pflicht des klägers, sich als prostituierter anzumelden und eine gesundheitsberatung wahrzunehmen. der im jahr 0000 geborene kläger betreibt eine massagepraxis, der beklagte unterhält eine prostituiertenberatungsstelle. 3in einem mit „zertifikat tantramassage-profi-ausbildung“ überschriebenen dokument vom 0. e. 2011 wird dem kläger bescheinigt, dass er die „b. ® tantramassage-profi-ausbildung“ besucht und erfolgreich abgeschlossen habe. dieser abschluss berechtige ihn zur führung der bezeichnung „trantramasseur level 1“. 4nach einem mit „teilnahme-zertifikat“ überschriebenen dokument nahm der kläger zwischen dem 00. b. 2013 und dem 00. n. 2015 an einer fortbildung „in beziehungsdynamischer sexualtherapie“ teil. 5ein weiteres mit „zertifikat“ überschriebenes dokument der „c. der e. h. für b1. medizin“ bestätigt dem kläger, „die ausbildung als gesundheitspraktiker bfg für sexualkultur erfolgreich abgeschlossen“ zu haben. 6unter dem 0. t. 2014 meldete der kläger bei der stadt w. ein gewerbe für folgende tätigkeiten an: 7„b1. wellnessmassagen unter anderem nach vorheriger terminabsprache vom kunden beim kunden, beratende tätigkeiten im wellnessbereich sowie dazugehörigen der seminare, sexualberatung.“ 8in seiner massagepraxis, die unter dem namen „g. “ firmiert, bietet der kläger unter anderem seminare, sexualberatung und tantramassagen an, wobei seine klienten zu 95 % aus frauen bestehen. 9unter dem 0. juni 2018 forderte der beklagte den kläger auf, eine erlaubnis gemäß § 12 abs. 1 des gesetzes zum schutz von in der prostitution tätigen personen (prostituiertenschutzgesetz – prostschg) zu beantragen, weil er ein erlaubnispflichtiges prostitutionsgewerbe betreibe. darüber hinaus wies der beklagte den kläger darauf hin, dass personen, die sexuelle dienstleistungen anböten, einer anmeldepflicht unterlägen. 10mit anwaltlichem schreiben vom 23. juli 2018 ließ der kläger mitteilen, dass er als einzelmasseur in eigener praxis tätig sei, sodass er die voraussetzungen für ein prostitutionsgewerbe nicht erfülle. ihn betreffe auch die anmeldepflicht des § 3 abs. 1 prostschg nicht, da die von ihm angebotenen massagen keine sexuellen dienstleistungen darstellten. vielmehr unterbreite er mit den von ihm angebotenen massagen ein sexualtherapeutisches, alternativmedizinisches angebot. er biete als „tantramasseur tmv®“ ausschließlich „tantramassagen tmv®“ an. dies dürften nur personen, die – wie er – eine anerkannte, zertifizierte ausbildung nach den strengen richtlinien des u. w1. e. v. (u1. ) erfolgreich durchlaufen hätten. als mitglied dieses w1. treffe ihn die verpflichtung, sich mindestens zwanzig unterrichtsstunden im jahr fortzubilden. die „u. u1. ®“ sei eine ganzheitliche, sexualtherapeutische massage. vor und nach der massage stehe ein ausführliches gespräch, teilweise auch mehrmalig. bei der massage werde der gesamte körper des klienten berührt, unter anderem auch der intimbereich. hier stehe nicht die sexuelle stimulation im vordergrund, sondern die ganzheitliche berührung des körpers zur überwindung von blockaden und traumatischen erlebnissen. zu den symptombildern der ihn aufsuchenden klienten gehörten mitunter: 1112„sexuelle störungsbilder wie scheidenkrämpfe (vaginismus), schmerzen im intimbereich oder beim geschlechtsverkehr (dyspareunie), missbrauchsthemen und sexuelle traumata, veränderte lust bei älteren frauen, schmerzen und fremdkörpergefühl nach krebsoperationen (z. b. nach einer brustamputation), nach allgemeinen operationen zur narbenendstörung (z. b. dammschnitte), ein sich nicht wohlfühlen im eigenen körper, orgasmusschwierigkeiten und lustlosigkeit, frauen, denen etwas fehlt in der männlich geprägten sexualität, menschen, die spüren, dass sexualität ein zugang zur spiritualität sein kann, frauen, die die verletzte oder veränderte region nach einer unterleibsoperation vorsichtig wieder neu entdecken möchten, menschen, die eine neue körpererfahrung machen möchten, frauen, männer oder paare, die in einem berührungscoaching erlernen möchten, wie man sich achtsam, aber auch intensiver berühren kann, klienten mit burn-out und/oder depressionen“. 13da der kläger freiberuflich und selbstbestimmt in eigener praxis arbeite, bestehe auch kein bedürfnis, ihn durch das prostituiertenschutzgesetz zu schützen. 14mit schreiben vom 7. august 2018 ließ der beklagte den kläger wissen, dass er an der „aufforderung zur antragstellung gemäß § 12 prostschg“ festhalte. massagestudios, die tantramassagen anböten, seien als erotische massagestudios den bordellartigen betrieben zuzurechnen. ob im zusammenhang mit der massage die ausübung von geschlechtsverkehr gegen entgelt angeboten werde, sei hier nicht relevant. entscheidend sei vielmehr, dass es sich um eine dienstleistung handele, die ihrer art nach erkennbar auf die sexuelle stimulation des kunden ausgerichtet sei. bei der ausübung seiner dienstleistungen beziehe der kläger den intimbereich ein, denn er biete auf seiner homepage unter anderem ein seminar an, in dem eine anal- sowie prostatamassage erlernt werden könne. 15nach einer persönlichen vorsprache des klägers bei dem beklagten am 14. august 2018 hielt ein sachbearbeiter des beklagten in einem vermerk fest: 16„herr e1. konnte jedoch widerlegen, dass er nicht der erlaubnispflicht nach § 12 prostschg unterliegt. er zieht seinen angaben nach keinen wirtschaftlichen nutzen aus der prostitution anderer, da er für seminare oder vier-hand-massagen lediglich seine räume zur verfügung stellt. ob dies jedoch kostenfrei geschieht oder gegen entgelt, konnte nicht genau geklärt werden. 17hier bleibt fraglich, ob herr e1. andere tantramasseure bei sich arbeiten lässt und ob hier eine entschädigung für die nutzung der räumlichkeiten oder eine aufteilung des entgelts für vier-hand-massagen erfolgt.“ 18in einem am 28. august 2018 unter der überschrift „anhörung gemäß § 28 des verwaltungsverfahrensgesetzes“ verfassten dokument forderte der beklagte den kläger zur anmeldung gemäß § 3 abs. 1 prostschg auf. unter sexuellen dienstleistungen im sinne des prostituiertenschutzgesetzes seien alle üblicherweise der prostitution zugerechneten formen sexueller handlungen gegen entgelt zu verstehen, einschließlich sexualbezogener sadistischer oder masochistischer handlungen, unabhängig davon, ob es dabei zu körperlichen berührungen oder zur ausübung des geschlechtsverkehrs zwischen den beteiligten personen komme. hiervon umfasst seien insbesondere tantramassagen, welche oftmals eine sexuelle stimulierung des kunden mit der hand oder dem eigenen körper beinhalteten. 19mit anwaltlichem schreiben vom 5. oktober 2018 ließ der kläger gegenüber dem beklagten mitteilen, dass er keine sexuellen dienstleistungen anbiete, sondern ein sexualtherapeutisches angebot unterhalte. 20in einem mit „ordnungsverfügung“ überschriebenen dokument vom 9. oktober 2018 forderte der beklagte den kläger auf, seine tätigkeit als prostituierter anzumelden und eine gesundheitliche beratung wahrzunehmen. für den fall, dass anmeldung und gesundheitliche beratung nicht bis zum 24. oktober 2018 vorgenommen würden, drohte der beklagte dem kläger ein zwangsgeld in höhe von 2.500,00 eur an. die sofortige vollziehung der verfügung wurde angeordnet. nach würdigung der einlassung des klägers habe man davon abstand genommen, sein gewerbe als erlaubnispflichtiges prostitutionsgewerbe einzustufen. er sei jedoch verpflichtet, seine tätigkeit als prostituierter anzumelden. insbesondere biete er sexuelle dienstleistungen an. laut internetseite des u. w1. e. v. werde bei einer „u. u1. ®“ kein körperteil ausgelassen. weiterhin werde jede folge davon, seien es atem, stimme, bewegung, ejakulation, aufsteigende erschütterung, tränen bis hin zur lustvoll-mystischen erfahrung oder einfach nur ein schlichter orgasmus als willkommen angesehen. dieses schreiben erhielt der rechtsanwalt des klägers am 10. oktober 2018. 21mit schriftsatz vom 17. oktober 2018, bei gericht eingegangen am 19. oktober 2018, hat der kläger klage erhoben, mit der er zunächst die aufhebung des bescheids vom 9. oktober 2018 begehrt hat. den parallel zur klageerhebung gestellten antrag auf wiederherstellung der aufschiebenden wirkung hat das gericht mit beschluss vom 28. august 2019, aktenzeichen: 29 l 3067/18, abgelehnt. die hiergegen gerichtete beschwerde hat das oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen (ovg nrw) mit beschluss vom 17. januar 2020, aktenzeichen: 13 b 1282/19, zurückgewiesen. daraufhin hat sich der kläger am 23. oktober 2020 als prostituierter angemeldet und an einem gesundheitlichen beratungsgespräch teilgenommen. 22mit seiner klage begehrt er nunmehr die feststellung, dass die verpflichtung, sich als prostituierter anzumelden und an einem gesundheitlichen beratungsgespräch teilzunehmen, rechtswidrig war. er habe ein rehabilitierungsinteresse, da er durch die einordnung als prostituierter diskriminiert und nach außen hin diskreditiert werde. da die anmeldebescheinigung nur zwei jahre gültig sei, bestehe außerdem eine wiederholungsgefahr. 23er erbringe keine sexuelle dienstleistung im sinne von § 2 abs. 1 prostschg, weil seine hauptleistung als „tantramasseur u1. ®“ in der behandlung von körper und geist bestehe. er biete eine ganzheitliche massage des körpers an, berührungen der geschlechtsteile sowohl männlicher als auch weiblicher kunden seien darin integriert. dieses erhebe aber die behandlung nicht zu einer sexuellen dienstleistung. dass mit einer massage eine sexuelle erregung einhergehe, reiche nicht aus. die angewandten methoden während der u. dienten nicht der befriedigung sexueller lust, sondern der herstellung einer körperlichen und seelischen balance, die im einzelfall gestört sein könne. solche störungen bezeichne man auch als sexuelle dysfunktionen wie z. b. dyspareunie, vaginismus und vulvodynie. derartige schmerzerkrankungen ließen sich durch fachmedizinische behandlungen nicht in den griff kriegen, weshalb auf andere behandlungsmethoden, darunter auch die „u. u1. ®“, zurückgegriffen werde. diese tantramassagen würden im rahmen von sexualtherapien ausdrücklich empfohlen. die durchgeführten berührungen und angewandten massagetechniken würden bewirken, dass negative erfahrungen, schamhafte körpergefühle oder traumatische erlebnisse überwunden und verarbeitet würden. in einigen fällen komme es überhaupt nicht zu massagen und berührungen des genitalbereichs (z. b. bei vulvodynie und erektionsstörungen). 24letztlich komme es nicht darauf an, ob eine „u. u1. ®“ eine sexuelle dienstleistung sei, weil diese massage den schutzzweck des gesetzes von vornherein nicht berühre. die in der gesetzesbegründung erwähnten prostituierten hätten mit den personen, die nach einer ausbildung als zertifizierte „tantramasseure u1. ®“ tätig seien, nichts gemeinsam. dies beruhe auf der hinter der tätigkeit stehenden ausbildung, aber auch auf der tatsache, dass „tantramassagen u1. ®“ auf der kundenseite von männern und frauen gleichermaßen in anspruch genommen und auch von männlichen und weiblichen „tantramasseuren u1. ®“ angeboten würden. darüber hinaus liege der idee des gesetzgebers ein bild von prostituierten zugrunde, die kaum oder überhaupt keinen zugang zu informationen hätten, diese aber dringend bräuchten. zertifizierte „tantramasseure u1. ®“ könnten hiermit nicht gemeint sein. der kläger sei darüber hinaus sogar noch zertifizierter sexualtherapeut und gesundheitspraktiker. der gesetzgeber habe den bereich der u. nicht gesehen. die gerichte seien daher dazu berufen, eine einschränkung des anwendungsbereichs des prostituiertenschutzgesetzes vorzunehmen. 25auch nach der begründung zu diesem gesetz sei die massage eines zertifizierten „tantramasseurs u1. ®“ nicht als sexuelle dienstleistung einzuordnen, weil hierunter nur „alle üblicherweise der prostitution zugerechneten formen sexueller handlungen gegen entgelt“ fielen. bei einer „u. u1. ®“ handele es sich demgegenüber nicht um formen sexueller handlungen, die „üblicherweise“ der prostitution zugerechnet würden. 26der kläger beantragt, 27festzustellen, dass der bescheid des beklagten vom 9. oktober 2018 rechtswidrig war. 28der beklagte beantragt, 29die klage abzuweisen. 30zur begründung wiederholt er im wesentlichen seine ausführungen aus dem verwaltungsverfahren. ergänzend trägt er vor, dass eine vom kläger subjektiv empfundene fehlende schutzbedürftigkeit für die frage der einordnung seiner tätigkeit als sexuelle dienstleistung nicht entscheidend sei. 31am 18. oktober 2021 hat ein erörterungstermin stattgefunden, im rahmen dessen der kläger zum sachverhalt befragt worden ist. wegen der weiteren einzelheiten des vortrags der beteiligten wird auf den inhalt der gerichtsakte, den beigezogenen verwaltungsvorgang und auf das sitzungsprotokoll zum erörterungstermin vom 18. oktober 2021 verwiesen. 32
33der einzelrichter ist für die entscheidung zuständig, nachdem die kammer ihm den rechtsstreit mit beschluss vom 22. september 2021 zur entscheidung übertragen hat, vgl. § 6 abs. 1 der verwaltungsgerichtsordnung (vwgo). aufgrund des im erörterungstermin am 18. oktober 2021 erklärten einverständnisses der beteiligten entscheidet das gericht gemäß § 101 abs. 2 vwgo ohne mündliche verhandlung. 34die klage ist zulässig (i.), aber unbegründet (ii.). 35i. sie ist als fortsetzungsfeststellungsklage gemäß § 113 abs. 1 satz 4 vwgo statthaft, da sich die angefochtene ordnungsverfügung vom 9. oktober 2018, bei der es sich um einen verwaltungsakt gemäß § 35 satz 1 des verwaltungsverfahrensgesetzes für das land nordrhein-westfalen (vwvfg nrw) handelt, nach klageerhebung erledigt hat, indem sich der kläger am 23. oktober 2020 als prostituierter angemeldet und an einem gesundheitlichen beratungsgespräch teilgenommen hat. die umstellung der klage von einer ursprünglichen anfechtungsklage gemäß § 42 abs. 1 satz 1 alt. 1 vwgo in eine fortsetzungsfeststellungsklage gemäß § 113 abs. 1 satz 4 vwgo stellt nach § 173 satz 1 vwgo in verbindung mit § 264 nr. 3 der zivilprozessordnung (zpo) eine zulässige klageänderung dar. 36der kläger ist auch klagebefugt im sinne von § 42 abs. 2 vwgo, da nicht von vornherein ausgeschlossen werden kann, dass er durch die streitgegenständliche ordnungsverfügung jedenfalls in seiner berufsfreiheit nach art. 12 abs. 1 des grundgesetzes (gg) verletzt ist. 37er hat zudem ein berechtigtes interesse an der begehrten feststellung der rechtswidrigkeit der ordnungsverfügung vom 0. oktober 2018. ein solches fortsetzungsfeststellungsinteresse kann rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller natur sein. es besteht typischerweise in den anerkannten fallgruppen der wiederholungsgefahr, des rehabilitationsinteresses sowie der absicht zum führen eines schadensersatzprozesses, kann sich aber auch aus anderen besonderen umständen des einzelfalls ergeben, sofern die gerichtliche entscheidung geeignet ist, die klägerische position in rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller hinsicht zu verbessern. 38bverwg, beschluss vom 17. dezember 2019 – 9 b 52/18 –, juris, rn. 9. 39vorliegend kann offenbleiben, ob dem kläger ein rehabilitierungsinteresse zur seite steht, ob also die pflicht zur anmeldung als prostituierter bei objektiver und vernünftiger betrachtungsweise diskriminierende wirkung entfaltet oder gar eine stigmatisierung darstellt und, falls ja, ob diese in ansehung von §§ 5 abs. 6, 34 prostschg die erforderliche außenwirkung entfaltet. jedenfalls besteht nämlich die gefahr, dass er sich in zukunft regelmäßig gleichlautenden ordnungsverfügungen ausgesetzt sieht. eine solche wiederholungsgefahr setzt die hinreichend bestimmte gefahr voraus, dass unter im wesentlichen unveränderten tatsächlichen und rechtlichen umständen ein gleichartiger verwaltungsakt ergehen bzw. eine gleichartige behördliche entscheidung getroffen wird. 40bverwg, beschluss vom 17. dezember 2019 – 9 b 52/18 –, juris, rn. 9. 41das erfordert zum einen die konkrete möglichkeit, dass sich ein vergleichbarer sachverhalt wieder ereignen, und zum anderen, dass die behörde voraussichtlich an ihrer rechtsauffassung festhalten wird. 42bverfg, beschluss vom 8. februar 2011 – 1 bvr 1946/06 –, juris, rn. 22. 43davon ist vorliegend auszugehen. gemäß § 5 abs. 4 satz 1 prostschg gilt die anmeldebescheinigung für anmeldepflichtige personen, die – wie der kläger – älter sind als 21 jahre, für zwei jahre. wird die tätigkeit als prostituierter nach ablauf der gültigkeitsdauer fortgesetzt, so ist gemäß § 5 abs. 5 satz 1 prostschg die anmeldebescheinigung zu verlängern, wozu ein nachweis über die mindestens einmal jährlich erfolgte gesundheitliche beratung vorzulegen ist, vgl. §§ 4 abs. 4 satz 1, 5 abs. 5 satz 2 prostschg. auch die sonstigen für eine anmeldung erforderlichen angaben und nachweise gemäß § 4 prostschg sind gemäß § 5 abs. 5 satz 4 prostschg erneut zu erbringen. der kläger wird daher spätestens zwei jahre nach seiner erstmaligen anmeldung am 23. oktober 2020 das prozedere erneut durchlaufen müssen. sofern er sich dem verweigert, ist mit hinreichender bestimmtheit davon auszugehen, dass der beklagte eine neuerliche ordnungsverfügung erlassen wird. denn dass er zukünftig von seiner bisherigen rechtsauffassung abweichen wird, ist weder vorgetragen noch erkennbar. eine entsprechende erklärung haben die vertreter des beklagten im erörterungstermin nicht abgegeben. 44mit klageerhebung am 19. oktober 2018 gegen die ordnungsverfügung vom 0. oktober 2018 hat der kläger zudem die ursprüngliche anfechtungsklage fristgerecht innerhalb der monatsfrist des § 74 abs. 1 satz 2 vwgo erhoben. 45ii. die klage ist jedoch unbegründet. die ordnungsverfügung des beklagten vom 9. oktober 2018 war zum maßgeblichen zeitpunkt der erledigung des verwaltungsakts, 46vgl. hierzu bverwg, urteil vom 25. juli 1985 – 3 c 25/84 –, juris, rn. 42, 47rechtmäßig und hat den kläger nicht in seinen rechten verletzt, § 113 abs. 1 satz 4 in verbindung mit § 113 abs. 1 satz 1 vwgo. dies gilt sowohl für die in ziffer 1. der ordnungsverfügung an den kläger gerichtete aufforderung, seine tätigkeit als prostituierter anzumelden und die gesundheitliche beratung wahrzunehmen (1.) als auch für die in ziffer 2. enthaltene zwangsgeldandrohung (2.). die vom kläger schriftsätzlich gestellten beweisanträge sind abzulehnen (3.). 481. gegen die in ziffer 1. der ordnungsverfügung an den kläger gerichtete aufforderung, seine tätigkeit als prostituierter anzumelden und an einem gesundheitlichen beratungsgespräch teilzunehmen, war im entscheidungserheblichen zeitpunkt nichts zu erinnern. 49a. sie fand ihre rechtsgrundlage in § 11 abs. 1 in verbindung mit § 3 abs. 1 prostschg bzw. in § 11 abs. 2 in verbindung mit § 10 abs. 3 satz 1 prostschg. 50§ 11 abs. 1 prostschg bestimmt, dass die zuständige behörde eine person auffordert, ihre tätigkeit als prostituierte oder als prostituierter innerhalb einer angemessenen frist anzumelden und der zuständigen behörde die anmeldebescheinigung vorzulegen, wenn der behörde tatsächliche anhaltspunkte dafür vorliegen, dass diese person der prostitution nachgeht, ohne diese tätigkeit zuvor angemeldet zu haben. die anmeldepflicht für prostituierte ergibt sich dabei aus § 3 abs. 1 prostschg. danach hat die person, die eine tätigkeit als prostituierte oder als prostituierter ausüben will, dies vor aufnahme der tätigkeit persönlich bei der behörde, in deren zuständigkeitsbereich die tätigkeit vorwiegend ausgeübt werden soll, anzumelden. 51nach § 11 abs. 2 prostschg wiederum fordert die zuständige behörde personen auf, innerhalb einer angemessenen frist die gesundheitliche beratung wahrzunehmen und der zuständigen behörde die bescheinigung über die gesundheitliche beratung vorzulegen, wenn der behörde tatsächliche anhaltspunkte dafür vorliegen, dass diese person der prostitution nachgeht, ohne die pflicht zur gesundheitlichen beratung wahrgenommen zu haben. die pflicht zur wahrnehmung einer gesundheitlichen beratung ergibt sich aus § 10 abs. 3 satz 1 prostschg, dem zufolge personen, die eine tätigkeit als prostituierte oder als prostituierter ausüben wollen, vor der erstmaligen anmeldung der tätigkeit eine gesundheitliche beratung wahrnehmen müssen. 52an der verfassungs- und europarechtskonformität dieser rechtsgrundlagen, insbesondere der anmeldepflicht und der pflicht zur gesundheitlichen beratung bestehen keine zweifel. insoweit wird auf den eilbeschwerdebeschluss des ovg nrw, der im rahmen des parallel zu diesem klageverfahren angestrengten eilverfahrens ergangen ist, bezug genommen. das gericht macht sich die ausführungen des ovg nrw zu eigen. 53vgl. im einzelnen ovg nrw, beschluss vom 17. januar 2020 – 13 b 1282/19 –, juris, rn. 8 ff. 54sämtliche vom kläger angeführten argumente sind in dem vorgenannten beschluss eingehend gewürdigt worden. nach rechtskräftigem abschluss des eilverfahrens hat er zudem keine weitere begründung, die aus seiner sicht eine andere beurteilung rechtfertigen könnte, mehr vorgetragen und auch keine weiteren konstitutionellen einwände mehr erhoben. 55b. die anordnung in ziffer 1. des bescheids vom 9. oktober 2018 war formell rechtmäßig. 56der beklagte war gemäß §§ 3 abs. 1, 11 abs. 1 und 2 prostschg örtlich und gemäß § 11 abs. 1 und 2 prostschg in verbindung mit § 1 abs. 1 der verordnung zur durchführung von aufgaben nach dem gesetz zum schutz von in der prostitution tätigen personen (durchführungsverordnung prostituiertenschutzgesetz nordrhein-westfalen – dvo prostschg nrw) sachlich für den erlass der ordnungsverfügung zuständig. 57verfahrens- oder formfehler sind weder geltend gemacht noch ersichtlich. insbesondere ist der kläger vor erlass der ordnungsverfügung mit schreiben vom 4. juni 2018, vom 7. august 2018, vom 28. august 2018 schriftlich sowie am 14. juni 2018 telefonisch und am 14. august 2018 persönlich gemäß § 28 abs. 1 vwvfg nrw angehört worden. 58c. die anordnung in ziffer 1. der ordnungsverfügung war auch materiell rechtmäßig. zum maßgeblichen zeitpunkt der erledigung des verwaltungsakts lagen tatsächliche anhaltspunkte dafür vor, dass der kläger der prostitution nachgeht (aa.), ohne diese tätigkeit zuvor angemeldet zu haben bzw. ohne die pflicht zur gesundheitlichen beratung wahrgenommen zu haben, sodass der beklagte berechtigt war, den kläger zur anmeldung seiner tätigkeit bzw. zur wahrnehmung einer gesundheitlichen beratung innerhalb einer angemessenen frist aufzufordern (bb.). 59aa. das gericht hat die gemäß § 108 abs. 1 satz 1 vwgo erforderliche überzeugung gewonnen, dass der kläger einer tätigkeit als prostituierter nachgeht. 60prostituierte sind nach § 2 abs. 2 prostschg „personen, die sexuelle dienstleistungen erbringen.“ eine „sexuelle dienstleistung“ ist nach der legaldefinition in § 2 abs. 1 satz 1 prostschg „eine sexuelle handlung mindestens einer person an oder vor mindestens einer anderen unmittelbar anwesenden person gegen entgelt oder das zulassen einer sexuellen handlung an oder vor der eigenen person gegen entgelt.“ keine sexuellen dienstleistungen sind gemäß § 2 abs. 1 satz 2 prostschg „vorführungen mit ausschließlich darstellerischem charakter, bei denen keine weitere der anwesenden personen sexuell aktiv einbezogen ist.“ weitere vorgaben macht das gesetz nicht. 61(1.) ob tantramassagen unter den begriff der „sexuellen dienstleistung“ fallen, wird – soweit ersichtlich – in der rechtsprechung, die überwiegend im zusammenhang mit dem ordnungswidrigkeitsrecht, dem baurecht, dem coronaschutzrecht oder dem vergnügungssteuerrecht ergangen ist, nicht einheitlich bewertet. im wesentlichen haben sich vier strömungen herausgebildet. 62(a.) zahlreiche entscheidungen zeichnen sich dadurch aus, dass die in § 2 abs. 1 satz 1 prostschg enthaltene legaldefinition der „sexuellen dienstleistung“ zitiert wird und sodann, ohne den hierin enthaltenen begriff der „sexuellen handlung“ näher zu konkretisieren bzw. sich abstrakt damit auseinanderzusetzen, festgestellt wird, dass die u. diese voraussetzungen „zweifelsfrei“ erfülle. 63zum baurecht: vg neustadt (weinstraße), beschluss vom 4. juli 2012 – 3 l 571/12.nw –, juris, rn. 12; vg minden, urteil vom 3. märz 2015 – 1 k 2113/13 –, juris, rn. 19; zum coronaschutzrecht: vg düsseldorf, beschluss vom 30. juni 2020 – 7 l 1186/20 –, juris, rn. 40. 64diese vorgehensweise überzeugt schon deshalb nicht, weil die subsumtion wegen der unterlassenen definition des streitentscheidenden begriffs der „sexuellen handlung“ unvollendet bleibt. 65(b.) andere gerichte wiederum nehmen bei der definition einer „sexuellen dienstleistung“ eine schwerpunktbetrachtung vor. hiernach liege eine „sexuelle dienstleistung“ vor, „wenn der sexualbezug nach der […] konkreten ausgestaltung [der handlung] mit blick auf die weiteren umstände des einzelfalls und das sonstige leistungsangebot der dienstleistenden person nach der objektiv zutage tretenden erscheinungsform ohne weitergehende einbindung in ein konzept der ganzheitlichen körperarbeit auch im zusammenhang mit den sonstigen begleitumständen deutlich im vordergrund“ stehe. 66zum gewerberecht: vg gelsenkirchen, beschluss vom 25. november 2020 – 18 l 967/20 –, juris, rn. 36; zum baurecht: vg gelsenkirchen, urteil vom 29. august 2019 – 5 k 4649/18 –, juris, rn. 29; zum ordnungswidrigkeitsrecht: ag stuttgart, urteil vom 3. juli 2020 – 4 owi 25 js 111521/19 –, s. 6 des urteilsumdrucks, nicht veröffentlicht; zum coronaschutzrecht ansatzweise auch: vg düsseldorf, beschluss vom 30. juni 2020 – 7 l 1186/20 –, juris, rn. 31. 67(c.) vereinzelt tendiert die rechtsprechung dazu, tantramassagen vor dem hintergrund des schutzzwecks des prostituiertenschutzgesetzes nicht als „sexuelle dienstleistungen“ anzusehen. der zweck des gesetzes sei der schutz des sexuellen selbstbestimmungsrechts der prostituierten, der schutz der gesundheit, die gewährleistung verträglicher arbeitsbedingungen sowie die bekämpfung von kriminalität. dieser schutzzweck sei bei der durchführung von tantramassagen durch einen zertifizierten „tantramasseur u1. ®“ nicht berührt. denn die „u. u1. ®“ unterscheide sich vom prostitutionsgewerbe dadurch, dass geschlechtsverkehr ausgeschlossen sei, die kunden zur passivität verpflichtet seien, die identität der kunden bekannt sei und es strenge anforderungen an die ausbildung der masseure gäbe. 68zum ordnungswidrigkeitsrecht: ag stuttgart, urteil vom 3. juli 2020 – 4 owi 25 js 111521/19 –, s. 6 f. des urteilsumdrucks, nicht veröffentlicht. 69(d.) schließlich stellen andere gerichte zur feststellung einer „sexuellen dienstleistung“ darauf ab, ob die vorgenommene handlung eine sexuelle erregung oder befriedigung herbeiführe. unter einer „sexuellen handlung“ falle „dem wortsinn nach jedes menschliche verhalten, das darauf gerichtet […] [sei], einen anderen sexuell zu erregen oder zu befriedigen, unabhängig davon, ob es dabei zu körperlichen berührungen oder zur ausübung des geschlechtsverkehrs zwischen den beteiligten personen komm[e].“ für die einordnung als „sexuelle dienstleistung“ sei nicht entscheidend, ob die speziellen handlungen im allgemeinen sprachgebrauch durchgängig als prostitution bewertet würden. da eine u. darauf gerichtet sei, den kunden sexuell zu erregen, erfülle sie die an eine sexuelle handlung zu stellenden anforderungen. 70zum coronaschutzrecht: ovg rheinland-pfalz, beschluss vom 28. august 2020 – 6 b 10864/20 –, juris, rn. 11 f.; vg düsseldorf, beschluss vom 30. juni 2020 – 7 l 1186/20 –, juris, rn. 40; zum baurecht: vg leipzig, urteil vom 3. mai 2017 – 4 k 399/15 –, juris, rn. 25; ansatzweise auch: vg gelsenkirchen, urteil vom 29. august 2019 – 5 k 4649/18 –, juris, rn. 29, 31, 32; zum gewerberecht ansatzweise auch: vg gelsenkirchen, beschluss vom 25. november 2020 – 18 l 967/20 –, juris, rn. 20. 71(e.) neben diesen vier in der rechtsprechung vertretenen ansichten ist im vergnügungssteuerrecht anerkannt, dass es sich bei einer u. jedenfalls um ein „sexuelles vergnügen“ handele. 72ovg nrw, beschluss vom 6. februar 2015 – 14 b 72/15 –, juris, rn. 11 ff.; vgh baden-württemberg, urteil vom 3. juli 2014 – 2 s 3/14 –, juris, rn. 32 ff.; vg stuttgart, urteil vom 6. november 2013 – 8 k 28/13 –, juris, rn. 36. 73diese rechtsprechung kann für das prostituiertenschutzgesetz jedoch nur bedingt fruchtbar gemacht werden, weil es sich bei dem „sexuellen vergnügen“ um ein ganz anderes tatbestandsmerkmal handelt und weil die zielsetzung des vergnügungssteuerrechts nicht mit derjenigen des prostituiertenschutzgesetzes verglichen werden kann. 74(f.) das ovg nrw hat in dem vom kläger parallel geführten eilverfahren ausdrücklich offengelassen, ob eine u. eine „sexuelle dienstleistung“ darstellt und sich ausschließlich mit der verfassungs- und europarechtskonformität der anmelde- und beratungspflicht der §§ 3 abs. 1, 10 abs. 3 satz 1 prostschg befasst. 75ovg nrw, beschluss vom 17. januar 2020 – 13 b 1282/19 –, juris, rn. 106; vgl. auch ausdrücklich ovg nrw, beschluss vom 25. juni 2020 – 13 b 800/20.ne –, juris, rn. 75. 76in einer weiteren entscheidung stellt das ovg nrw fest, dass sich der begriff der „sexuellen dienstleistung“ in § 10 abs. 1 nr. 2 der verordnung zum schutz vor neuinfizierungen mit dem coronavirus sars-cov-2 (coronaschutzverordnung – coronaschv) vom 31. august 2020 an der im prostituiertenschutzgesetz niedergelegten begriffsbestimmung orientiere. von der in § 2 abs. 1 satz 1 prostschg enthaltenen legaldefinition ausgehend umfasse das tatbestandsmerkmal ein breites spektrum von leistungen. es erstrecke sich nicht nur auf den vaginalen, oralen oder analen geschlechtsverkehr, sondern auf alle üblicherweise der prostitution zugerechneten formen sexueller handlungen gegen entgelt. dies gelte unabhängig davon, ob es dabei zu körperlichen berührungen oder zur ausübung des geschlechtsverkehrs zwischen den beteiligten personen komme. damit unterfielen ihm beispielsweise auch bdsm-dienstleistungen, der sexuellen befriedigung dienende erotische massagen und – soweit es um die erbringung sexueller handlungen geht – auch escort-serviceleistungen oder die behindertengerechte sexualbegleitung/-assistenz. 77ovg nrw, beschluss vom 8. september 2020 – 13 b 902/20.ne –, juris, rn. 22; vgl. auch vg gelsenkirchen, beschluss vom 25. november 2020 – 18 l 967/20 –, juris, rn. 22. 78diese ausführungen tragen zum verständnis des begriffs der „sexuellen dienstleistung“ und insbesondere der „sexuellen handlung“ indessen kaum etwas bei, da sie eine abstrakte definition vermissen lassen und sich nahezu ausschließlich in der wiedergabe der gesetzesbegründung erschöpfen. 79vgl. deutscher bundestag, entwurf eines gesetzes zur regulierung des prostitutionsgewerbes sowie zum schutz von in der prostitution tätigen personen, drucksache 18/8556 vom 25. mai 2016, s. 33, 59. 80(2.) eine gefestigte rechtsprechung dazu, was unter einer „sexuellen dienstleistung“ zu verstehen ist, existiert nach alledem – soweit ersichtlich – nicht. ausgangspunkt für die beantwortung dieser frage ist die vorzitierte legaldefinition des § 2 abs. 1 satz 1 prostschg. diese zugrundegelegt ist das gericht davon überzeugt, dass der kläger im rahmen der von ihm angebotenen „tantramassagen u1. ®“ sexuelle handlungen (a.) gegen entgelt (b.) vornimmt. 81(a.) das tatbestandsmerkmal der „sexuellen handlung“ ist der zentrale begriff für die beantwortung der frage, ob eine „sexuelle dienstleistung“ vorliegt. da die vom gesetzgeber gewählte formulierung allgemein gehalten und nicht eindeutig abgrenzbar ist, handelt es sich um einen unbestimmten rechtsbegriff. 82vgl. zum unbestimmten rechtsbegriff bverfg, beschluss vom 8. januar 1981 – 2 bvl 3/77 –, juris, rn. 41 ff. 83die verwendung unbestimmter rechtsbegriffe durch den gesetzgeber ist grundsätzlich mit der verfassung vereinbar. es ist aufgabe der verwaltungsbehörden und der rechtspraxis, solche tatbestandsmerkmale zu konkretisieren. 84bverfg, beschluss vom 29. september 2020 – 1 bvr 1550/19 –, juris, rn. 74; bverfg, urteil vom 17. november 1992 – 1 bvl 8/87 –, juris, rn. 91; bverwg, beschluss vom 29. juni 2021 – 4 b 7/21 –, juris, rn. 6. 85beruht eine angefochtene verwaltungsentscheidung auf der anwendung unbestimmter rechtsbegriffe, so ist die entscheidung der verwaltungsbehörde in rechtlicher und tatsächlicher hinsicht vollständig vom gericht nachprüfbar, wenn es sich – wie vorliegend – um einen unbestimmten rechtsbegriff ohne beurteilungsspielraum handelt. 86vgl. bverfg, beschluss vom 17. april 1991 – 1 bvr 419/81 –, juris, rn. 47 f. 87bei dieser prüfung sind die gerichte insbesondere nicht an hierzu erlassene norminterpretierende verwaltungsvorschriften gebunden. denn diese dienen lediglich der steuerung des behördlichen verwaltungshandelns, haben aber keine rechtsnormqualität. 88bverwg, beschluss vom 20. juni 2011 – 1 b 1/11 –, juris, rn. 6. 89soweit daher die richtlinie des ministeriums für wirtschaft, innovation, digitalisierung und energie des landes nordrhein-westfalen zum vollzug des prostituiertenschutzgesetzes gegenüber dem prostitutionsgewerbe vom 25. märz 2020 (rl prostschg-gewerbe) in ziffer 2.1.3.1 festlegt, dass die unter der bezeichnung „u. “ angebotenen dienstleistungen als „sexuelle dienstleistung“ im sinne von § 2 abs. 1 satz 1 prostschg zu qualifizieren seien, entfaltet dies keine bindungswirkung für das gericht. 90vielmehr haben die gerichte bei der nachprüfung eines von den verwaltungsbehörden angewandten unbestimmten rechtsbegriffs und bei dessen konkretisierung die allgemeinen juristischen auslegungsregeln zu beachten. 91vgl. bverfg, beschluss vom 9. november 1988 – 1 bvr 243/86 –, juris, orientierungssatz 4.; bverfg, urteil vom 6. juli 1999 – 2 bvf 3 /90 –, juris, rn. 121; stelkens/bonk/sachs, vwvfg, 9. auflage 2018, § 40 rn. 153. 92was also unter einer „sexuellen handlung“ zu verstehen ist, ist durch eine an wortlaut ((aa.)), gesetzeshistorie ((bb.)), systematik ((cc.)) und schutzzweck des prostituiertenschutzgesetzes ((dd.)) orientierte auslegung zu ermitteln. im ergebnis ist das gericht davon überzeugt, dass der kläger im rahmen der „u. u1. ®“ „sexuelle handlungen“ vornimmt (ee.). 93(aa.) zu den anerkannten auslegungsmethoden gehört vor allem der anhand der umgangs- wie der fachsprache zu bewertende wortlaut, der die äußerste grenze der interpretation darstellt. 94vgl. bverfg, urteil vom 30. märz 2004 – 2 bvr 1520/01, 2 bvr 1521/01 –, juris, rn. 91. 95für die definition einer „handlung“ im sinne von § 2 abs. 1 satz 1 prostschg ist auf den rechtswissenschaftlichen handlungsbegriff abzustellen. dies folgt schon daraus, dass es sich um einen rechtsbegriff handelt. darüber hinaus verweist der gesetzesentwurf zum prostituiertenschutzgesetz in seiner begründung zum begriff der „sexuellen handlung“ ausdrücklich auf die „beispielsweise durch das strafgesetzbuch […] eingeführte begriffsbildung“. 96deutscher bundestag, entwurf eines gesetzes zur regulierung des prostitutionsgewerbes sowie zum schutz von in der prostitution tätigen personen, drucksache 18/8556 vom 25. mai 2016, s. 59. 97der gesetzgeber geht mithin unmissverständlich davon aus, dass zur definition der „sexuellen handlung“ auf bereits bestehende juristische begrifflichkeiten zurückgegriffen werden kann. 98sowohl im strafrecht als auch im zivilrecht liegt eine handlung im natürlichen sinne vor, wenn es durch einen menschlichen entschluss zu einer willensbetätigung kommt, 99bgh, urteil vom 5. januar 1951 – 2 str 83/50 –, juris, rn. 2; bgh, urteil vom 3. august 1962 – 4 str 155/62 –, juris, rn. 38; bgh, urteil vom 12. februar 1963 – vi zr 70/62 –, juris, rn. 12; vgl. zu den im einzelnen umstrittenen handlungslehren: schönke/schröder/eisele stgb, 30. auflage 2019, vor § 13 rn. 25 ff. 100das adjektiv „sexuell“ stammt aus dem lateinischen (sexualis) und bedeutet „zum geschlecht gehörend“ bzw. „geschlechtlich“ oder (tautologisch) „die sexualität betreffend“. 101brockhaus, 21. auflage 2006, band 25, stichwort: sexuell. 102seinem wortlaut nach umfasst eine „sexuelle handlung“ also jedes vom willen getragene menschliche verhalten, das einen geschlechtlichen bezug erkennen lässt. 103(bb.) eine historische analyse von § 2 abs. 1 satz 1 prostschg liefert zwei wesentliche erkenntnisse, die zum verständnis dieser vorschrift beitragen: nach dem willen des gesetzgebers soll der begriff der „sexuellen handlung“ weit zu verstehen sein ((aaa.)) und er soll in anlehnung an andere rechtsgebiete ausgelegt werden ((bbb.)). 104(aaa.) gleich an mehreren stellen hebt der gesetzgeber in der begründung zum prostituiertenschutzgesetz deutlich hervor, dass er den anwendungsbereich dieses gesetzes extensiv verstanden wissen will. 105schon im „allgemeinen teil“ seiner begründung formuliert er unmissverständlich: 106„dem schutzzweck entsprechend wird für dieses gesetz ein weiter begriff der prostitution zugrunde gelegt, der nahezu alle formen bezahlter sexueller kontakte umfasst.“ 107deutscher bundestag, entwurf eines gesetzes zur regulierung des prostitutionsgewerbes sowie zum schutz von in der prostitution tätigen personen, drucksache 18/8556 vom 25. mai 2016, s. 33; vgl. auch weidtmann-neuer, praxis der kommunalverwaltung bund, k-2g, prostschg, loseblattsammlung, stand: juni 2017, § 1. 108zu § 1 prostschg heißt es in der gesetzesbegründung: 109„dem gesetz liegt grundsätzlich ein weites verständnis von prostitution zugrunde, das möglichst alle angebotsformen entgeltlicher sexueller kontakte und deren gewerbsmäßige organisation im bereich der prostitution zurechnet. entsprechend seinem schutzzweck wird damit das ziel verfolgt, den anwendungsbereich auf eine möglichst große bandbreite an geschäftsmodellen im bereich der sexuellen dienstleistung zu erstrecken.“ 110deutscher bundestag, entwurf eines gesetzes zur regulierung des prostitutionsgewerbes sowie zum schutz von in der prostitution tätigen personen, drucksache 18/8556 vom 25. mai 2016, s. 58; vgl. auch ovg nrw, beschluss vom 17. januar 2021 – 13 b 1282/19 –, juris, rn. 49; vgl. auch weidtmann-neuer, praxis der kommunalverwaltung bund, k-2g, prostschg, loseblattsammlung, stand: juni 2017, § 1. 111speziell zur definition der „sexuellen dienstleistung“ führt der gesetzgeber aus: 112„umfasst sind damit alle üblicherweise der prostitution zugerechneten formen sexueller handlungen gegen entgelt einschließlich sexualbezogener sadistischer oder masochistischer handlungen, unabhängig davon, ob es dabei zu körperlichen berührungen oder zur ausübung des geschlechtsverkehrs zwischen den beteiligten personen kommt.“ 113deutscher bundestag, entwurf eines gesetzes zur regulierung des prostitutionsgewerbes sowie zum schutz von in der prostitution tätigen personen, drucksache 18/8556 vom 25. mai 2016, s. 59. 114dieser passus offenbart die geringen anforderungen für das vorliegen einer „sexuellen handlung“ besonders deutlich: der ausübung des geschlechtsverkehrs bedarf es nicht, sie setzt nicht einmal voraus, dass es überhaupt zu körperlichen berührungen kommt. 115soweit der kläger die vorstehende gesetzesbegründung heranzieht, um einzuwenden, dass nur solche verhaltensweisen vom anwendungsbereich des prostituiertenschutzgesetzes erfasst seien, die „üblicherweise“ zu den der prostitution zugerechneten formen sexueller handlungen gegen entgelt gehörten, was auf die u. nicht zutreffe, überzeugt dies nicht. vielmehr sollen nach der vorstellung des gesetzgebers gerade auch solche handlungen unter den begriff der „sexuellen dienstleistung“ fallen, die im allgemeinen oder milieutypischen sprachgebrauch nicht als prostitution bewertet werden: 116„nicht alle dieser unter den begriff der sexuellen dienstleistung fallenden erscheinungsformen werden im allgemeinen oder milieutypischen sprachgebrauch durchgängig als ‚prostitution‘ bewertet.“ 117deutscher bundestag, entwurf eines gesetzes zur regulierung des prostitutionsgewerbes sowie zum schutz von in der prostitution tätigen personen, drucksache 18/8556 vom 25. mai 2016, s. 59. 118nach dem willen des gesetzgebers ist der begriff der „sexuellen handlung“ mithin weit auszulegen. 119(bbb.) der gesetzesbegründung ist die weitere erkenntnis zu entnehmen, dass zur konkretisierung der „sexuellen handlung“ auf andere rechtsgebiete zurückgegriffen werden soll. der gesetzgeber stellt klar: 120„der begriff der ‚sexuellen handlung‘ ist beispielsweise durch das strafgesetzbuch eine eingeführte begriffsbildung, die daher keiner näheren gesetzlichen definition bedarf.“ 121deutscher bundestag, entwurf eines gesetzes zur regulierung des prostitutionsgewerbes sowie zum schutz von in der prostitution tätigen personen, drucksache 18/8556 vom 25. mai 2016, s. 59. 122im strafrecht, auf das die gesetzesbegründung primär verweist, ist für den begriff der sexuellen handlung nach ständiger höchstrichterlicher rechtsprechung das äußere erscheinungsbild maßgebend. das merkmal ist hiernach erfüllt, wenn das erscheinungsbild nach allgemeinem verständnis die sexualbezogenheit erkennen lässt. 123bgh, beschluss vom 2. februar 2021 – 4 str 364/19 –, juris, rn. 11; bgh, beschluss vom 7. april 2020 – 3 str 44/20 –, juris, rn. 13. 124neben dem verweis auf das strafrecht spricht auch die weitere gesetzesbegründung dafür, dass es bei der beurteilung der frage, ob eine „sexuelle handlung“ vorliegt, auf das äußere erscheinungsbild, also auf die sicht eines objektiven dritten, ankommt. so soll für die einordnung einer ortsfesten anlage als prostitutionsstätte im sinne von § 2 abs. 4 prostschg unter anderem die „erkennbare“ ausrichtung des geschäftsmodells auf entgeltliche sexuelle kontakte entscheidend sein. 125deutscher bundestag, entwurf eines gesetzes zur regulierung des prostitutionsgewerbes sowie zum schutz von in der prostitution tätigen personen, drucksache 18/8556 vom 25. mai 2016, s. 60. 126durch das adjektiv „erkennbar“ stellt der gesetzgeber für den begriff der „prostitutionsstätte“ auf nach außen hervortretende umstände ab. weiter heißt es in der gesetzesbegründung, dass bei abgrenzungsschwierigkeiten in zweifelsfällen auch „der typische erwartungshorizont szenekundiger besucherinnen und besucher herangezogen werden“ könne. 127deutscher bundestag, entwurf eines gesetzes zur regulierung des prostitutionsgewerbes sowie zum schutz von in der prostitution tätigen personen, drucksache 18/8556 vom 25. mai 2016, s. 61. 128mit dieser formulierung gibt der gesetzgeber klar zu erkennen, dass für die beantwortung der frage, ob eine prostitutionsstätte vorliegt, die sicht eines objektiven dritten entscheidend ist. 129wegen des grundsatzes der einheit der rechtsordnung und weil keine gründe ersichtlich sind, die eine ausnahme rechtfertigen würden, spricht alles dafür, das kriterium des äußeren erscheinungsbilds auch im zusammenhang mit dem begriff der „sexuellen handlung“ anzuwenden. 130vgl. auch büttner, prostschg, 2017, § 2 rn. 28; rixen, gewerberecht der sexualität: das prostituiertenschutzgesetz, wiverw 2018/2, s. 142. 131(ccc.) die gesetzeshistorie bestätigt mithin zum einen das ergebnis der wortlautanalyse, wonach der begriff der „sexuellen handlung“ weit zu verstehen ist und sie führt zum anderen zu der erkenntnis, dass die frage, ob eine solche handlung vorliegt, aus der sicht eines objektiven dritten zu beantworten ist. 132unter berücksichtigung allein des wortlauts und der gesetzeshistorie ist unter einer „sexuellen handlung“ daher jedes vom willen getragene menschliche verhalten zu verstehen, das objektiv, also gemessen an seinem äußeren erscheinungsbild, einen geschlechtlichen bezug erkennen lässt, und zwar unabhängig davon, ob es dabei zu körperlichen berührungen oder zur ausübung des geschlechtsverkehrs kommt. 133(cc.) in systematischer hinsicht liefert § 2 abs. 1 satz 2 prostschg eine weitere erkenntnis für das verständnis einer „sexuellen handlung“. hiernach sind „vorführungen mit ausschließlich darstellerischem charakter, bei denen keine weitere der anwesenden personen sexuell aktiv einbezogen ist“, „keine sexuellen dienstleistungen“. 134die vorschrift regelt mithin negativ, was nicht unter einer sexuellen dienstleistung zu verstehen ist und begrenzt so ihren anwendungsbereich. für das tatbestandsmerkmal der „sexuellen handlung“ bedeutet dies im umkehrschluss, dass sie so zu definieren ist, dass grundsätzlich auch vorführungen mit ausschließlich darstellerischem charakter, bei denen keine weitere der anwesenden personen sexuell aktiv einbezogen ist, hierunter fallen. denn nur in diesem fall gewinnt die in § 2 abs. 1 satz 2 prostschg geregelte ausnahme überhaupt eine bedeutung. 135würde man demgegenüber den begriff der „sexuellen handlung“ bereits so eng fassen, dass derartige vorführungen nicht hierunter zu subsumieren wären, würde § 2 abs. 1 satz 2 prostschg zu einer leeren hülse degradiert. dass der gesetzgeber dieser vorschrift lediglich einen solchen klarstellenden charakter zuweisen wollte, ist indessen nicht ersichtlich. 136unter berücksichtigung dieser systematischen aspekte verbleibt es mithin bei der durch wortlautanalyse und historischer auslegung hergeleiteten definition. denn diese umfasst auch vorführungen mit ausschließlich darstellerischem charakter, so dass für die vorschrift des § 2 abs. 1 satz 2 prostschg weiterhin ein anwendungsbereich gegeben ist. 137(dd.) die definition einer „sexuellen handlung“, wie sie sich dem rechtsanwender nach vorstehenden ausführungen in ansehung von wortlaut, gesetzeshistorie und systematik erschließt, ist sehr weit gefasst. ihr unterfielen auch ambivalente handlungen, die für sich betrachtet nicht ohne weiteres einen sexuellen charakter aufweisen. hierzu zählt beispielsweise die untersuchung eines geschlechtsteils durch einen arzt. denn auch dieses verhalten lässt nach seinem äußeren erscheinungsbild einen geschlechtlichen bezug erkennen. verbliebe es mithin bei der vorstehenden definition einer „sexuellen handlung“, müssten sich unter anderem auch urologen oder gynäkologen als prostituierte anmelden. 138um dies zu vermeiden, um also den begriff der „sexuellen handlung“ und damit indirekt den anwendungsbereich des prostituiertenschutzgesetzes nicht ausufern zu lassen, sind in der rechtsprechung die unter ziffer ii.1.c.aa.(1.) dargestellten lösungsansätze entwickelt worden. die schwerpunktbetrachtung ((aaa.)) überzeugt dabei jedoch ebenso wenig wie die auffassung, dass „tantramassagen u1. ®“ vor dem hintergrund des schutzzwecks des prostituiertenschutzgesetzes nicht als „sexuelle dienstleistungen“ anzusehen seien ((bbb.)). für die frage, ob eine „sexuelle handlung“ zu bejahen ist, kommt es vielmehr darauf an, ob sich das verhalten typischerweise als geschlechtliche stimulation darstellt ((ccc.)). 139(aaa.) nach der schwerpunktbetrachtung liegt eine „sexuelle handlung“ nur dann vor, wenn bei einer menschlichen verhaltensweise der sexualbezug im vordergrund steht. 140zum gewerberecht: vg gelsenkirchen, beschluss vom 25. november 2020 – 18 l 967/20 –, juris, rn. 36; zum baurecht: vg gelsenkirchen, urteil vom 29. august 2019 – 5 k 4649/18 –, juris, rn. 29; zum ordnungswidrigkeitsrecht: ag stuttgart, urteil vom 3. juli 2020 – 4 owi 25 js 111521/19 –, s. 6 des urteilsumdrucks, nicht veröffentlicht; zum coronaschutzrecht ansatzweise auch: vg düsseldorf, beschluss vom 30. juni 2020 – 7 l 1186/20 –, juris, rn. 31. 141der kläger macht sich diese auffassung zu eigen, wenn er argumentiert, dass die u. eine ganzheitliche massage sei, die der behandlung von körper und geist diene und bei der die berührung der geschlechtsteile nicht im vordergrund stehe, sondern nur eine begleiterscheinung sei. die methoden während der u. dienten nicht der befriedigung sexueller lust, sondern der herstellung körperlicher und seelischer balance. ziel der massage sei es, negative erfahrungen, schamhafte körpergefühle und traumatische erlebnisse zu überwinden und zu verarbeiten. ein gestörtes verhältnis zur eigenen sexualität solle aufgebrochen und behoben werden. dafür, dass der sexualbezug bei einer u. nicht im vordergrund stehe, spreche sowohl, dass sexualtherapeuten tantramassagen aus gesundheitlichen gründen empfählen, um dysfunktionen zu beheben, als auch, dass das bundesministerium für familie, senioren, frauen und jugend betroffenen sexuellen missbrauchs tantramassagen bewillige. 142diese schwerpunktbetrachtung ist rechtlich nicht haltbar. sie findet keine stütze im gesetz. 143schon der wortlaut des gesetzes gibt eine solche betrachtungsweise nicht her. § 2 abs. 1 satz 1 prostschg differenziert nicht zwischen einer gesamtdienstleistung und dem darin enthaltenen sexuellen handlungsanteil. die legaldefinition enthält auch keinen schwellenwert, bei dessen überschreitung der sexualbezug überwiegt und so die gesamthandlung zu einer „sexuellen handlung“ und bei vorliegen der übrigen voraussetzungen zu einer „sexuellen dienstleistung“ wird. vielmehr verdeutlicht der wortlaut des gesetzes gerade, dass am vorliegen einer „sexuellen dienstleistung“ keine sonderlich hohen hürden zu stellen sind: der vorangestellte unbestimmte artikel („eine“) und die verwendung des singulars („sexuelle handlung“) geben zu erkennen, dass für die bejahung einer „sexuellen dienstleistung“ nicht einmal mehrere sexuelle handlungen notwendig sind. darüber hinaus lässt es das gesetz ausreichen, wenn die entsprechende handlung vor einer anderen person ausgeführt wird, ohne dass es überhaupt zu wechselseitigen berührungen kommen muss. 144auch die entstehungsgeschichte des prostituiertenschutzgesetzes spricht gegen eine schwerpunktbetrachtung. der gesetzgeber hat das vorliegen einer „sexuellen dienstleistung“ gerade nicht von der vornahme „überwiegend“ sexueller handlungen abhängig gemacht, obwohl ihm dies ohne weiteres möglich gewesen wäre. in der gesetzesbegründung lassen sich zudem keinerlei hinweise dafür finden, dass der gesetzgeber eine „sexuelle dienstleistung“ nur dann angenommen wissen wollte, wenn im rahmen einer gesamthandlung überwiegend sexuelle handlungen vorgenommen werden – im gegenteil: für die einordnung einer wohnung als prostitutionsstätte hat sich der gesetzgeber ausdrücklich dahingehend geäußert, dass eine wohnung auch dann als prostitutionsstätte anzusehen ist, wenn sie zugleich zum zwecke des wohnens oder des schlafens genutzt wird. 145deutscher bundestag, entwurf eines gesetzes zur regulierung des prostitutionsgewerbes sowie zum schutz von in der prostitution tätigen personen, drucksache 18/8556 vom 25. mai 2016, s. 61. 146damit hat der gesetzgeber der schwerpunktbetrachtung bei der frage, ob eine wohnung als prostitutionsstätte zu qualifizieren ist, eine klare absage erteilt. wegen der einheit der rechtsordnung kann nichts anderes für die legaldefinition einer „sexuellen dienstleistung“ gelten, zumal kein grund ersichtlich ist, warum der gesetzgeber ein und demselben regelungsgegenstand unterschiedliche prüfungsmaßstäbe zuführen sollte. 147entgegen der im erörterungstermin vorgetragenen ansicht der klägerseite ist die schwerpunktbetrachtung auch nicht in der im wortlaut des gesetzes zum ausdruck kommenden verknüpfung von „sexueller handlung“ und „entgelt“ angelegt. insoweit hat die prozessbevollmächtigte des klägers argumentiert, dass eine „sexuelle handlung“ nur dann vorliegen könne, wenn das entgelt gerade hierfür geleistet werde. werde es demgegenüber schwerpunktmäßig für sexuell nicht motivierte handlungen bezahlt, könne das gesamtverhalten nicht als „sexuelle dienstleistung“ eingeordnet werden. diese ansicht überzeugt schon deshalb nicht, weil das gesetz ebenso wenig wie zwischen einer gesamthandlung und ihrem sexuellen anteil zwischen einem gesamtentgelt und einem entgelt für die „sexuelle handlung“ differenziert. ausreichend ist vielmehr, dass ein entgelt – sei es auch nur ein teilentgelt – für die vornahme einer „sexuellen handlung“ bezahlt wird. letztlich führt diese ansicht dazu, dass die problematik, was unter einer „sexuellen dienstleistung“ zu verstehen ist, vom begriff der „sexuellen handlung“ auf das tatbestandsmerkmal des „entgelts“ verlagert wird. es wäre stets danach zu fragen, welcher anteil des von den vertragsparteien vereinbarten gesamtentgelts nach deren willen auf die vorgenommenen sexuellen handlungen entfällt. einer solchen vorgehensweise stehen jedoch praktisch kaum zu überwindende hürden im wege, weil die kriterien, nach denen das gesamtentgelt auf sexualbezogene und neutrale handlungen aufgeteilt werden soll, im unklaren bleiben. 148systematische gründe lassen ebenfalls erhebliche zweifel an einer schwerpunktbetrachtung aufkommen. die schwerpunktbetrachtung hat – soweit ersichtlich – ihren ursprung im öffentlichen baurecht. 149vgl. vg gelsenkirchen, beschluss vom 25. november 2020 – 18 l 967/20 –, juris, rn. 36, in dem das gericht auf eine baurechtliche entscheidung desselben gerichts, nämlich vg gelsenkirchen, urteil vom 29. august 2019 – 5 k 4649/18 –, juris, bezug nimmt. 150dort stellt die rechtsprechung auf die gesamtumstände ab, um die bauplanungsrechtliche zulässigkeit eines vorhabens zu überprüfen. sofern in einem betrieb sexuelle dienstleistungen im sinne des prostituiertenschutzgesetzes angeboten würden, liefere dies lediglich anhaltspunkte für die frage des vorliegens eines bordellartigen betriebs. ein solches angebot allein sei aber nicht entscheidend, da es auf den schwerpunkt des betriebs ankomme. erst wenn dieser im anbieten sexueller dienstleistungen liege, komme es im regelfall zu den besonderen bodenrechtlichen spannungen, vor denen das baurecht schützen solle, insbesondere zu typisch „milieubedingten“ auswirkungen derartiger einrichtungen auf das das wohnumfeld in dem betreffenden gebiet prägende soziale klima. 151vg gelsenkirchen, urteil vom 29. august 2019 – 5 k 4649/18 –, juris, rn. 29, 34. 152demgegenüber verfolgt das prostituiertenschutzgesetz einen ganz anderen schutzzweck, nämlich die sexuelle selbstbestimmung von menschen in der prostitution möglichst umfassend zu gewährleisten. die definition der „sexuellen dienstleistung“ ist daher nach dem willen des gesetzgebers – wie dargestellt – bewusst sehr weit gefasst, um alle angebotsformen entgeltlicher sexueller kontakte oder deren gewerbsmäßiger organisation zu erfassen. dieser deutlich andere schutzzweck verbietet es, die aus dem baurecht stammende schwerpunktbetrachtung auf das prostituiertenschutzrecht zu übertragen. 153vgl. auch vg gelsenkirchen, urteil vom 29. august 2019 – 5 k 4649/18 –, juris, rn. 34. 154die schwerpunktbetrachtung ist aber auch deshalb abzulehnen, weil sie kaum justiziabel ist. sie mündet letztlich in der nahezu unmöglich zu beantwortenden frage, ab welcher schwelle eine handlung zu einer „sexuellen handlung“ im sinne von § 2 abs. 1 satz 1 prostschg wird. es erschließt sich schon nicht, ob maßgebliches kriterium hierfür die zeitliche gewichtung, die häufigkeit der vornahme einer bestimmten handlung, die intensität der handlung etc. oder eine kombination aus allem sein soll. so bleibt unklar, wie viele minuten bei einer 120-minütigen u. auf die massage des geschlechtsteils entfallen müssen, damit es sich insgesamt um eine „sexuelle handlung“ handelt. denkbar wäre aber auch, nicht etwa auf eine einzelne massage abzustellen, sondern auf alle in einem monat durchgeführten massagen. übervorteilt wäre in diesem fall allerdings derjenige masseur, der nicht lediglich tantramassagen, sondern zudem traditionell gesundheitsbezogene massagen, bei denen es zweifelsfrei nicht zu sexuellen handlungen kommt, vornimmt. nicht nur masseure, sondern auch personen, die gegenwärtig unter den begriff der prostituierten im sinne von § 2 abs. 2 prostschg fallen, könnten zudem auf die idee kommen, ihre jeweiligen angebote so auszugestalten, dass sie im rahmen einer gesamtdienstleistung zu einem überwiegenden anteil leistungen anbieten, die keine sexuellen handlungen darstellen, sodass es sich insgesamt nicht (mehr) um eine „sexuelle dienstleistung“ im sinne von § 2 abs. 1 satz 1 prostschg handelt, um so den anwendungsbereich des gesetzes zu umgehen. 155vgl. auch büttner, prostschg, 2017, § 2 rn. 29. 156mit der schaffung des prostituiertenschutzgesetzes sollen nach dem willen des gesetzgebers aber gerade jedwede umgehungsmöglichkeiten ausgeschlossen werden. 157deutscher bundestag, entwurf eines gesetzes zur regulierung des prostitutionsgewerbes sowie zum schutz von in der prostitution tätigen personen, drucksache 18/8556 vom 25. mai 2016, s. 60. 158die schwerpunktbetrachtung würde vor diesem hintergrund nicht zuletzt dazu führen, dass nahezu nicht mehr kontrollierbar wäre, ob jemand der prostitution nachgeht oder nicht. 159der ansicht, dass eine schwerpunktbetrachtung kaum justiziabel sein dürfte, scheint auch das ovg nrw zuzuneigen, wenn es zu bedenken gibt, dass von der definition der „sexuellen dienstleistung“ lediglich ausgenommen seien handlungen, bei denen kein unmittelbares gegenüber räumlich anwesend ist, sowie vorführungen mit rein darstellerischem charakter, und es sodann ausdrücklich festhält: 160„eine weitere differenzierung zwischen den einzelnen formen der prostitution ist unter berücksichtigung des schutzzwecks und wegen bestehender abgrenzungsschwierigkeiten kaum möglich und wegen des erfordernisses der sachverhaltsermittlung zur bewertung eines etwaigen anmelde- und beratungserfordernisses weder schonender noch ebenso effizient.“ 161ovg nrw, beschluss vom 17. januar 2021 – 13 b 1282/19 –, juris, rn. 53. 162da es nach alledem bei der frage, ob eine „sexuelle handlung“ vorliegt, nicht auf den schwerpunkt der gesamthandlung ankommt, geht die argumentation des klägers, die „u. u1. ®“ sei überwiegend auf therapie und heilung gerichtet, vollständig ins leere. 163soweit der vortrag des klägers sogar dahingehend zu verstehen sein soll, dass die „u. u1. ®“ insgesamt medizinischen zwecken diene und deswegen per se keine „sexuelle dienstleistung“ darstellen könne, ist dem nicht zu folgen. dem prostituiertenschutzgesetz ist nicht zu entnehmen, dass nicht auch medizinisch indizierte handlungen eine „sexuelle dienstleistung“ darstellen könnten. selbst wenn also der „u. u1. ®“ eine gesundheitsfördernde wirkung zukäme, wäre eine „sexuelle handlung“ nicht automatisch ausgeschlossen. aus diesem grund verfängt die argumentation des klägers nicht, wonach sich der u. w2. e. v. eine ausbildungsordnung gegeben und insbesondere strenge vorgaben für die erlangung des titels „tantramasseur u1. ®“ geschaffen habe, wonach die durchfallquoten im rahmen der abschlussprüfungen beachtlich seien, wonach sexualtherapeuten ihren patienten die durchführung von „tantramassagen u1. ®“ empfählen und wonach diese vereinzelt vom staat finanziert würden. 164unabhängig hiervon und selbstständig tragend ist festzuhalten, dass das erlernen der durchführung einer „u. u1. ®“ kein anerkannter ausbildungsberuf im heilwesen ist. 165vgl. bundesinstitut für berufsbildung, verzeichnis der anerkannten ausbildungsberufe 2021, abrufbar unter: file://srzms06c004/vgd/homes/vg4216/zbs/downloads/60e81e6a13fbb_verzeichnis_ anerkannte_ausbildungsberufe_2021.pdf. 166dabei verkennt das gericht nicht, dass es sich bei der ausübung der tätigkeit des „tantramasseurs u1. ®“ um einen beruf handelt, 167vgl. ovg nrw, beschluss vom 17. januar 2020 – 13 b 1282 –, juris, rn. 10; vg köln, urteil vom 13. mai 2015 – 24 k 7822/13 –, juris, rn. 27; vg düsseldorf, beschluss vom 30. juni 2020 – 7 l 1186/20 –, juris, rn. 56, 168er ist – anders als der in § 1 abs. 1 des gesetzes über die berufe in der physiotherapie (masseur- und physiotherapeutengesetz – mphg) geregelte beruf des masseurs – jedoch nicht staatlich nicht anerkannt (schon gar nicht für das heilwesen), sondern nur durch einen privaten dachverband, dem u. w2. e. v., zertifiziert. 169vgl. auch vg gelsenkirchen, urteil vom 29. august 2019 – 5 k 4649/18 –, juris, rn. 27; lg wiesbaden, urteil vom 3. november 2011 – 5 s 8/08 –, juris, rn. 50. 170die regelungen, die sich dieser w2. selbst gegeben hat, ersetzen jedoch nicht das dem gesetzgeber im besonders sensiblen bereich der vornahme „sexueller handlungen“ wichtig erscheinende staatliche kontrollinstrumentarium. gleich mehrfach wird in der gesetzesbegründung darauf hingewiesen, dass ein maßgeblicher grund für die änderung des prostituiertenschutzgesetzes das defizit an behördlichen aufsichtsinstrumenten gewesen sei. 171deutscher bundestag, entwurf eines gesetzes zur regulierung des prostitutionsgewerbes sowie zum schutz von in der prostitution tätigen personen, drucksache 18/8556 vom 25. mai 2016, s. 1, 2, 32, 33, 35, 63. 172(bbb.) eine verkürzung des anwendungsbereichs des prostituiertenschutzgesetzes auf der grundlage, dass massagen durch einen zertifizierten „tantramasseur u1. ®“ den schutzzweck des gesetzes nicht berühren, kommt nicht in betracht. 173in diesem zusammenhang argumentiert der kläger, dass der schutzzweck des prostituiertenschutzgesetzes im wesentlichen darin bestehe, das sexuelle selbstbestimmungsrecht von menschen in der prostitution zu stärken, fachgesetzliche grundlagen zur gewährleistung verträglicher arbeitsbedingungen und zum schutz der gesundheit zu schaffen, gefährliche erscheinungsformen der prostitution und sozial unverträgliche auswirkungen der prostitutionsausübung auszuschließen sowie kriminalität in der prostitution wie menschenhandel, gewalt gegen ausbeutung von prostituierten und zuhälterei, zu bekämpfen. vor diesem hintergrund sei offensichtlich, dass mit dem prostituiertenschutzgesetz ein anderer personenkreis geschützt werden solle als derjenige, der im bereich zertifizierter tantramassagen tätig sei. ein „tantramasseur u1. ®“ habe mit einem prostituierten nichts gemeinsam. dies beruhe auf der tätigkeit und der dahinter stehenden ausbildung. sowohl auf seiten der anbieter als auch auf seiten der kunden sei ein ganz anderer personenkreis tätig und angesprochen. 174darüber hinaus liege der gesetzesbegründung ein bild von prostituierten zugrunde, die kaum oder überhaupt keinen zugang zu informationen hätten und diese dringend bräuchten. „tantramasseure u1. ®“ könnten hiermit nicht gemeint sein, da sie über eine ausbildung und dementsprechend über hinreichende kenntnisse und fähigkeiten verfügten. 175schließlich sei zu berücksichtigen, dass die behördenmitarbeiter, die das informations- und beratungsgespräch bzw. das gesundheitsgespräch führten, nicht wüssten, was überhaupt eine u. sei, sodass faktisch eine beratung nicht stattfinden könne. 176im ergebnis sei der wortlaut der regelungen des prostituiertenschutzgesetzes dahingehend zu korrigieren, dass ihr anwendungsbereich bei der vornahme von massagen durch einen „tantramasseur u1. ®“ nicht eröffnet sei. 177diese ausführungen überzeugen nicht. zwar handelt es sich bei der vom kläger begehrten teleologischen reduktion grundsätzlich um eine anerkannte methode der gesetzesauslegung. sie ist dann vorzunehmen, wenn die auszulegende vorschrift auf einen teil der vom wortlaut erfassten fälle nicht angewandt werden soll, weil sinn und zweck der norm, ihre entstehungsgeschichte und der gesamtzusammenhang der einschlägigen regelungen gegen eine uneingeschränkte anwendung sprechen. 178bverfg, beschluss vom 31. oktober 2016 – 1 bvr 871/13, 1 bvr 1833/13 –, juris, rn. 22. 179diese voraussetzungen liegen indessen nicht vor. weder teleologische gesichtspunkte noch die gesetzeshistorie oder der gesamtzusammenhang rechtfertigen es, massagen durch einen vom u. w2. e. v. zertifizierten „tantramasseur u1. ®“ per se vom anwendungsbereich des § 2 abs. 1 satz 1 prostschg auszunehmen. im einzelnen: 180dem kläger ist zuzugeben, dass einige der vom gesetz verfolgten schutzzwecke auf ihn und der von ihm ausgeübten tätigkeit nicht zutreffen. als „tantramasseur u1. ®“ dürfte er beispielsweise eher nicht mit den kriminellen begleiterscheinungen der prostitution (menschenhandel, gewalt, ausbeutung, zuhälterei) in berührung kommen. dies gilt allerdings – entgegen der ausführungen der prozessbevollmächtigten des klägers im erörterungstermin – nicht für sämtliche vom gesetzgeber verfolgte schutzzwecke. so dient das prostituiertenschutzgesetz auch dem schutz der gesundheit aller an den sexuellen handlungen beteiligten personen. 181deutscher bundestag, entwurf eines gesetzes zur regulierung des prostitutionsgewerbes sowie zum schutz von in der prostitution tätigen personen, drucksache 18/8556 vom 25. mai 2016, s. 32, 33; vgl. auch ovg nrw, beschluss vom 17. januar 2021 – 13 b 1282/19 –, juris, rn. 17; rixen, gewerberecht der sexualität: das prostituiertenschutzgesetz, wiverw 2018/2, s. 139, 140. 182der gesundheitsschutz ist durch wissensvermittlung und regelmäßige wiederholung und vorhaltung gesundheitlicher gefahren in einem beratungsgespräch sicherzustellen. hierzu stellt der gesetzgeber fest: 183„zudem zeigen erfahrungen aus der beratungsarbeit zu hiv und anderen sexuell übertragbaren infektionen, dass die wissensvermittlung zu sexuell übertragbaren infektionen regelmäßig erneuert sowie informationen zur verringerung des übertragungsrisikos und empfehlungen zum schutzverhalten regelmäßig wiederholt werden sollten.“ 184deutscher bundestag, entwurf eines gesetzes zur regulierung des prostitutionsgewerbes sowie zum schutz von in der prostitution tätigen personen, drucksache 18/8556 vom 25. mai 2016, s. 65, 73 f.; vgl. auch ovg nrw, beschluss vom 17. januar 2021 – 13 b 1282/19 –, juris, rn. 44. 185das prostituiertenschutzgesetz verfolgt mithin auch das ziel, ein mindestmaß an beratungskontakt im gesundheitsbereich sicherzustellen. 186ovg nrw, beschluss vom 17.januar 2021 – 13 b 1282/19 –, juris, rn. 19. 187diese aspekte des gesundheitsschutzes treffen auch auf einen „tantramasseur u1. ®“ zu, da er in aller regel mit den geschlechtsteilen, die der effektivste übertragungsweg für geschlechtskrankheiten sind, anderer personen in kontakt tritt. so dringt er bei der yoni-massage, die er nach seinen eigenen angaben am häufigsten praktiziert, mit seinen – wenn auch behandschuhten – fingern in die vagina ein, wie seine befragung im erörterungstermin ergeben hat. dabei ist ein orgasmus der behandelten frau nicht ausgeschlossen, sondern nach den ausbildungsunterlagen des u. w1. e. v. „willkommen und in ordnung“. 188b. , skript zur u. – ausbildung u1. e. v., s. 4. 189diese verhaltensweise entspricht im wesentlichen dem heterosexuellen (klassischen) geschlechtsakt, mit dem unterschied, dass anstelle der behandschuhten finger ein eindringen in das geschlechtsteil der frau durch den erigierten, aber im bereich der prostitution gemäß § 32 abs. 1 prostschg von gesetzes wegen mit einem kondom versehenen penis des mannes erfolgt. die ähnlichkeit dieser verhaltensweisen verschmilzt dadurch bis zur deckungsgleichheit, als dem gericht auch sexualpraktiken bekannt sind, bei denen die sexuelle stimulation der frau nicht etwa durch ein eindringen in die vagina mit dem geschlechtsteil des mannes, sondern mit dessen (behandschuhten) fingern bewerkstelligt werden kann. unter gesundheitsgesichtspunkten spielt es keine rolle, inwieweit sich die hierbei angewandten techniken eines „tantramasseurs u1. ®“ von denjenigen eines „klassischen“ prostituierten unterscheiden. der geschlechtskrankheit ist es egal, ob der in die vagina der frau eindringende finger einem „tantramasseur u1. ®“ oder aber einem „klassischen“ prostituierten zuzuordnen ist. für die mögliche übertragung einer geschlechtskrankheit allein entscheidend ist, dass es regelmäßig zu einem kontakt zwischen dem „tantramasseur u1. ®“ oder dem „klassischen“ prostituierten und dem geschlechtsteil des jeweiligen kunden kommt. es ist kein grund erkennbar, diese unter gesundheitlichen aspekten im wesentlichen gleichen sachverhalte ungleich zu behandeln. 190erschwerend kommt hinzu, dass die vorgelegten ausbildungsunterlagen des u. w1. e. v. eine nutzung von handschuhen auch nur bei der inneren yoni-massage vorsehen. wird die yoni also von ihrer äußeren seite massiert, geschieht dies nach den empfehlungen des u. w1. e. v. ganz ohne schutz, 191b. , skript zur u. – ausbildung u1. e. v., s. 29, 192was ein beträchtliches beiderseitiges infektionsrisiko nach sich zieht. 193nichts anderes gilt für die vom kläger angebotene lingam-massage, bei der nach den eben erwähnten schulungsdokumenten ebenfalls keine handschuhe getragen werden. damit besteht für den tantramasseur, der gewiss mit dem penisschaft und der eichel, möglicherweise aber auch, falls ein orgasmus herbeigeführt wird, mit dem ejakulat in berührung kommt, ein erhebliches gesundheitsrisiko. 194zwar soll ein „tantramasseur u1. ®“ nach den ausbildungsunterlagen des u. w1. e. v. bei der analmassage ebenfalls handschuhe tragen, 195b. , skript zur u. – ausbildung u1. e. v., s. 29, 196dennoch kann ein infektionsrisiko auch bei dieser form der massage, bei der der masseur mit dem after, dem analkanal und dem darm in kontakt tritt, nicht vollständig ausgeschlossen werden, so dass eine gesundheitliche beratung angezeigt ist. 197da die gesundheitlichen risiken dieselben sind, spielt es in diesem zusammenhang auch keine rolle, dass – wie der kläger vorträgt – der kundenkreis im prostitutionsgewerbe ein anderer sei als im bereich der „u. u1. ®“. ebenso unerheblich ist aus gesundheitlicher perspektive, dass der gast bei dieser massage eine ausschließlich rezeptive haltung einnimmt. das infektionsrisiko wird nicht dadurch geschmälert, dass ein beteiligter den rein passiven part übernimmt, während sich der andere teil dafür umso aktiver verhält. 198nicht nur für den „klassischen“ prostituierten, sondern auch für den „tantramasseur u1. ®“ ist es daher von erheblicher bedeutung, über neue entwicklungen im bereich der geschlechtskrankheiten auf dem laufenden gehalten zu werden und sich regelmäßig mit den hiermit verbundenen risiken und präventionsmaßnahmen auseinanderzusetzen und sie immer wieder vor augen geführt zu bekommen. 199der hiergegen gerichtete einwand des klägers, dass sich eine gesundheitliche beratung schon deshalb erübrige, „weil die mitarbeiter der behörden keine kenntnis vom beratungsgegenstand“ hätten und infolgedessen sein letztes beratungsgespräch seinem empfinden nach fruchtlos verlaufen sei, verfängt nicht. sofern diese behauptung überhaupt zutreffend sein sollte, ist gerade in diesem fall ein austausch zwischen den beteiligten nicht nur sinnvoll, sondern geradezu geboten und überdies vom gesetzgeber auch gewollt. diesem kam es mit der schaffung des prostituiertenschutzgesetzes nämlich gerade darauf an, einen durchsetzbaren, fachgesetzlichen regulierungsrahmen zu schaffen und für eine verbesserte erreichbarkeit der in der prostitution tätigen zu sorgen. 200deutscher bundestag, entwurf eines gesetzes zur regulierung des prostitutionsgewerbes sowie zum schutz von in der prostitution tätigen personen, drucksache 18/8556 vom 25. mai 2016, s. 1, 32, 35, 63; vgl. auch ovg nrw, beschluss vom 17. januar 2021 – 13 b 1282/19 –, juris, rn. 17, 19, 31. 201dies setzt voraus, dass die behörden kenntnis von jeglichen erscheinungsformen im bereich sexueller kontakte haben. im übrigen würde die argumentation des klägers dazu führen, dass bei besonders außergewöhnlichen angeboten im bereich der prostitution eine beratung nicht stattfinden würde, obwohl sie dort besonders angezeigt ist. 202die nach alledem auch in der situation des klägers als „tantramasseur u1. ®“ sinnvolle und erforderliche gesundheitliche beratung kann weder durch ausbildungsmodule im rahmen der ausbildung zum „tantramasseur u1. ®“ noch durch den in den „u1. ® kriterien zur qualitätssicherung“ vorgesehenen fortbildungsumfang von zwanzig unterrichtsstunden pro jahr ersetzt werden. für die ausbildung folgt dies schon daraus, dass in ihrem rahmen lediglich einmalig eine gesundheitliche aufklärung stattfindet. die ausbildung des klägers liegt nunmehr aber bereits ca. zehn jahre zurück. hinzu kommt, dass es gemäß der vom kläger vorgelegten ausbildungsordnung des u. w1. e. v. (ausbildungsordnung) keine fortbildungspflicht für „tantramasseure u1. ®“ gibt. nur für offizielle ausbilder ist in § 9 abs. 5 ausbildungsordnung vorgesehen, dass sich diese „zu persönlichen fortbildungen gemäß § 6“ ausbildungsordnung verpflichten. dieser verweis geht jedoch ins leere, weil in § 6 ausbildungsordnung nichts geregelt ist („entfällt“). soweit die mitgliedschaftsordnung des u. w1. e. v. (mitgliedschaftsordnung), 203abrufbar unter: https://www.tantramassage-verband.de/wp-content/uploads/2020/11/ mitgliedschaftsordnung-u1. -2020_10_29.pdf, 204in § 6 mitgliedschaftsordnung eine fortbildungspflicht für alle seine mitglieder festschreibt, ist nicht gewährleistet, dass es sich hierbei um gesundheitliche fortbildungen handelt. vielmehr werden explizit fortbildungen „zum thema persönlichkeitsentwicklung, selbsterfahrung und massage sowie assistenzen in tantra- oder massage-seminaren“ und damit zu ganz anderen fragestellungen genannt. gleiches gilt für die vom kläger vorgelegten „u1. ® kriterien zur qualitätssicherung“, die einen zeitlichen umfang für fortbildungen von zwanzig unterrichtsstunden pro jahr vorsehen. abgesehen davon, dass dieser kriterienkatalog § 6 abs. 1 mitgliedschaftsordnung, der einen fortbildungsumfang von lediglich „15 zeitstunden pro kalenderjahr“ vorsieht, widerspricht, ist er nicht geeignet, eine staatliche gesundheitsberatung zu ersetzen. er enthält lediglich allgemeine beschreibungen, ohne aber den mitgliedern des w1. rechtsverbindliche verpflichtungen aufzuerlegen, geschweige denn maßnahmen für den fall vorzusehen, dass die vorgaben nicht eingehalten werden. mit blick auf die dort aufgeführten weiterbildungen ist zudem unklar, welche thematischen bereiche diese überhaupt abstecken. damit bleibt offen, ob es überhaupt zu einer gesundheitlichen fortbildung kommt. schließlich gilt es zu bedenken, dass es sich bei den vorgesehenen zwanzig unterrichtsstunden lediglich um eine sollvorgabe handelt, die augenscheinlich ausnahmen zugänglich ist, was im übrigen dadurch bestätigt wird, dass nach der einlassung des klägers im erörterungstermin in den letzten zwei jahren aufgrund der covid-19-pandemie überhaupt keine fortbildung stattgefunden habe. dies belegt den fundamentalen stellenwert einer staatlichen gesundheitsberatung, die durch derartige krisen nicht beeinträchtigt wird. schließlich gilt es zu bedenken, dass dem gesetzgeber bei erlass des gesetzes die differenzierung zwischen dem informations- und beratungsgespräch nach dem prostituiertenschutzgesetz und den zielgruppenspezifischeren oder auf bestimmte lebenslagen zielenden psychosozialen oder gesundheitlichen beratungsangeboten bewusst gewesen ist, 205deutscher bundestag, entwurf eines gesetzes zur regulierung des prostitutionsgewerbes sowie zum schutz von in der prostitution tätigen personen, drucksache 18/8556 vom 25. mai 2016, s. 70, 206er aber dennoch die beratungspflicht ins prostituiertenschutzgesetz aufgenommen hat. damit hat er deutlich klargestellt, dass bereichsspezifische beratungsangebote keine b1. für die im prostituiertenschutzgesetz vorgesehenen verpflichtenden beratungsgespräche sind. 207vgl. auch ovg nrw, beschluss vom 17. januar 2021 – 13 b 1282/19 –, juris, rn. 58. 208die weitere argumentation des klägers, er habe eine ausbildung zum „gesundheitspraktiker für sexualkultur“ absolviert, so dass sich eine gesundheitliche beratung für ihn erübrige, geht ins leere. aus dem von ihm vorgelegten zertifikat, wonach er die ausbildung erfolgreich abgeschlossen habe, folgt lediglich, dass er an 36 unterrichtsstunden teilgenommen hat, ohne dass ersichtlich wäre, inwieweit dort der umgang mit sexuell übertragbaren krankheiten überhaupt thematisiert worden ist. aus der vom kläger überreichten tabelle, in der er die fortbildungen, an denen er bisher teilgenommen hat, aufgelistet hat, ergibt sich – mit ausnahme der beiden vorerwähnten ausbildungen – nicht, dass er an weiteren fortbildungen zum thema geschlechtskrankheiten teilgenommen hätte. die letzte dort aufgeführte fortbildung überhaupt hat im jahr 2018 stattgefunden. damit steht schon nach dem eigenen vortrag des klägers fest, dass er im rahmen seiner tätigkeit, bei der er regelmäßig in kontakt mit den geschlechtsteilen anderer leute tritt, an keinerlei wiederkehrender gesundheitlicher beratung teilnimmt, er mithin in besonderer weise vom schutzzweck des gesetzes erfasst ist. 209der einwand des klägers, er könne vom schutzzweck des gesetzes auch deshalb nicht erfasst sein, weil dieses auf personen abziele, die sich in einer besonders verletzlichen oder belastenden situation befänden, begegnet ebenfalls durchgreifenden rechtlichen bedenken. richtig ist, dass der gesetzgeber beim erlass des prostituiertenschutzgesetzes auch und vielleicht sogar in erster linie ein bild von prostituierten als personen aus besonders vulnerablen gruppen vor augen hatte. 210vgl. deutscher bundestag, entwurf eines gesetzes zur regulierung des prostitutionsgewerbes sowie zum schutz von in der prostitution tätigen personen, drucksache 18/8556 vom 25. mai 2016, s. 33. 211richtig ist aber auch, dass dem gesetzgeber ebenso bewusst war, dass sich nicht alle prostituierten in einer derartigen situation befinden. so stellt er in der gesetzesbegründung unmissverständlich fest, dass „nicht alle prostituierten […] von ausbeutung, gewalt und unzumutbaren gesundheitlichen bedingungen tatsächlich betroffen [sind],“ 212deutscher bundestag, entwurf eines gesetzes zur regulierung des prostitutionsgewerbes sowie zum schutz von in der prostitution tätigen personen, drucksache 18/8556 vom 25. mai 2016, s. 33; vgl. auch rixen, gewerberecht der sexualität: das prostituiertenschutzgesetz, wiverw 2018/2, s. 128, 213ohne jedoch diesen personenkreis aus dem anwendungsbereich des prostituiertenschutzgesetzes auszunehmen. hieraus folgt, dass auch diejenigen prostituierten, die sich nicht in einer zwangslage befinden, vom schutzbereich des prostituiertenschutzgesetzes erfasst sein sollen. 214dieses ergebnis wird an verschiedenen stellen in der gesetzesbegründung bestätigt. so werde die tätigkeit der prostitution „nicht selten“ von personen aus besonders vulnerablen gruppen ausgeübt. 215deutscher bundestag, entwurf eines gesetzes zur regulierung des prostitutionsgewerbes sowie zum schutz von in der prostitution tätigen personen, drucksache 18/8556 vom 25. mai 2016, s. 33; vgl. auch rixen, gewerberecht der sexualität: das prostituiertenschutzgesetz, wiverw 2018/2, s. 128. 216im umkehrschluss folgt hieraus, dass dem gesetzgeber bewusst war, dass auch autonom handelnde personen der prostitution nachgehen. gleiches gilt, wenn der gesetzgeber formuliert, dass sich „viele“ – aber eben nicht alle – prostituierte in einer sozialen und psychischen situation befinden, in der es fraglich sei, ob sie sich wirklich frei für oder gegen diese tätigkeit entscheiden könnten. 217deutscher bundestag, entwurf eines gesetzes zur regulierung des prostitutionsgewerbes sowie zum schutz von in der prostitution tätigen personen, drucksache 18/8556 vom 25. mai 2016, s. 33; vgl. auch rixen, gewerberecht der sexualität: das prostituiertenschutzgesetz, wiverw 2018/2, s. 128. 218es sei ein differenzierter rechtlicher umgang mit prostitution geboten, der die spannbreite der verschiedenen erscheinungsformen der prostitution berücksichtige. hierzu zähle auch der fall „autonomer, aufgeklärter entscheidung für diese tätigkeit“. 219deutscher bundestag, entwurf eines gesetzes zur regulierung des prostitutionsgewerbes sowie zum schutz von in der prostitution tätigen personen, drucksache 18/8556 vom 25. mai 2016, s. 33; vgl. auch rixen, gewerberecht der sexualität: das prostituiertenschutzgesetz, wiverw 2018/2, s. 128. 220noch deutlicher kann der gesetzgeber kaum betonen, dass auch prostituierte, die sich freiwillig für diese tätigkeit entschieden haben und mit dem kriminellen milieu nichts zu tun haben, vom anwendungsbereich des prostituiertenschutzgesetzes erfasst sein sollen. dem kläger ist die erfolgreiche argumentation, er könne vom schutzbereich des gesetzes nicht erfasst sein, weil er sich nicht in einer zwangslage befinde, nach alledem verwehrt. 221(ccc.) der nach wortlaut, gesetzeshistorie und systematik des prostituiertenschutzgesetzes weit zu verstehenden begriff der „sexuellen handlung“ ist dadurch zu beschränken, dass nur verhaltensweisen erfasst werden, die typischerweise eine geschlechtliche stimulation darstellen. 222diese auslegung entspricht dem wesen der prostitution: seit jeher suchen freier prostituierte auf, um sich eine sexuelle erregung und ggf. befriedigung zu verschaffen. hierbei handelt es sich, wenn auch die motivlage wissenschaftlich abschließend noch nicht geklärt ist, jedenfalls um das verbreitetste motiv für die nachfrage nach sexuellen dienstleistungen. 223bundeszentrale für politische bildung, udo gerheim, aus politik und zeitgeschichte, apuz, ausgabe 9/2013, abrufbar unter: https://www.bpb.de/apuz/155375/motive-der-maennlichen-nachfrage-nach-kaeuflichem-sex?p=1; udo gerheim, taz, ausgabe vom 3. dezember 2013, abrufbar unter: https://taz.de/debatte-prostitution/!5053744/. 224systematische argumente sprechen ebenfalls dafür, das tatbestandsmerkmal der „sexuellen handlung“ von einer geschlechtlichen stimulation abhängig zu machen. ein solches verständnis lässt sich insbesondere mit § 2 abs. 1 satz 2 prostschg in einklang bringen. hiernach sind vorführungen mit ausschließlich darstellerischem charakter, bei denen keine weitere der anwesenden personen sexuell aktiv einbezogen ist, keine „sexuellen dienstleistungen“. ein bedürfnis für diese ausnahmeregelung besteht – wie dargelegt – nur dann, wenn der begriff der „sexuellen handlung“ grundsätzlich so definiert wird, dass er auch verhaltensweisen nach § 2 abs. 1 satz 2 prostschg umfasst. diese voraussetzung erfüllt die von einer geschlechtlichen stimulation abhängige definition. denn auch im falle von vorführungen mit ausschließlich darstellerischem charakter, worunter nach der gesetzesbegründung unter anderem table-dance-aufführungen oder peepshows zu verstehen sein sollen, 225deutscher bundestag, entwurf eines gesetzes zur regulierung des prostitutionsgewerbes sowie zum schutz von in der prostitution tätigen personen, drucksache 18/8556 vom 25. mai 2016, s. 33, 59, 226kann das aufkommen einer sexuellen erregung bei den zuschauern nicht von vornherein ausgeschlossen werden. sollen diese verhaltensweisen vom anwendungsbereich des prostituiertenschutzgesetzes ausgenommen werden, so bedarf es daher einer ausnahme wie sie § 2 abs. 1 satz 2 prostituiertenschutzgesetz vorsieht. 227für eine geschlechtliche stimulation als voraussetzung für eine „sexuelle handlung“ streitet ein weiteres systematisches argument, nämlich der vergleich zum strafrecht, auf das die gesetzesbegründung zur definition einer „sexuellen handlung“ ausdrücklich verweist. 228deutscher bundestag, entwurf eines gesetzes zur regulierung des prostitutionsgewerbes sowie zum schutz von in der prostitution tätigen personen, drucksache 18/8556 vom 25. mai 2016, s. 59. 229dort ist anerkannt, dass auch ambivalente verhaltensweisen tatbestandsmäßig sein können. abzustellen sei in diesen fällen auf das urteil eines objektiven betrachters, der alle umstände des einzelfalls kennt, wobei auch zu berücksichtigen sei, ob der täter von sexuellen absichten geleitet war. 230bgh, beschluss vom 7. april 2020 – 3 str 44/20 –, juris, rn. 13 mit weiteren nachweisen. 231entscheidendes kriterium im strafrecht ist in zweifelsfällen mithin die motivation des täters, „seine sexuellen bedürfnisse zu befriedigen“, 232bgh, urteil vom 10. märz 2016 – 3 str 437/15 –, juris, rn. 7, 233wobei „auf das urteil eines objektiven betrachters abzustellen“ ist. 234bgh, beschluss vom 2. februar 2021 – 4 str 364/19 –, juris, rn. 12, 15. 235die geschlechtliche stimulation in die definition einer „sexuellen handlung“ einzubeziehen, um ambivalente verhaltensweisen beurteilen zu können, deckt sich nach alledem mit der strafrechtlichen vorgehensweise und entspricht somit dem willen des gesetzgebers, der – wie dargelegt – auf das strafrecht bezug genommen hat. 236vgl. auch büttner, prostschg, 2017, § 2 rn. 28; rixen, gewerberecht der sexualität: das prostituiertenschutzgesetz, wiverw 2018/2, s. 142. 237soweit es im strafrecht allerdings darauf ankommt, ob der täter die motivation bzw. die absicht einer sexuellen stimulation verfolgt, kann dies für die frage, ob eine „sexuelle handlung“ im sinne des prostituiertenschutzgesetzes vorliegt, nicht entscheidend sein. während das strafrecht nämlich repressiv geprägt ist und die verwirklichung einer straftat von der erfüllung (auch) eines subjektiven tatbestands und eines schuldvorwurfs abhängt, ist hierfür im ordnungsrecht, in dem es um die präventive gefahrenabwehr geht, kein raum. subjektive handlungselemente wie vorsatz, fahrlässigkeit oder schuld spielen daher keine rolle. 238ovg nrw, beschluss vom 14. märz 2013 – 2 b 219/13 –, juris, rn. 20; vg aachen, beschluss vom 16. juni 2020 – 3 l 1162/19 –, juris, rn. 34; vg mainz, urteil vom 29. november 2017 – 1 k 1430/16.mz –, juris, rn. 54. 239das prostituiertenschutzgesetz dient der gefahrenabwehr. insbesondere die anmeldepflicht, das informations- und beratungsgespräch sowie die gesundheitliche beratung dienen dem präventiven schutz der prostituierten, ihrer kunden und der allgemeinheit vor den kriminellen auswüchsen der prostitution sowie vor den mit der ausübung der prostitution verbundenen gesundheitlichen gefahren. 240deutscher bundestag, entwurf eines gesetzes zur regulierung des prostitutionsgewerbes sowie zum schutz von in der prostitution tätigen personen, drucksache 18/8556 vom 25. mai 2016, s. 1, 32, 35, 36, 65, 73, 74, 78, 98; vgl. auch § 11 abs. 3 nr. 1 und nr. 3 prostschg. 241für die gefahrenrechtliche beurteilung, ob eine „sexuelle handlung“ vorliegt, ist daher allein entscheidend, ob sich das zu beurteilende verhalten typischerweise als geschlechtliche stimulation darstellt, ohne dass subjektive handlungselemente eine rolle spielten. 242diese auslegung trifft auch den kern von sinn und zweck des prostituiertenschutzgesetzes, der in erster linie darin besteht, das sexuelle selbstbestimmungsrecht prostituierter zu stärken. 243deutscher bundestag, entwurf eines gesetzes zur regulierung des prostitutionsgewerbes sowie zum schutz von in der prostitution tätigen personen, drucksache 18/8556 vom 25. mai 2016, s. 1, 2, 32, 33, 34, 70, 77, 78, 79, 80, 90, 107, 116; vgl. auch §§ 11 abs. 3 nr. 1, 14 abs. 2 nr. 1, 15 abs. 1 nr. 1 lit. b), 17 abs. 1 nr. 1 prostschg. 244der gesetzgeber selbst schreibt diesem „besonders sensiblen schutzgut […] eine schlüsselrolle“ zu. die stärkung des sexuellen selbstbestimmungsrechts sei ein „kernanliegen“. 245deutscher bundestag, entwurf eines gesetzes zur regulierung des prostitutionsgewerbes sowie zum schutz von in der prostitution tätigen personen, drucksache 18/8556 vom 25. mai 2016, s. 33, 107. 246daneben spielt der gesundheitsschutz eine zentrale rolle in der gesetzesbegründung. 247deutscher bundestag, entwurf eines gesetzes zur regulierung des prostitutionsgewerbes sowie zum schutz von in der prostitution tätigen personen, drucksache 18/8556 vom 25. mai 2016, s. 1, 2, 3, 32, 33, 34, 35, 36, 37, 65, 67, 70, 72, 73, 74, 76, 86, 88, 89, 91. 248nur dann, wenn es zu einer geschlechtlichen stimulation kommt, sind diese schutzzwecke aber überhaupt erst berührt. 249schließlich ist auch in der rechtsprechung die tendenz erkennbar, bei der definition einer „sexuellen handlung“ auf eine erregung abzustellen. besonders deutlich wird dies in einer entscheidung des ovg rheinland-pfalz, 250beschluss vom 28. august 2020 – 6 b 10864/20 –, juris, rn. 11, 251wonach ein verhalten „darauf gerichtet“ sein müsse, „einen anderen sexuell zu erregen oder zu befriedigen“, um als „sexuelle handlung“ qualifiziert zu werden. 252ohne dieses tatbestandsmerkmal abstrakt zu definieren, stellt auch das verwaltungsgericht düsseldorf fest, dass die in dem dort streitgegenständlichen betrieb angebotenen erotischen massagen „auf sexuelle erregung […] und befriedigung des kunden/der kunden abzielen“ würden. 253vg düsseldorf, beschluss vom 30. juni 2020 – 7 l 1186/20 –, juris, rn. 40. 254schließlich ist für das verwaltungsgericht gelsenkirchen bei der charakterisierung einer betriebsform als bordellartiger betrieb ebenso entscheidend, „ob der konkrete betrieb gerade auf die sexuelle stimulation der kunden ausgerichtet ist oder andere ziele verfolgt“. 255vg gelsenkirchen, urteil vom 29. august 2019 – 5 k 4649/18 –, juris, rn. 29, 31, 32; vg gelsenkirchen, beschluss vom 25. november 2020 – 18 l 967/20 –, juris, rn. 20; vgl. auch vg leipzig, urteil vom 3. mai 2017 – 4 k 399/15 –, juris, rn. 25. 256das vom kläger gegen die heranziehung einer geschlechtlichen stimulation zur definition einer „sexuellen handlung“ bemühte historische argument, dass der gesetzgeber handlungen, denen zwar eine sexuelle konnotation anhafte, die aber aus seiner sicht nicht schutzwürdig erschienen, ausdrücklich vom anwendungsbereich ausgenommen habe, überzeugt demgegenüber nicht. zwar ist richtig, dass der gesetzgeber „sexuell konnotierte oder pornographische darstellungen und vorführungen wie table-dance, peepshows etc.“ nicht vom begriff der prostitution erfasst wissen wollte. 257deutscher bundestag, entwurf eines gesetzes zur regulierung des prostitutionsgewerbes sowie zum schutz von in der prostitution tätigen personen, drucksache 18/8556 vom 25. mai 2016, s. 33. 258wie der gesetzgeber an anderer stelle der begründung zu erkennen gibt, meinte er hiermit jedoch lediglich die in § 2 abs. 1 satz 2 prostschg ausdrücklich geregelten vorführungen mit ausschließlich darstellerischem charakter, bei denen keine weitere der anwesenden personen sexuell aktiv einbezogen ist, 259deutscher bundestag, entwurf eines gesetzes zur regulierung des prostitutionsgewerbes sowie zum schutz von in der prostitution tätigen personen, drucksache 18/8556 vom 25. mai 2016, s. 59, 260zu denen die „u. u1. ®“ ersichtlich nicht gehört, sodass der einwand des klägers ins leere geht. überdies handelt es sich bei der „u. u1. ®“, im rahmen derer der tantramasseur in aller regel in kontakt zu den geschlechtsteilen seiner kunden gerät, augenscheinlich nicht lediglich um eine handlung, der eine sexuelle konnotation anhaftet. 261unter berücksichtigung aller durch die auslegung gewonnener erkenntnisse lässt sich eine „sexuelle handlung“ im sinne von § 2 abs. 1 satz 1 prostschg im ergebnis definieren als jedes vom willen getragene menschliche verhalten, das sich objektiv, also gemessen an seinem äußeren erscheinungsbild, typischerweise als geschlechtliche stimulation darstellt, und zwar unabhängig davon, ob es dabei zu körperlichen berührungen oder zur ausübung des geschlechtsverkehrs kommt. 262(ee.) das gericht ist nach den ihm vorliegenden unterlagen und erkenntnismitteln sowie aufgrund der befragung des klägers im erörterungstermin davon überzeugt, dass im rahmen der von ihm angebotenen „u. u1. ®“ „sexuelle handlungen“ im sinne der vorbezeichneten definition vorgenommen werden. im einzelnen: 263(aaa.) es steht außer frage, dass die vom kläger während einer „u. u1. ®“ angewandten grifftechniken ein menschliches verhalten darstellen, auch wenn der jeweilige kunde grundsätzlich in der rolle des empfangenden eine rezeptive haltung einnimmt. ausreichend ist ausweislich des ausdrücklichen wortlauts von § 2 abs. 1 satz 1 prostschg, dass sich – wie bei der „u. u1. ®“ – eine einzige person an einer anderen unmittelbar anwesenden person betätigt, zumal – wie die vorstehenden ausführungen gezeigt haben – das vorliegen einer „sexuellen handlung“ nicht von körperlichen berührungen abhängt. 264dass – wie der kläger im erörterungstermin zu protokoll gegeben hat – „alles was bei der u. passiert, […] absichtslos“ geschehe, führt nicht dazu, dass das verhalten des klägers bei der von ihm angebotenen u. nicht mehr vom willen getragen wäre. vielmehr bringt der kläger hiermit lediglich zum ausdruck, dass im rahmen einer solchen massage techniken intuitiv angewendet werden. 265(bbb.) aus der sicht eines objektiven dritten stellt sich das verhalten des klägers als „tantramasseur u1. ®“ im rahmen der „u. u1. ®“ auch typischerweise als geschlechtliche stimulation dar. 266letztlich stellt der kläger dies gar nicht in abrede, wenn er in seinem schriftsatz vom 16. februar 2021 vortragen lässt, dass es bei der u. „zu sexuellen handlungen oder erregungsmomenten“ komme. dies belegt auch seine beschreibung auf seiner eigenen internetseite zum zeitpunkt des erlasses des eilbeschlusses vom 28. august 2019: 267„tantrisch wird eine massage auch durch ihre ganzheitlichkeit. sie berührt den ganzen menschen, sie lässt keinen körperteil aus. insbesondere integriert sie die sexualität und weckt ihre energie als lebenskraft. jede folge davon, sei es atem, stimme oder bewegung, sei es ejakulation oder aufsteigende erschütterung, tränen … bis hin zur lustvoll-mystischen erfahrung oder einfach nur ein schlichter orgasmus – alles ist willkommen und in ordnung. […] dabei wird der intimbereich auf harmonische, natürliche und absichtslose weise mit einbezogen, was einen völlig neuen zugang zur eigenen sinnlichkeit und sexualität erschließt, dort neue, vorher nicht gekannte erlebnisräume eröffnen und zur integration der sexuellen aspekte des menschseins beitragen kann.“ 268vg düsseldorf, beschluss vom 28. august 2019 – 29 l 3067/18 –, juris, rn. 19. 269zwar hat der kläger diesen passus von seiner internetseite mittlerweile entfernt. abgesehen davon, dass er einen nachvollziehbaren grund hierfür („ich kann mich jetzt in diesem fall an die einzelheiten nicht mehr erinnern.“) im erörterungstermin nicht benennen konnte, bedeutet die änderung jedoch nicht, dass die ausführungen inhaltlich nicht mehr zuträfen. im gegenteil folgt aus dem vom kläger vorgelegten ausbildungsskript zur „u. u1. ®“: 270„die u. berührt den ganzen menschen, sie lässt keinen körperteil aus, außer der gast möchte an bestimmten stellen nicht berührt werden. insbesondere integriert sie die sexualität und weckt ihre energie als lebenskraft. jede folge davon, sei es atem, stimme oder bewegung, sei es ejakulation oder aufsteigende erschütterung, tränen … bis hin zur lustvoll-mystischen erfahrung oder einfach nur ein schlichter orgasmus – alles ist willkommen und in ordnung.“ 271b. , skript zur u. – ausbildung u1. e. v., s. 4. 272weiter heißt es dort: 273„bei der u. wird die orgastische energie des klienten von beginn an geweckt, erhalten und in den ganzen körper gebracht.“ 274b. , skript zur u. – ausbildung u1. e. v., s. 4. 275die ziele der u. bestünden darin, ein allgemeines entspanntes befinden des körpers herbeizuführen sowie „einen orgastischen zustand des klienten zu erhalten und wenn möglich ganzkörperlich erfahrbar zu machen.“ 276b. , skript zur u. – ausbildung u1. e. v., s. 5. 277diese zitate dokumentieren unmissverständlich einen der hauptzwecke der u. – mag sie auch noch so ganzkörperlich sein –, den kunden sexuell – bis hin zum orgasmus – zu erregen. 278dementsprechend verwundert es nicht, dass der u. w2. e. v. zum ziel hat, „die u. als kultivierte form von erotik gesellschaftlich zu etablieren […].“ 279b. , skript zur u. – ausbildung u1. e. v., s. 6. 280die feststellung, dass die u. jedenfalls auch auf sexuelle erregung und befriedigung ausgerichtet ist, hat der kläger im erörterungstermin bestätigt, wenn er vorträgt, dass auch frauen zu ihm kämen, die keinerlei körperliche oder seelische beschwerden hätten. in diesen fällen wollten „diese frauen einfach etwas neues erfahren […], vielleicht anders berührt werden.“ damit gibt der kläger zu erkennen, dass es seinen kunden jedenfalls teilweise auch darum geht, neue sexuelle erfahrungen zu sammeln, mit denen naturgemäß eine geschlechtliche stimulation verbunden ist. insoweit konnte der kläger auch nicht ausschließen, dass er von kunden aufgesucht werde, die einfach nur ihre sexuellen bedürfnisse befriedigen wollen. 281dass die sexuelle erregung einen erheblichen stellenwert im rahmen der u. einnimmt, folgt auch daraus, dass nach den vorgelegten schulungsunterlagen der umgang mit der eigenen lust des „tantramasseurs u1. ®“ eine gewichtige rolle spielt. so sei es „natürlich“, dass auch bei dem tantramasseur „sexuell lustvolle empfindungen entstehen können.“ diese seien zu bejahen, denn wenn der tantramasseur „selbst in einem lustvollen zustand“ sei, dann spüre er „auch besser, was die gäste empfinden.“ 282b. , skript zur u. – ausbildung u1. e. v., s. 10 f. 283im erörterungstermin hat der kläger bestätigt, dass es vorkommen könne, dass er selbst bei der massage sexuell erregt sei, auch wenn dies nur „ganz selten“ passiere. damit steht fest, dass es im rahmen einer u. nicht lediglich zu einer geschlechtlichen stimulation des gastes, sondern auch zu einer solchen des tantramasseurs kommt bzw. kommen kann und dass dies sogar gewünscht ist, um eine bessere dienstleistung erbringen zu können. 284bestätigt wird dieses ergebnis in ansehung der in den schulungsunterlagen enthaltenen praktischen hilfestellungen für das zu beginn einer u. zu führende vorgespräch mit dem jeweiligen gast. hiernach solle dem gast gesagt werden, dass er „total lustvoll und laut sein […] [und seinen] orgasmus zulassen“ dürfe. 285b. , skript zur u. – ausbildung u1. e. v., s. 33. 286der tantramasseur solle seinen gast fragen, was dieser „besonders lustvoll“ finde. 287b. , skript zur u. – ausbildung u1. e. v., s. 34. 288bereits für das vorgespräch sehen die schulungsunterlagen vor, dass der tantramasseur seinen jeweiligen gast auf folgendes hinweisen solle: 289„wir machen erst eine reise durch deine ganze yoni, dann gegen ende hast du genügend zeit, um dir genau das zu holen, was du brauchst, damit die yoni-massage rund für dich ist. das kann ein orgasmus sein, […].“ 290b. , skript zur u. – ausbildung u1. e. v., s. 34. 291während der massage solle der tantramasseur seinen kunden „beim finale“ fragen: 292„was von all dem war am lustvollsten für dich, was wünschst du dir? oder: was brauchst du, damit es jetzt richtig rund für dich wird?“ 293b. , skript zur u. – ausbildung u1. e. v., s. 34. 294diese handlungsempfehlungen lassen keinen zweifel daran, dass während der „u. u1. ®“ nicht nur handlungen vorgenommen werden, die sich typischerweise als geschlechtliche stimulation darstellen, sondern dass es insbesondere auch darum geht, dem gast – sofern er dies wünscht – gegen ende der massagezeit eine sexuelle befriedigung zu verschaffen. 295vor dem hintergrund dieser eindeutigen handlungsempfehlungen des privaten dachverbands, bei dem der kläger seine ausbildung absolviert hat und von dem er zertifiziert worden ist, erweisen sich seine ausführungen im erörterungstermin, die intimmassage ziele nicht darauf ab, „lust zu stimulieren“, es sei „okay“, wenn bei einer u. lust auf komme, sie „förder[t]en“ sie aber nicht, als makulatur. 296in dem weiteren vom kläger vorgelegten ausbildungsskript spielen erregung und orgasmus eine zentrale rolle. dem tantramasseur werden biologische und anatomische fähigkeiten vermittelt, um „die zeit zwischen erregungs- und orgasmusreflex zu gestalten, zu steigern oder genießen“, um den orgasmus einer frau herbeizuführen oder den samenerguss eines mannes hinauszuzögern. 297b. , skript level 2, modul 3: umgang mit sexuellen störungen in der tantrischen körperarbeit, s. 22 ff. 298sexuelle erregung und orgasmus sind mithin kernbestandteil einer „u. u1. ®“. 299dies wird durch die ausführungen des klägers im erörterungstermin bestätigt. auch wenn er sich hinsichtlich der yoni-massage zurückhaltend gezeigt und stattdessen ausführlich über den dogmatischen hintergrund und die anderen abschnitte der u. erzählt hat, hat er doch zu protokoll gegeben, dass er mit seinem finger in die yoni eindringe, sie „punktiere“ oder „kreisende bewegungen“ mache. es gehe „langsam vonstatten“. es könne sein, dass er „fünf minuten an einer stelle bleibe, weil es heiß […] [sei] in der yoni“. er fühle „verschiedene stellen ab, zum beispiel den zwölf-uhr-punkt oder den dreizehn-uhr-punkt etc.“ es mag sein, dass durch diese techniken gewisse – wie der kläger sagt – blockaden oder spannungen gelöst werden mögen, in jedem fall sind sie geeignet, eine geschlechtliche stimulation herbeizuführen. nicht umsonst kommt es – so der kläger im erörterungstermin – „bei weniger als einem drittel der gäste zu einem für […] [ihn] erkennbaren orgasmus“, wobei er selbst zu bedenken gibt, dass ein solcher „bei einer frau ja so offensichtlich auch gar nicht zu erkennen“ sei. die dunkelziffer dürfte dementsprechend höher liegen. 300bei seiner würdigung verkennt das gericht nicht, dass die u. durchaus geeignet sein kann, menschen, die unter sexuellen (missbrauchs-) traumata, sexuellen störungsbildern, blockaden, lustlosigkeit, schmerzen und fremdkörpergefühl nach operationen, orgasmusschwierigkeiten etc. leiden, zu helfen. da es jedoch – wie dargelegt – nicht auf eine schwerpunktbetrachtung, sondern darauf, ob ein verhalten vorliegt, das sich typischerweise als geschlechtliche stimulation darstellt, ankommt, ist dies irrelevant. selbst wenn die leistungen des klägers nach eigenen angaben eine sexualtherapeutische wirkung haben, sind sie dennoch als „sexuelle handlung“ einzustufen. 301da die u. – wie sie vom u. w2. e. v. zertifiziert wird – nach dem wortlaut, der gesetzeshistorie, der systematik und dem sinn und zweck des prostituiertenschutzgesetzes in dessen anwendungsbereich fällt, kommt eine teleologische reduktion, wie sie von der prozessbevollmächtigten des klägers vertreten wird, nicht in betracht. 302vgl. zu den voraussetzungen für eine teleologische reduktion: bverfg, beschluss vom 31. oktober 2016 – 1 bvr 871/13, 1 bvr 1833/13 –, juris, rn. 22. 303es ist nicht aufgabe der rechtsprechung, die vorbezeichnete massage dem regime des prostituiertenschutzgesetzes zu entziehen. allein der gesetzgeber ist dazu berufen, eine entsprechende bereichsausnahme zu schaffen. 304schließlich gilt es zu bedenken, dass selbst wenn man – entgegen der hier vertretenen auffassung – der ansicht wäre, dass es bei der frage, ob eine „sexuelle handlung“ vorliegt, auf den schwerpunkt der gesamthandlung ankomme, sich das gericht des eindrucks nicht erwehren könnte, dass der sexualbezug im vordergrund steht. hierfür spricht jedenfalls der vom kläger im erörterungstermin im einzelnen dargelegte ablauf einer „u. u1. ®“. denn zahlreiche handlungen, die der „tantramasseur u1. ®“ vor dem – wie es in den schulungsunterlagen genannt wird – „finale“ vornimmt, dienen dazu, dass es überhaupt erst zu einer massage des geschlechtsteils des gastes kommen kann. so zielt das vorgespräch darauf ab, eine erste vertrautheit herzustellen. 305b. , skript zur u. – ausbildung u1. e. v., s. 33 ff. 306das schrittweise entblößen sowohl des tantramasseurs als auch des gastes führt zu einem weiteren distanzabbau, wobei das gericht trotz der einlassung des klägers im erörterungstermin und der von ihm vorgelegten fachinformation, 307fachinformation zu zertifizierten u. u1. ®, anlage 14, s. 165 der gerichtsakte, 308aufgrund der handlungsempfehlungen in den ausbildungsskripten, die – wie dargelegt – auf eine steigerung des lustempfindens ausgerichtet sind, nicht in gänze auszuschließen vermag, dass die nacktheit des masseurs nicht jedenfalls auch dem lustgewinn des gastes dient. 309die eigentliche massage beginnt mit kopf, rücken und extremitäten, wobei sich der masseur immer weiter dem geschlechtsteil annähert. auch diese vorgehensweise verdeutlicht, dass während der gesamten massage auf ein einziges ziel hingearbeitet wird, nämlich der massage des geschlechtsteils. wenn also dieser teil der massage, der nach der einlassung des klägers im erörterungstermin nur das „letzte drittel oder viertel“ der massagezeit in anspruch nimmt, so bedeutet dies nicht, dass nicht bereits die zuvor erfolgten handlungen einen sexualbezug aufgewiesen hätten, weil sie das „finale“ erst ermöglichen. da die grenzen zwischen sexualbezogenen und neutralen handlungen fließend sind, belegen diese ausführungen einmal mehr, dass eine schwerpunktbetrachtung nicht justiziabel ist. 310(ccc.) schließlich ist es für das erfüllen des tatbestandsmerkmals einer „sexuellen handlung“ unbeachtlich, das es im rahmen einer „u. u1. ®“ nicht zur ausübung des geschlechtsverkehrs kommt. 311(b.) die vom kläger an seinen kunden ausgeübte „sexuelle handlung“ ist zudem an die entrichtung eines entgelts geknüpft. ausweislich der von ihm betriebenen internetseite liegen seine preise für eine einzelne u. zwischen 200,00 eur und 300,00 eur. 312der einwand der prozessbevollmächtigten des klägers im erörterungstermin, dass nur ein bruchteil der gesamtmassage einen geschlechtlichen hintergrund habe, sodass sich der überwiegende anteil des zu zahlenden entgelts auf neutrale handlungen beziehe, greift nicht durch, weil es – wie dargelegt – nicht auf eine schwerpunktbetrachtung ankommt. ausreichend ist, wenn sich nur ein teil des entgelts, und sei er auch noch so geringfügig, auf die vorgenommene „sexuellen handlung“ bezieht. 313bb. auch die übrigen voraussetzungen des § 11 abs. 1 in verbindung mit § 3 abs. 1 prostschg und des § 11 abs. 2 in verbindung mit § 10 abs. 3 satz 1 prostschg liegen vor. 314der kläger hat seine tätigkeit als prostituierter bis zum maßgeblichen zeitpunkt des erledigenden ereignisses ohne anmeldung und ohne nachweis, an einer gesundheitlichen beratung teilgenommen zu haben, durchgeführt. 315anhaltspunkte dafür, dass die dem kläger in ziffer 2. der ordnungsverfügung zu entnehmende frist zur anmeldung bzw. zur wahrnehmung der gesundheitlichen beratung nicht angemessen gewesen wäre, sind weder vorgetragen worden noch sonst ersichtlich. 3162. soweit sich die klage gegen die zwangsgeldandrohung in ziffer 2. der angefochtenen ordnungsverfügung richtet, ist sie ebenfalls unbegründet. 317zum maßgeblichen zeitpunkt der erledigung des verwaltungsakts lagen die voraussetzungen der § 55 abs. 1, § 57 abs. 1 nr. 2, abs. 2, § 60, § 63 abs. 1 bis 3 und abs. 5 des verwaltungsvollstreckungsgesetzes für das land nordrhein-westfalen (vwvg nrw) für die androhung eines zwangsgeldes vor. insbesondere ermessensfehler sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. 3183. die vom kläger schriftsätzlich gestellten beweisanträge sind abzulehnen. 319ein beweisantrag ist das an das gericht gestellte verlangen eines prozessbeteiligten, beweis über eine den sachverhalt betreffende behauptung durch bestimmte, nach prozessualem recht zulässige beweismittel zu erheben. erforderlich sind eine beweisbehauptung, ein beweismittel sowie eine konnexität zwischen beweistatsache und beweismittel. bei der ablehnung von beweisanträgen haben wegen der übereinstimmenden geltung des amtsermittlungsprinzips der sache nach die in § 244 abs. 3 und 4 der strafprozessordnung (stpo) für den strafprozess normierten ablehnungsgründe auch im verwaltungsgerichtlichen prozess geltung. 320bverwg, beschluss vom 9. mai 1983 – 9 b 10466/81 –, juris, rn. 4; bverwg, beschluss vom 31. juli 2014 – 2 b 20/14 –, nvwz-rr 2014, s. 887; ovg nrw, beschluss vom 22. januar 1981 – 18 a 10023/80 –, juris, leitsatz. 321der antrag, herrn p. h1. als zeugen zum schwierigkeitsgrad der ausbildung des u. w1. e. v. sowie zur durchfallquote zu befragen, ist abzulehnen, weil die beweiserhebung wegen offenkundigkeit überflüssig ist, § 244 abs. 3 satz 3 nr. 1 stpo. die unter beweis gestellten tatsachen sind bereits durch die vorgelegten unterlagen (ausbildungsordnung, ausbildungsskripte, rechenschaftsbericht) sowie durch die anhörung des klägers im erörterungstermin gerichtskundig. der beweisantrag ist zudem wegen bedeutungslosigkeit gemäß § 244 abs. 3 satz 3 nr. 2 stpo abzulehnen. die frage, wie anspruchsvoll die ausbildung zur erlangung eines u. -zertifikats des u. w1. e. v. ist und wie hoch die durchfallquote ist, steht in keinerlei zusammenhang mit der urteilsfindung. die qualität der ausbildung und die höhe der durchfallquote spielen für die beantwortung der rechtsfrage, was unter einer „sexuellen handlung“ zu verstehen ist, keine rolle, zumal das gericht diese frage dahingehend beantwortet hat, dass es nicht auf eine schwerpunktbetrachtung ankommt. 322der „antrag“ frau n. s. als zeugin zu befragen, ist ebenfalls abzulehnen. das gericht hat bereits erhebliche zweifel daran, dass es sich hierbei überhaupt um einen beweisantrag handelt. es fehlt an einer beweisbehauptung, weil es dem kläger nicht gelungen ist, eine beweistatsache als hinreichend bestimmt und feststehend zu benennen. frau n. s. wird als zeugin für die „einzelheiten“ der berührungskunst bzw. für die „anforderungen“ an ein zertifikat benannt, ohne dass ersichtlich wäre, wozu genau sie etwas sagen können soll. konkrete umstände oder geschehnisse, die die als zeugin benannte frau n. s. wahrgenommen haben soll, werden nicht angegeben. vielmehr ist das beweisthema so weit gefasst, dass es ein klares beweisziel vermissen lässt. es handelt sich mithin um einen unsubstantiierten beweisantrag „ins blaue hinein“. aber selbst wenn man von einem formellen beweisantrag ausginge, wäre die beweiserhebung wegen offenkundigkeit gemäß § 244 abs. 3 satz 3 nr. 1 stpo aus denselben gründen überflüssig wie die einvernahme des als zeugen benannten herrn p. h1. . auf die vorstehenden ausführungen wird verwiesen. auch der ablehnungsgrund der bedeutungslosigkeit gemäß § 244 abs. 3 satz 3 nr. 2 stpo käme zur anwendung, weil die einzelheiten über die berührungskunst, über die anforderungen an ein zertifikat bzw. über den personenkreis, der die ausbildung erfolgreich besteht, in keinem zusammenhang mit der urteilsfindung stehen. 323schließlich sind auch die „anträge“, frau b2. -n1. i. und herrn dipl.-psych. s1. d. als zeugen zu den positiven sexualtherapeutischen auswirkungen von tantramassagen zu vernehmen, abzulehnen. auch hier hat das gericht bereits durchgreifende zweifel daran, dass es sich überhaupt um förmliche beweisanträge handelt. über welches fachwissen die beiden personen, die weder als sachverständige zeugen noch als sachverständige benannt wurden, verfügen sollen, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, auch nicht unter berücksichtigung der mit schriftsatz vom 16. februar 2021 eingereichten anlagen 4 und 5. ebenso wenig erschließt sich, dass sich die beiden als zeugen benannten personen mit der art und weise der u. auskennen würden. letztlich könnten sie nur auskunft zu ihren konkreten patienten geben, die bereits einmal die erfahrung einer u. gemacht haben; in bezug auf diese personen könnten sie mitteilen, wie sich die u. in diesen konkreten fällen bei ihren patienten sexualtherapeutisch ausgewirkt hat. zu derartigen geschehnissen und umständen (anzahl der patienten, konkrete fälle, therapieverlauf etc.) macht der kläger jedoch keinerlei angaben. dass die als zeugen benannten personen in der lage wären, allgemeingültige bekundungen auszusprechen, ist ebenso wenig vorgetragen oder anzunehmen. aber selbst wenn man von förmlichen beweisanträgen ausginge, sind diese abzulehnen. die unter beweis gestellten tatsachen sind für die entscheidungsfindung gemäß § 244 abs. 3 satz 3 nr. 2 stpo ohne bedeutung, weil es sich bei der frage, was unter einer „sexuellen handlung“ im sinne von § 2 abs. 1 satz 1 prostschg zu verstehen ist, um eine rechtsfrage handelt. die beweisanträge sind zudem gemäß § 244 abs. 3 satz 3 nr. 6 stpo abzulehnen, denn selbst dann, wenn man als wahr unterstellte, dass der „u. u1. ®“ therapeutische wirkung zukäme, änderte dies nichts daran, dass im rahmen dieser massage „sexuelle handlungen“ vorgenommen würden. 324iii. die kostenentscheidung folgt aus § 154 abs. 1 vwgo. 325die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit folgt aus § 167 abs. 1 vwgo in verbindung mit §§ 708 nr. 11, 709 satz 2, 711 zpo. 326die berufung ist zuzulassen, weil der abstrakten rechtsfrage, was unter einer „sexuellen handlung“ im sinne von § 2 abs. 1 prostschg und damit unter einer „sexuellen dienstleistung“ zu verstehen ist, wegen der vielschichtigen fallgestaltungen (u. , sexualbegleitung, sexualassistenz etc.) eine über den konkreten einzelfall hinausgehende bedeutung zukommt, also im allgemeinen interesse liegt und deswegen grundsätzliche bedeutung hat, zumal – soweit ersichtlich – hierüber bislang noch nicht höchstrichterlich entschieden worden ist, § 124a abs. 1 satz 1 in verbindung mit § 124 abs. 2 nr. 3 vwgo. 327rechtsmittelbelehrung: 328gegen dieses urteil kann innerhalb eines monats nach zustellung des vollständigen urteils bei dem verwaltungsgericht düsseldorf (bastionstraße 39, 40213 düsseldorf oder postfach 20 08 60, 40105 düsseldorf) schriftlich berufung eingelegt werden. die berufung muss das angefochtene urteil bezeichnen. 329die berufung kann auch als elektronisches dokument nach maßgabe des § 55a vwgo und der verordnung über die technischen rahmenbedingungen des elektronischen rechtsverkehrs und über das besondere elektronische behördenpostfach (elektronischer rechtsverkehr-verordnung – ervv) eingelegt werden. 330die berufung ist innerhalb von zwei monaten nach zustellung des vollständigen urteils zu begründen. die begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der einlegung der berufung erfolgt, bei dem oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen (aegidiikirchplatz 5, 48143 münster oder postfach 6309, 48033 münster) schriftlich oder als elektronisches dokument nach maßgabe des § 55a vwgo und der ervv einzureichen. 331die begründungsfrist kann auf einen vor ihrem ablauf gestellten antrag von dem vorsitzenden des senats verlängert werden. die begründung muss einen bestimmten antrag enthalten sowie die im einzelnen anzuführenden gründe der anfechtung (berufungsgründe). 332im berufungsverfahren müssen sich die beteiligten durch prozessbevollmächtigte vertreten lassen. dies gilt auch für prozesshandlungen, durch die das verfahren eingeleitet wird. die beteiligten können sich durch einen rechtsanwalt oder einen rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten hochschule eines mitgliedstaates der europäischen union, eines anderen vertragsstaates des abkommens über den europäischen wirtschaftsraum oder der schweiz, der die befähigung zum richteramt besitzt, als bevollmächtigten vertreten lassen. auf die zusätzlichen vertretungsmöglichkeiten für behörden und juristische personen des öffentlichen rechts einschließlich der von ihnen zur erfüllung ihrer öffentlichen aufgaben gebildeten zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 abs. 4 satz 4 vwgo und § 5 nr. 6 des einführungsgesetzes zum rechtsdienstleistungsgesetz – rdgeg –). darüber hinaus sind die in § 67 abs. 2 satz 2 nr. 3 bis 7 vwgo bezeichneten personen und organisationen unter den dort genannten voraussetzungen als bevollmächtigte zugelassen. 333die berufungsschrift und die berufungsbegründungsschrift sollen möglichst dreifach eingereicht werden. im fall der einreichung als elektronisches dokument bedarf es keiner abschriften. 334beschluss: 335der streitwert wird auf 5.000,00 eur festgesetzt. 336gründe: 337die streitwertfestsetzung beruht auf § 52 abs. 2 des gerichtskostengesetzes (gkg). die in ziffer 2. des streitgegenständlichen bescheids enthaltene zwangsgeldandrohung bleibt für die bemessung des streitwerts gemäß ziffer 1.7.2 des streitwertkatalogs 2013 in der fassung der am 31. mai/1. juni 2012 und am 18. juli 2013 beschlossenen änderungen, 338nvwz-beilage 2013, s. 58), 339außer betracht. 340rechtsmittelbelehrung: 341gegen den streitwertbeschluss kann schriftlich oder zur niederschrift des urkundsbeamten der geschäftsstelle bei dem verwaltungsgericht düsseldorf (bastionstraße 39, 40213 düsseldorf oder postfach 20 08 60, 40105 düsseldorf) beschwerde eingelegt werden, über die das oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen in münster entscheidet, falls ihr nicht abgeholfen wird. 342die beschwerde kann auch als elektronisches dokument nach maßgabe des § 55a vwgo und der verordnung über die technischen rahmenbedingungen des elektronischen rechtsverkehrs und über das besondere elektronische behördenpostfach (elektronischer rechtsverkehr-verordnung – ervv) oder zu protokoll der geschäftsstelle eingelegt werden; § 129a der zivilprozessordnung gilt entsprechend. 343die beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von sechs monaten eingelegt wird, nachdem die entscheidung in der hauptsache rechtskraft erlangt oder das verfahren sich anderweitig erledigt hat; ist der streitwert später als einen monat vor ablauf dieser frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines monats nach zustellung oder formloser mitteilung des festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. 344die beschwerde ist nicht gegeben, wenn der wert des beschwerdegegenstandes 200,-- euro nicht übersteigt. 345die beschwerdeschrift soll möglichst dreifach eingereicht werden. im fall der einreichung als elektronisches dokument bedarf es keiner abschriften. 346war der beschwerdeführer ohne sein verschulden verhindert, die frist einzuhalten, ist ihm auf antrag von dem gericht, das über die beschwerde zu entscheiden hat, wiedereinsetzung in den vorigen stand zu gewähren, wenn er die beschwerde binnen zwei wochen nach der beseitigung des hindernisses einlegt und die tatsachen, welche die wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. 347nach ablauf eines jahres, von dem ende der versäumten frist angerechnet, kann die wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.
Verklagte*r
0
338,161
4 A 4023/19
2021-05-27T00:00:00
Urteil
Tenor Auf die Berufungen der Beklagten und des Beigeladenen wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 21.8.2019 geändert und unter Einbeziehung des rechtskräftig gewordenen Teils insgesamt wie folgt neu gefasst. Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens beider Instanzen einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen im Berufungsverfahren. Außergerichtliche Kosten des Beigeladenen im erstinstanzlichen Verfahren werden nicht erstattet. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte oder der Beigeladene vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. Die Revision wird nicht zugelassen. 1Tatbestand: 2Die Beteiligten streiten im Berufungsverfahren noch darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, den Antrag auf Erteilung einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis für den Betrieb der Spielhalle der Klägerin in der I.----straße 40 in C. H. neu zu bescheiden. Für diese war ihr unter dem 20.4.2011 eine unbefristete Erlaubnis nach § 33i GewO erteilt worden. 3Im August 2015 informierte die Beklagte die Klägerin und die weiteren Spielhallenbetreiber im Stadtgebiet darüber, dass für den Betrieb der Spielhallen ab dem 1.12.2017 eine Erlaubnis gemäß § 24 Abs. 1 GlüStV i. V. m. §§ 4 und 16 AG GlüStV NRW erforderlich sei und nach dem Ablauf der Übergangsfrist Ende November 2017 kein Bestandsschutz mehr bestehe. Es sei beabsichtigt, auch im Hinblick auf die neuen Anforderungen, zeitnah Kontrollen in den Spielhallen durchzuführen. 4Nach den Feststellungen der Beklagten steht die Spielhalle der Klägerin unter anderem in Konflikt mit der Spielhalle des Beigeladenen. Dieser betreibt in einer Entfernung von etwa 209 m Luftlinie eine Spielhalle in der I.----straße 69 in C. H. . Dafür war ihm am 30.3.1994 eine Erlaubnis nach § 33i GewO erteilt worden. Von der zunächst ebenfalls konkurrierenden Spielhalle in der I.----straße 72 ist die Spielhalle der Klägerin etwa 182 m Luftlinie entfernt. Die glücksspielrechtliche Erlaubnis hierfür ist mittlerweile bestandskräftig abgelehnt. Von den Spielhallen in der I.----straße 91, die miteinander im Verbund stehen und für die unter dem 28.3.2013 Erlaubnisse nach § 33i GewO erteilt worden waren, ist die Spielhalle der Klägerin etwa 324 m Luftlinie entfernt. 5Nach Aufforderung durch die Beklagte beantragte die Klägerin im Jahr 2016 die Erteilung einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis gemäß § 24 Abs. 1 GlüStV i. V. m. § 16 Abs. 2 AG GlüStV NRW gegebenenfalls unter Abweichung nach § 16 Abs. 3 Satz 3 AG GlüStV NRW vom Mindestabstandsgebot gemäß § 25 Abs. 1 GlüStV i. V. m. § 16 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 AG GlüStV NRW oder unter Befreiung vom Mindestabstandsgebot nach § 29 Abs. 4 Satz 4 GlüStV. Dabei machte sie geltend, dass bei der Entscheidung über die Abweichung vom Mindestabstandsgebot der Bestands- und Vertrauensschutz zu beachten sei. Sie habe die Räumlichkeiten zum Betrieb ihrer Spielhalle mit einer festen Laufzeit bis zum 31.12.2021 angemietet. Zum Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrags im Dezember 2010 habe sie nicht mit den neuen Regelungen des Glücksspielstaatsvertrags rechnen können; eine vorzeitige Kündigungsmöglichkeit bestehe nicht. Bei einer Schließung der Spielhalle drohe ihr wegen der weiter bestehenden Zahlungsverpflichtungen aus dem Mietvertrag die Insolvenz. 6Mit Bescheid vom 22.11.2017 erteilte die Beklagte dem Beigeladenen auf dessen Antrag hin eine bis zum 30.6.2021 befristete glücksspielrechtliche Erlaubnis zum Betrieb seiner Spielhalle gemäß § 24 Abs. 1 GlüStV i. V. m. § 16 Abs. 2 AG GlüStV NRW. 7Den Antrag der Klägerin auf Erteilung einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis lehnte die Beklagte nach Anhörung mit Bescheid vom 22.11.2017 ab. Zur Begründung führte sie aus: Die Spielhalle der Klägerin halte den Mindestabstand von 350 m Luftlinie zu den weiteren vier in der I.----straße ansässigen Spielhallen nicht ein. Eine Abweichung vom Mindestabstandserfordernis nach § 16 Abs. 3 Satz 3 AG GlüStV komme nicht in Betracht. Demzufolge sei eine Auswahlentscheidung für die bestehende Konkurrenzsituation zu treffen. Die Anwendung der Kriterien und deren Gewichtung im Einzelfall stünden im behördlichen Ermessen, wobei die Ziele des Glücksspielstaatsvertrags, Härtefallgesichtspunkte sowie Aspekte der Zuverlässigkeit zu berücksichtigen seien. Eine Verteilung, die die bestmögliche Ausschöpfung der Standortkapazität zulasse, sei nicht möglich, weil alle in der I.----straße betriebenen Spielhallen untereinander den geforderten Mindestabstand nicht einhielten. Daher sei in die Auswahlentscheidung einbezogen worden, dass dem Beigeladenen die gewerberechtliche Erlaubnis für seine Spielhalle am 30.3.1994 erteilt worden sei, er seine Spielhalle folglich bereits über den mit Abstand längsten Zeitraum führe und insoweit den größten Bestandsschutz genieße. Ergänzend sei die gesetzgeberische Wertung des § 1 GlüStV herangezogen worden. Danach habe der Beigeladene den Zuverlässigkeitskriterien in größerem Umfang Rechnung getragen als alle anderen Betreiber. Diesem seien nur bei einer Kontrolle am 3.5.2017 Verstöße gegen die §§ 6a und 9 SpielV (u. a. „Trendy-Rabatt auf Fun-Gerät“) zur Last gelegt worden. Bei dem Betrieb der Spielhalle der Klägerin hingegen seien mehrere Verstöße (u. a. Verstoß gegen die Sperrzeit im Jahr 2013, ein Verstoß gegen das Verbot irreführender Werbung nach § 5 Abs. 2 GlüStV und eine unzulässige Bezeichnung der Spielhalle als „Casino“ nach § 16 Abs. 5 AG GlüStV NRW am 19.7.2016, Verstöße gegen die §§ 3 Abs. 2 sowie 7 Abs. 1 und 4 SpielV durch Anbringung durchsichtiger Sichtschutzwände und abgelaufener PTB-Prüfbescheinigungen an zwei Geldspielgeräten am 3.5.2017) festgestellt worden. Auch bei den übrigen zwei Spielhallenbetreibern sei es ausweislich der Kontrollen jeweils zu mehreren Verstößen gekommen. Danach führe der Beigeladene seine Spielhalle nicht nur am längsten, auch seien bei dieser die „geringsten“ Verstöße festgestellt worden. Sofern das Alter der Spielhallenerlaubnis ins Verhältnis zu der Anzahl der festgestellten Verstöße gesetzt werde, werde die höhere Zuverlässigkeit des Beigeladenen noch deutlicher. Im Vergleich mit dem Beigeladenen hebe sich die Klägerin in Bezug auf die Rechtstreue nicht positiv ab. Zudem sei das Kriterium der Zuverlässigkeit lediglich ergänzend in die Ermessenserwägungen eingeflossen und bei der Entscheidung zunächst auf den Zeitpunkt der gewerberechtlichen Erlaubnisse und dementsprechend den Vertrauensschutz abgestellt worden. Schließlich erforderten auch die vorgetragenen Härtefallgesichtspunkte keine andere Entscheidung, weil die Klägerin den über die Räumlichkeiten bis zum 31.12.2021 abgeschlossenen Mietvertrag im Wege der außerordentlichen Kündigung beenden könne. Im Rahmen einer Gesamtbewertung werde der Konflikt ermessensgerecht dahingehend gelöst, dass lediglich dem Beigeladenen eine glücksspielrechtliche Erlaubnis erteilt werde. 8Mit weiterem Bescheid vom 22.11.2017 erteilte die Beklagte der Klägerin für ihre Spielhalle eine bis zum 30.6.2018 befristete glücksspielrechtliche Härtefallerlaubnis unter Befreiung vom Mindestabstandsgebot gemäß § 29 Abs. 4 Satz 4 GlüStV i. V. m. § 25 Abs. 1 GlüStV, § 16 Abs. 3 Satz 1 AG GlüStV NRW. Mit Blick auf den späten Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung sei die bis zum 30.6.2018 befristete Befreiung zur Vermeidung unbilliger Härten erforderlich, aber auch ausreichend. Darüber hinaus sei eine unbillige Härte nicht zu begründen, weil die Klägerin frühzeitig Alternativplanungen habe vornehmen müssen, um zukünftigen wirtschaftlichen Problemen entgegenzuwirken. 9Die Klägerin hat gegen beide ihr gegenüber erlassene Bescheide Klage erhoben. Zur Begründung hat sie im Wesentlichen geltend gemacht, die Auswahlentscheidung der Beklagten sei bereits deshalb ermessensfehlerhaft, weil diese die maximale Standortkapazität nicht ausgeschöpft habe. Die Beklagte habe nicht in den Blick genommen, dass zwischen der Spielhalle der Klägerin und den Spielhallen in der I.----straße 91 der Mindestabstand nur geringfügig unterschritten werde. Ihre Spielhalle sei nach hinten versetzt, so dass der kürzeste Fußweg zwischen den Eingangstüren der Spielhallen deutlich über 350 m liege. Darüber hinaus liege im Hinblick auf das von der Beklagten angewandte Kriterium des Alters der Spielhallen bei ihrer Spielhalle kein geringerer Vertrauenstatbestand vor als bei derjenigen des Beigeladenen. Ihr sei die Erlaubnis für den Betrieb der Spielhalle am 20.4.2011 und damit vor dem Inkrafttreten der neuen Regelungen des Glücksspielstaatsvertrags erteilt worden. Zu diesem Zeitpunkt habe sie nicht mit dem Erlass der Abstandsregelung rechnen können. Anders als der Beigeladene habe sie ihre erheblichen Investitionen in die Einrichtung der Spielhalle noch nicht ausgleichen können. Darüber hinaus wögen ihre Verstöße gegen ordnungsrechtliche Regelungen objektiv nicht schwerer als diejenigen des Beigeladenen, zumal die Beklagte ihr gegenüber nur einmal eine Geldbuße festgesetzt und die übrigen Beanstandungen selbst nicht als derart gewichtig eingeschätzt habe, dass sie ein Bußgeldverfahren eingeleitet hätte. Diese Beanstandungen hätten nicht annähernd das Gewicht, hierauf eine Auswahlentscheidung zu stützen. Das Alter der Erlaubnisse könne auch nicht zu der Anzahl der Verstöße in Bezug gesetzt werden, weil die Beklagte keine Feststellungen zur Kontrolldichte getroffen habe. 10Die Klägerin hat beantragt, 111. die Beklagte unter Aufhebung ihres Versagungsbescheides vom 22.11.2017 zu verpflichten, der Klägerin auf ihren Antrag vom 27.12.2016 eine glücksspielrechtliche Erlaubnis für ihre Spielhalle auf dem Grundstück I.----straße 40 in C. H. zu erteilen, 122. hilfsweise, 13unter teilweiser Aufhebung des Erlaubnisbescheides vom 22.11.2017 die Beklagte zu verpflichten, der Klägerin auf ihren Antrag vom 27.12.2016 eine bis zum 30.6.2021 befristete glücksspielrechtliche Erlaubnis unter Befreiung von dem Mindestabstandsgebot nach § 29 Abs. 4 Satz 4 GlüStV zu erteilen. 14Die Beklagte hat beantragt, 15die Klage abzuweisen. 16Sie hat vorgetragen, dass sie im Rahmen der zu treffenden Auswahlentscheidung ermessenfehlerfrei zu der Überzeugung gelangt sei, die Spielhalle der Klägerin genieße gegenüber derjenigen des Beigeladenen weder aus Gründen des Vertrauensschutzes noch unter Härtefall- oder Zuverlässigkeitsgesichtspunkten den Vorrang. 17Der Beigeladene hat keinen Antrag gestellt. 18Mit Urteil vom 21.8.2019 hat das Verwaltungsgericht die Beklagte unter Aufhebung ihres Versagungsbescheids vom 22.11.2017 verpflichtet, den Antrag der Klägerin auf Erteilung einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass der Versagungsbescheid der Beklagten vom 22.11.2017 rechtswidrig sei und die Klägerin in ihren Rechten verletze. Mangels Spruchreife habe die Klägerin jedoch nur einen Anspruch auf Neubescheidung ihres Antrags auf Erteilung einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis für ihre Spielhalle unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts. Die von der Beklagten getroffene Auswahlentscheidung erweise sich als ermessensfehlerhaft, weil die Behörde nicht anhand sachlich gerechtfertigter Kriterien entschieden habe. Nicht zu beanstanden sei, dass die Beklagte zugunsten des Beigeladenen und zuungunsten der Klägerin auf das sachgerechte Kriterium des Zeitpunkts der Erteilung der Erlaubnisse nach § 33i GewO abgestellt und damit dem Bestands- und Vertrauensschutz maßgebliches Gewicht beigemessen habe. Auch habe die Beklagte in ihrer Auswahlentscheidung darauf abstellen können, wer die im Glücksspielstaatsvertrag genannten Ziele prognostisch am ehesten erreiche. Jedoch habe die Beklagte dieses Kriterium nicht sachgerecht angewandt. Für die Bewertung der „Zuverlässigkeit“ könnten grundsätzlich nur Umstände maßgeblich sein, die nach Inkrafttreten des Glücksspielstaatsvertrags am 1.7.2012 bzw. des hierzu ergangenen Ausführungsgesetzes NRW entstanden seien. Erst ab diesem Zeitpunkt müssten die Spielhallenbetreiber damit rechnen, dass ihre Zuverlässigkeit in den Blick genommen werde. Darüber hinaus könnten nur Tatsachengrundlagen herangezogen werden, die eine objektive Vergleichbarkeit gewährleisteten. Dies erfordere einerseits eine gewisse Kontrolldichte und andererseits, dass alle konkurrierenden Spielhallenstandorte in einem vergleichbaren Zeitraum, von anlassbezogenen Kontrollen abgesehen, in gleichem Umfang kontrolliert würden. Hieran fehle es vorliegend, weil die Beklagte die Spielhallen unterschiedlich oft kontrolliert habe. Während die Spielhalle der Klägerin im Juli 2016 und Mai 2017 kontrolliert worden sei, sei die Spielhalle des Beigeladenen nur einmal im Mai 2017 kontrolliert worden. Hinzu komme, dass die Beklagte die Anzahl der Verstöße ins Verhältnis zum Alter der gewerberechtlichen Erlaubnisse gesetzt habe. Mangels regelmäßiger und gleichmäßiger Kontrollen hätte die Beklagte die so gewonnenen Erkenntnisse ihrer Entscheidung zugunsten des Beigeladenen nicht zugrunde legen können. Vor diesem Hintergrund könne offen bleiben, ob und inwiefern die Schwere der Verstöße in diesem Zusammenhang beachtet werden müsse. Die Klägerin habe demnach einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Auswahlentscheidung zwischen den konkurrierenden Betreibern. Der Hilfsantrag auf Erteilung einer weitergehenden bis zum 30.6.2021 befristeten glücksspielrechtlichen Erlaubnis unter Befreiung von dem Mindestabstandsgebot nach § 29 Abs. 4 Satz 4 GlüStV hingegen habe keinen Erfolg. Die Beklagte habe den Begriff der unbilligen Härte ordnungsgemäß angewandt und ermessensgerecht entschieden. 19Zur Begründung ihrer vom Verwaltungsgericht zugelassenen Berufung macht die Beklagte geltend: Die Auffassung des Verwaltungsgerichts, bei der Bewertung der Zuverlässigkeit seien lediglich Umstände zu berücksichtigen, die nach dem 1.7.2012 bzw. dem 31.12.2012 entstanden seien, überzeuge nicht. Die Spielhallenbetreiber hätten sich bereits vor dem Inkrafttreten des Glücksspielstaatsvertrags aufgrund des veröffentlichten Entwurfs nicht mehr auf schutzwürdiges Vertrauen berufen können. Zudem seien sie bereits zuvor gehalten gewesen, Glücksspiele im Einklang mit Recht und Gesetz durchzuführen. Daher dürften auch zeitlich frühere Vorkommnisse in die Auswahlentscheidung einfließen. Auch treffe die Annahme nicht zu, die Spielhallen seien unterschiedlich oft kontrolliert worden. Sämtliche Spielhallen in ihrem Stadtgebiet würden nach ihrem Leitfaden zur Kontrolle von Gaststätten und Spielhallen vom 15.3.2005 seit vielen Jahren nicht nur anlassbezogen, sondern auch allgemein regelmäßigen Kontrollen unterzogen, so dass eine ausreichende tatsächliche Entscheidungsgrundlage bestanden habe. Dies werde jedoch bei Routinekontrollen ohne festgestellte Verstöße nicht immer in den jeweiligen Verwaltungsakten vermerkt. Im Übrigen habe sie das Kriterium der Zuverlässigkeit nur ergänzend in ihre Ermessensentscheidung einbezogen und überprüft, ob die Spielhalle der Klägerin eine bessere Gewähr für die Förderung der Ziele des Staatsvertrags biete. Die Spielhalle der Klägerin habe sich dabei jedenfalls nicht positiv von derjenigen des Beigeladenen abgehoben. Da es insoweit nur geringfügige Unterschiede zwischen den einzelnen Spielhallenbetreibern gegeben habe und die Verstöße überdies nicht gravierend gewesen seien, habe es einer weitergehenden und vertieften Prüfung der Schwere der Verstöße nicht bedurft. 20Die Beklagte beantragt, 21das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 21.8.2019 zu ändern und die Klage insgesamt abzuweisen. 22Der Beigeladene trägt zur Begründung seiner Berufung vor: Soweit die Beklagte verpflichtet worden sei, das Verfahren auf Erteilung einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis neu zu bescheiden, seien seine Rechte unmittelbar betroffen. Im Rahmen des neuen Auswahlverfahrens sei auch der Standort seiner Spielhalle erneut zu bewerten. Der vom Verwaltungsgericht angenommene entscheidungserhebliche Grund, das Auswahlverfahren sei wegen einer nicht sachgerechten Anwendung des Kriteriums der Zuverlässigkeit durch die Beklagte neu durchzuführen, entspreche nicht der Rechtsprechung des Berufungsgerichts. Danach sei das Abstellen auf die Zuverlässigkeit unter Berücksichtigung des Glücksspielstaatsvertrags als Kriterium zulässig. Wenn die Beklagte bei ihm ein „mehr“ an Zuverlässigkeit festgestellt habe, könne sie hierauf zu Recht die für ihn positive Auswahlentscheidung stützen. Zudem sei der Behörde ein weiter Ermessensspielraum einzuräumen, der nur in Grenzen einer gerichtlichen Überprüfung zugänglich sei. Eine Auswahlentscheidung könne nur dann als rechtswidrig angesehen werden, wenn das Sachkriterium grundsätzlich ungeeignet sei. Dies sei vorliegend jedoch nicht der Fall. Es sei insbesondere nicht zu beanstanden, dass die betroffenen Spielhallen unterschiedlich intensiv kontrolliert worden seien. Die Notwendigkeit von Folgekontrollen ergebe sich schließlich nur, wenn zuvor Verstöße festgestellt worden seien. 23Der Beigeladene beantragt, 24das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 21.8.2019 teilweise abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen. 25Die Klägerin beantragt, 26die Berufung zurückzuweisen. 27Neben der vorliegenden Klage hat die Klägerin die zugunsten des Beigeladenen für den Betrieb der Spielhalle I.----straße 69 in C. H. erteilte Erlaubnis (VG Köln, 24 K 16154/17) angefochten. Das Verwaltungsgericht hat in jenem Verfahren den Bescheid der Beklagten auf Erteilung einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis für die Spielhalle des Beigeladenen aufgehoben. Über die Berufungen der Beklagten und des Beigeladenen hat der Senat mit Urteil vom heutigen Tage (4 A 4024/19) entschieden. 28Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte in diesem Verfahren sowie in dem Verfahren 4 A 4024/19 (ein Band) und der jeweils beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten (insgesamt fünf Hefter) Bezug genommen. 29Entscheidungsgründe: 30Die Berufungen der Beklagten und des Beigeladenen haben Erfolg. Die zulässige Klage ist in dem im Berufungsverfahren allein noch streitgegenständlichen Umfang unbegründet, nämlich soweit die Verpflichtung der Beklagten zur Neubescheidung des Antrags der Klägerin auf Erteilung einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis in Rede steht. 31Der Versagungsbescheid der Beklagten vom 22.11.2017 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 5 Sätze 1 und 2 VwGO. 32Die Erteilung einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis auf Grundlage der §§ 24 Abs. 1 GlüStV, 16 Abs. 2 AG GlüStV NRW setzt nach § 25 Abs. 1 GlüStV i. V. m. § 16 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 AG GlüStV NRW grundsätzlich voraus, dass ein Mindestabstand von 350 m Luftlinie zu einer anderen Spielhalle eingehalten wird. Diesen Abstand hält die Spielhalle der Klägerin in der I.----straße 40 in C. H. zu der Spielhalle des Beigeladenen in der I.----straße 69 nicht ein. 33Die Beklagte hat den Antrag der Klägerin auf Erteilung einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis im Rahmen des in Folge der Nichteinhaltung des Mindestabstandsgebots nach Ablauf der Übergangsfrist des § 29 Abs. 4 Satz 2 GlüStV notwendigen Auswahlverfahrens ermessensfehlerfrei abgelehnt. Einen Anspruch auf Neubescheidung dieses Antrags hat die Klägerin nicht. 341. Begehren nach Ablauf der Übergangsfrist des § 29 Abs. 4 Satz 2 GlüStV mehrere Betreiber von Spielhallen, die zueinander das Mindestabstandsgebot nicht einhalten, die Erteilung einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis, bedarf es zur Auflösung der Konkurrenzsituation einer Auswahlentscheidung. Diese von der Behörde zu treffende Auswahlentscheidung ist eine Ermessensentscheidung, die nach Maßgabe des § 114 VwGO der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle (nur) daraufhin unterliegt, ob die Behörde die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat (§ 40 VwVfG NRW). Unter Einbeziehung der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist in der Senatsrechtsprechung geklärt, dass die in die Auswahlentscheidung einzustellenden Kriterien (Auswahlparameter) sich in Nordrhein-Westfalen in hinreichender Weise dem Gesetz entnehmen lassen und durch die die Behörde bindenden Erlasse des Ministeriums für Inneres (und Kommunales) näher konturiert wurden. 35Vgl. OVG NRW, Urteil vom 10.3.2021 – 4 A 3178/19 –, juris, Rn. 92 - 95, m. w. N. 36Insbesondere kann im Rahmen der Auswahl zunächst auf die Regelung zur Härtefallbefreiung nach § 29 Abs. 4 Satz 4 GlüStV zurückgegriffen werden. Die ohnehin geforderte Berücksichtigung der grundrechtlich geschützten Positionen der Spielhallenbetreiber gebietet auch ohne ausdrückliche gesetzliche Präzisierung, dass die zuständigen Behörden sich eines Verteilmechanismus bedienen, der die bestmögliche Ausschöpfung der bei Beachtung der Mindestabstände verbleibenden Standortkapazität in dem relevanten Gebiet ermöglicht. Das gilt auch, sofern bei der erforderlichen Auswahlentscheidung zusätzlich Erlaubnisanträge neu in den Markt eintretender Bewerber einzubeziehen sind, wobei grundrechtsrelevante Positionen der Betreiber von Bestandsspielhallen zu berücksichtigen bleiben. Dazu zählt etwa die Amortisierbarkeit von Investitionen. Zudem ergibt sich aus dem Gesamtzusammenhang der Regelung in § 29 Abs. 4 Satz 4 GlüStV, dass bereits bei der Auswahlentscheidung die mit der Neuregelung verfolgten Ziele des § 1 GlüStV zu beachten sind und bei Bestandsspielhallen überdies der Zeitpunkt der Erteilung der Erlaubnis gemäß § 33i GewO zu berücksichtigen ist. Diese gesetzlichen Vorgaben sind ergänzend durch die über das Internet allgemein zugänglichen Ministerialerlasse vom 10.5.2016 und 6.11.2017 näher konturiert worden, die weitere Hinweise zu den heranzuziehenden Kriterien enthalten und der Ausübung des Ermessens durch die hieran gebundenen Behörden zusätzliche Grenzen setzen. 37Vgl. OVG NRW, Urteil vom 10.3.2021 – 4 A 3178/19 –, juris, Rn. 98 f., m. w. N. 38Eine Auswahlentscheidung darf von den Erlaubnisbehörden nicht losgelöst von der Erfüllung der Ziele des § 1 GlüStV angewandt werden. Das letztgenannte Kriterium darf mit Blick auf den mit der Begrenzung des Spielhallenangebots verbundenen Grundrechtseingriff in Nordrhein-Westfalen aufgrund verfassungsrechtlicher Vorgaben jedenfalls nicht als nachrangig eingestuft werden. Die in der Auswahlentscheidung auch zu berücksichtigenden Ziele des § 1 GlüStV erfordern in Nordrhein-Westfalen einen Vergleich der konkurrierenden Bewerber daraufhin, wer besser geeignet ist, die Ziele des Staatsvertrags zu erreichen. Solche Unterschiede können sich unter anderem aus Besonderheiten des Umfelds des jeweiligen Standorts oder aus der Art der zu erwartenden Betriebsführung der einzelnen Betreiber ergeben. Hierbei ist etwa maßgeblich, inwieweit prognostisch von einem rechtstreuen Verhalten des Spielhallenbetreibers auszugehen ist, also von der Einhaltung von Vorschriften, die gerade die Erreichung der Ziele des § 1 GlüStV sicherstellen sollen. 39Vgl. OVG NRW, Urteile vom 10.3.2021 – 4 A 3178/19 –, juris, Rn. 102 ff., m. w. N., und vom 10.3.2021 – 4 A 625/20 – juris, Rn. 47 ff., m. w. N. 402. In Anwendung dieser Grundsätze hat die Beklagte ihre Auswahlentscheidung ermessensfehlerfrei zulasten der Klägerin und zugunsten des Beigeladenen getroffen. 41Auf der Grundlage der Feststellungen der Beklagten ist es rechtlich nicht zu beanstanden, dass die Beklagte die Spielhalle der Klägerin gegenüber derjenigen des Beigeladenen hinsichtlich der Einhaltung der Ziele des Glücksspielstaatsvertrags jedenfalls nicht als vorzugswürdig angesehen hat. Die Beklagte hat die konkurrierenden Spielhallen im Hinblick auf die Einhaltung der Ziele des § 1 GlüStV miteinander verglichen. Diesem Vergleich hat sie das Ergebnis ihrer Kontrollen zu Grunde gelegt, wonach es bei der Spielhalle der Klägerin am 4.2.2013, 19.7.2016 und 3.5.2017 Beanstandungen gegeben hat. Demgegenüber hat sie bei der Spielhalle des Beigeladenen nur bei einer Kontrolle am 3.5.2017 Verstöße gegen zu beachtende Bestimmungen festgestellt. Daraus hat sie nachvollziehbar hergeleitet, dass sich die Spielhalle der Klägerin in Bezug auf die Rechtstreue nicht positiv von derjenigen des Beigeladenen abhebt. Dass ein qualitativer Vergleich zur Auswahl der von der Klägerin betriebenen Spielhalle hätte führen müssen, zeigt die Klägerin selbst nicht auf. Der Umstand allein, dass sie ihre Verstöße geringer gewichtet, begründet noch keinen Ermessensfehler. 42Der Senat hat keinen Anhalt dafür, dass die genannten Feststellungen der Beklagten als Grundlage der Prognoseentscheidung vorliegend nicht verwertbar sein sollten. Dem Einwand ungleichmäßiger Kontrollen der Spielhallen begegnet die Beklagte im Berufungsverfahren nachvollziehbar mit dem Verweis auf ihren Leitfaden zur Kontrolle von Gaststätten und Spielhallen vom 15.3.2005, wonach die Mitarbeiter ihrer Ordnungsbehörde angehalten sind, neben anlassbezogenen Kontrollen alle Spielhallen im Stadtgebiet im Laufe eines Jahres nach Möglichkeit mindestens einmal einer allgemeinen Kontrolle zu unterziehen. Dementsprechend hätten nicht erst seit der Ankündigung im August 2015, sondern bereits zuvor derartige regelmäßige Kontrollen stattgefunden; bei Routinekontrollen ohne festgestellte Beanstandungen seien jedoch nicht immer Vermerke angefertigt worden. Anhaltspunkte dafür, dass die Kontrollen gezielt oder sonst in einer Weise ungleichmäßig zulasten der Spielhalle der Klägerin erfolgt sein könnten, dass auf sie vergleichend nicht abgestellt werden dürfte, sind weder vorgetragen noch ersichtlich. 43In diesem Zusammenhang ist ebenfalls nicht zu beanstanden, dass die Beklagte im Rahmen der Prognose für den qualitativen Vergleich auch Beanstandungen der Spielhallen berücksichtigt hat, die nicht mit Bußgeldern geahndet worden sind und vor Inkrafttreten des Glücksspielstaatsvertrags, was hier allerdings nicht in Rede steht, gelegen haben. In der Rechtsprechung des Senats ist geklärt, dass auch länger zurückliegende Verstöße gegen Vorschriften, die dem Spielerschutz und der Suchtbekämpfung dienen, unabhängig von der Durchführung eines Bußgeldverfahrens prognoserelevant für die Beurteilung der Zuverlässigkeit eines Spielhallenbetreibers sein können. 44Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 25.8.2020 – 4 B 1145/20 –, ZfWG 2020, 460 = juris, Rn. 6 ff., 14 ff.; zur Art der Verstöße siehe: OVG NRW, Beschluss vom 2.4.2020 – 4 B 1478/18 –, juris, Rn. 82 f., m. w. N. 45Aus dem Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 GG und dem sich daraus ergebenden Gebot der Vorhersehbarkeit lässt sich anderes nicht entnehmen. Veranstalter und Vermittler öffentlicher Glücksspiele müssen unabhängig davon, welche Bestimmungen nach der jeweils geltenden Rechtslage zu beachten sind, und unabhängig von der Ankündigung behördlicher Kontrollen generell die Gewähr dafür bieten, dass die Veranstaltung und die Vermittlung ordnungsgemäß und für die Spielteilnehmer nachvollziehbar durchgeführt wird (vgl. derzeit noch § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 AG GlüStV NRW; siehe ferner § 16 Abs. 2 Satz 3 Nr. 5 AG GlüStV NRW-E, LT-Drs. 17/12978, S. 29 f.). 46Schließlich besteht kein nachvollziehbarer Anhalt dafür, dass die festgestellten Verstöße gegen spielsuchtrelevante Vorschriften im Einzelfall für die Prognose einer künftig ordnungsgemäßen Betriebsführung vollständig ungeeignet sein könnten. 47Hat die Beklagte im Rahmen ihrer Auswahlentscheidung die Einhaltung der Ziele des Glücksspielstaatsvertrags durch die am Auswahlverfahren beteiligten Konkurrenten mithin ordnungsgemäß überprüft, ohne dass sich die Vorzugswürdigkeit der Spielhalle der Klägerin ergeben hätte, ist es nicht ermessensfehlerhaft gewesen, auf das Kriterium des Zeitpunkts der Erlaubnis nach § 33i GewO und damit den Aspekt des Vertrauensschutzes abzustellen. Denn damit wurde das Kriterium der Vereinbarkeit mit den Zielen des § 1 GlüStV gegenüber dem Kriterium des Vertrauensschutzes rechtsfehlerfrei jedenfalls nicht als nachrangig angesehen. 48Vgl. OVG NRW, Urteil vom 10.10.2019 – 4 A 1826/19 –, ZfWG 2020, 55 = juris, Rn. 55 f., m. w. N. 49Bei Anwendung dieses Kriteriums lag die Auswahl der Spielhalle des Beigeladenen, dessen Erlaubnis gemäß § 33i GewO bereits im Jahr 1994 erteilt worden ist, auf der Hand. 50Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 und § 162 Abs. 3 VwGO und bezieht den rechtskräftig gewordenen Teil der Kostenentscheidung des Verwaltungsgerichts ein. Es entspricht der Billigkeit, der Klägerin auch die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen im Berufungsverfahren aufzuerlegen. Dieser hat im Berufungsverfahren ein Rechtsmittel eingelegt und sich damit einem eigenen Kostenrisiko ausgesetzt (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO). Soweit die erstinstanzliche Entscheidung noch nicht rechtskräftig geworden ist, berücksichtigt der Senat ebenso wie das Verwaltungsgericht, dass der Beigeladene erstinstanzlich keinen Antrag gestellt hat. 51Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. 52Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht erfüllt sind. 53Vgl. OVG NRW, Urteil vom 10.10.2019 – 4 A 1826/19 –, DVBl. 2020, 453 = juris, Rn. 88 f., m. w. N.
auf die berufungen der beklagten und des beigeladenen wird das urteil des verwaltungsgerichts köln vom 21.8.2019 geändert und unter einbeziehung des rechtskräftig gewordenen teils insgesamt wie folgt neu gefasst. die klage wird abgewiesen. die klägerin trägt die kosten des verfahrens beider instanzen einschließlich der außergerichtlichen kosten des beigeladenen im berufungsverfahren. außergerichtliche kosten des beigeladenen im erstinstanzlichen verfahren werden nicht erstattet. das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. die klägerin kann die vollstreckung gegen sicherheitsleistung in höhe von 110 % des auf grund des urteils vollstreckbaren betrages abwenden, wenn nicht die beklagte oder der beigeladene vor der vollstreckung sicherheit in höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden betrages leistet. die revision wird nicht zugelassen. 1
2die beteiligten streiten im berufungsverfahren noch darüber, ob die beklagte verpflichtet ist, den antrag auf erteilung einer glücksspielrechtlichen erlaubnis für den betrieb der spielhalle der klägerin in der i.----straße 40 in c. h. neu zu bescheiden. für diese war ihr unter dem 20.4.2011 eine unbefristete erlaubnis nach § 33i gewo erteilt worden. 3im august 2015 informierte die beklagte die klägerin und die weiteren spielhallenbetreiber im stadtgebiet darüber, dass für den betrieb der spielhallen ab dem 1.12.2017 eine erlaubnis gemäß § 24 abs. 1 glüstv i. v. m. §§ 4 und 16 ag glüstv nrw erforderlich sei und nach dem ablauf der übergangsfrist ende november 2017 kein bestandsschutz mehr bestehe. es sei beabsichtigt, auch im hinblick auf die neuen anforderungen, zeitnah kontrollen in den spielhallen durchzuführen. 4nach den feststellungen der beklagten steht die spielhalle der klägerin unter anderem in konflikt mit der spielhalle des beigeladenen. dieser betreibt in einer entfernung von etwa 209 m luftlinie eine spielhalle in der i.----straße 69 in c. h. . dafür war ihm am 30.3.1994 eine erlaubnis nach § 33i gewo erteilt worden. von der zunächst ebenfalls konkurrierenden spielhalle in der i.----straße 72 ist die spielhalle der klägerin etwa 182 m luftlinie entfernt. die glücksspielrechtliche erlaubnis hierfür ist mittlerweile bestandskräftig abgelehnt. von den spielhallen in der i.----straße 91, die miteinander im verbund stehen und für die unter dem 28.3.2013 erlaubnisse nach § 33i gewo erteilt worden waren, ist die spielhalle der klägerin etwa 324 m luftlinie entfernt. 5nach aufforderung durch die beklagte beantragte die klägerin im jahr 2016 die erteilung einer glücksspielrechtlichen erlaubnis gemäß § 24 abs. 1 glüstv i. v. m. § 16 abs. 2 ag glüstv nrw gegebenenfalls unter abweichung nach § 16 abs. 3 satz 3 ag glüstv nrw vom mindestabstandsgebot gemäß § 25 abs. 1 glüstv i. v. m. § 16 abs. 3 satz 1 halbsatz 2 ag glüstv nrw oder unter befreiung vom mindestabstandsgebot nach § 29 abs. 4 satz 4 glüstv. dabei machte sie geltend, dass bei der entscheidung über die abweichung vom mindestabstandsgebot der bestands- und vertrauensschutz zu beachten sei. sie habe die räumlichkeiten zum betrieb ihrer spielhalle mit einer festen laufzeit bis zum 31.12.2021 angemietet. zum zeitpunkt des abschlusses des mietvertrags im dezember 2010 habe sie nicht mit den neuen regelungen des glücksspielstaatsvertrags rechnen können; eine vorzeitige kündigungsmöglichkeit bestehe nicht. bei einer schließung der spielhalle drohe ihr wegen der weiter bestehenden zahlungsverpflichtungen aus dem mietvertrag die insolvenz. 6mit bescheid vom 22.11.2017 erteilte die beklagte dem beigeladenen auf dessen antrag hin eine bis zum 30.6.2021 befristete glücksspielrechtliche erlaubnis zum betrieb seiner spielhalle gemäß § 24 abs. 1 glüstv i. v. m. § 16 abs. 2 ag glüstv nrw. 7den antrag der klägerin auf erteilung einer glücksspielrechtlichen erlaubnis lehnte die beklagte nach anhörung mit bescheid vom 22.11.2017 ab. zur begründung führte sie aus: die spielhalle der klägerin halte den mindestabstand von 350 m luftlinie zu den weiteren vier in der i.----straße ansässigen spielhallen nicht ein. eine abweichung vom mindestabstandserfordernis nach § 16 abs. 3 satz 3 ag glüstv komme nicht in betracht. demzufolge sei eine auswahlentscheidung für die bestehende konkurrenzsituation zu treffen. die anwendung der kriterien und deren gewichtung im einzelfall stünden im behördlichen ermessen, wobei die ziele des glücksspielstaatsvertrags, härtefallgesichtspunkte sowie aspekte der zuverlässigkeit zu berücksichtigen seien. eine verteilung, die die bestmögliche ausschöpfung der standortkapazität zulasse, sei nicht möglich, weil alle in der i.----straße betriebenen spielhallen untereinander den geforderten mindestabstand nicht einhielten. daher sei in die auswahlentscheidung einbezogen worden, dass dem beigeladenen die gewerberechtliche erlaubnis für seine spielhalle am 30.3.1994 erteilt worden sei, er seine spielhalle folglich bereits über den mit abstand längsten zeitraum führe und insoweit den größten bestandsschutz genieße. ergänzend sei die gesetzgeberische wertung des § 1 glüstv herangezogen worden. danach habe der beigeladene den zuverlässigkeitskriterien in größerem umfang rechnung getragen als alle anderen betreiber. diesem seien nur bei einer kontrolle am 3.5.2017 verstöße gegen die §§ 6a und 9 spielv (u. a. „trendy-rabatt auf fun-gerät“) zur last gelegt worden. bei dem betrieb der spielhalle der klägerin hingegen seien mehrere verstöße (u. a. verstoß gegen die sperrzeit im jahr 2013, ein verstoß gegen das verbot irreführender werbung nach § 5 abs. 2 glüstv und eine unzulässige bezeichnung der spielhalle als „casino“ nach § 16 abs. 5 ag glüstv nrw am 19.7.2016, verstöße gegen die §§ 3 abs. 2 sowie 7 abs. 1 und 4 spielv durch anbringung durchsichtiger sichtschutzwände und abgelaufener ptb-prüfbescheinigungen an zwei geldspielgeräten am 3.5.2017) festgestellt worden. auch bei den übrigen zwei spielhallenbetreibern sei es ausweislich der kontrollen jeweils zu mehreren verstößen gekommen. danach führe der beigeladene seine spielhalle nicht nur am längsten, auch seien bei dieser die „geringsten“ verstöße festgestellt worden. sofern das alter der spielhallenerlaubnis ins verhältnis zu der anzahl der festgestellten verstöße gesetzt werde, werde die höhere zuverlässigkeit des beigeladenen noch deutlicher. im vergleich mit dem beigeladenen hebe sich die klägerin in bezug auf die rechtstreue nicht positiv ab. zudem sei das kriterium der zuverlässigkeit lediglich ergänzend in die ermessenserwägungen eingeflossen und bei der entscheidung zunächst auf den zeitpunkt der gewerberechtlichen erlaubnisse und dementsprechend den vertrauensschutz abgestellt worden. schließlich erforderten auch die vorgetragenen härtefallgesichtspunkte keine andere entscheidung, weil die klägerin den über die räumlichkeiten bis zum 31.12.2021 abgeschlossenen mietvertrag im wege der außerordentlichen kündigung beenden könne. im rahmen einer gesamtbewertung werde der konflikt ermessensgerecht dahingehend gelöst, dass lediglich dem beigeladenen eine glücksspielrechtliche erlaubnis erteilt werde. 8mit weiterem bescheid vom 22.11.2017 erteilte die beklagte der klägerin für ihre spielhalle eine bis zum 30.6.2018 befristete glücksspielrechtliche härtefallerlaubnis unter befreiung vom mindestabstandsgebot gemäß § 29 abs. 4 satz 4 glüstv i. v. m. § 25 abs. 1 glüstv, § 16 abs. 3 satz 1 ag glüstv nrw. mit blick auf den späten zeitpunkt der behördlichen entscheidung sei die bis zum 30.6.2018 befristete befreiung zur vermeidung unbilliger härten erforderlich, aber auch ausreichend. darüber hinaus sei eine unbillige härte nicht zu begründen, weil die klägerin frühzeitig alternativplanungen habe vornehmen müssen, um zukünftigen wirtschaftlichen problemen entgegenzuwirken. 9die klägerin hat gegen beide ihr gegenüber erlassene bescheide klage erhoben. zur begründung hat sie im wesentlichen geltend gemacht, die auswahlentscheidung der beklagten sei bereits deshalb ermessensfehlerhaft, weil diese die maximale standortkapazität nicht ausgeschöpft habe. die beklagte habe nicht in den blick genommen, dass zwischen der spielhalle der klägerin und den spielhallen in der i.----straße 91 der mindestabstand nur geringfügig unterschritten werde. ihre spielhalle sei nach hinten versetzt, so dass der kürzeste fußweg zwischen den eingangstüren der spielhallen deutlich über 350 m liege. darüber hinaus liege im hinblick auf das von der beklagten angewandte kriterium des alters der spielhallen bei ihrer spielhalle kein geringerer vertrauenstatbestand vor als bei derjenigen des beigeladenen. ihr sei die erlaubnis für den betrieb der spielhalle am 20.4.2011 und damit vor dem inkrafttreten der neuen regelungen des glücksspielstaatsvertrags erteilt worden. zu diesem zeitpunkt habe sie nicht mit dem erlass der abstandsregelung rechnen können. anders als der beigeladene habe sie ihre erheblichen investitionen in die einrichtung der spielhalle noch nicht ausgleichen können. darüber hinaus wögen ihre verstöße gegen ordnungsrechtliche regelungen objektiv nicht schwerer als diejenigen des beigeladenen, zumal die beklagte ihr gegenüber nur einmal eine geldbuße festgesetzt und die übrigen beanstandungen selbst nicht als derart gewichtig eingeschätzt habe, dass sie ein bußgeldverfahren eingeleitet hätte. diese beanstandungen hätten nicht annähernd das gewicht, hierauf eine auswahlentscheidung zu stützen. das alter der erlaubnisse könne auch nicht zu der anzahl der verstöße in bezug gesetzt werden, weil die beklagte keine feststellungen zur kontrolldichte getroffen habe. 10die klägerin hat beantragt, 111. die beklagte unter aufhebung ihres versagungsbescheides vom 22.11.2017 zu verpflichten, der klägerin auf ihren antrag vom 27.12.2016 eine glücksspielrechtliche erlaubnis für ihre spielhalle auf dem grundstück i.----straße 40 in c. h. zu erteilen, 122. hilfsweise, 13unter teilweiser aufhebung des erlaubnisbescheides vom 22.11.2017 die beklagte zu verpflichten, der klägerin auf ihren antrag vom 27.12.2016 eine bis zum 30.6.2021 befristete glücksspielrechtliche erlaubnis unter befreiung von dem mindestabstandsgebot nach § 29 abs. 4 satz 4 glüstv zu erteilen. 14die beklagte hat beantragt, 15die klage abzuweisen. 16sie hat vorgetragen, dass sie im rahmen der zu treffenden auswahlentscheidung ermessenfehlerfrei zu der überzeugung gelangt sei, die spielhalle der klägerin genieße gegenüber derjenigen des beigeladenen weder aus gründen des vertrauensschutzes noch unter härtefall- oder zuverlässigkeitsgesichtspunkten den vorrang. 17der beigeladene hat keinen antrag gestellt. 18mit urteil vom 21.8.2019 hat das verwaltungsgericht die beklagte unter aufhebung ihres versagungsbescheids vom 22.11.2017 verpflichtet, den antrag der klägerin auf erteilung einer glücksspielrechtlichen erlaubnis unter beachtung der rechtsauffassung des gerichts neu zu bescheiden. im übrigen hat es die klage abgewiesen. zur begründung hat es ausgeführt, dass der versagungsbescheid der beklagten vom 22.11.2017 rechtswidrig sei und die klägerin in ihren rechten verletze. mangels spruchreife habe die klägerin jedoch nur einen anspruch auf neubescheidung ihres antrags auf erteilung einer glücksspielrechtlichen erlaubnis für ihre spielhalle unter beachtung der rechtsauffassung des gerichts. die von der beklagten getroffene auswahlentscheidung erweise sich als ermessensfehlerhaft, weil die behörde nicht anhand sachlich gerechtfertigter kriterien entschieden habe. nicht zu beanstanden sei, dass die beklagte zugunsten des beigeladenen und zuungunsten der klägerin auf das sachgerechte kriterium des zeitpunkts der erteilung der erlaubnisse nach § 33i gewo abgestellt und damit dem bestands- und vertrauensschutz maßgebliches gewicht beigemessen habe. auch habe die beklagte in ihrer auswahlentscheidung darauf abstellen können, wer die im glücksspielstaatsvertrag genannten ziele prognostisch am ehesten erreiche. jedoch habe die beklagte dieses kriterium nicht sachgerecht angewandt. für die bewertung der „zuverlässigkeit“ könnten grundsätzlich nur umstände maßgeblich sein, die nach inkrafttreten des glücksspielstaatsvertrags am 1.7.2012 bzw. des hierzu ergangenen ausführungsgesetzes nrw entstanden seien. erst ab diesem zeitpunkt müssten die spielhallenbetreiber damit rechnen, dass ihre zuverlässigkeit in den blick genommen werde. darüber hinaus könnten nur tatsachengrundlagen herangezogen werden, die eine objektive vergleichbarkeit gewährleisteten. dies erfordere einerseits eine gewisse kontrolldichte und andererseits, dass alle konkurrierenden spielhallenstandorte in einem vergleichbaren zeitraum, von anlassbezogenen kontrollen abgesehen, in gleichem umfang kontrolliert würden. hieran fehle es vorliegend, weil die beklagte die spielhallen unterschiedlich oft kontrolliert habe. während die spielhalle der klägerin im juli 2016 und mai 2017 kontrolliert worden sei, sei die spielhalle des beigeladenen nur einmal im mai 2017 kontrolliert worden. hinzu komme, dass die beklagte die anzahl der verstöße ins verhältnis zum alter der gewerberechtlichen erlaubnisse gesetzt habe. mangels regelmäßiger und gleichmäßiger kontrollen hätte die beklagte die so gewonnenen erkenntnisse ihrer entscheidung zugunsten des beigeladenen nicht zugrunde legen können. vor diesem hintergrund könne offen bleiben, ob und inwiefern die schwere der verstöße in diesem zusammenhang beachtet werden müsse. die klägerin habe demnach einen anspruch auf ermessensfehlerfreie auswahlentscheidung zwischen den konkurrierenden betreibern. der hilfsantrag auf erteilung einer weitergehenden bis zum 30.6.2021 befristeten glücksspielrechtlichen erlaubnis unter befreiung von dem mindestabstandsgebot nach § 29 abs. 4 satz 4 glüstv hingegen habe keinen erfolg. die beklagte habe den begriff der unbilligen härte ordnungsgemäß angewandt und ermessensgerecht entschieden. 19zur begründung ihrer vom verwaltungsgericht zugelassenen berufung macht die beklagte geltend: die auffassung des verwaltungsgerichts, bei der bewertung der zuverlässigkeit seien lediglich umstände zu berücksichtigen, die nach dem 1.7.2012 bzw. dem 31.12.2012 entstanden seien, überzeuge nicht. die spielhallenbetreiber hätten sich bereits vor dem inkrafttreten des glücksspielstaatsvertrags aufgrund des veröffentlichten entwurfs nicht mehr auf schutzwürdiges vertrauen berufen können. zudem seien sie bereits zuvor gehalten gewesen, glücksspiele im einklang mit recht und gesetz durchzuführen. daher dürften auch zeitlich frühere vorkommnisse in die auswahlentscheidung einfließen. auch treffe die annahme nicht zu, die spielhallen seien unterschiedlich oft kontrolliert worden. sämtliche spielhallen in ihrem stadtgebiet würden nach ihrem leitfaden zur kontrolle von gaststätten und spielhallen vom 15.3.2005 seit vielen jahren nicht nur anlassbezogen, sondern auch allgemein regelmäßigen kontrollen unterzogen, so dass eine ausreichende tatsächliche entscheidungsgrundlage bestanden habe. dies werde jedoch bei routinekontrollen ohne festgestellte verstöße nicht immer in den jeweiligen verwaltungsakten vermerkt. im übrigen habe sie das kriterium der zuverlässigkeit nur ergänzend in ihre ermessensentscheidung einbezogen und überprüft, ob die spielhalle der klägerin eine bessere gewähr für die förderung der ziele des staatsvertrags biete. die spielhalle der klägerin habe sich dabei jedenfalls nicht positiv von derjenigen des beigeladenen abgehoben. da es insoweit nur geringfügige unterschiede zwischen den einzelnen spielhallenbetreibern gegeben habe und die verstöße überdies nicht gravierend gewesen seien, habe es einer weitergehenden und vertieften prüfung der schwere der verstöße nicht bedurft. 20die beklagte beantragt, 21das urteil des verwaltungsgerichts köln vom 21.8.2019 zu ändern und die klage insgesamt abzuweisen. 22der beigeladene trägt zur begründung seiner berufung vor: soweit die beklagte verpflichtet worden sei, das verfahren auf erteilung einer glücksspielrechtlichen erlaubnis neu zu bescheiden, seien seine rechte unmittelbar betroffen. im rahmen des neuen auswahlverfahrens sei auch der standort seiner spielhalle erneut zu bewerten. der vom verwaltungsgericht angenommene entscheidungserhebliche grund, das auswahlverfahren sei wegen einer nicht sachgerechten anwendung des kriteriums der zuverlässigkeit durch die beklagte neu durchzuführen, entspreche nicht der rechtsprechung des berufungsgerichts. danach sei das abstellen auf die zuverlässigkeit unter berücksichtigung des glücksspielstaatsvertrags als kriterium zulässig. wenn die beklagte bei ihm ein „mehr“ an zuverlässigkeit festgestellt habe, könne sie hierauf zu recht die für ihn positive auswahlentscheidung stützen. zudem sei der behörde ein weiter ermessensspielraum einzuräumen, der nur in grenzen einer gerichtlichen überprüfung zugänglich sei. eine auswahlentscheidung könne nur dann als rechtswidrig angesehen werden, wenn das sachkriterium grundsätzlich ungeeignet sei. dies sei vorliegend jedoch nicht der fall. es sei insbesondere nicht zu beanstanden, dass die betroffenen spielhallen unterschiedlich intensiv kontrolliert worden seien. die notwendigkeit von folgekontrollen ergebe sich schließlich nur, wenn zuvor verstöße festgestellt worden seien. 23der beigeladene beantragt, 24das urteil des verwaltungsgerichts köln vom 21.8.2019 teilweise abzuändern und die klage insgesamt abzuweisen. 25die klägerin beantragt, 26die berufung zurückzuweisen. 27neben der vorliegenden klage hat die klägerin die zugunsten des beigeladenen für den betrieb der spielhalle i.----straße 69 in c. h. erteilte erlaubnis (vg köln, 24 k 16154/17) angefochten. das verwaltungsgericht hat in jenem verfahren den bescheid der beklagten auf erteilung einer glücksspielrechtlichen erlaubnis für die spielhalle des beigeladenen aufgehoben. über die berufungen der beklagten und des beigeladenen hat der senat mit urteil vom heutigen tage (4 a 4024/19) entschieden. 28wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstands wird auf den inhalt der gerichtsakte in diesem verfahren sowie in dem verfahren 4 a 4024/19 (ein band) und der jeweils beigezogenen verwaltungsvorgänge der beklagten (insgesamt fünf hefter) bezug genommen. 29
30die berufungen der beklagten und des beigeladenen haben erfolg. die zulässige klage ist in dem im berufungsverfahren allein noch streitgegenständlichen umfang unbegründet, nämlich soweit die verpflichtung der beklagten zur neubescheidung des antrags der klägerin auf erteilung einer glücksspielrechtlichen erlaubnis in rede steht. 31der versagungsbescheid der beklagten vom 22.11.2017 ist rechtmäßig und verletzt die klägerin nicht in ihren rechten, § 113 abs. 5 sätze 1 und 2 vwgo. 32die erteilung einer glücksspielrechtlichen erlaubnis auf grundlage der §§ 24 abs. 1 glüstv, 16 abs. 2 ag glüstv nrw setzt nach § 25 abs. 1 glüstv i. v. m. § 16 abs. 3 satz 1 halbsatz 2 ag glüstv nrw grundsätzlich voraus, dass ein mindestabstand von 350 m luftlinie zu einer anderen spielhalle eingehalten wird. diesen abstand hält die spielhalle der klägerin in der i.----straße 40 in c. h. zu der spielhalle des beigeladenen in der i.----straße 69 nicht ein. 33die beklagte hat den antrag der klägerin auf erteilung einer glücksspielrechtlichen erlaubnis im rahmen des in folge der nichteinhaltung des mindestabstandsgebots nach ablauf der übergangsfrist des § 29 abs. 4 satz 2 glüstv notwendigen auswahlverfahrens ermessensfehlerfrei abgelehnt. einen anspruch auf neubescheidung dieses antrags hat die klägerin nicht. 341. begehren nach ablauf der übergangsfrist des § 29 abs. 4 satz 2 glüstv mehrere betreiber von spielhallen, die zueinander das mindestabstandsgebot nicht einhalten, die erteilung einer glücksspielrechtlichen erlaubnis, bedarf es zur auflösung der konkurrenzsituation einer auswahlentscheidung. diese von der behörde zu treffende auswahlentscheidung ist eine ermessensentscheidung, die nach maßgabe des § 114 vwgo der verwaltungsgerichtlichen kontrolle (nur) daraufhin unterliegt, ob die behörde die gesetzlichen grenzen des ermessens überschritten oder von dem ermessen in einer dem zweck der ermächtigung nicht entsprechenden weise gebrauch gemacht hat (§ 40 vwvfg nrw). unter einbeziehung der höchstrichterlichen rechtsprechung ist in der senatsrechtsprechung geklärt, dass die in die auswahlentscheidung einzustellenden kriterien (auswahlparameter) sich in nordrhein-westfalen in hinreichender weise dem gesetz entnehmen lassen und durch die die behörde bindenden erlasse des ministeriums für inneres (und kommunales) näher konturiert wurden. 35vgl. ovg nrw, urteil vom 10.3.2021 – 4 a 3178/19 –, juris, rn. 92 - 95, m. w. n. 36insbesondere kann im rahmen der auswahl zunächst auf die regelung zur härtefallbefreiung nach § 29 abs. 4 satz 4 glüstv zurückgegriffen werden. die ohnehin geforderte berücksichtigung der grundrechtlich geschützten positionen der spielhallenbetreiber gebietet auch ohne ausdrückliche gesetzliche präzisierung, dass die zuständigen behörden sich eines verteilmechanismus bedienen, der die bestmögliche ausschöpfung der bei beachtung der mindestabstände verbleibenden standortkapazität in dem relevanten gebiet ermöglicht. das gilt auch, sofern bei der erforderlichen auswahlentscheidung zusätzlich erlaubnisanträge neu in den markt eintretender bewerber einzubeziehen sind, wobei grundrechtsrelevante positionen der betreiber von bestandsspielhallen zu berücksichtigen bleiben. dazu zählt etwa die amortisierbarkeit von investitionen. zudem ergibt sich aus dem gesamtzusammenhang der regelung in § 29 abs. 4 satz 4 glüstv, dass bereits bei der auswahlentscheidung die mit der neuregelung verfolgten ziele des § 1 glüstv zu beachten sind und bei bestandsspielhallen überdies der zeitpunkt der erteilung der erlaubnis gemäß § 33i gewo zu berücksichtigen ist. diese gesetzlichen vorgaben sind ergänzend durch die über das internet allgemein zugänglichen ministerialerlasse vom 10.5.2016 und 6.11.2017 näher konturiert worden, die weitere hinweise zu den heranzuziehenden kriterien enthalten und der ausübung des ermessens durch die hieran gebundenen behörden zusätzliche grenzen setzen. 37vgl. ovg nrw, urteil vom 10.3.2021 – 4 a 3178/19 –, juris, rn. 98 f., m. w. n. 38eine auswahlentscheidung darf von den erlaubnisbehörden nicht losgelöst von der erfüllung der ziele des § 1 glüstv angewandt werden. das letztgenannte kriterium darf mit blick auf den mit der begrenzung des spielhallenangebots verbundenen grundrechtseingriff in nordrhein-westfalen aufgrund verfassungsrechtlicher vorgaben jedenfalls nicht als nachrangig eingestuft werden. die in der auswahlentscheidung auch zu berücksichtigenden ziele des § 1 glüstv erfordern in nordrhein-westfalen einen vergleich der konkurrierenden bewerber daraufhin, wer besser geeignet ist, die ziele des staatsvertrags zu erreichen. solche unterschiede können sich unter anderem aus besonderheiten des umfelds des jeweiligen standorts oder aus der art der zu erwartenden betriebsführung der einzelnen betreiber ergeben. hierbei ist etwa maßgeblich, inwieweit prognostisch von einem rechtstreuen verhalten des spielhallenbetreibers auszugehen ist, also von der einhaltung von vorschriften, die gerade die erreichung der ziele des § 1 glüstv sicherstellen sollen. 39vgl. ovg nrw, urteile vom 10.3.2021 – 4 a 3178/19 –, juris, rn. 102 ff., m. w. n., und vom 10.3.2021 – 4 a 625/20 – juris, rn. 47 ff., m. w. n. 402. in anwendung dieser grundsätze hat die beklagte ihre auswahlentscheidung ermessensfehlerfrei zulasten der klägerin und zugunsten des beigeladenen getroffen. 41auf der grundlage der feststellungen der beklagten ist es rechtlich nicht zu beanstanden, dass die beklagte die spielhalle der klägerin gegenüber derjenigen des beigeladenen hinsichtlich der einhaltung der ziele des glücksspielstaatsvertrags jedenfalls nicht als vorzugswürdig angesehen hat. die beklagte hat die konkurrierenden spielhallen im hinblick auf die einhaltung der ziele des § 1 glüstv miteinander verglichen. diesem vergleich hat sie das ergebnis ihrer kontrollen zu grunde gelegt, wonach es bei der spielhalle der klägerin am 4.2.2013, 19.7.2016 und 3.5.2017 beanstandungen gegeben hat. demgegenüber hat sie bei der spielhalle des beigeladenen nur bei einer kontrolle am 3.5.2017 verstöße gegen zu beachtende bestimmungen festgestellt. daraus hat sie nachvollziehbar hergeleitet, dass sich die spielhalle der klägerin in bezug auf die rechtstreue nicht positiv von derjenigen des beigeladenen abhebt. dass ein qualitativer vergleich zur auswahl der von der klägerin betriebenen spielhalle hätte führen müssen, zeigt die klägerin selbst nicht auf. der umstand allein, dass sie ihre verstöße geringer gewichtet, begründet noch keinen ermessensfehler. 42der senat hat keinen anhalt dafür, dass die genannten feststellungen der beklagten als grundlage der prognoseentscheidung vorliegend nicht verwertbar sein sollten. dem einwand ungleichmäßiger kontrollen der spielhallen begegnet die beklagte im berufungsverfahren nachvollziehbar mit dem verweis auf ihren leitfaden zur kontrolle von gaststätten und spielhallen vom 15.3.2005, wonach die mitarbeiter ihrer ordnungsbehörde angehalten sind, neben anlassbezogenen kontrollen alle spielhallen im stadtgebiet im laufe eines jahres nach möglichkeit mindestens einmal einer allgemeinen kontrolle zu unterziehen. dementsprechend hätten nicht erst seit der ankündigung im august 2015, sondern bereits zuvor derartige regelmäßige kontrollen stattgefunden; bei routinekontrollen ohne festgestellte beanstandungen seien jedoch nicht immer vermerke angefertigt worden. anhaltspunkte dafür, dass die kontrollen gezielt oder sonst in einer weise ungleichmäßig zulasten der spielhalle der klägerin erfolgt sein könnten, dass auf sie vergleichend nicht abgestellt werden dürfte, sind weder vorgetragen noch ersichtlich. 43in diesem zusammenhang ist ebenfalls nicht zu beanstanden, dass die beklagte im rahmen der prognose für den qualitativen vergleich auch beanstandungen der spielhallen berücksichtigt hat, die nicht mit bußgeldern geahndet worden sind und vor inkrafttreten des glücksspielstaatsvertrags, was hier allerdings nicht in rede steht, gelegen haben. in der rechtsprechung des senats ist geklärt, dass auch länger zurückliegende verstöße gegen vorschriften, die dem spielerschutz und der suchtbekämpfung dienen, unabhängig von der durchführung eines bußgeldverfahrens prognoserelevant für die beurteilung der zuverlässigkeit eines spielhallenbetreibers sein können. 44vgl. ovg nrw, beschluss vom 25.8.2020 – 4 b 1145/20 –, zfwg 2020, 460 = juris, rn. 6 ff., 14 ff.; zur art der verstöße siehe: ovg nrw, beschluss vom 2.4.2020 – 4 b 1478/18 –, juris, rn. 82 f., m. w. n. 45aus dem rechtsstaatsprinzip des art. 20 abs. 3 gg und dem sich daraus ergebenden gebot der vorhersehbarkeit lässt sich anderes nicht entnehmen. veranstalter und vermittler öffentlicher glücksspiele müssen unabhängig davon, welche bestimmungen nach der jeweils geltenden rechtslage zu beachten sind, und unabhängig von der ankündigung behördlicher kontrollen generell die gewähr dafür bieten, dass die veranstaltung und die vermittlung ordnungsgemäß und für die spielteilnehmer nachvollziehbar durchgeführt wird (vgl. derzeit noch § 4 abs. 1 satz 1 nr. 5 ag glüstv nrw; siehe ferner § 16 abs. 2 satz 3 nr. 5 ag glüstv nrw-e, lt-drs. 17/12978, s. 29 f.). 46schließlich besteht kein nachvollziehbarer anhalt dafür, dass die festgestellten verstöße gegen spielsuchtrelevante vorschriften im einzelfall für die prognose einer künftig ordnungsgemäßen betriebsführung vollständig ungeeignet sein könnten. 47hat die beklagte im rahmen ihrer auswahlentscheidung die einhaltung der ziele des glücksspielstaatsvertrags durch die am auswahlverfahren beteiligten konkurrenten mithin ordnungsgemäß überprüft, ohne dass sich die vorzugswürdigkeit der spielhalle der klägerin ergeben hätte, ist es nicht ermessensfehlerhaft gewesen, auf das kriterium des zeitpunkts der erlaubnis nach § 33i gewo und damit den aspekt des vertrauensschutzes abzustellen. denn damit wurde das kriterium der vereinbarkeit mit den zielen des § 1 glüstv gegenüber dem kriterium des vertrauensschutzes rechtsfehlerfrei jedenfalls nicht als nachrangig angesehen. 48vgl. ovg nrw, urteil vom 10.10.2019 – 4 a 1826/19 –, zfwg 2020, 55 = juris, rn. 55 f., m. w. n. 49bei anwendung dieses kriteriums lag die auswahl der spielhalle des beigeladenen, dessen erlaubnis gemäß § 33i gewo bereits im jahr 1994 erteilt worden ist, auf der hand. 50die kostenentscheidung folgt aus § 154 abs. 1 und § 162 abs. 3 vwgo und bezieht den rechtskräftig gewordenen teil der kostenentscheidung des verwaltungsgerichts ein. es entspricht der billigkeit, der klägerin auch die außergerichtlichen kosten des beigeladenen im berufungsverfahren aufzuerlegen. dieser hat im berufungsverfahren ein rechtsmittel eingelegt und sich damit einem eigenen kostenrisiko ausgesetzt (vgl. § 154 abs. 3 vwgo). soweit die erstinstanzliche entscheidung noch nicht rechtskräftig geworden ist, berücksichtigt der senat ebenso wie das verwaltungsgericht, dass der beigeladene erstinstanzlich keinen antrag gestellt hat. 51die entscheidung zur vorläufigen vollstreckbarkeit beruht auf § 167 vwgo i. v. m. den §§ 708 nr. 10, 711 zpo. 52die revision ist nicht zuzulassen, weil die voraussetzungen des § 132 abs. 2 vwgo nicht erfüllt sind. 53vgl. ovg nrw, urteil vom 10.10.2019 – 4 a 1826/19 –, dvbl. 2020, 453 = juris, rn. 88 f., m. w. n.
Verklagte*r
0
334,208
11 A 1602/17.A
2020-12-29T00:00:00
Urteil
Tenor Das angefochtene Urteil wird - mit Ausnahme der rechtskräftigen Feststellungen zur Unzulässigkeit der Klage gegen die Regelung in Ziffer 2. Satz 4 des Bescheids vom 25. Juli 2016 - geändert. Der Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 25. Juli 2016 wird - soweit er im Berufungsverfahren streitbefangen ist - aufgehoben. Die Kosten des Verfahrens beider Instanzen, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden, trägt ‑ soweit das Urteil des Verwaltungsgerichts noch nicht rechtskräftig ist - die Beklagte. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leisten. Die Revision wird nicht zugelassen. 1Tatbestand: 2Die nach eigenen Angaben am 16. September 2015 in die Bundesrepublik Deutschland eingereisten Kläger sind syrische Staatsangehörige. Die in den Jahren 2007, 2008 und 2013 geborenen Kläger zu 3. bis 5. sind die Kinder der Kläger zu 1. und 2. Außerdem sind die Kläger zu 1. und 2. die Eltern des in der Bundesrepublik Deutschland im Jahr 2018 geborenen Kindes E. B. , dem Kläger des nach Berufungsrücknahme der Beklagten durch Beschluss vom 25. September 2020 eingestellten Berufungsverfahrens 11 A 789/19.A. 3Am 7. Juni 2016 stellten die Kläger Anträge auf Gewährung von Asyl. Aufgrund der erzielten EURODAC-Treffer bat das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) unter dem 13. Juni 2016 die zuständige bulgarische Behörde um die Übernahme des Asylverfahrens. Mit Schreiben vom 27. Juni 2016 teilte die ersuchte bulgarische Behörde dem Bundesamt mit, dass sie das Übernahmeersuchen nicht akzeptieren könne. Denn den Klägern sei mit Entscheidung vom 7. August 2015 in Bulgarien der subsidiäre Schutzstatus zuerkannt worden. 4Mit Bescheid vom 25. Juli 2016 lehnte das Bundesamt die Asylanträge der Kläger als unzulässig ab (Ziffer 1.). Die Kläger wurden aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb von 30 Tagen nach Bekanntgabe des Bescheids zu verlassen; im Falle einer Klageerhebung ende die Ausreisefrist 30 Tage nach dem unanfechtbaren Abschluss des Asylverfahrens (Ziffer 2. Satz 1). Zugleich wurde ihnen für den Fall der Nichteinhaltung der Ausreisefrist die Abschiebung nach Bulgarien angedroht (Ziffer 2. Satz 2). Sie könnten auch in einen anderen Staat abgeschoben werden, in den sie einreisen dürften oder der zu ihrer Rückübernahme verpflichtet sei (Ziffer 2. Satz 3). Sie dürften nicht nach Syrien abgeschoben werden (Ziffer 2. Satz 4). Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot nach § 11 Abs. 1 AufentG werde auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Ziffer 3.). 5Am 23. August 2016 haben die Kläger Klage erhoben. Sie haben geltend gemacht: Bulgarien habe eine Übernahme abgelehnt. Eine Rückkehr nach Bulgarien stelle darüber hinaus eine Gefahr für Leib und Leben dar. Die Klägerin zu 2. leide aufgrund der Erlebnisse in Bulgarien unter einer Posttraumatischen Belastungsstörung. 6Die Kläger haben beantragen, 7den Bescheid vom 25. Juli 2016 aufzuheben. 8Die Beklagte hat keinen Antrag gestellt. 9Das Verwaltungsgericht hat die Klage durch Urteil vom 23. Mai 2017 abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die Anfechtungsklage sei unzulässig, soweit sie auf die Aufhebung der Regelung in Ziffer 2. Satz 4 des Bescheids ziele. Denn den Klägern fehle insoweit die Klagebefugnis, weil sie durch die Feststellung, dass sie nicht nach Syrien abgeschoben werden dürften, nicht beschwert seien. Die im Übrigen zulässige Anfechtungsklage sei vollumfänglich unbegründet. Rechtsgrundlage für die Regelung in Ziffer 1. des Bescheids sei der durch das Integrationsgesetz mit Wirkung vom 6. August 2016 neugefasste § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift seien erfüllt; den Klägern sei in Bulgarien der subsidiäre Schutz zuerkannt worden. Auch die in Ziffer 2. Sätze 1 bis 3 des Bescheids erlassene Abschiebungsandrohung begegne keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Der Rechtmäßigkeit der Abschiebungsandrohung stünden auch keine zielstaatsbezogenen Abschiebungsverbote i. S. v. § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG entgegen. Es sei nicht davon auszugehen, dass die Kläger im Falle einer Überstellung nach Bulgarien mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit Gefahr liefen, einer unmenschlichen oder erniedrigen Behandlung i. S. v. Art. 3 der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) ausgesetzt zu werden. Die Hürden, die in Bulgarien im Hinblick auf die Durchsetzung von Ansprüchen auf staatliche Unterstützungsleistungen oder bei der Wohnungssuche bestünden, könnten etwa mit Hilfe aus der Zivilgesellschaft oder Unterstützung z. B. durch andere Flüchtlinge überwunden werden. Den Klägern sei es zumutbar, ihre Rechte in Bulgarien notfalls mithilfe eines bulgarischen Rechtsbeistands oder der Unterstützung der in Bulgarien tätigen Flüchtlingsorganisationen durchzusetzen. Ein unzureichender Zugang zum Arbeitsmarkt in Bulgarien berühre den Schutzbereich von Art. 3 EMRK nicht. Auch das unter Ziffer 3. des Bescheids verfügte befristete Einreise- und Aufenthaltsverbot sei rechtlich nicht zu beanstanden. 10Zur Begründung ihrer vom Senat zugelassenen Berufung führen die Kläger aus: Sie dürften angesichts des gesundheitlichen Zustands der Klägerin zu 2. und der vier minderjährigen Kinder zum vulnerablen Personenkreis gehören. Deshalb drohe ihnen im Falle einer Rückkehr nach Bulgarien eine Verletzung ihrer Rechte aus Art. 3 EMRK sowie Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRCh). Sie hätten in Bulgarien auch keine Möglichkeit, dort ein Existenzminimum sicherzustellen. Sie verfügten weder über ein familiäres Netzwerk in Bulgarien noch könnten sie dort einen Arbeitsplatz finden. Die Corona-Pandemie habe zudem erhebliche Auswirkungen auf die wirtschaftliche Lage in Bulgarien. Angesichts der derzeitigen wirtschaftlichen Situation sei nicht davon auszugehen, dass bulgarische Unternehmen bereit sein könnten, Migranten einzustellen. 11Die Kläger beantragen schriftsätzlich, 12„unter Aufhebung des Urteils des Verwaltungsgerichts Minden vom 23.05.2017 - 1 K 3897/16.A -, die Beklagte und Berufungsbeklagte zu verpflichten den Bescheid vom 25.07.2016 aufzuheben, soweit die Klage hiergegen zurückgewiesen worden ist“. 13Die Beklagte beantragt schriftsätzlich, 14die Berufung zurückzuweisen. 15Sie tritt der Berufung im Wesentlichen mit folgender Begründung entgegen: Die für Bulgarien vorliegenden Erkenntnissen rechtfertigten nicht die Annahme, anerkannte Flüchtlinge würden dort einer erniedrigenden oder unmenschlichen Behandlung i. S. v. Art. 3 EMRK ausgesetzt. Es fehle an Anhaltspunkten, dass Rückkehrer in Bulgarien von einer existenzbedrohenden Obdachlosigkeit betroffen seien. Sie könnten für eine Übergangszeit Unterbringungseinrichtungen nutzen, um sich auf dem freien Wohnungsmarkt eine Wohnung zu suchen. Die medizinische Notfallversorgung sei sichergestellt. Anerkannte Schutzberechtigte hätten nach dem bulgarischen Gesetz vollständigen Zugang zum Arbeitsmarkt. Schutzberechtigte könnten zudem Sozialleistungen bekommen. Die monatlichen Lebenshaltungskosten lägen nach den Angaben bulgarischer Gewerkschaften bei 305 Euro, für Sofia bei 397 Euro. Die Verhältnisse in Bulgarien hätten sich auch durch die Corona-Pandemie nicht in einer Weise verschlechtert, die dazu führte, dass eine andere Beurteilung angezeigt sein könnte. 16Die Beteiligten haben übereinstimmend ihr Einverständnis mit einer Entscheidung durch die Berichterstatterin anstelle des Senats und ohne mündliche Verhandlung erklärt. 17Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie auf die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Bundesamts Bezug genommen. 18Entscheidungsgründe: 19A. Mit Einverständnis der Beteiligten entscheidet die Berichterstatterin anstelle des Senats und ohne mündliche Verhandlung (§§ 87a Abs. 2 und 3, 101 Abs. 2 VwGO). 20B. Der schriftsätzlich formulierte Antrag der Kläger kann mit Blick auf die Berufungsbegründung nur dahingehend verstanden werden, dass sie damit die Änderung des Urteils des Verwaltungsgerichts insoweit begehren, als dieses die gegen den Bescheid vom 25. Juli 2016 gerichtete Anfechtungsklage als „vollumfänglich unbegründet“ abgewiesen hat. 21Die so verstandene Berufung hat Erfolg. 22C. Der Bescheid des Bundesamts vom 25. Juli 2016 ist - soweit er im Berufungsverfahren streitbefangen ist - rechtswidrig und verletzt die Kläger in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). 23I. Als Rechtsgrundlage für die Unzulässigkeitsentscheidung in Ziffer 1. des angefochtenen Bescheids kommt § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG nicht in Betracht. Danach ist ein Asylantrag unzulässig, wenn ein anderer Mitgliedstaat der Europäischen Union dem Ausländer bereits internationalen Schutz i. S. d. § 1 Abs. 1 Nr. 2 AsylG gewährt hat. 241. Diese Vorschrift kann für den Fall der Kläger nicht zur Anwendung kommen. 25Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (im Folgenden: EuGH) ist Art. 33 Abs. 2 Buchst. a) der Richtlinie 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zu gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes - der durch § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG in deutsches Recht umgesetzt worden ist - dahin auszulegen, dass er es einem Mitgliedstaat verbietet, von der durch diese Vorschrift eingeräumten Befugnis Gebrauch zu machen, einen Antrag auf internationalen Schutz als unzulässig abzulehnen, weil dem Antragsteller bereits von einem anderen Mitgliedstaat die Flüchtlingseigenschaft oder subsidiärer Schutz zuerkannt worden ist, wenn die Lebensverhältnisse, die ihn in dem anderen Mitgliedstaat erwarten würden, ihn der ernsthaften Gefahr aussetzen würden, eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung nach Art. 4 GRCh bzw. des diesem entsprechenden Art. 3 EMRK zu erfahren. 26Vgl. EuGH, Beschluss vom 13. November 2019 ‑ C‑540 und 541/17 (Hamed und Omar) ‑, juris; ferner bereits EuGH, Urteile vom 19. März 2019 ‑ C‑163/17 (Jawo) ‑, juris, Rn. 81 bis 97, und vom 19. März 2019 ‑ C‑297/17 u. a. (Ibrahim) ‑, juris, Rn. 83 bis 94. 27Für die Anwendbarkeit des Art. 33 Abs. 2 Buchst. a) der Richtlinie 2013/32 nimmt der EuGH einen Verstoß gegen Art. 4 GRCh an, wenn die Gleichgültigkeit der Behörden eines Mitgliedstaats zur Folge hätte, dass eine vollständig von öffentlicher Unterstützung abhängige Person sich unabhängig von ihrem Willen und ihren persönlichen Entscheidungen in einer Situation extremer materieller Not befände, die es ihr nicht erlaubte, ihre elementarsten Bedürfnisse zu befriedigen, wie insbesondere sich zu ernähren, sich zu waschen und eine Unterkunft zu finden, und die ihre physische oder psychische Gesundheit beeinträchtigte oder sie in einen Zustand der Verelendung versetzte, der mit der Menschenwürde unvereinbar wäre. 28Vgl. EuGH, Urteil vom 19. März 2019 - C-163/17 (Jawo) -, juris, Rn. 87 bis 92; Beschluss vom 13. November 2019 - C-540 und 541/17 (Hamed und Omar) -, juris, Rn. 39. 29Ausgehend hiervon kann der Asylantrag der Kläger nicht nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG als unzulässig abgelehnt werden, weil ihnen zur Überzeugung des erkennenden Gerichts (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) für den Fall ihrer Rückkehr nach Bulgarien die ernsthafte Gefahr einer erniedrigenden Behandlung i. S. d. Art. 4 GRCh oder Art. 3 EMRK droht. Das Gericht ist davon überzeugt, dass die Kläger unter Berücksichtigung der Umstände ihres Einzelfalls mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit unabhängig von ihrem Willen und ihren persönlichen Entscheidungen in Bulgarien in eine Situation extremer materieller Not geraten werden und ihre elementarsten Bedürfnisse nicht werden befriedigen können. 302. Es besteht die ernsthafte Gefahr, dass sich die Kläger im Falle ihrer Rückkehr nach Bulgarien keine für ihre sechsköpfige Familie ausreichende Existenzgrundlage sichern könnten. 31a. Der Senat geht in seiner Rechtsprechung davon aus, dass die Situation für international Schutzberechtigte in Bulgarien schwierig ist, sie bei der Wohnungs- und Arbeitssuche vor hohen Hürden stehen und staatliche Leistungen kaum zu erhalten sind. Allein diese Umstände rechtfertigen im Lichte der zitierten Rechtsprechung des EuGH allerdings in der Regel noch nicht die Annahme, international Schutzberechtigte hätten im Falle ihrer Rückkehr nach Bulgarien dort eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung i. S. v. Art. 4 GRCh oder Art. 3 EMRK zu gewärtigen. Vielmehr sind in Bulgarien anerkannte und dorthin zurückkehrende international Schutzberechtigte nach einer Übergangszeit auf eine Erwerbstätigkeit zu verweisen, um sich dort eine Existenz aufbauen zu können. 32Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 16. Dezember 2019 ‑ 11 A 228/15.A -, juris. 33b. Ob der Senat an dieser Einschätzung angesichts der Auswirkungen der Corona-Pandemie festhält, bedarf anlässlich des Falls der Kläger keiner Klärung. 34Vgl. an dieser Einschätzung für zurückgeführte Schutzberechtigte auch unter Berücksichtigung der Auswirkungen der Pandemie festhaltend: OVG Rh.-Pf., Beschluss vom 20. Oktober 2020 ‑ 7 A 10889/18 -, juris, Rn. 64 ff.; so auch jedenfalls für den Fall der Rückführung von gesunden und arbeitsfähigen Schutzberechtigten: OVG Berlin-Bbg., Urteil vom 22. September 2020 - 3 B 33.19 -, juris, Rn. 34 ff.; Sächs. OVG, Urteil vom 15. Juni 2020 - 5 A 382/18 -, juris, Rn. 43 ff. 35c. Denn den Klägern ist es unabhängig von der Frage, ob sich die Lage in Bulgarien für international Schutzberechtigte infolge der Corona-Pandemie noch verschärft hat, nicht möglich, dort eine zur Existenzsicherung einer sechsköpfigen Familie und Finanzierung einer menschenwürdigen Unterkunft hinreichende Beschäftigung zu finden. 36aa. Die Klägerin zu 2. leidet ausweislich verschiedener Kurzarztbriefe des Facharztes für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie U. B1. vom 8. Juni 2017, vom 4. Dezember 2018 und zuletzt vom 24. August 2020 u. a. an einer Schizoaffektiven Störung (F 25.1) und einer Posttraumatischen Belastungsstörung (F 43.1), sodass bereits nicht anzunehmen ist, dass die Klägerin zu 2., die zudem die bulgarische Sprache nicht beherrscht, in der Lage sein könnte, in Bulgarien überhaupt einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. 37bb. Abgesehen davon setzte eine Erwerbstätigkeit der Kläger zu 1. und 2. voraus, dass eine Betreuungsmöglichkeit für deren minderjährige Kinder besteht. Für die schulpflichtigen Kläger zu 3. bis 5. dürften sich insoweit keine unüberbrückbaren Probleme ergeben; denn minderjährigen Schutzberechtigten steht grundsätzlich der Zugang zu kostenloser Bildung in staatlichen Schulen in Bulgarien offen. 38Vgl. hierzu OVG Berlin-Bbg., Urteil vom 22. September 2020 - 3 B 33.19 -, juris, Rn. 49, unter Hinweis auf aida - Asylum Information Database, Country Report: Bulgaria, 2019 Update, S. 57 f., 83; Bulgarien Council on Refugees and Migrants (o. J.): Refugee Integration in Bulgaria. Education, https://www.refugee-integration.bg/en/. 39Für das im Jahr 2018 in der Bundesrepublik Deutschland geborene Kind der Kläger zu 1. und 2. dürften Betreuungsmöglichkeiten in Bulgarien indessen nicht ohne weiteres zur Verfügung stehen. Sie verfügen in Bulgarien über kein familiäres Netzwerk, auf das sie zwecks Betreuung des Kindes zurückgreifen könnten. Aufgrund langer Wartelisten und komplizierter Anmeldeverfahren sind zudem nur wenige anerkannte Schutzberechtigte in der Lage, ihre Kinder kostenlos in öffentlichen Kindergärten anzumelden. Andere hinreichend verlässlich zur Verfügung stehende Betreuungsmöglichkeiten für Kinder dieser Altersgruppe sind nicht erkennbar. 40Vgl. OVG Berlin-Bbg., Urteil vom 22. September 2020 - 3 B 33.19 -, juris, Rn. 49, unter Hinweis auf Caritas Sofia, Refugee Women and the labour market in Bulgaria, 2019, S. 10. 41Mit Blick darauf dürfte - unabhängig von der oben aufgeworfenen Frage, ob die Klägerin zu 2. überhaupt einer Erwerbstätigkeit nachgehen kann - schon mangels bestehender Betreuungsmöglichkeit für das im Jahr 2018 geborene Kind der Kläger zu 1. und 2. entweder nur eine Vollzeitbeschäftigung für einen dieser beiden Kläger oder aber lediglich eine Teilzeitbeschäftigung für beide in Betracht kommen. 42cc. Bei einem Einkommen aus Vollbeschäftigung oder zwei Einkommen jeweils aus Teilzeitbeschäftigungen ist aber, ausgehend von einem in Bulgarien zu erzielenden monatlichen Durchschnittseinkommen von ca. 500 Euro, 43vgl. zum monatlichen Durchschnittseinkommen in Bulgarien pro Person im ersten Quartal 2019: Europäische Kommission, Eures, Lebens- und Arbeitsbedingungen in Bulgarien, Einkommen und Steuern, https://ec.europa.eu, 44der Lebensunterhalt einer sechsköpfigen Familie nicht hinreichend zu decken, weshalb die Familie nicht vor einer Situation extremer materieller Not zu bewahren sein wird. 45(1) Dies gilt auch unter Berücksichtigung der günstigen Lebenshaltungskosten in Bulgarien, die nach den von der Beklagten zitierten Angaben der bulgarischen Gewerkschaften mit monatlich 305 Euro bzw. 397 Euro in Sofia beziffert würden. Denn selbst wenn unterstellt würde, die Kläger zu 1. und 2. könnten ein in Bulgarien durchschnittliches Monatseinkommen i. H. v. 500 Euro erzielen und ihre monatlichen Ausgaben lägen unter 1.830 Euro (305 Euro x 6 Personen), wird deutlich, dass sie nicht ansatzweise in der Lage wären, ihre Existenz in Bulgarien zu sichern. 46(2) Nichts anderes ergibt sich auch mit Blick auf den Umstand, dass Rückkehrer zunächst in einer Aufnahmeeinrichtung unterkommen und die gesetzlich vorgesehene staatliche finanzielle Unterstützung für eine Unterkunft erhalten können. Denn diese Möglichkeiten stehen den Familien nur zeitlich begrenzt zur Verfügung, sodass absehbar die Notwendigkeit zur eigenständigen (und kaum möglichen) Finanzierung einer Wohnung entsteht, die zudem gefunden werden muss. 47Vgl. hierzu OVG NRW, Beschluss vom 16. Dezember 2019 ‑ 11 A 228/15.A -, juris, Rn. 62 ff., m. w. N.; und insbesondere OVG Berlin-Bbg., Urteil vom 22. September 2020 - 3 B 33.19 -, juris, Rn. 48, m. w. N., für den Fall der Überstellung einer fünfköpfigen Familie mit minderjährigen Kindern an Bulgarien, der es bei einem Alleinverdienereinkommen und unter Zugrundelegung einer dort zu zahlenden durchschnittlichen monatlichen Miete von 350 Euro für eine Dreizimmerwohnung nicht möglich sei, mit dem verbleibenden Betrag von 150 Euro den monatlichen Lebensunterhalt für die Familie hinreichend zu decken. 483. Vor dem Hintergrund dieser Feststellungen kann offenbleiben, ob eine Rückkehr der Kläger nach Bulgarien überhaupt in Betracht kommt oder ob dieser nicht der grund- und konventionsrechtliche Schutz aus Art. 6 GG und Art. 8 EMRK entgegensteht, weil für die Prüfung des Asylantrags des im Bundesgebiet im Jahr 2018 geborenen Kindes der Kläger zu 1. und 2. die Bundesrepublik Deutschland und nicht Bulgarien zuständig ist, 49vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 23. Juni 2020 ‑ 1 C 37.19 -, InfAuslR 2020, 399 = juris, 50das Kind deshalb voraussichtlich nicht mit den Klägern nach Bulgarien überstellt werden kann und ihm hier zudem ein Bleiberecht zustehen dürfte. 51Denn nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist jedenfalls für die Prognose der bei Rückkehr in das Herkunftsland drohenden Gefahren - für die Rückkehr von anerkannten Schutzberechtigten nach Bulgarien dürfte nichts anders gelten - in Bezug auf die einzubeziehenden Personen auch zu berücksichtigen, unter welchen Voraussetzungen es überhaupt zu einer Rückkehr kommen kann und wird. Der grund- und konventionsrechtliche Schutz des bestehenden Kernfamilienverbands wirkt auf diese Rückkehrkonstellation ein und lässt auch bei bestehender Bleibeberechtigung einzelner Mitglieder eine getrennte Betrachtung einzelner Familienmitglieder für den Rückkehrfall in der Regel nicht zu. Bereits das Bundesamt hat davon auszugehen, dass Art. 6 GG/Art. 8 EMRK einer Trennung der in familiärer Gemeinschaft lebenden Kernfamilie entgegenstehen und es daher zur Rückkehr - wegen bestandskräftiger Bleiberechte - entweder nicht oder nur im Familienverband kommen wird. Das Bundesamt entscheidet damit nicht über inlandsbezogene Vollstreckungshindernisse, die es auch nicht einzelfallbezogen inzident zu prüfen hat. Es berücksichtigt im Rahmen der realitätsnahen Prognose lediglich das im Regelfall aus Art. 6 GG/Art. 8 EMRK folgende Trennungsverbot bei der von ihm zu treffenden Prognoseentscheidung über die den einzelnen Familienmitgliedern im Herkunftsland drohenden Gefahren. 52Vgl. BVerwG, Urteil vom 4. Juli 2019 ‑ 1 C 45.18 -, BVerwGE 166, 113 (120) = juris, Rn. 21. 53II. Die auf die §§ 34 und 35 AsylG gestützte Abschiebungsandrohung in Ziffer 2. Sätze 1 bis 3 des angefochtenen Bescheids ist rechtswidrig, weil die Asylanträge der Kläger mit Blick auf die unter C. I. getroffenen Feststellungen nicht gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG als unzulässig abgelehnt werden durften. Infolgedessen entfällt auch die Grundlage für die Anordnung des auf § 11 Abs. 1 AufenthG gestützten Einreise- und Aufenthaltsverbots in Ziffer 3. des Bescheids. 54D. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 1 VwGO, 83b AsylG. 55Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 10, 709 Satz 2, 711 Satz 1 ZPO. 56E. Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen. Insbesondere hat die Sache keine grundsätzliche Bedeutung i. S. d. § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Die hier entscheidungserheblichen Rechtsfragen - insbesondere zur Anwendbarkeit des § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG und die Maßstäbe für einen Ausschluss der Unzulässigkeitsentscheidung wegen einer drohenden Verletzung des Art. 4 GRCh oder des Art. 3 EMRK - sind geklärt.
das angefochtene urteil wird - mit ausnahme der rechtskräftigen feststellungen zur unzulässigkeit der klage gegen die regelung in ziffer 2. satz 4 des bescheids vom 25. juli 2016 - geändert. der bescheid des bundesamts für migration und flüchtlinge vom 25. juli 2016 wird - soweit er im berufungsverfahren streitbefangen ist - aufgehoben. die kosten des verfahrens beider instanzen, für das gerichtskosten nicht erhoben werden, trägt ‑ soweit das urteil des verwaltungsgerichts noch nicht rechtskräftig ist - die beklagte. das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. die beklagte darf die vollstreckung durch sicherheitsleistung oder hinterlegung in höhe von 110 % des aufgrund des urteils vollstreckbaren betrags abwenden, wenn nicht die kläger vor der vollstreckung sicherheit in höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden betrags leisten. die revision wird nicht zugelassen. 1
2die nach eigenen angaben am 16. september 2015 in die bundesrepublik deutschland eingereisten kläger sind syrische staatsangehörige. die in den jahren 2007, 2008 und 2013 geborenen kläger zu 3. bis 5. sind die kinder der kläger zu 1. und 2. außerdem sind die kläger zu 1. und 2. die eltern des in der bundesrepublik deutschland im jahr 2018 geborenen kindes e. b. , dem kläger des nach berufungsrücknahme der beklagten durch beschluss vom 25. september 2020 eingestellten berufungsverfahrens 11 a 789/19.a. 3am 7. juni 2016 stellten die kläger anträge auf gewährung von asyl. aufgrund der erzielten eurodac-treffer bat das bundesamt für migration und flüchtlinge (im folgenden: bundesamt) unter dem 13. juni 2016 die zuständige bulgarische behörde um die übernahme des asylverfahrens. mit schreiben vom 27. juni 2016 teilte die ersuchte bulgarische behörde dem bundesamt mit, dass sie das übernahmeersuchen nicht akzeptieren könne. denn den klägern sei mit entscheidung vom 7. august 2015 in bulgarien der subsidiäre schutzstatus zuerkannt worden. 4mit bescheid vom 25. juli 2016 lehnte das bundesamt die asylanträge der kläger als unzulässig ab (ziffer 1.). die kläger wurden aufgefordert, die bundesrepublik deutschland innerhalb von 30 tagen nach bekanntgabe des bescheids zu verlassen; im falle einer klageerhebung ende die ausreisefrist 30 tage nach dem unanfechtbaren abschluss des asylverfahrens (ziffer 2. satz 1). zugleich wurde ihnen für den fall der nichteinhaltung der ausreisefrist die abschiebung nach bulgarien angedroht (ziffer 2. satz 2). sie könnten auch in einen anderen staat abgeschoben werden, in den sie einreisen dürften oder der zu ihrer rückübernahme verpflichtet sei (ziffer 2. satz 3). sie dürften nicht nach syrien abgeschoben werden (ziffer 2. satz 4). das gesetzliche einreise- und aufenthaltsverbot nach § 11 abs. 1 aufentg werde auf 30 monate ab dem tag der abschiebung befristet (ziffer 3.). 5am 23. august 2016 haben die kläger klage erhoben. sie haben geltend gemacht: bulgarien habe eine übernahme abgelehnt. eine rückkehr nach bulgarien stelle darüber hinaus eine gefahr für leib und leben dar. die klägerin zu 2. leide aufgrund der erlebnisse in bulgarien unter einer posttraumatischen belastungsstörung. 6die kläger haben beantragen, 7den bescheid vom 25. juli 2016 aufzuheben. 8die beklagte hat keinen antrag gestellt. 9das verwaltungsgericht hat die klage durch urteil vom 23. mai 2017 abgewiesen. zur begründung hat es im wesentlichen ausgeführt: die anfechtungsklage sei unzulässig, soweit sie auf die aufhebung der regelung in ziffer 2. satz 4 des bescheids ziele. denn den klägern fehle insoweit die klagebefugnis, weil sie durch die feststellung, dass sie nicht nach syrien abgeschoben werden dürften, nicht beschwert seien. die im übrigen zulässige anfechtungsklage sei vollumfänglich unbegründet. rechtsgrundlage für die regelung in ziffer 1. des bescheids sei der durch das integrationsgesetz mit wirkung vom 6. august 2016 neugefasste § 29 abs. 1 nr. 2 asylg. die voraussetzungen dieser vorschrift seien erfüllt; den klägern sei in bulgarien der subsidiäre schutz zuerkannt worden. auch die in ziffer 2. sätze 1 bis 3 des bescheids erlassene abschiebungsandrohung begegne keinen durchgreifenden rechtlichen bedenken. der rechtmäßigkeit der abschiebungsandrohung stünden auch keine zielstaatsbezogenen abschiebungsverbote i. s. v. § 60 abs. 5 und 7 aufenthg entgegen. es sei nicht davon auszugehen, dass die kläger im falle einer überstellung nach bulgarien mit beachtlicher wahrscheinlichkeit gefahr liefen, einer unmenschlichen oder erniedrigen behandlung i. s. v. art. 3 der konvention zum schutz der menschenrechte und grundfreiheiten (emrk) ausgesetzt zu werden. die hürden, die in bulgarien im hinblick auf die durchsetzung von ansprüchen auf staatliche unterstützungsleistungen oder bei der wohnungssuche bestünden, könnten etwa mit hilfe aus der zivilgesellschaft oder unterstützung z. b. durch andere flüchtlinge überwunden werden. den klägern sei es zumutbar, ihre rechte in bulgarien notfalls mithilfe eines bulgarischen rechtsbeistands oder der unterstützung der in bulgarien tätigen flüchtlingsorganisationen durchzusetzen. ein unzureichender zugang zum arbeitsmarkt in bulgarien berühre den schutzbereich von art. 3 emrk nicht. auch das unter ziffer 3. des bescheids verfügte befristete einreise- und aufenthaltsverbot sei rechtlich nicht zu beanstanden. 10zur begründung ihrer vom senat zugelassenen berufung führen die kläger aus: sie dürften angesichts des gesundheitlichen zustands der klägerin zu 2. und der vier minderjährigen kinder zum vulnerablen personenkreis gehören. deshalb drohe ihnen im falle einer rückkehr nach bulgarien eine verletzung ihrer rechte aus art. 3 emrk sowie art. 4 der charta der grundrechte der europäischen union (grch). sie hätten in bulgarien auch keine möglichkeit, dort ein existenzminimum sicherzustellen. sie verfügten weder über ein familiäres netzwerk in bulgarien noch könnten sie dort einen arbeitsplatz finden. die corona-pandemie habe zudem erhebliche auswirkungen auf die wirtschaftliche lage in bulgarien. angesichts der derzeitigen wirtschaftlichen situation sei nicht davon auszugehen, dass bulgarische unternehmen bereit sein könnten, migranten einzustellen. 11die kläger beantragen schriftsätzlich, 12„unter aufhebung des urteils des verwaltungsgerichts minden vom 23.05.2017 - 1 k 3897/16.a -, die beklagte und berufungsbeklagte zu verpflichten den bescheid vom 25.07.2016 aufzuheben, soweit die klage hiergegen zurückgewiesen worden ist“. 13die beklagte beantragt schriftsätzlich, 14die berufung zurückzuweisen. 15sie tritt der berufung im wesentlichen mit folgender begründung entgegen: die für bulgarien vorliegenden erkenntnissen rechtfertigten nicht die annahme, anerkannte flüchtlinge würden dort einer erniedrigenden oder unmenschlichen behandlung i. s. v. art. 3 emrk ausgesetzt. es fehle an anhaltspunkten, dass rückkehrer in bulgarien von einer existenzbedrohenden obdachlosigkeit betroffen seien. sie könnten für eine übergangszeit unterbringungseinrichtungen nutzen, um sich auf dem freien wohnungsmarkt eine wohnung zu suchen. die medizinische notfallversorgung sei sichergestellt. anerkannte schutzberechtigte hätten nach dem bulgarischen gesetz vollständigen zugang zum arbeitsmarkt. schutzberechtigte könnten zudem sozialleistungen bekommen. die monatlichen lebenshaltungskosten lägen nach den angaben bulgarischer gewerkschaften bei 305 euro, für sofia bei 397 euro. die verhältnisse in bulgarien hätten sich auch durch die corona-pandemie nicht in einer weise verschlechtert, die dazu führte, dass eine andere beurteilung angezeigt sein könnte. 16die beteiligten haben übereinstimmend ihr einverständnis mit einer entscheidung durch die berichterstatterin anstelle des senats und ohne mündliche verhandlung erklärt. 17wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstands wird auf den inhalt der gerichtsakten sowie auf die beigezogenen verwaltungsvorgänge des bundesamts bezug genommen. 18
19a. mit einverständnis der beteiligten entscheidet die berichterstatterin anstelle des senats und ohne mündliche verhandlung (§§ 87a abs. 2 und 3, 101 abs. 2 vwgo). 20b. der schriftsätzlich formulierte antrag der kläger kann mit blick auf die berufungsbegründung nur dahingehend verstanden werden, dass sie damit die änderung des urteils des verwaltungsgerichts insoweit begehren, als dieses die gegen den bescheid vom 25. juli 2016 gerichtete anfechtungsklage als „vollumfänglich unbegründet“ abgewiesen hat. 21die so verstandene berufung hat erfolg. 22c. der bescheid des bundesamts vom 25. juli 2016 ist - soweit er im berufungsverfahren streitbefangen ist - rechtswidrig und verletzt die kläger in ihren rechten (§ 113 abs. 1 satz 1 vwgo). 23i. als rechtsgrundlage für die unzulässigkeitsentscheidung in ziffer 1. des angefochtenen bescheids kommt § 29 abs. 1 nr. 2 asylg nicht in betracht. danach ist ein asylantrag unzulässig, wenn ein anderer mitgliedstaat der europäischen union dem ausländer bereits internationalen schutz i. s. d. § 1 abs. 1 nr. 2 asylg gewährt hat. 241. diese vorschrift kann für den fall der kläger nicht zur anwendung kommen. 25nach der rechtsprechung des gerichtshofs der europäischen union (im folgenden: eugh) ist art. 33 abs. 2 buchst. a) der richtlinie 2013/32/eu des europäischen parlaments und des rates vom 26. juni 2013 zu gemeinsamen verfahren für die zuerkennung und aberkennung des internationalen schutzes - der durch § 29 abs. 1 nr. 2 asylg in deutsches recht umgesetzt worden ist - dahin auszulegen, dass er es einem mitgliedstaat verbietet, von der durch diese vorschrift eingeräumten befugnis gebrauch zu machen, einen antrag auf internationalen schutz als unzulässig abzulehnen, weil dem antragsteller bereits von einem anderen mitgliedstaat die flüchtlingseigenschaft oder subsidiärer schutz zuerkannt worden ist, wenn die lebensverhältnisse, die ihn in dem anderen mitgliedstaat erwarten würden, ihn der ernsthaften gefahr aussetzen würden, eine unmenschliche oder erniedrigende behandlung nach art. 4 grch bzw. des diesem entsprechenden art. 3 emrk zu erfahren. 26vgl. eugh, beschluss vom 13. november 2019 ‑ c‑540 und 541/17 (hamed und omar) ‑, juris; ferner bereits eugh, urteile vom 19. märz 2019 ‑ c‑163/17 (jawo) ‑, juris, rn. 81 bis 97, und vom 19. märz 2019 ‑ c‑297/17 u. a. (ibrahim) ‑, juris, rn. 83 bis 94. 27für die anwendbarkeit des art. 33 abs. 2 buchst. a) der richtlinie 2013/32 nimmt der eugh einen verstoß gegen art. 4 grch an, wenn die gleichgültigkeit der behörden eines mitgliedstaats zur folge hätte, dass eine vollständig von öffentlicher unterstützung abhängige person sich unabhängig von ihrem willen und ihren persönlichen entscheidungen in einer situation extremer materieller not befände, die es ihr nicht erlaubte, ihre elementarsten bedürfnisse zu befriedigen, wie insbesondere sich zu ernähren, sich zu waschen und eine unterkunft zu finden, und die ihre physische oder psychische gesundheit beeinträchtigte oder sie in einen zustand der verelendung versetzte, der mit der menschenwürde unvereinbar wäre. 28vgl. eugh, urteil vom 19. märz 2019 - c-163/17 (jawo) -, juris, rn. 87 bis 92; beschluss vom 13. november 2019 - c-540 und 541/17 (hamed und omar) -, juris, rn. 39. 29ausgehend hiervon kann der asylantrag der kläger nicht nach § 29 abs. 1 nr. 2 asylg als unzulässig abgelehnt werden, weil ihnen zur überzeugung des erkennenden gerichts (§ 108 abs. 1 satz 1 vwgo) für den fall ihrer rückkehr nach bulgarien die ernsthafte gefahr einer erniedrigenden behandlung i. s. d. art. 4 grch oder art. 3 emrk droht. das gericht ist davon überzeugt, dass die kläger unter berücksichtigung der umstände ihres einzelfalls mit beachtlicher wahrscheinlichkeit unabhängig von ihrem willen und ihren persönlichen entscheidungen in bulgarien in eine situation extremer materieller not geraten werden und ihre elementarsten bedürfnisse nicht werden befriedigen können. 302. es besteht die ernsthafte gefahr, dass sich die kläger im falle ihrer rückkehr nach bulgarien keine für ihre sechsköpfige familie ausreichende existenzgrundlage sichern könnten. 31a. der senat geht in seiner rechtsprechung davon aus, dass die situation für international schutzberechtigte in bulgarien schwierig ist, sie bei der wohnungs- und arbeitssuche vor hohen hürden stehen und staatliche leistungen kaum zu erhalten sind. allein diese umstände rechtfertigen im lichte der zitierten rechtsprechung des eugh allerdings in der regel noch nicht die annahme, international schutzberechtigte hätten im falle ihrer rückkehr nach bulgarien dort eine unmenschliche oder erniedrigende behandlung i. s. v. art. 4 grch oder art. 3 emrk zu gewärtigen. vielmehr sind in bulgarien anerkannte und dorthin zurückkehrende international schutzberechtigte nach einer übergangszeit auf eine erwerbstätigkeit zu verweisen, um sich dort eine existenz aufbauen zu können. 32vgl. ovg nrw, beschluss vom 16. dezember 2019 ‑ 11 a 228/15.a -, juris. 33b. ob der senat an dieser einschätzung angesichts der auswirkungen der corona-pandemie festhält, bedarf anlässlich des falls der kläger keiner klärung. 34vgl. an dieser einschätzung für zurückgeführte schutzberechtigte auch unter berücksichtigung der auswirkungen der pandemie festhaltend: ovg rh.-pf., beschluss vom 20. oktober 2020 ‑ 7 a 10889/18 -, juris, rn. 64 ff.; so auch jedenfalls für den fall der rückführung von gesunden und arbeitsfähigen schutzberechtigten: ovg berlin-bbg., urteil vom 22. september 2020 - 3 b 33.19 -, juris, rn. 34 ff.; sächs. ovg, urteil vom 15. juni 2020 - 5 a 382/18 -, juris, rn. 43 ff. 35c. denn den klägern ist es unabhängig von der frage, ob sich die lage in bulgarien für international schutzberechtigte infolge der corona-pandemie noch verschärft hat, nicht möglich, dort eine zur existenzsicherung einer sechsköpfigen familie und finanzierung einer menschenwürdigen unterkunft hinreichende beschäftigung zu finden. 36aa. die klägerin zu 2. leidet ausweislich verschiedener kurzarztbriefe des facharztes für neurologie, psychiatrie und psychotherapie u. b1. vom 8. juni 2017, vom 4. dezember 2018 und zuletzt vom 24. august 2020 u. a. an einer schizoaffektiven störung (f 25.1) und einer posttraumatischen belastungsstörung (f 43.1), sodass bereits nicht anzunehmen ist, dass die klägerin zu 2., die zudem die bulgarische sprache nicht beherrscht, in der lage sein könnte, in bulgarien überhaupt einer erwerbstätigkeit nachzugehen. 37bb. abgesehen davon setzte eine erwerbstätigkeit der kläger zu 1. und 2. voraus, dass eine betreuungsmöglichkeit für deren minderjährige kinder besteht. für die schulpflichtigen kläger zu 3. bis 5. dürften sich insoweit keine unüberbrückbaren probleme ergeben; denn minderjährigen schutzberechtigten steht grundsätzlich der zugang zu kostenloser bildung in staatlichen schulen in bulgarien offen. 38vgl. hierzu ovg berlin-bbg., urteil vom 22. september 2020 - 3 b 33.19 -, juris, rn. 49, unter hinweis auf aida - asylum information database, country report: bulgaria, 2019 update, s. 57 f., 83; bulgarien council on refugees and migrants (o. j.): refugee integration in bulgaria. education, https://www.refugee-integration.bg/en/. 39für das im jahr 2018 in der bundesrepublik deutschland geborene kind der kläger zu 1. und 2. dürften betreuungsmöglichkeiten in bulgarien indessen nicht ohne weiteres zur verfügung stehen. sie verfügen in bulgarien über kein familiäres netzwerk, auf das sie zwecks betreuung des kindes zurückgreifen könnten. aufgrund langer wartelisten und komplizierter anmeldeverfahren sind zudem nur wenige anerkannte schutzberechtigte in der lage, ihre kinder kostenlos in öffentlichen kindergärten anzumelden. andere hinreichend verlässlich zur verfügung stehende betreuungsmöglichkeiten für kinder dieser altersgruppe sind nicht erkennbar. 40vgl. ovg berlin-bbg., urteil vom 22. september 2020 - 3 b 33.19 -, juris, rn. 49, unter hinweis auf caritas sofia, refugee women and the labour market in bulgaria, 2019, s. 10. 41mit blick darauf dürfte - unabhängig von der oben aufgeworfenen frage, ob die klägerin zu 2. überhaupt einer erwerbstätigkeit nachgehen kann - schon mangels bestehender betreuungsmöglichkeit für das im jahr 2018 geborene kind der kläger zu 1. und 2. entweder nur eine vollzeitbeschäftigung für einen dieser beiden kläger oder aber lediglich eine teilzeitbeschäftigung für beide in betracht kommen. 42cc. bei einem einkommen aus vollbeschäftigung oder zwei einkommen jeweils aus teilzeitbeschäftigungen ist aber, ausgehend von einem in bulgarien zu erzielenden monatlichen durchschnittseinkommen von ca. 500 euro, 43vgl. zum monatlichen durchschnittseinkommen in bulgarien pro person im ersten quartal 2019: europäische kommission, eures, lebens- und arbeitsbedingungen in bulgarien, einkommen und steuern, https://ec.europa.eu, 44der lebensunterhalt einer sechsköpfigen familie nicht hinreichend zu decken, weshalb die familie nicht vor einer situation extremer materieller not zu bewahren sein wird. 45(1) dies gilt auch unter berücksichtigung der günstigen lebenshaltungskosten in bulgarien, die nach den von der beklagten zitierten angaben der bulgarischen gewerkschaften mit monatlich 305 euro bzw. 397 euro in sofia beziffert würden. denn selbst wenn unterstellt würde, die kläger zu 1. und 2. könnten ein in bulgarien durchschnittliches monatseinkommen i. h. v. 500 euro erzielen und ihre monatlichen ausgaben lägen unter 1.830 euro (305 euro x 6 personen), wird deutlich, dass sie nicht ansatzweise in der lage wären, ihre existenz in bulgarien zu sichern. 46(2) nichts anderes ergibt sich auch mit blick auf den umstand, dass rückkehrer zunächst in einer aufnahmeeinrichtung unterkommen und die gesetzlich vorgesehene staatliche finanzielle unterstützung für eine unterkunft erhalten können. denn diese möglichkeiten stehen den familien nur zeitlich begrenzt zur verfügung, sodass absehbar die notwendigkeit zur eigenständigen (und kaum möglichen) finanzierung einer wohnung entsteht, die zudem gefunden werden muss. 47vgl. hierzu ovg nrw, beschluss vom 16. dezember 2019 ‑ 11 a 228/15.a -, juris, rn. 62 ff., m. w. n.; und insbesondere ovg berlin-bbg., urteil vom 22. september 2020 - 3 b 33.19 -, juris, rn. 48, m. w. n., für den fall der überstellung einer fünfköpfigen familie mit minderjährigen kindern an bulgarien, der es bei einem alleinverdienereinkommen und unter zugrundelegung einer dort zu zahlenden durchschnittlichen monatlichen miete von 350 euro für eine dreizimmerwohnung nicht möglich sei, mit dem verbleibenden betrag von 150 euro den monatlichen lebensunterhalt für die familie hinreichend zu decken. 483. vor dem hintergrund dieser feststellungen kann offenbleiben, ob eine rückkehr der kläger nach bulgarien überhaupt in betracht kommt oder ob dieser nicht der grund- und konventionsrechtliche schutz aus art. 6 gg und art. 8 emrk entgegensteht, weil für die prüfung des asylantrags des im bundesgebiet im jahr 2018 geborenen kindes der kläger zu 1. und 2. die bundesrepublik deutschland und nicht bulgarien zuständig ist, 49vgl. hierzu bverwg, urteil vom 23. juni 2020 ‑ 1 c 37.19 -, infauslr 2020, 399 = juris, 50das kind deshalb voraussichtlich nicht mit den klägern nach bulgarien überstellt werden kann und ihm hier zudem ein bleiberecht zustehen dürfte. 51denn nach der rechtsprechung des bundesverwaltungsgerichts ist jedenfalls für die prognose der bei rückkehr in das herkunftsland drohenden gefahren - für die rückkehr von anerkannten schutzberechtigten nach bulgarien dürfte nichts anders gelten - in bezug auf die einzubeziehenden personen auch zu berücksichtigen, unter welchen voraussetzungen es überhaupt zu einer rückkehr kommen kann und wird. der grund- und konventionsrechtliche schutz des bestehenden kernfamilienverbands wirkt auf diese rückkehrkonstellation ein und lässt auch bei bestehender bleibeberechtigung einzelner mitglieder eine getrennte betrachtung einzelner familienmitglieder für den rückkehrfall in der regel nicht zu. bereits das bundesamt hat davon auszugehen, dass art. 6 gg/art. 8 emrk einer trennung der in familiärer gemeinschaft lebenden kernfamilie entgegenstehen und es daher zur rückkehr - wegen bestandskräftiger bleiberechte - entweder nicht oder nur im familienverband kommen wird. das bundesamt entscheidet damit nicht über inlandsbezogene vollstreckungshindernisse, die es auch nicht einzelfallbezogen inzident zu prüfen hat. es berücksichtigt im rahmen der realitätsnahen prognose lediglich das im regelfall aus art. 6 gg/art. 8 emrk folgende trennungsverbot bei der von ihm zu treffenden prognoseentscheidung über die den einzelnen familienmitgliedern im herkunftsland drohenden gefahren. 52vgl. bverwg, urteil vom 4. juli 2019 ‑ 1 c 45.18 -, bverwge 166, 113 (120) = juris, rn. 21. 53ii. die auf die §§ 34 und 35 asylg gestützte abschiebungsandrohung in ziffer 2. sätze 1 bis 3 des angefochtenen bescheids ist rechtswidrig, weil die asylanträge der kläger mit blick auf die unter c. i. getroffenen feststellungen nicht gemäß § 29 abs. 1 nr. 2 asylg als unzulässig abgelehnt werden durften. infolgedessen entfällt auch die grundlage für die anordnung des auf § 11 abs. 1 aufenthg gestützten einreise- und aufenthaltsverbots in ziffer 3. des bescheids. 54d. die kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 abs. 1 vwgo, 83b asylg. 55der ausspruch über die vorläufige vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 167 vwgo, 708 nr. 10, 709 satz 2, 711 satz 1 zpo. 56e. die revision ist nicht zuzulassen, weil die voraussetzungen des § 132 abs. 2 vwgo nicht vorliegen. insbesondere hat die sache keine grundsätzliche bedeutung i. s. d. § 132 abs. 2 nr. 1 vwgo. die hier entscheidungserheblichen rechtsfragen - insbesondere zur anwendbarkeit des § 29 abs. 1 nr. 2 asylg und die maßstäbe für einen ausschluss der unzulässigkeitsentscheidung wegen einer drohenden verletzung des art. 4 grch oder des art. 3 emrk - sind geklärt.
Klaeger*in
1
164,934
13 K 28/15
2015-06-10T00:00:00
Urteil
Tenor Die Beklagte wird unter Aufhebung der Ziffer 2 des Bescheides vom 7. Juli 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. November 2014 verpflichtet, die gemäß § 55c Absatz 1 Satz 1 SVG erfolgte Kürzung der Versorgungsbezüge des Klägers ab dem 1. Juli 2013 in Höhe der von ihm im Versorgungsausgleich aus dem Beschluss des Amtsgerichts X. vom 5. Dezember 2014 (64 F 94/13) erlangten Versorgungsanrechte gemäß §§ 35, 36 VersAuglG auszusetzen, solange und soweit der Kläger aus diesen Anrechten keine Leistungen beziehen kann. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch den Kläger durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 Prozent des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. 1Tatbestand: 2Der Kläger begehrt die Aussetzung der Kürzung seiner Versorgungsbezüge nach § 35 Absatz 1 Versorgungsausgleichsgesetz (VersAusglG) ab dem 1. Juli 2013. 3Der Kläger ist mit Urteil des Amtsgerichts X. vom 24. August 1984 von seiner ersten Ehefrau geschieden worden. Zugleich wurden die dem Kläger gegenüber der Beklagten zustehenden Versorgungsanwartschaften nach dem Soldatenversorgungsgesetz in Höhe von monatlich 122,68 DM zu Gunsten seiner geschiedenen Ehefrau übertragen. 4Unter dem 25. März 2013 stellte der Kläger beim Amtsgericht X. gemäß § 51 VersAusglG einen Antrag zur Abänderung seines Versorgungsausgleichs. Zugleich beantragte der Kläger bei der Beklagten die Anpassung seiner Versorgungsbezüge nach §§ 35, 36 VersAusglG, da seine Versorgungsbezüge infolge seiner mit Ablauf des 30. Juni 2013 bevorstehenden Versetzung in den Ruhestand gekürzt würden, er jedoch seinerseits keine Leistungen aus seinem im Versorgungsausgleich erworbenen Anrecht beziehen könne (Bl. 34 Heft 2 der Beiakten). 5Mit Ablauf des 30. Juni 2013 wurde der Kläger als Berufssoldat der Bundeswehr gemäß § 44 Absatz 2 Soldatengesetz (SG) in den Ruhestand versetzt. Mit Bescheid vom 3. Juli 2013 stellte die Beklagte fest, dass die festgesetzten Versorgungsbezüge des Klägers (vgl. Bescheid vom 1. Juli 2013, Bl. 44 Heft 2 der Beiakten) mit Wirkung vom 1. Juli 2013 der Kürzungsregelung des § 55c Soldatenversorgungsgesetz (SVG) unterlägen (Bl. 55 Heft 2 der Beiakten). 6Das Amtsgericht X. hat am 5. Dezember 2013 im Wege eines Abänderungsverfahrens zum Versorgungsausgleich entschieden, dass im Wege der internen Teilung zulasten der Versorgung des Klägers und zu Gunsten seiner geschiedenen Ehefrau ein Anrecht in Höhe von 51,87 Euro, bezogen auf den 31. Oktober 1983, übertragen werde. Zu Gunsten des Klägers und zulasten seiner geschiedenen Ehefrau werde im Gegenzug ein Anrecht bei der Deutschen Rentenversicherung Bund in Höhe von 1,5594 Entgeltpunkten, bezogen auf den 31. Oktober 1983, übertragen. Die Abänderung wirke ab dem 1. April 2013. 7Mit Zulassungsbescheid vom 31. März 2014 erhielt der Kläger von der Deutschen Rentenversicherung Bund die Berechtigung, für den Zeitraum vom 1. Juni 2013 bis 31. März 2014 freiwillige Beiträge zur Rentenversicherung zu zahlen und damit die allgemeine Wartezeit nach § 50 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) zu erfüllen (Bl. 88 Heft 2 der Beiakten). Unter dem 6. Mai 2014 teilte der Kläger der C. X. mit, dass er alle Voraussetzungen zur Umsetzung des Versorgungsausgleichs erfüllt habe und bat dies bei der Bezügeabrechnung zu berücksichtigen (Bl. 79 Heft 2 der Beiakten). 8Mit Bescheid vom 7. Juli 2014 (Ziffer 2) wurde der von den Versorgungsbezügen des Klägers abzuziehende Versorgungsausgleich für die Zeit vom 1. April 2014 bis zum 31. Dezember 2019 in der Höhe ausgesetzt, in der der Kläger aus dem zu seinen Gunsten begründeten Anspruch zurzeit noch keinen Anspruch geltend machen könne (Bl. 94 Heft 2 der Beiakten). Gemäß § 36 Absatz 2 i.V.m. § 34 Absatz 3 VersAusglG wirke die Anpassung ab dem ersten Tag des Monats nach Antragstellung, frühestens ab dem Monat nach Rechtskraft des Beschlusses über den Versorgungsausgleich, frühestens ab dem Zeitpunkt der Erfüllung der gesetzlichen Wartezeit für eine Altersrente nach dem SGB VI, hier also ab dem 1. April 2014. Insoweit werde auf das Schreiben der Deutschen Rentenversicherung Bund vom 31. März 2014 verwiesen. 9Der Kläger erhob unter dem 16. Juli 2014 Widerspruch (Bl. 102 Heft 2 der Beiakten). Es sei rechtlich unzulässig, die Anpassungswirkung gemäß § 35 VersAusglG erst ab dem 1. April 2014 eintreten zu lassen. Aus dem Gesetz ergebe sich ausschließlich, dass die Anpassung ab dem ersten Tag des Monats, der auf den Monat der Antragstellung folge, wirke. Dies sei an sich der 1. April 2013, jedoch könne eine Anpassungswirkung natürlich nicht vor Beginn der Versorgungskürzung, hier also dem 1. Juli 2013, eintreten. Es gebe keine Rechtfertigung dafür, die Anpassungswirkung vom Zeitpunkt der Erfüllung der gesetzlichen Wartezeit für eine gesetzliche Altersrente abhängig zu machen. Das Familiengericht habe in seinem Beschluss zu seinen Gunsten ohne weitere Einschränkungen rückwirkend zum 1. April 2013 1,5594 Entgeltpunkten übertragen. 10Mit Widerspruchsbescheid vom 26. November 2014 wies die C. X. den Widerspruch des Klägers zurück. Der Ausgleichsanspruch von 1,5594 Entgeltpunkten, den der Kläger gegenüber seiner geschiedenen Ehefrau besitze, entspreche gemäß § 52 Absatz 1 SGB VI (durch die Zahl 0,0313 geteilt) einer rentenrechtlichen Wartezeit von 50 Monaten. Da der Bezug einer Rente aber eine Wartezeit von mindestens 60 Monaten voraussetze (§ 34 i.V.m. § 50 SGB VI), könne der Kläger eine Rente aus dem zu seinen Gunsten übertragenen Anwartschaftsrecht zu dem in Rede stehenden Zeitpunkt – d.h. dem 1. April 2013 bzw. 1. Juli 2013 – nicht beanspruchen. Denn die Wartezeit sei erst ab April 2014 erfüllt. § 35 VersAusglG beabsichtige etwaige leistungsrechtliche Auswirkungen in den Fällen abzumildern, in denen die ausgleichspflichtige Person aufgrund einer besonderen Altersgrenze vorzeitig in den Ruhestand tritt und ihre eigene Versorgung gekürzt wird, sie gleichzeitig aber aus dem im Versorgungsausgleich erworbenen Anrecht noch keine Leistungen erhalten kann, weil sie die in diesem Versorgungssystem geltende allgemeine Altersgrenze noch nicht erreicht hat. Dies bedeute wiederum, dass alle übrigen in § 34 Absatz 1 SGB VI genannten rentenrechtlichen Voraussetzungen – so auch die Mindestversicherungszeit (Wartezeit) – zur Verwirklichung des Leistungsbezugs erfüllt sein müssten. Entsprechendes ergebe sich auch aus der Systematik des § 36 Absatz 4 VersAusglG. Hiernach habe die ausgleichpflichtige Person den Versorgungsträger, der die Kürzung ausgesetzt habe, unverzüglich darüber zu unterrichten, sobald sie aus einem im Versorgungsausgleich erworbenen Anrecht eine Leistung im Sinne des § 35 Absatz 1 VersAusglG beziehen könne. Auch hier sei das Vorliegen der Mindestversicherungszeit zwingend erforderlich. Eine vom Versorgungsträger durchgeführte Aussetzung der Kürzung nach § 35 VersAusglG, die ohne Berücksichtigung einer nachgewiesenen Wartezeiterfüllung der ausgleichpflichtigen Personen erfolgen würde, hätte zur Folge, dass die Kürzung nach § 35 VersAusglG über die maßgebliche rentenrechtliche Altersgrenze hinaus ausgesetzt bliebe, wenn die ausgleichpflichtige Person zwar ein erworbenes Anrecht auf eine Leistung hätte, diesen Anspruch aufgrund der nicht erfüllten Wartezeit beim Rentenversicherungsträger jedoch nicht durchsetzen könnte. 11Hiergegen hat der Kläger am 2. Januar 2015 Klage erhoben. 12Zur Begründung bezieht sich der Kläger auf seine Ausführungen aus dem Verwaltungsverfahren. Ergänzend trägt er vor, dass sich aus § 36 Absatz 3 VersAusglG i.V.m. § 34 Absatz 3 VersAusglG eindeutig ergebe, dass die Anpassung schon ab dem ersten Tag des Monats, der auf dem Monate der Antragstellung folge, wirke. 13Der Kläger beantragt sinngemäß, 14die Beklagte unter Aufhebung der Ziffer 2 des Bescheides vom 7. Juli 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. November 2014 zu verpflichten, die gemäß § 55c Absatz 1 Satz 1 SVG erfolgte Kürzung der Versorgungsbezüge des Klägers ab dem 1. Juli 2013 in Höhe der von ihm im Versorgungsausgleich aus dem Beschluss des Amtsgerichts X. vom 5. Dezember 2014 (64 F 94/13) erlangten Versorgungsanrechte gemäß §§ 35, 36 VersAusglG auszusetzen, solange und soweit der Kläger aus diesen Anrechten keine Leistungen beziehen kann. 15Die Beklagte beantragt, 16die Klage abzuweisen. 17Zur Begründung ergänzt sie ihre bisherigen Ausführungen aus dem Verwaltungsverfahren, auf die sie im Übrigen verweist, dahingehend, dass § 35 VersAusglG nicht den Zweck verfolge, rentenrechtliche Voraussetzungen wie z.B. die allgemeine Wartezeit für den Zeitraum einer möglichen Anpassung außer Kraft zu setzen. 18Die Beteiligten haben mit Schreiben vom 30. April 2015 (Blatt 47 der Gerichtsakte) und 19. Mai 2015 (Bl. 49 der Gerichtsakte) ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt. 19Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten ergänzend Bezug genommen. 20Entscheidungsgründe: 21Im Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht gemäß § 101 Absatz 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) ohne mündliche Verhandlung entscheiden. 22Die Einzelrichterin ist für die Entscheidung zuständig, nachdem ihr die Sache mit Beschluss der Kammer vom 2. Juni 2015 übertragen worden ist (Bl. 51 der Gerichtsakte). 23Die zulässige Verpflichtungsklage, 24zur statthaften Klageart vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 13. Januar 2014 – 23 K 3480/12 –, juris, Rn. 23, 25ist begründet. 26Ziffer 2 des angegriffenen Bescheides vom 7. Juli 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. November 2014 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Denn der Kläger hat einen Anspruch gegen die Beklagte auf Aussetzung des von den Versorgungsbezügen abzuziehenden Versorgungsausgleichs für die Zeit ab dem 1. Juli 2013 (§ 113 Absatz 5 Satz 1 VwGO). 27Anspruchsgrundlage ist § 35 Absatz 1 VersAusglG in der Fassung vom 3. April 2009. 28Nach dieser Vorschrift wird die Kürzung einer laufenden Versorgung aufgrund des Versorgungsausgleichs auf Antrag ausgesetzt, solange die ausgleichspflichtige Person eine laufende Versorgung wegen Invalidität oder Erreichens einer besonderen Altersgrenze erhält und sie aus einem im Versorgungsausgleich erworbenen Anrecht keine Leistung beziehen kann (Absatz 1). Gemäß Absatz 2 der Vorschrift gilt § 33 Absatz 2 VersAusglG entsprechend, wonach eine Anpassung bei geringfügigen Kürzungen nicht erfolgt (bei einem Rentenbetrag als maßgeblicher Bezugsgröße nur bei einer Kürzung von mindestens 2 % am Ende der Ehezeit). Die Kürzung ist höchstens in Höhe der Ausgleichswerte aus denjenigen Anrechten im Sinne des § 32 VersAusglG auszusetzen, aus denen die ausgleichspflichtige Person keine Leistung bezieht (§ 35 Absatz 3 VersAusglG). Für die Durchführung dieser Aussetzung gilt § 36 VersAusglG. Nach Absatz 1 der Vorschrift entscheidet über die Anpassung der Versorgungsträger, bei dem das auf Grund des Versorgungsausgleichs gekürzte Anrecht besteht. Antragsberechtigt ist die ausgleichspflichtige Person. Gemäß § 36 Absatz 3 in Verbindung mit § 34 Absatz 3 VersAusglG wirkt die Anpassung ab dem ersten Tag des Monats, der auf den Monat der Antragstellung folgt. Gemäß § 36 Absatz 4 VersAusglG hat die ausgleichspflichtige Person nach erfolgter Aussetzung der Kürzung den Versorgungsträger zu informieren, sobald sie aus einem im Versorgungsausgleich erworbenen Anrecht eine Leistung beziehen kann. 29Vorliegend sind die vorstehend genannten Anspruchsvoraussetzungen erfüllt. 30Der Kläger hat unter dem 25. März 2013 einen Antrag auf Aussetzung der Kürzung seiner Versorgung bei der Beklagten, als der für die Entscheidung zuständigen Versorgungsträgerin, beantragt. Als ausgleichspflichtige Person ist er auch nach § 36 Absatz 3 VersAusglG antragsberechtig. 31Der Kläger ist auch eine ausgleichspflichtige Person im Sinne des § 35 Absatz 1 VersAusglG, weil das Amtsgericht X. mit Beschluss vom 5. Dezember 2013 zulasten seines Versorgungsanrechts bei der Beklagten zugunsten seiner geschiedenen Ehefrau ein Anrecht in Höhe von 52,87 Euro monatlich übertragen hat. Er erhält seit Beginn des Ruhestandes im Juli 2013 laufende Versorgungsbezüge wegen Erreichens einer besonderen Altersgrenze (vgl. § 44 Absatz 2 SG), welche gemäß § 32 Nr. 2 VersAusglG in den Anwendungsbereich des § 35 Absatz 1 VersAusglG fallen und mit Wirkung vom 1. Juli 2013 nach § 55c SVG zugunsten seiner geschiedenen Ehefrau gekürzt werden. Zugleich kann er jedoch aus den ihm durch den Versorgungsausgleich aus den Anrechten seiner geschiedenen Ehefrau übertragenen Anrechten (1,5594 Entgeltpunkte von der Deutschen Rentenversicherung Bund) keine Leistungen erhalten, solange er die für ihn geltende Regelaltersgrenze zum Bezug einer Altersrente in der gesetzlichen Rentenversicherung bzw. der entsprechenden an das Erreichen einer Regelaltersgrenze geknüpften Versorgungsleistung der Deutschen Rentenversicherung Bund noch nicht erreicht hat. Die Geringfügigkeitsgrenze gemäß §§ 35 Absatz 2, 33 Absatz 2 VersAusglG ist überschritten. 32Entgegen der Ansicht der Beklagten, liegen die Voraussetzungen des § 35 Absatz 1 VersAusglG bereits seit dem 1. Juli 2013 vor. 33Der Wortlaut der §§ 35, 36 VersAusglG setzt nicht voraus, dass die Mindestversicherungszeit (Wartezeit) gemäß §§ 34 Absatz 1, 50 SGB VI für die Aussetzung der Kürzung der laufenden Versorgungsbezüge vorliegt. Vielmehr wirkt die Anpassung gemäß § 36 Absatz 3 in Verbindung mit § 34 Absatz 2 VersAusglG ab dem ersten Tag des Monats, der auf den Monat der Antragstellung folgt. Hierdurch wird 34„ein Gleichklang des maßgeblichen Zeitpunkts für die Anpassungen nach Rechtskraft gemäß § 32 ff. VersAusglG und für die Abänderungsverfahren nach den §§ 225 und 226 FamFG-VAE hergestellt“. 35BT-Drucksache 16/10144, S. 73. 36Der Kläger beantragte die Anpassung des Versorgungsausgleichs bereits am 25. März 2013. Da er aber erst zum 1. Juli 2013 in den Ruhestand getreten ist, kann die Anpassung auch erst ab diesem Zeitpunkt erfolgen. 37Auch die systematische, historische und teleologische Auslegung der einschlägigen Normen führt nicht zu einem anderen Ergebnis. 38Entgegen der Ansicht des Beklagten folgt nicht aus der Systematik des § 36 Absatz 4 VersAusglG, dass die Wartezeit des § 34 Absatz 1 SGB VI für die Aussetzung der Kürzung der Versorgungsbezüge nach § 35 VersAusglG erfüllt sein muss. Danach hat die ausgleichspflichtige Person, sobald sie aus einem im Versorgungsausgleich erworbenen Anrecht eine Leistung im Sinne des § 35 Absatz 1 beziehen kann, den Versorgungsträger, der die Kürzung ausgesetzt hat, unverzüglich darüber zu unterrichten. Inwieweit hieraus das Erfordernis der rentenrechtlichen Mindestversicherungszeit abzuleiten ist, erschließt sich dem Gericht nicht. Absatz 4 stellt ausweislich der Gesetzesbegründung lediglich sicher, 39„dass der Versorgungsträger die Kürzung der Versorgung wieder realisieren kann, wenn der Grund für die Aussetzung der Kürzung wegfällt: Das ist der Fall, wenn die ausgleichspflichtige Person Leistungen aus einem im Versorgungsausgleich erworbenen Anrecht erhalten kann, beispielsweise deshalb, weil sie wegen einer Veränderung ihres Gesundheitszustands jetzt auch die Voraussetzungen für den Leistungsbezug aus dem erworbenen Anrecht erfüllt. Darüber muss sie den Versorgungsträger daher informieren.“ 40BT-Drucksache 16/10144, S. 75. 41Der Versorgungsträger kann die Kürzung der Versorgung im vorliegenden Fall erst dann realisieren, wenn die rentenrechtlichen Voraussetzungen des § 34 Absatz 1 SGB VI vorliegen. In diesem Zusammenhang vermag das Gericht ebenso wenig zu erkennen, dass hierdurch rentenrechtliche Voraussetzungen außer Kraft gesetzt würden. Gemäß § 34 Absatz 1 SGB VI haben Versicherte und ihre Hinterbliebenen Anspruch auf Rente, wenn die für die jeweilige Rente erforderliche Mindestversicherungszeit (Wartezeit) erfüllt ist und die jeweiligen besonderen versicherungsrechtlichen und persönlichen Voraussetzungen – beispielsweise die Vollendung eines bestimmten Lebensalters – vorliegen. Dem Kläger steht ein Anspruch aus dem zu Lasten seiner geschiedenen Ehefrau bei der Deutschen Rentenversicherung Bund zu Gunsten des Klägers übertragenen Anrechts erst zu, wenn diese Voraussetzungen vorliegen. Solange dies aber – wie vorliegend – (noch) nicht der Fall ist, hat er gemäß § 35 VersAusglG gerade einen Anspruch auf Aussetzung der Kürzung seiner Versorgung. 42Für eine solche Auslegung spricht schließlich auch der Sinn und Zweck des § 35 VersAusglG. Die Norm enthält eine Regelung für Härtefälle, die daraus entstehen können, dass die beiderseitigen Anrechte nicht mehr – wie nach dem am 31. August 2009 außer Kraft getretenen früheren Versorgungsausgleichsrecht – saldiert werden, sondern jedes einzelne Anrecht isoliert ausgeglichen wird. Wenn die zu teilenden Anrechte unterschiedliche Leistungsvoraussetzungen haben, kann dieses Ausgleichssystem zu unbilligen Ergebnissen führen, etwa weil die laufende Versorgung eines Ehegatten aufgrund des Versorgungsausgleichs gekürzt wird, er aber aus den erworbenen Anrechten des anderen Ehegatten noch keine Leistungen beziehen kann. Das ist insbesondere der Fall, wenn der ausgleichspflichtige Ehegatte vor dem Erreichen der Regelaltersgrenze vorzeitige Rentenzahlungen wegen Invalidität oder einer besonderen Altersgrenze erhält. 43Breuers in: Herberger/Martinek/Rüßmann u.a., jurisPK-BGB, 7. Aufl. 2014, § 35 VersAusglG, Rn. 2. 44Wären die in § 50 SGB VI geregelten Wartezeiten bereits bei der Anwendung des § 35 VersAusglG zu berücksichtigen, entstünde dem Kläger ein Nachteil, indem seine Versorgung bis zur Erfüllung der Wartezeit gekürzt würde, ohne dass er seinerseits Leistungen aus dem im Versorgungsausgleich erworbenen Anrecht zu Lasten seiner geschiedenen Ehefrau beziehen könnte. Dies stünde im Widerspruch zu dem vorstehend genannten Sinn und Zweck der Regelung. Ausweislich der Gesetzesbegründung sollen Nachteile, die ansonsten Beamtinnen und Beamten sowie Soldatinnen und Soldaten, für die besondere Altersgrenzen – wie § 44 Absatz 2 SG – gelten, ausgeglichen werden: 45„Die neue Regelung beruht auf einem Vorschlag von Experten der DRV Bund und mildert etwaige leistungsrechtliche Auswirkungen der Strukturreform ab. Es geht darum, die Ehegatten nach der Reform nicht schlechter zu stellen als nach dem bisherigen Recht. Härten könnten insofern im Einzelfall dann auftreten, wenn die ausgleichspflichtige Person vor Erreichen der Altersgrenze invalide wird und beispielsweise aus der gesetzlichen Rentenversicherung eine um den Ausgleichsbetrag gekürzte Erwerbsminderungsrente erhält, nicht jedoch aus einem durch den Versorgungsausgleich erworbenen Anrecht bei einem anderen Versorgungsträger, beispielsweise einer berufsständischen Versorgung. Das könnte der Fall sein, wenn nach der Versorgungsordnung des erworbenen Anrechts eine Leistung für den Fall der Erwerbsminderung nicht vorgesehen ist oder an besondere Voraussetzungen geknüpft ist, die bei der ausgleichspflichtigen Person (noch) nicht vorliegen. Dann stünde die ausgleichspflichtige Person schlechter als nach bislang geltendem Recht, denn hiernach würde sich ihre Erwerbsminderungsrente nur um den Saldo aus den Versorgungen beider Eheleute reduzieren. 46BT-Drucksache 16/10144, S. 74. 47Durch die Einfügung in § 35 Abs. 1 VersAusglG wird der Anwendungsbereich der Vorschrift auf die Fälle des Leistungsbezugs wegen Erreichens einer besonderen Altersgrenze erweitert. Hierdurch werden etwaige leistungsrechtliche Auswirkungen der geänderten Ausgleichsstruktur in den Fällen abgemildert, in denen die ausgleichspflichtige Person aufgrund einer besonderen Altersgrenze vorzeitig in den Ruhestand tritt und ihre eigene Versorgung gekürzt wird, sie gleichzeitig aber aus dem im Versorgungsausgleich erworbenen Anrecht noch keine Leistungen erhalten kann, weil sie die in diesem Versorgungssystem geltende allgemeine Altersgrenze noch nicht erreicht hat. In diesen Fällen steht die ausgleichspflichtige Person wie in den Fällen des § 35 Abs. 1 Satz 1 VersAusglG-RegE schlechter als nach dem bislang geltenden Ausgleichssystem, das auf der Saldierung der Ehezeitanteile beruhte. Deshalb soll auch hier ein Nachteilsausgleich gewährt werden. Von dieser Regelung profitieren vor allem Beamtinnen und Beamte mit vorgezogenen Altersgrenzen sowie Soldatinnen und Soldaten.“ 48BT-Drucksache 16/11903, S. 55. 49Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Absatz 1 VwGO. 50Die Regelung hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Absatz 2 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, 709 Satz 2, 711 Zivilprozessordnung (ZPO).
die beklagte wird unter aufhebung der ziffer 2 des bescheides vom 7. juli 2014 in gestalt des widerspruchsbescheides vom 26. november 2014 verpflichtet, die gemäß § 55c absatz 1 satz 1 svg erfolgte kürzung der versorgungsbezüge des klägers ab dem 1. juli 2013 in höhe der von ihm im versorgungsausgleich aus dem beschluss des amtsgerichts x. vom 5. dezember 2014 (64 f 94/13) erlangten versorgungsanrechte gemäß §§ 35, 36 versauglg auszusetzen, solange und soweit der kläger aus diesen anrechten keine leistungen beziehen kann. die beklagte trägt die kosten des verfahrens. das urteil ist hinsichtlich der kosten vorläufig vollstreckbar. die beklagte darf die vollstreckung durch den kläger durch sicherheitsleistung oder hinterlegung in höhe von 110 prozent des aufgrund des urteils vollstreckbaren betrages abwenden, wenn nicht der kläger vor der vollstreckung sicherheit in höhe von 110 prozent des jeweils zu vollstreckenden betrages leistet. 1
2der kläger begehrt die aussetzung der kürzung seiner versorgungsbezüge nach § 35 absatz 1 versorgungsausgleichsgesetz (versausglg) ab dem 1. juli 2013. 3der kläger ist mit urteil des amtsgerichts x. vom 24. august 1984 von seiner ersten ehefrau geschieden worden. zugleich wurden die dem kläger gegenüber der beklagten zustehenden versorgungsanwartschaften nach dem soldatenversorgungsgesetz in höhe von monatlich 122,68 dm zu gunsten seiner geschiedenen ehefrau übertragen. 4unter dem 25. märz 2013 stellte der kläger beim amtsgericht x. gemäß § 51 versausglg einen antrag zur abänderung seines versorgungsausgleichs. zugleich beantragte der kläger bei der beklagten die anpassung seiner versorgungsbezüge nach §§ 35, 36 versausglg, da seine versorgungsbezüge infolge seiner mit ablauf des 30. juni 2013 bevorstehenden versetzung in den ruhestand gekürzt würden, er jedoch seinerseits keine leistungen aus seinem im versorgungsausgleich erworbenen anrecht beziehen könne (bl. 34 heft 2 der beiakten). 5mit ablauf des 30. juni 2013 wurde der kläger als berufssoldat der bundeswehr gemäß § 44 absatz 2 soldatengesetz (sg) in den ruhestand versetzt. mit bescheid vom 3. juli 2013 stellte die beklagte fest, dass die festgesetzten versorgungsbezüge des klägers (vgl. bescheid vom 1. juli 2013, bl. 44 heft 2 der beiakten) mit wirkung vom 1. juli 2013 der kürzungsregelung des § 55c soldatenversorgungsgesetz (svg) unterlägen (bl. 55 heft 2 der beiakten). 6das amtsgericht x. hat am 5. dezember 2013 im wege eines abänderungsverfahrens zum versorgungsausgleich entschieden, dass im wege der internen teilung zulasten der versorgung des klägers und zu gunsten seiner geschiedenen ehefrau ein anrecht in höhe von 51,87 euro, bezogen auf den 31. oktober 1983, übertragen werde. zu gunsten des klägers und zulasten seiner geschiedenen ehefrau werde im gegenzug ein anrecht bei der deutschen rentenversicherung bund in höhe von 1,5594 entgeltpunkten, bezogen auf den 31. oktober 1983, übertragen. die abänderung wirke ab dem 1. april 2013. 7mit zulassungsbescheid vom 31. märz 2014 erhielt der kläger von der deutschen rentenversicherung bund die berechtigung, für den zeitraum vom 1. juni 2013 bis 31. märz 2014 freiwillige beiträge zur rentenversicherung zu zahlen und damit die allgemeine wartezeit nach § 50 des sechsten buches sozialgesetzbuch (sgb vi) zu erfüllen (bl. 88 heft 2 der beiakten). unter dem 6. mai 2014 teilte der kläger der c. x. mit, dass er alle voraussetzungen zur umsetzung des versorgungsausgleichs erfüllt habe und bat dies bei der bezügeabrechnung zu berücksichtigen (bl. 79 heft 2 der beiakten). 8mit bescheid vom 7. juli 2014 (ziffer 2) wurde der von den versorgungsbezügen des klägers abzuziehende versorgungsausgleich für die zeit vom 1. april 2014 bis zum 31. dezember 2019 in der höhe ausgesetzt, in der der kläger aus dem zu seinen gunsten begründeten anspruch zurzeit noch keinen anspruch geltend machen könne (bl. 94 heft 2 der beiakten). gemäß § 36 absatz 2 i.v.m. § 34 absatz 3 versausglg wirke die anpassung ab dem ersten tag des monats nach antragstellung, frühestens ab dem monat nach rechtskraft des beschlusses über den versorgungsausgleich, frühestens ab dem zeitpunkt der erfüllung der gesetzlichen wartezeit für eine altersrente nach dem sgb vi, hier also ab dem 1. april 2014. insoweit werde auf das schreiben der deutschen rentenversicherung bund vom 31. märz 2014 verwiesen. 9der kläger erhob unter dem 16. juli 2014 widerspruch (bl. 102 heft 2 der beiakten). es sei rechtlich unzulässig, die anpassungswirkung gemäß § 35 versausglg erst ab dem 1. april 2014 eintreten zu lassen. aus dem gesetz ergebe sich ausschließlich, dass die anpassung ab dem ersten tag des monats, der auf den monat der antragstellung folge, wirke. dies sei an sich der 1. april 2013, jedoch könne eine anpassungswirkung natürlich nicht vor beginn der versorgungskürzung, hier also dem 1. juli 2013, eintreten. es gebe keine rechtfertigung dafür, die anpassungswirkung vom zeitpunkt der erfüllung der gesetzlichen wartezeit für eine gesetzliche altersrente abhängig zu machen. das familiengericht habe in seinem beschluss zu seinen gunsten ohne weitere einschränkungen rückwirkend zum 1. april 2013 1,5594 entgeltpunkten übertragen. 10mit widerspruchsbescheid vom 26. november 2014 wies die c. x. den widerspruch des klägers zurück. der ausgleichsanspruch von 1,5594 entgeltpunkten, den der kläger gegenüber seiner geschiedenen ehefrau besitze, entspreche gemäß § 52 absatz 1 sgb vi (durch die zahl 0,0313 geteilt) einer rentenrechtlichen wartezeit von 50 monaten. da der bezug einer rente aber eine wartezeit von mindestens 60 monaten voraussetze (§ 34 i.v.m. § 50 sgb vi), könne der kläger eine rente aus dem zu seinen gunsten übertragenen anwartschaftsrecht zu dem in rede stehenden zeitpunkt – d.h. dem 1. april 2013 bzw. 1. juli 2013 – nicht beanspruchen. denn die wartezeit sei erst ab april 2014 erfüllt. § 35 versausglg beabsichtige etwaige leistungsrechtliche auswirkungen in den fällen abzumildern, in denen die ausgleichspflichtige person aufgrund einer besonderen altersgrenze vorzeitig in den ruhestand tritt und ihre eigene versorgung gekürzt wird, sie gleichzeitig aber aus dem im versorgungsausgleich erworbenen anrecht noch keine leistungen erhalten kann, weil sie die in diesem versorgungssystem geltende allgemeine altersgrenze noch nicht erreicht hat. dies bedeute wiederum, dass alle übrigen in § 34 absatz 1 sgb vi genannten rentenrechtlichen voraussetzungen – so auch die mindestversicherungszeit (wartezeit) – zur verwirklichung des leistungsbezugs erfüllt sein müssten. entsprechendes ergebe sich auch aus der systematik des § 36 absatz 4 versausglg. hiernach habe die ausgleichpflichtige person den versorgungsträger, der die kürzung ausgesetzt habe, unverzüglich darüber zu unterrichten, sobald sie aus einem im versorgungsausgleich erworbenen anrecht eine leistung im sinne des § 35 absatz 1 versausglg beziehen könne. auch hier sei das vorliegen der mindestversicherungszeit zwingend erforderlich. eine vom versorgungsträger durchgeführte aussetzung der kürzung nach § 35 versausglg, die ohne berücksichtigung einer nachgewiesenen wartezeiterfüllung der ausgleichpflichtigen personen erfolgen würde, hätte zur folge, dass die kürzung nach § 35 versausglg über die maßgebliche rentenrechtliche altersgrenze hinaus ausgesetzt bliebe, wenn die ausgleichpflichtige person zwar ein erworbenes anrecht auf eine leistung hätte, diesen anspruch aufgrund der nicht erfüllten wartezeit beim rentenversicherungsträger jedoch nicht durchsetzen könnte. 11hiergegen hat der kläger am 2. januar 2015 klage erhoben. 12zur begründung bezieht sich der kläger auf seine ausführungen aus dem verwaltungsverfahren. ergänzend trägt er vor, dass sich aus § 36 absatz 3 versausglg i.v.m. § 34 absatz 3 versausglg eindeutig ergebe, dass die anpassung schon ab dem ersten tag des monats, der auf dem monate der antragstellung folge, wirke. 13der kläger beantragt sinngemäß, 14die beklagte unter aufhebung der ziffer 2 des bescheides vom 7. juli 2014 in gestalt des widerspruchsbescheides vom 26. november 2014 zu verpflichten, die gemäß § 55c absatz 1 satz 1 svg erfolgte kürzung der versorgungsbezüge des klägers ab dem 1. juli 2013 in höhe der von ihm im versorgungsausgleich aus dem beschluss des amtsgerichts x. vom 5. dezember 2014 (64 f 94/13) erlangten versorgungsanrechte gemäß §§ 35, 36 versausglg auszusetzen, solange und soweit der kläger aus diesen anrechten keine leistungen beziehen kann. 15die beklagte beantragt, 16die klage abzuweisen. 17zur begründung ergänzt sie ihre bisherigen ausführungen aus dem verwaltungsverfahren, auf die sie im übrigen verweist, dahingehend, dass § 35 versausglg nicht den zweck verfolge, rentenrechtliche voraussetzungen wie z.b. die allgemeine wartezeit für den zeitraum einer möglichen anpassung außer kraft zu setzen. 18die beteiligten haben mit schreiben vom 30. april 2015 (blatt 47 der gerichtsakte) und 19. mai 2015 (bl. 49 der gerichtsakte) ihr einverständnis mit einer entscheidung ohne mündliche verhandlung erklärt. 19hinsichtlich des weiteren sach- und streitstandes wird auf den inhalt der gerichtsakte sowie der beigezogenen verwaltungsvorgänge der beklagten ergänzend bezug genommen. 20
21im einverständnis der beteiligten kann das gericht gemäß § 101 absatz 2 der verwaltungsgerichtsordnung (vwgo) ohne mündliche verhandlung entscheiden. 22die einzelrichterin ist für die entscheidung zuständig, nachdem ihr die sache mit beschluss der kammer vom 2. juni 2015 übertragen worden ist (bl. 51 der gerichtsakte). 23die zulässige verpflichtungsklage, 24zur statthaften klageart vgl. vg düsseldorf, urteil vom 13. januar 2014 – 23 k 3480/12 –, juris, rn. 23, 25ist begründet. 26ziffer 2 des angegriffenen bescheides vom 7. juli 2014 in gestalt des widerspruchsbescheides vom 26. november 2014 ist rechtswidrig und verletzt den kläger in seinen rechten. denn der kläger hat einen anspruch gegen die beklagte auf aussetzung des von den versorgungsbezügen abzuziehenden versorgungsausgleichs für die zeit ab dem 1. juli 2013 (§ 113 absatz 5 satz 1 vwgo). 27anspruchsgrundlage ist § 35 absatz 1 versausglg in der fassung vom 3. april 2009. 28nach dieser vorschrift wird die kürzung einer laufenden versorgung aufgrund des versorgungsausgleichs auf antrag ausgesetzt, solange die ausgleichspflichtige person eine laufende versorgung wegen invalidität oder erreichens einer besonderen altersgrenze erhält und sie aus einem im versorgungsausgleich erworbenen anrecht keine leistung beziehen kann (absatz 1). gemäß absatz 2 der vorschrift gilt § 33 absatz 2 versausglg entsprechend, wonach eine anpassung bei geringfügigen kürzungen nicht erfolgt (bei einem rentenbetrag als maßgeblicher bezugsgröße nur bei einer kürzung von mindestens 2 % am ende der ehezeit). die kürzung ist höchstens in höhe der ausgleichswerte aus denjenigen anrechten im sinne des § 32 versausglg auszusetzen, aus denen die ausgleichspflichtige person keine leistung bezieht (§ 35 absatz 3 versausglg). für die durchführung dieser aussetzung gilt § 36 versausglg. nach absatz 1 der vorschrift entscheidet über die anpassung der versorgungsträger, bei dem das auf grund des versorgungsausgleichs gekürzte anrecht besteht. antragsberechtigt ist die ausgleichspflichtige person. gemäß § 36 absatz 3 in verbindung mit § 34 absatz 3 versausglg wirkt die anpassung ab dem ersten tag des monats, der auf den monat der antragstellung folgt. gemäß § 36 absatz 4 versausglg hat die ausgleichspflichtige person nach erfolgter aussetzung der kürzung den versorgungsträger zu informieren, sobald sie aus einem im versorgungsausgleich erworbenen anrecht eine leistung beziehen kann. 29vorliegend sind die vorstehend genannten anspruchsvoraussetzungen erfüllt. 30der kläger hat unter dem 25. märz 2013 einen antrag auf aussetzung der kürzung seiner versorgung bei der beklagten, als der für die entscheidung zuständigen versorgungsträgerin, beantragt. als ausgleichspflichtige person ist er auch nach § 36 absatz 3 versausglg antragsberechtig. 31der kläger ist auch eine ausgleichspflichtige person im sinne des § 35 absatz 1 versausglg, weil das amtsgericht x. mit beschluss vom 5. dezember 2013 zulasten seines versorgungsanrechts bei der beklagten zugunsten seiner geschiedenen ehefrau ein anrecht in höhe von 52,87 euro monatlich übertragen hat. er erhält seit beginn des ruhestandes im juli 2013 laufende versorgungsbezüge wegen erreichens einer besonderen altersgrenze (vgl. § 44 absatz 2 sg), welche gemäß § 32 nr. 2 versausglg in den anwendungsbereich des § 35 absatz 1 versausglg fallen und mit wirkung vom 1. juli 2013 nach § 55c svg zugunsten seiner geschiedenen ehefrau gekürzt werden. zugleich kann er jedoch aus den ihm durch den versorgungsausgleich aus den anrechten seiner geschiedenen ehefrau übertragenen anrechten (1,5594 entgeltpunkte von der deutschen rentenversicherung bund) keine leistungen erhalten, solange er die für ihn geltende regelaltersgrenze zum bezug einer altersrente in der gesetzlichen rentenversicherung bzw. der entsprechenden an das erreichen einer regelaltersgrenze geknüpften versorgungsleistung der deutschen rentenversicherung bund noch nicht erreicht hat. die geringfügigkeitsgrenze gemäß §§ 35 absatz 2, 33 absatz 2 versausglg ist überschritten. 32entgegen der ansicht der beklagten, liegen die voraussetzungen des § 35 absatz 1 versausglg bereits seit dem 1. juli 2013 vor. 33der wortlaut der §§ 35, 36 versausglg setzt nicht voraus, dass die mindestversicherungszeit (wartezeit) gemäß §§ 34 absatz 1, 50 sgb vi für die aussetzung der kürzung der laufenden versorgungsbezüge vorliegt. vielmehr wirkt die anpassung gemäß § 36 absatz 3 in verbindung mit § 34 absatz 2 versausglg ab dem ersten tag des monats, der auf den monat der antragstellung folgt. hierdurch wird 34„ein gleichklang des maßgeblichen zeitpunkts für die anpassungen nach rechtskraft gemäß § 32 ff. versausglg und für die abänderungsverfahren nach den §§ 225 und 226 famfg-vae hergestellt“. 35bt-drucksache 16/10144, s. 73. 36der kläger beantragte die anpassung des versorgungsausgleichs bereits am 25. märz 2013. da er aber erst zum 1. juli 2013 in den ruhestand getreten ist, kann die anpassung auch erst ab diesem zeitpunkt erfolgen. 37auch die systematische, historische und teleologische auslegung der einschlägigen normen führt nicht zu einem anderen ergebnis. 38entgegen der ansicht des beklagten folgt nicht aus der systematik des § 36 absatz 4 versausglg, dass die wartezeit des § 34 absatz 1 sgb vi für die aussetzung der kürzung der versorgungsbezüge nach § 35 versausglg erfüllt sein muss. danach hat die ausgleichspflichtige person, sobald sie aus einem im versorgungsausgleich erworbenen anrecht eine leistung im sinne des § 35 absatz 1 beziehen kann, den versorgungsträger, der die kürzung ausgesetzt hat, unverzüglich darüber zu unterrichten. inwieweit hieraus das erfordernis der rentenrechtlichen mindestversicherungszeit abzuleiten ist, erschließt sich dem gericht nicht. absatz 4 stellt ausweislich der gesetzesbegründung lediglich sicher, 39„dass der versorgungsträger die kürzung der versorgung wieder realisieren kann, wenn der grund für die aussetzung der kürzung wegfällt: das ist der fall, wenn die ausgleichspflichtige person leistungen aus einem im versorgungsausgleich erworbenen anrecht erhalten kann, beispielsweise deshalb, weil sie wegen einer veränderung ihres gesundheitszustands jetzt auch die voraussetzungen für den leistungsbezug aus dem erworbenen anrecht erfüllt. darüber muss sie den versorgungsträger daher informieren.“ 40bt-drucksache 16/10144, s. 75. 41der versorgungsträger kann die kürzung der versorgung im vorliegenden fall erst dann realisieren, wenn die rentenrechtlichen voraussetzungen des § 34 absatz 1 sgb vi vorliegen. in diesem zusammenhang vermag das gericht ebenso wenig zu erkennen, dass hierdurch rentenrechtliche voraussetzungen außer kraft gesetzt würden. gemäß § 34 absatz 1 sgb vi haben versicherte und ihre hinterbliebenen anspruch auf rente, wenn die für die jeweilige rente erforderliche mindestversicherungszeit (wartezeit) erfüllt ist und die jeweiligen besonderen versicherungsrechtlichen und persönlichen voraussetzungen – beispielsweise die vollendung eines bestimmten lebensalters – vorliegen. dem kläger steht ein anspruch aus dem zu lasten seiner geschiedenen ehefrau bei der deutschen rentenversicherung bund zu gunsten des klägers übertragenen anrechts erst zu, wenn diese voraussetzungen vorliegen. solange dies aber – wie vorliegend – (noch) nicht der fall ist, hat er gemäß § 35 versausglg gerade einen anspruch auf aussetzung der kürzung seiner versorgung. 42für eine solche auslegung spricht schließlich auch der sinn und zweck des § 35 versausglg. die norm enthält eine regelung für härtefälle, die daraus entstehen können, dass die beiderseitigen anrechte nicht mehr – wie nach dem am 31. august 2009 außer kraft getretenen früheren versorgungsausgleichsrecht – saldiert werden, sondern jedes einzelne anrecht isoliert ausgeglichen wird. wenn die zu teilenden anrechte unterschiedliche leistungsvoraussetzungen haben, kann dieses ausgleichssystem zu unbilligen ergebnissen führen, etwa weil die laufende versorgung eines ehegatten aufgrund des versorgungsausgleichs gekürzt wird, er aber aus den erworbenen anrechten des anderen ehegatten noch keine leistungen beziehen kann. das ist insbesondere der fall, wenn der ausgleichspflichtige ehegatte vor dem erreichen der regelaltersgrenze vorzeitige rentenzahlungen wegen invalidität oder einer besonderen altersgrenze erhält. 43breuers in: herberger/martinek/rüßmann u.a., jurispk-bgb, 7. aufl. 2014, § 35 versausglg, rn. 2. 44wären die in § 50 sgb vi geregelten wartezeiten bereits bei der anwendung des § 35 versausglg zu berücksichtigen, entstünde dem kläger ein nachteil, indem seine versorgung bis zur erfüllung der wartezeit gekürzt würde, ohne dass er seinerseits leistungen aus dem im versorgungsausgleich erworbenen anrecht zu lasten seiner geschiedenen ehefrau beziehen könnte. dies stünde im widerspruch zu dem vorstehend genannten sinn und zweck der regelung. ausweislich der gesetzesbegründung sollen nachteile, die ansonsten beamtinnen und beamten sowie soldatinnen und soldaten, für die besondere altersgrenzen – wie § 44 absatz 2 sg – gelten, ausgeglichen werden: 45„die neue regelung beruht auf einem vorschlag von experten der drv bund und mildert etwaige leistungsrechtliche auswirkungen der strukturreform ab. es geht darum, die ehegatten nach der reform nicht schlechter zu stellen als nach dem bisherigen recht. härten könnten insofern im einzelfall dann auftreten, wenn die ausgleichspflichtige person vor erreichen der altersgrenze invalide wird und beispielsweise aus der gesetzlichen rentenversicherung eine um den ausgleichsbetrag gekürzte erwerbsminderungsrente erhält, nicht jedoch aus einem durch den versorgungsausgleich erworbenen anrecht bei einem anderen versorgungsträger, beispielsweise einer berufsständischen versorgung. das könnte der fall sein, wenn nach der versorgungsordnung des erworbenen anrechts eine leistung für den fall der erwerbsminderung nicht vorgesehen ist oder an besondere voraussetzungen geknüpft ist, die bei der ausgleichspflichtigen person (noch) nicht vorliegen. dann stünde die ausgleichspflichtige person schlechter als nach bislang geltendem recht, denn hiernach würde sich ihre erwerbsminderungsrente nur um den saldo aus den versorgungen beider eheleute reduzieren. 46bt-drucksache 16/10144, s. 74. 47durch die einfügung in § 35 abs. 1 versausglg wird der anwendungsbereich der vorschrift auf die fälle des leistungsbezugs wegen erreichens einer besonderen altersgrenze erweitert. hierdurch werden etwaige leistungsrechtliche auswirkungen der geänderten ausgleichsstruktur in den fällen abgemildert, in denen die ausgleichspflichtige person aufgrund einer besonderen altersgrenze vorzeitig in den ruhestand tritt und ihre eigene versorgung gekürzt wird, sie gleichzeitig aber aus dem im versorgungsausgleich erworbenen anrecht noch keine leistungen erhalten kann, weil sie die in diesem versorgungssystem geltende allgemeine altersgrenze noch nicht erreicht hat. in diesen fällen steht die ausgleichspflichtige person wie in den fällen des § 35 abs. 1 satz 1 versausglg-rege schlechter als nach dem bislang geltenden ausgleichssystem, das auf der saldierung der ehezeitanteile beruhte. deshalb soll auch hier ein nachteilsausgleich gewährt werden. von dieser regelung profitieren vor allem beamtinnen und beamte mit vorgezogenen altersgrenzen sowie soldatinnen und soldaten.“ 48bt-drucksache 16/11903, s. 55. 49die kostenentscheidung folgt aus § 154 absatz 1 vwgo. 50die regelung hinsichtlich der vorläufigen vollstreckbarkeit beruht auf § 167 absatz 2 vwgo i.v.m. § 708 nr. 11, 709 satz 2, 711 zivilprozessordnung (zpo).
Klaeger*in
1
328,699
26 K 2736/18
2020-05-18T00:00:00
Urteil
Tenor Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens, mit Ausnahme außergerichtlicher Kosten der Beigeladenen, die diese selbst trägt. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 v. H. des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 v. H. der jeweils vollstreckbaren Betrages leistet. 1Tatbestand: 2Der am 0.0.0000 geborene Kläger wendet sich gegen die Bestellung der Beigeladenen zur Leiterin des Rechnungsprüfungsamtes bei der Beklagten, die mit einer Ernennung für die Dauer von zwei Jahren in das Beamtenverhältnis auf Probe zur Stadtverwaltungsrätin verbunden gewesen ist, wobei das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit im statusrechtlichen Amt als Stadtamtsrätin fortdauerte. Der Beigeladenen wurde die Leitung des Rechnungsprüfungsamtes bereits im Februar 2017 kommissarisch übertragen, nachdem der vorherige Stelleninhaber aus gesundheitlichen Gründen aus dem Amt geschieden war. 3Der inzwischen zum Regierungsrat beförderte Kläger bewarb sich noch im Amt des Regierungsoberamtsrates (A 12 LBesG NRW) auf die von der Beklagten im Mai 2017 extern ausgeschriebene, mit A 14 LBesG NRW bzw. Entgeltgruppe 14 bewertete Stelle der Leitung des Zentralbereichs „Rechnungsprüfung“. Auf das am 00.0.0000 in den Räumen der Beklagten durchgeführte strukturierte Auswahlgespräch erhielt der Kläger mit Schreiben vom 5. September 2017 per E-Mail die Mitteilung, dass er für das weitere Auswahlverfahren nicht mehr berücksichtigt werde. Noch am selben Tag bat er um eine qualifizierte Begründung für die getroffene Auswahlentscheidung. Zwei Tage später wurde dem Kläger seitens der Beklagten angeboten, weitergehende Fragen an einen konkret benannten Mitarbeiter zu stellen. Nach Aktenlage nahm der Kläger diese Gelegenheit nicht wahr. In einem Vermerk vom 18. September 2017 stellte die Beklagte fest, dass sowohl der Kläger als auch ein weiterer Bewerber nach den Auswahlgesprächen nicht die Mindestpunktzahl erreicht hätten. Alle weiteren Bewerber hätten bereits die Zulassungsvoraussetzungen nicht erfüllt. Sie entschied sich, der Beigeladenen die Möglichkeit einzuräumen, die erforderliche Qualifikation durch das Absolvieren einer modularen Qualifizierung zu erwerben, führte unter dem 0.00.0000 die Beschlussempfehlung des Haupt- und Finanzausschusses herbei, die Beigeladene als Leiterin des Rechnungsprüfungsamtes zu bestellen, der sich der Rechnungsprüfungsausschuss anschloss und der Rat der Beklagten in seiner Sitzung vom 12. Oktober 2017 folgte, in dem er die Beigeladene gemäß § 41 Abs. 1q in Verbindung mit § 104 Abs. 2 GO NRW als Leiterin des Rechnungsprüfungsamtes bestellte und zugleich festlegte, dass während der zweijährigen Probezeit durch Teilnahme an einer beamtenrechtlichen Fortbildung die Voraussetzungen für den höheren Dienst geschaffen werden und die laufbahnrechtlichen Voraussetzungen in dieser Zeit zu erfüllen sind. Die Entscheidung des Rates wurde am 17. Oktober 2017 veröffentlicht. Mit der Bestellung verbunden war am 00.00.0000 die Ernennung der Beigeladenen zur Stadtverwaltungsrätin gemäß § 21 LBG NRW. Dabei erfolgte die Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe für die Dauer von zwei Jahren, während das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit im statusrechtlichen Amt einer Stadtamtsrätin fortdauerte. Die Einweisung in eine Planstelle der Besoldungsgruppe A 14 LBesG NRW erfolgte mit Wirkung vom 0.00.0000. 4Auf die Pressemitteilung vom 00.00.0000 über die Bestellung der Beigeladenen reagierte der Kläger mit Schreiben vom 14. November 2017, welches bei der Beklagten zwei Tage später einging. Darin berief er sich auf den Inhalt des Auswahlgesprächs, wonach ihm mitgeteilt worden sei, dass die Beigeladene für die dauerhafte Besetzung der ausgeschriebenen Stelle nicht über die erforderliche Qualifikation verfüge. Sein darauf gerichtetes Auskunftsersuchen sowie die beantragte Akteneinsicht lehnte die Beklagte vorprozessual ab. 5Der Kläger hat am 21. März 2018 Klage erhoben. 6Zur Begründung trägt er vor, in seinem Bewerbungsverfahrensanspruch verletzt worden zu sein. Der Grundsatz der Ämterstabilität greife nicht, weil die Beklagte ihren Verpflichtungen zur Information unterlegener Bewerber nicht nachgekommen sei. Das an ihn gerichtete Schreiben habe keine Mitteilung über das Ergebnis und die wesentlichen Gründe der Auswahlentscheidung enthalten. Der Zeitpunkt der geplanten Ernennung der Beigeladenen sei daraus ebenfalls nicht ersichtlich gewesen. Der Beklagte sei eine Rechtsschutzvereitelung zu seinem Nachteil vorzuwerfen, weil es ihm nicht möglich gewesen sei, gegen die Ernennung der Beigeladenen im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes vorzugehen. Bei seiner Auswahlentscheidung habe es die Beklagte versäumt, aktuelle dienstliche Beurteilungen der Bewerber anzufordern. Die Gewichtung der Wertungskriterien im strukturierten Auswahlgespräch sei fehlerhaft erfolgt. Ein Abbruch des Auswahlverfahrens sei unzulässig. Schließlich sei die Beigeladene in laufbahnrechtlicher Hinsicht für die Leitungsstelle im Rechnungsprüfungsamt nicht geeignet. 7Der Kläger beantragt, 81.9die Ernennung der Beigeladenen zur Leiterin des Zentralbereichs Rechnungsprüfung aufzuheben, 2.10die Beklagte zu verpflichten, das Auswahlverfahren über die Vergabe des Amtes „Leiter/in des Zentralbereichs Rechnungsprüfung“ fortzusetzen,hilfsweise die Beklagte zu verpflichten, über die Vergabe des Amtes „Leiter/in des Zentralbereichs Rechnungsprüfung“ aufgrund eines erneuten Auswahlverfahrens neu zu bescheiden, 3.11äußerst hilfsweise festzustellen, dass die Ernennung der Beigeladenen zur Leiterin des Zentralbereichs Rechnungsprüfung durch die Beklagte rechtswidrig gewesen ist, 12wobei der Hauptantrag zu 2. sowie der Hilfsantrag zu 3. nachträglich in das Verfahren eingeführt worden sind. 13Die Beklagte beantragt, 14die Klage abzuweisen. 15In ihrer Klageerwiderung vom 18. Mai 2018 stellt sie klar, das Stellenbesetzungsverfahren abgebrochen zu haben, nachdem sich herausgestellt habe, dass die externen Bewerber die Stellenanforderungen nicht erfüllt hätten. Der Grundsatz der Ämterstabilität könne hier nicht durchbrochen werden, weil sich der Kläger mehr als fünf Monate nach Kenntniserlangung von seinem Ausscheiden aus dem Auswahlverfahren Zeit gelassen habe, sich gegen die Ernennung der Beigeladenen gerichtlich zur Wehr zu setzen. Weder die Mitteilung vom Ausscheiden aus dem Auswahlverfahren vom 0.0.0000 noch die Pressemitteilung vom 00.00.0000 hätten den Kläger dazu bewogen, zeitnah gerichtlichen Rechtsschutz in Anspruch zu nehmen. Ergänzend trägt die Beklagte zum Verlauf des strukturierten Auswahlgesprächs vor. Nach dessen Ergebnis fehle dem Kläger die erforderlich fachliche Eignung. 16Im Laufe des Klageverfahrens hat die Beigeladene ihre modulare Qualifizierung (vgl. § 25 LVO NRW) erfolgreich abgeschlossen und ist mit Wirkung vom 00.00.0000 zunächst zur Stadtverwaltungsrätin, später zur Stadtoberverwaltungsrätin ernannt worden. 17Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Streitakte sowie auf die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen. 18Entscheidungsgründe: 19Die Kammer konnte durch den Einzelrichter gem. § 6 Abs. 1 VwGO entscheiden, weil sie ihm den Rechtsstreit zur Entscheidung mit Beschluss vom 1. April 2020 übertragen hat. Ferner haben alle Beteiligten ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt, vgl. § 101 Abs. 2 VwGO. 20Die Klage hat insgesamt keinen Erfolg. 21Soweit sich der Kläger gegen die Ernennungen der Beigeladenen, beginnend mit derjenigen zur Stadtverwaltungsrätin auf Probe (vgl. § 21 LBG NRW), wendet, ist im Wege der Auslegung des Klagebegehrens gemäß § 88 VwGO klarzustellen, dass die im Antrag zu 1. enthaltene Umschreibung „Ernennung … zur Leiterin des Zentralbereichs Rechnungsprüfung“ auf die beamtenrechtlichen Ernennungen gemäß § 8 Abs. 1 Nr. 3 BeamtStG in Verbindung mit § 21 Abs. 1 und 5 LBG NRW und nachfolgend gemäß § 19 LBG NRW herunterzubrechen ist. Mit diesen Ernennungen hat der Beklagte den Ratsbeschluss vom 12. Oktober 2017 umgesetzt. 22Der Zulässigkeit der so bestimmten statthaften Anfechtungsklage gegen die Ernennungen der Beigeladenen steht der Grundsatz der Ämterstabilität entgegen. Sie sind rechtsbeständig, ohne dass es darauf ankäme, ob sie im Einklang mit Art. 33 Abs. 2 GG stehen. Das hier streitbefangene Statusamt ist bereits mit der Ernennung der Beigeladenen zur Stadtverwaltungsrätin im Beamtenverhältnis aus Probe unwiderruflich vergeben worden. Die Rechtsbeständigkeit dieser und auch der nachfolgenden Ernennungen aus Gründen der Ämterstabilität ist im vorliegenden Fall mit dem Grundrecht auf wirkungsvollen gerichtlichen Rechtsschutz nach Art. 19 Abs. 4 GG vereinbar, weil der unterlegene Kläger seinen Bewerbungsverfahrensanspruch vor der ersten Ernennung der Beigeladenen in der grundrechtlich gebotenen Weise hätte gerichtlich geltend machen können. Zur grundrechtlich gebotenen Weise hat das OVG NRW in seinem Urteil vom 17. Juni 2019 – 6 A 1133/17 -, juris ab Rn. 89 wie folgt ausgeführt: 23„… Es muss sichergestellt sein, dass ein unterlegener Bewerber die Auswahlentscheidung des Dienstherrn vor der Ernennung in einem gerichtlichen Verfahren überprüfen lassen kann, das den inhaltlichen Anforderungen des Art. 19Abs. 4 Satz 1 GG genügt. Hierfür hat sich eine Praxis der Verwaltungsgerichte herausgebildet, die den gerichtlichen Rechtsschutz in den Zeitraum zwischen der Auswahlentscheidung und der Ernennung verlagert. Ein unterlegener Bewerber ist zur Durchsetzung seines Bewerbungsverfahrensanspruchs darauf verwiesen, eine einstweilige Anordnung nach § 123 VwGO zu beantragen, durch die dem Dienstherrn die Ernennung des ausgewählten Bewerbers untersagt wird. Erwächst eine einstweilige Anordnung dieses Inhalts in Rechtskraft, so muss der Dienstherr das Auswahlverfahren, wenn er es nicht zulässigerweise abbricht, je nach Inhalt und Reichweite des Verstoßes gegen Art. 33 Abs. 2 GG vollständig oder teilweise wiederholen und auf der Grundlage des wiederholten Verfahrens eine neue Auswahlentscheidung treffen. Der Dienstherr darf den ausgewählten Bewerber erst ernennen, wenn feststeht, dass der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung keinen Erfolg hat. Ein Hauptsacheverfahren findet dann wegen der Rechtsbeständigkeit der Ernennung nicht mehr statt. 24Vgl. BVerwG, Urteil vom 4. November 2010 – 2 C 16.09 -, a. a. O., Rn. 31. 25Hatte ein unterlegener Bewerber Gelegenheit, die Rechtsschutzmöglichkeiten zur gerichtlichen Nachprüfung der Auswahlentscheidung vor der Ernennung auszuschöpfen, so sind seine Ansprüche aus Art. 33 Abs. 2, Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG erfüllt. Dies gilt unabhängig davon, ob den gerichtlichen Entscheidungen materiellrechtliche oder prozessuale Mängel anhaften. Das Grundrecht auf gerichtlichen Rechtsschutz gibt weder einen Anspruch auf eine „richtige“ Entscheidung noch darauf, dass der Bewerbungsverfahrensanspruch zweimal, nämlich vor und nach der Ernennung gerichtlich verfolgt werden kann. Eine Anfechtung der Ernennung ist in diesen Fällen verfassungsrechtlich nicht geboten. Die Wirksamkeit des Rechtsschutzes vor der Ernennung hängt aber davon ab, dass der Dienstherr die gerichtliche Nachprüfung seiner Auswahlentscheidung ermöglicht. Er muss mit der Ernennung des ausgewählten Bewerbers zuwarten, bis die unterlegenen Bewerber ihre Rechtsschutzmöglichkeiten ausgeschöpft haben. Daher ergeben sich aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG, Art. 33 Abs. 2 GG Mitteilungs- und Wartepflichten des Dienstherrn, mit denen Ansprüche der unterlegenen Bewerber korrespondieren: Zunächst muss der Dienstherr die Auswahlentscheidung vor der Ernennung den unterlegenen Bewerbern mitteilen. Danach muss er eine angemessene Zeit zuwarten, damit die Unterlegenen das Verwaltungsgericht anrufen können. In der Praxis der Verwaltungsgerichte hat sich eine Wartezeit von zwei Wochen ab Zugang der Mitteilung über die Ablehnung der Bewerbung als angemessen herausgebildet. Beantragt ein Bewerber rechtzeitig den Erlass einer einstweiligen Anordnung, darf der Dienstherr die Ernennung erst nach Abschluss des gerichtlichen Verfahrens vornehmen. Auch danach bestehen nochmals Wartepflichten. 26Vgl. BVerwG, Urteil vom 4. November 2010 – 2 C 16.09 -, a. a. O., Rn. 33 ff. 27Die aus Art. 19 Abs. 4 i. V. m. Art. 33 Abs. 2 GG abzuleitende Verpflichtung des Dienstherrn, unterlegene Bewerber um ein Beförderungsamt rechtzeitig über das Ergebnis des Auswahlverfahrens zu unterrichten, besteht unabhängig davon, ob der Beamte sich beworben hat oder ob er - wie hier - mangels Ausschreibung von seinem Dienstherrn von Amts wegen bei der Auswahlentscheidung zu berücksichtigen ist. Soweit in der Rechtsprechung in diesem Zusammenhang Begriffe wie „Bewerber“, „Mitbewerber“ oder „Beförderungsbewerber“ verwandt werden, ist dies in einem untechnischen Sinne zu verstehen, wonach auch von Amts wegen zu berücksichtigende Beförderungsaspiranten einbezogen sind. 28Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 18. Dezember 2014 – 1 B 883/14 -, ZBR 2015, 175 -, = juris Rn. 9. 29Bei der Beförderungsauswahl unterlegene Beamte haben demnach stets und unabhängig von der Ausgestaltung des Auswahlverfahrens als Bewerbungsverfahren oder sonstiges Verfahren der Vergabe von Beförderungsplanstellen einen Anspruch auf eine verbindliche Information durch den Dienstherrn über das Ergebnis der Beförderungsauswahl. 30Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 18. Dezember 2014 – 1 B 883/14 -, a. a. O., Rn. 11 mit weiteren Nachweisen. 31…“ 32Diesen Vorgaben ist die Beklagte in vollem Umfang nachgekommen. Sie hat den Kläger am 0.0.0000 über sein Ausscheiden aus dem Bewerberfeld informiert. Das auf Nachfrage des Klägers gemachte Angebot der Beklagten, seine Fragen durch einen Mitarbeiter beantworten zu lassen, hat der Kläger nicht genutzt. Vielmehr ist er untätig geblieben, obwohl ihm aufgrund der Mitteilung vom 0.0.0000 vom Standpunkt eines verständigen Betrachters klar sein musste, dass eine Vergabe des begehrten Statusamtes an einen Konkurrenten nunmehr unmittelbar oder zumindest in absehbarer Zeit bevorsteht. Selbst als er von der Bestellung der Beigeladenen zur Leiterin des Rechnungsprüfungsamtes des Rechnungsprüfungsamtes durch den Rat der Beklagten am 00.00.0000 erfahren hat, ist er wiederum knapp einen Monat untätig geblieben, um sich dann ausschließlich an die Beklage zu wenden. Im Zeitpunkt der Klageerhebung hat der Kläger seinen Anspruch auf gerichtliche Nachprüfung verwirkt, weil er bis zur Ernennung der Beigeladenen am 00.00.0000 über zwei Monate hat verstreichen lassen, ohne sich in der gebotenen Weise an das zuständige Gericht zu wenden, um deren objektiv erkennbar anstehende Ernennung im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes zu verhindern. Das gilt auch unter der Prämisse, dass es ihm bis zur Pressemitteilung nicht bewusst gewesen ist, dass die Beigeladene das streitbefangene Statusamt erhalten solle. Spätestens ab diesem Zeitpunkt drängt es sich geradezu auf, zum Schutz des eigenen Bewerbungsverfahrensanspruchs um Eilrechtsschutz nachzusuchen. Das hat der Kläger aus nicht nachvollziehbaren Gründen versäumt. Umgekehrt liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Beklagte zu Lasten des Klägers verhindert hat, dass dieser seine ihm zur Verfügung stehenden Rechtsschutzmöglichkeiten ausschöpft. 33Ungeachtet der Frage, ob insoweit überhaupt eine zulässige Klageänderung gemäß § 91 VwGO vorliegt, kann der Kläger von der Beklagte auch nicht verlangen, das abgebrochene Auswahlverfahren über die Vergabe des Amtes „Leiter/in des Zentralbereichs Rechnungsprüfung“ fortzusetzen (Hauptantrag zu 2.). Effektiver Rechtsschutz kann insoweit nur im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes gewährt werden; die Fortführung des begonnenen Auswahlverfahrens kann dagegen durch eine Hauptsacheklage nicht erreicht werden. 34BVerwG, Beschluss vom 10. Mai 2016 – 2 VR 2.15 – juris Rn. 12 35Es besteht eine Obliegenheit zur zeitnahen Rechtsverfolgung binnen einer Frist von einem Monat nach Zugang der Abbruchmitteilung. 36BVerwG, Beschluss vom 10. Mai 2016 – 2 VR 2.15 –, a.a.O., Rn. 13. 37Dabei setzt die Mitteilung vom Abbruch die Monatsfrist für das Eilverfahren unabhängig davon in Gang, ob sie Abbruchgründe enthält. 38VG Berlin, Beschluss vom 24. Januar 2019 – 5 L 235/18 -, juris Rnrn. 9 und 11. 39Aus den vorstehenden Gründen ergibt sich zwangsläufig, dass der Hilfsantrag zu 2., gerichtet auf eine Neubescheidung der Bewerbung des Klägers, ohne Erfolg bleiben muss. Denn aufgrund der rechtsbeständigen Ernennungen der Beigeladenen gibt es kein Auswahlverfahren mehr, das fortgesetzt werden könnte, und in dessen Verlauf eine Neubescheidung des Klägers möglich wäre. 40Schließlich scheitert der Kläger mit seinem hilfsweise geltend gemachten Fortsetzungsfeststellungsbegehren, § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO analog. Dafür fehlt das erforderliche Rechtsschutz- bzw. Feststellungsinteresse. Mit dieser prozessualen Umstellung des Antrages zu 1. kann der Kläger nicht durchdringen, weil sich der Streitgegenstand der Drittanfechtung einer Ernennung der Beigeladenen zur Stadtverwaltungsrätin unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe bereits vor Klageerhebung erledigt und der Kläger es vor Klageerhebung unterlassen hat, die ihm objektiv zur Verfügung stehenden vorgelagerten Rechtschutzmöglichkeiten in der gebotenen Weise zu nutzen. Die Feststellung, dass die Ernennungen der Beigeladenen rechtswidrig gewesen sind, ist für den Kläger unter diesen Umständen mit keinem Vorteil rechtlicher oder ideeller Art verbunden. Es wurde bereits festgestellt, dass ein durch Art. 33 Abs. 2 GG geschützter Bewerbungsverfahrensanspruch des Klägers nicht mehr besteht und er die grundrechtlich geschützte und auch tatsächlich vorhandene Position des effektiven Rechtsschutzes gemäß Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG in der Gestalt des vorgelagerten Eilrechtsschutzes nicht wahrgenommen hat. Als weitere Konsequenz sind auch ein Schadenersatzanspruch sowie ein Rehabilitationsinteresse zugunsten des Klägers ausgeschlossen. 41Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 und § 162 Abs. 3 VwGO. Zugunsten der Beigeladenen kommt eine Erstattung etwaiger außergerichtlicher Kosten aus Gründen der Billigkeit nicht in Betracht, weil sie sich nicht durch Stellung eines eigenen Antrages am Kostenrisiko beteiligt hat (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO). 42Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 11, § 711 ZPO. 43Rechtsmittelbelehrung: 44Gegen dieses Urteil kann innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) schriftlich die Zulassung der Berufung beantragt werden. Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. 45Der Antrag kann auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) eingereicht werden. 46Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. 47Die Berufung ist nur zuzulassen, 481. wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, 492. wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, 503. wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, 514. wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder 525. wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann. 53Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster oder Postfach 6309, 48033 Münster) schriftlich oder als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der ERVV einzureichen. 54Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen. 55Im Berufungs- und Berufungszulassungsverfahren müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die das Verfahren eingeleitet wird. Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Auf die zusätzlichen Vertretungsmöglichkeiten für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und § 5 Nr. 6 des Einführungsgesetzes zum Rechtsdienstleistungsgesetz – RDGEG –). Darüber hinaus sind die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen unter den dort genannten Voraussetzungen als Bevollmächtigte zugelassen. 56Die Antragsschrift und die Zulassungsbegründungsschrift sollen möglichst zweifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften. 57Beschluss: 58Der Streitwert wird auf die Wertstufe bis 50.000 Euro festgesetzt. 59Gründe: 60Die Festsetzung des Streitwertes ist nach § 52 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 6 GKG erfolgt. Berücksichtigt wird in erster Linie die Drittanfechtung der Ernennungen zugunsten der Beigeladenen, wobei der Schwerpunkt auf der ersten Ernennung im Beamtenverhältnis auf Probe liegt (vgl. Abs. 6 Satz 4 in Verbindung mit Satz 1 Nr. 2) und der Fortsetzungsfestellungsantrag keinen eigenen Streitwert auslöst. Hinzu kommen das Begehren, das abgebrochene Auswahlverfahren fortzuführen, sowie der Anspruch auf Neubescheidung der Bewerbung des Klägers. Diese beiden Rechtsschutzziele werden streitwertmäßig zusammengefasst, weil sie in weiten Teilen Überschneidungen aufweisen (vgl. Abs. 6 Satz 4 in Verbindung mit Satz 1 Nr. 1). 61Rechtsmittelbelehrung: 62Gegen den Streitwertbeschluss kann schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) Beschwerde eingelegt werden, über die das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster entscheidet, falls ihr nicht abgeholfen wird. 63Die Beschwerde kann auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) oder zu Protokoll der Geschäftsstelle eingelegt werden; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. 64Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von sechs Monaten eingelegt wird, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. 65Die Beschwerde ist nicht gegeben, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,-- Euro nicht übersteigt. 66Die Beschwerdeschrift soll möglichst zweifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften. 67War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist angerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.
die klage wird abgewiesen. der kläger trägt die kosten des verfahrens, mit ausnahme außergerichtlicher kosten der beigeladenen, die diese selbst trägt. das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. der kläger darf die vollstreckung durch sicherheitsleistung oder hinterlegung in höhe von 110 v. h. des aufgrund des urteils vollstreckbaren betrages abwenden, wenn nicht die beklagte vor der vollstreckung sicherheit in höhe von 110 v. h. der jeweils vollstreckbaren betrages leistet. 1
2der am 0.0.0000 geborene kläger wendet sich gegen die bestellung der beigeladenen zur leiterin des rechnungsprüfungsamtes bei der beklagten, die mit einer ernennung für die dauer von zwei jahren in das beamtenverhältnis auf probe zur stadtverwaltungsrätin verbunden gewesen ist, wobei das beamtenverhältnis auf lebenszeit im statusrechtlichen amt als stadtamtsrätin fortdauerte. der beigeladenen wurde die leitung des rechnungsprüfungsamtes bereits im februar 2017 kommissarisch übertragen, nachdem der vorherige stelleninhaber aus gesundheitlichen gründen aus dem amt geschieden war. 3der inzwischen zum regierungsrat beförderte kläger bewarb sich noch im amt des regierungsoberamtsrates (a 12 lbesg nrw) auf die von der beklagten im mai 2017 extern ausgeschriebene, mit a 14 lbesg nrw bzw. entgeltgruppe 14 bewertete stelle der leitung des zentralbereichs „rechnungsprüfung“. auf das am 00.0.0000 in den räumen der beklagten durchgeführte strukturierte auswahlgespräch erhielt der kläger mit schreiben vom 5. september 2017 per e-mail die mitteilung, dass er für das weitere auswahlverfahren nicht mehr berücksichtigt werde. noch am selben tag bat er um eine qualifizierte begründung für die getroffene auswahlentscheidung. zwei tage später wurde dem kläger seitens der beklagten angeboten, weitergehende fragen an einen konkret benannten mitarbeiter zu stellen. nach aktenlage nahm der kläger diese gelegenheit nicht wahr. in einem vermerk vom 18. september 2017 stellte die beklagte fest, dass sowohl der kläger als auch ein weiterer bewerber nach den auswahlgesprächen nicht die mindestpunktzahl erreicht hätten. alle weiteren bewerber hätten bereits die zulassungsvoraussetzungen nicht erfüllt. sie entschied sich, der beigeladenen die möglichkeit einzuräumen, die erforderliche qualifikation durch das absolvieren einer modularen qualifizierung zu erwerben, führte unter dem 0.00.0000 die beschlussempfehlung des haupt- und finanzausschusses herbei, die beigeladene als leiterin des rechnungsprüfungsamtes zu bestellen, der sich der rechnungsprüfungsausschuss anschloss und der rat der beklagten in seiner sitzung vom 12. oktober 2017 folgte, in dem er die beigeladene gemäß § 41 abs. 1q in verbindung mit § 104 abs. 2 go nrw als leiterin des rechnungsprüfungsamtes bestellte und zugleich festlegte, dass während der zweijährigen probezeit durch teilnahme an einer beamtenrechtlichen fortbildung die voraussetzungen für den höheren dienst geschaffen werden und die laufbahnrechtlichen voraussetzungen in dieser zeit zu erfüllen sind. die entscheidung des rates wurde am 17. oktober 2017 veröffentlicht. mit der bestellung verbunden war am 00.00.0000 die ernennung der beigeladenen zur stadtverwaltungsrätin gemäß § 21 lbg nrw. dabei erfolgte die berufung in das beamtenverhältnis auf probe für die dauer von zwei jahren, während das beamtenverhältnis auf lebenszeit im statusrechtlichen amt einer stadtamtsrätin fortdauerte. die einweisung in eine planstelle der besoldungsgruppe a 14 lbesg nrw erfolgte mit wirkung vom 0.00.0000. 4auf die pressemitteilung vom 00.00.0000 über die bestellung der beigeladenen reagierte der kläger mit schreiben vom 14. november 2017, welches bei der beklagten zwei tage später einging. darin berief er sich auf den inhalt des auswahlgesprächs, wonach ihm mitgeteilt worden sei, dass die beigeladene für die dauerhafte besetzung der ausgeschriebenen stelle nicht über die erforderliche qualifikation verfüge. sein darauf gerichtetes auskunftsersuchen sowie die beantragte akteneinsicht lehnte die beklagte vorprozessual ab. 5der kläger hat am 21. märz 2018 klage erhoben. 6zur begründung trägt er vor, in seinem bewerbungsverfahrensanspruch verletzt worden zu sein. der grundsatz der ämterstabilität greife nicht, weil die beklagte ihren verpflichtungen zur information unterlegener bewerber nicht nachgekommen sei. das an ihn gerichtete schreiben habe keine mitteilung über das ergebnis und die wesentlichen gründe der auswahlentscheidung enthalten. der zeitpunkt der geplanten ernennung der beigeladenen sei daraus ebenfalls nicht ersichtlich gewesen. der beklagte sei eine rechtsschutzvereitelung zu seinem nachteil vorzuwerfen, weil es ihm nicht möglich gewesen sei, gegen die ernennung der beigeladenen im wege des vorläufigen rechtsschutzes vorzugehen. bei seiner auswahlentscheidung habe es die beklagte versäumt, aktuelle dienstliche beurteilungen der bewerber anzufordern. die gewichtung der wertungskriterien im strukturierten auswahlgespräch sei fehlerhaft erfolgt. ein abbruch des auswahlverfahrens sei unzulässig. schließlich sei die beigeladene in laufbahnrechtlicher hinsicht für die leitungsstelle im rechnungsprüfungsamt nicht geeignet. 7der kläger beantragt, 81.9die ernennung der beigeladenen zur leiterin des zentralbereichs rechnungsprüfung aufzuheben, 2.10die beklagte zu verpflichten, das auswahlverfahren über die vergabe des amtes „leiter/in des zentralbereichs rechnungsprüfung“ fortzusetzen,hilfsweise die beklagte zu verpflichten, über die vergabe des amtes „leiter/in des zentralbereichs rechnungsprüfung“ aufgrund eines erneuten auswahlverfahrens neu zu bescheiden, 3.11äußerst hilfsweise festzustellen, dass die ernennung der beigeladenen zur leiterin des zentralbereichs rechnungsprüfung durch die beklagte rechtswidrig gewesen ist, 12wobei der hauptantrag zu 2. sowie der hilfsantrag zu 3. nachträglich in das verfahren eingeführt worden sind. 13die beklagte beantragt, 14die klage abzuweisen. 15in ihrer klageerwiderung vom 18. mai 2018 stellt sie klar, das stellenbesetzungsverfahren abgebrochen zu haben, nachdem sich herausgestellt habe, dass die externen bewerber die stellenanforderungen nicht erfüllt hätten. der grundsatz der ämterstabilität könne hier nicht durchbrochen werden, weil sich der kläger mehr als fünf monate nach kenntniserlangung von seinem ausscheiden aus dem auswahlverfahren zeit gelassen habe, sich gegen die ernennung der beigeladenen gerichtlich zur wehr zu setzen. weder die mitteilung vom ausscheiden aus dem auswahlverfahren vom 0.0.0000 noch die pressemitteilung vom 00.00.0000 hätten den kläger dazu bewogen, zeitnah gerichtlichen rechtsschutz in anspruch zu nehmen. ergänzend trägt die beklagte zum verlauf des strukturierten auswahlgesprächs vor. nach dessen ergebnis fehle dem kläger die erforderlich fachliche eignung. 16im laufe des klageverfahrens hat die beigeladene ihre modulare qualifizierung (vgl. § 25 lvo nrw) erfolgreich abgeschlossen und ist mit wirkung vom 00.00.0000 zunächst zur stadtverwaltungsrätin, später zur stadtoberverwaltungsrätin ernannt worden. 17wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstands wird auf den inhalt der streitakte sowie auf die beigezogenen verwaltungsvorgänge des beklagten bezug genommen. 18
19die kammer konnte durch den einzelrichter gem. § 6 abs. 1 vwgo entscheiden, weil sie ihm den rechtsstreit zur entscheidung mit beschluss vom 1. april 2020 übertragen hat. ferner haben alle beteiligten ihr einverständnis mit einer entscheidung ohne mündliche verhandlung erklärt, vgl. § 101 abs. 2 vwgo. 20die klage hat insgesamt keinen erfolg. 21soweit sich der kläger gegen die ernennungen der beigeladenen, beginnend mit derjenigen zur stadtverwaltungsrätin auf probe (vgl. § 21 lbg nrw), wendet, ist im wege der auslegung des klagebegehrens gemäß § 88 vwgo klarzustellen, dass die im antrag zu 1. enthaltene umschreibung „ernennung … zur leiterin des zentralbereichs rechnungsprüfung“ auf die beamtenrechtlichen ernennungen gemäß § 8 abs. 1 nr. 3 beamtstg in verbindung mit § 21 abs. 1 und 5 lbg nrw und nachfolgend gemäß § 19 lbg nrw herunterzubrechen ist. mit diesen ernennungen hat der beklagte den ratsbeschluss vom 12. oktober 2017 umgesetzt. 22der zulässigkeit der so bestimmten statthaften anfechtungsklage gegen die ernennungen der beigeladenen steht der grundsatz der ämterstabilität entgegen. sie sind rechtsbeständig, ohne dass es darauf ankäme, ob sie im einklang mit art. 33 abs. 2 gg stehen. das hier streitbefangene statusamt ist bereits mit der ernennung der beigeladenen zur stadtverwaltungsrätin im beamtenverhältnis aus probe unwiderruflich vergeben worden. die rechtsbeständigkeit dieser und auch der nachfolgenden ernennungen aus gründen der ämterstabilität ist im vorliegenden fall mit dem grundrecht auf wirkungsvollen gerichtlichen rechtsschutz nach art. 19 abs. 4 gg vereinbar, weil der unterlegene kläger seinen bewerbungsverfahrensanspruch vor der ersten ernennung der beigeladenen in der grundrechtlich gebotenen weise hätte gerichtlich geltend machen können. zur grundrechtlich gebotenen weise hat das ovg nrw in seinem urteil vom 17. juni 2019 – 6 a 1133/17 -, juris ab rn. 89 wie folgt ausgeführt: 23„… es muss sichergestellt sein, dass ein unterlegener bewerber die auswahlentscheidung des dienstherrn vor der ernennung in einem gerichtlichen verfahren überprüfen lassen kann, das den inhaltlichen anforderungen des art. 19abs. 4 satz 1 gg genügt. hierfür hat sich eine praxis der verwaltungsgerichte herausgebildet, die den gerichtlichen rechtsschutz in den zeitraum zwischen der auswahlentscheidung und der ernennung verlagert. ein unterlegener bewerber ist zur durchsetzung seines bewerbungsverfahrensanspruchs darauf verwiesen, eine einstweilige anordnung nach § 123 vwgo zu beantragen, durch die dem dienstherrn die ernennung des ausgewählten bewerbers untersagt wird. erwächst eine einstweilige anordnung dieses inhalts in rechtskraft, so muss der dienstherr das auswahlverfahren, wenn er es nicht zulässigerweise abbricht, je nach inhalt und reichweite des verstoßes gegen art. 33 abs. 2 gg vollständig oder teilweise wiederholen und auf der grundlage des wiederholten verfahrens eine neue auswahlentscheidung treffen. der dienstherr darf den ausgewählten bewerber erst ernennen, wenn feststeht, dass der antrag auf erlass einer einstweiligen anordnung keinen erfolg hat. ein hauptsacheverfahren findet dann wegen der rechtsbeständigkeit der ernennung nicht mehr statt. 24vgl. bverwg, urteil vom 4. november 2010 – 2 c 16.09 -, a. a. o., rn. 31. 25hatte ein unterlegener bewerber gelegenheit, die rechtsschutzmöglichkeiten zur gerichtlichen nachprüfung der auswahlentscheidung vor der ernennung auszuschöpfen, so sind seine ansprüche aus art. 33 abs. 2, art. 19 abs. 4 satz 1 gg erfüllt. dies gilt unabhängig davon, ob den gerichtlichen entscheidungen materiellrechtliche oder prozessuale mängel anhaften. das grundrecht auf gerichtlichen rechtsschutz gibt weder einen anspruch auf eine „richtige“ entscheidung noch darauf, dass der bewerbungsverfahrensanspruch zweimal, nämlich vor und nach der ernennung gerichtlich verfolgt werden kann. eine anfechtung der ernennung ist in diesen fällen verfassungsrechtlich nicht geboten. die wirksamkeit des rechtsschutzes vor der ernennung hängt aber davon ab, dass der dienstherr die gerichtliche nachprüfung seiner auswahlentscheidung ermöglicht. er muss mit der ernennung des ausgewählten bewerbers zuwarten, bis die unterlegenen bewerber ihre rechtsschutzmöglichkeiten ausgeschöpft haben. daher ergeben sich aus art. 19 abs. 4 satz 1 gg, art. 33 abs. 2 gg mitteilungs- und wartepflichten des dienstherrn, mit denen ansprüche der unterlegenen bewerber korrespondieren: zunächst muss der dienstherr die auswahlentscheidung vor der ernennung den unterlegenen bewerbern mitteilen. danach muss er eine angemessene zeit zuwarten, damit die unterlegenen das verwaltungsgericht anrufen können. in der praxis der verwaltungsgerichte hat sich eine wartezeit von zwei wochen ab zugang der mitteilung über die ablehnung der bewerbung als angemessen herausgebildet. beantragt ein bewerber rechtzeitig den erlass einer einstweiligen anordnung, darf der dienstherr die ernennung erst nach abschluss des gerichtlichen verfahrens vornehmen. auch danach bestehen nochmals wartepflichten. 26vgl. bverwg, urteil vom 4. november 2010 – 2 c 16.09 -, a. a. o., rn. 33 ff. 27die aus art. 19 abs. 4 i. v. m. art. 33 abs. 2 gg abzuleitende verpflichtung des dienstherrn, unterlegene bewerber um ein beförderungsamt rechtzeitig über das ergebnis des auswahlverfahrens zu unterrichten, besteht unabhängig davon, ob der beamte sich beworben hat oder ob er - wie hier - mangels ausschreibung von seinem dienstherrn von amts wegen bei der auswahlentscheidung zu berücksichtigen ist. soweit in der rechtsprechung in diesem zusammenhang begriffe wie „bewerber“, „mitbewerber“ oder „beförderungsbewerber“ verwandt werden, ist dies in einem untechnischen sinne zu verstehen, wonach auch von amts wegen zu berücksichtigende beförderungsaspiranten einbezogen sind. 28vgl. ovg nrw, beschluss vom 18. dezember 2014 – 1 b 883/14 -, zbr 2015, 175 -, = juris rn. 9. 29bei der beförderungsauswahl unterlegene beamte haben demnach stets und unabhängig von der ausgestaltung des auswahlverfahrens als bewerbungsverfahren oder sonstiges verfahren der vergabe von beförderungsplanstellen einen anspruch auf eine verbindliche information durch den dienstherrn über das ergebnis der beförderungsauswahl. 30vgl. ovg nrw, beschluss vom 18. dezember 2014 – 1 b 883/14 -, a. a. o., rn. 11 mit weiteren nachweisen. 31…“ 32diesen vorgaben ist die beklagte in vollem umfang nachgekommen. sie hat den kläger am 0.0.0000 über sein ausscheiden aus dem bewerberfeld informiert. das auf nachfrage des klägers gemachte angebot der beklagten, seine fragen durch einen mitarbeiter beantworten zu lassen, hat der kläger nicht genutzt. vielmehr ist er untätig geblieben, obwohl ihm aufgrund der mitteilung vom 0.0.0000 vom standpunkt eines verständigen betrachters klar sein musste, dass eine vergabe des begehrten statusamtes an einen konkurrenten nunmehr unmittelbar oder zumindest in absehbarer zeit bevorsteht. selbst als er von der bestellung der beigeladenen zur leiterin des rechnungsprüfungsamtes des rechnungsprüfungsamtes durch den rat der beklagten am 00.00.0000 erfahren hat, ist er wiederum knapp einen monat untätig geblieben, um sich dann ausschließlich an die beklage zu wenden. im zeitpunkt der klageerhebung hat der kläger seinen anspruch auf gerichtliche nachprüfung verwirkt, weil er bis zur ernennung der beigeladenen am 00.00.0000 über zwei monate hat verstreichen lassen, ohne sich in der gebotenen weise an das zuständige gericht zu wenden, um deren objektiv erkennbar anstehende ernennung im wege des vorläufigen rechtsschutzes zu verhindern. das gilt auch unter der prämisse, dass es ihm bis zur pressemitteilung nicht bewusst gewesen ist, dass die beigeladene das streitbefangene statusamt erhalten solle. spätestens ab diesem zeitpunkt drängt es sich geradezu auf, zum schutz des eigenen bewerbungsverfahrensanspruchs um eilrechtsschutz nachzusuchen. das hat der kläger aus nicht nachvollziehbaren gründen versäumt. umgekehrt liegen keine anhaltspunkte dafür vor, dass die beklagte zu lasten des klägers verhindert hat, dass dieser seine ihm zur verfügung stehenden rechtsschutzmöglichkeiten ausschöpft. 33ungeachtet der frage, ob insoweit überhaupt eine zulässige klageänderung gemäß § 91 vwgo vorliegt, kann der kläger von der beklagte auch nicht verlangen, das abgebrochene auswahlverfahren über die vergabe des amtes „leiter/in des zentralbereichs rechnungsprüfung“ fortzusetzen (hauptantrag zu 2.). effektiver rechtsschutz kann insoweit nur im wege des einstweiligen rechtsschutzes gewährt werden; die fortführung des begonnenen auswahlverfahrens kann dagegen durch eine hauptsacheklage nicht erreicht werden. 34bverwg, beschluss vom 10. mai 2016 – 2 vr 2.15 – juris rn. 12 35es besteht eine obliegenheit zur zeitnahen rechtsverfolgung binnen einer frist von einem monat nach zugang der abbruchmitteilung. 36bverwg, beschluss vom 10. mai 2016 – 2 vr 2.15 –, a.a.o., rn. 13. 37dabei setzt die mitteilung vom abbruch die monatsfrist für das eilverfahren unabhängig davon in gang, ob sie abbruchgründe enthält. 38vg berlin, beschluss vom 24. januar 2019 – 5 l 235/18 -, juris rnrn. 9 und 11. 39aus den vorstehenden gründen ergibt sich zwangsläufig, dass der hilfsantrag zu 2., gerichtet auf eine neubescheidung der bewerbung des klägers, ohne erfolg bleiben muss. denn aufgrund der rechtsbeständigen ernennungen der beigeladenen gibt es kein auswahlverfahren mehr, das fortgesetzt werden könnte, und in dessen verlauf eine neubescheidung des klägers möglich wäre. 40schließlich scheitert der kläger mit seinem hilfsweise geltend gemachten fortsetzungsfeststellungsbegehren, § 113 abs. 1 satz 4 vwgo analog. dafür fehlt das erforderliche rechtsschutz- bzw. feststellungsinteresse. mit dieser prozessualen umstellung des antrages zu 1. kann der kläger nicht durchdringen, weil sich der streitgegenstand der drittanfechtung einer ernennung der beigeladenen zur stadtverwaltungsrätin unter berufung in das beamtenverhältnis auf probe bereits vor klageerhebung erledigt und der kläger es vor klageerhebung unterlassen hat, die ihm objektiv zur verfügung stehenden vorgelagerten rechtschutzmöglichkeiten in der gebotenen weise zu nutzen. die feststellung, dass die ernennungen der beigeladenen rechtswidrig gewesen sind, ist für den kläger unter diesen umständen mit keinem vorteil rechtlicher oder ideeller art verbunden. es wurde bereits festgestellt, dass ein durch art. 33 abs. 2 gg geschützter bewerbungsverfahrensanspruch des klägers nicht mehr besteht und er die grundrechtlich geschützte und auch tatsächlich vorhandene position des effektiven rechtsschutzes gemäß art. 19 abs. 4 satz 1 gg in der gestalt des vorgelagerten eilrechtsschutzes nicht wahrgenommen hat. als weitere konsequenz sind auch ein schadenersatzanspruch sowie ein rehabilitationsinteresse zugunsten des klägers ausgeschlossen. 41die kostenentscheidung beruht auf § 154 abs. 1 und § 162 abs. 3 vwgo. zugunsten der beigeladenen kommt eine erstattung etwaiger außergerichtlicher kosten aus gründen der billigkeit nicht in betracht, weil sie sich nicht durch stellung eines eigenen antrages am kostenrisiko beteiligt hat (vgl. § 154 abs. 3 vwgo). 42die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit folgt aus § 167 vwgo in verbindung mit § 708 nr. 11, § 711 zpo. 43rechtsmittelbelehrung: 44gegen dieses urteil kann innerhalb eines monats nach zustellung des vollständigen urteils bei dem verwaltungsgericht düsseldorf (bastionstraße 39, 40213 düsseldorf oder postfach 20 08 60, 40105 düsseldorf) schriftlich die zulassung der berufung beantragt werden. der antrag muss das angefochtene urteil bezeichnen. 45der antrag kann auch als elektronisches dokument nach maßgabe des § 55a vwgo und der verordnung über die technischen rahmenbedingungen des elektronischen rechtsverkehrs und über das besondere elektronische behördenpostfach (elektronischer rechtsverkehr-verordnung – ervv) eingereicht werden. 46innerhalb von zwei monaten nach zustellung des vollständigen urteils sind die gründe darzulegen, aus denen die berufung zuzulassen ist. 47die berufung ist nur zuzulassen, 481. wenn ernstliche zweifel an der richtigkeit des urteils bestehen, 492. wenn die rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche schwierigkeiten aufweist, 503. wenn die rechtssache grundsätzliche bedeutung hat, 514. wenn das urteil von einer entscheidung des oberverwaltungsgerichts für das land nordrhein-westfalen, des bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen senats der obersten gerichtshöfe des bundes oder des bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser abweichung beruht oder 525. wenn ein der beurteilung des berufungsgerichts unterliegender verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die entscheidung beruhen kann. 53die begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem antrag vorgelegt worden ist, bei dem oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen (aegidiikirchplatz 5, 48143 münster oder postfach 6309, 48033 münster) schriftlich oder als elektronisches dokument nach maßgabe des § 55a vwgo und der ervv einzureichen. 54über den antrag entscheidet das oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen. 55im berufungs- und berufungszulassungsverfahren müssen sich die beteiligten durch prozessbevollmächtigte vertreten lassen. dies gilt auch für prozesshandlungen, durch die das verfahren eingeleitet wird. die beteiligten können sich durch einen rechtsanwalt oder einen rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten hochschule eines mitgliedstaates der europäischen union, eines anderen vertragsstaates des abkommens über den europäischen wirtschaftsraum oder der schweiz, der die befähigung zum richteramt besitzt, als bevollmächtigten vertreten lassen. auf die zusätzlichen vertretungsmöglichkeiten für behörden und juristische personen des öffentlichen rechts einschließlich der von ihnen zur erfüllung ihrer öffentlichen aufgaben gebildeten zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 abs. 4 satz 4 vwgo und § 5 nr. 6 des einführungsgesetzes zum rechtsdienstleistungsgesetz – rdgeg –). darüber hinaus sind die in § 67 abs. 2 satz 2 nr. 3 bis 7 vwgo bezeichneten personen und organisationen unter den dort genannten voraussetzungen als bevollmächtigte zugelassen. 56die antragsschrift und die zulassungsbegründungsschrift sollen möglichst zweifach eingereicht werden. im fall der einreichung als elektronisches dokument bedarf es keiner abschriften. 57beschluss: 58der streitwert wird auf die wertstufe bis 50.000 euro festgesetzt. 59gründe: 60die festsetzung des streitwertes ist nach § 52 abs. 1 in verbindung mit abs. 6 gkg erfolgt. berücksichtigt wird in erster linie die drittanfechtung der ernennungen zugunsten der beigeladenen, wobei der schwerpunkt auf der ersten ernennung im beamtenverhältnis auf probe liegt (vgl. abs. 6 satz 4 in verbindung mit satz 1 nr. 2) und der fortsetzungsfestellungsantrag keinen eigenen streitwert auslöst. hinzu kommen das begehren, das abgebrochene auswahlverfahren fortzuführen, sowie der anspruch auf neubescheidung der bewerbung des klägers. diese beiden rechtsschutzziele werden streitwertmäßig zusammengefasst, weil sie in weiten teilen überschneidungen aufweisen (vgl. abs. 6 satz 4 in verbindung mit satz 1 nr. 1). 61rechtsmittelbelehrung: 62gegen den streitwertbeschluss kann schriftlich oder zur niederschrift des urkundsbeamten der geschäftsstelle bei dem verwaltungsgericht düsseldorf (bastionstraße 39, 40213 düsseldorf oder postfach 20 08 60, 40105 düsseldorf) beschwerde eingelegt werden, über die das oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen in münster entscheidet, falls ihr nicht abgeholfen wird. 63die beschwerde kann auch als elektronisches dokument nach maßgabe des § 55a vwgo und der verordnung über die technischen rahmenbedingungen des elektronischen rechtsverkehrs und über das besondere elektronische behördenpostfach (elektronischer rechtsverkehr-verordnung – ervv) oder zu protokoll der geschäftsstelle eingelegt werden; § 129a der zivilprozessordnung gilt entsprechend. 64die beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von sechs monaten eingelegt wird, nachdem die entscheidung in der hauptsache rechtskraft erlangt oder das verfahren sich anderweitig erledigt hat; ist der streitwert später als einen monat vor ablauf dieser frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines monats nach zustellung oder formloser mitteilung des festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. 65die beschwerde ist nicht gegeben, wenn der wert des beschwerdegegenstandes 200,-- euro nicht übersteigt. 66die beschwerdeschrift soll möglichst zweifach eingereicht werden. im fall der einreichung als elektronisches dokument bedarf es keiner abschriften. 67war der beschwerdeführer ohne sein verschulden verhindert, die frist einzuhalten, ist ihm auf antrag von dem gericht, das über die beschwerde zu entscheiden hat, wiedereinsetzung in den vorigen stand zu gewähren, wenn er die beschwerde binnen zwei wochen nach der beseitigung des hindernisses einlegt und die tatsachen, welche die wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. nach ablauf eines jahres, von dem ende der versäumten frist angerechnet, kann die wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.
Verklagte*r
0
179,712
14 K 6859/13
2014-04-17T00:00:00
Gerichtsbescheid
Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger. Der Gerichtsbescheid ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Gerichtsbescheids beizutreibenden Betrages abwenden, soweit nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. 1Tatbestand: 2Der Kläger wendet sich gegen die Zahlung von Verwaltungsgebühren nach einer durchgeführten Sicherstellung seines Kraftfahrzeuges. 3Der Kläger war Halter des Kraftfahrzeuges T. B. mit dem amtlichen Kennzeichen XXX-X 0000. Dieses Fahrzeug wurde am 07.02.2013 im Bereich C.----straße /Am H. (Parkplatz der M. schule) in H1. vorgefunden. Die Seitenscheiben der vorderen Fahrzeugtüren waren heruntergelassen. Im Fahrzeuginneren befanden sich verschiedene Dokumente (u.a. Sparverträge und Mobilfunkverträge). Da ein Verschließen der Seitenscheiben nicht möglich war, wurde das Fahrzeug auf Veranlassung von Polizeibeamten des Beklagten durch ein Abschleppunternehmen zum Zwecke der Eigentumssicherung sichergestellt. Der Kläger holte das Fahrzeug am 08.02.2013 bei dem Abschleppunternehmen ab und entrichtete dort die Sicherstellungs- und Unterstellkosten in Höhe von 138,04 Euro. 4Mit Kostenbescheid vom 04.04.2013, am gleichen Tag zur Post aufgegeben, setzte der Beklagte gegenüber dem Kläger nach vorheriger Anhörung für die Sicherstellung des Kraftfahrzeuges eine Verwaltungsgebühr in Höhe von 100,90 Euro fest. 5Nachdem eine Zahlung nicht erfolgte wurde der Kläger durch Mahnung der Kreiskasse des Kreises L. als Vollstreckungsbehörde vom 06.06.2013 erneut zur Zahlung der Verwaltungsgebühr in Höhe von 100,90 Euro aufgefordert. Zugleich wurde eine Mahngebühr in Höhe von 6,00 Euro ausgewiesen. 6Der Kläger hat am 27.08.2013 Klage erhoben. 7Eine Begründung der Klage erfolgte nicht. 8Der Kläger hat keinen Antrag gestellt. 9Der Beklagte beantragt, 10die Klage abzuweisen. 11Zur Begründung führt er aus, die Klage sei verfristet. 12Mit Verfügung vom 28.10.2013 sind die Beteiligten zur Entscheidung des Rechtsstreits durch Gerichtsbescheid angehört worden. 13Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge ergänzend Bezug genommen. 14Entscheidungsgründe: 15Aufgrund der Anhörung der Beteiligten kann das Gericht gemäß § 84 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, weil die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher und rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. 16Die Klage bleibt ohne Erfolg. 17Der Kläger begehrt bei verständiger Auslegung seines Klagebegehrens (vgl. § 88 VwGO) die Aufhebung des Kostenbescheides vom 04.04.2013 und der Mahnung bzw. Zahlungsaufforderung vom 06.06.2013. 181.) 19Soweit sich die Klage gegen den Kostenbescheid vom 04.04.2013 richtet, ist sie unzulässig. 20Zwar ist die Klage insoweit als Anfechtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO statthaft. Der Kläger hat jedoch die für Anfechtungsklagen geltende einmonatige Klagefrist gemäß § 74 Abs. 1 Satz 2 VwGO versäumt. Hiernach muss die Anfechtungsklage einen Monat nach Bekanntgabe des Verwaltungsakts erhoben werden. Die Bekanntgabe des Kostenbescheides vom 04.04.2013 erfolgte durch Übermittlung mit einfacher Post. Gemäß § 41 Abs. 2 Satz 1 Verwaltungsverfahrensgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (VwVfG NRW) gilt ein schriftlicher Verwaltungsakt, der im Inland durch die Post übermittelt wird, am dritten Tag nach der Aufgabe zur Post als bekannt gegeben. Ausweislich des auf dem Kostenbescheid befindlichen Ab-Vermerks erfolgte die Aufgabe zur Post am Donnerstag, den 04.04.2013. Der mit einer ordnungsgemäßen Rechtsbehelfsbelehrung versehene Bescheid galt mithin gemäß § 41 Abs. 2 Satz 1 VwVfG NRW am Sonntag, den 07.04.2013 als bekannt gegeben. Die einmonatige Klagefrist endete folglich gemäß § 57 Abs. 2 VwGO, § 222 Abs. 1 und 2 Zivilprozessordnung (ZPO), §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) am Dienstag, den 07.05.2013 um 24:00 Uhr. Die Klage ging jedoch erst am Dienstag, den 27.08.2013 und damit ersichtlich nach Ablauf der in § 74 Abs. 1 Satz 2 VwGO bezeichneten Frist bei Gericht ein. 21Einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 60 Abs. 1 VwGO hat der Kläger zu keinem Zeitpunkt gestellt. Darüber hinaus sind keine Gründe ersichtlich, die eine Wiedereinsetzung von Amts wegen gemäß § 60 Abs. 2 Satz 4 VwGO rechtfertigen würden. Eine Wiedereinsetzung von Amts wegen ist grundsätzlich nur dann geboten, wenn die einen Wiedereinsetzungsanspruch begründenden Tatsachen offensichtlich sind und daher von einem erkennbar berechtigten Wiedereinsetzungsanspruch ausgegangen werden muss. 22Vgl. BVerwG, Urteil vom 16.05.2007 – 3 C 25.06 –, Rn. 13, juris; BVerwG, Beschluss vom 27.03.2000 – 3 B 41.00 –, Rn. 8, juris. 23Dies kommt jedoch regelmäßig nur dann in Betracht, wenn innerhalb der Antragsfrist die eine Wiedereinsetzung rechtfertigenden Tatsachen erkennbar (gemacht worden) sind. 24Vgl. BVerwG, Beschluss vom 27.03.2000 – 3 B 41.00 –, Rn. 8, juris. 25Diese Voraussetzungen sind vorliegend ersichtlich nicht erfüllt. Denn weder aus der Klageschrift noch aus den sonstigen Umständen lässt sich ein offenkundiger Wiedereinsetzungsanspruch ableiten. 262.) 27Soweit die Klage zudem auf die Aufhebung der Mahnung bzw. Zahlungsaufforderung vom 06.06.2013 nebst der darin neben der Hauptforderung ausgewiesenen Mahngebühr gerichtet ist, ist sie ebenfalls unzulässig. 28Hinsichtlich einer Aufhebung der Mahnung bzw. Zahlungsaufforderung fehlt es bereits an der Statthaftigkeit der Anfechtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO, weil es sich bei der auf Grundlage von § 19 Verwaltungsvollstreckungsgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (VwVG NRW) erlassenen Mahnung als unselbständiger Vorbereitungshandlung zu einer zukünftigen Vollstreckungsanordnung oder zu zukünftigen – hier nicht in Rede stehenden – Vollstreckungshandlungen nicht um einen Verwaltungsakt im Sinne von § 35 VwVfG NRW handelt. 29Vgl. BSG, Beschluss vom 07.06.1999 – B 7 AL 264/98 B –, Rn. 7, juris; BSG, Beschluss vom 05.08.1997 – 11 BAr 95/97 –, Rn. 6, juris; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 30.10.2003– 3 A 3417/99 –, Rn. 24, juris; OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 17.11.1981 – 1 B 60/81 –, NJW 1982, 2276 (2277); VG Düsseldorf, Beschluss vom 26.07.2004 – 17 L 2055/04 –, Rn. 4, juris; Sodan, in: Sodan/Ziekow, Verwaltungsgerichtsordnung, 3. Auflage 2010, § 42 VwGO, Rn. 310; ebenso für eine Vollstreckungsankündigung VG Düsseldorf, Urteil vom 04.02.2013 – 23 K 3189/11 –, Rn. 55, juris. 30Der Mahnung fehlt es an dem für das Vorliegen eines Verwaltungsaktes im Sinne von § 35 VwVfG NRW konstitutiven Regelungscharakter, weil der Kläger hiermit lediglich zur Zahlung einer bestehenden Gebührenschuld aufgefordert wird. Die Mahnung ist mithin nicht darauf gerichtet unmittelbar eine Rechtsfolge zu bewirken. Es handelt sich vielmehr um eine besondere Voraussetzung für den Beginn der Vollstreckung, die mangels Verwaltungsaktqualität nicht mit der Anfechtungsklage angegriffen werden kann. 31Vgl. BSG, Beschluss vom 07.06.1999 – B 7 AL 264/98 B –, Rn. 7, juris; BSG, Beschluss vom 05.08.1997 – 11 BAr 95/97 –, Rn. 6, juris; OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 17.11.1981– 1 B 60/81 –, NJW 1982, 2276 (2277); VG Köln, Urteil vom 04.10.2005 – 25 K 8739/04 –, Rn. 13, juris; VG Neustadt (Weinstraße), Beschluss vom 30.03.2011 – 4 L 227/11.NW –, Rn. 8, juris; Sodan, in: Sodan/Ziekow, Verwaltungsgerichtsordnung, 3. Auflage 2010, § 42 VwGO, Rn. 310. 32Auch hinsichtlich der in der Mahnung bzw. Zahlungsaufforderung ausgewiesenen Mahngebühr in Höhe von 6,00 Euro fehlt es am Vorliegen eines für die Statthaftigkeit einer Anfechtungsklage erforderlichen Verwaltungsakts. Das streitgegenständliche Mahnschreiben vom 06.06.2013 beinhaltet als solches keine Festsetzung einer Mahngebühr, weshalb ihm auch insoweit keine Verwaltungsaktqualität zukommt und es nicht angefochten werden kann. Denn die Mahnung enthält vorliegend nur eine behördliche Erinnerung des Gebührenpflichtigen an seine Pflicht, fällige Geldbeträge – hier die mit Kostenbescheid vom 04.04.2013 festgesetzte Verwaltungsgebühr – zu leisten, wobei lediglich nachrichtlich mitgeteilt wird, dass hierdurch Mahngebühren zur Entstehung gelangen. Dies hat zur Folge, dass die Mahngebühr im Falle einer zukünftigen Vollstreckung gemäß § 20 Abs. 1 VwVG NRW – sofern alle Vollstreckungsvoraussetzungen vorliegen – mit der Hauptforderung beigetrieben werden kann, ohne dass es einer gesonderten Festsetzung bedarf. 33Vgl. VG Magdeburg, Urteil vom 30.10.2013 – 9 A 244/12 –, Rn. 37, juris. 34Dessen ungeachtet weist das Gericht darauf hin, dass die Ausweisung der Mahngebühr auch in der Sache nicht zu beanstanden ist. 35Der die Pflicht zur Gebührenzahlung begründende Kostenbescheid vom 04.04.2013 ist– wie unter Ziffer 1.) ausgeführt – wegen Versäumung der Klagefrist in Bestandskraft erwachsen. Folglich kann die darin festgesetzte Verwaltungsgebühr – ungeachtet der Rechtmäßigkeit des Kostenbescheides – bei Vorliegen der allgemeinen und besonderen Vollstreckungsvoraussetzungen (vgl. §§ 6 ff. VwVG NRW) als Hauptforderung im Wege der Verwaltungsvollstreckung beigetrieben werden. Die Mahngebühren als Nebenforderung fallen als Kosten der Mahnung gemäß § 20 Abs. 1 VwVG NRW dem Kläger als Vollstreckungsschuldner zur Last und können, ohne dass es einer gesonderten Festsetzung bedarf, mit der Hauptforderung beigetrieben werden. Die Ausweisung von Mahngebühren in Höhe von 6,00 Euro neben der Hauptforderung gemäß § 77 Abs. 1, § 19 VwVG NRW i.V.m. § 9 der Verordnung zur Ausführung des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (VO VwVG NRW) begegnet daher weder dem Grunde noch der Höhe nach rechtlichen Bedenken. 36Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. 37Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.
die klage wird abgewiesen. die kosten des verfahrens trägt der kläger. der gerichtsbescheid ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. der kläger darf die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe von 110 % des aufgrund des gerichtsbescheids beizutreibenden betrages abwenden, soweit nicht der beklagte vor der vollstreckung sicherheit in höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden betrages leistet. 1
2der kläger wendet sich gegen die zahlung von verwaltungsgebühren nach einer durchgeführten sicherstellung seines kraftfahrzeuges. 3der kläger war halter des kraftfahrzeuges t. b. mit dem amtlichen kennzeichen xxx-x 0000. dieses fahrzeug wurde am 07.02.2013 im bereich c.----straße /am h. (parkplatz der m. schule) in h1. vorgefunden. die seitenscheiben der vorderen fahrzeugtüren waren heruntergelassen. im fahrzeuginneren befanden sich verschiedene dokumente (u.a. sparverträge und mobilfunkverträge). da ein verschließen der seitenscheiben nicht möglich war, wurde das fahrzeug auf veranlassung von polizeibeamten des beklagten durch ein abschleppunternehmen zum zwecke der eigentumssicherung sichergestellt. der kläger holte das fahrzeug am 08.02.2013 bei dem abschleppunternehmen ab und entrichtete dort die sicherstellungs- und unterstellkosten in höhe von 138,04 euro. 4mit kostenbescheid vom 04.04.2013, am gleichen tag zur post aufgegeben, setzte der beklagte gegenüber dem kläger nach vorheriger anhörung für die sicherstellung des kraftfahrzeuges eine verwaltungsgebühr in höhe von 100,90 euro fest. 5nachdem eine zahlung nicht erfolgte wurde der kläger durch mahnung der kreiskasse des kreises l. als vollstreckungsbehörde vom 06.06.2013 erneut zur zahlung der verwaltungsgebühr in höhe von 100,90 euro aufgefordert. zugleich wurde eine mahngebühr in höhe von 6,00 euro ausgewiesen. 6der kläger hat am 27.08.2013 klage erhoben. 7eine begründung der klage erfolgte nicht. 8der kläger hat keinen antrag gestellt. 9der beklagte beantragt, 10die klage abzuweisen. 11zur begründung führt er aus, die klage sei verfristet. 12mit verfügung vom 28.10.2013 sind die beteiligten zur entscheidung des rechtsstreits durch gerichtsbescheid angehört worden. 13wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstands wird auf die gerichtsakte und die beigezogenen verwaltungsvorgänge ergänzend bezug genommen. 14
15aufgrund der anhörung der beteiligten kann das gericht gemäß § 84 abs. 1 verwaltungsgerichtsordnung (vwgo) ohne mündliche verhandlung durch gerichtsbescheid entscheiden, weil die sache keine besonderen schwierigkeiten tatsächlicher und rechtlicher art aufweist und der sachverhalt geklärt ist. 16die klage bleibt ohne erfolg. 17der kläger begehrt bei verständiger auslegung seines klagebegehrens (vgl. § 88 vwgo) die aufhebung des kostenbescheides vom 04.04.2013 und der mahnung bzw. zahlungsaufforderung vom 06.06.2013. 181.) 19soweit sich die klage gegen den kostenbescheid vom 04.04.2013 richtet, ist sie unzulässig. 20zwar ist die klage insoweit als anfechtungsklage gemäß § 42 abs. 1 alt. 1 vwgo statthaft. der kläger hat jedoch die für anfechtungsklagen geltende einmonatige klagefrist gemäß § 74 abs. 1 satz 2 vwgo versäumt. hiernach muss die anfechtungsklage einen monat nach bekanntgabe des verwaltungsakts erhoben werden. die bekanntgabe des kostenbescheides vom 04.04.2013 erfolgte durch übermittlung mit einfacher post. gemäß § 41 abs. 2 satz 1 verwaltungsverfahrensgesetz für das land nordrhein-westfalen (vwvfg nrw) gilt ein schriftlicher verwaltungsakt, der im inland durch die post übermittelt wird, am dritten tag nach der aufgabe zur post als bekannt gegeben. ausweislich des auf dem kostenbescheid befindlichen ab-vermerks erfolgte die aufgabe zur post am donnerstag, den 04.04.2013. der mit einer ordnungsgemäßen rechtsbehelfsbelehrung versehene bescheid galt mithin gemäß § 41 abs. 2 satz 1 vwvfg nrw am sonntag, den 07.04.2013 als bekannt gegeben. die einmonatige klagefrist endete folglich gemäß § 57 abs. 2 vwgo, § 222 abs. 1 und 2 zivilprozessordnung (zpo), §§ 187 abs. 1, 188 abs. 2 bürgerliches gesetzbuch (bgb) am dienstag, den 07.05.2013 um 24:00 uhr. die klage ging jedoch erst am dienstag, den 27.08.2013 und damit ersichtlich nach ablauf der in § 74 abs. 1 satz 2 vwgo bezeichneten frist bei gericht ein. 21einen antrag auf wiedereinsetzung in den vorigen stand gemäß § 60 abs. 1 vwgo hat der kläger zu keinem zeitpunkt gestellt. darüber hinaus sind keine gründe ersichtlich, die eine wiedereinsetzung von amts wegen gemäß § 60 abs. 2 satz 4 vwgo rechtfertigen würden. eine wiedereinsetzung von amts wegen ist grundsätzlich nur dann geboten, wenn die einen wiedereinsetzungsanspruch begründenden tatsachen offensichtlich sind und daher von einem erkennbar berechtigten wiedereinsetzungsanspruch ausgegangen werden muss. 22vgl. bverwg, urteil vom 16.05.2007 – 3 c 25.06 –, rn. 13, juris; bverwg, beschluss vom 27.03.2000 – 3 b 41.00 –, rn. 8, juris. 23dies kommt jedoch regelmäßig nur dann in betracht, wenn innerhalb der antragsfrist die eine wiedereinsetzung rechtfertigenden tatsachen erkennbar (gemacht worden) sind. 24vgl. bverwg, beschluss vom 27.03.2000 – 3 b 41.00 –, rn. 8, juris. 25diese voraussetzungen sind vorliegend ersichtlich nicht erfüllt. denn weder aus der klageschrift noch aus den sonstigen umständen lässt sich ein offenkundiger wiedereinsetzungsanspruch ableiten. 262.) 27soweit die klage zudem auf die aufhebung der mahnung bzw. zahlungsaufforderung vom 06.06.2013 nebst der darin neben der hauptforderung ausgewiesenen mahngebühr gerichtet ist, ist sie ebenfalls unzulässig. 28hinsichtlich einer aufhebung der mahnung bzw. zahlungsaufforderung fehlt es bereits an der statthaftigkeit der anfechtungsklage gemäß § 42 abs. 1 alt. 1 vwgo, weil es sich bei der auf grundlage von § 19 verwaltungsvollstreckungsgesetz für das land nordrhein-westfalen (vwvg nrw) erlassenen mahnung als unselbständiger vorbereitungshandlung zu einer zukünftigen vollstreckungsanordnung oder zu zukünftigen – hier nicht in rede stehenden – vollstreckungshandlungen nicht um einen verwaltungsakt im sinne von § 35 vwvfg nrw handelt. 29vgl. bsg, beschluss vom 07.06.1999 – b 7 al 264/98 b –, rn. 7, juris; bsg, beschluss vom 05.08.1997 – 11 bar 95/97 –, rn. 6, juris; ovg nordrhein-westfalen, urteil vom 30.10.2003– 3 a 3417/99 –, rn. 24, juris; ovg rheinland-pfalz, beschluss vom 17.11.1981 – 1 b 60/81 –, njw 1982, 2276 (2277); vg düsseldorf, beschluss vom 26.07.2004 – 17 l 2055/04 –, rn. 4, juris; sodan, in: sodan/ziekow, verwaltungsgerichtsordnung, 3. auflage 2010, § 42 vwgo, rn. 310; ebenso für eine vollstreckungsankündigung vg düsseldorf, urteil vom 04.02.2013 – 23 k 3189/11 –, rn. 55, juris. 30der mahnung fehlt es an dem für das vorliegen eines verwaltungsaktes im sinne von § 35 vwvfg nrw konstitutiven regelungscharakter, weil der kläger hiermit lediglich zur zahlung einer bestehenden gebührenschuld aufgefordert wird. die mahnung ist mithin nicht darauf gerichtet unmittelbar eine rechtsfolge zu bewirken. es handelt sich vielmehr um eine besondere voraussetzung für den beginn der vollstreckung, die mangels verwaltungsaktqualität nicht mit der anfechtungsklage angegriffen werden kann. 31vgl. bsg, beschluss vom 07.06.1999 – b 7 al 264/98 b –, rn. 7, juris; bsg, beschluss vom 05.08.1997 – 11 bar 95/97 –, rn. 6, juris; ovg rheinland-pfalz, beschluss vom 17.11.1981– 1 b 60/81 –, njw 1982, 2276 (2277); vg köln, urteil vom 04.10.2005 – 25 k 8739/04 –, rn. 13, juris; vg neustadt (weinstraße), beschluss vom 30.03.2011 – 4 l 227/11.nw –, rn. 8, juris; sodan, in: sodan/ziekow, verwaltungsgerichtsordnung, 3. auflage 2010, § 42 vwgo, rn. 310. 32auch hinsichtlich der in der mahnung bzw. zahlungsaufforderung ausgewiesenen mahngebühr in höhe von 6,00 euro fehlt es am vorliegen eines für die statthaftigkeit einer anfechtungsklage erforderlichen verwaltungsakts. das streitgegenständliche mahnschreiben vom 06.06.2013 beinhaltet als solches keine festsetzung einer mahngebühr, weshalb ihm auch insoweit keine verwaltungsaktqualität zukommt und es nicht angefochten werden kann. denn die mahnung enthält vorliegend nur eine behördliche erinnerung des gebührenpflichtigen an seine pflicht, fällige geldbeträge – hier die mit kostenbescheid vom 04.04.2013 festgesetzte verwaltungsgebühr – zu leisten, wobei lediglich nachrichtlich mitgeteilt wird, dass hierdurch mahngebühren zur entstehung gelangen. dies hat zur folge, dass die mahngebühr im falle einer zukünftigen vollstreckung gemäß § 20 abs. 1 vwvg nrw – sofern alle vollstreckungsvoraussetzungen vorliegen – mit der hauptforderung beigetrieben werden kann, ohne dass es einer gesonderten festsetzung bedarf. 33vgl. vg magdeburg, urteil vom 30.10.2013 – 9 a 244/12 –, rn. 37, juris. 34dessen ungeachtet weist das gericht darauf hin, dass die ausweisung der mahngebühr auch in der sache nicht zu beanstanden ist. 35der die pflicht zur gebührenzahlung begründende kostenbescheid vom 04.04.2013 ist– wie unter ziffer 1.) ausgeführt – wegen versäumung der klagefrist in bestandskraft erwachsen. folglich kann die darin festgesetzte verwaltungsgebühr – ungeachtet der rechtmäßigkeit des kostenbescheides – bei vorliegen der allgemeinen und besonderen vollstreckungsvoraussetzungen (vgl. §§ 6 ff. vwvg nrw) als hauptforderung im wege der verwaltungsvollstreckung beigetrieben werden. die mahngebühren als nebenforderung fallen als kosten der mahnung gemäß § 20 abs. 1 vwvg nrw dem kläger als vollstreckungsschuldner zur last und können, ohne dass es einer gesonderten festsetzung bedarf, mit der hauptforderung beigetrieben werden. die ausweisung von mahngebühren in höhe von 6,00 euro neben der hauptforderung gemäß § 77 abs. 1, § 19 vwvg nrw i.v.m. § 9 der verordnung zur ausführung des verwaltungsvollstreckungsgesetzes für das land nordrhein-westfalen (vo vwvg nrw) begegnet daher weder dem grunde noch der höhe nach rechtlichen bedenken. 36die kostenentscheidung folgt aus § 154 abs. 1 vwgo. 37die entscheidung zur vorläufigen vollstreckbarkeit beruht auf § 167 vwgo i.v.m. § 708 nr. 11, § 711 zpo.
Verklagte*r
0
346,258
8 O 89/21
2022-07-28T00:00:00
Urteil
Tenor Die Klage ist dem Grunde nach gerechtfertigt. Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten. 1Tatbestand: 2Die Klägerin macht mit der Klage Schadensersatzansprüche geltend. 3Zwischen der Klägerin und der Stadt C - wobei als Auftraggeber in den vorformulierten Verträgen, die von der Beklagten gestellt worden sind, der „Forstbetrieb der Stadt C“ genannt worden ist - kam es am 14.09.2020 zum Abschluss von zwei so bezeichneten Unternehmerverträgen mit den Vertragsnummern UV 2020-25 und UV 2020-37 (im Folgenden: UV 25 bzw. UV 37). Die Vertragsformulare mit Klauseln, wie sie in diesen Unternehmerverträgen enthalten sind, werden von der Beklagten auch in anderem Zusammenhang benutzt. Die Verträge hatten eine Laufzeit vom 01.09. 2020 bis zum 31.05.2021 und verhielten sich über von der Klägerin im Revier T der Beklagten gemäß dem Arbeitsauftrag der zuständigen Revierleitung zu rückende Holzsortimente. Der UV 25 umfasste eine Vertragsmasse von „ca. 30.000 fm“, der UV 37 eine solche von 50.000 fm. In beiden Vertragsformularen heißt es unter Ziffer 3.2, die Vertragspartner vereinbarten eine Mehr- oder Mindermenge von max. 10 % der vereinbarten Vertragsmenge. 4Ziffer 7.1 hat auszugsweise folgenden Inhalt: 5„7.1 Kontrolle des Holzaufmaßes . . . Der Auftragnehmer ist verpflichtet, dem Revierleiter seine wöchentliche Aufarbeitungsleistung bis Freitag jeder Woche unaufgefordert zu melden. Die entsprechenden Harvesterprotokolle sind wöchentlich dem Forstamt an jedem Freitag der Woche durch den Auftragnehmer unaufgefordert zu übermitteln.“ 6Ziffer 9 hat folgenden Inhalt: 7„Die Lieferung von 50.000 Fm Käferholz werden seitens des Verkäufers garantiert. Die Vertragsmasse von 30.000 Fm vermindert sich automatisch, wenn gegenüber der ursprünglichen Einschätzung der Kalamitätsmassen weniger Holz anfällt. Diese Entscheidung trifft der Forstbetrieb. In diesem Fall entfällt der Schadensersatzanspruch des Auftragnehmers.“ 8Bereits vor Abschluss dieser Verträge hatten die Parteien einen Vertrag über die Werbung von 3.000 fm Holz durch die Beklagte abgeschlossen, wobei die Klägerin in Umsetzung dieses Vertrages eine Menge von 3.004,57 fm Holz aufgearbeitet hatte. 9Nach Vertragsschluss führte das von der Klägerin beauftragte Subunternehmen D die vertraglich vereinbarten Arbeiten durch, wobei der zuständige Revierlei- 10ter der Beklagten diesem jeweils im Voraus zeigte, auf welchen Flächen die Holzrückarbeiten erledigt werden konnten. 11Nach unbestritten gebliebenem klägerischen Vortrag stellte die Beklagte seit Anfang April keine Flächen mehr zur weiteren Bearbeitung zur Verfügung. Der weitere Vortrag der Klägerin, die Beklagte habe sich bereits zuvor - nämlich in der Zeit seit Februar 2021 - um eine Reduzierung der Vertragsmenge bemüht, ist von der Beklagten ebenso wenig bestritten worden wie die Ausführungen der Klägerin, ihr sei bekannt, dass die Beklagte mit anderen Marktteilnehmern Unternehmerverträge abgeschlossen habe, bei denen sie Im Vergleich mit dem Inhalt des zwischen den Parteien des Rechtsstreits abgeschlossenen Vertrag stärker vom starken Holzpreisanstieg profitiert habe. 12Mit E-Mail-Schreiben vom 27.04.2021, wegen dessen gesamten Inhalts auf die als Ausdruck zur Akte gereichte Anlage B 3 zum Beklagtenschriftsatz vom 07.03.2022 (Bl. 125 ff. der Akte) Bezug genommen wird, bot die Klägerin die Durchführung der vertraglich vereinbarten Arbeiten zur Aufarbeitung der sich nach ihren Berechnungen ergebenden Restmenge von 14.500 fm ab Montag, 03.05.2021, an und bat um Rückantwort bis spätestens Freitag, 10:00 Uhr, wo der Harvester eingesetzt werden könne. Gleichzeitig behielt die Klägerin sich für den Fall, dass sie „nichts weiter höre“, weitergehende Rechte vor und teilte mit, sie stehe für ein Telefonat zur Verfügung. Am 29.04.2021 fand ein Telefonat statt, in dem nach - anschließend nicht mehr von der Beklagten bestrittenem - Klägervortrag keine Einigung zu den bereitzustellenden Festmetern und Qualitäten zur Erfüllung der geschlossenen Unternehmerverträge erzielt werden konnte. Eine Ausweisung von durch die Klägerin oder durch den von ihr beauftragten Subunternehmer zu bearbeitenden Flächen erfolgte anschließend seitens der Beklagten nicht. 13Die Klägerin hat ohne Berücksichtigung des sich über eine Menge von 3.000 fm Holz verhaltenden Vertrages aufgrund des UV 25 insgesamt 35.704,46 fm Sägeholz und 463,95 fm Industrieholz und anschließend weitere 6.462,01 fm Industrieholz aufgearbeitet, sodass sich unter Hinzurechnung der im Hinblick auf den über eine Menge von 3.000 fm abgeschlossenen Vertrag ergebenden „Zuvielmenge“ von 4,57 fm eine insgesamt geworbene Menge von 42.634,99 fm ergibt. 14Die zwischen ihren - anschließend von den jetzigen Parteien des Rechtsstreits beauftragten - jetzigen Prozessbevollmächtigten geführten Verhandlungen führten zu keiner Einigung. Zwar bot die Beklagte zunächst ausweislich des vorprozessualen Schreibens vom 21.07.2021 (Anlage K 3 zur Klageschrift) die Zahlung eines Betrages von 243.183,60 € zur Abgeltung des Rechtsstreits und zur Abgeltung sämtlicher der der Klägerin gegen die Beklagte zustehenden Ansprüche an, jedoch teilten ihre jetzigen Prozessbevollmächtigten mit E-Mail-Schreiben vom 03.08.2021 (Ausdruck Anlage K 6 zur Klageschrift) mit, dieses Angebot stehe unter dem Vorbehalt der Zustimmung des Gemeinderats, der am 02.09.2021 beraten werde. 15Nachdem die Klägerin im Anschluss an diesen Termin keine Nachricht erreichte, macht sie nunmehr gegen die Beklagte Schadensersatzansprüche geltend, wobei sie mit ihrer Klageschrift zunächst - ausgehend von einer Gesamtvertragsmasse von 80.000 fm - unter Zugrundelegung der Berechnung gemäß Seite 6 der Klageschrift vom 27.10.2021 eine Schadensersatzforderung von 1.663.144,45 € brutto errechnet hat. Ausweislich des Inhalts der Klageerweiterungsschrift vom 13.06.2022 (Bl. 178 ff. d. A.) errechnet sie nunmehr aufgrund einer Berücksichtigung einer weiteren, bis dahin in ihre Berechnungen nicht einbezogenen Fehlmenge (Industrieholz) eine Schadensersatzforderung in Höhe von 2.296.039,65 € brutto. 16Dementsprechend beantragt die Klägerin, 17181. 19die Beklagte zu verurteilen, an sie einen Betrag in Höhe von EUR 2.296.039,65 brutto zzgl. Verzugszinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 11.11.2021 aus EUR 1.663.944,45 sowie aus EUR 632.095,20 seit dem 12.07.2022 zu zahlen, 202. 21die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von EUR 9.768,70 netto zzgl. Verzugszinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 11.11.2021 zu zahlen. 22Die Beklagte beantragt, 23die Klage abzuweisen. 24Sie beruft sich zunächst auf Erfüllung. Sie meint, diese sei bereits bei einer geworbenen Menge von 45.000 fm eingetreten. Dies ergebe sich daraus, dass sie ausweislich der Ziffern 9 der Verträge zur Einschätzung berechtigt sei, es falle weniger Holz an, mit der Folge, dass sich die Vertragsmasse um 30.000 fm vermindere. Aus Ziffer 3.2 der Verträge ergebe sich, dass eine Mindermenge von maximal 10 % der vereinbarten Vertragsmenge vereinbart worden sei; werde diese von der verbleibenden Vertragsmasse von 50.000 fm abgezogen, verbleibe eine Vertragsmenge von 45.000 fm, die unter Einbeziehung des Vertrages über eine Menge von 3.000 fm von der Klägerin abgearbeitet worden sei. Dazu trägt die Beklagte vor, nachdem die Klägerin aufgrund des Erstvertrages 3.004,57 fm aufgearbeitet habe, habe sie aufgrund des UV 25 eine Menge von 35.704,46 fm Sägeholz und 463,95 fm Industrieholz aufgearbeitet, anschließend weitere 6.462,01 fm Industrieholz. Außerdem sei eine einverständliche Kürzung der Vertragsmenge auf eine Menge von 50.000 fm erfolgt. Die Beklagte meint, ein solches Einverständnis ergebe sich aus dem E-Mail-Schreiben der Klägerin vom 27.04.2021. 25Im Zusammenhang mit dem von ihr erhobenen Erfüllungseinwand trägt die Beklagte ergänzend vor, der von der Klägerin beauftragte Subunternehmer D habe am 15. / 16.04. 2021 das Revier verlassen und dabei geäußert, der Vertrag „sei voll“, wobei die Beklagte in diesem Zusammenhang weiter vorträgt, zu diesem Zeitpunkt seien sämtliche Beteiligte davon ausgegangen, dass nur eine Vertragsmasse von 50.000 fm fest vereinbart gewesen sei. Anschließend seien die Flächen, die Herrn D ausgewiesen worden seien, nicht mehr bearbeitet worden, bis die Klägerin sie mit Schreiben vom 27.04.2021 aufgefordert habe, ihr weiteres Holz zur Verfügung zu stellen. 26Im Übrigen habe sie lediglich die Pflicht getroffen, der Beklagten Flächen zur Verfügung zu stellen. Dieser Pflicht sei sie nachgekommen, indem sie unmittelbar zu Beginn der Vertragsbeziehung Flächen zur Holzaufarbeitung für die Klägerin ausgewiesen habe, die ausgereicht hätten, um während der Vertragslaufzeit 80.000 fm Holz zu werben. Weitergehende Pflichten hätten sie nicht getroffen, wie sie meint. 27Schließlich vertritt sie die Ansicht, selbst wenn eine Pflichtverletzung vorliege, habe sie diese nicht zu vertreten. Denn es sei Sache der Klägerin gewesen, den Stand der Aufarbeitung und damit den der geworbenen Menge zu kontrollieren. Am Verschulden fehle es auch deshalb - wie sie weiter ausführt -, weil sie aufgrund der ihrer Ansicht nach der Klägerin zuzurechnenden Äußerungen des Herrn D davon habe ausgehen dürfen, die Klägerin wolle keine weiteren Bezugsrechte mehr nutzen, sodass sie ab diesem Zeitpunkt nicht mehr verpflichtet gewesen sei, für die Klägerin zusätzlich aufzuarbeitende Flächen bereitzuhalten. Zudem habe diese das ihr laut Vertrag zustehende Recht zur Holzwerbung nicht vollständig ausgenutzt. 28Jedenfalls treffe die Klägerin - wie die Beklagte weiter meint - ein erhebliches Mitverschulden an einem eingetretenen Schaden in Form entgangenen Gewinns, insbesondere deshalb, weil die Klägerin durch das Unterlassen weiterer Aufarbeitung von Holz während der Vertragslaufzeit selbst dazu beigetragen habe, dass sie nicht die gesamte von ihr beanspruchte Vertragsmasse erhalten habe. 29Abschließend wendet sich die Beklagte gegen die Schadensberechnung der Klägerin. 30Zur Ergänzung des Sach- und Streitstand Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen. 31Entscheidungsgründe: 32Die Klage ist dem Grunde nach gerechtfertigt, sodass die Kammer Grundurteil gemäß § 304 Abs. 1 ZPO erlassen hat. 33I. Klageantrag zu 1. 34Der Klägerin steht gegen die Beklagte einen Schadensersatzanspruch gemäß §§ 280 Abs. 1, Abs. 3, 281 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB zu. 351. 36Beklagte Partei ist ungeachtet der in der Klageschrift erfolgten Parteibezeichnung „Forstbetrieb der Stadt C“ allein die Stadt C. 37a) 38Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist eine Parteibezeichnung als Teil einer Prozesshandlung grundsätzlich der Auslegung zugänglich. Dabei ist entscheidend, wie die Bezeichnung bei objektiver Deutung aus der Sicht der Empfänger (Gericht und Gegenpartei) zu verstehen ist. Es kommt darauf an, welcher Sinn der von der klagenden Partei in der Klageschrift gewählten Bezeichnung bei objektiver Würdigung des Erklärungsinhalts beizulegen ist (BGHZ 4, 328, 334; BGH, NJW 1987, 1946 m. w. N.). Bei objektiv unrichtiger oder auch mehrdeutiger Bezeichnung ist grundsätzlich diejenige Person als Partei anzusprechen, die erkennbar durch die Parteibezeichnung betroffen werden soll (BGH, a. a. O. und NJW-RR 1995, 764 m. w .N.). Bei der Auslegung der Parteibezeichnung sind nicht nur die im Rubrum der Klageschrift enthaltenen Angaben, sondern auch der gesamte Inhalt der Klageschrift einschließlich etwaiger beigefügter Anlagen zu berücksichtigen (BGH, MDR 2008, 524 f.) Dabei gilt der Grundsatz, dass die Klageerhebung gegen die in Wahrheit gemeinte Partei nicht an deren fehlerhafter Bezeichnung scheitern darf, wenn diese Mängel in Anbetracht der jeweiligen Umstände letztlich keine vernünftigen Zweifel an dem wirklich Gewollten aufkommen lassen, solange nur aus dem Inhalt der Klageschrift und etwaigen Anlagen unzweifelhaft deutlich wird, welche Partei tatsächlich gemeint ist (BAG, a. a. O.; so auch schon OLG Hamm, NJW-RR 1991, 188). 39b) 40Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze ist in der obergerichtlichen Rechtsprechung, der die Kammer sich anschließt, für den Fall, dass auf Kläger- oder Beklagtenseite nach dem Wortlaut der in einer Klageschrift gewählten Parteibezeichnungen ein gemeindlicher Eigenbetrieb klagen bzw. verklagt werden soll, anerkannt, dass regelmäßig die rechts- und damit parteifähige Gemeinde Partei werden soll (BGH, WM 1981, 529; LG Köln, Urt. v. 30.08.2011 - 5 O 299/10 -, zitiert nach „juris“). 41So liegt der Fall auch hier: Die Klägerin hat schon auf Seite 2 der Klageschrift - dort unter Gliederungspunkt I. 2. - dargelegt, dass die Stadt C Beklagte sein soll. Schon im Wege der angezeigten (siehe die obigen Ausführungen) Auslegung zur sich hier stellenden Frage, welche Partei verklagt werden soll, folgt daraus, dass die Stadt C und nicht deren Eigenbetrieb Beklagte sein soll. 422. 43Die Beklagte hat jedenfalls ab dem 27.04.2021 ihre aus den unter der Bezeichnung UV 37 in Verbindung mit dem UV 25 geschlossenen Verträgen folgenden vertraglichen Pflichten verletzt, der Klägerin bis zum Zeitpunkt des Vertragsablaufes am 31.05. 2021 diejenigen Flächen, auf denen diese die vertraglich vereinbarte Tätigkeit der Selbstwerbung durchführen sollte, auszuweisen. 44a) 45Eine solche vertragliche Pflicht bestand zu Lasten der Beklagten. Das folgt schon aus ihren eigenen Ausführungen auf Seite 3 der Klageerwiderung vom 22.12.2021 (Bl. 69 der Akte). Hier führt die Beklagte selbst aus, dass der zuständige Revierleiter dem von der Klägerin beauftragten Herrn D jeweils im Vorfeld der von diesem im Auftrag der Klägerin durchzuführenden Holzarbeiten die zu bearbeitenden Flächen auswies. Daraus folgt, dass eine vertragliche Pflicht der Beklagten bestand, ihrer Vertragspartnerin, der Klägerin vor Durchführung der Arbeiten entsprechende Flächen auszuweisen. 46b) 47Diese vertragliche Pflicht hat die Beklagte jedenfalls spätestens ab dem 27.04.2021 verletzt. 48aa) 49Unstreitig - die Beklagte führt dies selbst auf Seite 5 der Klageerwiderung vom 22.12. 2021 (Bl. 171 der Akte) aus, das ergibt sich im Übrigen auch aus dem Inhalt des E-Mail-Schreibens der Klägerin vom 27.04.2021 - hat die Klägerin die Beklagte an diesem Tag aufgefordert, ihr weitere Flächen anzuweisen, auf denen weiteres Holz geworben werden konnte. Ebenfalls unstreitig - die Beklagte hat den entsprechenden Vortrag der Klägerin auf Seite 2 deren Schriftsatzes vom 21.02.2022 nicht bestritten mit der sich aus § 138 Abs. 3 Hs. 1 ZPO ergebenden Rechtsfolge, dass dieser Vortrag als zugestanden gilt - hat die Beklagte der Klägerin anschließend keine weiteren Flächen zugewiesen; vielmehr wurde am 29.04.2021 ein Telefonat geführt, bei dem keine Einigung zu den bereitzustellenden Festmetern und Qualitäten zur Erfüllung der geschlossenen Unternehmerverträge erzielt worden ist. Die Klägerin ihre vertraglich vereinbarte Pflicht zur Ausweisung von durch die Klägerin zu bearbeitenden Flächen verletzt. 50Eine Pflichtverletzung ist entgegen der nunmehr von der Beklagten im Rechtsstreit vertretenen Ansicht nicht deshalb zu verneinen, weil an diesem Tage die vertraglich vereinbarten Mengen von der Klägerin bereits geworben worden wären mit der sich daraus ergebenden Rechtsfolge, dass die Beklagte gemäß § 362 Abs. 1 BGB ihre vertraglichen Pflichten erfüllt hätte und nicht mehr verpflichtet gewesen wäre, der Klägerin weitere Flächen zur Selbstwerbung zur Verfügung zu stellen. 51Denn die Beklagte führt auf Seite 7 der Klageerwiderungsschrift (Bl. 73 der Akte) selbst aus, durch die Klägerin seien vor dem Hintergrund der Verträge UV 25 i. V. m. 52UV 37 insgesamt 42.630,42 Festmeter (42.634,99 Festmeter minus 4,57 Festmeter aus einem anderen Vertrag) geworben worden. Daraus folgt, dass die vertraglich vereinbarte Menge von 30.000 Festmetern und 50.000 Festmetern = 80.000 Festmetern bei weitem noch nicht erreicht war. 53(1) 54Soweit die Beklagte die Ansicht vertritt, aus den zu Nrn. 9 der beiden Verträge vereinbarten Klauseln ergebe sich, dass sie berechtigt sei, die Vertragsmenge um 30.000 Festmeter zu mindern, kann die Kammer dieser Argumentation im vorliegenden Fall aus mehreren Gründen nicht folgen: 55(a) 56Die Beklagte war zum einen zur Verminderung der Vertragsmasse um bis zu 30.000 Festmeter nur im Hinblick auf die Vertragsmasse aus der Vereinbarung UV 25 berechtigt. Aus dem eigenen Vorbringen der Beklagten, wie es auf Seite 7 der Klageerwiderungsschrift (Bl. 73 der Akte) zur Akte gereicht worden ist, ergibt sich aber, dass dieser Vertrag zum Zeitpunkt der Aufforderung zur Zurverfügungstellung weiterer Flächen gemäß E-Mail-Schreiben der Klägerin vom 27.04.2021 bereits „abgearbeitet“ war, nachdem die Beklagte hier selbst darlegt, aufgrund dieses Vertrages seien von der Klägerin 35.704,46 Festmeter Sägeholz und 463,95 Festmeter Industrieholz aufgearbeitet worden. Damit hatte die Beklagte die aus diesem Vertrag folgenden Pflichten, 30.000 Festmeter Holz zur Verfügung stellen zu müssen, zu diesem Zeitpunkt erfüllt mit der weiteren Folge, dass sie nicht mehr berechtigt war, diese Vertragsmasse zu vermindern. 57(b) 58Zum anderen war die Beklagte nur berechtigt, die Vertragsmasse zu vermindern, wenn weniger Holz anfiel. Wie sich aus ihrem eigenen, soeben dargestellten Vorbringen ergibt, war diese tatsächliche Voraussetzung aber nicht gegeben, wie schon daraus folgt, dass die Klägerin mehr Holz geworben hatte als vertraglich vorgesehen. Zudem weist die Klägerin zu Recht darauf hin, dass die Beklagte in der Klageerwiderung ausführt, es seien genügend Flächen vorhanden gewesen, um 80.000 Festmeter Holz aufzuarbeiten. 59(c) 60Letztlich liegen die Voraussetzungen aber auch deshalb nicht vor, weil die Beklagte nur berechtigt war, während der Vertragslaufzeit eine Entscheidung dahingehend zu treffen, dass sich die Vertragsmasse vermindere. Eine solche Erklärung der Beklagten ist während der Vertragslaufzeit aber nicht erfolgt. Die Beklagte trägt vielmehr selbst vor, dass am 29.04.2021 ein Verhandlungsgespräch stattgefunden habe. 61(2) 62Auch die Klausel in Nr. 3.2 der Verträge, laut der die Vertragspartner eine Mehr- oder Mindermenge von maximal 10 % der Vertragsmenge vereinbarten, ändert nichts daran, dass die Beklagte während der Vertragslaufzeit verpflichtet war, der Klägerin 63so lange Flächen anzuweisen, bis die vertraglich genannte Menge von 80.000 Festmeter zur Selbstwerbung erreicht war. 64(a) 65Zum einen fiel keine Mindermenge im Sinne dieser Klausel an, wie sich schon aus den Ausführungen unter I. 1. b) bb) (1) (a) dieses Urteils ergibt. 66(b) 67Zum anderen hatte die Beklagte - nachdem, wie soeben dargelegt worden ist, die zu ihren Lasten aus dem Vertrag UV 25 folgenden Pflichten gemäß § 362 Abs. 1 BGB durch Erfüllung erloschen waren - die Pflichten aus dem Vertrag UV 37 zu erfüllen. Aus der Regelung in Nr. 9 dieses Vertrages ergibt sich aber, dass die Beklagte die Lieferung von 50.000 Festmetern Käferholz garantierte. Aufgrund der Garantieerklärung war sie nicht mehr berechtigt, von der Regelung in Nr. 3.2 Gebrauch zu machen, sodass diese Regelung nur Bedeutung für den Vertrag UV 25 hat. Das folgt aus der Bestimmung des § 305c Abs. 2 BGB, laut der Zweifel bei der Auslegung allgemeiner Geschäftsbedingungen zu Lasten des Verwenders - hier somit zu Lasten der Beklagten - gehen. Bei den Klauselwerken handelt es sich - wie schon die Verwendung zweier im Wesentlichen gleichlautender Formulare folgt - um Allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinne des § 305 Abs. 1 S. 1 BGB, wobei diese Regelung - wie aus § 310 Abs. 1 S. 1 BGB folgt - auch im Rechtsverhältnis von Unternehmern zueinander Anwendung findet. Denn die Klausel, laut der 50.000 Festmeter Holz garantiert werden, steht mit derjenigen - die von der Kammer für sich genommen grundsätzlich als wirksam angesehen wird -, dass die Beklagte berechtigt sein solle, sich trotz einer Mindermenge von 10 % auf Erfüllung berufen zu können, in unlösbarem Widerspruch. Es handelt sich demnach um eine mehrdeutige Klausel, die einerseits dahingehend ausgelegt werden kann, 50.000 Festmeter seien garantiert - woraus folgt, dass diese Menge dann nicht unterschritten werden darf -, andererseits dahin, die Beklagte sei berechtigt, bereits bei Erreichen von 45.000 Festmeter die Zuweisung weiterer Flächen zu verweigern. Anerkanntermaßen gilt in einem solchen Fall der Grundsatz, dass die Klausel in der Auslegung Wirksamkeit entfaltet, die für den Kunden die günstigste ist, da angesichts des Umstandes, dass der Klauselverwender sich klar ausdrücken kann, eine kundenfreundliche Auslegung vorzunehmen ist (vergleiche zum Ganzen Palandt / Grüneberg, BGB, 80. Aufl., § 305c Rdnr. 18 mit zahlreichen weiteren Nachweisen aus der Rechtsprechung). 68bb) 69Durch dieses Verhalten, das sich als Nichterfüllung der vertraglich vereinbarten Leistungspflichten darstellt (vgl. dazu Palandt / Grüneberg, BGB, 80. Aufl., § 280 Rdnr. 13 und § 281 Rdnr. 17, jeweils mit weiteren Nachweisen), hat die Beklagte gleichzeitig ihre nebenvertraglich bestehende Pflicht, den Vertragszweck nicht zu beeinträchtigen, und damit die Leistungstreuepflicht (vgl. dazu Grüneberg, a. a. O., § 280 Rdnr. 25) verletzt. Denn es war Vertragszweck, der Klägerin die Möglichkeit einzuräumen, eine Menge von insgesamt 80.000 Festmetern Holz zu werben. Indem die Beklagte die Ansicht vertrat, sie habe ihre Pflichten bereits dadurch erfüllt, dass es der Klägerin bis Ende April 2021 ermöglicht worden war, eine Menge von ca. 45.000 Festmetern Holz zu werben, verweigerte sie konkludent die Anweisung von Flächen, die es der Klägerin ermöglichten, weitere Holzmengen zu werben, obwohl diese darauf einen vertraglichen Anspruch hatte, und beeinträchtigte damit erheblicher Art und Weise die Erreichung des Vertragszweckes (Werbung von 80.000 Festmetern Holz). 70cc) 71Diese Pflichtverletzungen der Beklagten entfallen auch nicht aufgrund eines Verzichts der Klägerin auf die Werbung weiterer Holzmengen. Entgegen dem Vorbringen der Beklagten kann nämlich weder das Vorliegen einer „einverständlichen“, also zwischen den Parteien abgesprochenen Kürzung der Vertragsmenge noch der Ausspruch eines solchen Verzichts durch die Klägerin festgestellt werden. Die Beklagte bezieht sich zum Beleg für die Richtigkeit dieses Vortrags auf den Inhalt des E-Mail-Schreibens des Geschäftsführers der Klägerin vom 27.04.2021 (Bl. 134 der Akte), aus dem sich das genaue Gegenteil ergibt. 723. 73Diese Pflichtverletzung erfolgte auch schuldhaft. Das ergibt sich schon aus der Verschuldensvermutung des § 280 Abs. 1 S. 2 BGB. Vermutungswiderlegender Vortrag der Beklagten ist nicht zur Akte gelangt. Soweit die Beklagte ausführt, der von der Klägerin beauftragte Herr D habe geäußert, der Vertrag sei voll, ergibt sich daraus nichts anderes, weil diese Äußerung am 15. / 16.04.2021 erfolgt sein soll, während die Aufforderung der Klägerin gegenüber der Beklagten, ihr weitere Flächen Verfügung zu stellen, vom 27.04.2021 stammte und somit innerhalb der bis zum 31.05.2021 andauernden Vertragslaufzeit erfolgte. Rein ergänzend sei ausgeführt, dass Herr D als Erfüllungsgehilfe der Klägerin, nicht jedoch als deren rechtsgeschäftlich bevollmächtigter Vertreter tätig wurde, so dass rechtlich bedeutsame Willenserklärungen des Herrn D - als solche will die Beklagte diese Erklärung werten - der Klägerin mangels Erteilung einer Vollmacht nicht gemäß § 164 Abs. 1 BGB zugerechnet werden können. 74Soweit die Beklagte auf den Seiten 10 und 11 der Klageerwiderungsschrift (Bl. 76 / 77 der Akte) umfassend ausführt, im Mai 2021 hätten keine eindeutigen Erkenntnisse über die bereits abgeholzten und die noch bereitzustellenden Holzmengen bestanden, wäre es ihre Aufgabe gewesen, entsprechende Feststellungen zu machen, bevor sie ihre vertraglichen Pflichten zur Bereitstellung weiterer Flächen verletzte; in diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, dass die Beklagte die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen der Voraussetzungen einer Erfüllung trifft. 754. 76Die gemäß §§ 280 Abs. 2, 281 Abs. 1 S. 1 BGB erforderliche Fristsetzung zur Leistung liegt im E-Mail-Schreiben der Klägerin vom 27.04.2021. Die Erfüllung der vertraglichen Pflicht, der Klägerin (weitere) Flächen zur vereinbarten Selbstwerbung zuzuweisen, war unproblematisch innerhalb der von der Klägerin gesetzten Frist von zwei Tagen möglich. 77Vor diesem Hintergrund sei rein ergänzend darauf hingewiesen, dass eine weitere Fristsetzung gemäß § 281 Abs. 2 Alt. 1 BGB entbehrlich war, nachdem die Beklagte im Telefongespräch vom 29.04.2021 mit der Behauptung, sie habe ihre Leistungspflichten erfüllt, die Zuweisung weiterer, von der Klägerin zu bearbeitender Forstflächen ernsthaft und endgültig verweigert hat. 785. 79Rechtsfolge ist, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin den dieser entstandenen Schaden, der ausweislich der Regelung gemäß § 252 BGB auch den entgangenen Gewinn umfasst, zu ersetzen. 80a) 81Die Höhe des der Klägerin entstandenen Schadens bedarf allerdings der Aufklärung durch Einholung eines Sachverständigengutachtens. Dieser Umstand allein hindert aber den Erlass eines Grundurteils gemäß § 304 Abs. 1 ZPO nicht. Denn ein Grundurteil kann dann erlassen werden, wenn ein nach Grund und Betrag streitiger Anspruch dem Grunde nach feststeht und wenn eine hohe Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass der Anspruch (irgendeiner) Höhe nach besteht (vergleiche dazu Hunke, in: Baumbach / Lauterbach / Hartmann / Anders / Gehle ZPO, 79. Aufl., § 304 Rdnr. 5). Aus obigen Ausführungen folgt, dass die Klage dem Grunde nach berechtigt ist. Es besteht auch die erforderliche hohe Wahrscheinlichkeit des Bestehens eines Anspruchs in (irgendeiner) Höhe. Das ergibt sich schon aus dem Vortrag der Beklagten selbst (Seite 7 der Klageerwiderung, Bl. 73 der Akte), laut dem die Beklagte insgesamt (erst) 43.630,42 Festmeter Holz geworben hat, sodass an der vertraglich geschuldeten Menge von 80.000 Festmetern noch 37.369,58 Festmeter fehlen. Daraus folgt die Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts in Gestalt entgangenen Gewinns. Das ergibt sich zum einen aus dem schlüssigen Vortrag der Klägerin. Zum anderen folgt das aber auch aus dem vorprozessualen Schreiben der jetzigen Prozessbevollmächtigten der Beklagten vom 21.07.2021, wie es von der Klägerin als Anlage K 3 zur Klageschrift zur Akte gereicht worden ist. Denn hier berechnet die Beklagte selbst einen auf Seiten der Klägerin eingetretenen Schaden in sechsstelliger Höhe. 82b) 83Auch der Umstand, dass die Beklagte der Ansicht ist, die Klägerin treffe ein Mitverschulden am Schadenseintritt, ändert nichts am Vorliegen der Voraussetzung des § 304 Abs. 1 ZPO. 84Ein Mitverschulden der Klägerin am Eintritt des Schadens liegt nämlich nicht vor. Ein Mitverschulden folgt insbesondere nicht aus einem Verstoß der Klägerin gegen die Regelung in Nr. 7.1 der Verträge. Dabei kann dahinstehen, ob der Klägerin ihren aus dieser vertraglichen Regelung folgenden Obliegenheiten genügt hat. Selbst wenn dies nicht der Fall gewesen sein sollte, hätte die Beklagte die Klägerin auffordern müssen, die Unterlagen vorzulegen, bevor sie die Zurverfügungstellung weiterer Flächen verweigerte. Zudem fehlt es an der Kausalität eines Verstoßes der Klägerin für die fehlende Zurverfügungstellung weiterer Flächen. Das folgt daraus, dass die Beklagte selbst nicht behauptet, die fehlende Zurverfügungstellung weiterer Flächen 85trotz des E-Mail-Schreibens der Klägerin vom 27.04.2021 sei auf die fehlende Vorlage von Unterlagen im Sinne der Regelung gemäß Nr. 7.1 des Vertrages gestützt worden. 86Deshalb ist es nicht erforderlich, von der Möglichkeit Gebrauch zu machen, die Klärung des Vorliegens eines Mitverschuldens dem Betragsverfahren vorzubehalten (vgl. zu dieser Möglichkeit Hunke, a. a. O., Rdnr. 10). 87II. Klageantrag zu 2. 88Auch mit diesem Antrag ist die Klage dem Grunde nach gerechtfertigt, wie sich aus § 280 Abs. 1 BGB ergibt. 89Denn anerkanntermaßen erstreckt sich die aus einer Verletzung vertraglicher Pflichten im Sinne des § 280 Abs. 1 BGB folgende Schadensersatzpflicht auch auf die durch die Geltendmachung und Durchsetzung des Schadensersatzanspruches verursachten Kosten (Grüneberg, a. a. O., § 249 Rdnr. 56), wozu insbesondere die durch die vorprozessuale Einschaltung von Rechtsanwälten entstehenden Kosten gehören (Grüneberg, a. a. O., § 249 Rdnr. 57, jeweils mit zahlreichen weiteren Nachweisen). 90Auch insoweit ist die Klage zur Höhe nicht entscheidungsreif, da die Frage, in welcher Höhe die jetzigen Prozessbevollmächtigten zur Geltendmachung von Kostenerstattungsansprüchen gegenüber der Klägerin berechtigt sind, davon abhängt, in welchem Umfang die Klage zum Antrag zu 1. Erfolg haben wird, und da diese Frage - wie soeben dargelegt worden ist - noch weiterer Aufklärung erfordert. Dementsprechend hat die Kammer auch insoweit gemäß § 304 Abs. 1 ZPO ein der Klage stattgebendes Grundurteil erlassen. 91III. Nebenentscheidungen 92Die Kostenentscheidung bleibt dem Endurteil vorbehalten, eine Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ist nicht veranlasst.
die klage ist dem grunde nach gerechtfertigt. die kostenentscheidung bleibt dem schlussurteil vorbehalten. 1
2die klägerin macht mit der klage schadensersatzansprüche geltend. 3zwischen der klägerin und der stadt c - wobei als auftraggeber in den vorformulierten verträgen, die von der beklagten gestellt worden sind, der „forstbetrieb der stadt c“ genannt worden ist - kam es am 14.09.2020 zum abschluss von zwei so bezeichneten unternehmerverträgen mit den vertragsnummern uv 2020-25 und uv 2020-37 (im folgenden: uv 25 bzw. uv 37). die vertragsformulare mit klauseln, wie sie in diesen unternehmerverträgen enthalten sind, werden von der beklagten auch in anderem zusammenhang benutzt. die verträge hatten eine laufzeit vom 01.09. 2020 bis zum 31.05.2021 und verhielten sich über von der klägerin im revier t der beklagten gemäß dem arbeitsauftrag der zuständigen revierleitung zu rückende holzsortimente. der uv 25 umfasste eine vertragsmasse von „ca. 30.000 fm“, der uv 37 eine solche von 50.000 fm. in beiden vertragsformularen heißt es unter ziffer 3.2, die vertragspartner vereinbarten eine mehr- oder mindermenge von max. 10 % der vereinbarten vertragsmenge. 4ziffer 7.1 hat auszugsweise folgenden inhalt: 5„7.1 kontrolle des holzaufmaßes . . . der auftragnehmer ist verpflichtet, dem revierleiter seine wöchentliche aufarbeitungsleistung bis freitag jeder woche unaufgefordert zu melden. die entsprechenden harvesterprotokolle sind wöchentlich dem forstamt an jedem freitag der woche durch den auftragnehmer unaufgefordert zu übermitteln.“ 6ziffer 9 hat folgenden inhalt: 7„die lieferung von 50.000 fm käferholz werden seitens des verkäufers garantiert. die vertragsmasse von 30.000 fm vermindert sich automatisch, wenn gegenüber der ursprünglichen einschätzung der kalamitätsmassen weniger holz anfällt. diese entscheidung trifft der forstbetrieb. in diesem fall entfällt der schadensersatzanspruch des auftragnehmers.“ 8bereits vor abschluss dieser verträge hatten die parteien einen vertrag über die werbung von 3.000 fm holz durch die beklagte abgeschlossen, wobei die klägerin in umsetzung dieses vertrages eine menge von 3.004,57 fm holz aufgearbeitet hatte. 9nach vertragsschluss führte das von der klägerin beauftragte subunternehmen d die vertraglich vereinbarten arbeiten durch, wobei der zuständige revierlei- 10ter der beklagten diesem jeweils im voraus zeigte, auf welchen flächen die holzrückarbeiten erledigt werden konnten. 11nach unbestritten gebliebenem klägerischen vortrag stellte die beklagte seit anfang april keine flächen mehr zur weiteren bearbeitung zur verfügung. der weitere vortrag der klägerin, die beklagte habe sich bereits zuvor - nämlich in der zeit seit februar 2021 - um eine reduzierung der vertragsmenge bemüht, ist von der beklagten ebenso wenig bestritten worden wie die ausführungen der klägerin, ihr sei bekannt, dass die beklagte mit anderen marktteilnehmern unternehmerverträge abgeschlossen habe, bei denen sie im vergleich mit dem inhalt des zwischen den parteien des rechtsstreits abgeschlossenen vertrag stärker vom starken holzpreisanstieg profitiert habe. 12mit e-mail-schreiben vom 27.04.2021, wegen dessen gesamten inhalts auf die als ausdruck zur akte gereichte anlage b 3 zum beklagtenschriftsatz vom 07.03.2022 (bl. 125 ff. der akte) bezug genommen wird, bot die klägerin die durchführung der vertraglich vereinbarten arbeiten zur aufarbeitung der sich nach ihren berechnungen ergebenden restmenge von 14.500 fm ab montag, 03.05.2021, an und bat um rückantwort bis spätestens freitag, 10:00 uhr, wo der harvester eingesetzt werden könne. gleichzeitig behielt die klägerin sich für den fall, dass sie „nichts weiter höre“, weitergehende rechte vor und teilte mit, sie stehe für ein telefonat zur verfügung. am 29.04.2021 fand ein telefonat statt, in dem nach - anschließend nicht mehr von der beklagten bestrittenem - klägervortrag keine einigung zu den bereitzustellenden festmetern und qualitäten zur erfüllung der geschlossenen unternehmerverträge erzielt werden konnte. eine ausweisung von durch die klägerin oder durch den von ihr beauftragten subunternehmer zu bearbeitenden flächen erfolgte anschließend seitens der beklagten nicht. 13die klägerin hat ohne berücksichtigung des sich über eine menge von 3.000 fm holz verhaltenden vertrages aufgrund des uv 25 insgesamt 35.704,46 fm sägeholz und 463,95 fm industrieholz und anschließend weitere 6.462,01 fm industrieholz aufgearbeitet, sodass sich unter hinzurechnung der im hinblick auf den über eine menge von 3.000 fm abgeschlossenen vertrag ergebenden „zuvielmenge“ von 4,57 fm eine insgesamt geworbene menge von 42.634,99 fm ergibt. 14die zwischen ihren - anschließend von den jetzigen parteien des rechtsstreits beauftragten - jetzigen prozessbevollmächtigten geführten verhandlungen führten zu keiner einigung. zwar bot die beklagte zunächst ausweislich des vorprozessualen schreibens vom 21.07.2021 (anlage k 3 zur klageschrift) die zahlung eines betrages von 243.183,60 € zur abgeltung des rechtsstreits und zur abgeltung sämtlicher der der klägerin gegen die beklagte zustehenden ansprüche an, jedoch teilten ihre jetzigen prozessbevollmächtigten mit e-mail-schreiben vom 03.08.2021 (ausdruck anlage k 6 zur klageschrift) mit, dieses angebot stehe unter dem vorbehalt der zustimmung des gemeinderats, der am 02.09.2021 beraten werde. 15nachdem die klägerin im anschluss an diesen termin keine nachricht erreichte, macht sie nunmehr gegen die beklagte schadensersatzansprüche geltend, wobei sie mit ihrer klageschrift zunächst - ausgehend von einer gesamtvertragsmasse von 80.000 fm - unter zugrundelegung der berechnung gemäß seite 6 der klageschrift vom 27.10.2021 eine schadensersatzforderung von 1.663.144,45 € brutto errechnet hat. ausweislich des inhalts der klageerweiterungsschrift vom 13.06.2022 (bl. 178 ff. d. a.) errechnet sie nunmehr aufgrund einer berücksichtigung einer weiteren, bis dahin in ihre berechnungen nicht einbezogenen fehlmenge (industrieholz) eine schadensersatzforderung in höhe von 2.296.039,65 € brutto. 16dementsprechend beantragt die klägerin, 17181. 19die beklagte zu verurteilen, an sie einen betrag in höhe von eur 2.296.039,65 brutto zzgl. verzugszinsen in höhe von 5 %-punkten über dem jeweiligen basiszinssatz seit dem 11.11.2021 aus eur 1.663.944,45 sowie aus eur 632.095,20 seit dem 12.07.2022 zu zahlen, 202. 21die beklagte zu verurteilen, an die klägerin vorgerichtliche anwaltskosten in höhe von eur 9.768,70 netto zzgl. verzugszinsen hieraus in höhe von 5 prozentpunkten über dem jeweiligen basiszinssatz seit dem 11.11.2021 zu zahlen. 22die beklagte beantragt, 23die klage abzuweisen. 24sie beruft sich zunächst auf erfüllung. sie meint, diese sei bereits bei einer geworbenen menge von 45.000 fm eingetreten. dies ergebe sich daraus, dass sie ausweislich der ziffern 9 der verträge zur einschätzung berechtigt sei, es falle weniger holz an, mit der folge, dass sich die vertragsmasse um 30.000 fm vermindere. aus ziffer 3.2 der verträge ergebe sich, dass eine mindermenge von maximal 10 % der vereinbarten vertragsmenge vereinbart worden sei; werde diese von der verbleibenden vertragsmasse von 50.000 fm abgezogen, verbleibe eine vertragsmenge von 45.000 fm, die unter einbeziehung des vertrages über eine menge von 3.000 fm von der klägerin abgearbeitet worden sei. dazu trägt die beklagte vor, nachdem die klägerin aufgrund des erstvertrages 3.004,57 fm aufgearbeitet habe, habe sie aufgrund des uv 25 eine menge von 35.704,46 fm sägeholz und 463,95 fm industrieholz aufgearbeitet, anschließend weitere 6.462,01 fm industrieholz. außerdem sei eine einverständliche kürzung der vertragsmenge auf eine menge von 50.000 fm erfolgt. die beklagte meint, ein solches einverständnis ergebe sich aus dem e-mail-schreiben der klägerin vom 27.04.2021. 25im zusammenhang mit dem von ihr erhobenen erfüllungseinwand trägt die beklagte ergänzend vor, der von der klägerin beauftragte subunternehmer d habe am 15. / 16.04. 2021 das revier verlassen und dabei geäußert, der vertrag „sei voll“, wobei die beklagte in diesem zusammenhang weiter vorträgt, zu diesem zeitpunkt seien sämtliche beteiligte davon ausgegangen, dass nur eine vertragsmasse von 50.000 fm fest vereinbart gewesen sei. anschließend seien die flächen, die herrn d ausgewiesen worden seien, nicht mehr bearbeitet worden, bis die klägerin sie mit schreiben vom 27.04.2021 aufgefordert habe, ihr weiteres holz zur verfügung zu stellen. 26im übrigen habe sie lediglich die pflicht getroffen, der beklagten flächen zur verfügung zu stellen. dieser pflicht sei sie nachgekommen, indem sie unmittelbar zu beginn der vertragsbeziehung flächen zur holzaufarbeitung für die klägerin ausgewiesen habe, die ausgereicht hätten, um während der vertragslaufzeit 80.000 fm holz zu werben. weitergehende pflichten hätten sie nicht getroffen, wie sie meint. 27schließlich vertritt sie die ansicht, selbst wenn eine pflichtverletzung vorliege, habe sie diese nicht zu vertreten. denn es sei sache der klägerin gewesen, den stand der aufarbeitung und damit den der geworbenen menge zu kontrollieren. am verschulden fehle es auch deshalb - wie sie weiter ausführt -, weil sie aufgrund der ihrer ansicht nach der klägerin zuzurechnenden äußerungen des herrn d davon habe ausgehen dürfen, die klägerin wolle keine weiteren bezugsrechte mehr nutzen, sodass sie ab diesem zeitpunkt nicht mehr verpflichtet gewesen sei, für die klägerin zusätzlich aufzuarbeitende flächen bereitzuhalten. zudem habe diese das ihr laut vertrag zustehende recht zur holzwerbung nicht vollständig ausgenutzt. 28jedenfalls treffe die klägerin - wie die beklagte weiter meint - ein erhebliches mitverschulden an einem eingetretenen schaden in form entgangenen gewinns, insbesondere deshalb, weil die klägerin durch das unterlassen weiterer aufarbeitung von holz während der vertragslaufzeit selbst dazu beigetragen habe, dass sie nicht die gesamte von ihr beanspruchte vertragsmasse erhalten habe. 29abschließend wendet sich die beklagte gegen die schadensberechnung der klägerin. 30zur ergänzung des sach- und streitstand inhalt der gewechselten schriftsätze nebst anlagen verwiesen. 31
32die klage ist dem grunde nach gerechtfertigt, sodass die kammer grundurteil gemäß § 304 abs. 1 zpo erlassen hat. 33i. klageantrag zu 1. 34der klägerin steht gegen die beklagte einen schadensersatzanspruch gemäß §§ 280 abs. 1, abs. 3, 281 abs. 1 s. 1, abs. 2 bgb zu. 351. 36beklagte partei ist ungeachtet der in der klageschrift erfolgten parteibezeichnung „forstbetrieb der stadt c“ allein die stadt c. 37a) 38nach der höchstrichterlichen rechtsprechung ist eine parteibezeichnung als teil einer prozesshandlung grundsätzlich der auslegung zugänglich. dabei ist entscheidend, wie die bezeichnung bei objektiver deutung aus der sicht der empfänger (gericht und gegenpartei) zu verstehen ist. es kommt darauf an, welcher sinn der von der klagenden partei in der klageschrift gewählten bezeichnung bei objektiver würdigung des erklärungsinhalts beizulegen ist (bghz 4, 328, 334; bgh, njw 1987, 1946 m. w. n.). bei objektiv unrichtiger oder auch mehrdeutiger bezeichnung ist grundsätzlich diejenige person als partei anzusprechen, die erkennbar durch die parteibezeichnung betroffen werden soll (bgh, a. a. o. und njw-rr 1995, 764 m. w .n.). bei der auslegung der parteibezeichnung sind nicht nur die im rubrum der klageschrift enthaltenen angaben, sondern auch der gesamte inhalt der klageschrift einschließlich etwaiger beigefügter anlagen zu berücksichtigen (bgh, mdr 2008, 524 f.) dabei gilt der grundsatz, dass die klageerhebung gegen die in wahrheit gemeinte partei nicht an deren fehlerhafter bezeichnung scheitern darf, wenn diese mängel in anbetracht der jeweiligen umstände letztlich keine vernünftigen zweifel an dem wirklich gewollten aufkommen lassen, solange nur aus dem inhalt der klageschrift und etwaigen anlagen unzweifelhaft deutlich wird, welche partei tatsächlich gemeint ist (bag, a. a. o.; so auch schon olg hamm, njw-rr 1991, 188). 39b) 40unter zugrundelegung dieser grundsätze ist in der obergerichtlichen rechtsprechung, der die kammer sich anschließt, für den fall, dass auf kläger- oder beklagtenseite nach dem wortlaut der in einer klageschrift gewählten parteibezeichnungen ein gemeindlicher eigenbetrieb klagen bzw. verklagt werden soll, anerkannt, dass regelmäßig die rechts- und damit parteifähige gemeinde partei werden soll (bgh, wm 1981, 529; lg köln, urt. v. 30.08.2011 - 5 o 299/10 -, zitiert nach „juris“). 41so liegt der fall auch hier: die klägerin hat schon auf seite 2 der klageschrift - dort unter gliederungspunkt i. 2. - dargelegt, dass die stadt c beklagte sein soll. schon im wege der angezeigten (siehe die obigen ausführungen) auslegung zur sich hier stellenden frage, welche partei verklagt werden soll, folgt daraus, dass die stadt c und nicht deren eigenbetrieb beklagte sein soll. 422. 43die beklagte hat jedenfalls ab dem 27.04.2021 ihre aus den unter der bezeichnung uv 37 in verbindung mit dem uv 25 geschlossenen verträgen folgenden vertraglichen pflichten verletzt, der klägerin bis zum zeitpunkt des vertragsablaufes am 31.05. 2021 diejenigen flächen, auf denen diese die vertraglich vereinbarte tätigkeit der selbstwerbung durchführen sollte, auszuweisen. 44a) 45eine solche vertragliche pflicht bestand zu lasten der beklagten. das folgt schon aus ihren eigenen ausführungen auf seite 3 der klageerwiderung vom 22.12.2021 (bl. 69 der akte). hier führt die beklagte selbst aus, dass der zuständige revierleiter dem von der klägerin beauftragten herrn d jeweils im vorfeld der von diesem im auftrag der klägerin durchzuführenden holzarbeiten die zu bearbeitenden flächen auswies. daraus folgt, dass eine vertragliche pflicht der beklagten bestand, ihrer vertragspartnerin, der klägerin vor durchführung der arbeiten entsprechende flächen auszuweisen. 46b) 47diese vertragliche pflicht hat die beklagte jedenfalls spätestens ab dem 27.04.2021 verletzt. 48aa) 49unstreitig - die beklagte führt dies selbst auf seite 5 der klageerwiderung vom 22.12. 2021 (bl. 171 der akte) aus, das ergibt sich im übrigen auch aus dem inhalt des e-mail-schreibens der klägerin vom 27.04.2021 - hat die klägerin die beklagte an diesem tag aufgefordert, ihr weitere flächen anzuweisen, auf denen weiteres holz geworben werden konnte. ebenfalls unstreitig - die beklagte hat den entsprechenden vortrag der klägerin auf seite 2 deren schriftsatzes vom 21.02.2022 nicht bestritten mit der sich aus § 138 abs. 3 hs. 1 zpo ergebenden rechtsfolge, dass dieser vortrag als zugestanden gilt - hat die beklagte der klägerin anschließend keine weiteren flächen zugewiesen; vielmehr wurde am 29.04.2021 ein telefonat geführt, bei dem keine einigung zu den bereitzustellenden festmetern und qualitäten zur erfüllung der geschlossenen unternehmerverträge erzielt worden ist. die klägerin ihre vertraglich vereinbarte pflicht zur ausweisung von durch die klägerin zu bearbeitenden flächen verletzt. 50eine pflichtverletzung ist entgegen der nunmehr von der beklagten im rechtsstreit vertretenen ansicht nicht deshalb zu verneinen, weil an diesem tage die vertraglich vereinbarten mengen von der klägerin bereits geworben worden wären mit der sich daraus ergebenden rechtsfolge, dass die beklagte gemäß § 362 abs. 1 bgb ihre vertraglichen pflichten erfüllt hätte und nicht mehr verpflichtet gewesen wäre, der klägerin weitere flächen zur selbstwerbung zur verfügung zu stellen. 51denn die beklagte führt auf seite 7 der klageerwiderungsschrift (bl. 73 der akte) selbst aus, durch die klägerin seien vor dem hintergrund der verträge uv 25 i. v. m. 52uv 37 insgesamt 42.630,42 festmeter (42.634,99 festmeter minus 4,57 festmeter aus einem anderen vertrag) geworben worden. daraus folgt, dass die vertraglich vereinbarte menge von 30.000 festmetern und 50.000 festmetern = 80.000 festmetern bei weitem noch nicht erreicht war. 53(1) 54soweit die beklagte die ansicht vertritt, aus den zu nrn. 9 der beiden verträge vereinbarten klauseln ergebe sich, dass sie berechtigt sei, die vertragsmenge um 30.000 festmeter zu mindern, kann die kammer dieser argumentation im vorliegenden fall aus mehreren gründen nicht folgen: 55(a) 56die beklagte war zum einen zur verminderung der vertragsmasse um bis zu 30.000 festmeter nur im hinblick auf die vertragsmasse aus der vereinbarung uv 25 berechtigt. aus dem eigenen vorbringen der beklagten, wie es auf seite 7 der klageerwiderungsschrift (bl. 73 der akte) zur akte gereicht worden ist, ergibt sich aber, dass dieser vertrag zum zeitpunkt der aufforderung zur zurverfügungstellung weiterer flächen gemäß e-mail-schreiben der klägerin vom 27.04.2021 bereits „abgearbeitet“ war, nachdem die beklagte hier selbst darlegt, aufgrund dieses vertrages seien von der klägerin 35.704,46 festmeter sägeholz und 463,95 festmeter industrieholz aufgearbeitet worden. damit hatte die beklagte die aus diesem vertrag folgenden pflichten, 30.000 festmeter holz zur verfügung stellen zu müssen, zu diesem zeitpunkt erfüllt mit der weiteren folge, dass sie nicht mehr berechtigt war, diese vertragsmasse zu vermindern. 57(b) 58zum anderen war die beklagte nur berechtigt, die vertragsmasse zu vermindern, wenn weniger holz anfiel. wie sich aus ihrem eigenen, soeben dargestellten vorbringen ergibt, war diese tatsächliche voraussetzung aber nicht gegeben, wie schon daraus folgt, dass die klägerin mehr holz geworben hatte als vertraglich vorgesehen. zudem weist die klägerin zu recht darauf hin, dass die beklagte in der klageerwiderung ausführt, es seien genügend flächen vorhanden gewesen, um 80.000 festmeter holz aufzuarbeiten. 59(c) 60letztlich liegen die voraussetzungen aber auch deshalb nicht vor, weil die beklagte nur berechtigt war, während der vertragslaufzeit eine entscheidung dahingehend zu treffen, dass sich die vertragsmasse vermindere. eine solche erklärung der beklagten ist während der vertragslaufzeit aber nicht erfolgt. die beklagte trägt vielmehr selbst vor, dass am 29.04.2021 ein verhandlungsgespräch stattgefunden habe. 61(2) 62auch die klausel in nr. 3.2 der verträge, laut der die vertragspartner eine mehr- oder mindermenge von maximal 10 % der vertragsmenge vereinbarten, ändert nichts daran, dass die beklagte während der vertragslaufzeit verpflichtet war, der klägerin 63so lange flächen anzuweisen, bis die vertraglich genannte menge von 80.000 festmeter zur selbstwerbung erreicht war. 64(a) 65zum einen fiel keine mindermenge im sinne dieser klausel an, wie sich schon aus den ausführungen unter i. 1. b) bb) (1) (a) dieses urteils ergibt. 66(b) 67zum anderen hatte die beklagte - nachdem, wie soeben dargelegt worden ist, die zu ihren lasten aus dem vertrag uv 25 folgenden pflichten gemäß § 362 abs. 1 bgb durch erfüllung erloschen waren - die pflichten aus dem vertrag uv 37 zu erfüllen. aus der regelung in nr. 9 dieses vertrages ergibt sich aber, dass die beklagte die lieferung von 50.000 festmetern käferholz garantierte. aufgrund der garantieerklärung war sie nicht mehr berechtigt, von der regelung in nr. 3.2 gebrauch zu machen, sodass diese regelung nur bedeutung für den vertrag uv 25 hat. das folgt aus der bestimmung des § 305c abs. 2 bgb, laut der zweifel bei der auslegung allgemeiner geschäftsbedingungen zu lasten des verwenders - hier somit zu lasten der beklagten - gehen. bei den klauselwerken handelt es sich - wie schon die verwendung zweier im wesentlichen gleichlautender formulare folgt - um allgemeine geschäftsbedingungen im sinne des § 305 abs. 1 s. 1 bgb, wobei diese regelung - wie aus § 310 abs. 1 s. 1 bgb folgt - auch im rechtsverhältnis von unternehmern zueinander anwendung findet. denn die klausel, laut der 50.000 festmeter holz garantiert werden, steht mit derjenigen - die von der kammer für sich genommen grundsätzlich als wirksam angesehen wird -, dass die beklagte berechtigt sein solle, sich trotz einer mindermenge von 10 % auf erfüllung berufen zu können, in unlösbarem widerspruch. es handelt sich demnach um eine mehrdeutige klausel, die einerseits dahingehend ausgelegt werden kann, 50.000 festmeter seien garantiert - woraus folgt, dass diese menge dann nicht unterschritten werden darf -, andererseits dahin, die beklagte sei berechtigt, bereits bei erreichen von 45.000 festmeter die zuweisung weiterer flächen zu verweigern. anerkanntermaßen gilt in einem solchen fall der grundsatz, dass die klausel in der auslegung wirksamkeit entfaltet, die für den kunden die günstigste ist, da angesichts des umstandes, dass der klauselverwender sich klar ausdrücken kann, eine kundenfreundliche auslegung vorzunehmen ist (vergleiche zum ganzen palandt / grüneberg, bgb, 80. aufl., § 305c rdnr. 18 mit zahlreichen weiteren nachweisen aus der rechtsprechung). 68bb) 69durch dieses verhalten, das sich als nichterfüllung der vertraglich vereinbarten leistungspflichten darstellt (vgl. dazu palandt / grüneberg, bgb, 80. aufl., § 280 rdnr. 13 und § 281 rdnr. 17, jeweils mit weiteren nachweisen), hat die beklagte gleichzeitig ihre nebenvertraglich bestehende pflicht, den vertragszweck nicht zu beeinträchtigen, und damit die leistungstreuepflicht (vgl. dazu grüneberg, a. a. o., § 280 rdnr. 25) verletzt. denn es war vertragszweck, der klägerin die möglichkeit einzuräumen, eine menge von insgesamt 80.000 festmetern holz zu werben. indem die beklagte die ansicht vertrat, sie habe ihre pflichten bereits dadurch erfüllt, dass es der klägerin bis ende april 2021 ermöglicht worden war, eine menge von ca. 45.000 festmetern holz zu werben, verweigerte sie konkludent die anweisung von flächen, die es der klägerin ermöglichten, weitere holzmengen zu werben, obwohl diese darauf einen vertraglichen anspruch hatte, und beeinträchtigte damit erheblicher art und weise die erreichung des vertragszweckes (werbung von 80.000 festmetern holz). 70cc) 71diese pflichtverletzungen der beklagten entfallen auch nicht aufgrund eines verzichts der klägerin auf die werbung weiterer holzmengen. entgegen dem vorbringen der beklagten kann nämlich weder das vorliegen einer „einverständlichen“, also zwischen den parteien abgesprochenen kürzung der vertragsmenge noch der ausspruch eines solchen verzichts durch die klägerin festgestellt werden. die beklagte bezieht sich zum beleg für die richtigkeit dieses vortrags auf den inhalt des e-mail-schreibens des geschäftsführers der klägerin vom 27.04.2021 (bl. 134 der akte), aus dem sich das genaue gegenteil ergibt. 723. 73diese pflichtverletzung erfolgte auch schuldhaft. das ergibt sich schon aus der verschuldensvermutung des § 280 abs. 1 s. 2 bgb. vermutungswiderlegender vortrag der beklagten ist nicht zur akte gelangt. soweit die beklagte ausführt, der von der klägerin beauftragte herr d habe geäußert, der vertrag sei voll, ergibt sich daraus nichts anderes, weil diese äußerung am 15. / 16.04.2021 erfolgt sein soll, während die aufforderung der klägerin gegenüber der beklagten, ihr weitere flächen verfügung zu stellen, vom 27.04.2021 stammte und somit innerhalb der bis zum 31.05.2021 andauernden vertragslaufzeit erfolgte. rein ergänzend sei ausgeführt, dass herr d als erfüllungsgehilfe der klägerin, nicht jedoch als deren rechtsgeschäftlich bevollmächtigter vertreter tätig wurde, so dass rechtlich bedeutsame willenserklärungen des herrn d - als solche will die beklagte diese erklärung werten - der klägerin mangels erteilung einer vollmacht nicht gemäß § 164 abs. 1 bgb zugerechnet werden können. 74soweit die beklagte auf den seiten 10 und 11 der klageerwiderungsschrift (bl. 76 / 77 der akte) umfassend ausführt, im mai 2021 hätten keine eindeutigen erkenntnisse über die bereits abgeholzten und die noch bereitzustellenden holzmengen bestanden, wäre es ihre aufgabe gewesen, entsprechende feststellungen zu machen, bevor sie ihre vertraglichen pflichten zur bereitstellung weiterer flächen verletzte; in diesem zusammenhang sei darauf hingewiesen, dass die beklagte die darlegungs- und beweislast für das vorliegen der voraussetzungen einer erfüllung trifft. 754. 76die gemäß §§ 280 abs. 2, 281 abs. 1 s. 1 bgb erforderliche fristsetzung zur leistung liegt im e-mail-schreiben der klägerin vom 27.04.2021. die erfüllung der vertraglichen pflicht, der klägerin (weitere) flächen zur vereinbarten selbstwerbung zuzuweisen, war unproblematisch innerhalb der von der klägerin gesetzten frist von zwei tagen möglich. 77vor diesem hintergrund sei rein ergänzend darauf hingewiesen, dass eine weitere fristsetzung gemäß § 281 abs. 2 alt. 1 bgb entbehrlich war, nachdem die beklagte im telefongespräch vom 29.04.2021 mit der behauptung, sie habe ihre leistungspflichten erfüllt, die zuweisung weiterer, von der klägerin zu bearbeitender forstflächen ernsthaft und endgültig verweigert hat. 785. 79rechtsfolge ist, dass die beklagte verpflichtet ist, der klägerin den dieser entstandenen schaden, der ausweislich der regelung gemäß § 252 bgb auch den entgangenen gewinn umfasst, zu ersetzen. 80a) 81die höhe des der klägerin entstandenen schadens bedarf allerdings der aufklärung durch einholung eines sachverständigengutachtens. dieser umstand allein hindert aber den erlass eines grundurteils gemäß § 304 abs. 1 zpo nicht. denn ein grundurteil kann dann erlassen werden, wenn ein nach grund und betrag streitiger anspruch dem grunde nach feststeht und wenn eine hohe wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass der anspruch (irgendeiner) höhe nach besteht (vergleiche dazu hunke, in: baumbach / lauterbach / hartmann / anders / gehle zpo, 79. aufl., § 304 rdnr. 5). aus obigen ausführungen folgt, dass die klage dem grunde nach berechtigt ist. es besteht auch die erforderliche hohe wahrscheinlichkeit des bestehens eines anspruchs in (irgendeiner) höhe. das ergibt sich schon aus dem vortrag der beklagten selbst (seite 7 der klageerwiderung, bl. 73 der akte), laut dem die beklagte insgesamt (erst) 43.630,42 festmeter holz geworben hat, sodass an der vertraglich geschuldeten menge von 80.000 festmetern noch 37.369,58 festmeter fehlen. daraus folgt die wahrscheinlichkeit eines schadenseintritts in gestalt entgangenen gewinns. das ergibt sich zum einen aus dem schlüssigen vortrag der klägerin. zum anderen folgt das aber auch aus dem vorprozessualen schreiben der jetzigen prozessbevollmächtigten der beklagten vom 21.07.2021, wie es von der klägerin als anlage k 3 zur klageschrift zur akte gereicht worden ist. denn hier berechnet die beklagte selbst einen auf seiten der klägerin eingetretenen schaden in sechsstelliger höhe. 82b) 83auch der umstand, dass die beklagte der ansicht ist, die klägerin treffe ein mitverschulden am schadenseintritt, ändert nichts am vorliegen der voraussetzung des § 304 abs. 1 zpo. 84ein mitverschulden der klägerin am eintritt des schadens liegt nämlich nicht vor. ein mitverschulden folgt insbesondere nicht aus einem verstoß der klägerin gegen die regelung in nr. 7.1 der verträge. dabei kann dahinstehen, ob der klägerin ihren aus dieser vertraglichen regelung folgenden obliegenheiten genügt hat. selbst wenn dies nicht der fall gewesen sein sollte, hätte die beklagte die klägerin auffordern müssen, die unterlagen vorzulegen, bevor sie die zurverfügungstellung weiterer flächen verweigerte. zudem fehlt es an der kausalität eines verstoßes der klägerin für die fehlende zurverfügungstellung weiterer flächen. das folgt daraus, dass die beklagte selbst nicht behauptet, die fehlende zurverfügungstellung weiterer flächen 85trotz des e-mail-schreibens der klägerin vom 27.04.2021 sei auf die fehlende vorlage von unterlagen im sinne der regelung gemäß nr. 7.1 des vertrages gestützt worden. 86deshalb ist es nicht erforderlich, von der möglichkeit gebrauch zu machen, die klärung des vorliegens eines mitverschuldens dem betragsverfahren vorzubehalten (vgl. zu dieser möglichkeit hunke, a. a. o., rdnr. 10). 87ii. klageantrag zu 2. 88auch mit diesem antrag ist die klage dem grunde nach gerechtfertigt, wie sich aus § 280 abs. 1 bgb ergibt. 89denn anerkanntermaßen erstreckt sich die aus einer verletzung vertraglicher pflichten im sinne des § 280 abs. 1 bgb folgende schadensersatzpflicht auch auf die durch die geltendmachung und durchsetzung des schadensersatzanspruches verursachten kosten (grüneberg, a. a. o., § 249 rdnr. 56), wozu insbesondere die durch die vorprozessuale einschaltung von rechtsanwälten entstehenden kosten gehören (grüneberg, a. a. o., § 249 rdnr. 57, jeweils mit zahlreichen weiteren nachweisen). 90auch insoweit ist die klage zur höhe nicht entscheidungsreif, da die frage, in welcher höhe die jetzigen prozessbevollmächtigten zur geltendmachung von kostenerstattungsansprüchen gegenüber der klägerin berechtigt sind, davon abhängt, in welchem umfang die klage zum antrag zu 1. erfolg haben wird, und da diese frage - wie soeben dargelegt worden ist - noch weiterer aufklärung erfordert. dementsprechend hat die kammer auch insoweit gemäß § 304 abs. 1 zpo ein der klage stattgebendes grundurteil erlassen. 91iii. nebenentscheidungen 92die kostenentscheidung bleibt dem endurteil vorbehalten, eine entscheidung zur vorläufigen vollstreckbarkeit ist nicht veranlasst.
Klaeger*in
1
331,134
25 K 1079/19
2020-08-14T00:00:00
Urteil
Tenor Das Verfahren wird eingestellt, soweit die Verfahrensbeteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar. 1Tatbestand: 2Die Klägerin begehrt die Erteilung einer Baugenehmigung für die Erweiterung eines Lebensmitteldiscounters von 799,99 m² auf 1.052,71 m² Verkaufsfläche sowie die Erstellung eines Eingangskoffers auf dem Grundstück T. Straße 0 in T1. (Gemarkung X. , Flur 00, Flurstücke 000 und 000), dessen Eigentümerin sie ist. 3Für das streitbetroffene Grundstück liegt derzeit der Bebauungsplan X 000 – Teil X aus dem Jahr 1985 vor, der im Plangebiet vor allem Gewerbegebiete (GE) festsetzt. Lediglich im Bereich der T2. Straße/P. E.---straße setzt der Bebauungsplan ein Kerngebiet (MK) fest. Zuvor galt für weite Teile des Plangebiets der Bebauungsplan X 000 aus dem Jahr 1970, der für den Bereich des Plangebietes eine Mischgebietsfestsetzung vorsah. Im Rahmen einer verwaltungsinternen Überprüfung gelangte die Beklagte zu der Auffassung, dass die beiden Bebauungspläne als unwirksam zu betrachten seien, da es jeweils an Beitrittsbeschlüssen des Rates zu Auflagen des Regierungspräsidenten im damaligen Genehmigungsverfahren fehlte (BA Ht. 9 Bl. 67 ff. und BA Ht. 10). 4Am 14. Juli 2011 beschloss der Rat der Beklagten daher die Aufstellung des Bebauungsplanes X 000 (BA Ht. 8 Bl. 51). Das – in der Begründung zum Aufstellungsbeschluss näher beschriebene und zeichnerisch in einem Lageplan dargestellte – Plangebiet umfasste den Bereich südlich der T. Straße, westlich der T2. Straße, nördlich der P1. E.---straße und östlich der Straße T. G. . In derselben Sitzung beschloss der Rat der Beklagten zudem für das Plangebiet die Veränderungssperre Nr. 000/000 (BA Ht. 8 Bl. 51). Der Aufstellungsbeschluss sowie die Veränderungssperrensatzung wurden im Amtsblatt der Beklagten „DIE STADT“ Nr. 29 vom 21. Juli 2011 öffentlich bekannt gemacht (BA Ht. 8 Bl. 56 ff.). 5Unter Berufung auf diese Veränderungssperre lehnte die Beklagte seinerzeit einen Antrag der Klägerin auf Erteilung eines Bauvorbescheids für die Errichtung eines kleinflächigen Lebensmitteldiscounters (799,99 m²) auf dem Grundstück T. Straße 0 ab. 6Am 6. Dezember 2012 beschloss der Rat der Beklagten erneut die Aufstellung des Bebauungsplanes X 000 (BA Ht. 8 Bl. 108), um einem bereits in Aufstellung befindlichen kommunalen Einzelhandelskonzept Rechnung zu tragen. Das – in der Begründung zum Aufstellungsbeschluss näher beschriebene und zeichnerisch in einem Lageplan dargestellte – Plangebiet umfasste nunmehr den Bereich südlich und östlich der T. Straße, westlich der T2. Straße und nördlich der P1. E.---straße . Wiederum wurde in derselben Sitzung des Rates der Beklagten für das Plangebiet eine Veränderungssperre (Nr. 000/000, BA Ht. 8 Bl. 108) beschlossen. Der Aufstellungsbeschluss sowie die Veränderungssperrensatzung wurden im Amtsblatt der Beklagten „DIE STADT“ Nr. 50 vom 13. Dezember 2012 öffentlich bekannt gemacht (BA Ht. 8 Bl. 135 f.). Im Dezember 2012 beschloss der Rat der Beklagten zudem die Einleitung des Aufhebungsverfahrens hinsichtlich der Bebauungspläne X 000 – Teil B und X 000 (BA Ht. 2 Bl. 89). 7Mit Beschluss vom 8. Februar 2013 (Az.: 10 B 1239/12 – juris) entschied das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (im Folgenden: OVG NRW), dass nach § 52 Abs. 3 Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen (GO NRW) die für die öffentliche Bekanntmachung von Satzungen geltenden Bestimmungen (§ 7 Abs. 4 und 5 GO NRW) auch bei den nach der GO NRW oder anderen Rechtsvorschriften vorgeschriebenen sonstigen öffentlichen Bekanntmachungen sinngemäß Anwendung fänden, soweit nicht ausdrücklich anderes bestimmt sei. Die nach § 2 Abs. 1 Satz 2 Baugesetzbuch (BauGB) vorgeschriebene ortsübliche Bekanntmachung des Aufstellungsbeschlusses sei eine sonstige öffentliche Bekanntmachung im Sinne dieser Vorschrift. § 52 Abs. 3 GO NRW verweise nicht lediglich auf die ausdrücklich erwähnten Regelungen des § 7 Abs. 4 und 5 GO NRW. Auch die Bestimmungen der auf der Grundlage der Verordnungsermächtigung des § 7 Abs. 5 GO NRW erlassenen Verordnung über die öffentliche Bekanntmachung von kommunalem Ortsrecht (BekanntmVO NRW) fänden sinngemäß Anwendung. 8In der Annahme, die Veränderungssperrensatzung vom 6. Dezember 2012 sei mangels Übereinstimmungsvermerks nach § 2 Abs. 3 BekanntmVO unter Zugrundelegung dieser Rechtsprechung unwirksam, erteilte die Beklagte der Klägerin einen Bauvorbescheid für die Errichtung eines kleinflächigen Lebensmitteldiscounters (799,99 m²) auf dem Grundstück T. Straße 0. Darauf aufbauend erteilte sie der Klägerin am 19. November 2014 auch die entsprechende Baugenehmigung. 9In seiner Sitzung am 12. Dezember 2013 beschloss der Rat der Beklagten das Kommunale Einzelhandelskonzept für die Stadt T1. (abrufbar: https://www.baufachinformation.de/Kommunales-Einzelhandelskonzept-der-Stadt-T1. /bu/2016099019926, letzter Abruf: 14. August 2020). 10Am 10. April 2014 beschloss der Rat der Beklagten die Neufassung der Hauptsatzung. Am 24. April 2014 bestätigte der damalige Oberbürgermeister der Beklagten, Herr O. G1. , mittels einer Paraphe auf dem Schriftstück, dass der Inhalt/Wortlaut des papiergebundenen Dokuments der Satzung mit dem Ratsbeschluss übereinstimme und dass nach den Vorschriften des § 2 Abs. 1 und 2 BekanntmVO NRW verfahren worden sei (BA Ht. 6 Hefter 8 Bl. 20). Die Satzung wurde im Amtsblatt der Beklagten „DIE STADT“ Nr. 19 vom 8. Mai 2014 öffentlich bekannt gemacht (BA Ht. 6 Hefter 8 Bl. 32 ff.). 11Zudem beschloss der Rat der Beklagten am 11. Dezember 2014 erneut die Aufstellung des Bebauungsplanes X 000. Das – in der Begründung zum Aufstellungsbeschluss näher beschriebene und zeichnerisch in einem Lageplan dargestellte – Plangebiet umfasst wie gehabt den Bereich südlich und östlich der T. Straße, westlich der T2. Straße und nördlich der P1. E.---straße . 12Zum Planungsanlass führt die Begründung des Aufstellungsbeschlusses vom 13. November 2014 (BA Ht. 4 Bl. 10 ff.) aus: 13„In der Vergangenheit musste im Plangebiet ein Vorbescheid für einen kleinflächigen Lebensmitteldiscounter mit 799 m² Verkaufsfläche erteilt werden, da das damalige Planverfahren, welches eine Steuerung der Zulässigkeit von Einzelhandel zum Ziel hatte, aufgrund einer während des Planverfahrens geänderten Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts NRW nicht abgeschlossen werden konnte. Die Erteilung der bereits beantragten Baugenehmigung wird voraussichtlich in Kürze folgen. 14Da sich die ursprünglich verfolgte Zielsetzung für diesen Bereich jedoch nicht geändert hat, ist zur Umsetzung des Kommunalen Einzelhandelskonzeptes weiterhin eine räumliche Steuerung des Einzelhandels vorgesehen. 15Bei dem zukünftigen Festsetzungsgehalt wird allerdings zu berücksichtigen sein, dass für einen Lebensmitteldiscounter mit kleinflächiger Verkaufsfläche (< 800 m²) ein positiver Vorbescheid erteilt wurde und in Kürze mit der Erteilung der Baugenehmigung zu rechnen ist.“ 16Zur Planungszielsetzung wird ausgeführt: 17„Im Plangebiet sollen künftig – aufbauend auf dem am 12.12.2013 vom Rat beschlossenen Kommunalen Einzelhandelskonzept (KEK) – Einzelhandelsnutzungen mit nahversorgungs- und zentrenrelevanten Sortimenten zum Erhalt und zur Entwicklung der zentralen Versorgungsbereiche der Stadt T1. als unzulässig festgesetzt werden. 18Nach dem nunmehr vorliegenden Kommunalen Einzelhandelskonzept (KEK), das am 12.12.2013 vom Rat der Stadt beschlossen wurde und eine ortsspezifische Sortimentenliste für T1. beinhaltet, liegt das Plangebiet nicht integriert außerhalb der zentralen Versorgungsbereiche der Stadt T1. . Das Hauptzentrum der T3. Innenstadt reicht in nördlicher Richtung bis zur N.-----straße , die rund 600 m südlich des Plangebiets liegt. Das Hauptzentrum ist zugleich Wohnstandort für zahlreiche Einwohner. Durch die Ansiedlung von Einzelhandelsnutzungen mit nahversorgungs- und zentrenrelevanten Sortimenten außerhalb des zentralen Versorgungsbereiches kann das Angebot sowohl an nahversorgungsrelevanten als auch an zentrenrelevanten Sortimenten in der Innenstadt in Frage gestellt werden. Standorte und Ansiedlungsmöglichkeiten für Einzelhandel mit nahversorgungs- und zentrenrelevanten Sortimenten sind im Hauptzentrum vorhanden. 19Das Plangebiet liegt zum Teil in dem 600 m-Radius des zentralen Versorgungsbereichs Hauptzentrum Mitte. Gemäß dem Grundsatz 1 des Kommunalen Einzelhandelskonzeptes ist die Ansiedlung von Einzelhandelsbetrieben mit nahversorgungsrelevanten Hauptsortimenten nur außerhalb dieser 600 m-Zonen in städtebaulich integrierten Bereichen möglich. Diese Regelung gilt sowohl für kleinflächige als auch für großflächige Einzelhandelsbetriebe. Dementsprechend ist im Plangebiet ein Ausschluss von Einzelhandelsbetrieben mit nahversorgungsrelevanten Sortimenten vorgesehen. 20Nach dem Grundsatz 2 des Kommunalen Einzelhandelskonzeptes soll die Ansiedlung von Einzelhandelsbetrieben mit zentrenrelevanten Hauptsortimenten zukünftig nur noch im Hauptzentrum Mitte sowie den Stadtteilzentren möglich sein. Aus diesem Grunde ist im Plangebiet ebenfalls ein Ausschluss von Einzelhandelsbetrieben mit zentrenrelevanten Sortimenten vorgesehen. 21Im Rahmen dieser Einzelhandelssteuerung sind allerdings der erteilte Vorbescheid und die in Kürze zu erwartende, auf den Vorbescheid aufbauende Baugenehmigung für einen kleinflächigen Lebensmitteldiscounter zu berücksichtigen, die aufgrund der o.g. Umstände erteilt werden muss. Die Ziele des Kommunalen Einzelhandelskonzeptes bestehen auch insofern unverändert fort. Der Lebensmitteldiscounter soll durch die künftigen Festsetzungen gleichwohl, aber auch nur insoweit in seinem Bestand berücksichtigt werden. Gleichzeitig soll durch die Festsetzungen in diesem Teilbereich des Plangebiets ausgeschlossen werden, dass der Discounter insbesondere erweitert oder in seiner Nutzung dahingehend geändert wird, dass die Nutzungsänderung den vorgenannten Planungszielen entgegensteht. Damit soll dafür Sorge getragen werden, dass das Kommunale Einzelhandelskonzept soweit wie möglich auch in diesem Teilbereich des Plangebiets verbindlich umgesetzt wird.“ 22Zum Planungskonzept wurde ausgeführt: 23„Zur Umsetzung der Planungsziele ist ein einfacher Bebauungsplan mit räumlich differenzierten Festsetzungen nach § 9 Abs. 2a BauGB zur Steuerung der Zulässigkeit von Einzelhandelsnutzungen vorgesehen. 24[…]. 25Für einen Bebauungsplan mit Festsetzungen nach § 9 Abs. 2a BauGB ist eine Voraussetzung, dass ein unbeplanter Innenbereich nach § 34 BauGB vorliegt. Aufgrund der Erkenntnisse aus den vorangegangenen Planverfahren ist von einer Unwirksamkeit des Bebauungsplans X 000 – Teil B auszugehen, so dass im Plangebiet bereits faktisch ein unbeplanter Innenbereich vorliegt. Entsprechendes gilt für den noch älteren Bebauungsplan X 000, der durch den Plan X 000 – Teil B überplant wurde. Die Frage einer behördlichen Normverwerfungskompetenz ist höchstrichterlich (noch) nicht beantwortet worden, so dass der Bebauungsplan – schon aus Klarstellungsgründen – förmlich aufgehoben werden muss. Dazu wurde [sic!] im Jahr 2012 Verfahren zur Aufhebung der Bebauungspläne X 000 – Teil B und X 000 eingeleitet, in dem auch bereits eine frühzeitige Öffentlichkeitsbeteiligung durchgeführt wurde. Diese Verfahren können parallel zur vorliegenden Bauleitplanung fortgeführt werden.“ 26Am 15. Dezember 2014 ordnete der Oberbürgermeister der Beklagten die öffentliche Bekanntmachung des Aufstellungsbeschlusses an und bestätigte, dass der Inhalt/Wortlaut des papiergebundenen Dokuments der Satzung mit dem Ratsbeschluss vom 11. Dezember 2014 übereinstimme und dass nach den Vorschriften des § 2 Abs. 1 und 2 BekanntmVO NRW verfahren worden sei (BA Ht. 4 Bl. 26 f.). Der Aufstellungsbeschluss wurde im Amtsblatt der Beklagten „DIE STADT“ Nr. 51 vom 18. Dezember 2014 öffentlich bekannt gemacht (BA Ht. 4 Bl. 31 f.). 27Mit Antrag vom 31. Januar 2018, bei der Beklagten am 28. März 2018 eingegangen, beantragte die Klägerin die Erteilung einer Baugenehmigung für die Erweiterung der Verkaufsfläche des streitbetroffenen Lebensmittelmarktes von 799,99 m² auf 1.052,71 m² sowie die Erstellung eines Eingangskoffers. Die der Beklagten mit dem Antrag vorgelegte Vollmacht ermächtigte die Grafen Bau GmbH, den besagten Antrag auf Erteilung einer Baugenehmigung zu stellen, den Schriftverkehr und Verhandlungen mit der Bauaufsichtsbehörde zu führen und Bescheide und Mitteilungen der Bauaufsichtsbehörde einschließlich Zustellungen entgegenzunehmen. Die Beklagte übermittelte daher unter dem 28. März 2018 sowohl die Bestätigung über den Eingang des Antrags als auch die Bitte, weitere Unterlagen vorzulegen, an die H. C. GmbH (BA Ht. 2 Bl. 87 f.). Mit Schreiben vom 3. April 2018 (BA Ht. 2 Bl. 95 ff.) übersandte die H. C. GmbH die erbetenen Unterlagen. Auf die an die Klägerin persönlich gerichtete Anhörung vom 13. Juni 2018 (BA Ht. 2 Bl. 103 f.) bat die bei der Klägerin für den Bereich Immobilien zuständige Frau O1. G2.rings mit E-Mail vom 27. Juli 2018 um die Bestätigung einer bereits durch die Beklagte telefonisch zugesagten Verlängerung der in dem Anhörungsschreiben genannten Stellungnahmefrist sowie einen Termin zur Vorsprache bei der Beklagten (BA Ht. 2 Bl. 105 f.). Die Bestätigung der Fristverlängerung erfolgte sodann mit an die Klägerin gerichtetem Schreiben vom selben Tage (BA Ht. 2 Bl. 106). Selbiges Anliegen äußerte Frau O1. G2. mit E-Mail vom 29. August 2018 (BA Ht. 2 Bl. 107), woraufhin die Beklagte die wiederum telefonisch zugesagte Fristverlängerung mit Schreiben vom 29. August 2018 bestätigte (BA Ht. 2 Bl. 108). Weitere Fristverlängerungen erfolgten mit Schreiben vom 25. September 2018 bis zum 12. Oktober 2018 (BA Ht. 2 Bl. 115) sowie mit Schreiben vom 19. Oktober 2018 bis zum 30. November 2018 (BA Ht. 2 Bl. 118 f.), jeweils an die Klägerin gerichtet. Letzterer Fristverlängerung war ein Gespräch zwischen der Klägerin, vertreten durch Herrn K. C1. (Bereichsleiter Immobilien, Prokurist), und Vertretern der Beklagten (Herr Oberbürgermeister L. , Herr Stadtdirektor I. ) am 5. Oktober 2018 vorausgegangen. Unter Bezugnahme auf dieses Gespräch übersandte die jetzige Prozessbevollmächtigte der Klägerin der Beklagten am 22. Oktober 2018 eine E-Mail, in deren Rahmen sie zu dem Vorhaben und etwaigen möglichen Änderungen der als ihre Mandantschaft bezeichneten Klägerin Stellung nahm (BA Ht. 2 Bl. 120 ff.). Daraufhin hörte die Beklagte die Klägerin mit wiederum an sie persönlich gerichtetem Schreiben vom 4. Dezember 2018 (BA Ht. 2 Bl. 138 ff.) zur beabsichtigten Ablehnung ihres Antrages an, woraufhin wiederum die jetzige Prozessbevollmächtigte mit E-Mail vom 20. Dezember 2018 (BA Ht. 2 Bl. 141 f.) Stellung nahm. 28Mit Bescheid vom 15. Januar 2019 (GA Bl. 15 ff.) setzte die Beklagte unter Hinweis auf § 15 Abs. 1 BauGB die Entscheidung über den Bauantrag der Klägerin für die Dauer von 12 Monaten aus. Zudem ordnete sie die sofortige Vollziehung der Entscheidung an. Der Bescheid wurde der Klägerin am 23. Januar 2019 zugestellt (BA Ht. 2 Bl. 191). 29Die Klägerin hat am 8. Februar 2019 Klage gegen den Zurückstellungsbescheid vom 15. Januar 2019 erhoben und zunächst beantragt (GA Bl. 2), die Beklagte unter Aufhebung des Zurückstellungsbescheides vom 15. Januar 2019 zu verpflichten, ihr die mit Formularantrag vom 31. Januar 2018 beantragte Baugenehmigung zur Erweiterung der Verkaufsfläche eines Lebensmittelmarktes auf 1.052,71 m² sowie Erstellung eines Eingangskoffers auf dem Grundstück T. Straße 1 in T1. zu erteilen. 30Am 14. Februar 2019 beschloss der Rat der Beklagten den Erlass der Veränderungssperre Nr. 000/000 für einen Teilbereich des Bebauungsplanes X 000 (BA Ht. 5 Bl. 33). Gemäß § 3 der Veränderungssperrensatzung dürfen im Geltungsbereich der Veränderungssperre Vorhaben im Sinne des § 29 BauGB nicht durchgeführt oder bauliche Anlagen nicht beseitigt werden (lit. a) und erhebliche oder wesentlich wertsteigernde Veränderungen von Grundstücken und Anlagen, deren Veränderungen nicht genehmigungs-, zustimmungs- oder anzeigepflichtig sind (lit. b ), nicht vorgenommen werden. Nach § 6 der Veränderungssperrensatzung tritt die Veränderungssperre Nr. 000/000 am Tage der Bekanntmachung im Amtsblatt der Stadt T1. in Kraft. Sie tritt nach Ablauf von zwei Jahren, vom Tag der Bekanntmachung gerechnet, außer Kraft. Auf die Zweijahresfrist ist der seit der Zustellung der ersten Zurückstellung eines Baugesuchs nach § 15 BauGB abgelaufene Zeitraum anzurechnen. Die Veränderungssperre tritt in jedem Fall außer Kraft, sobald und soweit der Bebauungsplan für das in § 2 genannte Gebiet rechtsverbindlich wird. 31Zu dem Planungsanlass wie auch den Planungszielen wiederholt die Beschlusserläuterung (BA Ht. 5 Bl. 14 ff.) im Wesentlichen die Ausführungen der Begründung zum Aufstellungsbeschluss. Ergänzend wird – soweit dies für das hiesige Verfahren von Interesse ist – zum Inhalt des Kommunalen Einzelhandelskonzepts ausgeführt: 32„Der erste Grundsatz des Kommunalen Einzelhandelskonzeptes enthält eine Ausnahmeregelung, nach der je nach Lage und Verkaufsflächendimension Einzelhandelsbetriebe ausnahmsweise auch zur wohnortnahen Grundversorgung an integrierten Nahversorgungsstandorten in den Stadtteilen und Siedlungsbereichen ermöglicht werden können. Eine Voraussetzung für die Anwendung der Ausnahmeregelung besteht gemäß dem Kommunalen Einzelhandelskonzept darin, dass der Standort des Einzelhandelsbetriebes außerhalb der 600 m-Schutzzonen um die zentralen Versorgungsbereiche der Stadt T1. liegen muss, was hier vorliegend […] in weiten Teilen nicht der Fall ist. 33Zur Anwendbarkeit der Ausnahmeregelung wird im Kommunalen Einzelhandelskonzept weiter ausgeführt, dass die Ansiedlung von klein- und großflächigen Einzelhandelsbetrieben mit nahversorgungsrelevanten Hauptsortimenten in städtebaulich integrierten Lagen außerhalb der zentralen Versorgungsbereiche sinnvoll und möglich sein kann, wenn dadurch eine Versorgungslücke im Nahbereich geschlossen werden kann. Zwar ist durch die Schließung des Lebensmittelvollsortimenters am Elisabethweg die Nahversorgung im Bereich D. Straße/ L1. Straße entfallen. Ein Teil dieses Bereichs liegt allerdings innerhalb der 600 m-Schutzzone um den zentralen Versorgungsbereich Hauptzentrum Mitte. Darüber hinaus stellen die T2. Straße und die L1. Straße auch aufgrund ihrer Verkehrsdichte räumliche Barrieren dar, so dass sich das Einzugsgebiet des im Plangebiet vorhandenen Lebensmitteldiscounters nur bedingt auf diese Bereiche erstrecken kann. Zudem würde durch den bereits an der Ecke T2. Straße/ T. Straße vorhandenen kleinflächigen Lebensmitteldiscounter durch dessen gewünschte Erweiterung im Plangebiet nicht erstmalig eine Versorgungslücke geschlossen werden, dasselbe gilt für eine Neuansiedlung in dem Bereich. 34Es ist außerdem zu beachten, dass das anteilig in den 600 m-Schutzzonen vorhandene Bevölkerungspotenzial ausdrücklich nicht mit in die Betrachtung der Ausnahmeregelung einzubeziehen ist. Dadurch würde bereits ein großer Teil des fußläufigen 600 m-Bereichs (Kerneinzugsgebiet) um einen möglichen Standort eines Einzelhandelsbetriebes mit nahversorgungsrelevanten Sortimenten im Plangebiet entfallen, so dass für eine Nahversorgungsfunktion lediglich ein vergleichsweise geringes Bevölkerungspotenzial verbleibt. Die Erweiterung des Einzelhandelsbetriebes mit nahversorgungsrelevanten Sortimenten innerhalb des Plangebiets würde somit absehbar nicht ausschließlich und auch nicht überwiegend der Nahversorgung dienen, zumal es sich um einen klar autoorientierten Standort an einer Hauptausfallstraße inmitten eines überwiegend gewerblich geprägten Bereichs handelt. 35Die Ausnahmeregelung im ersten Grundsatz des Kommunalen Einzelhandelskonzeptes beinhaltet zudem keinen Automatismus. Selbst wenn rechnerisch der Nachweis geführt werden könnte, dass die Voraussetzungen für eine Ausnahme erfüllt sind, muss die Ausnahme keine Anwendung finden. Zudem entspricht eine Ansiedlung von Einzelhandelsbetrieben mit nahversorgungs- und zentrenrelevanten Sortimenten aufgrund der teilweisen Lage des Plangebiets innerhalb der 600 m-Schutzzone nicht den Zielen des Kommunalen Einzelhandelskonzeptes, wodurch die Anwendung der Ausnahmeregelung bereits ausgeschlossen ist. Die Erweiterung des ansässigen Discounters in die Großflächigkeit besitzt durch die Attraktivitätssteigerung erst recht Konkurrenzpotenzial gegenüber den Lebensmittelanbietern in der Innenstadt.“ 36Am 15. Februar 2019 ordnete der Oberbürgermeister der Beklagten die öffentliche Bekanntmachung der Veränderungssperrensatzung Nr. 000/000 an und bestätigte, dass der Inhalt/Wortlaut des papiergebundenen Dokuments der Satzung mit dem Ratsbeschluss vom 14. Februar 2019 übereinstimme und dass nach den Vorschriften des § 2 Abs. 1 und 2 BekanntmVO NRW verfahren worden sei (BA Ht. 5 Bl. 40). Die Veränderungssperre wurde im Amtsblatt der Beklagten „DIE STADT“ Nr. 08 vom 21. Februar 2019 öffentlich bekannt gemacht (BA Ht. 5 Bl. 54 f.). 37Mit Bescheid vom 30. April 2019 – der Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 8. Mai 2020 zugestellt – widerrief die Beklagte den Zurückstellungsbescheid vom 15. Januar 2019 (BA Ht. 11 Bl. 221). Nach Anhörung mit Schreiben vom 30. April 2019 (BA Ht. 11 Bl. 225) lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 12. Juli 2019 (GA Bl. 51 ff.) den Bauantrag der Klägerin vom 23. März 2018 unter Hinweis auf die dem Vorhaben entgegenstehende Veränderungssperre Nr. 000/000 ab. Zudem seien die Voraussetzungen einer Ausnahme nach § 14 Abs. 2 BauGB nicht gegeben, da das Vorhaben der Klägerin ein mit den Entwicklungszielen des Bebauungsplan X 000 unverträgliches Vorhaben darstelle. 38Die Klägerin hat den Ablehnungsbescheid vom 12. Juli 2019 am 13. August 2019 in das Verfahren einbezogen (GA Bl. 57). Zudem hat sie am 31. Juli 2020 ihre Klage um einen Hilfsantrag ergänzt, mit dem Ziel der Feststellung, dass die Beklagte bis zum 20. Februar 2019 verpflichtet war, der Klägerin die mit Formularantrag vom 31. Januar 2018 beantragte Baugenehmigung zur Erweiterung der Verkaufsfläche eines Lebensmittelmarktes auf 1.052,71 m² sowie Erstellung eines Eingangskoffers auf dem Grundstück T. Straße 1 in T1. zu erteilen (GA Bl. 171 ff.). Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 14. August 2020 haben die Verfahrensbeteiligten den Rechtsstreit hinsichtlich der gegen den Zurückstellungsbescheid vom 15. Januar 2019 erhobenen Klage in der Hauptsache für erledigt erklärt. 39Zur Begründung ihrer im Übrigen aufrechterhaltenen Klage trägt die Klägerin hinsichtlich des Hauptantrages im Wesentlichen Folgendes vor (GA Bl. 105 ff., 171 ff.): 40Die Erteilung der Baugenehmigung könne nicht aufgrund der am 21. Februar 2019 im Amtsblatt der Beklagten bekanntgemachten Veränderungssperre Nr. 000/000 abgelehnt werden, da diese schon nicht wirksam bekannt gemacht worden sei. Es fehle mangels des nach § 2 Abs. 3 BekanntmVO NRW erforderlichen Übereinstimmungsvermerks des Bürgermeisters bereits an einer wirksamen Bekanntmachung der Hauptsatzung der Beklagten vom 1. Mai 2014. Dieser Mangel schlage auf die Wirksamkeit der Bekanntmachung der Veränderungssperre Nr. 000/000 durch. Die Veränderungssperre sei auch aufgrund ihrer Unbestimmtheit formell unwirksam. Es sei im Hinblick auf die von der Veränderungssperre umfassten Flurstücke nicht möglich, sich verlässlich von dem genauen Geltungsbereich Kenntnis zu verschaffen. Zudem ergebe sich die Unwirksamkeit der Veränderungssperre auch daraus, dass ihr keine sicherungsfähige Planung zugrunde liege. Der Bebauungsplan, dessen Erlass die Beklagte anstrebe und sichern wolle, wäre offensichtlich unwirksam. Die im Aufstellungsbeschluss vom 11. Dezember 2014 umrissenen Planungsabsichten der Beklagten könnten mit einem Bebauungsplan auf der Rechtsgrundlage von § 9 Abs. 2a BauGB nicht erreicht werden, da dessen 41Voraussetzungen nicht vorlägen. Die von der Beklagten angestrebte Planung scheitere schon daran, dass sich die Planung nicht auf einen im Zusammenhang bebauten Ortsteil im Sinne des § 9 Abs. 2a BauGB beschränke. Für den geplanten Geltungsbereich gelte zumindest in formeller Hinsicht weiterhin der Bebauungsplan X 000 – Teil B, der den ebenfalls noch nicht aufgehobenen rechtskräftigen Bebauungsplan S 117 überlagere. Auch sei zu bezweifeln, dass die Planung der Beklagten tatsächlich auf die Umsetzung des Kommunalen Einzelhandelskonzeptes abziele. So laufe die Erstreckung des Geltungsbereiches des geplanten Bebauungsplanes auf die Flächen, die außerhalb der 600m-Schutzzone liegen, der ausdrücklich im Einzelhandelskonzept vorgesehenen Ausnahmeregelung für integrierte Nahversorgungsstandorte zuwider. Des Weiteren stehe auch der Ausschluss des Einzelhandels mit nahversorgungs- und zentrenrelevanten Sortimenten bei gleichzeitiger Zulassung von nahversorgungs- und zentrenrelevanten Sortimenten auf der Teilfläche 1 im Widerspruch zu dem Kommunalen Einzelhandelskonzept der Beklagten. Schließlich genüge die Veränderungssperre auch nicht den strengen Anforderungen an eine erneute Veränderungssperre gemäß § 17 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 BauGB. Zwar seien die formalen Anforderungen für eine neue Veränderungssperre erfüllt, da die angegriffene Veränderungssperre der Sicherung des mit Beschluss vom 11. Dezember 2014 aufgestellten Bebauungsplanes X 000 diene und damit einem anderen Bebauungsplan als die vorangegangene Veränderungssperre Nr. 000/000. Dieser Bebauungsplan verfolge jedoch im Vergleich zu dem am 6. Dezember 2012 beschlossenen Bebauungsplan S 607 ersichtlich keine inhaltlich und zeitlich in keinem Zusammenhang stehende neue Plankonzeption. Insbesondere begründe die zwischenzeitlich erfolgte Zulassung des Lidl-Marktes keine neue Zielsetzung. Auch der Beschluss des Einzelhandelskonzeptes habe die Zielsetzung für die Aufstellung des Bebauungsplanes nicht beeinflusst. Schließlich rechtfertigten weder die räumlichen Veränderungen zum früheren Aufstellungsbeschluss noch die zeitliche Zäsur zwischen der ersten und der zweiten Veränderungssperre die Annahme, es würden neue städtebauliche Ziele verfolgt oder andere gewichtige Festsetzungen in den Blick genommen. Nichts anderes gelte vor dem Hintergrund des Beschlusses des OVG NRW vom 13. Dezember 2013. Darin sei keine Rechtsprechungsänderung zu erblicken. Vielmehr sei die dort angenommene Rechtslage auch zuvor schon bekannt gewesen. Sei die Veränderungssperre damit unwirksam, habe sie einen Rechtsanspruch auf die Erteilung der Baugenehmigung. Das Vorhaben sei nach § 34 Abs. 1 BauGB zulässig. Die zu berücksichtigende nähere Umgebung im Sinne des § 34 BauGB umfasse die Bebauung zwischen P2. E.---straße , T. Straße, L0. Straße und T4.------straße . Insbesondere komme der T2. Straße keine trennende Wirkung zu, sodass auch die östlich der T2. Straße vorhandenen baulichen Anlagen zu berücksichtigen seien. Die nähere Umgebung des Vorhabengrundstücks stelle sich nicht als faktisches Mischgebiet, sondern als Gemengelage dar. Der Annahme eines faktischen Mischgebiets stehe schon entgegen, dass die nähere Umgebung keine hinreichende Durchmischung der beiden Hauptnutzungsarten Wohnen und Gewerbe aufweise. Vielmehr finde sich Wohnnutzung verstärkt in den Randbereichen, während sich beidseits der T2. Straße auf dem Abschnitt zwischen T. Straße und L0. Straße schwerpunktmäßig gewerbliche Nutzungen fänden. Darüber hinaus sei das Porsche Zentrum T1. als großflächiger Einzelhandelsbetrieb in einem Mischgebiet unzulässig. Die Regelvermutung des § 11 Abs. 3 Satz 3 der Verordnung über die bauliche Nutzung – Baunutzungsverordnung (BauNVO) könne nicht widerlegt werden. Das Q. Zentrum könne auch nicht als Fremdkörper außer Acht gelassen werden, denn der Betrieb füge sich – abgesehen von seiner Großflächigkeit – durchaus in die gewerbliche Prägung der näheren Umgebung ein. Dementsprechend füge sich auch das Vorhaben der Klägerin gemäß § 34 Abs. 1 BauGB nach der Art der baulichen Nutzung in die Gemengelage ein, da das Q. Zentrum T1. in circa 100m Entfernung einen ebenso großflächigen Einzelhandelsbetrieb darstelle. Schließlich stehe ihrem Anspruch auch § 34 Abs. 3 BauGB nicht entgegen. Sie habe mit dem Bauantrag eine Auswirkungsanalyse zur geplanten Erweiterung der H1. für N1. - und B. mbH (H2. ) vom 1. März 2018 (BA Ht. 2 Bl. 52 ff.) vorgelegt, die zu dem Ergebnis gelange, dass schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche bei der Realisierung des Erweiterungsvorhabens nicht abzuleiten seien. 42Zur Begründung ihres Hilfsantrages trägt die Klägerin im Wesentlichen Folgendes vor: 43Für den Fall, dass das Gericht die Veränderungssperre für wirksam erachte, stelle sie ihre Verpflichtungsklage auf eine Fortsetzungsfeststellungsklage um. Dieser Antrag sei zulässig. Die Klage sei durch die Aufstellung der Veränderungssperre jedenfalls erst nach Rechtshängigkeit unbegründet geworden; darin sei das erledigende Ereignis zu sehen. Das erforderliche Fortsetzungsfeststellungsinteresse ergebe sich aus einem Präjudizinteresse, da sie beabsichtige, die Beklagte bei Erfolglosigkeit des Hauptantrages gemäß § 39 Abs. 1 lit. b) des Gesetzes über Aufbau und Befugnisse der Ordnungsbehörden – Ordnungsbehördengesetz (OBG NRW) und § 839 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) auf Ersatz des ihr entgangenen Gewinns in Anspruch zu nehmen. Die Klage sei insoweit auch begründet. Denn bis zum 20. Februar 2019 habe ihr ein Anspruch auf Erteilung der beantragten Baugenehmigung zugestanden. Im Zeitraum vom 2. August 2019 [sic!] bis zum 20. Februar 2019 habe das Vorhabengrundstück weder im räumlichen Geltungsbereich einer Veränderungssperre gelegen, noch hätten dem Vorhaben andere Gründe entgegengestanden. Insbesondere sei der Zurückstellungsbescheid vom 15. Januar 2019 nie wirksam geworden, weil er nicht wirksam bekannt gemacht worden sei. So sei der Bescheid entgegen § 7 Abs. 1 Satz 2 Verwaltungszustellungsgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (Landeszustellungsgesetz – LZG NRW) nicht an die Bevollmächtigte – die H. C. GmbH –, sondern an sie persönlich zugestellt worden. Den Widerruf des Zurückstellungsbescheides habe die Beklagte hinwiederum ihrer Prozessbevollmächtigten zugestellt. Dieser Zustellungsmangel sei auch nicht in Anwendung des § 8 LZG NRW unbeachtlich, weil der Bevollmächtigten der Zurückstellungsbescheid bis dato nicht zugegangen sei. Auf der Grundlage von § 34 Abs. 1 BauGB sei der beantragte großflächige N1. – wie dargelegt – zulässig gewesen. 44Die Klägerin beantragt (GA Bl. 57 f., Bl. 171 f.), 451.46die Beklagte unter Aufhebung des Versagungsbescheides vom 12. Juli 2019 (Az.: 00-XX-00000.00) zu verpflichten, der Klägerin die mit Formularantrag vom 31. Januar 2018 beantragte Baugenehmigung zur Erweiterung der Verkaufsfläche eines Lebensmittelmarktes auf 1.052,71 m² sowie Erstellung eines Eingangskoffers auf dem Grundstück T. Straße 0 in T1. zu erteilen, 2.47hilfsweise, festzustellen, dass die Beklagte bis zum 20. Februar 2019 verpflichtet war, der Klägerin die mit Formularantrag vom 31. Januar 2018 beantragte Baugenehmigung zur Erweiterung der Verkaufsfläche eines Lebensmittelmarktes auf 1.052,71 m² sowie die Erstellung eines Eingangskoffers auf dem Grundstück T. Straße 0 in T1. zu erteilen. 48Die Beklagte beantragt (GA Bl. 24), 49 die Klage abzuweisen. 50Die Beklagte tritt der Klage entgegen und trägt im Hinblick auf den Hauptantrag der Klägerin im Wesentlichen Folgendes vor (GA Bl. 143 ff., 195 ff.): 51Der Hauptantrag der Klägerin könne keinen Erfolg haben, da ihrem Bauvorhaben die Veränderungssperre Nr. 000/000 entgegenstehe. Diese sei zunächst wirksam ortsüblich im Sinne des § 16 Abs. 2 Satz 1 BauGB bekannt gemacht worden. Es fehle der Hauptsatzung nicht an dem nach § 2 Abs. 3 BekanntmVO NRW erforderlichen Übereinstimmungsvermerk des Oberbürgermeisters. Dem Verwaltungsvorgang zur Hauptsatzung könne eine auf den 24. April 2014 datierte Bestätigung im Sinne des § 2 Abs. 3 BekanntmVO NRW entnommen werden. Soweit der damalige Oberbürgermeister die Übereinstimmung mittels einer Paraphe bestätigt habe, sei auch dies unbedenklich, weil es dem Schriftformerfordernis genüge. Im Übrigen fehle es auch im Falle ihrer Unwirksamkeit nicht an einer wirksamen Hauptsatzung, denn insoweit würde die Hauptsatzung vom 18. Juni 2008 Geltung beanspruchen, deren § 24 ebenfalls vorsehe, dass Satzungen im Amtsblatt der Stadt T1. „DIE STADT“ öffentlich bekannt zu machen seien. Auch sei der Geltungsbereich der Veränderungssperrensatzung in der Satzung selbst hinreichend bestimmt festgelegt. In § 2 der Satzung würden die Flurstücke, auf die sich die Veränderungssperre erstrecke, namentlich benannt. Des Weiteren könne die Sicherungsfähigkeit der Planung nicht verneint werden. Die Voraussetzungen des § 9 Abs. 2a BauGB lägen vor. Zunächst könnten die klägerischen Bedenken dagegen, dass sich die Planung nicht auf einen im Zusammenhang bebauten Ortsteil im Sinne des § 9 Abs. 2a BauGB beschränke, nicht geteilt werden. Die Voraussetzung sei auch dann erfüllt, wenn das Gebiet im Geltungsbereich eines Bebauungsplanes liege, der an einem zu seiner Unwirksamkeit führenden Mangel leide. Dies sei hinsichtlich der Bebauungspläne X 000 – Teil X und X 000 der Fall. Ihre Planung ziele auch auf die Umsetzung eines Einzelhandelskonzeptes im Sinne des § 1 Abs. 6 Nr. 11 BauGB. Die im Kommunalen Einzelhandelskonzept genannte Möglichkeit, wonach Einzelhandelsbetriebe außerhalb der zentralen Versorgungsbereich in städtebaulich integrierten Lagen unter bestimmten Bedingungen möglich sein könnten, zwinge sie nicht dazu, von der beabsichtigten Planung abzusehen. Zum einen stehe es ihr frei, von dieser Ausnahme Gebrauch zu machen oder nicht. Zum anderen liege das Plangebiet in direkter räumlicher Nähe zum Hauptzentrum Mitte in nicht integrierter Lage, sodass eine Ausweisung der Verkaufsflächen von Einzelhandelsbetrieben mit nahversorgungs- und zentrenrelevanten Sortimenten die Erhaltung und die Entwicklung des Hauptzentrums Mitte und des Stadtteilzentrums X. gefährden würde. Darüber hinaus stehe der Planung auch nicht entgegen, dass sie bestandskräftig genehmigte Einzelhandelsnutzungen auf der Teilfläche 1 berücksichtige. Zu einer Planung an der Lebenswirklichkeit vorbei oder gar zu einem Verzicht auf die Bauleitplanung könne sie nicht verpflichtet werden. Schließlich handele es sich bei der Veränderungssperre vom 14. Februar 2019 auch nicht um eine erneute, sondern um eine neue Veränderungssperre. Den Veränderungssperren Nr. 000/000 und Nr. 000/000 lägen eigenständige Aufstellungsbeschlüsse mit unterschiedlichen Zielsetzungen zugrunde. Während mit dem Aufstellungsbeschluss vom 6. Dezember 2012 noch das Ziel verfolgt worden sei, im künftigen Plangebiet mittels einfachem Bebauungsplan gemäß § 9 Abs. 2a BauGB insgesamt Einzelhandelsbetriebe mit zentren- und nahversorgungsrelevanten Sortimenten auszuschließen, werde diese Zielsetzung mit dem Aufstellungsbeschluss vom 11. Dezember 2014 lediglich eingeschränkt weiterverfolgt, nämlich mit einem einfachen Bebauungsplan mit räumlich differenzierten Festsetzungen nach § 9 Abs. 2a BauGB. Für eine selbstständige neue Veränderungssperre spreche weiter der zwischen ihnen liegende zeitlich größere Abstand von mehr als 5 Jahren. Dementsprechend fehle es an einem sachlichen wie zeitlichen Zusammenhang zwischen beiden Veränderungssperren. Hilfsweise sei zum Vortrag der Klägerin zur planungsrechtlichen Zulässigkeit ihres Vorhabens nach § 34 BauGB anzumerken, dass ausgehend von der trennenden Wirkung der T2. Straße auch bei Annahme einer Gemengelage nach § 34 Abs. 1 BauGB in der näheren Umgebung kein Vorbild für das Vorhaben der Klägerin existiere. Selbst wenn man davon ausginge, der T2. Straße komme keine trennende Wirkung zu, handele es sich bei der so bestimmten näheren Umgebung um ein faktisches Mischgebiet, in welchem das Vorhaben der Klägerin planungsrechtlich unzulässig sei. Dieser Einordnung als Mischgebiet stehe das Vorhandensein des Q. Zentrums nicht entgegen, da dieses vor dem Hintergrund des § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BauNVO als unproblematisch anzusehen sei. Im Übrigen stehe dem Vorhaben der Klägerin jedenfalls § 34 Abs. 3 BauGB entgegen, da von ihm schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche zu erwarten seien. Das von der Klägerin in diesem Zusammenhang vorgelegte Gutachten der H2. könne Gegenteiliges nicht belegen, da es nicht den vorgesehenen Endzustand der Baumaßnahme, sondern lediglich die Verkaufsflächenerweiterung seiner Betrachtung zugrunde lege. 52Hinsichtlich des Hilfsantrages trägt die Beklagte im Wesentlichen Folgendes vor (GA Bl. 201 f.): 53Soweit die Klägerin nunmehr ihre Klage durch den Hilfsantrag ergänzt habe, habe auch dieser keinen Erfolg. Der Antrag sei bereits unzulässig, weil es an einer den in der Rechtsprechung entwickelten Anforderungen genügenden Darlegung des Fortsetzungsfeststellungsinteresses fehle. Es mangele dem Antrag nicht nur an einer substantiierten Darlegung der Schadenshöhe, sondern auch des amtspflichtwidrigen Verhaltens bzw. Versäumnisses. Im Übrigen sei der Antrag aber auch unbegründet. Der Zurückstellungsbescheid sei nicht deshalb unwirksam, weil er entgegen § 7 Abs. 1 Satz 2 LZG NRW an die Klägerin selbst und nicht an ihre Bevollmächtigte zugestellt worden sei. So habe sich schon aus dem Verhalten der Klägerin gegenüber der Beklagten mit der notwendigen Eindeutigkeit die konkludente Erklärung der Beendigung des Vollmachtsverhältnisses mit der H. C. GmbH ergeben. Im Übrigen könne sich die Klägerin auch deshalb nicht auf die Fehlerhaftigkeit der Zustellung berufen, weil sie damit in missbräuchlicher Weise gegen das Verbot widersprüchlichen Verhaltens verstoße. 54Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakten einschließlich der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten. 55Entscheidungsgründe: 56Das Verfahren war in entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen, soweit die Verfahrensbeteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt haben. 57Im Übrigen war die Klage abzuweisen. Sie hat weder hinsichtlich des Hauptantrages noch hinsichtlich des Hilfsantrages Erfolg. 58Der in zulässiger Weise geänderte Hauptantrag ist zulässig, aber unbegründet. Die Einbeziehung des Ablehnungsbescheides vom 12. Juli 2019 unter Aufrechterhaltung des Verpflichtungsbegehrens auf Erteilung der beantragten Baugenehmigung im Wege der Klageänderung gemäß § 91 Abs. 1 VwGO ist jedenfalls nach Einwilligung der Beklagten durch rügeloses Einlassen zu der geänderten Klage zulässig. Die geänderte zulässige Klage ist jedoch unbegründet. Der Ablehnungsbescheid vom 12. Juli 2019 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 5 VwGO. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf eine positive Bescheidung ihres Bauantrags vom 28. März 2018, weil dem Vorhaben öffentlich-rechtliche Vorschriften entgegenstehen, § 75 Abs. 1 Satz 1 Bauordnung für das Land Nordrhein-Westfalen in der Fassung vom 1. März 2000 (im Folgenden: BauO NRW). Zum maßgeblichen Zeitpunkt des Termins zur mündlichen Verhandlung steht der Erteilung der Baugenehmigung die Veränderungssperre Nr. 000/000 der Beklagten entgegen. 59Das Vorhaben der Klägerin betrifft die Flurstücke 000 und 000, die nach § 2 der Veränderungssperrensatzung dem räumlichen Geltungsbereich der Veränderungssperre unterfallen und auf den wie von der Klägerin beantragte Vorhaben im Sinne von § 29 BauGB nicht durchgeführt werden dürfen, § 3 lit. a) aa) der Veränderungssperrensatzung. 60Die Veränderungssperre ist formell rechtmäßig. Sie ist wirksam erlassen worden. Sie ist gemäß § 16 Abs. 1 BauGB von der Gemeinde am 14. Februar 2019 als Satzung beschlossen und gemäß § 16 Abs. 2 Satz 1 BauGB i.V.m. § 7 Abs. 4 und 5 GO NRW am 21. Februar 2019 ortüblich im Amtsblatt der Beklagten „DIE STADT“ Nr. 08 bekannt gemacht worden. Der öffentlichen Bekanntmachung liegt auch eine – von dem Oberbürgermeister der Beklagten unterzeichnete – Bekanntmachungsanordnung zugrunde, die gemäß § 2 Abs. 3 BekanntmVO bestätigt, dass der Wortlaut der Veränderungssperrensatzung mit dem am 14. Februar 2019 gefassten Ratsbeschluss übereinstimmt. Ferner bestätigte der Oberbürgermeister der Beklagten, dass die nach § 2 Abs. 1 und 2 BekanntmVO zu wahrenden Formvorschriften eingehalten worden seien. Die Satzung und diese Bekanntmachungsanordnung wurden gemäß § 3 Abs. 1 BekanntmVO in vollem Wortlaut öffentlich bekannt gemacht. 61Soweit die Klägerin der Auffassung ist, der Wirksamkeit der Bekanntmachung der Veränderungssperre stehe entgegen, dass die Hauptsatzung der Beklagten vom 1. Mai 2014 unwirksam sei, greifen die diesbezüglichen Einwände der Klägerin nicht durch. Die Hauptsatzung ist ihrerseits wirksam bekannt gemacht worden, § 7 Abs. 4 und 5 GO NRW i.V.m. § 2 Abs. 3 BekanntmVO NRW. Danach setzt die wirksame Bekanntmachung der (Haupt-)Satzung u.a. voraus, dass der Bürgermeister schriftlich bestätigt, dass der Wortlaut des papiergebundenen Dokumentes der Satzung mit den Ratsbeschlüssen übereinstimmt und dass nach § 2 Abs. 1 und 2 BekanntmVO NRW verfahren worden ist, und er die Bekanntmachung anordnet. Diesen Anforderungen genügt die Bekanntmachung der Hauptsatzung. Es fehlt nicht an einem Übereinstimmungsvermerk des Bürgermeisters auf der Bestätigung vom 24. April 2014 (BA Ht. 6 Hefter 8 Bl. 20). Bei der linken der beiden rechten Paraphen handelt es sich um diejenige des damaligen Oberbürgermeisters O. G1. , was etwa ein Vergleich mit der Unterschrift unter der Bekanntmachungsanordnung des Aufstellungsbeschlusses zum Bebauungsplan X 000 vom 15. Dezember 2014 (BA Ht. 4 Bl. 25) ohne Weiteres ergibt. Der Wirksamkeit steht auch nicht entgegen, dass die Abzeichnung des Bestätigungsvermerks mittels einer Paraphe erfolgt ist. § 2 Abs. 3 BekanntmVO NRW sieht für die Bestätigungen, die der Bürgermeister danach vorzunehmen hat, die Schriftform vor. Während § 2 Abs. 4 BekanntmVO NRW für die Bekanntmachungsanordnung ausdrücklich Ort und Datum der Unterzeichnung der Bekanntmachung durch den Bürgermeister verlangt, lassen sich § 2 Abs. 3 BekanntmVO NRW über das Schriftformerfordernis hinaus keine weiteren Anforderungen entnehmen. Da der Bestätigungsvermerk als Teil des Bekanntmachungsverfahrens gegenüber der Bekanntmachungsanordnung nach § 2 Abs. 4 BekanntmVO NRW auch nur internen Charakter hat, bestehen keine Bedenken gegen dessen bloße Abzeichnung mit einer Paraphe. 62OVG NRW, Beschluss vom 26. Februar 2014 – 10 B 140/14 – juris Rn. 15. 63Die Veränderungssperre ist auch materiell rechtmäßig. Die Voraussetzungen des § 14 Abs. 1 BauGB, wonach die Gemeinde, wenn ein Beschluss über die Aufstellung eines Bebauungsplanes gefasst wurde, zur Sicherung der Planung für den künftigen Planbereich eine Veränderungssperre beschließen kann, sind gegeben. Der Veränderungssperre liegt ein wirksamer Aufstellungsbeschluss über den Bebauungsplan zugrunde. Der Rat der Beklagten hat mit Beschluss vom 11. Dezember 2014 die Aufstellung des Bebauungsplans X 000 beschlossen (BA Ht. 4 Bl. 22). Dieser Aufstellungsbeschluss wurde ordnungsgemäß am 18. Dezember 2014 im Amtsblatt der Beklagten „DIE STADT“ Nr. 51 öffentlich bekanntgemacht (BA Ht. 4 Bl. 31). Der öffentlichen Bekanntmachung liegt auch eine – von dem Oberbürgermeister der Beklagten unterzeichnete – Bekanntmachungsanordnung zugrunde, die gemäß § 2 Abs. 3 BekanntmVO bestätigt, dass der Wortlaut des Aufstellungsbeschlusses mit dem am 11. Dezember 2014 gefassten Ratsbeschluss übereinstimmt. Ferner bestätigte der Oberbürgermeister der Beklagten, dass die nach § 2 Abs. 1 und 2 BekanntmVO zu wahrenden Formvorschriften eingehalten worden seien. Die Satzung und diese Bekanntmachungsanordnung wurden gemäß § 3 Abs. 1 BekanntmVO in vollem Wortlaut öffentlich bekannt gemacht (BA Ht. 4 Bl. 25, 31). 64Die Veränderungssperre weist zudem in § 3 der Veränderungssperrensatzung den nach § 14 Abs. 1 BauGB zulässigen Inhalt auf. Sie sieht vor, dass im räumlichen Geltungsbereich der Veränderungssperre Vorhaben im Sinne des § 29 BauGB nicht durchgeführt oder bauliche Anlagen nicht beseitigt (a) und erhebliche oder wesentlich wertsteigernde Veränderungen von Grundstücken und baulichen Anlagen, deren Veränderungen nicht genehmigungs-, zustimmungs- oder anzeigepflichtig sind, nicht vorgenommen (b) werden dürfen. 65Auch ist der räumliche Geltungsbereich der Veränderungssperre hinreichend bestimmt. Die von der Veränderungssperre erfassten Flurstücke werden abschließend in § 2 der Satzung benannt. Soweit die Klägerin rügt, es könne anhand des Lageplans nicht nachvollzogen werden, ob das Flurstück 000 von der Veränderungssperre erfasst würde, verkennt sie, dass die Beklagte die Bestimmung des räumlichen Geltungsbereiches nicht durch Verweis auf Eintragungen in einen Lageplan vorgenommen, sondern die von der Veränderungssperre erfassten Flurstücke abschließend in § 2 der Satzung benannt hat. Insoweit unterscheidet sich der Sachverhalt von Konstellationen, in denen sich der Satzungsgeber auf entsprechende Verweisungen beschränkt hat. 66So etwa in BVerwG, Urteil vom 28. November 1963 – I C 74.61 – BVerwGE 17, 192 (196) – juris Rn. 14. 67Der durch diese Flurstücke bestimmte Geltungsbereich der Veränderungssperre überschreitet auch das Plangebiet nicht. Dass er sich nur auf einen Teilbereich dessen beschränkt, ist ebenso nicht zu beanstanden. 68Mitschang, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 14. Aufl. 2019, § 14 Rn. 10. 69Die Veränderungssperre Nr. 000/000 dient auch gemäß § 14 Abs. 1 BauGB der Sicherung der Planung für den von ihr erfassten Planbereich. Eine Veränderungssperre darf erst erlassen werden, wenn die Planung, die sie sichern soll, ein Mindestmaß dessen erkennen lässt, was Inhalt des zu erwartenden Bebauungsplans sein soll. 70StRspr. BVerwG, Urteil vom 9. August 2016 – 4 C 5.15 – BVerwGE 156, 1 Rn. 19 – juris Rn. 19 und Beschluss vom 1. Oktober 2009 – 4 BN 34.09 – Buchholz 406.11 § 14 BauGB Nr. 29 – juris Rn. 9; OVG NRW, Urteil vom 20. Januar 2020 – 10 A 1780/17 – juris Rn. 83. 71Wesentlich ist dabei, dass die Gemeinde im Zeitpunkt des Erlasses einer Veränderungssperre bereits positive Vorstellungen über den Inhalt des Bebauungsplans entwickelt hat. 72BVerwG, Beschluss vom 5. Februar 1990 – 4 B 191.89 – Buchholz 406.11 § 15 BBauG/BauGB Nr. 6 – juris Rn. 3; OVG NRW, Urteil vom 20. Januar 2020 – 10 A 1780/17 – juris Rn. 83. 73Eine Negativplanung, die sich darin erschöpft, einzelne Vorhaben auszuschließen, reicht nicht aus. Denn wenn Vorstellungen über die angestrebte Art der baulichen Nutzung der betroffenen Grundflächen fehlen, ist der Inhalt des zu erwartenden Bebauungsplans noch offen. Die nachteiligen Wirkungen der Veränderungssperre wären – auch vor dem Hintergrund des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 Grundgesetz – nicht erträglich, wenn sie zur Sicherung einer Planung dienen sollte, die sich in ihrem Inhalt noch in keiner Weise absehen lässt. 74BVerwG, Urteil vom 19. Februar 2004 – 4 CN 13.03 – Buchholz 406.11 § 14 BauGB Nr. 26 – juris Rn. 15; OVG NRW, Beschluss vom 16. März 2012 – 2 B 202/12 – juris Rn. 14 f. m.w.N. 75Um eine unzulässige Negativplanung in diesem Sinne handelt es sich indes nicht schon dann, wenn der Hauptzweck in der Verhinderung bestimmter städtebaulich relevanter Nutzungen besteht. Ein generelles Verbot negativer Festsetzungen gibt es nicht. Vielmehr sind derartige Festsetzungen etwa durch § 1 Abs. 4 bis 9 BauNVO oder die – hier einschlägige – Vorschrift des § 9 Abs. 2a BauGB gestattet. Sie sind nur dann unzulässig, wenn sie nicht dem wahren planerischen Willen der Gemeinde entsprechen, sondern nur das vorgeschobene Mittel sind, um ohne hinreichend positive städtebauliche Ziele bestimmte (konkrete) Bauvorhaben im Plangebiet zu verhindern. 76OVG NRW, Beschluss vom 16. März 2012 – 2 B 202/12 – juris Rn. 17 und Urteil vom 30. November 2010 – 2 D 138/08.NE – juris Rn. 50 f. m.w.N., bestätigt durch BVerwG, Beschluss vom 23. November 2011 – 4 BN 11/11 – juris. 77Für den Beschluss einer Veränderungssperre ist nicht erforderlich, dass bereits ein detailliertes und abgewogenes Planungskonzept vorliegt. Vielmehr ist es gerade Sinn der Veränderungssperre, vorhandene planerische Ziele zu sichern und deren weitere Entwicklung zu ermöglichen. Die mit der Veränderungssperre eintretende Sperrwirkung soll das bestehende Baugeschehen für einen begrenzten Zeitraum konservieren und Veränderungen unterbinden und dadurch der Gemeinde Gelegenheit geben, eine der städtebaulichen Zielsetzung dienende Bebauungsplanung in ihren noch offenen Details zu erarbeiten. 78BVerwG, Urteil vom 9. August 1991 – 4 B 135/91 – Buchholz 406.11 § 14 BBauG/BauGB Nr. 17 – juris Rn. 3; OVG NRW, Urteil vom 26. Februar 2009 – 10 D 40/07.NE – juris Rn. 55. 79Gemessen an diesen Anforderungen waren die Vorstellungen der Beklagten zur künftigen baulichen Nutzung des Plangebietes im maßgeblichen Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses über die Veränderungssperre Nr. 000/ hinreichend konkretisiert. Der Rat der Beklagten verfolgte ausweislich der Begründung zur Beschlussvorlage für den Aufstellungsbeschluss vom 11. Dezember 2014 (BA Ht. 4 Bl. 14 f.) das dort genannte hauptsächliche Planungsziel, im Plangebiet zukünftig – aufbauend auf dem am 12. Dezember 2013 vom Rat der Beklagten beschlossenen Kommunalen Einzelhandelskonzept – Einzelhandelsnutzungen mit nahversorgungs- und zentrenrelevanten Sortimenten gemäß der T3. Liste aus dem Einzelhandelskonzept zum Erhalt und zur Entwicklung der zentralen Versorgungsbereiche der Stadt als unzulässig festzusetzen. Zur Umsetzung der Planungsziele soll ein einfacher Bebauungsplan mit Festsetzungen nach § 9 Abs. 2a BauGB zur Steuerung der Zulässigkeit von Einzelhandelsnutzungen beschlossen werden. Dabei hat der Rat der Beklagten differenzierte Festsetzungen in den Blick genommen, um den bestandskräftig genehmigten kleinflächigen Einzelhandelsbetrieb der Klägerin zu berücksichtigen. Insoweit soll dieser Betrieb zwar in seinem Bestand durch die künftigen Festsetzungen Berücksichtigung finden. Um dem Kommunalen Einzelhandelskonzept soweit wie möglich auch in diesem Teilbereich des Planungsgebiets Rechnung zu tragen, soll jedoch gleichzeitig ausgeschlossen werden, dass dieser Einzelhandelsbetrieb erweitert oder in seiner Nutzung dahingehend geändert werden kann, dass die Nutzung den Planungszielen entgegensteht. Angesichts dieser städtebaulichen Zielvorstellungen der Beklagten zur Einzelhandelssteuerung und zum Schutz und zur Stärkung des zentralen Versorgungsbereiches Hauptzentrum Mitte bestehen keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass die durch die Veränderungssperre gesicherte erneute Aufstellung des Bebauungsplanes X 000 eine reine Negativplanung zur Verhinderung des Vorhabens der Klägerin darstellte und die von der Beklagten dargelegte positive Planungsvorstellung nebst den von ihr angegebenen Gründen für die erneute Aufstellung nur vorgeschoben wären. 80Siehe dazu: OVG NRW, Urteil vom 8. Oktober 2018 – 10 D 56/18.NE – juris Rn. 17 ff. 81Die Veränderungssperre ist als Sicherungsmittel auch geeignet, weil sich das Planungsziel des Bebauungsplans X 000 rechtmäßig erreichen lässt. Eine Veränderungssperre ist als Sicherungsmittel ungeeignet, wenn sich das aus dem Aufstellungsbeschluss ersichtliche Planungsziel im Wege planerischer Festsetzungen nicht erreichen lässt, wenn der beabsichtigte Bebauungsplan der Förderung von Zielen dient, für deren Verwirklichung die Planungsinstrumente des BauGB nicht bestimmt sind, oder wenn rechtliche Mängel schlechterdings nicht behebbar sind. Eine Veränderungssperre, die eine offensichtlich unzulässige Bebauungsplanung sicherstellen soll, ist unwirksam. 82BVerwG, Beschluss vom 19. Februar 2014 – 4 BN 6.14 – juris Rn. 3; OVG NRW, Beschluss vom 3. Juni 2014 – 2 B 418/14 – juris Rn. 41. 83Das verlautbare Planungsziel der Beklagten lässt sich mit Festsetzungen nach § 9 Abs. 2a BauGB erreichen. Danach kann für im Zusammenhang bebaute Ortsteile (§ 34 BauGB) zur Erhaltung oder Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche, auch im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung und der Innenentwicklung der Gemeinden, in einem Bebauungsplan festgesetzt werden, dass nur bestimmte Arten der nach § 34 Abs. 1 und 2 BauGB zulässigen baulichen Nutzungen zulässig oder nicht zulässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können; die Festsetzungen können für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans unterschiedlich getroffen werden (Satz 1). Dabei ist insbesondere ein hierauf bezogenes städtebauliches Entwicklungskonzept im Sinne des § 1 Abs. 6 Nr. 11 BauGB zu berücksichtigen, das Aussagen über die zu erhaltenden oder zu entwickelnden zentralen Versorgungsbereiche der Gemeinde oder eines Gemeindeteils enthält (Satz 2). Diese Voraussetzungen sind, ungeachtet dessen, dass eine vorweggenommene Normenkontrolle des künftigen Bebauungsplans nicht stattfindet, 84hierzu OVG NRW, Beschlüsse vom 16. März 2012 – 2 B 202/12 – juris Rn. 46 ff. und vom 11. Februar 2008 – 10 B 1614/07 – juris Rn. 7, 85gegeben. 86Entgegen der Auffassung der Klägerin scheitert die von der Beklagten angestrebte Planung nicht daran, dass sich die Planung nicht auf einen im Zusammenhang bebauten Ortsteil im Sinne des § 34 BauGB beschränkt. Es mag zutreffen, dass für den geplanten Geltungsbereich zumindest in formeller Hinsicht weiterhin der Bebauungsplan X 000 – Teil X, der den ebenfalls noch nicht formell aufgehobenen rechtskräftigen Bebauungsplan X 000 überlagert, existiert. Dies steht der Annahme, es handele sich bei dem Plangebiet um einen nach § 34 BauGB zu beurteilenden Bereich, jedoch nicht entgegen, denn die Bebauungspläne X – Teil X und X 000 sind wegen des Fehlens des jeweiligen Beitrittsbeschlusses des Rates zu Auflagen des Regierungspräsidenten von Anfang an unwirksam gewesen (BA Ht. 9 Bl. 67 ff. und BA Ht. 10). Dabei handelt es sich um einen Mangel, der insgesamt zur Unwirksamkeit der Pläne führt. 87BVerwG, Urteil vom 5. Dezember 1986 – 4 C 31.85 – BVerwGE 75, 262 (264 f.) – juris Rn. 16. 88Allein dies genügt für die Annahme eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils im Sinne des § 34 BauGB. 89OVG NRW, Urteil vom 22. Februar 2017 – 7 A 1397/15 – juris Rn. 59. 90Im Übrigen bestehen auch keine Anhaltspunkte dafür, dass es der Beklagten unmöglich wäre, noch vor dem Satzungsbeschluss über den Bebauungsplan X 000 die Bebauungspläne aufzuheben und auch so zum Zeitpunkt der Fassung der Satzung eine nach § 34 BauGB zu beurteilende planungsrechtliche Situation bestünde. 91Ebenso ist auf der Grundlage des Vortrages der Klägerin nicht ersichtlich, dass die geplanten Festsetzungen mit § 9 Abs. 2a Satz 2 BauGB unvereinbar wären. Die Planungen lassen nicht erkennen, dass sie im Widerspruch zum Kommunalen Einzelhandelskonzept vom 12. Dezember 2013 stehen. Die Auffassung der Klägerin, ein solcher Widerspruch ergebe sich daraus, dass die Beklagte von der im Einzelhandelskonzept vorgesehenen Ausnahmeregelung für integrierte Nahversorgungsstandorte außerhalb des 600m-Radius keinen Gebrauch gemacht habe, kann nicht gefolgt werden. Richtig ist, dass das Kommunale Einzelhandelskonzept der Beklagten eine solche Ausnahmeregelung vorsieht (Seite 116). Danach 92„[können] Einzelhandelsbetriebe […] außerhalb der T3. zentralen Versorgungsbereiche in städtebaulich integrierten Lagen (z.B. in Mischgebieten und Allgemeinen Wohngebieten) möglich sein, wenn sie 93- der Nahversorgung dienen (d.h. die Kaufkraftabschöpfung eine Quote von in der Regel 35% der sortimentsspezifischen Kaufkraft im funktional zugewiesenen Versorgungsgebiet nicht übersteigt), 94- städtebaulich in Wohnsiedlungsbereiche integriert sind, 95- auch fußläufig für möglichst viele Menschen erreichbar sind (i.d.R. 600 m-Distanz), 96- außerhalb der 600 m-Zonen um die zentralen Versorgungsbereiche liegen und 97- keine negativen städtebaulichen Auswirkungen auf die zentralen Versorgungsbereiche und die wohnortnahen Versorgungsstrukturen zu erwarten sind.“ 98Unabhängig davon, dass diese Regelung lediglich die Möglichkeit bietet, vom Grundsatz 1 des Konzepts Ausnahmen zuzulassen, hat die Beklagte nachvollziehbar dargelegt, dass die Voraussetzungen für eine solche Ausnahme nicht vorliegen, zum einen, weil Teile des Plangebietes schon nicht außerhalb der 600 m-Zonen um die zentralen Versorgungsbereiche – so auch die Grundstücke der Klägerin – liegen, und zum anderen das Erfordernis der Nahversorgungsfunktion nicht erfüllt ist (BA Ht. 4 Bl. 62 f.). Ein Widerspruch zum Kommunalen Einzelhandelskonzept ist daher nicht vorgezeichnet; die beabsichtigten Festsetzungen dienen vielmehr der Umsetzung der Grundsätze 1 und 2 des Kommunalen Einzelhandelskonzepts. Des Weiteren ist ein solcher nicht dadurch vorgezeichnet, dass der beabsichtigte Bebauungsplan für den Teilbereich 1 keinen Ausschluss von nahversorgungs- und zentrenrelevanten Sortimenten für kleinflächige Einzelhandelsunternehmen vorsieht. Insoweit verkennt die Klägerin, dass diese Differenzierung zwischen dem Teilbereich 1 und 2 allein darauf beruht, dass die Beklagte – neben den Grundsätzen des Kommunalen Einzelhandelskonzeptes – auch den sich aus dem Bestandsschutz ergebenden Belangen Rechnung zu tragen hat. Darin eine inkonsistente Planung zu sehen, überzeugt nicht. 99Die von der Beklagten angestrebte Einzelhandelssteuerung kann auch prinzipiell im Sinne von § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB städtebaulich erforderlich sein. 100OVG NRW, Urteile vom 20. Januar 2020 – 10 A 1780/17 – juris Rn. 53 und vom Oktober 2013 – 2 D 103/12.NE – juris Rn. 36. 101Was danach städtebaulich erforderlich ist, bestimmt sich maßgeblich nach der jeweiligen Konzeption der Gemeinde. Welche städtebaulichen Ziele die Gemeinde sich setzt, liegt in ihrem planerischen Ermessen. Der Gesetzgeber ermächtigt sie, die „Städtebaupolitik“ zu betreiben, die ihren städtebaulichen Ordnungsvorstellungen entspricht. Nicht erforderlich im Sinne des § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB sind demgegenüber in aller Regel nur solche Bauleitpläne, die einer positiven Planungskonzeption entbehren und ersichtlich der Förderung von Zielen dienen, für deren Verwirklichung die Planungsinstrumente des Baugesetzbuchs nicht bestimmt sind. § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB ist ferner verletzt, wenn ein Bebauungsplan, der aus tatsächlichen oder Rechtsgründen auf Dauer oder auf unabsehbare Zeit der Vollzugsfähigkeit entbehrt, die Aufgabe der verbindlichen Bauleitplanung nicht zu erfüllen vermag. In dieser Auslegung setzt § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB der Bauleitplanung lediglich eine erste, wenn auch strikt bindende Schranke, die lediglich grobe und einigermaßen offensichtliche Missgriffe ausschließt. Sie betrifft die generelle Erforderlichkeit der Planung, nicht hingegen die Einzelheiten einer konkreten planerischen Lösung. Dafür ist das Abwägungsgebot maßgeblich, das im Hinblick auf gerichtliche Kontrolldichte, Fehlerunbeachtlichkeit und heranzuziehende Erkenntnisquellen abweichenden Maßstäben unterliegt. Deswegen kann die Abgewogenheit einer Bauleitplanung und ihrer Festsetzungen nicht bereits zum Maßstab für deren städtebauliche Erforderlichkeit gemacht werden. 102BVerwG, Urteile vom 27. März 2013 – 4 C 13.11 – BVerwGE 146, 137 Rn. 9 – juris Rn. 9 und vom 27. März 2013 – 4 CN 6.11 – juris Rn. 9. 103Gemessen daran kann der geplante Bebauungsplan S 607 im Anschluss an das oben zur positiven Planungskonzeption und zum Nichtbestehen einer reinen Negativplanung Gesagte ohne Weiteres städtebaulich gerechtfertigt sein. Bei den Zielsetzungen der Beklagten handelt es sich um zulässige städtebauliche Erwägungen im Sinne von § 1 Abs. 6 Nr. 4 und Nr. 11 BauGB. Eine ihrer Erhaltung dienende Stärkung der zentralen Versorgungsbereiche einer Gemeinde ist ein gewichtiger städtebaulicher Belang des Allgemeinwohls und damit grundsätzlich ein tragfähiges städtebauliches Ziel, das den Ausschluss von Einzelhandelsbetrieben mit nahversorgungs- und zentrenrelevanten Sortimenten in einem Bebauungsplan nach § 9 Abs. 2a BauGB rechtfertigen kann. Bauleitplanung erschöpft sich nicht darin, bereits eingeleitete Entwicklungen zu steuern. Sie ist auch ein Mittel, um städtebauliche Ziele für die Zukunft zu formulieren und aktiv auf eine Änderung des städtebaulichen Status Quo hinzuwirken. 104OVG NRW, Urteil vom 23. April 2020 – 10 D 55/18.NE – juris Rn. 22. 105Es bedurfte für die Annahme der Wirksamkeit der Veränderungssperre über das Vorliegen dieser Voraussetzung hinaus auch nicht der Darlegung besonderer Umstände im Sinne des § 17 Abs. 2 und/oder 3 BauGB. Der Auffassung der Klägerin, es liege mangels identischer Planungsziele keine neue Veränderungssperre vor, vermag die Kammer nicht zu folgen. Denn bei der Veränderungssperre Nr. 000/000 handelt es sich nicht um eine erneute, sondern um eine neue Veränderungssperre, die im derzeit laufenden zweiten Jahr ihrer Geltungsdauer noch nicht durch besondere Umstände im Sinne von § 17 Abs. 2 BauGB oder § 17 Abs. 3 BauGB gerechtfertigt sein muss. Zutreffend ist, dass mit dem Mittel einer neuen Veränderungssperre nicht die strengen Anforderungen an die Verlängerung der Geltungsdauer einer Veränderungssperre nach § 17 Abs. 2 BauGB oder dem erneuten Erlass einer Veränderungssperre nach § 17 Abs. 3 BauGB umgangen werden dürfen. 106BVerwG, Beschluss vom 30. Oktober 1992 – 4 NB 44.92 – Buchholz 406.11 § 17 BauGB Nr. 6 – juris Rn. 11; Stock, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, 136. EL Oktober 2019, § 17 Rn. 48a. 107Um eine solche Umgehung handelt es sich jedoch – auch bei Unterstellung identischer Planungsziele der Beklagten – nicht. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist anerkannt, 108Beschluss vom 29. März 2007 – 4 BN 11.07 – Buchholz 406.11 § 14 BauGB Nr. 28 – juris Rn. 4 f., 109dass eine Gemeinde eine neue Veränderungssperre nach § 14 Abs. 1 BauGB beschließen kann, wenn ein Normenkontrollgericht ihren Bebauungsplan, der in der Aufstellungsphase durch eine Veränderungssperre gesichert war, für unwirksam erklärt hat und sie für denselben Planbereich erneut die Aufstellung eines Bebauungsplans beschließt. Dies gilt auch dann, wenn sie im Übrigen an ihrem Planungskonzept festhält. Der hier streitbetroffene Sachverhalt unterscheidet sich zwar darin, dass es an einer gerichtlichen Entscheidung zur Wirksamkeit des Bauleitverfahrens der Beklagten aus dem Jahr 2012 fehlt, und vielmehr die Beklagte aus Anlass einer höchstrichterlichen Rechtsprechungsänderung die Unwirksamkeit ihrer Beschlüsse aufgrund eines Bekanntmachungsmangels annimmt. Auf diesen Unterschied kommt es jedoch nicht an. Maßgeblich ist unter Zugrundelegung der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, dass den Gemeinden das Recht zusteht, ihre Bauleitplanung durch eine neue Veränderungssperre zu sichern, soweit sie dazu dient, rechtmäßige Verhältnisse herzustellen. Allein dies war das Anliegen der Beklagten. Der vom Rat der Beklagten gefasste Aufstellungsbeschluss vom 11. Dezember 2014 sollte nunmehr in einer den Vorgaben des § 2 BekanntmVO NRW entsprechenden Weise bekannt gemacht und damit die insoweit bestehenden Mängel des Bauleitverfahrens aus dem Jahr 2012 behoben werden. Dass dieses Vorgehen der Beklagten in der Folge dazu dienen sollte, § 17 Abs. 2 und/oder Abs. 3 BauGB zu umgehen, ist unter Berücksichtigung der Umstände dieses Einzelfalles nicht ersichtlich. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die erneute Beschlussfassung und Bekanntmachung nur vorgeschoben war, um sodann mit dem Mittel einer neuen Veränderungssperre den strengen Anforderungen an die Verlängerung der Geltungsdauer bzw. dem erneuten Erlass einer solchen zu entgehen. Der Bekanntmachungsfehler war zunächst für die Wirksamkeit der Beschlüsse erheblich. Der Entscheidung des OVG NRW war zweifelsfrei die Folge der Unwirksamkeit der Bekanntmachung des Aufstellungsbeschlusses mangels der Berücksichtigung der Voraussetzungen des § 2 BekanntmVO NRW zu entnehmen. 110OVG NRW, vom 8. Februar 2013 – 10 B 1239/12 – juris Rn. 13. 111Die erneute Bekanntmachung erfolgte daher nicht nur auf der Grundlage einer unsicheren Rechtslage bzw. Rechtsprechung. Infolgedessen war der Beklagten die Sicherung des Bauleitverfahrens nur durch die erneute Bekanntmachung eines Aufstellungsbeschlusses als Voraussetzung für eine wirksame Veränderungssperre möglich. Denn eine wirksame Veränderungssperrensatzung setzt die Wirksamkeit des Aufstellungsbeschlusses voraus, der jedoch ohne die ortsübliche Bekanntmachung nicht wirksam werden kann. 112BVerwG, Beschluss vom 15. April 1998 – 4 N 4.87 – BVerwGE 79, 200 (205) – juris Rn. 26. 113Dieser Bekanntmachungsfehler war auch nicht vermeidbar. Die Entscheidung des OVG NRW vom 8. Februar 2013, 11410 B 1239/12 – juris Rn. 7, 115stellte sich als Rechtsprechungsänderung dar. Das Oberverwaltungsgericht hat seine diesbezüglich noch im Urteil vom 23. April 1996 (Az.: 10 A 620/91) vertretene Auffassung ausdrücklich aufgegeben. Angesichts dessen kann der im Termin zur mündlichen Verhandlung geäußerten gegenteiligen Ansicht der Klägerin nicht gefolgt werden. Der Beklagten hätte daher nicht bereits im Jahr 2012 die Fehlerhaftigkeit ihres Verfahrens bekannt sein können. Die Beklagte hätte schließlich auch nicht auf andere Art und Weise rechtmäßige Verhältnisse herstellen können. So war hier seitens der Beklagten zu berücksichtigen, dass der Aufstellungsbeschluss aus dem Jahr 2012 nicht mehr den tatsächlichen Bestand im Plangebiet abbildete. Denn durch die Erteilung des Vorbescheides für die Errichtung des kleinflächigen Lebensmitteldiscounters der Klägerin bedurfte es der Berücksichtigung dieses Vorhabens im Rahmen der Bauleitplanung der Beklagten, vor allem auch im Hinblick auf das im Dezember 2013 vom Rat beschlossene Kommunale Einzelhandelskonzept. Der Aufstellungsbeschluss vom 11. Dezember 2014 berücksichtigt gegenüber dem Beschluss vom 6. Dezember 2012 das zwischenzeitlich beschlossene Kommunale Einzelhandelskonzept. Auch liegt gerade in der durch die Bekanntmachungsmängel verursachten neuen Bewertung des seinerzeitigen Antrages der Klägerin auf Erteilung eines Bauvorbescheides bzw. einer Baugenehmigung für die Errichtung eines kleinflächigen Lebensmitteldiscounters die für die Annahme einer neuen Planung der Beklagten erforderliche Andersartigkeit der Planung gegenüber dem Jahr 2012. Eine Wiederholung derselben Planung liegt demgegenüber nicht vor. 116Ein Vorgehen, welches der Entscheidung des OVG NRW, Beschluss vom 29. Mai 2013 (Az.: 10 A 2611/11 – juris) zugrunde lag, war der Beklagten daher nicht möglich. 117Die Veränderungssperre steht im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung am 14. August 2020 der Erteilung der begehrten Baugenehmigung auch in zeitlicher Hinsicht entgegen. Nach § 6 der Veränderungssperrensatzung tritt die Veränderungssperre Nr. 000/000 am Tage der Bekanntmachung im Amtsblatt der Stadt T1. in Kraft. Sie tritt nach Ablauf von zwei Jahren, vom Tag der Bekanntmachung gerechnet, außer Kraft. Auf die Zweijahresfrist ist der seit der Zustellung der ersten Zurückstellung eines Baugesuchs nach § 15 BauGB abgelaufene Zeitraum anzurechnen. Die Veränderungssperre tritt in jedem Fall außer Kraft, sobald und soweit der Bebauungsplan für das in § 2 genannte Gebiet rechtsverbindlich wird. Der Bebauungsplan X 000 ist noch nicht bekannt gemacht worden. Auch ist die Frist des § 6 Satz 2 – auch unter Berücksichtigung der Anrechnungsregelung des Satzes 3 – noch nicht abgelaufen. Die Veränderungssperre ist am 21. Februar 2019 in Kraft getreten. Sie wird daher mit Ablauf des 20. Februar 2021 außer Kraft treten. Unter Berücksichtigung der Anrechnung vom 29 Tagen der Zurückstellung der Entscheidung nach § 15 Abs. 1 BauGB (23. Januar 2019 bis 20. Februar 2019) kann die Veränderungssperre der Klägerin bis zum 22. Januar 2021 entgegen gehalten werden. Im Übrigen sind zugunsten der Klägerin auch keine Zeiten einer faktischen Zurückstellung des Bauantrags vom 28. März 2018 berücksichtigungsfähig. Von einer faktischen Zurückstellung ist zu sprechen, wenn die Bauaufsichtsbehörde einen an sich (positiv) bescheidungsfähigen Bauantrag verzögerlich bearbeitet und dadurch ein Zeitverlust entstanden ist. Der Zeitraum, der dadurch vergeht, dass ein (positiv) bescheidungsfähiger Bauantrag verzögerlich behandelt wird, ist auf eine nachträglich ausgesprochene Zurückstellung anzurechnen. 118Vgl. BVerwG, Beschluss vom 9. April 2003 – 4 B 75.02 – juris Rn. 19; OVG NRW, Beschluss vom 16. März 2012 – 2 B 202/12 – juris Rn. 55. 119Gemessen an diesen Maßstäben sind zugunsten der Klägerin keine Zeiten einer faktischen Zurückstellung über den bereits verfügten Zurückstellungszeitraum hinaus anzurechnen, da angesichts der zahlreichen Fristverlängerungsanträge der Klägerin keine verzögerliche Behandlung des Bauantrags seitens der Beklagten erkennbar ist. Schließlich ist auch unter Berücksichtigung des Zeitraumes zwischen dem Aufstellungsbeschluss (Dezember 2014) und dem Erlass der Veränderungssperre (Februar 2019) von etwas mehr als 4 Jahren nicht ersichtlich, dass die Beklagte die Planung aufgegeben hätte. Im Übrigen verlangt § 14 Abs. 1 BauGB nicht, dass zwischen der Fassung des Aufstellungsbeschlusses und dem Erlass der Veränderungssperre höchstens eine bestimmte Zeitspanne liegen dürfe. 120BVerwG, Beschluss vom 26. Juni 1992 – 4 NB 19.92 – Buchholz 406.11 § 14 BauGB Nr. 21 – juris Rn. 7; VGH BW, Beschluss vom 18. Mai 2000 – 8 S 410/00 – juris Rn. 9 f.; VG Düsseldorf, Urteil vom 7. Juni 2017 – 25 K 2717/16 – juris Rn. 86 f. 121Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf die begehrte Baugenehmigung unter Berücksichtigung des § 14 Abs. 2 BauGB. Hiernach kann eine Ausnahme von der Veränderungssperre zugelassen werden, wenn überwiegende öffentliche Belange nicht entgegenstehen. Der Sicherungszweck der Veränderungssperre steht als öffentlicher Belang jedoch entgegen, wenn das Vorhaben der beabsichtigten Planung widerspricht oder diese wesentlich erschweren würde; ein solches Vorhaben darf auch im Wege der Ausnahme nicht zugelassen werden. Andernfalls würde die Veränderungssperre ihre Wirkung nicht erfüllen. 122BVerwG, Urteil vom 30. August 2012 – 4 C 1.11 – BVerwGE 144, 82 Rn. 34 – juris Rn. 34 und Beschluss vom 9. Februar 1989 – 4 B 236.88 – juris Rn. 7. 123Das Hauptplanungsziel des Planverfahrens ist der Ausschluss von Einzelhandelsbetrieben mit nahversorgungs- und zentrenrelevanten Sortimenten im Plangebiet zum Erhalt und zur Entwicklung insbesondere des zentralen Versorgungszentrums Hauptzentrum Mitte. Die Erweiterung des Lebensmitteldiscounters der Klägerin stünde diesem Entwicklungsziel nicht nur entgegen, weil mit der Vergrößerung der Verkaufsfläche eines Lebensmitteldiscounters die Gefahr einer Erhöhung der Kaufkraftbindung an dem betroffenen Standort verbunden ist. Sie widerspräche auch den beabsichtigten Festsetzungen nach § 9 Abs. 2a BauGB. 124Soweit die Klage mit dem Hauptantrag unbegründet und deshalb über den Hilfsantrag zu entscheiden ist, bleibt auch dieser ohne Erfolg. Er stellt sich zwar als zulässige Klageänderung nach § 91 Abs. 1 VwGO dar, 125OVG NRW, Urteil vom 29. Mai 2013 – 10 A 2611/11 – juris Rn. 66, 126ist jedoch in der Sache jedenfalls unbegründet. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob der Antrag nicht bereits unzulässig ist, weil es an einer den in der Rechtsprechung entwickelten Anforderungen, 127siehe nur exemplarisch OVG NRW, Urteil vom 25. März 2014 – 2 A 2679/12 – juris Rn. 47 f. m.w.N. 128genügenden Darlegung des Präjudizinteresses der Klägerin, und damit eines Fortsetzungsfeststellungsinteresses fehlt. Insbesondere dürfte es an der erforderlichen annähernden Angabe der Schadenshöhe mangeln, da die Klägerin sich lediglich darauf beschränkt, das Entgehen eines nicht näher bezifferten Gewinns zu behaupten. 129Der Hilfsantrag ist jedoch jedenfalls unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch darauf, festzustellen, dass die Beklagte bis zum 20. Februar 2019 verpflichtet war, der Klägerin die mit Formularantrag vom 31. Januar 2018 beantragte Baugenehmigung zur Erweiterung der Verkaufsfläche eines Lebensmittelmarktes auf 1.052,71 m² sowie Erstellung eines Eingangskoffers auf dem Grundstück T. Straße 0 in T1. zu erteilen. Denn bis zum 20. Februar 2019 stand der Erteilung der von der Klägerin begehrten Baugenehmigung der rechtmäßige Zurückstellungsbescheid vom 15. Januar 2019 entgegen. Es ist zutreffend, dass der Zurückstellungsbescheid entgegen § 7 Abs. 1 Satz 2 LZG NRW der Klägerin persönlich und nicht dem von ihr im Verwaltungsverfahren bevollmächtigten H. C. GmbH zugestellt worden ist. Die Berufung der Klägerin auf eine fehlerhafte Zustellung des Zurückstellungsbescheids an sie selbst stellt sich jedoch als unzulässige Rechtsausübung dar, denn sie verstößt in missbräuchlicher Weise gegen das Verbot widersprüchlichen Verhaltens (venire contra factum proprium). Widersprüchliches Verhalten eines am fraglichen Rechtsverhältnis Beteiligten ist missbräuchlich, wenn entweder aufgrund seines bisherigen Verhaltens für den anderen Teil hinsichtlich eines bestimmten Umstandes ein Vertrauenstatbestand entstanden ist oder wenn andere Umstände die Rechtsausübung als treuwidrig erscheinen lassen. 130Vgl. hierzu etwa BVerwG, Beschluss vom 7. Juli 2008 – 6 B 14.08 – juris Rn. 6; OVG NRW, Beschluss vom 10. Juli 2019 – 10 B 516/19 – juris Rn. 8 f. und Urteil vom 5. September 2017 – 7 A 1069/14 – juris Rn. 35. 131So liegt der Fall hier. Die von der Klägerin bevollmächtigte H. C. GmbH wurde letztmalig am 3. April 2018 – mithin nur wenige Tage nach Einreichung des Bauantrages – für die Klägerin im Verwaltungsverfahren tätig. In der Folge trat für die Klägerin die bei ihr beschäftigte Frau O1. G2.rings auf, die die zahlreichen Fristverlängerungsanträge sowohl telefonisch als auch per E-Mail stellte und sich sodann die gewährten Fristverlängerungen in an sie gerichteten Schreiben durch die Beklagte bestätigen ließ. Auch an dem am 5. Oktober 2018 zwischen dem Immobilienbereichsleiter der Klägerin, Herrn K. C1. , und den Vertretern der Beklagten geführten persönlichen Gespräch waren Vertreter der H. C. GmbH – trotz ihrer umfangreichen Bevollmächtigung – nicht beteiligt. Schließlich nahm die jetzige Prozessbevollmächtigte im Rahmen des Verwaltungsverfahrens die Interessen der Klägerin durch ausführliche Stellungnahmen zur Sache wahr. Diesen Sachverhalt zugrunde gelegt, bestanden aus Sicht der Beklagten keine Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin die Zustellung des Zurückstellungsbescheides an die H. C. GmbH wünsche und eine solche an sie selbst nicht gegen sich gelten lassen werde. So trat die umfassend bevollmächtigte H. C. GmbH nach dem 3. April 2018, und damit über den größten Teil des Verwaltungsverfahrens, nicht mehr in Erscheinung. Vielmehr nahm die Klägerin ihre Interessen persönlich durch Frau G2. und Herrn C1. sowohl im Schriftverkehr als auch im persönlichen Gespräch wahr, ohne dass ausdrücklich oder sinngemäß Erwähnung fand, dass sie weiterhin eine Vertretung durch die H. C. GmbH wünsche. Dieser Eindruck musste sich aus Sicht der Beklagten auch deshalb verstärken, weil durch das Auftreten der jetzigen Prozessbevollmächtigten im Verwaltungsverfahren die Klägerin zu erkennen gab, jedenfalls in der Sache nicht mehr durch die H. C. GmbH vertreten werden zu wollen. Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass der von der Beklagten am 30. April 2019 erlassene Widerruf des Zurückstellungsbescheides an die Prozessbevollmächtigte der Klägerin zugestellt worden ist. Denn aus diesem Umstand lassen sich keinerlei Rückschlüsse auf den bei der Beklagten vor Erlass des Zurückstellungsbescheides entstandenen – maßgeblichen – Eindruck ziehen. Dass die Klägerin – wie sie in der mündlichen Verhandlung angab – in ähnlich gelagerten Fällen ebenso agiert und sich daher dieses Vorgehen aus ihrer Sicht als „Standardprozedere“ darstellt, ändert nichts an den rechtlichen Maßstäben, an denen dieses Vorgehen zu messen ist. Die H. C. GmbH mag daher im Zeitpunkt der Zustellung des Zurückstellungsbescheides formal noch bevollmächtigt gewesen sein. Durch das Verhalten der Klägerin im Verwaltungsverfahren hatte sie jedoch bei der Beklagten das berechtigte Vertrauen entstehen lassen, dass sie auch die Zustellung des Zurückstellungsbescheids an sie selbst gegen sich gelten lassen werde. Wenn die Klägerin sich nunmehr darauf beruft, die Zustellung sei fehlerhaft nicht an ihre Bevollmächtigte erfolgt, verhält sie sich im Widerspruch zu ihrem vorherigen Verhalten und zu dem dadurch bei der Beklagten entstandenen Vertrauen in ihre Stellung als in jeder Hinsicht zuständige Verfahrensbeteiligte und Adressatin jeglichen Schriftverkehrs. 132Der Zurückstellungsbescheid vom 15. Januar 2019 ist auch in rechtmäßiger Weise ergangen. Nachdem der Rat der Beklagten am 11. Dezember 2014 die Aufstellung des Bebauungsplans X 000 beschlossen hatte und der Aufstellungsbeschluss am 18. Dezember 2014 öffentlich bekannt gemacht worden war, lagen die Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 BauGB für eine Zurückstellung vor. Danach hat die Baugenehmigungsbehörde, wenn eine Veränderungssperre nach § 14 BauGB nicht beschlossen wurde, obwohl die Voraussetzungen gegeben sind, oder wenn eine beschlossene Veränderungssperre noch nicht in Kraft getreten ist, auf Antrag der Gemeinde die Entscheidung über die Zulässigkeit von Vorhaben im Einzelfall für einen Zeitraum bis zu zwölf Monaten auszusetzen, wenn zu befürchten ist, dass die Durchführung der Planung durch das Vorhaben unmöglich gemacht oder wesentlich erschwert werden würde. Dies war hier der Fall, da eine Zulassung des Vorhabens der Klägerin – wie dargelegt – den beabsichtigten Festsetzungen nach § 9 Abs. 2a BauGB widerspricht. 133Die Kostenentscheidung folgt, soweit in der Hauptsache zu entscheiden ist, aus § 154 Abs. 1 VwGO. Soweit das Verfahren bezüglich des zunächst ebenfalls angegriffenen Zurückstellungsbescheides vom 15. Januar 2019 von den Beteiligten übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt worden ist, beruht die Kostenentscheidung auf § 161 Abs. 2 VwGO. Danach entscheidet das Gericht unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen über die Kosten. Vorliegend entspricht es der Billigkeit, der Klägerin auch insoweit die Kosten aufzuerlegen, weil der Zurückstellungsbescheid – wie dargelegt – rechtmäßig ergangen war. 134Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 und 2 VwGO i.V.m. § 709 Zivilprozessordnung (ZPO). 135Rechtsmittelbelehrung: 136Gegen dieses Urteil kann innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) schriftlich die Zulassung der Berufung beantragt werden. Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. 137Der Antrag kann auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) eingereicht werden. 138Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. 139Die Berufung ist nur zuzulassen, 1401. wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, 1412. wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, 1423. wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, 1434. wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder 1445. wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann. 145Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster oder Postfach 6309, 48033 Münster) schriftlich oder als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der ERVV einzureichen. 146Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen. 147Im Berufungs- und Berufungszulassungsverfahren müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die das Verfahren eingeleitet wird. Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Auf die zusätzlichen Vertretungsmöglichkeiten für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und § 5 Nr. 6 des Einführungsgesetzes zum Rechtsdienstleistungsgesetz – RDGEG –). Darüber hinaus sind die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen unter den dort genannten Voraussetzungen als Bevollmächtigte zugelassen. Die Antragsschrift und die Zulassungsbegründungsschrift sollen möglichst dreifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften. 148Beschluss: 149Der Streitwert wird auf 56.862,- Euro festgesetzt. 150Gründe: 151Die Festsetzung des Streitwertes ist nach § 52 Abs. 1 GKG in Verbindung mit dem Streitwertkatalog der Bausenate des OVG NRW vom 22. Januar 2019 (BauR 2019, 610) erfolgt. Nach dessen Ziffer 3 lit. a) ist bei Baugenehmigungen für gewerbliche Bauten grundsätzlich der geschätzte Jahresnutzwert anzusetzen. Ist dieser Wert – wie hier – nicht bekannt, sind nach Ziffer 3 lit. b) für Einzelhandelsbetriebe je 1 m² Verkaufsfläche 150,-Euro festzusetzen. Da die Klägerin die Baugenehmigung für eine Erweiterung ihrer Verkaufsfläche um 252,72 m² begehrt, ist der Streitwert für den Hauptantrag mit 37.908,- Euro anzusetzen. Hinzuzurechnen ist nach § 45 Abs. 1 Satz 2 GKG der Streitwert für den Hilfsantrag. Nach § 45 Abs. 1 GKG wird ein hilfsweise geltend gemachter Anspruch mit dem Hauptanspruch zusammengerechnet, soweit eine Entscheidung über ihn ergeht und er – wie hier – nicht denselben Gegenstand betrifft. Nach Ziffer 15 des Streitwertkatalogs ist in der Regel bei Fortsetzungsfeststellungsklagen 50% des ursprünglichen Streitwertes anzusetzen, mithin hier 18.954,- Euro (= 1/2 x 37.908,- Euro). 152Rechtsmittelbelehrung: 153Gegen den Streitwertbeschluss kann schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) Beschwerde eingelegt werden, über die das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster entscheidet, falls ihr nicht abgeholfen wird. 154Die Beschwerde kann auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) oder zu Protokoll der Geschäftsstelle eingelegt werden; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. 155Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von sechs Monaten eingelegt wird, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. 156Die Beschwerde ist nicht gegeben, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,-- Euro nicht übersteigt. 157Die Beschwerdeschrift soll möglichst dreifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften. 158War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist angerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.
das verfahren wird eingestellt, soweit die verfahrensbeteiligten den rechtsstreit in der hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben. im übrigen wird die klage abgewiesen. die klägerin trägt die kosten des verfahrens. das urteil ist wegen der kosten gegen sicherheitsleistung in höhe von 110 prozent des jeweils zu vollstreckenden betrages vorläufig vollstreckbar. 1
2die klägerin begehrt die erteilung einer baugenehmigung für die erweiterung eines lebensmitteldiscounters von 799,99 m² auf 1.052,71 m² verkaufsfläche sowie die erstellung eines eingangskoffers auf dem grundstück t. straße 0 in t1. (gemarkung x. , flur 00, flurstücke 000 und 000), dessen eigentümerin sie ist. 3für das streitbetroffene grundstück liegt derzeit der bebauungsplan x 000 – teil x aus dem jahr 1985 vor, der im plangebiet vor allem gewerbegebiete (ge) festsetzt. lediglich im bereich der t2. straße/p. e.---straße setzt der bebauungsplan ein kerngebiet (mk) fest. zuvor galt für weite teile des plangebiets der bebauungsplan x 000 aus dem jahr 1970, der für den bereich des plangebietes eine mischgebietsfestsetzung vorsah. im rahmen einer verwaltungsinternen überprüfung gelangte die beklagte zu der auffassung, dass die beiden bebauungspläne als unwirksam zu betrachten seien, da es jeweils an beitrittsbeschlüssen des rates zu auflagen des regierungspräsidenten im damaligen genehmigungsverfahren fehlte (ba ht. 9 bl. 67 ff. und ba ht. 10). 4am 14. juli 2011 beschloss der rat der beklagten daher die aufstellung des bebauungsplanes x 000 (ba ht. 8 bl. 51). das – in der begründung zum aufstellungsbeschluss näher beschriebene und zeichnerisch in einem lageplan dargestellte – plangebiet umfasste den bereich südlich der t. straße, westlich der t2. straße, nördlich der p1. e.---straße und östlich der straße t. g. . in derselben sitzung beschloss der rat der beklagten zudem für das plangebiet die veränderungssperre nr. 000/000 (ba ht. 8 bl. 51). der aufstellungsbeschluss sowie die veränderungssperrensatzung wurden im amtsblatt der beklagten „die stadt“ nr. 29 vom 21. juli 2011 öffentlich bekannt gemacht (ba ht. 8 bl. 56 ff.). 5unter berufung auf diese veränderungssperre lehnte die beklagte seinerzeit einen antrag der klägerin auf erteilung eines bauvorbescheids für die errichtung eines kleinflächigen lebensmitteldiscounters (799,99 m²) auf dem grundstück t. straße 0 ab. 6am 6. dezember 2012 beschloss der rat der beklagten erneut die aufstellung des bebauungsplanes x 000 (ba ht. 8 bl. 108), um einem bereits in aufstellung befindlichen kommunalen einzelhandelskonzept rechnung zu tragen. das – in der begründung zum aufstellungsbeschluss näher beschriebene und zeichnerisch in einem lageplan dargestellte – plangebiet umfasste nunmehr den bereich südlich und östlich der t. straße, westlich der t2. straße und nördlich der p1. e.---straße . wiederum wurde in derselben sitzung des rates der beklagten für das plangebiet eine veränderungssperre (nr. 000/000, ba ht. 8 bl. 108) beschlossen. der aufstellungsbeschluss sowie die veränderungssperrensatzung wurden im amtsblatt der beklagten „die stadt“ nr. 50 vom 13. dezember 2012 öffentlich bekannt gemacht (ba ht. 8 bl. 135 f.). im dezember 2012 beschloss der rat der beklagten zudem die einleitung des aufhebungsverfahrens hinsichtlich der bebauungspläne x 000 – teil b und x 000 (ba ht. 2 bl. 89). 7mit beschluss vom 8. februar 2013 (az.: 10 b 1239/12 – juris) entschied das oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen (im folgenden: ovg nrw), dass nach § 52 abs. 3 gemeindeordnung für das land nordrhein-westfalen (go nrw) die für die öffentliche bekanntmachung von satzungen geltenden bestimmungen (§ 7 abs. 4 und 5 go nrw) auch bei den nach der go nrw oder anderen rechtsvorschriften vorgeschriebenen sonstigen öffentlichen bekanntmachungen sinngemäß anwendung fänden, soweit nicht ausdrücklich anderes bestimmt sei. die nach § 2 abs. 1 satz 2 baugesetzbuch (baugb) vorgeschriebene ortsübliche bekanntmachung des aufstellungsbeschlusses sei eine sonstige öffentliche bekanntmachung im sinne dieser vorschrift. § 52 abs. 3 go nrw verweise nicht lediglich auf die ausdrücklich erwähnten regelungen des § 7 abs. 4 und 5 go nrw. auch die bestimmungen der auf der grundlage der verordnungsermächtigung des § 7 abs. 5 go nrw erlassenen verordnung über die öffentliche bekanntmachung von kommunalem ortsrecht (bekanntmvo nrw) fänden sinngemäß anwendung. 8in der annahme, die veränderungssperrensatzung vom 6. dezember 2012 sei mangels übereinstimmungsvermerks nach § 2 abs. 3 bekanntmvo unter zugrundelegung dieser rechtsprechung unwirksam, erteilte die beklagte der klägerin einen bauvorbescheid für die errichtung eines kleinflächigen lebensmitteldiscounters (799,99 m²) auf dem grundstück t. straße 0. darauf aufbauend erteilte sie der klägerin am 19. november 2014 auch die entsprechende baugenehmigung. 9in seiner sitzung am 12. dezember 2013 beschloss der rat der beklagten das kommunale einzelhandelskonzept für die stadt t1. (abrufbar: https://www.baufachinformation.de/kommunales-einzelhandelskonzept-der-stadt-t1. /bu/2016099019926, letzter abruf: 14. august 2020). 10am 10. april 2014 beschloss der rat der beklagten die neufassung der hauptsatzung. am 24. april 2014 bestätigte der damalige oberbürgermeister der beklagten, herr o. g1. , mittels einer paraphe auf dem schriftstück, dass der inhalt/wortlaut des papiergebundenen dokuments der satzung mit dem ratsbeschluss übereinstimme und dass nach den vorschriften des § 2 abs. 1 und 2 bekanntmvo nrw verfahren worden sei (ba ht. 6 hefter 8 bl. 20). die satzung wurde im amtsblatt der beklagten „die stadt“ nr. 19 vom 8. mai 2014 öffentlich bekannt gemacht (ba ht. 6 hefter 8 bl. 32 ff.). 11zudem beschloss der rat der beklagten am 11. dezember 2014 erneut die aufstellung des bebauungsplanes x 000. das – in der begründung zum aufstellungsbeschluss näher beschriebene und zeichnerisch in einem lageplan dargestellte – plangebiet umfasst wie gehabt den bereich südlich und östlich der t. straße, westlich der t2. straße und nördlich der p1. e.---straße . 12zum planungsanlass führt die begründung des aufstellungsbeschlusses vom 13. november 2014 (ba ht. 4 bl. 10 ff.) aus: 13„in der vergangenheit musste im plangebiet ein vorbescheid für einen kleinflächigen lebensmitteldiscounter mit 799 m² verkaufsfläche erteilt werden, da das damalige planverfahren, welches eine steuerung der zulässigkeit von einzelhandel zum ziel hatte, aufgrund einer während des planverfahrens geänderten rechtsprechung des oberverwaltungsgerichts nrw nicht abgeschlossen werden konnte. die erteilung der bereits beantragten baugenehmigung wird voraussichtlich in kürze folgen. 14da sich die ursprünglich verfolgte zielsetzung für diesen bereich jedoch nicht geändert hat, ist zur umsetzung des kommunalen einzelhandelskonzeptes weiterhin eine räumliche steuerung des einzelhandels vorgesehen. 15bei dem zukünftigen festsetzungsgehalt wird allerdings zu berücksichtigen sein, dass für einen lebensmitteldiscounter mit kleinflächiger verkaufsfläche (< 800 m²) ein positiver vorbescheid erteilt wurde und in kürze mit der erteilung der baugenehmigung zu rechnen ist.“ 16zur planungszielsetzung wird ausgeführt: 17„im plangebiet sollen künftig – aufbauend auf dem am 12.12.2013 vom rat beschlossenen kommunalen einzelhandelskonzept (kek) – einzelhandelsnutzungen mit nahversorgungs- und zentrenrelevanten sortimenten zum erhalt und zur entwicklung der zentralen versorgungsbereiche der stadt t1. als unzulässig festgesetzt werden. 18nach dem nunmehr vorliegenden kommunalen einzelhandelskonzept (kek), das am 12.12.2013 vom rat der stadt beschlossen wurde und eine ortsspezifische sortimentenliste für t1. beinhaltet, liegt das plangebiet nicht integriert außerhalb der zentralen versorgungsbereiche der stadt t1. . das hauptzentrum der t3. innenstadt reicht in nördlicher richtung bis zur n.-----straße , die rund 600 m südlich des plangebiets liegt. das hauptzentrum ist zugleich wohnstandort für zahlreiche einwohner. durch die ansiedlung von einzelhandelsnutzungen mit nahversorgungs- und zentrenrelevanten sortimenten außerhalb des zentralen versorgungsbereiches kann das angebot sowohl an nahversorgungsrelevanten als auch an zentrenrelevanten sortimenten in der innenstadt in frage gestellt werden. standorte und ansiedlungsmöglichkeiten für einzelhandel mit nahversorgungs- und zentrenrelevanten sortimenten sind im hauptzentrum vorhanden. 19das plangebiet liegt zum teil in dem 600 m-radius des zentralen versorgungsbereichs hauptzentrum mitte. gemäß dem grundsatz 1 des kommunalen einzelhandelskonzeptes ist die ansiedlung von einzelhandelsbetrieben mit nahversorgungsrelevanten hauptsortimenten nur außerhalb dieser 600 m-zonen in städtebaulich integrierten bereichen möglich. diese regelung gilt sowohl für kleinflächige als auch für großflächige einzelhandelsbetriebe. dementsprechend ist im plangebiet ein ausschluss von einzelhandelsbetrieben mit nahversorgungsrelevanten sortimenten vorgesehen. 20nach dem grundsatz 2 des kommunalen einzelhandelskonzeptes soll die ansiedlung von einzelhandelsbetrieben mit zentrenrelevanten hauptsortimenten zukünftig nur noch im hauptzentrum mitte sowie den stadtteilzentren möglich sein. aus diesem grunde ist im plangebiet ebenfalls ein ausschluss von einzelhandelsbetrieben mit zentrenrelevanten sortimenten vorgesehen. 21im rahmen dieser einzelhandelssteuerung sind allerdings der erteilte vorbescheid und die in kürze zu erwartende, auf den vorbescheid aufbauende baugenehmigung für einen kleinflächigen lebensmitteldiscounter zu berücksichtigen, die aufgrund der o.g. umstände erteilt werden muss. die ziele des kommunalen einzelhandelskonzeptes bestehen auch insofern unverändert fort. der lebensmitteldiscounter soll durch die künftigen festsetzungen gleichwohl, aber auch nur insoweit in seinem bestand berücksichtigt werden. gleichzeitig soll durch die festsetzungen in diesem teilbereich des plangebiets ausgeschlossen werden, dass der discounter insbesondere erweitert oder in seiner nutzung dahingehend geändert wird, dass die nutzungsänderung den vorgenannten planungszielen entgegensteht. damit soll dafür sorge getragen werden, dass das kommunale einzelhandelskonzept soweit wie möglich auch in diesem teilbereich des plangebiets verbindlich umgesetzt wird.“ 22zum planungskonzept wurde ausgeführt: 23„zur umsetzung der planungsziele ist ein einfacher bebauungsplan mit räumlich differenzierten festsetzungen nach § 9 abs. 2a baugb zur steuerung der zulässigkeit von einzelhandelsnutzungen vorgesehen. 24[…]. 25für einen bebauungsplan mit festsetzungen nach § 9 abs. 2a baugb ist eine voraussetzung, dass ein unbeplanter innenbereich nach § 34 baugb vorliegt. aufgrund der erkenntnisse aus den vorangegangenen planverfahren ist von einer unwirksamkeit des bebauungsplans x 000 – teil b auszugehen, so dass im plangebiet bereits faktisch ein unbeplanter innenbereich vorliegt. entsprechendes gilt für den noch älteren bebauungsplan x 000, der durch den plan x 000 – teil b überplant wurde. die frage einer behördlichen normverwerfungskompetenz ist höchstrichterlich (noch) nicht beantwortet worden, so dass der bebauungsplan – schon aus klarstellungsgründen – förmlich aufgehoben werden muss. dazu wurde [sic!] im jahr 2012 verfahren zur aufhebung der bebauungspläne x 000 – teil b und x 000 eingeleitet, in dem auch bereits eine frühzeitige öffentlichkeitsbeteiligung durchgeführt wurde. diese verfahren können parallel zur vorliegenden bauleitplanung fortgeführt werden.“ 26am 15. dezember 2014 ordnete der oberbürgermeister der beklagten die öffentliche bekanntmachung des aufstellungsbeschlusses an und bestätigte, dass der inhalt/wortlaut des papiergebundenen dokuments der satzung mit dem ratsbeschluss vom 11. dezember 2014 übereinstimme und dass nach den vorschriften des § 2 abs. 1 und 2 bekanntmvo nrw verfahren worden sei (ba ht. 4 bl. 26 f.). der aufstellungsbeschluss wurde im amtsblatt der beklagten „die stadt“ nr. 51 vom 18. dezember 2014 öffentlich bekannt gemacht (ba ht. 4 bl. 31 f.). 27mit antrag vom 31. januar 2018, bei der beklagten am 28. märz 2018 eingegangen, beantragte die klägerin die erteilung einer baugenehmigung für die erweiterung der verkaufsfläche des streitbetroffenen lebensmittelmarktes von 799,99 m² auf 1.052,71 m² sowie die erstellung eines eingangskoffers. die der beklagten mit dem antrag vorgelegte vollmacht ermächtigte die grafen bau gmbh, den besagten antrag auf erteilung einer baugenehmigung zu stellen, den schriftverkehr und verhandlungen mit der bauaufsichtsbehörde zu führen und bescheide und mitteilungen der bauaufsichtsbehörde einschließlich zustellungen entgegenzunehmen. die beklagte übermittelte daher unter dem 28. märz 2018 sowohl die bestätigung über den eingang des antrags als auch die bitte, weitere unterlagen vorzulegen, an die h. c. gmbh (ba ht. 2 bl. 87 f.). mit schreiben vom 3. april 2018 (ba ht. 2 bl. 95 ff.) übersandte die h. c. gmbh die erbetenen unterlagen. auf die an die klägerin persönlich gerichtete anhörung vom 13. juni 2018 (ba ht. 2 bl. 103 f.) bat die bei der klägerin für den bereich immobilien zuständige frau o1. g2.rings mit e-mail vom 27. juli 2018 um die bestätigung einer bereits durch die beklagte telefonisch zugesagten verlängerung der in dem anhörungsschreiben genannten stellungnahmefrist sowie einen termin zur vorsprache bei der beklagten (ba ht. 2 bl. 105 f.). die bestätigung der fristverlängerung erfolgte sodann mit an die klägerin gerichtetem schreiben vom selben tage (ba ht. 2 bl. 106). selbiges anliegen äußerte frau o1. g2. mit e-mail vom 29. august 2018 (ba ht. 2 bl. 107), woraufhin die beklagte die wiederum telefonisch zugesagte fristverlängerung mit schreiben vom 29. august 2018 bestätigte (ba ht. 2 bl. 108). weitere fristverlängerungen erfolgten mit schreiben vom 25. september 2018 bis zum 12. oktober 2018 (ba ht. 2 bl. 115) sowie mit schreiben vom 19. oktober 2018 bis zum 30. november 2018 (ba ht. 2 bl. 118 f.), jeweils an die klägerin gerichtet. letzterer fristverlängerung war ein gespräch zwischen der klägerin, vertreten durch herrn k. c1. (bereichsleiter immobilien, prokurist), und vertretern der beklagten (herr oberbürgermeister l. , herr stadtdirektor i. ) am 5. oktober 2018 vorausgegangen. unter bezugnahme auf dieses gespräch übersandte die jetzige prozessbevollmächtigte der klägerin der beklagten am 22. oktober 2018 eine e-mail, in deren rahmen sie zu dem vorhaben und etwaigen möglichen änderungen der als ihre mandantschaft bezeichneten klägerin stellung nahm (ba ht. 2 bl. 120 ff.). daraufhin hörte die beklagte die klägerin mit wiederum an sie persönlich gerichtetem schreiben vom 4. dezember 2018 (ba ht. 2 bl. 138 ff.) zur beabsichtigten ablehnung ihres antrages an, woraufhin wiederum die jetzige prozessbevollmächtigte mit e-mail vom 20. dezember 2018 (ba ht. 2 bl. 141 f.) stellung nahm. 28mit bescheid vom 15. januar 2019 (ga bl. 15 ff.) setzte die beklagte unter hinweis auf § 15 abs. 1 baugb die entscheidung über den bauantrag der klägerin für die dauer von 12 monaten aus. zudem ordnete sie die sofortige vollziehung der entscheidung an. der bescheid wurde der klägerin am 23. januar 2019 zugestellt (ba ht. 2 bl. 191). 29die klägerin hat am 8. februar 2019 klage gegen den zurückstellungsbescheid vom 15. januar 2019 erhoben und zunächst beantragt (ga bl. 2), die beklagte unter aufhebung des zurückstellungsbescheides vom 15. januar 2019 zu verpflichten, ihr die mit formularantrag vom 31. januar 2018 beantragte baugenehmigung zur erweiterung der verkaufsfläche eines lebensmittelmarktes auf 1.052,71 m² sowie erstellung eines eingangskoffers auf dem grundstück t. straße 1 in t1. zu erteilen. 30am 14. februar 2019 beschloss der rat der beklagten den erlass der veränderungssperre nr. 000/000 für einen teilbereich des bebauungsplanes x 000 (ba ht. 5 bl. 33). gemäß § 3 der veränderungssperrensatzung dürfen im geltungsbereich der veränderungssperre vorhaben im sinne des § 29 baugb nicht durchgeführt oder bauliche anlagen nicht beseitigt werden (lit. a) und erhebliche oder wesentlich wertsteigernde veränderungen von grundstücken und anlagen, deren veränderungen nicht genehmigungs-, zustimmungs- oder anzeigepflichtig sind (lit. b ), nicht vorgenommen werden. nach § 6 der veränderungssperrensatzung tritt die veränderungssperre nr. 000/000 am tage der bekanntmachung im amtsblatt der stadt t1. in kraft. sie tritt nach ablauf von zwei jahren, vom tag der bekanntmachung gerechnet, außer kraft. auf die zweijahresfrist ist der seit der zustellung der ersten zurückstellung eines baugesuchs nach § 15 baugb abgelaufene zeitraum anzurechnen. die veränderungssperre tritt in jedem fall außer kraft, sobald und soweit der bebauungsplan für das in § 2 genannte gebiet rechtsverbindlich wird. 31zu dem planungsanlass wie auch den planungszielen wiederholt die beschlusserläuterung (ba ht. 5 bl. 14 ff.) im wesentlichen die ausführungen der begründung zum aufstellungsbeschluss. ergänzend wird – soweit dies für das hiesige verfahren von interesse ist – zum inhalt des kommunalen einzelhandelskonzepts ausgeführt: 32„der erste grundsatz des kommunalen einzelhandelskonzeptes enthält eine ausnahmeregelung, nach der je nach lage und verkaufsflächendimension einzelhandelsbetriebe ausnahmsweise auch zur wohnortnahen grundversorgung an integrierten nahversorgungsstandorten in den stadtteilen und siedlungsbereichen ermöglicht werden können. eine voraussetzung für die anwendung der ausnahmeregelung besteht gemäß dem kommunalen einzelhandelskonzept darin, dass der standort des einzelhandelsbetriebes außerhalb der 600 m-schutzzonen um die zentralen versorgungsbereiche der stadt t1. liegen muss, was hier vorliegend […] in weiten teilen nicht der fall ist. 33zur anwendbarkeit der ausnahmeregelung wird im kommunalen einzelhandelskonzept weiter ausgeführt, dass die ansiedlung von klein- und großflächigen einzelhandelsbetrieben mit nahversorgungsrelevanten hauptsortimenten in städtebaulich integrierten lagen außerhalb der zentralen versorgungsbereiche sinnvoll und möglich sein kann, wenn dadurch eine versorgungslücke im nahbereich geschlossen werden kann. zwar ist durch die schließung des lebensmittelvollsortimenters am elisabethweg die nahversorgung im bereich d. straße/ l1. straße entfallen. ein teil dieses bereichs liegt allerdings innerhalb der 600 m-schutzzone um den zentralen versorgungsbereich hauptzentrum mitte. darüber hinaus stellen die t2. straße und die l1. straße auch aufgrund ihrer verkehrsdichte räumliche barrieren dar, so dass sich das einzugsgebiet des im plangebiet vorhandenen lebensmitteldiscounters nur bedingt auf diese bereiche erstrecken kann. zudem würde durch den bereits an der ecke t2. straße/ t. straße vorhandenen kleinflächigen lebensmitteldiscounter durch dessen gewünschte erweiterung im plangebiet nicht erstmalig eine versorgungslücke geschlossen werden, dasselbe gilt für eine neuansiedlung in dem bereich. 34es ist außerdem zu beachten, dass das anteilig in den 600 m-schutzzonen vorhandene bevölkerungspotenzial ausdrücklich nicht mit in die betrachtung der ausnahmeregelung einzubeziehen ist. dadurch würde bereits ein großer teil des fußläufigen 600 m-bereichs (kerneinzugsgebiet) um einen möglichen standort eines einzelhandelsbetriebes mit nahversorgungsrelevanten sortimenten im plangebiet entfallen, so dass für eine nahversorgungsfunktion lediglich ein vergleichsweise geringes bevölkerungspotenzial verbleibt. die erweiterung des einzelhandelsbetriebes mit nahversorgungsrelevanten sortimenten innerhalb des plangebiets würde somit absehbar nicht ausschließlich und auch nicht überwiegend der nahversorgung dienen, zumal es sich um einen klar autoorientierten standort an einer hauptausfallstraße inmitten eines überwiegend gewerblich geprägten bereichs handelt. 35die ausnahmeregelung im ersten grundsatz des kommunalen einzelhandelskonzeptes beinhaltet zudem keinen automatismus. selbst wenn rechnerisch der nachweis geführt werden könnte, dass die voraussetzungen für eine ausnahme erfüllt sind, muss die ausnahme keine anwendung finden. zudem entspricht eine ansiedlung von einzelhandelsbetrieben mit nahversorgungs- und zentrenrelevanten sortimenten aufgrund der teilweisen lage des plangebiets innerhalb der 600 m-schutzzone nicht den zielen des kommunalen einzelhandelskonzeptes, wodurch die anwendung der ausnahmeregelung bereits ausgeschlossen ist. die erweiterung des ansässigen discounters in die großflächigkeit besitzt durch die attraktivitätssteigerung erst recht konkurrenzpotenzial gegenüber den lebensmittelanbietern in der innenstadt.“ 36am 15. februar 2019 ordnete der oberbürgermeister der beklagten die öffentliche bekanntmachung der veränderungssperrensatzung nr. 000/000 an und bestätigte, dass der inhalt/wortlaut des papiergebundenen dokuments der satzung mit dem ratsbeschluss vom 14. februar 2019 übereinstimme und dass nach den vorschriften des § 2 abs. 1 und 2 bekanntmvo nrw verfahren worden sei (ba ht. 5 bl. 40). die veränderungssperre wurde im amtsblatt der beklagten „die stadt“ nr. 08 vom 21. februar 2019 öffentlich bekannt gemacht (ba ht. 5 bl. 54 f.). 37mit bescheid vom 30. april 2019 – der prozessbevollmächtigten der klägerin am 8. mai 2020 zugestellt – widerrief die beklagte den zurückstellungsbescheid vom 15. januar 2019 (ba ht. 11 bl. 221). nach anhörung mit schreiben vom 30. april 2019 (ba ht. 11 bl. 225) lehnte die beklagte mit bescheid vom 12. juli 2019 (ga bl. 51 ff.) den bauantrag der klägerin vom 23. märz 2018 unter hinweis auf die dem vorhaben entgegenstehende veränderungssperre nr. 000/000 ab. zudem seien die voraussetzungen einer ausnahme nach § 14 abs. 2 baugb nicht gegeben, da das vorhaben der klägerin ein mit den entwicklungszielen des bebauungsplan x 000 unverträgliches vorhaben darstelle. 38die klägerin hat den ablehnungsbescheid vom 12. juli 2019 am 13. august 2019 in das verfahren einbezogen (ga bl. 57). zudem hat sie am 31. juli 2020 ihre klage um einen hilfsantrag ergänzt, mit dem ziel der feststellung, dass die beklagte bis zum 20. februar 2019 verpflichtet war, der klägerin die mit formularantrag vom 31. januar 2018 beantragte baugenehmigung zur erweiterung der verkaufsfläche eines lebensmittelmarktes auf 1.052,71 m² sowie erstellung eines eingangskoffers auf dem grundstück t. straße 1 in t1. zu erteilen (ga bl. 171 ff.). im termin zur mündlichen verhandlung am 14. august 2020 haben die verfahrensbeteiligten den rechtsstreit hinsichtlich der gegen den zurückstellungsbescheid vom 15. januar 2019 erhobenen klage in der hauptsache für erledigt erklärt. 39zur begründung ihrer im übrigen aufrechterhaltenen klage trägt die klägerin hinsichtlich des hauptantrages im wesentlichen folgendes vor (ga bl. 105 ff., 171 ff.): 40die erteilung der baugenehmigung könne nicht aufgrund der am 21. februar 2019 im amtsblatt der beklagten bekanntgemachten veränderungssperre nr. 000/000 abgelehnt werden, da diese schon nicht wirksam bekannt gemacht worden sei. es fehle mangels des nach § 2 abs. 3 bekanntmvo nrw erforderlichen übereinstimmungsvermerks des bürgermeisters bereits an einer wirksamen bekanntmachung der hauptsatzung der beklagten vom 1. mai 2014. dieser mangel schlage auf die wirksamkeit der bekanntmachung der veränderungssperre nr. 000/000 durch. die veränderungssperre sei auch aufgrund ihrer unbestimmtheit formell unwirksam. es sei im hinblick auf die von der veränderungssperre umfassten flurstücke nicht möglich, sich verlässlich von dem genauen geltungsbereich kenntnis zu verschaffen. zudem ergebe sich die unwirksamkeit der veränderungssperre auch daraus, dass ihr keine sicherungsfähige planung zugrunde liege. der bebauungsplan, dessen erlass die beklagte anstrebe und sichern wolle, wäre offensichtlich unwirksam. die im aufstellungsbeschluss vom 11. dezember 2014 umrissenen planungsabsichten der beklagten könnten mit einem bebauungsplan auf der rechtsgrundlage von § 9 abs. 2a baugb nicht erreicht werden, da dessen 41voraussetzungen nicht vorlägen. die von der beklagten angestrebte planung scheitere schon daran, dass sich die planung nicht auf einen im zusammenhang bebauten ortsteil im sinne des § 9 abs. 2a baugb beschränke. für den geplanten geltungsbereich gelte zumindest in formeller hinsicht weiterhin der bebauungsplan x 000 – teil b, der den ebenfalls noch nicht aufgehobenen rechtskräftigen bebauungsplan s 117 überlagere. auch sei zu bezweifeln, dass die planung der beklagten tatsächlich auf die umsetzung des kommunalen einzelhandelskonzeptes abziele. so laufe die erstreckung des geltungsbereiches des geplanten bebauungsplanes auf die flächen, die außerhalb der 600m-schutzzone liegen, der ausdrücklich im einzelhandelskonzept vorgesehenen ausnahmeregelung für integrierte nahversorgungsstandorte zuwider. des weiteren stehe auch der ausschluss des einzelhandels mit nahversorgungs- und zentrenrelevanten sortimenten bei gleichzeitiger zulassung von nahversorgungs- und zentrenrelevanten sortimenten auf der teilfläche 1 im widerspruch zu dem kommunalen einzelhandelskonzept der beklagten. schließlich genüge die veränderungssperre auch nicht den strengen anforderungen an eine erneute veränderungssperre gemäß § 17 abs. 3 i.v.m. abs. 2 baugb. zwar seien die formalen anforderungen für eine neue veränderungssperre erfüllt, da die angegriffene veränderungssperre der sicherung des mit beschluss vom 11. dezember 2014 aufgestellten bebauungsplanes x 000 diene und damit einem anderen bebauungsplan als die vorangegangene veränderungssperre nr. 000/000. dieser bebauungsplan verfolge jedoch im vergleich zu dem am 6. dezember 2012 beschlossenen bebauungsplan s 607 ersichtlich keine inhaltlich und zeitlich in keinem zusammenhang stehende neue plankonzeption. insbesondere begründe die zwischenzeitlich erfolgte zulassung des lidl-marktes keine neue zielsetzung. auch der beschluss des einzelhandelskonzeptes habe die zielsetzung für die aufstellung des bebauungsplanes nicht beeinflusst. schließlich rechtfertigten weder die räumlichen veränderungen zum früheren aufstellungsbeschluss noch die zeitliche zäsur zwischen der ersten und der zweiten veränderungssperre die annahme, es würden neue städtebauliche ziele verfolgt oder andere gewichtige festsetzungen in den blick genommen. nichts anderes gelte vor dem hintergrund des beschlusses des ovg nrw vom 13. dezember 2013. darin sei keine rechtsprechungsänderung zu erblicken. vielmehr sei die dort angenommene rechtslage auch zuvor schon bekannt gewesen. sei die veränderungssperre damit unwirksam, habe sie einen rechtsanspruch auf die erteilung der baugenehmigung. das vorhaben sei nach § 34 abs. 1 baugb zulässig. die zu berücksichtigende nähere umgebung im sinne des § 34 baugb umfasse die bebauung zwischen p2. e.---straße , t. straße, l0. straße und t4.------straße . insbesondere komme der t2. straße keine trennende wirkung zu, sodass auch die östlich der t2. straße vorhandenen baulichen anlagen zu berücksichtigen seien. die nähere umgebung des vorhabengrundstücks stelle sich nicht als faktisches mischgebiet, sondern als gemengelage dar. der annahme eines faktischen mischgebiets stehe schon entgegen, dass die nähere umgebung keine hinreichende durchmischung der beiden hauptnutzungsarten wohnen und gewerbe aufweise. vielmehr finde sich wohnnutzung verstärkt in den randbereichen, während sich beidseits der t2. straße auf dem abschnitt zwischen t. straße und l0. straße schwerpunktmäßig gewerbliche nutzungen fänden. darüber hinaus sei das porsche zentrum t1. als großflächiger einzelhandelsbetrieb in einem mischgebiet unzulässig. die regelvermutung des § 11 abs. 3 satz 3 der verordnung über die bauliche nutzung – baunutzungsverordnung (baunvo) könne nicht widerlegt werden. das q. zentrum könne auch nicht als fremdkörper außer acht gelassen werden, denn der betrieb füge sich – abgesehen von seiner großflächigkeit – durchaus in die gewerbliche prägung der näheren umgebung ein. dementsprechend füge sich auch das vorhaben der klägerin gemäß § 34 abs. 1 baugb nach der art der baulichen nutzung in die gemengelage ein, da das q. zentrum t1. in circa 100m entfernung einen ebenso großflächigen einzelhandelsbetrieb darstelle. schließlich stehe ihrem anspruch auch § 34 abs. 3 baugb nicht entgegen. sie habe mit dem bauantrag eine auswirkungsanalyse zur geplanten erweiterung der h1. für n1. - und b. mbh (h2. ) vom 1. märz 2018 (ba ht. 2 bl. 52 ff.) vorgelegt, die zu dem ergebnis gelange, dass schädliche auswirkungen auf zentrale versorgungsbereiche bei der realisierung des erweiterungsvorhabens nicht abzuleiten seien. 42zur begründung ihres hilfsantrages trägt die klägerin im wesentlichen folgendes vor: 43für den fall, dass das gericht die veränderungssperre für wirksam erachte, stelle sie ihre verpflichtungsklage auf eine fortsetzungsfeststellungsklage um. dieser antrag sei zulässig. die klage sei durch die aufstellung der veränderungssperre jedenfalls erst nach rechtshängigkeit unbegründet geworden; darin sei das erledigende ereignis zu sehen. das erforderliche fortsetzungsfeststellungsinteresse ergebe sich aus einem präjudizinteresse, da sie beabsichtige, die beklagte bei erfolglosigkeit des hauptantrages gemäß § 39 abs. 1 lit. b) des gesetzes über aufbau und befugnisse der ordnungsbehörden – ordnungsbehördengesetz (obg nrw) und § 839 abs. 1 bürgerliches gesetzbuch (bgb) auf ersatz des ihr entgangenen gewinns in anspruch zu nehmen. die klage sei insoweit auch begründet. denn bis zum 20. februar 2019 habe ihr ein anspruch auf erteilung der beantragten baugenehmigung zugestanden. im zeitraum vom 2. august 2019 [sic!] bis zum 20. februar 2019 habe das vorhabengrundstück weder im räumlichen geltungsbereich einer veränderungssperre gelegen, noch hätten dem vorhaben andere gründe entgegengestanden. insbesondere sei der zurückstellungsbescheid vom 15. januar 2019 nie wirksam geworden, weil er nicht wirksam bekannt gemacht worden sei. so sei der bescheid entgegen § 7 abs. 1 satz 2 verwaltungszustellungsgesetz für das land nordrhein-westfalen (landeszustellungsgesetz – lzg nrw) nicht an die bevollmächtigte – die h. c. gmbh –, sondern an sie persönlich zugestellt worden. den widerruf des zurückstellungsbescheides habe die beklagte hinwiederum ihrer prozessbevollmächtigten zugestellt. dieser zustellungsmangel sei auch nicht in anwendung des § 8 lzg nrw unbeachtlich, weil der bevollmächtigten der zurückstellungsbescheid bis dato nicht zugegangen sei. auf der grundlage von § 34 abs. 1 baugb sei der beantragte großflächige n1. – wie dargelegt – zulässig gewesen. 44die klägerin beantragt (ga bl. 57 f., bl. 171 f.), 451.46die beklagte unter aufhebung des versagungsbescheides vom 12. juli 2019 (az.: 00-xx-00000.00) zu verpflichten, der klägerin die mit formularantrag vom 31. januar 2018 beantragte baugenehmigung zur erweiterung der verkaufsfläche eines lebensmittelmarktes auf 1.052,71 m² sowie erstellung eines eingangskoffers auf dem grundstück t. straße 0 in t1. zu erteilen, 2.47hilfsweise, festzustellen, dass die beklagte bis zum 20. februar 2019 verpflichtet war, der klägerin die mit formularantrag vom 31. januar 2018 beantragte baugenehmigung zur erweiterung der verkaufsfläche eines lebensmittelmarktes auf 1.052,71 m² sowie die erstellung eines eingangskoffers auf dem grundstück t. straße 0 in t1. zu erteilen. 48die beklagte beantragt (ga bl. 24), 49 die klage abzuweisen. 50die beklagte tritt der klage entgegen und trägt im hinblick auf den hauptantrag der klägerin im wesentlichen folgendes vor (ga bl. 143 ff., 195 ff.): 51der hauptantrag der klägerin könne keinen erfolg haben, da ihrem bauvorhaben die veränderungssperre nr. 000/000 entgegenstehe. diese sei zunächst wirksam ortsüblich im sinne des § 16 abs. 2 satz 1 baugb bekannt gemacht worden. es fehle der hauptsatzung nicht an dem nach § 2 abs. 3 bekanntmvo nrw erforderlichen übereinstimmungsvermerk des oberbürgermeisters. dem verwaltungsvorgang zur hauptsatzung könne eine auf den 24. april 2014 datierte bestätigung im sinne des § 2 abs. 3 bekanntmvo nrw entnommen werden. soweit der damalige oberbürgermeister die übereinstimmung mittels einer paraphe bestätigt habe, sei auch dies unbedenklich, weil es dem schriftformerfordernis genüge. im übrigen fehle es auch im falle ihrer unwirksamkeit nicht an einer wirksamen hauptsatzung, denn insoweit würde die hauptsatzung vom 18. juni 2008 geltung beanspruchen, deren § 24 ebenfalls vorsehe, dass satzungen im amtsblatt der stadt t1. „die stadt“ öffentlich bekannt zu machen seien. auch sei der geltungsbereich der veränderungssperrensatzung in der satzung selbst hinreichend bestimmt festgelegt. in § 2 der satzung würden die flurstücke, auf die sich die veränderungssperre erstrecke, namentlich benannt. des weiteren könne die sicherungsfähigkeit der planung nicht verneint werden. die voraussetzungen des § 9 abs. 2a baugb lägen vor. zunächst könnten die klägerischen bedenken dagegen, dass sich die planung nicht auf einen im zusammenhang bebauten ortsteil im sinne des § 9 abs. 2a baugb beschränke, nicht geteilt werden. die voraussetzung sei auch dann erfüllt, wenn das gebiet im geltungsbereich eines bebauungsplanes liege, der an einem zu seiner unwirksamkeit führenden mangel leide. dies sei hinsichtlich der bebauungspläne x 000 – teil x und x 000 der fall. ihre planung ziele auch auf die umsetzung eines einzelhandelskonzeptes im sinne des § 1 abs. 6 nr. 11 baugb. die im kommunalen einzelhandelskonzept genannte möglichkeit, wonach einzelhandelsbetriebe außerhalb der zentralen versorgungsbereich in städtebaulich integrierten lagen unter bestimmten bedingungen möglich sein könnten, zwinge sie nicht dazu, von der beabsichtigten planung abzusehen. zum einen stehe es ihr frei, von dieser ausnahme gebrauch zu machen oder nicht. zum anderen liege das plangebiet in direkter räumlicher nähe zum hauptzentrum mitte in nicht integrierter lage, sodass eine ausweisung der verkaufsflächen von einzelhandelsbetrieben mit nahversorgungs- und zentrenrelevanten sortimenten die erhaltung und die entwicklung des hauptzentrums mitte und des stadtteilzentrums x. gefährden würde. darüber hinaus stehe der planung auch nicht entgegen, dass sie bestandskräftig genehmigte einzelhandelsnutzungen auf der teilfläche 1 berücksichtige. zu einer planung an der lebenswirklichkeit vorbei oder gar zu einem verzicht auf die bauleitplanung könne sie nicht verpflichtet werden. schließlich handele es sich bei der veränderungssperre vom 14. februar 2019 auch nicht um eine erneute, sondern um eine neue veränderungssperre. den veränderungssperren nr. 000/000 und nr. 000/000 lägen eigenständige aufstellungsbeschlüsse mit unterschiedlichen zielsetzungen zugrunde. während mit dem aufstellungsbeschluss vom 6. dezember 2012 noch das ziel verfolgt worden sei, im künftigen plangebiet mittels einfachem bebauungsplan gemäß § 9 abs. 2a baugb insgesamt einzelhandelsbetriebe mit zentren- und nahversorgungsrelevanten sortimenten auszuschließen, werde diese zielsetzung mit dem aufstellungsbeschluss vom 11. dezember 2014 lediglich eingeschränkt weiterverfolgt, nämlich mit einem einfachen bebauungsplan mit räumlich differenzierten festsetzungen nach § 9 abs. 2a baugb. für eine selbstständige neue veränderungssperre spreche weiter der zwischen ihnen liegende zeitlich größere abstand von mehr als 5 jahren. dementsprechend fehle es an einem sachlichen wie zeitlichen zusammenhang zwischen beiden veränderungssperren. hilfsweise sei zum vortrag der klägerin zur planungsrechtlichen zulässigkeit ihres vorhabens nach § 34 baugb anzumerken, dass ausgehend von der trennenden wirkung der t2. straße auch bei annahme einer gemengelage nach § 34 abs. 1 baugb in der näheren umgebung kein vorbild für das vorhaben der klägerin existiere. selbst wenn man davon ausginge, der t2. straße komme keine trennende wirkung zu, handele es sich bei der so bestimmten näheren umgebung um ein faktisches mischgebiet, in welchem das vorhaben der klägerin planungsrechtlich unzulässig sei. dieser einordnung als mischgebiet stehe das vorhandensein des q. zentrums nicht entgegen, da dieses vor dem hintergrund des § 11 abs. 3 satz 1 nr. 2 baunvo als unproblematisch anzusehen sei. im übrigen stehe dem vorhaben der klägerin jedenfalls § 34 abs. 3 baugb entgegen, da von ihm schädliche auswirkungen auf zentrale versorgungsbereiche zu erwarten seien. das von der klägerin in diesem zusammenhang vorgelegte gutachten der h2. könne gegenteiliges nicht belegen, da es nicht den vorgesehenen endzustand der baumaßnahme, sondern lediglich die verkaufsflächenerweiterung seiner betrachtung zugrunde lege. 52hinsichtlich des hilfsantrages trägt die beklagte im wesentlichen folgendes vor (ga bl. 201 f.): 53soweit die klägerin nunmehr ihre klage durch den hilfsantrag ergänzt habe, habe auch dieser keinen erfolg. der antrag sei bereits unzulässig, weil es an einer den in der rechtsprechung entwickelten anforderungen genügenden darlegung des fortsetzungsfeststellungsinteresses fehle. es mangele dem antrag nicht nur an einer substantiierten darlegung der schadenshöhe, sondern auch des amtspflichtwidrigen verhaltens bzw. versäumnisses. im übrigen sei der antrag aber auch unbegründet. der zurückstellungsbescheid sei nicht deshalb unwirksam, weil er entgegen § 7 abs. 1 satz 2 lzg nrw an die klägerin selbst und nicht an ihre bevollmächtigte zugestellt worden sei. so habe sich schon aus dem verhalten der klägerin gegenüber der beklagten mit der notwendigen eindeutigkeit die konkludente erklärung der beendigung des vollmachtsverhältnisses mit der h. c. gmbh ergeben. im übrigen könne sich die klägerin auch deshalb nicht auf die fehlerhaftigkeit der zustellung berufen, weil sie damit in missbräuchlicher weise gegen das verbot widersprüchlichen verhaltens verstoße. 54hinsichtlich des weiteren sach- und streitstandes wird bezug genommen auf den inhalt der gerichtsakten einschließlich der beigezogenen verwaltungsvorgänge der beklagten. 55
56das verfahren war in entsprechender anwendung des § 92 abs. 3 satz 1 vwgo einzustellen, soweit die verfahrensbeteiligten den rechtsstreit übereinstimmend in der hauptsache für erledigt erklärt haben. 57im übrigen war die klage abzuweisen. sie hat weder hinsichtlich des hauptantrages noch hinsichtlich des hilfsantrages erfolg. 58der in zulässiger weise geänderte hauptantrag ist zulässig, aber unbegründet. die einbeziehung des ablehnungsbescheides vom 12. juli 2019 unter aufrechterhaltung des verpflichtungsbegehrens auf erteilung der beantragten baugenehmigung im wege der klageänderung gemäß § 91 abs. 1 vwgo ist jedenfalls nach einwilligung der beklagten durch rügeloses einlassen zu der geänderten klage zulässig. die geänderte zulässige klage ist jedoch unbegründet. der ablehnungsbescheid vom 12. juli 2019 ist rechtmäßig und verletzt die klägerin nicht in ihren rechten, § 113 abs. 5 vwgo. die klägerin hat keinen anspruch auf eine positive bescheidung ihres bauantrags vom 28. märz 2018, weil dem vorhaben öffentlich-rechtliche vorschriften entgegenstehen, § 75 abs. 1 satz 1 bauordnung für das land nordrhein-westfalen in der fassung vom 1. märz 2000 (im folgenden: bauo nrw). zum maßgeblichen zeitpunkt des termins zur mündlichen verhandlung steht der erteilung der baugenehmigung die veränderungssperre nr. 000/000 der beklagten entgegen. 59das vorhaben der klägerin betrifft die flurstücke 000 und 000, die nach § 2 der veränderungssperrensatzung dem räumlichen geltungsbereich der veränderungssperre unterfallen und auf den wie von der klägerin beantragte vorhaben im sinne von § 29 baugb nicht durchgeführt werden dürfen, § 3 lit. a) aa) der veränderungssperrensatzung. 60die veränderungssperre ist formell rechtmäßig. sie ist wirksam erlassen worden. sie ist gemäß § 16 abs. 1 baugb von der gemeinde am 14. februar 2019 als satzung beschlossen und gemäß § 16 abs. 2 satz 1 baugb i.v.m. § 7 abs. 4 und 5 go nrw am 21. februar 2019 ortüblich im amtsblatt der beklagten „die stadt“ nr. 08 bekannt gemacht worden. der öffentlichen bekanntmachung liegt auch eine – von dem oberbürgermeister der beklagten unterzeichnete – bekanntmachungsanordnung zugrunde, die gemäß § 2 abs. 3 bekanntmvo bestätigt, dass der wortlaut der veränderungssperrensatzung mit dem am 14. februar 2019 gefassten ratsbeschluss übereinstimmt. ferner bestätigte der oberbürgermeister der beklagten, dass die nach § 2 abs. 1 und 2 bekanntmvo zu wahrenden formvorschriften eingehalten worden seien. die satzung und diese bekanntmachungsanordnung wurden gemäß § 3 abs. 1 bekanntmvo in vollem wortlaut öffentlich bekannt gemacht. 61soweit die klägerin der auffassung ist, der wirksamkeit der bekanntmachung der veränderungssperre stehe entgegen, dass die hauptsatzung der beklagten vom 1. mai 2014 unwirksam sei, greifen die diesbezüglichen einwände der klägerin nicht durch. die hauptsatzung ist ihrerseits wirksam bekannt gemacht worden, § 7 abs. 4 und 5 go nrw i.v.m. § 2 abs. 3 bekanntmvo nrw. danach setzt die wirksame bekanntmachung der (haupt-)satzung u.a. voraus, dass der bürgermeister schriftlich bestätigt, dass der wortlaut des papiergebundenen dokumentes der satzung mit den ratsbeschlüssen übereinstimmt und dass nach § 2 abs. 1 und 2 bekanntmvo nrw verfahren worden ist, und er die bekanntmachung anordnet. diesen anforderungen genügt die bekanntmachung der hauptsatzung. es fehlt nicht an einem übereinstimmungsvermerk des bürgermeisters auf der bestätigung vom 24. april 2014 (ba ht. 6 hefter 8 bl. 20). bei der linken der beiden rechten paraphen handelt es sich um diejenige des damaligen oberbürgermeisters o. g1. , was etwa ein vergleich mit der unterschrift unter der bekanntmachungsanordnung des aufstellungsbeschlusses zum bebauungsplan x 000 vom 15. dezember 2014 (ba ht. 4 bl. 25) ohne weiteres ergibt. der wirksamkeit steht auch nicht entgegen, dass die abzeichnung des bestätigungsvermerks mittels einer paraphe erfolgt ist. § 2 abs. 3 bekanntmvo nrw sieht für die bestätigungen, die der bürgermeister danach vorzunehmen hat, die schriftform vor. während § 2 abs. 4 bekanntmvo nrw für die bekanntmachungsanordnung ausdrücklich ort und datum der unterzeichnung der bekanntmachung durch den bürgermeister verlangt, lassen sich § 2 abs. 3 bekanntmvo nrw über das schriftformerfordernis hinaus keine weiteren anforderungen entnehmen. da der bestätigungsvermerk als teil des bekanntmachungsverfahrens gegenüber der bekanntmachungsanordnung nach § 2 abs. 4 bekanntmvo nrw auch nur internen charakter hat, bestehen keine bedenken gegen dessen bloße abzeichnung mit einer paraphe. 62ovg nrw, beschluss vom 26. februar 2014 – 10 b 140/14 – juris rn. 15. 63die veränderungssperre ist auch materiell rechtmäßig. die voraussetzungen des § 14 abs. 1 baugb, wonach die gemeinde, wenn ein beschluss über die aufstellung eines bebauungsplanes gefasst wurde, zur sicherung der planung für den künftigen planbereich eine veränderungssperre beschließen kann, sind gegeben. der veränderungssperre liegt ein wirksamer aufstellungsbeschluss über den bebauungsplan zugrunde. der rat der beklagten hat mit beschluss vom 11. dezember 2014 die aufstellung des bebauungsplans x 000 beschlossen (ba ht. 4 bl. 22). dieser aufstellungsbeschluss wurde ordnungsgemäß am 18. dezember 2014 im amtsblatt der beklagten „die stadt“ nr. 51 öffentlich bekanntgemacht (ba ht. 4 bl. 31). der öffentlichen bekanntmachung liegt auch eine – von dem oberbürgermeister der beklagten unterzeichnete – bekanntmachungsanordnung zugrunde, die gemäß § 2 abs. 3 bekanntmvo bestätigt, dass der wortlaut des aufstellungsbeschlusses mit dem am 11. dezember 2014 gefassten ratsbeschluss übereinstimmt. ferner bestätigte der oberbürgermeister der beklagten, dass die nach § 2 abs. 1 und 2 bekanntmvo zu wahrenden formvorschriften eingehalten worden seien. die satzung und diese bekanntmachungsanordnung wurden gemäß § 3 abs. 1 bekanntmvo in vollem wortlaut öffentlich bekannt gemacht (ba ht. 4 bl. 25, 31). 64die veränderungssperre weist zudem in § 3 der veränderungssperrensatzung den nach § 14 abs. 1 baugb zulässigen inhalt auf. sie sieht vor, dass im räumlichen geltungsbereich der veränderungssperre vorhaben im sinne des § 29 baugb nicht durchgeführt oder bauliche anlagen nicht beseitigt (a) und erhebliche oder wesentlich wertsteigernde veränderungen von grundstücken und baulichen anlagen, deren veränderungen nicht genehmigungs-, zustimmungs- oder anzeigepflichtig sind, nicht vorgenommen (b) werden dürfen. 65auch ist der räumliche geltungsbereich der veränderungssperre hinreichend bestimmt. die von der veränderungssperre erfassten flurstücke werden abschließend in § 2 der satzung benannt. soweit die klägerin rügt, es könne anhand des lageplans nicht nachvollzogen werden, ob das flurstück 000 von der veränderungssperre erfasst würde, verkennt sie, dass die beklagte die bestimmung des räumlichen geltungsbereiches nicht durch verweis auf eintragungen in einen lageplan vorgenommen, sondern die von der veränderungssperre erfassten flurstücke abschließend in § 2 der satzung benannt hat. insoweit unterscheidet sich der sachverhalt von konstellationen, in denen sich der satzungsgeber auf entsprechende verweisungen beschränkt hat. 66so etwa in bverwg, urteil vom 28. november 1963 – i c 74.61 – bverwge 17, 192 (196) – juris rn. 14. 67der durch diese flurstücke bestimmte geltungsbereich der veränderungssperre überschreitet auch das plangebiet nicht. dass er sich nur auf einen teilbereich dessen beschränkt, ist ebenso nicht zu beanstanden. 68mitschang, in: battis/krautzberger/löhr, baugb, 14. aufl. 2019, § 14 rn. 10. 69die veränderungssperre nr. 000/000 dient auch gemäß § 14 abs. 1 baugb der sicherung der planung für den von ihr erfassten planbereich. eine veränderungssperre darf erst erlassen werden, wenn die planung, die sie sichern soll, ein mindestmaß dessen erkennen lässt, was inhalt des zu erwartenden bebauungsplans sein soll. 70strspr. bverwg, urteil vom 9. august 2016 – 4 c 5.15 – bverwge 156, 1 rn. 19 – juris rn. 19 und beschluss vom 1. oktober 2009 – 4 bn 34.09 – buchholz 406.11 § 14 baugb nr. 29 – juris rn. 9; ovg nrw, urteil vom 20. januar 2020 – 10 a 1780/17 – juris rn. 83. 71wesentlich ist dabei, dass die gemeinde im zeitpunkt des erlasses einer veränderungssperre bereits positive vorstellungen über den inhalt des bebauungsplans entwickelt hat. 72bverwg, beschluss vom 5. februar 1990 – 4 b 191.89 – buchholz 406.11 § 15 bbaug/baugb nr. 6 – juris rn. 3; ovg nrw, urteil vom 20. januar 2020 – 10 a 1780/17 – juris rn. 83. 73eine negativplanung, die sich darin erschöpft, einzelne vorhaben auszuschließen, reicht nicht aus. denn wenn vorstellungen über die angestrebte art der baulichen nutzung der betroffenen grundflächen fehlen, ist der inhalt des zu erwartenden bebauungsplans noch offen. die nachteiligen wirkungen der veränderungssperre wären – auch vor dem hintergrund des art. 14 abs. 1 satz 2 grundgesetz – nicht erträglich, wenn sie zur sicherung einer planung dienen sollte, die sich in ihrem inhalt noch in keiner weise absehen lässt. 74bverwg, urteil vom 19. februar 2004 – 4 cn 13.03 – buchholz 406.11 § 14 baugb nr. 26 – juris rn. 15; ovg nrw, beschluss vom 16. märz 2012 – 2 b 202/12 – juris rn. 14 f. m.w.n. 75um eine unzulässige negativplanung in diesem sinne handelt es sich indes nicht schon dann, wenn der hauptzweck in der verhinderung bestimmter städtebaulich relevanter nutzungen besteht. ein generelles verbot negativer festsetzungen gibt es nicht. vielmehr sind derartige festsetzungen etwa durch § 1 abs. 4 bis 9 baunvo oder die – hier einschlägige – vorschrift des § 9 abs. 2a baugb gestattet. sie sind nur dann unzulässig, wenn sie nicht dem wahren planerischen willen der gemeinde entsprechen, sondern nur das vorgeschobene mittel sind, um ohne hinreichend positive städtebauliche ziele bestimmte (konkrete) bauvorhaben im plangebiet zu verhindern. 76ovg nrw, beschluss vom 16. märz 2012 – 2 b 202/12 – juris rn. 17 und urteil vom 30. november 2010 – 2 d 138/08.ne – juris rn. 50 f. m.w.n., bestätigt durch bverwg, beschluss vom 23. november 2011 – 4 bn 11/11 – juris. 77für den beschluss einer veränderungssperre ist nicht erforderlich, dass bereits ein detailliertes und abgewogenes planungskonzept vorliegt. vielmehr ist es gerade sinn der veränderungssperre, vorhandene planerische ziele zu sichern und deren weitere entwicklung zu ermöglichen. die mit der veränderungssperre eintretende sperrwirkung soll das bestehende baugeschehen für einen begrenzten zeitraum konservieren und veränderungen unterbinden und dadurch der gemeinde gelegenheit geben, eine der städtebaulichen zielsetzung dienende bebauungsplanung in ihren noch offenen details zu erarbeiten. 78bverwg, urteil vom 9. august 1991 – 4 b 135/91 – buchholz 406.11 § 14 bbaug/baugb nr. 17 – juris rn. 3; ovg nrw, urteil vom 26. februar 2009 – 10 d 40/07.ne – juris rn. 55. 79gemessen an diesen anforderungen waren die vorstellungen der beklagten zur künftigen baulichen nutzung des plangebietes im maßgeblichen zeitpunkt des satzungsbeschlusses über die veränderungssperre nr. 000/ hinreichend konkretisiert. der rat der beklagten verfolgte ausweislich der begründung zur beschlussvorlage für den aufstellungsbeschluss vom 11. dezember 2014 (ba ht. 4 bl. 14 f.) das dort genannte hauptsächliche planungsziel, im plangebiet zukünftig – aufbauend auf dem am 12. dezember 2013 vom rat der beklagten beschlossenen kommunalen einzelhandelskonzept – einzelhandelsnutzungen mit nahversorgungs- und zentrenrelevanten sortimenten gemäß der t3. liste aus dem einzelhandelskonzept zum erhalt und zur entwicklung der zentralen versorgungsbereiche der stadt als unzulässig festzusetzen. zur umsetzung der planungsziele soll ein einfacher bebauungsplan mit festsetzungen nach § 9 abs. 2a baugb zur steuerung der zulässigkeit von einzelhandelsnutzungen beschlossen werden. dabei hat der rat der beklagten differenzierte festsetzungen in den blick genommen, um den bestandskräftig genehmigten kleinflächigen einzelhandelsbetrieb der klägerin zu berücksichtigen. insoweit soll dieser betrieb zwar in seinem bestand durch die künftigen festsetzungen berücksichtigung finden. um dem kommunalen einzelhandelskonzept soweit wie möglich auch in diesem teilbereich des planungsgebiets rechnung zu tragen, soll jedoch gleichzeitig ausgeschlossen werden, dass dieser einzelhandelsbetrieb erweitert oder in seiner nutzung dahingehend geändert werden kann, dass die nutzung den planungszielen entgegensteht. angesichts dieser städtebaulichen zielvorstellungen der beklagten zur einzelhandelssteuerung und zum schutz und zur stärkung des zentralen versorgungsbereiches hauptzentrum mitte bestehen keine hinreichenden anhaltspunkte dafür, dass die durch die veränderungssperre gesicherte erneute aufstellung des bebauungsplanes x 000 eine reine negativplanung zur verhinderung des vorhabens der klägerin darstellte und die von der beklagten dargelegte positive planungsvorstellung nebst den von ihr angegebenen gründen für die erneute aufstellung nur vorgeschoben wären. 80siehe dazu: ovg nrw, urteil vom 8. oktober 2018 – 10 d 56/18.ne – juris rn. 17 ff. 81die veränderungssperre ist als sicherungsmittel auch geeignet, weil sich das planungsziel des bebauungsplans x 000 rechtmäßig erreichen lässt. eine veränderungssperre ist als sicherungsmittel ungeeignet, wenn sich das aus dem aufstellungsbeschluss ersichtliche planungsziel im wege planerischer festsetzungen nicht erreichen lässt, wenn der beabsichtigte bebauungsplan der förderung von zielen dient, für deren verwirklichung die planungsinstrumente des baugb nicht bestimmt sind, oder wenn rechtliche mängel schlechterdings nicht behebbar sind. eine veränderungssperre, die eine offensichtlich unzulässige bebauungsplanung sicherstellen soll, ist unwirksam. 82bverwg, beschluss vom 19. februar 2014 – 4 bn 6.14 – juris rn. 3; ovg nrw, beschluss vom 3. juni 2014 – 2 b 418/14 – juris rn. 41. 83das verlautbare planungsziel der beklagten lässt sich mit festsetzungen nach § 9 abs. 2a baugb erreichen. danach kann für im zusammenhang bebaute ortsteile (§ 34 baugb) zur erhaltung oder entwicklung zentraler versorgungsbereiche, auch im interesse einer verbrauchernahen versorgung der bevölkerung und der innenentwicklung der gemeinden, in einem bebauungsplan festgesetzt werden, dass nur bestimmte arten der nach § 34 abs. 1 und 2 baugb zulässigen baulichen nutzungen zulässig oder nicht zulässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können; die festsetzungen können für teile des räumlichen geltungsbereichs des bebauungsplans unterschiedlich getroffen werden (satz 1). dabei ist insbesondere ein hierauf bezogenes städtebauliches entwicklungskonzept im sinne des § 1 abs. 6 nr. 11 baugb zu berücksichtigen, das aussagen über die zu erhaltenden oder zu entwickelnden zentralen versorgungsbereiche der gemeinde oder eines gemeindeteils enthält (satz 2). diese voraussetzungen sind, ungeachtet dessen, dass eine vorweggenommene normenkontrolle des künftigen bebauungsplans nicht stattfindet, 84hierzu ovg nrw, beschlüsse vom 16. märz 2012 – 2 b 202/12 – juris rn. 46 ff. und vom 11. februar 2008 – 10 b 1614/07 – juris rn. 7, 85gegeben. 86entgegen der auffassung der klägerin scheitert die von der beklagten angestrebte planung nicht daran, dass sich die planung nicht auf einen im zusammenhang bebauten ortsteil im sinne des § 34 baugb beschränkt. es mag zutreffen, dass für den geplanten geltungsbereich zumindest in formeller hinsicht weiterhin der bebauungsplan x 000 – teil x, der den ebenfalls noch nicht formell aufgehobenen rechtskräftigen bebauungsplan x 000 überlagert, existiert. dies steht der annahme, es handele sich bei dem plangebiet um einen nach § 34 baugb zu beurteilenden bereich, jedoch nicht entgegen, denn die bebauungspläne x – teil x und x 000 sind wegen des fehlens des jeweiligen beitrittsbeschlusses des rates zu auflagen des regierungspräsidenten von anfang an unwirksam gewesen (ba ht. 9 bl. 67 ff. und ba ht. 10). dabei handelt es sich um einen mangel, der insgesamt zur unwirksamkeit der pläne führt. 87bverwg, urteil vom 5. dezember 1986 – 4 c 31.85 – bverwge 75, 262 (264 f.) – juris rn. 16. 88allein dies genügt für die annahme eines im zusammenhang bebauten ortsteils im sinne des § 34 baugb. 89ovg nrw, urteil vom 22. februar 2017 – 7 a 1397/15 – juris rn. 59. 90im übrigen bestehen auch keine anhaltspunkte dafür, dass es der beklagten unmöglich wäre, noch vor dem satzungsbeschluss über den bebauungsplan x 000 die bebauungspläne aufzuheben und auch so zum zeitpunkt der fassung der satzung eine nach § 34 baugb zu beurteilende planungsrechtliche situation bestünde. 91ebenso ist auf der grundlage des vortrages der klägerin nicht ersichtlich, dass die geplanten festsetzungen mit § 9 abs. 2a satz 2 baugb unvereinbar wären. die planungen lassen nicht erkennen, dass sie im widerspruch zum kommunalen einzelhandelskonzept vom 12. dezember 2013 stehen. die auffassung der klägerin, ein solcher widerspruch ergebe sich daraus, dass die beklagte von der im einzelhandelskonzept vorgesehenen ausnahmeregelung für integrierte nahversorgungsstandorte außerhalb des 600m-radius keinen gebrauch gemacht habe, kann nicht gefolgt werden. richtig ist, dass das kommunale einzelhandelskonzept der beklagten eine solche ausnahmeregelung vorsieht (seite 116). danach 92„[können] einzelhandelsbetriebe […] außerhalb der t3. zentralen versorgungsbereiche in städtebaulich integrierten lagen (z.b. in mischgebieten und allgemeinen wohngebieten) möglich sein, wenn sie 93- der nahversorgung dienen (d.h. die kaufkraftabschöpfung eine quote von in der regel 35% der sortimentsspezifischen kaufkraft im funktional zugewiesenen versorgungsgebiet nicht übersteigt), 94- städtebaulich in wohnsiedlungsbereiche integriert sind, 95- auch fußläufig für möglichst viele menschen erreichbar sind (i.d.r. 600 m-distanz), 96- außerhalb der 600 m-zonen um die zentralen versorgungsbereiche liegen und 97- keine negativen städtebaulichen auswirkungen auf die zentralen versorgungsbereiche und die wohnortnahen versorgungsstrukturen zu erwarten sind.“ 98unabhängig davon, dass diese regelung lediglich die möglichkeit bietet, vom grundsatz 1 des konzepts ausnahmen zuzulassen, hat die beklagte nachvollziehbar dargelegt, dass die voraussetzungen für eine solche ausnahme nicht vorliegen, zum einen, weil teile des plangebietes schon nicht außerhalb der 600 m-zonen um die zentralen versorgungsbereiche – so auch die grundstücke der klägerin – liegen, und zum anderen das erfordernis der nahversorgungsfunktion nicht erfüllt ist (ba ht. 4 bl. 62 f.). ein widerspruch zum kommunalen einzelhandelskonzept ist daher nicht vorgezeichnet; die beabsichtigten festsetzungen dienen vielmehr der umsetzung der grundsätze 1 und 2 des kommunalen einzelhandelskonzepts. des weiteren ist ein solcher nicht dadurch vorgezeichnet, dass der beabsichtigte bebauungsplan für den teilbereich 1 keinen ausschluss von nahversorgungs- und zentrenrelevanten sortimenten für kleinflächige einzelhandelsunternehmen vorsieht. insoweit verkennt die klägerin, dass diese differenzierung zwischen dem teilbereich 1 und 2 allein darauf beruht, dass die beklagte – neben den grundsätzen des kommunalen einzelhandelskonzeptes – auch den sich aus dem bestandsschutz ergebenden belangen rechnung zu tragen hat. darin eine inkonsistente planung zu sehen, überzeugt nicht. 99die von der beklagten angestrebte einzelhandelssteuerung kann auch prinzipiell im sinne von § 1 abs. 3 satz 1 baugb städtebaulich erforderlich sein. 100ovg nrw, urteile vom 20. januar 2020 – 10 a 1780/17 – juris rn. 53 und vom oktober 2013 – 2 d 103/12.ne – juris rn. 36. 101was danach städtebaulich erforderlich ist, bestimmt sich maßgeblich nach der jeweiligen konzeption der gemeinde. welche städtebaulichen ziele die gemeinde sich setzt, liegt in ihrem planerischen ermessen. der gesetzgeber ermächtigt sie, die „städtebaupolitik“ zu betreiben, die ihren städtebaulichen ordnungsvorstellungen entspricht. nicht erforderlich im sinne des § 1 abs. 3 satz 1 baugb sind demgegenüber in aller regel nur solche bauleitpläne, die einer positiven planungskonzeption entbehren und ersichtlich der förderung von zielen dienen, für deren verwirklichung die planungsinstrumente des baugesetzbuchs nicht bestimmt sind. § 1 abs. 3 satz 1 baugb ist ferner verletzt, wenn ein bebauungsplan, der aus tatsächlichen oder rechtsgründen auf dauer oder auf unabsehbare zeit der vollzugsfähigkeit entbehrt, die aufgabe der verbindlichen bauleitplanung nicht zu erfüllen vermag. in dieser auslegung setzt § 1 abs. 3 satz 1 baugb der bauleitplanung lediglich eine erste, wenn auch strikt bindende schranke, die lediglich grobe und einigermaßen offensichtliche missgriffe ausschließt. sie betrifft die generelle erforderlichkeit der planung, nicht hingegen die einzelheiten einer konkreten planerischen lösung. dafür ist das abwägungsgebot maßgeblich, das im hinblick auf gerichtliche kontrolldichte, fehlerunbeachtlichkeit und heranzuziehende erkenntnisquellen abweichenden maßstäben unterliegt. deswegen kann die abgewogenheit einer bauleitplanung und ihrer festsetzungen nicht bereits zum maßstab für deren städtebauliche erforderlichkeit gemacht werden. 102bverwg, urteile vom 27. märz 2013 – 4 c 13.11 – bverwge 146, 137 rn. 9 – juris rn. 9 und vom 27. märz 2013 – 4 cn 6.11 – juris rn. 9. 103gemessen daran kann der geplante bebauungsplan s 607 im anschluss an das oben zur positiven planungskonzeption und zum nichtbestehen einer reinen negativplanung gesagte ohne weiteres städtebaulich gerechtfertigt sein. bei den zielsetzungen der beklagten handelt es sich um zulässige städtebauliche erwägungen im sinne von § 1 abs. 6 nr. 4 und nr. 11 baugb. eine ihrer erhaltung dienende stärkung der zentralen versorgungsbereiche einer gemeinde ist ein gewichtiger städtebaulicher belang des allgemeinwohls und damit grundsätzlich ein tragfähiges städtebauliches ziel, das den ausschluss von einzelhandelsbetrieben mit nahversorgungs- und zentrenrelevanten sortimenten in einem bebauungsplan nach § 9 abs. 2a baugb rechtfertigen kann. bauleitplanung erschöpft sich nicht darin, bereits eingeleitete entwicklungen zu steuern. sie ist auch ein mittel, um städtebauliche ziele für die zukunft zu formulieren und aktiv auf eine änderung des städtebaulichen status quo hinzuwirken. 104ovg nrw, urteil vom 23. april 2020 – 10 d 55/18.ne – juris rn. 22. 105es bedurfte für die annahme der wirksamkeit der veränderungssperre über das vorliegen dieser voraussetzung hinaus auch nicht der darlegung besonderer umstände im sinne des § 17 abs. 2 und/oder 3 baugb. der auffassung der klägerin, es liege mangels identischer planungsziele keine neue veränderungssperre vor, vermag die kammer nicht zu folgen. denn bei der veränderungssperre nr. 000/000 handelt es sich nicht um eine erneute, sondern um eine neue veränderungssperre, die im derzeit laufenden zweiten jahr ihrer geltungsdauer noch nicht durch besondere umstände im sinne von § 17 abs. 2 baugb oder § 17 abs. 3 baugb gerechtfertigt sein muss. zutreffend ist, dass mit dem mittel einer neuen veränderungssperre nicht die strengen anforderungen an die verlängerung der geltungsdauer einer veränderungssperre nach § 17 abs. 2 baugb oder dem erneuten erlass einer veränderungssperre nach § 17 abs. 3 baugb umgangen werden dürfen. 106bverwg, beschluss vom 30. oktober 1992 – 4 nb 44.92 – buchholz 406.11 § 17 baugb nr. 6 – juris rn. 11; stock, in: ernst/zinkahn/bielenberg/krautzberger, baugb, 136. el oktober 2019, § 17 rn. 48a. 107um eine solche umgehung handelt es sich jedoch – auch bei unterstellung identischer planungsziele der beklagten – nicht. in der rechtsprechung des bundesverwaltungsgerichts ist anerkannt, 108beschluss vom 29. märz 2007 – 4 bn 11.07 – buchholz 406.11 § 14 baugb nr. 28 – juris rn. 4 f., 109dass eine gemeinde eine neue veränderungssperre nach § 14 abs. 1 baugb beschließen kann, wenn ein normenkontrollgericht ihren bebauungsplan, der in der aufstellungsphase durch eine veränderungssperre gesichert war, für unwirksam erklärt hat und sie für denselben planbereich erneut die aufstellung eines bebauungsplans beschließt. dies gilt auch dann, wenn sie im übrigen an ihrem planungskonzept festhält. der hier streitbetroffene sachverhalt unterscheidet sich zwar darin, dass es an einer gerichtlichen entscheidung zur wirksamkeit des bauleitverfahrens der beklagten aus dem jahr 2012 fehlt, und vielmehr die beklagte aus anlass einer höchstrichterlichen rechtsprechungsänderung die unwirksamkeit ihrer beschlüsse aufgrund eines bekanntmachungsmangels annimmt. auf diesen unterschied kommt es jedoch nicht an. maßgeblich ist unter zugrundelegung der rechtsprechung des bundesverwaltungsgerichts, dass den gemeinden das recht zusteht, ihre bauleitplanung durch eine neue veränderungssperre zu sichern, soweit sie dazu dient, rechtmäßige verhältnisse herzustellen. allein dies war das anliegen der beklagten. der vom rat der beklagten gefasste aufstellungsbeschluss vom 11. dezember 2014 sollte nunmehr in einer den vorgaben des § 2 bekanntmvo nrw entsprechenden weise bekannt gemacht und damit die insoweit bestehenden mängel des bauleitverfahrens aus dem jahr 2012 behoben werden. dass dieses vorgehen der beklagten in der folge dazu dienen sollte, § 17 abs. 2 und/oder abs. 3 baugb zu umgehen, ist unter berücksichtigung der umstände dieses einzelfalles nicht ersichtlich. es bestehen keine anhaltspunkte dafür, dass die erneute beschlussfassung und bekanntmachung nur vorgeschoben war, um sodann mit dem mittel einer neuen veränderungssperre den strengen anforderungen an die verlängerung der geltungsdauer bzw. dem erneuten erlass einer solchen zu entgehen. der bekanntmachungsfehler war zunächst für die wirksamkeit der beschlüsse erheblich. der entscheidung des ovg nrw war zweifelsfrei die folge der unwirksamkeit der bekanntmachung des aufstellungsbeschlusses mangels der berücksichtigung der voraussetzungen des § 2 bekanntmvo nrw zu entnehmen. 110ovg nrw, vom 8. februar 2013 – 10 b 1239/12 – juris rn. 13. 111die erneute bekanntmachung erfolgte daher nicht nur auf der grundlage einer unsicheren rechtslage bzw. rechtsprechung. infolgedessen war der beklagten die sicherung des bauleitverfahrens nur durch die erneute bekanntmachung eines aufstellungsbeschlusses als voraussetzung für eine wirksame veränderungssperre möglich. denn eine wirksame veränderungssperrensatzung setzt die wirksamkeit des aufstellungsbeschlusses voraus, der jedoch ohne die ortsübliche bekanntmachung nicht wirksam werden kann. 112bverwg, beschluss vom 15. april 1998 – 4 n 4.87 – bverwge 79, 200 (205) – juris rn. 26. 113dieser bekanntmachungsfehler war auch nicht vermeidbar. die entscheidung des ovg nrw vom 8. februar 2013, 11410 b 1239/12 – juris rn. 7, 115stellte sich als rechtsprechungsänderung dar. das oberverwaltungsgericht hat seine diesbezüglich noch im urteil vom 23. april 1996 (az.: 10 a 620/91) vertretene auffassung ausdrücklich aufgegeben. angesichts dessen kann der im termin zur mündlichen verhandlung geäußerten gegenteiligen ansicht der klägerin nicht gefolgt werden. der beklagten hätte daher nicht bereits im jahr 2012 die fehlerhaftigkeit ihres verfahrens bekannt sein können. die beklagte hätte schließlich auch nicht auf andere art und weise rechtmäßige verhältnisse herstellen können. so war hier seitens der beklagten zu berücksichtigen, dass der aufstellungsbeschluss aus dem jahr 2012 nicht mehr den tatsächlichen bestand im plangebiet abbildete. denn durch die erteilung des vorbescheides für die errichtung des kleinflächigen lebensmitteldiscounters der klägerin bedurfte es der berücksichtigung dieses vorhabens im rahmen der bauleitplanung der beklagten, vor allem auch im hinblick auf das im dezember 2013 vom rat beschlossene kommunale einzelhandelskonzept. der aufstellungsbeschluss vom 11. dezember 2014 berücksichtigt gegenüber dem beschluss vom 6. dezember 2012 das zwischenzeitlich beschlossene kommunale einzelhandelskonzept. auch liegt gerade in der durch die bekanntmachungsmängel verursachten neuen bewertung des seinerzeitigen antrages der klägerin auf erteilung eines bauvorbescheides bzw. einer baugenehmigung für die errichtung eines kleinflächigen lebensmitteldiscounters die für die annahme einer neuen planung der beklagten erforderliche andersartigkeit der planung gegenüber dem jahr 2012. eine wiederholung derselben planung liegt demgegenüber nicht vor. 116ein vorgehen, welches der entscheidung des ovg nrw, beschluss vom 29. mai 2013 (az.: 10 a 2611/11 – juris) zugrunde lag, war der beklagten daher nicht möglich. 117die veränderungssperre steht im maßgeblichen zeitpunkt der mündlichen verhandlung am 14. august 2020 der erteilung der begehrten baugenehmigung auch in zeitlicher hinsicht entgegen. nach § 6 der veränderungssperrensatzung tritt die veränderungssperre nr. 000/000 am tage der bekanntmachung im amtsblatt der stadt t1. in kraft. sie tritt nach ablauf von zwei jahren, vom tag der bekanntmachung gerechnet, außer kraft. auf die zweijahresfrist ist der seit der zustellung der ersten zurückstellung eines baugesuchs nach § 15 baugb abgelaufene zeitraum anzurechnen. die veränderungssperre tritt in jedem fall außer kraft, sobald und soweit der bebauungsplan für das in § 2 genannte gebiet rechtsverbindlich wird. der bebauungsplan x 000 ist noch nicht bekannt gemacht worden. auch ist die frist des § 6 satz 2 – auch unter berücksichtigung der anrechnungsregelung des satzes 3 – noch nicht abgelaufen. die veränderungssperre ist am 21. februar 2019 in kraft getreten. sie wird daher mit ablauf des 20. februar 2021 außer kraft treten. unter berücksichtigung der anrechnung vom 29 tagen der zurückstellung der entscheidung nach § 15 abs. 1 baugb (23. januar 2019 bis 20. februar 2019) kann die veränderungssperre der klägerin bis zum 22. januar 2021 entgegen gehalten werden. im übrigen sind zugunsten der klägerin auch keine zeiten einer faktischen zurückstellung des bauantrags vom 28. märz 2018 berücksichtigungsfähig. von einer faktischen zurückstellung ist zu sprechen, wenn die bauaufsichtsbehörde einen an sich (positiv) bescheidungsfähigen bauantrag verzögerlich bearbeitet und dadurch ein zeitverlust entstanden ist. der zeitraum, der dadurch vergeht, dass ein (positiv) bescheidungsfähiger bauantrag verzögerlich behandelt wird, ist auf eine nachträglich ausgesprochene zurückstellung anzurechnen. 118vgl. bverwg, beschluss vom 9. april 2003 – 4 b 75.02 – juris rn. 19; ovg nrw, beschluss vom 16. märz 2012 – 2 b 202/12 – juris rn. 55. 119gemessen an diesen maßstäben sind zugunsten der klägerin keine zeiten einer faktischen zurückstellung über den bereits verfügten zurückstellungszeitraum hinaus anzurechnen, da angesichts der zahlreichen fristverlängerungsanträge der klägerin keine verzögerliche behandlung des bauantrags seitens der beklagten erkennbar ist. schließlich ist auch unter berücksichtigung des zeitraumes zwischen dem aufstellungsbeschluss (dezember 2014) und dem erlass der veränderungssperre (februar 2019) von etwas mehr als 4 jahren nicht ersichtlich, dass die beklagte die planung aufgegeben hätte. im übrigen verlangt § 14 abs. 1 baugb nicht, dass zwischen der fassung des aufstellungsbeschlusses und dem erlass der veränderungssperre höchstens eine bestimmte zeitspanne liegen dürfe. 120bverwg, beschluss vom 26. juni 1992 – 4 nb 19.92 – buchholz 406.11 § 14 baugb nr. 21 – juris rn. 7; vgh bw, beschluss vom 18. mai 2000 – 8 s 410/00 – juris rn. 9 f.; vg düsseldorf, urteil vom 7. juni 2017 – 25 k 2717/16 – juris rn. 86 f. 121die klägerin hat auch keinen anspruch auf die begehrte baugenehmigung unter berücksichtigung des § 14 abs. 2 baugb. hiernach kann eine ausnahme von der veränderungssperre zugelassen werden, wenn überwiegende öffentliche belange nicht entgegenstehen. der sicherungszweck der veränderungssperre steht als öffentlicher belang jedoch entgegen, wenn das vorhaben der beabsichtigten planung widerspricht oder diese wesentlich erschweren würde; ein solches vorhaben darf auch im wege der ausnahme nicht zugelassen werden. andernfalls würde die veränderungssperre ihre wirkung nicht erfüllen. 122bverwg, urteil vom 30. august 2012 – 4 c 1.11 – bverwge 144, 82 rn. 34 – juris rn. 34 und beschluss vom 9. februar 1989 – 4 b 236.88 – juris rn. 7. 123das hauptplanungsziel des planverfahrens ist der ausschluss von einzelhandelsbetrieben mit nahversorgungs- und zentrenrelevanten sortimenten im plangebiet zum erhalt und zur entwicklung insbesondere des zentralen versorgungszentrums hauptzentrum mitte. die erweiterung des lebensmitteldiscounters der klägerin stünde diesem entwicklungsziel nicht nur entgegen, weil mit der vergrößerung der verkaufsfläche eines lebensmitteldiscounters die gefahr einer erhöhung der kaufkraftbindung an dem betroffenen standort verbunden ist. sie widerspräche auch den beabsichtigten festsetzungen nach § 9 abs. 2a baugb. 124soweit die klage mit dem hauptantrag unbegründet und deshalb über den hilfsantrag zu entscheiden ist, bleibt auch dieser ohne erfolg. er stellt sich zwar als zulässige klageänderung nach § 91 abs. 1 vwgo dar, 125ovg nrw, urteil vom 29. mai 2013 – 10 a 2611/11 – juris rn. 66, 126ist jedoch in der sache jedenfalls unbegründet. dabei kann dahingestellt bleiben, ob der antrag nicht bereits unzulässig ist, weil es an einer den in der rechtsprechung entwickelten anforderungen, 127siehe nur exemplarisch ovg nrw, urteil vom 25. märz 2014 – 2 a 2679/12 – juris rn. 47 f. m.w.n. 128genügenden darlegung des präjudizinteresses der klägerin, und damit eines fortsetzungsfeststellungsinteresses fehlt. insbesondere dürfte es an der erforderlichen annähernden angabe der schadenshöhe mangeln, da die klägerin sich lediglich darauf beschränkt, das entgehen eines nicht näher bezifferten gewinns zu behaupten. 129der hilfsantrag ist jedoch jedenfalls unbegründet. die klägerin hat keinen anspruch darauf, festzustellen, dass die beklagte bis zum 20. februar 2019 verpflichtet war, der klägerin die mit formularantrag vom 31. januar 2018 beantragte baugenehmigung zur erweiterung der verkaufsfläche eines lebensmittelmarktes auf 1.052,71 m² sowie erstellung eines eingangskoffers auf dem grundstück t. straße 0 in t1. zu erteilen. denn bis zum 20. februar 2019 stand der erteilung der von der klägerin begehrten baugenehmigung der rechtmäßige zurückstellungsbescheid vom 15. januar 2019 entgegen. es ist zutreffend, dass der zurückstellungsbescheid entgegen § 7 abs. 1 satz 2 lzg nrw der klägerin persönlich und nicht dem von ihr im verwaltungsverfahren bevollmächtigten h. c. gmbh zugestellt worden ist. die berufung der klägerin auf eine fehlerhafte zustellung des zurückstellungsbescheids an sie selbst stellt sich jedoch als unzulässige rechtsausübung dar, denn sie verstößt in missbräuchlicher weise gegen das verbot widersprüchlichen verhaltens (venire contra factum proprium). widersprüchliches verhalten eines am fraglichen rechtsverhältnis beteiligten ist missbräuchlich, wenn entweder aufgrund seines bisherigen verhaltens für den anderen teil hinsichtlich eines bestimmten umstandes ein vertrauenstatbestand entstanden ist oder wenn andere umstände die rechtsausübung als treuwidrig erscheinen lassen. 130vgl. hierzu etwa bverwg, beschluss vom 7. juli 2008 – 6 b 14.08 – juris rn. 6; ovg nrw, beschluss vom 10. juli 2019 – 10 b 516/19 – juris rn. 8 f. und urteil vom 5. september 2017 – 7 a 1069/14 – juris rn. 35. 131so liegt der fall hier. die von der klägerin bevollmächtigte h. c. gmbh wurde letztmalig am 3. april 2018 – mithin nur wenige tage nach einreichung des bauantrages – für die klägerin im verwaltungsverfahren tätig. in der folge trat für die klägerin die bei ihr beschäftigte frau o1. g2.rings auf, die die zahlreichen fristverlängerungsanträge sowohl telefonisch als auch per e-mail stellte und sich sodann die gewährten fristverlängerungen in an sie gerichteten schreiben durch die beklagte bestätigen ließ. auch an dem am 5. oktober 2018 zwischen dem immobilienbereichsleiter der klägerin, herrn k. c1. , und den vertretern der beklagten geführten persönlichen gespräch waren vertreter der h. c. gmbh – trotz ihrer umfangreichen bevollmächtigung – nicht beteiligt. schließlich nahm die jetzige prozessbevollmächtigte im rahmen des verwaltungsverfahrens die interessen der klägerin durch ausführliche stellungnahmen zur sache wahr. diesen sachverhalt zugrunde gelegt, bestanden aus sicht der beklagten keine anhaltspunkte dafür, dass die klägerin die zustellung des zurückstellungsbescheides an die h. c. gmbh wünsche und eine solche an sie selbst nicht gegen sich gelten lassen werde. so trat die umfassend bevollmächtigte h. c. gmbh nach dem 3. april 2018, und damit über den größten teil des verwaltungsverfahrens, nicht mehr in erscheinung. vielmehr nahm die klägerin ihre interessen persönlich durch frau g2. und herrn c1. sowohl im schriftverkehr als auch im persönlichen gespräch wahr, ohne dass ausdrücklich oder sinngemäß erwähnung fand, dass sie weiterhin eine vertretung durch die h. c. gmbh wünsche. dieser eindruck musste sich aus sicht der beklagten auch deshalb verstärken, weil durch das auftreten der jetzigen prozessbevollmächtigten im verwaltungsverfahren die klägerin zu erkennen gab, jedenfalls in der sache nicht mehr durch die h. c. gmbh vertreten werden zu wollen. etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass der von der beklagten am 30. april 2019 erlassene widerruf des zurückstellungsbescheides an die prozessbevollmächtigte der klägerin zugestellt worden ist. denn aus diesem umstand lassen sich keinerlei rückschlüsse auf den bei der beklagten vor erlass des zurückstellungsbescheides entstandenen – maßgeblichen – eindruck ziehen. dass die klägerin – wie sie in der mündlichen verhandlung angab – in ähnlich gelagerten fällen ebenso agiert und sich daher dieses vorgehen aus ihrer sicht als „standardprozedere“ darstellt, ändert nichts an den rechtlichen maßstäben, an denen dieses vorgehen zu messen ist. die h. c. gmbh mag daher im zeitpunkt der zustellung des zurückstellungsbescheides formal noch bevollmächtigt gewesen sein. durch das verhalten der klägerin im verwaltungsverfahren hatte sie jedoch bei der beklagten das berechtigte vertrauen entstehen lassen, dass sie auch die zustellung des zurückstellungsbescheids an sie selbst gegen sich gelten lassen werde. wenn die klägerin sich nunmehr darauf beruft, die zustellung sei fehlerhaft nicht an ihre bevollmächtigte erfolgt, verhält sie sich im widerspruch zu ihrem vorherigen verhalten und zu dem dadurch bei der beklagten entstandenen vertrauen in ihre stellung als in jeder hinsicht zuständige verfahrensbeteiligte und adressatin jeglichen schriftverkehrs. 132der zurückstellungsbescheid vom 15. januar 2019 ist auch in rechtmäßiger weise ergangen. nachdem der rat der beklagten am 11. dezember 2014 die aufstellung des bebauungsplans x 000 beschlossen hatte und der aufstellungsbeschluss am 18. dezember 2014 öffentlich bekannt gemacht worden war, lagen die voraussetzungen des § 15 abs. 1 baugb für eine zurückstellung vor. danach hat die baugenehmigungsbehörde, wenn eine veränderungssperre nach § 14 baugb nicht beschlossen wurde, obwohl die voraussetzungen gegeben sind, oder wenn eine beschlossene veränderungssperre noch nicht in kraft getreten ist, auf antrag der gemeinde die entscheidung über die zulässigkeit von vorhaben im einzelfall für einen zeitraum bis zu zwölf monaten auszusetzen, wenn zu befürchten ist, dass die durchführung der planung durch das vorhaben unmöglich gemacht oder wesentlich erschwert werden würde. dies war hier der fall, da eine zulassung des vorhabens der klägerin – wie dargelegt – den beabsichtigten festsetzungen nach § 9 abs. 2a baugb widerspricht. 133die kostenentscheidung folgt, soweit in der hauptsache zu entscheiden ist, aus § 154 abs. 1 vwgo. soweit das verfahren bezüglich des zunächst ebenfalls angegriffenen zurückstellungsbescheides vom 15. januar 2019 von den beteiligten übereinstimmend in der hauptsache für erledigt erklärt worden ist, beruht die kostenentscheidung auf § 161 abs. 2 vwgo. danach entscheidet das gericht unter berücksichtigung des bisherigen sach- und streitstandes nach billigem ermessen über die kosten. vorliegend entspricht es der billigkeit, der klägerin auch insoweit die kosten aufzuerlegen, weil der zurückstellungsbescheid – wie dargelegt – rechtmäßig ergangen war. 134die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit beruht auf § 167 abs. 1 und 2 vwgo i.v.m. § 709 zivilprozessordnung (zpo). 135rechtsmittelbelehrung: 136gegen dieses urteil kann innerhalb eines monats nach zustellung des vollständigen urteils bei dem verwaltungsgericht düsseldorf (bastionstraße 39, 40213 düsseldorf oder postfach 20 08 60, 40105 düsseldorf) schriftlich die zulassung der berufung beantragt werden. der antrag muss das angefochtene urteil bezeichnen. 137der antrag kann auch als elektronisches dokument nach maßgabe des § 55a vwgo und der verordnung über die technischen rahmenbedingungen des elektronischen rechtsverkehrs und über das besondere elektronische behördenpostfach (elektronischer rechtsverkehr-verordnung – ervv) eingereicht werden. 138innerhalb von zwei monaten nach zustellung des vollständigen urteils sind die gründe darzulegen, aus denen die berufung zuzulassen ist. 139die berufung ist nur zuzulassen, 1401. wenn ernstliche zweifel an der richtigkeit des urteils bestehen, 1412. wenn die rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche schwierigkeiten aufweist, 1423. wenn die rechtssache grundsätzliche bedeutung hat, 1434. wenn das urteil von einer entscheidung des oberverwaltungsgerichts für das land nordrhein-westfalen, des bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen senats der obersten gerichtshöfe des bundes oder des bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser abweichung beruht oder 1445. wenn ein der beurteilung des berufungsgerichts unterliegender verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die entscheidung beruhen kann. 145die begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem antrag vorgelegt worden ist, bei dem oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen (aegidiikirchplatz 5, 48143 münster oder postfach 6309, 48033 münster) schriftlich oder als elektronisches dokument nach maßgabe des § 55a vwgo und der ervv einzureichen. 146über den antrag entscheidet das oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen. 147im berufungs- und berufungszulassungsverfahren müssen sich die beteiligten durch prozessbevollmächtigte vertreten lassen. dies gilt auch für prozesshandlungen, durch die das verfahren eingeleitet wird. die beteiligten können sich durch einen rechtsanwalt oder einen rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten hochschule eines mitgliedstaates der europäischen union, eines anderen vertragsstaates des abkommens über den europäischen wirtschaftsraum oder der schweiz, der die befähigung zum richteramt besitzt, als bevollmächtigten vertreten lassen. auf die zusätzlichen vertretungsmöglichkeiten für behörden und juristische personen des öffentlichen rechts einschließlich der von ihnen zur erfüllung ihrer öffentlichen aufgaben gebildeten zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 abs. 4 satz 4 vwgo und § 5 nr. 6 des einführungsgesetzes zum rechtsdienstleistungsgesetz – rdgeg –). darüber hinaus sind die in § 67 abs. 2 satz 2 nr. 3 bis 7 vwgo bezeichneten personen und organisationen unter den dort genannten voraussetzungen als bevollmächtigte zugelassen. die antragsschrift und die zulassungsbegründungsschrift sollen möglichst dreifach eingereicht werden. im fall der einreichung als elektronisches dokument bedarf es keiner abschriften. 148beschluss: 149der streitwert wird auf 56.862,- euro festgesetzt. 150gründe: 151die festsetzung des streitwertes ist nach § 52 abs. 1 gkg in verbindung mit dem streitwertkatalog der bausenate des ovg nrw vom 22. januar 2019 (baur 2019, 610) erfolgt. nach dessen ziffer 3 lit. a) ist bei baugenehmigungen für gewerbliche bauten grundsätzlich der geschätzte jahresnutzwert anzusetzen. ist dieser wert – wie hier – nicht bekannt, sind nach ziffer 3 lit. b) für einzelhandelsbetriebe je 1 m² verkaufsfläche 150,-euro festzusetzen. da die klägerin die baugenehmigung für eine erweiterung ihrer verkaufsfläche um 252,72 m² begehrt, ist der streitwert für den hauptantrag mit 37.908,- euro anzusetzen. hinzuzurechnen ist nach § 45 abs. 1 satz 2 gkg der streitwert für den hilfsantrag. nach § 45 abs. 1 gkg wird ein hilfsweise geltend gemachter anspruch mit dem hauptanspruch zusammengerechnet, soweit eine entscheidung über ihn ergeht und er – wie hier – nicht denselben gegenstand betrifft. nach ziffer 15 des streitwertkatalogs ist in der regel bei fortsetzungsfeststellungsklagen 50% des ursprünglichen streitwertes anzusetzen, mithin hier 18.954,- euro (= 1/2 x 37.908,- euro). 152rechtsmittelbelehrung: 153gegen den streitwertbeschluss kann schriftlich oder zur niederschrift des urkundsbeamten der geschäftsstelle bei dem verwaltungsgericht düsseldorf (bastionstraße 39, 40213 düsseldorf oder postfach 20 08 60, 40105 düsseldorf) beschwerde eingelegt werden, über die das oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen in münster entscheidet, falls ihr nicht abgeholfen wird. 154die beschwerde kann auch als elektronisches dokument nach maßgabe des § 55a vwgo und der verordnung über die technischen rahmenbedingungen des elektronischen rechtsverkehrs und über das besondere elektronische behördenpostfach (elektronischer rechtsverkehr-verordnung – ervv) oder zu protokoll der geschäftsstelle eingelegt werden; § 129a der zivilprozessordnung gilt entsprechend. 155die beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von sechs monaten eingelegt wird, nachdem die entscheidung in der hauptsache rechtskraft erlangt oder das verfahren sich anderweitig erledigt hat; ist der streitwert später als einen monat vor ablauf dieser frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines monats nach zustellung oder formloser mitteilung des festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. 156die beschwerde ist nicht gegeben, wenn der wert des beschwerdegegenstandes 200,-- euro nicht übersteigt. 157die beschwerdeschrift soll möglichst dreifach eingereicht werden. im fall der einreichung als elektronisches dokument bedarf es keiner abschriften. 158war der beschwerdeführer ohne sein verschulden verhindert, die frist einzuhalten, ist ihm auf antrag von dem gericht, das über die beschwerde zu entscheiden hat, wiedereinsetzung in den vorigen stand zu gewähren, wenn er die beschwerde binnen zwei wochen nach der beseitigung des hindernisses einlegt und die tatsachen, welche die wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. nach ablauf eines jahres, von dem ende der versäumten frist angerechnet, kann die wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.
Verklagte*r
0
169,498
13 D 93/14
2014-11-10T00:00:00
Urteil
Tenor Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Der Gerichtsbescheid ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Gerichtsbescheids vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht das beklagte Land vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. Die Revision wird nicht zugelassen. 1Tatbestand: 2Mit der vorliegenden Klage begehrt der Kläger Entschädigung wegen überlanger Dauer eines Gerichtsverfahrens. 3Gegenstand des Ausgangsverfahrens, das beim Verwaltungsgericht Gelsenkirchen unter dem Aktenzeichen 4 L 556/14 geführt wurde und dessen Überlänge der Kläger rügt, war sein Antrag, das Land Nordrhein-Westfalen, vertreten durch das Landesjustizprüfungsamt, im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihn vorläufig zur mündlichen Prüfung in der zweiten juristischen Staatsprüfung im dritten Prüfungsversuch zuzulassen. 4Diesen Antrag hatte der Kläger am 8. Oktober 2013 beim Verwaltungsgericht Gelsenkirchen gestellt, nachdem er dort bereits mit Schriftsatz vom 20. Juni 2013 Klage gegen den Prüfungsbescheid des Landesjustizprüfungsamts vom 15. Februar 2013, mit dem die Prüfung für nicht bestanden erklärt worden war, erhoben hatte. Das Verfahren wurde zunächst unter dem Aktenzeichen 4 L 1371/13 geführt. Nach zwei Sachstandsanfragen des Klägers und einer von ihm am 8. Januar 2014 erhobenen Verzögerungsrüge trennte das Verwaltungsgericht das Verfahren, dessen Gegenstand neben dem Prüfungsbescheid vom 15. Februar 2013 (3. Prüfungsversuch) auch der Prüfungsbescheid vom 15. Juni 2012 (2. Prüfungsversuch) war, hinsichtlich des zuletzt Genannten mit Beschluss vom 8. April 2014 ab und führte es unter dem Aktenzeichen 4 L 556/14 weiter. Am 9. April 2014 erhob der Kläger eine weitere Verzögerungsrüge. Mit Beschluss vom 22. Mai 2014 lehnte das Verwaltungsgericht den Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung ab. 5Mit eigenhändig unterschriebenem Schriftsatz vom 1. August 2014 hat der Kläger unter Hinweis darauf, dass Klage erhoben werde, schriftsätzlich beantragt, 6 71. ihm für das Klageverfahren Prozesskostenhilfe zu bewilligen, 8 92. das beklagte Land zu verurteilen, an ihn eine Entschädigung in Höhe von 700,00 EUR zuzüglich 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen. 10Das beklagte Land hat erwidert, die Klage sei unzulässig, weil der nicht anwaltlich vertretene Kläger nicht postulationsfähig sei. Sie sei überdies aus verschiedenen Gründen unbegründet, weil die Voraussetzungen für einen Entschädigungsanspruch nach § 173 Satz 2 VwGO i.V.m. § 198 Abs. 1 Satz 1 GVG nicht vorlägen. 11Hierzu hat sich der Kläger mit Schriftsatz vom 5. September 2014, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird, geäußert. 12Die Beteiligten sind mit Verfügung vom 25. September 2014 zu einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid angehört worden. 13Mit Beschluss vom 25. September 2014 hat der Senat das Prozesskostenhilfegesuch des Klägers abgelehnt und dies damit begründet, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung mit Blick auf die Unzulässigkeit der Klage keine hinreichende Aussicht auf Erfolg biete. 14Daraufhin hat der Kläger ein Ablehnungsgesuch gegen sämtliche Mitglieder des erkennenden Senats gerichtet und zugleich Anhörungsrüge, hilfsweise Gegenvorstellung erhoben. Mit den beiden zuletzt genannten Rechtsbehelfen wendet er sich u.a. dagegen, dass der Senat seinen verfahrenseinleitenden Schriftsatz vom 1. August 2014 ohne weitere Aufklärung als Klageschrift ausgelegt hat. Der Senat hat das Ablehnungsgesuch durch Beschluss vom 30. Oktober 2014 unter Hinweis auf dessen Rechtsmissbräuchlichkeit als unzulässig verworfen und Anhörungsrüge und Gegenvorstellung zurückgewiesen. 15Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakten, auch der Verfahren 4 L 1371/13 VG Gelsenkirchen und 4 L 556/14 VG Gelsenkirchen. 16Entscheidungsgründe: 17Die Klage hat keinen Erfolg. 18Der Senat entscheidet nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 84 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid, da die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. 19§ 84 VwGO gilt nach § 173 Satz 2 VwGO auch für Verfahren nach dem Siebzehnten Titel des Gerichtsverfassungsgesetztes (GVG), der den Rechtsschutz bei (etwaig) überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren regelt. 20Vgl. OVG NRW, Gerichtsbescheid vom 17. Juni 2012 -13 D 23/13 -, juris; Marx/Roderfeld, Rechtsschutz bei überlangen Gerichts- und Ermittlungsverfahren, 2013, § 173 VwGO Rn. 18; Steinbeiß-Winkelmann/Ott, Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren, 2013, § 173 VwGO Rn. 4 und 15. 21§ 125 Abs. 1 Satz 2 VwGO schließt die Anwendung des § 84 VwGO nur für das Berufungsverfahren, nicht für erstinstanzliche Verfahren aus. 22Vgl. OVG Mecklenburg-Vorpommern, Gerichtsbescheid vom 15. August 2012 - 2 K 5/12 -, NVwZ-RR 2013, 76 = juris, Rn. 10 f. 23Dass nach der Begründung des Gesetzentwurfes zum Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren eine Entscheidung durch Gerichtsbescheid in der Regel nicht in Betracht kommen soll, 24vgl. BT-Drs. 17/3802, S. 25; Marx/Roderfeld, a.a.O., § 173 VwGO Rn. 22, 25steht dem nicht entgegen. Unabhängig von der Frage der Bedeutung der Begründung eines Gesetzentwurfes für die Ermittlung des mutmaßlichen Willens des Gesetzgebers liegt hier ein Ausnahmefall vor. Der Sachverhalt ist - soweit er entscheidungserheblich ist - geklärt und die danach verfahrensentscheidenden Rechtsfragen ersichtlich einfach gelagert. 26Da gegen den Gerichtsbescheid das Rechtsmittel des Antrags auf mündliche Verhandlung gegeben ist, steht Art. 6 EMRK dem Erlass des Gerichtsbescheids nicht entgegen. 27Der Senat entscheidet gemäß § 9 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 VwGO, § 109 Abs. 1 Satz 1 JustG NRW in der Besetzung von drei Berufsrichtern und zwei ehrenamtlichen Richtern. 28Vgl. dazu ausführlich OVG NRW, Gerichtsbescheid vom 17. Juni 2013 - 13 D 23/13 -, juris, Rn. 26 ff. 29Die Klage ist unzulässig, weswegen es auf ihre Begründetheit nicht entscheidungserheblich ankommt. Der Kläger hat mit am 1. August 2014 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz eine auf Entschädigung wegen überlanger Dauer des beim Verwaltungsgericht Düsseldorf anhängig gewesenen Verfahrens 4 L 556/13 gerichtete Klage erhoben. Der sinngemäße Einwand des Klägers, er habe lediglich ein isoliertes Prozesskostenhilfegesuch und keine Klage anhängig gemacht, greift nicht durch. Der genannte Schriftsatz ist als Klageschrift und nicht lediglich als isolierter Prozesskostenhilfeantrag und Entwurf einer solchen zu bewerten. Letzterem steht die eindeutige Bezeichnung als Klage und korrespondierend damit der Beteiligten als „Kläger“ und „Beklagter“ entgegen. An einer klarstellenden Kenntlichmachung, dass es sich dabei gleichwohl nur um den Entwurf einer Klageschrift handeln sollte, fehlt es. Hiergegen spricht zudem, dass der Schriftsatz unterzeichnet ist. Auch anhand der gestellten Anträge, die keinen spezifischen wechselseitigen Bezug erkennen lassen, und ihrer Begründung lässt sich nicht feststellen, dass die eigentliche Intention des Klägers dahin ging, isoliert Prozesskostenhilfe zu beantragen und die Klageerhebung für den Fall ihrer Bewilli-gung lediglich in Aussicht zu stellen. Eine derartige Staffelung hätte der Kläger, wenn sie seinem (vorläufigen) Rechtsschutzziel entsprochen hätte, ohne weiteres bereits in dem verfahrenseinleitenden Schriftsatz sprachlich zum Ausdruck bringen können und müssen, etwa indem er, wie bei isolierten Prozesskosten-hilfeanträgen üblich, darauf hingewiesen hätte, dass die Klageerhebung erst nach Bewilligung von Prozesskostenhilfe beabsichtigt sei. Angesichts der juristischen Vorbildung des Klägers und seiner Prozesserfahrung ist der Umstand, dass das nicht geschehen ist, Hinweis darauf, dass dies im maßgebenden Zeitpunkt des Eingangs seines Schriftsatzes vom 1. August 2014 bei Gericht nicht seiner Ab-sicht entsprach. Dabei ist insbesondere zu sehen, dass der Kläger in von ihm vor dem Verwaltungsgericht Gelsenkirchen (4 K 3173/12 und 4 K 5374/12) geführten Verfahren sprachlich und formal identisch gestaltete verfahrenseinleitende Schriftsätze eingereicht hat, die das Verwaltungsgericht - vom Kläger unbean-standet - ebenfalls als Klageschriften und nicht als bloßen Entwurf behandelt hat. 30Das rund eine halbe Stunde nach der Klageschrift eingegangene und auf den 2. August 2014 datierte Schreiben, in dem es heißt „wird in der Anlage der Antrag auf Prozesskostenhilfe sowie die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse zum Klageverfahren vom 1. August 2014 übersandt“, veranlasst zu keiner anderen Bewertung, vielmehr ist diese Formulierung insbesondere mit Blick auf den darüber hergestellten grammatikalischen Bezug zwischen Prozesskostenhilfeantrag und Klageverfahren ein zusätzlicher Beleg dafür, dass der Kläger selbst zu diesem Zeitpunkt von einem rechtshängigen Klageverfahren ausgegangen ist. 31Die nach dem Hinweis des beklagten Landes auf die fehlende Postulationsfähigkeit mit Schriftsatz vom 20. August 2014 abgegebene nachträgliche - sinngemäße - Erklärung des Klägers, es sei ein PKH-Vorverfahren eröffnet worden, vermag an dem entstandenen Prozessrechtsverhältnis nichts zu ändern. Aus den vorstehenden Gründen ist der verfahrenseinleitende Schriftsatz vom 1. August 2014 - auch im Zusammenhang mit dem wenig später eingegangenen, auf den 2. August 2014 datierten Schriftsatz - eindeutig als Klageschrift zu bewerten und bietet für eine Auslegung als isolierter Prozesskostenhilfeantrag keinen Raum. Die Möglichkeit einer nachträglichen Umgestaltung eines durch Klageerhebung begründeten Prozessrechtsverhältnisses in ein isoliertes Prozesskostenhilfeverfahren ist gesetzlich nicht vorgesehen. Sie stünde auch im Widerspruch zu dem Grundsatz, dass Prozesshandlungen wegen ihrer prozessualen Gestaltungswirkung und aus Gründen der Rechtssicherheit zur Vermeidung unsicherer Verfahrenslagen grundsätzlich wegen Willensmängeln nicht angefochten oder widerrufen werden können. 32Vgl. BVerwG, Urteile vom 6. Dezember 1996 - 8 C 33.95 -, NVwZ 1997, 1210 = juris, Rn. 14 und vom 21. März 1979 - 6 C 10.78 -, BVerwGE, 57, 342 = juris, Rn. 18; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 10. November 1993 - 3 S 1120/92 - juris, Rn. 41 m.w.N. 33Die Erwägungen gelten in besonderem Maße für verfahrenseinleitende Erklärungen. 34Die Unzulässigkeit der erhobenen Klage ergibt sich daraus, dass der Kläger, der sie eigenhändig eingelegt hat, nicht postulationsfähig ist. Insoweit wird auf die Gründe des die Bewilligung von Prozesskostenhilfe ablehnenden Beschlusses vom 25. September 2014 Bezug genommen. 35Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. 36Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 1 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 11, § 711 Satz 1 und 2, § 709 Satz 2 ZPO. 37Die Revision ist nicht zuzulassen, weil ein Zulassungsgrund im Sinne des - nach § 173 Satz 2 VwGO anwendbaren - § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegt.
der kläger trägt die kosten des verfahrens. der gerichtsbescheid ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. der kläger darf die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe von 110 % des auf grund des gerichtsbescheids vollstreckbaren betrages abwenden, wenn nicht das beklagte land vor der vollstreckung sicherheit in höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden betrages leistet. die revision wird nicht zugelassen. 1
2mit der vorliegenden klage begehrt der kläger entschädigung wegen überlanger dauer eines gerichtsverfahrens. 3gegenstand des ausgangsverfahrens, das beim verwaltungsgericht gelsenkirchen unter dem aktenzeichen 4 l 556/14 geführt wurde und dessen überlänge der kläger rügt, war sein antrag, das land nordrhein-westfalen, vertreten durch das landesjustizprüfungsamt, im wege der einstweiligen anordnung zu verpflichten, ihn vorläufig zur mündlichen prüfung in der zweiten juristischen staatsprüfung im dritten prüfungsversuch zuzulassen. 4diesen antrag hatte der kläger am 8. oktober 2013 beim verwaltungsgericht gelsenkirchen gestellt, nachdem er dort bereits mit schriftsatz vom 20. juni 2013 klage gegen den prüfungsbescheid des landesjustizprüfungsamts vom 15. februar 2013, mit dem die prüfung für nicht bestanden erklärt worden war, erhoben hatte. das verfahren wurde zunächst unter dem aktenzeichen 4 l 1371/13 geführt. nach zwei sachstandsanfragen des klägers und einer von ihm am 8. januar 2014 erhobenen verzögerungsrüge trennte das verwaltungsgericht das verfahren, dessen gegenstand neben dem prüfungsbescheid vom 15. februar 2013 (3. prüfungsversuch) auch der prüfungsbescheid vom 15. juni 2012 (2. prüfungsversuch) war, hinsichtlich des zuletzt genannten mit beschluss vom 8. april 2014 ab und führte es unter dem aktenzeichen 4 l 556/14 weiter. am 9. april 2014 erhob der kläger eine weitere verzögerungsrüge. mit beschluss vom 22. mai 2014 lehnte das verwaltungsgericht den erlass der begehrten einstweiligen anordnung ab. 5mit eigenhändig unterschriebenem schriftsatz vom 1. august 2014 hat der kläger unter hinweis darauf, dass klage erhoben werde, schriftsätzlich beantragt, 6 71. ihm für das klageverfahren prozesskostenhilfe zu bewilligen, 8 92. das beklagte land zu verurteilen, an ihn eine entschädigung in höhe von 700,00 eur zuzüglich 5 prozentpunkten über dem basiszinssatz ab rechtshängigkeit zu zahlen. 10das beklagte land hat erwidert, die klage sei unzulässig, weil der nicht anwaltlich vertretene kläger nicht postulationsfähig sei. sie sei überdies aus verschiedenen gründen unbegründet, weil die voraussetzungen für einen entschädigungsanspruch nach § 173 satz 2 vwgo i.v.m. § 198 abs. 1 satz 1 gvg nicht vorlägen. 11hierzu hat sich der kläger mit schriftsatz vom 5. september 2014, auf dessen inhalt bezug genommen wird, geäußert. 12die beteiligten sind mit verfügung vom 25. september 2014 zu einer entscheidung durch gerichtsbescheid angehört worden. 13mit beschluss vom 25. september 2014 hat der senat das prozesskostenhilfegesuch des klägers abgelehnt und dies damit begründet, dass die beabsichtigte rechtsverfolgung mit blick auf die unzulässigkeit der klage keine hinreichende aussicht auf erfolg biete. 14daraufhin hat der kläger ein ablehnungsgesuch gegen sämtliche mitglieder des erkennenden senats gerichtet und zugleich anhörungsrüge, hilfsweise gegenvorstellung erhoben. mit den beiden zuletzt genannten rechtsbehelfen wendet er sich u.a. dagegen, dass der senat seinen verfahrenseinleitenden schriftsatz vom 1. august 2014 ohne weitere aufklärung als klageschrift ausgelegt hat. der senat hat das ablehnungsgesuch durch beschluss vom 30. oktober 2014 unter hinweis auf dessen rechtsmissbräuchlichkeit als unzulässig verworfen und anhörungsrüge und gegenvorstellung zurückgewiesen. 15wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstands wird bezug genommen auf den inhalt der gerichtsakten, auch der verfahren 4 l 1371/13 vg gelsenkirchen und 4 l 556/14 vg gelsenkirchen. 16
17die klage hat keinen erfolg. 18der senat entscheidet nach anhörung der beteiligten gemäß § 84 abs. 1 verwaltungsgerichtsordnung (vwgo) ohne mündliche verhandlung durch gerichtsbescheid, da die sache keine besonderen schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher art aufweist und der sachverhalt geklärt ist. 19§ 84 vwgo gilt nach § 173 satz 2 vwgo auch für verfahren nach dem siebzehnten titel des gerichtsverfassungsgesetztes (gvg), der den rechtsschutz bei (etwaig) überlangen gerichtsverfahren und strafrechtlichen ermittlungsverfahren regelt. 20vgl. ovg nrw, gerichtsbescheid vom 17. juni 2012 -13 d 23/13 -, juris; marx/roderfeld, rechtsschutz bei überlangen gerichts- und ermittlungsverfahren, 2013, § 173 vwgo rn. 18; steinbeiß-winkelmann/ott, rechtsschutz bei überlangen gerichtsverfahren, 2013, § 173 vwgo rn. 4 und 15. 21§ 125 abs. 1 satz 2 vwgo schließt die anwendung des § 84 vwgo nur für das berufungsverfahren, nicht für erstinstanzliche verfahren aus. 22vgl. ovg mecklenburg-vorpommern, gerichtsbescheid vom 15. august 2012 - 2 k 5/12 -, nvwz-rr 2013, 76 = juris, rn. 10 f. 23dass nach der begründung des gesetzentwurfes zum rechtsschutz bei überlangen gerichtsverfahren und strafrechtlichen ermittlungsverfahren eine entscheidung durch gerichtsbescheid in der regel nicht in betracht kommen soll, 24vgl. bt-drs. 17/3802, s. 25; marx/roderfeld, a.a.o., § 173 vwgo rn. 22, 25steht dem nicht entgegen. unabhängig von der frage der bedeutung der begründung eines gesetzentwurfes für die ermittlung des mutmaßlichen willens des gesetzgebers liegt hier ein ausnahmefall vor. der sachverhalt ist - soweit er entscheidungserheblich ist - geklärt und die danach verfahrensentscheidenden rechtsfragen ersichtlich einfach gelagert. 26da gegen den gerichtsbescheid das rechtsmittel des antrags auf mündliche verhandlung gegeben ist, steht art. 6 emrk dem erlass des gerichtsbescheids nicht entgegen. 27der senat entscheidet gemäß § 9 abs. 3 satz 1 halbsatz 2 vwgo, § 109 abs. 1 satz 1 justg nrw in der besetzung von drei berufsrichtern und zwei ehrenamtlichen richtern. 28vgl. dazu ausführlich ovg nrw, gerichtsbescheid vom 17. juni 2013 - 13 d 23/13 -, juris, rn. 26 ff. 29die klage ist unzulässig, weswegen es auf ihre begründetheit nicht entscheidungserheblich ankommt. der kläger hat mit am 1. august 2014 bei gericht eingegangenem schriftsatz eine auf entschädigung wegen überlanger dauer des beim verwaltungsgericht düsseldorf anhängig gewesenen verfahrens 4 l 556/13 gerichtete klage erhoben. der sinngemäße einwand des klägers, er habe lediglich ein isoliertes prozesskostenhilfegesuch und keine klage anhängig gemacht, greift nicht durch. der genannte schriftsatz ist als klageschrift und nicht lediglich als isolierter prozesskostenhilfeantrag und entwurf einer solchen zu bewerten. letzterem steht die eindeutige bezeichnung als klage und korrespondierend damit der beteiligten als „kläger“ und „beklagter“ entgegen. an einer klarstellenden kenntlichmachung, dass es sich dabei gleichwohl nur um den entwurf einer klageschrift handeln sollte, fehlt es. hiergegen spricht zudem, dass der schriftsatz unterzeichnet ist. auch anhand der gestellten anträge, die keinen spezifischen wechselseitigen bezug erkennen lassen, und ihrer begründung lässt sich nicht feststellen, dass die eigentliche intention des klägers dahin ging, isoliert prozesskostenhilfe zu beantragen und die klageerhebung für den fall ihrer bewilli-gung lediglich in aussicht zu stellen. eine derartige staffelung hätte der kläger, wenn sie seinem (vorläufigen) rechtsschutzziel entsprochen hätte, ohne weiteres bereits in dem verfahrenseinleitenden schriftsatz sprachlich zum ausdruck bringen können und müssen, etwa indem er, wie bei isolierten prozesskosten-hilfeanträgen üblich, darauf hingewiesen hätte, dass die klageerhebung erst nach bewilligung von prozesskostenhilfe beabsichtigt sei. angesichts der juristischen vorbildung des klägers und seiner prozesserfahrung ist der umstand, dass das nicht geschehen ist, hinweis darauf, dass dies im maßgebenden zeitpunkt des eingangs seines schriftsatzes vom 1. august 2014 bei gericht nicht seiner ab-sicht entsprach. dabei ist insbesondere zu sehen, dass der kläger in von ihm vor dem verwaltungsgericht gelsenkirchen (4 k 3173/12 und 4 k 5374/12) geführten verfahren sprachlich und formal identisch gestaltete verfahrenseinleitende schriftsätze eingereicht hat, die das verwaltungsgericht - vom kläger unbean-standet - ebenfalls als klageschriften und nicht als bloßen entwurf behandelt hat. 30das rund eine halbe stunde nach der klageschrift eingegangene und auf den 2. august 2014 datierte schreiben, in dem es heißt „wird in der anlage der antrag auf prozesskostenhilfe sowie die erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen verhältnisse zum klageverfahren vom 1. august 2014 übersandt“, veranlasst zu keiner anderen bewertung, vielmehr ist diese formulierung insbesondere mit blick auf den darüber hergestellten grammatikalischen bezug zwischen prozesskostenhilfeantrag und klageverfahren ein zusätzlicher beleg dafür, dass der kläger selbst zu diesem zeitpunkt von einem rechtshängigen klageverfahren ausgegangen ist. 31die nach dem hinweis des beklagten landes auf die fehlende postulationsfähigkeit mit schriftsatz vom 20. august 2014 abgegebene nachträgliche - sinngemäße - erklärung des klägers, es sei ein pkh-vorverfahren eröffnet worden, vermag an dem entstandenen prozessrechtsverhältnis nichts zu ändern. aus den vorstehenden gründen ist der verfahrenseinleitende schriftsatz vom 1. august 2014 - auch im zusammenhang mit dem wenig später eingegangenen, auf den 2. august 2014 datierten schriftsatz - eindeutig als klageschrift zu bewerten und bietet für eine auslegung als isolierter prozesskostenhilfeantrag keinen raum. die möglichkeit einer nachträglichen umgestaltung eines durch klageerhebung begründeten prozessrechtsverhältnisses in ein isoliertes prozesskostenhilfeverfahren ist gesetzlich nicht vorgesehen. sie stünde auch im widerspruch zu dem grundsatz, dass prozesshandlungen wegen ihrer prozessualen gestaltungswirkung und aus gründen der rechtssicherheit zur vermeidung unsicherer verfahrenslagen grundsätzlich wegen willensmängeln nicht angefochten oder widerrufen werden können. 32vgl. bverwg, urteile vom 6. dezember 1996 - 8 c 33.95 -, nvwz 1997, 1210 = juris, rn. 14 und vom 21. märz 1979 - 6 c 10.78 -, bverwge, 57, 342 = juris, rn. 18; vgh baden-württemberg, urteil vom 10. november 1993 - 3 s 1120/92 - juris, rn. 41 m.w.n. 33die erwägungen gelten in besonderem maße für verfahrenseinleitende erklärungen. 34die unzulässigkeit der erhobenen klage ergibt sich daraus, dass der kläger, der sie eigenhändig eingelegt hat, nicht postulationsfähig ist. insoweit wird auf die gründe des die bewilligung von prozesskostenhilfe ablehnenden beschlusses vom 25. september 2014 bezug genommen. 35die kostenentscheidung beruht auf § 154 abs. 1 vwgo. 36die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit folgt aus § 167 abs. 1 vwgo i. v. m. § 708 nr. 11, § 711 satz 1 und 2, § 709 satz 2 zpo. 37die revision ist nicht zuzulassen, weil ein zulassungsgrund im sinne des - nach § 173 satz 2 vwgo anwendbaren - § 132 abs. 2 vwgo nicht vorliegt.
Verklagte*r
0
325,466
S 14 AS 833/19
2020-01-21T00:00:00
Urteil
Tenor Die Klage wird abgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. 1Tatbestand: 2Der Kläger begehrt die Gewährung von Weiterbildungsprämien i.H.v. 2.500 EUR 3Der Kläger stand im Bezug von laufenden Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) beim Beklagten. 4In der Zeit von Februar bis August 2017 absolvierte der Kläger erfolgreich eine Ausbildung zum Triebwagenführer Klasse B gemäß der Verordnung über die Erteilung der Fahrberechtigung Triebwagenfahrzeugführer sowie Anerkennung von Personen und Stellen für Ausbildung und Prüfung (TfV). 5Dieser Erwerb der Fahrberechtigung für Zugfahrt im Personen– und Güterverkehr wurde durch den Beklagten als berufliche Weiterbildung auf Grundlage des § 16 Abs. 1 Nr. 2 SGB II i.V.m. § 81 Sozialgesetzbuch Drittes Buch - Arbeitsförderung (SGB III) gefördert (vgl. Bescheid vom 05.05.2017 – sog. "Bildungsgutschein"). 6Im Anschluss erhielt der Kläger eine Vollzeitbeschäftigung als Zugführer bei einem Eisenbahnverkehrsunternehmen. 7Mit E-Mails vom 12. und 13.09.2017 beantragte der Kläger beim Beklagten u. a. eine Weiterbildungsprämie für eine Zwischen– und Abschlussprüfung. Er habe sich diesbezüglich bei der Bundesagentur für Arbeit telefonisch beraten und sich versichern lassen, dass die Prämie für das Berufsbild infrage komme. Zudem sei ihm erklärt worden, dass der erste Teil der Abschlussprüfung als Zwischenprüfung anzusehen sei. 8Mit Bescheid vom 20.09.2017 lehnte der Beklagte den Antrag ab. Der Kläger habe keinen Bildungsabschluss nach dem Berufsbildungsgesetz (BBiG) erlangt. Die Anspruchsvoraussetzung eines Berufsabschlusses in einem Ausbildungsberuf sei daher nicht erfüllt. 9Mit Urteil vom 14.03.2019 sprach die 21. Kammer des Sozialgerichts Aachen (Az. S 21 AS 19/18) einem anderen Teilnehmer des auch vom Kläger absolvierten Ausbildungslehrganges die Weiterbildungsprämien zu. Im Anschluss verzichtete der Beklagte auf Rechtsmittel, so dass die Urteilsabfassung ohne Tatbestand und Entscheidungsgründe erfolgte. Ein Vertreter des Beklagten wurde in einer Tageszeitung mit den Worten zitiert, man akzeptiere das sozialgerichtliche Urteil und werde die Prämie in vergleichbaren Fällen zahlen. 10Mit Schreiben vom 30.07.2019 (Eingang beim Beklagten am Folgetag) erklärte der Kläger, er habe dem Ablehnungsbescheid vom 20.09.2017 mit Schreiben vom 27.09.2017 widersprochen. Da zwischenzeitlich das Sozialgericht Aachen in einem gleich gelagerten Fall mit rechtskräftigem Urteil einen Anspruch auf die Weiterbildungsprämie erkannt habe, bitte er um weitere Bearbeitung des Antrages. Hilfsweise stelle er einen neuen Antrag. 11Mit Bescheid vom 09.08.2019 lehnte der Beklagte den Hilfsantrag unter erneutem Verweis auf einen fehlenden Bildungsabschluss nach dem BBiG ab. 12Hiergegen legte der Kläger mit E-Mail vom 14.08.2019 Widerspruch ein. Der Beklagte habe das erstinstanzliche Urteil der 21. Kammer des Sozialgerichts Aachen akzeptiert. Insofern sei auch er, der Kläger, berechtigt die Weiterbildungsprämien zu erhalten. 13Mit Widerspruchsbescheid vom 26.08.2019 wies der Beklagte den Widerspruch des Klägers in der Sache als unbegründet zurück. Voraussetzung für die Gewährung einer Weiterbildungsprämie sei, dass die Ausbildung zu einem Ausbildungsberuf führe, für den nach bundes– oder landesrechtlichen Vorschriften eine Ausbildungsdauer von mindestens zwei Jahren festgelegt ist. Zwar komme es nicht darauf an, dass die Weiterbildung tatsächlich zwei Jahre dauere, allerdings sei Voraussetzung für die Gewährung der Prämie, dass das Ausbildungsniveau erreicht werde. Dies sei vorliegend nicht der Fall. Zwar dauere die Berufsausbildung zum Eisenbahner drei Jahre. Indes sei der Kläger nicht zum Eisenbahner ausgebildet worden, sondern zum Triebwagenführer, dessen Ausbildung nicht mindestens zwei Jahre betrage, sondern lediglich sieben Monate. 14Hiergegen hat der Kläger durch seinen Bevollmächtigten am 26.09.2019 Klage erhoben. 15Nach der Verordnung über die Berufsbildung zum Eisenbahner im Betriebsdienst/zur Eisenbahnerin im Betriebsdienst (EBBAusbV) sei der Ausbildungsberuf als Eisenbahner im Betriebsdienst staatlich anerkannt. Die Gegenstände dieser Ausbildung seien auch Gegenstände der vom Kläger absolvierten Ausbildung gewesen. Daher sei es unzutreffend, dass der Kläger keine mit einem Eisenbahner vergleichbare Qualifikation erworben habe. Dass die Ausbildungsdauer deutlich kürzer sei, sei völlig unerheblich, da die gesetzliche Regelung eindeutig an die erworbene Qualifikation anknüpfe. Dies sei der Grund gewesen, weshalb die 21. Kammer des Sozialgerichts Aachen einem vergleichbaren Fall die Anspruchsvoraussetzungen erkannt habe. Triebfahrzeugführer mit der Fahrberechtigung Klasse B seien Quereinsteiger im Beruf des Eisenbahners im Betriebsdienst und erhielten auf Grundlage des entsprechenden Tarifvertrages dieselbe Vergütung. Der Gesetzeswortlaut lasse zudem nicht darauf schließen, dass es sich bei dem erlangten Ausbildungsberuf um einen staatlich anerkannten handeln müsse. 16Der Bevollmächtigte des Klägers beantragt, den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 09.08.2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.08.2019 zu verurteilen, dem Kläger Weiterbildungsprämien in Höhe von insgesamt 2.500 EUR zahlen. 17Die Vertreterin des Beklagten beantragt, die Klage abzuweisen. 18Sie bezieht sich auf die Begründung des Widerspruchsbescheides. Zudem verweist sie auf eine vorgelegte Stellungnahme des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein – Westfalen vom 15.07.2019, in der mitgeteilt wird, die vom Kläger absolvierte Weiterbildung erfülle nicht die Voraussetzungen für die Gewährung einer Weiterbildungsprämie. 19Die Kammer hat die Akte der 21. Kammer des Sozialgerichts Aachen zum Verfahren S 21 AS 19/18 sowie die Verwaltungsakte des Beklagten beigezogen. 20Auf diese Akten sowie die Gerichtsakte wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sach– und Streitverhältnisses Bezug genommen. 21Entscheidungsgründe: 22I. Die Klage ist zulässig. 231. Sie ist als kombinierte Anfechtungs – und Leistungsklage gemäß § 54 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft. Bei dem Bescheid vom 09.08.2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.08.2019 handelt es sich zweifelsfrei um einen Zweitbescheid und nicht eine lediglich wiederholende Verfügung zum Bescheid vom 20.09.2017 (zur Abgrenzung: Engelmann, in: von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Aufl 2014, § 31, Rn. 31f.). Der Bescheid vom 09.08.2019 nimmt keinen Bezug auf den Ablehnungsbescheid vom 20.09.2017. Zudem enthielt er eine Rechtsbehelfsbelehrung über einen Widerspruch. Aus maßgeblicher Sicht des Empfängerhorizontes (§§ 133, 157 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) analog) wollte der Beklagte daher auf den (hilfsweise) gestellten Antrag des Klägers vom 31.07.2019 eine neue, ablehnende Regelung treffen. Insofern stellte der Bescheid vom 09.08.2019 einen Verwaltungsakt (§ 31 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X)) dar, gegen den sich im Wege der Anfechtungsklage zu wenden ist. 242. Zwar entsprach der per E-Mail eingelegte Widerspruch des Klägers vom 14.08.2019 nicht dem Erfordernis der Schriftform nach § 84 Abs. 1 S. 1, Hbs. 2, Alt. 1 SGG (vgl. Schmidt, in: Von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Aufl. 2014, § 84, Rn. 3 m.w.N.). Dies steht einer gerichtlichen Sachentscheidung jedoch nicht entgegen, weil der Beklagte den Widerspruch nicht als unzulässig verworfen, sondern als unbegründet zurückgewiesen hat. Hierdurch ist der Formmangel als geheilt zu betrachten (vgl. ausführlich: BSG, Urteil vom 12. Oktober 1979 – 12 RK 19/78 –, BSGE 49, 85-92, SozR 2200 § 1422 Nr 1, SozR 1500 § 84 Nr 3, Rn. 17ff.; Breitkreuz in: Breitkreuz/Fichte, SGG, 2. Aufl. 2014, § 84, Rn. 16; Schmidt, a.a.O., Rn. 7 m.w.N.; Gall in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 1. Aufl. 2017, § 84 SGG, Rn. 35 m.w.N.). 25II. Die Klage ist unbegründet. 26Der Kläger ist durch den angefochtenen Bescheid vom 09.08.2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.08.2019 nicht beschwert; § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG. Die angefochtene Verwaltungsentscheidung ist rechtmäßig. Der Kläger hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Zahlung von Weiterbildungsprämien. 271. Die Voraussetzungen der allein in Betracht kommenden Anspruchsgrundlage des § 16 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 Alt. 2 SGB II i.V.m. § 131a Abs. 3 SGB III sind nicht erfüllt. 28Nach § 16 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 Alt. 2 SGB II kann der zuständige SGB II – Träger Leistungen nach § 131a SGB III erbringen. Nach dessen Abs. 3 erhalten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die an einer nach § 81 geförderten beruflichen Weiterbildung teilnehmen, die zu einem Abschluss in einem Ausbildungsberuf führt, für den nach bundes– oder landesrechtlichen Vorschriften eine Ausbildungsdauer von mindestens zwei Jahren festgelegt ist, folgende Prämien, wenn die Maßnahme vor Ablauf des 31.12.2020 beginnt: 1. nach Bestehen einer in diesen Vorschriften geregelten Zwischenprüfung eine Prämie von 1.000 EUR und 2. nach Bestehen der Abschlussprüfung eine Prämie von 1.500 EUR. 29a) Der vom Beklagten nach§ 16 Abs. 1 Nr. 2 SGB II i.V.m. § 81 SGB III geförderte Ausbildungsabschluss des Klägers zum Triebwagenführer Klasse B gemäß der Verordnung über die Erteilung der Fahrberechtigung Triebwagenfahrzeugführer sowie Anerkennung von Personen und Stellen für Ausbildung und Prüfung (TfV) stellt keinen Abschluss in einem Ausbildungsberuf i. S. d. § 131a Abs. 3 SGB III dar. Dies folgt aus Wortlaut (aa), Systematik/Historie (bb, dd) und Telos (cc). 30aa) Während der Wortlaut der Vorschrift keine tatsächliche Ausbildungsdauer von mindestens zwei Jahren erfordert, vielmehr eine berufliche Weiterbildung gem. § 180 Abs. 4 S. 1 SGB III i.V.m. § 179 Abs. 2 Nr. 3 SGB III gerade erfordert, dass die Ausbildungszeit gegenüber der regulären Ausbildung um mindestens ein Drittel verkürzt ist (Ausnahme § 131b SGB III) (Böttinger, in: Böttiger/Körtek/Schaumberg, SGB III, 3. Auflage 2019, § 131a, Rn. 12; vgl. auch SG Karlsruhe, Urteil vom 11. Dezember 2018 – S 4 AL 1712/18 –, Rn. 28 ff., juris), wird indes deutlich, dass der Abschluss in einem "Ausbildungsberuf" erworben werden muss. Die Verknüpfung des Begriffes mit dem Erfordernis einer Ausbildungsdauer von mindestens zwei Jahren nach bundes– oder landesrechtlichen Vorschriften legt nahe, dass die Ausbildung gerade als Berufsausbildung gesetzlich geregelt, m. a. W. als solche staatlich anerkannt sein muss. 31bb) Weiter erschließt sich der Begriff des Ausbildungsberufes in diesem Sinne im gesetzlichen Kontext. Der mit dem Gesetz zur Stärkung der beruflichen Weiterbildung und des Versicherungsschutzes in der Arbeitslosenversicherung (AWStG) zum 01.08.2016 eingeführte § 131a ist eine Sonderregelung zur im Vierten Abschnitt des Zweiten Kapitels des SGB III geregelten beruflichen Weiterbildung. § 131a Abs. 3 SGB III knüpft dabei konkret an eine nach § 81 SGB III geförderte berufliche Weiterbildung an. § 81 SGB III erhielt gemeinsam mit der Einführung des § 131a SGB III seinen Absatz 3a, in dessen Nr. 2 der Begriff des Ausbildungsberufes ebenso Verwendung findet wie in § 131a Abs. 3 SGB III. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer können zum Erwerb von Grundkompetenzen durch Übernahme der Weiterbildungskosten danach (u.a.) gefördert werden, wenn sie nicht über ausreichende Grundkompetenzen verfügen, um erfolgreich an einer beruflichen Weiterbildung teilzunehmen, die zu einem Abschluss in einem Ausbildungsberuf führt, für den nach bundes– oder landesrechtlichen Vorschriften eine Ausbildungsdauer von mindestens zwei Jahren festgelegt ist. Mit der Regelung sollen nach der Gesetzesbegründung die Möglichkeiten der beruflichen Weiterbildungsförderung erweitert werden, Arbeitnehmer erfolgreich zu einem "anerkannten Berufsabschluss" zu führen (vgl. BT-Drs. 18/8042, S. 2, 24f.; Reichel in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB III, 2. Aufl. 2019, § 81 SGB III, Rn. 8). Der in der Gesetzesbegründung verwendete Begriff des (anerkannten) Berufsabschlusses ist § 81 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 i.V.m. Abs. 2 entliehen, die die Notwendigkeit der beruflichen Weiterbildung aufgrund fehlenden Berufsabschlusses normieren. 32Was ein "beruflicher Abschluss" ist, hatte die Bundesagentur für Arbeit (seinerzeit Bundesanstalt für Arbeit) (BA) unter Konkretisierung des § 44 Abs. 2 S. 2 Nr. 3 in der Fassung vom 20.12.1985 (gültig bis Dezember 19987) des mit Ablauf des Jahres 1997 außer Kraft getretenen Arbeitsförderungsgesetz (AFG) – nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes zutreffend bzw. dem Normbegriff entsprechend (BSG, Urteil vom 01. September 1994 – 7 RAr 98/93 –, SozR 3-4460 § 10 Nr 1, SozR 3-4100 § 42 Nr 3, SozR 3-4460 § 7 Nr 3, Rn. 20 m.w.N.) - in § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 der Anordnung Fortbildung und Umschulung vom 23.03.1976 i. d. F. der 18. ÄndAO vom 01.01.1990 (ANBA 1990, S. 374) definiert. Danach erhielt Unterhaltsgeld ein Teilnehmer, der noch keinen beruflichen Abschluss erworben hatte, der mindestens der Facharbeiter-, Gesellen- oder Gehilfenebene entsprach. Ob die jeweils in Rede stehende Qualifizierung den Vergleichsberufen mindestens gleichwertig war, musste nach der Rechtsprechung des BSG mit einer Gesamtbewertung nach formalen Merkmalen, insbesondere der Ausbildungszeit und der Berufschancen entschieden werden (BSG, a.a.O. m.w.N.). Sowohl bei den Arbeitern als auch bei den Angestellten werde im Hinblick auf die mittlerweile übliche Ausbildungsdauer für die Annahme eines Leitberufes oberhalb der Anlerntätigkeiten - abgesehen von einer staatlichen Anerkennung - in ständiger Rechtsprechung (seit 1983) eine mehr als zweijährige Regelausbildungszeit vorausgesetzt. 33In § 4 Abs. 2 Anordnung Fortbildung und Umschulung vom 29.04.1993 i. d. F. der 1. ÄndAO vom 16.03.1994 (ANBA 1994, S. 295) hatte die BA die Voraussetzungen – in Anknüpfung an diese Rspr. des BSG - dahin konkretisiert, dass eine abgeschlossene Berufsausbildung dann vorliege, wenn ein Berufsabschluss in einem nach bundes- oder landesrechtlichen Vorschriften (z. B. BBiG, Handwerksordnung (HwO), Ausbildungsordnungen – vgl. § 4 Abs. 1 BBiG) anerkannten Beruf erworben wurde, für den eine Ausbildungszeit von mindestens 2 Jahren festgesetzt ist. Dieses durch die Rechtsprechung des BSG geprägte Begriffsverständnis der BA hat der Gesetzgeber bei Ablösung des AFG durch das SGB III und dessen § 77 Abs. 2 Nr. 1, der Vorgängervorschrift des heutigen § 81 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 SGB III (vgl. Reichel in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB III, 2. Auflage 2019, § 81 SGB III, Rn. 1), übernommen (vgl. Hegelhaupt, in: Hauck/Noftz, SGB III, Stand 11/2019, § 81, Rn. 129). Dies zeigt die mit § 77 Abs. 2 Nr. 1 SGB III a. F. erfolgte Verknüpfung des Begriffes des Berufsabschlusses mit dem Erfordernis einer Ausbildungsdauer von mindestens zwei Jahren nach bundes– oder landesrechtlichen Vorschriften mit der keine Änderung der Kriterien des Begriffes des Berufsabschlusses verbunden werden sollte. Vielmehr nahm der Gesetzgeber bei Einführung des § 77 Abs. 2 (Nr. 2, die den Begriff des Berufsabschlusses ebenfalls enthielt) SGB III auf die Praxis der BA Bezug (vgl. BT-Drs 13/4941, S. 168; allein unter zeitlichen Gesichtspunkten begrenzend hingegen: Brand/Hassel, 8. Aufl. 2018, SGB III § 81 Rn. 17; Hüttig/Rieke, in: Ehmann/Karmanski/Kuhn-Zuber, Gesamtkommentar SRB, SGB III § 81 Rn. 11). In Betracht kommen hiernach neben anerkannten Berufsabschlüssen im Sinne des BBiG und der HwO die Ausbildungen an berufsbildenden Schulen (vgl. § 3 Abs. 1 BBiG), an Hochschulen (vgl. § 3 Abs. 2 Nr. 1 BBiG) oder im Rahmen eines öffentlich – rechtlichen Dienstverhältnisses (vgl. § 3 Abs. 2 Nr. 2 BBiG) (Hengelhaupt, a.a.O.; Reichel in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB III, 2. Aufl. 2019, § 81 SGB III, Rn. 63; Baar, in: Mutschler/Schmidt-De Caluwe/Coseriu, SGB III § 81 Rn. 42; Grühn, in: Gagel/Grühn, 75. EL September 2019, SGB III § 81 Rn. 58; entsprechend auch weiterhin die Fachlichen Weisungen der BA "Förderung der beruflichen Weiterbildung Arbeitslose und Beschäftigte" vom 01.01.2020 zu § 81 SGB III, S. 8). 34cc) Auch mit dem Begriff des Ausbildungsberufes in § 131a Abs. 3a SGB III sind insofern - in deren Regelungsbereich - anerkannte Berufsausbildungen i. S. d. BBiG und der HwO bzw. der Ausbildungsordnungen adressiert (vgl. Böttinger, in: Böttiger/Körtek/Schaumberg, SGB III § 131a Rn. 12; Räder in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB III, 2. Aufl. 2019, § 131a SGB III, Rn. 21). Der Gesetzgeber hatte ausweislich der weiteren Begründung des AWStG entsprechend bei der Einführung des § 131a Abs. 3 SGB III ausdrücklich Umschülerinnen und Umschüler nach dem BBiG bzw. der HwO vor Augen. Er beabsichtigte die Förderung der Motivation von erwachsenen Teilnehmern für die Aufnahme, das Durchhalten und den erfolgreichen Abschluss einer mehrjährigen, abschlussbezogenen Weiterbildung (BT-Drs. 18/8042, S. 27). Eine entsprechend mindestens zweijährige Dauer ist grds. prägend für anerkannte Ausbildungsberufe i. S. d. BBiG (vgl. § 4 Abs. 1, 2, § 5 Nr. 1, 2, § 8 Abs. 1 BBiG) (vgl. hierzu Schlachter, in: ErfK/Schlachter, 20. Aufl. 2020, BBiG § 5, Rn. 1). 35dd) Soweit der Gesetzgeber des AWStG, wie die bereits zitierte Gesetzesbegründung zu § 81 Abs. 3a SGB III bzw. die systematische (anspruchserweiternde) Anknüpfung des Abs. 3a an Abs. 2 des § 81 SGB III zeigen, die Begriffe des – anerkannten (BT-Drs. 18/8042) - Berufsabschlusses und des Ausbildungsberufes (mit dem Erfordernis einer nach bundes– oder landesrechtlichen Vorschriften mindestens zweijährigen Dauer) ohne die Absicht einer inhaltlichen Differenzierung, also synonym verwendet, lässt sich hernach erkennen, dass der Begriff des Ausbildungsberufes nicht nur der Terminologie des BBiG entspricht, sondern (soweit dessen Anwendungsbereich reicht; vgl. hierzu § 3 BBiG bzw. Ausnahmevorschriften, vgl. etwa § 22 Krankenpflegegesetz, § 28 Altenpflegegesetz, § 29 Notfallsanitätergesetz) an eine Anerkennung als Ausbildungsberuf i. S. d. BBiG knüpft. Die Ausbildung muss folglich als Berufsausbildung (vgl. § 1 Abs. 3 BBiG) durch gesetzliche Regelung staatliche Anerkennung erfahren (vgl. § 4 Abs.1, 2, § 5 Abs. 1 Nr. 1 BBiG). 36b) Eine den dargelegten Anforderungen entsprechende Ausbildung ist etwa jene zum "Eisenbahner im Betriebsdienst", die nach § 1 Abs. 1 EBBAusbV als Berufsausbildung staatlich anerkannt ist. Sie kann in den Fachrichtungen Fahrweg und Lokführer und Transport erfolgen (§ 1 Abs. 2 EBBAusbV). Die Ausbildungsdauer ist auf 3 Jahre festgelegt (§ 2 EBBAusbV). Entsprechend ist der "Eisenbahner im Betriebsdienst" im Verzeichnis der anerkannten Ausbildungsberufe nach § 90 Abs. 3 Nr. 3 BBiG aufgeführt. 37aa) Der Kläger hat indes keine Ausbildung nach der EBBAusbV zum Eisenbahner im Betriebsdienst bzw. eine Umschulung hierzu i.S.d. § 60 BBiG abgeschlossen, sondern eine Ausbildung zum Triebfahrzeugführer nach der TfV (vgl. § 6 TfV), die keine (anerkannte) Berufsausbildung im dargelegten Sinne darstellt (vgl. § 1 TfV), sondern allein mit dem Erwerb einer beruflich qualifizierenden (vgl. § 13 TfV) Fahrberechtigung abschließt (§ 3 TfV) die zur Erteilung eines Triebfahrzeugführerscheins führt (§ 8 TfV). Es handelt sich in der Sache um eine Funktionsausbildung zum Lokführer. Entsprechend findet sich ein Ausbildungsberuf "Triebfahrzeugführer" nicht im Verzeichnis der anerkannten Ausbildungsberufe nach § 90 Abs. 3 Nr. 3 BBiG, gleichwohl kein Fall des § 3 Abs. 1-3 BBiG vorliegt (vgl. SG Itzehoe, Urteil vom 07. November 2000 – S 1 AL 224/98 –, Rn. 22, juris). 38bb) Eine Ausbildungsdauer bestimmt die TfV nicht, legt also nicht die nach dem unmissverständlichen Wortlaut des § 131a SGB III geforderte reguläre Mindestdauer von 2 Jahren fest. Auf die tatsächliche Ausbildungsdauer kommt es zwar ohnehin nicht an, die Ausbildung zum Triebfahrzeugführer wird indes – soweit die Fahrberechtigung der Klasse B nach § 3 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 2 TfV erworben wird, die über Rangierfahrten hinaus zu Zugfahrten im Personen und im Güterverkehr berechtigt – auch faktisch in sieben bis neun Monaten durchlaufen, wie dies auch beim Kläger der Fall war. 39cc) Soweit der Kläger darauf verweist, dass er dieselbe Funktion wie ein Eisenbahner im Betriebsdienst ausführe, aufgrund tarifvertraglicher Vorschriften dieselbe Vergütung erhalte und für den Erwerb seiner Fahrberechtigung sogar dieselben Ausbildungsinhalte habe lernen müssen wie ein Eisenbahner im Betriebsdienst im Rahmen dessen Berufsausbildung, sind dies keine rechtserheblichen Gesichtspunkte (vgl. BSG, Urteil vom 01. September 1994 – 7 RAr 98/93 –, SozR 3-4460 § 10 Nr 1, SozR 3-4100 § 42 Nr 3, SozR 3-4460 § 7 Nr 3, Rn. 23; Hegelhaupt, in: Hauck/Noftz, SGB III, Stand 11/2019, § 81, Rn. 133; Reichel in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB III, 2. Aufl. 2019, § 81 SGB III, Rn. 63). Die Behauptung der Inhaltsgleichheit erweist sich dessen ungeachtet schon mit Blick auf die Regelung nach § 4 Abs. 1, § 5 i.V. mit Anlage zu § 5 EBBAusbV einerseits und § 6 i.V.m Anlage 5-7 TfV andererseits als falsch. 402. Entgegen der Ansicht des Klägers kann er für sich auch weder aus dem Urteil der 21. Kammer vom 14.03.2019, mit dem das Sozialgericht einem anderen Teilnehmer des Ausbildungskurses zum Triebwagenführer einen Anspruch auf die begehrten Weiterbildungsprämien zugesprochen hat, etwas ableiten noch aus dem Umstand, dass der Beklagte dieses Urteil akzeptiert hat. Rechtskräftige Urteile binden nach § 141 Abs. 1 Nr. 1 SGG nur im Verhältnis der Beteiligten des entsprechenden Verfahrens. Auch aus der möglichen Ankündigung eines Vertreters des Beklagten auf Anfrage einer regionalen Tageszeitung, man werde in vergleichbaren Fällen die Prämien zahlen, lässt sich kein Anspruch des Klägers herleiten. Insbesondere ist die Annahme des für eine Allgemeinverfügung (§ 31 S. 2 Alt. 1 SGB X) erforderlichen Rechtsbindungswillens (vgl. Littmann in: Hauck/Noftz, SGB, 12/11, § 31 SGB X, Rn. 46, 65) abwegig, vielmehr liegt nach verständiger Würdigung eine bloße Absichtserklärung für künftige Entscheidungen vor. Auch eine Selbstbindung des Beklagten scheidet aus. Schon eine ständige Praxis im Sinne der möglichen Ankündigung gegenüber der Tagezeitung ist nicht ersichtlich. Ferner ist Voraussetzung einer Selbstbindung, dass die der Praxis zugrunde liegenden Erwägungen einer vom Gesetz eingeräumten Ermächtigung entsprechen. Eine Selbstbindung an eine rechtswidrige Verwaltungspraxis scheidet aus (keine Gleichheit im Unrecht) (vgl. Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 40, Rn. 105ff. m.w.N.). 41III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
die klage wird abgewiesen. kosten sind nicht zu erstatten. 1
2der kläger begehrt die gewährung von weiterbildungsprämien i.h.v. 2.500 eur 3der kläger stand im bezug von laufenden leistungen der grundsicherung für arbeitssuchende nach dem sozialgesetzbuch zweites buch (sgb ii) beim beklagten. 4in der zeit von februar bis august 2017 absolvierte der kläger erfolgreich eine ausbildung zum triebwagenführer klasse b gemäß der verordnung über die erteilung der fahrberechtigung triebwagenfahrzeugführer sowie anerkennung von personen und stellen für ausbildung und prüfung (tfv). 5dieser erwerb der fahrberechtigung für zugfahrt im personen– und güterverkehr wurde durch den beklagten als berufliche weiterbildung auf grundlage des § 16 abs. 1 nr. 2 sgb ii i.v.m. § 81 sozialgesetzbuch drittes buch - arbeitsförderung (sgb iii) gefördert (vgl. bescheid vom 05.05.2017 – sog. "bildungsgutschein"). 6im anschluss erhielt der kläger eine vollzeitbeschäftigung als zugführer bei einem eisenbahnverkehrsunternehmen. 7mit e-mails vom 12. und 13.09.2017 beantragte der kläger beim beklagten u. a. eine weiterbildungsprämie für eine zwischen– und abschlussprüfung. er habe sich diesbezüglich bei der bundesagentur für arbeit telefonisch beraten und sich versichern lassen, dass die prämie für das berufsbild infrage komme. zudem sei ihm erklärt worden, dass der erste teil der abschlussprüfung als zwischenprüfung anzusehen sei. 8mit bescheid vom 20.09.2017 lehnte der beklagte den antrag ab. der kläger habe keinen bildungsabschluss nach dem berufsbildungsgesetz (bbig) erlangt. die anspruchsvoraussetzung eines berufsabschlusses in einem ausbildungsberuf sei daher nicht erfüllt. 9mit urteil vom 14.03.2019 sprach die 21. kammer des sozialgerichts aachen (az. s 21 as 19/18) einem anderen teilnehmer des auch vom kläger absolvierten ausbildungslehrganges die weiterbildungsprämien zu. im anschluss verzichtete der beklagte auf rechtsmittel, so dass die urteilsabfassung ohne tatbestand und entscheidungsgründe erfolgte. ein vertreter des beklagten wurde in einer tageszeitung mit den worten zitiert, man akzeptiere das sozialgerichtliche urteil und werde die prämie in vergleichbaren fällen zahlen. 10mit schreiben vom 30.07.2019 (eingang beim beklagten am folgetag) erklärte der kläger, er habe dem ablehnungsbescheid vom 20.09.2017 mit schreiben vom 27.09.2017 widersprochen. da zwischenzeitlich das sozialgericht aachen in einem gleich gelagerten fall mit rechtskräftigem urteil einen anspruch auf die weiterbildungsprämie erkannt habe, bitte er um weitere bearbeitung des antrages. hilfsweise stelle er einen neuen antrag. 11mit bescheid vom 09.08.2019 lehnte der beklagte den hilfsantrag unter erneutem verweis auf einen fehlenden bildungsabschluss nach dem bbig ab. 12hiergegen legte der kläger mit e-mail vom 14.08.2019 widerspruch ein. der beklagte habe das erstinstanzliche urteil der 21. kammer des sozialgerichts aachen akzeptiert. insofern sei auch er, der kläger, berechtigt die weiterbildungsprämien zu erhalten. 13mit widerspruchsbescheid vom 26.08.2019 wies der beklagte den widerspruch des klägers in der sache als unbegründet zurück. voraussetzung für die gewährung einer weiterbildungsprämie sei, dass die ausbildung zu einem ausbildungsberuf führe, für den nach bundes– oder landesrechtlichen vorschriften eine ausbildungsdauer von mindestens zwei jahren festgelegt ist. zwar komme es nicht darauf an, dass die weiterbildung tatsächlich zwei jahre dauere, allerdings sei voraussetzung für die gewährung der prämie, dass das ausbildungsniveau erreicht werde. dies sei vorliegend nicht der fall. zwar dauere die berufsausbildung zum eisenbahner drei jahre. indes sei der kläger nicht zum eisenbahner ausgebildet worden, sondern zum triebwagenführer, dessen ausbildung nicht mindestens zwei jahre betrage, sondern lediglich sieben monate. 14hiergegen hat der kläger durch seinen bevollmächtigten am 26.09.2019 klage erhoben. 15nach der verordnung über die berufsbildung zum eisenbahner im betriebsdienst/zur eisenbahnerin im betriebsdienst (ebbausbv) sei der ausbildungsberuf als eisenbahner im betriebsdienst staatlich anerkannt. die gegenstände dieser ausbildung seien auch gegenstände der vom kläger absolvierten ausbildung gewesen. daher sei es unzutreffend, dass der kläger keine mit einem eisenbahner vergleichbare qualifikation erworben habe. dass die ausbildungsdauer deutlich kürzer sei, sei völlig unerheblich, da die gesetzliche regelung eindeutig an die erworbene qualifikation anknüpfe. dies sei der grund gewesen, weshalb die 21. kammer des sozialgerichts aachen einem vergleichbaren fall die anspruchsvoraussetzungen erkannt habe. triebfahrzeugführer mit der fahrberechtigung klasse b seien quereinsteiger im beruf des eisenbahners im betriebsdienst und erhielten auf grundlage des entsprechenden tarifvertrages dieselbe vergütung. der gesetzeswortlaut lasse zudem nicht darauf schließen, dass es sich bei dem erlangten ausbildungsberuf um einen staatlich anerkannten handeln müsse. 16der bevollmächtigte des klägers beantragt, den beklagten unter aufhebung des bescheides vom 09.08.2019 in gestalt des widerspruchsbescheides vom 26.08.2019 zu verurteilen, dem kläger weiterbildungsprämien in höhe von insgesamt 2.500 eur zahlen. 17die vertreterin des beklagten beantragt, die klage abzuweisen. 18sie bezieht sich auf die begründung des widerspruchsbescheides. zudem verweist sie auf eine vorgelegte stellungnahme des ministeriums für arbeit, gesundheit und soziales des landes nordrhein – westfalen vom 15.07.2019, in der mitgeteilt wird, die vom kläger absolvierte weiterbildung erfülle nicht die voraussetzungen für die gewährung einer weiterbildungsprämie. 19die kammer hat die akte der 21. kammer des sozialgerichts aachen zum verfahren s 21 as 19/18 sowie die verwaltungsakte des beklagten beigezogen. 20auf diese akten sowie die gerichtsakte wird wegen der weiteren einzelheiten des sach– und streitverhältnisses bezug genommen. 21
22i. die klage ist zulässig. 231. sie ist als kombinierte anfechtungs – und leistungsklage gemäß § 54 abs. 4 sozialgerichtsgesetz (sgg) statthaft. bei dem bescheid vom 09.08.2019 in gestalt des widerspruchsbescheides vom 26.08.2019 handelt es sich zweifelsfrei um einen zweitbescheid und nicht eine lediglich wiederholende verfügung zum bescheid vom 20.09.2017 (zur abgrenzung: engelmann, in: von wulffen/schütze, sgb x, 8. aufl 2014, § 31, rn. 31f.). der bescheid vom 09.08.2019 nimmt keinen bezug auf den ablehnungsbescheid vom 20.09.2017. zudem enthielt er eine rechtsbehelfsbelehrung über einen widerspruch. aus maßgeblicher sicht des empfängerhorizontes (§§ 133, 157 bürgerliches gesetzbuch (bgb) analog) wollte der beklagte daher auf den (hilfsweise) gestellten antrag des klägers vom 31.07.2019 eine neue, ablehnende regelung treffen. insofern stellte der bescheid vom 09.08.2019 einen verwaltungsakt (§ 31 sozialgesetzbuch zehntes buch - sozialverwaltungsverfahren und sozialdatenschutz (sgb x)) dar, gegen den sich im wege der anfechtungsklage zu wenden ist. 242. zwar entsprach der per e-mail eingelegte widerspruch des klägers vom 14.08.2019 nicht dem erfordernis der schriftform nach § 84 abs. 1 s. 1, hbs. 2, alt. 1 sgg (vgl. schmidt, in: von wulffen/schütze, sgb x, 8. aufl. 2014, § 84, rn. 3 m.w.n.). dies steht einer gerichtlichen sachentscheidung jedoch nicht entgegen, weil der beklagte den widerspruch nicht als unzulässig verworfen, sondern als unbegründet zurückgewiesen hat. hierdurch ist der formmangel als geheilt zu betrachten (vgl. ausführlich: bsg, urteil vom 12. oktober 1979 – 12 rk 19/78 –, bsge 49, 85-92, sozr 2200 § 1422 nr 1, sozr 1500 § 84 nr 3, rn. 17ff.; breitkreuz in: breitkreuz/fichte, sgg, 2. aufl. 2014, § 84, rn. 16; schmidt, a.a.o., rn. 7 m.w.n.; gall in: schlegel/voelzke, jurispk-sgg, 1. aufl. 2017, § 84 sgg, rn. 35 m.w.n.). 25ii. die klage ist unbegründet. 26der kläger ist durch den angefochtenen bescheid vom 09.08.2019 in gestalt des widerspruchsbescheides vom 26.08.2019 nicht beschwert; § 54 abs. 2 satz 1 sgg. die angefochtene verwaltungsentscheidung ist rechtmäßig. der kläger hat gegen den beklagten keinen anspruch auf zahlung von weiterbildungsprämien. 271. die voraussetzungen der allein in betracht kommenden anspruchsgrundlage des § 16 abs. 1 s. 2 nr. 4 alt. 2 sgb ii i.v.m. § 131a abs. 3 sgb iii sind nicht erfüllt. 28nach § 16 abs. 1 s. 2 nr. 4 alt. 2 sgb ii kann der zuständige sgb ii – träger leistungen nach § 131a sgb iii erbringen. nach dessen abs. 3 erhalten arbeitnehmerinnen und arbeitnehmer, die an einer nach § 81 geförderten beruflichen weiterbildung teilnehmen, die zu einem abschluss in einem ausbildungsberuf führt, für den nach bundes– oder landesrechtlichen vorschriften eine ausbildungsdauer von mindestens zwei jahren festgelegt ist, folgende prämien, wenn die maßnahme vor ablauf des 31.12.2020 beginnt: 1. nach bestehen einer in diesen vorschriften geregelten zwischenprüfung eine prämie von 1.000 eur und 2. nach bestehen der abschlussprüfung eine prämie von 1.500 eur. 29a) der vom beklagten nach§ 16 abs. 1 nr. 2 sgb ii i.v.m. § 81 sgb iii geförderte ausbildungsabschluss des klägers zum triebwagenführer klasse b gemäß der verordnung über die erteilung der fahrberechtigung triebwagenfahrzeugführer sowie anerkennung von personen und stellen für ausbildung und prüfung (tfv) stellt keinen abschluss in einem ausbildungsberuf i. s. d. § 131a abs. 3 sgb iii dar. dies folgt aus wortlaut (aa), systematik/historie (bb, dd) und telos (cc). 30aa) während der wortlaut der vorschrift keine tatsächliche ausbildungsdauer von mindestens zwei jahren erfordert, vielmehr eine berufliche weiterbildung gem. § 180 abs. 4 s. 1 sgb iii i.v.m. § 179 abs. 2 nr. 3 sgb iii gerade erfordert, dass die ausbildungszeit gegenüber der regulären ausbildung um mindestens ein drittel verkürzt ist (ausnahme § 131b sgb iii) (böttinger, in: böttiger/körtek/schaumberg, sgb iii, 3. auflage 2019, § 131a, rn. 12; vgl. auch sg karlsruhe, urteil vom 11. dezember 2018 – s 4 al 1712/18 –, rn. 28 ff., juris), wird indes deutlich, dass der abschluss in einem "ausbildungsberuf" erworben werden muss. die verknüpfung des begriffes mit dem erfordernis einer ausbildungsdauer von mindestens zwei jahren nach bundes– oder landesrechtlichen vorschriften legt nahe, dass die ausbildung gerade als berufsausbildung gesetzlich geregelt, m. a. w. als solche staatlich anerkannt sein muss. 31bb) weiter erschließt sich der begriff des ausbildungsberufes in diesem sinne im gesetzlichen kontext. der mit dem gesetz zur stärkung der beruflichen weiterbildung und des versicherungsschutzes in der arbeitslosenversicherung (awstg) zum 01.08.2016 eingeführte § 131a ist eine sonderregelung zur im vierten abschnitt des zweiten kapitels des sgb iii geregelten beruflichen weiterbildung. § 131a abs. 3 sgb iii knüpft dabei konkret an eine nach § 81 sgb iii geförderte berufliche weiterbildung an. § 81 sgb iii erhielt gemeinsam mit der einführung des § 131a sgb iii seinen absatz 3a, in dessen nr. 2 der begriff des ausbildungsberufes ebenso verwendung findet wie in § 131a abs. 3 sgb iii. arbeitnehmerinnen und arbeitnehmer können zum erwerb von grundkompetenzen durch übernahme der weiterbildungskosten danach (u.a.) gefördert werden, wenn sie nicht über ausreichende grundkompetenzen verfügen, um erfolgreich an einer beruflichen weiterbildung teilzunehmen, die zu einem abschluss in einem ausbildungsberuf führt, für den nach bundes– oder landesrechtlichen vorschriften eine ausbildungsdauer von mindestens zwei jahren festgelegt ist. mit der regelung sollen nach der gesetzesbegründung die möglichkeiten der beruflichen weiterbildungsförderung erweitert werden, arbeitnehmer erfolgreich zu einem "anerkannten berufsabschluss" zu führen (vgl. bt-drs. 18/8042, s. 2, 24f.; reichel in: schlegel/voelzke, jurispk-sgb iii, 2. aufl. 2019, § 81 sgb iii, rn. 8). der in der gesetzesbegründung verwendete begriff des (anerkannten) berufsabschlusses ist § 81 abs. 1 s. 1 nr. 1 i.v.m. abs. 2 entliehen, die die notwendigkeit der beruflichen weiterbildung aufgrund fehlenden berufsabschlusses normieren. 32was ein "beruflicher abschluss" ist, hatte die bundesagentur für arbeit (seinerzeit bundesanstalt für arbeit) (ba) unter konkretisierung des § 44 abs. 2 s. 2 nr. 3 in der fassung vom 20.12.1985 (gültig bis dezember 19987) des mit ablauf des jahres 1997 außer kraft getretenen arbeitsförderungsgesetz (afg) – nach der rechtsprechung des bundessozialgerichtes zutreffend bzw. dem normbegriff entsprechend (bsg, urteil vom 01. september 1994 – 7 rar 98/93 –, sozr 3-4460 § 10 nr 1, sozr 3-4100 § 42 nr 3, sozr 3-4460 § 7 nr 3, rn. 20 m.w.n.) - in § 10 abs. 1 satz 1 nr. 3 der anordnung fortbildung und umschulung vom 23.03.1976 i. d. f. der 18. ändao vom 01.01.1990 (anba 1990, s. 374) definiert. danach erhielt unterhaltsgeld ein teilnehmer, der noch keinen beruflichen abschluss erworben hatte, der mindestens der facharbeiter-, gesellen- oder gehilfenebene entsprach. ob die jeweils in rede stehende qualifizierung den vergleichsberufen mindestens gleichwertig war, musste nach der rechtsprechung des bsg mit einer gesamtbewertung nach formalen merkmalen, insbesondere der ausbildungszeit und der berufschancen entschieden werden (bsg, a.a.o. m.w.n.). sowohl bei den arbeitern als auch bei den angestellten werde im hinblick auf die mittlerweile übliche ausbildungsdauer für die annahme eines leitberufes oberhalb der anlerntätigkeiten - abgesehen von einer staatlichen anerkennung - in ständiger rechtsprechung (seit 1983) eine mehr als zweijährige regelausbildungszeit vorausgesetzt. 33in § 4 abs. 2 anordnung fortbildung und umschulung vom 29.04.1993 i. d. f. der 1. ändao vom 16.03.1994 (anba 1994, s. 295) hatte die ba die voraussetzungen – in anknüpfung an diese rspr. des bsg - dahin konkretisiert, dass eine abgeschlossene berufsausbildung dann vorliege, wenn ein berufsabschluss in einem nach bundes- oder landesrechtlichen vorschriften (z. b. bbig, handwerksordnung (hwo), ausbildungsordnungen – vgl. § 4 abs. 1 bbig) anerkannten beruf erworben wurde, für den eine ausbildungszeit von mindestens 2 jahren festgesetzt ist. dieses durch die rechtsprechung des bsg geprägte begriffsverständnis der ba hat der gesetzgeber bei ablösung des afg durch das sgb iii und dessen § 77 abs. 2 nr. 1, der vorgängervorschrift des heutigen § 81 abs. 2 satz 1 nr. 2 satz 1 sgb iii (vgl. reichel in: schlegel/voelzke, jurispk-sgb iii, 2. auflage 2019, § 81 sgb iii, rn. 1), übernommen (vgl. hegelhaupt, in: hauck/noftz, sgb iii, stand 11/2019, § 81, rn. 129). dies zeigt die mit § 77 abs. 2 nr. 1 sgb iii a. f. erfolgte verknüpfung des begriffes des berufsabschlusses mit dem erfordernis einer ausbildungsdauer von mindestens zwei jahren nach bundes– oder landesrechtlichen vorschriften mit der keine änderung der kriterien des begriffes des berufsabschlusses verbunden werden sollte. vielmehr nahm der gesetzgeber bei einführung des § 77 abs. 2 (nr. 2, die den begriff des berufsabschlusses ebenfalls enthielt) sgb iii auf die praxis der ba bezug (vgl. bt-drs 13/4941, s. 168; allein unter zeitlichen gesichtspunkten begrenzend hingegen: brand/hassel, 8. aufl. 2018, sgb iii § 81 rn. 17; hüttig/rieke, in: ehmann/karmanski/kuhn-zuber, gesamtkommentar srb, sgb iii § 81 rn. 11). in betracht kommen hiernach neben anerkannten berufsabschlüssen im sinne des bbig und der hwo die ausbildungen an berufsbildenden schulen (vgl. § 3 abs. 1 bbig), an hochschulen (vgl. § 3 abs. 2 nr. 1 bbig) oder im rahmen eines öffentlich – rechtlichen dienstverhältnisses (vgl. § 3 abs. 2 nr. 2 bbig) (hengelhaupt, a.a.o.; reichel in: schlegel/voelzke, jurispk-sgb iii, 2. aufl. 2019, § 81 sgb iii, rn. 63; baar, in: mutschler/schmidt-de caluwe/coseriu, sgb iii § 81 rn. 42; grühn, in: gagel/grühn, 75. el september 2019, sgb iii § 81 rn. 58; entsprechend auch weiterhin die fachlichen weisungen der ba "förderung der beruflichen weiterbildung arbeitslose und beschäftigte" vom 01.01.2020 zu § 81 sgb iii, s. 8). 34cc) auch mit dem begriff des ausbildungsberufes in § 131a abs. 3a sgb iii sind insofern - in deren regelungsbereich - anerkannte berufsausbildungen i. s. d. bbig und der hwo bzw. der ausbildungsordnungen adressiert (vgl. böttinger, in: böttiger/körtek/schaumberg, sgb iii § 131a rn. 12; räder in: schlegel/voelzke, jurispk-sgb iii, 2. aufl. 2019, § 131a sgb iii, rn. 21). der gesetzgeber hatte ausweislich der weiteren begründung des awstg entsprechend bei der einführung des § 131a abs. 3 sgb iii ausdrücklich umschülerinnen und umschüler nach dem bbig bzw. der hwo vor augen. er beabsichtigte die förderung der motivation von erwachsenen teilnehmern für die aufnahme, das durchhalten und den erfolgreichen abschluss einer mehrjährigen, abschlussbezogenen weiterbildung (bt-drs. 18/8042, s. 27). eine entsprechend mindestens zweijährige dauer ist grds. prägend für anerkannte ausbildungsberufe i. s. d. bbig (vgl. § 4 abs. 1, 2, § 5 nr. 1, 2, § 8 abs. 1 bbig) (vgl. hierzu schlachter, in: erfk/schlachter, 20. aufl. 2020, bbig § 5, rn. 1). 35dd) soweit der gesetzgeber des awstg, wie die bereits zitierte gesetzesbegründung zu § 81 abs. 3a sgb iii bzw. die systematische (anspruchserweiternde) anknüpfung des abs. 3a an abs. 2 des § 81 sgb iii zeigen, die begriffe des – anerkannten (bt-drs. 18/8042) - berufsabschlusses und des ausbildungsberufes (mit dem erfordernis einer nach bundes– oder landesrechtlichen vorschriften mindestens zweijährigen dauer) ohne die absicht einer inhaltlichen differenzierung, also synonym verwendet, lässt sich hernach erkennen, dass der begriff des ausbildungsberufes nicht nur der terminologie des bbig entspricht, sondern (soweit dessen anwendungsbereich reicht; vgl. hierzu § 3 bbig bzw. ausnahmevorschriften, vgl. etwa § 22 krankenpflegegesetz, § 28 altenpflegegesetz, § 29 notfallsanitätergesetz) an eine anerkennung als ausbildungsberuf i. s. d. bbig knüpft. die ausbildung muss folglich als berufsausbildung (vgl. § 1 abs. 3 bbig) durch gesetzliche regelung staatliche anerkennung erfahren (vgl. § 4 abs.1, 2, § 5 abs. 1 nr. 1 bbig). 36b) eine den dargelegten anforderungen entsprechende ausbildung ist etwa jene zum "eisenbahner im betriebsdienst", die nach § 1 abs. 1 ebbausbv als berufsausbildung staatlich anerkannt ist. sie kann in den fachrichtungen fahrweg und lokführer und transport erfolgen (§ 1 abs. 2 ebbausbv). die ausbildungsdauer ist auf 3 jahre festgelegt (§ 2 ebbausbv). entsprechend ist der "eisenbahner im betriebsdienst" im verzeichnis der anerkannten ausbildungsberufe nach § 90 abs. 3 nr. 3 bbig aufgeführt. 37aa) der kläger hat indes keine ausbildung nach der ebbausbv zum eisenbahner im betriebsdienst bzw. eine umschulung hierzu i.s.d. § 60 bbig abgeschlossen, sondern eine ausbildung zum triebfahrzeugführer nach der tfv (vgl. § 6 tfv), die keine (anerkannte) berufsausbildung im dargelegten sinne darstellt (vgl. § 1 tfv), sondern allein mit dem erwerb einer beruflich qualifizierenden (vgl. § 13 tfv) fahrberechtigung abschließt (§ 3 tfv) die zur erteilung eines triebfahrzeugführerscheins führt (§ 8 tfv). es handelt sich in der sache um eine funktionsausbildung zum lokführer. entsprechend findet sich ein ausbildungsberuf "triebfahrzeugführer" nicht im verzeichnis der anerkannten ausbildungsberufe nach § 90 abs. 3 nr. 3 bbig, gleichwohl kein fall des § 3 abs. 1-3 bbig vorliegt (vgl. sg itzehoe, urteil vom 07. november 2000 – s 1 al 224/98 –, rn. 22, juris). 38bb) eine ausbildungsdauer bestimmt die tfv nicht, legt also nicht die nach dem unmissverständlichen wortlaut des § 131a sgb iii geforderte reguläre mindestdauer von 2 jahren fest. auf die tatsächliche ausbildungsdauer kommt es zwar ohnehin nicht an, die ausbildung zum triebfahrzeugführer wird indes – soweit die fahrberechtigung der klasse b nach § 3 abs. 1 nr. 2, abs. 2 nr. 2 tfv erworben wird, die über rangierfahrten hinaus zu zugfahrten im personen und im güterverkehr berechtigt – auch faktisch in sieben bis neun monaten durchlaufen, wie dies auch beim kläger der fall war. 39cc) soweit der kläger darauf verweist, dass er dieselbe funktion wie ein eisenbahner im betriebsdienst ausführe, aufgrund tarifvertraglicher vorschriften dieselbe vergütung erhalte und für den erwerb seiner fahrberechtigung sogar dieselben ausbildungsinhalte habe lernen müssen wie ein eisenbahner im betriebsdienst im rahmen dessen berufsausbildung, sind dies keine rechtserheblichen gesichtspunkte (vgl. bsg, urteil vom 01. september 1994 – 7 rar 98/93 –, sozr 3-4460 § 10 nr 1, sozr 3-4100 § 42 nr 3, sozr 3-4460 § 7 nr 3, rn. 23; hegelhaupt, in: hauck/noftz, sgb iii, stand 11/2019, § 81, rn. 133; reichel in: schlegel/voelzke, jurispk-sgb iii, 2. aufl. 2019, § 81 sgb iii, rn. 63). die behauptung der inhaltsgleichheit erweist sich dessen ungeachtet schon mit blick auf die regelung nach § 4 abs. 1, § 5 i.v. mit anlage zu § 5 ebbausbv einerseits und § 6 i.v.m anlage 5-7 tfv andererseits als falsch. 402. entgegen der ansicht des klägers kann er für sich auch weder aus dem urteil der 21. kammer vom 14.03.2019, mit dem das sozialgericht einem anderen teilnehmer des ausbildungskurses zum triebwagenführer einen anspruch auf die begehrten weiterbildungsprämien zugesprochen hat, etwas ableiten noch aus dem umstand, dass der beklagte dieses urteil akzeptiert hat. rechtskräftige urteile binden nach § 141 abs. 1 nr. 1 sgg nur im verhältnis der beteiligten des entsprechenden verfahrens. auch aus der möglichen ankündigung eines vertreters des beklagten auf anfrage einer regionalen tageszeitung, man werde in vergleichbaren fällen die prämien zahlen, lässt sich kein anspruch des klägers herleiten. insbesondere ist die annahme des für eine allgemeinverfügung (§ 31 s. 2 alt. 1 sgb x) erforderlichen rechtsbindungswillens (vgl. littmann in: hauck/noftz, sgb, 12/11, § 31 sgb x, rn. 46, 65) abwegig, vielmehr liegt nach verständiger würdigung eine bloße absichtserklärung für künftige entscheidungen vor. auch eine selbstbindung des beklagten scheidet aus. schon eine ständige praxis im sinne der möglichen ankündigung gegenüber der tagezeitung ist nicht ersichtlich. ferner ist voraussetzung einer selbstbindung, dass die der praxis zugrunde liegenden erwägungen einer vom gesetz eingeräumten ermächtigung entsprechen. eine selbstbindung an eine rechtswidrige verwaltungspraxis scheidet aus (keine gleichheit im unrecht) (vgl. stelkens/bonk/sachs, vwvfg, 9. aufl. 2018, § 40, rn. 105ff. m.w.n.). 41iii. die kostenentscheidung beruht auf § 193 sgg.
Verklagte*r
0
172,095
17 K 341/13
2014-08-11T00:00:00
Urteil
Tenor Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. 1Tatbestand: 2Der Kläger ist Eigentümer des im Stadtgebiet der Beklagten gelegenen Grundstücks mit der postalischen Anschrift C. 40 – 42. Dieses grenzt unstreitig auf einer Länge von mindestens 56 Metern an die Straße C. , die nach dem Straßenreinigungsverzeichnis, Anlage zur Straßenreinigungssatzung der Beklagten vom 13. Dezember 2004 in der Fassung der 6. Änderungssatzung vom 13. Dezember 2010 (StrRS), einmal pro Woche gereinigt wird, wobei die Reinigungsverpflichtung für die Fahrbahnen der Beklagten und für die Gehwege den Eigentümern obliegt. 3Mit Bescheid über Grundbesitzabgaben – Jahresbescheid 2013 – vom 11. Januar 2013 setzte die Beklagte für das klägerische Grundstück unter anderem Straßenreinigungsgebühren für das Jahr 2013 in Höhe von 213,36 Euro fest, ausgehend von 56,00 Frontmetern. 4Der Kläger hat am 16. Januar 2013 gegen den gesamten Jahresbescheid 2013 Klage erhoben, wovon die Verfahren betreffend andere Abgabenarten als Straßenreinigungsgebühren aber abgetrennt worden sind. Zur Begründung trägt er vor, die Beklagte habe einen Überschuss aus dem Jahr 2009 in Höhe von 436.000,00 Euro nicht binnen vier Jahren zurückgeführt. 5Der Kläger beantragt schriftsätzlich sinngemäß, 6den Bescheid über Grundbesitzabgaben der Beklagten vom 11. Januar 2013 aufzuheben, soweit darin Straßenreinigungsgebühren festgesetzt sind. 7Die Beklagte beantragt, 8die Klage abzuweisen. 9Nachdem die Beklagte ihre jeweils vor Beginn des Haushaltsjahres erstellten Gebührenbedarfsberechnungen für die Straßenreinigung Haushaltsjahre 2008 bis 2013 übersandt hatte, in denen für diese sechs Gebührenjahre jeweils eine Sonderpostenentnahme (Rücklage) in Höhe von 377.510,00 Euro, 436.030,00 Euro, 200.000,00 Euro, 106.500,00 Euro, 200.000,00 Euro und 71.800,00 Euro aufwandsmindernd aufgeführt ist, ist der Kläger auf die Rückführung von Überschüssen nicht mehr eingegangen, sondern hat stattdessen erstmals mit Schriftsatz vom 3. Dezember 2013 die mangelnde Reinigung der Straße gerügt. In Wirklichkeit finde die Reinigung im C. nur gelegentlich statt und im Winter überhaupt nicht. Darauf hat die Beklagte die lückenlosen Reinigungsprotokolle der Wirtschaftsbetriebe Oberhausen GmbH (WBO) von Ende Juli bis Anfang Oktober 2013 sowie den Reinigungszustand dokumentierende Fotos vom 8. Januar 2014 übersandt. Die Reinigungsprotokolle weisen stets den Fahrer und den Wochentag (Dienstag) aus, sind regelmäßig unterschrieben und enthalten für den C. – anders als etliche Male für andere Straßen – keine Streichungen oder besonderen Vermerke wie „zu eng!“, „eine Seite“, „Baustelle“ oder „Mittwoch“. Auf die Anregung, die Klage zurückzunehmen und andernfalls mitzuteilen, mit welchem substantiierten Vortrag die Klage fortgeführt werden solle, hat der Kläger hinsichtlich der Straße C. lediglich geäußert, die Reinigungspläne seien frei erfunden. 10Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung durch den Berichterstatter ohne mündliche Verhandlung erklärt. 11Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie die als Beiakten zum Parallelverfahren 17 K 340/13 vereinnahmten Kalkulationsunterlagen und Reinigungsprotokolle der WBO Bezug genommen. 12Entscheidungsgründe: 13Das Gericht konnte im Einverständnis mit den Beteiligten durch den Berichterstatter ohne mündliche Verhandlung entscheiden, §§ 87a Absätze 2 und 3, 101 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). 14A. 15Die Anfechtungsklage hat keinen Erfolg, sie ist unbegründet. Der Bescheid über Grundbesitzabgaben der Beklagten vom 11. Januar 2013 ist, soweit darin Straßenreinigungsgebühren festgesetzt sind, rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. 16Die Heranziehung des klägerischen Grundstücks zu Straßenreinigungsgebühren findet ihre Rechtsgrundlage in §§ 5 ff. StrRS i.V.m. § 3 der Abgabesatz-Satzung 2013 der Beklagten (AbgS). 17I. 18Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 5 StrRS liegen vor. Danach erhebt die Beklagte für die von ihr durchgeführte Reinigung der öffentlichen Straßen Benutzungsgebühren nach § 6 Kommunalabgabengesetz (KAG) NRW in Verbindung mit § 3 Straßenreinigungsgesetz (StrRG) NRW. Gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 StrRG NRW können die Gemeinden von den Eigentümern der durch die Straße erschlossenen Grundstücke als Gegenleistung für die Kosten der Straßenreinigung eine Benutzungsgebühr nach den Vorschriften des KAG NRW erheben. 19Der C. ist unstreitig eine öffentliche Straße. 20Dass der C. in einem gewissen Umfang von der Beklagten gereinigt wird, stellt der Kläger nicht in Frage, sondern räumt ausdrücklich eine „gelegentliche“ Reinigung ein. 21Das klägerische Grundstück ist auch unstreitig durch diese Straße erschlossen, § 3 Abs. 1 Satz 1 StrReinG NRW bzw. § 4 Abs. 2 StrRS, da es rechtlich und tatsächlich eine Zugangsmöglichkeit zur Straße hat und dadurch die Möglichkeit einer innerhalb geschlossener Ortslagen üblichen und sinnvollen wirtschaftlichen Nutzung des Grundstücks schlechthin eröffnet wird, 22vgl. OVG NRW, Urteil vom 28. September 1989 – 9 A 1974/87 –, NVwZ-RR 1990, 508; Urteil vom 9. Dezember 1991 – 9 A 1610/90 –, NWVBl. 1992, 257. 23Der Kläger ist als Eigentümer zudem der nach § 6 Abs. 1 Satz 1 StrRS bzw. § 3 Abs. 1 Satz 1 StrReinG NRW für eine durchgeführte Reinigung Gebührenpflichtige. 24Bedenken gegen die Wirksamkeit der §§ 5 ff. StrRS sind weder vorgetragen noch ersichtlich. 25II. 26Für eine klägerische Gebührenpflicht dem Grunde nach fehlt es auch nicht an einem wirksamen Gebührensatz. Die Jahresgebührensätze 2013 sind der Regelung des § 8 Abs. 1 StrRS entsprechend in § 3 AbgS normiert. Sie sind auch wirksam. 27Ein zur Nichtigkeit der Gebührensätze führender Verstoß gegen das Kostenüberschreitungsverbot des § 6 Abs. 1 Satz 3 KAG NRW ist nicht ersichtlich. 28Selbst wenn bei der Bestimmung des Gebührensatzes zu hohe Kosten zugrunde gelegt worden wären, würde ein solcher Verstoß nur im Fall einer erheblichen oder gröblichen Verletzung vorliegen, die nicht gegeben ist, wenn die Kostenüberschreitung nicht mehr als 3 % beträgt und nicht auf willkürlichen, d.h. bewusst fehlerhaften Kostenansätzen beruht, denen schwer und offenkundig fehlerhafte Kostenansätze gleichstehen, 29vgl. OVG NRW, Urteil vom 5. August 1994 – 9 A 1248/92 –, NVwZ 1995, 1233. 30Anhaltspunkte für einen willkürlichen oder auch nur schlicht fehlerhaften Kostenansatz liegen nicht vor. Das ursprünglich klägerseits gerügte Unterbleiben einer Rückführung von Überschüssen aus dem Jahr 2009 innerhalb der Vier-Jahresfrist des § 6 Abs. 2 Satz 3 KAG NRW liegt nicht vor. Anders als der Kläger zuerst annahm, handelt es sich bei dem in der Gebührenbedarfsberechnung 2009 aufgeführten Betrag in Höhe von 436.030,00 Euro nicht um einen Überschuss am Ende des Jahres 2009, sondern um die von ihm gerade gewünschte aufwands-/gebührenmindernde Rückführung früherer Überschüsse. Solche standen dem Gebührenhaushalt als Rücklage zur Verfügung. Diese Rücklage wurde zugunsten der Gebührenschuldner im Jahr 2009 in Höhe von 436.030,00 Euro aufgelöst. Dies scheint zwischenzeitlich auch der Kläger so zu sehen, da er auf diesen Gesichtspunkt nach der Übersendung der Gebührenbedarfsberechnungen nicht mehr eingegangen ist. Weitere Fehler bei der Ermittlung des Gebührensatzes hat er zu keinem Zeitpunkt gerügt. Das Gericht hat hier keine Veranlassung, eine – weiter gehende – Überprüfung der Gebührenkalkulation vorzunehmen. Es schließt sich in diesem Zusammenhang folgenden Ausführungen des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen, 31vgl. Urteil vom 1. Juli 1997 – 9 A 6103/95 –, NRWE, Rn. 40; ähnlich OVG NRW, Urteil vom 19. September 1997 – 9 A 3373/96 –, NRWE, Rn. 63 ff., sowie Beschlüsse vom 27. Juni 2008 – 9 A 2606/06 –, juris, Rn. 10, und zuletzt vom 18. Juni 2014 – 9 A 534/12 –, n.v., 32zum Umfang der Amtsermittlungspflicht der Verwaltungsgerichte und zur Mitwirkungspflicht der Beteiligten bei der Überprüfung der Kostenansätze in Gebührenkalkulationen an: 33"Im Rahmen des Amtsermittlungsgrundsatzes sind die Verwaltungsgerichte zwar verpflichtet, jede mögliche Aufklärung des Sachverhalts bis an die Grenze der Zumutbarkeit zu versuchen, sofern die Aufklärung nach ihrer Auffassung für die Entscheidung des Rechtsstreits erforderlich ist. Bei der Überprüfung einer Kalkulation geht der erkennende Senat auf Grund der Bindung des Beklagten an Gesetz und Recht gemäß Art. 20 GG grundsätzlich davon aus, dass dessen Auskünfte über die zu den einzelnen Kostenpositionen angefallenen Kosten der Wahrheit entsprechen. Aufklärungsmaßnahmen sind daher nur insoweit angezeigt, als sich dem Gericht etwa Widersprüche, methodische Fehler, Rechenfehler oder mit höherem Recht unvereinbare Kostenansätze nach dem Sachvortrag der klagenden Partei oder aber den beigezogenen Unterlagen aufdrängen. Lässt es die klagende Partei, insbesondere die anwaltlich vertretene Partei, insoweit an substantiiertem Sachvortrag fehlen, beschränkt sie sich vielmehr auf schlichtes Bestreiten der jeweiligen Kostenansätze oder auf Spekulationen hinsichtlich der zutreffenden Höhe dieser Ansätze und ergibt sich auch aus den Unterlagen kein konkreter Anhaltspunkt für einen fehlerhaften Kostenansatz, hat es hiermit sein Bewenden. Die Untersuchungsmaxime ist keine prozessuale Hoffnung, das Gericht werde mit ihrer Hilfe schon die klagebegründenden Tatsachen finden". 34Diese Voraussetzungen für eine Begrenzung der Amtsermittlung sind erfüllt. 35Weder nach Durchsicht der vom Gericht beigezogenen Gebührenbedarfsberechnungen noch aufgrund (substantiierten) klägerischen Sachvortrages drängen sich Widersprüche, methodische Fehler, Rechenfehler oder mit höherem Recht unvereinbare Kostenansätze auf. 36III. 37Bedenken gegen die konkret festgesetzte Gebührenhöhe bestehen ebenfalls nicht. 38Maßstab für die Benutzungsgebühr sind nach § 7 Abs. 1 StrRS die Grundstücksseite(n) entlang der Straße(n), durch die das Grundstück erschlossen wird (Frontlänge(n)), die Reinigungshäufigkeit und die Verkehrsbedeutung. Die Zugehörigkeit einer Straße zu den Straßenarten sowie die Anzahl der wöchentlichen Reinigungen in den einzelnen Straßen ergeben sich aus dem Straßenreinigungsverzeichnis, § 8 Abs. 3 StrRS, der jeweilige Gebührensatz aus der Abgabesatz-Satzung für das entsprechende Jahr, § 8 Abs. 1 StrRS. 39Eine Überhöhung der festgestellten Frontmeter im zu veranlagenden Zeitraum ist, auch unter Beachtung der – zugunsten des Klägers wirkenden – Abrundungsregel des § 7 Abs. 4 StrRS (auf volle zehn Zentimeter), weder vorgetragen noch ersichtlich; Fehler bei der Anwendung des hier einschlägigen Gebührensatzes für Anliegerstraßen nach § 3 Satz 1 AbgS (3,81 Euro pro Meter Straßenfrontlänge bei einmaliger wöchentlicher Reinigung) ebenso wenig. 40IV. 41Dem kann der Kläger auch nicht ganz oder teilweise entgegenhalten, dass die Straße nur gelegentlich gereinigt worden sei. Insofern kann dahinstehen, ob dieser Einwand gegen die Gebührenfestsetzung schon deshalb ausgeschlossen ist, weil der Kläger nach § 9 Abs. 4 Satz 3 StrRS bei nicht nur vorübergehendem Unterbleiben der Reinigung einen Erstattungsantrag bei der Beklagten stellen kann, 42so bei vergleichbarer Satzungslage VG Gelsenkirchen, Urteil vom 21. Oktober 2010 – 13 K 283/10 –, juris, Rn. 17, 43was er zu keinem Zeitpunkt getan hat. Denn jedenfalls ist eine die volle Gebühr rechtfertigende Reinigungsleistung erst dann nicht erbracht worden, wenn nach Art und Umfang erhebliche Mängel der Reinigung der betreffenden Straße feststellbar sind. Unvollkommenheiten der Straßenreinigung sind erst dann von Bedeutung, wenn sie ein Ausmaß erreichen, das unter den Gesichtspunkten der Verkehrssicherheit bzw. Hygiene nicht hingenommen werden kann; erst wenn solche Zustände über längere Zeit, d. h. zumindest über mehrere Wochen andauern, kann sich die Frage nach einer Gebührenermäßigung stellen, 44vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 21. Januar 2010 – 9 A 381/09 –, n.v., vom 21. Dezember 2009 – 9 A 818/09 –, n.v., und vom 27. Mai 1994 – 9 A 199/94 –, juris, Rn. 3, sowie Urteil vom 2. März 1990 – 9 A 299/88 –, juris, Rn. 27. 45Dies ist für den Bereich der Beklagten durch § 9 Abs. 4 Sätze 1 und 2 StrRS dahingehend konkretisiert worden, dass ein Reinigungsausfall in einem Zeitraum von bis zu vier Wochen unschädlich ist. 46Beachtliche Reinigungsmängel in diesem Sinne hat der Kläger nicht aufgezeigt. Seiner vagen Behauptung, die Reinigung erfolge nur gelegentlich, lässt sich schon keinerlei zeitliches Ausmaß eines Reinigungsausfalls entnehmen. Im Übrigen ist diese aber auch zur vollen Überzeugung des Gerichts widerlegt. Zwar mag auf eine Anfechtungsklage gegen eine Gebührenfestsetzung im Grundsatz die Kommune als Gebührengläubiger die materielle Beweislast für den Sachverhalt tragen, der die Grundlage der Abgabenpflicht auch in ihrer konkreten Höhe bildet, 47vgl. VG Köln, Urteil vom 25. April 1986 – 11 K 4483/85 –, ZKF 1986, 280. 48Doch ist die Beklagte dem durch Vorlage detaillierter, schlüssiger und widerspruchsfreier Reinigungsprotokolle der WBO gerecht geworden. Diese sind von ihrem Aufbau mit der Notwendigkeit des „Abhakens“ jeder einzelnen Straße, der organisatorischen Vorkehrung einer Verantwortungszuweisung an den konkreten Fahrer durch Vorsehen einer Unterschrift und der konkreten Handhabung in Gestalt von regelmäßig aufgenommenen Anmerkungen bei konkreten Problemen mit der Reinigung in einer Straße grundsätzlich geeignet, eine ordnungsgemäße Reinigung nachzuweisen. Vereinzelt unterbliebene Unterschriften ändern daran nichts, da stets eine Auseinandersetzung in Gestalt eines „Abhakens“ mit der konkreten Straße erfolgte und zumindest der Name des jeweiligen Fahrers angegeben wurde. Aus den vorgelegten Reinigungsprotokollen für einen zusammenhängenden Zeitraum von mehr als zwei Monaten ergeben sich keinerlei Hinweise auf eine auch nur einmalig unterbliebene wöchentliche Reinigung, geschweige denn einen Unterbrechungszeitraum von vier Wochen. Dem ist der Kläger nicht substantiiert entgegen getreten. Er hat für kein einziges konkretes Datum eine Nicht- oder Schlechtleistung behauptet, geschweige denn näher dargelegt oder gar belegt. Seine pauschale Behauptung der Fälschung der Reinigungsprotokolle erfolgt „ins Blaue hinein“ und ist mangels jedweden konkreten Anhaltspunktes dafür unbeachtlich. Die Beklagte hat mit der Beibringung der Reinigungsprotokolle das in ihrer Sphäre liegende zur Mitwirkung an der Sachaufklärung getan, § 86 Abs. 1, 2. HS VwGO. Der Kläger zeigte hierzu – trotz gerichtlicher Anmahnung substantiierten Vortrages – keine Bereitschaft, was das Gericht bei seiner Überzeugungsbildung im Rahmen der freien richterlichen Beweiswürdigung, § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO, zu seinen Lasten berücksichtigen konnte, 49vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 18. Aufl., § 86, Rn. 11 und 12. 50Sein Vortrag zu unterbliebener Winterwartung ist schon deshalb von vornherein unbeachtlich, da die Beklagte diesbezüglich überhaupt keine Gebühr erhebt. 51B. 52Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 709 Satz 2, 711 Zivilprozessordnung. 53Beschluss: 54Der Streitwert wird auf 213,36 Euro festgesetzt. 55Gründe: 56Die Festsetzung des Streitwertes ist nach § 52 Abs. 3 GKG erfolgt.
die klage wird abgewiesen. der kläger trägt die kosten des verfahrens. das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. der kläger darf die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe von 110% des auf grund des urteils vollstreckbaren betrages abwenden, wenn nicht die beklagte vor der vollstreckung sicherheit in höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden betrages leistet. 1
2der kläger ist eigentümer des im stadtgebiet der beklagten gelegenen grundstücks mit der postalischen anschrift c. 40 – 42. dieses grenzt unstreitig auf einer länge von mindestens 56 metern an die straße c. , die nach dem straßenreinigungsverzeichnis, anlage zur straßenreinigungssatzung der beklagten vom 13. dezember 2004 in der fassung der 6. änderungssatzung vom 13. dezember 2010 (strrs), einmal pro woche gereinigt wird, wobei die reinigungsverpflichtung für die fahrbahnen der beklagten und für die gehwege den eigentümern obliegt. 3mit bescheid über grundbesitzabgaben – jahresbescheid 2013 – vom 11. januar 2013 setzte die beklagte für das klägerische grundstück unter anderem straßenreinigungsgebühren für das jahr 2013 in höhe von 213,36 euro fest, ausgehend von 56,00 frontmetern. 4der kläger hat am 16. januar 2013 gegen den gesamten jahresbescheid 2013 klage erhoben, wovon die verfahren betreffend andere abgabenarten als straßenreinigungsgebühren aber abgetrennt worden sind. zur begründung trägt er vor, die beklagte habe einen überschuss aus dem jahr 2009 in höhe von 436.000,00 euro nicht binnen vier jahren zurückgeführt. 5der kläger beantragt schriftsätzlich sinngemäß, 6den bescheid über grundbesitzabgaben der beklagten vom 11. januar 2013 aufzuheben, soweit darin straßenreinigungsgebühren festgesetzt sind. 7die beklagte beantragt, 8die klage abzuweisen. 9nachdem die beklagte ihre jeweils vor beginn des haushaltsjahres erstellten gebührenbedarfsberechnungen für die straßenreinigung haushaltsjahre 2008 bis 2013 übersandt hatte, in denen für diese sechs gebührenjahre jeweils eine sonderpostenentnahme (rücklage) in höhe von 377.510,00 euro, 436.030,00 euro, 200.000,00 euro, 106.500,00 euro, 200.000,00 euro und 71.800,00 euro aufwandsmindernd aufgeführt ist, ist der kläger auf die rückführung von überschüssen nicht mehr eingegangen, sondern hat stattdessen erstmals mit schriftsatz vom 3. dezember 2013 die mangelnde reinigung der straße gerügt. in wirklichkeit finde die reinigung im c. nur gelegentlich statt und im winter überhaupt nicht. darauf hat die beklagte die lückenlosen reinigungsprotokolle der wirtschaftsbetriebe oberhausen gmbh (wbo) von ende juli bis anfang oktober 2013 sowie den reinigungszustand dokumentierende fotos vom 8. januar 2014 übersandt. die reinigungsprotokolle weisen stets den fahrer und den wochentag (dienstag) aus, sind regelmäßig unterschrieben und enthalten für den c. – anders als etliche male für andere straßen – keine streichungen oder besonderen vermerke wie „zu eng!“, „eine seite“, „baustelle“ oder „mittwoch“. auf die anregung, die klage zurückzunehmen und andernfalls mitzuteilen, mit welchem substantiierten vortrag die klage fortgeführt werden solle, hat der kläger hinsichtlich der straße c. lediglich geäußert, die reinigungspläne seien frei erfunden. 10die beteiligten haben ihr einverständnis mit einer entscheidung durch den berichterstatter ohne mündliche verhandlung erklärt. 11wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf die gerichtsakte sowie die als beiakten zum parallelverfahren 17 k 340/13 vereinnahmten kalkulationsunterlagen und reinigungsprotokolle der wbo bezug genommen. 12
13das gericht konnte im einverständnis mit den beteiligten durch den berichterstatter ohne mündliche verhandlung entscheiden, §§ 87a absätze 2 und 3, 101 abs. 2 verwaltungsgerichtsordnung (vwgo). 14a. 15die anfechtungsklage hat keinen erfolg, sie ist unbegründet. der bescheid über grundbesitzabgaben der beklagten vom 11. januar 2013 ist, soweit darin straßenreinigungsgebühren festgesetzt sind, rechtmäßig und verletzt den kläger nicht in seinen rechten, § 113 abs. 1 satz 1 vwgo. 16die heranziehung des klägerischen grundstücks zu straßenreinigungsgebühren findet ihre rechtsgrundlage in §§ 5 ff. strrs i.v.m. § 3 der abgabesatz-satzung 2013 der beklagten (abgs). 17i. 18die tatbestandsvoraussetzungen des § 5 strrs liegen vor. danach erhebt die beklagte für die von ihr durchgeführte reinigung der öffentlichen straßen benutzungsgebühren nach § 6 kommunalabgabengesetz (kag) nrw in verbindung mit § 3 straßenreinigungsgesetz (strrg) nrw. gemäß § 3 abs. 1 satz 1 strrg nrw können die gemeinden von den eigentümern der durch die straße erschlossenen grundstücke als gegenleistung für die kosten der straßenreinigung eine benutzungsgebühr nach den vorschriften des kag nrw erheben. 19der c. ist unstreitig eine öffentliche straße. 20dass der c. in einem gewissen umfang von der beklagten gereinigt wird, stellt der kläger nicht in frage, sondern räumt ausdrücklich eine „gelegentliche“ reinigung ein. 21das klägerische grundstück ist auch unstreitig durch diese straße erschlossen, § 3 abs. 1 satz 1 strreing nrw bzw. § 4 abs. 2 strrs, da es rechtlich und tatsächlich eine zugangsmöglichkeit zur straße hat und dadurch die möglichkeit einer innerhalb geschlossener ortslagen üblichen und sinnvollen wirtschaftlichen nutzung des grundstücks schlechthin eröffnet wird, 22vgl. ovg nrw, urteil vom 28. september 1989 – 9 a 1974/87 –, nvwz-rr 1990, 508; urteil vom 9. dezember 1991 – 9 a 1610/90 –, nwvbl. 1992, 257. 23der kläger ist als eigentümer zudem der nach § 6 abs. 1 satz 1 strrs bzw. § 3 abs. 1 satz 1 strreing nrw für eine durchgeführte reinigung gebührenpflichtige. 24bedenken gegen die wirksamkeit der §§ 5 ff. strrs sind weder vorgetragen noch ersichtlich. 25ii. 26für eine klägerische gebührenpflicht dem grunde nach fehlt es auch nicht an einem wirksamen gebührensatz. die jahresgebührensätze 2013 sind der regelung des § 8 abs. 1 strrs entsprechend in § 3 abgs normiert. sie sind auch wirksam. 27ein zur nichtigkeit der gebührensätze führender verstoß gegen das kostenüberschreitungsverbot des § 6 abs. 1 satz 3 kag nrw ist nicht ersichtlich. 28selbst wenn bei der bestimmung des gebührensatzes zu hohe kosten zugrunde gelegt worden wären, würde ein solcher verstoß nur im fall einer erheblichen oder gröblichen verletzung vorliegen, die nicht gegeben ist, wenn die kostenüberschreitung nicht mehr als 3 % beträgt und nicht auf willkürlichen, d.h. bewusst fehlerhaften kostenansätzen beruht, denen schwer und offenkundig fehlerhafte kostenansätze gleichstehen, 29vgl. ovg nrw, urteil vom 5. august 1994 – 9 a 1248/92 –, nvwz 1995, 1233. 30anhaltspunkte für einen willkürlichen oder auch nur schlicht fehlerhaften kostenansatz liegen nicht vor. das ursprünglich klägerseits gerügte unterbleiben einer rückführung von überschüssen aus dem jahr 2009 innerhalb der vier-jahresfrist des § 6 abs. 2 satz 3 kag nrw liegt nicht vor. anders als der kläger zuerst annahm, handelt es sich bei dem in der gebührenbedarfsberechnung 2009 aufgeführten betrag in höhe von 436.030,00 euro nicht um einen überschuss am ende des jahres 2009, sondern um die von ihm gerade gewünschte aufwands-/gebührenmindernde rückführung früherer überschüsse. solche standen dem gebührenhaushalt als rücklage zur verfügung. diese rücklage wurde zugunsten der gebührenschuldner im jahr 2009 in höhe von 436.030,00 euro aufgelöst. dies scheint zwischenzeitlich auch der kläger so zu sehen, da er auf diesen gesichtspunkt nach der übersendung der gebührenbedarfsberechnungen nicht mehr eingegangen ist. weitere fehler bei der ermittlung des gebührensatzes hat er zu keinem zeitpunkt gerügt. das gericht hat hier keine veranlassung, eine – weiter gehende – überprüfung der gebührenkalkulation vorzunehmen. es schließt sich in diesem zusammenhang folgenden ausführungen des oberverwaltungsgerichts für das land nordrhein-westfalen, 31vgl. urteil vom 1. juli 1997 – 9 a 6103/95 –, nrwe, rn. 40; ähnlich ovg nrw, urteil vom 19. september 1997 – 9 a 3373/96 –, nrwe, rn. 63 ff., sowie beschlüsse vom 27. juni 2008 – 9 a 2606/06 –, juris, rn. 10, und zuletzt vom 18. juni 2014 – 9 a 534/12 –, n.v., 32zum umfang der amtsermittlungspflicht der verwaltungsgerichte und zur mitwirkungspflicht der beteiligten bei der überprüfung der kostenansätze in gebührenkalkulationen an: 33"im rahmen des amtsermittlungsgrundsatzes sind die verwaltungsgerichte zwar verpflichtet, jede mögliche aufklärung des sachverhalts bis an die grenze der zumutbarkeit zu versuchen, sofern die aufklärung nach ihrer auffassung für die entscheidung des rechtsstreits erforderlich ist. bei der überprüfung einer kalkulation geht der erkennende senat auf grund der bindung des beklagten an gesetz und recht gemäß art. 20 gg grundsätzlich davon aus, dass dessen auskünfte über die zu den einzelnen kostenpositionen angefallenen kosten der wahrheit entsprechen. aufklärungsmaßnahmen sind daher nur insoweit angezeigt, als sich dem gericht etwa widersprüche, methodische fehler, rechenfehler oder mit höherem recht unvereinbare kostenansätze nach dem sachvortrag der klagenden partei oder aber den beigezogenen unterlagen aufdrängen. lässt es die klagende partei, insbesondere die anwaltlich vertretene partei, insoweit an substantiiertem sachvortrag fehlen, beschränkt sie sich vielmehr auf schlichtes bestreiten der jeweiligen kostenansätze oder auf spekulationen hinsichtlich der zutreffenden höhe dieser ansätze und ergibt sich auch aus den unterlagen kein konkreter anhaltspunkt für einen fehlerhaften kostenansatz, hat es hiermit sein bewenden. die untersuchungsmaxime ist keine prozessuale hoffnung, das gericht werde mit ihrer hilfe schon die klagebegründenden tatsachen finden". 34diese voraussetzungen für eine begrenzung der amtsermittlung sind erfüllt. 35weder nach durchsicht der vom gericht beigezogenen gebührenbedarfsberechnungen noch aufgrund (substantiierten) klägerischen sachvortrages drängen sich widersprüche, methodische fehler, rechenfehler oder mit höherem recht unvereinbare kostenansätze auf. 36iii. 37bedenken gegen die konkret festgesetzte gebührenhöhe bestehen ebenfalls nicht. 38maßstab für die benutzungsgebühr sind nach § 7 abs. 1 strrs die grundstücksseite(n) entlang der straße(n), durch die das grundstück erschlossen wird (frontlänge(n)), die reinigungshäufigkeit und die verkehrsbedeutung. die zugehörigkeit einer straße zu den straßenarten sowie die anzahl der wöchentlichen reinigungen in den einzelnen straßen ergeben sich aus dem straßenreinigungsverzeichnis, § 8 abs. 3 strrs, der jeweilige gebührensatz aus der abgabesatz-satzung für das entsprechende jahr, § 8 abs. 1 strrs. 39eine überhöhung der festgestellten frontmeter im zu veranlagenden zeitraum ist, auch unter beachtung der – zugunsten des klägers wirkenden – abrundungsregel des § 7 abs. 4 strrs (auf volle zehn zentimeter), weder vorgetragen noch ersichtlich; fehler bei der anwendung des hier einschlägigen gebührensatzes für anliegerstraßen nach § 3 satz 1 abgs (3,81 euro pro meter straßenfrontlänge bei einmaliger wöchentlicher reinigung) ebenso wenig. 40iv. 41dem kann der kläger auch nicht ganz oder teilweise entgegenhalten, dass die straße nur gelegentlich gereinigt worden sei. insofern kann dahinstehen, ob dieser einwand gegen die gebührenfestsetzung schon deshalb ausgeschlossen ist, weil der kläger nach § 9 abs. 4 satz 3 strrs bei nicht nur vorübergehendem unterbleiben der reinigung einen erstattungsantrag bei der beklagten stellen kann, 42so bei vergleichbarer satzungslage vg gelsenkirchen, urteil vom 21. oktober 2010 – 13 k 283/10 –, juris, rn. 17, 43was er zu keinem zeitpunkt getan hat. denn jedenfalls ist eine die volle gebühr rechtfertigende reinigungsleistung erst dann nicht erbracht worden, wenn nach art und umfang erhebliche mängel der reinigung der betreffenden straße feststellbar sind. unvollkommenheiten der straßenreinigung sind erst dann von bedeutung, wenn sie ein ausmaß erreichen, das unter den gesichtspunkten der verkehrssicherheit bzw. hygiene nicht hingenommen werden kann; erst wenn solche zustände über längere zeit, d. h. zumindest über mehrere wochen andauern, kann sich die frage nach einer gebührenermäßigung stellen, 44vgl. ovg nrw, beschlüsse vom 21. januar 2010 – 9 a 381/09 –, n.v., vom 21. dezember 2009 – 9 a 818/09 –, n.v., und vom 27. mai 1994 – 9 a 199/94 –, juris, rn. 3, sowie urteil vom 2. märz 1990 – 9 a 299/88 –, juris, rn. 27. 45dies ist für den bereich der beklagten durch § 9 abs. 4 sätze 1 und 2 strrs dahingehend konkretisiert worden, dass ein reinigungsausfall in einem zeitraum von bis zu vier wochen unschädlich ist. 46beachtliche reinigungsmängel in diesem sinne hat der kläger nicht aufgezeigt. seiner vagen behauptung, die reinigung erfolge nur gelegentlich, lässt sich schon keinerlei zeitliches ausmaß eines reinigungsausfalls entnehmen. im übrigen ist diese aber auch zur vollen überzeugung des gerichts widerlegt. zwar mag auf eine anfechtungsklage gegen eine gebührenfestsetzung im grundsatz die kommune als gebührengläubiger die materielle beweislast für den sachverhalt tragen, der die grundlage der abgabenpflicht auch in ihrer konkreten höhe bildet, 47vgl. vg köln, urteil vom 25. april 1986 – 11 k 4483/85 –, zkf 1986, 280. 48doch ist die beklagte dem durch vorlage detaillierter, schlüssiger und widerspruchsfreier reinigungsprotokolle der wbo gerecht geworden. diese sind von ihrem aufbau mit der notwendigkeit des „abhakens“ jeder einzelnen straße, der organisatorischen vorkehrung einer verantwortungszuweisung an den konkreten fahrer durch vorsehen einer unterschrift und der konkreten handhabung in gestalt von regelmäßig aufgenommenen anmerkungen bei konkreten problemen mit der reinigung in einer straße grundsätzlich geeignet, eine ordnungsgemäße reinigung nachzuweisen. vereinzelt unterbliebene unterschriften ändern daran nichts, da stets eine auseinandersetzung in gestalt eines „abhakens“ mit der konkreten straße erfolgte und zumindest der name des jeweiligen fahrers angegeben wurde. aus den vorgelegten reinigungsprotokollen für einen zusammenhängenden zeitraum von mehr als zwei monaten ergeben sich keinerlei hinweise auf eine auch nur einmalig unterbliebene wöchentliche reinigung, geschweige denn einen unterbrechungszeitraum von vier wochen. dem ist der kläger nicht substantiiert entgegen getreten. er hat für kein einziges konkretes datum eine nicht- oder schlechtleistung behauptet, geschweige denn näher dargelegt oder gar belegt. seine pauschale behauptung der fälschung der reinigungsprotokolle erfolgt „ins blaue hinein“ und ist mangels jedweden konkreten anhaltspunktes dafür unbeachtlich. die beklagte hat mit der beibringung der reinigungsprotokolle das in ihrer sphäre liegende zur mitwirkung an der sachaufklärung getan, § 86 abs. 1, 2. hs vwgo. der kläger zeigte hierzu – trotz gerichtlicher anmahnung substantiierten vortrages – keine bereitschaft, was das gericht bei seiner überzeugungsbildung im rahmen der freien richterlichen beweiswürdigung, § 108 abs. 1 satz 1 vwgo, zu seinen lasten berücksichtigen konnte, 49vgl. kopp/schenke, vwgo, 18. aufl., § 86, rn. 11 und 12. 50sein vortrag zu unterbliebener winterwartung ist schon deshalb von vornherein unbeachtlich, da die beklagte diesbezüglich überhaupt keine gebühr erhebt. 51b. 52die kostenentscheidung beruht auf § 154 abs. 1 vwgo, die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit auf § 167 abs. 1 satz 1 und abs. 2 vwgo in verbindung mit §§ 708 nr. 11, 709 satz 2, 711 zivilprozessordnung. 53beschluss: 54der streitwert wird auf 213,36 euro festgesetzt. 55gründe: 56die festsetzung des streitwertes ist nach § 52 abs. 3 gkg erfolgt.
Verklagte*r
0
337,882
S 19 SO 13/18
2021-09-07T00:00:00
Urteil
Tenor Die Klage wird abgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. 1Tatbestand: 2Der Kläger wendet sich gegen die Anpassung der ihm gewährten Sozialhilfeleistungen wegen einer Erhöhung der ihm gewährten Altersrente. 3Der am 00.00.0000 geborene Kläger bezieht eine Altersrente in Höhe von zuletzt 88,56 Euro monatlich. Von der Beklagten bezieht er aufstockende Leistungen nach dem 4. Kapitel des SGB XII. 4Mit Bescheid vom 06.12.2016 bewilligte die Beklagte ihm für den Zeitraum vom 01.01.2017 bis 31.12.2017 Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung in Höhe von 566,74 Euro monatlich. Hierbei hatte sie Einkommen in Höhe der Altersrente des Klägers von 88,56 Euro monatlich zu Grunde gelegt. 5Nachdem die Rente des Klägers zum 01.07.2017 auf 90,03 Euro monatlich erhöht worden war, änderte die Beklagte mit Bescheid vom 05.10.2017 die dem Kläger gewährten Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung ab dem 01.07.2017 auf monatlich 565,27 Euro ab. Zur Begründung verwies sie auf die Rentenerhöhung, die als höheres Einkommen Berücksichtigung finden müsse. 6Der Kläger legte am 09.10.2017 „Beschwerde“ ein und wandte sich „gegen die ständige Anpassung von Grundsicherung und Rente“. Am 10.10.2017 legte er eine „2. Beschwerde“ gegen den Änderungsbescheid vom 05.10.2017 ein und beanstandete „die monatliche Reduzierung von 1,47 Euro“. Noch am gleichen Tag ging bei der Beklagten eine „3. Beschwerde“ gegen den Änderungsbescheid vom 05.10.2017 ein, mit der der Kläger „die sehr hohe Stromkostenpauschale“ beanstandete. Am 13.10.2017 folgte eine „4. Beschwerde“ gegen den Änderungsbescheid vom 05.10.2017, mit der der Kläger „die hohe Mietzahlung“ rügte. 7Die Städteregion B. wertete dies als (einen) Widerspruch gegen den Änderungsbescheid vom 05.10.2017 mit unterschiedlichen Begründungen und wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 16.01.2018 (Az. A 50.2 – 337/17 WS-B Ku) unter Vertiefung der bisherigen Ausführungen zurück. Ergänzend führte sie aus, die Berücksichtigung der Stromkostenpauschale und der Unterkunftskosten sei bereits mit dem Bewilligungsbescheid vom 06.12.2016 erfolgt, so dass der angegriffene Änderungsbescheid vom 05.10.2017 hierzu keine Regelungen treffe. 8Hiergegen hat der Kläger am 22.01.2018 Klage erhoben. 9Nach Zugang der Ladung zur mündlichen Verhandlung hat der Kläger am 22.03.2018 Terminsverlegung begehrt und mitgeteilt, er beabsichtige, die vom 24.04 bis 27.04.2018 in Hannover stattfindende Industriemesse zu besuchen. Nachdem der Kläger zwei Anfragen des Gerichts vom 23.03. und 09.04.2018, ob einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung zugestimmt wird, nicht beantwortet hatte, teilte das Gericht ihm unter dem 16.04.2018 mit, es bestehe keine Bereitschaft, den Termin aufzuheben. Er könne die vom 24.04 bis 27.04.2018 stattfindende Messe auch besuchen, wenn er den Termin wahrnehme. Dass er im Hinblick auf den Messebesuch Aufwendungen getätigt habe, sei bislang nicht ersichtlich. 10Nachdem der Kläger unter dem 23.04.2018 mitgeteilt hatte, eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung komme nicht in Frage, ist die mündliche Verhandlung am 26.04.2018 in seiner Abwesenheit durchgeführt worden. 11Der Kläger beantragt seinem 12schriftsätzlichen Vorbringen nach sinngemäß, 13den Bescheid vom 05.10.2017 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 16.01.2018 aufzuheben. 14Die Beklagte beantragt, 15die Klage abzuweisen. 16Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze und die übrige Gerichtsakte sowie auf die Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen, deren wesentlicher Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist. 17Entscheidungsgründe: 18Das Gericht war nicht gehalten, dem Terminsverlegungsantrag des Klägers zu entsprechen. 19Denn er hat im Hinblick auf jenen Antrag keine Tatsachen vorzubringen vermocht, welche erhebliche Gründe im Sinne des § 202 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) i.V.m. § 227 Abs. 1 Zivilprozessordnung (ZPO) darstellen. Nach den eigenen Angaben des Klägers ging es nämlich um den Besuch der Industriemesse, die vom 24.04. bis 27.04.2018 in Hannover stattfand. Der Kläger konnte die Messe also am 24.04., am 25.04. und auch am 27.04.2018 besuchen, ohne dass der Termin zur mündlichen Verhandlung am 26.04.2018 ihn daran gehindert hätte. Dass Umstände vorliegen, welche einen Besuch am 26.04.2018 zwingend erforderlich machen, ist weder ersichtlich, noch dargetan, zumal der Kläger mitgeteilt hat, Messeausweise würden im „zum Nulltarif“ zur Verfügung gestellt. 20Das Gericht konnte trotz Abwesenheit des Klägers nach mündlicher Verhandlung entscheiden, weil er in der Ladung hierauf hingewiesen worden ist, § 110 Abs. 1 Satz 2 SGG. 21Die zulässige Anfechtungsklage ist unbegründet. Der Kläger wird durch die angefochtenen Bescheide nicht im Sinne des § 54 Abs. 1 Satz 1 SGG beschwert, da diese nicht rechtswidrig sind. 22Rechtsgrundlage für die Abänderung des Bewilligungsbescheides vom 06.12.2016 ist § 48 Abs. 1 Satz 1 und 2 Nr. 3 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X). 23Eine Anhörung des Klägers vor Erlass des Änderungsbescheides vom 05.10.2017 war nach § 24 Abs. 2 Nr. 5 SGB X entbehrlich. 24Die Voraussetzungen der Rechtsgrundlage liegen vor. Bei dem Bewilligungsbescheid vom 06.12.2016 handelt es sich um einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung. 25In den tatsächlichen Verhältnissen jenes Bescheides ist mit Wirkung zum 01.07.2017 eine Änderung eingetreten. Denn durch die zum 01.07.2017 wirksame Erhöhung der Altersrente des Klägers erhöhte sich das auf die Grundsicherungsleistungen anzurechnende Einkommen, §§ 43 Abs. 1 Satz 1, 82 Abs. 1 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch – Sozialhilfe (SGB XII). 26Diese Änderung war auch wesentlich, denn der Bescheid vom 06.12.2016 hätte unter Berücksichtigung der erhöhten Rente so nicht erlassen werden dürfen. Ab dem 01.07.2017 bestand nämlich nur ein um 1,47 Euro pro Monat geringerer Anspruch des Klägers auf Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung. 27Die Beklagte war schließlich auch befugt, den Bescheid vom 06.12.2016 mit Wirkung für die Vergangenheit abzuändern, weil die zusätzlichen Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X vorlagen. Denn die Altersrente des Klägers stellt auch Einkommen im Sinne jener Vorschrift dar, das nach Erlass des Ausgangsbescheides vom 06.12.2016 erzielt worden ist und zur Minderung seines Sozialhilfeanspruchs geführt haben würde. 28Ermessen war von der Beklagten nicht auszuüben, da es sich um eine typische Anpassung von Sozialhilfeleistungen an geänderte Einkommensverhältnisse handelt. Ein atypischer Fall im Sinne von § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X ist damit nicht ersichtlich. 29Soweit der Kläger sich darüber hinaus gegen die „Kürzung“ seiner Grundsicherungsleistungen um 1,47 Euro pro Monat ab dem 01.07.2017 wendet, handelt es sich nicht um eine separat angreifbare Regelung. Denn der Änderungsbescheid vom 05.10.2017 regelt die Anpassung der Grundsicherungsleistungen des Klägers an seine Rente und beinhaltet ab dem 01.07.2017 die Festsetzung von Leistungen, die um 1,47 Euro geringer sind, als die zuvor festgesetzten Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung. 30Soweit der Kläger sich gegen die Stromkostenpauschale (richtig: gegen die Kürzung des ihm gewährten Regelbedarfs um die separat bewilligten Kosten für Haushaltsstrom) sowie (sinngemäß) gegen die festgesetzten Kosten der Unterkunft wendet und höhere Leistungen begehrt, ist die Klage unbegründet. Denn der Änderungsbescheid vom 05.10.2017 trifft hierzu keine eigenständige Regelung. Der Kläger hätte, wollte er höhere Kosten der Unterkunft bzw. einen ungekürzten Regelbedarf erhalten, den Bewilligungsbescheid vom 06.12.2016 angreifen müssen. Die Städteregion Aachen hat hierzu im Widerspruchsbescheid vom 16.01.2018 zutreffend ausgeführt, dass es sich insoweit lediglich um eine wiederholende Verfügung ohne eigenständigen Regelungscharakter handelt. 31Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG.
die klage wird abgewiesen. kosten sind nicht zu erstatten. 1
2der kläger wendet sich gegen die anpassung der ihm gewährten sozialhilfeleistungen wegen einer erhöhung der ihm gewährten altersrente. 3der am 00.00.0000 geborene kläger bezieht eine altersrente in höhe von zuletzt 88,56 euro monatlich. von der beklagten bezieht er aufstockende leistungen nach dem 4. kapitel des sgb xii. 4mit bescheid vom 06.12.2016 bewilligte die beklagte ihm für den zeitraum vom 01.01.2017 bis 31.12.2017 leistungen der grundsicherung im alter und bei erwerbsminderung in höhe von 566,74 euro monatlich. hierbei hatte sie einkommen in höhe der altersrente des klägers von 88,56 euro monatlich zu grunde gelegt. 5nachdem die rente des klägers zum 01.07.2017 auf 90,03 euro monatlich erhöht worden war, änderte die beklagte mit bescheid vom 05.10.2017 die dem kläger gewährten leistungen der grundsicherung im alter und bei erwerbsminderung ab dem 01.07.2017 auf monatlich 565,27 euro ab. zur begründung verwies sie auf die rentenerhöhung, die als höheres einkommen berücksichtigung finden müsse. 6der kläger legte am 09.10.2017 „beschwerde“ ein und wandte sich „gegen die ständige anpassung von grundsicherung und rente“. am 10.10.2017 legte er eine „2. beschwerde“ gegen den änderungsbescheid vom 05.10.2017 ein und beanstandete „die monatliche reduzierung von 1,47 euro“. noch am gleichen tag ging bei der beklagten eine „3. beschwerde“ gegen den änderungsbescheid vom 05.10.2017 ein, mit der der kläger „die sehr hohe stromkostenpauschale“ beanstandete. am 13.10.2017 folgte eine „4. beschwerde“ gegen den änderungsbescheid vom 05.10.2017, mit der der kläger „die hohe mietzahlung“ rügte. 7die städteregion b. wertete dies als (einen) widerspruch gegen den änderungsbescheid vom 05.10.2017 mit unterschiedlichen begründungen und wies den widerspruch mit widerspruchsbescheid vom 16.01.2018 (az. a 50.2 – 337/17 ws-b ku) unter vertiefung der bisherigen ausführungen zurück. ergänzend führte sie aus, die berücksichtigung der stromkostenpauschale und der unterkunftskosten sei bereits mit dem bewilligungsbescheid vom 06.12.2016 erfolgt, so dass der angegriffene änderungsbescheid vom 05.10.2017 hierzu keine regelungen treffe. 8hiergegen hat der kläger am 22.01.2018 klage erhoben. 9nach zugang der ladung zur mündlichen verhandlung hat der kläger am 22.03.2018 terminsverlegung begehrt und mitgeteilt, er beabsichtige, die vom 24.04 bis 27.04.2018 in hannover stattfindende industriemesse zu besuchen. nachdem der kläger zwei anfragen des gerichts vom 23.03. und 09.04.2018, ob einer entscheidung ohne mündliche verhandlung zugestimmt wird, nicht beantwortet hatte, teilte das gericht ihm unter dem 16.04.2018 mit, es bestehe keine bereitschaft, den termin aufzuheben. er könne die vom 24.04 bis 27.04.2018 stattfindende messe auch besuchen, wenn er den termin wahrnehme. dass er im hinblick auf den messebesuch aufwendungen getätigt habe, sei bislang nicht ersichtlich. 10nachdem der kläger unter dem 23.04.2018 mitgeteilt hatte, eine entscheidung ohne mündliche verhandlung komme nicht in frage, ist die mündliche verhandlung am 26.04.2018 in seiner abwesenheit durchgeführt worden. 11der kläger beantragt seinem 12schriftsätzlichen vorbringen nach sinngemäß, 13den bescheid vom 05.10.2017 in der fassung des widerspruchsbescheides vom 16.01.2018 aufzuheben. 14die beklagte beantragt, 15die klage abzuweisen. 16hinsichtlich der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf die gewechselten schriftsätze und die übrige gerichtsakte sowie auf die verwaltungsakte der beklagten verwiesen, deren wesentlicher inhalt gegenstand der mündlichen verhandlung gewesen ist. 17
18das gericht war nicht gehalten, dem terminsverlegungsantrag des klägers zu entsprechen. 19denn er hat im hinblick auf jenen antrag keine tatsachen vorzubringen vermocht, welche erhebliche gründe im sinne des § 202 satz 1 sozialgerichtsgesetz (sgg) i.v.m. § 227 abs. 1 zivilprozessordnung (zpo) darstellen. nach den eigenen angaben des klägers ging es nämlich um den besuch der industriemesse, die vom 24.04. bis 27.04.2018 in hannover stattfand. der kläger konnte die messe also am 24.04., am 25.04. und auch am 27.04.2018 besuchen, ohne dass der termin zur mündlichen verhandlung am 26.04.2018 ihn daran gehindert hätte. dass umstände vorliegen, welche einen besuch am 26.04.2018 zwingend erforderlich machen, ist weder ersichtlich, noch dargetan, zumal der kläger mitgeteilt hat, messeausweise würden im „zum nulltarif“ zur verfügung gestellt. 20das gericht konnte trotz abwesenheit des klägers nach mündlicher verhandlung entscheiden, weil er in der ladung hierauf hingewiesen worden ist, § 110 abs. 1 satz 2 sgg. 21die zulässige anfechtungsklage ist unbegründet. der kläger wird durch die angefochtenen bescheide nicht im sinne des § 54 abs. 1 satz 1 sgg beschwert, da diese nicht rechtswidrig sind. 22rechtsgrundlage für die abänderung des bewilligungsbescheides vom 06.12.2016 ist § 48 abs. 1 satz 1 und 2 nr. 3 zehntes buch sozialgesetzbuch – sozialverwaltungsverfahren und sozialdatenschutz (sgb x). 23eine anhörung des klägers vor erlass des änderungsbescheides vom 05.10.2017 war nach § 24 abs. 2 nr. 5 sgb x entbehrlich. 24die voraussetzungen der rechtsgrundlage liegen vor. bei dem bewilligungsbescheid vom 06.12.2016 handelt es sich um einen verwaltungsakt mit dauerwirkung. 25in den tatsächlichen verhältnissen jenes bescheides ist mit wirkung zum 01.07.2017 eine änderung eingetreten. denn durch die zum 01.07.2017 wirksame erhöhung der altersrente des klägers erhöhte sich das auf die grundsicherungsleistungen anzurechnende einkommen, §§ 43 abs. 1 satz 1, 82 abs. 1 zwölftes buch sozialgesetzbuch – sozialhilfe (sgb xii). 26diese änderung war auch wesentlich, denn der bescheid vom 06.12.2016 hätte unter berücksichtigung der erhöhten rente so nicht erlassen werden dürfen. ab dem 01.07.2017 bestand nämlich nur ein um 1,47 euro pro monat geringerer anspruch des klägers auf grundsicherung im alter und bei erwerbsminderung. 27die beklagte war schließlich auch befugt, den bescheid vom 06.12.2016 mit wirkung für die vergangenheit abzuändern, weil die zusätzlichen voraussetzungen des § 48 abs. 1 satz 2 nr. 3 sgb x vorlagen. denn die altersrente des klägers stellt auch einkommen im sinne jener vorschrift dar, das nach erlass des ausgangsbescheides vom 06.12.2016 erzielt worden ist und zur minderung seines sozialhilfeanspruchs geführt haben würde. 28ermessen war von der beklagten nicht auszuüben, da es sich um eine typische anpassung von sozialhilfeleistungen an geänderte einkommensverhältnisse handelt. ein atypischer fall im sinne von § 48 abs. 1 satz 2 sgb x ist damit nicht ersichtlich. 29soweit der kläger sich darüber hinaus gegen die „kürzung“ seiner grundsicherungsleistungen um 1,47 euro pro monat ab dem 01.07.2017 wendet, handelt es sich nicht um eine separat angreifbare regelung. denn der änderungsbescheid vom 05.10.2017 regelt die anpassung der grundsicherungsleistungen des klägers an seine rente und beinhaltet ab dem 01.07.2017 die festsetzung von leistungen, die um 1,47 euro geringer sind, als die zuvor festgesetzten leistungen der grundsicherung im alter und bei erwerbsminderung. 30soweit der kläger sich gegen die stromkostenpauschale (richtig: gegen die kürzung des ihm gewährten regelbedarfs um die separat bewilligten kosten für haushaltsstrom) sowie (sinngemäß) gegen die festgesetzten kosten der unterkunft wendet und höhere leistungen begehrt, ist die klage unbegründet. denn der änderungsbescheid vom 05.10.2017 trifft hierzu keine eigenständige regelung. der kläger hätte, wollte er höhere kosten der unterkunft bzw. einen ungekürzten regelbedarf erhalten, den bewilligungsbescheid vom 06.12.2016 angreifen müssen. die städteregion aachen hat hierzu im widerspruchsbescheid vom 16.01.2018 zutreffend ausgeführt, dass es sich insoweit lediglich um eine wiederholende verfügung ohne eigenständigen regelungscharakter handelt. 31die kostenentscheidung beruht auf § 193 abs. 1 satz 1 sgg.
Verklagte*r
0
127,119
L 17 U 30/06
2016-01-13T00:00:00
Urteil
Tenor Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 15.11.2005 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen. 1Tatbestand: 2Die Beteiligten streiten um die Folgen eines Arbeitsunfalls, den der Kläger am 10.06.1994 erlitten hat. 3Der 1962 geborene, bei der Beklagten seinerzeit freiwillig versicherte Kläger war zum Zeitpunkt des Arbeitsunfalls selbständiger Rechtsanwalt. Auf dem Weg von seiner Kanzlei in N zum Finanzgericht E, wo er im Rahmen seiner anwaltlichen Tätigkeit einen Termin wahrzunehmen hatte, wurde er mit seinem Pkw in einen Verkehrsunfall verwickelt. Nach dem polizeilichen Aufnahmeprotokoll vom 10.06.1994 hatte sich der Verkehr an der Unfallstelle aufgrund eines vorausgegangenen Verkehrsunfalls stark verlangsamt, was ein auf der Autobahn rechts fahrender Lkw-Fahrer zu spät bemerkt habe und deshalb zur Vermeidung eines Auffahrunfalls mit seinem Fahrzeug nach links auf die vom Kläger benutzte Fahrbahn ausgeschert sei. Dabei sei es zur Kollision mit dessen VW Golf gekommen. Der Kläger habe nicht rechtzeitig ausweichen können und sei unter den Anhänger gefahren. Der Wagen des Klägers war rechtsseitig total beschädigt. Die Geschwindigkeit des Lkw habe zum Unfallzeitpunkt laut Schaublatt ca. 82 km/h betragen. 4Der Kläger wurde mit dem Notarzt ins Evangelische Krankenhaus C in N (Leitender Arzt Dr. U, Abteilung Unfall- und Gelenkchirurgie) verbracht. Dort wurde eine schmerzhafte Verspannung der linksseitigen Nackenmuskulatur des Klägers festgestellt. Die Kopfwendung nach links war schmerzhaft. Außerdem gab der Kläger Schmerzen an der vorderen Brustkorbseite und einen Druckschmerz beidseits neben der Wirbelsäule (WS) im Übergang der Brust- (BWS) zur Lendenwirbelsäule (LWS) an. Röntgenaufnahmen der Halswirbelsäule (HWS) und des Brustkorbs ergaben keinen Anhalt für eine frische Knochenverletzung, jedoch eine Blockwirbelbildung bei C5/6 und eine Steilstellung der HWS. Diagnostiziert wurden ein HWS-Schleudertrauma und eine Rippenprellung. Der Kläger wurde dann nach Wiedervorstellung im Krankenhaus C am 15.06.1994 aufgrund eines von ihm angegebenen Schwindelgefühls mit Verzerrung des Blickfeldes und globaler Schwäche stationär dort aufgenommen und es wurden folgende Diagnosen gestellt: Links hinterkopfseitige Schädelprellung mit ausgeprägt vegetativem Begleitsyndrom, HWS-Distorsion mit traumatischer Bandscheibenvorwölbung C3-C4 und C5, unfallunabhängige Blockwirbelbildung C 5/6 sowie LWS-Distorsion mit rechtsbetonter Lumboischialgie und Bandscheibenvorwölbung L5/S1. Im MRT von Schädel und HWS ergab sich in der HWS kein Hinweis auf eine Einblutung. Auch Stammhirnläsionen und Einblutungszeichen ließen sich nicht erkennen. Der Kläger wurde alsdann in die Neurologische Klinik des Krankenhauses N (Chefarzt Prof. Dr. I) verlegt. Dieser hatte bereits mit Bericht vom 22.06.1994 ein HWS-Schleudertrauma I. Grades ohne objektivierbares neurologisches Defizit, eine links-occipitale Schädelprellung mit ausgeprägtem vegetativem Begleitsyndrom und Verdacht auf Hirnstammaffektion und ein traumatisch bedingtes LWS-Schmerzsyndrom mit rechtsseitiger Lumboischialgie festgestellt. In Zwischenberichten vom 07. und 11.07.1994 wurden zunächst eine beidseitige rechtsbetonte Lumboischialgie bei traumatisch bedingter medio-rechtslateraler Diskusprotrusion L5/S1 und ein HWS-Schleudertrauma 3. Grades mit Schmerzsyndrom diagnostiziert. Im Überweisungsbericht in die Anschlussheilbehandlung vom 19.07.1994 teilte das Krankenhaus N mit, die Kernspintomographie habe eine unauffällige Darstellung des Schädels und des Hirnstamms ergeben. Die in diesem Bericht aufgeführten Diagnosen links-occipitale Schädelprellung mit protrahiertem psychovegetativem Begleitsyndrom, beidseitige rechtsbetonte Lumboischialgie bei Bandscheibenvorwölbung L5/S1 sowie HWS-Schleudertrauma 3. Grades mit paravertebraler Schmerzsymptomatik und hochgradigen Bandscheibenvorwölbungen bei C3 bis C5 seien traumatisch bedingt, die darüber hinaus festgestellte Verblockung von C 5/6 hingegen angeboren. Der Kläger wurde am 16.08.1994 aus der stationären Behandlung entlassen. 5Am 04.08.1995 erlitt er einen weiteren Verkehrsunfall im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit. Hierbei war ein Pkw auf das Fahrzeug des Klägers aufgefahren. Dr. U nannte in dem diesbezüglichen Durchgangarztbericht vom 01.09.1995 als Diagnose eine HWS-Distorsion. 6Die Beklagte forderte bei Prof. Dr. I einen Bericht an. Dieser berichtete unter dem 13.09.1995, dass beim Kläger ein Zustand nach zweimaligem HWS-Schleudertrauma (1994 II. - III. Grades, 1995 I. Grades), eine beidseitige rechtsbetonte typische Lumboischialgie bei initial nachgewiesener traumatischer Diskusprotrusion L5/S1 sowie ein Zustand nach Schädelprellung bestünden. Das neuerliche HWS-Schleudertrauma habe die Beschwerden verschlimmert. Eine gutachterliche Feststellung der Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) sei erforderlich. 7Mit Gutachten vom 26.02.1996 stellte Prof. Dr. I folgende Gesundheitsbeeinträchtigungen beim Kläger fest: 81. Zustand nach zweimaligem Halswirbelsäulenschleudertrauma (10.06.1994: II. bis III. Grades und 04.08.1995: I. Grades) mit ausgeprägtem paravertebralem, teils radikulär, teils pseudoradikulär ausstrahlendem Schmerzsyndrom und traumatisch bedingten Diskusprotrusionen C3 bis C5 mit Myelontangierung links. 92. Beidseitige rechtsbetonte Lumboischialgie bei traumatisch bedingter medio-rechtslateraler Diskusprotrusion L5/S1. 103. Zustand nach links occipitaler Schädelprellung mit protrahiertem psychovegetativem Begleitsyndrom und kognitiven Störungen. 111976 und 1985 sei es bereits zu HWS-Schleudertraumata gekommen, jedoch ohne persistierende Beschwerden. Der psychische Befund des Klägers sei im Wesentlichen unauffällig. Die festgestellten Protrusionen in den Segmenten C3/C4, C4/C5, C6/C7 und L5/S1 seien jeweils traumatisch bedingt und auf den Unfall vom 10.06.1994 zurückzuführen. Die Beschwerden seien durch den Folgeunfall akzentuiert worden. Ab dem 01.09.1995 liege deshalb eine dauerhafte MdE von 60 v.H. vor. 12Der hierzu von der Beklagten beratungsärztlich gehörte Chirurg und Unfallchirurg Dr. S hielt es für in hohem Maße zweifelhaft, ob es durch die Arbeitsunfälle zu den vom Sachverständigen angenommenen unfallbedingten Bandscheibenvorwölbungen in LWS und HWS gekommen sei. Der Krankheitswert dieser Befunde sei ebenso zweifelhaft, weil die Beschwerdesymptomatik sich nicht entsprechenden Nervenwurzeln zuordnen lasse. Eine Hirnstammschädigung sei aufgrund der MRT-Untersuchungen auszuschließen. Die Bandscheibenveränderungen hätten zudem keinen prozesshaften Wandel gezeigt. Substanzielle unfallbedingte Schäden im Bereich von Schädel, Gehirn, HWS, Rückenmark, Nervenwurzel und LWS seien bisher nicht nachgewiesen. Sichere funktionelle Defizite seien beim Kläger nicht beschrieben worden. Der hierzu um ergänzende Stellungnahme gebetene Prof. Dr. I hielt an seiner Beurteilung fest. 13Die Beklagte hielt es nach Auswertung des Gutachtens für zweifelhaft, dass die Bandscheibenvorwölbungen durch den Unfall entstanden seien. Sie beabsichtigte daher eine erneute Begutachtung durch einen anderen Sachverständigen. Zwischen den Beteiligten entstand in der Folge eine Auseinandersetzung darüber, ob und durch welchen Sachverständigen eine weitere Untersuchung durchgeführt werden solle. 14Mit Bescheid vom 05.06.1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.09.1997 lehnte die Beklagte weitere Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung mit der Begründung ab, dass der Kläger seiner Mitwirkungspflicht nicht nachgekommen sei. In einem im Rahmen eines in der Folge vor dem Senat zu Az. L 17 U 319/00 geführten Berufungsverfahrens geschlossenen Vergleichs vom 20.06.2001 erklärte sich der Kläger bereit, sich von dem Facharzt für Nervenheilkunde, physikalische und rehabilitative Medizin und Chefarzt der neurologischen Abteilung der Klinik am S Bad P, Dr. Dr. X, untersuchen zu lassen. Die Beklagte erklärte sich bereit, die wegen mangelnder Mitwirkung erlassenen Bescheide alsdann aufzuheben. 15Dr. Dr. X erstellte nach Untersuchung des Klägers unter dem 28.12.2001 sein Gutachten, in dem er den Kläger mit der Angabe zitierte, er habe bereits 1987 einen Verkehrsunfall mit HWS-Schleudertrauma erlitten, das aber ausgeheilt sei. Er habe auch "schon mal irgendwann" unter leichteren Rückenbeschwerden gelitten. Ihm sei auch bekannt, dass er einen Blockwirbel im HWS-Bereich habe. Er versuche, aus seiner Situation das Beste zu machen, sei nicht gedrückt oder depressiv. Aus organneurologischer Sicht sah Dr. keine krankheitswertigen Veränderungen. Die Schmerzangaben des Klägers ließen sich organmedizinisch nicht objektivieren. Die Frage der Unfallfolgen müsse allein auf der Grundlage der orthopädischen Begutachtung beantwortet werden. Hiernach liege in Auswertung auch des orthopädischen Zusatzgutachtens ein unfallfremdes degeneratives HWS-Leiden vor, das im Zusammenwirken mit der anlagebedingten HWS-Blockwirbelbildung zu den geklagten Beschwerden geführt habe. Mit den von Prof. Dr. I gestellten Diagnosen stimme er somit überein, die hieraus folgenden Funktionseinschränkungen seien aber nicht unfallbedingt. 16Die orthopädische Begutachtung führte der Facharzt für Orthopädie, physikalische und rehabilitative Medizin Dr. P am 17.12.2001 durch. Als Folgen des Unfalls beschrieb Dr. P: 171. Leichtgradige Halswirbelsäulendistorsion 182. Rippenprellung 19Bei der seitlichen Kollision mit dem Lkw sei es zu einer Flexionsverletzung gekommen. Eine Beschleunigungsverletzung stehe angesichts des Unfallverlaufs mit seitlichem Anprall des Lkw nicht zur Diskussion. Die zu einem späteren Zeitpunkt nachgewiesenen Bandscheibenprotrusionen C3-5 sowie L5/S1 seien nicht durch den Unfall verursacht worden. Die beim Kläger vorliegende fixierte Fehlhaltung des Rumpfes und der HWS mit einhergehender Einschränkung der Beweglichkeit sei nicht unfallbedingt verursacht worden. Denn das Unfallereignis sei nicht schnell genug gewesen, um Rissbildungen der Bandscheibe zu verursachen. Geeignet hierfür seien Stürze aus größerer Höhe oder erhebliche Schleuderbewegungen verursachende Ereignisse. Gerade bei jüngeren Menschen würde auch zunächst das angrenzende Knochengewebe traumatisiert, was sich in bildgebenden Verfahren in Form von Gewebeveränderungen, Einblutungen, Stufenbildung oder Knochenmarködemen sicher nachweisen ließe. Solche Nachweise fehlten hier aber. Auch sei nicht im unmittelbaren Anschluss an den Unfall der Nachweis von Wurzelreizungen geführt. Weder das Unfallereignis noch die klinisch objektivierten Funktionsbefunde oder die weiteren technischen Befunde sprächen für eine traumatische Bandscheibenprotrusion im Bereich der HWS. Dies gelte auch für die später objektivierte Vorwölbung L5/S1. Unfallfremd seien daher: 201. Synostose der leichtgradig hypoplastischen 5. und 6. Halswirbelkörper 212. Anlagebedingte Bandscheibenrückbildung C3/4, 4/5 mit Protrusionen 223. Anlagebedingte Bandscheibenprotrusion L5/S1 Unfallbedingt sei damit eine leichtgradige HWS-Distorsion. Eine unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit habe bis zu 6 Wochen nach dem Unfall bestanden. Der Grad der MdE sei ab dem 01.12.1995 mit 10 v. H. für ein Jahr zu bewerten. 23Mit Bescheid vom 21.02.2002 lehnte die Beklagte eine Rentengewährung aus der gesetzlichen Unfallversicherung aus Anlass des Unfalls vom 10.06.1994 ab. Eine MdE über das Ende des Anspruchs auf Verletztengeld hinaus bestehe nicht. Der Widerspruch des Klägers vom 18.03.2002 wurde mit Widerspruchsbescheid vom 21.10.2002 zurückgewiesen. 24Gegen die Versagung von Verletztenrente hat der Kläger am 13.11.2002 Klage vor dem Sozialgericht Düsseldorf (SG) erhoben. Er hat die Auffassung vertreten, dass er auf Grund des Unfalls vom 10.06.1994 Anspruch auf Gewährung einer Rente habe, weil auch über den 01.12.1995 hinaus Beeinträchtigungen bei ihm vorlägen, die eine MdE bedingten. Dies habe der Sachverständige Prof. Dr. I in seinem Gutachten vom 26.02.1996 festgestellt. Demgegenüber seien die Gutachten von Dr. und Dr. P in weiten Teilen falsch. Bezüglich des zuletzt genannten Vortrags hat der Kläger ein Privatgutachten von dem "Medizingutachterbüro" Dr. W überreicht, wonach der Unfallhergang sehr wohl geeignet gewesen sei, die beim Kläger aufgetretenen Verletzungen hervorzurufen. Dass unfallnah kein Ödem nachgewiesen sei, liege am Unterlassen der zu dessen Objektivierung notwendigen Untersuchungen, was "natürlich nicht zu Lasten des Geschädigten" gehen könne. Die Beschwerden seien unfallbedingt, da andere Ursachen nicht erkennbar seien. Eine unfallbedingte Schädelprellung mit Hirntraumatisierung und diagnostizierter Hirnstammaffektion habe vorgelegen. Eine posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) "dürfte vorliegen". Die gegen einen Anspruch des Klägers sprechenden Gutachten seien somit nahezu durchgängig falsch und eine MdE von mindestens 30-40 v.H. gerechtfertigt. Diese Feststellungen hat Dr. W allein anhand einer Auswertung der Vorgutachten getroffen. 25Ferner hat der Kläger eine verkehrstechnische gutachterliche Stellungnahme des Dipl.-Ing. G. A vom 16.04.2002 sowie dessen ergänzende Stellungnahme vom 29.07.2002 überreicht. Hiernach habe keine Heckkollision stattgefunden, sondern eine Streifkollision mit kurzzeitiger Kontaktierung bzw. Verhakung mit dem Unterfahrschutz bzw. Aufbau des Lkw-Anhängers, einem nachfolgenden teilweisen Unterfahren sowie einer nachfolgenden Frontalkollision der rechten Frontpartie des Pkw’s des Klägers mit dem linken hinteren Reifen des Anhängers. Nach Auswertung der Tachoscheibe habe der Lkw bei der Kollision wahrscheinlich eine Geschwindigkeit von 58 km/h gehabt. Anhand der Schäden am Pkw sei von einer Geschwindigkeitsdifferenz von 20-25 km/h und somit von einer Geschwindigkeit des Pkw bei Anprall von mindestens 78-83 km/h, eher aber 93-98 km/h auszugehen. Betreffend die Einwirkungen auf den Körper des Klägers seien die einzelnen Ablaufphasen nicht mehr exakt rekonstruierbar. Im Hinblick auf die beim Anprall frei werdende Energie könne eine HWS-Verletzung nicht ausgeschlossen werden. Das Unfallgeschehen stehe zu diesen Verletzungen jedenfalls nicht im Widerspruch. 26Der Kläger hat beantragt, 27die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 21.02.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.10.2002 zu verurteilen, ihm nach seinem Arbeitsunfall vom 10.06.1994 ab dem 01.12.1995 eine Verletztenrente nach einer MdE von mindestens 20 v. H. zu gewähren. 28Die Beklagte hat beantragt, 29die Klage abzuweisen. 30Sie hat die Auffassung vertreten, dass die angefochtene Entscheidung rechtmäßig sei. Beim Kläger habe ein ausgeprägtes anlagebedingtes Leiden bestanden, auf dessen Boden die Bandscheibenprotrusionen entstanden seien. Der Unfall vom 10.06.1994 sei nicht die Ursache für die jetzt noch beim Kläger bestehenden Beschwerden. Der Unfall vom 10.06.1994 und der Unfall vom 04.08.1995 seien als eine Einheit zu betrachten. Insoweit habe sie mit der angefochtenen Entscheidung über beide Unfälle entschieden. 31Das SG hat Beweis erhoben durch Einholung eines medizinischen Sachverstän- digengutachtens von Prof. Dr. K (Chefarzt der Abteilung Orthopädie und orthopädische Chirurgie am K-Krankenhaus in O). In seinem Gutachten vom 20.10.2003 hat dieser folgende Diagnosen gestellt: 32- Zustand nach Halswirbelsäulendistorsionsverletzung (Schleudertrauma) 1985 - Blockwirbelbildung der Halswirbelsäule in der Etage C5/C6 (Nachweis 1987) - Rezidivierendes HWS-Syndrom (Erstbehandlung 1/91 - 3/91), Cephalgien, BWS-Syndrom (Behandlung 1/91 - 3/91) - Rezidivierende Lumboischialgien (erstmals 10.03.1992) - HWS-Syndrom (Behandlung 08.05.1992 - 07.08.1992) - Zustand nach Verkehrsunfall am 10.06.1994 mit HWS-Distorsionsverletzung Grad II, links occipitaler Schädelprellung, Rippenprellung und protrahiertem psychovegetativem Begleitsyndrom - Zustand nach Verkehrsunfall am 04.08.1995 mit HWS-Distorsion Grad I - Degenerative kernspintomographisch progrediente Veränderungen der HWS in den Etagen C3/C4, C4/5 mit primärer relativer Spinalkanalstenose im Bereich HWK 4 bis HWK 5 - Degenerative Veränderungen der Lendenwirbelsäule mit schmerzhafter Funktionseinschränkung bei Osteochondrose L3/L4 - Bandscheibenprotrusion L5/S1 rechts 33Hinsichtlich der biomechanischen Einflüsse sei eine Aussage hinsichtlich der Verursachung eindeutig möglich. Die Bandscheiben könnten durch einen Verkehrsunfall, wie ihn der Kläger erlitten habe, nicht beeinträchtigt werden. Eine Hinterkopfverletzung sei nirgends dokumentiert. LWS-Beschwerden habe der Kläger schon vor dem Unfall gehabt. Den Gutachten von Dr. P und Dr. Dr. X stimme er zu. Der Kläger habe bei dem Verkehrsunfall vom 10.06.1994 eine HWS-Distorsionsverletzung II. Grades sowie eine linksoccipitale Schädelprellung, eine Rippenprellung und ein protrahiertes psychovegetatives Syndrom erlitten. Dass es hierbei zu einer Verletzung von HWS oder LWS gekommen sei, sei unwahrscheinlich. Die zeitnah durchgeführten kernspintomographischen und radiologischen Untersuchungen hätten keine Hinweise auf posttraumatische Veränderungen ergeben. Das Schadensbild im Bereich der HWS sei anlagebedingter und degenerativer Genese. Im Durchgangsarztbericht sei eine Verletzung des Hinterkopfes, die Prof. Dr. I angenommen habe, gerade nicht festgestellt worden. Äußere Verletzungszeichen seien zeitnah zum Unfall auch in bildgebenden Verfahren nicht beschrieben worden. 34Das private Gutachten von Dipl.-Ing. A hat dem Sachverständigen vorgelegen. In einer ergänzenden Stellungnahme vom 27.03.2004 hat er eingeräumt, er habe dieses Gutachten privat einem Kfz-Sachverständigen vorgelegt, der es ihm erläutert habe. 35Dem Gesuch des Klägers, Prof. Dr. K deshalb und weil dieser ihn selbst nicht untersucht habe, wegen der Besorgnis der Befangenheit abzulehnen, ist das SG mit Beschluss vom 13.05.2004 nicht gefolgt, hat aber ein weiteres Sachverständigengutachten bei dem Orthopäden und Sozialmediziner Dr. T in Auftrag gegeben. Dr. T hat sein Gutachten unter dem 05.04.2005 erstellt. Dort beschreibt er, dass das Unfallgeschehen grundsätzlich geeignet sei, strukturelle Verletzungen auch an der HWS hervorzurufen. Auch subjektive Beschwerden habe der Kläger hinreichend zeitnah geäußert. Zum Zeitpunkt des Unfalls habe beim Kläger jedoch eine gravierende Schadensanlage bestanden, die einen ursächlichen Zusammenhang zwischen dem Unfallgeschehen und den beim Kläger vorliegenden Gesundheitsbeeinträchtigungen ausschließe. Dr. P habe unter Bezug auf die Röntgenaufnahmen vom 10.06.1994 dargelegt, dass bereits am Unfalltag eine ausgeprägte Segmentdegeneration C4/C5 mit nachweisbarer Bandscheibenhöhenminderung und restspondylotischer Reaktion vorgelegen habe. Zeichen einer frischen Bandscheibenmassenverlagerung nach dem Unfall fänden sich hingegen nicht. Zweifelsfrei zu sichernder Erstschaden sei eine HWS-Schleuderverletzung Grad I bis II nach Erdmann. Für die Annahme einer unfallbedingten LWS-Verletzung fehle es hingegen an einem entsprechenden durchgangsärztlichen Erstbefund und gesicherten Funktionseinschränkungen der LWS in den ersten 10 Tagen nach dem Unfall. Jederzeit habe insoweit eine Schadensmanifestation stattfinden können, auch ohne ein äußeres Ereignis. Es sei in diesem Zusammenhang unerheblich, dass der Kläger im Segment C5/C6 eine angeborene Befundauffälligkeit im Sinne eines Blockwirbels aufweise. Diese Befundauffälligkeit rufe keine klinischen Symptome hervor. Sie bilde allenfalls eine sogenannte prädiskotische Deformität, da es durch die damit verbundene Teilversteifung der HWS zu einer statischen und dynamischen Mehrbelastung der benachbarten Bewegungssegmente komme, die vergleichbar mit dem Zustand nach einer Versteifungsoperation ein erhöhtes Degenerationsrisiko der benachbarten Bandscheiben nach sich ziehe. Für seine jetzige Bewertung und für die Feststellung einer gravierenden Schadensanlage sei nicht dieser Blockwirbel entscheidend, sondern der Umstand, dass das benachbarte Segment C4/C5 nicht nur theoretisch Verschleißveränderungen unterworfen sein könne, sondern bereits eingetretenen Verschleißumformungen unterworfen gewesen sei. Diese Feststellung werde gesichert durch die Höhenminderung der Bandscheibe C4/C5 und die eingetretene Umklammerungsreaktion (Retrospondylose) mit dadurch verbundener Einengung des Zwischenwirbelloches und des Wirbelkanals. Eine solche eingetretene Höhenminderung des Zwischenwirbelraumes zeige, dass es sich um eine fortgeschrittene Bandscheibendegeneration handele, da bereits eine Druckminderung der Bandscheibe als Ausdruck der Höhenminderung bestehe und regelmäßig zumindest zeitweilige Bandscheibenmassenverlagerungen im Sinne von Protrusionen oder Bandscheibenvorfällen gleichzeitig bestehen oder vorangegangen sein müssten. Ein solcher Befund sei ausschließlich denkbar, wenn zu diesem Zeitpunkt bereits eine Rissbildung im Bereich des Bandscheibenfaserringes bestehe. Solche Befunde würden als röntgenologische Zufallsbefunde in der orthopädischen Praxis des Sachverständigen immer wieder auch bei symptomarmen oder symptomfreien Patienten festgestellt. Beim Kläger bestehe ein degeneratives Cervicalsyndrom bei Bandscheibenprotrusionen der HWS und ein degeneratives Lumbalsyndrom. Ein Zusammenhang mit dem Ereignis vom 10.06.1994 könne nicht wahrscheinlich gemacht werden. Gegen den Kausalzusammenhang spreche das Ausmaß der bestehenden Schadensanlage zum Zeitpunkt des Unfallgeschehens mit weit fortgeschrittener und deutlich. altersvorauseilender Degeneration der HWS. Gleichzeitig spreche gegen den Kausalzusammenhang die mehrsegmentale Bandscheibenprotrusion. Ein solcher mehrsegmentaler Befund, der zeitlich parallel auch im LWS-Bereich auftrete, sei ein Zeichen einer "inneren Ursache". Im LWS-Bereich spreche gegen den ursächlichen Zusammenhang, dass in den ersten Tagen nach dem Unfallgeschehen keine LWS-Verletzung und keine diesbezügliche Funktionseinschränkung gesichert worden seien. Bei der Erstuntersuchung sei lediglich ein Druckschmerz im Übergangsbereich der BWS zur LWS auffällig gewesen. Hier bestehe keinerlei denkbarer Zusammenhang zu einer Bandscheibenmassenverlagerung im tiefer liegenden Segment L5/S1, die später festgestellt worden sei. Eine unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit habe bis zum 30.11.1995 bestanden. Ab dem 01.12.1995 sei eine unfallbedingte MdE von 10 v. H. festzustellen. Ab dem 10.06.1996 sei keine messbare MdE mehr gegeben. 36Hierzu hat der Kläger eine von ihm eingeholte Stellungnahme des Neurochirurgen Dr. C vorgelegt, der die Auffassung vertreten hat, seit dem Unfall liege beim Kläger ein cervikocephales Syndrom vor. Das Beschwerdebild sei nicht durch die vorbestehenden degenerativen HWS-Beschwerden erklärbar. Vor dem Unfall hätten keine Beschwerden bestanden, nunmehr persistierten diese seit 11 Jahren. Die von Dr. C wiedergegebenen Beschwerden des Klägers seien somit ausschließlich unfallbedingt. Ferner hat der Kläger u.a. ein Attest des Allgemeinmediziners, Psychotherapeuten und Psychosomatikers Dr. S vom 28.02.2005 vorgelegt, wonach der Kläger wegen einer PTBS infolge der 1994 und 1995 erlittenen Verkehrsunfälle bei ihm in fortlaufender tiefenpsychologischer Psychotherapie sei. Auch Dr. W hat in einer weiteren Stellungnahme für den Kläger vom 12.09.2005 das Gutachten Dr. T für falsch gehalten, weil dieser auf das ja ebenfalls falsche Gutachten Dr. P Bezug nehme. Es liege nicht nur ein geeigneter Unfallhergang, sondern auch ein Kausalzusammenhang mit sämtlichen nunmehr bestehenden Beschwerden einschließlich der PTBS vor, was eine MdE um 70 v.H. begründe. In einer weiteren Ergänzung seiner dem Kläger privat erstatteten Gutachten vom 27.06.2005 hat Dipl.-Ing. A dargelegt, dass es bei dem Unfall auch zu einer starken Verdrehung des Oberkörpers entgegen dem Uhrzeigersinn gekommen sei, was er nunmehr anhand einer neuerdings zur Verfügung stehenden digitalen Simulationssoftware belegen könne. 37Mit Urteil vom 15.11.2005 hat das SG die Klage abgewiesen. Zu Recht habe es die Beklagte abgelehnt, dem Kläger eine Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung wegen seines Unfalls vom 10.06.1994 zu gewähren. Denn nach Ablauf der unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit, während der Verletztengeld gezahlt wurde, bestehe keine unfallbedingte Minderung der Erwerbsfähigkeit mehr, die zu einer Rentengewährung führe. Es könne dahinstehen, ob die Beklagte, wie sie es im Termin zur mündlichen Verhandlung vorgetragen habe, mit der angefochtenen Entscheidung sowohl über das Ereignis vom 10.06.1994 als auch über das Ereignis vom 04.08.1995 entschieden habe. Denn nach dem Ergebnis der medizinischen Beweisaufnahme stehe dem Kläger nach beiden Ereignissen kein Anspruch auf Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung zu. Denn über die 26. Woche hinaus nach dem schädigendem Ereignis bestehe bei dem Kläger keine MdE in rentenberechtigender Höhe mehr. Der Kläger habe am 10.06.1994 in Ausübung seiner beruflichen Tätigkeit als Rechtsanwalt einen Verkehrsunfall erlitten. Dieser Unfall stelle einen Versicherungsfall im Sinne des § 7 Abs. 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) dar, denn es handele sich um einen Arbeitsunfall im Sinne des § 8 Abs. 1 SGB VII. Weder dieser Arbeitsunfall vom 10.06.1994 noch das weitere Ereignis vom 04.08.1995 hätten jedoch die beim Kläger vorliegenden Schäden an der HWS und LWS verursacht. Die beim Kläger festgestellten Protrusionen der Bandscheiben im Bereich der HWS und der LWS seien vielmehr auf ein anlagebedingtes Leiden und somit auf eine innere Ursache zurückzuführen, die der Entschädigung durch die gesetzliche Unfallversicherung nicht unterliege. Bei seiner Einschätzung habe das SG das von Prof. Dr. K unterzeichnete Sachverständigengutachten vom 27.03.2004 nicht verwertet. Zwar habe die Kammer den Antrag des Klägers auf Ablehnung des Sachverständigen wegen der Besorgnis der Befangenheit abgelehnt, sich jedoch nicht mit der ausreichenden Sicherheit davon überzeugen können, dass der durch die Beweisanordnung vom 23.06.2003 beauftragte Sachverständige das Gutachten selbst auf der Basis einer eigenen Untersuchung und Urteilsfindung erstellt habe. Die vom Kläger aufgeworfenen Zweifel an der eigenständigen Untersuchung durch den beauftragten Sachverständigen habe das SG trotz nachhaltiger Recherchen nicht ausräumen können. Das SG hat seine Auffassung deshalb auf das im Anschluss eingeholte Sachverständigengutachten von Dr. T vom 05.04.2005 sowie auf die im Verwaltungsverfahren eingeholten Sachverständigengutachten von Dr. Dr. X vom 28.12.2001 und von Dr. P vom 17.12.2001 gestützt. In einer das SG überzeugenden Weise hätten diese Sachverständigen dargestellt, dass bereits zum Zeitpunkt des Unfalls vom 10.06.1994 eine erhebliche Vorbelastung in der HWS des Klägers und auch der LWS bestanden habe. Die bei dem beschriebenen Unfall auf den Körper des Klägers wirkenden Kräfte könnten zur Überzeugung der Sachverständigen, denen sich das SG angeschlossen hat, die Veränderungen der Bandscheiben im HWS und LWS-Bereich des Klägers nicht verursachen. Wenn auch der Unfallhergang in Nuancen streitig geblieben sei, so stehe doch fest, dass es beim Spurwechsel des Lkws von der rechten auf die linke Spur, die vom Pkw des Klägers genutzt wurde, zu einem Seitenaufprall gekommen sei. Die dabei auftretenden Kräfte seien sowohl im Gutachten von Dr. P wie auch im Gutachten von Dr. T beschrieben worden. Der Vortrag des Klägers, der sich im Wesentlichen auf eine Stellungnahme der "GutachtensteIle W" beziehe, stütze sich im Wesentlichen auf Spekulationen. Auch das die Zusammenhangsfrage bejahende Gutachten von Prof. Dr. I berücksichtige nicht die für eine Bandscheibenschädigung notwendige mechanische Dynamik, die durch den beschriebenen Unfall nicht habe verursacht werden können. Wie Dr. T überzeugend ausgeführt habe, habe beim Kläger eine so gravierende Vorveranlagung bestanden, dass es zu der jetzt vorliegenden Schadensmanifestation auch ohne ein äußeres Ereignis habe kommen können. Um die Kausalität bezüglich einer Bandscheibenprotrusion und eines degenerativen Cervicalsyndroms beim Kläger zu bewerten, sei es daher erforderlich, die Frage zu klären, ob das Unfallgeschehen geeignet war, eine wesentliche Vorverlagerung der Schadensmanifestation zu bewirken. Eine solche, für die Begründung der Kausalität notwendige Vorverlagerung der Schadensmanifestation um mindestens ein Jahr könne nach den vorliegenden Befunden nicht begründet werden. Das Ausmaß der bestehenden Schadensanlage, die jederzeit eine Schadensmanifestation ohne jegliche äußere Verursachung ermöglicht hätte, und ferner der Umstand, dass die Bandscheibenmassenverlagerungen beim Kläger im engen zeitlichen Zusammenhang mit dem Unfallgeschehen in drei Bewegungssegmenten nämlich C3/C4, C4/C5 und C6/C7 festgestellt worden seien, sprächen dagegen. Eine solche mehrsegmentale Befundkonstellation, gerade wenn sie in Kombination mit einer prädiskotischen Deformität (Blockwirbelbildung C5/C6) vorliege, spreche gegen eine unfallbedingte Verursachung und für eine schicksalhafte Entstehung der Bandscheibenmassenverlagerungen. Beim Kläger sei es daher wahrscheinlicher, dass es auch ohne das Unfallgeschehen vom 10.06.1994 im Laufe von einem Jahr zur Ausprägung eines degenerativen Cervicalsyndroms im Rahmen einer Bandscheibenprotrusion der HWS gekommen wäre. Eine unfallbedingte Teilverursachung sei zwar möglich, jedoch nicht wahrscheinlich. Der Frage einer psychischen Schädigung des Klägers durch das Unfallgeschehen im Sinne eines posttraumatischen Psychosyndroms habe das SG nicht nachgehen müssen, da hierfür jegliche Anhaltspunkte fehlten. Schon im Erstgutachten von Prof. Dr. I werde der psychische Befund des Klägers als unauffällig beschrieben. Auch Dr. Dr. X beschreibe den psychopathologischen Befund des Klägers als unauffällig. Zeigten sich aber bereits im engeren Zusammenhang zum Unfallgeschehen keine psychischen Reaktionen, so erscheine eine Verursachung einer wie auch immer gearteten psychischen Störung durch das Unfallgeschehen als äußerst unwahrscheinlich. 38Gegen dieses ihm am 31.01.2006 zugestellte Urteil richtet sich die vom Kläger am 15.02.2006 eingelegte Berufung, die er auf das Gutachten Prof. Dr. I und die Stellungnahmen der Dres. W und C stützt. Dr. T sei bereits zu Unrecht davon ausgegangen, dass beim Unfall nur ein seitlicher Aufprall des Lkw stattgefunden habe. Vielmehr sei es, wie Dipl.-Ing. A dargelegt habe, zu einem kombinierten Seit- und Heckaufprall mit einer Verdrehung des Oberkörpers mit Anprall des Kopfes und damit einhergehender erheblicher Einwirkung auf die HWS gekommen. Entgegen Dr. T sei es auch nicht bereits bei früheren Unfällen zu einer HWS-Distorsion gekommen. Der hier in Rede stehende schwere Unfall könne auch zu Bandscheibenvorfällen führen. Es sei auch unberücksichtigt geblieben, dass es zu einer Hirnstammläsion bei Hirntraumatisierung gekommen sei. Am Unfalltag hätten auch schon LWS-Beschwerden mit Ausstrahlung in die Beine bestanden. Gemäß Dr. S bestehe überdies eine PTBS. 39Der Senat hat auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) die Neurologin und Psychiaterin Dr. I und den Orthopäden Dr. P mit der Erstattung von Sachverständigengutachten beauftragt. Bei Dr. I (Gutachten vom 12.04.2007) hat der Kläger von einem 1985 erlittenen Schleudertrauma infolge eines Verkehrsunfalls und von Nackenmassagen in der Examenszeit 1991/92 berichtet. Diagnostiziert hat sie ein hirnorganisches Psychosyndrom nach Schleudertrauma Grad III am 10.06.1994 (F06.9; S 13.6Z), ein HWS- und LWS-Syndrom (M54.2; M54.4), ein chronisches Schmerzsyndrom (R52.2), eine chronische depressive Erkrankung (F33.2) und eine posttraumatische Belastungsreaktion (F41.3). Infolge des Unfalls von 1994 habe der Kläger eine HWS-Symptomatik mit konsekutiver neurasthenischer Symptomatik und ein Psychotrauma erlitten. Letzteres drücke sich mit den Worten "ich dachte, das war´s" als Unfallbeschreibung deutlich aus. Dies zeige sich auch in seinen Alpträumen und Panikattacken, weshalb er sich in psychotherapeutische Behandlung habe begeben müssen. Die Beschwerden seien unfallbedingt, wie sich aus dem zeitlichen Zusammenhang, dem posttraumatischen Leistungsknick und den Therapieberichten von Prof. I ableiten lasse. Vorher sei der Kläger beschwerdefrei gewesen. Andere Faktoren könnten nicht eruiert werden. Der Grad der MdE betrage 60 v.H. 40Dr. P (Gutachten vom 07.08.2007) hat als Unfallfolge ein chronisches myofasciales Schmerzsyndrom nach HWS-Syndrom mit cervikocephaler Symptomatik diagnostiziert. Eigenständige prätraumatische Krankheiten oder Krankheitsanlagen, die für die nach dem Unfall aufgetretene Beschwerdesymptomatik angeschuldigt werden könnten, lägen nicht vor. Wenn auch davon auszugehen sei, dass der Unfall ungeeignet gewesen sei, einen Bandscheibenvorfall mit Erstschaden herbeizuführen, müsse er dennoch im Hinblick auf die ungewöhnliche und langandauernde Beschwerdesymptomatik ursächlich auf den Unfall zurückgeführt werden. Der Primärschaden sei durch das nach dem Unfall schlagartig veränderte Sozialverhalten des Klägers nachgewiesen, das nur als Unfallfolge gewertet werden könne. Die Beschwerden des Klägers seien ohne den Unfall nicht denkbar, die MdE betrage 60 v.H. 41Der Kläger, der ab dem 01.11.2006 Berufsunfähigkeitsrente vom Rechtsanwaltsversorgungswerk bezieht, hat ferner ein Gutachten des Facharztes für Psychiatrie und Dipl.-Psychologen Dr. L vom 24.01.2007 zur Frage der Berufsunfähigkeit im Rahmen des Rechts der Rechtsanwaltsversorgung vorgelegt. Hierin wird u.a. von einem stationären Aufenthalt des Klägers vom 09.07.-22.09.2006 in der T-Klinik in N berichtet, wo eine schwere depressive Episode vor dem Hintergrund einer PTBS sowie eine anhaltende Schmerzstörung diagnostiziert worden seien. Der Kläger hat angegeben, sich auch nach den Unfällen zunächst "durchlaviert" und auch Mandate akquiriert zu haben. Ab 2002 sei es ihm "richtig beschissen" gegangen. Anfang 2003 habe er sich dann bei dem Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. S in psychiatrische Behandlung begeben und sei ab Sommer 2003 gehäuft wegen körperlicher und psychischer Beschwerden arbeitsunfähig gewesen. 2006 hätten diese Beschwerden dann weiter zugenommen. Seit Juli 2006 arbeite er gar nicht mehr. Dr. L hat die gestellten Diagnosen "unzweifelhaft" als Folge des Unfalls vom 10.06.1994 angesehen. 42Ein gegen den seinerzeitigen Berichterstatter, VRiLSG H, gestelltes Befangenheitsgesuch mit der Begründung, dass der Richter eine für falsch gehaltene Vorgabe einer später aus anderen Gründen nicht beauftragten Sachverständigen, nämlich den Kläger nicht in Anwesenheit einer Begleitperson untersuchen zu wollen, durch sein Verhalten unterstützt habe, hat der Senat mit Beschluss vom 03.06.2009 zurückgewiesen. 43Der Senat hat sodann von Amts wegen ein Gutachten von dem Neurologen und Psychiater Dr. L eingeholt (Gutachten vom 18.06.2010). Der bei dieser Begutachtung ebenfalls anwesende behandelnde Arzt Dr. S habe angegeben, dass der Kläger nur zu rein supportiven Gesprächen zu ihm komme. Der Kläger habe ferner angegeben, zur Behandlung zu Dr. C aus der T-Klink zu gehen. Auf die Frage, welche Therapien denn dort stattfänden, habe der Kläger geantwortet, Dr. C versuche, ihm Tipps zu geben. In Schmerzbehandlung sei er bei Dr. C, in hausärztlicher Behandlung bei Dr. I. Stationär psychiatrisch sei er 2006, 2007 und 2009 behandelt worden. Vor 2003 sei er nicht in psychiatrischer oder psychotherapeutischer Behandlung gewesen. Er habe einen Führerschein und fahre auch Pkw. Dr. L kam zu dem Ergebnis, ein hirnorganisches Psychosyndrom bestehe bei dem Kläger mit Sicherheit nicht. Eine strukturelle Verletzung des Gehirns sei nie nachgewiesen worden. Vielmehr sei es infolge des Unfalls zu einer allenfalls geringgradigen Gehirnerschütterung gekommen, die aber jedenfalls folgenlos ausgeheilt sei. Ferner liege eine somatoforme Schmerzstörung vor sowie eine mittelgradige depressive Episode. Eine PTBS bestehe definitiv nicht. Der Unfall sei keine Situation außergewöhnlicher Bedrohung oder katastrophalen Ausmaßes, die bei fast jedem eine tiefe Verstörung hervorrufen würde. Ein sogenanntes Erleben des Traumas in sich aufdrängenden Erinnerungen, Träumen oder Albträumen sei einigermaßen zeitnah zum Unfall nicht dokumentiert. Allererste psychopathologische Auffälligkeiten habe Dr. S vielmehr erst 2005 diagnostiziert. Auch liege kein Vermeidungsverhalten vor. Der Kläger spreche über den Unfall. Die aktuell bestehenden psychischen Beschwerden seien nicht wahrscheinlich ursächlich auf den Unfall zurückzuführen, zumal erstmals neun Jahre nach dem Unfallereignis psychotherapeutische Hilfe in Anspruch genommen worden sei. Traumatische Veränderungen der HWS seien nie nachgewiesen worden, die Diagnose Dr. I eines HWS-Schleudertraumas Grad III daher falsch. 44Auf Antrag des Klägers nach § 109 SGG ist Prof. Dr. I hierzu erneut gehört worden (ergänzende Stellungnahme vom 11.01.2010). Sie hat an ihrer Beurteilung festgehalten und wiederum auf das Fehlen vor dem Unfall bestehender psychiatrischer Krankheiten hingewiesen. Hierzu seinerseits von Amts wegen um ergänzende Stellungnahme gebeten, hat Dr. L unter dem 18.02.2011 ausgeführt, dass sich der Kläger bei dem Unfall eine Schädelprellung und möglicherweise ein HWS-Schleudertrauma Grad II nach Erdmann zugezogen habe. Wenn Letzteres der Fall gewesen sei, sei es allerdings verwunderlich, dass sich der Kläger erst fünf Tage später in stationäre Behandlung begeben habe, weil ein solches Schleudertrauma initial sehr starke Schmerzen auslöse. Ein hirnorganisches Syndrom liege hingegen mit Sicherheit nicht vor. Dies impliziere nämlich eine strukturelle Verletzung des Gehirns, die gerade nicht nachgewiesen sei. 45Dem hat der Kläger unter Vorlage weiterer Stellungnahmen der Dres. I und C nicht folgen können. Ferner hat er einen vierseitigen Auszug aus einer Stellungnahme des Psychiaters und Psychotherapeuten Dr. B vom 12.09.2010 vorgelegt, der - ohne Behandler zu sein - den Kläger aus mehreren persönlichen Gesprächen in der T-Klinik N kenne. Dieser hat die Kriterien für eine PTBS als erfüllt angesehen, aus der sich allein eine MdE um mindestens 80 v.H. ergebe. In seiner auch hierzu eingeholten zweiten ergänzenden Stellungnahme vom 12.04.2011 hat Dr. L darauf hingewiesen, dass ein - ohnehin nicht nachgewiesenes - hirnorganisches Psychosyndrom eine Hirnleistungsschwäche bedeute, die mit der zunächst über Jahre fortgeführten rechtsanwaltlichen Tätigkeit des Klägers auch halbtags nicht vereinbar sei. Ansonsten hat er an seinen bisherigen Aussagen festgehalten. Alsdann ist erneut Prof. Dr. I nach § 109 SGG gehört worden (Stellungnahme vom 24.08.2011). Sie hat nunmehr gemeint, Hirnverletzungen seien beim Kläger deshalb nicht nachgewiesen, weil Kernspintomogramme keine genügende Auflösung aufwiesen. Sie hätten aber beim Kläger sicherlich vorgelegen. Auch hat sie eingeräumt, dass ihre 13 Jahre nach dem Unfall durchgeführten Tests zu Konzentration und Intelligenz nichts zu einer Unfallbedingtheit besagten. Schließlich habe aber Prof. Dr. I ähnliche Aufmerksamkeitstests bereits in den ersten zwei Jahren nach dem Unfall durchgeführt. Hiernach habe der Kläger unfallbedingt Einschränkungen erlebt. Was den Nachweis einer posttraumatischen Belastungsreaktion und eines chronischen Schmerzsyndroms angehe, liege hier eine Schwäche ihres eigenen Gutachtens. Sie gehe davon aus, dass alle beim Kläger bestehenden psychopathologischen Auffälligkeiten hirnorganisch bedingt seien. 46Der Kläger hat privat durch die Neurologin und Psychiaterin Dr. A aus N eine nicht datierte "Qualitätskontrolle des Gutachtens Dr. L" veranlasst, die dessen Gutachten für zu kurz und zu kursorisch und deshalb für unzureichend hält. Auch Dr. C kann in einer weiteren vom Kläger privat veranlassten Stellungnahme vom 16.07.2012 dem Gutachten Dr. L nicht folgen. 47Die mündliche Verhandlung vom 18.07.2012 wurde vertagt. Im Anschluss daran hat der Kläger u.a. eine Honorarrechnung Prof. Dr. I vom 16.09.1994 vorgelegt, in der u.a. eine "psych. Untersuchung" am 06.07.1994 und, vom 12.07 - 13.08.1994, 13 psychotherapeutische Behandlungen bzw. eingehende therapeutische Gespräche - nach Klägerangaben wegen Vegetativsymptomatik der Schädelprellung - abgerechnet wurden. 48Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 17.09.2012 sind Dr. L (§ 106 SGG) und Prof. Dr. I (§ 109 SGG) als Sachverständige gehört worden. Dr. L hat erläutert, für die Annahme einer PTBS fehle es an einigermaßen zeitnah zum Unfall dokumentierten passenden Primärschäden. Auf welcher Grundlage die Liquidation Prof. Dr. I erfolgt sei, könne er nicht sagen. Verlauf und Dauer der unfallnah dokumentierten Schmerzen des Klägers seien nicht als Brückensymptome einer PTBS zu werten. Die Diagnosekriterien für eine PTBS seien nicht erfüllt. Prof. Dr. I hat erklärt, sie habe Befunde erhoben, die in Richtung einer Hirnstammverletzung gingen, wozu auch das hirnorganische Psychosyndrom gehöre, und nunmehr Zeichen einer posttraumatischen Epilepsie gesehen, denen durch Einholung eines neuropsychologischen Gutachtens nachzugehen sei. Dr. L war bei ihrer Vernehmung anwesend, aber nicht mehr nach der Beratung, so dass der Senat ihn nicht ergänzend befragen konnte. Die mündliche Verhandlung wurde erneut vertagt. 49Aus einer danach eingegangenen weiteren Stellungnahme Dipl.-Ing. A vom 12.09.2012 geht dessen Auffassung hervor, dass beim Fahrzeuganprall anlässlich des streitigen Arbeitsunfalls eine Geschwindigkeitsdifferenz vom mindestens 20-25 km/h vorgelegen habe, die gravierende HWS-Verletzungen verursachen könne. Dr. L bagatellisiere das Unfallgeschehen. 50Zu den Äußerungen Prof. Dr. I im Termin vom 17.09.2012 hat sich dann Dr. L unaufgefordert mit Schreiben vom 18.09.2012 zu Wort gemeldet, woraufhin ihn der Kläger als befangen abgelehnt hat. Hinsichtlich (nur) dieser ergänzenden Äußerungen hat der Senat mit Beschluss vom 27.11.2012 das Ablehnungsgesuch für begründet erklärt. 51Die erneut nach § 109 SGG gehörte Prof. Dr. I (Stellungnahme vom 27.08.2013) hat nach Auswertung von vom Kläger eingereichten EEG-Ausdrucken dort keine eine Epilepsie beweisenden, aber doch ihrer Ansicht nach hierauf hinweisende Zeichen gefunden und eine neuropsychologische Untersuchung zur Klassifikation des vorliegenden hirnorganischen Psychosyndroms für sinnvoll gehalten. Wann eine Epilepsie ggfs. aufgetreten sei, könne sie nicht sagen. 52Von Amts wegen sind daraufhin ein Hauptgutachten des leitenden Abteilungsarztes am Epilepsiezentrum Bethel Dr. C vom 14.01.2015 (Anlage des Dokuments; Fertigstellung in 04/15) aufgrund stationärer Untersuchung des Klägers vom 08.-10.09.2014, ein kernspintomografisches Zusatzgutachten des Neurologen, Zusatzbezeichnung Magnetresonanztomografie, Dr. X1 (Bethel) vom 20.03.2015 und ein neuropsychologisches Zusatzgutachten des Dr. rer. nat. Dipl.-Psych. H (Bethel) vom 27.03.2015 eingeholt worden. In der Beweisanordnung vom 11.10.2013 sind die Sachverständigen gebeten worden zu beachten, dass Dr. L bezüglich seiner Äußerungen ab Bl. 1173 (Schreiben vom 18.09.2012) der Prozessakte als befangen anzusehen und zu diesen Ausführungen nicht inhaltlich Stellung zu nehmen sei. 53Dr. C hat darauf hingewiesen, dass Prof. Dr. I in dem am 12.04.2007 erstellten Gutachten keine epilepsietypischen Potenziale gefunden habe. In den vorliegenden EEGs von 2009 fand der Sachverständige Dr. C ebenfalls keine epilepsietypischen Potenziale. Die Zungenmotilität war unauffällig, keine Zungenbissnarbe. Während der gutachtlichen Untersuchung ist es zu einem 15-sekündigen Zittern der rechten Hand gekommen, für das sich kein EEG-Korrelat fand und das der Sachverständige als nicht epileptisch und nicht organisch einordnet. Die Videoauswertung der Schlafenszeit ergab ein Aufwachereignis beim Kläger gegen 23:17 Uhr, das der Sachverständige als nicht-epileptische normale Schreckreaktion bei Aufwachen aus dem Schlaf einordnet. Der Sachverständige sieht ein "buntes Bild der Anfallsbeschreibung", mit dem der Kläger nur Phänomene schildere, die an kleinere Anfälle erinnerten. Im Rahmen der stationären Untersuchung hätten weder im gut 20-stündigen Videomonitoring noch im Routine-EEG epilepsietypische Potenziale registriert werden können. Das kernspintomografische Zusatzgutachten habe einen cerebralen Normalbefund ohne Hinweise auf einen möglichen epileptogenen Fokus erbracht. Es ergebe sich kein stimmiges Bild und somit kein Hinweis auf eine Epilepsie. Eine Epilepsie sei zwar auch bei unauffälligem EEG und Kernspin möglich, scheide hier aber wegen der unschlüssigen Epilepsieanamnese aus. Ein hirnorganisches Psychosyndrom sei angesichts des neuropsychologischen Zusatzgutachtens Dr. H ebenfalls abzulehnen. Prof. Dr. I sei insoweit nicht zu folgen. Sie habe überwiegend subjektive Beschwerdeskalen eingesetzt, um dieses Ergebnis zu untermauern, was angesichts der bereits von Prof. Dr. I festgestellten Aggravationstendenzen und der von Dr. H festgestellten suboptimalen Leistungsbereitschaft nicht überzeuge. Ein zeitlich unfallnahes hirnorganisches Psychosyndrom lasse sich ohnehin nicht sichern. Zwar könne die von Prof. Dr. I berichtete nächtliche Taubheit des rechten Armes bei einem epileptischen Anfall auftreten. Dies sei aber ein sehr unspezifisches Symptom. Letztlich gebe es in der Zusammenschau aller Einzelheiten keinen Hinweis auf eine Epilepsie. Insbesondere sei das von Prof. Dr. I als deutliches Zeichen einer Epilepsie gewertete Abreißen der Haube bei der EEG-Untersuchung unter Flackerlicht keinesfalls epilepsiebeweisend, da Fotoepilepsie ein seltenes epileptisches Symptom sei. Dr. X1 hat ein cerebrales Kernspintomogramm (MRT) angefertigt und einen alterstypischen Normalbefund erhoben. Dr. H hat den Kläger zahlreichen Tests unterzogen, hierbei auch solchen, die vermeintlich die Gedächtnisleistung, real jedoch die Leistungsmotivation des Probanden überprüfen. Dies sind der TOMM- und der Rey 15-Item Test, wo der Kläger auffällige Werte nahe der Zufallsquote zeigte, was auf suboptimale Leistungsbereitschaft hindeute. Auch bei Prof. Dr. I sei der Rey-Test auffällig gewesen. Somit kämen erhebliche Zweifel an der Validität der auch sonst nahezu durchgängig unterdurchschnittlich bis weit unterdurchschnittlich ausgefallenen Testergebnisse auf. Eine Aussage zur kognitiven Leistungsfähigkeit des Klägers sei damit nicht valide möglich. Ob neuropsychologische Störungen oder ein hirnorganisches Psychosyndrom vorlägen, könne deshalb nicht gesagt werden. 54Mit Schriftsatz vom 19.05.2015 hat sich für den seinerzeit noch anderweitig anwaltlich vertretenen Kläger Rechtsanwalt T, N, gemeldet und ausgeführt, seine Vollmacht erstrecke sich derzeit zunächst ausschließlich auf die Stellung und Begründung von Befangenheitsanträgen gegen die Sachverständigen Dr. C und Dr. H. Im Übrigen verbleibe es bei der bisherigen Bevollmächtigung von Rechtsanwalt G, E. Für den Kläger hat er sodann Befangenheitsanträge gegen Dr. C und Dr. H gestellt, die der Senat mit Beschlüssen vom 24.09 und 20.10.2015 zurückgewiesen hat. Auf die Antragsbegründung vom 19.05.2015 (Bl. 1381 bis 1407 der Gerichtsakten) und die genannten Beschlüsse des Senats wird Bezug genommen. Dem Akteneinsichtsantrag von Rechtsanwalt T ist der Senat am 22.06.2015 durch Übersendung aller bei ihm geführten und beigezogenen Akten in dessen Kanzlei nachgekommen. 55Nach Mandatsniederlegung durch Rechtsanwalt G am 07.08.2015 hat Rechtsanwalt T am 21.08.2015 um Verlängerung der Frist zur Rückgabe der Akten bis 29.08.2015 gebeten, da noch geklärt werden müsse, ob der Kläger nunmehr ihn mandatiere und da noch Kopien der sehr umfangreichen Akten anzufertigen seien. Bei Rückgabe der Akten am 04.09.2015 teilte Rechtsanwalt T mit, dass er Fehlseiten und Abheftungsfehler festgestellt habe; er habe die Akten in diesem Zustand fotokopiert und keinerlei Veränderungen vorgenommen. Im Übrigen benötige er Zeit, sich "vollumfänglich und mit großem Zeitaufwand" in die Sache einzuarbeiten. Unter dem 26.11.2015 hat sich Rechtsanwalt T sodann für den Kläger bestellt und zunächst beantragt, die dem Rechtsstreit zugrunde liegenden Akten zu vervollständigen und in einen ordnungsgemäßen Zustand zu bringen. Die Durchsicht der ihm überlassenen Akten habe ergeben, dass in Band 1 der Verwaltungsakte die Seiten 156 und 181 bis 189 fehlten. Band 2 sei verknickt und äußerlich beschädigt, teilweise seien die offenbar häufiger ein- und ausgehefteten Seiten nicht in der richtigen Reihenfolge. Anscheinend fehlten Seiten, die Seiten 256, 257, 314 und 364 seien hingegen dPt, jedoch mit abweichendem Inhalt. Unregelmäßigkeiten gebe es auch bei den Seiten 555-568, 587, 599, 658, 669, 986 und 987 der weiteren Bände der Verwaltungsakten. In der Gerichtsakte finde sich ein Seitensprung von Seite 819 zu Seite 880, auf Seite 1122, 1124 und 1132 fänden sich leere Blätter. Bei der Stellungnahme des Dr. B vom 12.09.2010, Blatt 978 bis 981, fehlten die - vom Kläger nunmehr nachgereichten - Seiten 2 bis 6, obwohl sie vom Kläger vollständig zu den Akten gereicht worden seien. Da sich Dr. B auf den fehlenden Seiten als einziger kompetent mit den Diagnosekriterien der PTBS auseinandersetze, seien alle darauf aufbauenden Gutachten mangelhaft. Schließlich seien auch viele der in den Akten erwähnten Röntgen- und MRT-Aufnahmen nicht bei den Akten. Nach erfolgter Vervollständigung der Verwaltungs-, Gerichts- und RöBi-Akte beantrage er, ihm erneut Akteneinsicht zu gewähren. Er beantrage außerdem, aktenkundig zu machen, welchem Unfallablauf das Gericht folgen wolle. Nach Aktenlage sei folgender Unfall zugrunde zu legen: "Am 10.06.1994 befuhr der Kläger bei Regen die linke Fahrspur der BAB 61 in Fahrtrichtung Düsseldorf mit Richtgeschwindigkeit, als plötzlich der niederländische 40-Tonnen-LKW des 01 im Überholverbot und ohne Blinker von der rechten Fahrspur auf die vom Kläger genutzte linke Fahrspur fuhr. Der Kläger fuhr unter den hinteren Teil des LKW-Hängers." Die "hohe Differenzgeschwindigkeit von 35-40 km/h" mache alle beim Kläger vorhandenen Verletzungen möglich und plausibel. Auch habe subjektiv wie objektiv Lebensgefahr bestanden. Es sei zu einem erheblichen Kopfanprall des Klägers und einer Körperdrehung in Längs- und Querrichtung gekommen, wie sich aus dem Rekonstruktionsgutachten von Dipl.-Ing. A ergebe. Auch im aktenkundigen Polizeibericht vom 10.06.1994 sei festgehalten, dass der Kläger nicht rechtzeitig ausweichen konnte und unter den Anhänger fuhr. Soweit die Sachverständigen selber biomechanische Überlegungen anstellten, überschritten sie ihre Kompetenz. Soweit die Beklagte in ihren Gutachtenaufträgen von einer "seitlichen Kollision zweier nebeneinander herfahrender Fahrzeuge" gesprochen habe, führe diese verharmlosende Darstellung zu falschen Gutachtenergebnissen. Er beantrage, auszusprechen, dass die Gutachten des Dr. Dr. X vom 28.12.2001 und des Dr. P vom 17.12.2001 sowie das Gutachten des Dr. T nicht verwertet werden dürfen. Darüber hinaus beantrage er auszusprechen, dass auch das Gutachten des Dr. L sowie dessen nachfolgende ergänzende Stellungnahmen und seine mündliche Einvernahme nicht verwertbar seien. Die Auffassung des Senats, dass trotz des Senatsbeschlusses vom 27.11.2012 Dr. L nur im Hinblick auf seine Äußerungen ab Bl. 1173 der Gerichtsakte als befangen anzusehen sei, sei nicht haltbar. Entweder sei ein Gutachter befangen oder nicht. Im Arbeitskreis "Unfallversicherung" bei dem Landessozialgericht in Essen am 22.03.2006 sei ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass das Gericht das Gutachten eines abgelehnten Sachverständigen nicht verwerten dürfe, wenn es das Ablehnungsgesuch für begründet gehalten habe. Außerdem gehe auch Dr. L von einem falschen Unfallgeschehen aus. Auch die Gutachten von Dr. C und Dr. H seien nicht verwertbar, weil sie auf den falschen Annahmen der Vorgutachter zum Unfall und auf den Äußerungen des befangenen Dr. L beruhten. Auch dies beantrage er ausdrücklich auszusprechen. Deshalb seien alle den Zusammenhang verneinenden Gutachten unbrauchbar. 56Der Kläger trägt weiter vor, der Beratungsarzt der Beklagten habe bei ihm eine Persönlichkeitsveränderung konstatiert. Die Beklagte habe mehrfach im Zusammenhang mit der Anschlussheilbehandlung und der Verletztengeldzahlung die Unfallbedingtheit der Beschwerden anerkannt. Die Gefährlichkeit von Kopfverletzungen untermauert der Kläger mit einem Artikel aus der Apotheken-Umschau, der zeige, dass die Sachverständigen insoweit nicht auf dem aktuellen Stand der Wissenschaft seien. 57Mit Ladungsverfügung vom 30.11.2015 hat der Senatsvorsitzende Termin zur mündlichen Verhandlung am 13.01.2016 anberaumt. Zugleich hat er einerseits die Verwaltungsakten der Beklagten mit der Bitte um Überprüfung der Aktenführung übersandt, andererseits dem Kläger erläutert, dass die Gerichtsakten vollständig seien. Der "Sprung" von Blatt 819 zu Blatt 880 beruhe auf einer versehentlich falschen Paginierung. Warum leere Seiten gerügt würden, bleibe unklar, eine Unvollständigkeit der Akten ergebe sich daraus nicht. 58Die Beklagte hat mitgeteilt, Band 1 ihrer Akten sei vollständig. Blatt 49 sei hinter Blatt 44 geheftet, Blatt 156 zwischen 150 und 151. Blatt 181 bis 189 existierten nicht, es handele sich um eine Fehlnummerierung. In Band 2 fehlten auf Blatt 271, 289, 312 und 341 nicht entscheidungserhebliche Taxiquittungen, die Abrechnung eines Erstattungsanspruchs der AOK und eine Krankengymnastik-Rechnung. Seite 314 und 364 seien jeweils nur einmal vorhanden und versehentlich gemeinsam mit Seite 319 und 369 abgeheftet gewesen. Das Fehlen der Seiten 255 ff. beruhe erneut auf einem Paginierungsfehler, ebenso wie die Doppelvergabe der Seitennummer 587. Blatt 556 bis 567 beträfen Kopien von Gesetzestexten zur Rechtsanwaltsversorgung. Seite 569 und 599 seien bei 564 und 594 abgeheftet gewesen. Blatt 986 und 987 seien Kopien der Klage vom 07.11.2002, deren Originale bei Blatt 976, 977 abgeheftet seien. Alle fehlenden Seiten seien nachgeheftet worden. Die Bände 2 und 5 habe die Beklagte in jeweils zwei Bände aufgeteilt, um erneutes Auseinanderfallen zu vermeiden. Diese Stellungnahme ist dem Kläger am 28.12.2015 per Fax übersandt worden. 59Der Kläger hat daraufhin mit Fax vom 07.01.2016 die Aufhebung des Termins am 13.01.2016 sowie erneute Akteneinsicht beantragt und die Bescheidung seiner diversen Verfahrensanträge angemahnt. Er hat außerdem beantragt, das Verfahren für mindestens drei Monate zum Ruhen zu bringen, bis die Beklagte über seinen bei ihr gestellten Antrag vom 16.12.2015 entschieden habe, mehrere ärztliche Stellungnahmen und Gutachten aus den Verwaltungsakten zu löschen. Die Gerichtsakte könne nicht vollständig sein. Die gerügten leeren Seiten 1122, 1124 und 1132 enthielten die Faxkennung der früheren Bevollmächtigten. Die Übersendung leerer Seiten sei ungewöhnlich, ebenso wie die Tatsache, dass das Fehlen von Seiten aus der Stellungnahme von Dr. B nicht aufgefallen sei. MRT-Bilder seien nicht vorhanden gewesen. Es stelle sich die Frage, wo diese Bilder seien. Die Akte sei also offenbar nicht vollständig. Die Akten seien nach Mitteilung der Beklagten teilweise neu angelegt und ein neuer Aktenband angelegt worden. Soweit Fehlnummerierungen behauptet würden, bestünden Zweifel, ob es diese Seiten nicht doch gegeben habe. Eine ordnungsgemäße und faire Gerichtsverhandlung sei daher derzeit nicht möglich. Der Termin sei nicht ordnungsgemäß vorzubereiten. 60Der Senatsvorsitzende hat dem Kläger unter dem 08.01.2016 mitgeteilt, dass es bei dem geladenen Termin am 13.01.2016 verbleibt. Unmittelbar nach Rückgabe der Akten durch die Beklagte am 11.01.2016 hat der Vorsitzende dem Kläger angeboten, vor dem Termin oder beginnend mit der Terminsstunde am 13.01.2016, 13.45 Uhr, im Sitzungssaal noch einmal Akteneinsicht zu nehmen. Hiermit war eine zeitliche Beschränkung nicht verbunden. Der Kläger hat sich hierzu bis zum Terminsbeginn nicht geäußert. Der Vorsitzende des Senats hat daraufhin vor Beginn der mündlichen Verhandlung Gelegenheit gegeben, die Gerichts- und Verwaltungsakten einzusehen und darauf zu kontrollieren, ob sie nunmehr vollständig seien. Der Senat werde die Einsichtnahme abwarten, mindestens stehe hierfür eine Stunde zur Verfügung. 61Der Kläger hat es abgelehnt, Akteneinsicht zu nehmen und stattdessen nach Eintritt in die mündliche Verhandlung unter Bezugnahme auf seinen Schriftsatz vom 13.01.2016 beantragt, 621. die dem Rechtsstreit zugrundeliegenden Akten zu vervollständigen, 632. ihm die Akten nach Vervollständigung zur Akteneinsicht für zwei Wochen zur Verfügung zu stellen, 643. die Verhandlung zu vertagen. 65Die Akten seien weiterhin nicht vollständig. Er verweise auf die textleeren Seiten 1122, 1124 und 1132 und die weiterhin fehlenden MRT-Bilder. Akteneinsicht sei nach Vervollständigung der Akten für wenigstens zwei Wochen durch Übersendung an die Kanzlei erforderlich. 66Der Senat hat den Vertagungsantrag durch Beschluss abgelehnt. Ein Vertagungsanlass bestehe nicht. Dem Kläger sei ausreichend Gelegenheit gegeben worden, die Akten auf Vollständigkeit zu kontrollieren. Hierfür sehe der Senat eine Stunde als ausreichend an, da nur eine überschaubare Anzahl an Seiten auf Vollständigkeit zu überprüfen sei. Dieses Angebot habe der Kläger abgelehnt. Da er zuvor ausreichend Akteneinsicht genommen und die Akten umfassend ausgewertet habe, seien ihm die Akten hinreichend bekannt. Der Senat hat den Akteneinsichtsantrag deshalb als in Verzögerungsabsicht gestellt angesehen. 67Der Kläger hat daraufhin die Berufsrichter und die ehrenamtlichen Richterinnen des Senats wegen der Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Zur Begründung hat er auf das bereits maschinenschriftlich vorbereitete und mit handschriftlichen Ergänzungen versehene Befangenheitsgesuch vom 13.01.2016 verwiesen, auf das Bezug genommen wird (Anlage 2 zur Niederschrift vom 13.01.2016). 68Der Senat hat die mündliche Verhandlung fortgesetzt. Der Kläger hat dem widersprochen. 69Der Kläger beantragt, 70das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 15.11.2005 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 21.02.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.10.2002 zu verurteilen, ihm nach seinem Arbeitsunfall vom 10.06.1994 ab dem 01.12.1995 eine Verletztenrente nach einer MdE von mindestens 60 v. H. zu zahlen, 71hilfsweise, 72das Verfahren auszusetzen, bis die Beklagte über seine Anträge zur Löschung von beratungsärztlichen Stellungnahmen und Gutachten des Instituts für medizinische Begutachtung, Dr. S einerseits und der von der VBG beauftragten Gutachter Dr. X und Dr. P entschieden hat, 73nach Klärung des zutreffenden Unfallablaufes wegen der Unverwertbarkeit der Gerichtsgutachten des Dr. T, des Dr. L sowie von Dr. C und Dr. H vorsorglich, 74- ein neues orthopädisches Gerichtsgutachten nach § 106 SGG einzuholen unter Zugrundelegung des tatsächlichen Unfallablaufes, - ein neues neurologisch-psychiatrisches Gerichtsgutachten nach § 106 SGG einzuholen unter Zugrundelegung des tatsächlichen Unfallablaufes, 75ein weiteres Gutachten nach § 106 SGG zur PTBS unter Berücksichtigung des Sachverhaltes wie vom Sachverständigen A dargestellt einzuholen, 76die mündliche Vernehmung der Sachverständigen Dr. T und Dr. P, die zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen, 77sowie - schriftlich als Anlage zu Protokoll sinngemäß - 78auszusprechen, dass die Sachverständigengutachten, ergänzenden Stellungnahmen und mündlichen Äußerungen von Dr. T, Dr. L, Dr. C, Dr. H nicht verwertet werden dürfen 79die bereits anderweitig benannte Zeugin und Physiotherapeutin N, S-straße 00 in O zu vernehmen zu der Tatsache, dass von ihr bei den Begutachtungen des Klägers beobachtete Befunde und Auffälligkeiten von den Sachverständigen Dr. L und Dr. C verschwiegen wurden, 80den sachverständigen Zeugen, den Neurochirurgen Dr. P. C zu vernehmen, der ebenfalls schon mehrfach, u.a. vor und nach den Untersuchungen des Klägers durch die vorgenannten "Gutachter", den für befangen erklärten "Gutachter" Dr. L und Dr. C die gleichen Feststellungen gemacht hat, wie die Zeugin N. 81Die Beklagte beantragt, 82die Berufung zurückzuweisen. 83Sie hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend. 84Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsakten - soweit sie Gegenstand der Akteneinsicht des Klägers in der Zeit vom 22.06. bis 04.09.2015 waren - insbesondere auf die gewechselten Schriftsätze, die medizinischen Berichte, Stellungnahmen und Gutachten sowie die Niederschriften der Termine zur mündlichen Verhandlung vom 17.09.2012 und 13.01.2016 nebst Anlagen verwiesen. 85Entscheidungsgründe: 86Der Senat konnte trotz des Befangenheitsgesuchs des Klägers in der aus dem Rubrum ersichtlichen Besetzung entscheiden (I.). Die zulässige Berufung ist jedoch nicht begründet (II.). Den noch offenen Hilfs- und Verfahrensanträgen des Klägers war nicht zu folgen (III.) 87I. Obwohl der Kläger in der mündlichen Verhandlung erklärt hat, er lehne die Richter des Senats, die seinen Vertagungsantrag abgelehnt haben, wegen Besorgnis der Befangenheit ab, kann der Senat unter Mitwirkung der abgelehnten Richter selbst in der Sache entscheiden, denn der Befangenheitsantrag ist offensichtlich unzulässig. Das Verbot der Selbstentscheidung (§§ 60 Abs. 1 SGG, 45 Abs. 1 der Zivilprozessordnung -ZPO-) gilt insoweit nicht (vgl. Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 23. Juni 2015 - L 8 SO 50/13 -, juris-Rn. 34). 88Ist das Ablehnungsgesuch rechtsmissbräuchlich und deshalb offensichtlich unzulässig, entscheidet das Gericht darüber in der nach dem Geschäftsverteilungsplan vorgesehenen Besetzung, ohne dass es einer vorherigen dienstlichen Äußerung der abgelehnten Richter nach § 60 SGG i.V.m. § 44 Abs. 3 ZPO bedarf. In diesem Fall ist es auch nicht notwendig, über den Antrag in einem besonderen Beschluss zu entscheiden, sondern es kann im Urteil darüber mit entschieden werden (BFH, Beschluss vom 10. März 2015 - V B 108/14 -, juris-Rn. 15). 89Zu den rechtsmissbräuchlichen Gesuchen zählen das offenbar grundlose, nur der Verschleppung dienende und damit rechtsmissbräuchliche Gesuch und die Ablehnung als taktisches Mittel für verfahrensfremde Zwecke (vgl. Vollkommer, in: Zöller, ZPO, 31. Aufl. 2016, § 45 Rn. 4 m.w.N; BVerfG, Kammerbeschluss vom 15. Juni 2015 - 1 BvR 1288/14 -, juris-Rn. 15). Ein Befangenheitsgesuch kann außerdem als unzulässig abgelehnt werden, wenn es keinen oder nur einen von vornherein völlig ungeeigneten Ablehnungsgrund nennt, § 60 Abs. 1 SGG i.V.m. § 44 Abs. 2 S. 1 ZPO (BVerfG, Kammerbeschluss vom 02. Juni 2005 - 2 BvR 625/01, 2 BvR 638/01 -, juris; BSG, Beschluss vom 31. August 2015 - B 9 V 26/15 B -, juris-Rn. 15), z.B. wenn nur Tatsachen vorgetragen werden, die eine Befangenheit unter keinem denkbaren Gesichtspunkt begründen lassen (BSG, Beschluss vom 31. August 2015 - B 9 V 26/15 B -, juris-Rn. 15 m.w.N.). Maßgeblich dafür, ob der Antrag zu Recht als missbräuchlich abgelehnt worden ist, sind die im Antrag vorgebrachten Gründe; später geltend gemachte Gründe können nicht berücksichtigt werden (BFH, Beschluss vom 10. März 2015 - V B 108/14 -, juris-Rn. 13) 90An die Offensichtlichkeit des Rechtsmissbrauchs sind dabei strenge Maßstäbe anzulegen. Eine Selbstentscheidung ist nur zulässig, wenn die Begründung des Ablehnungsersuchens jeder Substanz entbehrt, so dass seine Verwerfung ein Eingehen auf den Verfahrensgegenstand nicht erfordert. Ist dies nicht der Fall, kommt eine Selbstentscheidung nicht in Betracht, da sich der abgelehnte Richter über eine bloße formale Prüfung hinaus durch die inhaltliche Entscheidung eines gegen ihn gerichteten Ablehnungsantrags nicht zum Richter in eigener Sache machen darf (Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 23. Juni 2015 - L 8 SO 50/13 -, juris-Rn. 36). 91Auch nach Maßgabe dieser strengen Voraussetzungen ist das Befangenheitsgesuch des Klägers gegen die Richterinnen und Richter des Senats offensichtlich missbräuchlich, denn es dient ersichtlich allein dazu, mit untauglichen Mitteln die Vertagung der mündlichen Verhandlung zu erzwingen. Das Befangenheitsgesuch ist allein in Verschleppungsabsicht gestellt, wenn der Antragsteller ausschließlich eine Verzögerung des Verfahrens bezweckt (BGH 21.06.07, V ZB 3/07, juris-Rn. 7; BVerwG, Beschluss vom 09.07.1973,I D 45.73). Verfahrensfremde Zwecke werden z.B. verfolgt, wenn das Befangenheitsgesuch allein dazu dient, einen Termin zur mündlichen Verhandlung zu verhindern (BSG 26.7.07, B 13 R 28/06 R, juris-Rn. 9) bzw. eine zu Recht abgelehnte Terminsverlegung zu erzwingen (LSG Thüringen, Urteil vom 28.3.07, L 1 U 809/02; Meyer-Ladewig, SGG, 11. Aufl., § 60 Rn. 10c). Beide Voraussetzungen liegen hier vor. 92Mit dem Befangenheitsgesuch rügt der Kläger zwar vordergründig Verstöße des Senats gegen die Grundsätze des fairen Verfahrens und des rechtlichen Gehörs, weil ihm die Gerichts- und Verwaltungsakten nicht erneut für zwei Wochen zur Akteneinsicht überlassen worden seien, zur Prüfung, ob von ihm gerügte Versäumnisse bei der Aktenführung beseitigt seien. Diese Rügen sind aber vollständig substanzlos und dienen ausschließlich der Verfolgung verfahrensfremder Zwecke. 93Die behauptete Gehörsverletzung ist fernliegend. Gemäß § 62 Halbsatz 1 SGG, der das schon durch Art. 103 Abs. 1 GG garantierte prozessuale Grundrecht wiederholt, ist den Beteiligten vor jeder Entscheidung des Gerichts rechtliches Gehör zu gewähren. Entsprechend darf das Urteil nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen sich die Beteiligten äußern konnten (§ 128 Abs. 2 SGG). Zu diesem Zweck haben die Beteiligten u.a. das Recht auf Akteneinsicht (§ 120 SGG; BSG, Urteil vom 11.12.2002, B 6 KA 8/02 R, juris-Rn. 23). Das Gebot der Gewährung rechtlichen Gehörs im Gerichtsverfahren hat u.a. zum Inhalt, dass die Beteiligten ausreichend Gelegenheit zur Abgabe sachgemäßer Erklärungen haben müssen und ihnen dazu eine angemessene Zeit eingeräumt wird (BSG, a.a.O.). Daher muss ein Gericht einem Vertagungsantrag des Betroffenen entsprechen, wenn in der mündlichen Verhandlung keine Äußerung abgegeben werden kann, etwa, weil Tatsachen oder neue wesentliche rechtliche Gesichtspunkte aufgetreten sind, zu denen sich die Beteiligten noch nicht äußern konnten (BSG, a.a.O., m.w.N.). Eine Vertagung des Rechtsstreits kann aus erheblichen Gründen (§ 227 Abs. 1 Satz 1 ZPO i.V.m. § 202 SGG) erforderlich werden, um einem Beteiligten Gelegenheit zu geben, sich zu neuen Tatsachen oder Beweisergebnissen zu äußern (BSG, a.a.O., m.w.N.). 94Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist offensichtlich, dass es an einer substantiierten Begründung des Vertagungsantrages und damit auch des auf dessen Ablehnung gestützten Befangenheitsgesuchs fehlt. Denn dem Kläger und seinem neuen Bevollmächtigten standen die gesamten Gerichts- und Verfahrensakten vom 22.06.2015 bis 04.09.2015, also mehr als zwei Monate, in der Kanzlei des Bevollmächtigten zur Verfügung. Der Bevollmächtigte des Klägers hat diese Akten nach eigenem Bekunden kopiert und verfügte damit über den vollständigen Erkenntnis- und Wissensstand, wie ihn auch das Gericht seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat. Er hatte ganz offensichtlich auch ausreichend Zeit, die Akten intensiv durchzuarbeiten, wie seine detaillierten Angaben zum Akteninhalt belegen. Seine den Akteninhalt betreffenden Rügen betrafen sämtlich Aktenbestandteile oder Paginierungsfehler, aus denen sich keinerlei neuen oder wesentlichen den Streitgegenstand betreffenden Erkenntnisse ergeben konnten. Anderes hat auch der Kläger selbst nicht ansatzweise dargelegt. 95Die angeblich umfangreiche Prüfungsnotwendigkeit nach Vervollständigung der Akte ist offensichtlich vorgeschoben. Zu prüfen waren wenige, im Einzelnen bekannte und mit Blattzahlen bezeichnete Seiten. Diese Prüfung hätte binnen deutlich weniger als einer Stunde ergeben, dass die Akten gemäß den Angaben des Senats und der Beklagten über die Vervollständigung der Akten ergänzt worden waren. Dass hierfür ausreichend Zeit zur Verfügung stand, belegt die Tatsache, dass die um 14.10 Uhr begonnene Sitzung erst um 20.45 Uhr endete. 96Was der Kläger auf den angeblich fehlenden Aktenseiten vermutet und inwieweit dies für die Entscheidung erheblich sei, hat er zu keiner Zeit vorgetragen. Die vom Kläger zuletzt in den Vordergrund gestellten, angeblich leeren Seiten Blatt 1122, 1124 und 1132 der Akten lassen gerade durch das Vorhandensein der Faxkennung des seinerzeitigen Klägerbevollmächtigten auf den "leeren" Seiten und durch die Tatsache, dass Blatt 1123 als "Seite 2" des mit Blatt 1121 beginnenden Schriftsatzes bezeichnet ist, einwandfrei erkennen, dass hier lediglich leere Rückseiten mit kopiert und übersandt wurden. Dies musste dem Kläger umso klarer sein, als es sich um einen eigenen klägerischen Schriftsatz handelt. Bildgebende Befunde müssen nicht während des gesamten Verfahrens bei den Akten aufbewahrt werden, sondern werden regelmäßig den Eigentümern zurückgesandt. Die Zweiteilung zweier zu dicker Bände Verwaltungsakten ist auf das Verfahren ohne jeden Einfluss, es ändern sich hierdurch nicht einmal die Blattzahlen. Insgesamt war von den verschiedenen Vollständigkeitsrügen des Klägers der Streitstoff an keiner Stelle betroffen. 97Der Kläger hat sich, nachdem der Vorsitzende ihm unmittelbar nach Rückkehr der Akten von der Beklagten am 11.01.2016 Akteneinsicht - ohne Zeitbegrenzung - vor oder während des Termins am 13.01.2016 angeboten hatte, nicht mehr bei Gericht gemeldet, insbesondere auch nicht mitgeteilt, dass er von diesem Angebot keinen Gebrauch machen wolle oder verhindert sei. Er hat auch weder die Ablehnung seines Vertagungsantrages am 08.01.2016, noch die Nachricht des Vorsitzenden vom 11.01.2016 und die hierdurch jeweils dokumentierte Absicht des Senats, den Termin am 13.01.2016 nicht zu verlegen, zum Anlass genommen, einen Befangenheitsantrag zu stellen. Stattdessen hat er insgesamt mehr als 30 Seiten am 13.01.2016 verfasste Verfahrensanträge, darunter einen bereits maschinenschriftlich vorformulierten Befangenheitsantrag, in die mündliche Verhandlung mitgebracht und insbesondere durch die Vorfertigung des letzteren dokumentiert, dass es ihm ausschließlich darum ging, den Verhandlungstermin "platzen zu lassen". Denn wäre es um die Sache gegangen, hätte er durch Einreichung des bei gleicher Sachlage bereits unmittelbar nach der Mitteilung des Vorsitzenden über die nicht beabsichtigte Vertagung möglichen Befangenheitsantrages bequem eine Beschlussfassung hierüber noch vor der mündlichen Verhandlung herbeiführen können. Nachdem schon vorterminlich mehrfach dem Vertagungsantrag nicht stattgegeben worden war, der Kläger also wusste, dass der Senat nicht vertagen würde, kann dieses Vorgehen nur dahin gedeutet werden, dass einer Entscheidung über das Befangenheitsgesuch vor dem Termin aus dem Weg gegangen werden sollte, um eine erwartete ablehnende Entscheidung hierüber vermeiden und eine Aufhebung des Termins sicher erreichen zu können. 98II. Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt. Streitgegenstand ist - gemäß den gestellten Anträgen und dem Regelungsumfang der (bisher zu dem weiteren Unfall vom 04.08.1995 fehlenden) Verwaltungsentscheidungen und der erstinstanzlichen Entscheidung - allein ein Anspruch des Klägers auf Zahlung von Rente wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 10.06.1994. Die auf entsprechende Änderung des klageabweisenden sozialgerichtlichen Urteils gerichtete Berufung ist aber unbegründet. 99Der Kläger, dessen Erwerbsfähigkeit aus keinem anderen Arbeitsunfall oder wegen Berufskrankheit um wenigstens 10 v.H. gemindert ist, hat keinen Anspruch auf Verletztenrente wegen der Folgen des anerkannten Arbeitsunfalls vom 10.06.1994. Der diesen Anspruch ablehnende Bescheid der Beklagten vom 21.02.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.10.2002 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Bei dem Kläger sind keine Folgen des Arbeitsunfalls vom 10.06.1994 verblieben, die ab dem mit der Berufung begehrten Rentenbeginn am 01.12.1995 einen Anspruch auf Rente nach Maßgabe einer MdE um wenigstens 20 v.H. verursacht haben. Der Senat hat sich nicht davon überzeugen können, dass weitere Gesundheitsstörungen des Klägers mit Wahrscheinlichkeit auf das Ereignis zurückzuführen sind. 100Versicherungsfälle der gesetzlichen Unfallversicherung sind Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten (§ 7 Abs. 1 SGB VII). Ein - hier allein in Betracht kommender - Unfall ist nach § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII ein zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis, das zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führt. Als Folge eines Arbeitsunfalls sind Gesundheitsstörungen (nur) zu berücksichtigen, wenn das Unfallereignis und das Vorliegen der konkreten Beeinträchtigung bzw. Gesundheitsstörung jeweils bewiesen und die Beeinträchtigung mit Wahrscheinlichkeit auf das Unfallereignis zurückzuführen ist. Es ist mithin neben dem hier unstreitigen ursächlichen Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und dem Unfall (Unfallkausalität) auch die Kausalität zwischen dem Unfallereignis und einem Gesundheitserstschaden oder dem Tod des Versicherten (haftungsbegründende Kausalität) und dem Gesundheitserstschaden und ggfs. länger anhaltenden Unfallfolgen (haftungsausfüllende Kausalität) erforderlich. Hinsichtlich des Beweismaßstabes gilt, dass die Tatsachen, die die Tatbestandsmerkmale "versicherte Tätigkeit", "Verrichtung zur Zeit des Unfalls", "Unfallereignis" sowie "Gesundheits(erst)schaden" erfüllen sollen, im Grad des Vollbeweises, also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, für das Gericht feststehen müssen. Demgegenüber genügt für den Nachweis der kausalen Zusammenhänge zwischen diesen Voraussetzungen der Grad der (hinreichenden) Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die Glaubhaftmachung und erst Recht nicht die bloße Möglichkeit (BSG, Urteil vom 31.01.2012, B 2 U 2/11 R, juris-Rn. 17 m.w.N.; Urteil vom 24.07.2012, B 2 U 23/11 R, juris-Rn. 27; Senatsurteil vom 12.11.2014, L 17 U 189/10). "Hinreichend wahrscheinlich" bedeutet, dass mehr für als gegen den Ursachenzusammenhang spricht (BSG, Urteil vom 15.05.2012, B 2 U 31/11 R, juris-Rn. 34; Urteil vom 27.10.1989, 9 RV 40/88, juris-Rn. 17). Ist ein Arbeitsunfall nicht nachgewiesen oder lässt sich der ursächliche Zusammenhang zwischen diesem und den geltend gemachten Gesundheitsstörungen nicht wahrscheinlich machen, geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten des Versicherten (vgl. u.a. BSG, Urteil vom 31.01.2012, B 2 U 2/11 R). Die Kausalitätsbeurteilung hat auf der Basis des aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstandes über die Möglichkeit von Ursachenzusammenhängen zwischen bestimmten Ereignissen und der Entstehung bestimmter Krankheiten zu erfolgen. Das schließt eine Prüfung ein, ob ein Ereignis nach wissenschaftlichen Maßstäben überhaupt geeignet ist, eine bestimmte körperliche oder seelische Störung hervorzurufen (BSG, Urteil vom 09. Mai 2006, B 2 U 1/05 R, juris-Rn. 17). Beweisrechtlich ist außerdem zu beachten, dass der Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und den Unfallfolgen als anspruchsbegründende Voraussetzung positiv festgestellt werden muss. Es gibt keine Beweisregel des Inhalts, dass bei fehlender Alternativursache das angeschuldigte Ereignis die Ursache ist oder dass die mit hinreichender Wahrscheinlichkeit festgestellte versicherte Ursache im naturwissenschaftlichen Sinn automatisch auch eine wesentliche Ursache ist, weil dies bei komplexen Krankheitsgeschehen zu einer Beweislastumkehr führen würde (BSG, Urteil vom 09.05.2006, B 2 U 1/05 R, juris-Rn. 20; Senatsurteil vom 15.10.2014, L 17 U 709/11). 101Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze hat der Kläger keinen Anspruch auf die begehrte Unfallrente. Zwar ist es bei ihm unfallbedingt zu einer HWS-Schleuderverletzung gekommen. Unfallfolgen, die über den 30.11.1995 hinaus bei dem Kläger zu einem 10 v.H. überschreitenden Grad der MdE führen, liegen jedoch nicht vor. Insbesondere sind weder höhergradige HWS-Verletzungen und/oder Bandscheibenvorwölbungen im Bereich der HWS (dazu nachfolgend 1.) oder LWS (dazu 2.), ein hirnorganisches Psychosyndrom (dazu 3.), eine posttraumatische Epilepsie (dazu 4.) noch eine PTBS oder eine sonst unfallbedingte psychische Störung (dazu 5.) als Unfallfolgen festzustellen. Bei dieser Einschätzung stützt sich der Senat insbesondere auf die im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren eingeholten Gutachten von Dr. T, Dr. P, Dr. Dr. X, Dr. L in dem unter II.5. genannten Umfang, Dr. C, Dr. X1 und Dr. H. 1021. Die bei dem Kläger festgestellten Bandscheibenvorwölbungen der HWS sind keine Unfallfolgen. Hierfür ist unerheblich, ob entsprechend dem vom Kläger in Auftrag gegebenen technischen Gutachten von Dipl.-Ing. A der Unfall von seiner Mechanik her geeignet war, ein HWS-Schleudertrauma II. oder III. Grades zu verursachen. Die Eignung eines Unfalls, bestimmte Körpererstschäden hervorzurufen, beweist nicht, dass diese auch tatsächlich eingetreten sind. Dass der Kläger ein HWS-Schleudertrauma erlitten hat, das grundsätzlich geeignet war, einen HWS-Schaden hervorzurufen, stellt in Übereinstimmung mit Dipl.-Ing. A auch der orthopädische Sachverständige Dr. T fest. Für die Diagnose eines höhergradigen HWS-Schleudertraumas, dessen Folgen auch über den 30.11.1995 noch zu einer MdE führen könnten, fehlt es hier aber an nachgewiesenen geeigneten Körpererstschäden. Der Senat vermag sich nicht davon zu überzeugen, dass der Unfall bei dem Kläger zu einem HWS-Schleudertrauma geführt hat, das bereits den Schweregrad II erreicht hat. Soweit Oberarzt Dr. L in Vertretung für Prof. Dr. I am 07.07.1994 ein HWS-Schleudertrauma Grad III dokumentiert, spricht er nur vier Tage später (11.07.1994) selbst nur noch vom Schweregrad I. Der Schweregrad III ist charakterisiert durch vollkommen durchgerissene Bänder, gesprengte Gelenkkapseln und eine Liquidation des mechanischen Zusammenhalts (Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Aufl., S. 462). Die Diagnose des Schweregrades II erfordert mikrostrukturelle Weichteilläsionen mit Hämatombildung und evtl. temporärer Raumforderung und ist durchweg kernspintomographisch nachweisbar (Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., S. 462, 463). Derartige Erstschäden sind beim Kläger nicht festgestellt worden, müssten aber im Vollbeweis nachgewiesen sein. Der Befund des D-Arztes Dr. U weist nur eine Steilstellung der HWS mit Muskelverspannung und schmerzhafter Kopfdrehung sowie einen Druckschmerz über der BWS aus. Äußere Verletzungszeichen wurden nicht dokumentiert, auch haben sich keine Hämatome, Knochenödeme o.ä. an der Wirbelsäule und auch keine Anzeichen einer Schädelprellung am linken Hinterkopf gefunden. Für den Senat deshalb überzeugend weist Dr. T darauf hin, dass das Unfallereignis strukturelle Verletzungen der HWS nicht hervorgerufen hat. Insoweit führt er nachvollziehbar aus, dass die nach allgemeiner ärztlicher Einschätzung anlagebedingt bei dem Kläger bestehende HWS-Verblockung C5/C6 zu einer Versteifung führt und hierdurch die benachbarten Bandscheiben ein erhöhtes Degenerationsrisiko haben. Dass sich dieses Risiko beim Kläger zum Unfallzeitpunkt bereits verwirklicht hatte, belegt Dr. T alsdann überzeugend unter Bezugnahme auf die Röntgenaufnahmen im C-Krankenhaus vom Unfalltag, dem 10.06.1994. Demnach hat bereits am Unfalltag eine ausgeprägte Segmentdegeneration C4/C5 mit nachweisbarer Bandscheibenhöhenminderung und retrospondylotischer Reaktion vorgelegen. Die Bandscheibe C4/C5 war dadurch bereits am Unfalltag höhengemindert, und das Zwischenwirbelloch sowie der Wirbelkanal eingeengt. Diese Einschätzung bestätigt Dr. P in seinem Gutachten vom 17.12.2001. Da es insoweit lediglich um die Bewertung bildgebender Befunde geht, sieht der Senat keinen Anhaltspunkt für eine Unverwertbarkeit eines der Gutachten, denn die vom Kläger hierfür in den Vordergrund gestellte Frage, ob Dr. P von dem richtigen Unfallhergang ausgeht, stellt sich insoweit gar nicht. Die bestehende gravierende Schadensanlage mit weit fortgeschrittener und deutlich vorauseilender Degeneration der HWS schließt aus der Sicht des Senats, der auch insoweit Dr. T folgt, eine - ohnehin für eine mehrsegmentale Bandscheibenprotrusion an der HWS nur in seltenen Fällen zu bejahende - Kausalität des Unfalls aus. Da sie eine bereits bestehende Rissbildung im Bereich des Bandscheibenfaserringes belegt, kann auch eine Vorverlagerung der Erkrankung um mehr als ein Jahr nicht begründet werden. 103Hingegen vermag der Senat den Sachverständigen, die insoweit einen Unfallzusammenhang erkennen, nicht zu folgen. Angesichts dessen, dass Dr. T nachvollziehbar und in Übereinstimmung mit der unfallversicherungsrechtlichen Literatur (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., S. 454 ff.) darlegt, dass vorbestehende degenerative Erkrankungen durchaus und üblicherweise lange Zeit beschwerdefrei sein können, kann der Hinweis Dr. C auf eine angeblich vorbestehende Beschwerdefreiheit des Klägers die Auffassung Dr. T nicht durchgreifend entkräften. Gleiches gilt für Dr. P, der unzutreffend "prätraumatische Krankheiten oder Krankheitsanlagen" negiert und die Unfallbedingtheit der Beschwerden auf deren lange Dauer und Intensität zurückführen will. Dr. L wiederum begnügt sich mit dem - für seinen Gutachterauftrag auch gar nicht erheblichen, aber hier völlig unzureichenden - Hinweis, die Diagnosen seien "unzweifelhaft" unfallbedingt. Privatgutachter Dr. W hat seine Qualifikation zu gutachtlicher Äußerung durch nichts belegt. 1042. Vergleichbar stellt sich die Situation hinsichtlich der an der LWS festgestellten Bandscheibenprotrusion im Übergang der Lenden- zur Steißwirbelsäule bei L5/S1 dar. Hier fehlt es nicht nur wiederum an entsprechenden Feststellungen im durchgangsärztlichen Befund, sondern auch an gesicherten Funktionseinschränkungen der LWS in den ersten 10 Tagen nach dem Unfall, wie Dr. T für den Senat überzeugend ausführt. Selbst Schmerzangaben des Klägers fehlen im Durchgangsarztbericht vom 10.06.2009. Die Wirbelsäule wurde aber untersucht. Denn es wird ein Druckschmerz (nur) im BWS/LWS-Übergang, also an der oberen, nicht aber an der unteren LWS angegeben, wo sich der Bandscheibenschaden des Klägers befindet. 1053. Ein hirnorganisches Psychosyndrom ist beim Kläger nicht erwiesen und dementsprechend auch nicht als Unfallfolge anzuerkennen. Es fehlt bei dem Kläger sowohl an geeigneten Körpererstschäden als auch überhaupt am Nachweis eines solchen Gesundheitsschadens. Eine Kopfverletzung ist beim Kläger nicht dokumentiert. Der Nachweis der Möglichkeit eines Kopfanpralls in einem technischen Gutachten, wie dem des Dipl.-Ing. A, ist hierfür kein Ersatz. Dass die Rekonstruktion eines Unfalls einen Ablauf plausibel machen, aber nicht in allen Einzelheiten beweisen kann, ergibt sich anschaulich aus den vom Kläger vorgelegten Standbildauszügen aus dem Videomaterial selbst, die u.a. einen Unfallhergang zeigen, in dem sich die Arme des Unfallopfers vom Rumpf lösen, was unzweifelhaft tatsächlich nicht der Fall war. Auf den Nachweis eines tatsächlichen Körpererstschadens kann deshalb nicht verzichtet werden. Ein Nachweis eines bei dem Kläger bestehenden hirnorganischen Gesundheitsschadens ist ebenfalls nicht erbracht. In keinem MRT des Schädels konnte eine hirnorganische Schädigung nachgewiesen werden. Die von Dres. I und I erhobenen Befunde, die in die Richtung eines hirnorganischen Schadens zu weisen scheinen, sind nicht beweisend, da ihre Erhebung, wie der Senat dem Gutachten von Dr. C entnimmt, auf mitarbeitsabhängigen Selbstbeurteilungstests beruht und nach Mitteilung von Dr. I selbst Hinweise auf Aggravation bestanden. Der Senat folgt den deshalb überzeugenderen Gutachten von Dr. H und Dr. C, die schlüssig darlegen, dass sich ein hirnorganisches Psychosyndrom vor dem Hintergrund einer suboptimalen Leistungsbereitschaft des Klägers während der neuropsychologischen Begutachtung, die auch Dr. I zur Validierung der Ursachen der beim Kläger bestehenden Beschwerden noch für erforderlich gehalten hatte, nicht objektivieren ließ. 1064. Eine Epilepsie ist beim Kläger ebenfalls nicht gesichert, demzufolge auch nicht als posttraumatische Erkrankung. Wiederum fehlt es an einem geeigneten Körpererstschaden. Aber auch eine entsprechende Erkrankung ist nicht nachgewiesen. Dr. I teilt hierzu in ihren Gutachten mit, sie habe Hinweise auf eine Epilepsie, könne aber weder deren Vorhandensein noch den Zeitpunkt ihrer evtl. Entstehung nachweisen. Im dem von Dr. X1 erstellten MRT zeigte sich ein altersentsprechender Normalbefund ohne Hinweise auf Läsionen, die als Epilepsieursache in Frage kämen. Dr. X1 hat auch frühere Kernspinaufnahmen der Radiologie des Medizin-Centers C vom 04.11.2009 nachbefundet, die einen zunächst als mögliches Residuum eines Kontusionsherdes verdächtigen (vgl. Bericht von Dr. C, T Privatklinik N, vom 06.01.2010) Partialvolumendefekt und damit - auch nach Einschätzung von Dr. C - keinen pathologischen Befund zeigen. Zwar betonen die Sachverständigen, dass ein Kernspin-Normalbefund die Diagnose einer Epilepsie nicht ausschließe. Auch anhand der im Hinblick auf eine Epilepsie nicht schlüssigen anamnestischen Angaben des Klägers und der Ergebnisse der mehrtägigen stationären Beobachtung des Klägers im Rahmen der Begutachtung ist aber die Diagnose nicht anderweitig belegbar. 1075. Schließlich ist eine PTBS oder eine sonst unfallbedingte psychopathologische Störung beim Kläger nicht nachgewiesen. Auf die ärztlichen Äußerungen, die beim Kläger eine solche Erkrankung bejahen, vermag der Senat keine für diesen günstige Entscheidung zu stützen. Dass der Privatgutachter Dr. W über eine wie auch immer geartete Facharztqualifikation verfügt, die ihn zu einer solchen Diagnose befähigt, ist nicht ersichtlich. Dr. B erstattet sein Privatgutachten am 12.09.2010 für den Kläger nach eigenen Angaben anhand "mehrerer persönlicher Gespräche" mit dem Kläger in der T-Klinik N, aber ohne Kenntnis der Aktenlage und ohne den Kläger selbst behandelt zu haben. Auf welcher Basis er dann zu einer objektiven Beurteilung der Diagnosekriterien beim Kläger in der Lage sein kann, erschließt sich dem Senat vor diesem Hintergrund nicht. Der Gutachter im Rentenverfahren, Dr. L, übernimmt die Diagnose PTBS von dritter Seite, sieht aber aktuell eine Depression ohne aus dem Gutachten nachvollziehbare kausale Verbindung mit einer PTBS oder einem Unfallgeschehen; auch ihm fehlt die Kenntnis der Unfallakten und -gutachten. Dr. Dr. X und Dr. I diagnostizieren keine PTBS. Dr. I hat an ihrer ursprünglichen Diagnose einer posttraumatischen psychopathologischen und Schmerzerkrankung nicht festgehalten, sondern in ihrer ergänzenden Stellungnahme vom 24.08.2011 alle insoweit beim Kläger bestehenden Auffälligkeiten als hirnorganisch angesehen (siehe dazu aber oben 3.). 108Gelingt von daher schon ein positiver Nachweis einer PTBS oder sonstigen traumabezogenen psychopathologischen Störung nicht, ist der Senat zusätzlich aufgrund des Gutachtens von Dr. L und dessen Angaben im Termin zur mündlichen Verhandlung am 17.09.2012 davon überzeugt, dass zwar möglicherweise bei dem Kläger - wie auch z.T. von Dr. L und zunächst auch von Dr. I angenommen - eine depressive Erkrankung und eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung bestehen. Zeitnah während der ersten Jahre nach dem Unfall waren aber bis auf unspezifische vegetative Störungen, die während seiner Krankenhausbehandlungen 1994 abgerechnet, jedoch nicht näher bezeichnet wurden, bei dem Kläger keine psychischen Störungen bekannt geworden. Eine Behandlung wegen solcher Beschwerden hat nach dessen eigenen Angaben erst neun Jahre nach dem Unfall stattgefunden. Für den Senat überzeugend hat der Sachverständige Dr. L wegen des Fehlens zeitnaher psychischer reaktiver Störungen und erkennbarer Brückensymptome über einen derart langen Zeitraum eine Kausalität des Unfalls für diese Gesundheitsstörungen verneint. Der Senat stützt sich insoweit ausschließlich auf Aussagen des Sachverständigen Dr. L vor dem Eintritt seiner Befangenheit (dazu näher unter III.). 1096. Auf weitere, beim Kläger möglicherweise noch zu einer rentenberechtigenden MdE führende unfallbedingte Erkrankungen gibt der Sachverhalt keine Hinweise. 110III. Den im Termin zur mündlichen Verhandlung am 13.01.2016 gestellten Hilfs- und Verfahrensanträgen des Klägers - soweit nicht bereits beschieden - war nicht zu entsprechen. Eine Aussetzung des Verfahrens im Hinblick auf bei der Beklagten gestellte Anträge zur Löschung von ärztlichen Stellungnahmen und Gutachten aus den Verwaltungsakten war nicht geboten, da die Entscheidung der Beklagten über diese Anträge im gerichtlichen Verfahren nicht vorgreiflich im Sinne von § 114 Abs. 2 Satz 1 SGG ist (BSG, Urteil vom 20.07.2010 - B 2 U 17/09 R -, juris-Rn. 12). 111Soweit der Kläger beantragt hat, auszusprechen, dass die Gutachten von Dr. Dr. X vom 28.12.2001, Dr. P vom 17.12.2001, Dr. T, Dr. L vom 18.06.2010 mit nachfolgenden Stellungnahmen bis einschließlich zur Niederschrift seiner Einvernahme im mündlichen Termin am 17.09.2012, Dr. C vom 14.01.2015 und Dr. H vom 27.03.2015 nicht verwertet werden dürfen, war dem schon deshalb nicht zu folgen, weil kein Beweisverwertungsverbot besteht. 112Hinsichtlich der Gutachten von Dr. Dr. X, Dr. P, Dr. T, Dr. L, Dr. C und Dr. H macht der Kläger geltend, dass die Sachverständigen von einem falschen Unfallhergang ausgegangen seien oder bei ihrer Begutachtung auf Gutachten aufgebaut hätten, die einen solchen falschen Unfallhergang zugrunde gelegt hätten und deshalb zu falschen Gutachtenergebnissen gekommen seien. Hiermit wird kein Sachverhalt beschrieben, der zu einem Beweisverwertungsverbot führen kann. Ist ein Gutachten inhaltlich falsch, begründet dies nicht die Unverwertbarkeit des Gutachtens, sondern es ist im Rahmen der Beweiswürdigung zu bewerten. 113Entgegen der Auffassung des Klägers führt auch die vom Senat mit Beschluss vom 27.11.2012 festgestellte Befangenheit des Sachverständigen Dr. L nicht zur Unverwertbarkeit seiner früheren, seinem die Besorgnis der Befangenheit begründenden Schreiben vom 18.09.2012 vorausgehenden gutachterlichen Äußerungen oder der später erstellten Gutachten von Dr. C und Dr. H. Einer späteren erfolgreichen Ablehnung eines Sachverständigen steht die Verwertung seiner früheren Gutachten nicht entgegen, solange die Gründe für eine Befangenheit bei deren Erstattung noch nicht vorlagen (OLG Hamm, Urteil vom 24.09.1993 - 12 U 175/92). So liegt der Fall hier, denn die Besorgnis der Befangenheit von Dr. L ergab sich erst aus seinem Verhalten nach seiner mündlichen Einvernahme. Die Unverwertbarkeit des ergänzenden Schreibens des Dr. L vom 18.09.2012 wegen dessen vom Senat bejahter Befangenheit hat auch keine Auswirkungen auf die Verwertbarkeit der späteren Gutachten von Dr. C und Dr. H. Ein Verwertungsverbot für ein Beweismittel kann sich nur dann im Sinne einer Fernwirkung auf alle späteren Beweismittel auswirken, wenn durch das weitere Beweismittel das Verwertungsverbot hinsichtlich des ersten Beweismittels umgangen würde, das zweite Beweismittel ohne das erste - unzulässige und verbotene - keinen Bestand hätte oder das zweite auf dem ersten aufbaut (BSG, Urteil vom 05.02.2008, B 2 U 8/07 R, juris-Rn. 63). Davon ausgehend erstreckt sich das Verwertungsverbot nicht auf die Gutachten von Dr. C und Dr. H. Denn beide haben den Kläger persönlich untersucht und sind unabhängig von der unverwertbaren Stellungnahme zu ihren Einschätzungen und Begründungen gelangt (vgl. Hessisches LSG, Urteil vom 05.06.2014 - L 3 U 254/10 -, juris-Rn. 50). Ohnehin war, wie der Kläger richtig anmerkt, den Sachverständigen Dres. C, X1 und H in der Beweisanordnung vom 11.10.2013 (mit nachfolgenden Ergänzungen), Ziff. 5, aufgegeben worden, wegen der Befangenheit des Sachverständigen Dr. L auf dessen Ausführungen "ab Bl. 1173 ff.", also auf dessen Schreiben vom 18.09.2012, nicht inhaltlich einzugehen. Dr. C erwähnt folgerichtig das Schreiben Dr. L vom 18.09.2012 und den Beschluss des Senats vom 27.11.2012 nur in seinem Aktenauszug und verwertet es inhaltlich an keiner Stelle seines Gutachtens, das ohnehin die bei der eigenen Begutachtung und durch die Zusatzgutachter gewonnenen Erkenntnisse ganz in den Vordergrund stellt. Dr. H nimmt an keiner Stelle seines Zusatzgutachtens Bezug auf Erkenntnisse oder Bewertungen von Dr. L. Diese Gutachten haben mithin auch ohne die unverwertbare Stellungnahme Bestand und führen nicht zu einer Umgehung des diesbezüglichen Beweisverwertungsverbotes. 114Anlass, die angebotenen Zeugen N und Dr. C zu hören, bestand nicht. Diese Personen werden dafür benannt, dass sie Befunde, die die Sachverständigen bei ihrer Begutachtung erhoben haben (oder nicht erhoben haben), anders einschätzen als diese und/oder selbst mit anderem Ergebnis festgestellt haben. Sie zielen damit letztlich nicht auf Zeugenaussagen, sondern auf die Einführung weiterer Sachverständiger, die im Sinne des Klageantrags zu der bisherigen Beweisaufnahme Stellung nehmen sollen. Hierfür ist Frau N als behandelnde Physiotherapeutin des Klägers schon nicht qualifiziert. Weitere medizinische Sachverhaltsaufklärung über den bereits umfangreich erhobenen Sachverständigenbeweis hinaus hat der Senat aber auch nicht für erforderlich gehalten. 115IV. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG. 116V. Anlass zur Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) bestand nicht.
die berufung des klägers gegen das urteil des sozialgerichts düsseldorf vom 15.11.2005 wird zurückgewiesen. außergerichtliche kosten haben die beteiligten einander auch im berufungsverfahren nicht zu erstatten. die revision wird nicht zugelassen. 1
2die beteiligten streiten um die folgen eines arbeitsunfalls, den der kläger am 10.06.1994 erlitten hat. 3der 1962 geborene, bei der beklagten seinerzeit freiwillig versicherte kläger war zum zeitpunkt des arbeitsunfalls selbständiger rechtsanwalt. auf dem weg von seiner kanzlei in n zum finanzgericht e, wo er im rahmen seiner anwaltlichen tätigkeit einen termin wahrzunehmen hatte, wurde er mit seinem pkw in einen verkehrsunfall verwickelt. nach dem polizeilichen aufnahmeprotokoll vom 10.06.1994 hatte sich der verkehr an der unfallstelle aufgrund eines vorausgegangenen verkehrsunfalls stark verlangsamt, was ein auf der autobahn rechts fahrender lkw-fahrer zu spät bemerkt habe und deshalb zur vermeidung eines auffahrunfalls mit seinem fahrzeug nach links auf die vom kläger benutzte fahrbahn ausgeschert sei. dabei sei es zur kollision mit dessen vw golf gekommen. der kläger habe nicht rechtzeitig ausweichen können und sei unter den anhänger gefahren. der wagen des klägers war rechtsseitig total beschädigt. die geschwindigkeit des lkw habe zum unfallzeitpunkt laut schaublatt ca. 82 km/h betragen. 4der kläger wurde mit dem notarzt ins evangelische krankenhaus c in n (leitender arzt dr. u, abteilung unfall- und gelenkchirurgie) verbracht. dort wurde eine schmerzhafte verspannung der linksseitigen nackenmuskulatur des klägers festgestellt. die kopfwendung nach links war schmerzhaft. außerdem gab der kläger schmerzen an der vorderen brustkorbseite und einen druckschmerz beidseits neben der wirbelsäule (ws) im übergang der brust- (bws) zur lendenwirbelsäule (lws) an. röntgenaufnahmen der halswirbelsäule (hws) und des brustkorbs ergaben keinen anhalt für eine frische knochenverletzung, jedoch eine blockwirbelbildung bei c5/6 und eine steilstellung der hws. diagnostiziert wurden ein hws-schleudertrauma und eine rippenprellung. der kläger wurde dann nach wiedervorstellung im krankenhaus c am 15.06.1994 aufgrund eines von ihm angegebenen schwindelgefühls mit verzerrung des blickfeldes und globaler schwäche stationär dort aufgenommen und es wurden folgende diagnosen gestellt: links hinterkopfseitige schädelprellung mit ausgeprägt vegetativem begleitsyndrom, hws-distorsion mit traumatischer bandscheibenvorwölbung c3-c4 und c5, unfallunabhängige blockwirbelbildung c 5/6 sowie lws-distorsion mit rechtsbetonter lumboischialgie und bandscheibenvorwölbung l5/s1. im mrt von schädel und hws ergab sich in der hws kein hinweis auf eine einblutung. auch stammhirnläsionen und einblutungszeichen ließen sich nicht erkennen. der kläger wurde alsdann in die neurologische klinik des krankenhauses n (chefarzt prof. dr. i) verlegt. dieser hatte bereits mit bericht vom 22.06.1994 ein hws-schleudertrauma i. grades ohne objektivierbares neurologisches defizit, eine links-occipitale schädelprellung mit ausgeprägtem vegetativem begleitsyndrom und verdacht auf hirnstammaffektion und ein traumatisch bedingtes lws-schmerzsyndrom mit rechtsseitiger lumboischialgie festgestellt. in zwischenberichten vom 07. und 11.07.1994 wurden zunächst eine beidseitige rechtsbetonte lumboischialgie bei traumatisch bedingter medio-rechtslateraler diskusprotrusion l5/s1 und ein hws-schleudertrauma 3. grades mit schmerzsyndrom diagnostiziert. im überweisungsbericht in die anschlussheilbehandlung vom 19.07.1994 teilte das krankenhaus n mit, die kernspintomographie habe eine unauffällige darstellung des schädels und des hirnstamms ergeben. die in diesem bericht aufgeführten diagnosen links-occipitale schädelprellung mit protrahiertem psychovegetativem begleitsyndrom, beidseitige rechtsbetonte lumboischialgie bei bandscheibenvorwölbung l5/s1 sowie hws-schleudertrauma 3. grades mit paravertebraler schmerzsymptomatik und hochgradigen bandscheibenvorwölbungen bei c3 bis c5 seien traumatisch bedingt, die darüber hinaus festgestellte verblockung von c 5/6 hingegen angeboren. der kläger wurde am 16.08.1994 aus der stationären behandlung entlassen. 5am 04.08.1995 erlitt er einen weiteren verkehrsunfall im rahmen seiner beruflichen tätigkeit. hierbei war ein pkw auf das fahrzeug des klägers aufgefahren. dr. u nannte in dem diesbezüglichen durchgangarztbericht vom 01.09.1995 als diagnose eine hws-distorsion. 6die beklagte forderte bei prof. dr. i einen bericht an. dieser berichtete unter dem 13.09.1995, dass beim kläger ein zustand nach zweimaligem hws-schleudertrauma (1994 ii. - iii. grades, 1995 i. grades), eine beidseitige rechtsbetonte typische lumboischialgie bei initial nachgewiesener traumatischer diskusprotrusion l5/s1 sowie ein zustand nach schädelprellung bestünden. das neuerliche hws-schleudertrauma habe die beschwerden verschlimmert. eine gutachterliche feststellung der minderung der erwerbsfähigkeit (mde) sei erforderlich. 7mit gutachten vom 26.02.1996 stellte prof. dr. i folgende gesundheitsbeeinträchtigungen beim kläger fest: 81. zustand nach zweimaligem halswirbelsäulenschleudertrauma (10.06.1994: ii. bis iii. grades und 04.08.1995: i. grades) mit ausgeprägtem paravertebralem, teils radikulär, teils pseudoradikulär ausstrahlendem schmerzsyndrom und traumatisch bedingten diskusprotrusionen c3 bis c5 mit myelontangierung links. 92. beidseitige rechtsbetonte lumboischialgie bei traumatisch bedingter medio-rechtslateraler diskusprotrusion l5/s1. 103. zustand nach links occipitaler schädelprellung mit protrahiertem psychovegetativem begleitsyndrom und kognitiven störungen. 111976 und 1985 sei es bereits zu hws-schleudertraumata gekommen, jedoch ohne persistierende beschwerden. der psychische befund des klägers sei im wesentlichen unauffällig. die festgestellten protrusionen in den segmenten c3/c4, c4/c5, c6/c7 und l5/s1 seien jeweils traumatisch bedingt und auf den unfall vom 10.06.1994 zurückzuführen. die beschwerden seien durch den folgeunfall akzentuiert worden. ab dem 01.09.1995 liege deshalb eine dauerhafte mde von 60 v.h. vor. 12der hierzu von der beklagten beratungsärztlich gehörte chirurg und unfallchirurg dr. s hielt es für in hohem maße zweifelhaft, ob es durch die arbeitsunfälle zu den vom sachverständigen angenommenen unfallbedingten bandscheibenvorwölbungen in lws und hws gekommen sei. der krankheitswert dieser befunde sei ebenso zweifelhaft, weil die beschwerdesymptomatik sich nicht entsprechenden nervenwurzeln zuordnen lasse. eine hirnstammschädigung sei aufgrund der mrt-untersuchungen auszuschließen. die bandscheibenveränderungen hätten zudem keinen prozesshaften wandel gezeigt. substanzielle unfallbedingte schäden im bereich von schädel, gehirn, hws, rückenmark, nervenwurzel und lws seien bisher nicht nachgewiesen. sichere funktionelle defizite seien beim kläger nicht beschrieben worden. der hierzu um ergänzende stellungnahme gebetene prof. dr. i hielt an seiner beurteilung fest. 13die beklagte hielt es nach auswertung des gutachtens für zweifelhaft, dass die bandscheibenvorwölbungen durch den unfall entstanden seien. sie beabsichtigte daher eine erneute begutachtung durch einen anderen sachverständigen. zwischen den beteiligten entstand in der folge eine auseinandersetzung darüber, ob und durch welchen sachverständigen eine weitere untersuchung durchgeführt werden solle. 14mit bescheid vom 05.06.1997 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 22.09.1997 lehnte die beklagte weitere leistungen aus der gesetzlichen unfallversicherung mit der begründung ab, dass der kläger seiner mitwirkungspflicht nicht nachgekommen sei. in einem im rahmen eines in der folge vor dem senat zu az. l 17 u 319/00 geführten berufungsverfahrens geschlossenen vergleichs vom 20.06.2001 erklärte sich der kläger bereit, sich von dem facharzt für nervenheilkunde, physikalische und rehabilitative medizin und chefarzt der neurologischen abteilung der klinik am s bad p, dr. dr. x, untersuchen zu lassen. die beklagte erklärte sich bereit, die wegen mangelnder mitwirkung erlassenen bescheide alsdann aufzuheben. 15dr. dr. x erstellte nach untersuchung des klägers unter dem 28.12.2001 sein gutachten, in dem er den kläger mit der angabe zitierte, er habe bereits 1987 einen verkehrsunfall mit hws-schleudertrauma erlitten, das aber ausgeheilt sei. er habe auch "schon mal irgendwann" unter leichteren rückenbeschwerden gelitten. ihm sei auch bekannt, dass er einen blockwirbel im hws-bereich habe. er versuche, aus seiner situation das beste zu machen, sei nicht gedrückt oder depressiv. aus organneurologischer sicht sah dr. keine krankheitswertigen veränderungen. die schmerzangaben des klägers ließen sich organmedizinisch nicht objektivieren. die frage der unfallfolgen müsse allein auf der grundlage der orthopädischen begutachtung beantwortet werden. hiernach liege in auswertung auch des orthopädischen zusatzgutachtens ein unfallfremdes degeneratives hws-leiden vor, das im zusammenwirken mit der anlagebedingten hws-blockwirbelbildung zu den geklagten beschwerden geführt habe. mit den von prof. dr. i gestellten diagnosen stimme er somit überein, die hieraus folgenden funktionseinschränkungen seien aber nicht unfallbedingt. 16die orthopädische begutachtung führte der facharzt für orthopädie, physikalische und rehabilitative medizin dr. p am 17.12.2001 durch. als folgen des unfalls beschrieb dr. p: 171. leichtgradige halswirbelsäulendistorsion 182. rippenprellung 19bei der seitlichen kollision mit dem lkw sei es zu einer flexionsverletzung gekommen. eine beschleunigungsverletzung stehe angesichts des unfallverlaufs mit seitlichem anprall des lkw nicht zur diskussion. die zu einem späteren zeitpunkt nachgewiesenen bandscheibenprotrusionen c3-5 sowie l5/s1 seien nicht durch den unfall verursacht worden. die beim kläger vorliegende fixierte fehlhaltung des rumpfes und der hws mit einhergehender einschränkung der beweglichkeit sei nicht unfallbedingt verursacht worden. denn das unfallereignis sei nicht schnell genug gewesen, um rissbildungen der bandscheibe zu verursachen. geeignet hierfür seien stürze aus größerer höhe oder erhebliche schleuderbewegungen verursachende ereignisse. gerade bei jüngeren menschen würde auch zunächst das angrenzende knochengewebe traumatisiert, was sich in bildgebenden verfahren in form von gewebeveränderungen, einblutungen, stufenbildung oder knochenmarködemen sicher nachweisen ließe. solche nachweise fehlten hier aber. auch sei nicht im unmittelbaren anschluss an den unfall der nachweis von wurzelreizungen geführt. weder das unfallereignis noch die klinisch objektivierten funktionsbefunde oder die weiteren technischen befunde sprächen für eine traumatische bandscheibenprotrusion im bereich der hws. dies gelte auch für die später objektivierte vorwölbung l5/s1. unfallfremd seien daher: 201. synostose der leichtgradig hypoplastischen 5. und 6. halswirbelkörper 212. anlagebedingte bandscheibenrückbildung c3/4, 4/5 mit protrusionen 223. anlagebedingte bandscheibenprotrusion l5/s1 unfallbedingt sei damit eine leichtgradige hws-distorsion. eine unfallbedingte arbeitsunfähigkeit habe bis zu 6 wochen nach dem unfall bestanden. der grad der mde sei ab dem 01.12.1995 mit 10 v. h. für ein jahr zu bewerten. 23mit bescheid vom 21.02.2002 lehnte die beklagte eine rentengewährung aus der gesetzlichen unfallversicherung aus anlass des unfalls vom 10.06.1994 ab. eine mde über das ende des anspruchs auf verletztengeld hinaus bestehe nicht. der widerspruch des klägers vom 18.03.2002 wurde mit widerspruchsbescheid vom 21.10.2002 zurückgewiesen. 24gegen die versagung von verletztenrente hat der kläger am 13.11.2002 klage vor dem sozialgericht düsseldorf (sg) erhoben. er hat die auffassung vertreten, dass er auf grund des unfalls vom 10.06.1994 anspruch auf gewährung einer rente habe, weil auch über den 01.12.1995 hinaus beeinträchtigungen bei ihm vorlägen, die eine mde bedingten. dies habe der sachverständige prof. dr. i in seinem gutachten vom 26.02.1996 festgestellt. demgegenüber seien die gutachten von dr. und dr. p in weiten teilen falsch. bezüglich des zuletzt genannten vortrags hat der kläger ein privatgutachten von dem "medizingutachterbüro" dr. w überreicht, wonach der unfallhergang sehr wohl geeignet gewesen sei, die beim kläger aufgetretenen verletzungen hervorzurufen. dass unfallnah kein ödem nachgewiesen sei, liege am unterlassen der zu dessen objektivierung notwendigen untersuchungen, was "natürlich nicht zu lasten des geschädigten" gehen könne. die beschwerden seien unfallbedingt, da andere ursachen nicht erkennbar seien. eine unfallbedingte schädelprellung mit hirntraumatisierung und diagnostizierter hirnstammaffektion habe vorgelegen. eine posttraumatische belastungsstörung (ptbs) "dürfte vorliegen". die gegen einen anspruch des klägers sprechenden gutachten seien somit nahezu durchgängig falsch und eine mde von mindestens 30-40 v.h. gerechtfertigt. diese feststellungen hat dr. w allein anhand einer auswertung der vorgutachten getroffen. 25ferner hat der kläger eine verkehrstechnische gutachterliche stellungnahme des dipl.-ing. g. a vom 16.04.2002 sowie dessen ergänzende stellungnahme vom 29.07.2002 überreicht. hiernach habe keine heckkollision stattgefunden, sondern eine streifkollision mit kurzzeitiger kontaktierung bzw. verhakung mit dem unterfahrschutz bzw. aufbau des lkw-anhängers, einem nachfolgenden teilweisen unterfahren sowie einer nachfolgenden frontalkollision der rechten frontpartie des pkw’s des klägers mit dem linken hinteren reifen des anhängers. nach auswertung der tachoscheibe habe der lkw bei der kollision wahrscheinlich eine geschwindigkeit von 58 km/h gehabt. anhand der schäden am pkw sei von einer geschwindigkeitsdifferenz von 20-25 km/h und somit von einer geschwindigkeit des pkw bei anprall von mindestens 78-83 km/h, eher aber 93-98 km/h auszugehen. betreffend die einwirkungen auf den körper des klägers seien die einzelnen ablaufphasen nicht mehr exakt rekonstruierbar. im hinblick auf die beim anprall frei werdende energie könne eine hws-verletzung nicht ausgeschlossen werden. das unfallgeschehen stehe zu diesen verletzungen jedenfalls nicht im widerspruch. 26der kläger hat beantragt, 27die beklagte unter aufhebung des bescheides vom 21.02.2002 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 21.10.2002 zu verurteilen, ihm nach seinem arbeitsunfall vom 10.06.1994 ab dem 01.12.1995 eine verletztenrente nach einer mde von mindestens 20 v. h. zu gewähren. 28die beklagte hat beantragt, 29die klage abzuweisen. 30sie hat die auffassung vertreten, dass die angefochtene entscheidung rechtmäßig sei. beim kläger habe ein ausgeprägtes anlagebedingtes leiden bestanden, auf dessen boden die bandscheibenprotrusionen entstanden seien. der unfall vom 10.06.1994 sei nicht die ursache für die jetzt noch beim kläger bestehenden beschwerden. der unfall vom 10.06.1994 und der unfall vom 04.08.1995 seien als eine einheit zu betrachten. insoweit habe sie mit der angefochtenen entscheidung über beide unfälle entschieden. 31das sg hat beweis erhoben durch einholung eines medizinischen sachverstän- digengutachtens von prof. dr. k (chefarzt der abteilung orthopädie und orthopädische chirurgie am k-krankenhaus in o). in seinem gutachten vom 20.10.2003 hat dieser folgende diagnosen gestellt: 32- zustand nach halswirbelsäulendistorsionsverletzung (schleudertrauma) 1985 - blockwirbelbildung der halswirbelsäule in der etage c5/c6 (nachweis 1987) - rezidivierendes hws-syndrom (erstbehandlung 1/91 - 3/91), cephalgien, bws-syndrom (behandlung 1/91 - 3/91) - rezidivierende lumboischialgien (erstmals 10.03.1992) - hws-syndrom (behandlung 08.05.1992 - 07.08.1992) - zustand nach verkehrsunfall am 10.06.1994 mit hws-distorsionsverletzung grad ii, links occipitaler schädelprellung, rippenprellung und protrahiertem psychovegetativem begleitsyndrom - zustand nach verkehrsunfall am 04.08.1995 mit hws-distorsion grad i - degenerative kernspintomographisch progrediente veränderungen der hws in den etagen c3/c4, c4/5 mit primärer relativer spinalkanalstenose im bereich hwk 4 bis hwk 5 - degenerative veränderungen der lendenwirbelsäule mit schmerzhafter funktionseinschränkung bei osteochondrose l3/l4 - bandscheibenprotrusion l5/s1 rechts 33hinsichtlich der biomechanischen einflüsse sei eine aussage hinsichtlich der verursachung eindeutig möglich. die bandscheiben könnten durch einen verkehrsunfall, wie ihn der kläger erlitten habe, nicht beeinträchtigt werden. eine hinterkopfverletzung sei nirgends dokumentiert. lws-beschwerden habe der kläger schon vor dem unfall gehabt. den gutachten von dr. p und dr. dr. x stimme er zu. der kläger habe bei dem verkehrsunfall vom 10.06.1994 eine hws-distorsionsverletzung ii. grades sowie eine linksoccipitale schädelprellung, eine rippenprellung und ein protrahiertes psychovegetatives syndrom erlitten. dass es hierbei zu einer verletzung von hws oder lws gekommen sei, sei unwahrscheinlich. die zeitnah durchgeführten kernspintomographischen und radiologischen untersuchungen hätten keine hinweise auf posttraumatische veränderungen ergeben. das schadensbild im bereich der hws sei anlagebedingter und degenerativer genese. im durchgangsarztbericht sei eine verletzung des hinterkopfes, die prof. dr. i angenommen habe, gerade nicht festgestellt worden. äußere verletzungszeichen seien zeitnah zum unfall auch in bildgebenden verfahren nicht beschrieben worden. 34das private gutachten von dipl.-ing. a hat dem sachverständigen vorgelegen. in einer ergänzenden stellungnahme vom 27.03.2004 hat er eingeräumt, er habe dieses gutachten privat einem kfz-sachverständigen vorgelegt, der es ihm erläutert habe. 35dem gesuch des klägers, prof. dr. k deshalb und weil dieser ihn selbst nicht untersucht habe, wegen der besorgnis der befangenheit abzulehnen, ist das sg mit beschluss vom 13.05.2004 nicht gefolgt, hat aber ein weiteres sachverständigengutachten bei dem orthopäden und sozialmediziner dr. t in auftrag gegeben. dr. t hat sein gutachten unter dem 05.04.2005 erstellt. dort beschreibt er, dass das unfallgeschehen grundsätzlich geeignet sei, strukturelle verletzungen auch an der hws hervorzurufen. auch subjektive beschwerden habe der kläger hinreichend zeitnah geäußert. zum zeitpunkt des unfalls habe beim kläger jedoch eine gravierende schadensanlage bestanden, die einen ursächlichen zusammenhang zwischen dem unfallgeschehen und den beim kläger vorliegenden gesundheitsbeeinträchtigungen ausschließe. dr. p habe unter bezug auf die röntgenaufnahmen vom 10.06.1994 dargelegt, dass bereits am unfalltag eine ausgeprägte segmentdegeneration c4/c5 mit nachweisbarer bandscheibenhöhenminderung und restspondylotischer reaktion vorgelegen habe. zeichen einer frischen bandscheibenmassenverlagerung nach dem unfall fänden sich hingegen nicht. zweifelsfrei zu sichernder erstschaden sei eine hws-schleuderverletzung grad i bis ii nach erdmann. für die annahme einer unfallbedingten lws-verletzung fehle es hingegen an einem entsprechenden durchgangsärztlichen erstbefund und gesicherten funktionseinschränkungen der lws in den ersten 10 tagen nach dem unfall. jederzeit habe insoweit eine schadensmanifestation stattfinden können, auch ohne ein äußeres ereignis. es sei in diesem zusammenhang unerheblich, dass der kläger im segment c5/c6 eine angeborene befundauffälligkeit im sinne eines blockwirbels aufweise. diese befundauffälligkeit rufe keine klinischen symptome hervor. sie bilde allenfalls eine sogenannte prädiskotische deformität, da es durch die damit verbundene teilversteifung der hws zu einer statischen und dynamischen mehrbelastung der benachbarten bewegungssegmente komme, die vergleichbar mit dem zustand nach einer versteifungsoperation ein erhöhtes degenerationsrisiko der benachbarten bandscheiben nach sich ziehe. für seine jetzige bewertung und für die feststellung einer gravierenden schadensanlage sei nicht dieser blockwirbel entscheidend, sondern der umstand, dass das benachbarte segment c4/c5 nicht nur theoretisch verschleißveränderungen unterworfen sein könne, sondern bereits eingetretenen verschleißumformungen unterworfen gewesen sei. diese feststellung werde gesichert durch die höhenminderung der bandscheibe c4/c5 und die eingetretene umklammerungsreaktion (retrospondylose) mit dadurch verbundener einengung des zwischenwirbelloches und des wirbelkanals. eine solche eingetretene höhenminderung des zwischenwirbelraumes zeige, dass es sich um eine fortgeschrittene bandscheibendegeneration handele, da bereits eine druckminderung der bandscheibe als ausdruck der höhenminderung bestehe und regelmäßig zumindest zeitweilige bandscheibenmassenverlagerungen im sinne von protrusionen oder bandscheibenvorfällen gleichzeitig bestehen oder vorangegangen sein müssten. ein solcher befund sei ausschließlich denkbar, wenn zu diesem zeitpunkt bereits eine rissbildung im bereich des bandscheibenfaserringes bestehe. solche befunde würden als röntgenologische zufallsbefunde in der orthopädischen praxis des sachverständigen immer wieder auch bei symptomarmen oder symptomfreien patienten festgestellt. beim kläger bestehe ein degeneratives cervicalsyndrom bei bandscheibenprotrusionen der hws und ein degeneratives lumbalsyndrom. ein zusammenhang mit dem ereignis vom 10.06.1994 könne nicht wahrscheinlich gemacht werden. gegen den kausalzusammenhang spreche das ausmaß der bestehenden schadensanlage zum zeitpunkt des unfallgeschehens mit weit fortgeschrittener und deutlich. altersvorauseilender degeneration der hws. gleichzeitig spreche gegen den kausalzusammenhang die mehrsegmentale bandscheibenprotrusion. ein solcher mehrsegmentaler befund, der zeitlich parallel auch im lws-bereich auftrete, sei ein zeichen einer "inneren ursache". im lws-bereich spreche gegen den ursächlichen zusammenhang, dass in den ersten tagen nach dem unfallgeschehen keine lws-verletzung und keine diesbezügliche funktionseinschränkung gesichert worden seien. bei der erstuntersuchung sei lediglich ein druckschmerz im übergangsbereich der bws zur lws auffällig gewesen. hier bestehe keinerlei denkbarer zusammenhang zu einer bandscheibenmassenverlagerung im tiefer liegenden segment l5/s1, die später festgestellt worden sei. eine unfallbedingte arbeitsunfähigkeit habe bis zum 30.11.1995 bestanden. ab dem 01.12.1995 sei eine unfallbedingte mde von 10 v. h. festzustellen. ab dem 10.06.1996 sei keine messbare mde mehr gegeben. 36hierzu hat der kläger eine von ihm eingeholte stellungnahme des neurochirurgen dr. c vorgelegt, der die auffassung vertreten hat, seit dem unfall liege beim kläger ein cervikocephales syndrom vor. das beschwerdebild sei nicht durch die vorbestehenden degenerativen hws-beschwerden erklärbar. vor dem unfall hätten keine beschwerden bestanden, nunmehr persistierten diese seit 11 jahren. die von dr. c wiedergegebenen beschwerden des klägers seien somit ausschließlich unfallbedingt. ferner hat der kläger u.a. ein attest des allgemeinmediziners, psychotherapeuten und psychosomatikers dr. s vom 28.02.2005 vorgelegt, wonach der kläger wegen einer ptbs infolge der 1994 und 1995 erlittenen verkehrsunfälle bei ihm in fortlaufender tiefenpsychologischer psychotherapie sei. auch dr. w hat in einer weiteren stellungnahme für den kläger vom 12.09.2005 das gutachten dr. t für falsch gehalten, weil dieser auf das ja ebenfalls falsche gutachten dr. p bezug nehme. es liege nicht nur ein geeigneter unfallhergang, sondern auch ein kausalzusammenhang mit sämtlichen nunmehr bestehenden beschwerden einschließlich der ptbs vor, was eine mde um 70 v.h. begründe. in einer weiteren ergänzung seiner dem kläger privat erstatteten gutachten vom 27.06.2005 hat dipl.-ing. a dargelegt, dass es bei dem unfall auch zu einer starken verdrehung des oberkörpers entgegen dem uhrzeigersinn gekommen sei, was er nunmehr anhand einer neuerdings zur verfügung stehenden digitalen simulationssoftware belegen könne. 37mit urteil vom 15.11.2005 hat das sg die klage abgewiesen. zu recht habe es die beklagte abgelehnt, dem kläger eine rente aus der gesetzlichen unfallversicherung wegen seines unfalls vom 10.06.1994 zu gewähren. denn nach ablauf der unfallbedingten arbeitsunfähigkeit, während der verletztengeld gezahlt wurde, bestehe keine unfallbedingte minderung der erwerbsfähigkeit mehr, die zu einer rentengewährung führe. es könne dahinstehen, ob die beklagte, wie sie es im termin zur mündlichen verhandlung vorgetragen habe, mit der angefochtenen entscheidung sowohl über das ereignis vom 10.06.1994 als auch über das ereignis vom 04.08.1995 entschieden habe. denn nach dem ergebnis der medizinischen beweisaufnahme stehe dem kläger nach beiden ereignissen kein anspruch auf verletztenrente aus der gesetzlichen unfallversicherung zu. denn über die 26. woche hinaus nach dem schädigendem ereignis bestehe bei dem kläger keine mde in rentenberechtigender höhe mehr. der kläger habe am 10.06.1994 in ausübung seiner beruflichen tätigkeit als rechtsanwalt einen verkehrsunfall erlitten. dieser unfall stelle einen versicherungsfall im sinne des § 7 abs. 1 siebtes buch sozialgesetzbuch (sgb vii) dar, denn es handele sich um einen arbeitsunfall im sinne des § 8 abs. 1 sgb vii. weder dieser arbeitsunfall vom 10.06.1994 noch das weitere ereignis vom 04.08.1995 hätten jedoch die beim kläger vorliegenden schäden an der hws und lws verursacht. die beim kläger festgestellten protrusionen der bandscheiben im bereich der hws und der lws seien vielmehr auf ein anlagebedingtes leiden und somit auf eine innere ursache zurückzuführen, die der entschädigung durch die gesetzliche unfallversicherung nicht unterliege. bei seiner einschätzung habe das sg das von prof. dr. k unterzeichnete sachverständigengutachten vom 27.03.2004 nicht verwertet. zwar habe die kammer den antrag des klägers auf ablehnung des sachverständigen wegen der besorgnis der befangenheit abgelehnt, sich jedoch nicht mit der ausreichenden sicherheit davon überzeugen können, dass der durch die beweisanordnung vom 23.06.2003 beauftragte sachverständige das gutachten selbst auf der basis einer eigenen untersuchung und urteilsfindung erstellt habe. die vom kläger aufgeworfenen zweifel an der eigenständigen untersuchung durch den beauftragten sachverständigen habe das sg trotz nachhaltiger recherchen nicht ausräumen können. das sg hat seine auffassung deshalb auf das im anschluss eingeholte sachverständigengutachten von dr. t vom 05.04.2005 sowie auf die im verwaltungsverfahren eingeholten sachverständigengutachten von dr. dr. x vom 28.12.2001 und von dr. p vom 17.12.2001 gestützt. in einer das sg überzeugenden weise hätten diese sachverständigen dargestellt, dass bereits zum zeitpunkt des unfalls vom 10.06.1994 eine erhebliche vorbelastung in der hws des klägers und auch der lws bestanden habe. die bei dem beschriebenen unfall auf den körper des klägers wirkenden kräfte könnten zur überzeugung der sachverständigen, denen sich das sg angeschlossen hat, die veränderungen der bandscheiben im hws und lws-bereich des klägers nicht verursachen. wenn auch der unfallhergang in nuancen streitig geblieben sei, so stehe doch fest, dass es beim spurwechsel des lkws von der rechten auf die linke spur, die vom pkw des klägers genutzt wurde, zu einem seitenaufprall gekommen sei. die dabei auftretenden kräfte seien sowohl im gutachten von dr. p wie auch im gutachten von dr. t beschrieben worden. der vortrag des klägers, der sich im wesentlichen auf eine stellungnahme der "gutachtensteile w" beziehe, stütze sich im wesentlichen auf spekulationen. auch das die zusammenhangsfrage bejahende gutachten von prof. dr. i berücksichtige nicht die für eine bandscheibenschädigung notwendige mechanische dynamik, die durch den beschriebenen unfall nicht habe verursacht werden können. wie dr. t überzeugend ausgeführt habe, habe beim kläger eine so gravierende vorveranlagung bestanden, dass es zu der jetzt vorliegenden schadensmanifestation auch ohne ein äußeres ereignis habe kommen können. um die kausalität bezüglich einer bandscheibenprotrusion und eines degenerativen cervicalsyndroms beim kläger zu bewerten, sei es daher erforderlich, die frage zu klären, ob das unfallgeschehen geeignet war, eine wesentliche vorverlagerung der schadensmanifestation zu bewirken. eine solche, für die begründung der kausalität notwendige vorverlagerung der schadensmanifestation um mindestens ein jahr könne nach den vorliegenden befunden nicht begründet werden. das ausmaß der bestehenden schadensanlage, die jederzeit eine schadensmanifestation ohne jegliche äußere verursachung ermöglicht hätte, und ferner der umstand, dass die bandscheibenmassenverlagerungen beim kläger im engen zeitlichen zusammenhang mit dem unfallgeschehen in drei bewegungssegmenten nämlich c3/c4, c4/c5 und c6/c7 festgestellt worden seien, sprächen dagegen. eine solche mehrsegmentale befundkonstellation, gerade wenn sie in kombination mit einer prädiskotischen deformität (blockwirbelbildung c5/c6) vorliege, spreche gegen eine unfallbedingte verursachung und für eine schicksalhafte entstehung der bandscheibenmassenverlagerungen. beim kläger sei es daher wahrscheinlicher, dass es auch ohne das unfallgeschehen vom 10.06.1994 im laufe von einem jahr zur ausprägung eines degenerativen cervicalsyndroms im rahmen einer bandscheibenprotrusion der hws gekommen wäre. eine unfallbedingte teilverursachung sei zwar möglich, jedoch nicht wahrscheinlich. der frage einer psychischen schädigung des klägers durch das unfallgeschehen im sinne eines posttraumatischen psychosyndroms habe das sg nicht nachgehen müssen, da hierfür jegliche anhaltspunkte fehlten. schon im erstgutachten von prof. dr. i werde der psychische befund des klägers als unauffällig beschrieben. auch dr. dr. x beschreibe den psychopathologischen befund des klägers als unauffällig. zeigten sich aber bereits im engeren zusammenhang zum unfallgeschehen keine psychischen reaktionen, so erscheine eine verursachung einer wie auch immer gearteten psychischen störung durch das unfallgeschehen als äußerst unwahrscheinlich. 38gegen dieses ihm am 31.01.2006 zugestellte urteil richtet sich die vom kläger am 15.02.2006 eingelegte berufung, die er auf das gutachten prof. dr. i und die stellungnahmen der dres. w und c stützt. dr. t sei bereits zu unrecht davon ausgegangen, dass beim unfall nur ein seitlicher aufprall des lkw stattgefunden habe. vielmehr sei es, wie dipl.-ing. a dargelegt habe, zu einem kombinierten seit- und heckaufprall mit einer verdrehung des oberkörpers mit anprall des kopfes und damit einhergehender erheblicher einwirkung auf die hws gekommen. entgegen dr. t sei es auch nicht bereits bei früheren unfällen zu einer hws-distorsion gekommen. der hier in rede stehende schwere unfall könne auch zu bandscheibenvorfällen führen. es sei auch unberücksichtigt geblieben, dass es zu einer hirnstammläsion bei hirntraumatisierung gekommen sei. am unfalltag hätten auch schon lws-beschwerden mit ausstrahlung in die beine bestanden. gemäß dr. s bestehe überdies eine ptbs. 39der senat hat auf antrag des klägers nach § 109 sozialgerichtsgesetz (sgg) die neurologin und psychiaterin dr. i und den orthopäden dr. p mit der erstattung von sachverständigengutachten beauftragt. bei dr. i (gutachten vom 12.04.2007) hat der kläger von einem 1985 erlittenen schleudertrauma infolge eines verkehrsunfalls und von nackenmassagen in der examenszeit 1991/92 berichtet. diagnostiziert hat sie ein hirnorganisches psychosyndrom nach schleudertrauma grad iii am 10.06.1994 (f06.9; s 13.6z), ein hws- und lws-syndrom (m54.2; m54.4), ein chronisches schmerzsyndrom (r52.2), eine chronische depressive erkrankung (f33.2) und eine posttraumatische belastungsreaktion (f41.3). infolge des unfalls von 1994 habe der kläger eine hws-symptomatik mit konsekutiver neurasthenischer symptomatik und ein psychotrauma erlitten. letzteres drücke sich mit den worten "ich dachte, das war´s" als unfallbeschreibung deutlich aus. dies zeige sich auch in seinen alpträumen und panikattacken, weshalb er sich in psychotherapeutische behandlung habe begeben müssen. die beschwerden seien unfallbedingt, wie sich aus dem zeitlichen zusammenhang, dem posttraumatischen leistungsknick und den therapieberichten von prof. i ableiten lasse. vorher sei der kläger beschwerdefrei gewesen. andere faktoren könnten nicht eruiert werden. der grad der mde betrage 60 v.h. 40dr. p (gutachten vom 07.08.2007) hat als unfallfolge ein chronisches myofasciales schmerzsyndrom nach hws-syndrom mit cervikocephaler symptomatik diagnostiziert. eigenständige prätraumatische krankheiten oder krankheitsanlagen, die für die nach dem unfall aufgetretene beschwerdesymptomatik angeschuldigt werden könnten, lägen nicht vor. wenn auch davon auszugehen sei, dass der unfall ungeeignet gewesen sei, einen bandscheibenvorfall mit erstschaden herbeizuführen, müsse er dennoch im hinblick auf die ungewöhnliche und langandauernde beschwerdesymptomatik ursächlich auf den unfall zurückgeführt werden. der primärschaden sei durch das nach dem unfall schlagartig veränderte sozialverhalten des klägers nachgewiesen, das nur als unfallfolge gewertet werden könne. die beschwerden des klägers seien ohne den unfall nicht denkbar, die mde betrage 60 v.h. 41der kläger, der ab dem 01.11.2006 berufsunfähigkeitsrente vom rechtsanwaltsversorgungswerk bezieht, hat ferner ein gutachten des facharztes für psychiatrie und dipl.-psychologen dr. l vom 24.01.2007 zur frage der berufsunfähigkeit im rahmen des rechts der rechtsanwaltsversorgung vorgelegt. hierin wird u.a. von einem stationären aufenthalt des klägers vom 09.07.-22.09.2006 in der t-klinik in n berichtet, wo eine schwere depressive episode vor dem hintergrund einer ptbs sowie eine anhaltende schmerzstörung diagnostiziert worden seien. der kläger hat angegeben, sich auch nach den unfällen zunächst "durchlaviert" und auch mandate akquiriert zu haben. ab 2002 sei es ihm "richtig beschissen" gegangen. anfang 2003 habe er sich dann bei dem facharzt für allgemeinmedizin dr. s in psychiatrische behandlung begeben und sei ab sommer 2003 gehäuft wegen körperlicher und psychischer beschwerden arbeitsunfähig gewesen. 2006 hätten diese beschwerden dann weiter zugenommen. seit juli 2006 arbeite er gar nicht mehr. dr. l hat die gestellten diagnosen "unzweifelhaft" als folge des unfalls vom 10.06.1994 angesehen. 42ein gegen den seinerzeitigen berichterstatter, vrilsg h, gestelltes befangenheitsgesuch mit der begründung, dass der richter eine für falsch gehaltene vorgabe einer später aus anderen gründen nicht beauftragten sachverständigen, nämlich den kläger nicht in anwesenheit einer begleitperson untersuchen zu wollen, durch sein verhalten unterstützt habe, hat der senat mit beschluss vom 03.06.2009 zurückgewiesen. 43der senat hat sodann von amts wegen ein gutachten von dem neurologen und psychiater dr. l eingeholt (gutachten vom 18.06.2010). der bei dieser begutachtung ebenfalls anwesende behandelnde arzt dr. s habe angegeben, dass der kläger nur zu rein supportiven gesprächen zu ihm komme. der kläger habe ferner angegeben, zur behandlung zu dr. c aus der t-klink zu gehen. auf die frage, welche therapien denn dort stattfänden, habe der kläger geantwortet, dr. c versuche, ihm tipps zu geben. in schmerzbehandlung sei er bei dr. c, in hausärztlicher behandlung bei dr. i. stationär psychiatrisch sei er 2006, 2007 und 2009 behandelt worden. vor 2003 sei er nicht in psychiatrischer oder psychotherapeutischer behandlung gewesen. er habe einen führerschein und fahre auch pkw. dr. l kam zu dem ergebnis, ein hirnorganisches psychosyndrom bestehe bei dem kläger mit sicherheit nicht. eine strukturelle verletzung des gehirns sei nie nachgewiesen worden. vielmehr sei es infolge des unfalls zu einer allenfalls geringgradigen gehirnerschütterung gekommen, die aber jedenfalls folgenlos ausgeheilt sei. ferner liege eine somatoforme schmerzstörung vor sowie eine mittelgradige depressive episode. eine ptbs bestehe definitiv nicht. der unfall sei keine situation außergewöhnlicher bedrohung oder katastrophalen ausmaßes, die bei fast jedem eine tiefe verstörung hervorrufen würde. ein sogenanntes erleben des traumas in sich aufdrängenden erinnerungen, träumen oder albträumen sei einigermaßen zeitnah zum unfall nicht dokumentiert. allererste psychopathologische auffälligkeiten habe dr. s vielmehr erst 2005 diagnostiziert. auch liege kein vermeidungsverhalten vor. der kläger spreche über den unfall. die aktuell bestehenden psychischen beschwerden seien nicht wahrscheinlich ursächlich auf den unfall zurückzuführen, zumal erstmals neun jahre nach dem unfallereignis psychotherapeutische hilfe in anspruch genommen worden sei. traumatische veränderungen der hws seien nie nachgewiesen worden, die diagnose dr. i eines hws-schleudertraumas grad iii daher falsch. 44auf antrag des klägers nach § 109 sgg ist prof. dr. i hierzu erneut gehört worden (ergänzende stellungnahme vom 11.01.2010). sie hat an ihrer beurteilung festgehalten und wiederum auf das fehlen vor dem unfall bestehender psychiatrischer krankheiten hingewiesen. hierzu seinerseits von amts wegen um ergänzende stellungnahme gebeten, hat dr. l unter dem 18.02.2011 ausgeführt, dass sich der kläger bei dem unfall eine schädelprellung und möglicherweise ein hws-schleudertrauma grad ii nach erdmann zugezogen habe. wenn letzteres der fall gewesen sei, sei es allerdings verwunderlich, dass sich der kläger erst fünf tage später in stationäre behandlung begeben habe, weil ein solches schleudertrauma initial sehr starke schmerzen auslöse. ein hirnorganisches syndrom liege hingegen mit sicherheit nicht vor. dies impliziere nämlich eine strukturelle verletzung des gehirns, die gerade nicht nachgewiesen sei. 45dem hat der kläger unter vorlage weiterer stellungnahmen der dres. i und c nicht folgen können. ferner hat er einen vierseitigen auszug aus einer stellungnahme des psychiaters und psychotherapeuten dr. b vom 12.09.2010 vorgelegt, der - ohne behandler zu sein - den kläger aus mehreren persönlichen gesprächen in der t-klinik n kenne. dieser hat die kriterien für eine ptbs als erfüllt angesehen, aus der sich allein eine mde um mindestens 80 v.h. ergebe. in seiner auch hierzu eingeholten zweiten ergänzenden stellungnahme vom 12.04.2011 hat dr. l darauf hingewiesen, dass ein - ohnehin nicht nachgewiesenes - hirnorganisches psychosyndrom eine hirnleistungsschwäche bedeute, die mit der zunächst über jahre fortgeführten rechtsanwaltlichen tätigkeit des klägers auch halbtags nicht vereinbar sei. ansonsten hat er an seinen bisherigen aussagen festgehalten. alsdann ist erneut prof. dr. i nach § 109 sgg gehört worden (stellungnahme vom 24.08.2011). sie hat nunmehr gemeint, hirnverletzungen seien beim kläger deshalb nicht nachgewiesen, weil kernspintomogramme keine genügende auflösung aufwiesen. sie hätten aber beim kläger sicherlich vorgelegen. auch hat sie eingeräumt, dass ihre 13 jahre nach dem unfall durchgeführten tests zu konzentration und intelligenz nichts zu einer unfallbedingtheit besagten. schließlich habe aber prof. dr. i ähnliche aufmerksamkeitstests bereits in den ersten zwei jahren nach dem unfall durchgeführt. hiernach habe der kläger unfallbedingt einschränkungen erlebt. was den nachweis einer posttraumatischen belastungsreaktion und eines chronischen schmerzsyndroms angehe, liege hier eine schwäche ihres eigenen gutachtens. sie gehe davon aus, dass alle beim kläger bestehenden psychopathologischen auffälligkeiten hirnorganisch bedingt seien. 46der kläger hat privat durch die neurologin und psychiaterin dr. a aus n eine nicht datierte "qualitätskontrolle des gutachtens dr. l" veranlasst, die dessen gutachten für zu kurz und zu kursorisch und deshalb für unzureichend hält. auch dr. c kann in einer weiteren vom kläger privat veranlassten stellungnahme vom 16.07.2012 dem gutachten dr. l nicht folgen. 47die mündliche verhandlung vom 18.07.2012 wurde vertagt. im anschluss daran hat der kläger u.a. eine honorarrechnung prof. dr. i vom 16.09.1994 vorgelegt, in der u.a. eine "psych. untersuchung" am 06.07.1994 und, vom 12.07 - 13.08.1994, 13 psychotherapeutische behandlungen bzw. eingehende therapeutische gespräche - nach klägerangaben wegen vegetativsymptomatik der schädelprellung - abgerechnet wurden. 48im termin zur mündlichen verhandlung vom 17.09.2012 sind dr. l (§ 106 sgg) und prof. dr. i (§ 109 sgg) als sachverständige gehört worden. dr. l hat erläutert, für die annahme einer ptbs fehle es an einigermaßen zeitnah zum unfall dokumentierten passenden primärschäden. auf welcher grundlage die liquidation prof. dr. i erfolgt sei, könne er nicht sagen. verlauf und dauer der unfallnah dokumentierten schmerzen des klägers seien nicht als brückensymptome einer ptbs zu werten. die diagnosekriterien für eine ptbs seien nicht erfüllt. prof. dr. i hat erklärt, sie habe befunde erhoben, die in richtung einer hirnstammverletzung gingen, wozu auch das hirnorganische psychosyndrom gehöre, und nunmehr zeichen einer posttraumatischen epilepsie gesehen, denen durch einholung eines neuropsychologischen gutachtens nachzugehen sei. dr. l war bei ihrer vernehmung anwesend, aber nicht mehr nach der beratung, so dass der senat ihn nicht ergänzend befragen konnte. die mündliche verhandlung wurde erneut vertagt. 49aus einer danach eingegangenen weiteren stellungnahme dipl.-ing. a vom 12.09.2012 geht dessen auffassung hervor, dass beim fahrzeuganprall anlässlich des streitigen arbeitsunfalls eine geschwindigkeitsdifferenz vom mindestens 20-25 km/h vorgelegen habe, die gravierende hws-verletzungen verursachen könne. dr. l bagatellisiere das unfallgeschehen. 50zu den äußerungen prof. dr. i im termin vom 17.09.2012 hat sich dann dr. l unaufgefordert mit schreiben vom 18.09.2012 zu wort gemeldet, woraufhin ihn der kläger als befangen abgelehnt hat. hinsichtlich (nur) dieser ergänzenden äußerungen hat der senat mit beschluss vom 27.11.2012 das ablehnungsgesuch für begründet erklärt. 51die erneut nach § 109 sgg gehörte prof. dr. i (stellungnahme vom 27.08.2013) hat nach auswertung von vom kläger eingereichten eeg-ausdrucken dort keine eine epilepsie beweisenden, aber doch ihrer ansicht nach hierauf hinweisende zeichen gefunden und eine neuropsychologische untersuchung zur klassifikation des vorliegenden hirnorganischen psychosyndroms für sinnvoll gehalten. wann eine epilepsie ggfs. aufgetreten sei, könne sie nicht sagen. 52von amts wegen sind daraufhin ein hauptgutachten des leitenden abteilungsarztes am epilepsiezentrum bethel dr. c vom 14.01.2015 (anlage des dokuments; fertigstellung in 04/15) aufgrund stationärer untersuchung des klägers vom 08.-10.09.2014, ein kernspintomografisches zusatzgutachten des neurologen, zusatzbezeichnung magnetresonanztomografie, dr. x1 (bethel) vom 20.03.2015 und ein neuropsychologisches zusatzgutachten des dr. rer. nat. dipl.-psych. h (bethel) vom 27.03.2015 eingeholt worden. in der beweisanordnung vom 11.10.2013 sind die sachverständigen gebeten worden zu beachten, dass dr. l bezüglich seiner äußerungen ab bl. 1173 (schreiben vom 18.09.2012) der prozessakte als befangen anzusehen und zu diesen ausführungen nicht inhaltlich stellung zu nehmen sei. 53dr. c hat darauf hingewiesen, dass prof. dr. i in dem am 12.04.2007 erstellten gutachten keine epilepsietypischen potenziale gefunden habe. in den vorliegenden eegs von 2009 fand der sachverständige dr. c ebenfalls keine epilepsietypischen potenziale. die zungenmotilität war unauffällig, keine zungenbissnarbe. während der gutachtlichen untersuchung ist es zu einem 15-sekündigen zittern der rechten hand gekommen, für das sich kein eeg-korrelat fand und das der sachverständige als nicht epileptisch und nicht organisch einordnet. die videoauswertung der schlafenszeit ergab ein aufwachereignis beim kläger gegen 23:17 uhr, das der sachverständige als nicht-epileptische normale schreckreaktion bei aufwachen aus dem schlaf einordnet. der sachverständige sieht ein "buntes bild der anfallsbeschreibung", mit dem der kläger nur phänomene schildere, die an kleinere anfälle erinnerten. im rahmen der stationären untersuchung hätten weder im gut 20-stündigen videomonitoring noch im routine-eeg epilepsietypische potenziale registriert werden können. das kernspintomografische zusatzgutachten habe einen cerebralen normalbefund ohne hinweise auf einen möglichen epileptogenen fokus erbracht. es ergebe sich kein stimmiges bild und somit kein hinweis auf eine epilepsie. eine epilepsie sei zwar auch bei unauffälligem eeg und kernspin möglich, scheide hier aber wegen der unschlüssigen epilepsieanamnese aus. ein hirnorganisches psychosyndrom sei angesichts des neuropsychologischen zusatzgutachtens dr. h ebenfalls abzulehnen. prof. dr. i sei insoweit nicht zu folgen. sie habe überwiegend subjektive beschwerdeskalen eingesetzt, um dieses ergebnis zu untermauern, was angesichts der bereits von prof. dr. i festgestellten aggravationstendenzen und der von dr. h festgestellten suboptimalen leistungsbereitschaft nicht überzeuge. ein zeitlich unfallnahes hirnorganisches psychosyndrom lasse sich ohnehin nicht sichern. zwar könne die von prof. dr. i berichtete nächtliche taubheit des rechten armes bei einem epileptischen anfall auftreten. dies sei aber ein sehr unspezifisches symptom. letztlich gebe es in der zusammenschau aller einzelheiten keinen hinweis auf eine epilepsie. insbesondere sei das von prof. dr. i als deutliches zeichen einer epilepsie gewertete abreißen der haube bei der eeg-untersuchung unter flackerlicht keinesfalls epilepsiebeweisend, da fotoepilepsie ein seltenes epileptisches symptom sei. dr. x1 hat ein cerebrales kernspintomogramm (mrt) angefertigt und einen alterstypischen normalbefund erhoben. dr. h hat den kläger zahlreichen tests unterzogen, hierbei auch solchen, die vermeintlich die gedächtnisleistung, real jedoch die leistungsmotivation des probanden überprüfen. dies sind der tomm- und der rey 15-item test, wo der kläger auffällige werte nahe der zufallsquote zeigte, was auf suboptimale leistungsbereitschaft hindeute. auch bei prof. dr. i sei der rey-test auffällig gewesen. somit kämen erhebliche zweifel an der validität der auch sonst nahezu durchgängig unterdurchschnittlich bis weit unterdurchschnittlich ausgefallenen testergebnisse auf. eine aussage zur kognitiven leistungsfähigkeit des klägers sei damit nicht valide möglich. ob neuropsychologische störungen oder ein hirnorganisches psychosyndrom vorlägen, könne deshalb nicht gesagt werden. 54mit schriftsatz vom 19.05.2015 hat sich für den seinerzeit noch anderweitig anwaltlich vertretenen kläger rechtsanwalt t, n, gemeldet und ausgeführt, seine vollmacht erstrecke sich derzeit zunächst ausschließlich auf die stellung und begründung von befangenheitsanträgen gegen die sachverständigen dr. c und dr. h. im übrigen verbleibe es bei der bisherigen bevollmächtigung von rechtsanwalt g, e. für den kläger hat er sodann befangenheitsanträge gegen dr. c und dr. h gestellt, die der senat mit beschlüssen vom 24.09 und 20.10.2015 zurückgewiesen hat. auf die antragsbegründung vom 19.05.2015 (bl. 1381 bis 1407 der gerichtsakten) und die genannten beschlüsse des senats wird bezug genommen. dem akteneinsichtsantrag von rechtsanwalt t ist der senat am 22.06.2015 durch übersendung aller bei ihm geführten und beigezogenen akten in dessen kanzlei nachgekommen. 55nach mandatsniederlegung durch rechtsanwalt g am 07.08.2015 hat rechtsanwalt t am 21.08.2015 um verlängerung der frist zur rückgabe der akten bis 29.08.2015 gebeten, da noch geklärt werden müsse, ob der kläger nunmehr ihn mandatiere und da noch kopien der sehr umfangreichen akten anzufertigen seien. bei rückgabe der akten am 04.09.2015 teilte rechtsanwalt t mit, dass er fehlseiten und abheftungsfehler festgestellt habe; er habe die akten in diesem zustand fotokopiert und keinerlei veränderungen vorgenommen. im übrigen benötige er zeit, sich "vollumfänglich und mit großem zeitaufwand" in die sache einzuarbeiten. unter dem 26.11.2015 hat sich rechtsanwalt t sodann für den kläger bestellt und zunächst beantragt, die dem rechtsstreit zugrunde liegenden akten zu vervollständigen und in einen ordnungsgemäßen zustand zu bringen. die durchsicht der ihm überlassenen akten habe ergeben, dass in band 1 der verwaltungsakte die seiten 156 und 181 bis 189 fehlten. band 2 sei verknickt und äußerlich beschädigt, teilweise seien die offenbar häufiger ein- und ausgehefteten seiten nicht in der richtigen reihenfolge. anscheinend fehlten seiten, die seiten 256, 257, 314 und 364 seien hingegen dpt, jedoch mit abweichendem inhalt. unregelmäßigkeiten gebe es auch bei den seiten 555-568, 587, 599, 658, 669, 986 und 987 der weiteren bände der verwaltungsakten. in der gerichtsakte finde sich ein seitensprung von seite 819 zu seite 880, auf seite 1122, 1124 und 1132 fänden sich leere blätter. bei der stellungnahme des dr. b vom 12.09.2010, blatt 978 bis 981, fehlten die - vom kläger nunmehr nachgereichten - seiten 2 bis 6, obwohl sie vom kläger vollständig zu den akten gereicht worden seien. da sich dr. b auf den fehlenden seiten als einziger kompetent mit den diagnosekriterien der ptbs auseinandersetze, seien alle darauf aufbauenden gutachten mangelhaft. schließlich seien auch viele der in den akten erwähnten röntgen- und mrt-aufnahmen nicht bei den akten. nach erfolgter vervollständigung der verwaltungs-, gerichts- und röbi-akte beantrage er, ihm erneut akteneinsicht zu gewähren. er beantrage außerdem, aktenkundig zu machen, welchem unfallablauf das gericht folgen wolle. nach aktenlage sei folgender unfall zugrunde zu legen: "am 10.06.1994 befuhr der kläger bei regen die linke fahrspur der bab 61 in fahrtrichtung düsseldorf mit richtgeschwindigkeit, als plötzlich der niederländische 40-tonnen-lkw des 01 im überholverbot und ohne blinker von der rechten fahrspur auf die vom kläger genutzte linke fahrspur fuhr. der kläger fuhr unter den hinteren teil des lkw-hängers." die "hohe differenzgeschwindigkeit von 35-40 km/h" mache alle beim kläger vorhandenen verletzungen möglich und plausibel. auch habe subjektiv wie objektiv lebensgefahr bestanden. es sei zu einem erheblichen kopfanprall des klägers und einer körperdrehung in längs- und querrichtung gekommen, wie sich aus dem rekonstruktionsgutachten von dipl.-ing. a ergebe. auch im aktenkundigen polizeibericht vom 10.06.1994 sei festgehalten, dass der kläger nicht rechtzeitig ausweichen konnte und unter den anhänger fuhr. soweit die sachverständigen selber biomechanische überlegungen anstellten, überschritten sie ihre kompetenz. soweit die beklagte in ihren gutachtenaufträgen von einer "seitlichen kollision zweier nebeneinander herfahrender fahrzeuge" gesprochen habe, führe diese verharmlosende darstellung zu falschen gutachtenergebnissen. er beantrage, auszusprechen, dass die gutachten des dr. dr. x vom 28.12.2001 und des dr. p vom 17.12.2001 sowie das gutachten des dr. t nicht verwertet werden dürfen. darüber hinaus beantrage er auszusprechen, dass auch das gutachten des dr. l sowie dessen nachfolgende ergänzende stellungnahmen und seine mündliche einvernahme nicht verwertbar seien. die auffassung des senats, dass trotz des senatsbeschlusses vom 27.11.2012 dr. l nur im hinblick auf seine äußerungen ab bl. 1173 der gerichtsakte als befangen anzusehen sei, sei nicht haltbar. entweder sei ein gutachter befangen oder nicht. im arbeitskreis "unfallversicherung" bei dem landessozialgericht in essen am 22.03.2006 sei ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass das gericht das gutachten eines abgelehnten sachverständigen nicht verwerten dürfe, wenn es das ablehnungsgesuch für begründet gehalten habe. außerdem gehe auch dr. l von einem falschen unfallgeschehen aus. auch die gutachten von dr. c und dr. h seien nicht verwertbar, weil sie auf den falschen annahmen der vorgutachter zum unfall und auf den äußerungen des befangenen dr. l beruhten. auch dies beantrage er ausdrücklich auszusprechen. deshalb seien alle den zusammenhang verneinenden gutachten unbrauchbar. 56der kläger trägt weiter vor, der beratungsarzt der beklagten habe bei ihm eine persönlichkeitsveränderung konstatiert. die beklagte habe mehrfach im zusammenhang mit der anschlussheilbehandlung und der verletztengeldzahlung die unfallbedingtheit der beschwerden anerkannt. die gefährlichkeit von kopfverletzungen untermauert der kläger mit einem artikel aus der apotheken-umschau, der zeige, dass die sachverständigen insoweit nicht auf dem aktuellen stand der wissenschaft seien. 57mit ladungsverfügung vom 30.11.2015 hat der senatsvorsitzende termin zur mündlichen verhandlung am 13.01.2016 anberaumt. zugleich hat er einerseits die verwaltungsakten der beklagten mit der bitte um überprüfung der aktenführung übersandt, andererseits dem kläger erläutert, dass die gerichtsakten vollständig seien. der "sprung" von blatt 819 zu blatt 880 beruhe auf einer versehentlich falschen paginierung. warum leere seiten gerügt würden, bleibe unklar, eine unvollständigkeit der akten ergebe sich daraus nicht. 58die beklagte hat mitgeteilt, band 1 ihrer akten sei vollständig. blatt 49 sei hinter blatt 44 geheftet, blatt 156 zwischen 150 und 151. blatt 181 bis 189 existierten nicht, es handele sich um eine fehlnummerierung. in band 2 fehlten auf blatt 271, 289, 312 und 341 nicht entscheidungserhebliche taxiquittungen, die abrechnung eines erstattungsanspruchs der aok und eine krankengymnastik-rechnung. seite 314 und 364 seien jeweils nur einmal vorhanden und versehentlich gemeinsam mit seite 319 und 369 abgeheftet gewesen. das fehlen der seiten 255 ff. beruhe erneut auf einem paginierungsfehler, ebenso wie die doppelvergabe der seitennummer 587. blatt 556 bis 567 beträfen kopien von gesetzestexten zur rechtsanwaltsversorgung. seite 569 und 599 seien bei 564 und 594 abgeheftet gewesen. blatt 986 und 987 seien kopien der klage vom 07.11.2002, deren originale bei blatt 976, 977 abgeheftet seien. alle fehlenden seiten seien nachgeheftet worden. die bände 2 und 5 habe die beklagte in jeweils zwei bände aufgeteilt, um erneutes auseinanderfallen zu vermeiden. diese stellungnahme ist dem kläger am 28.12.2015 per fax übersandt worden. 59der kläger hat daraufhin mit fax vom 07.01.2016 die aufhebung des termins am 13.01.2016 sowie erneute akteneinsicht beantragt und die bescheidung seiner diversen verfahrensanträge angemahnt. er hat außerdem beantragt, das verfahren für mindestens drei monate zum ruhen zu bringen, bis die beklagte über seinen bei ihr gestellten antrag vom 16.12.2015 entschieden habe, mehrere ärztliche stellungnahmen und gutachten aus den verwaltungsakten zu löschen. die gerichtsakte könne nicht vollständig sein. die gerügten leeren seiten 1122, 1124 und 1132 enthielten die faxkennung der früheren bevollmächtigten. die übersendung leerer seiten sei ungewöhnlich, ebenso wie die tatsache, dass das fehlen von seiten aus der stellungnahme von dr. b nicht aufgefallen sei. mrt-bilder seien nicht vorhanden gewesen. es stelle sich die frage, wo diese bilder seien. die akte sei also offenbar nicht vollständig. die akten seien nach mitteilung der beklagten teilweise neu angelegt und ein neuer aktenband angelegt worden. soweit fehlnummerierungen behauptet würden, bestünden zweifel, ob es diese seiten nicht doch gegeben habe. eine ordnungsgemäße und faire gerichtsverhandlung sei daher derzeit nicht möglich. der termin sei nicht ordnungsgemäß vorzubereiten. 60der senatsvorsitzende hat dem kläger unter dem 08.01.2016 mitgeteilt, dass es bei dem geladenen termin am 13.01.2016 verbleibt. unmittelbar nach rückgabe der akten durch die beklagte am 11.01.2016 hat der vorsitzende dem kläger angeboten, vor dem termin oder beginnend mit der terminsstunde am 13.01.2016, 13.45 uhr, im sitzungssaal noch einmal akteneinsicht zu nehmen. hiermit war eine zeitliche beschränkung nicht verbunden. der kläger hat sich hierzu bis zum terminsbeginn nicht geäußert. der vorsitzende des senats hat daraufhin vor beginn der mündlichen verhandlung gelegenheit gegeben, die gerichts- und verwaltungsakten einzusehen und darauf zu kontrollieren, ob sie nunmehr vollständig seien. der senat werde die einsichtnahme abwarten, mindestens stehe hierfür eine stunde zur verfügung. 61der kläger hat es abgelehnt, akteneinsicht zu nehmen und stattdessen nach eintritt in die mündliche verhandlung unter bezugnahme auf seinen schriftsatz vom 13.01.2016 beantragt, 621. die dem rechtsstreit zugrundeliegenden akten zu vervollständigen, 632. ihm die akten nach vervollständigung zur akteneinsicht für zwei wochen zur verfügung zu stellen, 643. die verhandlung zu vertagen. 65die akten seien weiterhin nicht vollständig. er verweise auf die textleeren seiten 1122, 1124 und 1132 und die weiterhin fehlenden mrt-bilder. akteneinsicht sei nach vervollständigung der akten für wenigstens zwei wochen durch übersendung an die kanzlei erforderlich. 66der senat hat den vertagungsantrag durch beschluss abgelehnt. ein vertagungsanlass bestehe nicht. dem kläger sei ausreichend gelegenheit gegeben worden, die akten auf vollständigkeit zu kontrollieren. hierfür sehe der senat eine stunde als ausreichend an, da nur eine überschaubare anzahl an seiten auf vollständigkeit zu überprüfen sei. dieses angebot habe der kläger abgelehnt. da er zuvor ausreichend akteneinsicht genommen und die akten umfassend ausgewertet habe, seien ihm die akten hinreichend bekannt. der senat hat den akteneinsichtsantrag deshalb als in verzögerungsabsicht gestellt angesehen. 67der kläger hat daraufhin die berufsrichter und die ehrenamtlichen richterinnen des senats wegen der besorgnis der befangenheit abgelehnt. zur begründung hat er auf das bereits maschinenschriftlich vorbereitete und mit handschriftlichen ergänzungen versehene befangenheitsgesuch vom 13.01.2016 verwiesen, auf das bezug genommen wird (anlage 2 zur niederschrift vom 13.01.2016). 68der senat hat die mündliche verhandlung fortgesetzt. der kläger hat dem widersprochen. 69der kläger beantragt, 70das urteil des sozialgerichts düsseldorf vom 15.11.2005 zu ändern und die beklagte unter aufhebung des bescheides vom 21.02.2002 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 21.10.2002 zu verurteilen, ihm nach seinem arbeitsunfall vom 10.06.1994 ab dem 01.12.1995 eine verletztenrente nach einer mde von mindestens 60 v. h. zu zahlen, 71hilfsweise, 72das verfahren auszusetzen, bis die beklagte über seine anträge zur löschung von beratungsärztlichen stellungnahmen und gutachten des instituts für medizinische begutachtung, dr. s einerseits und der von der vbg beauftragten gutachter dr. x und dr. p entschieden hat, 73nach klärung des zutreffenden unfallablaufes wegen der unverwertbarkeit der gerichtsgutachten des dr. t, des dr. l sowie von dr. c und dr. h vorsorglich, 74- ein neues orthopädisches gerichtsgutachten nach § 106 sgg einzuholen unter zugrundelegung des tatsächlichen unfallablaufes, - ein neues neurologisch-psychiatrisches gerichtsgutachten nach § 106 sgg einzuholen unter zugrundelegung des tatsächlichen unfallablaufes, 75ein weiteres gutachten nach § 106 sgg zur ptbs unter berücksichtigung des sachverhaltes wie vom sachverständigen a dargestellt einzuholen, 76die mündliche vernehmung der sachverständigen dr. t und dr. p, die zu unterschiedlichen ergebnissen kommen, 77sowie - schriftlich als anlage zu protokoll sinngemäß - 78auszusprechen, dass die sachverständigengutachten, ergänzenden stellungnahmen und mündlichen äußerungen von dr. t, dr. l, dr. c, dr. h nicht verwertet werden dürfen 79die bereits anderweitig benannte zeugin und physiotherapeutin n, s-straße 00 in o zu vernehmen zu der tatsache, dass von ihr bei den begutachtungen des klägers beobachtete befunde und auffälligkeiten von den sachverständigen dr. l und dr. c verschwiegen wurden, 80den sachverständigen zeugen, den neurochirurgen dr. p. c zu vernehmen, der ebenfalls schon mehrfach, u.a. vor und nach den untersuchungen des klägers durch die vorgenannten "gutachter", den für befangen erklärten "gutachter" dr. l und dr. c die gleichen feststellungen gemacht hat, wie die zeugin n. 81die beklagte beantragt, 82die berufung zurückzuweisen. 83sie hält das erstinstanzliche urteil für zutreffend. 84wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den inhalt der gerichtsakten und der beigezogenen verwaltungsakten - soweit sie gegenstand der akteneinsicht des klägers in der zeit vom 22.06. bis 04.09.2015 waren - insbesondere auf die gewechselten schriftsätze, die medizinischen berichte, stellungnahmen und gutachten sowie die niederschriften der termine zur mündlichen verhandlung vom 17.09.2012 und 13.01.2016 nebst anlagen verwiesen. 85
86der senat konnte trotz des befangenheitsgesuchs des klägers in der aus dem rubrum ersichtlichen besetzung entscheiden (i.). die zulässige berufung ist jedoch nicht begründet (ii.). den noch offenen hilfs- und verfahrensanträgen des klägers war nicht zu folgen (iii.) 87i. obwohl der kläger in der mündlichen verhandlung erklärt hat, er lehne die richter des senats, die seinen vertagungsantrag abgelehnt haben, wegen besorgnis der befangenheit ab, kann der senat unter mitwirkung der abgelehnten richter selbst in der sache entscheiden, denn der befangenheitsantrag ist offensichtlich unzulässig. das verbot der selbstentscheidung (§§ 60 abs. 1 sgg, 45 abs. 1 der zivilprozessordnung -zpo-) gilt insoweit nicht (vgl. bayerisches landessozialgericht, urteil vom 23. juni 2015 - l 8 so 50/13 -, juris-rn. 34). 88ist das ablehnungsgesuch rechtsmissbräuchlich und deshalb offensichtlich unzulässig, entscheidet das gericht darüber in der nach dem geschäftsverteilungsplan vorgesehenen besetzung, ohne dass es einer vorherigen dienstlichen äußerung der abgelehnten richter nach § 60 sgg i.v.m. § 44 abs. 3 zpo bedarf. in diesem fall ist es auch nicht notwendig, über den antrag in einem besonderen beschluss zu entscheiden, sondern es kann im urteil darüber mit entschieden werden (bfh, beschluss vom 10. märz 2015 - v b 108/14 -, juris-rn. 15). 89zu den rechtsmissbräuchlichen gesuchen zählen das offenbar grundlose, nur der verschleppung dienende und damit rechtsmissbräuchliche gesuch und die ablehnung als taktisches mittel für verfahrensfremde zwecke (vgl. vollkommer, in: zöller, zpo, 31. aufl. 2016, § 45 rn. 4 m.w.n; bverfg, kammerbeschluss vom 15. juni 2015 - 1 bvr 1288/14 -, juris-rn. 15). ein befangenheitsgesuch kann außerdem als unzulässig abgelehnt werden, wenn es keinen oder nur einen von vornherein völlig ungeeigneten ablehnungsgrund nennt, § 60 abs. 1 sgg i.v.m. § 44 abs. 2 s. 1 zpo (bverfg, kammerbeschluss vom 02. juni 2005 - 2 bvr 625/01, 2 bvr 638/01 -, juris; bsg, beschluss vom 31. august 2015 - b 9 v 26/15 b -, juris-rn. 15), z.b. wenn nur tatsachen vorgetragen werden, die eine befangenheit unter keinem denkbaren gesichtspunkt begründen lassen (bsg, beschluss vom 31. august 2015 - b 9 v 26/15 b -, juris-rn. 15 m.w.n.). maßgeblich dafür, ob der antrag zu recht als missbräuchlich abgelehnt worden ist, sind die im antrag vorgebrachten gründe; später geltend gemachte gründe können nicht berücksichtigt werden (bfh, beschluss vom 10. märz 2015 - v b 108/14 -, juris-rn. 13) 90an die offensichtlichkeit des rechtsmissbrauchs sind dabei strenge maßstäbe anzulegen. eine selbstentscheidung ist nur zulässig, wenn die begründung des ablehnungsersuchens jeder substanz entbehrt, so dass seine verwerfung ein eingehen auf den verfahrensgegenstand nicht erfordert. ist dies nicht der fall, kommt eine selbstentscheidung nicht in betracht, da sich der abgelehnte richter über eine bloße formale prüfung hinaus durch die inhaltliche entscheidung eines gegen ihn gerichteten ablehnungsantrags nicht zum richter in eigener sache machen darf (bayerisches landessozialgericht, urteil vom 23. juni 2015 - l 8 so 50/13 -, juris-rn. 36). 91auch nach maßgabe dieser strengen voraussetzungen ist das befangenheitsgesuch des klägers gegen die richterinnen und richter des senats offensichtlich missbräuchlich, denn es dient ersichtlich allein dazu, mit untauglichen mitteln die vertagung der mündlichen verhandlung zu erzwingen. das befangenheitsgesuch ist allein in verschleppungsabsicht gestellt, wenn der antragsteller ausschließlich eine verzögerung des verfahrens bezweckt (bgh 21.06.07, v zb 3/07, juris-rn. 7; bverwg, beschluss vom 09.07.1973,i d 45.73). verfahrensfremde zwecke werden z.b. verfolgt, wenn das befangenheitsgesuch allein dazu dient, einen termin zur mündlichen verhandlung zu verhindern (bsg 26.7.07, b 13 r 28/06 r, juris-rn. 9) bzw. eine zu recht abgelehnte terminsverlegung zu erzwingen (lsg thüringen, urteil vom 28.3.07, l 1 u 809/02; meyer-ladewig, sgg, 11. aufl., § 60 rn. 10c). beide voraussetzungen liegen hier vor. 92mit dem befangenheitsgesuch rügt der kläger zwar vordergründig verstöße des senats gegen die grundsätze des fairen verfahrens und des rechtlichen gehörs, weil ihm die gerichts- und verwaltungsakten nicht erneut für zwei wochen zur akteneinsicht überlassen worden seien, zur prüfung, ob von ihm gerügte versäumnisse bei der aktenführung beseitigt seien. diese rügen sind aber vollständig substanzlos und dienen ausschließlich der verfolgung verfahrensfremder zwecke. 93die behauptete gehörsverletzung ist fernliegend. gemäß § 62 halbsatz 1 sgg, der das schon durch art. 103 abs. 1 gg garantierte prozessuale grundrecht wiederholt, ist den beteiligten vor jeder entscheidung des gerichts rechtliches gehör zu gewähren. entsprechend darf das urteil nur auf tatsachen und beweisergebnisse gestützt werden, zu denen sich die beteiligten äußern konnten (§ 128 abs. 2 sgg). zu diesem zweck haben die beteiligten u.a. das recht auf akteneinsicht (§ 120 sgg; bsg, urteil vom 11.12.2002, b 6 ka 8/02 r, juris-rn. 23). das gebot der gewährung rechtlichen gehörs im gerichtsverfahren hat u.a. zum inhalt, dass die beteiligten ausreichend gelegenheit zur abgabe sachgemäßer erklärungen haben müssen und ihnen dazu eine angemessene zeit eingeräumt wird (bsg, a.a.o.). daher muss ein gericht einem vertagungsantrag des betroffenen entsprechen, wenn in der mündlichen verhandlung keine äußerung abgegeben werden kann, etwa, weil tatsachen oder neue wesentliche rechtliche gesichtspunkte aufgetreten sind, zu denen sich die beteiligten noch nicht äußern konnten (bsg, a.a.o., m.w.n.). eine vertagung des rechtsstreits kann aus erheblichen gründen (§ 227 abs. 1 satz 1 zpo i.v.m. § 202 sgg) erforderlich werden, um einem beteiligten gelegenheit zu geben, sich zu neuen tatsachen oder beweisergebnissen zu äußern (bsg, a.a.o., m.w.n.). 94unter berücksichtigung dieser grundsätze ist offensichtlich, dass es an einer substantiierten begründung des vertagungsantrages und damit auch des auf dessen ablehnung gestützten befangenheitsgesuchs fehlt. denn dem kläger und seinem neuen bevollmächtigten standen die gesamten gerichts- und verfahrensakten vom 22.06.2015 bis 04.09.2015, also mehr als zwei monate, in der kanzlei des bevollmächtigten zur verfügung. der bevollmächtigte des klägers hat diese akten nach eigenem bekunden kopiert und verfügte damit über den vollständigen erkenntnis- und wissensstand, wie ihn auch das gericht seiner entscheidung zugrunde gelegt hat. er hatte ganz offensichtlich auch ausreichend zeit, die akten intensiv durchzuarbeiten, wie seine detaillierten angaben zum akteninhalt belegen. seine den akteninhalt betreffenden rügen betrafen sämtlich aktenbestandteile oder paginierungsfehler, aus denen sich keinerlei neuen oder wesentlichen den streitgegenstand betreffenden erkenntnisse ergeben konnten. anderes hat auch der kläger selbst nicht ansatzweise dargelegt. 95die angeblich umfangreiche prüfungsnotwendigkeit nach vervollständigung der akte ist offensichtlich vorgeschoben. zu prüfen waren wenige, im einzelnen bekannte und mit blattzahlen bezeichnete seiten. diese prüfung hätte binnen deutlich weniger als einer stunde ergeben, dass die akten gemäß den angaben des senats und der beklagten über die vervollständigung der akten ergänzt worden waren. dass hierfür ausreichend zeit zur verfügung stand, belegt die tatsache, dass die um 14.10 uhr begonnene sitzung erst um 20.45 uhr endete. 96was der kläger auf den angeblich fehlenden aktenseiten vermutet und inwieweit dies für die entscheidung erheblich sei, hat er zu keiner zeit vorgetragen. die vom kläger zuletzt in den vordergrund gestellten, angeblich leeren seiten blatt 1122, 1124 und 1132 der akten lassen gerade durch das vorhandensein der faxkennung des seinerzeitigen klägerbevollmächtigten auf den "leeren" seiten und durch die tatsache, dass blatt 1123 als "seite 2" des mit blatt 1121 beginnenden schriftsatzes bezeichnet ist, einwandfrei erkennen, dass hier lediglich leere rückseiten mit kopiert und übersandt wurden. dies musste dem kläger umso klarer sein, als es sich um einen eigenen klägerischen schriftsatz handelt. bildgebende befunde müssen nicht während des gesamten verfahrens bei den akten aufbewahrt werden, sondern werden regelmäßig den eigentümern zurückgesandt. die zweiteilung zweier zu dicker bände verwaltungsakten ist auf das verfahren ohne jeden einfluss, es ändern sich hierdurch nicht einmal die blattzahlen. insgesamt war von den verschiedenen vollständigkeitsrügen des klägers der streitstoff an keiner stelle betroffen. 97der kläger hat sich, nachdem der vorsitzende ihm unmittelbar nach rückkehr der akten von der beklagten am 11.01.2016 akteneinsicht - ohne zeitbegrenzung - vor oder während des termins am 13.01.2016 angeboten hatte, nicht mehr bei gericht gemeldet, insbesondere auch nicht mitgeteilt, dass er von diesem angebot keinen gebrauch machen wolle oder verhindert sei. er hat auch weder die ablehnung seines vertagungsantrages am 08.01.2016, noch die nachricht des vorsitzenden vom 11.01.2016 und die hierdurch jeweils dokumentierte absicht des senats, den termin am 13.01.2016 nicht zu verlegen, zum anlass genommen, einen befangenheitsantrag zu stellen. stattdessen hat er insgesamt mehr als 30 seiten am 13.01.2016 verfasste verfahrensanträge, darunter einen bereits maschinenschriftlich vorformulierten befangenheitsantrag, in die mündliche verhandlung mitgebracht und insbesondere durch die vorfertigung des letzteren dokumentiert, dass es ihm ausschließlich darum ging, den verhandlungstermin "platzen zu lassen". denn wäre es um die sache gegangen, hätte er durch einreichung des bei gleicher sachlage bereits unmittelbar nach der mitteilung des vorsitzenden über die nicht beabsichtigte vertagung möglichen befangenheitsantrages bequem eine beschlussfassung hierüber noch vor der mündlichen verhandlung herbeiführen können. nachdem schon vorterminlich mehrfach dem vertagungsantrag nicht stattgegeben worden war, der kläger also wusste, dass der senat nicht vertagen würde, kann dieses vorgehen nur dahin gedeutet werden, dass einer entscheidung über das befangenheitsgesuch vor dem termin aus dem weg gegangen werden sollte, um eine erwartete ablehnende entscheidung hierüber vermeiden und eine aufhebung des termins sicher erreichen zu können. 98ii. die berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt. streitgegenstand ist - gemäß den gestellten anträgen und dem regelungsumfang der (bisher zu dem weiteren unfall vom 04.08.1995 fehlenden) verwaltungsentscheidungen und der erstinstanzlichen entscheidung - allein ein anspruch des klägers auf zahlung von rente wegen der folgen des arbeitsunfalls vom 10.06.1994. die auf entsprechende änderung des klageabweisenden sozialgerichtlichen urteils gerichtete berufung ist aber unbegründet. 99der kläger, dessen erwerbsfähigkeit aus keinem anderen arbeitsunfall oder wegen berufskrankheit um wenigstens 10 v.h. gemindert ist, hat keinen anspruch auf verletztenrente wegen der folgen des anerkannten arbeitsunfalls vom 10.06.1994. der diesen anspruch ablehnende bescheid der beklagten vom 21.02.2002 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 21.10.2002 ist rechtmäßig und verletzt den kläger nicht in seinen rechten. bei dem kläger sind keine folgen des arbeitsunfalls vom 10.06.1994 verblieben, die ab dem mit der berufung begehrten rentenbeginn am 01.12.1995 einen anspruch auf rente nach maßgabe einer mde um wenigstens 20 v.h. verursacht haben. der senat hat sich nicht davon überzeugen können, dass weitere gesundheitsstörungen des klägers mit wahrscheinlichkeit auf das ereignis zurückzuführen sind. 100versicherungsfälle der gesetzlichen unfallversicherung sind arbeitsunfälle und berufskrankheiten (§ 7 abs. 1 sgb vii). ein - hier allein in betracht kommender - unfall ist nach § 8 abs. 1 satz 2 sgb vii ein zeitlich begrenztes, von außen auf den körper einwirkendes ereignis, das zu einem gesundheitsschaden oder zum tod führt. als folge eines arbeitsunfalls sind gesundheitsstörungen (nur) zu berücksichtigen, wenn das unfallereignis und das vorliegen der konkreten beeinträchtigung bzw. gesundheitsstörung jeweils bewiesen und die beeinträchtigung mit wahrscheinlichkeit auf das unfallereignis zurückzuführen ist. es ist mithin neben dem hier unstreitigen ursächlichen zusammenhang zwischen der versicherten tätigkeit und dem unfall (unfallkausalität) auch die kausalität zwischen dem unfallereignis und einem gesundheitserstschaden oder dem tod des versicherten (haftungsbegründende kausalität) und dem gesundheitserstschaden und ggfs. länger anhaltenden unfallfolgen (haftungsausfüllende kausalität) erforderlich. hinsichtlich des beweismaßstabes gilt, dass die tatsachen, die die tatbestandsmerkmale "versicherte tätigkeit", "verrichtung zur zeit des unfalls", "unfallereignis" sowie "gesundheits(erst)schaden" erfüllen sollen, im grad des vollbeweises, also mit an sicherheit grenzender wahrscheinlichkeit, für das gericht feststehen müssen. demgegenüber genügt für den nachweis der kausalen zusammenhänge zwischen diesen voraussetzungen der grad der (hinreichenden) wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die glaubhaftmachung und erst recht nicht die bloße möglichkeit (bsg, urteil vom 31.01.2012, b 2 u 2/11 r, juris-rn. 17 m.w.n.; urteil vom 24.07.2012, b 2 u 23/11 r, juris-rn. 27; senatsurteil vom 12.11.2014, l 17 u 189/10). "hinreichend wahrscheinlich" bedeutet, dass mehr für als gegen den ursachenzusammenhang spricht (bsg, urteil vom 15.05.2012, b 2 u 31/11 r, juris-rn. 34; urteil vom 27.10.1989, 9 rv 40/88, juris-rn. 17). ist ein arbeitsunfall nicht nachgewiesen oder lässt sich der ursächliche zusammenhang zwischen diesem und den geltend gemachten gesundheitsstörungen nicht wahrscheinlich machen, geht dies nach dem im sozialgerichtlichen verfahren geltenden grundsatz der objektiven beweislast zu lasten des versicherten (vgl. u.a. bsg, urteil vom 31.01.2012, b 2 u 2/11 r). die kausalitätsbeurteilung hat auf der basis des aktuellen wissenschaftlichen erkenntnisstandes über die möglichkeit von ursachenzusammenhängen zwischen bestimmten ereignissen und der entstehung bestimmter krankheiten zu erfolgen. das schließt eine prüfung ein, ob ein ereignis nach wissenschaftlichen maßstäben überhaupt geeignet ist, eine bestimmte körperliche oder seelische störung hervorzurufen (bsg, urteil vom 09. mai 2006, b 2 u 1/05 r, juris-rn. 17). beweisrechtlich ist außerdem zu beachten, dass der ursachenzusammenhang zwischen dem unfallereignis und den unfallfolgen als anspruchsbegründende voraussetzung positiv festgestellt werden muss. es gibt keine beweisregel des inhalts, dass bei fehlender alternativursache das angeschuldigte ereignis die ursache ist oder dass die mit hinreichender wahrscheinlichkeit festgestellte versicherte ursache im naturwissenschaftlichen sinn automatisch auch eine wesentliche ursache ist, weil dies bei komplexen krankheitsgeschehen zu einer beweislastumkehr führen würde (bsg, urteil vom 09.05.2006, b 2 u 1/05 r, juris-rn. 20; senatsurteil vom 15.10.2014, l 17 u 709/11). 101unter berücksichtigung dieser grundsätze hat der kläger keinen anspruch auf die begehrte unfallrente. zwar ist es bei ihm unfallbedingt zu einer hws-schleuderverletzung gekommen. unfallfolgen, die über den 30.11.1995 hinaus bei dem kläger zu einem 10 v.h. überschreitenden grad der mde führen, liegen jedoch nicht vor. insbesondere sind weder höhergradige hws-verletzungen und/oder bandscheibenvorwölbungen im bereich der hws (dazu nachfolgend 1.) oder lws (dazu 2.), ein hirnorganisches psychosyndrom (dazu 3.), eine posttraumatische epilepsie (dazu 4.) noch eine ptbs oder eine sonst unfallbedingte psychische störung (dazu 5.) als unfallfolgen festzustellen. bei dieser einschätzung stützt sich der senat insbesondere auf die im verwaltungs- und gerichtsverfahren eingeholten gutachten von dr. t, dr. p, dr. dr. x, dr. l in dem unter ii.5. genannten umfang, dr. c, dr. x1 und dr. h. 1021. die bei dem kläger festgestellten bandscheibenvorwölbungen der hws sind keine unfallfolgen. hierfür ist unerheblich, ob entsprechend dem vom kläger in auftrag gegebenen technischen gutachten von dipl.-ing. a der unfall von seiner mechanik her geeignet war, ein hws-schleudertrauma ii. oder iii. grades zu verursachen. die eignung eines unfalls, bestimmte körpererstschäden hervorzurufen, beweist nicht, dass diese auch tatsächlich eingetreten sind. dass der kläger ein hws-schleudertrauma erlitten hat, das grundsätzlich geeignet war, einen hws-schaden hervorzurufen, stellt in übereinstimmung mit dipl.-ing. a auch der orthopädische sachverständige dr. t fest. für die diagnose eines höhergradigen hws-schleudertraumas, dessen folgen auch über den 30.11.1995 noch zu einer mde führen könnten, fehlt es hier aber an nachgewiesenen geeigneten körpererstschäden. der senat vermag sich nicht davon zu überzeugen, dass der unfall bei dem kläger zu einem hws-schleudertrauma geführt hat, das bereits den schweregrad ii erreicht hat. soweit oberarzt dr. l in vertretung für prof. dr. i am 07.07.1994 ein hws-schleudertrauma grad iii dokumentiert, spricht er nur vier tage später (11.07.1994) selbst nur noch vom schweregrad i. der schweregrad iii ist charakterisiert durch vollkommen durchgerissene bänder, gesprengte gelenkkapseln und eine liquidation des mechanischen zusammenhalts (schönberger/mehrtens/valentin, arbeitsunfall und berufskrankheit, 8. aufl., s. 462). die diagnose des schweregrades ii erfordert mikrostrukturelle weichteilläsionen mit hämatombildung und evtl. temporärer raumforderung und ist durchweg kernspintomographisch nachweisbar (schönberger/mehrtens/valentin, a.a.o., s. 462, 463). derartige erstschäden sind beim kläger nicht festgestellt worden, müssten aber im vollbeweis nachgewiesen sein. der befund des d-arztes dr. u weist nur eine steilstellung der hws mit muskelverspannung und schmerzhafter kopfdrehung sowie einen druckschmerz über der bws aus. äußere verletzungszeichen wurden nicht dokumentiert, auch haben sich keine hämatome, knochenödeme o.ä. an der wirbelsäule und auch keine anzeichen einer schädelprellung am linken hinterkopf gefunden. für den senat deshalb überzeugend weist dr. t darauf hin, dass das unfallereignis strukturelle verletzungen der hws nicht hervorgerufen hat. insoweit führt er nachvollziehbar aus, dass die nach allgemeiner ärztlicher einschätzung anlagebedingt bei dem kläger bestehende hws-verblockung c5/c6 zu einer versteifung führt und hierdurch die benachbarten bandscheiben ein erhöhtes degenerationsrisiko haben. dass sich dieses risiko beim kläger zum unfallzeitpunkt bereits verwirklicht hatte, belegt dr. t alsdann überzeugend unter bezugnahme auf die röntgenaufnahmen im c-krankenhaus vom unfalltag, dem 10.06.1994. demnach hat bereits am unfalltag eine ausgeprägte segmentdegeneration c4/c5 mit nachweisbarer bandscheibenhöhenminderung und retrospondylotischer reaktion vorgelegen. die bandscheibe c4/c5 war dadurch bereits am unfalltag höhengemindert, und das zwischenwirbelloch sowie der wirbelkanal eingeengt. diese einschätzung bestätigt dr. p in seinem gutachten vom 17.12.2001. da es insoweit lediglich um die bewertung bildgebender befunde geht, sieht der senat keinen anhaltspunkt für eine unverwertbarkeit eines der gutachten, denn die vom kläger hierfür in den vordergrund gestellte frage, ob dr. p von dem richtigen unfallhergang ausgeht, stellt sich insoweit gar nicht. die bestehende gravierende schadensanlage mit weit fortgeschrittener und deutlich vorauseilender degeneration der hws schließt aus der sicht des senats, der auch insoweit dr. t folgt, eine - ohnehin für eine mehrsegmentale bandscheibenprotrusion an der hws nur in seltenen fällen zu bejahende - kausalität des unfalls aus. da sie eine bereits bestehende rissbildung im bereich des bandscheibenfaserringes belegt, kann auch eine vorverlagerung der erkrankung um mehr als ein jahr nicht begründet werden. 103hingegen vermag der senat den sachverständigen, die insoweit einen unfallzusammenhang erkennen, nicht zu folgen. angesichts dessen, dass dr. t nachvollziehbar und in übereinstimmung mit der unfallversicherungsrechtlichen literatur (vgl. schönberger/mehrtens/valentin, a.a.o., s. 454 ff.) darlegt, dass vorbestehende degenerative erkrankungen durchaus und üblicherweise lange zeit beschwerdefrei sein können, kann der hinweis dr. c auf eine angeblich vorbestehende beschwerdefreiheit des klägers die auffassung dr. t nicht durchgreifend entkräften. gleiches gilt für dr. p, der unzutreffend "prätraumatische krankheiten oder krankheitsanlagen" negiert und die unfallbedingtheit der beschwerden auf deren lange dauer und intensität zurückführen will. dr. l wiederum begnügt sich mit dem - für seinen gutachterauftrag auch gar nicht erheblichen, aber hier völlig unzureichenden - hinweis, die diagnosen seien "unzweifelhaft" unfallbedingt. privatgutachter dr. w hat seine qualifikation zu gutachtlicher äußerung durch nichts belegt. 1042. vergleichbar stellt sich die situation hinsichtlich der an der lws festgestellten bandscheibenprotrusion im übergang der lenden- zur steißwirbelsäule bei l5/s1 dar. hier fehlt es nicht nur wiederum an entsprechenden feststellungen im durchgangsärztlichen befund, sondern auch an gesicherten funktionseinschränkungen der lws in den ersten 10 tagen nach dem unfall, wie dr. t für den senat überzeugend ausführt. selbst schmerzangaben des klägers fehlen im durchgangsarztbericht vom 10.06.2009. die wirbelsäule wurde aber untersucht. denn es wird ein druckschmerz (nur) im bws/lws-übergang, also an der oberen, nicht aber an der unteren lws angegeben, wo sich der bandscheibenschaden des klägers befindet. 1053. ein hirnorganisches psychosyndrom ist beim kläger nicht erwiesen und dementsprechend auch nicht als unfallfolge anzuerkennen. es fehlt bei dem kläger sowohl an geeigneten körpererstschäden als auch überhaupt am nachweis eines solchen gesundheitsschadens. eine kopfverletzung ist beim kläger nicht dokumentiert. der nachweis der möglichkeit eines kopfanpralls in einem technischen gutachten, wie dem des dipl.-ing. a, ist hierfür kein ersatz. dass die rekonstruktion eines unfalls einen ablauf plausibel machen, aber nicht in allen einzelheiten beweisen kann, ergibt sich anschaulich aus den vom kläger vorgelegten standbildauszügen aus dem videomaterial selbst, die u.a. einen unfallhergang zeigen, in dem sich die arme des unfallopfers vom rumpf lösen, was unzweifelhaft tatsächlich nicht der fall war. auf den nachweis eines tatsächlichen körpererstschadens kann deshalb nicht verzichtet werden. ein nachweis eines bei dem kläger bestehenden hirnorganischen gesundheitsschadens ist ebenfalls nicht erbracht. in keinem mrt des schädels konnte eine hirnorganische schädigung nachgewiesen werden. die von dres. i und i erhobenen befunde, die in die richtung eines hirnorganischen schadens zu weisen scheinen, sind nicht beweisend, da ihre erhebung, wie der senat dem gutachten von dr. c entnimmt, auf mitarbeitsabhängigen selbstbeurteilungstests beruht und nach mitteilung von dr. i selbst hinweise auf aggravation bestanden. der senat folgt den deshalb überzeugenderen gutachten von dr. h und dr. c, die schlüssig darlegen, dass sich ein hirnorganisches psychosyndrom vor dem hintergrund einer suboptimalen leistungsbereitschaft des klägers während der neuropsychologischen begutachtung, die auch dr. i zur validierung der ursachen der beim kläger bestehenden beschwerden noch für erforderlich gehalten hatte, nicht objektivieren ließ. 1064. eine epilepsie ist beim kläger ebenfalls nicht gesichert, demzufolge auch nicht als posttraumatische erkrankung. wiederum fehlt es an einem geeigneten körpererstschaden. aber auch eine entsprechende erkrankung ist nicht nachgewiesen. dr. i teilt hierzu in ihren gutachten mit, sie habe hinweise auf eine epilepsie, könne aber weder deren vorhandensein noch den zeitpunkt ihrer evtl. entstehung nachweisen. im dem von dr. x1 erstellten mrt zeigte sich ein altersentsprechender normalbefund ohne hinweise auf läsionen, die als epilepsieursache in frage kämen. dr. x1 hat auch frühere kernspinaufnahmen der radiologie des medizin-centers c vom 04.11.2009 nachbefundet, die einen zunächst als mögliches residuum eines kontusionsherdes verdächtigen (vgl. bericht von dr. c, t privatklinik n, vom 06.01.2010) partialvolumendefekt und damit - auch nach einschätzung von dr. c - keinen pathologischen befund zeigen. zwar betonen die sachverständigen, dass ein kernspin-normalbefund die diagnose einer epilepsie nicht ausschließe. auch anhand der im hinblick auf eine epilepsie nicht schlüssigen anamnestischen angaben des klägers und der ergebnisse der mehrtägigen stationären beobachtung des klägers im rahmen der begutachtung ist aber die diagnose nicht anderweitig belegbar. 1075. schließlich ist eine ptbs oder eine sonst unfallbedingte psychopathologische störung beim kläger nicht nachgewiesen. auf die ärztlichen äußerungen, die beim kläger eine solche erkrankung bejahen, vermag der senat keine für diesen günstige entscheidung zu stützen. dass der privatgutachter dr. w über eine wie auch immer geartete facharztqualifikation verfügt, die ihn zu einer solchen diagnose befähigt, ist nicht ersichtlich. dr. b erstattet sein privatgutachten am 12.09.2010 für den kläger nach eigenen angaben anhand "mehrerer persönlicher gespräche" mit dem kläger in der t-klinik n, aber ohne kenntnis der aktenlage und ohne den kläger selbst behandelt zu haben. auf welcher basis er dann zu einer objektiven beurteilung der diagnosekriterien beim kläger in der lage sein kann, erschließt sich dem senat vor diesem hintergrund nicht. der gutachter im rentenverfahren, dr. l, übernimmt die diagnose ptbs von dritter seite, sieht aber aktuell eine depression ohne aus dem gutachten nachvollziehbare kausale verbindung mit einer ptbs oder einem unfallgeschehen; auch ihm fehlt die kenntnis der unfallakten und -gutachten. dr. dr. x und dr. i diagnostizieren keine ptbs. dr. i hat an ihrer ursprünglichen diagnose einer posttraumatischen psychopathologischen und schmerzerkrankung nicht festgehalten, sondern in ihrer ergänzenden stellungnahme vom 24.08.2011 alle insoweit beim kläger bestehenden auffälligkeiten als hirnorganisch angesehen (siehe dazu aber oben 3.). 108gelingt von daher schon ein positiver nachweis einer ptbs oder sonstigen traumabezogenen psychopathologischen störung nicht, ist der senat zusätzlich aufgrund des gutachtens von dr. l und dessen angaben im termin zur mündlichen verhandlung am 17.09.2012 davon überzeugt, dass zwar möglicherweise bei dem kläger - wie auch z.t. von dr. l und zunächst auch von dr. i angenommen - eine depressive erkrankung und eine anhaltende somatoforme schmerzstörung bestehen. zeitnah während der ersten jahre nach dem unfall waren aber bis auf unspezifische vegetative störungen, die während seiner krankenhausbehandlungen 1994 abgerechnet, jedoch nicht näher bezeichnet wurden, bei dem kläger keine psychischen störungen bekannt geworden. eine behandlung wegen solcher beschwerden hat nach dessen eigenen angaben erst neun jahre nach dem unfall stattgefunden. für den senat überzeugend hat der sachverständige dr. l wegen des fehlens zeitnaher psychischer reaktiver störungen und erkennbarer brückensymptome über einen derart langen zeitraum eine kausalität des unfalls für diese gesundheitsstörungen verneint. der senat stützt sich insoweit ausschließlich auf aussagen des sachverständigen dr. l vor dem eintritt seiner befangenheit (dazu näher unter iii.). 1096. auf weitere, beim kläger möglicherweise noch zu einer rentenberechtigenden mde führende unfallbedingte erkrankungen gibt der sachverhalt keine hinweise. 110iii. den im termin zur mündlichen verhandlung am 13.01.2016 gestellten hilfs- und verfahrensanträgen des klägers - soweit nicht bereits beschieden - war nicht zu entsprechen. eine aussetzung des verfahrens im hinblick auf bei der beklagten gestellte anträge zur löschung von ärztlichen stellungnahmen und gutachten aus den verwaltungsakten war nicht geboten, da die entscheidung der beklagten über diese anträge im gerichtlichen verfahren nicht vorgreiflich im sinne von § 114 abs. 2 satz 1 sgg ist (bsg, urteil vom 20.07.2010 - b 2 u 17/09 r -, juris-rn. 12). 111soweit der kläger beantragt hat, auszusprechen, dass die gutachten von dr. dr. x vom 28.12.2001, dr. p vom 17.12.2001, dr. t, dr. l vom 18.06.2010 mit nachfolgenden stellungnahmen bis einschließlich zur niederschrift seiner einvernahme im mündlichen termin am 17.09.2012, dr. c vom 14.01.2015 und dr. h vom 27.03.2015 nicht verwertet werden dürfen, war dem schon deshalb nicht zu folgen, weil kein beweisverwertungsverbot besteht. 112hinsichtlich der gutachten von dr. dr. x, dr. p, dr. t, dr. l, dr. c und dr. h macht der kläger geltend, dass die sachverständigen von einem falschen unfallhergang ausgegangen seien oder bei ihrer begutachtung auf gutachten aufgebaut hätten, die einen solchen falschen unfallhergang zugrunde gelegt hätten und deshalb zu falschen gutachtenergebnissen gekommen seien. hiermit wird kein sachverhalt beschrieben, der zu einem beweisverwertungsverbot führen kann. ist ein gutachten inhaltlich falsch, begründet dies nicht die unverwertbarkeit des gutachtens, sondern es ist im rahmen der beweiswürdigung zu bewerten. 113entgegen der auffassung des klägers führt auch die vom senat mit beschluss vom 27.11.2012 festgestellte befangenheit des sachverständigen dr. l nicht zur unverwertbarkeit seiner früheren, seinem die besorgnis der befangenheit begründenden schreiben vom 18.09.2012 vorausgehenden gutachterlichen äußerungen oder der später erstellten gutachten von dr. c und dr. h. einer späteren erfolgreichen ablehnung eines sachverständigen steht die verwertung seiner früheren gutachten nicht entgegen, solange die gründe für eine befangenheit bei deren erstattung noch nicht vorlagen (olg hamm, urteil vom 24.09.1993 - 12 u 175/92). so liegt der fall hier, denn die besorgnis der befangenheit von dr. l ergab sich erst aus seinem verhalten nach seiner mündlichen einvernahme. die unverwertbarkeit des ergänzenden schreibens des dr. l vom 18.09.2012 wegen dessen vom senat bejahter befangenheit hat auch keine auswirkungen auf die verwertbarkeit der späteren gutachten von dr. c und dr. h. ein verwertungsverbot für ein beweismittel kann sich nur dann im sinne einer fernwirkung auf alle späteren beweismittel auswirken, wenn durch das weitere beweismittel das verwertungsverbot hinsichtlich des ersten beweismittels umgangen würde, das zweite beweismittel ohne das erste - unzulässige und verbotene - keinen bestand hätte oder das zweite auf dem ersten aufbaut (bsg, urteil vom 05.02.2008, b 2 u 8/07 r, juris-rn. 63). davon ausgehend erstreckt sich das verwertungsverbot nicht auf die gutachten von dr. c und dr. h. denn beide haben den kläger persönlich untersucht und sind unabhängig von der unverwertbaren stellungnahme zu ihren einschätzungen und begründungen gelangt (vgl. hessisches lsg, urteil vom 05.06.2014 - l 3 u 254/10 -, juris-rn. 50). ohnehin war, wie der kläger richtig anmerkt, den sachverständigen dres. c, x1 und h in der beweisanordnung vom 11.10.2013 (mit nachfolgenden ergänzungen), ziff. 5, aufgegeben worden, wegen der befangenheit des sachverständigen dr. l auf dessen ausführungen "ab bl. 1173 ff.", also auf dessen schreiben vom 18.09.2012, nicht inhaltlich einzugehen. dr. c erwähnt folgerichtig das schreiben dr. l vom 18.09.2012 und den beschluss des senats vom 27.11.2012 nur in seinem aktenauszug und verwertet es inhaltlich an keiner stelle seines gutachtens, das ohnehin die bei der eigenen begutachtung und durch die zusatzgutachter gewonnenen erkenntnisse ganz in den vordergrund stellt. dr. h nimmt an keiner stelle seines zusatzgutachtens bezug auf erkenntnisse oder bewertungen von dr. l. diese gutachten haben mithin auch ohne die unverwertbare stellungnahme bestand und führen nicht zu einer umgehung des diesbezüglichen beweisverwertungsverbotes. 114anlass, die angebotenen zeugen n und dr. c zu hören, bestand nicht. diese personen werden dafür benannt, dass sie befunde, die die sachverständigen bei ihrer begutachtung erhoben haben (oder nicht erhoben haben), anders einschätzen als diese und/oder selbst mit anderem ergebnis festgestellt haben. sie zielen damit letztlich nicht auf zeugenaussagen, sondern auf die einführung weiterer sachverständiger, die im sinne des klageantrags zu der bisherigen beweisaufnahme stellung nehmen sollen. hierfür ist frau n als behandelnde physiotherapeutin des klägers schon nicht qualifiziert. weitere medizinische sachverhaltsaufklärung über den bereits umfangreich erhobenen sachverständigenbeweis hinaus hat der senat aber auch nicht für erforderlich gehalten. 115iv. die kostenentscheidung folgt aus § 193 sgg. 116v. anlass zur zulassung der revision (§ 160 abs. 2 sgg) bestand nicht.
Verklagte*r
0
341,766
18 K 7879/19
2021-10-28T00:00:00
Urteil
Tenor Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben, wird das Verfahren eingestellt. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Die Kosten des Verfahrens tragen die Klägerin zu ¾ und die Beklagte zu ¼. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% der aufgrund des Urteils vollstreckbaren Kosten abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% der jeweils vollstreckbaren Kosten leistet. Die Berufung wird zugelassen. 1Tatbestand: 2Die Klägerin war seit März 2017 Halterin der Hündin „N. “, die sie bei der Beklagten als großen Hund im Sinne des § 11 Abs. 1 Landeshundegesetz NRW (LHundG NRW), nämlich als Kreuzung zwischen Weimaraner und Old English Bulldog, anmeldete. Nachdem die Beklagte anlässlich einer zwischenzeitlichen Sicherstellung des Hundes im August 2018 vom Tierheim Witten einen Hinweis zur augenscheinlichen Rasse des Hundes erhalten hatte, stellte sie mit Bescheid vom 7. Dezember 2018 fest, dass es sich bei „N. “ um eine Kreuzung der Rasse Pitbull Terrier und einer oder mehrerer anderer Rassen und damit um einen gefährlichen Hund im Sinne des § 3 Abs. 2 LHundG NRW handelt. Am 1. Februar 2019 untersagte die Beklagte der Klägerin die Haltung und ordnete „N. s“ Entziehung an. Für beide Bescheide liegen Postzustellungsurkunden vor, wonach sie der Klägerin jeweils durch Einlegen in den zu ihrer Wohnung gehörigen Briefkasten zugestellt wurden. Mehrere Versuche der Vollstreckung scheiterten in der Folge, da die Klägerin nicht an ihrer Wohnadresse angetroffen wurde. Die Klägerin wandte sich mit E‑Mails vom 5. März und vom 13. März 2019 an die Beklagte und teilte mit, sie sei wegen eines Stalkers selten in ihrer Wohnung. Dieser habe auch ihre Post entwendet. Daraufhin übersandte die Beklagte der Klägerin mit E-Mail vom 14. März 2019 die Bescheide erneut. 3Am 13. Juni 2019 erhielt die Beklagte einen anonymen Hinweis, wonach an der Wohnadresse der Klägerin drei als Boxer-Welpen bezeichnete Hunde zum Verkauf stünden. Nach Ansicht der Melderin gehörten die Welpen aber einer anderen Rasse an. Als sie die Verkäuferin darauf angesprochen habe, habe diese gekichert und gesagt, die Hunde würden aber als Boxer-Welpen verkauft. Daraufhin suchten Mitarbeiter der Beklagten am 14. Juni 2019 die Klägerin auf. Sie fanden dabei den Hund „N. “ sowie zwei etwa vier bis fünf Monate alte Welpen, die nach Einschätzung der anwesenden Amtsveterinärin von „N. “ abstammten (Chip-Nummer des Rüden 000000000000000, Chip-Nummer der Hündin 000000000000000), vor. Sie stellten die Hunde sicher und verbrachten sie in das Tierheim I. . 4Nachdem der Klägerin mit Schreiben vom 11. Juli 2019, welches ihr am 26. Juli 2019 auch per E-Mail übersandt wurde, Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben wurde, erließ die Beklagte unter dem 16. Oktober 2019 eine Ordnungsverfügung bezüglich der Welpen. In Ziffer 1 der Verfügung stellte sie fest, dass die beiden Welpen einer Kreuzung aus mindestens der Rasse Pitbull Terrier mit einer oder mehrerer anderer Rassen entstammten und beide Hunde demnach als gefährliche Hunde gemäß § 3 Abs. 2 LHundG NRW eingestuft würden. Zudem versagte sie der Klägerin eine Haltungserlaubnis für die genannten Hunde und untersagte ihr die Haltung (Ziffer 2). Sie ordnete ferner die Entziehung der Hunde an (Ziffer 3 Satz 1). Diesbezüglich forderte sie die Klägerin auf (Ziffer 3 Sätze 2 und 3), bis spätestens 4. November 2019 das Eigentum an den Tieren in dort genauer bezeichneter Weise aufzugeben und ihr gegenüber die Eigentumsaufgabe nachzuweisen. In Ziffer 4 drohte die Beklagte ein Zwangsgeld bezüglich der Ziffer 3 an. 5Zur Begründung führte sie im Hinblick auf Ziffer 1 aus, „N. “ sei unstreitig die Mutter der beiden Welpen. Da sie bestandskräftig als gefährlicher Hund im Sinne des § 3 Abs. 2 LHundG NRW eingestuft worden sei, gelte dies auch für die von ihr abstammenden Tiere. Im Übrigen wiesen diese ebenfalls deutliche phänotypische Merkmale eines Pitbulls auf. Die Erlaubnis zur Haltung werde in Ziffer 2 versagt, da die Klägerin eine solche nicht beantragt habe und auch kein öffentliches Interesse an der weiteren Haltung der Tiere bestünde. Diese seien nicht durch ein Tierheim oder eine Tierschutzorganisation an die Klägerin vermittelt worden, sondern entstammten einer illegalen Verpaarung des gefährlichen Hundes „N. “. Aus den gleichen Gründen ergehe auch die Haltungsuntersagung. 6Die Klägerin hat am 4. November 2019 Klage erhoben. Zugleich hat sie die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes beantragt (18 L 2906/19), dies jedoch nur hinsichtlich der Ziffern 3 und 4. 7Sie hat ursprünglich beantragt, 8 die Ordnungsverfügung der Beklagten vom 16. Oktober 2019 aufzuheben. 9Nachdem das Gericht im Eilverfahren mit Beschluss vom 13. Januar 2020 die aufschiebende Wirkung der Klage hinsichtlich der Ziffer 3 Sätze 2 und 3 der Verfügung wiederhergestellt und hinsichtlich der Ziffer 4 angeordnet hat, hat die Beklagte die genannten Verfügungspunkte aufgehoben. Die Beteiligten haben das Verfahren diesbezüglich übereinstimmend für erledigt erklärt, wobei die Beklagte mit Schriftsatz vom 27. Februar 2020 insoweit die Übernahme der Verfahrenskosten erklärt hat. In der mündlichen Verhandlung hat die Beklagte weiterhin die Ziffer 2 der Ordnungsverfügung insoweit aufgehoben, als darin eine Haltungserlaubnis versagt wird. Daraufhin haben die Beteiligten das Verfahren auch diesbezüglich übereinstimmend für erledigt erklärt. 10Zur Begründung des noch streitigen Teils ihrer Klage trägt die Klägerin vor, die beiden Hunde seien keine gefährlichen Hunde im Sinne des § 3 Abs. 2 LHundG NRW. Eine Einstufung als Pitbull sei nach der neueren Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen gar nicht möglich. Auch die Einstufung als American Staffordshire Terrier scheide bei beiden Hunden aus, da sie eine Größenabweichung von mehr als 10 Prozent gegenüber dem Rassestandard aufwiesen. Der Rüde sei außerdem zu schwer. Schließlich habe die Hündin ein Zangen- statt des erforderlichen Scherengebisses, was eine erhebliche Abweichung vom Rassestandard darstelle. 11Die Klägerin beantragt nunmehr noch, 12die Regelungen in den Ziffern 1, 2 sowie Ziffer 3 Satz 1 der Ordnungsverfügung der Beklagten vom 16. Oktober 2019 aufzuheben. 13Die Beklagte beantragt, 14 die Klage abzuweisen. 15Zur Begründung trägt sie im Wesentlichen vor, die beiden Hunde seien ungeachtet der Größen- und Gewichtsüberschreitung Kreuzungen im Sinne des Landeshundegesetzes NRW. Die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 3. Dezember 2020 (5 A 1033/18) berücksichtige nicht hinreichend, dass bei einer Kreuzung typischerweise auch die andere beteiligte Hunderasse ihre Ausprägung finde, sodass der Rassestandard nicht im Wesentlichen erfüllt werden könnte. Bei dem Zangengebiss handele es sich zudem um eine Abweichung im Randbereich, da es keine Veränderung der Beißkraft zur Folge habe und kein Zuchtuntauglichkeitsmerkmal darstelle. Dass die Hündin nicht eindeutig einer der beiden Rassen American Staffordshire Terrier und Pitbull Terrier zugeordnet werden könne, sei für ihre Einstufung als gefährlicher Hund irrelevant. Die Klägerin habe zudem nicht vorgetragen, welche anderen Rassen sich in den beiden Hunden gekreuzt haben sollen. 16Die Beklagte hat während des gerichtlichen Verfahrens eine Rassebegutachtung der zu diesem Zeitpunkt knapp zwei Jahre alten Hunde vornehmen lassen. In ihrem dazu gefertigten Gutachten vom 7. Januar 2021 hat die stellvertretende Amtstierärztin des Kreises N1. , Frau C. , im Hinblick auf die Hündin – die mittlerweile „M. “ genannt wird – im Wesentlichen Folgendes ausgeführt: Sie sei nach ihrem Heimtierausweis im Februar 2019 geboren und ein American Staffordshire Terrier Mischling. Die Widerristhöhe betrage 51 cm, das Gewicht 25 kg. Das Haarkleid sei kurz, dicht und enganliegend. „M. “ habe einen viereckigen Schädel, einen kräftig ausgeprägten Kiefer und einen gut ausgebildeten Fang. Sie habe ein Zangengebiss, Rosenohren und leicht mandelförmige Augen. Von oben gesehen verjünge sich der Schädel nur leicht zu einem mäßig ausgebildeten Stopp hin. Eine Mittelfurche vom Stopp bis zum Hinterhauptbein sei erkennbar. Die Länge des Fangs sei kürzer als die Länge des Schädels, mit einem Verhältnis von circa 2:3. Ihr Körperbau sei athletisch und gut bemuskelt, die Brust ausreichend tief und mäßig breit, der Rücken kräftig und fest. Die Oberlinie neige sich bei abfallender Kruppe ein wenig. Der Schwanzansatz sei tief, jedoch breit. Die Rute verjünge sich zur Spitze hin. 17Zu dem Rüden – der mittlerweile „Q. “ genannt wird – stellte die Amtstierärztin fest, er sei ausweislich seines Impfausweises im Februar 2019 geboren und darin als American Staffordshire Terrier Mischling bezeichnet. Er sei bei einem Gewicht von 35 kg 55 cm groß. Sein Haarkleid sei kurz, dicht und enganliegend. Er habe einen nahezu viereckigen Schädel, einen kräftig ausgeprägten Kiefer und einen gut ausgebildeten Fang. Sein Lefzenschluss sei leicht geöffnet, der Oberschädel flach und zwischen den Ohren breit. Er habe einen gut ausgebildeten Stopp, ein Scherengebiss, hohe und weiter hinten angesetzte Rosenohren sowie mandelförmige Augen. Er sei im Körperbau deutlich kräftiger als die Hündin, athletisch und gut bemuskelt. Seine Brust sei tief und breit bei einer ausgeprägt bemuskelten Schulter, der Rücken sei kräftig mit leicht abfallender Oberlinie. Zusammenfassend seien bei beiden Hunden signifikante Merkmale der Rassen American Staffordshire Terrier und Pitbull Terrier vorhanden. Es handele sich bei ihnen um Pitbull- oder American Staffordshire Terrier, gegebenenfalls um Mischlinge aus diesen Rassen. 18Unter dem 14. April 2021 hat die Amtstierärztin ihre Stellungnahme auf Nachfrage des Gerichts ergänzt. Sie erklärt nunmehr, bei „Q. “ trete der Phänotyp eines American Staffordshire Terriers deutlich hervor. Er weise sowohl im Hinblick auf den Kopf, den Körper, die Rute, die Gliedmaßen, das Gangwerk, das Haarkleid und das Gewicht markante und signifikante Rassemerkmale auf. Dem Rassestandard entsprächen sein Scherengebiss, die Form und der Ansatz seiner Ohren sowie sein rassetypischer Körperbau. Form und Länge der Rute, die Gliedmaßen und die Gliedmaßenstellung seien standardgemäß. Nur die Größe entspreche nicht dem Sollwert des Rassestandards. Bei „M. “ träten die Phänotypen der Rassen American Staffordshire Terrier und Pitbull Terrier deutlich hervor. Sie weise hinsichtlich Kopf, Körper, Rute, Gliedmaßen, Gangwerk, Haarkleid und Gewicht überwiegend markante und signifikante Merkmale eines American Staffordshire Terriers auf, weiche aber in der Größe ab. Bei ihr zeige sich zum Beispiel gering ausgeprägte lose und in Längsfalten geordnete Haut am Hals, was bei Pitbull Terriern rassetypisch sei. Es fiele auch nicht ins Gewicht, dass sie ein Zangengebiss besitze, da dies weder beim American Staffordshire Terrier noch beim Pitbull Terrier ein Zuchtuntauglichkeitsmerkmal sei. 19Die Amtstierärztin hat in der Stellungnahme ausgeführt, wegen der Größenabweichung der Tiere Kontakt zu einer Rassebeauftragten und Zuchtrichterin des „Deutschen Clubs für Bullterrier e.V.“ aufgenommen zu haben. Diese habe ihr erklärt, dass die Größe nur eine Sollbestimmung sei. Entscheidender sei nach dem Rassestandard Nr. 286 (American Staffordshire Terrier), dass Größe und Gewicht zueinander in richtiger Proportion stünden. Die Amtstierärztin erläuterte weiter, die Standards der Rassen American Staffordshire Terrier und Pitbull Terrier wiesen viele Übereinstimmungen auf. Insofern sei eine Aussage zur Reinrassigkeit ohne Zuchtnachweis nur eingeschränkt möglich. Merkmale anderer Hunderassen träten bei den Hunden nicht hervor. 20Das Gericht hat der Klägerin am 18. Dezember 2020 Prozesskostenhilfe unter Beiordnung ihres Prozessbevollmächtigten bewilligt. 21Zu den weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der hiesigen Gerichtsakte, der Gerichtsakte im zugehörigen Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes (18 L 2906/19), der Gerichtsakten in den beigezogenen Verfahren 18 K 7874/19 und 18 L 2903/19 sowie den beigezogenen Verwaltungsvorgang der Beklagten verwiesen. 22Entscheidungsgründe: 23Die Kammer ist in der Kammerbesetzung gemäß § 5 Abs. 3 Satz 1 VwGO zur Entscheidung berufen. Der Beschluss vom 18. Dezember 2020 über die Übertragung des Rechtsstreits auf die damalige Berichterstatterin als Einzelrichterin steht dem nicht entgegen. Dieser Beschluss ist schwebend unwirksam, weil das Verfahren infolge eines Mitgliederwechsels in der Kammer einer Richterin auf Probe als Berichterstatterin zugewiesen wurde, die im Entscheidungszeitpunkt gemäß § 6 Abs. 1 Satz 2 VwGO an einer Entscheidung als Einzelrichterin gehindert ist. Folge ist die Eröffnung der Regelzuständigkeit der Kammer. 24Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben, war das Verfahren in entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen. 25Betreffend den noch streitigen Teil ist die zulässige Klage unbegründet. Die Ordnungsverfügung vom 16. Oktober 2019 ist, soweit sie noch Bestand hat, rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). 26Zunächst bestehen keine rechtlichen Bedenken mit Blick auf die formelle Rechtmäßigkeit. Insbesondere ist die Klägerin gemäß § 28 Abs. 1 VwVfG NRW ordnungsgemäß angehört worden, indem die Beklagte ihr mit Schreiben vom 11. Juli 2019 Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben hat. Darüber hinaus erweist sich die angefochtene Ordnungsverfügung auch als materiell rechtmäßig. Dies gilt sowohl hinsichtlich der Feststellung der Gefährlichkeit der Hunde (I.) als auch betreffend die Haltungsuntersagung (II.) und die Entziehungsanordnung (III.) 27I. 28Die in Ziffer 1 des genannten Bescheides enthaltene Feststellung, bei den (näher bezeichneten) Hunden der Klägerin handele es sich um gefährliche Hunde im Sinne des § 3 Abs. 2 LHundG NRW, ist rechtlich nicht zu beanstanden. 29Dabei ist es für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit zunächst ohne Belang, dass im Tenor der Ordnungsverfügung (darüber hinaus) ausgeführt wird, die Hunde entstammten einer Kreuzung aus „mindestens der Rasse Pitbull Terrier“, hinsichtlich des Hundes „Q. “ aber – worauf noch einzugehen sein wird – ausweislich der amtstierärztlichen Stellungnahme lediglich eine Kreuzung mit einem American Staffordshire Terrier angenommen werden kann. Denn eine Auslegung der Verfügung nach dem objektiven Empfängerhorizont entsprechend §§ 133, 157 BGB ergibt, dass es der Beklagten mit der Gefährlichkeitsfeststellung allein darauf ankam, verbindlich festzustellen, dass die Hunde als Kreuzung mit einer der in § 3 Abs. 2 LHundG NRW genannten Rassen gefährliche Hunde darstellen. Dies war aus Sicht der Beklagten wichtig, um Gewissheit darüber zu haben, dass für die Haltung und den Umgang mit den Hunden die strengen Voraussetzungen der §§ 4 ff. LHundG NRW zu erfüllen waren. Für diese, sich aus der Feststellung der Gefährlichkeit ergebenden (Rechts-)Folgen unerheblich ist dagegen die Frage, welche der in § 3 Abs. 2 LHundG NRW genannten Rassen Eingang in die Kreuzung gefunden hat. 30Darüber hinaus durfte die Beklagte eine solche Feststellung der Gefährlichkeit auch vornehmen, und zwar gestützt auf § 12 Abs. 1 LHundG NRW. Danach kann die zuständige Behörde die notwendigen Anordnungen treffen, um eine im Einzelfall bestehende Gefahr für die öffentliche Sicherheit, insbesondere Verstöße gegen Vorschriften des Landeshundegesetzes NRW, abzuwehren. Ist zwischen den Beteiligten streitig, ob ein bestimmter Hund einer der im Landeshundegesetz NRW enthaltenen Rasselisten unterfällt – gegebenenfalls auch als Kreuzung mit einer solchen Rasse –, darf die Behörde einen feststellenden Verwaltungsakt erlassen, wenn – wie vorliegend – die Gefahr besteht, dass seitens des Halters die an die Zuordnung zu einer Rasseliste geknüpften Haltungs- und Umgangsanforderungen nicht beachtet werden. 31Vgl. OVG NRW, Urteil vom 12. März 2019 - 5 A 1210/17 -, juris, Rn. 25. 32Die danach grundsätzlich mögliche ausdrückliche Feststellung der Gefährlichkeit war bezüglich der Hunde „Q. “ und „M. “ auch inhaltlich berechtigt. Bei beiden Tieren der Klägerin handelt es sich um (abstrakt) gefährliche Hunde im Sinne des § 3 Abs. 2 LHundG NRW. Gefährliche Hunde sind gemäß § 3 Abs. 1 LHundG NRW Hunde, deren Gefährlichkeit nach Absatz 2 vermutet wird oder nach Absatz 3 im Einzelfall festgestellt worden ist. (Abstrakt) Gefährliche Hunde nach § 3 Abs. 2 Satz 1 LHundG NRW sind Hunde der Rassen Pittbull Terrier, American Staffordshire Terrier, Staffordshire Bullterrier und Bullterrier und deren Kreuzungen untereinander sowie deren Kreuzungen mit anderen Hunden. Dabei sind Kreuzungen nach Satz 1 der Vorschrift Hunde, bei denen der Phänotyp einer der dort genannten Rassen deutlich hervortritt (§ 3 Abs. 2 Satz 2 LHundG NRW). 33Gemessen daran handelt es sich bei den Hunden „Q. “ und „M. “ um gefährliche Hunde im Sinne des § 3 Abs. 2 LHundG NRW, weil sie jeweils als Kreuzung eines Hundes der in § 3 Abs. 2 Satz 1 LHundG NRW aufgeführten Rassen mit einem anderen Hund anzusehen sind. 34Dies folgt – entgegen der im angefochtenen Bescheid niedergelegten Annahme der Beklagten – indes nicht bereits daraus, dass die Beklagte hinsichtlich des Muttertiers der beiden Hunde, „N. “, bestandskräftig festgestellt hat, dass es sich um einen gefährlichen Hund handelt. Denn jedenfalls vor dem Hintergrund der Unsicherheiten betreffend die Identität und damit die Rasse des Vatertieres sind die Hunde „Q. “ und „M. “ zunächst (lediglich) als Kreuzungen mit einem gefährlichen Hund im Sinne des § 3 Abs. 2 Satz 1 LHundG NRW anzusehen, weshalb es auf eine phänotypische Einordnung ankommt. Diese phänotypische Einordnung führt sowohl bei dem Hund „Q. “ als auch bei dem Hund „M. “ zur Qualifizierung beider Hunde als Kreuzungen im Sinne des § 3 Abs. 2 Satz 1 LHundG NRW. 35Insoweit bestimmt § 3 Abs. 2 Satz 2 LHundG NRW, dass Kreuzungen Hunde sind, bei denen der Phänotyp einer der in § 3 Abs. 2 Satz 1 LHundG NRW genannten Rassen deutlich hervortritt. Dabei kann ein deutliches Hervortreten in diesem Sinne (nur) dann angenommen werden, wenn ein Hund nach seiner äußeren Erscheinung (Phänotyp) trotz der erkennbaren Einkreuzung anderer Rassen in markanter und signifikanter Weise die Merkmale einer oder mehrerer der in der Vorschrift genannten oder bestimmten Rassen zeigt. 36Gesetzentwurf der Fraktion der SPD und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 11. März 2002, Hundegesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (Landeshundegesetz - LHundG NRW), Landtags-Drucksache 13/2387, S. 20. 37Soweit das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in seiner neueren Rechtsprechung den Begriff des „deutlichen Hervortretens“ weiter konkretisiert und insbesondere dahingehend verengt hat, dass auf die Rasse charakterisierende Merkmale abzustellen sei, hierbei zunächst an solche im Rassestandard aufgeführten äußeren Merkmale des jeweiligen Hundes zu denken sei, die konstitutionsbedingt zu der Gefährlichkeitsvermutung beitrügen (wie etwa Kopfform, Größe und Gewicht), diese Merkmale bei einer Kreuzung im Sinne des § 3 Abs. 2 Satz 1 LHundG NRW vorliegen müssten, im weiteren der Standard der in Rede stehenden Rasse im Wesentlichen erfüllt werden müsse und Abweichungen lediglich Randbereiche, wie etwa Fellfarbe, Ohrenform oder Schwanzform betreffen dürften, 38OVG NRW, Urteil vom 3. Dezember 2020 - 5 A 1033/18 -, juris, Rn. 32 m.w.N und 44; nunmehr auch Beschluss vom 12. August 2021 - 5 B 1797/20 -, S. 6 und 8 des Entscheidungsabdrucks (nicht veröffentlicht), 39vermag die Kammer dem nicht zu folgen. 40Betreffend die äußeren Merkmale, die konstitutionsbedingt zu der Gefährlichkeitsvermutung beitragen, ist nach Auffassung der Kammer zunächst zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber seine Einschätzung der abstrakten Gefährlichkeit der genannten Hunderassen nicht ausschließlich an solche konstitutionsbedingten Elemente des Phänotyps anknüpft. Ausweislich der Gesetzesbegründung sind es vielmehr mehrere rassespezifische Aspekte, die die abstrakte Gefährlichkeit begründen. Insoweit wird zwar unter anderem die körperliche Konstitution der Rasse, etwa Größe, Gewicht, Beißkraft, Muskelkraft und Sprungkraft, genannt. Daneben zählt zu den rassespezifischen Merkmalen aber auch das Auffälligwerden dieser Rassen in der Vergangenheit durch Beißvorfälle sowie eine Zuchtauswahl, die Aggressionsmerkmale begründet, wie etwa eine niedrige Beißhemmung, einen Beschädigungswillen oder eine herabgesetzte Empfindlichkeit gegen Angriffe. 41Vgl. Gesetzentwurf der Fraktion der SPD und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 11. März 2002, Hundegesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (Landeshundegesetz - LHundG NRW), Landtags-Drucksache 13/2387, S. 19 f. 42Ausgehend von dieser Gesetzesbegründung ist der Hintergrund der im Landeshundegesetz NRW zum Ausdruck kommenden Benennung sogenannter abstrakt gefährlicher Rassen die Vermutung des Gesetzgebers, die genannten Rassen seien genetisch bedingt besonders gefährlich. Ein wissenschaftlicher Nachweis dafür, dass diese Rassen tatsächlich aufgrund genetischer Merkmale gefährlicher als andere Hunderassen sind, existiert bislang – ebenso wie für das Fehlen einer solchen erhöhten Gefährlichkeit – jedoch nicht. Ungeachtet dessen ist – auch in der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung – anerkannt, dass die auf vorherige Beißvorfälle gestützte Annahme des Gesetzgebers, bestimmten Hunderassen wohne eine besondere Gefährlichkeit inne, auch ohne wissenschaftlichen Nachweis von dem weitreichenden Einschätzungs- und Prognosespielraum des Gesetzgebers gedeckt ist. 43Vgl. BVerfG, Urteil vom 16. März 2004 - 1 BvR 1778/01 -, juris, Rn. 66, 74 ff.; OVG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 23. Juni 2021 - 3 L 107/19 -, juris, Rn. 90 f.; BayVGH, Urteil vom 19. März 2019 - 10 BV 18.1917 -, juris, Rn. 27 f. 44Gründet die Festlegung der abstrakten Gefährlichkeit bestimmter Hunderassen im Landeshundegesetz NRW danach nicht auf einer fundierten wissenschaftlichen Begründung, sondern auf einer von der Einschätzungsprärogative des Gesetzgebers gedeckten Vermutung, fehlt nach Auffassung der Kammer eine Grundlage, um diese Aggressionsvermutung im Wege gerichtlicher Auslegung allein an einzelne körperliche Merkmale dieser Hunderassen anzuknüpfen. Beruht die Vermutung vielmehr auf einem tatsächlich aggressiven Verhalten dieser Hunderassen, vor allem in Form von schwerwiegenden Beißvorfällen, besteht weiterhin eine Wissenslücke betreffend die Ursachen. Auch der Gesetzgeber hat keine Merkmale festgelegt, die seiner Auffassung nach die – angenommene – genetisch bedingte Aggression dieser Rassen körperlich tragen. Angesichts dieser fehlenden wissenschaftlichen Hintergründe ist es nach Auffassung der Kammer unzulässig, das vermutete genetische Aggressionspotential von einzelnen körperlichen Merkmalen abhängig zu machen. 45Dies zugrunde gelegt, kann bei der Beurteilung, ob der Phänotyp einer der in § 3 Abs. 2 Satz 1 LHundG NRW genannten Rassen deutlich hervortritt, bei dem Vergleich des betreffenden Hundes mit einer dieser Rassen nicht einzelnen, die Gefährlichkeitsvermutung vermeintlich begründenden körperlichen Erscheinungsformen mehr Gewicht beigemessen werden als anderen. Insoweit verbietet sich eine Differenzierung zwischen „besonders charakterisierenden Merkmalen“ und „Randbereichen“. Vielmehr ist mit Blick auf das gesamte Erscheinungsbild zu überprüfen, ob der Phänotyp des Hundes in markanter und signifikanter Weise die Merkmale einer der in § 3 Abs. 2 Satz 1 LHundG NRW genannten Rassen aufweist. 46Für diese Beurteilung ist auf die Rassestandards der Hundezuchtverbände zurückzugreifen. Dabei ist aus Sicht der Kammer zum einen zu berücksichtigen, dass es in der Natur einer Kreuzung liegt, dass sie auch nicht zu leugnende Einflüsse anderer Rassen zeigt. Zum anderen darf nicht außer Betracht bleiben, dass selbst reinrassige Hunde nicht alle dasselbe Erscheinungsbild aufweisen und nicht immer in allen Punkten dem Rassestandard entsprechen. Dementsprechend beschreiben die in Rede stehenden Rassestandards selbst nach der Selbstbeschreibung des maßgeblichen internationalen Hundeverbandes, der Fédération Cynologique Internationale (FCI), jeweils den Idealtyp einer Rasse und weisen teilweise eine große Varianz auf. Ihrer Funktion nach stellen die Standards auf Rasseschauen die Bewertungsgrundlage für die dort tätigen Richter dar. Weiterhin sollen sie als Basis für die Züchter dieser Rassen genutzt werden, um erstklassige Hunde zu züchten. 47http://www.fci.be/de/Prasentation-unserer-Organisation-4.html 48Betreffend die Zucht werden diese Ziele unter anderem in dem für alle Mitglieder dieses Dachverbands verbindlichem internationalen Zuchtreglement der FCI konkretisiert. Darin heißt es unter anderem, dass zur Zucht insbesondere solche Hunde nicht zugelassen sind, die zuchtausschließende Fehler haben. Als anatomische Beispiele sind dort etwa „erhebliche Zahnfehler und Kieferanomalien“ und „Albinismus“ genannt. 49Siehe Internationales Zuchtreglement der FCI vom 11. und 12. Juni 1979, geändert im September 2019, S. 3, abrufbar unter http://www.fci.be/de/Zucht-42.html. 50Für die einzelnen Hunderassen konkretisieren die jeweiligen Rassestandards der FCI diese Angaben. Sie enthalten eine rassespezifische Auflistung der einzelnen Fehler, die in der Regel in „einfache“ und „disqualifizierende“ Fehler unterteilt werden. 51Noch näher präzisieren dies Zuchtordnungen der einzelnen Zuchtverbände. Für den American Staffordshire Terrier etwa sehen die deutschen Zuchtverbände, welche in der FCI sowie im deutschen Dachverband, dem Verband für das Deutsche Hundewesen (VDH), organisiert sind, anatomische Anforderungen an Hunde vor, damit mit ihnen als Rassehunde gezüchtet werden darf und sie die Abstammungsnachweise dieser Organisationen erhalten können. Insoweit bestimmen die Zuchtordnungen übereinstimmend, dass Zuchttiere dem Standard entsprechen müssen. Dies wird insofern konkretisiert, als von der Zucht ausgeschlossen solche Hunde sind, die anatomisch erheblich vom Rassestandard abweichen bzw. grobe anatomische Fehler aufweisen. 52Vgl. etwa § 2 der Zuchtordnung der Gesellschaft der Bullterrier-Freunde e.V. (Stand: August 2015), abrufbar unter https://www.gb-f.de/downloads.html; § 4 Nr. 6 der Zuchtordnung des Deutschen Clubs für Bullterrier e.V. (Stand: 23. März 2021), abrufbar unter https://www.dcbt.de/formulare-ordnungen/; Abschnitt B Ziffer 6.1 der Zuchtordnung (Teil der Satzung) des 1. American Staffordshire Terrier Clubs e.V., abrufbar unter https://www.1astc.de/der-verein/downloads/. 53Der 1. American Staffordshire Terrier Club e.V. verfügt daneben noch über eine sogenannte Körordnung, nach deren Kriterien Rassehunde ausgewählt werden, die ganz besonders zur Zucht empfohlen werden. Für diese Hunde besteht in anatomischer Sicht die Anforderung, dass sie dem Rassestandard in hohem Maße entsprechen und keine anatomischen Fehler aufweisen. 54Vgl. Abschnitt C Ziffer 5.1 der Zuchtordnung (Teil der Satzung) des 1. American Staffordshire Terrier Clubs e.V., abrufbar unter https://www.1astc.de/der-verein/downloads/. 55Neben diesen Zuchtbestimmungen legen die Verbände auch Anforderungen fest, die für die Beurteilung von Rassehunden auf Ausstellungen gelten. In Deutschland legt die Ausstellungsordnung des VDH die Beurteilungsgrundlage für diese Ausstellungen fest. Die beste Note „Vorzüglich“ darf danach nur einem Hund erteilt werden, „der dem Idealstandard der Rasse sehr nahe kommt“. Schon in Bezug auf die zweitbeste Note „Sehr gut“, die einem Hund zuerkannt wird, „der die typischen Merkmale seiner Rasse besitzt“, heißt es aber: „Man wird ihm einige verzeihliche Fehler nachsehen, jedoch keine morphologischen.“ Daneben gibt es die Note „Gut“, die ein Hund erhält, der „die Hauptmerkmale seiner Rasse besitzt“ und die Note „Genügend“, welche erfordert, dass der Hund „seinem Rassetyp genügend entspricht, ohne dessen allgemein bekannte Eigenschaften zu besitzen“. „Disqualifiziert“ wird ein Hund, der „nicht dem durch den Standard vorgeschriebenen Typ entspricht, […] mit einem Hodenfehler behaftet ist, eine Kieferanomalie aufweist, eine nicht standesgemäße Farbe- oder Haarstruktur besitzt oder eindeutig Zeichen von Albinismus erkennen lässt.“ 56Siehe dazu § 15 der Ausstellungs-Ordnung des VDH (Stand: 22. April 2018), abrufbar unter https://www.vdh.de/ueber-den-vdh/satzung-ordnungen/. 57Diese Anforderungen der Fachverbände zeigen zusammengenommen, dass selbst reinrassige Hunde den Rassestandards der FCI nicht in jeglicher Hinsicht entsprechen müssen. Vielmehr existiert auch bei ihnen eine Varianz im Erscheinungsbild, welche sich exemplarisch an den unterschiedlichen Ausstellungsnoten des VDH zeigt. Wird auch im Rahmen der Zucht darauf hingewirkt, dass die Zuchttiere möglichst eng dem Rassestandard entsprechen, führt das Nichterfüllen einiger Punkte – mit Ausnahme der sogenannten Fehler – nicht dazu, dass diese Hunde von der Zucht ausgeschlossen werden oder gar nicht mehr als Rassehunde gelten. 58Unter Zugrundelegung der oben genannten Maßgaben für die Beurteilung des deutlichen Hervortretens des Phänotyps einer Rasse (Orientierung am gesamten Erscheinungsbild) und der Erwägungen zur Varianz innerhalb einer Rasse handelt es sich bei den Hunden „Q. “ (1.) und „M. “ (2.) um gefährliche Hunde im Sinne des § 3 Abs. 2 LHundG NRW. 591. 60Zunächst ist die Kammer davon überzeugt, dass es sich bei „Q. “ um eine Kreuzung eines American Staffordshire Terriers mit einem anderen Hund handelt, bei der der Phänotyp eines American Staffordshire Terriers deutlich hervortritt. Zu diesem Ergebnis kommt sie auf der Grundlage der amtstierärztlichen Rassefeststellung der Frau C. , stellvertretende Amtstierärztin des Kreises N1. , vom 7. Januar 2021, die in der ergänzenden Stellungnahme vom 14. April 2021 weiter erläutert worden ist. Wegen der besonderen Expertise von Amtsveterinären kommt einer solchen Stellungnahme bei der Rassebestimmung grundsätzlich eine besondere Bedeutung zu. Aufgrund der dabei bestehenden schwierigen Abgrenzungsfragen und der besonderen Unbefangenheit und Unabhängigkeit des Amtsveterinärs kann sich die zuständige Behörde – und in der Folge auch das Gericht – regelmäßig auf dessen Stellungnahme stützen. 61Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 4. November 2020 - 5 B 838/20 -, S. 3 des Entscheidungsabdrucks (nicht veröffentlicht) unter Verweis auf den in anderem Zusammenhang ergangenen Beschluss des BVerwG vom 27. April 2016 - 2 B 23.15 -, juris, Rn. 18. 62In ihrer Stellungnahme stellt die Amtsveterinärin fest, dass bei „Q. “ von einem deutlichen Hervortreten der im FCI-Standard Nr. 286 genannten Merkmale des American Staffordshire Terriers auszugehen sei. Die äußerliche Erscheinung sei so deutlich, dass von einem im Rassestandard stehenden Hund ausgegangen werden könne. „Q. “ weise signifikante Rassemerkmale im Hinblick auf den Kopf, den Körper, die Rute, die Gliedmaßen, das Gangwerk, das Haarkleid und das Gewicht auf. Diese Einschätzung wird plausibel durch die weiter aufgelisteten einzelnen Merkmale, die in Übereinstimmung mit Vorgaben des Rassestandards stehen. Die Amtstierärztin nennt dabei unter anderem einen „kräftig ausgebildeten Kiefer“, der dem im Rassestandard bezeichneten gut abgezeichneten Kiefer entspricht. Ebenfalls übereinstimmend mit dem FCI-Standard beschreibt sie einen breiten Schädel, einen gut ausgebildeten Stopp, ein vollständiges Scherengebiss, rosenförmige Ohren, eine tiefe und breite Brust, eine ausgeprägt bemuskelte Schulter, eine leicht abfallende Oberlinie, eine abfallende Kruppe sowie eine sich verjüngende Rute. Auch die Gliedmaßen und ihre Stellung seien standardgemäß gewesen. Einzig die Größe habe mit 55 cm nicht dem Sollwert des Rassestandards entsprochen. Dieser sieht eine bevorzugte Schulterhöhe von ca. 46 bis 48 cm für Rüden vor, welche „Q. “ um 14,58 Prozent überschreitet. 63Dieser Umstand führt nach Auffassung der Kammer indes nicht dazu, dass der Hund „Q. “ nicht als Kreuzung im Sinne des § 3 Abs. 2 Satz 2 LHundG NRW anzusehen ist. Soweit das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen davon ausgeht, dass die Größe bei der Bestimmung, ob eine Kreuzung vorliegt, nicht völlig außer Acht gelassen werden dürfe, eine Größenüber- oder -unterschreitung von 10 % wegen der natürlichen Varianz in solchen Fällen zwar regelmäßig unproblematisch sei, wohingegen eine Größenüberschreitung von 20 % jedoch keine unerhebliche Abweichung mehr darstelle, 64vgl. OVG NRW, Urteil vom 3. Dezember 2020 - 5 A 1033/18 -, juris, Rn. 46 ff. unter Verweis auf OVG NRW, Urteil vom 17. Februar 2020 - 5 A 1631/18 -, juris, Rn. 56, 65kann sich die Kammer dem nur bedingt anschließen. Zutreffend ist zunächst, dass die Größe eines Hundes ein äußeres Erscheinungsmerkmal darstellt, das für die Beurteilung, ob es sich um eine Kreuzung im Sinne des § 3 Abs. 2 Satz 2 LHundG NRW handelt, von Bedeutung ist. Vor dem Hintergrund der oben genannten Erwägungen kommt diesem Merkmal jedoch bereits keine größere Bedeutung zu als anderen phänotypischen Aspekten. Darüber hinaus ist nicht ersichtlich, woraus sich eine Rechtfertigung für die Aufstellung starrer Grenzen (10 % bzw. 20 %) ableiten lässt. Soweit das Oberverwaltungsgericht diese in der genannten Entscheidung unter Verweis auf sein Urteil vom 17. Februar 2020, 66- 5 A 1631/18 -, juris, Rn. 56, 67herleitet, überzeugt dies nicht. Denn jenes Urteil betraf die Abgrenzung zwischen den Rassen Bullterrier und Miniatur Bullterrier. Bei der Unterscheidung dieser Rassen besteht die Besonderheit, dass ihre Rassestandards nahezu deckungsgleich sind und die Größe der Hunde – neben geringfügigen Abweichungen in der Formulierung betreffend die Substanz der Tiere – das zentrale Abgrenzungsmerkmal darstellt. Diese Konstellation ist nach Auffassung der Kammer nicht mit der hier in Rede stehenden Abgrenzung eines American Staffordshire Terriers von anderen Rassen zu vergleichen, bei der neben der Größe eine Vielzahl anderer Merkmale zur Rassebestimmung herangezogen werden kann. 68Hinzu kommt, dass die Größe im Rassestandard des American Staffordshire Terriers nicht als „Fehler“ oder gar „disqualifizierender Fehler“ aufgeführt ist. Dies zeigt, dass selbst bei reinrassigen American Staffordshire Terriern Größenüberschreitungen möglich sind. Im Einklang mit dieser Annahme hat auch die Rassebeauftragte und Zuchtrichterin des Deutschen Clubs für Bullterrier e.V., Frau I1. , der Amtsveterinärin auf Nachfrage bestätigt, dass es sich bei der Größenangabe im Rassestandard nur um eine Sollangabe handele. Wichtiger sei, dass Größe und Gewicht zueinander in richtiger Proportion stünden. Die Überschreitung der Sollgröße führe seitens der Verbände auch nicht zu einer Reglementierung oder einem Ausschluss von der Zucht, solange das Gesamtbild im Übrigen harmonisch sei. 69Dies zugrunde gelegt, ist der Hund „Q. “ jedenfalls als Kreuzung im Sinne des § 3 Abs. 2 Satz 2 LHundG NRW anzusehen. Bei ihm tritt trotz der Größenüberschreitung der Phänotyp des American Staffordshire Terriers in seiner Gesamtheit deutlich hervor. Insoweit ist der Rassestandard nach den nachvollziehbaren und von der Klägerin mit Ausnahme von Größe und Gewicht auch nicht in Zweifel gezogenen Ausführungen der Amtsveterinärin nahezu vollständig erfüllt. 70Ferner führt auch das von der Amtstierärztin mit 35 kg angegebene Gewicht nicht dazu, dass „Q. “ nach seinem Phänotyp nicht mehr als Kreuzung mit einem American Staffordshire Terrier anzusehen wäre. Dies gilt zunächst mit Blick darauf, dass der FCI-Standard ohnehin keine Gewichtsvorgaben für reinrassige American Staffordshire Terrier macht, sondern lediglich angibt, Größe und Gewicht sollten zueinander in richtiger Proportion stehen. Dies ist nach der Stellungnahme der Amtsveterinärin anzunehmen. Sie gibt in ihrem Gutachten – insoweit unwidersprochen – an, „Q. “ weise einen rassetypischen Körperbau auf. Ferner ist zu berücksichtigen, dass das Gewicht eines Tieres ein eher unzuverlässiger Indikator für das Vorliegen einer Kreuzung ist, kann es doch durch entsprechendes Fütterungsverhalten des Halters beeinflusst werden. 712. 72In Anwendung der oben genannten Grundsätze stellt auch „M. “ eine Kreuzung im Sinne des § 3 Abs. 2 Satz 2 LHundG NRW dar, nämlich eine Kreuzung aus American Staffordshire Terrier und Pitbull Terrier. 73Dazu hat die Amtsveterinärin angegeben, dass bei der Hündin die Phänotypen dieser beiden Rassen deutlich hervorträten und die Einkreuzung einer weiteren Rasse nicht ersichtlich sei. Dieser Auffassung schließt sich das Gericht an. 74In diesem Zusammenhang bedarf zunächst keiner Entscheidung, ob die Annahme einer Kreuzung im Sinne des Landeshundesgesetzes NRW in jedem Fall möglich ist, in dem die Phänotypen mehrerer Rassen bei dem jeweiligen Tier deutlich hervortreten. Dafür, dass dieser Fall denkbar ist, spricht die Gesetzesbegründung. Dort wird ausgeführt, von einer Kreuzung sei auszugehen, wenn „ein Hund nach seiner äußeren Erscheinung (Phänotyp) trotz der erkennbaren Einkreuzung anderer Rassen in markanter und signifikanter Weise die Merkmale einer oder mehrerer (Hervorhebung durch das Gericht) der genannten oder bestimmten Rassen zeigt“. 75Vgl. Gesetzentwurf der Fraktion der SPD und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 11. März 2002, Hundegesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (Landeshundegesetz - LHundG NRW), Landtags-Drucksache 13/2387, S. 20. 76Demgegenüber hat das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Zweifel daran geäußert, dass mehr als eine der in § 3 Abs. 2 Satz 1 LHundG NRW genannten Rassen deutlich hervortreten könne. 77Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 4. November 2020 - 5 B 838/20 -, S. 4 des Entscheidungsabdrucks (nicht veröffentlicht). 78Denn jedenfalls im Falle einer Kreuzung ausschließlich aus Tieren zweier der in § 3 Abs. 2 Satz 1 LHundG NRW genannten Rassen, d. h. ohne Einkreuzung einer dritten Rasse, ist von einer Kreuzung im Sinne des § 3 Abs. 2 Satz 2 LHundG NRW auszugehen. Insoweit ist bei einer Kreuzung zweier (abstrakt) gefährlicher Hunde dergestalt, dass Phänotypen beider Rassen hervortreten, auszuschließen, dass sich das aggressionsfördernde genetische Potential der Tiere, von dessen Vorhandensein der Gesetzgeber bei der Verabschiedung des Landeshundegesetzes NRW ausging, im Zuge der Kreuzung verflüchtigt hat. 79In diesem Sinne treten bei dem Hund „M. “ phänotypische Merkmale der Rassen American Staffordshire Terrier und Pitbull Terrier hervor. Nach der Stellungnahme der Amtstierärztin weist „M. “ hinsichtlich Kopf, Körper, Rute, Gliedmaßen, Gangwerk, Haarkleid und Gewicht überwiegend die markanten und signifikanten Merkmale eines American Staffordshire Terriers auf, weicht aber in der Größe ab. Zudem zeige sich gering ausgeprägte lose und in Längsfalten geordnete Haut am Hals, was typisch für Pitbull Terrier sei. Dass „M. “ ein Zangengebiss aufweise, falle ebenfalls nicht ins Gewicht, da dies – anders als ein Vor- oder Rückbiss – weder beim American Staffordshire Terrier noch beim Pitbull Terrier ein Zuchtuntauglichkeitsmerkmal darstelle. 80Der Auffassung der Amtstierärztin, wonach bei „M. “ der Phänotyp des American Staffordshire Terriers deutlich hervortritt, schließt sich das Gericht trotz gewisser Abweichungen der Hündin vom Rassestandard an. Im Kopfbereich beschreibt die Veterinärin insoweit standardkonform einen breiten Oberschädel. Auch der „kräftig ausgebildete Kiefer“ entspricht dem im Standard genannten „gut abgezeichneten Kiefer“. Hinsichtlich der Körperform wird „M. “ als „athletisch und gut bemuskelt“ beschrieben, wiederum im Einklang mit dem Standard, der einen „solide gebauten Hund, der muskulös, aber beweglich und gefällig wirkt“, fordert. Zudem verfügt „M. “ über einen tiefen Schwanzansatz mit einer sich zur Spitze hin verjüngenden Rute, wie es der Rassestandard verlangt. Auch die hoch angesetzten, als Rosenohren getragenen Ohren sind standardkonform. Gleiches gilt für die sich ein wenig neigende Oberlinie mit leicht abfallender Kruppe. Ebenfalls dem Rassestandard des American Staffordshire Terriers entspricht das dichte, kurze und eng anliegende Haarkleid. 81Soweit in der Rassebegutachtung auch Unterschiede zum Rassestandard des American Staffordshire Terriers festgestellt worden sind, stehen die entsprechenden körperlichen Merkmale zum Großteil im Einklang mit dem „Official UKC Breed Standard“ des United Kennel Club (UKC) mit Stand vom 1. Mai 2017 für den (American) Pit Bull Terrier. Bei der Beurteilung der Einkreuzung eines (American) Pitbull Terriers legt das Gericht diesen Standard weiterhin zugrunde. Sofern das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen erhebliche Zweifel geäußert hat, dass auf der Grundlage dieses Standards das Vorliegen einer Kreuzung eines Pitbull Terriers hinreichend verlässlich bejaht werden kann, teilt das Gericht diese Zweifel nicht. 82Diesbezüglich hat das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen im Wesentlichen ausgeführt, angesichts der Bußgeldbewehrtheit eines Verstoßes gegen § 3 Abs. 2 LHundG NRW müsse diese Norm die strengen Bestimmtheitsanforderungen des Art. 103 Abs. 2 GG erfüllen. Dies erfordere es, dass der Adressat einer Norm in der Regel voraussehen könne, ob sein Verhalten dem Bußgeldtatbestand unterfalle. Eine Verweisung auf private Regelungswerke wie die Rassestandards der Hundeverbände sei dabei möglich, sofern diese selbst den Bestimmtheitsanforderungen gerecht würden. 83Vgl. OVG NRW, Urteil vom 3. Dezember 2020 - 5 A 1033/18 -, juris, Rn. 53 ff. 84Ob der zur Bestimmung des Phänotyps eines Pitbull Terriers üblicherweise verwendete „American Pit Bull Terrier Official UKC Breed Standard“ des UKC mit Stand vom 1. Mai 2017 diesen Vorgaben genüge, sei zweifelhaft. Dies gelte hinsichtlich der im Standard enthaltenen Größenvorgaben, die nach der Darstellung im Standard nur eine allgemeine und ungefähre Richtlinie darstellen sollten. Ebenso bestünden Zweifel hinsichtlich des Gewichts, für welches der Rassestandard eine solche Bandbreite erlaube, dass auch Hunde darunter fallen würden, welche nach Auskunft der Sachverständigen in diesem Verfahren „eher mager“ seien, obwohl der Standard erfordere, dass Pitbull Terrier kräftig gebaut sein müssten. Zudem wolle der Standard keinen reinrassigen Pitbull Terrier beschreiben, da nur solche Merkmale unzulässig seien, die sehr deutlich das Vorliegen einer Kreuzung mit einer anderen Rasse zeigten. Im Ergebnis sei daher offen, wodurch genau sich der Phänotyp eines Pitbull Terriers auszeichne. 85Vgl. OVG NRW, Urteil vom 3. Dezember 2020 - 5 A 1033/18 -, juris, Rn. 60 ff. 86Aus Sicht der Kammer deuten die vom Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen herangezogenen Argumente jedoch nicht auf eine mangelnde Bestimmtheit des UKC-Standards hin, sondern belegen lediglich, dass die Rasse des Pitbull Terriers hinsichtlich einiger Merkmale eine große Varianz aufweist. Dies ist jedoch kein spezifisches Merkmal des Pitbull Terriers. Vielmehr weisen diverse Hunderassen – gerade hinsichtlich der vom Oberverwaltungsgericht genannten Merkmale Größe und Gewicht – eine erhebliche Bandbreite auf. So sind auch in FCI-Standards Angaben zur Größe teilweise nur als bevorzugte Größe genannt, etwa betreffend den American Staffordshire Terrier (Nr. 286). Für den ebenfalls in § 3 Abs. 2 Satz 1 LHundG NRW genannten Bullterrier enthält der maßgebliche FCI-Standard (Nr. 11) sogar überhaupt keine Vorgaben zu Größe und Gewicht. Auch hinsichtlich der in § 10 LHundG NRW normierten Hunde bestimmter Rassen sehen maßgebliche Standards teilweise überhaupt keine Vorgaben zu Größe und Gewicht vor, wie für den Mastiff, zu dem es im FCI-Standard (Nr. 264) heißt: „Größe ist erwünscht; aber nur wenn sie mit Qualität verbunden ist und totale Gesundheit beibehalten wird.“ Für den ebenfalls in § 10 LHundG NRW erwähnten Tosa Inu enthält der FCI-Standard (Nr. 260) zwar eine Größenangabe, jedoch keine Vorgabe hinsichtlich des Gewichts. Bei anderen, nicht im Landeshundesegesetz NRW besonderer Regulierung unterworfenen, Hunderassen ist innerhalb einer Rasse sogar eine derartige Größenvarianz denkbar, dass im Standard verschiedene Typen innerhalb einer Rasse ausgemacht werden. Exemplarisch zeigt sich eine solche Bandbreite bei der Rasse „Deutsche Spitze“, deren FCI-Standard (Nr. 97) Rassehunde (vor allem) nach Größe und Gewicht in Wolfsspitze, Großspitze, Mittelspitze, Kleinspitze und Zwergspitze unterteilt. 87Abgesehen von Größe und Gewicht ist zudem festzuhalten, dass der UKC-Standard für den Pitbull Terrier hinsichtlich vieler körperlicher Merkmale wie Kopf sowie Vorder- und Hinterhand eine sehr detaillierte Beschreibung enthält. Diese zeichnet sich neben ihrer Ausführlichkeit dadurch aus, dass für jedes einzelne Körperteil eine Auflistung von Fehlern je nach Schweregrad enthalten ist, die es erlaubt, die Bedeutung einzelner Abweichungen nachzuvollziehen. Soweit das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen bemängelt, dass der Rassestandard auch bei einem reinrassigen Hund Einkreuzungen anderer Rassen erlaube, sieht die Kammer dies vor dem Hintergrund der gemeinsamen Abstammungsgeschichte des Pitbull Terriers und des American Staffordshire Terriers, 88vgl. https://www.akc.org/expert-advice/dog-breeds/american-staffordshire-terrier-history-amstaff/, 89nicht als Problem der Bestimmtheit der Rasse des Pitbull Terriers an. Gehen zwei durch Zucht entstandene Hunderassen auf gemeinsame Vorfahren zurück, ist naheliegend, dass sie auch nach ihrer jeweiligen Auszüchtung zum Teil übereinstimmende Merkmale aufweisen. Vor diesem Hintergrund bestehen seitens der Kammer keine Zweifel an der Bestimmbarkeit eines Idealtypus des Pitbull Terriers, zumal dessen Merkmale nach dem oben Gesagten überwiegend detailliert in dem Standard beschrieben werden. 90Legt die Kammer danach weiterhin den UKC-Standard zum Pitbull Terrier zugrunde, ergibt sich aus der Stellungnahme der Amtsveterinärin, dass die Merkmale von „M. “, die nicht dem FCI-Standard des American Staffordshire Terriers entsprechen, in großen Teilen mit dem UKC-Standard übereinstimmen. Dies gilt zunächst für die Widerristhöhe von 51 cm. Ist damit zwar die Idealgröße einer American Staffordshire Terrier-Hündin deutlich überschritten, ist für eine Pitbull-Hündin eine wünschenswerte Größe („desirable height“) von 43,2 bis 50,8 Zentimetern, gemessen am Widerrist, („17 to 20 inches at the withers“) vorgesehen. Diesen Größenrahmen überschreitet „M. “ nur minimal um 0,2 Zentimeter und bleibt damit selbst deutlich innerhalb einer etwaigen Größentoleranz. Weitere Merkmale von „M. “ stimmen zudem mit dem UKC-Standard überein. Dies gilt maßgeblich hinsichtlich der Kopfform. So beschreibt die Amtstierärztin, dass sich „M. s“ Schädel von oben gesehen leicht zu einem Stopp verjünge. Damit entspricht sie dem Standard, der ebenfalls vorsieht, dass sich der Schädel von oben betrachtet ganz leicht zum Stopp hin verjüngt („Viewed from the top, the skull tapers just slightly toward the stop.“). Auch die erkennbare Mittelfurche vom Stopp zum Hinterhauptbein ist Bestandteil des Rassestandards („a deep median furrow that diminishes in depth from the stop to the occiput“). Gleiches gilt für das Längenverhältnis von Fang zu Schädel, das bei „M. “ standardkonform etwa 2:3 beträgt („The length of muzzle is shorter than the length of skull, with a ratio of approximately 2:3.“). 91Sind die Rassestandards des American Staffordshire Terriers und des Pitbull Terriers danach in wesentlichen Punkten erfüllt, führen vorhandene Abweichungen von diesen Standards unter Berücksichtigung ihrer oben dargelegten Funktion als Idealvorstellung einer Rasse nicht dazu, dass „M. “ nicht mehr als eine Kreuzung aus einem American Staffordshire Terrier und einem Pitbull Terrier anzusehen ist. 92Dies gilt zunächst hinsichtlich der mandelförmigen Augen, die von den im Standard vorgesehenen runden Augen abweichen. Angesichts der anderen Übereinstimmungen ist darin nur eine unwesentliche Abweichung zu sehen. Gleiches gilt hinsichtlich der Falten am Hals. Soweit die Amtstierärztin diese in ihrem Gutachten als typisch für einen Hund der Rasse Pitbull Terrier ansieht, findet sich diese Einschätzung allerdings nicht im UKC-Standard wieder. Jedoch ist auch dies kein Fehler im Sinne des Rassestandards und schließt damit selbst eine Einordnung als reinrassiger Hund nicht aus. 93Auch das Gewicht von 25 kg, welches das wünschenswerte Gewicht eines weiblichen Pitbulls von 13,6 bis 22,7 kg leicht übersteigt, führt nicht dazu, dass „M. “ keine Kreuzung im Sinne des Landeshundegesetzes NRW mehr darstellt. Insoweit ist zunächst zu berücksichtigen, dass es selbst für einen reinrassigen Pitbull Terrier keinen Fehler darstellt, wenn dieser Gewichtsrahmen überschritten wird („not to be penalized when over“). Zudem ist„M s“ Größe am obersten Rand des Rassestandards angesiedelt, weshalb korrespondierend auch mit einem Gewicht im höheren Bereich des Standards zu rechnen ist. Überschreitet sie den Standard hier hingegen, ist wie oben benannt zu berücksichtigen, dass das absolute Gewicht eines Pitbull Terriers allein kein für die Rasse signifikantes Merkmal darstellt. Denn dieses Merkmal kann durch ein entsprechendes Fütterungsverhalten des Halters beeinflusst werden und ist daher unzuverlässiger als andere, durch die Haltung selbst nicht beeinflussbare, körperliche Merkmale. Schließlich ist in den Blick zu nehmen, dass eine Kreuzung mit einem American Staffordshire Terrier im Raum steht und der FCI-Standard für diese Rasse keine Gewichtsvorgaben macht, sondern lediglich angibt, Größe und Gewicht sollten – was hier der Fall ist – zueinander in richtiger Proportion stehen. 94Auch das Zangengebiss der Hündin hindert die Annahme einer Kreuzung aus Pitbull Terrier und American Staffordshire Terrier nicht. Insoweit sehen zwar beide Standards vor, dass diese Rassen ein Scherengebiss aufweisen sollen (beim Pitbull: „scissors bite“). Jedoch handelt es sich bei einem Zangengebiss um eine Abweichung, die im Rassestandard nicht als Fehler ausgewiesen wird, der die Hunde von der weiteren Zucht ausschließen könnte. Dass Unterschiede im Gebiss grundsätzlich beachtliche Fehler darstellen können, zeigt sich am Rassestandard des American Staffordshire Terriers, der in dem Vorliegen eines Vor- oder Rückbisses Fehler sieht. Ein Zangengebiss stellt hingegen – anders als bei anderen Hunderassen, siehe etwa FCI-Standard Nr. 343 (Cane Corso Italiano) – bei den hier in Rede stehenden Rassen keinen Fehler dar. Vor diesem Hintergrund können selbst reinrassige Hunde ein Zangengebiss aufweisen, wenngleich sie dann auf Rasseschauen keine Höchstnoten mehr erhalten dürften. 95Keiner weiteren Auseinandersetzung bedurfte es in diesem Zusammenhang mit den Ausführungen des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen in dessen Beschluss vom 12. August 2021, in dem anklingt, dass es Abweichungen im Bereich des Gebisses nur dann als unwesentlich betrachtet, wenn diese die Beißkraft nicht beeinträchtigen. 96Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 12. August 2021 - 5 B 1797/20 -, S. 9 des Entscheidungsabdrucks (nicht veröffentlicht). 97Denn dieser Überlegung liegt die – nach den obigen Ausführungen von der Kammer nicht geteilte – Annahme zugrunde, dass es für das deutliche Hervortreten phänotypischer Merkmale auf bestimmte konstitutionsbedingte Aspekte in besonderem Maße ankommt. 98II. 99Auch die in Ziffer 2 der Verfügung angeordnete Haltungsuntersagung erweist sich als rechtmäßig. 100Gemäß § 12 Abs. 2 Satz 1 LHundG NRW soll das Halten eines gefährlichen Hundes u.a. dann untersagt werden, wenn die Erlaubnisvoraussetzungen nicht erfüllt sind. „M. “ und „Q. “ sind nach dem oben Gesagten gefährliche Hunde im Sinne des § 3 Abs. 2 LHundG NRW. Ferner erfüllt die Klägerin die Voraussetzungen für die Erteilung einer Haltungserlaubnis nicht. Sie hat weder die nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 LHundG NRW erforderliche Sachkunde und Zuverlässigkeit noch den nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 LHundG NRW erforderlichen Abschluss einer besonderen Haftpflichtversicherung nachgewiesen. 101Der Erteilung einer Haltungserlaubnis steht zudem – selbständig tragend – die Vorschrift des § 4 Abs. 2 LHundG NRW entgegen. Danach wird die Erlaubnis zum Halten eines gefährlichen Hundes im Sinne des § 3 Abs. 2 oder des § 3 Abs. 3 Nrn. 1 und 2 LHundG NRW nur erteilt, wenn ein besonderes privates Interesse nachgewiesen wird oder ein öffentliches Interesse an der weiteren Haltung besteht. Ein besonderes privates Interesse der Klägerin (vgl. § 4 Abs. 2 Satz 2 LHundG NRW) ist weder nachgewiesen noch sind hierfür sonst Anhaltspunkte ersichtlich. Auch ein öffentliches Interesse an der weiteren Haltung der Hunde durch die Klägerin besteht nicht. 102Hintergrund des Erfordernisses eines besonderen privaten oder eines öffentlichen Interesses an der Haltung ist der Umstand, dass die Haltung eines gefährlichen Hundes ein gesteigertes Risiko für die Bevölkerung bedeutet. Dabei kann ein öffentliches Interesse an der weiteren Haltung beispielsweise aus Gründen des Tierschutzes gegeben sein, wenn ein Hund aus einem Tierheim oder einer vergleichbaren Einrichtung an eine Privatperson vermittelt werden soll. 103Gesetzentwurf der Fraktion der SPD und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 11. März 2002, Hundegesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (Landeshundegesetz - LHundG NRW), Landtags-Drucksache 13/2387, S. 22. 104Nach der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen kann auch an einer ununterbrochenen weiteren Haltung eines gefährlichen Hundes zur Vermeidung eines Tierheimaufenthaltes ein öffentliches Interesse bestehen. Dies ergebe sich aus dem Gesetzeswortlaut. 105Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 31. Juli 2020 - 5 B 703/20 -, S. 3 des Entscheidungsabdrucks (nicht veröffentlicht). 106Jedoch soll ein öffentliches Interesse im Sinne des § 4 Abs. 2 LHundG NRW jedenfalls dann ausscheiden, wenn die Vorgaben dieser Norm bewusst umgangen werden. Gleiches gelte unter Rechtsmissbrauchsgesichtspunkten, wenn ein Betroffener einen gefährlichen Hund ohne die erforderliche Erlaubnis in Obhut nehme oder bzw. und behalte, obwohl er dessen Eigenschaft als gefährlich kenne oder kennen müsse. 107Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 12. Juni 2014 - 5 B 446/14, 5 E 451/14 -, juris, Rn. 11, und vom 6. Januar 2011 - 5 E 888/10 -, S. 2 f. des Entscheidungsabdrucks (nicht veröffentlicht). 108Hierbei seien wegen der von gefährlichen Hunden ausgehenden Gefahren grundsätzlich hohe Sorgfaltsanforderungen zu stellen, wobei jeweils die Besonderheiten des zugrundeliegenden Falles zu beachten seien. 109Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 21. Oktober 2019 - 5 B 761/19 -, juris, Rn. 8, unter Verweis auf OVG NRW, Beschlüsse vom 12. Dezember 2017 - 5 A 2152/16 -, juris, Rn. 20 ff., und vom 3. August 2015 - 5 B 137/15 -, juris, Rn. 7. 110Dies zugrunde gelegt, besteht ein öffentliches Interesse wegen des rechtsmissbräuchlichen Verhaltens der Klägerin nicht, da sie trotz Kenntnis von der Gefährlichkeitseinstufung des Muttertieres „N. “ keinerlei Maßnahmen tätigte, um die Rassezugehörigkeit der Welpen „M. “ und „Q. “ zu überprüfen. 111Sofern die Klägerin weiterhin geltend macht, der die Gefährlichkeit von „N. “ feststellende Bescheid der Beklagten vom 7. Dezember 2018 sei ihr nicht bekanntgegeben worden, da ein Stalker ihre Post entwende, trifft dies nicht zu. Dabei bedarf keiner Entscheidung, ob das Einlegen dieses Bescheides in den Briefkasten der Klägerin an ihrer Anschrift am 10. Dezember 2018 – wie es sich aus der Zustellungsurkunde ergibt – eine wirksame Bekanntgabe gemäß § 41 Abs. 5 VwVfG NRW, § 3 Abs. 2 Satz 1 LZG NRW i.V.m. § 180 ZPO darstellt. Denn jedenfalls hat die Beklagte der Klägerin diesen Bescheid am 14. März 2019 per E-Mail übersandt, weshalb er gemäß § 41 Abs. 2 Satz 2 VwVfG NRW am 17. März 2019 als bekanntgegeben galt. Dass ihr auch diese E-Mail nicht zugegangen wäre, hat die Klägerin nicht geltend gemacht. Die elektronische Übermittlung des Bescheides an die Klägerin war auch gemäß § 3a Abs. 1 Satz 1 VwVfG NRW zulässig. Diese Vorschrift ermöglicht eine elektronische Übermittlung für den Fall, dass der Empfänger einen Zugang hierfür eröffnet hat. Ist der Empfänger ein Bürger, ist von der Eröffnung eines Zugangs jedenfalls dann auszugehen, wenn dieser seine Bereitschaft zum elektronischen Empfang rechtsverbindlicher Erklärungen gegenüber der Behörde auf geeignete Weise kundgetan hat. Dies kann etwa durch fortgesetzte elektronische Kommunikation erfolgen. 112Vgl. Tegethoff, in: Kopp/Ramsauer (Hg.), VwVfG, 22. Aufl. 2021, § 3a Rn. 11; ähnlich Schmitz, in: Stelkens/Bonk/Sachs (Hg.), VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 3a Rn. 12. 113Nach diesen Maßstäben hat die Klägerin durch fortgesetzte elektronische Kommunikation gegenüber der Beklagten einen Zugang eröffnet. Sie hat sich in der Kommunikation mit der Beklagten vor Mandatierung ihres jetzigen Prozessbevollmächtigten nahezu ausschließlich per E-Mail an die Beklagte gewandt. Nachdem sie zuvor mehrfach eine berufliche E-Mail-Adresse verwendet hatte, meldete sich die Klägerin am 5. März 2019 unter Nutzung der E-Mail-Adresse [email protected] bei der Beklagten und erkundigte sich, warum diese sie zu erreichen versuche. Als die Beklagte ihr per E-Mail antwortete, antwortete die Klägerin am 13. März 2019 abermals unter Nutzung dieser E-Mail-Adresse. Auf diese Weise gab sie konkludent zu erkennen, mit einer elektronischen Kontaktaufnahme durch die Beklagte einverstanden zu sein. 114Dies zugrunde gelegt, war der Klägerin spätestens ab März 2019 bekannt, dass die Beklagte „N. “ als (abstrakt) gefährlichen Hund ansah. Sie musste daher damit rechnen, dass auch die im Februar 2019 geborenen Welpen „M. “ und „Q. “ aufgrund ihres Phänotyps gefährliche Hunde im Sinne des § 3 Abs. 2 LHundG NRW darstellen könnten. Dass die Klägerin den sich aus diesen Umständen jedenfalls ergebenden Klärungspflichten nachgekommen ist, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Im Gegenteil kommt erschwerend hinzu, dass die Klägerin gegenüber der Beklagten und dem Gericht hinsichtlich ihrer Vorstellung von der Rasse der Welpen und des Muttertieres keinerlei Angaben gemacht und damit einen gutgläubigen Erwerb dieser Tiere nicht einmal behauptet hat. Angesichts der Tatsache, dass beide Hunde nach den obigen Ausführungen nahezu vollständig den Rassestandards von abstrakt gefährlichen Hunden entsprechen, musste sich der Klägerin auch aufdrängen, dass es sich bei den Tieren um Kreuzungen aus den genannten Rassen handeln könnte. Hinsichtlich des Muttertieres „N. “, welches die Klägerin als Kreuzung aus Weimaraner und Old English Bulldog angemeldet hatte, gingen etwa auch die Mitarbeiter des Tierheims X. , in welches „N. “ kurzzeitig verbracht worden war, davon aus, dass diese Rassezuordnung eindeutig falsch sei. Hat die Klägerin danach grob fahrlässig die ihr zukommenden Aufklärungspflichten verletzt, spricht zudem vieles dafür, dass sie positive Kenntnis von der Abstammung der Welpen von gefährlichen Hunden hatte. Dies ergibt sich aus dem anonymen Hinweis, welchen die Beklagte am 13. Juni 2019 erhielt. Danach habe die Schwester der Melderin erfahren, dass an der Wohnanschrift der Klägerin Boxer-Welpen zum Verkauf angeboten würden. Der Kontakt zur Verkäuferin sei über Mittelsmänner hergestellt worden. Die Melderin habe ihre Schwester zu der Wohnung begleitet und sofort festgestellt, dass es sich bei den Welpen nicht um Boxer handele. Als sie die Verkäuferin darauf angesprochen habe, habe diese gekichert und gesagt, man verkaufe sie aber als Boxer. Dass dieser Hinweis trotz der Anonymität der Melderin einen zutreffenden Sachverhalt enthielt, ergibt sich nach Auffassung des Gerichts aus den am darauffolgenden Tag getroffenen Feststellungen der Beklagten, die vor Ort entsprechend des Hinweises die Klägerin mit den beiden streitgegenständlichen Hundewelpen antraf. Das von der Melderin geschilderte Verhalten der Klägerin lässt vermuten, dass sie sich über die Rassezugehörigkeit der Welpen im Klaren war und diese bewusst unter einer falschen Rasseangabe verkaufte. Die Klägerin hat im gerichtlichen Verfahren nichts vorgetragen, was entgegen dieser Indizien auf einen gutgläubigen Erwerb der Tiere ihrerseits schließen lassen könnte. 115Liegen danach die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Haltungsuntersagung nach § 12 Abs. 2 Satz 1 LHundG NRW vor, bestehen ferner keine Bedenken gegen die ausgesprochene Rechtsfolge der Untersagung der Haltung, die das Gesetz als regelmäßige Folge vorsieht („soll“). 116III. 117Schließlich begegnet auch die in Ziffer 3 Satz 1 angeordnete Entziehung der Hunde keinen rechtlichen Bedenken. Diesbezügliche Rechtsgrundlage ist § 12 Abs. 2 Satz 4 LHundG NRW. Danach kann im Falle der Untersagung der Haltung eines Hundes angeordnet werden, dass der Hund der Halterin oder dem Halter entzogen wird und an eine geeignete Person oder Stelle abzugeben ist. Die Beklagte hat das ihr dabei zukommende Ermessen erkannt. Auch Rechtsfehler bei der Ausübung des Ermessens sind nicht erkennbar. 118Die einheitliche Kostenentscheidung beruht hinsichtlich des streitigen Teils auf § 154 Abs. 1 VwGO. Soweit die Kostenentscheidung zu Lasten der Beklagten getroffen worden ist, beruht sie auf ihrer mit Schriftsatz vom 27. Februar 2020 erklärten Kostenübernahme in Bezug auf den übereinstimmend für erledigt erklärten Teil der Klage (Aufhebung des Bescheides vom 16. Oktober 2019 hinsichtlich Ziffer 3 Satz 2 und 3 sowie Ziffer 4). Dabei war zu berücksichtigen, dass nur in Bezug auf den streitigen Teil der Klage die anwaltliche Terminsgebühr (Nr. 3104 des Kostenverzeichnisses, Anlage 1 zum RVG) und die vollen Gerichtsgebühren in Höhe von 3,0 Gebühren (Nr. 5110 des Kostenverzeichnisses, Anlage 1 zum GKG) anfallen. In Bezug auf den in der Hauptsache für erledigt erklärten Teil waren die Gerichtsgebühren auf 1,0 Gebühren reduziert (Nr. 5111, Ziffer 4 des Kostenverzeichnisses, Anlage 1 zum GKG). Soweit die Beklagte in der mündlichen Verhandlung den Bescheid weiterhin hinsichtlich der Ziffer 2 aufgehoben hat, soweit darin eine Haltungserlaubnis versagt worden ist, und die Beteiligten den Rechtsstreit insoweit ebenfalls übereinstimmend für erledigt erklärt haben, war dieser Verfügungspunkt nicht gesondert bei der Kostenentscheidung zu berücksichtigen. Denn die Voraussetzungen der Erlaubnisversagung waren identisch mit jenen der ebenfalls in Ziffer 2 enthaltenen Haltungsuntersagung, welche weiterhin Streitgegenstand blieb. 119Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit richtet sich nach § 167 Abs. 2 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO. 120Die Berufung wird zugelassen (§ 124 Abs. 2 Nrn. 3, 4 VwGO). 121Rechtsmittelbelehrung: 122Gegen dieses Urteil kann innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) schriftlich Berufung eingelegt werden. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen. 123Die Berufung kann auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) eingelegt werden. 124Die Berufung ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster oder Postfach 6309, 48033 Münster) schriftlich oder als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der ERVV einzureichen. 125Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). 126Im Berufungsverfahren müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die das Verfahren eingeleitet wird. Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Auf die zusätzlichen Vertretungsmöglichkeiten für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und § 5 Nr. 6 des Einführungsgesetzes zum Rechtsdienstleistungsgesetz – RDGEG –). Darüber hinaus sind die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen unter den dort genannten Voraussetzungen als Bevollmächtigte zugelassen. 127Die Berufungsschrift und die Berufungsbegründungsschrift sollen möglichst zweifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften. 128Beschluss: 129Der Streitwert wird auf 10.000,- Euro festgesetzt. 130Gründe: 131Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 52 Abs. 2 GKG in Verbindung mit Ziffer 35.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013. Dabei war für jeden der beiden Hunde, auf den sich die angefochtenen Maßnahmen beziehen, der Auffangstreitwert von 5.000,- Euro festzusetzen. 132Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 4. Juni 2020 - 5 B 104/20 -, juris, Rn. 9. 133Rechtsmittelbelehrung: 134Gegen den Streitwertbeschluss kann schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) Beschwerde eingelegt werden, über die das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster entscheidet, falls ihr nicht abgeholfen wird. 135Die Beschwerde kann auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) oder zu Protokoll der Geschäftsstelle eingelegt werden; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. 136Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von sechs Monaten eingelegt wird, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. 137Die Beschwerde ist nicht gegeben, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,-- Euro nicht übersteigt. 138Die Beschwerdeschrift soll möglichst zweifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften. 139War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist angerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.
soweit die beteiligten den rechtsstreit in der hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben, wird das verfahren eingestellt. im übrigen wird die klage abgewiesen. die kosten des verfahrens tragen die klägerin zu ¾ und die beklagte zu ¼. das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. der jeweilige vollstreckungsschuldner kann die vollstreckung gegen sicherheitsleistung in höhe von 110% der aufgrund des urteils vollstreckbaren kosten abwenden, wenn nicht der jeweilige vollstreckungsgläubiger vor der vollstreckung sicherheit in höhe von 110% der jeweils vollstreckbaren kosten leistet. die berufung wird zugelassen. 1
2die klägerin war seit märz 2017 halterin der hündin „n. “, die sie bei der beklagten als großen hund im sinne des § 11 abs. 1 landeshundegesetz nrw (lhundg nrw), nämlich als kreuzung zwischen weimaraner und old english bulldog, anmeldete. nachdem die beklagte anlässlich einer zwischenzeitlichen sicherstellung des hundes im august 2018 vom tierheim witten einen hinweis zur augenscheinlichen rasse des hundes erhalten hatte, stellte sie mit bescheid vom 7. dezember 2018 fest, dass es sich bei „n. “ um eine kreuzung der rasse pitbull terrier und einer oder mehrerer anderer rassen und damit um einen gefährlichen hund im sinne des § 3 abs. 2 lhundg nrw handelt. am 1. februar 2019 untersagte die beklagte der klägerin die haltung und ordnete „n. s“ entziehung an. für beide bescheide liegen postzustellungsurkunden vor, wonach sie der klägerin jeweils durch einlegen in den zu ihrer wohnung gehörigen briefkasten zugestellt wurden. mehrere versuche der vollstreckung scheiterten in der folge, da die klägerin nicht an ihrer wohnadresse angetroffen wurde. die klägerin wandte sich mit e‑mails vom 5. märz und vom 13. märz 2019 an die beklagte und teilte mit, sie sei wegen eines stalkers selten in ihrer wohnung. dieser habe auch ihre post entwendet. daraufhin übersandte die beklagte der klägerin mit e-mail vom 14. märz 2019 die bescheide erneut. 3am 13. juni 2019 erhielt die beklagte einen anonymen hinweis, wonach an der wohnadresse der klägerin drei als boxer-welpen bezeichnete hunde zum verkauf stünden. nach ansicht der melderin gehörten die welpen aber einer anderen rasse an. als sie die verkäuferin darauf angesprochen habe, habe diese gekichert und gesagt, die hunde würden aber als boxer-welpen verkauft. daraufhin suchten mitarbeiter der beklagten am 14. juni 2019 die klägerin auf. sie fanden dabei den hund „n. “ sowie zwei etwa vier bis fünf monate alte welpen, die nach einschätzung der anwesenden amtsveterinärin von „n. “ abstammten (chip-nummer des rüden 000000000000000, chip-nummer der hündin 000000000000000), vor. sie stellten die hunde sicher und verbrachten sie in das tierheim i. . 4nachdem der klägerin mit schreiben vom 11. juli 2019, welches ihr am 26. juli 2019 auch per e-mail übersandt wurde, gelegenheit zur stellungnahme gegeben wurde, erließ die beklagte unter dem 16. oktober 2019 eine ordnungsverfügung bezüglich der welpen. in ziffer 1 der verfügung stellte sie fest, dass die beiden welpen einer kreuzung aus mindestens der rasse pitbull terrier mit einer oder mehrerer anderer rassen entstammten und beide hunde demnach als gefährliche hunde gemäß § 3 abs. 2 lhundg nrw eingestuft würden. zudem versagte sie der klägerin eine haltungserlaubnis für die genannten hunde und untersagte ihr die haltung (ziffer 2). sie ordnete ferner die entziehung der hunde an (ziffer 3 satz 1). diesbezüglich forderte sie die klägerin auf (ziffer 3 sätze 2 und 3), bis spätestens 4. november 2019 das eigentum an den tieren in dort genauer bezeichneter weise aufzugeben und ihr gegenüber die eigentumsaufgabe nachzuweisen. in ziffer 4 drohte die beklagte ein zwangsgeld bezüglich der ziffer 3 an. 5zur begründung führte sie im hinblick auf ziffer 1 aus, „n. “ sei unstreitig die mutter der beiden welpen. da sie bestandskräftig als gefährlicher hund im sinne des § 3 abs. 2 lhundg nrw eingestuft worden sei, gelte dies auch für die von ihr abstammenden tiere. im übrigen wiesen diese ebenfalls deutliche phänotypische merkmale eines pitbulls auf. die erlaubnis zur haltung werde in ziffer 2 versagt, da die klägerin eine solche nicht beantragt habe und auch kein öffentliches interesse an der weiteren haltung der tiere bestünde. diese seien nicht durch ein tierheim oder eine tierschutzorganisation an die klägerin vermittelt worden, sondern entstammten einer illegalen verpaarung des gefährlichen hundes „n. “. aus den gleichen gründen ergehe auch die haltungsuntersagung. 6die klägerin hat am 4. november 2019 klage erhoben. zugleich hat sie die gewährung vorläufigen rechtsschutzes beantragt (18 l 2906/19), dies jedoch nur hinsichtlich der ziffern 3 und 4. 7sie hat ursprünglich beantragt, 8 die ordnungsverfügung der beklagten vom 16. oktober 2019 aufzuheben. 9nachdem das gericht im eilverfahren mit beschluss vom 13. januar 2020 die aufschiebende wirkung der klage hinsichtlich der ziffer 3 sätze 2 und 3 der verfügung wiederhergestellt und hinsichtlich der ziffer 4 angeordnet hat, hat die beklagte die genannten verfügungspunkte aufgehoben. die beteiligten haben das verfahren diesbezüglich übereinstimmend für erledigt erklärt, wobei die beklagte mit schriftsatz vom 27. februar 2020 insoweit die übernahme der verfahrenskosten erklärt hat. in der mündlichen verhandlung hat die beklagte weiterhin die ziffer 2 der ordnungsverfügung insoweit aufgehoben, als darin eine haltungserlaubnis versagt wird. daraufhin haben die beteiligten das verfahren auch diesbezüglich übereinstimmend für erledigt erklärt. 10zur begründung des noch streitigen teils ihrer klage trägt die klägerin vor, die beiden hunde seien keine gefährlichen hunde im sinne des § 3 abs. 2 lhundg nrw. eine einstufung als pitbull sei nach der neueren rechtsprechung des oberverwaltungsgerichts für das land nordrhein-westfalen gar nicht möglich. auch die einstufung als american staffordshire terrier scheide bei beiden hunden aus, da sie eine größenabweichung von mehr als 10 prozent gegenüber dem rassestandard aufwiesen. der rüde sei außerdem zu schwer. schließlich habe die hündin ein zangen- statt des erforderlichen scherengebisses, was eine erhebliche abweichung vom rassestandard darstelle. 11die klägerin beantragt nunmehr noch, 12die regelungen in den ziffern 1, 2 sowie ziffer 3 satz 1 der ordnungsverfügung der beklagten vom 16. oktober 2019 aufzuheben. 13die beklagte beantragt, 14 die klage abzuweisen. 15zur begründung trägt sie im wesentlichen vor, die beiden hunde seien ungeachtet der größen- und gewichtsüberschreitung kreuzungen im sinne des landeshundegesetzes nrw. die entscheidung des oberverwaltungsgerichts für das land nordrhein-westfalen vom 3. dezember 2020 (5 a 1033/18) berücksichtige nicht hinreichend, dass bei einer kreuzung typischerweise auch die andere beteiligte hunderasse ihre ausprägung finde, sodass der rassestandard nicht im wesentlichen erfüllt werden könnte. bei dem zangengebiss handele es sich zudem um eine abweichung im randbereich, da es keine veränderung der beißkraft zur folge habe und kein zuchtuntauglichkeitsmerkmal darstelle. dass die hündin nicht eindeutig einer der beiden rassen american staffordshire terrier und pitbull terrier zugeordnet werden könne, sei für ihre einstufung als gefährlicher hund irrelevant. die klägerin habe zudem nicht vorgetragen, welche anderen rassen sich in den beiden hunden gekreuzt haben sollen. 16die beklagte hat während des gerichtlichen verfahrens eine rassebegutachtung der zu diesem zeitpunkt knapp zwei jahre alten hunde vornehmen lassen. in ihrem dazu gefertigten gutachten vom 7. januar 2021 hat die stellvertretende amtstierärztin des kreises n1. , frau c. , im hinblick auf die hündin – die mittlerweile „m. “ genannt wird – im wesentlichen folgendes ausgeführt: sie sei nach ihrem heimtierausweis im februar 2019 geboren und ein american staffordshire terrier mischling. die widerristhöhe betrage 51 cm, das gewicht 25 kg. das haarkleid sei kurz, dicht und enganliegend. „m. “ habe einen viereckigen schädel, einen kräftig ausgeprägten kiefer und einen gut ausgebildeten fang. sie habe ein zangengebiss, rosenohren und leicht mandelförmige augen. von oben gesehen verjünge sich der schädel nur leicht zu einem mäßig ausgebildeten stopp hin. eine mittelfurche vom stopp bis zum hinterhauptbein sei erkennbar. die länge des fangs sei kürzer als die länge des schädels, mit einem verhältnis von circa 2:3. ihr körperbau sei athletisch und gut bemuskelt, die brust ausreichend tief und mäßig breit, der rücken kräftig und fest. die oberlinie neige sich bei abfallender kruppe ein wenig. der schwanzansatz sei tief, jedoch breit. die rute verjünge sich zur spitze hin. 17zu dem rüden – der mittlerweile „q. “ genannt wird – stellte die amtstierärztin fest, er sei ausweislich seines impfausweises im februar 2019 geboren und darin als american staffordshire terrier mischling bezeichnet. er sei bei einem gewicht von 35 kg 55 cm groß. sein haarkleid sei kurz, dicht und enganliegend. er habe einen nahezu viereckigen schädel, einen kräftig ausgeprägten kiefer und einen gut ausgebildeten fang. sein lefzenschluss sei leicht geöffnet, der oberschädel flach und zwischen den ohren breit. er habe einen gut ausgebildeten stopp, ein scherengebiss, hohe und weiter hinten angesetzte rosenohren sowie mandelförmige augen. er sei im körperbau deutlich kräftiger als die hündin, athletisch und gut bemuskelt. seine brust sei tief und breit bei einer ausgeprägt bemuskelten schulter, der rücken sei kräftig mit leicht abfallender oberlinie. zusammenfassend seien bei beiden hunden signifikante merkmale der rassen american staffordshire terrier und pitbull terrier vorhanden. es handele sich bei ihnen um pitbull- oder american staffordshire terrier, gegebenenfalls um mischlinge aus diesen rassen. 18unter dem 14. april 2021 hat die amtstierärztin ihre stellungnahme auf nachfrage des gerichts ergänzt. sie erklärt nunmehr, bei „q. “ trete der phänotyp eines american staffordshire terriers deutlich hervor. er weise sowohl im hinblick auf den kopf, den körper, die rute, die gliedmaßen, das gangwerk, das haarkleid und das gewicht markante und signifikante rassemerkmale auf. dem rassestandard entsprächen sein scherengebiss, die form und der ansatz seiner ohren sowie sein rassetypischer körperbau. form und länge der rute, die gliedmaßen und die gliedmaßenstellung seien standardgemäß. nur die größe entspreche nicht dem sollwert des rassestandards. bei „m. “ träten die phänotypen der rassen american staffordshire terrier und pitbull terrier deutlich hervor. sie weise hinsichtlich kopf, körper, rute, gliedmaßen, gangwerk, haarkleid und gewicht überwiegend markante und signifikante merkmale eines american staffordshire terriers auf, weiche aber in der größe ab. bei ihr zeige sich zum beispiel gering ausgeprägte lose und in längsfalten geordnete haut am hals, was bei pitbull terriern rassetypisch sei. es fiele auch nicht ins gewicht, dass sie ein zangengebiss besitze, da dies weder beim american staffordshire terrier noch beim pitbull terrier ein zuchtuntauglichkeitsmerkmal sei. 19die amtstierärztin hat in der stellungnahme ausgeführt, wegen der größenabweichung der tiere kontakt zu einer rassebeauftragten und zuchtrichterin des „deutschen clubs für bullterrier e.v.“ aufgenommen zu haben. diese habe ihr erklärt, dass die größe nur eine sollbestimmung sei. entscheidender sei nach dem rassestandard nr. 286 (american staffordshire terrier), dass größe und gewicht zueinander in richtiger proportion stünden. die amtstierärztin erläuterte weiter, die standards der rassen american staffordshire terrier und pitbull terrier wiesen viele übereinstimmungen auf. insofern sei eine aussage zur reinrassigkeit ohne zuchtnachweis nur eingeschränkt möglich. merkmale anderer hunderassen träten bei den hunden nicht hervor. 20das gericht hat der klägerin am 18. dezember 2020 prozesskostenhilfe unter beiordnung ihres prozessbevollmächtigten bewilligt. 21zu den weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den inhalt der hiesigen gerichtsakte, der gerichtsakte im zugehörigen verfahren des einstweiligen rechtsschutzes (18 l 2906/19), der gerichtsakten in den beigezogenen verfahren 18 k 7874/19 und 18 l 2903/19 sowie den beigezogenen verwaltungsvorgang der beklagten verwiesen. 22
23die kammer ist in der kammerbesetzung gemäß § 5 abs. 3 satz 1 vwgo zur entscheidung berufen. der beschluss vom 18. dezember 2020 über die übertragung des rechtsstreits auf die damalige berichterstatterin als einzelrichterin steht dem nicht entgegen. dieser beschluss ist schwebend unwirksam, weil das verfahren infolge eines mitgliederwechsels in der kammer einer richterin auf probe als berichterstatterin zugewiesen wurde, die im entscheidungszeitpunkt gemäß § 6 abs. 1 satz 2 vwgo an einer entscheidung als einzelrichterin gehindert ist. folge ist die eröffnung der regelzuständigkeit der kammer. 24soweit die beteiligten den rechtsstreit in der hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben, war das verfahren in entsprechender anwendung des § 92 abs. 3 satz 1 vwgo einzustellen. 25betreffend den noch streitigen teil ist die zulässige klage unbegründet. die ordnungsverfügung vom 16. oktober 2019 ist, soweit sie noch bestand hat, rechtmäßig und verletzt die klägerin nicht in ihren rechten (§ 113 abs. 1 satz 1 vwgo). 26zunächst bestehen keine rechtlichen bedenken mit blick auf die formelle rechtmäßigkeit. insbesondere ist die klägerin gemäß § 28 abs. 1 vwvfg nrw ordnungsgemäß angehört worden, indem die beklagte ihr mit schreiben vom 11. juli 2019 gelegenheit zur stellungnahme gegeben hat. darüber hinaus erweist sich die angefochtene ordnungsverfügung auch als materiell rechtmäßig. dies gilt sowohl hinsichtlich der feststellung der gefährlichkeit der hunde (i.) als auch betreffend die haltungsuntersagung (ii.) und die entziehungsanordnung (iii.) 27i. 28die in ziffer 1 des genannten bescheides enthaltene feststellung, bei den (näher bezeichneten) hunden der klägerin handele es sich um gefährliche hunde im sinne des § 3 abs. 2 lhundg nrw, ist rechtlich nicht zu beanstanden. 29dabei ist es für die beurteilung der rechtmäßigkeit zunächst ohne belang, dass im tenor der ordnungsverfügung (darüber hinaus) ausgeführt wird, die hunde entstammten einer kreuzung aus „mindestens der rasse pitbull terrier“, hinsichtlich des hundes „q. “ aber – worauf noch einzugehen sein wird – ausweislich der amtstierärztlichen stellungnahme lediglich eine kreuzung mit einem american staffordshire terrier angenommen werden kann. denn eine auslegung der verfügung nach dem objektiven empfängerhorizont entsprechend §§ 133, 157 bgb ergibt, dass es der beklagten mit der gefährlichkeitsfeststellung allein darauf ankam, verbindlich festzustellen, dass die hunde als kreuzung mit einer der in § 3 abs. 2 lhundg nrw genannten rassen gefährliche hunde darstellen. dies war aus sicht der beklagten wichtig, um gewissheit darüber zu haben, dass für die haltung und den umgang mit den hunden die strengen voraussetzungen der §§ 4 ff. lhundg nrw zu erfüllen waren. für diese, sich aus der feststellung der gefährlichkeit ergebenden (rechts-)folgen unerheblich ist dagegen die frage, welche der in § 3 abs. 2 lhundg nrw genannten rassen eingang in die kreuzung gefunden hat. 30darüber hinaus durfte die beklagte eine solche feststellung der gefährlichkeit auch vornehmen, und zwar gestützt auf § 12 abs. 1 lhundg nrw. danach kann die zuständige behörde die notwendigen anordnungen treffen, um eine im einzelfall bestehende gefahr für die öffentliche sicherheit, insbesondere verstöße gegen vorschriften des landeshundegesetzes nrw, abzuwehren. ist zwischen den beteiligten streitig, ob ein bestimmter hund einer der im landeshundegesetz nrw enthaltenen rasselisten unterfällt – gegebenenfalls auch als kreuzung mit einer solchen rasse –, darf die behörde einen feststellenden verwaltungsakt erlassen, wenn – wie vorliegend – die gefahr besteht, dass seitens des halters die an die zuordnung zu einer rasseliste geknüpften haltungs- und umgangsanforderungen nicht beachtet werden. 31vgl. ovg nrw, urteil vom 12. märz 2019 - 5 a 1210/17 -, juris, rn. 25. 32die danach grundsätzlich mögliche ausdrückliche feststellung der gefährlichkeit war bezüglich der hunde „q. “ und „m. “ auch inhaltlich berechtigt. bei beiden tieren der klägerin handelt es sich um (abstrakt) gefährliche hunde im sinne des § 3 abs. 2 lhundg nrw. gefährliche hunde sind gemäß § 3 abs. 1 lhundg nrw hunde, deren gefährlichkeit nach absatz 2 vermutet wird oder nach absatz 3 im einzelfall festgestellt worden ist. (abstrakt) gefährliche hunde nach § 3 abs. 2 satz 1 lhundg nrw sind hunde der rassen pittbull terrier, american staffordshire terrier, staffordshire bullterrier und bullterrier und deren kreuzungen untereinander sowie deren kreuzungen mit anderen hunden. dabei sind kreuzungen nach satz 1 der vorschrift hunde, bei denen der phänotyp einer der dort genannten rassen deutlich hervortritt (§ 3 abs. 2 satz 2 lhundg nrw). 33gemessen daran handelt es sich bei den hunden „q. “ und „m. “ um gefährliche hunde im sinne des § 3 abs. 2 lhundg nrw, weil sie jeweils als kreuzung eines hundes der in § 3 abs. 2 satz 1 lhundg nrw aufgeführten rassen mit einem anderen hund anzusehen sind. 34dies folgt – entgegen der im angefochtenen bescheid niedergelegten annahme der beklagten – indes nicht bereits daraus, dass die beklagte hinsichtlich des muttertiers der beiden hunde, „n. “, bestandskräftig festgestellt hat, dass es sich um einen gefährlichen hund handelt. denn jedenfalls vor dem hintergrund der unsicherheiten betreffend die identität und damit die rasse des vatertieres sind die hunde „q. “ und „m. “ zunächst (lediglich) als kreuzungen mit einem gefährlichen hund im sinne des § 3 abs. 2 satz 1 lhundg nrw anzusehen, weshalb es auf eine phänotypische einordnung ankommt. diese phänotypische einordnung führt sowohl bei dem hund „q. “ als auch bei dem hund „m. “ zur qualifizierung beider hunde als kreuzungen im sinne des § 3 abs. 2 satz 1 lhundg nrw. 35insoweit bestimmt § 3 abs. 2 satz 2 lhundg nrw, dass kreuzungen hunde sind, bei denen der phänotyp einer der in § 3 abs. 2 satz 1 lhundg nrw genannten rassen deutlich hervortritt. dabei kann ein deutliches hervortreten in diesem sinne (nur) dann angenommen werden, wenn ein hund nach seiner äußeren erscheinung (phänotyp) trotz der erkennbaren einkreuzung anderer rassen in markanter und signifikanter weise die merkmale einer oder mehrerer der in der vorschrift genannten oder bestimmten rassen zeigt. 36gesetzentwurf der fraktion der spd und der fraktion bündnis 90/die grünen vom 11. märz 2002, hundegesetz für das land nordrhein-westfalen (landeshundegesetz - lhundg nrw), landtags-drucksache 13/2387, s. 20. 37soweit das oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen in seiner neueren rechtsprechung den begriff des „deutlichen hervortretens“ weiter konkretisiert und insbesondere dahingehend verengt hat, dass auf die rasse charakterisierende merkmale abzustellen sei, hierbei zunächst an solche im rassestandard aufgeführten äußeren merkmale des jeweiligen hundes zu denken sei, die konstitutionsbedingt zu der gefährlichkeitsvermutung beitrügen (wie etwa kopfform, größe und gewicht), diese merkmale bei einer kreuzung im sinne des § 3 abs. 2 satz 1 lhundg nrw vorliegen müssten, im weiteren der standard der in rede stehenden rasse im wesentlichen erfüllt werden müsse und abweichungen lediglich randbereiche, wie etwa fellfarbe, ohrenform oder schwanzform betreffen dürften, 38ovg nrw, urteil vom 3. dezember 2020 - 5 a 1033/18 -, juris, rn. 32 m.w.n und 44; nunmehr auch beschluss vom 12. august 2021 - 5 b 1797/20 -, s. 6 und 8 des entscheidungsabdrucks (nicht veröffentlicht), 39vermag die kammer dem nicht zu folgen. 40betreffend die äußeren merkmale, die konstitutionsbedingt zu der gefährlichkeitsvermutung beitragen, ist nach auffassung der kammer zunächst zu berücksichtigen, dass der gesetzgeber seine einschätzung der abstrakten gefährlichkeit der genannten hunderassen nicht ausschließlich an solche konstitutionsbedingten elemente des phänotyps anknüpft. ausweislich der gesetzesbegründung sind es vielmehr mehrere rassespezifische aspekte, die die abstrakte gefährlichkeit begründen. insoweit wird zwar unter anderem die körperliche konstitution der rasse, etwa größe, gewicht, beißkraft, muskelkraft und sprungkraft, genannt. daneben zählt zu den rassespezifischen merkmalen aber auch das auffälligwerden dieser rassen in der vergangenheit durch beißvorfälle sowie eine zuchtauswahl, die aggressionsmerkmale begründet, wie etwa eine niedrige beißhemmung, einen beschädigungswillen oder eine herabgesetzte empfindlichkeit gegen angriffe. 41vgl. gesetzentwurf der fraktion der spd und der fraktion bündnis 90/die grünen vom 11. märz 2002, hundegesetz für das land nordrhein-westfalen (landeshundegesetz - lhundg nrw), landtags-drucksache 13/2387, s. 19 f. 42ausgehend von dieser gesetzesbegründung ist der hintergrund der im landeshundegesetz nrw zum ausdruck kommenden benennung sogenannter abstrakt gefährlicher rassen die vermutung des gesetzgebers, die genannten rassen seien genetisch bedingt besonders gefährlich. ein wissenschaftlicher nachweis dafür, dass diese rassen tatsächlich aufgrund genetischer merkmale gefährlicher als andere hunderassen sind, existiert bislang – ebenso wie für das fehlen einer solchen erhöhten gefährlichkeit – jedoch nicht. ungeachtet dessen ist – auch in der verfassungsgerichtlichen rechtsprechung – anerkannt, dass die auf vorherige beißvorfälle gestützte annahme des gesetzgebers, bestimmten hunderassen wohne eine besondere gefährlichkeit inne, auch ohne wissenschaftlichen nachweis von dem weitreichenden einschätzungs- und prognosespielraum des gesetzgebers gedeckt ist. 43vgl. bverfg, urteil vom 16. märz 2004 - 1 bvr 1778/01 -, juris, rn. 66, 74 ff.; ovg sachsen-anhalt, urteil vom 23. juni 2021 - 3 l 107/19 -, juris, rn. 90 f.; bayvgh, urteil vom 19. märz 2019 - 10 bv 18.1917 -, juris, rn. 27 f. 44gründet die festlegung der abstrakten gefährlichkeit bestimmter hunderassen im landeshundegesetz nrw danach nicht auf einer fundierten wissenschaftlichen begründung, sondern auf einer von der einschätzungsprärogative des gesetzgebers gedeckten vermutung, fehlt nach auffassung der kammer eine grundlage, um diese aggressionsvermutung im wege gerichtlicher auslegung allein an einzelne körperliche merkmale dieser hunderassen anzuknüpfen. beruht die vermutung vielmehr auf einem tatsächlich aggressiven verhalten dieser hunderassen, vor allem in form von schwerwiegenden beißvorfällen, besteht weiterhin eine wissenslücke betreffend die ursachen. auch der gesetzgeber hat keine merkmale festgelegt, die seiner auffassung nach die – angenommene – genetisch bedingte aggression dieser rassen körperlich tragen. angesichts dieser fehlenden wissenschaftlichen hintergründe ist es nach auffassung der kammer unzulässig, das vermutete genetische aggressionspotential von einzelnen körperlichen merkmalen abhängig zu machen. 45dies zugrunde gelegt, kann bei der beurteilung, ob der phänotyp einer der in § 3 abs. 2 satz 1 lhundg nrw genannten rassen deutlich hervortritt, bei dem vergleich des betreffenden hundes mit einer dieser rassen nicht einzelnen, die gefährlichkeitsvermutung vermeintlich begründenden körperlichen erscheinungsformen mehr gewicht beigemessen werden als anderen. insoweit verbietet sich eine differenzierung zwischen „besonders charakterisierenden merkmalen“ und „randbereichen“. vielmehr ist mit blick auf das gesamte erscheinungsbild zu überprüfen, ob der phänotyp des hundes in markanter und signifikanter weise die merkmale einer der in § 3 abs. 2 satz 1 lhundg nrw genannten rassen aufweist. 46für diese beurteilung ist auf die rassestandards der hundezuchtverbände zurückzugreifen. dabei ist aus sicht der kammer zum einen zu berücksichtigen, dass es in der natur einer kreuzung liegt, dass sie auch nicht zu leugnende einflüsse anderer rassen zeigt. zum anderen darf nicht außer betracht bleiben, dass selbst reinrassige hunde nicht alle dasselbe erscheinungsbild aufweisen und nicht immer in allen punkten dem rassestandard entsprechen. dementsprechend beschreiben die in rede stehenden rassestandards selbst nach der selbstbeschreibung des maßgeblichen internationalen hundeverbandes, der fédération cynologique internationale (fci), jeweils den idealtyp einer rasse und weisen teilweise eine große varianz auf. ihrer funktion nach stellen die standards auf rasseschauen die bewertungsgrundlage für die dort tätigen richter dar. weiterhin sollen sie als basis für die züchter dieser rassen genutzt werden, um erstklassige hunde zu züchten. 47http://www.fci.be/de/prasentation-unserer-organisation-4.html 48betreffend die zucht werden diese ziele unter anderem in dem für alle mitglieder dieses dachverbands verbindlichem internationalen zuchtreglement der fci konkretisiert. darin heißt es unter anderem, dass zur zucht insbesondere solche hunde nicht zugelassen sind, die zuchtausschließende fehler haben. als anatomische beispiele sind dort etwa „erhebliche zahnfehler und kieferanomalien“ und „albinismus“ genannt. 49siehe internationales zuchtreglement der fci vom 11. und 12. juni 1979, geändert im september 2019, s. 3, abrufbar unter http://www.fci.be/de/zucht-42.html. 50für die einzelnen hunderassen konkretisieren die jeweiligen rassestandards der fci diese angaben. sie enthalten eine rassespezifische auflistung der einzelnen fehler, die in der regel in „einfache“ und „disqualifizierende“ fehler unterteilt werden. 51noch näher präzisieren dies zuchtordnungen der einzelnen zuchtverbände. für den american staffordshire terrier etwa sehen die deutschen zuchtverbände, welche in der fci sowie im deutschen dachverband, dem verband für das deutsche hundewesen (vdh), organisiert sind, anatomische anforderungen an hunde vor, damit mit ihnen als rassehunde gezüchtet werden darf und sie die abstammungsnachweise dieser organisationen erhalten können. insoweit bestimmen die zuchtordnungen übereinstimmend, dass zuchttiere dem standard entsprechen müssen. dies wird insofern konkretisiert, als von der zucht ausgeschlossen solche hunde sind, die anatomisch erheblich vom rassestandard abweichen bzw. grobe anatomische fehler aufweisen. 52vgl. etwa § 2 der zuchtordnung der gesellschaft der bullterrier-freunde e.v. (stand: august 2015), abrufbar unter https://www.gb-f.de/downloads.html; § 4 nr. 6 der zuchtordnung des deutschen clubs für bullterrier e.v. (stand: 23. märz 2021), abrufbar unter https://www.dcbt.de/formulare-ordnungen/; abschnitt b ziffer 6.1 der zuchtordnung (teil der satzung) des 1. american staffordshire terrier clubs e.v., abrufbar unter https://www.1astc.de/der-verein/downloads/. 53der 1. american staffordshire terrier club e.v. verfügt daneben noch über eine sogenannte körordnung, nach deren kriterien rassehunde ausgewählt werden, die ganz besonders zur zucht empfohlen werden. für diese hunde besteht in anatomischer sicht die anforderung, dass sie dem rassestandard in hohem maße entsprechen und keine anatomischen fehler aufweisen. 54vgl. abschnitt c ziffer 5.1 der zuchtordnung (teil der satzung) des 1. american staffordshire terrier clubs e.v., abrufbar unter https://www.1astc.de/der-verein/downloads/. 55neben diesen zuchtbestimmungen legen die verbände auch anforderungen fest, die für die beurteilung von rassehunden auf ausstellungen gelten. in deutschland legt die ausstellungsordnung des vdh die beurteilungsgrundlage für diese ausstellungen fest. die beste note „vorzüglich“ darf danach nur einem hund erteilt werden, „der dem idealstandard der rasse sehr nahe kommt“. schon in bezug auf die zweitbeste note „sehr gut“, die einem hund zuerkannt wird, „der die typischen merkmale seiner rasse besitzt“, heißt es aber: „man wird ihm einige verzeihliche fehler nachsehen, jedoch keine morphologischen.“ daneben gibt es die note „gut“, die ein hund erhält, der „die hauptmerkmale seiner rasse besitzt“ und die note „genügend“, welche erfordert, dass der hund „seinem rassetyp genügend entspricht, ohne dessen allgemein bekannte eigenschaften zu besitzen“. „disqualifiziert“ wird ein hund, der „nicht dem durch den standard vorgeschriebenen typ entspricht, […] mit einem hodenfehler behaftet ist, eine kieferanomalie aufweist, eine nicht standesgemäße farbe- oder haarstruktur besitzt oder eindeutig zeichen von albinismus erkennen lässt.“ 56siehe dazu § 15 der ausstellungs-ordnung des vdh (stand: 22. april 2018), abrufbar unter https://www.vdh.de/ueber-den-vdh/satzung-ordnungen/. 57diese anforderungen der fachverbände zeigen zusammengenommen, dass selbst reinrassige hunde den rassestandards der fci nicht in jeglicher hinsicht entsprechen müssen. vielmehr existiert auch bei ihnen eine varianz im erscheinungsbild, welche sich exemplarisch an den unterschiedlichen ausstellungsnoten des vdh zeigt. wird auch im rahmen der zucht darauf hingewirkt, dass die zuchttiere möglichst eng dem rassestandard entsprechen, führt das nichterfüllen einiger punkte – mit ausnahme der sogenannten fehler – nicht dazu, dass diese hunde von der zucht ausgeschlossen werden oder gar nicht mehr als rassehunde gelten. 58unter zugrundelegung der oben genannten maßgaben für die beurteilung des deutlichen hervortretens des phänotyps einer rasse (orientierung am gesamten erscheinungsbild) und der erwägungen zur varianz innerhalb einer rasse handelt es sich bei den hunden „q. “ (1.) und „m. “ (2.) um gefährliche hunde im sinne des § 3 abs. 2 lhundg nrw. 591. 60zunächst ist die kammer davon überzeugt, dass es sich bei „q. “ um eine kreuzung eines american staffordshire terriers mit einem anderen hund handelt, bei der der phänotyp eines american staffordshire terriers deutlich hervortritt. zu diesem ergebnis kommt sie auf der grundlage der amtstierärztlichen rassefeststellung der frau c. , stellvertretende amtstierärztin des kreises n1. , vom 7. januar 2021, die in der ergänzenden stellungnahme vom 14. april 2021 weiter erläutert worden ist. wegen der besonderen expertise von amtsveterinären kommt einer solchen stellungnahme bei der rassebestimmung grundsätzlich eine besondere bedeutung zu. aufgrund der dabei bestehenden schwierigen abgrenzungsfragen und der besonderen unbefangenheit und unabhängigkeit des amtsveterinärs kann sich die zuständige behörde – und in der folge auch das gericht – regelmäßig auf dessen stellungnahme stützen. 61vgl. ovg nrw, beschluss vom 4. november 2020 - 5 b 838/20 -, s. 3 des entscheidungsabdrucks (nicht veröffentlicht) unter verweis auf den in anderem zusammenhang ergangenen beschluss des bverwg vom 27. april 2016 - 2 b 23.15 -, juris, rn. 18. 62in ihrer stellungnahme stellt die amtsveterinärin fest, dass bei „q. “ von einem deutlichen hervortreten der im fci-standard nr. 286 genannten merkmale des american staffordshire terriers auszugehen sei. die äußerliche erscheinung sei so deutlich, dass von einem im rassestandard stehenden hund ausgegangen werden könne. „q. “ weise signifikante rassemerkmale im hinblick auf den kopf, den körper, die rute, die gliedmaßen, das gangwerk, das haarkleid und das gewicht auf. diese einschätzung wird plausibel durch die weiter aufgelisteten einzelnen merkmale, die in übereinstimmung mit vorgaben des rassestandards stehen. die amtstierärztin nennt dabei unter anderem einen „kräftig ausgebildeten kiefer“, der dem im rassestandard bezeichneten gut abgezeichneten kiefer entspricht. ebenfalls übereinstimmend mit dem fci-standard beschreibt sie einen breiten schädel, einen gut ausgebildeten stopp, ein vollständiges scherengebiss, rosenförmige ohren, eine tiefe und breite brust, eine ausgeprägt bemuskelte schulter, eine leicht abfallende oberlinie, eine abfallende kruppe sowie eine sich verjüngende rute. auch die gliedmaßen und ihre stellung seien standardgemäß gewesen. einzig die größe habe mit 55 cm nicht dem sollwert des rassestandards entsprochen. dieser sieht eine bevorzugte schulterhöhe von ca. 46 bis 48 cm für rüden vor, welche „q. “ um 14,58 prozent überschreitet. 63dieser umstand führt nach auffassung der kammer indes nicht dazu, dass der hund „q. “ nicht als kreuzung im sinne des § 3 abs. 2 satz 2 lhundg nrw anzusehen ist. soweit das oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen davon ausgeht, dass die größe bei der bestimmung, ob eine kreuzung vorliegt, nicht völlig außer acht gelassen werden dürfe, eine größenüber- oder -unterschreitung von 10 % wegen der natürlichen varianz in solchen fällen zwar regelmäßig unproblematisch sei, wohingegen eine größenüberschreitung von 20 % jedoch keine unerhebliche abweichung mehr darstelle, 64vgl. ovg nrw, urteil vom 3. dezember 2020 - 5 a 1033/18 -, juris, rn. 46 ff. unter verweis auf ovg nrw, urteil vom 17. februar 2020 - 5 a 1631/18 -, juris, rn. 56, 65kann sich die kammer dem nur bedingt anschließen. zutreffend ist zunächst, dass die größe eines hundes ein äußeres erscheinungsmerkmal darstellt, das für die beurteilung, ob es sich um eine kreuzung im sinne des § 3 abs. 2 satz 2 lhundg nrw handelt, von bedeutung ist. vor dem hintergrund der oben genannten erwägungen kommt diesem merkmal jedoch bereits keine größere bedeutung zu als anderen phänotypischen aspekten. darüber hinaus ist nicht ersichtlich, woraus sich eine rechtfertigung für die aufstellung starrer grenzen (10 % bzw. 20 %) ableiten lässt. soweit das oberverwaltungsgericht diese in der genannten entscheidung unter verweis auf sein urteil vom 17. februar 2020, 66- 5 a 1631/18 -, juris, rn. 56, 67herleitet, überzeugt dies nicht. denn jenes urteil betraf die abgrenzung zwischen den rassen bullterrier und miniatur bullterrier. bei der unterscheidung dieser rassen besteht die besonderheit, dass ihre rassestandards nahezu deckungsgleich sind und die größe der hunde – neben geringfügigen abweichungen in der formulierung betreffend die substanz der tiere – das zentrale abgrenzungsmerkmal darstellt. diese konstellation ist nach auffassung der kammer nicht mit der hier in rede stehenden abgrenzung eines american staffordshire terriers von anderen rassen zu vergleichen, bei der neben der größe eine vielzahl anderer merkmale zur rassebestimmung herangezogen werden kann. 68hinzu kommt, dass die größe im rassestandard des american staffordshire terriers nicht als „fehler“ oder gar „disqualifizierender fehler“ aufgeführt ist. dies zeigt, dass selbst bei reinrassigen american staffordshire terriern größenüberschreitungen möglich sind. im einklang mit dieser annahme hat auch die rassebeauftragte und zuchtrichterin des deutschen clubs für bullterrier e.v., frau i1. , der amtsveterinärin auf nachfrage bestätigt, dass es sich bei der größenangabe im rassestandard nur um eine sollangabe handele. wichtiger sei, dass größe und gewicht zueinander in richtiger proportion stünden. die überschreitung der sollgröße führe seitens der verbände auch nicht zu einer reglementierung oder einem ausschluss von der zucht, solange das gesamtbild im übrigen harmonisch sei. 69dies zugrunde gelegt, ist der hund „q. “ jedenfalls als kreuzung im sinne des § 3 abs. 2 satz 2 lhundg nrw anzusehen. bei ihm tritt trotz der größenüberschreitung der phänotyp des american staffordshire terriers in seiner gesamtheit deutlich hervor. insoweit ist der rassestandard nach den nachvollziehbaren und von der klägerin mit ausnahme von größe und gewicht auch nicht in zweifel gezogenen ausführungen der amtsveterinärin nahezu vollständig erfüllt. 70ferner führt auch das von der amtstierärztin mit 35 kg angegebene gewicht nicht dazu, dass „q. “ nach seinem phänotyp nicht mehr als kreuzung mit einem american staffordshire terrier anzusehen wäre. dies gilt zunächst mit blick darauf, dass der fci-standard ohnehin keine gewichtsvorgaben für reinrassige american staffordshire terrier macht, sondern lediglich angibt, größe und gewicht sollten zueinander in richtiger proportion stehen. dies ist nach der stellungnahme der amtsveterinärin anzunehmen. sie gibt in ihrem gutachten – insoweit unwidersprochen – an, „q. “ weise einen rassetypischen körperbau auf. ferner ist zu berücksichtigen, dass das gewicht eines tieres ein eher unzuverlässiger indikator für das vorliegen einer kreuzung ist, kann es doch durch entsprechendes fütterungsverhalten des halters beeinflusst werden. 712. 72in anwendung der oben genannten grundsätze stellt auch „m. “ eine kreuzung im sinne des § 3 abs. 2 satz 2 lhundg nrw dar, nämlich eine kreuzung aus american staffordshire terrier und pitbull terrier. 73dazu hat die amtsveterinärin angegeben, dass bei der hündin die phänotypen dieser beiden rassen deutlich hervorträten und die einkreuzung einer weiteren rasse nicht ersichtlich sei. dieser auffassung schließt sich das gericht an. 74in diesem zusammenhang bedarf zunächst keiner entscheidung, ob die annahme einer kreuzung im sinne des landeshundesgesetzes nrw in jedem fall möglich ist, in dem die phänotypen mehrerer rassen bei dem jeweiligen tier deutlich hervortreten. dafür, dass dieser fall denkbar ist, spricht die gesetzesbegründung. dort wird ausgeführt, von einer kreuzung sei auszugehen, wenn „ein hund nach seiner äußeren erscheinung (phänotyp) trotz der erkennbaren einkreuzung anderer rassen in markanter und signifikanter weise die merkmale einer oder mehrerer (hervorhebung durch das gericht) der genannten oder bestimmten rassen zeigt“. 75vgl. gesetzentwurf der fraktion der spd und der fraktion bündnis 90/die grünen vom 11. märz 2002, hundegesetz für das land nordrhein-westfalen (landeshundegesetz - lhundg nrw), landtags-drucksache 13/2387, s. 20. 76demgegenüber hat das oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen zweifel daran geäußert, dass mehr als eine der in § 3 abs. 2 satz 1 lhundg nrw genannten rassen deutlich hervortreten könne. 77vgl. ovg nrw, beschluss vom 4. november 2020 - 5 b 838/20 -, s. 4 des entscheidungsabdrucks (nicht veröffentlicht). 78denn jedenfalls im falle einer kreuzung ausschließlich aus tieren zweier der in § 3 abs. 2 satz 1 lhundg nrw genannten rassen, d. h. ohne einkreuzung einer dritten rasse, ist von einer kreuzung im sinne des § 3 abs. 2 satz 2 lhundg nrw auszugehen. insoweit ist bei einer kreuzung zweier (abstrakt) gefährlicher hunde dergestalt, dass phänotypen beider rassen hervortreten, auszuschließen, dass sich das aggressionsfördernde genetische potential der tiere, von dessen vorhandensein der gesetzgeber bei der verabschiedung des landeshundegesetzes nrw ausging, im zuge der kreuzung verflüchtigt hat. 79in diesem sinne treten bei dem hund „m. “ phänotypische merkmale der rassen american staffordshire terrier und pitbull terrier hervor. nach der stellungnahme der amtstierärztin weist „m. “ hinsichtlich kopf, körper, rute, gliedmaßen, gangwerk, haarkleid und gewicht überwiegend die markanten und signifikanten merkmale eines american staffordshire terriers auf, weicht aber in der größe ab. zudem zeige sich gering ausgeprägte lose und in längsfalten geordnete haut am hals, was typisch für pitbull terrier sei. dass „m. “ ein zangengebiss aufweise, falle ebenfalls nicht ins gewicht, da dies – anders als ein vor- oder rückbiss – weder beim american staffordshire terrier noch beim pitbull terrier ein zuchtuntauglichkeitsmerkmal darstelle. 80der auffassung der amtstierärztin, wonach bei „m. “ der phänotyp des american staffordshire terriers deutlich hervortritt, schließt sich das gericht trotz gewisser abweichungen der hündin vom rassestandard an. im kopfbereich beschreibt die veterinärin insoweit standardkonform einen breiten oberschädel. auch der „kräftig ausgebildete kiefer“ entspricht dem im standard genannten „gut abgezeichneten kiefer“. hinsichtlich der körperform wird „m. “ als „athletisch und gut bemuskelt“ beschrieben, wiederum im einklang mit dem standard, der einen „solide gebauten hund, der muskulös, aber beweglich und gefällig wirkt“, fordert. zudem verfügt „m. “ über einen tiefen schwanzansatz mit einer sich zur spitze hin verjüngenden rute, wie es der rassestandard verlangt. auch die hoch angesetzten, als rosenohren getragenen ohren sind standardkonform. gleiches gilt für die sich ein wenig neigende oberlinie mit leicht abfallender kruppe. ebenfalls dem rassestandard des american staffordshire terriers entspricht das dichte, kurze und eng anliegende haarkleid. 81soweit in der rassebegutachtung auch unterschiede zum rassestandard des american staffordshire terriers festgestellt worden sind, stehen die entsprechenden körperlichen merkmale zum großteil im einklang mit dem „official ukc breed standard“ des united kennel club (ukc) mit stand vom 1. mai 2017 für den (american) pit bull terrier. bei der beurteilung der einkreuzung eines (american) pitbull terriers legt das gericht diesen standard weiterhin zugrunde. sofern das oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen erhebliche zweifel geäußert hat, dass auf der grundlage dieses standards das vorliegen einer kreuzung eines pitbull terriers hinreichend verlässlich bejaht werden kann, teilt das gericht diese zweifel nicht. 82diesbezüglich hat das oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen im wesentlichen ausgeführt, angesichts der bußgeldbewehrtheit eines verstoßes gegen § 3 abs. 2 lhundg nrw müsse diese norm die strengen bestimmtheitsanforderungen des art. 103 abs. 2 gg erfüllen. dies erfordere es, dass der adressat einer norm in der regel voraussehen könne, ob sein verhalten dem bußgeldtatbestand unterfalle. eine verweisung auf private regelungswerke wie die rassestandards der hundeverbände sei dabei möglich, sofern diese selbst den bestimmtheitsanforderungen gerecht würden. 83vgl. ovg nrw, urteil vom 3. dezember 2020 - 5 a 1033/18 -, juris, rn. 53 ff. 84ob der zur bestimmung des phänotyps eines pitbull terriers üblicherweise verwendete „american pit bull terrier official ukc breed standard“ des ukc mit stand vom 1. mai 2017 diesen vorgaben genüge, sei zweifelhaft. dies gelte hinsichtlich der im standard enthaltenen größenvorgaben, die nach der darstellung im standard nur eine allgemeine und ungefähre richtlinie darstellen sollten. ebenso bestünden zweifel hinsichtlich des gewichts, für welches der rassestandard eine solche bandbreite erlaube, dass auch hunde darunter fallen würden, welche nach auskunft der sachverständigen in diesem verfahren „eher mager“ seien, obwohl der standard erfordere, dass pitbull terrier kräftig gebaut sein müssten. zudem wolle der standard keinen reinrassigen pitbull terrier beschreiben, da nur solche merkmale unzulässig seien, die sehr deutlich das vorliegen einer kreuzung mit einer anderen rasse zeigten. im ergebnis sei daher offen, wodurch genau sich der phänotyp eines pitbull terriers auszeichne. 85vgl. ovg nrw, urteil vom 3. dezember 2020 - 5 a 1033/18 -, juris, rn. 60 ff. 86aus sicht der kammer deuten die vom oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen herangezogenen argumente jedoch nicht auf eine mangelnde bestimmtheit des ukc-standards hin, sondern belegen lediglich, dass die rasse des pitbull terriers hinsichtlich einiger merkmale eine große varianz aufweist. dies ist jedoch kein spezifisches merkmal des pitbull terriers. vielmehr weisen diverse hunderassen – gerade hinsichtlich der vom oberverwaltungsgericht genannten merkmale größe und gewicht – eine erhebliche bandbreite auf. so sind auch in fci-standards angaben zur größe teilweise nur als bevorzugte größe genannt, etwa betreffend den american staffordshire terrier (nr. 286). für den ebenfalls in § 3 abs. 2 satz 1 lhundg nrw genannten bullterrier enthält der maßgebliche fci-standard (nr. 11) sogar überhaupt keine vorgaben zu größe und gewicht. auch hinsichtlich der in § 10 lhundg nrw normierten hunde bestimmter rassen sehen maßgebliche standards teilweise überhaupt keine vorgaben zu größe und gewicht vor, wie für den mastiff, zu dem es im fci-standard (nr. 264) heißt: „größe ist erwünscht; aber nur wenn sie mit qualität verbunden ist und totale gesundheit beibehalten wird.“ für den ebenfalls in § 10 lhundg nrw erwähnten tosa inu enthält der fci-standard (nr. 260) zwar eine größenangabe, jedoch keine vorgabe hinsichtlich des gewichts. bei anderen, nicht im landeshundesegesetz nrw besonderer regulierung unterworfenen, hunderassen ist innerhalb einer rasse sogar eine derartige größenvarianz denkbar, dass im standard verschiedene typen innerhalb einer rasse ausgemacht werden. exemplarisch zeigt sich eine solche bandbreite bei der rasse „deutsche spitze“, deren fci-standard (nr. 97) rassehunde (vor allem) nach größe und gewicht in wolfsspitze, großspitze, mittelspitze, kleinspitze und zwergspitze unterteilt. 87abgesehen von größe und gewicht ist zudem festzuhalten, dass der ukc-standard für den pitbull terrier hinsichtlich vieler körperlicher merkmale wie kopf sowie vorder- und hinterhand eine sehr detaillierte beschreibung enthält. diese zeichnet sich neben ihrer ausführlichkeit dadurch aus, dass für jedes einzelne körperteil eine auflistung von fehlern je nach schweregrad enthalten ist, die es erlaubt, die bedeutung einzelner abweichungen nachzuvollziehen. soweit das oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen bemängelt, dass der rassestandard auch bei einem reinrassigen hund einkreuzungen anderer rassen erlaube, sieht die kammer dies vor dem hintergrund der gemeinsamen abstammungsgeschichte des pitbull terriers und des american staffordshire terriers, 88vgl. https://www.akc.org/expert-advice/dog-breeds/american-staffordshire-terrier-history-amstaff/, 89nicht als problem der bestimmtheit der rasse des pitbull terriers an. gehen zwei durch zucht entstandene hunderassen auf gemeinsame vorfahren zurück, ist naheliegend, dass sie auch nach ihrer jeweiligen auszüchtung zum teil übereinstimmende merkmale aufweisen. vor diesem hintergrund bestehen seitens der kammer keine zweifel an der bestimmbarkeit eines idealtypus des pitbull terriers, zumal dessen merkmale nach dem oben gesagten überwiegend detailliert in dem standard beschrieben werden. 90legt die kammer danach weiterhin den ukc-standard zum pitbull terrier zugrunde, ergibt sich aus der stellungnahme der amtsveterinärin, dass die merkmale von „m. “, die nicht dem fci-standard des american staffordshire terriers entsprechen, in großen teilen mit dem ukc-standard übereinstimmen. dies gilt zunächst für die widerristhöhe von 51 cm. ist damit zwar die idealgröße einer american staffordshire terrier-hündin deutlich überschritten, ist für eine pitbull-hündin eine wünschenswerte größe („desirable height“) von 43,2 bis 50,8 zentimetern, gemessen am widerrist, („17 to 20 inches at the withers“) vorgesehen. diesen größenrahmen überschreitet „m. “ nur minimal um 0,2 zentimeter und bleibt damit selbst deutlich innerhalb einer etwaigen größentoleranz. weitere merkmale von „m. “ stimmen zudem mit dem ukc-standard überein. dies gilt maßgeblich hinsichtlich der kopfform. so beschreibt die amtstierärztin, dass sich „m. s“ schädel von oben gesehen leicht zu einem stopp verjünge. damit entspricht sie dem standard, der ebenfalls vorsieht, dass sich der schädel von oben betrachtet ganz leicht zum stopp hin verjüngt („viewed from the top, the skull tapers just slightly toward the stop.“). auch die erkennbare mittelfurche vom stopp zum hinterhauptbein ist bestandteil des rassestandards („a deep median furrow that diminishes in depth from the stop to the occiput“). gleiches gilt für das längenverhältnis von fang zu schädel, das bei „m. “ standardkonform etwa 2:3 beträgt („the length of muzzle is shorter than the length of skull, with a ratio of approximately 2:3.“). 91sind die rassestandards des american staffordshire terriers und des pitbull terriers danach in wesentlichen punkten erfüllt, führen vorhandene abweichungen von diesen standards unter berücksichtigung ihrer oben dargelegten funktion als idealvorstellung einer rasse nicht dazu, dass „m. “ nicht mehr als eine kreuzung aus einem american staffordshire terrier und einem pitbull terrier anzusehen ist. 92dies gilt zunächst hinsichtlich der mandelförmigen augen, die von den im standard vorgesehenen runden augen abweichen. angesichts der anderen übereinstimmungen ist darin nur eine unwesentliche abweichung zu sehen. gleiches gilt hinsichtlich der falten am hals. soweit die amtstierärztin diese in ihrem gutachten als typisch für einen hund der rasse pitbull terrier ansieht, findet sich diese einschätzung allerdings nicht im ukc-standard wieder. jedoch ist auch dies kein fehler im sinne des rassestandards und schließt damit selbst eine einordnung als reinrassiger hund nicht aus. 93auch das gewicht von 25 kg, welches das wünschenswerte gewicht eines weiblichen pitbulls von 13,6 bis 22,7 kg leicht übersteigt, führt nicht dazu, dass „m. “ keine kreuzung im sinne des landeshundegesetzes nrw mehr darstellt. insoweit ist zunächst zu berücksichtigen, dass es selbst für einen reinrassigen pitbull terrier keinen fehler darstellt, wenn dieser gewichtsrahmen überschritten wird („not to be penalized when over“). zudem ist„m s“ größe am obersten rand des rassestandards angesiedelt, weshalb korrespondierend auch mit einem gewicht im höheren bereich des standards zu rechnen ist. überschreitet sie den standard hier hingegen, ist wie oben benannt zu berücksichtigen, dass das absolute gewicht eines pitbull terriers allein kein für die rasse signifikantes merkmal darstellt. denn dieses merkmal kann durch ein entsprechendes fütterungsverhalten des halters beeinflusst werden und ist daher unzuverlässiger als andere, durch die haltung selbst nicht beeinflussbare, körperliche merkmale. schließlich ist in den blick zu nehmen, dass eine kreuzung mit einem american staffordshire terrier im raum steht und der fci-standard für diese rasse keine gewichtsvorgaben macht, sondern lediglich angibt, größe und gewicht sollten – was hier der fall ist – zueinander in richtiger proportion stehen. 94auch das zangengebiss der hündin hindert die annahme einer kreuzung aus pitbull terrier und american staffordshire terrier nicht. insoweit sehen zwar beide standards vor, dass diese rassen ein scherengebiss aufweisen sollen (beim pitbull: „scissors bite“). jedoch handelt es sich bei einem zangengebiss um eine abweichung, die im rassestandard nicht als fehler ausgewiesen wird, der die hunde von der weiteren zucht ausschließen könnte. dass unterschiede im gebiss grundsätzlich beachtliche fehler darstellen können, zeigt sich am rassestandard des american staffordshire terriers, der in dem vorliegen eines vor- oder rückbisses fehler sieht. ein zangengebiss stellt hingegen – anders als bei anderen hunderassen, siehe etwa fci-standard nr. 343 (cane corso italiano) – bei den hier in rede stehenden rassen keinen fehler dar. vor diesem hintergrund können selbst reinrassige hunde ein zangengebiss aufweisen, wenngleich sie dann auf rasseschauen keine höchstnoten mehr erhalten dürften. 95keiner weiteren auseinandersetzung bedurfte es in diesem zusammenhang mit den ausführungen des oberverwaltungsgerichts für das land nordrhein-westfalen in dessen beschluss vom 12. august 2021, in dem anklingt, dass es abweichungen im bereich des gebisses nur dann als unwesentlich betrachtet, wenn diese die beißkraft nicht beeinträchtigen. 96vgl. ovg nrw, beschluss vom 12. august 2021 - 5 b 1797/20 -, s. 9 des entscheidungsabdrucks (nicht veröffentlicht). 97denn dieser überlegung liegt die – nach den obigen ausführungen von der kammer nicht geteilte – annahme zugrunde, dass es für das deutliche hervortreten phänotypischer merkmale auf bestimmte konstitutionsbedingte aspekte in besonderem maße ankommt. 98ii. 99auch die in ziffer 2 der verfügung angeordnete haltungsuntersagung erweist sich als rechtmäßig. 100gemäß § 12 abs. 2 satz 1 lhundg nrw soll das halten eines gefährlichen hundes u.a. dann untersagt werden, wenn die erlaubnisvoraussetzungen nicht erfüllt sind. „m. “ und „q. “ sind nach dem oben gesagten gefährliche hunde im sinne des § 3 abs. 2 lhundg nrw. ferner erfüllt die klägerin die voraussetzungen für die erteilung einer haltungserlaubnis nicht. sie hat weder die nach § 4 abs. 1 satz 2 nr. 2 lhundg nrw erforderliche sachkunde und zuverlässigkeit noch den nach § 4 abs. 1 satz 2 nr. 5 lhundg nrw erforderlichen abschluss einer besonderen haftpflichtversicherung nachgewiesen. 101der erteilung einer haltungserlaubnis steht zudem – selbständig tragend – die vorschrift des § 4 abs. 2 lhundg nrw entgegen. danach wird die erlaubnis zum halten eines gefährlichen hundes im sinne des § 3 abs. 2 oder des § 3 abs. 3 nrn. 1 und 2 lhundg nrw nur erteilt, wenn ein besonderes privates interesse nachgewiesen wird oder ein öffentliches interesse an der weiteren haltung besteht. ein besonderes privates interesse der klägerin (vgl. § 4 abs. 2 satz 2 lhundg nrw) ist weder nachgewiesen noch sind hierfür sonst anhaltspunkte ersichtlich. auch ein öffentliches interesse an der weiteren haltung der hunde durch die klägerin besteht nicht. 102hintergrund des erfordernisses eines besonderen privaten oder eines öffentlichen interesses an der haltung ist der umstand, dass die haltung eines gefährlichen hundes ein gesteigertes risiko für die bevölkerung bedeutet. dabei kann ein öffentliches interesse an der weiteren haltung beispielsweise aus gründen des tierschutzes gegeben sein, wenn ein hund aus einem tierheim oder einer vergleichbaren einrichtung an eine privatperson vermittelt werden soll. 103gesetzentwurf der fraktion der spd und der fraktion bündnis 90/die grünen vom 11. märz 2002, hundegesetz für das land nordrhein-westfalen (landeshundegesetz - lhundg nrw), landtags-drucksache 13/2387, s. 22. 104nach der rechtsprechung des oberverwaltungsgerichts für das land nordrhein-westfalen kann auch an einer ununterbrochenen weiteren haltung eines gefährlichen hundes zur vermeidung eines tierheimaufenthaltes ein öffentliches interesse bestehen. dies ergebe sich aus dem gesetzeswortlaut. 105vgl. ovg nrw, beschluss vom 31. juli 2020 - 5 b 703/20 -, s. 3 des entscheidungsabdrucks (nicht veröffentlicht). 106jedoch soll ein öffentliches interesse im sinne des § 4 abs. 2 lhundg nrw jedenfalls dann ausscheiden, wenn die vorgaben dieser norm bewusst umgangen werden. gleiches gelte unter rechtsmissbrauchsgesichtspunkten, wenn ein betroffener einen gefährlichen hund ohne die erforderliche erlaubnis in obhut nehme oder bzw. und behalte, obwohl er dessen eigenschaft als gefährlich kenne oder kennen müsse. 107vgl. ovg nrw, beschlüsse vom 12. juni 2014 - 5 b 446/14, 5 e 451/14 -, juris, rn. 11, und vom 6. januar 2011 - 5 e 888/10 -, s. 2 f. des entscheidungsabdrucks (nicht veröffentlicht). 108hierbei seien wegen der von gefährlichen hunden ausgehenden gefahren grundsätzlich hohe sorgfaltsanforderungen zu stellen, wobei jeweils die besonderheiten des zugrundeliegenden falles zu beachten seien. 109vgl. ovg nrw, beschluss vom 21. oktober 2019 - 5 b 761/19 -, juris, rn. 8, unter verweis auf ovg nrw, beschlüsse vom 12. dezember 2017 - 5 a 2152/16 -, juris, rn. 20 ff., und vom 3. august 2015 - 5 b 137/15 -, juris, rn. 7. 110dies zugrunde gelegt, besteht ein öffentliches interesse wegen des rechtsmissbräuchlichen verhaltens der klägerin nicht, da sie trotz kenntnis von der gefährlichkeitseinstufung des muttertieres „n. “ keinerlei maßnahmen tätigte, um die rassezugehörigkeit der welpen „m. “ und „q. “ zu überprüfen. 111sofern die klägerin weiterhin geltend macht, der die gefährlichkeit von „n. “ feststellende bescheid der beklagten vom 7. dezember 2018 sei ihr nicht bekanntgegeben worden, da ein stalker ihre post entwende, trifft dies nicht zu. dabei bedarf keiner entscheidung, ob das einlegen dieses bescheides in den briefkasten der klägerin an ihrer anschrift am 10. dezember 2018 – wie es sich aus der zustellungsurkunde ergibt – eine wirksame bekanntgabe gemäß § 41 abs. 5 vwvfg nrw, § 3 abs. 2 satz 1 lzg nrw i.v.m. § 180 zpo darstellt. denn jedenfalls hat die beklagte der klägerin diesen bescheid am 14. märz 2019 per e-mail übersandt, weshalb er gemäß § 41 abs. 2 satz 2 vwvfg nrw am 17. märz 2019 als bekanntgegeben galt. dass ihr auch diese e-mail nicht zugegangen wäre, hat die klägerin nicht geltend gemacht. die elektronische übermittlung des bescheides an die klägerin war auch gemäß § 3a abs. 1 satz 1 vwvfg nrw zulässig. diese vorschrift ermöglicht eine elektronische übermittlung für den fall, dass der empfänger einen zugang hierfür eröffnet hat. ist der empfänger ein bürger, ist von der eröffnung eines zugangs jedenfalls dann auszugehen, wenn dieser seine bereitschaft zum elektronischen empfang rechtsverbindlicher erklärungen gegenüber der behörde auf geeignete weise kundgetan hat. dies kann etwa durch fortgesetzte elektronische kommunikation erfolgen. 112vgl. tegethoff, in: kopp/ramsauer (hg.), vwvfg, 22. aufl. 2021, § 3a rn. 11; ähnlich schmitz, in: stelkens/bonk/sachs (hg.), vwvfg, 9. aufl. 2018, § 3a rn. 12. 113nach diesen maßstäben hat die klägerin durch fortgesetzte elektronische kommunikation gegenüber der beklagten einen zugang eröffnet. sie hat sich in der kommunikation mit der beklagten vor mandatierung ihres jetzigen prozessbevollmächtigten nahezu ausschließlich per e-mail an die beklagte gewandt. nachdem sie zuvor mehrfach eine berufliche e-mail-adresse verwendet hatte, meldete sich die klägerin am 5. märz 2019 unter nutzung der e-mail-adresse [email protected] bei der beklagten und erkundigte sich, warum diese sie zu erreichen versuche. als die beklagte ihr per e-mail antwortete, antwortete die klägerin am 13. märz 2019 abermals unter nutzung dieser e-mail-adresse. auf diese weise gab sie konkludent zu erkennen, mit einer elektronischen kontaktaufnahme durch die beklagte einverstanden zu sein. 114dies zugrunde gelegt, war der klägerin spätestens ab märz 2019 bekannt, dass die beklagte „n. “ als (abstrakt) gefährlichen hund ansah. sie musste daher damit rechnen, dass auch die im februar 2019 geborenen welpen „m. “ und „q. “ aufgrund ihres phänotyps gefährliche hunde im sinne des § 3 abs. 2 lhundg nrw darstellen könnten. dass die klägerin den sich aus diesen umständen jedenfalls ergebenden klärungspflichten nachgekommen ist, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. im gegenteil kommt erschwerend hinzu, dass die klägerin gegenüber der beklagten und dem gericht hinsichtlich ihrer vorstellung von der rasse der welpen und des muttertieres keinerlei angaben gemacht und damit einen gutgläubigen erwerb dieser tiere nicht einmal behauptet hat. angesichts der tatsache, dass beide hunde nach den obigen ausführungen nahezu vollständig den rassestandards von abstrakt gefährlichen hunden entsprechen, musste sich der klägerin auch aufdrängen, dass es sich bei den tieren um kreuzungen aus den genannten rassen handeln könnte. hinsichtlich des muttertieres „n. “, welches die klägerin als kreuzung aus weimaraner und old english bulldog angemeldet hatte, gingen etwa auch die mitarbeiter des tierheims x. , in welches „n. “ kurzzeitig verbracht worden war, davon aus, dass diese rassezuordnung eindeutig falsch sei. hat die klägerin danach grob fahrlässig die ihr zukommenden aufklärungspflichten verletzt, spricht zudem vieles dafür, dass sie positive kenntnis von der abstammung der welpen von gefährlichen hunden hatte. dies ergibt sich aus dem anonymen hinweis, welchen die beklagte am 13. juni 2019 erhielt. danach habe die schwester der melderin erfahren, dass an der wohnanschrift der klägerin boxer-welpen zum verkauf angeboten würden. der kontakt zur verkäuferin sei über mittelsmänner hergestellt worden. die melderin habe ihre schwester zu der wohnung begleitet und sofort festgestellt, dass es sich bei den welpen nicht um boxer handele. als sie die verkäuferin darauf angesprochen habe, habe diese gekichert und gesagt, man verkaufe sie aber als boxer. dass dieser hinweis trotz der anonymität der melderin einen zutreffenden sachverhalt enthielt, ergibt sich nach auffassung des gerichts aus den am darauffolgenden tag getroffenen feststellungen der beklagten, die vor ort entsprechend des hinweises die klägerin mit den beiden streitgegenständlichen hundewelpen antraf. das von der melderin geschilderte verhalten der klägerin lässt vermuten, dass sie sich über die rassezugehörigkeit der welpen im klaren war und diese bewusst unter einer falschen rasseangabe verkaufte. die klägerin hat im gerichtlichen verfahren nichts vorgetragen, was entgegen dieser indizien auf einen gutgläubigen erwerb der tiere ihrerseits schließen lassen könnte. 115liegen danach die tatbestandlichen voraussetzungen für eine haltungsuntersagung nach § 12 abs. 2 satz 1 lhundg nrw vor, bestehen ferner keine bedenken gegen die ausgesprochene rechtsfolge der untersagung der haltung, die das gesetz als regelmäßige folge vorsieht („soll“). 116iii. 117schließlich begegnet auch die in ziffer 3 satz 1 angeordnete entziehung der hunde keinen rechtlichen bedenken. diesbezügliche rechtsgrundlage ist § 12 abs. 2 satz 4 lhundg nrw. danach kann im falle der untersagung der haltung eines hundes angeordnet werden, dass der hund der halterin oder dem halter entzogen wird und an eine geeignete person oder stelle abzugeben ist. die beklagte hat das ihr dabei zukommende ermessen erkannt. auch rechtsfehler bei der ausübung des ermessens sind nicht erkennbar. 118die einheitliche kostenentscheidung beruht hinsichtlich des streitigen teils auf § 154 abs. 1 vwgo. soweit die kostenentscheidung zu lasten der beklagten getroffen worden ist, beruht sie auf ihrer mit schriftsatz vom 27. februar 2020 erklärten kostenübernahme in bezug auf den übereinstimmend für erledigt erklärten teil der klage (aufhebung des bescheides vom 16. oktober 2019 hinsichtlich ziffer 3 satz 2 und 3 sowie ziffer 4). dabei war zu berücksichtigen, dass nur in bezug auf den streitigen teil der klage die anwaltliche terminsgebühr (nr. 3104 des kostenverzeichnisses, anlage 1 zum rvg) und die vollen gerichtsgebühren in höhe von 3,0 gebühren (nr. 5110 des kostenverzeichnisses, anlage 1 zum gkg) anfallen. in bezug auf den in der hauptsache für erledigt erklärten teil waren die gerichtsgebühren auf 1,0 gebühren reduziert (nr. 5111, ziffer 4 des kostenverzeichnisses, anlage 1 zum gkg). soweit die beklagte in der mündlichen verhandlung den bescheid weiterhin hinsichtlich der ziffer 2 aufgehoben hat, soweit darin eine haltungserlaubnis versagt worden ist, und die beteiligten den rechtsstreit insoweit ebenfalls übereinstimmend für erledigt erklärt haben, war dieser verfügungspunkt nicht gesondert bei der kostenentscheidung zu berücksichtigen. denn die voraussetzungen der erlaubnisversagung waren identisch mit jenen der ebenfalls in ziffer 2 enthaltenen haltungsuntersagung, welche weiterhin streitgegenstand blieb. 119die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit richtet sich nach § 167 abs. 2 vwgo in verbindung mit §§ 708 nr. 11, 711 zpo. 120die berufung wird zugelassen (§ 124 abs. 2 nrn. 3, 4 vwgo). 121rechtsmittelbelehrung: 122gegen dieses urteil kann innerhalb eines monats nach zustellung des vollständigen urteils bei dem verwaltungsgericht düsseldorf (bastionstraße 39, 40213 düsseldorf oder postfach 20 08 60, 40105 düsseldorf) schriftlich berufung eingelegt werden. die berufung muss das angefochtene urteil bezeichnen. 123die berufung kann auch als elektronisches dokument nach maßgabe des § 55a vwgo und der verordnung über die technischen rahmenbedingungen des elektronischen rechtsverkehrs und über das besondere elektronische behördenpostfach (elektronischer rechtsverkehr-verordnung – ervv) eingelegt werden. 124die berufung ist innerhalb von zwei monaten nach zustellung des vollständigen urteils zu begründen. die begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der einlegung der berufung erfolgt, bei dem oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen (aegidiikirchplatz 5, 48143 münster oder postfach 6309, 48033 münster) schriftlich oder als elektronisches dokument nach maßgabe des § 55a vwgo und der ervv einzureichen. 125die begründungsfrist kann auf einen vor ihrem ablauf gestellten antrag von dem vorsitzenden des senats verlängert werden. die begründung muss einen bestimmten antrag enthalten sowie die im einzelnen anzuführenden gründe der anfechtung (berufungsgründe). 126im berufungsverfahren müssen sich die beteiligten durch prozessbevollmächtigte vertreten lassen. dies gilt auch für prozesshandlungen, durch die das verfahren eingeleitet wird. die beteiligten können sich durch einen rechtsanwalt oder einen rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten hochschule eines mitgliedstaates der europäischen union, eines anderen vertragsstaates des abkommens über den europäischen wirtschaftsraum oder der schweiz, der die befähigung zum richteramt besitzt, als bevollmächtigten vertreten lassen. auf die zusätzlichen vertretungsmöglichkeiten für behörden und juristische personen des öffentlichen rechts einschließlich der von ihnen zur erfüllung ihrer öffentlichen aufgaben gebildeten zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 abs. 4 satz 4 vwgo und § 5 nr. 6 des einführungsgesetzes zum rechtsdienstleistungsgesetz – rdgeg –). darüber hinaus sind die in § 67 abs. 2 satz 2 nr. 3 bis 7 vwgo bezeichneten personen und organisationen unter den dort genannten voraussetzungen als bevollmächtigte zugelassen. 127die berufungsschrift und die berufungsbegründungsschrift sollen möglichst zweifach eingereicht werden. im fall der einreichung als elektronisches dokument bedarf es keiner abschriften. 128beschluss: 129der streitwert wird auf 10.000,- euro festgesetzt. 130gründe: 131die festsetzung des streitwerts beruht auf § 52 abs. 2 gkg in verbindung mit ziffer 35.2 des streitwertkatalogs für die verwaltungsgerichtsbarkeit 2013. dabei war für jeden der beiden hunde, auf den sich die angefochtenen maßnahmen beziehen, der auffangstreitwert von 5.000,- euro festzusetzen. 132vgl. ovg nrw, beschluss vom 4. juni 2020 - 5 b 104/20 -, juris, rn. 9. 133rechtsmittelbelehrung: 134gegen den streitwertbeschluss kann schriftlich oder zur niederschrift des urkundsbeamten der geschäftsstelle bei dem verwaltungsgericht düsseldorf (bastionstraße 39, 40213 düsseldorf oder postfach 20 08 60, 40105 düsseldorf) beschwerde eingelegt werden, über die das oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen in münster entscheidet, falls ihr nicht abgeholfen wird. 135die beschwerde kann auch als elektronisches dokument nach maßgabe des § 55a vwgo und der verordnung über die technischen rahmenbedingungen des elektronischen rechtsverkehrs und über das besondere elektronische behördenpostfach (elektronischer rechtsverkehr-verordnung – ervv) oder zu protokoll der geschäftsstelle eingelegt werden; § 129a der zivilprozessordnung gilt entsprechend. 136die beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von sechs monaten eingelegt wird, nachdem die entscheidung in der hauptsache rechtskraft erlangt oder das verfahren sich anderweitig erledigt hat; ist der streitwert später als einen monat vor ablauf dieser frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines monats nach zustellung oder formloser mitteilung des festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. 137die beschwerde ist nicht gegeben, wenn der wert des beschwerdegegenstandes 200,-- euro nicht übersteigt. 138die beschwerdeschrift soll möglichst zweifach eingereicht werden. im fall der einreichung als elektronisches dokument bedarf es keiner abschriften. 139war der beschwerdeführer ohne sein verschulden verhindert, die frist einzuhalten, ist ihm auf antrag von dem gericht, das über die beschwerde zu entscheiden hat, wiedereinsetzung in den vorigen stand zu gewähren, wenn er die beschwerde binnen zwei wochen nach der beseitigung des hindernisses einlegt und die tatsachen, welche die wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. nach ablauf eines jahres, von dem ende der versäumten frist angerechnet, kann die wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.
Verklagte*r
0
122,769
1 K 1397/13 U
2016-07-08T00:00:00
Urteil
Tenor Der Umsatzsteuerbescheid für das Jahr 2007 in Gestalt des Änderungsbescheides vom 08.05.2014 und die Umsatzsteuerfestsetzungen der Jahre 2008 bis 2011 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 27.03.2013 werden wie folgt geändert: Die Umsatzsteuer für das Jahr 2007 wird auf ./. 58.140,13 €, die Umsatzsteuer für das Jahr 2008 wird auf 8.448,92 €; die Umsatzsteuer für das Jahr 2009 wird auf 11.412,16 €, die Umsatzsteuer für das Jahr 2010 wird auf 7.793,95 € und die Umsatzsteuer für das Jahr 2011 wird auf 13.525,72 € festgesetzt. Die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der Kosten des Beigeladenen, die nicht erstattungsfähig sind, fallen dem Beklagten zur Last, Der Streitwert wird auf 94.295 € festgesetzt. 1Tatbestand: 2Die Klägerin wendet sich gegen die Aufteilung der Vermietung einer Sportanlage in eine steuerfreie Grundstücksvermietung und eine steuerpflichtige Vermietung von Betriebsvorrichtungen, die Anwendung der Mindestbemessungsgrundlage bei der Ermittlung des Entgelts für letztere, gegen die aus der Aufteilung folgende Kürzung des Vorsteuerabzugs für die in Zusammenhang mit der steuerfreien Grundstücksvermietung stehenden Aufwendungen und gegen die Anwendung des § 15a UStG für entsprechende Aufwendungen aus dem Vorjahr. 3Die Klägerin, die A GmbH, wurde mit Vertrag vom 09.02.2006 gegründet. Gesellschaftszweck der Klägerin ist der Bau, der Betrieb und die Unterhaltung von Sport- und Freizeitanlagen. Alleiniger Gesellschafter der Klägerin war bis zum 22.03.2007 der B e.V. ‑Verein‑, seitdem sind der Verein und der Förderverein C e.V. mit je 50 % an der Klägerin beteiligt. Geschäftsführer der Klägerin waren in den Streitjahren der stellvertretende Vorsitzende des Vereins und der Geschäftsführer des Vereins, jeweils zur Einzelvertretung der Klägerin berechtigt. 4Vor Gründung der Klägerin, bereits am 23.12.2005, schlossen der Verein und die Gemeinde D eine Rahmenvereinbarung „zur Erreichung des gemeinsamen Ziels, in der Gemeinde eine neue Sportanlage zu errichten und zu unterhalten“. Auf einem der Gemeinde gehörenden Grundstück sollte der Verein eine bereits geplante Sportanlage errichten, und zwar mittels einer vom Verein zu gründenden GmbH. Die Gemeinde wollte sich mit einem Betrag von insgesamt 1.250.000 € an den Kosten der Planung und der Errichtung der Sportanlage beteiligen. Der Verein sollte die neu erstellte Sportanlage betreiben und zudem ab dem 01.01.2007 die Unterhaltung und Pflege des vorhandenen Sportplatzes in E übernehmen, er sollte die laufenden Kosten der Unterhaltung und Pflege tragen und von der Gemeinde einen jährlichen Unterhaltungskostenzuschuss erhalten. Der Verein sicherte die Benutzungsmöglichkeit aller Sportanlagen für die D Schulen und bei Eigenbedarf durch die Gemeinde zu. 5Am 15.05.2006 schlossen der Verein, die Klägerin und die Gemeinde auf der Grundlage der am 23.12.2005 geschlossenen Vereinbarung drei Verträge, einen Sportanlagen-Fördervertrag (Gemeinde - Verein), einen Sportanlagen Überlassungs-, Nutzungs- und Pflegevertrag E (Gemeinde - Klägerin) sowie einen Sportanlagen Pacht-, Nutzungs- und Pflegevertrag D (Gemeinde - Klägerin). Die Vertragspartner waren sich darüber einig, dass diese vertraglichen Regelungen im Kontext zu sehen und zu behandeln seien. Die Präambel der drei Verträge lautet jeweils: 6„Die Gemeinde D hat den Bau einer neuen Sportanlage in D und die Unterhaltung der Sportplätze in D und E privatisiert. Der B e.V. übernimmt hierzu wesentliche Aufgaben, die im Zuge der allgemeinen Daseinsfürsorge von der Kommune zu leisten wären." 7Auf der Grundlage des Sportanlagen-Fördervertrages zwischen der Gemeinde und dem Verein sollte der Verein zur Durchführung seiner sportlichen und sozialen Aktivitäten 25 Jahre lang einen jährlichen Zuschuss iHv 52.011,75 € von der Gemeinde erhalten. 8Nach dem Sportanlagen Überlassungs-, Nutzungs- und Pflegevertrag E zwischen der Gemeinde und der Klägerin überließ die Gemeinde der Klägerin den Sportplatz E zur eigenverantwortlichen Nutzung. Die Sportanlagen sollten dem Verein zur Nutzung im Rahmen seiner sportlichen Aktivitäten überlassen werden und auch den Schulen, der Gemeinde und anderen Vereinen zur Verfügung gestellt werden. Für die Erledigung der übernommenen Aufgaben der Pflege sollte die Klägerin von der Gemeinde jährlich eine Vergütung iHv 15.000 € zzgl. der gesetzlichen Mehrwertsteuer erhalten. 9Nach dem Sportanlagen Pacht-, Nutzungs- und Pflegevertrag D zwischen der Gemeinde und der Klägerin pachtete letztere von der Gemeinde das Grundstück in D … an. Auf diesem Grundstück sollte die Klägerin eine Sportanlage entsprechend der bereits vorliegenden Planung errichten (§ 2 Abs. 1). Die Gemeinde stellte der Klägerin die Sportanlagen gemäß § 2 Abs. 1 zur eigenverantwortlichen Nutzung zur Verfügung. Um die Anlage errichten zu können, zahlte die Gemeinde an die Klägerin einen Investitionszuschuss iHv 625.000 €. Mit gesondertem Darlehensvertrag gewährte die Gemeinde der Klägerin für die Errichtung der Sportanlage zudem ein Darlehen in Höhe von 625.000 €. Sollte die Errichtung der Sportanlage nicht begonnen oder nicht zu Ende geführt werden, sollte kein Anspruch der Klägerin auf Zahlung weiterer oder Überlassung bereits gezahlter Zuschüsse/Darlehensbeträge bestehen. Sollten bereits Finanzmittel der Gemeinde ausgezahlt worden seien, hatte die Gemeinde einen Anspruch auf Überlassung der Planungsunterlagen. Die Klägerin verpflichtete sich, nach Fertigstellung der Sportanlagen diese für die Dauer von 25 Jahren an den Verein zur Nutzung im Rahmen seiner sportlichen Aktivitäten zu überlassen und die Anlagen Schulen, der Gemeinde und anderen Vereinen zur Verfügung zu stellen, soweit dies ihre eigenen Belange nicht beeinträchtigte. Im Falle einer solchen Nutzung war die Klägerin berechtigt, einen finanziellen Ausgleich zu verlangen (§ 5 Abs. 2). Zur Erledigung der laufenden Unterhaltung der Sportanlage sollte die Klägerin von der Gemeinde eine Vergütung iHv 55.000 € zzgl. der gesetzlichen Mehrwertsteuer erhalten (§ 10 Abs. 1). Der Zuschuss sollte angepasst werden, wenn sich die Kostenfaktoren Personalkosten nach Tarifvertrag, Energiekosten oder Materialkosten um mehr als 3 % seit Vertragsbeginn bzw. der letzten Anpassung erhöhten (§ 10 Abs. 2). Die Sportanlagen sollten bei Beendigung des Vertragsverhältnisses in dem Zustand zurückgegeben werden, in dem sie sich zu Beginn befunden haben. Zudem war die Klägerin verpflichtet, bauliche Anlagen, die abweichend von § 2 Abs. 1 des Vertrages eingebaut worden waren, auf Verlangen der Gemeinde zu beseitigen und den ursprünglichen Zustand wieder herzustellen (§ 16). 10Am 22.12.2006 schlossen die Gemeinde und die Klägerin einen weiteren „Sportanlagen Pacht- und Nutzungsvertrag D“, der „den Vertrag vom 15.06.2006“ ersetzen sollte. In Änderung des Vertrages vom 15.05.2006 verpflichtete sich die Klägerin nunmehr, auf dem von der Gemeinde gepachteten Gelände „im eigenen Namen und für eigene Rechnung“ eine Sportanlage zu errichten (§ 2). Zudem wurde in § 6 des Vertrages erstmalig folgende „Eigentumsbestimmung“ getroffen: „Die Vertragsparteien stimmen darin überein, dass alle von der Klägerin neu geschaffenen baulichen und sonstigen Anlagen zu vorübergehenden Zwecken mit dem Grund und Boden verbunden sind (§ 95 BGB) und nach Ablauf der Pachtzeit das Vertragsgrundstück in seinen ursprünglichen Zustand zurückversetzt werden muss. Bei Beendigung des Vertragsverhältnisses ist die Klägerin auf Verlangen der Gemeinde verpflichtet, alle baulichen Anlagen, die von der Klägerin eingebaut wurden, auf ihre Kosten zu entfernen und den ursprünglichen Zustand wieder herzustellen (§ 14 des Vertrages).“ Für das Vorhalten sportlicher Betätigungsmöglichkeiten für die Bevölkerung sollte die Klägerin weiterhin einen jährlichen Zuschuss von 55.000 € erhalten, der unverändert bei bestimmten Kostensteigerungen erhöht werden sollte. Näheres sollte jedoch durch einen gesonderten Bewilligungsbescheid geregelt werden (§ 8 des Vertrages „Zuschuss“). Ein entsprechender Bewilligungsbescheid der Gemeinde D erging am 09.01.2007. 11Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Vereinbarung vom 23.12.2005, die drei Verträge vom 15.05.2006 und den Vertrag vom 22.12.2006 Bezug genommen. 12Die Baumaßnahmen für die Sportanlage begannen im Jahr 2006. Fertiggestellt wurde die Anlage im Mai 2007. Die Sportanlage besteht neben den Außenanlagen - Kunstrasen- und Naturrasenplatz, Leichtathletikwettkampfanlage mit integrierten Beachvolleyball- und Basketballfeldern - aus einem Gebäude, in dem sich ein Gaststättenbereich mit Außenterrasse befindet, sowie Umkleide-, Trainer- und Mannschaftsräume, Büroräume und ein Technikraum. Die Gemeinde zahlte den Investitionszuschuss iHv 625.000 € entsprechend dem Baufortschritt der Anlage an die Klägerin im Jahr 2006 aus. 13Die Klägerin überließ die Sportanlage ab Fertigstellung im Mai 2007 dem Verein zur Nutzung für dessen Vereinszwecke, und berechnete dem Verein für die Quartale II - IV/2007 jeweils 10.926,84 € netto (+ USt 2.076,10 € = 13.002,94 € brutto). Ein gesonderter Vertrag über Überlassung der Sportanlage wurde nicht geschlossen. Die Gemeinde nahm die Sportanlage in den Jahren 2007 bis 2013 insgesamt zwei Mal zur Ausrichtung der Bundesjugendspiele in Anspruch. Eine gesonderte Kosteninanspruchnahme der Gemeinde durch die Klägerin erfolgte nicht. 14Mit Vertrag vom 18.07.2007 verpachtete die Klägerin das Clubheim einschließlich der Einrichtung ab dem 01.08.2007 an Frau F. Diese war zudem zur Durchführung der Pflege und Unterhaltung der Sportanlagen D und E verpflichtet. 15Am 12.08.2009 ordnete das FA die Durchführung einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung für die Jahre 2006 und 2007 bei der Klägerin und dem Verein an. 161. Der Prüfer vertrat die Auffassung, dass zwischen dem Verein als Organträger und der Klägerin als Organgesellschaft bis zum 22.03.2007 eine umsatzsteuerliche Organschaft anzunehmen sei. Der Verein sei bis zu diesem Zeitpunkt alleiniger Gesellschafter der Klägerin gewesen, bei den Geschäftsführern der Klägerin handele es sich um den stellvertretenden Vorsitzenden sowie den Geschäftsführer des Vereins. 172. Der Investitionszuschuss der Gemeinde an die GmbH iHv 625.000 € im Jahr 1996 sei kein nicht steuerbarer Zuschuss, sondern insoweit als vorausgezahltes steuerpflichtiges Nutzungsentgelt zu behandeln, als er anteilig auf die Betriebsvorrichtungen entfalle. Der auf die Überlassung von Betriebsvorrichtungen entfallende Anteil betrage 396.953,78 € (netto). Ein anderer Zweck, als die Anlage für Gemeindezwecke über einen gesicherten Zeitraum von 25 Jahren nutzen zu können und dafür ein entsprechendes Entgelt zu zahlen, sei nicht erkenntlich. Die Zahlung des Betrages von 625.000 € sei in direktem Zusammenhang mit der zugesicherten Leistung der GmbH zu sehen. Der auf die Errichtung der Gaststätte entfallende Anteil sei umsatzsteuerlich unbeachtlich. Hinsichtlich der Einzelheiten der Berechnung wird auf Tz. 15 des Berichts über die bei der Klägerin durchgeführte Umsatzsteuer-Sonderprüfung vom 07.10.2009 Bezug genommen. 183. Die in den Streitjahren 2007 – 2011 erfolgte Vermietung der Sportanlage an den Verein und die Gemeinde sei in eine steuerfreie Grundstücksvermietung und eine steuerpflichtige Vermietung von Betriebsvorrichtungen aufzuteilen. 19a. Für die Vermietung der Betriebsvorrichtungen an den Verein komme zudem die Mindestbemessungsgrundlage nach § 10 Abs. 5 UStG iVm. § 10 Abs. 4 Nr. 2 UStG zur Anwendung. Die tatsächlichen Kosten der Klägerin für die Unterhaltung der Betriebsvorrichtungen einschließlich der anzurechnenden Herstellungskosten beliefen sich für den Zeitraum April bis Dezember 2007 auf 57.571,50 €. Tatsächlich habe der Verein lediglich 32.780,52 € gezahlt, so dass die Umsätze der Klägerin gemäß § 10 UStG um 24.790,98 € zuzüglich 4.710,29 € USt zu erhöhen seien. Hinsichtlich der Einzelheiten der Berechnung wird auf Tz. 15 Buchst. b des Berichts über die bei der Klägerin durchgeführte Umsatzsteuer-Sonderprüfung vom 07.10.2009 Bezug genommen. 20b. Da die Vermietung der Sportanlage an den Verein in eine steuerfreie Grundstücksvermietung und eine steuerpflichtige Vermietung von Betriebsvorrichtungen aufzuteilen sei, seien auch entsprechend dieser Aufteilung die auf die steuerfreie Grundstücksvermietung entfallenden Vorsteuerbeträge aus den Gebäudeherstellungskosten 2007 nicht zum Abzug nach § 15 Abs. 2 Nr.1 UStG zuzulassen. Die Vorsteuerbeträge aus den Gebäudeherstellungskosten iHv 57.089,15 € seien zudem zu 55,19 % in den Monaten Januar bis März während des Organschaftsverhältnisses mit dem Verein angefallen und lediglich iHv 44,81 % der Klägerin zuzuordnen. Die Vorsteuerbeträge seien damit iHv 31.507,70 € nicht der Klägerin, sondern dem Verein zuzurechnen. Der verbleibende Vorsteuerabzug sei wegen der Verwendung für die steuerfreie Grundstücksvermietung um 15.617,69 € zu kürzen. 21c. Die Vorsteuer aus den laufenden Gebäudeunterhaltungskosten seien iHv 1.637,40 € als auf die steuerfreie Grundstücksvermietung entfallend nicht zum Abzug zuzulassen. 22Wegen der Berechnung wird auf Tz. 17 und 18 des Berichts über die bei der Klägerin durchgeführte Umsatzsteuer-Sonderprüfung vom 07.10.2009 Bezug genommen. 234. Darüber hinaus sei der während der Bauphase in Anspruch genommene Vorsteuerabzug für die Herstellung des vom Verein genutzten Gebäudes bis zum 31.12.2006 iHv insgesamt 18.116,57 € gemäß § 15a UStG zu korrigieren, weil die Vermietung der Sportanlage teilweise steuerfrei erfolge. Hiervon entfalle ein Betrag von 1.811,66 € auf das Jahr 2007. Hinsichtlich der Einzelheiten der Berechnung wird auf Tz. 16 des Berichts über die bei der Klägerin durchgeführte Umsatzsteuer-Sonderprüfung vom 07.10.2009 Bezug genommen. 24Am 11.11.2009 reichte die Klägerin eine Umsatzsteuer-Jahreserklärung für das Jahr 2008 ein, die einer Umsatzsteuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gleichstand. 25Am 12.07.2010 erließ das FA einen entsprechend den Feststellungen der Umsatzsteuer-Sonderprüfung geänderten Umsatzsteuerbescheid für das Jahr 2007 und setzte die Umsatzsteuer auf ./. 2.443,41 € fest. Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin am 20.07.2010 Einspruch ein. Die Besteuerungsgrundlagen der Monate Januar bis März 2007 wurden aufgrund der Annahme einer Organschaft im Umsatzsteuerbescheid für das Jahr 2007 des Vereins erfasst. 26Am 22.08.2011 wurde sowohl bei der Klägerin als auch bei dem Verein die Durchführung einer Betriebsprüfung für die Jahre 2006 – 2008 angeordnet. Der Prüfer folgte hinsichtlich der Errichtung und der Überlassung der Sportanlage an den Verein sowie der Behandlung der Zuschüsse der Gemeinde an den Verein und die Klägerin der Auffassung des Umsatzsteuer-Sonderprüfers. Er errechnete lediglich eine Mindestbemessungsgrundlage von 57.969,93 € (statt bisher 57.571,50 €), Umsatzsteuer hierauf 4.785,99 €, auf den Verein entfallende Vorsteuerbeträge aus den Gebäudeherstellungskosten iHv 31.783,26 € (statt bisher 31.507,70 €); nicht abzugsfähige Vorsteuern aus Gebäudeherstellungskosten iHv 15.754,29 € (statt bisher 15.617,69 €) und aus laufenden Gebäudekosten iHv 1.635,49 € (statt bisher 1.637,40 €). Die Baukosten des Jahres 2007 iHv insgesamt 303.099,02 €, Umsatzsteuer hierauf 57.588,81 €, seien dem Verein als Organträger bis einschließlich März 2007 zu 55,19 % und der Klägerin als Organgesellschaft zu 44,81 % zuzuordnen. Von den Vorsteuerbeträgen seien insgesamt 61,05 % nicht abzugsfähig, weil sie auf den nicht zum Vorsteuerabzug berechtigenden Vereinsbereich entfielen. Die Klägerin könne von den auf die Baukosten entfallenden Vorsteuerbeträgen daher lediglich einen Betrag iHv 10.051,26 € als Vorsteuer in Anspruch nehmen. 27Auch die geltend gemachten Vorsteuern aus den allgemeinen laufenden Betriebskosten seien um 61,05 % (1.635,49 € (2007) und 1.154,33 € (2008)) als auf die nicht steuerpflichtige Grundstücksüberlassung entfallend zu kürzen. 28Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten der Feststellungen wird auf den Bericht über die bei der Klägerin durchgeführte Betriebsprüfung vom 11.04.2012, insbesondere Tz. 2.3.3.3. Mindestbemessungsgrundlage, Tz 2.3.4.2 Vorsteuerkorrektur Baukosten 2007 und Tz 2.3.5 Vorsteuerabzug laufende Gebäudekosten Bezug genommen. 29Aufgrund der Feststellungen der Betriebsprüfung ergingen am 20.04.2012 geänderte Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 2007 und 2008. Die Vorbehalte der Nachprüfung in den Steuerbescheiden wurden aufgehoben. Der Umsatzsteueränderungsbescheid für 2007 wurde Gegenstand des bereits anhängigen Einspruchsverfahrens. 30Am 30.07.2012 gab die Klägerin eine berichtigte Umsatzsteuererklärung für 2009 ab, der mit Abrechnung vom 13.08.2012 zugestimmt wurde. Der Umsatzsteuererklärung 2010 wurde mit Abrechnung vom 13.04.2012 und der für das Streitjahr 2011 mit Abrechnung vom 14.1.2013 zugestimmt. 31Gegen den Umsatzsteueränderungsbescheid 2008, sowie gegen die Festsetzungen 2009, 2010 und 2011 legte die Klägerin ebenfalls Einspruch ein. Sie wandte sich in allen Streitjahren gegen die Aufteilung der Vermietung der Sportanlage an den Verein in eine steuerfreie Grundstücksvermietung und eine steuerpflichtige Vermietung von Betriebsvorrichtungen, die Kürzung des Vorsteuerabzuges aus den Baukosten und aus den laufenden Kosten sowie gegen die Vorsteuerrückforderung gemäß § 15a UStG für die Herstellungskosten des Jahres 2006. 32Mit ausführlicher Einspruchsentscheidung vom 27.03.2013 wies das FA den Einspruch der Klägerin gegen die Umsatzsteuerbescheide der Jahre 2007 bis 2011 als unbegründet zurück. 33Die Vermietung der Sportanlage an den Verein sei keine einheitliche umsatzsteuerpflichtige sonstige Leistung, sondern vielmehr in eine nach § 4 Nr.12 a UStG steuerfreie Grundstücksvermietung und eine steuerpflichtige Vermietung von 34Betriebsvorrichtungen aufzuteilen. 35Dementsprechend seien die Vorsteuerbeträge aus den Baukosten des Jahres 2007 und aus den laufenden Gebäudekosten nur insoweit abzugsfähig, als sie in Zusammenhang mit der steuerpflichtigen Überlassung von Betriebsvorrichtungen stünden. Soweit die Vorsteuerbeträge auf die steuerfreie Grundstücksvermietung an den Verein entfielen, sei ein Vorsteuerabzug ausgeschlossen. 36Die bis zum 31.12.2006 aus den Herstellungskosten des Gebäudes geltend gemachten Vorsteuerbeträge seien ab dem Jahr 2007 gemäß § 15a Abs. 1 UStG mit einem jährlichen Betrag von 1.811,66 € (§ 15a Abs.1 UStG) zurückzuzahlen. Im Streitfall sei sowohl der Verein als Organträger im Zeitraum 2006 als auch die Klägerin von einer steuerpflichtigen Vermietung der Sportanlage ausgegangen. Tatsächlich sei die Sportanlage jedoch ab 2007 teilweise steuerfrei und damit anderweitig erstmalig genutzt worden. 37Für die steuerpflichtige Vermietung der Betriebsvorrichtungen an den Verein seien die Regelungen der Mindestbemessungsgrundlage § 10 Abs. 5 UStG iVm. § 10 Abs. 4 Nr.2 UStG anzuwenden, weil es sich bei dem Verein um einen Gesellschafter der Klägerin handele und die Selbstkosten für die Herstellung und Unterhaltung der Betriebsvorrichtungen das Entgelt überstiegen. 38Die Grundsätze der Mindestbemessungsgrundlage seien anwendbar, weil das vereinbarte Entgelt nicht marküblich sei, sondern durch das Gesellschaftsverhältnis beeinflusst werde. Ein fremder Vermieter würde die Pacht anders berechnen. Im Streitjahr 2008 übersteige bereits die Position laufende Kosten in der Gewinn- und Verlustrechnung diesen Wertansatz. 39Der von der Gemeinde gewährte Baukostenzuschuss iHv 625.000 € sei zwar als vorausgezahltes steuerpflichtiges Nutzungsentgelt für die Sportanlage behandelt worden, hierin liege jedoch keine Vergleichsmiete iHv jährlich 25.000 € (bei einer Pachtdauer von 25 Jahren). Im Sportanlagen Pacht- und Nutzungsvertrag D vom 22.12.2006 sei unter § 5 Ziffer 2 vertraglich festgelegt worden, dass die Klägerin auch der Gemeinde anteilige Kosten einer etwaigen tatsächlichen Nutzung zusätzlich in Rechnung stellen könne. Damit sei ein direkter zahlenmäßiger Vergleich nicht möglich. 40Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Einspruchsentscheidung vom 27.03.2013 Bezug genommen. 41Mit ihrer hiergegen gerichteten Klage wendet sich die Klägerin weiterhin gegen die Aufteilung der Vermietung der Sportanlage an den Verein in eine steuerfreie Grundstücksüberlassung und eine steuerpflichtige Überlassung von Betriebsvorrichtungen, sowie die sich daraus ergebenden Folgen hinsichtlich des Vorsteuerabzugs und der Vorsteuerberichtigung nach § 15a UStG. Zudem wendet sich die Klägerin gegen die Anwendung der Mindestbemessungsgrundlage auf die Umsätze aus der Überlassung der Betriebsvorrichtungen an den Verein. 421. Die Überlassung der Sportanlage durch die Klägerin an den Verein sei nicht in eine steuerfreie Grundstücksvermietung und eine steuerpflichtige Vermietung von Betriebsvorrichtungen aufzuteilen, sondern als einheitliche steuerpflichtige Leistung anzusehen. 43Leistungen im Zusammenhang mit Sportanlagen seien als Dienstleistungen, die mit Sport und Körperertüchtigung zusammenhängen, möglichst als Gesamtheit zu würdigen. Der Betrieb einer Sportanlage umfasse nicht nur die passive Zurverfügungstellung eines Geländes, sondern außerdem seitens des Dienstleistenden eine Vielzahl geschäftlicher Tätigkeiten wie Aufsicht, Verwaltung und ständige Unterhaltung, Zurverfügungstellung anderer Anlagen, so dass nur beim Vorliegen ganz besondere Umstände die Vermietung des Grundstücks die ausschlaggebende Dienstleistung darstelle (EuGH, Urteile vom 22.01.2015 C-55/14 ‑Varenne- ECLI:EU:C:2015:29; vom 18.01.2001 C-150/99 ‑Stockholm Lindöpark‑ ECLI:EU:C:2001:34). 44Derartige ganz besondere Umstände lägen nicht vor. Die langjährige Vermietung eines Turnhallengebäudes samt Betriebsvorrichtungen (vgl. hierzu BFH, Urteil vom 17.12.2008 XI R 23/08, BStBl II 2010,208) sei aus der maßgeblichen Sicht eines Durchschnittsverbrauchers nicht mit dem Betreiben einer Sportanlage vergleichbar. Alleine wegen des ständigen Ausgesetztseins von Witterungseinflüssen einer solchen Anlage komme der Klägerin eine Betreuungsverpflichtung zu, die über die bloße Reinhaltung und Energiezufuhr einer Turnhalle hinausgehe. Zudem verpachte die Klägerin eine Gaststätte/Kantine, unterhalte Parkplätze und beschäftige einen Platzwart, so dass die bloße Vermietung von Grund und Boden in den Hintergrund rücke. Ein Durchschnittsverbraucher würde aus seiner Sicht das Gesamtpaket der Bereitstellung der Betriebsvorrichtungen, Umkleideanlagen und Duschen, der Parkplätze für die Nutzer, die Möglichkeit der anschließenden Essens- und Getränkeaufnahme, die Pflege und ständige Erhaltung der Anlage durch Personal als bedeutsam empfinden. Der Grund und Boden würde von diesem als Mittel zum Zweck, und nicht als maßgeblich eingestuft werden. 452. Da eine einheitliche steuerpflichtige Leistung der Klägerin an den Verein vorliege, komme eine Vorsteuerkürzung unter Hinweis auf § 15 Abs. 2 UStG nicht in Betracht. Die Vorsteuerbeträge aus den Baukosten und aus den laufenden Gebäudekosten seien nicht aufzuteilen, sondern auch insoweit vollständig abziehbar, als sie iHv 15.754,29 € (2007) und 1.635,49 € (2007), 1.154,33 € (2008), 1.222,60 € (2009), 861,81 € (2010) und 1.064,97 € (2011) auf den vom Verein genutzten Grundstücksteil entfielen. § 15a UStG komme nicht zur Anwendung, so dass die Vorsteuerkorrektur von 1.811,66 € jährlich rückgängig zu machen sei. Die Klägerin und der Verein seien bei Baubeginn von einer steuerpflichtigen sonstigen Leistung ausgegangen, die von der Klägerin erbracht werde. Eine Änderung der Verhältnisse habe nicht stattgefunden. 463. Soweit das Gericht der Auffassung des FA folgen sollte und davon ausgehe, dass die Überlassung der Sportanlage in eine steuerfreie Grundstücksüberlassung und eine steuerpflichtige Überlassung von Betriebsvorrichtungen aufzuteilen sei, habe das FA auf jeden Fall in den Streitjahren 2007 - 2010 zu Unrecht die Überlassung der Betriebsvorrichtungen an den Verein mit der Mindestbemessungsgrundlage anstelle des tatsächlich geleisteten Entgelts der Besteuerung zugrunde gelegt und die Umsätze um 25.189,41 €, USt hierauf 4.785,99 € (2007), 43.007,13 €, USt hierauf 8.171,36 € (2008), 41.213,85 €, USt hierauf 7830,63 € (2009) und 42.771,54€, USt hierauf 8.126,60 € (2010) erhöht. 47Das FA lasse außer Betracht, dass der Pachtzins unter marktüblichen Bedingungen vereinbart worden sei. Die Klägerin und der Verein hätten die Berechnungsgrundlagen des Pachtzinses nachvollziehbar erläutert und festgelegt. Die vorgenannte Berechnung entspreche nicht nur dem Wesen einer kaufmännischen Kalkulation unter Einbeziehung der abzudeckenden Kosten bzw. Werteverzehrs und eines angemessenen Unternehmerlohns, vielmehr gebe sie das marktübliche Entgeltsfindungsszenario in vergleichbaren Nutzungsfällen wieder. Bereits im Jahr 2011 liege die Mindestbemessungsgrundlage mit 40.331,09 € unter dem tatsächlich gezahlten Entgelt von 43.707,36 €. 48Zudem sei zumindest die Zahlung der Gemeinde iHv 625.000 €, die das FA als ein Entgelt für die 25-jährige Nutzungsmöglichkeit der Sportanlage beurteile, als Vergleichsmiete für die Überlassung der Sportanlage anzusehen. Diese liege mit einem Betrag von 24.000 € jährlich unter dem zwischen dem Verein und der Klägerin vereinbarten Pachtzins. Die vertragliche Regelung, dass die Klägerin auch der Gemeinde anteilige Kosten der Nutzung in Rechnung stellen könne, entkräfte diese Vergleichsmöglichkeit nicht, weil der Gemeinde bislang keine weiteren Kosten in Rechnung gestellt worden seien. 49Der Umsatzsteuer für das Jahr 2007 wurde mit einem gemäß § 174 AO geänderten Bescheid vom 08.05.2014 um 7.479,50 € erhöht und die Umsatzsteuer auf 5.109,80 € festgesetzt, weil sich in einem vom Verein gegen die Umsatzsteuerfestsetzung des Jahres 2007 geführten Einspruchsverfahrens herausgestellt hatte, dass die dem Verein als Organträger des Jahres 2007 zugerechnete Vorsteuerkürzung für die Gebäudeherstellungskosten iHv 7.479,50 € tatsächlich der Klägerin zuzurechnen war. 50Das Klageverfahren des Vereins gegen den geänderten Umsatzsteuerbescheid für das Jahr 2006 war unter dem Aktenzeichen 1 K 1126/13 U anhängig. Zudem hat der Verein gegen den aufgrund der Feststellungen der Betriebsprüfung geänderten Umsatzsteuerbescheid für das Jahr 2007 Einspruch eingelegt, über den das FA noch nicht entschieden hat. 51Der Senat hat den Verein mit Beschluss vom 08.04.2016 gemäß §§ 174 Abs. 5 S. 2 AO; 60 FGO zum Verfahren beigeladen. 52In der mündlichen Verhandlung vom 08.07.2016 erklärte der Verein, dass er sich hinsichtlich der umsatzsteuerlichen Behandlung der Mitgliedsbeiträge seiner Vereinsmitglieder nicht auf die Mehrwertsteuerbefreiung nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. m MwStSystRL berufe. Die Klägerin erklärte die Option zur Steuerpflicht gemäß § 9 UStG hinsichtlich gegebenenfalls anzunehmender Grundstücksumsätze. 53Die Klägerin beantragt, 54die Umsatzsteuerfestsetzungen der Jahre 2007 bis 2011 in der Form des Änderungsbescheides vom 08.05.2014 (Umsatzsteuer 2007) und in der Form der Einspruchsentscheidung vom 27.03.2013 wie folgt zu ändern: 55die Umsatzsteuer für das Jahr 2007 wird um 58.140,30 € (23.987,43 € + 7.479,50 € + 31.783,00 €) auf ./. 58.140,13 € herabgesetzt; 56die Umsatzsteuer für das Jahr 2008 wird um 11.137,35 € auf 8.448,92 € herabgesetzt; 57die Umsatzsteuer für das Jahr 2009 wird um 10.864,91 € auf 11.412,16 € herabgesetzt; 58die Umsatzsteuer für das Jahr 2010 wird um 10.800,07 € auf 7.793,95 € herabgesetzt; 59die Umsatzsteuer für das Jahr 2011 wird um 2.876,63 € auf 13.525,72 € herabgesetzt. 60Der Beklagte beantragt, 61die Klage abzuweisen. 62Zur Begründung verweist er auf die Ausführungen der Einspruchsentscheidung vom 27.03.2013 und führt ergänzend aus, dass zu Recht das Kriterium der Mietdauer zur Beurteilung der von der Klägerin an den Verein erbrachten Leistung in der Form der Überlassung der Sportanlage berücksichtigt worden sei. Die von der Klägerin in Form der Unterhaltung und Pflege der Sportanlage erbrachten Leistungen würden lediglich die betriebsbereite Nutzbarkeit der Gesamtanlage gewährleisten. Den Verträgen sei nicht zu entnehmen, dass die Klägerin sich zu einem darüber hinausgehenden Dienstleistungsangebot verpflichtet habe. 63Auch sei die Leistung der Klägerin an den Verein in Form der Überlassung der Betriebsvorrichtungen der Sportanlage zu Recht mit der Mindestbemessungsgrundlage der Besteuerung zugrunde gelegt worden. Die Entgeltfindung sei nicht marktüblich. 64Aufgrund des Schreibens des Gerichtes vom 15.02.2016 sei jedoch davon auszugehen, dass tatsächlich keine umsatzsteuerliche Organschaft zwischen dem Verein als Organträger und der Klägerin als Organgesellschaft bestehe. Aus diesem Grund seien die bislang im Streitjahr 2007 beim Verein berücksichtigten Vorsteuerbeträge aus den Herstellungskosten der Sportanlage nunmehr bei der Klägerin zu berücksichtigen. 65Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Beteiligten in den Verfahren 1 K 1126/13 U und 1 K 1397/13 U sowie die in diesen Verfahren übersandten Steuerakten der Klägerin und des beigeladenen Vereins Bezug genommen. 66Entscheidungsgründe: 67Die Klage ist begründet. Die Klägerin wird durch die angefochtenen Umsatzsteuerbescheide der Jahre 2007 bis 2011 in ihren Rechten verletzt, § 100 Abs. 1 FGO. 68Die Klägerin ist im gesamten Streitjahr 2007 nicht Organtochter des Vereins, sondern selbständiges Steuersubjekt. Die Vermietungsleistung der Klägerin an den Verein ist eine einheitliche Leistung, der die Grundstücksüberlassung das Gepräge gibt. Sie unterliegt der Umsatzsteuer. Die Vermietungsleistung der Klägerin an den Verein ist nicht mit der Mindestbemessungsgrundlage nach § 10 Abs. 4 und 5 UStG zu bemessen. Der Klägerin steht der Vorsteuerabzug aufgrund der Herstellungskosten der Sportanlage und für die laufende Unterhaltung ungekürzt zu. Auch kommt eine Berichtigung des Vorsteuerabzugs nach § 15a UStG nicht in Betracht. 69I. Die Klägerin ist im gesamten Streitzeitraum Unternehmer und selbständiges Steuersubjekt der USt. Eine umsatzsteuerliche Organschaft im Zeitraum 2/2006 – 3/2007 mit dem Verein bestand nicht. Die Umsatzsteuer des Jahres 2007 ist um die vom FA bei der Umsatzsteuerveranlagung des Jahres 2007 zugunsten des beigeladenen Vereins berücksichtigen Vorsteuerbeträge iHv 31.783 €, hiervon nach Auffassung des FA beim Verein abzugsfähig 12.379,58 €, zu vermindern. 70Die Klägerin übt ihre gewerbliche Tätigkeit der Vermietung der Sportanlage an den Verein selbständig aus. 71Die gewerbliche oder berufliche Tätigkeit wird nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG nicht selbständig ausgeübt, wenn eine juristische Person nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in das Unternehmen des Organträgers eingegliedert ist (Organschaft). Die Organschaft führt zu einer Zusammenfassung zu einem Unternehmen beim Organträger. Der Organträger ist Steuerschuldner auch für die aufgrund der Organschaft unselbständig tätige Person. Die Rechtsfolgen der Organschaft treten von Gesetzes wegen ein. Hinsichtlich der Voraussetzungen der Organschaft ist nicht danach zu differenzieren, ob ein Steuerschuldner ‑hier die Klägerin‑ oder der Steuergläubiger Rechtsfolgen aus der Organschaft zu seinen Gunsten ableitet. 72Da sich die mit der Organschaft verbundene Verlagerung der Steuerschuld auf den Organträger finanziell belastend auswirken kann, müssen die Voraussetzungen der Organschaft rechtssicher bestimmbar sein. Dementsprechend erfordert die finanzielle Eingliederung eine eigene Mehrheitsbeteiligung des Organträgers an der juristischen Person (BFH, Urteil vom 02.12.2015 V R 15/14, BFH/NV 2016, 506). Für die organisatorische Eingliederung muss der Organträger im Regelfall mit der juristischen Person über deren Geschäftsführung personell verflochten sein (BFH, Urteil vom 02.12.2015 V R 12/14, BFH/NV 2016, 437). Für die erforderliche wirtschaftliche Eingliederung ist charakteristisch, dass die Organgesellschaft im Gefüge des übergeordneten Organträgers als dessen Bestandteil erscheint; es genügt aber schon, wenn zwischen der Organgesellschaft und dem Unternehmen des Organträgers ein vernünftiger wirtschaftlicher Zusammenhang im Sinne einer wirtschaftlichen Einheit, Kooperation oder Verflechtung ‑sei es auch in verschiedenen Wirtschaftszweigen‑ vorhanden ist. Die Tätigkeiten von Organträger und Organgesellschaft müssen aufeinander abgestimmt sein. Sie müssen sich fördern und ergänzen. Für die umsatzsteuerrechtliche Organschaft kann somit eine den Betrieb der Untergesellschaft fördernde Tätigkeit der Obergesellschaft ausreichen. In Betracht kommt dabei neben Lieferungen von Waren auch das Erbringen sonstiger Leistungen durch den Organträger an die Organgesellschaft. So genügt für die wirtschaftliche Eingliederung die Vermietung eines Betriebsgrundstückes durch den Organträger, wenn dieses für die Organgesellschaft von nicht nur geringer Bedeutung ist, weil es die räumliche und funktionale Grundlage der Geschäftstätigkeit der Organgesellschaft bildet. Die wirtschaftliche Eingliederung setzt entgeltliche Leistungen des Organträgers an die Organgesellschaft voraus, die für das Unternehmen der Tochtergesellschaft zu einer mehr als nur unbedeutenden Entlastung führen (BFH, Urteil vom 18.06.2009 V R 4/08, BStBl II 2010, 310). 73Die Voraussetzungen der wirtschaftlichen Eingliederung der Klägerin in den Verein sind nicht erfüllt, weil der Verein keine Leistungen an die GmbH erbringt. Die zum Betrieb der GmbH erforderlichen Betriebsgrundlagen, nämlich die Grundstücke, werden der GmbH nicht vom Verein, sondern von der Gemeinde D entgeltlich überlassen. Im Gegenteil erbringt die Klägerin in erheblichem Umfang Leistungen an den Verein, indem sie dem Verein die von ihr errichtete Sportanlage entgeltlich zur Verfügung stellt. 74Mangels Organschaft sind die Vorsteuerkürzungen für die Errichtung der Sportanlage, soweit sie auf der Zurechnung der Besteuerungsgrundlagen zum Verein im Jahr 2007 beruhten, zu Unrecht erfolgt. Die geltend gemachten Vorsteuerbeträge wurden dem Verein iHv 31.783,00 € zugerechnet (Bericht über die bei der Klägerin durchgeführte Betriebsprüfung vom 11.04.2012, Tz. 2.3.4.2 (Vorsteuerkorrektur Baukosten 2007)). 75II. Die Klägerin erbringt mit der Verpachtung der Sportanlage an den Verein eine einheitliche Vermietungsleistung, die in die Überlassung eines Grundstücks und in die Überlassung von Betriebsvorrichtungen (als unselbständige Nebenleistung) aufzuteilen ist. Die Verpachtung ist nicht als zwei selbständige Leistungen zu qualifizieren. Die einheitliche Grundstücksüberlassung an den Verein ist aufgrund der Option der Klägerin steuerpflichtig. 761. Die einheitliche Vermietungsleistung der Klägerin besteht aus einer Grundstücksüberlassung und einer Überlassung von Betriebsvorrichtungen. 77Eine einheitliche Leistung liegt vor, wenn mehrere Leistungen so aufeinander abgestimmt sind, dass sie aus Sicht eines Durchschnittsverbrauchers ihre Selbständigkeit verlieren und wirtschaftlich etwas selbständiges „Drittes“ bilden oder wenn es sich um eine Haupt- und eine Nebenleistung handelt (vgl. EuGH, Urteil vom 27.10.2005 C-41/04 ‑Levob Verzekeringen und OV Bank‑, ECLI:EU:C:2005:649). Auch bei der entgeltlichen Überlassung von Sportanlagen ist es grundsätzlich nicht ausgeschlossen, dass die Zurverfügungstellung von Räumen für die Ausübung von Sport oder die Körperertüchtigung unter besonderen Umständen eine Vermietung eines Grundstücks darstellen und damit in den Anwendungsbereich der Befreiung nach Art. 13 Teil B Buchst. b der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern, jetzt Art. 135 Abs. 1 Buchst. l MwStSystRL, fallen. Es ist Sache der nationalen Gerichte, in Anbetracht der besonderen Umstände des jeweiligen Einzelfalls die wesentlichen Merkmale des in Rede stehenden Umsatzes zum Zwecke seiner Einstufung nach der MwStSystRL festzustellen (EuGH, Urteile vom 18.01.2001 C-150/99 ‑Stockholm Lindöpark‑, EU:C:2001:34; vom 22.01.2015 C-55/14 ‑Varenne‑, ECLI:EU:C:2015:29). 78Dienstleistungen, die mit Sport und Körperertüchtigung zusammenhängen, sind hierbei möglichst als Gesamtheit zu würdigen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass das Betreiben einer Sportanlage im Allgemeinen nicht nur die passive Zurverfügungstellung des Grundstücks, sondern außerdem seitens des Dienstleistenden eine Vielzahl geschäftlicher Tätigkeiten wie Aufsicht, Verwaltung und ständige Unterhaltung, Zurverfügungstellung anderer Anlagen umfassen kann. Sofern nicht ganz besondere Umstände vorliegen, kann die Vermietung des Grundstücks daher nicht die ausschlaggebende Dienstleistung darstellen. Zudem ist die Zurverfügungstellung einer Sportanlage gewöhnlich nach Gegenstand und Dauer der Benutzung beschränkt, demgegenüber bildet die Dauer der Grundstücksnutzung ein Hauptelement eines Mietvertrags; wird ein Grundstück überlassen, darf die Benutzung nicht nur gelegentlichen oder vorübergehenden Charakter haben (vgl. EuGH, Urteile vom 18.01.2001 C-150/99 ‑Stockholm Lindöpark‑, ECLI:EU:C 2001:34; vom 22.01.2015 C-55/14 –Varenne‑ ECLI:EU:C:2015:29; BFH, Urteil vom 31.05.2001 V R 97/98, BStBl II 2001, 658). Eine Vermietung iSd § 4 Nr. 12 UStG liegt vor, wenn dem Vertragspartner auf bestimmte Zeit gegen eine Vergütung das Recht eingeräumt wird, ein Grundstück so in Besitz zu nehmen, als wäre er dessen Eigentümer, und jede andere Person von diesem Recht auszuschließen. Werden Betriebsvorrichtungen mitüberlassen, kommt es für die Annahme einer steuerfreien Vermietung oder einer steuerpflichtigen sonstigen Leistung darauf an, welche Leistung prägend ist. Hierbei ist die Mietdauer ein geeignetes Kriterium, um eine selbstständige Vermietungsleistung von einer einheitlichen sonstigen Leistung abzugrenzen; die Dauer der Benutzung stellt ein wesentliches Element eines Mietvertrages dar. Zu berücksichtigen ist, dass sich der Vermietungsbegriff nicht nach dem BGB bestimmt, sondern umsatzsteuerlich nach Art. 135 Abs. 1 Buchst. l MwStSystRL zu beurteilen ist (BFH, Beschluss vom 07.05.2014 V B 94/13, BFH/NV 2014, 1242; Urteil vom 31.05.2001 V R 97/98, BStBl II 2001, 658; EuGH, Urteile vom 18.01.2001 C-150/99 ‑Stockholm Lindöpark‑, ECLI:EU:C:2001:34, Rn 26; vom 22.01.2015 C-55/14 ‑Varenne‑, ECLI:EU:C:2015:29, Rn 36). 79Nach diesen Grundsätzen ist die Verpachtung der Sportanlage einschließlich Gebäude und Betriebsvorrichtungen an den Verein als einzigen Vertragspartner eine einheitliche Leistung. Sie ist mit den Umsätzen des Betreibers einer Sportanlage, der eine Vielzahl von unterschiedlichen Leistungen an wechselnde Benutzer erbringt, nicht vergleichbar. Vielmehr gibt hier die Grundstücksvermietung der Leistung der Klägerin das Gepräge. 80Die Klägerin war verpflichtet, dem Verein die gesamte Sportanlage auf die Dauer von 25 Jahren und damit langfristig zu überlassen. Die Mietdauer ist aus Sicht des Durchschnittsverbrauchers ein geeignetes Kriterium, um eine selbständige Vermietungsleistung von einer einheitlichen sonstigen Leistung abzugrenzen. 81Der Verein hatte das Recht, das Grundstück der Sportanlage so in Besitz zu nehmen, als wäre er dessen Eigentümer, und er konnte jede andere Person von diesem Recht ausschließen. Der Verein war zur alleinigen Nutzung der Sportanlage berechtigt, weil die Klägerin nur insoweit dazu verpflichtet war, die Sportanlage auch Schulen, der Gemeinde oder anderen Vereinen zur Verfügung zu stellen, als dies ihre Belange nicht beeinträchtigte. Dies bestätigt die tatsächliche Handhabung der Nutzung der Sportanlage in den Jahren 2007 bis 2013: in diesen 7 Jahren wurde die Sportanlage lediglich zweimal für vier Tage zur Ausrichtung der Bundesjugendspiele in Anspruch genommen und stand im Übrigen ausschließlich dem Verein zur Verfügung. Für die umsatzsteuerliche Beurteilung maßgeblich ist stets auch die tatsächliche Durchführung der Verträge unter Berücksichtigung der Interessenlage der Beteiligten. 82Unschädlich ist, dass die Klägerin keinen gesonderten Miet- oder Pachtvertrag mit dem Verein geschlossen hat, sondern sich aufgrund des Vertrages mit der Gemeinde vom 15.05.2006, dem Sportanlagen Pacht-, Nutzungs- und Pflegevertrag D, gegenüber der Gemeinde zur Überlassung der Sportanlagen an den Verein verpflichtet hat. Die am 15.05.2006 geschlossenen Verträge der Gemeinde, des Vereins und der Klägerin stehen in einem untrennbaren Zusammenhang, weil sie sämtlich aufgrund der Rahmenvereinbarung des Vereins mit der Gemeinde vom 23.12.2005 vereinbart wurden und die drei Vertragspartner sich bei Abschluss der Verträge ausdrücklich darüber einig waren, dass die vertraglichen Regelungen im Kontext zu sehen und zu behandeln seien. Dies wird auch durch die wortgleiche Präambel aller drei Verträge bestätigt: „Die Gemeinde hat den Bau einer neuen Sportanlage in D und die Unterhaltung der Sportplätze in D und E privatisiert. Der Verein übernimmt hierzu wesentliche Aufgaben, die im Zuge der allgemeinen Daseinsvorsorge von der Gemeinde zu leisten wären.“ 83Zudem beschränkt sich die Grundstücksüberlassung auch nicht auf die Zeiten, in denen auf dem Gelände tatsächlich Sport ausgeübt wird, sondern die Sportanlage und das Gebäude stehen dem Verein für die Dauer von 25 Jahren ununterbrochen und ausschließlich zur Verfügung. Die Leistung der Klägerin besteht in der langfristigen Zurverfügungstellung der Sportanlage, des Gebäudes und der darauf befindlichen Betriebsvorrichtungen. Hierin liegt auch der Unterschied zu der vom EuGH als sonstige Dienstleistung beurteilte entgeltlichen Überlassung eines Fußballstadions (EuGH, Urteil vom 22.01.2015 C-55/14 ‑Varenne‑, ECLI:EU:C:2015:29). Die entgeltliche Überlassung des Fußballstadions erfolgte aufgrund eines Vertrages, der die Nutzungsdauer auf 18 Tage pro Spielsaison (01.07. bis 30.06. des Folgejahres) beschränkte, und damit auf die Zeiten, in denen auf der Anlage tatsächlich gespielt wurde. Dem Fußballclub stand das Stadion gerade nicht während der gesamten Vertragsdauer uneingeschränkt zur Nutzung zur Verfügung, sondern lediglich an wenigen (Spiel-)Tagen. 84Soweit die Klägerin dem Verein mit der Sportanlage auch umfangreiche Betriebsvorrichtungen überlassen hat, handelt es sich um eine unselbständige Nebenleistung, weil die Hauptleistung der langfristigen Grundstücksüberlassung der Leistung der Klägerin durch die Dauer der im Ergebnis alleinigen Nutzungsberechtigung des Vereins das Gepräge gibt. 852. Die – einheitliche - Vermietungsleistung der Klägerin ist trotz ihrer Qualifikation als Grundstücksüberlassung aufgrund der Option der Klägerin steuerpflichtig. 86Die Klägerin ist berechtigt, auf die Steuerfreiheit ihrer entgeltlichen Grundstücksüberlassung zu verzichten. 87Nach § 9 Abs. 1 UStG kann der Unternehmer einen Umsatz, der nach § 4 Nr. 12 UStG steuerfrei ist, als steuerpflichtig behandeln, wenn der Umsatz an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen ausgeführt wird. Bei der Vermietung und Verpachtung von Grundstücken iSd § 4 Nr. 12 S. 1 Buchst. a UStG ist der Verzicht gemäß § 9 Abs. 2 UStG nur zulässig, soweit der Leistungsempfänger das Grundstück ausschließlich für Umsätze verwendet, die den Vorsteuerabzug nicht ausschließen. Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall vor. Denn der die Sportanlage mietende Verein ist ein Unternehmer, der steuerbare und nach deutschem Recht auch steuerpflichtige Umsätze erbringt, die den Vorsteuerabzug nicht ausschließen. 88a. Der beigeladene Verein ist auch insoweit Unternehmer und erbringt umsatzsteuerbare und umsatzsteuerpflichtige Leistungen, als er seinen Mitgliedern gegen die von diesen zu erbringenden Mitgliedsbeiträgen die Nutzung auch der neu errichteten Sportanlage ermöglicht. 89Ein Verein, der seinen Mitgliedern Sportanlagen und damit verbundene Vorteile zur Verfügung stellt, erbringt im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG entgeltliche und mangels Erfüllung eines Befreiungstatbestands steuerpflichtige Leistungen. Die Mitglieder vergüten die vom Verein an sie erbrachten Leistungen durch ihre Jahresbeiträge, ohne dass es für die Steuerbarkeit dieses Leistungsaustausches darauf ankommt, ob der Verein auf Verlangen seiner Mitglieder gezielte Leistungen erbringt (BFH, Urteil vom 20.03.2014 V R 4/13, BFH/NV 2014, 1470; FG Münster, Urteil vom 3.11.2015 15 K 1252/14 U, EFG 2016, 152; EuGH, Urteile vom 08.03.1988 102/88 ‑Apple and Pear Development‑, ECLI:EU:C:1988:120; vom 21.03.2002 C-174/00 ‑Kennemer Golf‑, ECLI:EU:C:2002:200; Heuermann in UR 2014, 877 (879)). 90Der Vertragspartner der Klägerin, der Verein, überlässt die von der Klägerin angepachtete Sportanlage sowie die Sportanlage E und weitere Sportstätten an seine Vereinsmitglieder gegen Zahlung des Mitgliedsbeitrags zur Ausübung sportlicher Aktivitäten. Er ermöglicht seinen Mitgliedern die Möglichkeit der sportlichen Betätigung in sieben Abteilungen Badminton, Basketball, Karate, Fußball, Volleyball, Leichtathletik und Turnen. 91Die Mitgliedsbeiträge sind nach nationalem Recht steuerpflichtig, weil die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 22 Buchst. b UStG nur sportliche Veranstaltungen erfasst, nicht jedoch die Zurverfügungstellung von reinen Trainingsmöglichkeiten oder die bloße Nutzungsüberlassung von Sportanlagen (vgl. BFH, Urteile vom 20.03.2014 V R 4/13, BFH/NV 2014, 1470; vom 18.08.2011 V R 64/09, HFR 2012, 784; vom 11.10.2007 V R 69/06, BFH/NV 2008, 322; Heuermann in UR 2014, 877 (881)). 92Die Mitgliedsbeiträge der über 1.400 Mitglieder des Vereins sind nicht aufgrund Art. 132 Abs. 1 Buchst. m MwStSystRL von der Umsatzsteuer befreit. Der beigeladene Verein hat in der mündlichen Verhandlung vom 08.07.2016 erklärt, dass er sich nicht auf diese Steuerbefreiung beruft. 93Die Steuerbefreiung des Art. 132 Abs. 1 Buchst. m MwStSystRL, nach der die mit Sport und Körperertüchtigung in Zusammenhang stehenden Dienstleistungen umsatzsteuerfrei sind, greift nur dann ein, wenn sich der entsprechende Steuerpflichtige ausdrücklich darauf beruft (Heuermann in UR 2014, 877 (881)). 94b. Dem steht nicht entgegen, dass die Mitgliedsbeiträge des Vereins bislang tatsächlich nicht der Umsatzbesteuerung unterworfen wurden, weil das FA entsprechend Abschn. 4 UStR 2005, 2008 von einem nicht steuerbaren Entgelt der Mitglieder ausgeht. 95Zum einen steht dies einer Option nach § 9 Abs. 1 und 2 UStG grundsätzlich nicht entgegen. Für die Frage, ob ein nach § 9 Abs. 2 UStG zum Vorsteuerabzug berechtigender steuerpflichtiger Umsatz oder ein nicht zum Vorsteuerabzug berechtigender steuerfreier Umsatz vorliegt, kommt es auf die „zutreffende umsatzsteuerrechtliche Beurteilung des tatsächlich verwirklichten Sachverhalts“ an, und nicht auf rechtliche Fehlvorstellungen z.B. über das Vorliegen einer Steuerpflicht (BFH Urteile vom 10.11.2011 V R 41/10, BFH/NV 2012, 670; vom 11.03.2009 XI R 71/07, BFH/NV 2009, 1151). Die Mitgliedsbeiträge sind nach nationalem Recht steuerbare und steuerpflichtige Entgelte. 96Zum anderen beruft sich der Verein in seiner Erklärung in der mündlichen Verhandlung vom 08.07.2016 nicht auf die Steuerbefreiung des Art. 132 Abs. 1 Buchst. m MwStSystRL. Da der Verein mit Beschluss vom 08.04.2016 gemäß §§ 174 Abs. 5 AO; 60 FGO zum Verfahren beigeladen wurde, besteht die Möglichkeit, die Umsatzsteuerbescheide des Vereins für die Streitjahre 2007 bis 2011 entsprechend anzupassen. 97c. Die nach § 9 Abs. 1 UStG erforderliche Verzichtserklärung liegt im Streitfall vor, da die Klägerin bereits durch die Geltendmachung der Vorsteuerbeträge aus den für den Bau der Sportanlage angefallenen Baukosten sowie durch Erstellung ihrer Rechnungen an den Verein über die Überlassung der Sportanlage mit offenem Ausweis der Umsatzsteuer auf die Steuerfreiheit der mittels der Sportanlage geplanten Umsätze verzichtet hat. Zudem hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom 08.07.2016 nochmals ausdrücklich erklärt, dass sie für den Fall des Vorliegens einer nach § 4 Nr. 12 S. 1 UStG Buchst. a UStG steuerfreien Vermietung oder Verpachtung von Grundstücken auf die Steuerbefreiung des § 9 Abs. 1 UStG verzichtet. 983. Die infolge des Verzichts auf die Steuerbefreiung gemäß § 9 Abs. 1, § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a UStG in vollem Umfang steuerpflichtigen Umsätze der Klägerin aus der Verpachtung der Sportanlage an den Verein sind nicht nach der Mindestbemessungsgrundlage gemäß § 10 Abs. 5 Nr. 1 i.V.m. Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 UStG, sondern nach dem Entgelt i.S. des § 10 Abs. 1 UStG zu bemessen. 99Zum einen erhält die Klägerin als Entgelt für die Vermietung der Sportanlage an den Verein nicht nur die Mietzahlungen des Vereins. Vielmehr sind auch der Investitionszuschuss der Gemeinde und die jährlichen Zahlungen der Gemeinde für die Unterhaltung der Sportanlage als Entgelt von dritter Seite für die Überlassung der Sportanlage an den Verein anzusehen und zu Recht von der Finanzverwaltung der Umsatzbesteuerung unterworfen worden. Unabhängig davon ist die Mindestbemessungsgrundlage für die Leistungen der Klägerin an den Verein aber bereits deshalb nicht anwendbar, weil dieser zum vollen Vorsteuerabzug berechtigt ist. 100Gemäß § 10 Abs. 1 Sätze 1 und 2 UStG bemisst sich der Umsatz bei sonstigen Leistungen nach dem Entgelt. Entgelt ist alles, was der Leistungsempfänger aufwendet, um die Leistung zu erhalten, jedoch abzüglich der Umsatzsteuer. 101Nach § 10 Abs. 5 Nr. 1 UStG unterliegen entgeltliche Leistungen, die Körperschaften, Personenvereinigungen sowie Gemeinschaften im Rahmen ihres Unternehmens an ihre Anteilseigner, Gesellschafter, Mitglieder, Teilhaber oder diesen nahestehende Personen ausführen, der sog. Mindestbemessungsgrundlage. Gegenüber nahestehenden Personen, wie hier dem Verein als Gesellschafter der Klägerin, erfolgt die Besteuerung dann nicht auf der Grundlage des vereinbarten Entgelts, sondern nach den Bemessungsgrundlagen des § 10 Abs. 4 UStG (vgl. dazu BFH, Urteil vom 05.06.2014 XI R 44/12, BStBl II 2016, 187). 102§ 10 Abs. 5 UStG stellt eine abweichende Sondermaßnahme i.S. des Art. 27 Abs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG --nunmehr Art. 395 Abs. 1 der MwStSystRL-- dar. Die Vorschrift ist als abweichende nationale Maßnahme zur Verhütung von Steuerhinterziehungen und -umgehungen eng auszulegen und darf nur angewandt werden, soweit dies hierfür unbedingt erforderlich ist (vgl. BFH, Urteile vom 08.10.1997 XI R 8/86, BStBl II 1997, 840; vom 27.02.2008 XI R 50/07, BStBl II 2009, 426; vom 29.05.2008 V R 12/07, BStBl II 2009, 428; vom 19.06.2011 XI R 8/09, BFH/NV 2011, 2184; ferner EuGH, Urteil vom 29.05.1997 C-63/96 –Skripalle‑, ECLI:EU:C:1997:263; BStBl II 1997, 841). 103Der EuGH hat zu Art. 80 der MwStSystRL ‑der die Bestimmungen des Art. 11 Teil A Abs. 6 der Richtlinie 77/388/EWG in der durch die Richtlinie 2006/69/EG des Rates vom 24. Juli 2006 geänderten Fassung übernommen hat‑ für den Fall der Lieferung von Gegenständen oder der Erbringung von Dienstleistungen zu einem künstlich niedrigen oder hohen Preis, der zwischen Beteiligten vereinbart wird, die beide zum vollen Vorsteuerabzug berechtigt sind, entschieden, dass auf dieser Stufe keine Steuerhinterziehung oder -umgehung stattfinde. Erst beim Endverbraucher oder bei einem eine „Mischung“ von Umsätzen bewirkenden Steuerpflichtigen, der nur zu einem Pro-Rata-Abzug berechtigt sei, könne ein künstlich hoher oder niedriger Preis zu einem Steuerausfall führen. Nur wenn die von dem Vorgang betroffene Person nicht zum vollen Vorsteuerabzug berechtigt sei, bestehe ein Risiko von Steuerhinterziehung oder -umgehung, dem die Mitgliedstaaten vorbeugen dürften (BFH, Urteil vom 05.06.2014 XI R 44/12, BStBl II 2016, 187; EuGH, Urteil vom 26.04.2012 C-621/10 und C-129/11 ‑Balkan and Sea Properties‑, ECLI:EU:C:2012:248). 104Gemessen daran kommt die Mindestbemessungsgrundlage nicht zur Anwendung, weil der Verein sich ausweislich seiner Erklärung in der mündlichen Verhandlung vom 08.07.2016 nicht auf die Steuerbefreiung des Art. 132 Abs. 1 Buchst. m MwStSystRL beruft, so dass die an ihn gezahlten Mitgliedsbeiträge – nach nationalem Recht – steuerbar und steuerpflichtig bleiben und er aufgrund dessen auch zum vollen Vorsteuerabzug aufgrund der an ihn von der Klägerin erbrachten Vermietungsleistungen berechtigt ist. 105III. Der Vorsteuerabzug für die Herstellungskosten der Sportanlage ist ungekürzt zu gewähren, weil die Vermietung der Sportanlage für beide Bereiche (Grundstücksüberlassung und Überlassung der Betriebsvorrichtung) steuerpflichtig ist und Klägerin die Aufwendungen für die Herstellung der Sportanlage zur Erzielung dieser steuerpflichtigen Umsätze verwendet. Entsprechendes gilt für die laufenden Unterhaltungskosten der Sportanlage. Anhaltspunkte dafür, dass die übrigen Voraussetzungen des Vorsteuerabzugs nach § 15 Abs. 1 UStG nicht erfüllt sein könnten, liegen nicht vor. 106IV. Der Vorsteuerabzug für die Errichtung der Sportanlage im Jahr 2006 ist in den Streitjahren nicht gemäß § 15a UStG zu berichtigen. 107Gemäß § 15 a Abs. 1 UStG ist für den Fall, dass sich bei einem Wirtschaftsgut, das nicht nur einmalig zur Ausführung von Umsätzen verwendet wird, innerhalb von fünf Jahren ab dem Zeitpunkt der erstmaligen Verwendung die für den ursprünglichen Vorsteuerabzug maßgebenden Verhältnisse ändern, für jedes Kalenderjahr der Änderung ein Ausgleich durch eine Berichtigung des Abzugs der auf die Anschaffungs- oder Herstellungskosten entfallenden Vorsteuerbeträge vorzunehmen. Bei Grundstücken einschließlich ihrer wesentlichen Bestandteile und bei Gebäuden auf fremdem Grund und Boden tritt an die Stelle des Zeitraums von fünf Jahren ein Zeitraum von zehn Jahren. 108Der Klägerin steht für die Aufwendungen für die Errichtung der Sportanlage der Vorsteuerabzug – wie bereits dargelegt - in voller Höhe zu, weil sie die Eingangsumsätze zur Ausführung steuerpflichtiger Vermietungsumsätze verwendet. Eine Änderung der Verhältnisse ist nicht eingetreten. 109V. Die umsatzsteuerlichen Auswirkungen iHv insgesamt 94.295,72 € berechnen sich wie folgt: 110UStG 2007 2008 2009 2010 2011 I. § 2 31.783,00 € II. § 10 4.785,99 € 8.171,36 € 7.830,63 € 8.126,59 € III. § 15 17.389,78 € (15.754,29 € + 1.635,49 €) 1.154,33 € 1.222,60 € 861,81 € 1.064,97 € IV. § 15a 1.811,66 € 1.811,66 € 1.811,66 € 1.811,66 € 1.811,66 € 58.140,13 € 11.137,35 € 10.864,99 € 10.800,06 € 2.876,63 € 111Hinsichtlich der Berechnungsgrundlagen wird auf den Bericht über die bei der Klägerin durchgeführten Betriebsprüfung vom 11.04.2012, insbesondere Tz. 2.3.4.2 Vorsteuerkorrektur Baukosten 2007; Tz 2.3.3.3 Ermittlung der Mindestbemessungsgrundlage; Tz 2.3.5 Vorsteuerabzug aus laufenden Gebäudekosten; Tz 2.3.4.1 Vorsteuerkorrektur Baukosten 2006 sowie die von der Klägerin eingereichten Anlagen zu den Umsatzsteuererklärungen der Jahre 2009 und 2010 Bezug genommen. 112VI. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 und 3 FGO.
der umsatzsteuerbescheid für das jahr 2007 in gestalt des änderungsbescheides vom 08.05.2014 und die umsatzsteuerfestsetzungen der jahre 2008 bis 2011 in gestalt der einspruchsentscheidung vom 27.03.2013 werden wie folgt geändert: die umsatzsteuer für das jahr 2007 wird auf ./. 58.140,13 €, die umsatzsteuer für das jahr 2008 wird auf 8.448,92 €; die umsatzsteuer für das jahr 2009 wird auf 11.412,16 €, die umsatzsteuer für das jahr 2010 wird auf 7.793,95 € und die umsatzsteuer für das jahr 2011 wird auf 13.525,72 € festgesetzt. die kosten des verfahrens mit ausnahme der kosten des beigeladenen, die nicht erstattungsfähig sind, fallen dem beklagten zur last, der streitwert wird auf 94.295 € festgesetzt. 1
2die klägerin wendet sich gegen die aufteilung der vermietung einer sportanlage in eine steuerfreie grundstücksvermietung und eine steuerpflichtige vermietung von betriebsvorrichtungen, die anwendung der mindestbemessungsgrundlage bei der ermittlung des entgelts für letztere, gegen die aus der aufteilung folgende kürzung des vorsteuerabzugs für die in zusammenhang mit der steuerfreien grundstücksvermietung stehenden aufwendungen und gegen die anwendung des § 15a ustg für entsprechende aufwendungen aus dem vorjahr. 3die klägerin, die a gmbh, wurde mit vertrag vom 09.02.2006 gegründet. gesellschaftszweck der klägerin ist der bau, der betrieb und die unterhaltung von sport- und freizeitanlagen. alleiniger gesellschafter der klägerin war bis zum 22.03.2007 der b e.v. ‑verein‑, seitdem sind der verein und der förderverein c e.v. mit je 50 % an der klägerin beteiligt. geschäftsführer der klägerin waren in den streitjahren der stellvertretende vorsitzende des vereins und der geschäftsführer des vereins, jeweils zur einzelvertretung der klägerin berechtigt. 4vor gründung der klägerin, bereits am 23.12.2005, schlossen der verein und die gemeinde d eine rahmenvereinbarung „zur erreichung des gemeinsamen ziels, in der gemeinde eine neue sportanlage zu errichten und zu unterhalten“. auf einem der gemeinde gehörenden grundstück sollte der verein eine bereits geplante sportanlage errichten, und zwar mittels einer vom verein zu gründenden gmbh. die gemeinde wollte sich mit einem betrag von insgesamt 1.250.000 € an den kosten der planung und der errichtung der sportanlage beteiligen. der verein sollte die neu erstellte sportanlage betreiben und zudem ab dem 01.01.2007 die unterhaltung und pflege des vorhandenen sportplatzes in e übernehmen, er sollte die laufenden kosten der unterhaltung und pflege tragen und von der gemeinde einen jährlichen unterhaltungskostenzuschuss erhalten. der verein sicherte die benutzungsmöglichkeit aller sportanlagen für die d schulen und bei eigenbedarf durch die gemeinde zu. 5am 15.05.2006 schlossen der verein, die klägerin und die gemeinde auf der grundlage der am 23.12.2005 geschlossenen vereinbarung drei verträge, einen sportanlagen-fördervertrag (gemeinde - verein), einen sportanlagen überlassungs-, nutzungs- und pflegevertrag e (gemeinde - klägerin) sowie einen sportanlagen pacht-, nutzungs- und pflegevertrag d (gemeinde - klägerin). die vertragspartner waren sich darüber einig, dass diese vertraglichen regelungen im kontext zu sehen und zu behandeln seien. die präambel der drei verträge lautet jeweils: 6„die gemeinde d hat den bau einer neuen sportanlage in d und die unterhaltung der sportplätze in d und e privatisiert. der b e.v. übernimmt hierzu wesentliche aufgaben, die im zuge der allgemeinen daseinsfürsorge von der kommune zu leisten wären." 7auf der grundlage des sportanlagen-fördervertrages zwischen der gemeinde und dem verein sollte der verein zur durchführung seiner sportlichen und sozialen aktivitäten 25 jahre lang einen jährlichen zuschuss ihv 52.011,75 € von der gemeinde erhalten. 8nach dem sportanlagen überlassungs-, nutzungs- und pflegevertrag e zwischen der gemeinde und der klägerin überließ die gemeinde der klägerin den sportplatz e zur eigenverantwortlichen nutzung. die sportanlagen sollten dem verein zur nutzung im rahmen seiner sportlichen aktivitäten überlassen werden und auch den schulen, der gemeinde und anderen vereinen zur verfügung gestellt werden. für die erledigung der übernommenen aufgaben der pflege sollte die klägerin von der gemeinde jährlich eine vergütung ihv 15.000 € zzgl. der gesetzlichen mehrwertsteuer erhalten. 9nach dem sportanlagen pacht-, nutzungs- und pflegevertrag d zwischen der gemeinde und der klägerin pachtete letztere von der gemeinde das grundstück in d … an. auf diesem grundstück sollte die klägerin eine sportanlage entsprechend der bereits vorliegenden planung errichten (§ 2 abs. 1). die gemeinde stellte der klägerin die sportanlagen gemäß § 2 abs. 1 zur eigenverantwortlichen nutzung zur verfügung. um die anlage errichten zu können, zahlte die gemeinde an die klägerin einen investitionszuschuss ihv 625.000 €. mit gesondertem darlehensvertrag gewährte die gemeinde der klägerin für die errichtung der sportanlage zudem ein darlehen in höhe von 625.000 €. sollte die errichtung der sportanlage nicht begonnen oder nicht zu ende geführt werden, sollte kein anspruch der klägerin auf zahlung weiterer oder überlassung bereits gezahlter zuschüsse/darlehensbeträge bestehen. sollten bereits finanzmittel der gemeinde ausgezahlt worden seien, hatte die gemeinde einen anspruch auf überlassung der planungsunterlagen. die klägerin verpflichtete sich, nach fertigstellung der sportanlagen diese für die dauer von 25 jahren an den verein zur nutzung im rahmen seiner sportlichen aktivitäten zu überlassen und die anlagen schulen, der gemeinde und anderen vereinen zur verfügung zu stellen, soweit dies ihre eigenen belange nicht beeinträchtigte. im falle einer solchen nutzung war die klägerin berechtigt, einen finanziellen ausgleich zu verlangen (§ 5 abs. 2). zur erledigung der laufenden unterhaltung der sportanlage sollte die klägerin von der gemeinde eine vergütung ihv 55.000 € zzgl. der gesetzlichen mehrwertsteuer erhalten (§ 10 abs. 1). der zuschuss sollte angepasst werden, wenn sich die kostenfaktoren personalkosten nach tarifvertrag, energiekosten oder materialkosten um mehr als 3 % seit vertragsbeginn bzw. der letzten anpassung erhöhten (§ 10 abs. 2). die sportanlagen sollten bei beendigung des vertragsverhältnisses in dem zustand zurückgegeben werden, in dem sie sich zu beginn befunden haben. zudem war die klägerin verpflichtet, bauliche anlagen, die abweichend von § 2 abs. 1 des vertrages eingebaut worden waren, auf verlangen der gemeinde zu beseitigen und den ursprünglichen zustand wieder herzustellen (§ 16). 10am 22.12.2006 schlossen die gemeinde und die klägerin einen weiteren „sportanlagen pacht- und nutzungsvertrag d“, der „den vertrag vom 15.06.2006“ ersetzen sollte. in änderung des vertrages vom 15.05.2006 verpflichtete sich die klägerin nunmehr, auf dem von der gemeinde gepachteten gelände „im eigenen namen und für eigene rechnung“ eine sportanlage zu errichten (§ 2). zudem wurde in § 6 des vertrages erstmalig folgende „eigentumsbestimmung“ getroffen: „die vertragsparteien stimmen darin überein, dass alle von der klägerin neu geschaffenen baulichen und sonstigen anlagen zu vorübergehenden zwecken mit dem grund und boden verbunden sind (§ 95 bgb) und nach ablauf der pachtzeit das vertragsgrundstück in seinen ursprünglichen zustand zurückversetzt werden muss. bei beendigung des vertragsverhältnisses ist die klägerin auf verlangen der gemeinde verpflichtet, alle baulichen anlagen, die von der klägerin eingebaut wurden, auf ihre kosten zu entfernen und den ursprünglichen zustand wieder herzustellen (§ 14 des vertrages).“ für das vorhalten sportlicher betätigungsmöglichkeiten für die bevölkerung sollte die klägerin weiterhin einen jährlichen zuschuss von 55.000 € erhalten, der unverändert bei bestimmten kostensteigerungen erhöht werden sollte. näheres sollte jedoch durch einen gesonderten bewilligungsbescheid geregelt werden (§ 8 des vertrages „zuschuss“). ein entsprechender bewilligungsbescheid der gemeinde d erging am 09.01.2007. 11hinsichtlich der weiteren einzelheiten wird auf die vereinbarung vom 23.12.2005, die drei verträge vom 15.05.2006 und den vertrag vom 22.12.2006 bezug genommen. 12die baumaßnahmen für die sportanlage begannen im jahr 2006. fertiggestellt wurde die anlage im mai 2007. die sportanlage besteht neben den außenanlagen - kunstrasen- und naturrasenplatz, leichtathletikwettkampfanlage mit integrierten beachvolleyball- und basketballfeldern - aus einem gebäude, in dem sich ein gaststättenbereich mit außenterrasse befindet, sowie umkleide-, trainer- und mannschaftsräume, büroräume und ein technikraum. die gemeinde zahlte den investitionszuschuss ihv 625.000 € entsprechend dem baufortschritt der anlage an die klägerin im jahr 2006 aus. 13die klägerin überließ die sportanlage ab fertigstellung im mai 2007 dem verein zur nutzung für dessen vereinszwecke, und berechnete dem verein für die quartale ii - iv/2007 jeweils 10.926,84 € netto (+ ust 2.076,10 € = 13.002,94 € brutto). ein gesonderter vertrag über überlassung der sportanlage wurde nicht geschlossen. die gemeinde nahm die sportanlage in den jahren 2007 bis 2013 insgesamt zwei mal zur ausrichtung der bundesjugendspiele in anspruch. eine gesonderte kosteninanspruchnahme der gemeinde durch die klägerin erfolgte nicht. 14mit vertrag vom 18.07.2007 verpachtete die klägerin das clubheim einschließlich der einrichtung ab dem 01.08.2007 an frau f. diese war zudem zur durchführung der pflege und unterhaltung der sportanlagen d und e verpflichtet. 15am 12.08.2009 ordnete das fa die durchführung einer umsatzsteuer-sonderprüfung für die jahre 2006 und 2007 bei der klägerin und dem verein an. 161. der prüfer vertrat die auffassung, dass zwischen dem verein als organträger und der klägerin als organgesellschaft bis zum 22.03.2007 eine umsatzsteuerliche organschaft anzunehmen sei. der verein sei bis zu diesem zeitpunkt alleiniger gesellschafter der klägerin gewesen, bei den geschäftsführern der klägerin handele es sich um den stellvertretenden vorsitzenden sowie den geschäftsführer des vereins. 172. der investitionszuschuss der gemeinde an die gmbh ihv 625.000 € im jahr 1996 sei kein nicht steuerbarer zuschuss, sondern insoweit als vorausgezahltes steuerpflichtiges nutzungsentgelt zu behandeln, als er anteilig auf die betriebsvorrichtungen entfalle. der auf die überlassung von betriebsvorrichtungen entfallende anteil betrage 396.953,78 € (netto). ein anderer zweck, als die anlage für gemeindezwecke über einen gesicherten zeitraum von 25 jahren nutzen zu können und dafür ein entsprechendes entgelt zu zahlen, sei nicht erkenntlich. die zahlung des betrages von 625.000 € sei in direktem zusammenhang mit der zugesicherten leistung der gmbh zu sehen. der auf die errichtung der gaststätte entfallende anteil sei umsatzsteuerlich unbeachtlich. hinsichtlich der einzelheiten der berechnung wird auf tz. 15 des berichts über die bei der klägerin durchgeführte umsatzsteuer-sonderprüfung vom 07.10.2009 bezug genommen. 183. die in den streitjahren 2007 – 2011 erfolgte vermietung der sportanlage an den verein und die gemeinde sei in eine steuerfreie grundstücksvermietung und eine steuerpflichtige vermietung von betriebsvorrichtungen aufzuteilen. 19a. für die vermietung der betriebsvorrichtungen an den verein komme zudem die mindestbemessungsgrundlage nach § 10 abs. 5 ustg ivm. § 10 abs. 4 nr. 2 ustg zur anwendung. die tatsächlichen kosten der klägerin für die unterhaltung der betriebsvorrichtungen einschließlich der anzurechnenden herstellungskosten beliefen sich für den zeitraum april bis dezember 2007 auf 57.571,50 €. tatsächlich habe der verein lediglich 32.780,52 € gezahlt, so dass die umsätze der klägerin gemäß § 10 ustg um 24.790,98 € zuzüglich 4.710,29 € ust zu erhöhen seien. hinsichtlich der einzelheiten der berechnung wird auf tz. 15 buchst. b des berichts über die bei der klägerin durchgeführte umsatzsteuer-sonderprüfung vom 07.10.2009 bezug genommen. 20b. da die vermietung der sportanlage an den verein in eine steuerfreie grundstücksvermietung und eine steuerpflichtige vermietung von betriebsvorrichtungen aufzuteilen sei, seien auch entsprechend dieser aufteilung die auf die steuerfreie grundstücksvermietung entfallenden vorsteuerbeträge aus den gebäudeherstellungskosten 2007 nicht zum abzug nach § 15 abs. 2 nr.1 ustg zuzulassen. die vorsteuerbeträge aus den gebäudeherstellungskosten ihv 57.089,15 € seien zudem zu 55,19 % in den monaten januar bis märz während des organschaftsverhältnisses mit dem verein angefallen und lediglich ihv 44,81 % der klägerin zuzuordnen. die vorsteuerbeträge seien damit ihv 31.507,70 € nicht der klägerin, sondern dem verein zuzurechnen. der verbleibende vorsteuerabzug sei wegen der verwendung für die steuerfreie grundstücksvermietung um 15.617,69 € zu kürzen. 21c. die vorsteuer aus den laufenden gebäudeunterhaltungskosten seien ihv 1.637,40 € als auf die steuerfreie grundstücksvermietung entfallend nicht zum abzug zuzulassen. 22wegen der berechnung wird auf tz. 17 und 18 des berichts über die bei der klägerin durchgeführte umsatzsteuer-sonderprüfung vom 07.10.2009 bezug genommen. 234. darüber hinaus sei der während der bauphase in anspruch genommene vorsteuerabzug für die herstellung des vom verein genutzten gebäudes bis zum 31.12.2006 ihv insgesamt 18.116,57 € gemäß § 15a ustg zu korrigieren, weil die vermietung der sportanlage teilweise steuerfrei erfolge. hiervon entfalle ein betrag von 1.811,66 € auf das jahr 2007. hinsichtlich der einzelheiten der berechnung wird auf tz. 16 des berichts über die bei der klägerin durchgeführte umsatzsteuer-sonderprüfung vom 07.10.2009 bezug genommen. 24am 11.11.2009 reichte die klägerin eine umsatzsteuer-jahreserklärung für das jahr 2008 ein, die einer umsatzsteuerfestsetzung unter dem vorbehalt der nachprüfung gleichstand. 25am 12.07.2010 erließ das fa einen entsprechend den feststellungen der umsatzsteuer-sonderprüfung geänderten umsatzsteuerbescheid für das jahr 2007 und setzte die umsatzsteuer auf ./. 2.443,41 € fest. gegen diesen bescheid legte die klägerin am 20.07.2010 einspruch ein. die besteuerungsgrundlagen der monate januar bis märz 2007 wurden aufgrund der annahme einer organschaft im umsatzsteuerbescheid für das jahr 2007 des vereins erfasst. 26am 22.08.2011 wurde sowohl bei der klägerin als auch bei dem verein die durchführung einer betriebsprüfung für die jahre 2006 – 2008 angeordnet. der prüfer folgte hinsichtlich der errichtung und der überlassung der sportanlage an den verein sowie der behandlung der zuschüsse der gemeinde an den verein und die klägerin der auffassung des umsatzsteuer-sonderprüfers. er errechnete lediglich eine mindestbemessungsgrundlage von 57.969,93 € (statt bisher 57.571,50 €), umsatzsteuer hierauf 4.785,99 €, auf den verein entfallende vorsteuerbeträge aus den gebäudeherstellungskosten ihv 31.783,26 € (statt bisher 31.507,70 €); nicht abzugsfähige vorsteuern aus gebäudeherstellungskosten ihv 15.754,29 € (statt bisher 15.617,69 €) und aus laufenden gebäudekosten ihv 1.635,49 € (statt bisher 1.637,40 €). die baukosten des jahres 2007 ihv insgesamt 303.099,02 €, umsatzsteuer hierauf 57.588,81 €, seien dem verein als organträger bis einschließlich märz 2007 zu 55,19 % und der klägerin als organgesellschaft zu 44,81 % zuzuordnen. von den vorsteuerbeträgen seien insgesamt 61,05 % nicht abzugsfähig, weil sie auf den nicht zum vorsteuerabzug berechtigenden vereinsbereich entfielen. die klägerin könne von den auf die baukosten entfallenden vorsteuerbeträgen daher lediglich einen betrag ihv 10.051,26 € als vorsteuer in anspruch nehmen. 27auch die geltend gemachten vorsteuern aus den allgemeinen laufenden betriebskosten seien um 61,05 % (1.635,49 € (2007) und 1.154,33 € (2008)) als auf die nicht steuerpflichtige grundstücksüberlassung entfallend zu kürzen. 28hinsichtlich der weiteren einzelheiten der feststellungen wird auf den bericht über die bei der klägerin durchgeführte betriebsprüfung vom 11.04.2012, insbesondere tz. 2.3.3.3. mindestbemessungsgrundlage, tz 2.3.4.2 vorsteuerkorrektur baukosten 2007 und tz 2.3.5 vorsteuerabzug laufende gebäudekosten bezug genommen. 29aufgrund der feststellungen der betriebsprüfung ergingen am 20.04.2012 geänderte umsatzsteuerbescheide für die jahre 2007 und 2008. die vorbehalte der nachprüfung in den steuerbescheiden wurden aufgehoben. der umsatzsteueränderungsbescheid für 2007 wurde gegenstand des bereits anhängigen einspruchsverfahrens. 30am 30.07.2012 gab die klägerin eine berichtigte umsatzsteuererklärung für 2009 ab, der mit abrechnung vom 13.08.2012 zugestimmt wurde. der umsatzsteuererklärung 2010 wurde mit abrechnung vom 13.04.2012 und der für das streitjahr 2011 mit abrechnung vom 14.1.2013 zugestimmt. 31gegen den umsatzsteueränderungsbescheid 2008, sowie gegen die festsetzungen 2009, 2010 und 2011 legte die klägerin ebenfalls einspruch ein. sie wandte sich in allen streitjahren gegen die aufteilung der vermietung der sportanlage an den verein in eine steuerfreie grundstücksvermietung und eine steuerpflichtige vermietung von betriebsvorrichtungen, die kürzung des vorsteuerabzuges aus den baukosten und aus den laufenden kosten sowie gegen die vorsteuerrückforderung gemäß § 15a ustg für die herstellungskosten des jahres 2006. 32mit ausführlicher einspruchsentscheidung vom 27.03.2013 wies das fa den einspruch der klägerin gegen die umsatzsteuerbescheide der jahre 2007 bis 2011 als unbegründet zurück. 33die vermietung der sportanlage an den verein sei keine einheitliche umsatzsteuerpflichtige sonstige leistung, sondern vielmehr in eine nach § 4 nr.12 a ustg steuerfreie grundstücksvermietung und eine steuerpflichtige vermietung von 34betriebsvorrichtungen aufzuteilen. 35dementsprechend seien die vorsteuerbeträge aus den baukosten des jahres 2007 und aus den laufenden gebäudekosten nur insoweit abzugsfähig, als sie in zusammenhang mit der steuerpflichtigen überlassung von betriebsvorrichtungen stünden. soweit die vorsteuerbeträge auf die steuerfreie grundstücksvermietung an den verein entfielen, sei ein vorsteuerabzug ausgeschlossen. 36die bis zum 31.12.2006 aus den herstellungskosten des gebäudes geltend gemachten vorsteuerbeträge seien ab dem jahr 2007 gemäß § 15a abs. 1 ustg mit einem jährlichen betrag von 1.811,66 € (§ 15a abs.1 ustg) zurückzuzahlen. im streitfall sei sowohl der verein als organträger im zeitraum 2006 als auch die klägerin von einer steuerpflichtigen vermietung der sportanlage ausgegangen. tatsächlich sei die sportanlage jedoch ab 2007 teilweise steuerfrei und damit anderweitig erstmalig genutzt worden. 37für die steuerpflichtige vermietung der betriebsvorrichtungen an den verein seien die regelungen der mindestbemessungsgrundlage § 10 abs. 5 ustg ivm. § 10 abs. 4 nr.2 ustg anzuwenden, weil es sich bei dem verein um einen gesellschafter der klägerin handele und die selbstkosten für die herstellung und unterhaltung der betriebsvorrichtungen das entgelt überstiegen. 38die grundsätze der mindestbemessungsgrundlage seien anwendbar, weil das vereinbarte entgelt nicht marküblich sei, sondern durch das gesellschaftsverhältnis beeinflusst werde. ein fremder vermieter würde die pacht anders berechnen. im streitjahr 2008 übersteige bereits die position laufende kosten in der gewinn- und verlustrechnung diesen wertansatz. 39der von der gemeinde gewährte baukostenzuschuss ihv 625.000 € sei zwar als vorausgezahltes steuerpflichtiges nutzungsentgelt für die sportanlage behandelt worden, hierin liege jedoch keine vergleichsmiete ihv jährlich 25.000 € (bei einer pachtdauer von 25 jahren). im sportanlagen pacht- und nutzungsvertrag d vom 22.12.2006 sei unter § 5 ziffer 2 vertraglich festgelegt worden, dass die klägerin auch der gemeinde anteilige kosten einer etwaigen tatsächlichen nutzung zusätzlich in rechnung stellen könne. damit sei ein direkter zahlenmäßiger vergleich nicht möglich. 40hinsichtlich der weiteren einzelheiten wird auf die einspruchsentscheidung vom 27.03.2013 bezug genommen. 41mit ihrer hiergegen gerichteten klage wendet sich die klägerin weiterhin gegen die aufteilung der vermietung der sportanlage an den verein in eine steuerfreie grundstücksüberlassung und eine steuerpflichtige überlassung von betriebsvorrichtungen, sowie die sich daraus ergebenden folgen hinsichtlich des vorsteuerabzugs und der vorsteuerberichtigung nach § 15a ustg. zudem wendet sich die klägerin gegen die anwendung der mindestbemessungsgrundlage auf die umsätze aus der überlassung der betriebsvorrichtungen an den verein. 421. die überlassung der sportanlage durch die klägerin an den verein sei nicht in eine steuerfreie grundstücksvermietung und eine steuerpflichtige vermietung von betriebsvorrichtungen aufzuteilen, sondern als einheitliche steuerpflichtige leistung anzusehen. 43leistungen im zusammenhang mit sportanlagen seien als dienstleistungen, die mit sport und körperertüchtigung zusammenhängen, möglichst als gesamtheit zu würdigen. der betrieb einer sportanlage umfasse nicht nur die passive zurverfügungstellung eines geländes, sondern außerdem seitens des dienstleistenden eine vielzahl geschäftlicher tätigkeiten wie aufsicht, verwaltung und ständige unterhaltung, zurverfügungstellung anderer anlagen, so dass nur beim vorliegen ganz besondere umstände die vermietung des grundstücks die ausschlaggebende dienstleistung darstelle (eugh, urteile vom 22.01.2015 c-55/14 ‑varenne- ecli:eu:c:2015:29; vom 18.01.2001 c-150/99 ‑stockholm lindöpark‑ ecli:eu:c:2001:34). 44derartige ganz besondere umstände lägen nicht vor. die langjährige vermietung eines turnhallengebäudes samt betriebsvorrichtungen (vgl. hierzu bfh, urteil vom 17.12.2008 xi r 23/08, bstbl ii 2010,208) sei aus der maßgeblichen sicht eines durchschnittsverbrauchers nicht mit dem betreiben einer sportanlage vergleichbar. alleine wegen des ständigen ausgesetztseins von witterungseinflüssen einer solchen anlage komme der klägerin eine betreuungsverpflichtung zu, die über die bloße reinhaltung und energiezufuhr einer turnhalle hinausgehe. zudem verpachte die klägerin eine gaststätte/kantine, unterhalte parkplätze und beschäftige einen platzwart, so dass die bloße vermietung von grund und boden in den hintergrund rücke. ein durchschnittsverbraucher würde aus seiner sicht das gesamtpaket der bereitstellung der betriebsvorrichtungen, umkleideanlagen und duschen, der parkplätze für die nutzer, die möglichkeit der anschließenden essens- und getränkeaufnahme, die pflege und ständige erhaltung der anlage durch personal als bedeutsam empfinden. der grund und boden würde von diesem als mittel zum zweck, und nicht als maßgeblich eingestuft werden. 452. da eine einheitliche steuerpflichtige leistung der klägerin an den verein vorliege, komme eine vorsteuerkürzung unter hinweis auf § 15 abs. 2 ustg nicht in betracht. die vorsteuerbeträge aus den baukosten und aus den laufenden gebäudekosten seien nicht aufzuteilen, sondern auch insoweit vollständig abziehbar, als sie ihv 15.754,29 € (2007) und 1.635,49 € (2007), 1.154,33 € (2008), 1.222,60 € (2009), 861,81 € (2010) und 1.064,97 € (2011) auf den vom verein genutzten grundstücksteil entfielen. § 15a ustg komme nicht zur anwendung, so dass die vorsteuerkorrektur von 1.811,66 € jährlich rückgängig zu machen sei. die klägerin und der verein seien bei baubeginn von einer steuerpflichtigen sonstigen leistung ausgegangen, die von der klägerin erbracht werde. eine änderung der verhältnisse habe nicht stattgefunden. 463. soweit das gericht der auffassung des fa folgen sollte und davon ausgehe, dass die überlassung der sportanlage in eine steuerfreie grundstücksüberlassung und eine steuerpflichtige überlassung von betriebsvorrichtungen aufzuteilen sei, habe das fa auf jeden fall in den streitjahren 2007 - 2010 zu unrecht die überlassung der betriebsvorrichtungen an den verein mit der mindestbemessungsgrundlage anstelle des tatsächlich geleisteten entgelts der besteuerung zugrunde gelegt und die umsätze um 25.189,41 €, ust hierauf 4.785,99 € (2007), 43.007,13 €, ust hierauf 8.171,36 € (2008), 41.213,85 €, ust hierauf 7830,63 € (2009) und 42.771,54€, ust hierauf 8.126,60 € (2010) erhöht. 47das fa lasse außer betracht, dass der pachtzins unter marktüblichen bedingungen vereinbart worden sei. die klägerin und der verein hätten die berechnungsgrundlagen des pachtzinses nachvollziehbar erläutert und festgelegt. die vorgenannte berechnung entspreche nicht nur dem wesen einer kaufmännischen kalkulation unter einbeziehung der abzudeckenden kosten bzw. werteverzehrs und eines angemessenen unternehmerlohns, vielmehr gebe sie das marktübliche entgeltsfindungsszenario in vergleichbaren nutzungsfällen wieder. bereits im jahr 2011 liege die mindestbemessungsgrundlage mit 40.331,09 € unter dem tatsächlich gezahlten entgelt von 43.707,36 €. 48zudem sei zumindest die zahlung der gemeinde ihv 625.000 €, die das fa als ein entgelt für die 25-jährige nutzungsmöglichkeit der sportanlage beurteile, als vergleichsmiete für die überlassung der sportanlage anzusehen. diese liege mit einem betrag von 24.000 € jährlich unter dem zwischen dem verein und der klägerin vereinbarten pachtzins. die vertragliche regelung, dass die klägerin auch der gemeinde anteilige kosten der nutzung in rechnung stellen könne, entkräfte diese vergleichsmöglichkeit nicht, weil der gemeinde bislang keine weiteren kosten in rechnung gestellt worden seien. 49der umsatzsteuer für das jahr 2007 wurde mit einem gemäß § 174 ao geänderten bescheid vom 08.05.2014 um 7.479,50 € erhöht und die umsatzsteuer auf 5.109,80 € festgesetzt, weil sich in einem vom verein gegen die umsatzsteuerfestsetzung des jahres 2007 geführten einspruchsverfahrens herausgestellt hatte, dass die dem verein als organträger des jahres 2007 zugerechnete vorsteuerkürzung für die gebäudeherstellungskosten ihv 7.479,50 € tatsächlich der klägerin zuzurechnen war. 50das klageverfahren des vereins gegen den geänderten umsatzsteuerbescheid für das jahr 2006 war unter dem aktenzeichen 1 k 1126/13 u anhängig. zudem hat der verein gegen den aufgrund der feststellungen der betriebsprüfung geänderten umsatzsteuerbescheid für das jahr 2007 einspruch eingelegt, über den das fa noch nicht entschieden hat. 51der senat hat den verein mit beschluss vom 08.04.2016 gemäß §§ 174 abs. 5 s. 2 ao; 60 fgo zum verfahren beigeladen. 52in der mündlichen verhandlung vom 08.07.2016 erklärte der verein, dass er sich hinsichtlich der umsatzsteuerlichen behandlung der mitgliedsbeiträge seiner vereinsmitglieder nicht auf die mehrwertsteuerbefreiung nach art. 132 abs. 1 buchst. m mwstsystrl berufe. die klägerin erklärte die option zur steuerpflicht gemäß § 9 ustg hinsichtlich gegebenenfalls anzunehmender grundstücksumsätze. 53die klägerin beantragt, 54die umsatzsteuerfestsetzungen der jahre 2007 bis 2011 in der form des änderungsbescheides vom 08.05.2014 (umsatzsteuer 2007) und in der form der einspruchsentscheidung vom 27.03.2013 wie folgt zu ändern: 55die umsatzsteuer für das jahr 2007 wird um 58.140,30 € (23.987,43 € + 7.479,50 € + 31.783,00 €) auf ./. 58.140,13 € herabgesetzt; 56die umsatzsteuer für das jahr 2008 wird um 11.137,35 € auf 8.448,92 € herabgesetzt; 57die umsatzsteuer für das jahr 2009 wird um 10.864,91 € auf 11.412,16 € herabgesetzt; 58die umsatzsteuer für das jahr 2010 wird um 10.800,07 € auf 7.793,95 € herabgesetzt; 59die umsatzsteuer für das jahr 2011 wird um 2.876,63 € auf 13.525,72 € herabgesetzt. 60der beklagte beantragt, 61die klage abzuweisen. 62zur begründung verweist er auf die ausführungen der einspruchsentscheidung vom 27.03.2013 und führt ergänzend aus, dass zu recht das kriterium der mietdauer zur beurteilung der von der klägerin an den verein erbrachten leistung in der form der überlassung der sportanlage berücksichtigt worden sei. die von der klägerin in form der unterhaltung und pflege der sportanlage erbrachten leistungen würden lediglich die betriebsbereite nutzbarkeit der gesamtanlage gewährleisten. den verträgen sei nicht zu entnehmen, dass die klägerin sich zu einem darüber hinausgehenden dienstleistungsangebot verpflichtet habe. 63auch sei die leistung der klägerin an den verein in form der überlassung der betriebsvorrichtungen der sportanlage zu recht mit der mindestbemessungsgrundlage der besteuerung zugrunde gelegt worden. die entgeltfindung sei nicht marktüblich. 64aufgrund des schreibens des gerichtes vom 15.02.2016 sei jedoch davon auszugehen, dass tatsächlich keine umsatzsteuerliche organschaft zwischen dem verein als organträger und der klägerin als organgesellschaft bestehe. aus diesem grund seien die bislang im streitjahr 2007 beim verein berücksichtigten vorsteuerbeträge aus den herstellungskosten der sportanlage nunmehr bei der klägerin zu berücksichtigen. 65hinsichtlich der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf die schriftsätze der beteiligten in den verfahren 1 k 1126/13 u und 1 k 1397/13 u sowie die in diesen verfahren übersandten steuerakten der klägerin und des beigeladenen vereins bezug genommen. 66
67die klage ist begründet. die klägerin wird durch die angefochtenen umsatzsteuerbescheide der jahre 2007 bis 2011 in ihren rechten verletzt, § 100 abs. 1 fgo. 68die klägerin ist im gesamten streitjahr 2007 nicht organtochter des vereins, sondern selbständiges steuersubjekt. die vermietungsleistung der klägerin an den verein ist eine einheitliche leistung, der die grundstücksüberlassung das gepräge gibt. sie unterliegt der umsatzsteuer. die vermietungsleistung der klägerin an den verein ist nicht mit der mindestbemessungsgrundlage nach § 10 abs. 4 und 5 ustg zu bemessen. der klägerin steht der vorsteuerabzug aufgrund der herstellungskosten der sportanlage und für die laufende unterhaltung ungekürzt zu. auch kommt eine berichtigung des vorsteuerabzugs nach § 15a ustg nicht in betracht. 69i. die klägerin ist im gesamten streitzeitraum unternehmer und selbständiges steuersubjekt der ust. eine umsatzsteuerliche organschaft im zeitraum 2/2006 – 3/2007 mit dem verein bestand nicht. die umsatzsteuer des jahres 2007 ist um die vom fa bei der umsatzsteuerveranlagung des jahres 2007 zugunsten des beigeladenen vereins berücksichtigen vorsteuerbeträge ihv 31.783 €, hiervon nach auffassung des fa beim verein abzugsfähig 12.379,58 €, zu vermindern. 70die klägerin übt ihre gewerbliche tätigkeit der vermietung der sportanlage an den verein selbständig aus. 71die gewerbliche oder berufliche tätigkeit wird nach § 2 abs. 2 nr. 2 satz 1 ustg nicht selbständig ausgeübt, wenn eine juristische person nach dem gesamtbild der tatsächlichen verhältnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in das unternehmen des organträgers eingegliedert ist (organschaft). die organschaft führt zu einer zusammenfassung zu einem unternehmen beim organträger. der organträger ist steuerschuldner auch für die aufgrund der organschaft unselbständig tätige person. die rechtsfolgen der organschaft treten von gesetzes wegen ein. hinsichtlich der voraussetzungen der organschaft ist nicht danach zu differenzieren, ob ein steuerschuldner ‑hier die klägerin‑ oder der steuergläubiger rechtsfolgen aus der organschaft zu seinen gunsten ableitet. 72da sich die mit der organschaft verbundene verlagerung der steuerschuld auf den organträger finanziell belastend auswirken kann, müssen die voraussetzungen der organschaft rechtssicher bestimmbar sein. dementsprechend erfordert die finanzielle eingliederung eine eigene mehrheitsbeteiligung des organträgers an der juristischen person (bfh, urteil vom 02.12.2015 v r 15/14, bfh/nv 2016, 506). für die organisatorische eingliederung muss der organträger im regelfall mit der juristischen person über deren geschäftsführung personell verflochten sein (bfh, urteil vom 02.12.2015 v r 12/14, bfh/nv 2016, 437). für die erforderliche wirtschaftliche eingliederung ist charakteristisch, dass die organgesellschaft im gefüge des übergeordneten organträgers als dessen bestandteil erscheint; es genügt aber schon, wenn zwischen der organgesellschaft und dem unternehmen des organträgers ein vernünftiger wirtschaftlicher zusammenhang im sinne einer wirtschaftlichen einheit, kooperation oder verflechtung ‑sei es auch in verschiedenen wirtschaftszweigen‑ vorhanden ist. die tätigkeiten von organträger und organgesellschaft müssen aufeinander abgestimmt sein. sie müssen sich fördern und ergänzen. für die umsatzsteuerrechtliche organschaft kann somit eine den betrieb der untergesellschaft fördernde tätigkeit der obergesellschaft ausreichen. in betracht kommt dabei neben lieferungen von waren auch das erbringen sonstiger leistungen durch den organträger an die organgesellschaft. so genügt für die wirtschaftliche eingliederung die vermietung eines betriebsgrundstückes durch den organträger, wenn dieses für die organgesellschaft von nicht nur geringer bedeutung ist, weil es die räumliche und funktionale grundlage der geschäftstätigkeit der organgesellschaft bildet. die wirtschaftliche eingliederung setzt entgeltliche leistungen des organträgers an die organgesellschaft voraus, die für das unternehmen der tochtergesellschaft zu einer mehr als nur unbedeutenden entlastung führen (bfh, urteil vom 18.06.2009 v r 4/08, bstbl ii 2010, 310). 73die voraussetzungen der wirtschaftlichen eingliederung der klägerin in den verein sind nicht erfüllt, weil der verein keine leistungen an die gmbh erbringt. die zum betrieb der gmbh erforderlichen betriebsgrundlagen, nämlich die grundstücke, werden der gmbh nicht vom verein, sondern von der gemeinde d entgeltlich überlassen. im gegenteil erbringt die klägerin in erheblichem umfang leistungen an den verein, indem sie dem verein die von ihr errichtete sportanlage entgeltlich zur verfügung stellt. 74mangels organschaft sind die vorsteuerkürzungen für die errichtung der sportanlage, soweit sie auf der zurechnung der besteuerungsgrundlagen zum verein im jahr 2007 beruhten, zu unrecht erfolgt. die geltend gemachten vorsteuerbeträge wurden dem verein ihv 31.783,00 € zugerechnet (bericht über die bei der klägerin durchgeführte betriebsprüfung vom 11.04.2012, tz. 2.3.4.2 (vorsteuerkorrektur baukosten 2007)). 75ii. die klägerin erbringt mit der verpachtung der sportanlage an den verein eine einheitliche vermietungsleistung, die in die überlassung eines grundstücks und in die überlassung von betriebsvorrichtungen (als unselbständige nebenleistung) aufzuteilen ist. die verpachtung ist nicht als zwei selbständige leistungen zu qualifizieren. die einheitliche grundstücksüberlassung an den verein ist aufgrund der option der klägerin steuerpflichtig. 761. die einheitliche vermietungsleistung der klägerin besteht aus einer grundstücksüberlassung und einer überlassung von betriebsvorrichtungen. 77eine einheitliche leistung liegt vor, wenn mehrere leistungen so aufeinander abgestimmt sind, dass sie aus sicht eines durchschnittsverbrauchers ihre selbständigkeit verlieren und wirtschaftlich etwas selbständiges „drittes“ bilden oder wenn es sich um eine haupt- und eine nebenleistung handelt (vgl. eugh, urteil vom 27.10.2005 c-41/04 ‑levob verzekeringen und ov bank‑, ecli:eu:c:2005:649). auch bei der entgeltlichen überlassung von sportanlagen ist es grundsätzlich nicht ausgeschlossen, dass die zurverfügungstellung von räumen für die ausübung von sport oder die körperertüchtigung unter besonderen umständen eine vermietung eines grundstücks darstellen und damit in den anwendungsbereich der befreiung nach art. 13 teil b buchst. b der sechsten richtlinie 77/388/ewg des rates vom 17. mai 1977 zur harmonisierung der rechtsvorschriften der mitgliedstaaten über die umsatzsteuern, jetzt art. 135 abs. 1 buchst. l mwstsystrl, fallen. es ist sache der nationalen gerichte, in anbetracht der besonderen umstände des jeweiligen einzelfalls die wesentlichen merkmale des in rede stehenden umsatzes zum zwecke seiner einstufung nach der mwstsystrl festzustellen (eugh, urteile vom 18.01.2001 c-150/99 ‑stockholm lindöpark‑, eu:c:2001:34; vom 22.01.2015 c-55/14 ‑varenne‑, ecli:eu:c:2015:29). 78dienstleistungen, die mit sport und körperertüchtigung zusammenhängen, sind hierbei möglichst als gesamtheit zu würdigen. dabei ist zu berücksichtigen, dass das betreiben einer sportanlage im allgemeinen nicht nur die passive zurverfügungstellung des grundstücks, sondern außerdem seitens des dienstleistenden eine vielzahl geschäftlicher tätigkeiten wie aufsicht, verwaltung und ständige unterhaltung, zurverfügungstellung anderer anlagen umfassen kann. sofern nicht ganz besondere umstände vorliegen, kann die vermietung des grundstücks daher nicht die ausschlaggebende dienstleistung darstellen. zudem ist die zurverfügungstellung einer sportanlage gewöhnlich nach gegenstand und dauer der benutzung beschränkt, demgegenüber bildet die dauer der grundstücksnutzung ein hauptelement eines mietvertrags; wird ein grundstück überlassen, darf die benutzung nicht nur gelegentlichen oder vorübergehenden charakter haben (vgl. eugh, urteile vom 18.01.2001 c-150/99 ‑stockholm lindöpark‑, ecli:eu:c 2001:34; vom 22.01.2015 c-55/14 –varenne‑ ecli:eu:c:2015:29; bfh, urteil vom 31.05.2001 v r 97/98, bstbl ii 2001, 658). eine vermietung isd § 4 nr. 12 ustg liegt vor, wenn dem vertragspartner auf bestimmte zeit gegen eine vergütung das recht eingeräumt wird, ein grundstück so in besitz zu nehmen, als wäre er dessen eigentümer, und jede andere person von diesem recht auszuschließen. werden betriebsvorrichtungen mitüberlassen, kommt es für die annahme einer steuerfreien vermietung oder einer steuerpflichtigen sonstigen leistung darauf an, welche leistung prägend ist. hierbei ist die mietdauer ein geeignetes kriterium, um eine selbstständige vermietungsleistung von einer einheitlichen sonstigen leistung abzugrenzen; die dauer der benutzung stellt ein wesentliches element eines mietvertrages dar. zu berücksichtigen ist, dass sich der vermietungsbegriff nicht nach dem bgb bestimmt, sondern umsatzsteuerlich nach art. 135 abs. 1 buchst. l mwstsystrl zu beurteilen ist (bfh, beschluss vom 07.05.2014 v b 94/13, bfh/nv 2014, 1242; urteil vom 31.05.2001 v r 97/98, bstbl ii 2001, 658; eugh, urteile vom 18.01.2001 c-150/99 ‑stockholm lindöpark‑, ecli:eu:c:2001:34, rn 26; vom 22.01.2015 c-55/14 ‑varenne‑, ecli:eu:c:2015:29, rn 36). 79nach diesen grundsätzen ist die verpachtung der sportanlage einschließlich gebäude und betriebsvorrichtungen an den verein als einzigen vertragspartner eine einheitliche leistung. sie ist mit den umsätzen des betreibers einer sportanlage, der eine vielzahl von unterschiedlichen leistungen an wechselnde benutzer erbringt, nicht vergleichbar. vielmehr gibt hier die grundstücksvermietung der leistung der klägerin das gepräge. 80die klägerin war verpflichtet, dem verein die gesamte sportanlage auf die dauer von 25 jahren und damit langfristig zu überlassen. die mietdauer ist aus sicht des durchschnittsverbrauchers ein geeignetes kriterium, um eine selbständige vermietungsleistung von einer einheitlichen sonstigen leistung abzugrenzen. 81der verein hatte das recht, das grundstück der sportanlage so in besitz zu nehmen, als wäre er dessen eigentümer, und er konnte jede andere person von diesem recht ausschließen. der verein war zur alleinigen nutzung der sportanlage berechtigt, weil die klägerin nur insoweit dazu verpflichtet war, die sportanlage auch schulen, der gemeinde oder anderen vereinen zur verfügung zu stellen, als dies ihre belange nicht beeinträchtigte. dies bestätigt die tatsächliche handhabung der nutzung der sportanlage in den jahren 2007 bis 2013: in diesen 7 jahren wurde die sportanlage lediglich zweimal für vier tage zur ausrichtung der bundesjugendspiele in anspruch genommen und stand im übrigen ausschließlich dem verein zur verfügung. für die umsatzsteuerliche beurteilung maßgeblich ist stets auch die tatsächliche durchführung der verträge unter berücksichtigung der interessenlage der beteiligten. 82unschädlich ist, dass die klägerin keinen gesonderten miet- oder pachtvertrag mit dem verein geschlossen hat, sondern sich aufgrund des vertrages mit der gemeinde vom 15.05.2006, dem sportanlagen pacht-, nutzungs- und pflegevertrag d, gegenüber der gemeinde zur überlassung der sportanlagen an den verein verpflichtet hat. die am 15.05.2006 geschlossenen verträge der gemeinde, des vereins und der klägerin stehen in einem untrennbaren zusammenhang, weil sie sämtlich aufgrund der rahmenvereinbarung des vereins mit der gemeinde vom 23.12.2005 vereinbart wurden und die drei vertragspartner sich bei abschluss der verträge ausdrücklich darüber einig waren, dass die vertraglichen regelungen im kontext zu sehen und zu behandeln seien. dies wird auch durch die wortgleiche präambel aller drei verträge bestätigt: „die gemeinde hat den bau einer neuen sportanlage in d und die unterhaltung der sportplätze in d und e privatisiert. der verein übernimmt hierzu wesentliche aufgaben, die im zuge der allgemeinen daseinsvorsorge von der gemeinde zu leisten wären.“ 83zudem beschränkt sich die grundstücksüberlassung auch nicht auf die zeiten, in denen auf dem gelände tatsächlich sport ausgeübt wird, sondern die sportanlage und das gebäude stehen dem verein für die dauer von 25 jahren ununterbrochen und ausschließlich zur verfügung. die leistung der klägerin besteht in der langfristigen zurverfügungstellung der sportanlage, des gebäudes und der darauf befindlichen betriebsvorrichtungen. hierin liegt auch der unterschied zu der vom eugh als sonstige dienstleistung beurteilte entgeltlichen überlassung eines fußballstadions (eugh, urteil vom 22.01.2015 c-55/14 ‑varenne‑, ecli:eu:c:2015:29). die entgeltliche überlassung des fußballstadions erfolgte aufgrund eines vertrages, der die nutzungsdauer auf 18 tage pro spielsaison (01.07. bis 30.06. des folgejahres) beschränkte, und damit auf die zeiten, in denen auf der anlage tatsächlich gespielt wurde. dem fußballclub stand das stadion gerade nicht während der gesamten vertragsdauer uneingeschränkt zur nutzung zur verfügung, sondern lediglich an wenigen (spiel-)tagen. 84soweit die klägerin dem verein mit der sportanlage auch umfangreiche betriebsvorrichtungen überlassen hat, handelt es sich um eine unselbständige nebenleistung, weil die hauptleistung der langfristigen grundstücksüberlassung der leistung der klägerin durch die dauer der im ergebnis alleinigen nutzungsberechtigung des vereins das gepräge gibt. 852. die – einheitliche - vermietungsleistung der klägerin ist trotz ihrer qualifikation als grundstücksüberlassung aufgrund der option der klägerin steuerpflichtig. 86die klägerin ist berechtigt, auf die steuerfreiheit ihrer entgeltlichen grundstücksüberlassung zu verzichten. 87nach § 9 abs. 1 ustg kann der unternehmer einen umsatz, der nach § 4 nr. 12 ustg steuerfrei ist, als steuerpflichtig behandeln, wenn der umsatz an einen anderen unternehmer für dessen unternehmen ausgeführt wird. bei der vermietung und verpachtung von grundstücken isd § 4 nr. 12 s. 1 buchst. a ustg ist der verzicht gemäß § 9 abs. 2 ustg nur zulässig, soweit der leistungsempfänger das grundstück ausschließlich für umsätze verwendet, die den vorsteuerabzug nicht ausschließen. diese voraussetzungen liegen im streitfall vor. denn der die sportanlage mietende verein ist ein unternehmer, der steuerbare und nach deutschem recht auch steuerpflichtige umsätze erbringt, die den vorsteuerabzug nicht ausschließen. 88a. der beigeladene verein ist auch insoweit unternehmer und erbringt umsatzsteuerbare und umsatzsteuerpflichtige leistungen, als er seinen mitgliedern gegen die von diesen zu erbringenden mitgliedsbeiträgen die nutzung auch der neu errichteten sportanlage ermöglicht. 89ein verein, der seinen mitgliedern sportanlagen und damit verbundene vorteile zur verfügung stellt, erbringt im sinne des § 1 abs. 1 nr. 1 ustg entgeltliche und mangels erfüllung eines befreiungstatbestands steuerpflichtige leistungen. die mitglieder vergüten die vom verein an sie erbrachten leistungen durch ihre jahresbeiträge, ohne dass es für die steuerbarkeit dieses leistungsaustausches darauf ankommt, ob der verein auf verlangen seiner mitglieder gezielte leistungen erbringt (bfh, urteil vom 20.03.2014 v r 4/13, bfh/nv 2014, 1470; fg münster, urteil vom 3.11.2015 15 k 1252/14 u, efg 2016, 152; eugh, urteile vom 08.03.1988 102/88 ‑apple and pear development‑, ecli:eu:c:1988:120; vom 21.03.2002 c-174/00 ‑kennemer golf‑, ecli:eu:c:2002:200; heuermann in ur 2014, 877 (879)). 90der vertragspartner der klägerin, der verein, überlässt die von der klägerin angepachtete sportanlage sowie die sportanlage e und weitere sportstätten an seine vereinsmitglieder gegen zahlung des mitgliedsbeitrags zur ausübung sportlicher aktivitäten. er ermöglicht seinen mitgliedern die möglichkeit der sportlichen betätigung in sieben abteilungen badminton, basketball, karate, fußball, volleyball, leichtathletik und turnen. 91die mitgliedsbeiträge sind nach nationalem recht steuerpflichtig, weil die steuerbefreiung des § 4 nr. 22 buchst. b ustg nur sportliche veranstaltungen erfasst, nicht jedoch die zurverfügungstellung von reinen trainingsmöglichkeiten oder die bloße nutzungsüberlassung von sportanlagen (vgl. bfh, urteile vom 20.03.2014 v r 4/13, bfh/nv 2014, 1470; vom 18.08.2011 v r 64/09, hfr 2012, 784; vom 11.10.2007 v r 69/06, bfh/nv 2008, 322; heuermann in ur 2014, 877 (881)). 92die mitgliedsbeiträge der über 1.400 mitglieder des vereins sind nicht aufgrund art. 132 abs. 1 buchst. m mwstsystrl von der umsatzsteuer befreit. der beigeladene verein hat in der mündlichen verhandlung vom 08.07.2016 erklärt, dass er sich nicht auf diese steuerbefreiung beruft. 93die steuerbefreiung des art. 132 abs. 1 buchst. m mwstsystrl, nach der die mit sport und körperertüchtigung in zusammenhang stehenden dienstleistungen umsatzsteuerfrei sind, greift nur dann ein, wenn sich der entsprechende steuerpflichtige ausdrücklich darauf beruft (heuermann in ur 2014, 877 (881)). 94b. dem steht nicht entgegen, dass die mitgliedsbeiträge des vereins bislang tatsächlich nicht der umsatzbesteuerung unterworfen wurden, weil das fa entsprechend abschn. 4 ustr 2005, 2008 von einem nicht steuerbaren entgelt der mitglieder ausgeht. 95zum einen steht dies einer option nach § 9 abs. 1 und 2 ustg grundsätzlich nicht entgegen. für die frage, ob ein nach § 9 abs. 2 ustg zum vorsteuerabzug berechtigender steuerpflichtiger umsatz oder ein nicht zum vorsteuerabzug berechtigender steuerfreier umsatz vorliegt, kommt es auf die „zutreffende umsatzsteuerrechtliche beurteilung des tatsächlich verwirklichten sachverhalts“ an, und nicht auf rechtliche fehlvorstellungen z.b. über das vorliegen einer steuerpflicht (bfh urteile vom 10.11.2011 v r 41/10, bfh/nv 2012, 670; vom 11.03.2009 xi r 71/07, bfh/nv 2009, 1151). die mitgliedsbeiträge sind nach nationalem recht steuerbare und steuerpflichtige entgelte. 96zum anderen beruft sich der verein in seiner erklärung in der mündlichen verhandlung vom 08.07.2016 nicht auf die steuerbefreiung des art. 132 abs. 1 buchst. m mwstsystrl. da der verein mit beschluss vom 08.04.2016 gemäß §§ 174 abs. 5 ao; 60 fgo zum verfahren beigeladen wurde, besteht die möglichkeit, die umsatzsteuerbescheide des vereins für die streitjahre 2007 bis 2011 entsprechend anzupassen. 97c. die nach § 9 abs. 1 ustg erforderliche verzichtserklärung liegt im streitfall vor, da die klägerin bereits durch die geltendmachung der vorsteuerbeträge aus den für den bau der sportanlage angefallenen baukosten sowie durch erstellung ihrer rechnungen an den verein über die überlassung der sportanlage mit offenem ausweis der umsatzsteuer auf die steuerfreiheit der mittels der sportanlage geplanten umsätze verzichtet hat. zudem hat die klägerin in der mündlichen verhandlung vom 08.07.2016 nochmals ausdrücklich erklärt, dass sie für den fall des vorliegens einer nach § 4 nr. 12 s. 1 ustg buchst. a ustg steuerfreien vermietung oder verpachtung von grundstücken auf die steuerbefreiung des § 9 abs. 1 ustg verzichtet. 983. die infolge des verzichts auf die steuerbefreiung gemäß § 9 abs. 1, § 4 nr. 12 satz 1 buchst. a ustg in vollem umfang steuerpflichtigen umsätze der klägerin aus der verpachtung der sportanlage an den verein sind nicht nach der mindestbemessungsgrundlage gemäß § 10 abs. 5 nr. 1 i.v.m. abs. 4 satz 1 nr. 2 ustg, sondern nach dem entgelt i.s. des § 10 abs. 1 ustg zu bemessen. 99zum einen erhält die klägerin als entgelt für die vermietung der sportanlage an den verein nicht nur die mietzahlungen des vereins. vielmehr sind auch der investitionszuschuss der gemeinde und die jährlichen zahlungen der gemeinde für die unterhaltung der sportanlage als entgelt von dritter seite für die überlassung der sportanlage an den verein anzusehen und zu recht von der finanzverwaltung der umsatzbesteuerung unterworfen worden. unabhängig davon ist die mindestbemessungsgrundlage für die leistungen der klägerin an den verein aber bereits deshalb nicht anwendbar, weil dieser zum vollen vorsteuerabzug berechtigt ist. 100gemäß § 10 abs. 1 sätze 1 und 2 ustg bemisst sich der umsatz bei sonstigen leistungen nach dem entgelt. entgelt ist alles, was der leistungsempfänger aufwendet, um die leistung zu erhalten, jedoch abzüglich der umsatzsteuer. 101nach § 10 abs. 5 nr. 1 ustg unterliegen entgeltliche leistungen, die körperschaften, personenvereinigungen sowie gemeinschaften im rahmen ihres unternehmens an ihre anteilseigner, gesellschafter, mitglieder, teilhaber oder diesen nahestehende personen ausführen, der sog. mindestbemessungsgrundlage. gegenüber nahestehenden personen, wie hier dem verein als gesellschafter der klägerin, erfolgt die besteuerung dann nicht auf der grundlage des vereinbarten entgelts, sondern nach den bemessungsgrundlagen des § 10 abs. 4 ustg (vgl. dazu bfh, urteil vom 05.06.2014 xi r 44/12, bstbl ii 2016, 187). 102§ 10 abs. 5 ustg stellt eine abweichende sondermaßnahme i.s. des art. 27 abs. 1 der richtlinie 77/388/ewg --nunmehr art. 395 abs. 1 der mwstsystrl-- dar. die vorschrift ist als abweichende nationale maßnahme zur verhütung von steuerhinterziehungen und -umgehungen eng auszulegen und darf nur angewandt werden, soweit dies hierfür unbedingt erforderlich ist (vgl. bfh, urteile vom 08.10.1997 xi r 8/86, bstbl ii 1997, 840; vom 27.02.2008 xi r 50/07, bstbl ii 2009, 426; vom 29.05.2008 v r 12/07, bstbl ii 2009, 428; vom 19.06.2011 xi r 8/09, bfh/nv 2011, 2184; ferner eugh, urteil vom 29.05.1997 c-63/96 –skripalle‑, ecli:eu:c:1997:263; bstbl ii 1997, 841). 103der eugh hat zu art. 80 der mwstsystrl ‑der die bestimmungen des art. 11 teil a abs. 6 der richtlinie 77/388/ewg in der durch die richtlinie 2006/69/eg des rates vom 24. juli 2006 geänderten fassung übernommen hat‑ für den fall der lieferung von gegenständen oder der erbringung von dienstleistungen zu einem künstlich niedrigen oder hohen preis, der zwischen beteiligten vereinbart wird, die beide zum vollen vorsteuerabzug berechtigt sind, entschieden, dass auf dieser stufe keine steuerhinterziehung oder -umgehung stattfinde. erst beim endverbraucher oder bei einem eine „mischung“ von umsätzen bewirkenden steuerpflichtigen, der nur zu einem pro-rata-abzug berechtigt sei, könne ein künstlich hoher oder niedriger preis zu einem steuerausfall führen. nur wenn die von dem vorgang betroffene person nicht zum vollen vorsteuerabzug berechtigt sei, bestehe ein risiko von steuerhinterziehung oder -umgehung, dem die mitgliedstaaten vorbeugen dürften (bfh, urteil vom 05.06.2014 xi r 44/12, bstbl ii 2016, 187; eugh, urteil vom 26.04.2012 c-621/10 und c-129/11 ‑balkan and sea properties‑, ecli:eu:c:2012:248). 104gemessen daran kommt die mindestbemessungsgrundlage nicht zur anwendung, weil der verein sich ausweislich seiner erklärung in der mündlichen verhandlung vom 08.07.2016 nicht auf die steuerbefreiung des art. 132 abs. 1 buchst. m mwstsystrl beruft, so dass die an ihn gezahlten mitgliedsbeiträge – nach nationalem recht – steuerbar und steuerpflichtig bleiben und er aufgrund dessen auch zum vollen vorsteuerabzug aufgrund der an ihn von der klägerin erbrachten vermietungsleistungen berechtigt ist. 105iii. der vorsteuerabzug für die herstellungskosten der sportanlage ist ungekürzt zu gewähren, weil die vermietung der sportanlage für beide bereiche (grundstücksüberlassung und überlassung der betriebsvorrichtung) steuerpflichtig ist und klägerin die aufwendungen für die herstellung der sportanlage zur erzielung dieser steuerpflichtigen umsätze verwendet. entsprechendes gilt für die laufenden unterhaltungskosten der sportanlage. anhaltspunkte dafür, dass die übrigen voraussetzungen des vorsteuerabzugs nach § 15 abs. 1 ustg nicht erfüllt sein könnten, liegen nicht vor. 106iv. der vorsteuerabzug für die errichtung der sportanlage im jahr 2006 ist in den streitjahren nicht gemäß § 15a ustg zu berichtigen. 107gemäß § 15 a abs. 1 ustg ist für den fall, dass sich bei einem wirtschaftsgut, das nicht nur einmalig zur ausführung von umsätzen verwendet wird, innerhalb von fünf jahren ab dem zeitpunkt der erstmaligen verwendung die für den ursprünglichen vorsteuerabzug maßgebenden verhältnisse ändern, für jedes kalenderjahr der änderung ein ausgleich durch eine berichtigung des abzugs der auf die anschaffungs- oder herstellungskosten entfallenden vorsteuerbeträge vorzunehmen. bei grundstücken einschließlich ihrer wesentlichen bestandteile und bei gebäuden auf fremdem grund und boden tritt an die stelle des zeitraums von fünf jahren ein zeitraum von zehn jahren. 108der klägerin steht für die aufwendungen für die errichtung der sportanlage der vorsteuerabzug – wie bereits dargelegt - in voller höhe zu, weil sie die eingangsumsätze zur ausführung steuerpflichtiger vermietungsumsätze verwendet. eine änderung der verhältnisse ist nicht eingetreten. 109v. die umsatzsteuerlichen auswirkungen ihv insgesamt 94.295,72 € berechnen sich wie folgt: 110ustg 2007 2008 2009 2010 2011 i. § 2 31.783,00 € ii. § 10 4.785,99 € 8.171,36 € 7.830,63 € 8.126,59 € iii. § 15 17.389,78 € (15.754,29 € + 1.635,49 €) 1.154,33 € 1.222,60 € 861,81 € 1.064,97 € iv. § 15a 1.811,66 € 1.811,66 € 1.811,66 € 1.811,66 € 1.811,66 € 58.140,13 € 11.137,35 € 10.864,99 € 10.800,06 € 2.876,63 € 111hinsichtlich der berechnungsgrundlagen wird auf den bericht über die bei der klägerin durchgeführten betriebsprüfung vom 11.04.2012, insbesondere tz. 2.3.4.2 vorsteuerkorrektur baukosten 2007; tz 2.3.3.3 ermittlung der mindestbemessungsgrundlage; tz 2.3.5 vorsteuerabzug aus laufenden gebäudekosten; tz 2.3.4.1 vorsteuerkorrektur baukosten 2006 sowie die von der klägerin eingereichten anlagen zu den umsatzsteuererklärungen der jahre 2009 und 2010 bezug genommen. 112vi. die kostenentscheidung beruht auf § 135 abs. 1 und 3 fgo.
Klaeger*in
1
167,475
13 A 1376/14
2015-02-25T00:00:00
Urteil
Tenor Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 20. Mai 2014 wird zurückgewiesen. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. Die Revision wird zugelassen. 1Tatbestand: 2Die Klägerin ist ein pharmazeutisches Unternehmen. Sie wendet sich gegen den Widerruf der Zulassung des Fertigarzneimittels G. Kapseln, das sie bis zum Jahr 2001 in den Verkehr gebracht hatte. Dabei handelt es sich um einen pflanzlichen Angstlöser (Anxiolytikum) zur Anwendung bei nervösen Angst-, Spannungs- und Unruhezuständen, der als Wirkstoff den Kava-Kava-Wurzelstock-Trockenextrakt - Piperis methystici rhizoma - in Gestalt eines ethanolischen Auszugs enthält. 3Durch Bescheid vom 13. September 2000 hatte das BfArM die Zulassung für das Arzneimittel (damals noch unter der Bezeichnung Kava Kava-Steigerwald Kapseln) erteilt. Die Anwendungsgebiete des Arzneimittels der Klägerin entsprachen den Vorgaben der Monographie der Kommission E vom 1. Juni 1990. Die Dosierungsempfehlung lautete einmal täglich 1 Kapsel, die 120 mg Kava-Pyrone enthielt. Zur Anwendungsdauer wurde ausgeführt, wenn das Arzneimittel länger als drei Monate angewendet werde, sollte ein Arzt aufgesucht werden. Unter „Gegenanzeigen“ waren depressive Erkrankungen aufgeführt. Zu den Wechselwirkungen hieß es, die Wirkung von anderen Substanzen, die auf das Nervensystem einwirkten, könne verstärkt werden (Alkohol, Barbiturate wie z.B. Schlafmitel oder Epileptika, Psychopharmaka). Die Rubrik „Nebenwirkungen“ enthielt den Hinweis, dass es in einem Einzelfall unter Einnahme eines Kava-Kava-Präparates zu einer Leberschädigung gekommen sei, die sich nach Absetzen des Präparates wieder vollständig zurückbildete. In den Fachinformationen wurde ausgeführt, es werde über das Auftreten von zum Teil irreversiblen Leberschäden bei Überdosierung berichtet. Auf die Änderungsanzeige vom 14. August 2001 teilte das BfArM durch Bescheid vom 26. Oktober 2001 mit, der Änderung der Dosierung werde nicht zugestimmt. 4Im Jahr 2001 leitete das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) aufgrund von Berichten über Verdachtsfälle von Nebenwirkungen in Gestalt lebertoxischer Effekte bei acetonischen Kava-Kava-Auszügen insbesondere aus der Schweiz ein Stufenplanverfahren nach § 63 AMG ein. Im Jahr 2002 wurde die Verschreibungspflicht für Kava-Kava-Arzneimittel beschlossen. Nach Anhörung der betroffenen pharmazeutischen Unternehmen widerrief das BfArM mit Bescheid vom 14. Juni 2002 erstmals die Zulassungen Kava-Kava- und Kavain-haltiger Arzneimittel bis zu einer homöopathischen Verdünnung von D4. Hiergegen legten die betroffenen Unternehmen Widerspruch ein, woraufhin das BfArM an der Widerrufsentscheidung nicht festhielt, sondern stattdessen mit Bescheid vom 12. Mai 2005 ein befristetes Ruhen der betroffenen Zulassungen anordnete. 5Nach den Fachinformationen zu den G. -Kapseln, Stand 10. Juni 2005, sind als Gegenanzeigen genannt: vorbestehende Leberschädigung, erheblicher Alkoholkonsum, depressive Erkrankungen. Unter „Nebenwirkungen“ wird auf sehr selten auftretende Leberschäden hingewiesen. Regelmäßige monatliche Laborkontrollen werden insbesondere bei einer länger als 1 Monat dauernden Therapie empfohlen. Die Anwendungsdauer wird auf einen Monat begrenzt. 6Nachdem zwischen den beteiligten Unternehmen, ihren Verbänden und dem BfArM über die Art des vorzulegenden wissenschaftlichen Erkenntnismaterials keine Einigung erzielt werden konnte, widerrief die Behörde mit dem streitgegenständlichen Bescheid vom 21. Dezember 2007 die Zulassungen Kava-Kava- und Kavain-haltiger Arzneimittel und homöopathischer Zubereitungen aus Kava-Kava-Zubereitungen. Es bestehe weiterhin der Widerrufsgrund des § 30 Abs. 1 i.V.m. § 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 AMG, da der begründete Verdacht schädlicher Wirkungen auch unter Berücksichtigung der von den betroffenen Unternehmen und ihren Verbänden vorgelegten Unterlagen fortbestehe. Das Ruhen der Zulassungen sei angeordnet worden, um den betroffenen Unternehmen Gelegenheit zu geben, Studienergebnisse vorzulegen, die die Wirksamkeit in dem beanspruchten Anwendungsgebiet in einem Maße belegten, dass die bekannten hepatotoxischen Risiken vertretbar seien. Die vorgelegten toxikologischen Untersuchungen lieferten keine hinreichende Grundlage für die Risikoabschätzung. Anhand der in-vitro-Studien könne zwar ein gewisser Toxizitätsvergleich der untersuchten Kava-Kava-Extrakte bzw. Kavalactone aufgestellt werden. Eine direkte Risikoabschätzung bzw. ein Unbedenklichkeitsnachweis für die Anwendung sämtlicher Arten von Kava-Kava-Extrakten am Menschen könne daraus aber nicht abgeleitet werden. Die in-vivo-Studien wiesen methodische Mängel auf und seien deswegen nicht bewertungsfähig. Zudem beschränke sich die Aussagekraft der Studie von DiSilvestro et al. auf einen bestimmten Kava-Kava-Extrakt und könne deswegen nicht zur Risikoabschätzung von Kava-Kava-Arzneimitteln allgemein herangezogen werden. In der Studie von L. Sorrentino et al. seien nicht genügend Parameter zum Ausschluss der Lebertoxizität erhoben worden. Zudem fehlten Daten zur Pharmakokinetik bzw. Toxikokinetik der potentiell toxischen Inhaltsstoffe. Es sei weiterhin unklar, ob die Ratte die geeignete Tierspezies sei, um vergleichbare hepatotoxische Effekte auszulösen, wie sie aufgetreten seien. Die nachgereichten Publikationen lieferten keine Erkenntnisse, die eine Hepatotoxizität der von dem Stufenplan betroffenen deutschen Kava-Kava-haltigen Arzneimittel ausschlössen oder relativierten. Deren Fehlen in den vorliegenden Untersuchungen stehe im Widerspruch zu den klinischen Befunden. Mangels weiterer Untersuchungen, die die pharmazeutischen Unternehmen zwar angekündigt, aber nicht durchgeführt hätten, seien nach wie vor weder die Mechanismen der klinisch aufgetretenen hepatotoxischen Effekte noch das klinisch relevante Toxin bekannt. 7Der Bescheid enthält eine Zusammenfassung der vorliegenden Erkenntnisse zum Risiko der Einnahme Kava-Kava-haltiger Präparate und verweist insoweit auf einen Bericht der Weltgesundheitsorganisation (WHO) aus dem Jahr 2007, der eine Bewertung von 93 Fallberichten zu Leberschädigungen enthalte. Außerdem wird in dem Bescheid auf den Bericht der britischen Gesundheitsbehörde Medicines and Healthcare Products Regulatory Agency (MHRA) vom 27. Juni 2006 verwiesen, in dem - nach Ländern gegliedert - die bei der MHRA eingegangenen Meldungen zu 110 Nebenwirkungsverdachtsfällen weltweit - darunter die überwiegende Anzahl aus Deutschland - aufgeführt sind. 8Den hiernach bestehenden Risiken stehe der Umstand gegenüber, dass neuere Untersuchungen zum Beleg der Wirksamkeit Kava-Kava- sowie Kavalacton-haltiger Arzneimittel nicht vorgelegt worden seien. Bei Arzneimitteln, für die es ‑ jedenfalls bei der vorgeschlagenen Dosierung - keine ausreichenden Wirksamkeitsbelege gebe, sei ein nicht zu eliminierendes Risiko nicht hinnehmbar, wenn es um schwerwiegende unerwünschte Arzneimittelwirkungen (UAW) gehe. Risikominimierende Maßnahmen wie die Unterstellung unter die Verschreibungspflicht, die Begrenzung der Dosierung und Leberfunktionstests rechtfertigten keine abweichende Bewertung, zumal bei der Behandlung von Angststörungen mit Benzodiazepinen, Buspiron und einigen Serotoninwiederaufnahmehemmern wie Paroxetin und Citalopram therapeutische Alternativen zur Verfügung stünden. Deren Wirksamkeit in der Behandlung von unterschiedlichen Formen von Angststörungen sei im Gegensatz zu Kava-Kava-haltigen Arzneimitteln in mehreren klinischen Studien gut untersucht und belegt worden. Das bei Benzodiazepinen bestehende Abhängigkeitsrisiko rechtfertige es nicht, das mit Kava-Kava-Produkten verbundene Risiko hinzunehmen. 9In einer zusammenfassenden Bewertung führte das BfArM aus, dass bei monographiekonformer Dosierung bis 120 mg als Tagesdosis Kava-Pyronen das Risiko von Leberschädigungen zwar geringer, aber immer noch deutlich vorhanden sei. Bei Dosierungen oberhalb von 120 mg Kava-Pyrone bestehe zwar ein gewisser Anhalt für die Wirksamkeit; das Risiko für Leberschäden sei dann aber zu groß. 10Die Klägerin erhob gegen den Bescheid Widerspruch. In einer Stellungnahme des Bundesverbandes der Arzneimittelhersteller e.V. (BAH) zum Widerruf der Zulassungen, die sich die Klägerin zu eigen machte, führte der Verband aus, die Annahme schädlicher Wirkungen Kava-Kava- und Kavain-haltiger Arzneimittel sei unzutreffend. Das BfArM habe die neu vorgelegten toxikologischen Untersuchungen nicht bewertet bzw. keinen nachvollziehbaren Bewertungskriterien unterworfen. Die Kommission E habe in ihrer Sitzung vom 27. Februar 2002 unter dem Vorbehalt bestimmter Sicherheitsmaßnahmen ein klares Votum zur weiteren Verkehrsfähigkeit Kava-Kava-haltiger Arzneimittel abgegeben. Auch berücksichtige der Bescheid nicht, dass § 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 AMG in seiner seit dem 6. September 2005 geltenden Fassung keinen „begründeten Verdacht schädlicher Wirkungen“, sondern ein ungünstiges Nutzen-Risiko-Verhältnis voraussetze. Kava-Kava erfülle die Voraussetzungen eines „well-established use“. Es werde seit Jahrzehnten in der Europäischen Union medizinisch verwendet. Wirkungen und Nebenwirkungen seien bekannt. Neue klinische Studien könnten folglich nicht verlangt werden. Zudem könne eine klinische Studie keine Erkenntnisse über seltene Nebenwirkungen liefern. Anlass zu Kritik an den eingereichten toxikologischen Studien bestehe nicht. Andere therapeutische Ansätze wie z.B. Benzodiazepine stellten aufgrund ihrer Risiken keine therapeutische Alternative dar. Andere Arzneistoffe wiesen das gleiche oder sogar ein höheres Risiko für Leberschädigungen und zudem weitere schwerwiegendere unerwünschte Effekte als Kava-Kava auf, insbesondere sei ein Anstieg der Suizidrate bekannt. Die Ergebnisse des Berichts der MHRA seien wegen der gänzlich anderen Indikation in Großbritannien (Blasenerkrankungen) nicht übertragbar. Die Bewertung der vorliegenden Fallmeldungen sei nicht sachgerecht. Ihre Inzidenzrate werde vom BfArM nach wie vor nicht berücksichtigt. 11In der Folgezeit führten Gespräche und Schriftwechsel zwischen den pharmazeutischen Unternehmen und dem BfArM zu keinem Ergebnis. Der Widerspruch der Klägerin blieb zunächst unbeschieden. 12Unter dem 19. Dezember 2011 richtete die Klägerin eine Änderungsanzeige an das BfArM, deren Inhalt die Verdoppelung der Dosierung auf zweimal täglich 1 Kapsel war. Durch Bescheid vom 9. März 2012 widersprach das BfArM der Änderung mit der Begründung, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit der höheren Dosierung seien nicht belegt. Dagegen erhob die Klägerin am 4. April 2012 Widerspruch. 13Die Klägerin hat am 22. Dezember 2011 die vorliegende Klage zunächst als Untätigkeitsklage erhoben und kurz darauf im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Anordnung deren aufschiebender Wirkung beantragt (VG Köln 7 L 1939/11). Diesen Antrag hat sie am 24. Mai 2012 zurückgenommen. 14Zur Begründung der Klage hat sie im Wesentlichen ausgeführt: Der Widerruf der Zulassungen sei rechtswidrig. Das Nutzen-Risiko-Verhältnis für Kava-Kava-haltige Arzneimittel, die auf einem ethanolischen Extrakt des Kava-Kava-Wurzelstocks basierten, sei nicht ungünstig. Die Wirksamkeit des Arzneimittels sei bei einer Dosierung von 240 mg Kava-Pyrone, berechnet nach der Hochleistungsflüssigkeitschromatographie-Methode - engl. high performance liquid chromatography – (HPLC-Methode) auf sechs Kava-Pyrone, belegt. Die von der Kommission E angegebenen 120 mg Kava-Pyrone seien mittels Dünnschichtchromatographie (DC) beschränkt auf drei Kava-Pryrone berechnet worden. Deswegen entsprächen 120 mg Kava-Pyrone berechnet nach der DC-Methode 240 mg Kava-Pyrone berechnet nach der HPLC-Methode. Überdies sei Ende der achtziger Jahre eine exakte quantitative Bestimmung aller maßgeblichen sechs Kavalactone auch mit Hilfe der HPLC-Methode nicht möglich gewesen. Demzufolge entsprächen die in der Monographie ermittelten 120 mg nicht dem Gesamtgehalt an Kavalactonen. Vielmehr sei der Kavalactongehalt der Kava-Produkte, die in der Monographie Berücksichtigung gefunden hätten, nach heutigen Standards wesentlich höher anzusetzen. 15Der Einwand des BfArM, die Mittel seien nicht wirksam, beruhe darauf, dass die betroffenen Unternehmen auf entsprechende Forderung des BfArM die Dosierung halbiert hätten, um sich numerisch an die Monographie anzupassen. Das sei inzwischen mit Blick auf die unterschiedlichen Berechnungsgrundlagen durch die mit der Änderungsanzeige erfolgte Anhebung auf die alte Menge von 240 mg Kava-Pyrone korrigiert worden. Bei der Bewertung der Wirksamkeit müsse deswegen nach aktuellem Stand der Zulassung für alle betroffenen Arzneimittel eine Dosierung von 240 mg Kava-Pyrone zugrunde gelegt werden. 16Die vorliegenden Fälle unerwünschter Ereignisse im Zusammenhang mit Kava-Kava seien vom BfArM unrichtig und teilweise anders als von anderen Institutionen bewertet worden. Auf der Grundlage der Auswertung durch Teschke et al. aus dem Jahr 2008 ergäben sich lediglich drei Fälle, in denen überhaupt von einer Auslösung durch Kava-Kava auszugehen sei. In zwei dieser Fälle habe es sich um acetonische Extrakte gehandelt. Der verbleibende Fall stehe im Zusammenhang mit einer Allergie. Die Häufung von UAW-Meldungen in den Jahren 2001 und 2002 sei zudem durch die aktive negative Informationspolitik des BfArM zu erklären. Im Gegensatz zum BfArM habe die schweizerische Behörde nicht auf Vorlage präklinischer Studien bestanden, sondern nur eine Anwendungsbeobachtung gefordert, die jedoch wegen des deutschen Kava-Kava-Verbots abgebrochen worden sei. In den USA würden Kava-Kava-Produkte nach wie vor als Nahrungsergänzungsmittel in den Verkehr gebracht. 17Die Risiken in Betracht zu ziehender Alternativpräparate - insbesondere Benzodiazepine und Antidepressiva - seien ungleich höher als die der betroffenen Kava-Kava-Produkte. Das angestrebte Ziel der Verminderung von Therapierisiken könne mit dem Widerruf nicht erreicht werden. Anstelle des geringeren Risikos von Kava-Kava-Produkten lasse das BfArM zu, Arzneimittel einzusetzen, deren Anwendung für die Patienten mit weit größeren Risiken verbunden sei. Noch bis zum Jahr 2001 habe das BfArM Neuzulassungen für Kava-Kava-haltige Arzneimittel erteilt. 18Mit Bescheid vom 15. Februar 2012 hat das BfArM den Widerspruch der Klägerin unter Wiederholung und Vertiefung seiner vorherigen Ausführungen zum Risiko der Anwendung Kava-Kava-haltiger Arzneimittel als unbegründet zurückgewiesen. In Deutschland seinen 48 Fälle lebertoxischer Reaktionen registriert worden, von denen 26 ausreichend gut dokumentiert seien. In sieben Fällen habe eine Lebertransplantation vorgenommen werden müssen. Zwei dieser Patienten und eine Patientin ohne Lebertransplantation seien verstorben. In zwei Fällen sei die lebertoxische Reaktion nach Absetzen des Kava-Kava-Produkts zurückgegangen und bei Reexposition erneut aufgetreten. In dreizehn Fällen sei aufgrund des zeitlichen Zusammenhangs, des Fehlens lebertoxischer Faktoren und einer entsprechenden Komedikation ein Kausalzusammenhang wahrscheinlich. In einzelnen dieser Fälle sei eine synergistische Beteiligung eines anderen Arzneimittels (z.B. eines Estrogens) als möglich anzusehen, ohne dass dies die Annahme gerechtfertigt hätte, dass das Kava-Kava-Arzneimittel nicht an der hepatotoxischen Reaktion beteiligt gewesen wäre. In weiteren fünf spontan gemeldeten Fällen sei ein Kausalzusammenhang „möglich bis wahrscheinlich“ und in den restlichen Fällen „möglich“. Aus den dargestellten Fällen gehe hervor, dass Kava-Kava eindeutig das Potential zu schwerer Lebertoxizität habe. Der Effekt weise ein durchaus charakteristisches Muster auf mit einem zeitlichen Gipfel bei drei bis vier Monaten nach Medikationsbeginn und einer wahrscheinlich höheren Toxizität bei höheren Dosen. Zur toxikologischen Bewertung von Kava-Kava-Extrakten fehlten weiterhin nach heutigen Standards durchgeführte Tierstudien. Die Wirksamkeit der ethanolischen Kava-Kava-Auszüge als Anxiolytikum sei unverändert als nicht belegt anzusehen. Ein Vergleich des Nutzen-Risiko-Profils mit therapeutischen Alternativen setze diesen Wirksamkeitsnachweis aber voraus. 19Mit Auflagenbeschluss vom 30. Oktober 2012 hat das Verwaltungsgericht der Beklagten aufgegeben, eine Zusammenstellung nebst Wirksamkeitsbelegen und Nebenwirkungsprofil von Benzodiazepin-haltigen, in Deutschland verkehrsfähigen Arzneimitteln vorzulegen, deren Anwendungsgebiet ganz oder teilweise der Indikation „Nervöse Angst-, Spannungs- und Unruhezustände“ entspricht. Zugleich hat es der Klägerin aufgegeben, darzulegen, ob und unter welchen Voraussetzungen toxikologische Untersuchungen in vivo mit dem Wirkstoff ihres Arzneimittels an einer weiteren Tierart, die nicht Nagetier ist, durchgeführt werden können. 20Die Beklagte ist diesen Auflagen nachgekommen und hat hierzu erwidert, es sei reine Spekulation und durch nichts belegt, dass Patienten nach dem Verbot von Kava-Kava auf Benzodiazepine übergegangen seien. Deren Verwendung sei durch die Hinweise an die Ärzte zum bestimmungsgemäßen Gebrauch von Benzodiazepin-haltigen Präparaten limitiert. Auch weise die Fachinformation auf den überwiegenden Einsatz dieser Arzneistoffe bei schweren Angstzuständen, Schlafstörungen sowie zur Behandlung von Muskelverspannungen und Epilepsien sowie die zeitliche Begrenzung einer Behandlung hin. Zur symptomatischen Behandlung von Angstzuständen (Leitsymptomatik: Angst, innere Unruhe, Spannungszustände) stehe der Wirkstoff Buspiron zur Verfügung, ein Serotonin ohne erhöhtes Abhängigkeitspotential, aber mit verzögertem Wirkungseintritt. Daneben hat das BfArM auf unterschiedliche Psychopharmaka, ferner auf andere pflanzliche Präparate wie Baldrian, Hopfen, Melisse, Passionsblume oder Johanniskraut verwiesen. Die von Klägerseite vertretene Annahme unterschiedlicher Risiken verschiedener Kava-Kava-Kultivare sei spekulativ, da sich die Nebenwirkungsmeldungen gleichmäßig auf die verschiedenen Kultivare und Extrakte verteilten. In einem Fall sei es sogar zu einer „positiven Rechallenge“ - einem Wiederauftreten der Nebenwirkung nach erneuter Gabe - gekommen, was eine gesicherte Kausalität begründe. Zudem habe sich in mehreren vom National Toxicology Program (NTP) der USA mit einem handelsüblichen Kava-Kava-Extrakt durchgeführten Studien ergeben, dass die Leber Hauptzielorgan toxischer und kanzerogener Effekte sei. 21Die Klägerin hat sich in ihrer Gegenäußerung zum Auflagenbeschluss gegen das Erfordernis weiterer tierexperimenteller Toxizitätsstudien gewandt und dazu ausgeführt: Das bisherige Datenmaterial habe ein hepatotoxisches Potential von Kava-Kava nicht belegen können. Nebenwirkungen seien insoweit in der Vergangenheit in erster Linie bei acetonischen Kava-Kava-Extrakten und minderwertigen Sorten aufgetreten. Unter Zugrundelegung des zutreffenden Bewertungsschemas wären zahlreiche Meldungen nicht auf Kava-Kava zurückzuführen. Der einzelne Fall einer Rechallenge hätte in diesem Licht unter dem Gesichtspunkt einer Allergie bewertet werden müssen. Zur Gewinnung weiterer Erkenntnisse über das Risiko am Menschen sei eine Beobachtung von Patienten im Rahmen der laufenden Behandlung geeignet (sog. Post Authorisation Safety Study, „PASS“). Entsprechendes sei vom BfArM auch im Fall von Pelargonium („Umckaloabo“) akzeptiert worden. Die bestehende toxikologische Datenlage reiche aus. Es lägen allein in Deutschland Erfahrungswerte über einen Zeitraum von 100 Jahren vor. Die Klägerin verweist in diesem Zusammenhang u.a. auf eine Reihe - teils neuerer - Studien, die ein hepatotoxisches Risiko des ethanolischen Extrakts, insbesondere bei einer Anwendungsdauer von bis zu vier Wochen, nicht hätten belegen können. In den USA sei Kava-Kava nach wie vor unbeanstandet als Nahrungsergänzungsmittel verkehrsfähig. Kanzerogene Effekte seien bei Mäusen festgestellt worden; dieses Spezies-spezifische Phänomen trete in dieser Form auch bei Benzodiazepinen auf und erfordere eine Langzeitgabe sehr hoher Dosen. Zudem hätten andere Studien gezeigt, dass Kava-Kava nicht mutagen sei. Die Beklagte lasse - der Zulassungspraxis des BfArM widersprechend - bei der Auswertung der Nebenwirkungsmeldungen konsequent die erforderliche Differenzierung der Arzneimittel nach Art der Droge und Extraktionsmittel vermissen. 22Im Gegensatz zur Auffassung der Beklagten seien Benzodiazepine bei der Nutzen-Risiko-Abwägung von Kava-Kava durchaus in den Blick zu nehmen. Die Beklagte selbst benenne Benzodiazepine als risikoärmere Alternative zu Kava-Kava. Angesichts des teilweise identischen Anwendungsgebiets von Kava-Kava und mit Blick auf die Verschreibungszahlen 1998 und 1999 lasse sich feststellen, dass bei etwa jeder 10. Verordnung die Wahl auf Kava-Kava als risikoärmere Alternative zu Benzodiazepinen gefallen sei. Das von der Beklagten aufgrund des Auflagenbeschlusses vorgelegte Material belege ein erhebliches Nebenwirkungspotential von Benzodiazepinen, die in ihrer Schwere einer Hepatotoxizität entsprächen oder über diese hinausgingen, wie etwa die Gefahr einer missbräuchlichen Überdosierung und Selbsttötungen unter Zuhilfenahme von Benzodiazepinen. Auch das von der Beklagten angeführte Buspiron weise ein größeres Abhängigkeitspotential als Kava-Kava auf und sei nebenwirkungsbehaftet. Vergleichbares gelte für Antidepressiva, auch in Bezug auf Leberschädigungen. Johanniskraut zeige Wechselwirkungen zu anderen Arzneimitteln, führe zu Lichtempfindlichkeit und müsse über einen längeren Zeitraum eingenommen werden, um überhaupt eine Wirkung zu zeitigen. 23Auch bestehe eine Asymmetrie in der Risikobewertung des BfArM bei Phytopharmaka. Es stelle sich die Frage, warum bei einem freiverkäuflichen Arzneimittel wie „Umckaloabo“ mit dem Wirkstoff aus der Pelargoniumwurzel, das ebenfalls im Verdacht stehe, Leberschädigungen hervorzurufen, dieses Risiko in Kauf genommen werde, bei Kava-Kava jedoch trotz von den Unternehmen angebotener Transaminasen-Kontrollen, der Verschreibungspflicht und des hochwertigen Anwendungsgebiets die Zulassungen widerrufen würden. 24Die Klägerin hat beantragt, 25den Bescheid des BfArM vom 21. Dezember 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Februar 2012 aufzuheben. 26Die Beklagte hat beantragt, 27 die Klage abzuweisen. 28Sie hat ihr Vorbringen aus dem Verwaltungsverfahren wiederholt und vertieft und ergänzend Folgendes ausgeführt: Die von der britischen Gesundheitsbehörde in ihrem Bericht aus dem Jahr 2006 aufgeführten 110 Nebenwirkungsverdachtsfälle beschränkten sich nicht auf acetonische Extrakte, sondern hätten in der Mehrzahl der Fälle ethanolische Extrakte betroffen. Die seitens der Unternehmen vorgelegten toxikologischen Untersuchungen seien nicht geeignet, die Risikofreiheit des Wirkstoffs zu belegen. Insbesondere geeignete Tierstudien stünden aus. Eine Kurzzeitanwendung von nur vier Wochen sei angesichts des Krankheitsbildes auch wenig realistisch. Die einschlägigen Guidelines forderten eine Studiendauer bei Nicht-Nagern von neun Monaten. Auch die Wirksamkeit sei nicht hinreichend belegt. Insbesondere sei die Darstellung, die Monographie der Kommission E beruhe auf einer DC-Messung, nicht belegt. Aus den Unterlagen zur Monographieerstellung der Kommission E gehe hervor, dass die Bestimmung auch zum damaligen Zeitpunkt schon mit der HPLC-Methode erfolgt sei. Die zwischenzeitliche Erhöhung der Tagesdosis über den monographiekonformen Wert von 60 bis 120 mg Kava-Pyrone hinaus sei nicht geeignet, das negative Nutzen-Risiko-Verhältnis zu ändern. Der Klägerin sei zwar darin zuzustimmen, dass in der Phytotherapie der arzneilich wirksame Bestandteil durch das Extraktionsmittel und das Droge-Extrakt-Verhältnis (DEV) eindeutig gekennzeichnet sei und eine Änderung des Extraktionsmittels bzw. des DEV auch zu einem anderen Wirkstoff führe. Nur die Berücksichtigung ethanolischer Extrakte reduziere aber auch das zugunsten der Klägerin vorgelegte Studienmaterial immens, da dann alle Ergebnisse zu wässrigen, acetonischen oder CO2-Extrakten nicht berücksichtigungsfähig seien. Die Beklagte sieht sich durch die NTP-Studie in ihrer Risikobewertung bestätigt. Dass die US-amerikanische Behörde hieraus keinen Handlungsbedarf abgeleitet habe, sei ohne Belang. Die von der Klägerin herangezogenen neueren Studien seien nicht hinreichend aussagekräftig. Die Möglichkeit der Anordnung von Post Authorization Safety Studies sei erst durch das 2. AMG-Änderungsgesetz vom 19. Oktober 2012 geschaffen worden. 29Das Verwaltungsgericht hat den Bescheid des BfArM vom 21. Dezember 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Februar 2012 durch Urteil vom 20. Mai 2014 aufgehoben. Zur Begründung hat es ausgeführt: Das Nutzen-Risiko-Verhältnis Kava-Kava-haltiger Arzneimittel der hier streitgegenständlichen Art erweise sich nicht als ungünstig. Wenngleich die Monographie „Piperis methystici rhizoma" der Kommission E vom 1. Juni 1990, aus der die Klägerin die Wirksamkeit Kava-Kava-haltiger Arzneimittel im Wesentlichen herleite, nicht auf einer aktuellen Erfordernissen genügenden klinischen Erprobung des Wirkstoffs beruhe, sei sie in der Folgezeit Grundlage für eine Vielzahl von Zulassungen und Nachzulassungen Kava-Kava-haltiger Präparaten gewesen, ohne dass insoweit eine sachliche Unterscheidung zwischen ethanolischen und anderen Auszügen erfolgt sei. Diese Wirksamkeitsaussage habe das BfArM im gerichtlichen Verfahren nicht substantiiert angegriffen. Auch habe sich die Kommission E noch im Jahre 2002 in Kenntnis der bekannten Risikoaspekte für die Verkehrsfähigkeit der Produkte unter dem Vorbehalt bestimmter Sicherheitsmaßnahmen ausgesprochen. Vor diesem Hintergrund könne den vom Widerruf betroffenen Arzneimitteln ungeachtet ihrer Dosierung nicht jede Wirksamkeit von vornherein abgesprochen werden. Wegen des abweichenden Prüfungsmaßstabs des § 30 Abs. 1 AMG komme es auf die Frage, ob die Wirksamkeit Kava-Kava-haltiger Arzneimittel in einer den Anforderungen des § 22 Abs. 2 S. 1 Nr. 3, Abs. 3 AMG genügenden Weise begründbar sei, nicht an. 30Dem durch die Zulassungsbescheide belegten Nutzen der Präparate in den Anwendungsgebieten „nervöse Angst, Spannungs- und Unruhezustände" stünden Anwendungsrisiken in Gestalt hepatotoxischer Ereignisse gegenüber. Die in dem Bericht der WHO dokumentierten Fälle lebertoxischer Reaktionen seien im Rahmen einer quantitativen Gewichtung angesichts der weiten Verbreitung Kava-Kava-haltiger Arzneimittel als „selten" oder „sehr selten" auftretende Nebenwirkungen auszuweisen. Dabei sei zu berücksichtigen, dass die Klägerin nachvollziehbar dargelegt habe, dass in die Berichte der WHO und der MHRA auch Meldungen aus Deutschland eingeflossen seien und deswegen eine doppelte Berücksichtigung ein und desselben Ereignisses nahe liege. Inhaltlich sei das zu den hepatotoxischen Nebenwirkungen vorliegende Zahlenmaterial nicht konsistent. Das aus Großbritannien ausgewertete Zahlenmaterial beziehe sich auf die Anwendung von Kava-Kava in einem anderen Anwendungsgebiet, nämlich Blasenerkrankungen. Zudem erschwere die Multikausalität von Leberschädigungen die Zuordnung zu einer bestimmten Medikamentengabe. Die Klägerin habe nachvollziehbar dargelegt, dass es auch in sog. „Rechallenge-Fällen" einer Dokumentation der Komedikation bedürfe, um eine tragfähige Wahrscheinlichkeitsaussage treffen zu können. In der vorliegenden Gestalt lasse das Zahlenmaterial nur die Aussage einer möglichen Verknüpfung von Nebenwirkungen durch Kava-Kava-Gabe zu. Dies gelte auch für ethanolische Extrakte. 31Im Rahmen der Bewertung des Nutzen-Risiko-Verhältnisses hat das Verwaltungsgericht zunächst darauf hingewiesen, dass das monographierte Anwendungsgebiet „nervöse Angst, Spannungs- und Unruhezustände" sich mit dem für Benzodiazepine zugelassenen Anwendungsgebiet überschneide. Obwohl es sich bei Letzteren um zugelassene und verschreibungspflichtige Arzneimittel handele, gingen von diesen Wirkstoffen erhebliche Gefahren aus. Es bestehe schon bei therapeutischen Dosierungen ein sehr hohes Abhängigkeitspotential. Benzodiazepine würden weltweit als Medikamente mit der höchsten Missbrauchsrate gelten. Seit 2002 habe es für Benzodiazepine insgesamt 4.478 UAW-Meldungen gegeben, die sich über eine Vielzahl von unerwünschten Nebenwirkungen erstreckten und - soweit schwer - bei Suizidversuchen und Suchtmissbrauch deutliche Spitzen aufwiesen, vereinzelt aber auch Leberschädigungen zeigten. Vor diesem Hintergrund könne nicht von einer risikoärmeren Alternative zu Kava-Kava-haltigen Arzneimitteln ausgegangen werden. Das gelte in abgeschwächter Form auch für das vom BfArM angeführte Buspiron und die erwähnten Antidepressiva. Zudem seien im Rahmen einer am Verhältnismäßigkeitsgrundsatz und dem Übermaßverbot orientierten Nutzen-Risiko-Abwägung andere regulatorische Maßnahmen zur Risikominimierung zu berücksichtigen, die eine weitere Verkehrsfähigkeit der Produkte ohne unvertretbare Gefahren für die öffentliche Gesundheit gewährleisteten. Hierzu zählten die Verschreibungspflicht, Gegenanzeigen, Anwendungsbeschränkungen, eine ausdrückliche Beschränkung der Anwendungsdauer sowie eine begleitende regelmäßige Erhebung der Leberwerte. Hinzu trete die nunmehr gemäß § 28 Abs. 3b Satz 1 Nr. 2 AMG auch nach Erteilung der Zulassung bestehende Möglichkeit der Bundesoberbehörde, im Wege der Auflage anzuordnen, Unbedenklichkeitsprüfungen durchzuführen, wenn dies im Interesse der Arzneimittelsicherheit erforderlich sei. Angesichts des Umstandes, dass bislang die Anhaltspunkte für ein hepatotoxisches Risiko der streitbefangenen Produkte nicht mit der genügenden Sicherheit hätten verifiziert werden können, wäre eine solche nachgelagerte Erprobung bei fortbestehender Marktfähigkeit unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten naheliegend und das gegenüber dem Widerruf mildere Mittel. 32Die Beklagte hat die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung eingelegt und zur Begründung im Wesentlichen geltend gemacht: Die Möglichkeit, eine Unbedenklichkeitsstudie anzuordnen, bestehe nicht. Das materielle Recht, insbesondere § 28 Abs. 3b Satz 1 Nr. 2 AMG, eröffne nicht die Möglichkeit, nach Zulassung eine Unbedenklichkeitsstudie anzuordnen. Es bestehe kein Ansatz dafür, dass die Vorschrift auf vor ihrem Inkrafttreten eingeleitete (und abgeschlossene) Risikoverfahren Anwendung finde. Das Verwaltungsgericht habe zutreffend festgestellt, dass die aktuelle Bewertung der Wirksamkeit des Arzneimittels ein maßgeblicher Abwägungsbelang bei der Bewertung des Nutzen-Risiko-Verhältnisses sei. Die Wirksamkeit Kava-Kava-haltiger Arzneimittel sei bereits bei Erstellung der Monographie der Kommission E fraglich gewesen. Wegen der geringen Bedeutung von Kava-Kava sei zunächst eine Negativmonographie erstellt worden. Die von der Kommission E in Bezug auf die Wirksamkeit angenommene Plausibilität würde und könnte unter den heutigen rechtlichen Rahmenbedingungen zu einer traditionellen Registrierung gemäß § 39c AMG führen, womit allerdings eine sehr viel kritischere Nutzen-Risiko-Bewertung einhergehe. Schon zum Zeitpunkt der Stufenplanentscheidung hätten dem BfArM keine Studien vorgelegen, die eine Wirksamkeit ausreichend belegt hätten. Das Herbal Medicinal Product Commitee (HMPC) habe in einer öffentlichen Stellungnahme „Piperis methystici rhizoma“ als einen der Wirkstoffe benannt, für die die Erstellung einer Positivmonographie nicht erfolgversprechend erscheine. Das angegriffene Urteil überspanne die Anforderungen an den Verdachtsgrad schädlicher Nebenwirkungen. Wenn - wie vorliegend - eine größere Anzahl von Verdachtsfällen zusammenkomme, ergebe sich der begründete Verdacht des Auftretens unvertretbarer schädlicher Wirkungen mit zumindest möglicher Kausalität. Da es sich hier um sehr schwerwiegende Nebenwirkungen mit ernsten Konsequenzen gehandelt habe, seien zum Schutz der Patienten einschneidende Maßnahmen gerechtfertigt gewesen. Die vom Gericht beanstandete fehlende Häufigkeit der Nebenwirkungen sei aus den Daten der Spontanerfassung bekanntermaßen nicht verlässlich ableitbar. Insoweit sei insbesondere die hohe Dunkelziffer zu berücksichtigen. Quantitative Aussagen zur Häufigkeit von Nebenwirkungen seien nur durch Studien mit systematischer Datenerfassung und ausreichender Anzahl eingeschlossener Patienten zu treffen. Entscheidend sei das Vorliegen einer Reihe von Fällen schwerwiegender Nebenwirkungen, bei denen ein kausaler Zusammenhang mit der Anwendung von Kava-Kava-haltigen Arzneimitteln zumindest möglich erscheine. Dieser sei nach den dem BfArM vorliegenden - im Folgenden nochmals zusammengefassten - Erkenntnissen gegeben. Daraus gehe hervor, dass Kava-Kava eindeutig das Potential zu schwerer Lebertoxizität habe, wobei auch idosynkratische Leberschädigungen eine denkbare Erklärungsmöglichkeit seien. Die Darstellung der Klägerin zu Inzidenzraten bleibe unklar. An der Arbeit von Teschke et al. sei auffällig, dass der Kausalzusammenhang in 13 Fällen wegen anderer nicht medikamentöser Ursachen verneint worden sei und dies in drei beispielhaft aufgeführten Fällen nicht mit den differenzialdiagnostischen Feststellungen der Ärzte, von denen diese Fallberichte stammten, in Einklang stehe. In der bisherigen Diskussion zu Noble-Kava und den zu erwartenden Qualitätsunterschieden habe die Klägerin bislang nicht belegt, welche Kava-Qualität sie in den 80er/90er Jahren verwendet habe. Es sei auch nicht dargelegt, ob die klinischen Studien, die der damaligen Zulassung zugrunde lagen, ausschließlich mit Noble-Kava durchgeführt worden seien. 33Auch wenn der für die NTP-Studie verwendete Extrakt mit überkritischem Kohlendioxyd nicht mit den ethanolischen Extrakten vergleichbar sei - was sich angesichts der 96%igen Ethanolkonzentration jedoch diskutieren ließe -, seien die dort gewonnen Schlussfolgerungen als Hintergrundinformation bei der Bewertung mit einzubeziehen. Mit Bezug auf den Mechanismus der Hepatotoxizität seien zudem die Ergebnisse weiterer im Einzelnen aufgeführter Publikationen aus den Jahren 2011 und 2012 zu berücksichtigen. 34Die Nutzen-Risiko-Abwägung des Verwaltungsgerichts verdiene Kritik. Die dort angeführte Überschneidung der Anwendungsgebiete von Benzodiazepin- und Kava-Kava-haltigen Arzneimitteln wiege die Unterschiede beider Arzneimittel nicht auf. Vielmehr sei mit Blick auf etwaige Behandlungsalternativen insbesondere die interdisziplinäre S3-Leitlinie „Behandlung von Angststörungen" in den Blick zu nehmen. Benzodiazepine zählten danach weder zu den Arzneimitteln der ersten noch der zweiten Wahl für die Angstbehandlung. Dazu zählten demgegenüber selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer, selektive Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer, Pregabalin, Buspiron, Opipramol, Hydroxyzin und damit Arzneimittel mit einem guten Nutzen-Risiko-Verhältnis. Abgesehen davon handele es sich bei der mit einer Behandlung mit Benzodiazepinen vielfach auftretenden Abhängigkeit um eine Niedrigdosisabhängigkeit, die keine Abhängigkeit im eigentlichen Sinne sei. Das Verwaltungsgericht setze sich auch in Widerspruch zu den von ihm selbst aufgestellten Kriterien, wenn es die missbräuchliche Verwendung von Benzodiazepinen in die Abwägung einfließen lasse. Darüber hinaus stünden auch aus dem Bereich der pflanzlichen Arzneimittel Behandlungsalternativen, etwa Baldrianwurzelzubereitungen oder Lavendelöl, zur Verfügung. Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung habe das Verwaltungsgericht zu Unrecht nicht berücksichtigt, dass dem Widerruf die Anordnung des Ruhens als milderes Mittel vorausgegangen sei. Die Widerrufsentscheidung habe darauf beruht, dass die Zulassungsinhaber nicht bereit gewesen seien, die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen bzw. weiteres wissenschaftliches Erkenntnismaterial vorzulegen. Auch wenn man die geänderte Rechtslage zugrundelegte, wäre die Anordnung einer Unbedenklichkeitsstudie kein gleich geeignetes, erst recht kein milderes Mittel. Denn sie lasse nicht den Versagungsgrund des ungünstigen Nutzen-Risiko-Verhältnisses entfallen, sondern diene allein dem Gewinn neuer Erkenntnisse und der Erforschung der Risiken. Folglich führe eine solche Studie nicht zu einer Risikominimierung und wirke sich deswegen nicht positiv auf das Nutzen-Risiko-Verhältnis aus. Das Risikoverfahren zu pelargoniumwurzelhaltigen Arzneimitteln sei mit dem vorliegenden Verfahren nicht vergleichbar und müsse differenziert bewertet werden. 35Die Beklagte beantragt, 36das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 20. Mai 2014 zu ändern und die Klage abzuweisen. 37Die Klägerin beantragt, 38die Berufung zurückzuweisen. 39Zur Begründung führt sie aus: Nach dem im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung geltenden materiellen Recht hätte die Beklagte die Durchführung einer PASS anordnen können. Zudem sei es eine stets geübte Praxis des BfArM gewesen, auf der Grundlage von § 30 AMG i.V.m. § 36 VwVfG entsprechende Anordnungen zu treffen. Die Ausführungen der Beklagten zur Nutzen-Risiko-Bewertung des Verwaltungsgerichts seien nicht überzeugend. Nach Erstellung der Monographie der Kommission E habe sich die Erkenntnislage eindeutig zu Gunsten von Kava-Kava verbessert. Das BfArM habe dies dadurch bestätigt, dass es gestützt auf diese Monographie und die nachfolgend publizierten klinischen Prüfungen sehr viele Zulassungen für Kava-Kava-haltige Arzneimittel erteilt habe und zwar mit einem Status nach § 22 Abs. 3 AMG. Die von der Beklagten zitierte öffentliche Stellungnahme des HMPC führe zu keiner anderen Bewertung der Wirksamkeit von Kava-Kava. Die darin enthaltenen Aussagen beträfen traditionelle pflanzliche Arzneimittel, die nicht verschreibungspflichtig seien, und könnten nicht auf die hier streitbefangenen verschreibungspflichtigen Arzneimittel erstreckt werden. In Bezug auf die in Rede stehenden Nebenwirkungen sei zwischen Kava-Kava-Präparaten aus Noble-Kava mit ethanolischem Extrakt und solchen aus Two-Day-Kava mit acetonischem Extrakt zu unterscheiden. Bei Ersteren ergebe sich aus den vorliegenden Erkenntnissen allenfalls ein schwacher Verdacht für Nebenwirkungen. Im Zusammenhang mit möglichen Behandlungsalternativen führe die Beklagte Arzneimittel an, die für andere Anwendungsgebiete zugelassen seien als Kava-Kava, und verharmlose überdies das bei einer Behandlung mit Benzodiazepinen bestehende Abhängigkeitsrisiko. Entsprechendes gelte mit Bezug auf die in der interdisziplinären S3-Leitlinie zur Behandlung von Angststörungen aufgeführten Arzneimittel. Die von der Beklagten als Behandlungsalternative benannten pflanzlichen Arzneimittel deckten nicht die gleichen Erkrankungen ab. Entgegen der Auffassung der Beklagten bestehe bei Pelargoniumwurzelpräparaten und Kava-Kava-Präparaten in fachlich-medizinischer Hinsicht eine vergleichbare Situation. Insofern sei es bemerkenswert, dass das BfArM nur bei Ersteren, nicht hingegen bei Letzteren die Möglichkeit gesehen habe, eine PASS durchzuführen. 40Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten. 41Entscheidungsgründe: 42Die Berufung der Beklagten hat keinen Erfolg. Sie ist zulässig, aber unbegründet. 43Das Verwaltungsgericht hat der Klage im Ergebnis zu Recht stattgegeben. Der 44Widerrufsbescheid des BfArM vom 21. Dezember 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15. Februar 2012 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). 45Die Voraussetzungen für einen Widerruf der Zulassung des Arzneimittels G. Kapseln sind nicht erfüllt. 46Für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Widerrufsbescheides ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung der Tatsacheninstanz, hier also der Berufungsverhandlung, entscheidend. Der maßgebliche Zeitpunkt der Beurteilung der Rechtmäßigkeit eines angefochtenen Verwaltungsakts richtet sich nach dem jeweiligen materiellen Recht. Für die Anfechtungsklage gilt im Allgemeinen, dass die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung maßgeblich ist, es sei denn, das materielle Recht regelt etwas Abweichendes. 47Vgl. BVerwG, Urteile vom 28. Juli 1989 - 7 C 39.87 -, juris, Rn. 8, und vom 1. Juni 2011 - 8 C 4.10 -, juris, Rn. 19. 48Letzteres muss nicht zwingend in Gestalt einer ausdrücklichen fachgesetzlichen Regelung zum Ausdruck kommen, sondern kann sich auch aus dem Sinn und Zweck des jeweils einschlägigen Normgefüges ergeben. 49Vgl. Wolff, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Auflage, 2014, § 113, Rn. 96. 50Dies ist hier der Fall. Einerseits erfordert der in § 1 AMG niedergelegte Gesetzeszweck der Arzneimittelsicherheit - wie das Verwaltungsgericht bereits zutreffend festgestellt hat - die Berücksichtigung von Änderungen der Sach- und Rechtslage nach der letzten behördlichen Entscheidung. 51Vgl. OVG NRW, Urteil vom 29. Januar 2014 - 13 A 2730/12 -, juris, Rn. 28 f. 52Andererseits gebietet dies die besondere Eingriffsintensität des Widerrufs in die Grundrechte der pharmazeutischen Unternehmer. Denn die Wiedererlangung der Zulassung ist nach deren bestandskräftigem Widerruf erheblich erschwert. Das folgt daraus, dass die Versagungsgründe des § 25 Abs. 2 AMG nicht deckungsgleich mit den Widerrufsgründen des § 30 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 AMG sind. Insbesondere ist der Widerruf der Zulassung nicht vorgesehen, wenn der Versagungsgrund des § 25 Abs. 2 Nr. 2 AMG nachträglich eingetreten ist, also dann, wenn das Arzneimittel nicht nach dem jeweils gesicherten Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse ausreichend geprüft worden ist oder das andere wissenschaftliche Erkenntnismaterial nach § 22 Abs. 3 AMG nicht dem jeweils gesicherten Stand der wissenschaftlichen Erkenntnis entspricht. Angesichts dessen ist es unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten geboten, für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Widerrufs auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung abzustellen. Bestätigt wird dies durch den in § 30 Abs. 2a AMG zum Ausdruck kommenden Rechtsgedanken einer gegenüber dem Widerruf vorrangigen Anpassung der Zulassung nach Maßgabe der jeweils geltenden Sach- und Rechtslage. 53Die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Widerrufs der Zulassung richtet sich deswegen nach § 30 Abs. 1, 2a AMG in der Fassung vom 19. Dezember 2012. Nach § 30 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 AMG ist die Arzneimittelzulassung zu widerrufen, wenn der Versagungsgrund des § 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 AMG nachträglich eingetreten ist, das heißt, wenn sich das Nutzen-Risiko-Verhältnis des Präparats nachträglich als ungünstig erweist. Gemäß § 30 Abs. 2a Satz 1 1. Alt. AMG ist die Zulassung zu ändern, wenn dadurch der in Absatz 1 genannte betreffende Versagungsgrund entfällt. Ein Widerruf der Zulassung ist danach nur gerechtfertigt, wenn das Nutzen-Risiko-Verhältnis eines Arzneimittels ungünstig ist und dem durch eine Änderung der Zulassung nicht abgeholfen werden kann. Die Zulassungsänderung hat damit bei Vorliegen eines Versagungsgrundes Vorrang gegenüber dem Widerruf, mit der Folge, dass dieser rechtswidrig ist, wenn die Voraussetzungen des § 30 Abs. 2a AMG erfüllt sind. 54Vgl. zu § 30 AMG a.F. Krüger, in: Kügel/Müller/Hoffmann, Arzneimittelgesetz, 2012, § 30, Rn. 34. 55Das ist hier der Fall. Das Nutzen-Risiko-Verhältnis des streitbefangenen Arzneimittels ist derzeit ungünstig (I.). Dies rechtfertigt aber nicht den Widerruf der Zulassung, weil dieser Versagungsgrund bereits durch deren Änderung ausgeräumt werden kann (II.). 56(I.) Das Nutzen-Risiko-Verhältnis umfasst nach § 4 Abs. 28 AMG eine Bewertung der positiven therapeutischen Wirkungen des Arzneimittels im Verhältnis zu dem Risiko nach Absatz 27 lit. a. Dies ist jedes Risiko im Zusammenhang mit der Qualität, Sicherheit oder Wirksamkeit des Arzneimittels für die Gesundheit der Patienten. Mit dem Begriff des Risikos wird ebenso wie bei der früheren Gesetzesfassung des § 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 AMG jede Art von schädlichen Wirkungen erfasst, die über ein nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft vertretbares Maß hinausgehen. Nach der bis zum 5. September 2005 geltenden Vorschrift durfte die Zulassung versagt werden, wenn bei dem Arzneimittel der begründete Verdacht bestand, dass es bei bestimmungsgemäßem Gebrauch schädliche Wirkungen hat, die über ein nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft vertretbares Maß hinausgehen (vgl. auch § 5 Abs. 2 AMG). Mit der Änderung des Wortlauts des § 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 AMG, die der Angleichung an die Richtlinienvorgaben diente, ist keine inhaltliche Änderung verbunden. Beide Fassungen erstrecken sich auf jegliche Nebenwirkungen. Unter Nebenwirkungen sind die beim bestimmungsgemäßen Gebrauch eines Arzneimittels auftretenden schädlichen unbeabsichtigten Reaktionen zu verstehen (§ 4 Abs. 13 AMG), also nicht nur pharmakologisch-toxikologische Wirkungen, sondern jedwede unerwünschte Folge. Der erforderliche Verdacht schädlicher Wirkungen liegt vor, wenn ernstzunehmende Erkenntnisse den Schluss nahelegen, dass das Arzneimittel unvertretbare Nebenwirkungen hat. 57Vgl. BVerwG, Urteil vom 19. November 2009 - 3 C 10.09 -, NVwZ-RR 2010, 330 = juris, Rn. 32 ff., sowie Beschluss vom 12. Juni 2012 - 3 B 88.11 - , juris, Rn. 3; OVG NRW, Urteile vom 7. November 2012 - 13 A 2710/08 -, juris, Rn. 39 ff. und vom 29. Januar 2014 - 13 A 2730/12 - , juris, Rn. 34; BT-Drs. 15/5316, S. 38. 58Dafür bedarf es keines positiven Nachweises der kausalen Beziehung zwischen der Einnahme des Arzneimittels und aufgetretenen Nebenwirkungen, weil dies dem Gebot der Arzneimittelsicherheit zuwiderlaufen würde. 59Vgl. BVerwG, Urteil vom 26. April 2007 - 3 C 36.06 -, Pharma Recht 2007, 423 = NVwZ-RR 2007, 774; OVG NRW, Beschluss vom 17. September 2009 - 13 A 1428/08 -, juris, Rn. 11; OVG Berlin, Urteil vom 16. September 1999 - 5 B 34.97 -, juris, Rn. 17; Kloesel/Cyran, Arzneimittelrecht, Kommentar, Stand: 2012, § 25, Rn. 76, m. w. N. 60Insbesondere dann, wenn schwere Gesundheitsgefahren in Rede stehen, reicht es aus, wenn die entfernte Möglichkeit einer Risikoverwirklichung besteht. 61Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 17. September 2009 - 13 A 1428/08 -, juris, Rn. 13. 62Ein ungünstiges Nutzen-Risiko-Verhältnis folgt nicht bereits daraus, dass die bezweckte therapeutische Wirksamkeit eines Arzneimittels nicht (mehr) belegt ist. Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, begründen Zweifel an der Wirksamkeit oder eine unzureichende Wirksamkeitsbegründung nicht automatisch die Annahme eines ungünstigen Nutzen-Risiko-Verhältnisses und rechtfertigen daher für sich genommen nicht die Aufhebung der Zulassung, die nur auf die feststehende fehlende Wirksamkeit gestützt werden kann (vgl. § 30 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AMG). 63Vgl. dazu Krüger, in: Kügel/Müller/Hoffmann, Arzneimittelgesetz, 2012, § 30, Rn. 15. 64Nach aktuellem Erkenntnisstand bestehende Zweifel an der Wirksamkeit eines Arzneimittels sind für die im Rahmen des § 30 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2, § 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 AMG zu treffende Prognoseentscheidung gleichwohl von Bedeutung. Denn unter der Voraussetzung, dass die insoweit darlegungs- und materiell beweispflichtige Behörde sie konkret begründet hat, bilden sie einen Abwägungsbelang, der auf dritter Stufe bei der Abwägung des festgestellten Nutzens und der Risiken eines Arzneimittels zu berücksichtigen ist. 65Vgl. OVG NRW, Urteil vom 29. Januar 2014 - 13 A 2730/12 -, juris, Rn. 43. 66Hierbei sind Gesichtspunkte wie Indikation, Schwere des zu behandelnden Defekts, Behandlungsnotwendigkeit, Chancen eines Behandlungserfolges sowie eventuelle Behandlungsalternativen gegen solche wie Schweregrad und Häufigkeit der unerwünschten Nebenwirkung, die Rückbildungswahrscheinlichkeit (Reversibilität), mutmaßliche Gegenmaßnahmen und Suchtpotential im Sinne einer Vertretbarkeitsentscheidung gegeneinander abzuwägen. 67Vgl. zu den Abwägungskriterien: Kloesel/Cyran, Arzneimittelrecht, Kommentar, Stand 2012, § 25 Rn. 77; Kügel, in: Kügel/Müller/Hoffmann, Arzneimittelgesetz, § 25, Rn. 56. 68Voraussetzung für den Widerruf ist, dass die mit dem Verdacht schädlicher Wirkungen verbundenen Risiken gegenüber dem therapeutischen Nutzen des Arzneimittels überwiegen. 69Vgl. BVerwG, Urteil vom 26. April 2007 - 3 C 36.06 -, Pharma Recht 2007, 423 = NVwZ-RR 2007, 774. 70Die materielle Beweislast für das Vorliegen sämtlicher tatbestandlichen Voraussetzungen des den Widerruf der Zulassung auslösenden Versagungsgrundes trägt die Beklagte, 71vgl. BVerwG, Urteil vom 14. Oktober 1993 - 3 C 46.91 -, juris, Rn. 31; Kügel, in: Kügel/Müller/Hoffmann, Arzneimittelgesetz, 2012, § 25, Rn. 58, 72mit der Folge, dass insoweit verbleibende Zweifel zu ihren Lasten gehen und sie das Risiko der Unaufklärbarkeit des Sachverhalts trägt. 73Hiervon ausgehend gilt für die Bewertung des Nutzen-Risiko-Verhältnisses des hier streitgegenständlichen Arzneimittels Folgendes: 74(1) Kernkriterium für die Bewertung des Nutzens eines Arzneimittels ist seine therapeutische Wirksamkeit. Diese ist für das Präparat G. Kapseln mit einer Tagesdosierung von 120 mg Kava-Pyrone (einmal täglich eine Kapsel a 120 mg Kavapyrone) zu bejahen. Mit dieser Dosierung ist das Arzneimittel zugelassen worden. Den späteren Änderungsanzeigen vom 14. August 2001 und vom 19. Dezember 2011 hat das BfArM hinsichtlich der Dosierung nicht gemäß (§ 29 Abs. 2a Satz 1 AMG zugestimmt, sondern ihnen ausdrücklich widersprochen. 75Die Wirksamkeit des streitgegenständlichen Präparats wird weder durch das erstinstanzliche Vorbringen der Beklagten noch durch ihr Vorbringen im Berufungsverfahren durchgreifend in Zweifel gezogen. 76Mit ihrer Monographie „Piperis methystici rhizoma“ („Kava-Kava-Wurzelstock“) vom 1. Juni 1990 hat die Kommission E die anxiolytische, also angstlösende Wirkung des Wirkstoffs für die Anwendungsgebiete „Nervöse Angst-, Spannungs- und Unruhezustände“ unter Angabe einer Tagesdosis von Droge und Zubereitung entsprechend 60-120 mg Kava-Pyrone festgestellt. In weitgehender Übereinstimmung damit steht die Aussage der entsprechenden im Jahr 2003 veröffentlichten Monographie der European Scientific Cooperative on Phytotherapy (ESCOP), des europäischen Dachverbandes der nationalen Gesellschaften für Phytotherapie. Darin ist als Anwendungsgebiet „Anxiety, tension and restlessness arising from various causes of non psychotic origin“ mit einer Tagesdosierung von 60-120 mg Kavalactonen angegeben. 77Vgl. ESCOP Monographs, 2003, The scientific foundation for herbal medicinal products, S. 365 ff. 78Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kommt den von den unterschiedlichen Kommissionen aufgestellten Kriterien und Empfehlungen die Qualität antizipierter Sachverständigengutachten zu. 79Vgl. BVerwG, Urteile vom 19. November 2009 - 3 C 10.09 -, juris, Rn. 25, und vom 16. Oktober 2008 - 3 C 24.07 -, juris, Rn 20. 80Sie geben den jeweiligen wissenschaftlichen Erkenntnisstand wieder und sind einer Neubewertung zugänglich. Stellungnahmen der Kommissionen sind anderes wissenschaftliches Erkenntnismaterial im Sinne des § 22 Abs. 3 AMG. Die Zulassungsbehörde ist nicht an die in der Monographie getroffene Aussage gebunden. 81Kügel, in: Kügel/Müller/Hoffmann, Arzneimittelgesetz, 2012, § 25, Rn. 177. 82Da sachverständige Feststellungen bei besserer Erkenntnis ersetzt werden können (und müssen), darf die Kommission von früheren Feststellungen in Aufbereitungsmonographien abweichen. 83Vgl. BVerwG, Urteil vom 19. November 2009 - 3 C 10.09 -, juris, Rn. 27. 84Handelt es sich dabei um allgemeine Aussagen, sind diese als sachverständige Äußerung zu bewerten. 85Vgl. dazu Kügel, in: Kügel/Müller/Hoffmann, Arzneimittelgesetz, 2012, § 25, Rn. 178. 86Die Kommission E verfügt über besondere Sach- und Fachkunde. Hieraus und nicht zuletzt deswegen, weil es sich dabei um ein neutrales Sachverständigengremium handelt, folgt die besondere Bedeutung ihrer Stellungnahmen. Die Mitglieder der Kommission E sind Sachverständige mit besonderen Kenntnissen der wissenschaftlichen und/oder praktischen Phytotherapie. Die Kommission ist interdisziplinär mit Experten für Toxikologie, experimentelle Pharmakologie, Biometrie, pharmazeutische Biologie sowie Ärzten und Heilpraktikern, die Phytopharmaka praktisch einsetzen, zusammengesetzt. Diese werden alle drei Jahre von Verbänden der Fachrichtung vorgeschlagen und vom Bundesgesundheitsministerium benannt. 87Vergleichbares gilt bezogen auf die Monographien der ESCOP. Wenngleich sie keinen gesetzlichen Standard definieren, dienen sie dazu, die beste verfügbare wissenschaftliche Evidenz auf der Basis der aktuellen Literatur zusammenzustellen. 88Vgl. Pharmazeutische Zeitung online „Monographien als Richtschnur“ 13/2014 abrufbar unter: http://www.pharmazeutische-zeitung.de/index.php?id=51461. 89Die Beklagte hat die Monographie der Kommission E aus 1990 im Zulassungsverfahren als Wirksamkeitsbeleg zugrunde gelegt, ohne weitere Erkenntnisse zu fordern oder beizuziehen. Angesichts dessen sieht der Senat keine Veranlassung, die Wirksamkeit des Arzneimittels bezogen auf diesen Zeitpunkt anzuzweifeln, zumal die Beklagte in dem angegriffenen Bescheid selbst konstatiert, dass das Votum der Kommission E dem Erkenntnisstand der frühen 1990er Jahre entsprochen habe. 90Demgegenüber fehlen Vortrag und Anhalt dafür, dass dieser Erkenntnisstand durch neuere Erkenntnisse, die ernsthafte Zweifel an der Wirksamkeit Kava-Kava-haltiger Arzneimittel begründen, überholt ist. Im Gegenteil: Die Kommission E hat sich aufgrund der Einleitung des Stufenplanverfahrens und nach näherer Befassung mit der Angelegenheit veranlasst gesehen, in einer Anfang des Jahres 2002 verfassten öffentlichen Erklärung mitzuteilen, dass ihre Mitglieder nach wie vor von den vorgelegten wissenschaftlichen Daten zur Wirksamkeit von Kava-Kava überzeugt seien. Das impliziert, dass zum damaligen Zeitpunkt aus Expertensicht keine abweichenden neuen Erkenntnisse vorlagen. Nichts spricht dafür, dass die Kommission E zwischenzeitlich angesichts aktuellerer Forschungsergebnisse von diesem Standpunkt abgerückt ist. Insbesondere hat sie bis heute keine anderslautende Stellungnahme abgegeben. Entsprechendes gilt für die ESCOP. Die für „Piperis methystici rhizoma“ erstellte Monographie gehörte zu den ersten 80 Monographien, die die ESCOP im Jahr 2003 veröffentlicht hat. 91Vgl. ESCOP Monographs, 2003, The scientific foundation for herbal medicinal products, S. 365 ff. 92Obgleich die ESCOP ihre Monographien regelmäßig überarbeitet und aktualisiert, hat diejenige für „Piperis methystici rhizoma“ bislang keine Änderung erfahren. 93Hinzu kommt, dass die WHO in ihrem Bericht aus dem Jahr 2007 (Coulter et al., „Assessment of the risk of hepatotoxicity with kava products“) offensichtlich ebenfalls von der Wirksamkeit von Kava-Kava ausgeht. Dort heißt es, 16 gut kontrollierte Doppelblindstudien hätten die angstlösende Wirkung von Kava-Kava gezeigt (vgl. Tabelle 3, S. 6, 11). Diese Bewertung entspricht der mit dem Ziel der Untersuchung Kava-Kava-haltiger Arzneimittel durchgeführten Metaanalyse einer Reihe randomisierter placebokontrollierter Doppelblindstudien von Pittler und Ernst (zuletzt, „Kava extract versus placebo for treating anxiety“, 2003). Diese hat zur Wirksamkeit der Behandlung von Angststörungen, gemessen an den Kriterien der Hamilton Anxiety Scale (HAMA) die Überlegenheit Kava-Kava-haltiger Arzneimittel gegenüber Placebopräparaten ergeben. Eventuelle Mängel der analysierten Einzelstudien vermögen die Indizwirkung des Ergebnisses der Metaanalyse im Zusammenhang mit dem weiteren Erkenntnismaterial nicht zu entkräften. 94Letztlich konzediert die Beklagte selbst eine - wenngleich dosisabhängige - Wirksamkeit, wenn es in dem angefochtenen Bescheid heißt, bei Dosierungen oberhalb von 120 mg Kava-Pyrone pro Tag bestehe ein gewisser Anhalt für eine Wirksamkeit in den beanspruchten Indikationen. Hinzu kommt, dass aus dem angefochtenen Bescheid hervorgeht, dass die Wirksamkeitszweifel des BfArM nicht auf tatsächliche Anhaltspunkte gestützt sind, wenn es darin heißt, aus den Ausführungen zur Wirksamkeit ergäben sich keine neuen Erkenntnisse gegenüber dem früheren Kenntnisstand (Widerspruchsbescheid vom 15. Februar 2012, S. 6). 95Angesichts dieser Erkenntnissituation vermag der Umstand, dass das vorliegende Studienmaterial heute nicht in jeder Hinsicht den speziell für Angsterkrankungen entwickelten Anforderungen der Guidelines der European Medicines Agency (EMA) entspricht, keine nachhaltigen Zweifel am Nutzen des Präparats zu wecken. Das gilt bereits bei einer monographiekonformen Dosierung. Da die Kommission E eine Dosierung oberhalb von 120 mg Kava-Pyrone nicht vorgegeben hat, kommt es hinsichtlich der Frage der Wirksamkeit auf die unterschiedlichen Auffassungen der Beteiligten hinsichtlich der jeweils zugrunde liegenden Berechnungsgrundlagen nicht entscheidungserheblich an. 96Soweit die Beklagte die Auffassung vertritt, aus der nicht zureichend belegten Wirksamkeit resultierten automatisch Wirksamkeitszweifel, ist dieser Rückschluss ohne das Hinzutreten tatsächlicher Anhaltspunkte für solche Zweifel nicht gerechtfertigt. Denn in der Konsequenz würde dies in einer nicht überschaubaren Anzahl von Fällen dazu führen, dass während der Geltungsdauer einer Zulassung die Wirksamkeit eines Arzneimittels fortlaufend neu zu belegen wäre. Überdies geht der Senat mit dem Verwaltungsgericht davon aus, dass bei der Forderung nach einer guidelinekonformen Studie die Absicht im Vordergrund steht, Daten für die weitere Nutzen-Risiko-Abwägung zu generieren. Zumindest bietet dies einen Erklärungsansatz dafür, warum das BfArM im Stufenplanbescheid auf die CPMP-Guidelinie zur klinischen Prüfung von Arzneimitteln zur Behandlung von Angststörungen in der Fassung aus den Jahren 1993/94 verwiesen hat, obgleich es - dem unwidersprochenen Vortrag der Klägerin zufolge - zugleich bis in das Jahr 2001 Neuzulassungen für Kava-Kava-haltige Arzneimittel erteilt hat, ohne die Vorlage entsprechender Studien verlangt zu haben. 97Die weiteren Einwände der Beklagten im Berufungsverfahren rechtfertigen keine andere Bewertung: Ihr Hinweis darauf, dass die Kommission E im Zuge der 98Ausarbeitung der Monographie angesichts der geringen Bedeutung von Kava-Kava als Droge oder Drogenzubereitung zunächst beabsichtigte, eine Negativmonographie zu erstellen, ist unerheblich. Denn abgesehen davon, dass die geringe Bedeutung eines Wirkstoffs nichts über seine Wirksamkeit aussagt, hat die Kommission E diese Einschätzung - was entscheidend ist - letztlich revidiert und eine Positivmonographie erstellt. Darin hat sie folgende Überlegungen zur Wirksamkeit von Kava-Kava angestellt: 99 „Aufgrund der Wirkungen der isolierten Inhaltsstoffe ist eine 100 schwache, zentral relaxierende Wirkung ähnlich wie bei 101Benzodiazepinen anzunehmen. Durch Kava-Kava-Extrakt zeigt sich im quantitativen EEG eine für das anxiolytische Pharmako-EEG-Profil von Benzodiazepinen typische Steigerung der ß-Aktivität bei gleichzeitiger Abnahme der alpha-Aktivität (Johnson 1989). Neuere Studien weisen eine Wirksamkeit von Kava-Kava-Extrakt bei ,Angst, Spannungs- und Unruhezuständen‘ nach (Warnecke 1989, Bhate 1989).“ 102Soweit die Beklagte sinngemäß beanstandet, dieser Monographie liege letztlich nur eine Plausibilitätsprüfung zugrunde, ist dem entgegenzuhalten, dass die Kommission E in ihrer Stellungnahme aus dem Jahr 2002 ausdrücklich erklärt hat, „von den vorgelegten wissenschaftlichen Daten zur Wirksamkeit von Kava-Kava überzeugt zu sein“. Abgesehen davon sind die Überlegungen der Beklagten zu § 39c AMG bereits deswegen nicht tragfähig, weil es sich bei Kava-Kava-Präparaten um Arzneimittel handelt, die der Verschreibungspflicht unterliegen, und eine Registrierung als traditionelles pflanzliches Arzneimittel deswegen ausscheidet (§ 39c Abs. 2 Nr. 2 AMG). 103Ebenso wenig stützt die Stellungnahme des Comittee on Herbal Medicine Products (HMPC) der EMA vom 6. Mai 2014 die Position der Beklagten. Zwar prognostiziert das HMPC darin, dass u.a. für den Wirkstoff „Piperis methystici rhizoma“ angesichts des ungünstigen Nutzen-Risiko-Verhältnisses voraussichtlich keine Monographie erteilt werden wird. Hierbei handelt es sich - was sprachlich durch die Formulierung „es ist nicht wahrscheinlich, auf ein positives Nutzen-Risiko-Verhältnis zu schließen“ zum Ausdruck gebracht wird - nicht um eine sichere Voraussage, sondern um eine Vorabeinschätzung. Da dieser - wie sich aus dem Bericht ergibt - aber gerade keine detaillierte Prüfung zugrunde liegt, kommt ihr kein entscheidendes Gewicht zu. Eine isolierte Aussage über die Wirksamkeit Kava-Kava-haltiger Arzneimittel lässt sich auf der Grundlage dieser Aussage ohnehin nicht treffen. Hinzu kommt, dass sich der Bericht auf Wirkstoffe bezieht, die als Grundlage einer späteren Registrierung (§ 39 AMG) eine Monographie als traditionelle pflanzliche Arzneimittel erhalten sollen, bei denen sich die Bewertung des Nutzen-Risiko-Verhältnisses nach anderen Maßstäben richtet als bei dem verfahrensgegenständlichen verschreibungspflichtigen Präparat. 104Ist danach von der therapeutischen Wirksamkeit des streitgegenständlichen Kava-Kava-Präparats auszugehen, sprechen für seinen Nutzen weiterhin die Art und Schwere der in Rede stehenden Erkrankung sowie deren Behandlungsnotwendigkeit. Jedenfalls soweit das monographierte Anwendungsgebiet auf die Behandlung von Angststörungen abzielt, handelt es sich nicht um eine Bagatelldiagnose, sondern um eine ernsthafte, weitverbreitete psychische Erkrankung. Bei dieser stehen Symptome der Angst in Gestalt einer anhaltenden Angstreaktion, mangelnder Kontrolle der Angst, eventueller körperlicher Reaktionen einschließlich katastrophisierender Fehlinterpretationen und Beeinträchtigung in wichtigen Funktionen des Berufs-, Alltags- und Familienlebens im Vordergrund. 105Vgl. Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch, 263. Auflage 2012, „Angststörung“. 106Angststörungen zählen zu den häufigsten psychischen Erkrankungen. Ihre Verbreitung nimmt zu. Je nach Schweregrad können sie mit erheblichen psychosozialen, somatischen und ökonomischen Folgen einhergehen. Dazu zählen Arbeitsunfähigkeit, ein erhöhtes Risiko für sekundäre komorbide Erkrankungen - beispielsweise Suchterkrankungen -, eine erhöhte Suizidrate sowie eine übermäßige Inanspruchnahme medizinischer Leistungen. 107Vgl. Deutsches Ärzteblatt, „Angststörungen/Panikattacken: Angst aus heiterem Himmel“, Dezember 2005, 557. 108Bereits bei mittlerem Leidensdruck des Patienten, psychosozialen Einschränkungen sowie Komplikationen der Angsterkrankung ist eine Behandlung in Gestalt von Psycho- oder Pharmakotherapie oder einer Kombination aus beidem indiziert. 109Vgl. Deutsches Ärzteblatt, „Diagnostik und Therapieempfehlungen bei Angststörungen“, Juli 2014, 475 ff. 110Unter diesen Gesichtspunkten erschließt sich der besondere Nutzen einer wirksamen anxiolytischen Medikation. Bezogen auf Kava-Kava-haltige-Präparate ist insoweit zu berücksichtigen, dass deren Anwendung nur für leichte und mittelschwere Formen von Angststörungen indiziert ist, die damit nach Einschätzung von Experten üblicherweise innerhalb eines Monats gut therapiert werden können. Für schwere Angststörungen wird von einer Kontraindikation ausgegangen. 111Vgl. Teschke, Deutsches Ärzteblatt, „Hepatoxizität durch Kava-Kava: Risikofaktoren und Prävention“, 2002, 99. 112(2) In Übereinstimmung mit dem Verwaltungsgericht geht der Senat davon aus, dass dem vorstehend beschriebenen Nutzen des verfahrensgegenständlichen Arzneimittels Anwendungsrisiken in Form hepatotoxischer Ereignisse gegenüberstehen, also ein begründeter Verdacht für derartige Nebenwirkungen besteht. Angesichts dessen ist der sinngemäße Einwand der Beklagten, das Verwaltungsgericht habe bei seiner Bewertung die Anforderungen, die an die Annahme eines begründeten Nebenwirkungsverdachts zu stellen sind, überspannt, nicht nachvollziehbar. 113Die von der WHO in ihrem Bericht aus dem Jahr 2007 dokumentierten Fälle sind als Beleg für die Möglichkeit hepatotoxischer Wirkungen des hier in Rede stehenden Kava-Kava-Präparats zu werten. Entsprechendes gilt für die dem BfArM vorliegenden Fallberichte zu Leberreaktionen. Zwar wird dies durch den Bericht der MHRA aus dem Jahr 2006 („Report of the Committee on Safety of Medicines Export Working Group") gestützt. Allerdings ist der Senat übereinstimmend mit dem Verwaltungsgericht der Auffassung, dass der darin enthaltenen Risikobeurteilung, die - unter Einschluss des vom BfArM übermittelten Fallmaterials aus Deutschland - nicht die Begutachtung von Kava-Kava als Anxiolytikum, sondern bei Oberbauch- und Blasenbeschwerden zum Gegenstand hatte, keine besondere Bedeutung beizumessen ist. 114Der Bericht der WHO enthält eine Auswertung von 93 Fallberichten - darunter einige der vom BfArM dokumentierten Fälle aus Deutschland - über hypothetisch mit der Einnahme von Kava-Kava-Extrakten im Zusammenhang stehende Leberschädigungen. In vierzehn Fällen erfolgte eine Lebertransplantation. Sieben Fälle endeten tödlich. Die WHO-Expertengruppe bewertete die Kausalität zwischen hepatotoxischer Schädigung und der Einnahme von Kava-Kava-Präparaten in keinem Fall als sicher, in acht Fällen als wahrscheinlich, in 54 Fällen als möglich und in 28 Fällen als nicht bewertbar. 115Die Beklagte verweist auf 41 Fälle in Deutschland aufgetretener lebertoxischer Reaktionen. Hiervon seien 20 hinreichend gut dokumentiert, um eine fundierte Kausalitätsbewertung vornehmen zu können. In sieben dieser Fälle sei eine Lebertransplantation erforderlich gewesen. Insgesamt seien drei Patienten verstorben. In zwei Fällen sei die lebertoxische Reaktion nach Absetzen des Kava-Kava-Präparats zurückgegangen und bei Reexposition erneut aufgetreten. Bei zwölf spontan gemeldeten Fällen und einem in einer Publikation dargestellten Fall sei der Kausalzusammenhang wahrscheinlich. Diese Bewertung beruhe auf dem deutlichen zeitlichen Zusammenhang zwischen dem Beginn der Kava-Kava-Medikation und dem Auftreten der Symptome bzw. pathologischen Veränderungen einerseits und dem Zurückgehen der Lebererkrankung nach Absetzen der Kava-Kava-Medikation und/oder des Fehlens lebertoxischer Faktoren wie einer entsprechenden Komedikation andererseits. In einigen dieser Fälle sei die synergistische Beteiligung eines anderen Arzneimittels jedoch möglich. 116Diese Auswertungsergebnisse reichen für die Annahme eines begründeten Verdachts leberschädigender Wirkungen aus, weil insoweit geringe Kausalitätsanforderungen gelten. Für die Nutzen-Risiko-Abwägung ist aber der Verdacht graduell und qualitativ näher zu bestimmen. 117Allerdings bietet die gegenwärtige Studienlage hierfür keine tragfähigen Anknüpfungspunkte. Bei Gesamtbetrachtung ist sie uneinheitlich und deswegen nicht ergiebig. Herkömmliche klinische Studien sind - darüber sind sich die Beteiligten einig - aufgrund der zu geringen Population nicht geeignet, tragfähige Erkenntnisse über das lebertoxische Risiko zu gewinnen. Toxizitätsstudien haben weder potentiell toxische Bestandteile von Kava-Kava noch einen lebertoxischen Mechanismus aufzeigen können. Die Ergebnisse der NTP-Studie, auf die die Beklagte verweist, mögen zwar einen Toxizitätsbeleg begründen. Das gilt aber nur für die darin einbezogenen Präparate mit einem CO²-Extrakt. Für eine Übertragbarkeit der gefundenen Ergebnisse auf die hier streitgegenständlichen Präparate mit ethanolischen Auszügen hat die Beklagte keine überzeugenden Gesichtspunkte benannt. Abgesehen davon gibt der Nachweis toxischer Effekte eines bestimmten Präparats als solcher - was auch die Beklagte anerkennt - weder Aufschluss über die potentiell toxischen Einzelstoffe noch über den Mechanismus einer lebertoxischen Wirkweise, sondern untermauert lediglich das, wovon bereits auf der Grundlage der Fallberichte auszugehen ist. Auch das restliche vorliegende Studienmaterial bietet hierzu keine belastbaren und konsistenten Erkenntnisse. Anders als die Beklagte meint, geht dieser Umstand zu ihren Lasten. Denn sie trägt das Risiko der Unerweislichkeit der Umstände, die ein ungünstiges Nutzen-Risiko-Verhältnis begründen. 118Demgegenüber erlauben die folgenden relativierenden Faktoren eine nähere Eingrenzung der bestehenden Verdachtsmomente für eine hepatotoxische Wirkung von Kava-Kava-haltigen Arzneimitteln. Wenngleich sie den geweckten Verdacht nicht auszuräumen vermögen, schwächen sie ihn ab. 119Von Bedeutung ist insoweit zunächst, dass die Auswertungsergebnisse der WHO und des BfArM nicht für eine hohe, sondern im Gegenteil für eine schwache Inzidenzrate sprechen. Zwar lässt sich diese auf der Grundlage des vorliegenden Erkenntnismaterials nicht genau bestimmen. Andererseits gibt es aber bereits im Ausgangspunkt keine tragfähigen Belege dafür, dass hepatotoxische Ereignisse im Zusammenhang mit der Anwendung von Kava-Kava-Präparaten gehäuft auftreten, also eine hohe Inzidenzrate besteht. Umgekehrt sprechen deutschlandweit 20 und nach der Datenlage des WHO-Berichts weltweit 62 Fälle, in denen eine derartige Relation festgestellt werden konnte, bei einem Anwendungsvolumen von - dem unwidersprochenen Vortrag der Klägerin zufolge - 250 Millionen Tagesdosen bezogen auf einen Zehnjahreszeitraum für eine sehr geringe lnzidenzrate. Das gilt auch unter Berücksichtigung der mit dem zugrundeliegenden Spontanerfassungssystem verbundenen Abbildungsdefizite, zumal wenn man berücksichtigt, dass ein Großteil dieser Meldungen in zeitlichem Zusammenhang mit dem Stufenplanverfahren und der öffentlich geführten Debatte um die potentielle Toxizität Kava-Kava-haltiger Arzneimittel steht. Dem entspricht die Einschätzung der Expertengruppe der WHO in ihrem Bericht aus dem Jahr 2007, in dem es heißt, die genaue Inzidenzrate von Nebenwirkungen, die mit der Einnahme von Kava-Kava in Zusammenhang stünden, sei nicht bekannt, scheine aber ziemlich niedrig zu sein (vgl. WHO-Bericht, S. 60). 120Unabhängig von diesem quantitativen Gesichtspunkt ist die Aussagekraft der Fälle, in denen ein Kausalzusammenhang als wahrscheinlich oder möglich angesehen worden ist, unter qualitativen Aspekten begrenzt. 121Bezogen auf den Bericht der WHO ergibt sich dies aus Folgendem: Nach dessen Ergebnis konnte nur in knapp zwei Dritteln der untersuchten Fälle (62 von 93) überhaupt eine Relation zwischen hepatotoxischen Wirkungen und der Einnahme von Kava-Kava-haltigen Arzneimitteln hergestellt werden. In keinem dieser Fälle wurde ein sicherer Kausalzusammenhang festgestellt. In 54 Fällen - darunter in allen sieben Todesfällen und in zehn Fällen mit Lebertransplantation - wurde der Kausalzusammenhang als „möglich“ und in acht Fällen als „wahrscheinlich“ eingestuft. Dass sich unter den zuletzt genannten Fällen nicht solche mit tödlichem Ausgang oder Lebertransplantation finden, beruht nicht lediglich auf der Definition der Kausalitätskriterien der WHO für einen wahrscheinlichen Kausalzusammenhang. Denn für elf der insgesamt 14 Patienten mit Lebertransplantation ist eine Begleitmedikation dokumentiert, die ebenfalls Auslöser der aufgetretenen Leberreaktionen gewesen sein könnte (vgl. WHO-Bericht, Tabelle 11a und 11 b, S. 46). Das gilt gleichermaßen für sämtliche Fälle mit tödlichem Ausgang (vgl. WHO-Bericht, Tabelle 12, S. 48). Es erscheint deswegen durchaus nicht fernliegend, die schwache lnzidenz schwerer Nebenwirkungen bei alleiniger Gabe Kava-Kava-haltiger Präparate als ein diesen Wirkstoff entlastendes lndiz zu werten. 122Hierzu passt die Einschätzung der Expertengruppe der WHO, wonach ein direkter Kausalzusammenhang zwischen der Einnahme Kava-Kava-haltiger Arzneimittel in der Mehrzahl der untersuchten Fälle schwierig nachzuweisen ist und die verfügbaren Fallberichte insoweit keinen Beweis für ein Ursache-Wirkungs-Verhältnis liefern (vgl. WHO-Bericht, S. 17). Als Ergebnis enthält der Bericht mit Blick darauf die - relativierende - Feststellung, dass Kavalactone durch die Wechselwirkungen von Kava-Kava und anderen Arzneimitteln, exzessiven Alkoholkonsum, metabolisch oder immunologisch bedingte Idiosynkrasie oder aufgrund einer vorbestehenden Lebererkrankung in jeder Art von Präparat selten hepatische Nebenwirkungen hervorrufen können (vgl. WHO-Bericht, S.63). Damit sind zugleich besondere Risikofaktoren angesprochen, die die WHO auch an anderer Stelle ihres Berichts noch gesondert aufführt (vgl. WHO-Bericht, S.61). Das impliziert, dass hepatotoxische Ereignisse, was im Übrigen wissenschaftlich anerkannt sein dürfte, 123vgl. etwa Russmann/Kullak-Ublick, Beurteilung und Meldung medikamentöser Leberschäden, swissmedic, Jubiläumsausgabe Dezember 2012, 11/26, 124multifaktorielle Ereignisse sind und sich dies erschwerend auf die Möglichkeit der Zuordnung ihrer Ursachen auswirkt. 125Zudem sind die Auswertungsergebnisse der WHO auch deswegen nur bedingt aussagekräftig, weil sie sich auf sämtliche Arten Kava-Kava-haltiger Arzneimittel beziehen. Aus dem in das Verfahren eingeführten wissenschaftlichen Erkenntnismaterial geht hervor, dass weder die potentiell toxischen Einzelstoffe noch der Mechanismus einer lebertoxischen Wirkung von Kava-Kava bekannt sind. Vermutet wird, dass neben Anwendungsdauer und Dosierung auch Extrakt und Kultivar insoweit eine Rolle spielen könnten. Hierzu hat die Klägerin plausible und von dem Experten Dr. N. T. in mehreren Stellungnahmen untermauerte Überlegungen angestellt, denen die Beklagte in der Sache nicht substantiiert entgegengetreten ist. Der Bericht der WHO enthält keine differenzierte Auswertung nach Extrakt und Kultivar. Vielmehr bezieht sich die Auswertung und dementsprechend auch die getroffene Risikoaussage auf sämtliche Arten Kava-Kava-haltiger Präparate. Demgegenüber handelt es sich bei dem verfahrensgegenständlichen Präparat unbestritten um eines mit einem ethanolischen Auszug. Da aber Risikoaussagen zu einer Auszugsart nicht ohne weiteres auf eine andere übertragen werden können, 126vgl. OVG NRW, Beschluss vom 26. November 2010 - 13 A 2807/09 -, juris, Rn. 10, 127sind die Ergebnisse in dem Bericht der WHO für das vorliegende Verfahren nur eingeschränkt aussagekräftig. 128Auch die von der Beklagten selbst auf der Grundlage des Fallmaterials des BfArM vorgenommene Risikobeurteilung ist unter verschiedenen Gesichtspunkten zweifelhaft. Ihr Vorbringen suggeriert eine „fundierte Kausalitätsbewertung" in 20 von 41 Fällen. Hiervon seien 18 spontan gemeldet worden und in zwei Fällen handele es sich um Berichte aus der Literatur. Demgegenüber ist der Kausalzusammenhang nur für 15 Fälle nachvollziehbar dargelegt, wobei in „einigen“ - weder benannten noch bezifferten - dieser Fälle die synergistische Beteiligung eines anderen Arzneimittels möglich gewesen sein soll. Dieses Vorbringen bezieht sich offensichtlich auf die in dem Bescheid vom 12. Mai 2005 detailliert aufgeführten 26 Fallberichte und überschneidet sich damit. Bei deren Auswertung war das BfArM in 19 Fällen von einem Kausalzusammenhang im Bereich „wahrscheinlich“ - hiervon in drei Fällen als „wahrscheinlich bis gesichert“ - und in sechs Fällen von einer „möglichen“ Kausalität ausgegangen. Einen Fall hatte es für nicht auswertbar erachtet. Der Senat ist unter Berücksichtigung des wechselseitigen Vorbringens und der in das Verfahren eingeführten Erkenntnisse nicht zu der Überzeugung gelangt, dass diese Bewertung insgesamt zutrifft. Denn sie steht tiefgreifend in Widerspruch mit den Bewertungen anderer Institutionen, die jedenfalls nicht weniger plausibel hergeleitet und unabhängig voneinander durchgehend zu weniger besorgniserregenden Ergebnissen gelangt sind. Dies folgt aus der Übersicht in der Stellungnahme von Dr. N. T. vom 6. Februar 2012, in der dieser sich außerdem detailliert mit den einzelnen Fallberichten und deren Bewertung durch das BfArM auseinandergesetzt und diese durchgreifend in Zweifel gezogen hat (vgl. dort S. 9 ff.). Die Beklagte ist den darin enthaltenen Einwänden inhaltlich nicht substantiiert entgegen getreten. Unabhängig davon erscheint die Annahme eines „wahrscheinlichen“ Kausalzusammenhangs schon aufgrund der in der Mehrzahl der Fälle jeweils dokumentierten Begleitmedikation vielfach zweifelhaft. Entgegen der Auffassung der Beklagten rechtfertigt auch der Umstand, dass die festgestellten Leberreaktionen in zwei Fällen nach Absetzen des Kava-Kava-Präparats zurückgegangen und nach Reexposition erneut aufgetreten sind, mangels ausreichender Dokumentation der Begleitmedikation jedenfalls nicht die Bewertung eines „gesicherten“ Kausalzusammenhangs (BfArM 01003950/01003951). 129Weitere Bedenken gegen die Kausalitätsbewertung der Beklagten ergeben sich auf der Grundlage der Publikation von Teschke et al. („Kava hepatotoxicity: a clinical survey and critical analysis of 26 suspected cases“, European Journal of gastroenterology & hepatology 2008, Vol. 20, S. 1182 ff.). Nach den stimmigen und transparent hergeleiteten dortigen Ausführungen, auf die Bezug genommen wird, bestand lediglich in acht Fällen ein Kausalzusammenhang, wobei lediglich in einem dieser Fälle eine monographiekonforme Anwendung dokumentiert war. 130Soweit die Beklagte mit Schriftsatz vom 26. Januar 2015 die in dieser Publikation getroffene Feststellung des Fehlens einer medikamentösen Ursache in 13 Fällen beanstandet, und, um dies zu wiederlegen, bezogen auf drei Fälle auf den Inhalt der hierzu gefertigten Arztberichte verwiesen hat, führt dies zu keiner anderen Bewertung. Denn daraus geht jedenfalls nicht hervor, dass die beobachtete Leberschädigung durch Kava-Kava und nicht durch die jeweils dokumentierte Begleitmedikation verursacht worden ist. Unter diesen Umständen ergibt sich dies nicht bereits daraus, dass nach ärztlicher Einschätzung von einer medikamentös induzierten Leberschädigung auszugehen ist. 131Relativierend ist zuletzt der ebenfalls vom Verwaltungsgericht bereits angesprochene Aspekt in den Blick zu nehmen, dass das streitbefangene Präparat auf eine Kurzzeitbehandlung angelegt ist und eine Begrenzung von Anwendungsdauer und Dosierung vorgesehen ist. Auch hieraus folgt die nur begrenzte Aussagekraft der Auswertungen des BfArM und der WHO, in denen nicht nach diesen von der Beklagten selbst als risikobeeinflussend eingestuften Kriterien differenziert wird. Da eine lange Exposition einerseits und eine erhöhte Dosierung andererseits mit einer Risikoerhöhung assoziiert werden, liegt es auf der Hand, dass die Auswertung eines Kollektivs von Fällen, in denen diese Differenzierung nicht getroffen wird, keine einheitliche Risikoaussage erlaubt. Die Vielzahl der Fälle, in denen Leberschädigungen im Zusammenhang mit einer Überdosierung, einer überlangen Anwendungsdauer oder einer potentiell lebertoxischen Begleitmedikation aufgetreten sind, ist aber umgekehrt als Beleg dafür zu werten, dass es sich hierbei um Risikofaktoren handelt. Dies wird auch von keinem der Beteiligten in Abrede gestellt. 132Auf der Basis aller in das Verfahren eingeführter Erkenntnisse geht der Senat davon aus, dass toxische Lebererkrankungen durch Kava-Kava-Extrakte sehr selten sind, im Einzelfall aber potenziell lebensbedrohend verlaufen können und durch eine Vielzahl von Risikofaktoren wie Dosierung, Anwendungsdauer, Begleitmedikation, Alkoholkonsum und Lebervorschädigung beeinflusst werden. Hinsichtlich dieser Risikofaktoren stimmen die Beteiligten überein, wenngleich ihre Einschätzungen zu den Risiken der Verwendung unterschiedlicher Auszüge und Kultivare auseinandergehen. 133(3) Hiervon ausgehend ist das Nutzen-Risiko-Verhältnis des streitgegenständlichen Arzneimittels derzeit ungünstig. Dieser Einschätzung liegt zugrunde, dass hinsichtlich Kava-Kava-haltiger Arzneimittel zwar nicht generell, aber dann von einem ungünstigen Nutzen-Risiko-Verhältnis ausgegangen werden muss, wenn nicht alle Maßnahmen umgesetzt worden sind, um die damit einhergehenden Risiken bestmöglich einzudämmen. Letzteres ist hier der Fall. 134Der Umstand, dass die zuvor erwähnten Risikofaktoren im Zusammenhang mit der Hepatotoxizität von Kava-Kava bekannt sind, führt in der Publikation von Teschke et al. („Kava hepatotoxicity: a clinical survey and critical analysis of 26 suspected cases“, European Journal of gastroenterology & hepatology 2008, Vol. 20, S. 1182 ff.) zu der überzeugenden Schlussfolgerung, dass hepatotoxische Ereignisse im Zusammenhang mit Kava-Kava weitgehend vermeidbar sind. Dies, die nur schwache Inzidenzrate und der belegte Nutzen Kava-Kava-haltiger Arzneimittel stehen der generellen - also nicht präparatspezifischen, sondern rein wirkstoffbezogenen - Annahme eines ungünstigen Nutzen-Risiko-Verhältnisses entgegen. Andererseits sind angesichts der Schwere möglicher Nebenwirkungen vermeidbare Risiken nicht hinnehmbar. 135Insoweit bilden die Empfehlungen der Kommission E in ihrer Stellungnahme aus dem Jahr 2002 nach Auffassung des Senats einen tauglichen und deshalb einzuhaltenden Maßstab zur Risikominimierung und führen bei Beachtung im Ergebnis zu einem günstigen Nutzen-Risiko-Verhältnis. Sie beruhen auf den Unterlagen, die das BfArM der Kommission E zur Verfügung gestellt hat und sind auf der Grundlage einer eingehenden Befassung mit der Kava-Kava-Thematik abgegeben worden (vgl. Ruhensbescheid des BfArM vom 12. Mai 2005, S. 52). 136Die Kommission E hat darin unter Hinweis darauf, weiterhin von einem positiven Nutzen-Risiko-Verhältnis auszugehen und die Auffassung des BfArM bezüglich der Risiken bei bestimmungsgemäßem Gebrauch nicht zu teilen, folgende Regularien zu deren Eindämmung empfohlen: 137138Ärztliche Verschreibungspflicht für Kava-Kava-haltige Arzneimittel 139Klare Indikationsstellung: Leichte bis mittelschwere generalisierte Angststörungen. Depression ist keine Indikation. 140Maximale Tagesdosis entsprechend 120 mg Kava-Pyrone. 141142Packungsgröße bei 120 mg Kava-Pyrone maximal 30 Einheiten 143Übliche Therapiedauer 1 Monat, maximal 2 Monate 144Bestimmung der Leberwerte (GPT und -GT vor Beginn der Behandlung und dann einmal wöchentlich) 145Optional: Bestimmung der Leberwerte am Ende der Behandlung (wichtig für evtl. spätere erneute Behandlung) 146Vermeidung einer begleitenden Medikation mit potentiell hepatotoxischen Medikamenten, insbesondere auch Betablockern, Antidepressiva und Migränemitteln. Vorsicht bei Alkohol. 147Der Senat sieht in Ansehung des Berufungsvorbringens keine Veranlassung, diese sachverständige Einschätzung in Frage zu stellen. Sie wird durch die Aussage der WHO in ihrem Bericht aus dem Jahr 2007, wonach ein Verkehrsverbot für Kava-Kava nach gegenwärtigem wissenschaftlichen Erkenntnisstand nicht zu rechtfertigen ist (vgl. WHO Bericht, S. 18), gestützt. Auch Teschke spricht sich in seiner Veröffentlichung „Hepatotoxizität durch Kava-Kava: Risikofaktoren und Prävention“ (Deutsches Ärzteblatt 2002, 99 (50)) für entsprechende Maßnahmen aus. Aktuellere wissenschaftliche Erkenntnisse, die die Empfehlungen der Kommission E durchgreifend in Zweifel ziehen, liegen nicht vor. 148Diese sind auch geeignet, die bestehenden hepatotoxischen Risiken - soweit sie vorhersehbar sind - weitgehend wirkungsvoll auszuschalten. 149Besondere Bedeutung kommt hierbei der Unterstellung unter die Verschreibungspflicht zu. Hierdurch wird eine ärztliche Indikationsstellung sichergestellt und einer unsachgemäßen Selbstmedikation entgegengewirkt. Der Einwand der Beklagten, eine Verschreibungspflicht sei unzureichend, weil der hepatotoxische Wirkmechanismus von Kava-Kava nicht hinreichend geklärt sei und der verordnende Arzt nicht mit genügender Sicherheit vorhersehen könne, welcher Patient gefährdet sei, greift nicht durch. Er eignet sich schon deswegen nicht als Argument gegen die Verschreibungspflicht, weil das Arzneimittelgesetz in § 48 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AMG als eine Fallgruppe verschreibungspflichtiger Arzneimittel diejenigen vorsieht, die Stoffe mit in der medizinischen Wissenschaft nicht allgemein bekannten Wirkungen oder Zubereitungen solcher Stoffe enthalten. Abgesehen davon ist es einem Arzt in Bezug auf ein Kava-Kava-haltiges Präparat anhand der bekannten Risikofaktoren auch ungeachtet des genauen Wirkmechanismus möglich, das Risikoprofil eines Patienten abzustecken. Denn in einem ersten Schritt können - nach anamnestischer Abklärung - Fälle mit relevanter Begleitmedikation, erheblichem Alkoholkonsum, Lebererkrankung oder Lebervorschädigung sowie nicht zutreffender Indikation herausgefiltert werden. Erfolgt nach Abklärung dieser Gesichtspunkte eine Verschreibung, kann den von der Krankenvorgeschichte unabhängigen Risikofaktoren wirksam durch eine Begrenzung von Anwendungsdauer und Dosierung entsprechend den Vorgaben der Fachinformationen entgegengewirkt werden. Hinzuweisen ist darin außerdem auf die Risiken bei erheblichem Alkoholkonsum und einer begleitenden Medikation mit potentiell hepatotoxischen Medikamenten, wie Betablockern, Antidepressiva und Migränemitteln. 150Dabei sind die Einhaltung der vorgesehen Dosierung von 120 mg Kava-Pyrone und die Begrenzung der Anwendungsdauer entsprechend den aktualisierten Erkenntnissen der Kommission E auf einen, maximal zwei Monate entscheidend. Eine höhere Dosierung ist einerseits deswegen nicht vertretbar, weil die Wirksamkeit für eine Dosierung von 60 mg-120 mg Kava-Pyrone belegt ist und deswegen keine Rechtfertigung dafür besteht, potentiell mit einer höheren Dosierung einhergehende Zusatzrisiken einzugehen. Abgesehen davon bestehen den genannten wissenschaftlichen Erkenntnissen zufolge konkrete Anhaltspunkte dafür, dass eine höhere Dosierung das Risiko für leberschädigende Nebenwirkungen erhöht. Entsprechendes gilt bezogen auf eine längere Anwendungsdauer. 151Flankierend zu den bereits erwähnten Maßnahmen wirkt die von der Kommission E vorgeschlagene Begrenzung der Packungsgröße auf maximal 30 Einheiten bei 120 mg Kava-Pyronen. Durch diese Maßnahme wird der Gefahr einer missbräuchlichen Verwendung vorgebeugt und auf einen bestimmungsgemäßer Gebrauch hingewirkt. Dabei ist zu sehen, dass die Missbrauchsgefahr jedenfalls bei indikationskonformer Anwendung Kava-Kava-haltiger Präparate nicht gleichermaßen hoch sein dürfte, wie bei Arzneimitteln, die - wie z.B. Benzodiazepine - Abhängigkeiten auslösen. Allerdings ist insoweit darauf hinzuweisen, dass diesem Aspekt im Rahmen der Nutzen-Risiko-Abwägung, die sich an dem bestimmungsgemäßen Gebrauch zu orientieren hat, keine eigenständige Bedeutung zukommt. Abweichungen der von der Kommission E empfohlenen Packungsgröße begründen daher ohne das Hinzutreten weiterer Abweichungen kein ungünstiges Nutzen-Risiko-Verhältnis. 152Die vorgesehene Bestimmung der Leberwerte vor Beginn der Behandlung und deren fortlaufende wöchentliche Kontrolle ermöglicht eine zeitnahe Reaktion auf festgestellte Veränderungen und zielt darauf ab, irreversiblen Schädigungen vorzubeugen. 153Der Senat verkennt nicht, dass mit den genannten Maßnahmen nicht in jedem Einzelfall ein Risikoausschluss garantiert werden kann, geht aber davon aus, dass bedingt durch ihre Zielrichtung, Wirkweise und ihr Ineinandergreifen die nach derzeitigem Erkenntnisstand prognostizierbaren Risiken in Relation zum Nutzen von Kava-Kava-Präparaten auf ein vertretbares Maß reduziert werden können. 154Das wird daran deutlich, dass mit Ausnahme eines Falls in sämtlichen Fällen, auf die das BfArM seine Risikoeinschätzung stützt, zumindest einer der durch die vorgenannten Maßnahmen begrenzbaren Risikofaktoren vorlag. Entweder es war eine Begleitmedikation verordnet oder die Anwendung dauerte länger als drei Monate an oder es wurde eine Überdosierung festgestellt. Zumeist war sogar eine Kombination aus mehreren dieser Faktoren gegeben. 155Vgl. die Übersicht in Table 1 bei Teschke/Schwarzenboeck/Hennermann “Kava hepatotoxcity: a clinical survey and critical analysis of 26 cases”, European Journal of gastroenterology & hepatology 2008, Vol. 20, S. 1182 ff. 156Dieser Einschätzung steht auch nicht das vermehrte Auftreten idiosynkratischer, d.h. unvorhersehbarer Leberreaktionen im Zusammenhang mit der Einnahme von Kava-Kava-Präparaten entgegen. Die Auswertung der Fallberichte des BfArM liefert hierfür keinen Beleg. Letztlich scheint die Beklagte selbst - wenngleich sie diesen Aspekt besonders hervorgehoben hat - nicht hiervon auszugehen, wenn sie diese Fälle als „Ausreißer“ bezeichnet und andererseits meint, ein „charakteristisches Muster“ für die potentielle Lebertoxizität von Kava-Kava-Präparaten ausmachen zu können. Abgesehen davon ist die Möglichkeit einer idiosynkratischen Leberschädigung deswegen kein durchgreifendes Argument für ein ungünstiges Nutzen-Risiko-Verhältnis des hier in Rede stehenden Kava-Kava-Präparats, weil es sich dabei um ein generelles Problem im Hinblick auf die Lebertoxizität von Medikamenten handelt. Der Mechanismus der Idiosynkrasie, also einer angeborenen oder erworbenen Überempfindlichkeit schon beim ersten Kontakt gegen bestimmte, von außen zugeführte Stoffe, die nicht durch eine Reaktion des Immunsystems hervorgerufen wird, sondern durch Fehlfunktion/Nichtfunktion defekter oder Fehlen intakter Enzyme, 157vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Idiosynkrasie, 158beschränkt sich nicht auf Kava-Kava-haltige Arzneimittel. 159Ungefähr 1000 Arzneistoffe gelten als lebertoxisch. Hierzu gehören beispielsweise Paracetamol, Diclofenac und Penicillin. 160Vgl. Schlatter, Entgiftung zum Gift, Nebenwirkung Leberschaden, Pharmazeutische Zeitung Ausgabe 35/2009. 161Obgleich bei all diesen Arzneistoffen unvorhersehbare, also idiosynkratische, Leberreaktionen möglich sind, befindet sich eine Vielzahl von Präparaten, die diese Wirkstoffe enthalten, auf dem Markt. 162An der getroffenen Bewertung ändern auch bestehende Behandlungsalternativen nichts, insbesondere fällt die Nutzen-Risiko-Abwägung mit Blick darauf nicht generell zu Ungunsten des streitbefangenen Präparats aus. Abwägungsrelevant könnte dieser Aspekt sein, wenn deren Ersetzbarkeit durch andere Arzneimittel mit günstigerem Nebenwirkungsprofil gewährleistet wäre. Das ist aber nicht der Fall. Denn soweit die Beklagte Bezug auf den Inhalt der S3-Leitlinie zur Behandlung von Angststörungen nimmt und auf selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI), selektive Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer (SNRI) und Pregabalin als Mittel der ersten Wahl sowie auf trizyklische Antidepressiva (TZA), Buspiron, Benzodiazepine, Hydroxin und Opipramol als Mittel der zweiten Wahl verweist, sind diese Voraussetzungen nicht erfüllt. Es erscheint schon zweifelhaft, ob es sich dabei überhaupt um einen geeigneten Ersatz für Kava-Kava-Präparate handelt. Das gilt ungeachtet der fehlenden vollständigen Übereinstimmung der Anwendungsgebiete insbesondere deswegen, weil jene Arzneimittel im Gegensatz zu den auf eine Kurzzeitbehandlung mit raschem Wirkeintritt gerichteten Kava-Kava-Präparaten größtenteils eine längere Wirklatenz von bis zu sechs Wochen haben. Überdies kann für keines der von der Beklagten empfohlenen synthetischen Alternativarzneimittel ein günstigeres Nebenwirkungsprofil festgestellt werden. Das ergibt sich daraus, dass das Spektrum möglicher Nebenwirkungen weitgehend breiter gefächert ist als beim verfahrensgegenständlichen Kava-Kava-Präparat, zum Teil auch schwere Nebenwirkungen umfasst und vielfach Absetzphänomene, Abhängigkeitsrisiken und sedierende Effekte mit dem damit einhergehenden negativen Einfluss auf die geistige Leistungsfähigkeit beschrieben werden. Wegen der Einzelheiten dazu wird auf die tabellarische Übersicht bei B. Bandelow, R. Boerner, S. Kasper, M.Linden, H.-U. Wittchen und H.-J. Möller „Generalisierte Angststörung: Diagnostik und Therapie“, Deutsches Ärzteblatt 2013, S. 303, und die zutreffenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts Bezug genommen. 163Die von der Beklagten angesprochenen traditionellen Phytopharamka, namentlich Baldrianwurzelzubereitungen und Lavendelöl sind schon deswegen keine geeignete Alternative, weil ihr Anwendungsgebiet nicht deckungsgleich mit dem Kava-Kava-haltiger Arzneimittel ist, sondern sich insoweit nur gewisse Überschneidungen ergeben. 164Gemessen an den vorstehenden Überlegungen ist das Nutzen-Risiko-Verhältnis des streitbefangenen Arzneimittels ungünstig. Denn unter Zugrundelegung der vorstehenden Ausführungen sind die bisher umgesetzten Maßnahmen zur Minimierung der bestehenden Risiken nicht ausreichend. 165Zwar ist die Dosierung monographiekonform. Zugrunde zu legen ist die zugelassene Dosierung von 120 mg Kava-Pyrone. Hinsichtlich der mit Änderungsanzeige vom 19. Dezember 2011 angezeigten Verdoppelung dieser Dosierung hat das BfArM durch Bescheid vom 9. März 2012 die Zustimmung versagt. Es kann insoweit offen bleiben, ob der Beklagten zu folgen ist, die in der Monographie der Kommission E angegebene Dosierungsspanne von 60-120 mg Kava-Pyrone beziehe sich auf die HPLC-Methode, oder mit der Klägerin davon auszugehen ist, es sei damals die DC-Methode zugrunde gelegt worden und die Werte seien deshalb (auf bis zu 120-240 mg) zu erhöhen. In beiden Fällen ist die Dosierung von 120 mg Kava-Pyrone - gemessen mit der HPLC-Methode - monographiekonform. 166Allerdings entsprechen die dem Senat vorliegenden Gebrauchs- und Fachinformationen, Stand 10. Juni 2005, - unterstellt, die darin enthaltenen Änderungen von für die Zulassung wesentlichen Angaben sind mit dem Verlängerungsantrag gleichen Datums wirksam geworden - nicht vollständig den Empfehlungen der Kommission E. Das betrifft die Angabe der Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten (der Hinweis auf die Vermeidung einer begleitenden Medikation mit potentiell hepatotoxischen Medikamenten, insbesondere auch Betablockern, Antidepressiva und Migränemitteln fehlt) und die darin vorgesehene Bestimmung der Leberwerte vor Beginn der Behandlung, sodann wöchentlich und optional nach Abschluss der Behandlung. 167(II.) Wenngleich die festgestellten Abweichungen ein ungünstiges Nutzen-Risiko-Verhältnis begründen, rechtfertigen sie nicht den Widerruf der Zulassung, weil eine Änderung der Zulassung auf der Grundlage von § 30 Abs. 2a Satz 1 AMG vorrangig ist. Mit dieser in der Fassung vom 19. Dezember 2012 geltenden Vorschrift, die als Ausprägung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zu interpretieren ist, besteht eine Grundlage dafür, Änderungen auf Ebene der Zulassung vorzunehmen. 168Vgl. Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 18. April 2012, BT-Drs. 17/9341, S. 54. 169Wie ausgeführt, ist das Nutzen-Risiko-Verhältnis des hier streitgegenständlichen Präparats - insbesondere wegen der zu hohen Dosierung, aber auch im Hinblick auf die übrigen Abweichungen von den Empfehlungen der Kommission E in ihrer Stellungnahme aus dem Jahr 2002 als ungünstig zu bewerten, erwiese sich aber nach entsprechender Anpassung an diese Empfehlungen nicht mehr als ungünstig, mit der Folge, dass der Versagungsgrund des § 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 AMG entfällt. Zur Begründung dafür wird auf die vorstehenden Ausführungen Bezug genommen. 170Lassen sich die mit der Anwendung Kava-Kava-haltiger Arzneimittel in Verbindung gebrachten Nebenwirkungen danach bereits durch die von der Kommission E vorgeschlagenen regulatorischen Maßnahmen auf ein vertretbares Maß reduzieren, kommt es nicht entscheidungserheblich darauf an, ob die Beklagte vorrangig unter der Voraussetzungen des § 28 Abs. 3b Satz 1 Nr. 2 AMG eine Unbedenklichkeitsstudie („PASS“) hätte anordnen können und müssen. 171Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. 172Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 1 und 2 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 10, § 711 Satz 1 und 2, § 709 Satz 2 ZPO. 173Die Revision ist zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegen.
die berufung der beklagten gegen das urteil des verwaltungsgerichts köln vom 20. mai 2014 wird zurückgewiesen. die beklagte trägt die kosten des berufungsverfahrens. das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. die beklagte darf die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe von 110 % des auf grund des urteils vollstreckbaren betrages abwenden, wenn nicht die klägerin vor der vollstreckung sicherheit in höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden betrages leistet. die revision wird zugelassen. 1
2die klägerin ist ein pharmazeutisches unternehmen. sie wendet sich gegen den widerruf der zulassung des fertigarzneimittels g. kapseln, das sie bis zum jahr 2001 in den verkehr gebracht hatte. dabei handelt es sich um einen pflanzlichen angstlöser (anxiolytikum) zur anwendung bei nervösen angst-, spannungs- und unruhezuständen, der als wirkstoff den kava-kava-wurzelstock-trockenextrakt - piperis methystici rhizoma - in gestalt eines ethanolischen auszugs enthält. 3durch bescheid vom 13. september 2000 hatte das bfarm die zulassung für das arzneimittel (damals noch unter der bezeichnung kava kava-steigerwald kapseln) erteilt. die anwendungsgebiete des arzneimittels der klägerin entsprachen den vorgaben der monographie der kommission e vom 1. juni 1990. die dosierungsempfehlung lautete einmal täglich 1 kapsel, die 120 mg kava-pyrone enthielt. zur anwendungsdauer wurde ausgeführt, wenn das arzneimittel länger als drei monate angewendet werde, sollte ein arzt aufgesucht werden. unter „gegenanzeigen“ waren depressive erkrankungen aufgeführt. zu den wechselwirkungen hieß es, die wirkung von anderen substanzen, die auf das nervensystem einwirkten, könne verstärkt werden (alkohol, barbiturate wie z.b. schlafmitel oder epileptika, psychopharmaka). die rubrik „nebenwirkungen“ enthielt den hinweis, dass es in einem einzelfall unter einnahme eines kava-kava-präparates zu einer leberschädigung gekommen sei, die sich nach absetzen des präparates wieder vollständig zurückbildete. in den fachinformationen wurde ausgeführt, es werde über das auftreten von zum teil irreversiblen leberschäden bei überdosierung berichtet. auf die änderungsanzeige vom 14. august 2001 teilte das bfarm durch bescheid vom 26. oktober 2001 mit, der änderung der dosierung werde nicht zugestimmt. 4im jahr 2001 leitete das bundesinstitut für arzneimittel und medizinprodukte (bfarm) aufgrund von berichten über verdachtsfälle von nebenwirkungen in gestalt lebertoxischer effekte bei acetonischen kava-kava-auszügen insbesondere aus der schweiz ein stufenplanverfahren nach § 63 amg ein. im jahr 2002 wurde die verschreibungspflicht für kava-kava-arzneimittel beschlossen. nach anhörung der betroffenen pharmazeutischen unternehmen widerrief das bfarm mit bescheid vom 14. juni 2002 erstmals die zulassungen kava-kava- und kavain-haltiger arzneimittel bis zu einer homöopathischen verdünnung von d4. hiergegen legten die betroffenen unternehmen widerspruch ein, woraufhin das bfarm an der widerrufsentscheidung nicht festhielt, sondern stattdessen mit bescheid vom 12. mai 2005 ein befristetes ruhen der betroffenen zulassungen anordnete. 5nach den fachinformationen zu den g. -kapseln, stand 10. juni 2005, sind als gegenanzeigen genannt: vorbestehende leberschädigung, erheblicher alkoholkonsum, depressive erkrankungen. unter „nebenwirkungen“ wird auf sehr selten auftretende leberschäden hingewiesen. regelmäßige monatliche laborkontrollen werden insbesondere bei einer länger als 1 monat dauernden therapie empfohlen. die anwendungsdauer wird auf einen monat begrenzt. 6nachdem zwischen den beteiligten unternehmen, ihren verbänden und dem bfarm über die art des vorzulegenden wissenschaftlichen erkenntnismaterials keine einigung erzielt werden konnte, widerrief die behörde mit dem streitgegenständlichen bescheid vom 21. dezember 2007 die zulassungen kava-kava- und kavain-haltiger arzneimittel und homöopathischer zubereitungen aus kava-kava-zubereitungen. es bestehe weiterhin der widerrufsgrund des § 30 abs. 1 i.v.m. § 25 abs. 2 satz 1 nr. 5 amg, da der begründete verdacht schädlicher wirkungen auch unter berücksichtigung der von den betroffenen unternehmen und ihren verbänden vorgelegten unterlagen fortbestehe. das ruhen der zulassungen sei angeordnet worden, um den betroffenen unternehmen gelegenheit zu geben, studienergebnisse vorzulegen, die die wirksamkeit in dem beanspruchten anwendungsgebiet in einem maße belegten, dass die bekannten hepatotoxischen risiken vertretbar seien. die vorgelegten toxikologischen untersuchungen lieferten keine hinreichende grundlage für die risikoabschätzung. anhand der in-vitro-studien könne zwar ein gewisser toxizitätsvergleich der untersuchten kava-kava-extrakte bzw. kavalactone aufgestellt werden. eine direkte risikoabschätzung bzw. ein unbedenklichkeitsnachweis für die anwendung sämtlicher arten von kava-kava-extrakten am menschen könne daraus aber nicht abgeleitet werden. die in-vivo-studien wiesen methodische mängel auf und seien deswegen nicht bewertungsfähig. zudem beschränke sich die aussagekraft der studie von disilvestro et al. auf einen bestimmten kava-kava-extrakt und könne deswegen nicht zur risikoabschätzung von kava-kava-arzneimitteln allgemein herangezogen werden. in der studie von l. sorrentino et al. seien nicht genügend parameter zum ausschluss der lebertoxizität erhoben worden. zudem fehlten daten zur pharmakokinetik bzw. toxikokinetik der potentiell toxischen inhaltsstoffe. es sei weiterhin unklar, ob die ratte die geeignete tierspezies sei, um vergleichbare hepatotoxische effekte auszulösen, wie sie aufgetreten seien. die nachgereichten publikationen lieferten keine erkenntnisse, die eine hepatotoxizität der von dem stufenplan betroffenen deutschen kava-kava-haltigen arzneimittel ausschlössen oder relativierten. deren fehlen in den vorliegenden untersuchungen stehe im widerspruch zu den klinischen befunden. mangels weiterer untersuchungen, die die pharmazeutischen unternehmen zwar angekündigt, aber nicht durchgeführt hätten, seien nach wie vor weder die mechanismen der klinisch aufgetretenen hepatotoxischen effekte noch das klinisch relevante toxin bekannt. 7der bescheid enthält eine zusammenfassung der vorliegenden erkenntnisse zum risiko der einnahme kava-kava-haltiger präparate und verweist insoweit auf einen bericht der weltgesundheitsorganisation (who) aus dem jahr 2007, der eine bewertung von 93 fallberichten zu leberschädigungen enthalte. außerdem wird in dem bescheid auf den bericht der britischen gesundheitsbehörde medicines and healthcare products regulatory agency (mhra) vom 27. juni 2006 verwiesen, in dem - nach ländern gegliedert - die bei der mhra eingegangenen meldungen zu 110 nebenwirkungsverdachtsfällen weltweit - darunter die überwiegende anzahl aus deutschland - aufgeführt sind. 8den hiernach bestehenden risiken stehe der umstand gegenüber, dass neuere untersuchungen zum beleg der wirksamkeit kava-kava- sowie kavalacton-haltiger arzneimittel nicht vorgelegt worden seien. bei arzneimitteln, für die es ‑ jedenfalls bei der vorgeschlagenen dosierung - keine ausreichenden wirksamkeitsbelege gebe, sei ein nicht zu eliminierendes risiko nicht hinnehmbar, wenn es um schwerwiegende unerwünschte arzneimittelwirkungen (uaw) gehe. risikominimierende maßnahmen wie die unterstellung unter die verschreibungspflicht, die begrenzung der dosierung und leberfunktionstests rechtfertigten keine abweichende bewertung, zumal bei der behandlung von angststörungen mit benzodiazepinen, buspiron und einigen serotoninwiederaufnahmehemmern wie paroxetin und citalopram therapeutische alternativen zur verfügung stünden. deren wirksamkeit in der behandlung von unterschiedlichen formen von angststörungen sei im gegensatz zu kava-kava-haltigen arzneimitteln in mehreren klinischen studien gut untersucht und belegt worden. das bei benzodiazepinen bestehende abhängigkeitsrisiko rechtfertige es nicht, das mit kava-kava-produkten verbundene risiko hinzunehmen. 9in einer zusammenfassenden bewertung führte das bfarm aus, dass bei monographiekonformer dosierung bis 120 mg als tagesdosis kava-pyronen das risiko von leberschädigungen zwar geringer, aber immer noch deutlich vorhanden sei. bei dosierungen oberhalb von 120 mg kava-pyrone bestehe zwar ein gewisser anhalt für die wirksamkeit; das risiko für leberschäden sei dann aber zu groß. 10die klägerin erhob gegen den bescheid widerspruch. in einer stellungnahme des bundesverbandes der arzneimittelhersteller e.v. (bah) zum widerruf der zulassungen, die sich die klägerin zu eigen machte, führte der verband aus, die annahme schädlicher wirkungen kava-kava- und kavain-haltiger arzneimittel sei unzutreffend. das bfarm habe die neu vorgelegten toxikologischen untersuchungen nicht bewertet bzw. keinen nachvollziehbaren bewertungskriterien unterworfen. die kommission e habe in ihrer sitzung vom 27. februar 2002 unter dem vorbehalt bestimmter sicherheitsmaßnahmen ein klares votum zur weiteren verkehrsfähigkeit kava-kava-haltiger arzneimittel abgegeben. auch berücksichtige der bescheid nicht, dass § 25 abs. 2 satz 1 nr. 5 amg in seiner seit dem 6. september 2005 geltenden fassung keinen „begründeten verdacht schädlicher wirkungen“, sondern ein ungünstiges nutzen-risiko-verhältnis voraussetze. kava-kava erfülle die voraussetzungen eines „well-established use“. es werde seit jahrzehnten in der europäischen union medizinisch verwendet. wirkungen und nebenwirkungen seien bekannt. neue klinische studien könnten folglich nicht verlangt werden. zudem könne eine klinische studie keine erkenntnisse über seltene nebenwirkungen liefern. anlass zu kritik an den eingereichten toxikologischen studien bestehe nicht. andere therapeutische ansätze wie z.b. benzodiazepine stellten aufgrund ihrer risiken keine therapeutische alternative dar. andere arzneistoffe wiesen das gleiche oder sogar ein höheres risiko für leberschädigungen und zudem weitere schwerwiegendere unerwünschte effekte als kava-kava auf, insbesondere sei ein anstieg der suizidrate bekannt. die ergebnisse des berichts der mhra seien wegen der gänzlich anderen indikation in großbritannien (blasenerkrankungen) nicht übertragbar. die bewertung der vorliegenden fallmeldungen sei nicht sachgerecht. ihre inzidenzrate werde vom bfarm nach wie vor nicht berücksichtigt. 11in der folgezeit führten gespräche und schriftwechsel zwischen den pharmazeutischen unternehmen und dem bfarm zu keinem ergebnis. der widerspruch der klägerin blieb zunächst unbeschieden. 12unter dem 19. dezember 2011 richtete die klägerin eine änderungsanzeige an das bfarm, deren inhalt die verdoppelung der dosierung auf zweimal täglich 1 kapsel war. durch bescheid vom 9. märz 2012 widersprach das bfarm der änderung mit der begründung, wirksamkeit und unbedenklichkeit der höheren dosierung seien nicht belegt. dagegen erhob die klägerin am 4. april 2012 widerspruch. 13die klägerin hat am 22. dezember 2011 die vorliegende klage zunächst als untätigkeitsklage erhoben und kurz darauf im wege des einstweiligen rechtsschutzes die anordnung deren aufschiebender wirkung beantragt (vg köln 7 l 1939/11). diesen antrag hat sie am 24. mai 2012 zurückgenommen. 14zur begründung der klage hat sie im wesentlichen ausgeführt: der widerruf der zulassungen sei rechtswidrig. das nutzen-risiko-verhältnis für kava-kava-haltige arzneimittel, die auf einem ethanolischen extrakt des kava-kava-wurzelstocks basierten, sei nicht ungünstig. die wirksamkeit des arzneimittels sei bei einer dosierung von 240 mg kava-pyrone, berechnet nach der hochleistungsflüssigkeitschromatographie-methode - engl. high performance liquid chromatography – (hplc-methode) auf sechs kava-pyrone, belegt. die von der kommission e angegebenen 120 mg kava-pyrone seien mittels dünnschichtchromatographie (dc) beschränkt auf drei kava-pryrone berechnet worden. deswegen entsprächen 120 mg kava-pyrone berechnet nach der dc-methode 240 mg kava-pyrone berechnet nach der hplc-methode. überdies sei ende der achtziger jahre eine exakte quantitative bestimmung aller maßgeblichen sechs kavalactone auch mit hilfe der hplc-methode nicht möglich gewesen. demzufolge entsprächen die in der monographie ermittelten 120 mg nicht dem gesamtgehalt an kavalactonen. vielmehr sei der kavalactongehalt der kava-produkte, die in der monographie berücksichtigung gefunden hätten, nach heutigen standards wesentlich höher anzusetzen. 15der einwand des bfarm, die mittel seien nicht wirksam, beruhe darauf, dass die betroffenen unternehmen auf entsprechende forderung des bfarm die dosierung halbiert hätten, um sich numerisch an die monographie anzupassen. das sei inzwischen mit blick auf die unterschiedlichen berechnungsgrundlagen durch die mit der änderungsanzeige erfolgte anhebung auf die alte menge von 240 mg kava-pyrone korrigiert worden. bei der bewertung der wirksamkeit müsse deswegen nach aktuellem stand der zulassung für alle betroffenen arzneimittel eine dosierung von 240 mg kava-pyrone zugrunde gelegt werden. 16die vorliegenden fälle unerwünschter ereignisse im zusammenhang mit kava-kava seien vom bfarm unrichtig und teilweise anders als von anderen institutionen bewertet worden. auf der grundlage der auswertung durch teschke et al. aus dem jahr 2008 ergäben sich lediglich drei fälle, in denen überhaupt von einer auslösung durch kava-kava auszugehen sei. in zwei dieser fälle habe es sich um acetonische extrakte gehandelt. der verbleibende fall stehe im zusammenhang mit einer allergie. die häufung von uaw-meldungen in den jahren 2001 und 2002 sei zudem durch die aktive negative informationspolitik des bfarm zu erklären. im gegensatz zum bfarm habe die schweizerische behörde nicht auf vorlage präklinischer studien bestanden, sondern nur eine anwendungsbeobachtung gefordert, die jedoch wegen des deutschen kava-kava-verbots abgebrochen worden sei. in den usa würden kava-kava-produkte nach wie vor als nahrungsergänzungsmittel in den verkehr gebracht. 17die risiken in betracht zu ziehender alternativpräparate - insbesondere benzodiazepine und antidepressiva - seien ungleich höher als die der betroffenen kava-kava-produkte. das angestrebte ziel der verminderung von therapierisiken könne mit dem widerruf nicht erreicht werden. anstelle des geringeren risikos von kava-kava-produkten lasse das bfarm zu, arzneimittel einzusetzen, deren anwendung für die patienten mit weit größeren risiken verbunden sei. noch bis zum jahr 2001 habe das bfarm neuzulassungen für kava-kava-haltige arzneimittel erteilt. 18mit bescheid vom 15. februar 2012 hat das bfarm den widerspruch der klägerin unter wiederholung und vertiefung seiner vorherigen ausführungen zum risiko der anwendung kava-kava-haltiger arzneimittel als unbegründet zurückgewiesen. in deutschland seinen 48 fälle lebertoxischer reaktionen registriert worden, von denen 26 ausreichend gut dokumentiert seien. in sieben fällen habe eine lebertransplantation vorgenommen werden müssen. zwei dieser patienten und eine patientin ohne lebertransplantation seien verstorben. in zwei fällen sei die lebertoxische reaktion nach absetzen des kava-kava-produkts zurückgegangen und bei reexposition erneut aufgetreten. in dreizehn fällen sei aufgrund des zeitlichen zusammenhangs, des fehlens lebertoxischer faktoren und einer entsprechenden komedikation ein kausalzusammenhang wahrscheinlich. in einzelnen dieser fälle sei eine synergistische beteiligung eines anderen arzneimittels (z.b. eines estrogens) als möglich anzusehen, ohne dass dies die annahme gerechtfertigt hätte, dass das kava-kava-arzneimittel nicht an der hepatotoxischen reaktion beteiligt gewesen wäre. in weiteren fünf spontan gemeldeten fällen sei ein kausalzusammenhang „möglich bis wahrscheinlich“ und in den restlichen fällen „möglich“. aus den dargestellten fällen gehe hervor, dass kava-kava eindeutig das potential zu schwerer lebertoxizität habe. der effekt weise ein durchaus charakteristisches muster auf mit einem zeitlichen gipfel bei drei bis vier monaten nach medikationsbeginn und einer wahrscheinlich höheren toxizität bei höheren dosen. zur toxikologischen bewertung von kava-kava-extrakten fehlten weiterhin nach heutigen standards durchgeführte tierstudien. die wirksamkeit der ethanolischen kava-kava-auszüge als anxiolytikum sei unverändert als nicht belegt anzusehen. ein vergleich des nutzen-risiko-profils mit therapeutischen alternativen setze diesen wirksamkeitsnachweis aber voraus. 19mit auflagenbeschluss vom 30. oktober 2012 hat das verwaltungsgericht der beklagten aufgegeben, eine zusammenstellung nebst wirksamkeitsbelegen und nebenwirkungsprofil von benzodiazepin-haltigen, in deutschland verkehrsfähigen arzneimitteln vorzulegen, deren anwendungsgebiet ganz oder teilweise der indikation „nervöse angst-, spannungs- und unruhezustände“ entspricht. zugleich hat es der klägerin aufgegeben, darzulegen, ob und unter welchen voraussetzungen toxikologische untersuchungen in vivo mit dem wirkstoff ihres arzneimittels an einer weiteren tierart, die nicht nagetier ist, durchgeführt werden können. 20die beklagte ist diesen auflagen nachgekommen und hat hierzu erwidert, es sei reine spekulation und durch nichts belegt, dass patienten nach dem verbot von kava-kava auf benzodiazepine übergegangen seien. deren verwendung sei durch die hinweise an die ärzte zum bestimmungsgemäßen gebrauch von benzodiazepin-haltigen präparaten limitiert. auch weise die fachinformation auf den überwiegenden einsatz dieser arzneistoffe bei schweren angstzuständen, schlafstörungen sowie zur behandlung von muskelverspannungen und epilepsien sowie die zeitliche begrenzung einer behandlung hin. zur symptomatischen behandlung von angstzuständen (leitsymptomatik: angst, innere unruhe, spannungszustände) stehe der wirkstoff buspiron zur verfügung, ein serotonin ohne erhöhtes abhängigkeitspotential, aber mit verzögertem wirkungseintritt. daneben hat das bfarm auf unterschiedliche psychopharmaka, ferner auf andere pflanzliche präparate wie baldrian, hopfen, melisse, passionsblume oder johanniskraut verwiesen. die von klägerseite vertretene annahme unterschiedlicher risiken verschiedener kava-kava-kultivare sei spekulativ, da sich die nebenwirkungsmeldungen gleichmäßig auf die verschiedenen kultivare und extrakte verteilten. in einem fall sei es sogar zu einer „positiven rechallenge“ - einem wiederauftreten der nebenwirkung nach erneuter gabe - gekommen, was eine gesicherte kausalität begründe. zudem habe sich in mehreren vom national toxicology program (ntp) der usa mit einem handelsüblichen kava-kava-extrakt durchgeführten studien ergeben, dass die leber hauptzielorgan toxischer und kanzerogener effekte sei. 21die klägerin hat sich in ihrer gegenäußerung zum auflagenbeschluss gegen das erfordernis weiterer tierexperimenteller toxizitätsstudien gewandt und dazu ausgeführt: das bisherige datenmaterial habe ein hepatotoxisches potential von kava-kava nicht belegen können. nebenwirkungen seien insoweit in der vergangenheit in erster linie bei acetonischen kava-kava-extrakten und minderwertigen sorten aufgetreten. unter zugrundelegung des zutreffenden bewertungsschemas wären zahlreiche meldungen nicht auf kava-kava zurückzuführen. der einzelne fall einer rechallenge hätte in diesem licht unter dem gesichtspunkt einer allergie bewertet werden müssen. zur gewinnung weiterer erkenntnisse über das risiko am menschen sei eine beobachtung von patienten im rahmen der laufenden behandlung geeignet (sog. post authorisation safety study, „pass“). entsprechendes sei vom bfarm auch im fall von pelargonium („umckaloabo“) akzeptiert worden. die bestehende toxikologische datenlage reiche aus. es lägen allein in deutschland erfahrungswerte über einen zeitraum von 100 jahren vor. die klägerin verweist in diesem zusammenhang u.a. auf eine reihe - teils neuerer - studien, die ein hepatotoxisches risiko des ethanolischen extrakts, insbesondere bei einer anwendungsdauer von bis zu vier wochen, nicht hätten belegen können. in den usa sei kava-kava nach wie vor unbeanstandet als nahrungsergänzungsmittel verkehrsfähig. kanzerogene effekte seien bei mäusen festgestellt worden; dieses spezies-spezifische phänomen trete in dieser form auch bei benzodiazepinen auf und erfordere eine langzeitgabe sehr hoher dosen. zudem hätten andere studien gezeigt, dass kava-kava nicht mutagen sei. die beklagte lasse - der zulassungspraxis des bfarm widersprechend - bei der auswertung der nebenwirkungsmeldungen konsequent die erforderliche differenzierung der arzneimittel nach art der droge und extraktionsmittel vermissen. 22im gegensatz zur auffassung der beklagten seien benzodiazepine bei der nutzen-risiko-abwägung von kava-kava durchaus in den blick zu nehmen. die beklagte selbst benenne benzodiazepine als risikoärmere alternative zu kava-kava. angesichts des teilweise identischen anwendungsgebiets von kava-kava und mit blick auf die verschreibungszahlen 1998 und 1999 lasse sich feststellen, dass bei etwa jeder 10. verordnung die wahl auf kava-kava als risikoärmere alternative zu benzodiazepinen gefallen sei. das von der beklagten aufgrund des auflagenbeschlusses vorgelegte material belege ein erhebliches nebenwirkungspotential von benzodiazepinen, die in ihrer schwere einer hepatotoxizität entsprächen oder über diese hinausgingen, wie etwa die gefahr einer missbräuchlichen überdosierung und selbsttötungen unter zuhilfenahme von benzodiazepinen. auch das von der beklagten angeführte buspiron weise ein größeres abhängigkeitspotential als kava-kava auf und sei nebenwirkungsbehaftet. vergleichbares gelte für antidepressiva, auch in bezug auf leberschädigungen. johanniskraut zeige wechselwirkungen zu anderen arzneimitteln, führe zu lichtempfindlichkeit und müsse über einen längeren zeitraum eingenommen werden, um überhaupt eine wirkung zu zeitigen. 23auch bestehe eine asymmetrie in der risikobewertung des bfarm bei phytopharmaka. es stelle sich die frage, warum bei einem freiverkäuflichen arzneimittel wie „umckaloabo“ mit dem wirkstoff aus der pelargoniumwurzel, das ebenfalls im verdacht stehe, leberschädigungen hervorzurufen, dieses risiko in kauf genommen werde, bei kava-kava jedoch trotz von den unternehmen angebotener transaminasen-kontrollen, der verschreibungspflicht und des hochwertigen anwendungsgebiets die zulassungen widerrufen würden. 24die klägerin hat beantragt, 25den bescheid des bfarm vom 21. dezember 2007 in gestalt des widerspruchsbescheides vom 15. februar 2012 aufzuheben. 26die beklagte hat beantragt, 27 die klage abzuweisen. 28sie hat ihr vorbringen aus dem verwaltungsverfahren wiederholt und vertieft und ergänzend folgendes ausgeführt: die von der britischen gesundheitsbehörde in ihrem bericht aus dem jahr 2006 aufgeführten 110 nebenwirkungsverdachtsfälle beschränkten sich nicht auf acetonische extrakte, sondern hätten in der mehrzahl der fälle ethanolische extrakte betroffen. die seitens der unternehmen vorgelegten toxikologischen untersuchungen seien nicht geeignet, die risikofreiheit des wirkstoffs zu belegen. insbesondere geeignete tierstudien stünden aus. eine kurzzeitanwendung von nur vier wochen sei angesichts des krankheitsbildes auch wenig realistisch. die einschlägigen guidelines forderten eine studiendauer bei nicht-nagern von neun monaten. auch die wirksamkeit sei nicht hinreichend belegt. insbesondere sei die darstellung, die monographie der kommission e beruhe auf einer dc-messung, nicht belegt. aus den unterlagen zur monographieerstellung der kommission e gehe hervor, dass die bestimmung auch zum damaligen zeitpunkt schon mit der hplc-methode erfolgt sei. die zwischenzeitliche erhöhung der tagesdosis über den monographiekonformen wert von 60 bis 120 mg kava-pyrone hinaus sei nicht geeignet, das negative nutzen-risiko-verhältnis zu ändern. der klägerin sei zwar darin zuzustimmen, dass in der phytotherapie der arzneilich wirksame bestandteil durch das extraktionsmittel und das droge-extrakt-verhältnis (dev) eindeutig gekennzeichnet sei und eine änderung des extraktionsmittels bzw. des dev auch zu einem anderen wirkstoff führe. nur die berücksichtigung ethanolischer extrakte reduziere aber auch das zugunsten der klägerin vorgelegte studienmaterial immens, da dann alle ergebnisse zu wässrigen, acetonischen oder co2-extrakten nicht berücksichtigungsfähig seien. die beklagte sieht sich durch die ntp-studie in ihrer risikobewertung bestätigt. dass die us-amerikanische behörde hieraus keinen handlungsbedarf abgeleitet habe, sei ohne belang. die von der klägerin herangezogenen neueren studien seien nicht hinreichend aussagekräftig. die möglichkeit der anordnung von post authorization safety studies sei erst durch das 2. amg-änderungsgesetz vom 19. oktober 2012 geschaffen worden. 29das verwaltungsgericht hat den bescheid des bfarm vom 21. dezember 2007 in gestalt des widerspruchsbescheides vom 15. februar 2012 durch urteil vom 20. mai 2014 aufgehoben. zur begründung hat es ausgeführt: das nutzen-risiko-verhältnis kava-kava-haltiger arzneimittel der hier streitgegenständlichen art erweise sich nicht als ungünstig. wenngleich die monographie „piperis methystici rhizoma" der kommission e vom 1. juni 1990, aus der die klägerin die wirksamkeit kava-kava-haltiger arzneimittel im wesentlichen herleite, nicht auf einer aktuellen erfordernissen genügenden klinischen erprobung des wirkstoffs beruhe, sei sie in der folgezeit grundlage für eine vielzahl von zulassungen und nachzulassungen kava-kava-haltiger präparaten gewesen, ohne dass insoweit eine sachliche unterscheidung zwischen ethanolischen und anderen auszügen erfolgt sei. diese wirksamkeitsaussage habe das bfarm im gerichtlichen verfahren nicht substantiiert angegriffen. auch habe sich die kommission e noch im jahre 2002 in kenntnis der bekannten risikoaspekte für die verkehrsfähigkeit der produkte unter dem vorbehalt bestimmter sicherheitsmaßnahmen ausgesprochen. vor diesem hintergrund könne den vom widerruf betroffenen arzneimitteln ungeachtet ihrer dosierung nicht jede wirksamkeit von vornherein abgesprochen werden. wegen des abweichenden prüfungsmaßstabs des § 30 abs. 1 amg komme es auf die frage, ob die wirksamkeit kava-kava-haltiger arzneimittel in einer den anforderungen des § 22 abs. 2 s. 1 nr. 3, abs. 3 amg genügenden weise begründbar sei, nicht an. 30dem durch die zulassungsbescheide belegten nutzen der präparate in den anwendungsgebieten „nervöse angst, spannungs- und unruhezustände" stünden anwendungsrisiken in gestalt hepatotoxischer ereignisse gegenüber. die in dem bericht der who dokumentierten fälle lebertoxischer reaktionen seien im rahmen einer quantitativen gewichtung angesichts der weiten verbreitung kava-kava-haltiger arzneimittel als „selten" oder „sehr selten" auftretende nebenwirkungen auszuweisen. dabei sei zu berücksichtigen, dass die klägerin nachvollziehbar dargelegt habe, dass in die berichte der who und der mhra auch meldungen aus deutschland eingeflossen seien und deswegen eine doppelte berücksichtigung ein und desselben ereignisses nahe liege. inhaltlich sei das zu den hepatotoxischen nebenwirkungen vorliegende zahlenmaterial nicht konsistent. das aus großbritannien ausgewertete zahlenmaterial beziehe sich auf die anwendung von kava-kava in einem anderen anwendungsgebiet, nämlich blasenerkrankungen. zudem erschwere die multikausalität von leberschädigungen die zuordnung zu einer bestimmten medikamentengabe. die klägerin habe nachvollziehbar dargelegt, dass es auch in sog. „rechallenge-fällen" einer dokumentation der komedikation bedürfe, um eine tragfähige wahrscheinlichkeitsaussage treffen zu können. in der vorliegenden gestalt lasse das zahlenmaterial nur die aussage einer möglichen verknüpfung von nebenwirkungen durch kava-kava-gabe zu. dies gelte auch für ethanolische extrakte. 31im rahmen der bewertung des nutzen-risiko-verhältnisses hat das verwaltungsgericht zunächst darauf hingewiesen, dass das monographierte anwendungsgebiet „nervöse angst, spannungs- und unruhezustände" sich mit dem für benzodiazepine zugelassenen anwendungsgebiet überschneide. obwohl es sich bei letzteren um zugelassene und verschreibungspflichtige arzneimittel handele, gingen von diesen wirkstoffen erhebliche gefahren aus. es bestehe schon bei therapeutischen dosierungen ein sehr hohes abhängigkeitspotential. benzodiazepine würden weltweit als medikamente mit der höchsten missbrauchsrate gelten. seit 2002 habe es für benzodiazepine insgesamt 4.478 uaw-meldungen gegeben, die sich über eine vielzahl von unerwünschten nebenwirkungen erstreckten und - soweit schwer - bei suizidversuchen und suchtmissbrauch deutliche spitzen aufwiesen, vereinzelt aber auch leberschädigungen zeigten. vor diesem hintergrund könne nicht von einer risikoärmeren alternative zu kava-kava-haltigen arzneimitteln ausgegangen werden. das gelte in abgeschwächter form auch für das vom bfarm angeführte buspiron und die erwähnten antidepressiva. zudem seien im rahmen einer am verhältnismäßigkeitsgrundsatz und dem übermaßverbot orientierten nutzen-risiko-abwägung andere regulatorische maßnahmen zur risikominimierung zu berücksichtigen, die eine weitere verkehrsfähigkeit der produkte ohne unvertretbare gefahren für die öffentliche gesundheit gewährleisteten. hierzu zählten die verschreibungspflicht, gegenanzeigen, anwendungsbeschränkungen, eine ausdrückliche beschränkung der anwendungsdauer sowie eine begleitende regelmäßige erhebung der leberwerte. hinzu trete die nunmehr gemäß § 28 abs. 3b satz 1 nr. 2 amg auch nach erteilung der zulassung bestehende möglichkeit der bundesoberbehörde, im wege der auflage anzuordnen, unbedenklichkeitsprüfungen durchzuführen, wenn dies im interesse der arzneimittelsicherheit erforderlich sei. angesichts des umstandes, dass bislang die anhaltspunkte für ein hepatotoxisches risiko der streitbefangenen produkte nicht mit der genügenden sicherheit hätten verifiziert werden können, wäre eine solche nachgelagerte erprobung bei fortbestehender marktfähigkeit unter verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten naheliegend und das gegenüber dem widerruf mildere mittel. 32die beklagte hat die vom verwaltungsgericht zugelassene berufung eingelegt und zur begründung im wesentlichen geltend gemacht: die möglichkeit, eine unbedenklichkeitsstudie anzuordnen, bestehe nicht. das materielle recht, insbesondere § 28 abs. 3b satz 1 nr. 2 amg, eröffne nicht die möglichkeit, nach zulassung eine unbedenklichkeitsstudie anzuordnen. es bestehe kein ansatz dafür, dass die vorschrift auf vor ihrem inkrafttreten eingeleitete (und abgeschlossene) risikoverfahren anwendung finde. das verwaltungsgericht habe zutreffend festgestellt, dass die aktuelle bewertung der wirksamkeit des arzneimittels ein maßgeblicher abwägungsbelang bei der bewertung des nutzen-risiko-verhältnisses sei. die wirksamkeit kava-kava-haltiger arzneimittel sei bereits bei erstellung der monographie der kommission e fraglich gewesen. wegen der geringen bedeutung von kava-kava sei zunächst eine negativmonographie erstellt worden. die von der kommission e in bezug auf die wirksamkeit angenommene plausibilität würde und könnte unter den heutigen rechtlichen rahmenbedingungen zu einer traditionellen registrierung gemäß § 39c amg führen, womit allerdings eine sehr viel kritischere nutzen-risiko-bewertung einhergehe. schon zum zeitpunkt der stufenplanentscheidung hätten dem bfarm keine studien vorgelegen, die eine wirksamkeit ausreichend belegt hätten. das herbal medicinal product commitee (hmpc) habe in einer öffentlichen stellungnahme „piperis methystici rhizoma“ als einen der wirkstoffe benannt, für die die erstellung einer positivmonographie nicht erfolgversprechend erscheine. das angegriffene urteil überspanne die anforderungen an den verdachtsgrad schädlicher nebenwirkungen. wenn - wie vorliegend - eine größere anzahl von verdachtsfällen zusammenkomme, ergebe sich der begründete verdacht des auftretens unvertretbarer schädlicher wirkungen mit zumindest möglicher kausalität. da es sich hier um sehr schwerwiegende nebenwirkungen mit ernsten konsequenzen gehandelt habe, seien zum schutz der patienten einschneidende maßnahmen gerechtfertigt gewesen. die vom gericht beanstandete fehlende häufigkeit der nebenwirkungen sei aus den daten der spontanerfassung bekanntermaßen nicht verlässlich ableitbar. insoweit sei insbesondere die hohe dunkelziffer zu berücksichtigen. quantitative aussagen zur häufigkeit von nebenwirkungen seien nur durch studien mit systematischer datenerfassung und ausreichender anzahl eingeschlossener patienten zu treffen. entscheidend sei das vorliegen einer reihe von fällen schwerwiegender nebenwirkungen, bei denen ein kausaler zusammenhang mit der anwendung von kava-kava-haltigen arzneimitteln zumindest möglich erscheine. dieser sei nach den dem bfarm vorliegenden - im folgenden nochmals zusammengefassten - erkenntnissen gegeben. daraus gehe hervor, dass kava-kava eindeutig das potential zu schwerer lebertoxizität habe, wobei auch idosynkratische leberschädigungen eine denkbare erklärungsmöglichkeit seien. die darstellung der klägerin zu inzidenzraten bleibe unklar. an der arbeit von teschke et al. sei auffällig, dass der kausalzusammenhang in 13 fällen wegen anderer nicht medikamentöser ursachen verneint worden sei und dies in drei beispielhaft aufgeführten fällen nicht mit den differenzialdiagnostischen feststellungen der ärzte, von denen diese fallberichte stammten, in einklang stehe. in der bisherigen diskussion zu noble-kava und den zu erwartenden qualitätsunterschieden habe die klägerin bislang nicht belegt, welche kava-qualität sie in den 80er/90er jahren verwendet habe. es sei auch nicht dargelegt, ob die klinischen studien, die der damaligen zulassung zugrunde lagen, ausschließlich mit noble-kava durchgeführt worden seien. 33auch wenn der für die ntp-studie verwendete extrakt mit überkritischem kohlendioxyd nicht mit den ethanolischen extrakten vergleichbar sei - was sich angesichts der 96%igen ethanolkonzentration jedoch diskutieren ließe -, seien die dort gewonnen schlussfolgerungen als hintergrundinformation bei der bewertung mit einzubeziehen. mit bezug auf den mechanismus der hepatotoxizität seien zudem die ergebnisse weiterer im einzelnen aufgeführter publikationen aus den jahren 2011 und 2012 zu berücksichtigen. 34die nutzen-risiko-abwägung des verwaltungsgerichts verdiene kritik. die dort angeführte überschneidung der anwendungsgebiete von benzodiazepin- und kava-kava-haltigen arzneimitteln wiege die unterschiede beider arzneimittel nicht auf. vielmehr sei mit blick auf etwaige behandlungsalternativen insbesondere die interdisziplinäre s3-leitlinie „behandlung von angststörungen" in den blick zu nehmen. benzodiazepine zählten danach weder zu den arzneimitteln der ersten noch der zweiten wahl für die angstbehandlung. dazu zählten demgegenüber selektive serotonin-wiederaufnahmehemmer, selektive serotonin-noradrenalin-wiederaufnahmehemmer, pregabalin, buspiron, opipramol, hydroxyzin und damit arzneimittel mit einem guten nutzen-risiko-verhältnis. abgesehen davon handele es sich bei der mit einer behandlung mit benzodiazepinen vielfach auftretenden abhängigkeit um eine niedrigdosisabhängigkeit, die keine abhängigkeit im eigentlichen sinne sei. das verwaltungsgericht setze sich auch in widerspruch zu den von ihm selbst aufgestellten kriterien, wenn es die missbräuchliche verwendung von benzodiazepinen in die abwägung einfließen lasse. darüber hinaus stünden auch aus dem bereich der pflanzlichen arzneimittel behandlungsalternativen, etwa baldrianwurzelzubereitungen oder lavendelöl, zur verfügung. im rahmen der verhältnismäßigkeitsprüfung habe das verwaltungsgericht zu unrecht nicht berücksichtigt, dass dem widerruf die anordnung des ruhens als milderes mittel vorausgegangen sei. die widerrufsentscheidung habe darauf beruht, dass die zulassungsinhaber nicht bereit gewesen seien, die erforderlichen maßnahmen zu ergreifen bzw. weiteres wissenschaftliches erkenntnismaterial vorzulegen. auch wenn man die geänderte rechtslage zugrundelegte, wäre die anordnung einer unbedenklichkeitsstudie kein gleich geeignetes, erst recht kein milderes mittel. denn sie lasse nicht den versagungsgrund des ungünstigen nutzen-risiko-verhältnisses entfallen, sondern diene allein dem gewinn neuer erkenntnisse und der erforschung der risiken. folglich führe eine solche studie nicht zu einer risikominimierung und wirke sich deswegen nicht positiv auf das nutzen-risiko-verhältnis aus. das risikoverfahren zu pelargoniumwurzelhaltigen arzneimitteln sei mit dem vorliegenden verfahren nicht vergleichbar und müsse differenziert bewertet werden. 35die beklagte beantragt, 36das urteil des verwaltungsgerichts köln vom 20. mai 2014 zu ändern und die klage abzuweisen. 37die klägerin beantragt, 38die berufung zurückzuweisen. 39zur begründung führt sie aus: nach dem im zeitpunkt der gerichtlichen entscheidung geltenden materiellen recht hätte die beklagte die durchführung einer pass anordnen können. zudem sei es eine stets geübte praxis des bfarm gewesen, auf der grundlage von § 30 amg i.v.m. § 36 vwvfg entsprechende anordnungen zu treffen. die ausführungen der beklagten zur nutzen-risiko-bewertung des verwaltungsgerichts seien nicht überzeugend. nach erstellung der monographie der kommission e habe sich die erkenntnislage eindeutig zu gunsten von kava-kava verbessert. das bfarm habe dies dadurch bestätigt, dass es gestützt auf diese monographie und die nachfolgend publizierten klinischen prüfungen sehr viele zulassungen für kava-kava-haltige arzneimittel erteilt habe und zwar mit einem status nach § 22 abs. 3 amg. die von der beklagten zitierte öffentliche stellungnahme des hmpc führe zu keiner anderen bewertung der wirksamkeit von kava-kava. die darin enthaltenen aussagen beträfen traditionelle pflanzliche arzneimittel, die nicht verschreibungspflichtig seien, und könnten nicht auf die hier streitbefangenen verschreibungspflichtigen arzneimittel erstreckt werden. in bezug auf die in rede stehenden nebenwirkungen sei zwischen kava-kava-präparaten aus noble-kava mit ethanolischem extrakt und solchen aus two-day-kava mit acetonischem extrakt zu unterscheiden. bei ersteren ergebe sich aus den vorliegenden erkenntnissen allenfalls ein schwacher verdacht für nebenwirkungen. im zusammenhang mit möglichen behandlungsalternativen führe die beklagte arzneimittel an, die für andere anwendungsgebiete zugelassen seien als kava-kava, und verharmlose überdies das bei einer behandlung mit benzodiazepinen bestehende abhängigkeitsrisiko. entsprechendes gelte mit bezug auf die in der interdisziplinären s3-leitlinie zur behandlung von angststörungen aufgeführten arzneimittel. die von der beklagten als behandlungsalternative benannten pflanzlichen arzneimittel deckten nicht die gleichen erkrankungen ab. entgegen der auffassung der beklagten bestehe bei pelargoniumwurzelpräparaten und kava-kava-präparaten in fachlich-medizinischer hinsicht eine vergleichbare situation. insofern sei es bemerkenswert, dass das bfarm nur bei ersteren, nicht hingegen bei letzteren die möglichkeit gesehen habe, eine pass durchzuführen. 40wegen der einzelheiten des sach- und streitstandes wird bezug genommen auf den inhalt der gerichtsakte und der beigezogenen verwaltungsvorgänge der beklagten. 41
42die berufung der beklagten hat keinen erfolg. sie ist zulässig, aber unbegründet. 43das verwaltungsgericht hat der klage im ergebnis zu recht stattgegeben. der 44widerrufsbescheid des bfarm vom 21. dezember 2007 in der gestalt des widerspruchsbescheids vom 15. februar 2012 ist rechtswidrig und verletzt die klägerin in ihren rechten (§ 113 abs. 1 satz 1 vwgo). 45die voraussetzungen für einen widerruf der zulassung des arzneimittels g. kapseln sind nicht erfüllt. 46für die beurteilung der rechtmäßigkeit des widerrufsbescheides ist die sach- und rechtslage im zeitpunkt der letzten mündlichen verhandlung der tatsacheninstanz, hier also der berufungsverhandlung, entscheidend. der maßgebliche zeitpunkt der beurteilung der rechtmäßigkeit eines angefochtenen verwaltungsakts richtet sich nach dem jeweiligen materiellen recht. für die anfechtungsklage gilt im allgemeinen, dass die sach- und rechtslage im zeitpunkt der letzten behördenentscheidung maßgeblich ist, es sei denn, das materielle recht regelt etwas abweichendes. 47vgl. bverwg, urteile vom 28. juli 1989 - 7 c 39.87 -, juris, rn. 8, und vom 1. juni 2011 - 8 c 4.10 -, juris, rn. 19. 48letzteres muss nicht zwingend in gestalt einer ausdrücklichen fachgesetzlichen regelung zum ausdruck kommen, sondern kann sich auch aus dem sinn und zweck des jeweils einschlägigen normgefüges ergeben. 49vgl. wolff, in: sodan/ziekow, vwgo, 4. auflage, 2014, § 113, rn. 96. 50dies ist hier der fall. einerseits erfordert der in § 1 amg niedergelegte gesetzeszweck der arzneimittelsicherheit - wie das verwaltungsgericht bereits zutreffend festgestellt hat - die berücksichtigung von änderungen der sach- und rechtslage nach der letzten behördlichen entscheidung. 51vgl. ovg nrw, urteil vom 29. januar 2014 - 13 a 2730/12 -, juris, rn. 28 f. 52andererseits gebietet dies die besondere eingriffsintensität des widerrufs in die grundrechte der pharmazeutischen unternehmer. denn die wiedererlangung der zulassung ist nach deren bestandskräftigem widerruf erheblich erschwert. das folgt daraus, dass die versagungsgründe des § 25 abs. 2 amg nicht deckungsgleich mit den widerrufsgründen des § 30 abs. 1 satz 1 halbsatz 2 amg sind. insbesondere ist der widerruf der zulassung nicht vorgesehen, wenn der versagungsgrund des § 25 abs. 2 nr. 2 amg nachträglich eingetreten ist, also dann, wenn das arzneimittel nicht nach dem jeweils gesicherten stand der wissenschaftlichen erkenntnisse ausreichend geprüft worden ist oder das andere wissenschaftliche erkenntnismaterial nach § 22 abs. 3 amg nicht dem jeweils gesicherten stand der wissenschaftlichen erkenntnis entspricht. angesichts dessen ist es unter verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten geboten, für die beurteilung der rechtmäßigkeit des widerrufs auf den zeitpunkt der letzten mündlichen verhandlung abzustellen. bestätigt wird dies durch den in § 30 abs. 2a amg zum ausdruck kommenden rechtsgedanken einer gegenüber dem widerruf vorrangigen anpassung der zulassung nach maßgabe der jeweils geltenden sach- und rechtslage. 53die beurteilung der rechtmäßigkeit des widerrufs der zulassung richtet sich deswegen nach § 30 abs. 1, 2a amg in der fassung vom 19. dezember 2012. nach § 30 abs. 1 satz 1 halbsatz 2 amg ist die arzneimittelzulassung zu widerrufen, wenn der versagungsgrund des § 25 abs. 2 satz 1 nr. 5 amg nachträglich eingetreten ist, das heißt, wenn sich das nutzen-risiko-verhältnis des präparats nachträglich als ungünstig erweist. gemäß § 30 abs. 2a satz 1 1. alt. amg ist die zulassung zu ändern, wenn dadurch der in absatz 1 genannte betreffende versagungsgrund entfällt. ein widerruf der zulassung ist danach nur gerechtfertigt, wenn das nutzen-risiko-verhältnis eines arzneimittels ungünstig ist und dem durch eine änderung der zulassung nicht abgeholfen werden kann. die zulassungsänderung hat damit bei vorliegen eines versagungsgrundes vorrang gegenüber dem widerruf, mit der folge, dass dieser rechtswidrig ist, wenn die voraussetzungen des § 30 abs. 2a amg erfüllt sind. 54vgl. zu § 30 amg a.f. krüger, in: kügel/müller/hoffmann, arzneimittelgesetz, 2012, § 30, rn. 34. 55das ist hier der fall. das nutzen-risiko-verhältnis des streitbefangenen arzneimittels ist derzeit ungünstig (i.). dies rechtfertigt aber nicht den widerruf der zulassung, weil dieser versagungsgrund bereits durch deren änderung ausgeräumt werden kann (ii.). 56(i.) das nutzen-risiko-verhältnis umfasst nach § 4 abs. 28 amg eine bewertung der positiven therapeutischen wirkungen des arzneimittels im verhältnis zu dem risiko nach absatz 27 lit. a. dies ist jedes risiko im zusammenhang mit der qualität, sicherheit oder wirksamkeit des arzneimittels für die gesundheit der patienten. mit dem begriff des risikos wird ebenso wie bei der früheren gesetzesfassung des § 25 abs. 2 satz 1 nr. 5 amg jede art von schädlichen wirkungen erfasst, die über ein nach den erkenntnissen der medizinischen wissenschaft vertretbares maß hinausgehen. nach der bis zum 5. september 2005 geltenden vorschrift durfte die zulassung versagt werden, wenn bei dem arzneimittel der begründete verdacht bestand, dass es bei bestimmungsgemäßem gebrauch schädliche wirkungen hat, die über ein nach den erkenntnissen der medizinischen wissenschaft vertretbares maß hinausgehen (vgl. auch § 5 abs. 2 amg). mit der änderung des wortlauts des § 25 abs. 2 satz 1 nr. 5 amg, die der angleichung an die richtlinienvorgaben diente, ist keine inhaltliche änderung verbunden. beide fassungen erstrecken sich auf jegliche nebenwirkungen. unter nebenwirkungen sind die beim bestimmungsgemäßen gebrauch eines arzneimittels auftretenden schädlichen unbeabsichtigten reaktionen zu verstehen (§ 4 abs. 13 amg), also nicht nur pharmakologisch-toxikologische wirkungen, sondern jedwede unerwünschte folge. der erforderliche verdacht schädlicher wirkungen liegt vor, wenn ernstzunehmende erkenntnisse den schluss nahelegen, dass das arzneimittel unvertretbare nebenwirkungen hat. 57vgl. bverwg, urteil vom 19. november 2009 - 3 c 10.09 -, nvwz-rr 2010, 330 = juris, rn. 32 ff., sowie beschluss vom 12. juni 2012 - 3 b 88.11 - , juris, rn. 3; ovg nrw, urteile vom 7. november 2012 - 13 a 2710/08 -, juris, rn. 39 ff. und vom 29. januar 2014 - 13 a 2730/12 - , juris, rn. 34; bt-drs. 15/5316, s. 38. 58dafür bedarf es keines positiven nachweises der kausalen beziehung zwischen der einnahme des arzneimittels und aufgetretenen nebenwirkungen, weil dies dem gebot der arzneimittelsicherheit zuwiderlaufen würde. 59vgl. bverwg, urteil vom 26. april 2007 - 3 c 36.06 -, pharma recht 2007, 423 = nvwz-rr 2007, 774; ovg nrw, beschluss vom 17. september 2009 - 13 a 1428/08 -, juris, rn. 11; ovg berlin, urteil vom 16. september 1999 - 5 b 34.97 -, juris, rn. 17; kloesel/cyran, arzneimittelrecht, kommentar, stand: 2012, § 25, rn. 76, m. w. n. 60insbesondere dann, wenn schwere gesundheitsgefahren in rede stehen, reicht es aus, wenn die entfernte möglichkeit einer risikoverwirklichung besteht. 61vgl. ovg nrw, beschluss vom 17. september 2009 - 13 a 1428/08 -, juris, rn. 13. 62ein ungünstiges nutzen-risiko-verhältnis folgt nicht bereits daraus, dass die bezweckte therapeutische wirksamkeit eines arzneimittels nicht (mehr) belegt ist. wie das verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, begründen zweifel an der wirksamkeit oder eine unzureichende wirksamkeitsbegründung nicht automatisch die annahme eines ungünstigen nutzen-risiko-verhältnisses und rechtfertigen daher für sich genommen nicht die aufhebung der zulassung, die nur auf die feststehende fehlende wirksamkeit gestützt werden kann (vgl. § 30 abs. 1 satz 2 nr. 1 amg). 63vgl. dazu krüger, in: kügel/müller/hoffmann, arzneimittelgesetz, 2012, § 30, rn. 15. 64nach aktuellem erkenntnisstand bestehende zweifel an der wirksamkeit eines arzneimittels sind für die im rahmen des § 30 abs. 1 satz 1 halbsatz 2, § 25 abs. 2 satz 1 nr. 5 amg zu treffende prognoseentscheidung gleichwohl von bedeutung. denn unter der voraussetzung, dass die insoweit darlegungs- und materiell beweispflichtige behörde sie konkret begründet hat, bilden sie einen abwägungsbelang, der auf dritter stufe bei der abwägung des festgestellten nutzens und der risiken eines arzneimittels zu berücksichtigen ist. 65vgl. ovg nrw, urteil vom 29. januar 2014 - 13 a 2730/12 -, juris, rn. 43. 66hierbei sind gesichtspunkte wie indikation, schwere des zu behandelnden defekts, behandlungsnotwendigkeit, chancen eines behandlungserfolges sowie eventuelle behandlungsalternativen gegen solche wie schweregrad und häufigkeit der unerwünschten nebenwirkung, die rückbildungswahrscheinlichkeit (reversibilität), mutmaßliche gegenmaßnahmen und suchtpotential im sinne einer vertretbarkeitsentscheidung gegeneinander abzuwägen. 67vgl. zu den abwägungskriterien: kloesel/cyran, arzneimittelrecht, kommentar, stand 2012, § 25 rn. 77; kügel, in: kügel/müller/hoffmann, arzneimittelgesetz, § 25, rn. 56. 68voraussetzung für den widerruf ist, dass die mit dem verdacht schädlicher wirkungen verbundenen risiken gegenüber dem therapeutischen nutzen des arzneimittels überwiegen. 69vgl. bverwg, urteil vom 26. april 2007 - 3 c 36.06 -, pharma recht 2007, 423 = nvwz-rr 2007, 774. 70die materielle beweislast für das vorliegen sämtlicher tatbestandlichen voraussetzungen des den widerruf der zulassung auslösenden versagungsgrundes trägt die beklagte, 71vgl. bverwg, urteil vom 14. oktober 1993 - 3 c 46.91 -, juris, rn. 31; kügel, in: kügel/müller/hoffmann, arzneimittelgesetz, 2012, § 25, rn. 58, 72mit der folge, dass insoweit verbleibende zweifel zu ihren lasten gehen und sie das risiko der unaufklärbarkeit des sachverhalts trägt. 73hiervon ausgehend gilt für die bewertung des nutzen-risiko-verhältnisses des hier streitgegenständlichen arzneimittels folgendes: 74(1) kernkriterium für die bewertung des nutzens eines arzneimittels ist seine therapeutische wirksamkeit. diese ist für das präparat g. kapseln mit einer tagesdosierung von 120 mg kava-pyrone (einmal täglich eine kapsel a 120 mg kavapyrone) zu bejahen. mit dieser dosierung ist das arzneimittel zugelassen worden. den späteren änderungsanzeigen vom 14. august 2001 und vom 19. dezember 2011 hat das bfarm hinsichtlich der dosierung nicht gemäß (§ 29 abs. 2a satz 1 amg zugestimmt, sondern ihnen ausdrücklich widersprochen. 75die wirksamkeit des streitgegenständlichen präparats wird weder durch das erstinstanzliche vorbringen der beklagten noch durch ihr vorbringen im berufungsverfahren durchgreifend in zweifel gezogen. 76mit ihrer monographie „piperis methystici rhizoma“ („kava-kava-wurzelstock“) vom 1. juni 1990 hat die kommission e die anxiolytische, also angstlösende wirkung des wirkstoffs für die anwendungsgebiete „nervöse angst-, spannungs- und unruhezustände“ unter angabe einer tagesdosis von droge und zubereitung entsprechend 60-120 mg kava-pyrone festgestellt. in weitgehender übereinstimmung damit steht die aussage der entsprechenden im jahr 2003 veröffentlichten monographie der european scientific cooperative on phytotherapy (escop), des europäischen dachverbandes der nationalen gesellschaften für phytotherapie. darin ist als anwendungsgebiet „anxiety, tension and restlessness arising from various causes of non psychotic origin“ mit einer tagesdosierung von 60-120 mg kavalactonen angegeben. 77vgl. escop monographs, 2003, the scientific foundation for herbal medicinal products, s. 365 ff. 78nach ständiger rechtsprechung des bundesverwaltungsgerichts kommt den von den unterschiedlichen kommissionen aufgestellten kriterien und empfehlungen die qualität antizipierter sachverständigengutachten zu. 79vgl. bverwg, urteile vom 19. november 2009 - 3 c 10.09 -, juris, rn. 25, und vom 16. oktober 2008 - 3 c 24.07 -, juris, rn 20. 80sie geben den jeweiligen wissenschaftlichen erkenntnisstand wieder und sind einer neubewertung zugänglich. stellungnahmen der kommissionen sind anderes wissenschaftliches erkenntnismaterial im sinne des § 22 abs. 3 amg. die zulassungsbehörde ist nicht an die in der monographie getroffene aussage gebunden. 81kügel, in: kügel/müller/hoffmann, arzneimittelgesetz, 2012, § 25, rn. 177. 82da sachverständige feststellungen bei besserer erkenntnis ersetzt werden können (und müssen), darf die kommission von früheren feststellungen in aufbereitungsmonographien abweichen. 83vgl. bverwg, urteil vom 19. november 2009 - 3 c 10.09 -, juris, rn. 27. 84handelt es sich dabei um allgemeine aussagen, sind diese als sachverständige äußerung zu bewerten. 85vgl. dazu kügel, in: kügel/müller/hoffmann, arzneimittelgesetz, 2012, § 25, rn. 178. 86die kommission e verfügt über besondere sach- und fachkunde. hieraus und nicht zuletzt deswegen, weil es sich dabei um ein neutrales sachverständigengremium handelt, folgt die besondere bedeutung ihrer stellungnahmen. die mitglieder der kommission e sind sachverständige mit besonderen kenntnissen der wissenschaftlichen und/oder praktischen phytotherapie. die kommission ist interdisziplinär mit experten für toxikologie, experimentelle pharmakologie, biometrie, pharmazeutische biologie sowie ärzten und heilpraktikern, die phytopharmaka praktisch einsetzen, zusammengesetzt. diese werden alle drei jahre von verbänden der fachrichtung vorgeschlagen und vom bundesgesundheitsministerium benannt. 87vergleichbares gilt bezogen auf die monographien der escop. wenngleich sie keinen gesetzlichen standard definieren, dienen sie dazu, die beste verfügbare wissenschaftliche evidenz auf der basis der aktuellen literatur zusammenzustellen. 88vgl. pharmazeutische zeitung online „monographien als richtschnur“ 13/2014 abrufbar unter: http://www.pharmazeutische-zeitung.de/index.php?id=51461. 89die beklagte hat die monographie der kommission e aus 1990 im zulassungsverfahren als wirksamkeitsbeleg zugrunde gelegt, ohne weitere erkenntnisse zu fordern oder beizuziehen. angesichts dessen sieht der senat keine veranlassung, die wirksamkeit des arzneimittels bezogen auf diesen zeitpunkt anzuzweifeln, zumal die beklagte in dem angegriffenen bescheid selbst konstatiert, dass das votum der kommission e dem erkenntnisstand der frühen 1990er jahre entsprochen habe. 90demgegenüber fehlen vortrag und anhalt dafür, dass dieser erkenntnisstand durch neuere erkenntnisse, die ernsthafte zweifel an der wirksamkeit kava-kava-haltiger arzneimittel begründen, überholt ist. im gegenteil: die kommission e hat sich aufgrund der einleitung des stufenplanverfahrens und nach näherer befassung mit der angelegenheit veranlasst gesehen, in einer anfang des jahres 2002 verfassten öffentlichen erklärung mitzuteilen, dass ihre mitglieder nach wie vor von den vorgelegten wissenschaftlichen daten zur wirksamkeit von kava-kava überzeugt seien. das impliziert, dass zum damaligen zeitpunkt aus expertensicht keine abweichenden neuen erkenntnisse vorlagen. nichts spricht dafür, dass die kommission e zwischenzeitlich angesichts aktuellerer forschungsergebnisse von diesem standpunkt abgerückt ist. insbesondere hat sie bis heute keine anderslautende stellungnahme abgegeben. entsprechendes gilt für die escop. die für „piperis methystici rhizoma“ erstellte monographie gehörte zu den ersten 80 monographien, die die escop im jahr 2003 veröffentlicht hat. 91vgl. escop monographs, 2003, the scientific foundation for herbal medicinal products, s. 365 ff. 92obgleich die escop ihre monographien regelmäßig überarbeitet und aktualisiert, hat diejenige für „piperis methystici rhizoma“ bislang keine änderung erfahren. 93hinzu kommt, dass die who in ihrem bericht aus dem jahr 2007 (coulter et al., „assessment of the risk of hepatotoxicity with kava products“) offensichtlich ebenfalls von der wirksamkeit von kava-kava ausgeht. dort heißt es, 16 gut kontrollierte doppelblindstudien hätten die angstlösende wirkung von kava-kava gezeigt (vgl. tabelle 3, s. 6, 11). diese bewertung entspricht der mit dem ziel der untersuchung kava-kava-haltiger arzneimittel durchgeführten metaanalyse einer reihe randomisierter placebokontrollierter doppelblindstudien von pittler und ernst (zuletzt, „kava extract versus placebo for treating anxiety“, 2003). diese hat zur wirksamkeit der behandlung von angststörungen, gemessen an den kriterien der hamilton anxiety scale (hama) die überlegenheit kava-kava-haltiger arzneimittel gegenüber placebopräparaten ergeben. eventuelle mängel der analysierten einzelstudien vermögen die indizwirkung des ergebnisses der metaanalyse im zusammenhang mit dem weiteren erkenntnismaterial nicht zu entkräften. 94letztlich konzediert die beklagte selbst eine - wenngleich dosisabhängige - wirksamkeit, wenn es in dem angefochtenen bescheid heißt, bei dosierungen oberhalb von 120 mg kava-pyrone pro tag bestehe ein gewisser anhalt für eine wirksamkeit in den beanspruchten indikationen. hinzu kommt, dass aus dem angefochtenen bescheid hervorgeht, dass die wirksamkeitszweifel des bfarm nicht auf tatsächliche anhaltspunkte gestützt sind, wenn es darin heißt, aus den ausführungen zur wirksamkeit ergäben sich keine neuen erkenntnisse gegenüber dem früheren kenntnisstand (widerspruchsbescheid vom 15. februar 2012, s. 6). 95angesichts dieser erkenntnissituation vermag der umstand, dass das vorliegende studienmaterial heute nicht in jeder hinsicht den speziell für angsterkrankungen entwickelten anforderungen der guidelines der european medicines agency (ema) entspricht, keine nachhaltigen zweifel am nutzen des präparats zu wecken. das gilt bereits bei einer monographiekonformen dosierung. da die kommission e eine dosierung oberhalb von 120 mg kava-pyrone nicht vorgegeben hat, kommt es hinsichtlich der frage der wirksamkeit auf die unterschiedlichen auffassungen der beteiligten hinsichtlich der jeweils zugrunde liegenden berechnungsgrundlagen nicht entscheidungserheblich an. 96soweit die beklagte die auffassung vertritt, aus der nicht zureichend belegten wirksamkeit resultierten automatisch wirksamkeitszweifel, ist dieser rückschluss ohne das hinzutreten tatsächlicher anhaltspunkte für solche zweifel nicht gerechtfertigt. denn in der konsequenz würde dies in einer nicht überschaubaren anzahl von fällen dazu führen, dass während der geltungsdauer einer zulassung die wirksamkeit eines arzneimittels fortlaufend neu zu belegen wäre. überdies geht der senat mit dem verwaltungsgericht davon aus, dass bei der forderung nach einer guidelinekonformen studie die absicht im vordergrund steht, daten für die weitere nutzen-risiko-abwägung zu generieren. zumindest bietet dies einen erklärungsansatz dafür, warum das bfarm im stufenplanbescheid auf die cpmp-guidelinie zur klinischen prüfung von arzneimitteln zur behandlung von angststörungen in der fassung aus den jahren 1993/94 verwiesen hat, obgleich es - dem unwidersprochenen vortrag der klägerin zufolge - zugleich bis in das jahr 2001 neuzulassungen für kava-kava-haltige arzneimittel erteilt hat, ohne die vorlage entsprechender studien verlangt zu haben. 97die weiteren einwände der beklagten im berufungsverfahren rechtfertigen keine andere bewertung: ihr hinweis darauf, dass die kommission e im zuge der 98ausarbeitung der monographie angesichts der geringen bedeutung von kava-kava als droge oder drogenzubereitung zunächst beabsichtigte, eine negativmonographie zu erstellen, ist unerheblich. denn abgesehen davon, dass die geringe bedeutung eines wirkstoffs nichts über seine wirksamkeit aussagt, hat die kommission e diese einschätzung - was entscheidend ist - letztlich revidiert und eine positivmonographie erstellt. darin hat sie folgende überlegungen zur wirksamkeit von kava-kava angestellt: 99 „aufgrund der wirkungen der isolierten inhaltsstoffe ist eine 100 schwache, zentral relaxierende wirkung ähnlich wie bei 101benzodiazepinen anzunehmen. durch kava-kava-extrakt zeigt sich im quantitativen eeg eine für das anxiolytische pharmako-eeg-profil von benzodiazepinen typische steigerung der ß-aktivität bei gleichzeitiger abnahme der alpha-aktivität (johnson 1989). neuere studien weisen eine wirksamkeit von kava-kava-extrakt bei ,angst, spannungs- und unruhezuständen‘ nach (warnecke 1989, bhate 1989).“ 102soweit die beklagte sinngemäß beanstandet, dieser monographie liege letztlich nur eine plausibilitätsprüfung zugrunde, ist dem entgegenzuhalten, dass die kommission e in ihrer stellungnahme aus dem jahr 2002 ausdrücklich erklärt hat, „von den vorgelegten wissenschaftlichen daten zur wirksamkeit von kava-kava überzeugt zu sein“. abgesehen davon sind die überlegungen der beklagten zu § 39c amg bereits deswegen nicht tragfähig, weil es sich bei kava-kava-präparaten um arzneimittel handelt, die der verschreibungspflicht unterliegen, und eine registrierung als traditionelles pflanzliches arzneimittel deswegen ausscheidet (§ 39c abs. 2 nr. 2 amg). 103ebenso wenig stützt die stellungnahme des comittee on herbal medicine products (hmpc) der ema vom 6. mai 2014 die position der beklagten. zwar prognostiziert das hmpc darin, dass u.a. für den wirkstoff „piperis methystici rhizoma“ angesichts des ungünstigen nutzen-risiko-verhältnisses voraussichtlich keine monographie erteilt werden wird. hierbei handelt es sich - was sprachlich durch die formulierung „es ist nicht wahrscheinlich, auf ein positives nutzen-risiko-verhältnis zu schließen“ zum ausdruck gebracht wird - nicht um eine sichere voraussage, sondern um eine vorabeinschätzung. da dieser - wie sich aus dem bericht ergibt - aber gerade keine detaillierte prüfung zugrunde liegt, kommt ihr kein entscheidendes gewicht zu. eine isolierte aussage über die wirksamkeit kava-kava-haltiger arzneimittel lässt sich auf der grundlage dieser aussage ohnehin nicht treffen. hinzu kommt, dass sich der bericht auf wirkstoffe bezieht, die als grundlage einer späteren registrierung (§ 39 amg) eine monographie als traditionelle pflanzliche arzneimittel erhalten sollen, bei denen sich die bewertung des nutzen-risiko-verhältnisses nach anderen maßstäben richtet als bei dem verfahrensgegenständlichen verschreibungspflichtigen präparat. 104ist danach von der therapeutischen wirksamkeit des streitgegenständlichen kava-kava-präparats auszugehen, sprechen für seinen nutzen weiterhin die art und schwere der in rede stehenden erkrankung sowie deren behandlungsnotwendigkeit. jedenfalls soweit das monographierte anwendungsgebiet auf die behandlung von angststörungen abzielt, handelt es sich nicht um eine bagatelldiagnose, sondern um eine ernsthafte, weitverbreitete psychische erkrankung. bei dieser stehen symptome der angst in gestalt einer anhaltenden angstreaktion, mangelnder kontrolle der angst, eventueller körperlicher reaktionen einschließlich katastrophisierender fehlinterpretationen und beeinträchtigung in wichtigen funktionen des berufs-, alltags- und familienlebens im vordergrund. 105vgl. pschyrembel, klinisches wörterbuch, 263. auflage 2012, „angststörung“. 106angststörungen zählen zu den häufigsten psychischen erkrankungen. ihre verbreitung nimmt zu. je nach schweregrad können sie mit erheblichen psychosozialen, somatischen und ökonomischen folgen einhergehen. dazu zählen arbeitsunfähigkeit, ein erhöhtes risiko für sekundäre komorbide erkrankungen - beispielsweise suchterkrankungen -, eine erhöhte suizidrate sowie eine übermäßige inanspruchnahme medizinischer leistungen. 107vgl. deutsches ärzteblatt, „angststörungen/panikattacken: angst aus heiterem himmel“, dezember 2005, 557. 108bereits bei mittlerem leidensdruck des patienten, psychosozialen einschränkungen sowie komplikationen der angsterkrankung ist eine behandlung in gestalt von psycho- oder pharmakotherapie oder einer kombination aus beidem indiziert. 109vgl. deutsches ärzteblatt, „diagnostik und therapieempfehlungen bei angststörungen“, juli 2014, 475 ff. 110unter diesen gesichtspunkten erschließt sich der besondere nutzen einer wirksamen anxiolytischen medikation. bezogen auf kava-kava-haltige-präparate ist insoweit zu berücksichtigen, dass deren anwendung nur für leichte und mittelschwere formen von angststörungen indiziert ist, die damit nach einschätzung von experten üblicherweise innerhalb eines monats gut therapiert werden können. für schwere angststörungen wird von einer kontraindikation ausgegangen. 111vgl. teschke, deutsches ärzteblatt, „hepatoxizität durch kava-kava: risikofaktoren und prävention“, 2002, 99. 112(2) in übereinstimmung mit dem verwaltungsgericht geht der senat davon aus, dass dem vorstehend beschriebenen nutzen des verfahrensgegenständlichen arzneimittels anwendungsrisiken in form hepatotoxischer ereignisse gegenüberstehen, also ein begründeter verdacht für derartige nebenwirkungen besteht. angesichts dessen ist der sinngemäße einwand der beklagten, das verwaltungsgericht habe bei seiner bewertung die anforderungen, die an die annahme eines begründeten nebenwirkungsverdachts zu stellen sind, überspannt, nicht nachvollziehbar. 113die von der who in ihrem bericht aus dem jahr 2007 dokumentierten fälle sind als beleg für die möglichkeit hepatotoxischer wirkungen des hier in rede stehenden kava-kava-präparats zu werten. entsprechendes gilt für die dem bfarm vorliegenden fallberichte zu leberreaktionen. zwar wird dies durch den bericht der mhra aus dem jahr 2006 („report of the committee on safety of medicines export working group") gestützt. allerdings ist der senat übereinstimmend mit dem verwaltungsgericht der auffassung, dass der darin enthaltenen risikobeurteilung, die - unter einschluss des vom bfarm übermittelten fallmaterials aus deutschland - nicht die begutachtung von kava-kava als anxiolytikum, sondern bei oberbauch- und blasenbeschwerden zum gegenstand hatte, keine besondere bedeutung beizumessen ist. 114der bericht der who enthält eine auswertung von 93 fallberichten - darunter einige der vom bfarm dokumentierten fälle aus deutschland - über hypothetisch mit der einnahme von kava-kava-extrakten im zusammenhang stehende leberschädigungen. in vierzehn fällen erfolgte eine lebertransplantation. sieben fälle endeten tödlich. die who-expertengruppe bewertete die kausalität zwischen hepatotoxischer schädigung und der einnahme von kava-kava-präparaten in keinem fall als sicher, in acht fällen als wahrscheinlich, in 54 fällen als möglich und in 28 fällen als nicht bewertbar. 115die beklagte verweist auf 41 fälle in deutschland aufgetretener lebertoxischer reaktionen. hiervon seien 20 hinreichend gut dokumentiert, um eine fundierte kausalitätsbewertung vornehmen zu können. in sieben dieser fälle sei eine lebertransplantation erforderlich gewesen. insgesamt seien drei patienten verstorben. in zwei fällen sei die lebertoxische reaktion nach absetzen des kava-kava-präparats zurückgegangen und bei reexposition erneut aufgetreten. bei zwölf spontan gemeldeten fällen und einem in einer publikation dargestellten fall sei der kausalzusammenhang wahrscheinlich. diese bewertung beruhe auf dem deutlichen zeitlichen zusammenhang zwischen dem beginn der kava-kava-medikation und dem auftreten der symptome bzw. pathologischen veränderungen einerseits und dem zurückgehen der lebererkrankung nach absetzen der kava-kava-medikation und/oder des fehlens lebertoxischer faktoren wie einer entsprechenden komedikation andererseits. in einigen dieser fälle sei die synergistische beteiligung eines anderen arzneimittels jedoch möglich. 116diese auswertungsergebnisse reichen für die annahme eines begründeten verdachts leberschädigender wirkungen aus, weil insoweit geringe kausalitätsanforderungen gelten. für die nutzen-risiko-abwägung ist aber der verdacht graduell und qualitativ näher zu bestimmen. 117allerdings bietet die gegenwärtige studienlage hierfür keine tragfähigen anknüpfungspunkte. bei gesamtbetrachtung ist sie uneinheitlich und deswegen nicht ergiebig. herkömmliche klinische studien sind - darüber sind sich die beteiligten einig - aufgrund der zu geringen population nicht geeignet, tragfähige erkenntnisse über das lebertoxische risiko zu gewinnen. toxizitätsstudien haben weder potentiell toxische bestandteile von kava-kava noch einen lebertoxischen mechanismus aufzeigen können. die ergebnisse der ntp-studie, auf die die beklagte verweist, mögen zwar einen toxizitätsbeleg begründen. das gilt aber nur für die darin einbezogenen präparate mit einem co²-extrakt. für eine übertragbarkeit der gefundenen ergebnisse auf die hier streitgegenständlichen präparate mit ethanolischen auszügen hat die beklagte keine überzeugenden gesichtspunkte benannt. abgesehen davon gibt der nachweis toxischer effekte eines bestimmten präparats als solcher - was auch die beklagte anerkennt - weder aufschluss über die potentiell toxischen einzelstoffe noch über den mechanismus einer lebertoxischen wirkweise, sondern untermauert lediglich das, wovon bereits auf der grundlage der fallberichte auszugehen ist. auch das restliche vorliegende studienmaterial bietet hierzu keine belastbaren und konsistenten erkenntnisse. anders als die beklagte meint, geht dieser umstand zu ihren lasten. denn sie trägt das risiko der unerweislichkeit der umstände, die ein ungünstiges nutzen-risiko-verhältnis begründen. 118demgegenüber erlauben die folgenden relativierenden faktoren eine nähere eingrenzung der bestehenden verdachtsmomente für eine hepatotoxische wirkung von kava-kava-haltigen arzneimitteln. wenngleich sie den geweckten verdacht nicht auszuräumen vermögen, schwächen sie ihn ab. 119von bedeutung ist insoweit zunächst, dass die auswertungsergebnisse der who und des bfarm nicht für eine hohe, sondern im gegenteil für eine schwache inzidenzrate sprechen. zwar lässt sich diese auf der grundlage des vorliegenden erkenntnismaterials nicht genau bestimmen. andererseits gibt es aber bereits im ausgangspunkt keine tragfähigen belege dafür, dass hepatotoxische ereignisse im zusammenhang mit der anwendung von kava-kava-präparaten gehäuft auftreten, also eine hohe inzidenzrate besteht. umgekehrt sprechen deutschlandweit 20 und nach der datenlage des who-berichts weltweit 62 fälle, in denen eine derartige relation festgestellt werden konnte, bei einem anwendungsvolumen von - dem unwidersprochenen vortrag der klägerin zufolge - 250 millionen tagesdosen bezogen auf einen zehnjahreszeitraum für eine sehr geringe lnzidenzrate. das gilt auch unter berücksichtigung der mit dem zugrundeliegenden spontanerfassungssystem verbundenen abbildungsdefizite, zumal wenn man berücksichtigt, dass ein großteil dieser meldungen in zeitlichem zusammenhang mit dem stufenplanverfahren und der öffentlich geführten debatte um die potentielle toxizität kava-kava-haltiger arzneimittel steht. dem entspricht die einschätzung der expertengruppe der who in ihrem bericht aus dem jahr 2007, in dem es heißt, die genaue inzidenzrate von nebenwirkungen, die mit der einnahme von kava-kava in zusammenhang stünden, sei nicht bekannt, scheine aber ziemlich niedrig zu sein (vgl. who-bericht, s. 60). 120unabhängig von diesem quantitativen gesichtspunkt ist die aussagekraft der fälle, in denen ein kausalzusammenhang als wahrscheinlich oder möglich angesehen worden ist, unter qualitativen aspekten begrenzt. 121bezogen auf den bericht der who ergibt sich dies aus folgendem: nach dessen ergebnis konnte nur in knapp zwei dritteln der untersuchten fälle (62 von 93) überhaupt eine relation zwischen hepatotoxischen wirkungen und der einnahme von kava-kava-haltigen arzneimitteln hergestellt werden. in keinem dieser fälle wurde ein sicherer kausalzusammenhang festgestellt. in 54 fällen - darunter in allen sieben todesfällen und in zehn fällen mit lebertransplantation - wurde der kausalzusammenhang als „möglich“ und in acht fällen als „wahrscheinlich“ eingestuft. dass sich unter den zuletzt genannten fällen nicht solche mit tödlichem ausgang oder lebertransplantation finden, beruht nicht lediglich auf der definition der kausalitätskriterien der who für einen wahrscheinlichen kausalzusammenhang. denn für elf der insgesamt 14 patienten mit lebertransplantation ist eine begleitmedikation dokumentiert, die ebenfalls auslöser der aufgetretenen leberreaktionen gewesen sein könnte (vgl. who-bericht, tabelle 11a und 11 b, s. 46). das gilt gleichermaßen für sämtliche fälle mit tödlichem ausgang (vgl. who-bericht, tabelle 12, s. 48). es erscheint deswegen durchaus nicht fernliegend, die schwache lnzidenz schwerer nebenwirkungen bei alleiniger gabe kava-kava-haltiger präparate als ein diesen wirkstoff entlastendes lndiz zu werten. 122hierzu passt die einschätzung der expertengruppe der who, wonach ein direkter kausalzusammenhang zwischen der einnahme kava-kava-haltiger arzneimittel in der mehrzahl der untersuchten fälle schwierig nachzuweisen ist und die verfügbaren fallberichte insoweit keinen beweis für ein ursache-wirkungs-verhältnis liefern (vgl. who-bericht, s. 17). als ergebnis enthält der bericht mit blick darauf die - relativierende - feststellung, dass kavalactone durch die wechselwirkungen von kava-kava und anderen arzneimitteln, exzessiven alkoholkonsum, metabolisch oder immunologisch bedingte idiosynkrasie oder aufgrund einer vorbestehenden lebererkrankung in jeder art von präparat selten hepatische nebenwirkungen hervorrufen können (vgl. who-bericht, s.63). damit sind zugleich besondere risikofaktoren angesprochen, die die who auch an anderer stelle ihres berichts noch gesondert aufführt (vgl. who-bericht, s.61). das impliziert, dass hepatotoxische ereignisse, was im übrigen wissenschaftlich anerkannt sein dürfte, 123vgl. etwa russmann/kullak-ublick, beurteilung und meldung medikamentöser leberschäden, swissmedic, jubiläumsausgabe dezember 2012, 11/26, 124multifaktorielle ereignisse sind und sich dies erschwerend auf die möglichkeit der zuordnung ihrer ursachen auswirkt. 125zudem sind die auswertungsergebnisse der who auch deswegen nur bedingt aussagekräftig, weil sie sich auf sämtliche arten kava-kava-haltiger arzneimittel beziehen. aus dem in das verfahren eingeführten wissenschaftlichen erkenntnismaterial geht hervor, dass weder die potentiell toxischen einzelstoffe noch der mechanismus einer lebertoxischen wirkung von kava-kava bekannt sind. vermutet wird, dass neben anwendungsdauer und dosierung auch extrakt und kultivar insoweit eine rolle spielen könnten. hierzu hat die klägerin plausible und von dem experten dr. n. t. in mehreren stellungnahmen untermauerte überlegungen angestellt, denen die beklagte in der sache nicht substantiiert entgegengetreten ist. der bericht der who enthält keine differenzierte auswertung nach extrakt und kultivar. vielmehr bezieht sich die auswertung und dementsprechend auch die getroffene risikoaussage auf sämtliche arten kava-kava-haltiger präparate. demgegenüber handelt es sich bei dem verfahrensgegenständlichen präparat unbestritten um eines mit einem ethanolischen auszug. da aber risikoaussagen zu einer auszugsart nicht ohne weiteres auf eine andere übertragen werden können, 126vgl. ovg nrw, beschluss vom 26. november 2010 - 13 a 2807/09 -, juris, rn. 10, 127sind die ergebnisse in dem bericht der who für das vorliegende verfahren nur eingeschränkt aussagekräftig. 128auch die von der beklagten selbst auf der grundlage des fallmaterials des bfarm vorgenommene risikobeurteilung ist unter verschiedenen gesichtspunkten zweifelhaft. ihr vorbringen suggeriert eine „fundierte kausalitätsbewertung" in 20 von 41 fällen. hiervon seien 18 spontan gemeldet worden und in zwei fällen handele es sich um berichte aus der literatur. demgegenüber ist der kausalzusammenhang nur für 15 fälle nachvollziehbar dargelegt, wobei in „einigen“ - weder benannten noch bezifferten - dieser fälle die synergistische beteiligung eines anderen arzneimittels möglich gewesen sein soll. dieses vorbringen bezieht sich offensichtlich auf die in dem bescheid vom 12. mai 2005 detailliert aufgeführten 26 fallberichte und überschneidet sich damit. bei deren auswertung war das bfarm in 19 fällen von einem kausalzusammenhang im bereich „wahrscheinlich“ - hiervon in drei fällen als „wahrscheinlich bis gesichert“ - und in sechs fällen von einer „möglichen“ kausalität ausgegangen. einen fall hatte es für nicht auswertbar erachtet. der senat ist unter berücksichtigung des wechselseitigen vorbringens und der in das verfahren eingeführten erkenntnisse nicht zu der überzeugung gelangt, dass diese bewertung insgesamt zutrifft. denn sie steht tiefgreifend in widerspruch mit den bewertungen anderer institutionen, die jedenfalls nicht weniger plausibel hergeleitet und unabhängig voneinander durchgehend zu weniger besorgniserregenden ergebnissen gelangt sind. dies folgt aus der übersicht in der stellungnahme von dr. n. t. vom 6. februar 2012, in der dieser sich außerdem detailliert mit den einzelnen fallberichten und deren bewertung durch das bfarm auseinandergesetzt und diese durchgreifend in zweifel gezogen hat (vgl. dort s. 9 ff.). die beklagte ist den darin enthaltenen einwänden inhaltlich nicht substantiiert entgegen getreten. unabhängig davon erscheint die annahme eines „wahrscheinlichen“ kausalzusammenhangs schon aufgrund der in der mehrzahl der fälle jeweils dokumentierten begleitmedikation vielfach zweifelhaft. entgegen der auffassung der beklagten rechtfertigt auch der umstand, dass die festgestellten leberreaktionen in zwei fällen nach absetzen des kava-kava-präparats zurückgegangen und nach reexposition erneut aufgetreten sind, mangels ausreichender dokumentation der begleitmedikation jedenfalls nicht die bewertung eines „gesicherten“ kausalzusammenhangs (bfarm 01003950/01003951). 129weitere bedenken gegen die kausalitätsbewertung der beklagten ergeben sich auf der grundlage der publikation von teschke et al. („kava hepatotoxicity: a clinical survey and critical analysis of 26 suspected cases“, european journal of gastroenterology & hepatology 2008, vol. 20, s. 1182 ff.). nach den stimmigen und transparent hergeleiteten dortigen ausführungen, auf die bezug genommen wird, bestand lediglich in acht fällen ein kausalzusammenhang, wobei lediglich in einem dieser fälle eine monographiekonforme anwendung dokumentiert war. 130soweit die beklagte mit schriftsatz vom 26. januar 2015 die in dieser publikation getroffene feststellung des fehlens einer medikamentösen ursache in 13 fällen beanstandet, und, um dies zu wiederlegen, bezogen auf drei fälle auf den inhalt der hierzu gefertigten arztberichte verwiesen hat, führt dies zu keiner anderen bewertung. denn daraus geht jedenfalls nicht hervor, dass die beobachtete leberschädigung durch kava-kava und nicht durch die jeweils dokumentierte begleitmedikation verursacht worden ist. unter diesen umständen ergibt sich dies nicht bereits daraus, dass nach ärztlicher einschätzung von einer medikamentös induzierten leberschädigung auszugehen ist. 131relativierend ist zuletzt der ebenfalls vom verwaltungsgericht bereits angesprochene aspekt in den blick zu nehmen, dass das streitbefangene präparat auf eine kurzzeitbehandlung angelegt ist und eine begrenzung von anwendungsdauer und dosierung vorgesehen ist. auch hieraus folgt die nur begrenzte aussagekraft der auswertungen des bfarm und der who, in denen nicht nach diesen von der beklagten selbst als risikobeeinflussend eingestuften kriterien differenziert wird. da eine lange exposition einerseits und eine erhöhte dosierung andererseits mit einer risikoerhöhung assoziiert werden, liegt es auf der hand, dass die auswertung eines kollektivs von fällen, in denen diese differenzierung nicht getroffen wird, keine einheitliche risikoaussage erlaubt. die vielzahl der fälle, in denen leberschädigungen im zusammenhang mit einer überdosierung, einer überlangen anwendungsdauer oder einer potentiell lebertoxischen begleitmedikation aufgetreten sind, ist aber umgekehrt als beleg dafür zu werten, dass es sich hierbei um risikofaktoren handelt. dies wird auch von keinem der beteiligten in abrede gestellt. 132auf der basis aller in das verfahren eingeführter erkenntnisse geht der senat davon aus, dass toxische lebererkrankungen durch kava-kava-extrakte sehr selten sind, im einzelfall aber potenziell lebensbedrohend verlaufen können und durch eine vielzahl von risikofaktoren wie dosierung, anwendungsdauer, begleitmedikation, alkoholkonsum und lebervorschädigung beeinflusst werden. hinsichtlich dieser risikofaktoren stimmen die beteiligten überein, wenngleich ihre einschätzungen zu den risiken der verwendung unterschiedlicher auszüge und kultivare auseinandergehen. 133(3) hiervon ausgehend ist das nutzen-risiko-verhältnis des streitgegenständlichen arzneimittels derzeit ungünstig. dieser einschätzung liegt zugrunde, dass hinsichtlich kava-kava-haltiger arzneimittel zwar nicht generell, aber dann von einem ungünstigen nutzen-risiko-verhältnis ausgegangen werden muss, wenn nicht alle maßnahmen umgesetzt worden sind, um die damit einhergehenden risiken bestmöglich einzudämmen. letzteres ist hier der fall. 134der umstand, dass die zuvor erwähnten risikofaktoren im zusammenhang mit der hepatotoxizität von kava-kava bekannt sind, führt in der publikation von teschke et al. („kava hepatotoxicity: a clinical survey and critical analysis of 26 suspected cases“, european journal of gastroenterology & hepatology 2008, vol. 20, s. 1182 ff.) zu der überzeugenden schlussfolgerung, dass hepatotoxische ereignisse im zusammenhang mit kava-kava weitgehend vermeidbar sind. dies, die nur schwache inzidenzrate und der belegte nutzen kava-kava-haltiger arzneimittel stehen der generellen - also nicht präparatspezifischen, sondern rein wirkstoffbezogenen - annahme eines ungünstigen nutzen-risiko-verhältnisses entgegen. andererseits sind angesichts der schwere möglicher nebenwirkungen vermeidbare risiken nicht hinnehmbar. 135insoweit bilden die empfehlungen der kommission e in ihrer stellungnahme aus dem jahr 2002 nach auffassung des senats einen tauglichen und deshalb einzuhaltenden maßstab zur risikominimierung und führen bei beachtung im ergebnis zu einem günstigen nutzen-risiko-verhältnis. sie beruhen auf den unterlagen, die das bfarm der kommission e zur verfügung gestellt hat und sind auf der grundlage einer eingehenden befassung mit der kava-kava-thematik abgegeben worden (vgl. ruhensbescheid des bfarm vom 12. mai 2005, s. 52). 136die kommission e hat darin unter hinweis darauf, weiterhin von einem positiven nutzen-risiko-verhältnis auszugehen und die auffassung des bfarm bezüglich der risiken bei bestimmungsgemäßem gebrauch nicht zu teilen, folgende regularien zu deren eindämmung empfohlen: 137138ärztliche verschreibungspflicht für kava-kava-haltige arzneimittel 139klare indikationsstellung: leichte bis mittelschwere generalisierte angststörungen. depression ist keine indikation. 140maximale tagesdosis entsprechend 120 mg kava-pyrone. 141142packungsgröße bei 120 mg kava-pyrone maximal 30 einheiten 143übliche therapiedauer 1 monat, maximal 2 monate 144bestimmung der leberwerte (gpt und -gt vor beginn der behandlung und dann einmal wöchentlich) 145optional: bestimmung der leberwerte am ende der behandlung (wichtig für evtl. spätere erneute behandlung) 146vermeidung einer begleitenden medikation mit potentiell hepatotoxischen medikamenten, insbesondere auch betablockern, antidepressiva und migränemitteln. vorsicht bei alkohol. 147der senat sieht in ansehung des berufungsvorbringens keine veranlassung, diese sachverständige einschätzung in frage zu stellen. sie wird durch die aussage der who in ihrem bericht aus dem jahr 2007, wonach ein verkehrsverbot für kava-kava nach gegenwärtigem wissenschaftlichen erkenntnisstand nicht zu rechtfertigen ist (vgl. who bericht, s. 18), gestützt. auch teschke spricht sich in seiner veröffentlichung „hepatotoxizität durch kava-kava: risikofaktoren und prävention“ (deutsches ärzteblatt 2002, 99 (50)) für entsprechende maßnahmen aus. aktuellere wissenschaftliche erkenntnisse, die die empfehlungen der kommission e durchgreifend in zweifel ziehen, liegen nicht vor. 148diese sind auch geeignet, die bestehenden hepatotoxischen risiken - soweit sie vorhersehbar sind - weitgehend wirkungsvoll auszuschalten. 149besondere bedeutung kommt hierbei der unterstellung unter die verschreibungspflicht zu. hierdurch wird eine ärztliche indikationsstellung sichergestellt und einer unsachgemäßen selbstmedikation entgegengewirkt. der einwand der beklagten, eine verschreibungspflicht sei unzureichend, weil der hepatotoxische wirkmechanismus von kava-kava nicht hinreichend geklärt sei und der verordnende arzt nicht mit genügender sicherheit vorhersehen könne, welcher patient gefährdet sei, greift nicht durch. er eignet sich schon deswegen nicht als argument gegen die verschreibungspflicht, weil das arzneimittelgesetz in § 48 abs. 2 satz 1 nr. 1 i.v.m. § 48 abs. 1 satz 1 nr. 3 amg als eine fallgruppe verschreibungspflichtiger arzneimittel diejenigen vorsieht, die stoffe mit in der medizinischen wissenschaft nicht allgemein bekannten wirkungen oder zubereitungen solcher stoffe enthalten. abgesehen davon ist es einem arzt in bezug auf ein kava-kava-haltiges präparat anhand der bekannten risikofaktoren auch ungeachtet des genauen wirkmechanismus möglich, das risikoprofil eines patienten abzustecken. denn in einem ersten schritt können - nach anamnestischer abklärung - fälle mit relevanter begleitmedikation, erheblichem alkoholkonsum, lebererkrankung oder lebervorschädigung sowie nicht zutreffender indikation herausgefiltert werden. erfolgt nach abklärung dieser gesichtspunkte eine verschreibung, kann den von der krankenvorgeschichte unabhängigen risikofaktoren wirksam durch eine begrenzung von anwendungsdauer und dosierung entsprechend den vorgaben der fachinformationen entgegengewirkt werden. hinzuweisen ist darin außerdem auf die risiken bei erheblichem alkoholkonsum und einer begleitenden medikation mit potentiell hepatotoxischen medikamenten, wie betablockern, antidepressiva und migränemitteln. 150dabei sind die einhaltung der vorgesehen dosierung von 120 mg kava-pyrone und die begrenzung der anwendungsdauer entsprechend den aktualisierten erkenntnissen der kommission e auf einen, maximal zwei monate entscheidend. eine höhere dosierung ist einerseits deswegen nicht vertretbar, weil die wirksamkeit für eine dosierung von 60 mg-120 mg kava-pyrone belegt ist und deswegen keine rechtfertigung dafür besteht, potentiell mit einer höheren dosierung einhergehende zusatzrisiken einzugehen. abgesehen davon bestehen den genannten wissenschaftlichen erkenntnissen zufolge konkrete anhaltspunkte dafür, dass eine höhere dosierung das risiko für leberschädigende nebenwirkungen erhöht. entsprechendes gilt bezogen auf eine längere anwendungsdauer. 151flankierend zu den bereits erwähnten maßnahmen wirkt die von der kommission e vorgeschlagene begrenzung der packungsgröße auf maximal 30 einheiten bei 120 mg kava-pyronen. durch diese maßnahme wird der gefahr einer missbräuchlichen verwendung vorgebeugt und auf einen bestimmungsgemäßer gebrauch hingewirkt. dabei ist zu sehen, dass die missbrauchsgefahr jedenfalls bei indikationskonformer anwendung kava-kava-haltiger präparate nicht gleichermaßen hoch sein dürfte, wie bei arzneimitteln, die - wie z.b. benzodiazepine - abhängigkeiten auslösen. allerdings ist insoweit darauf hinzuweisen, dass diesem aspekt im rahmen der nutzen-risiko-abwägung, die sich an dem bestimmungsgemäßen gebrauch zu orientieren hat, keine eigenständige bedeutung zukommt. abweichungen der von der kommission e empfohlenen packungsgröße begründen daher ohne das hinzutreten weiterer abweichungen kein ungünstiges nutzen-risiko-verhältnis. 152die vorgesehene bestimmung der leberwerte vor beginn der behandlung und deren fortlaufende wöchentliche kontrolle ermöglicht eine zeitnahe reaktion auf festgestellte veränderungen und zielt darauf ab, irreversiblen schädigungen vorzubeugen. 153der senat verkennt nicht, dass mit den genannten maßnahmen nicht in jedem einzelfall ein risikoausschluss garantiert werden kann, geht aber davon aus, dass bedingt durch ihre zielrichtung, wirkweise und ihr ineinandergreifen die nach derzeitigem erkenntnisstand prognostizierbaren risiken in relation zum nutzen von kava-kava-präparaten auf ein vertretbares maß reduziert werden können. 154das wird daran deutlich, dass mit ausnahme eines falls in sämtlichen fällen, auf die das bfarm seine risikoeinschätzung stützt, zumindest einer der durch die vorgenannten maßnahmen begrenzbaren risikofaktoren vorlag. entweder es war eine begleitmedikation verordnet oder die anwendung dauerte länger als drei monate an oder es wurde eine überdosierung festgestellt. zumeist war sogar eine kombination aus mehreren dieser faktoren gegeben. 155vgl. die übersicht in table 1 bei teschke/schwarzenboeck/hennermann “kava hepatotoxcity: a clinical survey and critical analysis of 26 cases”, european journal of gastroenterology & hepatology 2008, vol. 20, s. 1182 ff. 156dieser einschätzung steht auch nicht das vermehrte auftreten idiosynkratischer, d.h. unvorhersehbarer leberreaktionen im zusammenhang mit der einnahme von kava-kava-präparaten entgegen. die auswertung der fallberichte des bfarm liefert hierfür keinen beleg. letztlich scheint die beklagte selbst - wenngleich sie diesen aspekt besonders hervorgehoben hat - nicht hiervon auszugehen, wenn sie diese fälle als „ausreißer“ bezeichnet und andererseits meint, ein „charakteristisches muster“ für die potentielle lebertoxizität von kava-kava-präparaten ausmachen zu können. abgesehen davon ist die möglichkeit einer idiosynkratischen leberschädigung deswegen kein durchgreifendes argument für ein ungünstiges nutzen-risiko-verhältnis des hier in rede stehenden kava-kava-präparats, weil es sich dabei um ein generelles problem im hinblick auf die lebertoxizität von medikamenten handelt. der mechanismus der idiosynkrasie, also einer angeborenen oder erworbenen überempfindlichkeit schon beim ersten kontakt gegen bestimmte, von außen zugeführte stoffe, die nicht durch eine reaktion des immunsystems hervorgerufen wird, sondern durch fehlfunktion/nichtfunktion defekter oder fehlen intakter enzyme, 157vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/idiosynkrasie, 158beschränkt sich nicht auf kava-kava-haltige arzneimittel. 159ungefähr 1000 arzneistoffe gelten als lebertoxisch. hierzu gehören beispielsweise paracetamol, diclofenac und penicillin. 160vgl. schlatter, entgiftung zum gift, nebenwirkung leberschaden, pharmazeutische zeitung ausgabe 35/2009. 161obgleich bei all diesen arzneistoffen unvorhersehbare, also idiosynkratische, leberreaktionen möglich sind, befindet sich eine vielzahl von präparaten, die diese wirkstoffe enthalten, auf dem markt. 162an der getroffenen bewertung ändern auch bestehende behandlungsalternativen nichts, insbesondere fällt die nutzen-risiko-abwägung mit blick darauf nicht generell zu ungunsten des streitbefangenen präparats aus. abwägungsrelevant könnte dieser aspekt sein, wenn deren ersetzbarkeit durch andere arzneimittel mit günstigerem nebenwirkungsprofil gewährleistet wäre. das ist aber nicht der fall. denn soweit die beklagte bezug auf den inhalt der s3-leitlinie zur behandlung von angststörungen nimmt und auf selektive serotonin-wiederaufnahmehemmer (ssri), selektive serotonin-noradrenalin-wiederaufnahmehemmer (snri) und pregabalin als mittel der ersten wahl sowie auf trizyklische antidepressiva (tza), buspiron, benzodiazepine, hydroxin und opipramol als mittel der zweiten wahl verweist, sind diese voraussetzungen nicht erfüllt. es erscheint schon zweifelhaft, ob es sich dabei überhaupt um einen geeigneten ersatz für kava-kava-präparate handelt. das gilt ungeachtet der fehlenden vollständigen übereinstimmung der anwendungsgebiete insbesondere deswegen, weil jene arzneimittel im gegensatz zu den auf eine kurzzeitbehandlung mit raschem wirkeintritt gerichteten kava-kava-präparaten größtenteils eine längere wirklatenz von bis zu sechs wochen haben. überdies kann für keines der von der beklagten empfohlenen synthetischen alternativarzneimittel ein günstigeres nebenwirkungsprofil festgestellt werden. das ergibt sich daraus, dass das spektrum möglicher nebenwirkungen weitgehend breiter gefächert ist als beim verfahrensgegenständlichen kava-kava-präparat, zum teil auch schwere nebenwirkungen umfasst und vielfach absetzphänomene, abhängigkeitsrisiken und sedierende effekte mit dem damit einhergehenden negativen einfluss auf die geistige leistungsfähigkeit beschrieben werden. wegen der einzelheiten dazu wird auf die tabellarische übersicht bei b. bandelow, r. boerner, s. kasper, m.linden, h.-u. wittchen und h.-j. möller „generalisierte angststörung: diagnostik und therapie“, deutsches ärzteblatt 2013, s. 303, und die zutreffenden ausführungen des verwaltungsgerichts bezug genommen. 163die von der beklagten angesprochenen traditionellen phytopharamka, namentlich baldrianwurzelzubereitungen und lavendelöl sind schon deswegen keine geeignete alternative, weil ihr anwendungsgebiet nicht deckungsgleich mit dem kava-kava-haltiger arzneimittel ist, sondern sich insoweit nur gewisse überschneidungen ergeben. 164gemessen an den vorstehenden überlegungen ist das nutzen-risiko-verhältnis des streitbefangenen arzneimittels ungünstig. denn unter zugrundelegung der vorstehenden ausführungen sind die bisher umgesetzten maßnahmen zur minimierung der bestehenden risiken nicht ausreichend. 165zwar ist die dosierung monographiekonform. zugrunde zu legen ist die zugelassene dosierung von 120 mg kava-pyrone. hinsichtlich der mit änderungsanzeige vom 19. dezember 2011 angezeigten verdoppelung dieser dosierung hat das bfarm durch bescheid vom 9. märz 2012 die zustimmung versagt. es kann insoweit offen bleiben, ob der beklagten zu folgen ist, die in der monographie der kommission e angegebene dosierungsspanne von 60-120 mg kava-pyrone beziehe sich auf die hplc-methode, oder mit der klägerin davon auszugehen ist, es sei damals die dc-methode zugrunde gelegt worden und die werte seien deshalb (auf bis zu 120-240 mg) zu erhöhen. in beiden fällen ist die dosierung von 120 mg kava-pyrone - gemessen mit der hplc-methode - monographiekonform. 166allerdings entsprechen die dem senat vorliegenden gebrauchs- und fachinformationen, stand 10. juni 2005, - unterstellt, die darin enthaltenen änderungen von für die zulassung wesentlichen angaben sind mit dem verlängerungsantrag gleichen datums wirksam geworden - nicht vollständig den empfehlungen der kommission e. das betrifft die angabe der wechselwirkungen mit anderen medikamenten (der hinweis auf die vermeidung einer begleitenden medikation mit potentiell hepatotoxischen medikamenten, insbesondere auch betablockern, antidepressiva und migränemitteln fehlt) und die darin vorgesehene bestimmung der leberwerte vor beginn der behandlung, sodann wöchentlich und optional nach abschluss der behandlung. 167(ii.) wenngleich die festgestellten abweichungen ein ungünstiges nutzen-risiko-verhältnis begründen, rechtfertigen sie nicht den widerruf der zulassung, weil eine änderung der zulassung auf der grundlage von § 30 abs. 2a satz 1 amg vorrangig ist. mit dieser in der fassung vom 19. dezember 2012 geltenden vorschrift, die als ausprägung des verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zu interpretieren ist, besteht eine grundlage dafür, änderungen auf ebene der zulassung vorzunehmen. 168vgl. gesetzentwurf der bundesregierung vom 18. april 2012, bt-drs. 17/9341, s. 54. 169wie ausgeführt, ist das nutzen-risiko-verhältnis des hier streitgegenständlichen präparats - insbesondere wegen der zu hohen dosierung, aber auch im hinblick auf die übrigen abweichungen von den empfehlungen der kommission e in ihrer stellungnahme aus dem jahr 2002 als ungünstig zu bewerten, erwiese sich aber nach entsprechender anpassung an diese empfehlungen nicht mehr als ungünstig, mit der folge, dass der versagungsgrund des § 25 abs. 2 satz 1 nr. 5 amg entfällt. zur begründung dafür wird auf die vorstehenden ausführungen bezug genommen. 170lassen sich die mit der anwendung kava-kava-haltiger arzneimittel in verbindung gebrachten nebenwirkungen danach bereits durch die von der kommission e vorgeschlagenen regulatorischen maßnahmen auf ein vertretbares maß reduzieren, kommt es nicht entscheidungserheblich darauf an, ob die beklagte vorrangig unter der voraussetzungen des § 28 abs. 3b satz 1 nr. 2 amg eine unbedenklichkeitsstudie („pass“) hätte anordnen können und müssen. 171die kostenentscheidung beruht auf § 154 abs. 2 vwgo. 172die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit folgt aus § 167 abs. 1 und 2 vwgo i. v. m. § 708 nr. 10, § 711 satz 1 und 2, § 709 satz 2 zpo. 173die revision ist zuzulassen, weil die voraussetzungen des § 132 abs. 2 vwgo vorliegen.
Klaeger*in
1
345,570
10 D 205/20.NE
2022-05-23T00:00:00
Urteil
Tenor Die Satzung der Stadt T. über die Veränderungssperre für einen Teil des Geltungsbereichs des Bebauungsplans Nr. der Stadt T. „Ortskern D.“ ist unwirksam. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Antragsgegnerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 von Hundert des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Antragstellerinnen vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 von Hundert des jeweils zu vollstreckenden Betrags leisten. Die Revision wird nicht zugelassen. 1Tatbestand: 2Die Antragstellerinnen wenden sich gegen die Satzung der Antragsgegnerin über die Veränderungssperre für einen Teil des Geltungsbereichs des Bebauungsplans Nr. der Stadt T. „Ortskern D.“ (im Folgenden: Veränderungssperre). 3Die Antragstellerinnen sind jeweils zur Hälfte Miteigentümerinnen des Grundstücks C. Straße 14 in T. (Gemarkung C1., Flur 53, Flurstück 49), der Antragstellerin zu 2. gehört außerdem das benachbarte Grundstück C. Straße 16 (Gemarkung C1., Flur 55, Flurstück 59). Beide Grundstücke (im Folgenden: Grundstücke) liegen im Plangebiet des Bebauungsplans Nr. „Ortskern D.“ der Antragsgegnerin (im Folgenden: Bebauungsplan Nr.). Dieser setzt den jeweils größeren Teil der Grundstücke als Allgemeines Wohngebiet und jeweils einen schmaleren, an die C. Straße angrenzenden Streifen der Grundstücke als private Grünfläche fest. Die Grundstücke sind mit zwei derzeit unbewohnten Villen bebaut, die nach den Angaben der Antragstellerinnen um das Jahr 1900 entstanden sind (im Folgenden: Villen). Die Antragstellerinnen haben die Grundstücke mit notariellem Vertrag vom 11. März 2022 an die G. & S. X. GmbH mit Sitz in M. verkauft, zu deren Gunsten Auflassungsvormerkungen in das Grundbuch eingetragen worden sind. 4Der Rat beschloss in seiner Sitzung am 25. Juni 2020 die Aufstellung der 1. Änderung des Bebauungsplans Nr. (im Folgenden: 1. Änderung) und die Veränderungssperre als Satzung. Ihr räumlicher Geltungsbereich umfasst einen Teil des Plangebiets des Bebauungsplans Nr. und liegt zwischen der Straße C2. im Norden, der Straße C3. im Osten, der C. Straße im Süden und den westlichen Grenzen der bebauten Grundstücke westlich der Straße T1. beziehungsweise des Grundstücks C. Straße Nr. 16 im Westen. Nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 der Veränderungssperre dürfen in ihrem Geltungsbereich weder Vorhaben im Sinne des § 29 BauGB durchgeführt noch bauliche Anlagen beseitigt werden. In der Vorlage für die Ratssitzung am 25. Juni 2020 (2020/063) (im Folgenden: Sitzungsvorlage) heißt es, ein Investor beabsichtige, die beiden auf den Grundstücken stehenden historischen Villen abzureißen und die Grundstücksflächen mit 26 Doppelhaushälften zu bebauen. Dieses Vorhaben widerspreche dem Ortsteilentwicklungskonzept für D., das eine weitere bauliche Entwicklung nur am D1. und am F. vorsehe und die Erhaltung und Pflege der im Ort noch vorhandenen historischen Bebauung als städtebauliches Ziel formuliere. Wegen der Vielfalt und Verschiedenartigkeit der vorhandenen Bebauung sei seinerzeit darauf verzichtet worden, in dem Bebauungsplan Nr. detaillierte Festsetzungen für die Grundstücke zu treffen, weil solche der baulichen Situation nicht hätten gerecht werden können. Der Bebauungsplan setze daher die Grundstücke nur als Allgemeines Wohngebiet fest und enthalte überdies nur Nutzungsbeschränkungen und Pflanzgebote. Die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des von dem Investor vorgestellten Vorhabens könne auf der Grundlage des aktuell geltenden Planungsrechts nicht rechtssicher beurteilt werden. Es werde empfohlen, eine Änderung des Bebauungsplans Nr. zu beschließen mit dem Ziel, für das Umfeld der Villen städtebauliche Ziele zu formulieren und durch Festsetzungen umzusetzen. Die Villen seien erhaltenswerte, das Ortsbild prägende Gebäude, die nicht unter Denkmalschutz stünden. Um zu verhindern, dass während der Aufstellung der 1. Änderung durch ihren Abriss Fakten geschaffen würden, werde empfohlen, eine Veränderungssperre zu erlassen. Ohne eine solche sei zu befürchten, dass die beabsichtigte Bauleitplanung durch eine Verwirklichung des von dem Investor vorgestellten Vorhabens unmöglich gemacht oder wesentlich erschwert würde. 5Der Aufstellungsbeschluss und die Veränderungssperre wurden im Amtsblatt vom 3. Juli 2020 bekannt gemacht. Dort heißt es zum Planungsziel: „Die derzeitig bestehenden Festsetzungen des Bebauungsplans regeln ausschließlich die Art der baulichen Nutzung, Nutzungsbeschränkungen sowie Pflanzgebote. Es sollen weitere Festsetzungen erarbeitet werden, die es ermöglichen, dass [das] Ortsbild prägende und erhaltenswerte Gebäudestrukturen erhalten bleiben sowie unter Berücksichtigung städtebaulicher Ziele neue Gebäude errichtet werden können.“ 6Die Antragstellerinnen haben am 6. Oktober 2020 den Normenkontrollantrag gestellt. 7Zur Begründung tragen sie im Wesentlichen vor: Der Normenkontrollantrag sei, auch wenn sie die Grundstücke inzwischen veräußert hätten, zulässig. Der Kaufvertrag sei noch nicht vollzogen worden. Der Antrag sei auch begründet. Die Veränderungssperre sei unwirksam. Sie sei weder ordnungsgemäß ausgefertigt noch wirksam bekannt gemacht worden. Die materiellen Voraussetzungen für ihren Erlass lägen nicht vor. Die ihr zugrunde liegende Planung sei nicht sicherungsfähig, denn sie lasse nicht einmal ein Mindestmaß dessen erkennen, was Inhalt des künftigen Bebauungsplans sein solle. Sie diene allein der Verhinderung ihrer, der Antragstellerinnen, Absicht, die Villen abreißen zu lassen. 8Die Antragstellerinnen beantragen schriftsätzlich, 9die Satzung der Stadt T. über die Veränderungssperre für einen Teil des Geltungsbereichs des Bebauungsplans Nr. der Stadt T. „Ortskern D.“ für unwirksam zu erklären. 10Die Antragsgegnerin beantragt schriftsätzlich, 11den Antrag abzulehnen. 12Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des Aufstellungsvorgangs (Beiakte Heft 1) Bezug genommen. 13Entscheidungsgründe: 14Der Senat entscheidet im Einverständnis der Beteiligten durch die Berichterstatterin ohne mündliche Verhandlung. 15Der Antrag hat Erfolg. 16Er ist zulässig. Hieran änderte sich auch mit einem Verlust des Eigentums der Antragstellerinnen an den beiden im Geltungsbereich der Veränderungssperre liegenden Grundstücken nichts (§ 173 VwGO in Verbindung mit § 265 Abs. 2 Satz1 ZPO). 17Vgl. BVerwG, Beschluss vom 1. August 2001 – 4 BN 43.01 –, juris, Rn. 5. 18Der Antrag ist begründet. Die Veränderungssperre ist unwirksam. 19Sie hat einen zu ihrer Unwirksamkeit führenden formellen Fehler. 20Sie ist nicht ordnungsgemäß ausgefertigt. 21Bebauungspläne sind Satzungen (§ 10 Abs. 1 BauGB) und als solche auszufertigen, bevor sie gemäß § 10 Abs. 3 Satz 4 BauGB mit der Bekanntmachung in Kraft treten. Dies folgt aus dem in Art. 20 Abs. 3 GG verfassungsrechtlich verankerten Rechtsstaatsprinzip. Mit der Ausfertigung wird die Satzung als Originalurkunde hergestellt und sichergestellt, dass der textliche und der zeichnerische Gegenstand der Satzung mit dem Willen des Rates im Zeitpunkt seiner Beschlussfassung übereinstimmen. 22Vgl. OVG NRW, Urteil vom 19. November 2015 – 10 D 84/13.NE –, juris, Rn. 47. 23Welche Anforderungen im Einzelnen an eine Ausfertigung zu stellen sind, gibt das Bundesrecht nicht vor. Dies bestimmt sich vielmehr nach Maßgabe des Landesrechts. 24Vgl. BVerwG, Beschluss vom 27. Januar 1998 – 4 NB 3.97 –, juris, Rn. 16. 25Dabei müssen die fundamentalen Elemente des Rechtsstaats und die Rechtsstaatlichkeit im Ganzen gewahrt bleiben. Das Rechtsstaatsgebot verlangt die Identität der anzuwendenden Norm und ihres Inhalts mit dem, was der Normgeber beschlossen hat („Identitätsfunktion“, „Beurkundungs- und Gewährleistungsfunktion“), nicht jedoch die Bestätigung der Legalität des Normsetzungsverfahrens („Legalitätsfunktion“). Wegen der Beurkundungs- und Gewährleistungsfunktion der Ausfertigung muss ihr eine Prüfung vorausgehen, ob die zu verkündende Fassung der Norm mit der von dem Normgeber beschlossenen Fassung der Norm übereinstimmt. Es muss erkennbar sein, dass der Normgeber diese ihm obliegende Prüfung tatsächlich durchgeführt hat. Die Identität des Normtextes mit dem, was der Normgeber beschlossen hat, wird durch die Ausfertigung bestätigt. Folglich genügt etwa das bloße Herstellen einer gedruckten Fassung der Norm nicht als Ausfertigung. Weiteres, insbesondere zur Art und Weise der Prüfung der Identität und ihrer Beurkundung, also zu einem geeigneten Nachweis, dass die Identitätsprüfung stattgefunden hat, gibt das Bundesrecht nicht vor. 26Vgl. BVerwG, Beschluss vom 4. September 2014 – 4 B 29.14 –, juris, Rn. 5. 27Für das nordrhein-westfälische Landesrecht ist in der Rechtsprechung geklärt, dass es mangels ausdrücklicher normativer Vorgaben für die Ausfertigung von Bebauungsplänen – für die Ausfertigung von Veränderungssperren gilt nichts anderes – ausreichend, aber auch erforderlich ist, dass eine Originalurkunde geschaffen wird, auf welcher der (Ober-)Bürgermeister als Vorsitzender des Rates, des zuständigen Beschlussorgans der Gemeinde, zeitlich nach dem Satzungsbeschluss und vor der Verkündung der Satzung schriftlich bestätigt, dass der Rat an einem näher bezeichneten Tag diesen Bebauungsplan als Satzung beschlossen habe. 28Vgl. OVG NRW, Urteile vom 11. Oktober 2017 – 7 D 94/15.NE – juris, Rn. 33, vom 19. November 2015 – 10 D 84/13.NE –, juris, Rn. 51, und vom 8. März 2012 – 10 D 17/10.NE –, juris, Rn. 38, jeweils mit weiteren Nachweisen. 29Diesen Anforderungen ist hier nicht genügt. In den übersandten Aufstellungsvorgängen befindet sich eine solche Originalurkunde nicht, sondern lediglich eine von dem Bürgermeister der Antragsgegnerin unterschriebene Bekanntmachungsanordnung, in der auch eine Bestätigung (§ 2 Abs. 3 BekanntmVO), dass die bekanntzumachende Satzung dem Wortlaut dessen entspricht, was der Rat beschlossen hat, fehlt. 30Vgl. hierzu OVG NRW, Beschluss vom 17. Dezember 2020 – 2 B 1249/20.NE –, juris, Rn. 22 ff., mit weiteren Nachweisen. 31Die Antragsgegnerin hat auch nicht vorgetragen, dass eine die oben genannten Anforderungen erfüllende Ausfertigung der Veränderungssperre existiere. 32Der Ausfertigungsmangel führt zur Unwirksamkeit der Veränderungssperre, denn das Unterbleiben einer Ausfertigung stellt als Verstoß gegen ein verfassungsrechtliches Gültigkeitserfordernis einen stets beachtlichen Mangel dar. 33Vgl. OVG NRW, Urteil vom 11. Oktober 2017 – 7 D 94/15.NE –, juris, Rn. 39. 34Die Veränderungssperre hat überdies einen zu ihrer Unwirksamkeit führenden materiellen Fehler. 35Nach § 14 Abs. 1 BauGB kann die Gemeinde, wenn ein Beschluss über die Aufstellung eines Bebauungsplans gefasst ist, zur Sicherung der Planung für den Planbereich eine Veränderungssperre beschließen. Die als Satzung von der Gemeinde zu beschließende Veränderungssperre soll verhindern, dass die Planung durch tatsächliche Veränderungen baulicher oder sonstiger Art während der von der Verwaltung für die Aufstellung eines Bebauungsplans benötigten Erarbeitungszeit durch Schaffung vollendeter Tatsachen vereitelt oder wesentlich erschwert wird. Welchen sachlichen Inhalt eine Veränderungssperre haben kann, ist in § 14 Abs. 1 BauGB abschließend geregelt. Das zeitlich befristete Verbot, Vorhaben im Sinne des § 29 BauGB zu verwirklichen, ist als Ausdruck zulässiger Inhalts- und Schrankenbestimmung des Grundeigentums verfassungsrechtlich unbedenklich. Anders als ein Flächennutzungsplan oder ein Bebauungsplan unterliegt die Veränderungssperre nicht dem allgemeinen Abwägungsgebot des § 1 Abs. 7 BauGB. Sie muss lediglich zur Erreichung des mit ihr verfolgten Sicherungszwecks erforderlich sein. Auch für die beabsichtigte Änderung eines Bebauungsplans darf sich die Gemeinde des Sicherungsmittels der Veränderungssperre bedienen (§ 1 Abs. 8 BauGB). 36Vgl. BVerwG, Beschluss vom 30. September 1992 – 4 NB 35.92 –, juris, Rn. 6, mit weiteren Nachweisen. 37Der Beschluss einer Veränderungssperre setzt voraus, dass die Planung, die sie sichern soll, ein Mindestmaß dessen erkennen lässt, was Inhalt des in Aufstellung befindlichen Bebauungsplans sein soll. 38Vgl. BVerwG, Beschluss vom 22. Juli 2008 – 4 BN 18.08 –, juris, Rn. 3, Urteile vom 19. Februar 2004 – 4 CN 13.03 – und – 4 CN 16.03 –, juris, Rn. 15 und Rn. 28. 39Die Gemeinde muss bereits positive Vorstellungen über den Inhalt des Bebauungsplans entwickelt haben. Ein Mindestmaß an konkreter planerischer Vorstellung gehört auch zur Konzeption des § 14 BauGB. Nach Absatz 2 Satz 1 der Vorschrift kann eine Ausnahme von der jeweiligen Veränderungssperre zugelassen werden, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen. Ob der in diesem Zusammenhang praktisch wichtigste öffentliche Belang, nämlich die Vereinbarkeit des Vorhabens mit der beabsichtigten Planung, beeinträchtigt ist, kann aber nur beurteilt werden, wenn die planerischen Vorstellungen der Gemeinde nicht noch völlig offen sind. 40Vgl. BVerwG, Urteile vom 19. Februar 2004 – 4 CN 13.03 – und – 4 CN 16.03 –, juris, Rn. 15 und Rn. 28. 41Der Zweck einer Veränderungssperre besteht darin, eine bestimmte Bauleitplanung zu sichern. Sie darf nicht eingesetzt werden, um lediglich die Planungszuständigkeit beziehungsweise die Planungshoheit der Gemeinde zu sichern. Dies ist jedoch der Fall, wenn eine Gemeinde eine Veränderungssperre erlässt, um erst Zeit für die Entwicklung eines bestimmten Planungskonzepts zu gewinnen. Die „Absicht zu planen“ genügt als Sicherungszweck nicht. Zwar kann der Wunsch, ein konkretes Bauvorhaben zu verhindern, ein zulässiges Motiv für die Aufstellung eines Bebauungsplans und den Erlass einer Veränderungssperre sein. Eingesetzt werden darf sie in einem solchen Fall jedoch nur, wenn die Gemeinde bereits ein bestimmtes positives Planungsziel hat oder anlässlich eines für das unerwünschte Bauvorhaben gestellten Bauantrags entwickelt und deshalb mit Hilfe der Veränderungssperre das Entstehen vollendeter Tatsachen verhindern will. 42Vgl. BVerwG, Urteil vom 19. Februar 2004 – 4 CN 16.03 –, juris, Rn. 30, mit weiteren Nachweisen; OVG NRW, Urteil vom 16. April 2021 – 2 D 106/20.NE –, juris, Rn. 43. 43Allerdings dürfen die Anforderungen an das erforderliche Mindestmaß der Konkretisierung der zu sichernden Planung nicht überspannt werden, weil sonst die praktische Wirksamkeit der Veränderungssperre verloren gehen würde. Die Gemeinde wird sich im Allgemeinen nicht bereits zu Beginn des Aufstellungsverfahrens auf ein bestimmtes Planungsergebnis festlegen können. Vielmehr ist der Sinn der Vorschriften, die die Aufstellung von Bebauungsplänen regeln, dass der jeweilige Bebauungsplan innerhalb des Aufstellungsverfahrens – insbesondere unter Beachtung des Abwägungsgebots – erst erarbeitet wird. Davon zu unterscheiden ist jedoch eine Planung, für die es noch gar kein Konzept gibt und deren Konzept erst im Aufstellungsverfahren entwickelt werden soll. Eine solche Planung ist nicht sicherungsfähig. 44Vgl. BVerwG, Urteil vom 19. Februar 2004 – 4 CN 16.03 –, juris, Rn. 31, mit weiteren Nachweisen. 45Gemessen an diesen Maßstäben fehlt es hier im Hinblick auf die 1. Änderung an einer durch eine Veränderungssperre sicherungsfähigen Planung. Ausweislich der Begründung für die 1. Änderung und den Erlass der Veränderungssperre, wie sie sich aus der Sitzungsvorlage ergibt, ist die Aufstellung der 1. Änderung mit dem Ziel beschlossen worden, „für das Umfeld der Villen städtebauliche Ziele zu formulieren und diese durch Festsetzungen in den Änderungsplan aufzunehmen“. Dass ein bestimmtes positives mit der 1. Änderung verfolgtes städtebauliches Ziel zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses bereits entwickelt gewesen wäre, lässt sich der besagten Begründung nicht entnehmen. Daraus ergibt sich lediglich, dass nach dem Entwicklungskonzept für den Ortsteil D. eine weitere bauliche Entwicklung nur an anderer Stelle vorgesehen sei. Der im Geltungsbereich der Veränderungssperre geltende Bebauungsplan Nr. wird für ungeeignet gehalten, die bauliche Entwicklung der Grundstücke im Fall des beabsichtigten Abrisses der Villen ausreichend zu steuern. Welche städtebaulichen Vorstellungen, die mit der 1. Änderung umgesetzt werden sollen, für den Geltungsbereich der Veränderungssperre bestehen, ist völlig offen. Auch aus der Begründung für den Aufstellungsbeschluss, die in dessen Bekanntmachung formuliert ist, ergeben sich solche konkreten planerischen Vorstellungen nicht. Was mit dem Erhalt von das Ortsbild prägenden und erhaltenswerten Gebäudestrukturen gemeint ist, bleibt ebenso unklar wie der Inhalt der städtebaulichen Ziele, die bei der Errichtung neuer Gebäude berücksichtigt werden sollen. Anhaltspunkte dafür, mit welchen städtebaulichen Zielen eine neue Bebauung etwa durch erstmalige Festsetzungen zum Maß der baulichen Nutzung, zur Bauweise und zu den überbaubaren Grundstücksflächen gesteuert werden soll, fehlen. In der Begründung für den Erlass der Veränderungssperre in der Sitzungsvorlage wird auf die „Diversität der Bebauung“ im Plangebiet des Bebauungsplans Nr. hingewiesen, weshalb bei dessen Aufstellung darauf verzichtet worden sei, „detaillierte Festsetzungen zu erlassen, weil diese nicht der Vielfalt der Gebäude gerecht geworden wären“. Vor diesem Hintergrund kann auch ein etwaiges städtebauliches Ziel, sich bei der Zulassung einer neuen Bebauung an der vorhandenen Bebauungsdichte zu orientieren, nicht unterstellt werden. 46Unter den konkreten Umständen fehlt es danach an einer positiven Planungskonzeption für die in Rede stehende 1. Änderung, die durch die Veränderungssperre gesichert werden soll. Dies gilt auch dann, wenn man davon ausgehen wollte, dass sich den Begründungen für ihren jeweiligen Erlass jedenfalls entnehmen lasse, dass eine grundlegende Änderung der Festsetzungen zur Art der baulichen Nutzung nicht beabsichtigt sei. Zwar soll es für die Annahme eines positiven Planungskonzepts grundsätzlich ausreichen, dass die Gemeinde im Zeitpunkt des Erlasses einer Veränderungssperre zumindest Vorstellungen über die Art der baulichen Nutzung hat, die sie mit der zu sichernden Planung zulassen will. 47Vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 9. August 2016 – 4 C 5.15 –, juris, Rn. 19, mit weiteren Nachweisen. 48Dies kann jedoch in einem Fall, wie er hier in Rede steht, nicht genügen, wenn die Veränderungssperre nur der Sicherung einer Änderungsplanung dient, die die bestehenden Festsetzungen zur Art der baulichen Nutzung im Wesentlichen nicht betreffen, sondern eine Steuerung der Dichte einer etwaigen Neubebauung ermöglichen soll. Für ein Mindestmaß an Konkretisierung der zu sichernden Änderungsplanung ist in solchen Fällen zu verlangen, dass die Zielrichtung der angedachten Steuerung zumindest ansatzweise erkennbar ist. Daran fehlt es hier. 49Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. 50Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit stützt sich auf § 167 VwGO in Verbindung mit den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. 51Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.
die satzung der stadt t. über die veränderungssperre für einen teil des geltungsbereichs des bebauungsplans nr. der stadt t. „ortskern d.“ ist unwirksam. die antragsgegnerin trägt die kosten des verfahrens. das urteil ist hinsichtlich der kosten vorläufig vollstreckbar. die antragsgegnerin darf die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe von 110 von hundert des auf grund des urteils vollstreckbaren betrags abwenden, wenn nicht die antragstellerinnen vor der vollstreckung sicherheit in höhe von 110 von hundert des jeweils zu vollstreckenden betrags leisten. die revision wird nicht zugelassen. 1
2die antragstellerinnen wenden sich gegen die satzung der antragsgegnerin über die veränderungssperre für einen teil des geltungsbereichs des bebauungsplans nr. der stadt t. „ortskern d.“ (im folgenden: veränderungssperre). 3die antragstellerinnen sind jeweils zur hälfte miteigentümerinnen des grundstücks c. straße 14 in t. (gemarkung c1., flur 53, flurstück 49), der antragstellerin zu 2. gehört außerdem das benachbarte grundstück c. straße 16 (gemarkung c1., flur 55, flurstück 59). beide grundstücke (im folgenden: grundstücke) liegen im plangebiet des bebauungsplans nr. „ortskern d.“ der antragsgegnerin (im folgenden: bebauungsplan nr.). dieser setzt den jeweils größeren teil der grundstücke als allgemeines wohngebiet und jeweils einen schmaleren, an die c. straße angrenzenden streifen der grundstücke als private grünfläche fest. die grundstücke sind mit zwei derzeit unbewohnten villen bebaut, die nach den angaben der antragstellerinnen um das jahr 1900 entstanden sind (im folgenden: villen). die antragstellerinnen haben die grundstücke mit notariellem vertrag vom 11. märz 2022 an die g. & s. x. gmbh mit sitz in m. verkauft, zu deren gunsten auflassungsvormerkungen in das grundbuch eingetragen worden sind. 4der rat beschloss in seiner sitzung am 25. juni 2020 die aufstellung der 1. änderung des bebauungsplans nr. (im folgenden: 1. änderung) und die veränderungssperre als satzung. ihr räumlicher geltungsbereich umfasst einen teil des plangebiets des bebauungsplans nr. und liegt zwischen der straße c2. im norden, der straße c3. im osten, der c. straße im süden und den westlichen grenzen der bebauten grundstücke westlich der straße t1. beziehungsweise des grundstücks c. straße nr. 16 im westen. nach § 2 abs. 1 nr. 1 der veränderungssperre dürfen in ihrem geltungsbereich weder vorhaben im sinne des § 29 baugb durchgeführt noch bauliche anlagen beseitigt werden. in der vorlage für die ratssitzung am 25. juni 2020 (2020/063) (im folgenden: sitzungsvorlage) heißt es, ein investor beabsichtige, die beiden auf den grundstücken stehenden historischen villen abzureißen und die grundstücksflächen mit 26 doppelhaushälften zu bebauen. dieses vorhaben widerspreche dem ortsteilentwicklungskonzept für d., das eine weitere bauliche entwicklung nur am d1. und am f. vorsehe und die erhaltung und pflege der im ort noch vorhandenen historischen bebauung als städtebauliches ziel formuliere. wegen der vielfalt und verschiedenartigkeit der vorhandenen bebauung sei seinerzeit darauf verzichtet worden, in dem bebauungsplan nr. detaillierte festsetzungen für die grundstücke zu treffen, weil solche der baulichen situation nicht hätten gerecht werden können. der bebauungsplan setze daher die grundstücke nur als allgemeines wohngebiet fest und enthalte überdies nur nutzungsbeschränkungen und pflanzgebote. die bauplanungsrechtliche zulässigkeit des von dem investor vorgestellten vorhabens könne auf der grundlage des aktuell geltenden planungsrechts nicht rechtssicher beurteilt werden. es werde empfohlen, eine änderung des bebauungsplans nr. zu beschließen mit dem ziel, für das umfeld der villen städtebauliche ziele zu formulieren und durch festsetzungen umzusetzen. die villen seien erhaltenswerte, das ortsbild prägende gebäude, die nicht unter denkmalschutz stünden. um zu verhindern, dass während der aufstellung der 1. änderung durch ihren abriss fakten geschaffen würden, werde empfohlen, eine veränderungssperre zu erlassen. ohne eine solche sei zu befürchten, dass die beabsichtigte bauleitplanung durch eine verwirklichung des von dem investor vorgestellten vorhabens unmöglich gemacht oder wesentlich erschwert würde. 5der aufstellungsbeschluss und die veränderungssperre wurden im amtsblatt vom 3. juli 2020 bekannt gemacht. dort heißt es zum planungsziel: „die derzeitig bestehenden festsetzungen des bebauungsplans regeln ausschließlich die art der baulichen nutzung, nutzungsbeschränkungen sowie pflanzgebote. es sollen weitere festsetzungen erarbeitet werden, die es ermöglichen, dass [das] ortsbild prägende und erhaltenswerte gebäudestrukturen erhalten bleiben sowie unter berücksichtigung städtebaulicher ziele neue gebäude errichtet werden können.“ 6die antragstellerinnen haben am 6. oktober 2020 den normenkontrollantrag gestellt. 7zur begründung tragen sie im wesentlichen vor: der normenkontrollantrag sei, auch wenn sie die grundstücke inzwischen veräußert hätten, zulässig. der kaufvertrag sei noch nicht vollzogen worden. der antrag sei auch begründet. die veränderungssperre sei unwirksam. sie sei weder ordnungsgemäß ausgefertigt noch wirksam bekannt gemacht worden. die materiellen voraussetzungen für ihren erlass lägen nicht vor. die ihr zugrunde liegende planung sei nicht sicherungsfähig, denn sie lasse nicht einmal ein mindestmaß dessen erkennen, was inhalt des künftigen bebauungsplans sein solle. sie diene allein der verhinderung ihrer, der antragstellerinnen, absicht, die villen abreißen zu lassen. 8die antragstellerinnen beantragen schriftsätzlich, 9die satzung der stadt t. über die veränderungssperre für einen teil des geltungsbereichs des bebauungsplans nr. der stadt t. „ortskern d.“ für unwirksam zu erklären. 10die antragsgegnerin beantragt schriftsätzlich, 11den antrag abzulehnen. 12wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstands wird auf den inhalt der gerichtsakte und des aufstellungsvorgangs (beiakte heft 1) bezug genommen. 13
14der senat entscheidet im einverständnis der beteiligten durch die berichterstatterin ohne mündliche verhandlung. 15der antrag hat erfolg. 16er ist zulässig. hieran änderte sich auch mit einem verlust des eigentums der antragstellerinnen an den beiden im geltungsbereich der veränderungssperre liegenden grundstücken nichts (§ 173 vwgo in verbindung mit § 265 abs. 2 satz1 zpo). 17vgl. bverwg, beschluss vom 1. august 2001 – 4 bn 43.01 –, juris, rn. 5. 18der antrag ist begründet. die veränderungssperre ist unwirksam. 19sie hat einen zu ihrer unwirksamkeit führenden formellen fehler. 20sie ist nicht ordnungsgemäß ausgefertigt. 21bebauungspläne sind satzungen (§ 10 abs. 1 baugb) und als solche auszufertigen, bevor sie gemäß § 10 abs. 3 satz 4 baugb mit der bekanntmachung in kraft treten. dies folgt aus dem in art. 20 abs. 3 gg verfassungsrechtlich verankerten rechtsstaatsprinzip. mit der ausfertigung wird die satzung als originalurkunde hergestellt und sichergestellt, dass der textliche und der zeichnerische gegenstand der satzung mit dem willen des rates im zeitpunkt seiner beschlussfassung übereinstimmen. 22vgl. ovg nrw, urteil vom 19. november 2015 – 10 d 84/13.ne –, juris, rn. 47. 23welche anforderungen im einzelnen an eine ausfertigung zu stellen sind, gibt das bundesrecht nicht vor. dies bestimmt sich vielmehr nach maßgabe des landesrechts. 24vgl. bverwg, beschluss vom 27. januar 1998 – 4 nb 3.97 –, juris, rn. 16. 25dabei müssen die fundamentalen elemente des rechtsstaats und die rechtsstaatlichkeit im ganzen gewahrt bleiben. das rechtsstaatsgebot verlangt die identität der anzuwendenden norm und ihres inhalts mit dem, was der normgeber beschlossen hat („identitätsfunktion“, „beurkundungs- und gewährleistungsfunktion“), nicht jedoch die bestätigung der legalität des normsetzungsverfahrens („legalitätsfunktion“). wegen der beurkundungs- und gewährleistungsfunktion der ausfertigung muss ihr eine prüfung vorausgehen, ob die zu verkündende fassung der norm mit der von dem normgeber beschlossenen fassung der norm übereinstimmt. es muss erkennbar sein, dass der normgeber diese ihm obliegende prüfung tatsächlich durchgeführt hat. die identität des normtextes mit dem, was der normgeber beschlossen hat, wird durch die ausfertigung bestätigt. folglich genügt etwa das bloße herstellen einer gedruckten fassung der norm nicht als ausfertigung. weiteres, insbesondere zur art und weise der prüfung der identität und ihrer beurkundung, also zu einem geeigneten nachweis, dass die identitätsprüfung stattgefunden hat, gibt das bundesrecht nicht vor. 26vgl. bverwg, beschluss vom 4. september 2014 – 4 b 29.14 –, juris, rn. 5. 27für das nordrhein-westfälische landesrecht ist in der rechtsprechung geklärt, dass es mangels ausdrücklicher normativer vorgaben für die ausfertigung von bebauungsplänen – für die ausfertigung von veränderungssperren gilt nichts anderes – ausreichend, aber auch erforderlich ist, dass eine originalurkunde geschaffen wird, auf welcher der (ober-)bürgermeister als vorsitzender des rates, des zuständigen beschlussorgans der gemeinde, zeitlich nach dem satzungsbeschluss und vor der verkündung der satzung schriftlich bestätigt, dass der rat an einem näher bezeichneten tag diesen bebauungsplan als satzung beschlossen habe. 28vgl. ovg nrw, urteile vom 11. oktober 2017 – 7 d 94/15.ne – juris, rn. 33, vom 19. november 2015 – 10 d 84/13.ne –, juris, rn. 51, und vom 8. märz 2012 – 10 d 17/10.ne –, juris, rn. 38, jeweils mit weiteren nachweisen. 29diesen anforderungen ist hier nicht genügt. in den übersandten aufstellungsvorgängen befindet sich eine solche originalurkunde nicht, sondern lediglich eine von dem bürgermeister der antragsgegnerin unterschriebene bekanntmachungsanordnung, in der auch eine bestätigung (§ 2 abs. 3 bekanntmvo), dass die bekanntzumachende satzung dem wortlaut dessen entspricht, was der rat beschlossen hat, fehlt. 30vgl. hierzu ovg nrw, beschluss vom 17. dezember 2020 – 2 b 1249/20.ne –, juris, rn. 22 ff., mit weiteren nachweisen. 31die antragsgegnerin hat auch nicht vorgetragen, dass eine die oben genannten anforderungen erfüllende ausfertigung der veränderungssperre existiere. 32der ausfertigungsmangel führt zur unwirksamkeit der veränderungssperre, denn das unterbleiben einer ausfertigung stellt als verstoß gegen ein verfassungsrechtliches gültigkeitserfordernis einen stets beachtlichen mangel dar. 33vgl. ovg nrw, urteil vom 11. oktober 2017 – 7 d 94/15.ne –, juris, rn. 39. 34die veränderungssperre hat überdies einen zu ihrer unwirksamkeit führenden materiellen fehler. 35nach § 14 abs. 1 baugb kann die gemeinde, wenn ein beschluss über die aufstellung eines bebauungsplans gefasst ist, zur sicherung der planung für den planbereich eine veränderungssperre beschließen. die als satzung von der gemeinde zu beschließende veränderungssperre soll verhindern, dass die planung durch tatsächliche veränderungen baulicher oder sonstiger art während der von der verwaltung für die aufstellung eines bebauungsplans benötigten erarbeitungszeit durch schaffung vollendeter tatsachen vereitelt oder wesentlich erschwert wird. welchen sachlichen inhalt eine veränderungssperre haben kann, ist in § 14 abs. 1 baugb abschließend geregelt. das zeitlich befristete verbot, vorhaben im sinne des § 29 baugb zu verwirklichen, ist als ausdruck zulässiger inhalts- und schrankenbestimmung des grundeigentums verfassungsrechtlich unbedenklich. anders als ein flächennutzungsplan oder ein bebauungsplan unterliegt die veränderungssperre nicht dem allgemeinen abwägungsgebot des § 1 abs. 7 baugb. sie muss lediglich zur erreichung des mit ihr verfolgten sicherungszwecks erforderlich sein. auch für die beabsichtigte änderung eines bebauungsplans darf sich die gemeinde des sicherungsmittels der veränderungssperre bedienen (§ 1 abs. 8 baugb). 36vgl. bverwg, beschluss vom 30. september 1992 – 4 nb 35.92 –, juris, rn. 6, mit weiteren nachweisen. 37der beschluss einer veränderungssperre setzt voraus, dass die planung, die sie sichern soll, ein mindestmaß dessen erkennen lässt, was inhalt des in aufstellung befindlichen bebauungsplans sein soll. 38vgl. bverwg, beschluss vom 22. juli 2008 – 4 bn 18.08 –, juris, rn. 3, urteile vom 19. februar 2004 – 4 cn 13.03 – und – 4 cn 16.03 –, juris, rn. 15 und rn. 28. 39die gemeinde muss bereits positive vorstellungen über den inhalt des bebauungsplans entwickelt haben. ein mindestmaß an konkreter planerischer vorstellung gehört auch zur konzeption des § 14 baugb. nach absatz 2 satz 1 der vorschrift kann eine ausnahme von der jeweiligen veränderungssperre zugelassen werden, wenn öffentliche belange nicht entgegenstehen. ob der in diesem zusammenhang praktisch wichtigste öffentliche belang, nämlich die vereinbarkeit des vorhabens mit der beabsichtigten planung, beeinträchtigt ist, kann aber nur beurteilt werden, wenn die planerischen vorstellungen der gemeinde nicht noch völlig offen sind. 40vgl. bverwg, urteile vom 19. februar 2004 – 4 cn 13.03 – und – 4 cn 16.03 –, juris, rn. 15 und rn. 28. 41der zweck einer veränderungssperre besteht darin, eine bestimmte bauleitplanung zu sichern. sie darf nicht eingesetzt werden, um lediglich die planungszuständigkeit beziehungsweise die planungshoheit der gemeinde zu sichern. dies ist jedoch der fall, wenn eine gemeinde eine veränderungssperre erlässt, um erst zeit für die entwicklung eines bestimmten planungskonzepts zu gewinnen. die „absicht zu planen“ genügt als sicherungszweck nicht. zwar kann der wunsch, ein konkretes bauvorhaben zu verhindern, ein zulässiges motiv für die aufstellung eines bebauungsplans und den erlass einer veränderungssperre sein. eingesetzt werden darf sie in einem solchen fall jedoch nur, wenn die gemeinde bereits ein bestimmtes positives planungsziel hat oder anlässlich eines für das unerwünschte bauvorhaben gestellten bauantrags entwickelt und deshalb mit hilfe der veränderungssperre das entstehen vollendeter tatsachen verhindern will. 42vgl. bverwg, urteil vom 19. februar 2004 – 4 cn 16.03 –, juris, rn. 30, mit weiteren nachweisen; ovg nrw, urteil vom 16. april 2021 – 2 d 106/20.ne –, juris, rn. 43. 43allerdings dürfen die anforderungen an das erforderliche mindestmaß der konkretisierung der zu sichernden planung nicht überspannt werden, weil sonst die praktische wirksamkeit der veränderungssperre verloren gehen würde. die gemeinde wird sich im allgemeinen nicht bereits zu beginn des aufstellungsverfahrens auf ein bestimmtes planungsergebnis festlegen können. vielmehr ist der sinn der vorschriften, die die aufstellung von bebauungsplänen regeln, dass der jeweilige bebauungsplan innerhalb des aufstellungsverfahrens – insbesondere unter beachtung des abwägungsgebots – erst erarbeitet wird. davon zu unterscheiden ist jedoch eine planung, für die es noch gar kein konzept gibt und deren konzept erst im aufstellungsverfahren entwickelt werden soll. eine solche planung ist nicht sicherungsfähig. 44vgl. bverwg, urteil vom 19. februar 2004 – 4 cn 16.03 –, juris, rn. 31, mit weiteren nachweisen. 45gemessen an diesen maßstäben fehlt es hier im hinblick auf die 1. änderung an einer durch eine veränderungssperre sicherungsfähigen planung. ausweislich der begründung für die 1. änderung und den erlass der veränderungssperre, wie sie sich aus der sitzungsvorlage ergibt, ist die aufstellung der 1. änderung mit dem ziel beschlossen worden, „für das umfeld der villen städtebauliche ziele zu formulieren und diese durch festsetzungen in den änderungsplan aufzunehmen“. dass ein bestimmtes positives mit der 1. änderung verfolgtes städtebauliches ziel zum zeitpunkt des satzungsbeschlusses bereits entwickelt gewesen wäre, lässt sich der besagten begründung nicht entnehmen. daraus ergibt sich lediglich, dass nach dem entwicklungskonzept für den ortsteil d. eine weitere bauliche entwicklung nur an anderer stelle vorgesehen sei. der im geltungsbereich der veränderungssperre geltende bebauungsplan nr. wird für ungeeignet gehalten, die bauliche entwicklung der grundstücke im fall des beabsichtigten abrisses der villen ausreichend zu steuern. welche städtebaulichen vorstellungen, die mit der 1. änderung umgesetzt werden sollen, für den geltungsbereich der veränderungssperre bestehen, ist völlig offen. auch aus der begründung für den aufstellungsbeschluss, die in dessen bekanntmachung formuliert ist, ergeben sich solche konkreten planerischen vorstellungen nicht. was mit dem erhalt von das ortsbild prägenden und erhaltenswerten gebäudestrukturen gemeint ist, bleibt ebenso unklar wie der inhalt der städtebaulichen ziele, die bei der errichtung neuer gebäude berücksichtigt werden sollen. anhaltspunkte dafür, mit welchen städtebaulichen zielen eine neue bebauung etwa durch erstmalige festsetzungen zum maß der baulichen nutzung, zur bauweise und zu den überbaubaren grundstücksflächen gesteuert werden soll, fehlen. in der begründung für den erlass der veränderungssperre in der sitzungsvorlage wird auf die „diversität der bebauung“ im plangebiet des bebauungsplans nr. hingewiesen, weshalb bei dessen aufstellung darauf verzichtet worden sei, „detaillierte festsetzungen zu erlassen, weil diese nicht der vielfalt der gebäude gerecht geworden wären“. vor diesem hintergrund kann auch ein etwaiges städtebauliches ziel, sich bei der zulassung einer neuen bebauung an der vorhandenen bebauungsdichte zu orientieren, nicht unterstellt werden. 46unter den konkreten umständen fehlt es danach an einer positiven planungskonzeption für die in rede stehende 1. änderung, die durch die veränderungssperre gesichert werden soll. dies gilt auch dann, wenn man davon ausgehen wollte, dass sich den begründungen für ihren jeweiligen erlass jedenfalls entnehmen lasse, dass eine grundlegende änderung der festsetzungen zur art der baulichen nutzung nicht beabsichtigt sei. zwar soll es für die annahme eines positiven planungskonzepts grundsätzlich ausreichen, dass die gemeinde im zeitpunkt des erlasses einer veränderungssperre zumindest vorstellungen über die art der baulichen nutzung hat, die sie mit der zu sichernden planung zulassen will. 47vgl. etwa bverwg, urteil vom 9. august 2016 – 4 c 5.15 –, juris, rn. 19, mit weiteren nachweisen. 48dies kann jedoch in einem fall, wie er hier in rede steht, nicht genügen, wenn die veränderungssperre nur der sicherung einer änderungsplanung dient, die die bestehenden festsetzungen zur art der baulichen nutzung im wesentlichen nicht betreffen, sondern eine steuerung der dichte einer etwaigen neubebauung ermöglichen soll. für ein mindestmaß an konkretisierung der zu sichernden änderungsplanung ist in solchen fällen zu verlangen, dass die zielrichtung der angedachten steuerung zumindest ansatzweise erkennbar ist. daran fehlt es hier. 49die kostenentscheidung beruht auf § 154 abs. 1 vwgo. 50die entscheidung zur vorläufigen vollstreckbarkeit stützt sich auf § 167 vwgo in verbindung mit den §§ 708 nr. 10, 711 zpo. 51die revision ist nicht zuzulassen, da die voraussetzungen des § 132 abs. 2 vwgo nicht vorliegen.
Klaeger*in
1
330,882
L 19 AS 931/19
2020-08-06T00:00:00
Urteil
Tenor Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 27.03.2019 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen. 1Tatbestand: 2Der Kläger wendet sich gegen die Erhebung einer Mahngebühr in Höhe von 5,00 EUR. 3Der am 00.00.1995 geborene Kläger bezog fortlaufend Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II. Mit Bescheid vom 28.08.2015 setzte der Beigeladene u.a. die Höhe der Leistungsansprüche des Klägers endgültig für die Zeit vom 01.08.2014 bis 31.01.2015 fest. Mit Bescheid vom 31.10.2016 forderte der Beigeladene vom Kläger die Erstattung von in der Zeit vom 01.08.2014 bis 31.01.2015 überzahlten Leistungen i.H.v. insgesamt 712,13 EUR. Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies der Beigeladene mit bestandskräftigem Widerspruchsbescheid vom 17.01.2017 zurück. Der Widerspruchsbescheid wurde dem Betreuer des Klägers per Postzustellungsurkunde am 19.01.2017 zugestellt. Mit Schreiben vom 17.01.2017 forderte der Beigeladene den Kläger zur Zahlung der Erstattungsforderung bis zum 27.02.2017 auf und teilte mit, für den Einzug der Forderung sei die Agentur für Arbeit, Inkasso-Service, zuständig ist. 4Beim Beigeladenen handelt es sich um eine gemeinsame Einrichtung i. S. v. § 44b SGB II. Am 11.12.2014 stimmte dessen Trägerversammlung einstimmig der Übertragung von Dienstleistungen aus dem Service Portfolio auf die Bundesagentur für Arbeit gemäß Anlage 1 zu der der Verwaltungsvereinbarung gemäß § 44b Abs. 4 und 5 SGB II zu. Ferner stimmte sie einstimmig dem Abschluss der Zusatzvereinbarung "Forderungseinzug" wie vorgelegt zu. 5Der Beigeladene, vertreten durch seinen Geschäftsführer, schloss mit der Beklagten, vertreten durch den Vorsitzenden der Geschäftsführung der Arbeitsagentur für Arbeit C, am 06.01.2015 eine Verwaltungsvereinbarung ab. Im § 1 Abs. 1 war geregelt, dass die Verwaltungsvereinbarung die Übernahme von Serviceangeboten nach § 44b Abs. 5 SGB II und operativen Angeboten der Bundesagentur für Arbeit nach § 44b Abs. 4 SGB II für den Beigeladenen im Rahmen der Umsetzung der Grundsicherung für Arbeitssuchende und deren Abnahme durch den Beigeladenen im vereinbarten Umfang regelt. Nach § 3 wurden infolge der Neuausrichtung der Serviceleistungen O.8 - Forderungseinzug dem Fachbereich Inkasso für die Aufgabenübertragung nach § 44b Abs. 4 SGB II hoheitliche Befugnisse im Rahmen einer Zusatzverwaltungsvereinbarung übertragen. Die Laufzeit der Verwaltungsvereinbarung war befristet bis zum 31.12.2017. 6Des Weiteren schlossen der Beigeladene und die Beklagte eine Zusatzverwaltungsvereinbarung nach § 44b Abs. 4 SGB II zum Angebot O.8 Forderungseinzug - des Service-Portfolios der Bundesagentur für Arbeit ab. In § 2 Abs. 1 war geregelt, dass die Durchführung des Forderungseinzuges sowie die Bearbeitung von Widersprüchen und Klagen gegen Verwaltungsakte im Zusammenhang mit der Durchführung des Forderungseinzuges bis maximal zum 31.12.2016 nach § 44b Abs. 4 SGB II auf die zuständige Dienststelle der Bundesagentur für Arbeit übertragen wird. § 2 Abs. 2 bestimmte, dass im Rahmen der Übertragung der Durchführung des Forderungseinzuges nach § 44b Abs. 4 SGB II die Dienststelle der Beklagten im Namen des Beigeladenen handelt. Insoweit könne sie Mahnungen, Stundungs- und Erlassbescheide, die im Namen des Beigeladenen ergehen, durch den regionalen Inkasso-Service der Beklagten erlassen. Im Rahmen der Übertragung der Widerspruchs- und Klageverfahren gegen Verwaltungsakte im Zusammenhang mit der Durchführung des Forderungseinzuges nach § 44b Abs. 4 SGB II handele die Dienststelle im Namen der gemeinsamen Einrichtung, insbesondere erlasse sie Widerspruchsbescheide durch die Rechtsbehelfsstelle des operativen Service der Beklagten und übernehme die Vertretung im Klageverfahren im Namen des Beigeladenen. 7Die Trägerversammlung des Beigeladenen fasste am 08/10.12.2016 im Wege des Umlaufverfahrens folgenden Beschluss: 8"Die Trägerversammlung beschließt die beigefügte 2. Änderungsvereinbarung zur Verwaltungsvereinbarung vom 06.01.2015 sowie Zusatzverwaltungsvereinbarungen nach § 44b Abs. 4 SGB II zum Angebot O.8- Forderungseinzug - des Service-Portfolio der Bundesagentur für Arbeit zwischen der Bundesagentur für Arbeit und dem Jobcenter I für die Dauer vom 01.01.2017 bis zum 31.12.2017." 9Am 21.12.2016 schlossen der Beigeladene, vertreten durch den Geschäftsführer und die Beklagte, vertreten durch den Vorsitzenden der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit C, eine 2. Änderungsvereinbarung zur Verwaltungsvereinbarung vom 06.01.2015, zuletzt geändert durch die Änderungsvereinbarung vom 18.01.2016, ab. In § 1 war vereinbart, dass die Serviceleistung O.8 - "Forderungseinzug" über den 31.12.2016 hinaus für ein weiteres Jahr (01.01.2017 - 31.12.2017) inklusive der Module "Bearbeitung für Widersprüche", "Bearbeitung für Klageverfahren" sowie "Einziehung von rückständigen Unterhaltsansprüchen" gewählt wird. Die für die Aufgabenübertragung nach § 44b Abs. 4 SGB II erforderlichen hoheitlichen Befugnisse würden im Rahmen einer Zusatzverwaltungsvereinbarung übertragen. 10Des Weiteren schlossen der Beigeladene, vertreten durch seinen Geschäftsführer, und die Beklagte, vertreten durch den Vorsitzenden der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit C, am 21.12.2016 eine Zusatzverwaltungsvereinbarung nach § 44b Abs. 4 SGB II zum Angebot O.8 - Forderungseinzug- des Service-Portfolios der Bundesagentur für Arbeit ab. Im § 2 war geregelt, dass die Durchführung des Forderungseinzuges sowie die Bearbeitung von Widersprüchen und Klagen gegen Verwaltungsakten im Zusammenhang mit der Durchführung des Forderungseinzuges ab Vertragsunterzeichnung bis zum 31.12.2017 nach § 44b Abs. 4 SGB II auf die zuständige Dienststelle der Beklagten übertragen wird. Im Rahmen der Übertragung der Durchführung des Forderungseinzuges nach § 44b Abs. 4 SGB II handele die Dienststelle der Beklagten im Namen des Beigeladenen und insoweit könne sie Mahnungen, die im Namen des Beigeladenen ergingen, durch den Inkasso-Service der Beklagten erlassen. Im Rahmen der Übertragung der Widerspruchs- und Klageverfahren gegen Verwaltungsakte im Zusammenhang der Durchführung des Forderungseinzuges nach § 44b Abs. 4 SGB II handele die Dienststelle im Namen des Beigeladenen und insoweit erlasse sie Widerspruchsbescheide durch die Rechtsbehelfsstelle des operativen Services der Beklagten und übernehme die Vertretung in Klageverfahren im Namen des Beigeladenen (§ 2 Abs. 2). 11Im Service Portfolio O.8, Stand 29.08.2016, gültig ab 01.01.2017, hieß es u.a. den Fachbereichen Inkasso obliege ab dem Zeitpunkt der Zahlungsgestörtheit einer Forderung alle notwenigen Aufgaben, die bis zum endgültigen Abschluss eines Einziehungsverfahrens notwendig sind. In Folge der Neuausrichtung des Serviceleistung Forderungseinzug werde der Fachbereich Inkasso künftig im Rahmen der Aufgabenübertragung nach § 44b Abs. 4 S. 1 SGB II tätig. Hierzu seien hoheitliche Befugnisse im Rahmen einer Zusatzverwaltungsvereinbarung sowohl für als Alt- auch für Neuverträge zu übertragen. Mit jeder neuen Beauftragung sei die im Anhang befindliche Generalvollmacht zu erteilen, damit der Fachbereich Inkasso eigenständig und zeitnah agieren könne. Nachfolgende Inhalte gelten auch für die Vereinbarung, die in den Vorjahren geschlossen wurden. 12Mit Bescheid vom 22.03.2017 mahnte die Dienststelle der Beklagten - Agentur für Arbeit, Inkasso-Service - die Zahlung der Erstattungsforderung bis zum 05.04.2017 an und erhob eine Mahngebühr i.H.v. 5,00 EUR nach § 19 Abs. 2 VwVG. Der Beigeladene habe der Beklagten mit der Wahrnehmung des Forderungseinzugs beauftragt (§ 44c Abs. 2 S. 2 Nr. 4 i.V.m. § 44b Abs. 4 SGB II) 13Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein. Die Existenz eines wirksamen Beschlusses der Trägerversammlung des Beigeladenen bezüglich einer Beauftragung der Beklagten werde bestritten. Mit Widerspruchsbescheid vom 26.06.2017 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Rechtsgrundlage der erhobenen Mahngebühr sei das VwVG. Die Vollstreckungsanordnung vom 22.03.2017 sei von ihr als der zuständigen, nach § 44b Abs. 4 SGB II vom Beigeladenen beauftragten Behörde erlassen worden. Nach § 44b Abs. 4 SGB II habe die gemeinsame Einrichtung - der Beigeladene - die Möglichkeit, einzelne Aufgaben durch die Träger übernehmen zu lassen. Nach § 6 Abs. 1 SGB II sei neben dem kommunalen Träger auch die Beklagte Träger i.S.d. § 44b Abs. 4 SGB II. Das Bundessozialgericht habe in der Entscheidung vom 26.05.2011 (B 14 AS 54/10 R) auch bestätigt, dass durch § 44b Abs. 4 SGB II die gesetzliche Grundlage dafür geschaffen worden sei, der Beklagten die Aufgabe des Forderungseinzuges zu übertragen. Grundlage für die Forderung des Jobcenters sei ein bestandskräftiger Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 31.10.2016. Die Forderung sei fällig und Zahlungen seien nicht innerhalb der Zahlungsfristen eingegangen. Daher sei eine Mahnung versandt worden verbunden mit einer Mahngebühr nach § 19 Abs. 2 VwVG. 14Am 20.07.2017 hat der Kläger Klage erhoben und sich gegen die Auferlegung der Mahngebühren gewandt. Es werde bestritten, dass die Trägerversammlung des Forderungsinhabers die Beklagte wirksam mit dem Forderungseinzug beauftragt habe. Es fehle nach bisherigen Ermittlungen an einer ordnungsgemäßen Ladung zu der Trägerversammlung. Eine Tagesordnung, aus der die Beabsichtigung der Aufgabenübertragung nach § 44b Abs. 4 SGB II hervorgehe, sei nicht mitübersandt worden. Da bezüglich der Trägerversammlung das Vereinsrecht heranzuziehen sei bzw. zumindest dessen Grundsätze, sei der auf Grundlage der fehlerhaften Einladung zustande gekommene Beschluss nichtig. Kosten und zeitlicher Umfang der beabsichtigten Aufgabenübertragung ergäben sich weder aus der Beschlussvorlage noch aus dem Versammlungsprotokoll. Zur Gültigkeit eines Beschlusses einer Mitgliederversammlung sei aber nach § 32 Abs. 1 S. 2 BGB erforderlich, dass der Gegenstand im Rahmen der Einberufung der Versammlung hinreichend bestimmt bezeichnet werde. Auch sei die Regelung entgegen der Rechtsprechung des BSG nicht bestimmt genug getroffen worden. Es werde zudem bestritten, dass die Versammlung paritätisch besetzt gewesen sei. 15Der Kläger hat beantragt, 16den Bescheid der Beklagten vom 22.03.2017 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 26.06.2017 aufzuheben. 17Die Beklagte hat beantragt, 18die Klage abzuweisen. 19Sie hat die Voraussetzung einer wirksamen Aufgabenübertragung als dargelegt angesehen. 20Das Sozialgericht hat den Beschluss vom 12.12.2016 der Trägerversammlung des Beigeladenen über die 2. Änderungsvereinbarung zur Verwaltungsvereinbarung vom 06.01.2015 und über die Zusatzverwaltungsvereinbarung zum Angebot O.8 - Forderungseinzug des Service- Portofolios der Bundesagentur für Arbeit zwischen der Bundesagentur für Arbeit und dem Beigeladenen beigezogen. 21Mit Urteil vom 27.03.2019 hat das Sozialgericht Gelsenkirchen die Klage abgewiesen und die Berufung zugelassen. Auf die Entscheidungsgründe wird Bezug genommen. 22Gegen das seinem Bevollmächtigten am 12.04.2019 zugestellte Urteil hat der Kläger am 13.05.2019 Berufung eingelegt und sein Begehren weiterverfolgt, die Festsetzung der Mahngebühr von 5,00 EUR aufzuheben. 23Die Beklagte sei nicht durch eine den Anforderungen des BSG im Urteil vom 14.02.2018 - B 14 AS 12/17 R standhaltende Aufgabenübertragung für die Erhebung einer Mahngebühr gegen ihn zuständig geworden. Es sei nicht erkennbar gewesen, für welche Einzelaufgaben unter Einschluss der Verhängung von Mahngebühren eine Aufgabenübertragung vorgenommen werden sollte. Rechte des kommunalen Aufgabenträgers seien verletzt worden. Vorsorglich werde bestritten, dass die für den kommunalen Träger an der Trägerversammlung teilnehmenden Mitglieder mandatiert worden seien. 24Der Kläger beantragt, 25das Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 22.03.2019 zu ändern und den Bescheid der Beklagten vom zwar 20.03.2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.6.2017 aufzuheben. 26Die Beklagte beantragt, 27die Berufung des Klägers zurückzuweisen. 28Die Beklagte hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend. 29Der Senat hat mit Beschluss vom 29.07 2019 das Jobcenter I beigeladen. Der Beigeladene hat die Geschäftsordnung seiner Trägerversammlung vom 24.06.2015, das Protokoll über den Beschluss der Trägerversammlung vom 11.12.2014 betreffend die Aufgabenübertragung auf die Beklagte, die Verwaltungsvereinbarung vom 06.01.2015, die Zusatzverwaltungsvereinbarung vom 06.01.2015 sowie den Gesamtkatalog der BA für gemeinsame Einrichtungen 2017 inklusive Service-Portfolio und weiterer Angebote, Stand 29.08.2016, übersandt. 30Der Senat hat eine Auskunft vom Vorsitzenden der Trägerversammlung des Beigeladenen im Jahr 2016, Stadtrat D, der das Dezernat IV der Stadt I , zuständig, u.a. für Soziales, leitet, eingeholt. 31Zu weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der Verwaltungsakten der Beklagten und der Beigeladenen Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind. 32Entscheidungsgründe: 33Die zulässige Berufung ist unbegründet. 34Gegenstand des Berufungsverfahrens sind neben dem Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 27.03.2019 der Bescheid vom 02.03.2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26.06.2017, mit dem die Beklagte gegen den Kläger eine Mahngebühr i.H.v. 5,00 EUR festgesetzt hat. Hiergegen wendet sich der Kläger statthaft mit der reinen Anfechtungsklage (§ 54 Abs. 1 S. 1 SGG; zur Qualifizierung der Festsetzung von Mahngebühren als Verwaltungsakt: BSG, Urteil vom 14.02.2018 - B 14 AS 12/17 R m.w.N.). 35Die vom Sozialgericht zugelassene Berufung ist nach § 144 Abs. 1 SGG statthaft, zudem form- und fristgerecht eingelegt worden 36Die Berufung ist unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. 37Der Kläger ist nicht beschwert i.S.v. § 54 Abs. 2 S. 1 SGG. Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig. Die Beklagte ist berechtigt, gegenüber dem Kläger eine Mahngebühr festzusetzen. 38Die Festsetzung der Mahngebühr hat ihre Rechtsgrundlage in § 40 Abs. 8 1. HS SGB II (i.d.F. des Gesetzes vom 26.07.2016, BGBI 1824 m Wirkung zum 01.08.2016) i.V.m. § 19 Abs. 2 VwVG (i.d.F. des Gesetzes vom 25.11.2014, BGBl I 1770, mit Wirkung zum 29.11.2014). 39Nach § 40 Abs. 8 SGB II gilt das Verwaltungsvollstreckungsgesetz des Bundes für die Vollstreckung von Ansprüchen der in gemeinsamen Einrichtungen zusammenwirkenden Träger nach dem SGB II. Für die Mahnung im Rahmen von Vollstreckungsandrohungen nach § 3 Abs. 3 VwVG werden nach § 19 Abs. 2 VwVG Mahngebühren erhoben (§ 19 Abs. 2 S. 1 VwVG), deren Mindesthöhe fünf Euro beträgt (§ 19 Abs. 2 S. 2 VwVG). 40Der angefochtene Bescheid ist als Mahngebührenbescheid formell (A) und materiell (B) rechtmäßig. 41Der Beklagte ist für die Mahnung und den Erlass des angefochtenen Mahngebührenbescheides zuständig. § 3 Abs. 3 VwVG regelt, dass vor Anordnung der Vollstreckung der Schuldner mit einer Zahlungsfrist von einer weiteren Woche besonders gewarnt werden soll. § 3 Abs. 4 VwVG bestimmt, dass die Vollstreckungsanordnung von der Behörde erlassen wird, die den Anspruch geltend machen darf. Aus diesem Regelungssystem wird deutlich, dass die Behörde bei eigenen Ansprüchen zum Erlass der Vollstreckungsanordnung zuständig ist und die Vollstreckung einleitet. Des Weiteren ergibt sich, dass diese Behörde auch zur vorherigen Mahnung befugt ist. 42Zwar ist der Beigeladene deshalb als gemeinsame Einrichtung nach § 44b Abs. 1 S. 2 Halbs. 1 SGB II für Mahnungen und Mahngebührenbescheide nach dem VwVG originär zuständig (BSG, Urteil vom 14.02.2018 - B 14 AS 12/17 R m.w.N). 43Er hat jedoch seine originär eigene Zuständigkeit zur Erstellung von Mahnungen und Erhebung von Mahngebühren durch die am 01.01.2017 in Kraft getretene 2. Änderungsvereinbarung zur Verwaltungsvereinbarung vom 06.01.2015 und die Zusatzvereinbarung nach § 44b Abs. 4 SGB II zum Angebot 0.8 - Forderungseinzug des Service Portofolio wirksam auf die Beklagte übertragen. 44Diese beiden Verwaltungsvereinbarungen stellen öffentlich-rechtliche Verträge i.S.v. § 53 SGB X dar. Mit diesen Vereinbarungen hat der Beigeladenen den Forderungseinzug sowie die Bearbeitung von Widersprüchen und Klagen gegen Verwaltungsakte im Zusammenhang mit der Durchführung des Forderungseinzugs bis zum 31.12.2017 auf die Dienststellen der Beklagten - einer seiner Träger (§ 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB II) - übertragen. In der Zusatzverwaltungsvereinbarung ist ausdrücklich vereinbart, dass den Dienststellen der Beklagten die Erstellung von Mahnungen, der Erlass von Stundungs- und Erlassbescheiden und die Einleitung von öffentlich- rechtlichen Zwangsvollstreckungen übertragen wird und diese Dienststellen im Namen des Beigeladenen handeln. 45Diese beiden Verwaltungsvereinbarungen sind wirksam zustande gekommen. 46Die gemeinsame Einrichtung kann nach § 44b Abs. 4 S. 1 SGB II einzelne Aufgaben durch die Träger wahrnehmen lassen. Nach § 44b Abs. 5 SGB II stellt die Bundesagentur der gemeinsamen Einrichtung hierfür Angebote an Dienstleistungen zur Verfügung. 47Der Geschäftsführer des Beigeladenen ist von der Trägerversammlung ermächtigt worden, die beiden Verwaltungsvereinbarungen abzuschließen (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 14.02.2018 - B 14 AS 12/17 R). 48Die Entscheidung über die Verlagerung von Aufgaben nach § 44b Abs. 4 SGB II obliegt der Trägerversammlung der gemeinsamen Einrichtung nach § 44c SGB II. Danach ist für jede gemeinsame Einrichtung eine Trägerversammlung zu bilden, die "über organisatorische personalwirtschaftliche, personalrechtliche und personalvertretungsrechtliche Angelegenheiten der gemeinsamen Einrichtung" zu entscheiden hat. Zu diesen Angelegenheiten zählen nach § 44c Abs. 2 S. 2 Nr. 4 SGB II insbesondere die "Entscheidungen nach §§ 6 Abs. 1 S. 2 und 44b Abs. 4 SGB II, ob einzelne Aufgaben durch die Träger oder durch Dritte wahrgenommen werden". 49Durch Beschluss vom 12.12.2016 hat die Trägerversammlung dem Abschluss der 2. Änderungsvereinbarung zur Verwaltungsvereinbarung vom 06.01.2015 sowie über die Zusatzverwaltungsvereinbarung nach § 44b Abs. 4 SGB II zum Angebot O.8 - Forderungseinzug des Service-Portfolios der Bundesagentur für Arbeit (BA) und dem Jobcenter I" zugestimmt. Aus dem Wortlaut des Beschlusses "beigefügt" ergibt sich, dass der Inhalt der beiden Verwaltungsvereinbarungen Gegenstand der Beschlussfassung gewesen ist. Dies ergibt sich auch aus der dem Senat erteilten Auskunft des Stadtrates D, des Vorsitzender der Trägerversammlung. Damit ist aus den Anlagen zum Beschluss nach § 44c Abs. 2 S. 2 Nr. 4 SGB II - Entwurf der beiden Verwaltungsvereinbarungen - ohne weiteres die Art und der Umfang der zu übertragenden Aufgaben zu entnehmen. 50Die im Beschluss vom 12.12.2016 in Bezug genommene 2. Änderungsvereinbarung zur Verwaltungsvereinbarung vom 06.01.2015, erstreckt die Anwendung der Verwaltungsvereinbarung vom 06.01.2015 bezüglich der Serviceleistung O.8 "Forderungseinzug" auf ein weiteres Jahr vom 01.01.2017 bis 31.12.2017 und weist darauf hin, dass die für die Aufgabenübertragung nach § 44b Abs. 4 SGB II erforderlichen hoheitlichen Befugnisse im Rahmen einer Zusatzverwaltungsvereinbarung übertragen werden. In der Zusatzverwaltungsvereinbarung werden die übertragenen Aufgaben detailliert aufgelistet. 51Der von sechs namentlich bezeichneten Mitgliedern der Trägerversammlung des Beigeladenen unterzeichnete Beschluss vom 12.12.2016 ist wirksam zustande gekommen. Die Zusammensetzung der Trägerversammlung entspricht den Kriterien aus § 44c Abs. 1 S. 2 SGB II, wonach in der Trägerversammlung Vertreterinnen und Vertreter der Agentur für Arbeit und des kommunalen Trägers je zur Hälfte vertreten sein müssen. Das Quorum der Unterzeichner entspricht der Gesamtanzahl der drei Mitglieder pro Träger mit Ausnahme mit je einer Stimme und je drei Stellvertretern nach § 1 Abs. 1 der vorgelegten Geschäftsordnung der Trägerversammlung des Beigeladenen ebenso wie dem Mehrheitserfordernis (einfache Mehrheit der abgegebenen Stimmen) bei Beschlussfassungen in Sitzungen nach § 9 Abs. 1 der Geschäftsordnung, dieses wiederum der gesetzlichen Regelung in § 44c Abs. 1 S. 7 SGB II. 52Der individuellen Mandatierung der für den kommunalen Träger an der Beschlussfassung mitwirkenden Mitglieder der Trägerversammlung nachzugehen, besteht kein Anlass. Die Berufung substantiiert ihre insoweit geäußerten Zweifel in keiner Weise; wesentliche Teile der im Verfahren erteilten Auskünfte stammen vom Vorsitzenden der Trägerversammlung, der selbst Entsandter des kommunalen Trägers ist und die ordnungsgemäße Zusammensetzung der Trägerversammlung kraft Wahrnehmung seines Amtes als Vorsitzender zu überwachen hat. Rechte des kommunalen Trägers einzufordern, ist der Kläger im Übrigen nicht klagebefugt. 53Zweifel am wirksamen Zustandekommen des Beschlusses vom 12.12.2016 ergeben sich schließlich nicht aus dem Umstand, dass er im durch die Geschäftsordnung der Trägerversammlung nicht geregelten Umlaufverfahren gefasst worden ist. 54Das Umlaufverfahren ist ein in vielen Teilrechtsordnungen übliches, mit Ausnahme sich aus gesetzlichen Vorgaben oder der zwingenden Wahrnehmung individueller Rechte im Rahmen präsenter Beschlussfassungen ergebenden Erfordernissen auch ohne normative Grundlage zulässiges Verfahren der Willensbildung bei Kollegialorganen (VG Hamburg, Urteil vom 20.10.2016 - 19 ZE 460/16 u.a. zur hochschulrechtlichen Präsenzpflicht bei Vergabeentscheidungen; BGH, Urteil vom 13.02.1959 - StR 446/58; zur Zulässigkeit von Präsidienbeschlüssen im Umlaufverfahren; BVerfG, Beschluss vom 11.10.1994 - 1 BvR 337/92 zur Unzulässigkeit der Zustimmungsfiktion im Rahmen des von der Bundesregierung praktizierten Umlaufverfahrens beim Erlass von Rechtsverordnungen; BVerwG, Beschluss vom 23.09.1991 - 2 B 99/91 zur Zulässigkeit des Umlaufverfahrens bei Beschlüssen gemäß § 130a VwGO bei Einverständnis aller beteiligten Richter). 55Es ermöglicht eine unaufwändige und zeitnahe Willensbildung und Beschlussfassung ohne Bindung an einen Sitzungsturnus, bei dessen Einhaltung eine rechtzeitige Beschlussfassung nicht möglich ist und kein Diskussionsbedarf gesehen wird. Genau dieser Fall hat nach Auskunft des Vorsitzenden der Trägerversammlung des Beigeladenen vom 04.06.2020 bei der Fassung des Beschlusses vom 12.12.2016 vorgelegen. Dies ist ohne Weiteres nachvollziehbar, denn durch die Beschlussfassung wurde eine Erstreckung des bis zum 31.12.2016 bestehenden auslaufenden Rechtszustandes auf das nahende Jahr 2017 erst möglich. Insoweit hat der Vorsitzende der Trägerversammlung erläutert, dass die grundsätzliche Entscheidung zur Übertragung der Aufgaben zum Forderungseinzug auf den Beklagten auf der Sitzung der Trägerversammlung am 11.12.2014 getroffen worden war, diese Entscheidung durch den Abschluss von Verwaltungsvereinbarungen umgesetzt worden war und daher kein Diskussionsbedarf hinsichtlich der Verlängerung dieser Übertragungen über den 31.12.2016 bestand. 56Zweifel an der Zulässigkeit des im konkreten Fall praktizierten Umlaufverfahrens ergäben sich auch nicht bei der von der Berufung zwecks Lückenschließung postulierten entsprechenden Anwendung des Vereinsrechts nach dem BGB. Hinsichtlich der Beschlussfassung bezüglich der Angelegenheiten eines Vereins im Rahmen einer Mitgliederversammlung bestimmt § 32 Abs. 1 S. 3 BGB, es entscheide die Mehrheit der abgegebenen Stimmen. § 32 Abs. 2 BGB erklärt Beschlüsse auch ohne Versammlung der Mitglieder für gültig, wenn alle Mitglieder ihre Zustimmung zu dem Beschluss schriftlich erklären. Beiden Anforderungen genügt der einstimmig gefasste und von allen Mitgliedern der Trägerversammlung unterzeichnete Beschluss vom 12.12.2016. 57Die Erhebung von Mahngebühren infolge der automatisierten Erstellung einer Mahnung ist durch § 31a SGB X (Gesetz vom 18.07.2016, BGBl. I 1679; mit Wirkung zum 01.01.2017) gedeckt. 58B. Der Bescheid ist auch materiell rechtmäßig. 59Nach § 19 Abs. 2 VwVG wird für eine Mahnung nach § 3 Abs. 3 VwVG eine Mahngebühr erhoben, die ein halbes Prozent des Mahnbetrages, mindestens jedoch 5 Euro und höchstens 150 Euro, beträgt. 60Im angefochtenen Bescheid hat der Beklagte die Erstattungsforderung i.S.v. § 3 Abs. 3 VwVG gemahnt. Vor Anordnung der Vollstreckung soll der Schuldner nach § 3 Abs. 3 VwVG mit einer Zahlungsfrist von einer weiteren Woche besonders gemahnt werden. 61Die Voraussetzungen für die Anordnung der Vollstreckung haben zum Zeitpunkt der Mahnung vorgelegen. Nach § 1 Abs. 1 VwVG werden die öffentlich-rechtlichen Geldforderungen des Bundes und der bundesunmittelbaren juristischen Personen des öffentlichen Rechts nach den Bestimmungen des VwVG vollstreckt. Nach § 2 Abs. 1 Buchst. a VwVG kann als Vollstreckungsschuldner in Anspruch genommen werden, wer eine Leistung als Selbstschuldner schuldet. Nach § 3 Abs. 1 Halbs. 1 VwVG wird die Vollstreckung gegen den Vollstreckungsschuldner durch Vollstreckungsanordnung eingeleitet. Nach § 3 Abs. 2 VwVG sind Voraussetzungen für die Einleitung der Vollstreckung a) der Leistungsbescheid, durch den der Schuldner zur Leistung aufgefordert worden ist; b) die Fälligkeit der Leistung; c) der Ablauf einer Frist von einer Woche seit Bekanntgabe des Leistungsbescheides. 62Die Tatbestandsvoraussetzungen nach §§ 1 bis 3 VwVG sind erfüllt. Bei den geltend gemachten Erstattungsforderung handelt es sich um öffentlich-rechtliche Geldforderungen des Beigeladenen als bundesunmittelbare juristische Personen des öffentlichen Rechts (§ 44b SGB II, siehe Weißenberger in Eicher/Luik, SGB II, 4. Aufl., § 44b Rn. 12). Da sich die Erstattungsforderung gegen den Kläger selbst richtet, kann er als Vollstreckungsschuldner in Anspruch genommen werden. Die Vollstreckung ist durch Vollstreckungsanordnung eingeleitet worden. Der Kläger ist mit Bescheid vom 31.10.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.01.2017 zur Leistung aufgefordert worden. 63Die Erstattungsforderung ist fällig. Die Wochenfrist seit Bekanntgabe des Widerspruchsbescheides (§ 3 Abs. 2c VwVG) ist zum Zeitpunkt der Mahnung (§ 3 Abs. 3 VwVG), dem 22.03.2017, bereits abgelaufen gewesen. 64Es liegen auch keine Gründe für eine Unterlassung beziehungsweise Einstellung der Vollstreckung i.S.d. § 5 VwVG i.V.m. § 257 Abs. 1 AO und § 258 AO vor. Nach § 5 VwVG i.V.m. § 257 Abs. 1 AO ist die Vollstreckung einzustellen oder zu beschränken, sobald 1. die Vollstreckbarkeitsvoraussetzungen des § 251 Abs. 1 AO weggefallen sind, 2. der Verwaltungsakt, aus dem vollstreckt wird, aufgehoben wird, 3. der Anspruch auf die Leistung erloschen ist, 4. die Leistung gestundet worden ist. Nach § 251 Abs. 1 Satz 1 AO können Verwaltungsakte vollstreckt werden, soweit nicht ihre Vollziehung ausgesetzt oder die Vollziehung durch Einlegung eines Rechtsbehelfs gehemmt ist. Nach § 5 VwVG in Verbindung mit § 258 AO kann die Vollstreckungsbehörde die Vollstreckung einstweilen einstellen oder beschränken oder eine Vollstreckungsmaßnahme aufheben, soweit sie im Einzelfall unbillig ist. 65Die Voraussetzungen des § 257 AO liegen nicht vor. Die Vollziehung des Erstattungsbescheides vom 31.10.2016 ist weder ausgesetzt noch gehemmt. Auch ist der Erstattungsbescheid nicht aufgehoben worden. Die Erstattungsforderung ist weder erloschen noch gestundet. Anhaltspunkte für eine Unbilligkeit der Vollstreckung sind weder ersichtlich noch vorgetragen. 66Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. 67Ein Anlass zur Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG besteht nicht.
die berufung des klägers gegen das urteil des sozialgerichts gelsenkirchen vom 27.03.2019 wird zurückgewiesen. außergerichtliche kosten sind auch im berufungsverfahren nicht zu erstatten. die revision wird nicht zugelassen. 1
2der kläger wendet sich gegen die erhebung einer mahngebühr in höhe von 5,00 eur. 3der am 00.00.1995 geborene kläger bezog fortlaufend grundsicherungsleistungen nach dem sgb ii. mit bescheid vom 28.08.2015 setzte der beigeladene u.a. die höhe der leistungsansprüche des klägers endgültig für die zeit vom 01.08.2014 bis 31.01.2015 fest. mit bescheid vom 31.10.2016 forderte der beigeladene vom kläger die erstattung von in der zeit vom 01.08.2014 bis 31.01.2015 überzahlten leistungen i.h.v. insgesamt 712,13 eur. den hiergegen eingelegten widerspruch wies der beigeladene mit bestandskräftigem widerspruchsbescheid vom 17.01.2017 zurück. der widerspruchsbescheid wurde dem betreuer des klägers per postzustellungsurkunde am 19.01.2017 zugestellt. mit schreiben vom 17.01.2017 forderte der beigeladene den kläger zur zahlung der erstattungsforderung bis zum 27.02.2017 auf und teilte mit, für den einzug der forderung sei die agentur für arbeit, inkasso-service, zuständig ist. 4beim beigeladenen handelt es sich um eine gemeinsame einrichtung i. s. v. § 44b sgb ii. am 11.12.2014 stimmte dessen trägerversammlung einstimmig der übertragung von dienstleistungen aus dem service portfolio auf die bundesagentur für arbeit gemäß anlage 1 zu der der verwaltungsvereinbarung gemäß § 44b abs. 4 und 5 sgb ii zu. ferner stimmte sie einstimmig dem abschluss der zusatzvereinbarung "forderungseinzug" wie vorgelegt zu. 5der beigeladene, vertreten durch seinen geschäftsführer, schloss mit der beklagten, vertreten durch den vorsitzenden der geschäftsführung der arbeitsagentur für arbeit c, am 06.01.2015 eine verwaltungsvereinbarung ab. im § 1 abs. 1 war geregelt, dass die verwaltungsvereinbarung die übernahme von serviceangeboten nach § 44b abs. 5 sgb ii und operativen angeboten der bundesagentur für arbeit nach § 44b abs. 4 sgb ii für den beigeladenen im rahmen der umsetzung der grundsicherung für arbeitssuchende und deren abnahme durch den beigeladenen im vereinbarten umfang regelt. nach § 3 wurden infolge der neuausrichtung der serviceleistungen o.8 - forderungseinzug dem fachbereich inkasso für die aufgabenübertragung nach § 44b abs. 4 sgb ii hoheitliche befugnisse im rahmen einer zusatzverwaltungsvereinbarung übertragen. die laufzeit der verwaltungsvereinbarung war befristet bis zum 31.12.2017. 6des weiteren schlossen der beigeladene und die beklagte eine zusatzverwaltungsvereinbarung nach § 44b abs. 4 sgb ii zum angebot o.8 forderungseinzug - des service-portfolios der bundesagentur für arbeit ab. in § 2 abs. 1 war geregelt, dass die durchführung des forderungseinzuges sowie die bearbeitung von widersprüchen und klagen gegen verwaltungsakte im zusammenhang mit der durchführung des forderungseinzuges bis maximal zum 31.12.2016 nach § 44b abs. 4 sgb ii auf die zuständige dienststelle der bundesagentur für arbeit übertragen wird. § 2 abs. 2 bestimmte, dass im rahmen der übertragung der durchführung des forderungseinzuges nach § 44b abs. 4 sgb ii die dienststelle der beklagten im namen des beigeladenen handelt. insoweit könne sie mahnungen, stundungs- und erlassbescheide, die im namen des beigeladenen ergehen, durch den regionalen inkasso-service der beklagten erlassen. im rahmen der übertragung der widerspruchs- und klageverfahren gegen verwaltungsakte im zusammenhang mit der durchführung des forderungseinzuges nach § 44b abs. 4 sgb ii handele die dienststelle im namen der gemeinsamen einrichtung, insbesondere erlasse sie widerspruchsbescheide durch die rechtsbehelfsstelle des operativen service der beklagten und übernehme die vertretung im klageverfahren im namen des beigeladenen. 7die trägerversammlung des beigeladenen fasste am 08/10.12.2016 im wege des umlaufverfahrens folgenden beschluss: 8"die trägerversammlung beschließt die beigefügte 2. änderungsvereinbarung zur verwaltungsvereinbarung vom 06.01.2015 sowie zusatzverwaltungsvereinbarungen nach § 44b abs. 4 sgb ii zum angebot o.8- forderungseinzug - des service-portfolio der bundesagentur für arbeit zwischen der bundesagentur für arbeit und dem jobcenter i für die dauer vom 01.01.2017 bis zum 31.12.2017." 9am 21.12.2016 schlossen der beigeladene, vertreten durch den geschäftsführer und die beklagte, vertreten durch den vorsitzenden der geschäftsführung der agentur für arbeit c, eine 2. änderungsvereinbarung zur verwaltungsvereinbarung vom 06.01.2015, zuletzt geändert durch die änderungsvereinbarung vom 18.01.2016, ab. in § 1 war vereinbart, dass die serviceleistung o.8 - "forderungseinzug" über den 31.12.2016 hinaus für ein weiteres jahr (01.01.2017 - 31.12.2017) inklusive der module "bearbeitung für widersprüche", "bearbeitung für klageverfahren" sowie "einziehung von rückständigen unterhaltsansprüchen" gewählt wird. die für die aufgabenübertragung nach § 44b abs. 4 sgb ii erforderlichen hoheitlichen befugnisse würden im rahmen einer zusatzverwaltungsvereinbarung übertragen. 10des weiteren schlossen der beigeladene, vertreten durch seinen geschäftsführer, und die beklagte, vertreten durch den vorsitzenden der geschäftsführung der agentur für arbeit c, am 21.12.2016 eine zusatzverwaltungsvereinbarung nach § 44b abs. 4 sgb ii zum angebot o.8 - forderungseinzug- des service-portfolios der bundesagentur für arbeit ab. im § 2 war geregelt, dass die durchführung des forderungseinzuges sowie die bearbeitung von widersprüchen und klagen gegen verwaltungsakten im zusammenhang mit der durchführung des forderungseinzuges ab vertragsunterzeichnung bis zum 31.12.2017 nach § 44b abs. 4 sgb ii auf die zuständige dienststelle der beklagten übertragen wird. im rahmen der übertragung der durchführung des forderungseinzuges nach § 44b abs. 4 sgb ii handele die dienststelle der beklagten im namen des beigeladenen und insoweit könne sie mahnungen, die im namen des beigeladenen ergingen, durch den inkasso-service der beklagten erlassen. im rahmen der übertragung der widerspruchs- und klageverfahren gegen verwaltungsakte im zusammenhang der durchführung des forderungseinzuges nach § 44b abs. 4 sgb ii handele die dienststelle im namen des beigeladenen und insoweit erlasse sie widerspruchsbescheide durch die rechtsbehelfsstelle des operativen services der beklagten und übernehme die vertretung in klageverfahren im namen des beigeladenen (§ 2 abs. 2). 11im service portfolio o.8, stand 29.08.2016, gültig ab 01.01.2017, hieß es u.a. den fachbereichen inkasso obliege ab dem zeitpunkt der zahlungsgestörtheit einer forderung alle notwenigen aufgaben, die bis zum endgültigen abschluss eines einziehungsverfahrens notwendig sind. in folge der neuausrichtung des serviceleistung forderungseinzug werde der fachbereich inkasso künftig im rahmen der aufgabenübertragung nach § 44b abs. 4 s. 1 sgb ii tätig. hierzu seien hoheitliche befugnisse im rahmen einer zusatzverwaltungsvereinbarung sowohl für als alt- auch für neuverträge zu übertragen. mit jeder neuen beauftragung sei die im anhang befindliche generalvollmacht zu erteilen, damit der fachbereich inkasso eigenständig und zeitnah agieren könne. nachfolgende inhalte gelten auch für die vereinbarung, die in den vorjahren geschlossen wurden. 12mit bescheid vom 22.03.2017 mahnte die dienststelle der beklagten - agentur für arbeit, inkasso-service - die zahlung der erstattungsforderung bis zum 05.04.2017 an und erhob eine mahngebühr i.h.v. 5,00 eur nach § 19 abs. 2 vwvg. der beigeladene habe der beklagten mit der wahrnehmung des forderungseinzugs beauftragt (§ 44c abs. 2 s. 2 nr. 4 i.v.m. § 44b abs. 4 sgb ii) 13hiergegen legte der kläger widerspruch ein. die existenz eines wirksamen beschlusses der trägerversammlung des beigeladenen bezüglich einer beauftragung der beklagten werde bestritten. mit widerspruchsbescheid vom 26.06.2017 wies die beklagte den widerspruch als unbegründet zurück. rechtsgrundlage der erhobenen mahngebühr sei das vwvg. die vollstreckungsanordnung vom 22.03.2017 sei von ihr als der zuständigen, nach § 44b abs. 4 sgb ii vom beigeladenen beauftragten behörde erlassen worden. nach § 44b abs. 4 sgb ii habe die gemeinsame einrichtung - der beigeladene - die möglichkeit, einzelne aufgaben durch die träger übernehmen zu lassen. nach § 6 abs. 1 sgb ii sei neben dem kommunalen träger auch die beklagte träger i.s.d. § 44b abs. 4 sgb ii. das bundessozialgericht habe in der entscheidung vom 26.05.2011 (b 14 as 54/10 r) auch bestätigt, dass durch § 44b abs. 4 sgb ii die gesetzliche grundlage dafür geschaffen worden sei, der beklagten die aufgabe des forderungseinzuges zu übertragen. grundlage für die forderung des jobcenters sei ein bestandskräftiger aufhebungs- und erstattungsbescheid vom 31.10.2016. die forderung sei fällig und zahlungen seien nicht innerhalb der zahlungsfristen eingegangen. daher sei eine mahnung versandt worden verbunden mit einer mahngebühr nach § 19 abs. 2 vwvg. 14am 20.07.2017 hat der kläger klage erhoben und sich gegen die auferlegung der mahngebühren gewandt. es werde bestritten, dass die trägerversammlung des forderungsinhabers die beklagte wirksam mit dem forderungseinzug beauftragt habe. es fehle nach bisherigen ermittlungen an einer ordnungsgemäßen ladung zu der trägerversammlung. eine tagesordnung, aus der die beabsichtigung der aufgabenübertragung nach § 44b abs. 4 sgb ii hervorgehe, sei nicht mitübersandt worden. da bezüglich der trägerversammlung das vereinsrecht heranzuziehen sei bzw. zumindest dessen grundsätze, sei der auf grundlage der fehlerhaften einladung zustande gekommene beschluss nichtig. kosten und zeitlicher umfang der beabsichtigten aufgabenübertragung ergäben sich weder aus der beschlussvorlage noch aus dem versammlungsprotokoll. zur gültigkeit eines beschlusses einer mitgliederversammlung sei aber nach § 32 abs. 1 s. 2 bgb erforderlich, dass der gegenstand im rahmen der einberufung der versammlung hinreichend bestimmt bezeichnet werde. auch sei die regelung entgegen der rechtsprechung des bsg nicht bestimmt genug getroffen worden. es werde zudem bestritten, dass die versammlung paritätisch besetzt gewesen sei. 15der kläger hat beantragt, 16den bescheid der beklagten vom 22.03.2017 in der gestalt des widerspruchbescheides vom 26.06.2017 aufzuheben. 17die beklagte hat beantragt, 18die klage abzuweisen. 19sie hat die voraussetzung einer wirksamen aufgabenübertragung als dargelegt angesehen. 20das sozialgericht hat den beschluss vom 12.12.2016 der trägerversammlung des beigeladenen über die 2. änderungsvereinbarung zur verwaltungsvereinbarung vom 06.01.2015 und über die zusatzverwaltungsvereinbarung zum angebot o.8 - forderungseinzug des service- portofolios der bundesagentur für arbeit zwischen der bundesagentur für arbeit und dem beigeladenen beigezogen. 21mit urteil vom 27.03.2019 hat das sozialgericht gelsenkirchen die klage abgewiesen und die berufung zugelassen. auf die entscheidungsgründe wird bezug genommen. 22gegen das seinem bevollmächtigten am 12.04.2019 zugestellte urteil hat der kläger am 13.05.2019 berufung eingelegt und sein begehren weiterverfolgt, die festsetzung der mahngebühr von 5,00 eur aufzuheben. 23die beklagte sei nicht durch eine den anforderungen des bsg im urteil vom 14.02.2018 - b 14 as 12/17 r standhaltende aufgabenübertragung für die erhebung einer mahngebühr gegen ihn zuständig geworden. es sei nicht erkennbar gewesen, für welche einzelaufgaben unter einschluss der verhängung von mahngebühren eine aufgabenübertragung vorgenommen werden sollte. rechte des kommunalen aufgabenträgers seien verletzt worden. vorsorglich werde bestritten, dass die für den kommunalen träger an der trägerversammlung teilnehmenden mitglieder mandatiert worden seien. 24der kläger beantragt, 25das urteil des sozialgerichts gelsenkirchen vom 22.03.2019 zu ändern und den bescheid der beklagten vom zwar 20.03.2017 in gestalt des widerspruchsbescheides vom 26.6.2017 aufzuheben. 26die beklagte beantragt, 27die berufung des klägers zurückzuweisen. 28die beklagte hält das erstinstanzliche urteil für zutreffend. 29der senat hat mit beschluss vom 29.07 2019 das jobcenter i beigeladen. der beigeladene hat die geschäftsordnung seiner trägerversammlung vom 24.06.2015, das protokoll über den beschluss der trägerversammlung vom 11.12.2014 betreffend die aufgabenübertragung auf die beklagte, die verwaltungsvereinbarung vom 06.01.2015, die zusatzverwaltungsvereinbarung vom 06.01.2015 sowie den gesamtkatalog der ba für gemeinsame einrichtungen 2017 inklusive service-portfolio und weiterer angebote, stand 29.08.2016, übersandt. 30der senat hat eine auskunft vom vorsitzenden der trägerversammlung des beigeladenen im jahr 2016, stadtrat d, der das dezernat iv der stadt i , zuständig, u.a. für soziales, leitet, eingeholt. 31zu weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den inhalt der gerichtsakten sowie der verwaltungsakten der beklagten und der beigeladenen bezug genommen, die gegenstand der mündlichen verhandlung gewesen sind. 32
33die zulässige berufung ist unbegründet. 34gegenstand des berufungsverfahrens sind neben dem urteil des sozialgerichts gelsenkirchen vom 27.03.2019 der bescheid vom 02.03.2017 in gestalt des widerspruchsbescheids vom 26.06.2017, mit dem die beklagte gegen den kläger eine mahngebühr i.h.v. 5,00 eur festgesetzt hat. hiergegen wendet sich der kläger statthaft mit der reinen anfechtungsklage (§ 54 abs. 1 s. 1 sgg; zur qualifizierung der festsetzung von mahngebühren als verwaltungsakt: bsg, urteil vom 14.02.2018 - b 14 as 12/17 r m.w.n.). 35die vom sozialgericht zugelassene berufung ist nach § 144 abs. 1 sgg statthaft, zudem form- und fristgerecht eingelegt worden 36die berufung ist unbegründet. das sozialgericht hat die klage zu recht abgewiesen. 37der kläger ist nicht beschwert i.s.v. § 54 abs. 2 s. 1 sgg. der angefochtene bescheid ist rechtmäßig. die beklagte ist berechtigt, gegenüber dem kläger eine mahngebühr festzusetzen. 38die festsetzung der mahngebühr hat ihre rechtsgrundlage in § 40 abs. 8 1. hs sgb ii (i.d.f. des gesetzes vom 26.07.2016, bgbi 1824 m wirkung zum 01.08.2016) i.v.m. § 19 abs. 2 vwvg (i.d.f. des gesetzes vom 25.11.2014, bgbl i 1770, mit wirkung zum 29.11.2014). 39nach § 40 abs. 8 sgb ii gilt das verwaltungsvollstreckungsgesetz des bundes für die vollstreckung von ansprüchen der in gemeinsamen einrichtungen zusammenwirkenden träger nach dem sgb ii. für die mahnung im rahmen von vollstreckungsandrohungen nach § 3 abs. 3 vwvg werden nach § 19 abs. 2 vwvg mahngebühren erhoben (§ 19 abs. 2 s. 1 vwvg), deren mindesthöhe fünf euro beträgt (§ 19 abs. 2 s. 2 vwvg). 40der angefochtene bescheid ist als mahngebührenbescheid formell (a) und materiell (b) rechtmäßig. 41der beklagte ist für die mahnung und den erlass des angefochtenen mahngebührenbescheides zuständig. § 3 abs. 3 vwvg regelt, dass vor anordnung der vollstreckung der schuldner mit einer zahlungsfrist von einer weiteren woche besonders gewarnt werden soll. § 3 abs. 4 vwvg bestimmt, dass die vollstreckungsanordnung von der behörde erlassen wird, die den anspruch geltend machen darf. aus diesem regelungssystem wird deutlich, dass die behörde bei eigenen ansprüchen zum erlass der vollstreckungsanordnung zuständig ist und die vollstreckung einleitet. des weiteren ergibt sich, dass diese behörde auch zur vorherigen mahnung befugt ist. 42zwar ist der beigeladene deshalb als gemeinsame einrichtung nach § 44b abs. 1 s. 2 halbs. 1 sgb ii für mahnungen und mahngebührenbescheide nach dem vwvg originär zuständig (bsg, urteil vom 14.02.2018 - b 14 as 12/17 r m.w.n). 43er hat jedoch seine originär eigene zuständigkeit zur erstellung von mahnungen und erhebung von mahngebühren durch die am 01.01.2017 in kraft getretene 2. änderungsvereinbarung zur verwaltungsvereinbarung vom 06.01.2015 und die zusatzvereinbarung nach § 44b abs. 4 sgb ii zum angebot 0.8 - forderungseinzug des service portofolio wirksam auf die beklagte übertragen. 44diese beiden verwaltungsvereinbarungen stellen öffentlich-rechtliche verträge i.s.v. § 53 sgb x dar. mit diesen vereinbarungen hat der beigeladenen den forderungseinzug sowie die bearbeitung von widersprüchen und klagen gegen verwaltungsakte im zusammenhang mit der durchführung des forderungseinzugs bis zum 31.12.2017 auf die dienststellen der beklagten - einer seiner träger (§ 6 abs. 1 s. 1 nr. 1 sgb ii) - übertragen. in der zusatzverwaltungsvereinbarung ist ausdrücklich vereinbart, dass den dienststellen der beklagten die erstellung von mahnungen, der erlass von stundungs- und erlassbescheiden und die einleitung von öffentlich- rechtlichen zwangsvollstreckungen übertragen wird und diese dienststellen im namen des beigeladenen handeln. 45diese beiden verwaltungsvereinbarungen sind wirksam zustande gekommen. 46die gemeinsame einrichtung kann nach § 44b abs. 4 s. 1 sgb ii einzelne aufgaben durch die träger wahrnehmen lassen. nach § 44b abs. 5 sgb ii stellt die bundesagentur der gemeinsamen einrichtung hierfür angebote an dienstleistungen zur verfügung. 47der geschäftsführer des beigeladenen ist von der trägerversammlung ermächtigt worden, die beiden verwaltungsvereinbarungen abzuschließen (vgl. hierzu bsg, urteil vom 14.02.2018 - b 14 as 12/17 r). 48die entscheidung über die verlagerung von aufgaben nach § 44b abs. 4 sgb ii obliegt der trägerversammlung der gemeinsamen einrichtung nach § 44c sgb ii. danach ist für jede gemeinsame einrichtung eine trägerversammlung zu bilden, die "über organisatorische personalwirtschaftliche, personalrechtliche und personalvertretungsrechtliche angelegenheiten der gemeinsamen einrichtung" zu entscheiden hat. zu diesen angelegenheiten zählen nach § 44c abs. 2 s. 2 nr. 4 sgb ii insbesondere die "entscheidungen nach §§ 6 abs. 1 s. 2 und 44b abs. 4 sgb ii, ob einzelne aufgaben durch die träger oder durch dritte wahrgenommen werden". 49durch beschluss vom 12.12.2016 hat die trägerversammlung dem abschluss der 2. änderungsvereinbarung zur verwaltungsvereinbarung vom 06.01.2015 sowie über die zusatzverwaltungsvereinbarung nach § 44b abs. 4 sgb ii zum angebot o.8 - forderungseinzug des service-portfolios der bundesagentur für arbeit (ba) und dem jobcenter i" zugestimmt. aus dem wortlaut des beschlusses "beigefügt" ergibt sich, dass der inhalt der beiden verwaltungsvereinbarungen gegenstand der beschlussfassung gewesen ist. dies ergibt sich auch aus der dem senat erteilten auskunft des stadtrates d, des vorsitzender der trägerversammlung. damit ist aus den anlagen zum beschluss nach § 44c abs. 2 s. 2 nr. 4 sgb ii - entwurf der beiden verwaltungsvereinbarungen - ohne weiteres die art und der umfang der zu übertragenden aufgaben zu entnehmen. 50die im beschluss vom 12.12.2016 in bezug genommene 2. änderungsvereinbarung zur verwaltungsvereinbarung vom 06.01.2015, erstreckt die anwendung der verwaltungsvereinbarung vom 06.01.2015 bezüglich der serviceleistung o.8 "forderungseinzug" auf ein weiteres jahr vom 01.01.2017 bis 31.12.2017 und weist darauf hin, dass die für die aufgabenübertragung nach § 44b abs. 4 sgb ii erforderlichen hoheitlichen befugnisse im rahmen einer zusatzverwaltungsvereinbarung übertragen werden. in der zusatzverwaltungsvereinbarung werden die übertragenen aufgaben detailliert aufgelistet. 51der von sechs namentlich bezeichneten mitgliedern der trägerversammlung des beigeladenen unterzeichnete beschluss vom 12.12.2016 ist wirksam zustande gekommen. die zusammensetzung der trägerversammlung entspricht den kriterien aus § 44c abs. 1 s. 2 sgb ii, wonach in der trägerversammlung vertreterinnen und vertreter der agentur für arbeit und des kommunalen trägers je zur hälfte vertreten sein müssen. das quorum der unterzeichner entspricht der gesamtanzahl der drei mitglieder pro träger mit ausnahme mit je einer stimme und je drei stellvertretern nach § 1 abs. 1 der vorgelegten geschäftsordnung der trägerversammlung des beigeladenen ebenso wie dem mehrheitserfordernis (einfache mehrheit der abgegebenen stimmen) bei beschlussfassungen in sitzungen nach § 9 abs. 1 der geschäftsordnung, dieses wiederum der gesetzlichen regelung in § 44c abs. 1 s. 7 sgb ii. 52der individuellen mandatierung der für den kommunalen träger an der beschlussfassung mitwirkenden mitglieder der trägerversammlung nachzugehen, besteht kein anlass. die berufung substantiiert ihre insoweit geäußerten zweifel in keiner weise; wesentliche teile der im verfahren erteilten auskünfte stammen vom vorsitzenden der trägerversammlung, der selbst entsandter des kommunalen trägers ist und die ordnungsgemäße zusammensetzung der trägerversammlung kraft wahrnehmung seines amtes als vorsitzender zu überwachen hat. rechte des kommunalen trägers einzufordern, ist der kläger im übrigen nicht klagebefugt. 53zweifel am wirksamen zustandekommen des beschlusses vom 12.12.2016 ergeben sich schließlich nicht aus dem umstand, dass er im durch die geschäftsordnung der trägerversammlung nicht geregelten umlaufverfahren gefasst worden ist. 54das umlaufverfahren ist ein in vielen teilrechtsordnungen übliches, mit ausnahme sich aus gesetzlichen vorgaben oder der zwingenden wahrnehmung individueller rechte im rahmen präsenter beschlussfassungen ergebenden erfordernissen auch ohne normative grundlage zulässiges verfahren der willensbildung bei kollegialorganen (vg hamburg, urteil vom 20.10.2016 - 19 ze 460/16 u.a. zur hochschulrechtlichen präsenzpflicht bei vergabeentscheidungen; bgh, urteil vom 13.02.1959 - str 446/58; zur zulässigkeit von präsidienbeschlüssen im umlaufverfahren; bverfg, beschluss vom 11.10.1994 - 1 bvr 337/92 zur unzulässigkeit der zustimmungsfiktion im rahmen des von der bundesregierung praktizierten umlaufverfahrens beim erlass von rechtsverordnungen; bverwg, beschluss vom 23.09.1991 - 2 b 99/91 zur zulässigkeit des umlaufverfahrens bei beschlüssen gemäß § 130a vwgo bei einverständnis aller beteiligten richter). 55es ermöglicht eine unaufwändige und zeitnahe willensbildung und beschlussfassung ohne bindung an einen sitzungsturnus, bei dessen einhaltung eine rechtzeitige beschlussfassung nicht möglich ist und kein diskussionsbedarf gesehen wird. genau dieser fall hat nach auskunft des vorsitzenden der trägerversammlung des beigeladenen vom 04.06.2020 bei der fassung des beschlusses vom 12.12.2016 vorgelegen. dies ist ohne weiteres nachvollziehbar, denn durch die beschlussfassung wurde eine erstreckung des bis zum 31.12.2016 bestehenden auslaufenden rechtszustandes auf das nahende jahr 2017 erst möglich. insoweit hat der vorsitzende der trägerversammlung erläutert, dass die grundsätzliche entscheidung zur übertragung der aufgaben zum forderungseinzug auf den beklagten auf der sitzung der trägerversammlung am 11.12.2014 getroffen worden war, diese entscheidung durch den abschluss von verwaltungsvereinbarungen umgesetzt worden war und daher kein diskussionsbedarf hinsichtlich der verlängerung dieser übertragungen über den 31.12.2016 bestand. 56zweifel an der zulässigkeit des im konkreten fall praktizierten umlaufverfahrens ergäben sich auch nicht bei der von der berufung zwecks lückenschließung postulierten entsprechenden anwendung des vereinsrechts nach dem bgb. hinsichtlich der beschlussfassung bezüglich der angelegenheiten eines vereins im rahmen einer mitgliederversammlung bestimmt § 32 abs. 1 s. 3 bgb, es entscheide die mehrheit der abgegebenen stimmen. § 32 abs. 2 bgb erklärt beschlüsse auch ohne versammlung der mitglieder für gültig, wenn alle mitglieder ihre zustimmung zu dem beschluss schriftlich erklären. beiden anforderungen genügt der einstimmig gefasste und von allen mitgliedern der trägerversammlung unterzeichnete beschluss vom 12.12.2016. 57die erhebung von mahngebühren infolge der automatisierten erstellung einer mahnung ist durch § 31a sgb x (gesetz vom 18.07.2016, bgbl. i 1679; mit wirkung zum 01.01.2017) gedeckt. 58b. der bescheid ist auch materiell rechtmäßig. 59nach § 19 abs. 2 vwvg wird für eine mahnung nach § 3 abs. 3 vwvg eine mahngebühr erhoben, die ein halbes prozent des mahnbetrages, mindestens jedoch 5 euro und höchstens 150 euro, beträgt. 60im angefochtenen bescheid hat der beklagte die erstattungsforderung i.s.v. § 3 abs. 3 vwvg gemahnt. vor anordnung der vollstreckung soll der schuldner nach § 3 abs. 3 vwvg mit einer zahlungsfrist von einer weiteren woche besonders gemahnt werden. 61die voraussetzungen für die anordnung der vollstreckung haben zum zeitpunkt der mahnung vorgelegen. nach § 1 abs. 1 vwvg werden die öffentlich-rechtlichen geldforderungen des bundes und der bundesunmittelbaren juristischen personen des öffentlichen rechts nach den bestimmungen des vwvg vollstreckt. nach § 2 abs. 1 buchst. a vwvg kann als vollstreckungsschuldner in anspruch genommen werden, wer eine leistung als selbstschuldner schuldet. nach § 3 abs. 1 halbs. 1 vwvg wird die vollstreckung gegen den vollstreckungsschuldner durch vollstreckungsanordnung eingeleitet. nach § 3 abs. 2 vwvg sind voraussetzungen für die einleitung der vollstreckung a) der leistungsbescheid, durch den der schuldner zur leistung aufgefordert worden ist; b) die fälligkeit der leistung; c) der ablauf einer frist von einer woche seit bekanntgabe des leistungsbescheides. 62die tatbestandsvoraussetzungen nach §§ 1 bis 3 vwvg sind erfüllt. bei den geltend gemachten erstattungsforderung handelt es sich um öffentlich-rechtliche geldforderungen des beigeladenen als bundesunmittelbare juristische personen des öffentlichen rechts (§ 44b sgb ii, siehe weißenberger in eicher/luik, sgb ii, 4. aufl., § 44b rn. 12). da sich die erstattungsforderung gegen den kläger selbst richtet, kann er als vollstreckungsschuldner in anspruch genommen werden. die vollstreckung ist durch vollstreckungsanordnung eingeleitet worden. der kläger ist mit bescheid vom 31.10.2016 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 17.01.2017 zur leistung aufgefordert worden. 63die erstattungsforderung ist fällig. die wochenfrist seit bekanntgabe des widerspruchsbescheides (§ 3 abs. 2c vwvg) ist zum zeitpunkt der mahnung (§ 3 abs. 3 vwvg), dem 22.03.2017, bereits abgelaufen gewesen. 64es liegen auch keine gründe für eine unterlassung beziehungsweise einstellung der vollstreckung i.s.d. § 5 vwvg i.v.m. § 257 abs. 1 ao und § 258 ao vor. nach § 5 vwvg i.v.m. § 257 abs. 1 ao ist die vollstreckung einzustellen oder zu beschränken, sobald 1. die vollstreckbarkeitsvoraussetzungen des § 251 abs. 1 ao weggefallen sind, 2. der verwaltungsakt, aus dem vollstreckt wird, aufgehoben wird, 3. der anspruch auf die leistung erloschen ist, 4. die leistung gestundet worden ist. nach § 251 abs. 1 satz 1 ao können verwaltungsakte vollstreckt werden, soweit nicht ihre vollziehung ausgesetzt oder die vollziehung durch einlegung eines rechtsbehelfs gehemmt ist. nach § 5 vwvg in verbindung mit § 258 ao kann die vollstreckungsbehörde die vollstreckung einstweilen einstellen oder beschränken oder eine vollstreckungsmaßnahme aufheben, soweit sie im einzelfall unbillig ist. 65die voraussetzungen des § 257 ao liegen nicht vor. die vollziehung des erstattungsbescheides vom 31.10.2016 ist weder ausgesetzt noch gehemmt. auch ist der erstattungsbescheid nicht aufgehoben worden. die erstattungsforderung ist weder erloschen noch gestundet. anhaltspunkte für eine unbilligkeit der vollstreckung sind weder ersichtlich noch vorgetragen. 66die kostenentscheidung beruht auf § 193 sgg. 67ein anlass zur zulassung der revision nach § 160 abs. 2 sgg besteht nicht.
Verklagte*r
0
125,997
2 O 213/15
2016-02-25T00:00:00
Urteil
Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in der Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. 1Tatbestand: 2Der am 28.01.1943 geborene Kläger unterhält bei der Beklagten seit 1979 eine private Krankheitskostenvollversicherung unter der Vers.-Nr. 15.526.262. Versicherter Tarif ist seit dem 01.02.2013 der Tarif VS 100/3 Krankheitskosten stationär. Dem Vertrag liegen die MB/KK 2009 zu Grunde. Wegen der Einzelheiten der vertraglichen Vereinbarung wird auf den zu den Akten gereichten Versicherungsschein vom 24.11.2014 nebst Versicherungsbedingungen (Anlage zum Schriftsatz der Klägervertreterin vom 29.07.2015) und die Tarifbedingungen (Anl. B1 zum Schriftsatz der Beklagten vom 08.09.2015) verwiesen. 3Der Kläger leidet seit Jahren u.a. an einer fortgeschrittenen Polyneuropathie bei progredienter Gangataxie als auch an reaktiver Depression. 4Mit Attest vom 27.11.2014 diagnostizierte der behandelnde Hausarzt des Klägers eine in den letzten Monaten eingetretene deutliche Verschlechterung des Krankheitsbildes in Gestalt einer deutlichen Verschlechterung des Gangbildes mit einer einhergehenden reaktiven depressiven Verstimmung. Er stellte fest, dass die Möglichkeiten einer ambulanten Behandlung ausgeschöpft seien und so aufgrund der akuten Verschlechterung ein vollstationärer Krankenhausaufenthalt medizinisch notwendig sei. 5Unter Einreichung des Attests des Hausarztes beantragte der Kläger am 03.12.2014 bei der Beklagten Zusage der Kostenübernahme für einen Krankenhausaufenthalt in der Klinik am T, H. 6Mit Schreiben vom 12.12.2014 lehnte die Beklagte die Kostentragung ab. Zugesagt wurde die Übernahme der Kosten für ärztliche Behandlung, Medikamente und Anwendungen bis zu 950,00 EUR. 7Der Kläger begab sich sodann vom 18.01.2015 bis zum 08.02.2015 in stationäre Behandlung der Klinik am T. Mit Akutaufnahmeanzeige vom 19.01.2015, die der Beklagten zugesandt wurde, attestierte die Aufnahmeärztin der Klinik am T, dass aufgrund eines akuten Zustands des Klägers zur Vermeidung einer psycho-physischen Dekompensation ein akut stationärer Krankenhausaufenthalt dringend notwendig gewesen sei und daher eine Aufnahme am 18.01.2015 erfolgte. 8Mit Schreiben vom 26.01.2015 wurde die Kostenübernahme für den Aufenthalt in der Klinik am T durch die Beklagte erneut zurückgewiesen auch mit der Begründung, dass das Erfordernis einer stationären Krankenhausbehandlung nicht erkennbar sei. Die Verlagerung der ambulant möglichen Therapien in den stationären Rahmen sei eine Rehabilitationsmaßnahme, für die nach den Versicherungsbedingungen keine Leistung vorgesehen sei. 9Die Klinik am T stellte dem Kläger mit Schreiben vom 24.02.2015 Behandlungskosten in Höhe von 6.804,00 EUR in Rechnung. Mit der vorliegenden Klage begehrt der Kläger nun deren Erstattung abzüglich der bereits durch die Beklagte gezahlten Versicherungsleistungen in der Höhe von 950,00 EUR. 10Der Kläger behauptet, dass es sich bei seiner Behandlung in der Klinik am T, um eine medizinisch notwendige stationäre Behandlungsmaßnahme – insbesondere auch um einen Akutfall – gehandelt habe. 11Der Kläger beantragt, 12die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 5.854,00 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 29.04.2015, sowie vorgerichtliche Kosten des Klägers in Höhe von 571,44 EUR zu zahlen. 13Die Beklagte beantragt, 14 die Klage abzuweisen. 15Die Beklagte beruft sich darauf, dass es sich bei der Klinik am T um eine sogenannte gemischte Anstalt im Sinne von § 4 Abs. 5 MB/KK 2009 handele und daher die angefallenen Kosten wegen Zustimmungsverweigerung der Beklagten vor Antritt der Behandlung nicht erstattungsfähig seien. 16Die Behandlung in der streitgegenständlichen Klinik stelle eine Rehabilitationsmaßnahme dar im Sinne von § 5 Abs. 1 Buchst. d MB/KK 2009. 17Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen. 18Entscheidungsgründe: 19Die zulässige Klage ist unbegründet. 20Der Kläger hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung von 5.854,00 EUR aus § 1 Abs. 1 S. 1 VVG i.V.m. dem Krankheitskostenvollversicherungsvertrag i.V.m. § 1 Abs. 1 a), Abs. 2 Teil I MB/KK 2009. 21Hiernach hat der Versicherer grundsätzlich Ersatz von Aufwendungen für Heilbehandlungen und sonst vereinbarte Leistungen für eine medizinisch notwendige Heilbehandlung einer versicherten Person wegen Krankheit oder Unfallfolgen zu leisten. Im Hinblick auf die Erstattungsfähigkeit von angefallenen Krankheitskosten wegen medizinisch notwendiger stationärer Heilbehandlung hat der Versicherte darüber hinaus gemäß § 4 Abs. 4 Teil I MB/KK 2009 die freie Wahl unter öffentlichen und privaten Krankenhäusern, die unter ständiger ärztlicher Leitung stehen, über ausreichende diagnostische und therapeutische Möglichkeiten verfügen und Krankengeschichten führen. Jedoch ist gemäß § 4 Abs. 5 Teil I MB/KK 2009 dieses Wahlrecht begrenzt für Krankenanstalten, die die vorgenannten Voraussetzungen des § 4 Abs. 4 Teil I MB/KK 2009 zwar erfüllen, jedoch auch Kuren bzw. Sanatoriumsbehandlungen durchführen oder Rekonvaleszenten aufnehmen. 22Für solche sogenannte „gemischte Anstalten“ werden Krankheitskosten nur dann ersetzt, wenn der Versicherer vor Beginn der medizinisch notwendigen stationären Heilbehandlung schriftlich Leistungszusage erteilt hat oder gemäß § 4 Teil II T2 Tarifbedingungen eine Notfalleinweisung vorliegt oder die aufgesuchte Krankenanstalt das einzige Versorgungskrankenhaus in der Umgebung des Versicherten ist. 23Es kann dahinstehen, ob bei dem Kläger bei Antritt seines Aufenthalts in der Klinik am T die objektive Notwendigkeit einer stationären Heilbehandlung gemäß § 4 Abs. 4 Teil I MB/KK 2009 vorgelegen hat, da die Beklagte vor dem Beginn der Behandlung des Klägers in der Klinik am T eine Kostenübernahme mit Schreiben vom 12.12.2014 ausdrücklich abgelehnt hat und die Klinik am T nach Auffassung der Kammer eine gemischte Anstalt gemäß § 4 Abs. 5 Teil I MB/KK 2009 darstellt und somit der Ausschlusstatbestand der Kostenerstattung greift. 24Wegen des grundsätzlichen Ausschlusses der Erstattungsfähigkeit von Kur- und Sanatoriumsbehandlungen gemäß § 5 Abs. 1 Buchst. d Teil I MB/KK 2009 ist zum Schutz des Versicherers und der Versichertengemeinschaft eine notwendige stationäre Heilbehandlung in einer Krankenanstalt, die auch Kuren bzw. Sanatoriumsbehandlungen anbietet, um Abgrenzungsschwierigkeiten bzw. Umgehungen von § 5 Abs. 1 Buchst. d Teil I MB/KK 2009 zu vermeiden, von einer vorherigen Kostenübernahmeerklärung des Versicherers abhängig. 25Diese Gefahrumstandsausschlussklausel ist nach herrschender Meinung, der sich auch die Kammer anschließt, wirksam (Vgl. BGH VersR 2003, 360; Prölss/Martin/Voit, VVG, 29. Aufl. 2015, MB/KK 2009 § 4 Rn. 49-52). Da die Leistungsausschlussklausel ausweislich ihres Wortlauts auf die Ausgestaltung der Krankenanstalt an sich anknüpft, ist die konkrete Ausgestaltung der tatsächlich beim Versicherten gewählten und durchgeführten Therapie unbeachtlich. Dem Sinn der Vorschrift entsprechend verlangt das Merkmal der Durchführung von Kuren und Sanatoriumsbehandlungen nicht den Nachweis, dass der Versicherte tatsächlich entsprechend behandelt wurde. Es genügt wenn die Anstalt abstrakt beide Möglichkeiten anbietet (Vgl. Kalis, in: Bach/Moser, private Krankenversicherung, 5. Aufl. 2015, § 4 MB/KK Rn. 162 ff, 168). 26Kennzeichnend für eine gemischte Anstalt ist, dass sie nach ihrer Ausstattung und ihrem medizinischen Konzept sowohl reine Krankenhausleistungen als auch die Behandlungen und Leistungen eines Sanatoriumsbetriebes erbringen kann. Erfüllt eine Anstalt schon nicht die Krankenhausvoraussetzungen im Sinne des § 4 Abs. 4 MB/KK 2009, kommt § 4 Abs. 5 MB/KK 2009 gar nicht erst zur Anwendung, da dann der Leistungsanspruch bereits gemäß § 4 Abs. 4 MB/KK 2009 ausgeschlossen ist (Vgl. Kalis in: Bach/Moser, Private Krankenversicherung, 5. Aufl. 2015, § 4 MB/KK Rn. 167). 27Maßgeblich für die Frage, ob eine Krankenanstalt auch Behandlungen und Leistungen eines Sanatoriumsbetriebes erbringen kann, ist die tatsächliche Ausgestaltung der Anstalt, so wie sie sich aus ihrem Leistungsangebot ergibt (Kalis in: Bach/Moser, Private Krankenversicherung, 5. Aufl. 2015, § 4 MB/KK Rn. 173OLG Hamm Urteil vom 20.01.2012 –20 U 148/11). 28Bei der Frage der Einstufung einer Krankenanstalt als sogenannte „gemischte Anstalt“ handelt es sich um eine Rechtsfrage. Hierzu bedarf es keiner Einholung eines Sachverständigengutachtens (OLG Hamm Urteil vom 20.01.2012 –20 U 148/11; Vgl. Kalis in: Bach/Moser, Private Krankenversicherung, 5. Aufl. 2015, § 4 MB/KK Rn. 173). 29Die zur Würdigung dieser Rechtsfrage maßgeblichen Anknüpfungstatsachen ergeben sich in diesem Fall aus dem Internetauftritt der Klinik als allgemein zugängliche Quelle vor allem aber auch aus dem seitens der Kammer zur Beurteilung dieser Rechtsfrage angeforderten Prospekt der Klinik, in welchem die Klinik nach ihrem Selbstverständnis ihr Leistungsangebot gegenüber potentiellen Patienten beschreibt. 30Da hier insbesondere nicht darüber zu befinden ist, ob die Klinik am T eine reine Krankenanstalt im Sinne von § 4 Abs. 4 MB/KK 2009 darstellt, kommt damit der Frage, inwieweit die Klinik tatsächlich auch Krankenhausbehandlungen durchführt, keine ausschlaggebende Bedeutung zu. Es ist hier gerade nicht entscheidend, ob die Klinik entsprechend ihres Therapieansatzes der Traditionellen Chinesischen Medizin zugleich Krankenhausbehandlungen in Gestalt einer intensiv-medizinischen Betreuung bei ständiger ärztlicher Überwachung und vollständiger Inanspruchnahme des Patienten durchführt. Maßgeblich ist vielmehr, inwieweit die Klinik nach ihrem Leistungsangebot auch solche Maßnahmen anbietet, die für Kur- und Sanatoriumsbehandlungen kennzeichnend sind. Hierbei handelt es sich um speziell angebotene Heilanwendungen unter heilklimatisch günstigen Vorbedingungen wie etwa Ernährungs- oder physikalische Therapien (BGH, Urteil vom 05.07.1995 – IV ZR 320/94 Rn 10). 31Die Klinik am T führt auch Kur- und Sanatoriumsbehandlungen durch. Sie bietet typische Heilanwendungen an wie etwa das therapeutische Bogenschießen, das Qi-Gong, Wasseranwendungen nach Kneipp und Schröpfen (Bl. 8 des Kataloges). Auch wird kurtypisch die Gemeinschaft mit anderen Patienten betont. Es wird damit geworben, dass sich Gemeinschaften beim Plaudern im Panoramazimmer, beim Musizieren oder bei Gestaltungsabenden bilden. Auch das Essen wird in der Regel im Speisesaal gemeinsam eingenommen (Bl. 13 des Kataloges). Wenn dem Patienten nach Ruhe ist, kann er sich zu Entspannungsübungen, Meditation und Autogenem Training zurückziehen oder im T schöne Spaziergänge machen. Auch stehe dem Patienten für die therapiefreie Zeit das japanische Bad und auch eine schöne Gartenanlage mit Pavillon zur Verfügung (Bl. 12, 13 des Kataloges). Es wird kurtypisch mit der reizvollen Umgebung geworben, etwa indem das Vorhandensein eines Barfußweges, eines Schwingsteins, einer schönen Parkanlage mit Duft- und Tastgarten und eines klinikeigenen Gemüse- und Kräutergartens erwähnt wird (Bl. 12 des Kataloges). Dieses Bild eines auch auf Kurbehandlungen abzielenden Behandlungskonzepts wird – auch wenn es für die Beantwortung der Rechtsfrage hier nicht von Bedeutung ist – letztlich bestätigt von dem geschilderten Behandlungsablauf des Klägers, der im Termin zur mündlichen Verhandlung zu Protokoll gereicht wurde. 32Ferner zeigt die Broschüre der Klinik, dass Krebsnachsorge, Herzinfarktnachsorge und Schlaganfallnachsorge dem in der Klinik praktizierten Behandlungskonzept unterfallen. Derartige Angebote zielen speziell auf die Nachbehandlung von Akutfällen ab, so dass Rehabilitationsmaßnahmen zumindest auch in der Klinik angeboten werden (Bl. 3 des Kataloges). 33Auch stuft sich die Klinik in ihrer Broschüre, nicht nur als Krankenhaus i.S.d. § 107 Abs. 1 SGB V sondern zusätzlich als Vorsorge-und Rehabilitationseinrichtung im Sinne des § 107 Abs. 2 SGB V ein. Damit transportiert die Klinik nach außen in die Öffentlichkeit ein Selbstverständnis als Krankenhaus aber auch als Rehabilitationseinrichtung (Beiblatt des Kataloges – „Tarife für die vollstationäre Krankenhausbehandlung“). 34Das Gericht verkennt bei seiner vorgenommenen rechtlichen Wertung nicht, dass die Klinik ein anderes komplementärmedizinisches Behandlungskonzept der Traditionellen Chinesischen Medizin verfolgt, welches denklogisch nicht mit einem schulmedizinischen Behandlungskonzept vergleichbar ist. Auch möchte das Gericht gar nicht in Abrede stellen, dass eine komplementärmedizinische stationäre Behandlungsmethode, die einen ganzheitlichen Behandlungsansatz verfolgt gerade auch für schulmedizinisch ausbehandelte hoch chronifiziert erkrankte Patienten effektiv ist. Eine solche Wertung ist hier jedoch nicht maßgeblich, da hier nur entscheidend ist, dass die Klinik zumindest auch typische Kur- und Sanatoriumsbehandlungen durchführt, für die in den allermeisten Standardtarifen kein Versicherungsschutz gewährt wird gemäß § 5 MB/KK 2009. Um bei stationären Heilbehandlungen gerade auch im Kosteninteresse der Versichertengemeinschaft eine klare Abgrenzung zu schaffen, sollen daher stationäre Krankenhausaufenthalte in Kliniken, die einen Mischcharakter aufweisen, nicht der Wahlfreiheit des Versicherten hinsichtlich des Krankenhauses bei Abruf einer medizinisch notwendigen stationären Heilbehandlung unterfallen. 35Ein Anspruch des Klägers gegen die Beklagte auf Erstattung seiner angefallenen Behandlungskosten kommt auch nicht aufgrund der Rückausnahme für Notfalleinweisungen gemäß § 4 Teil II T2 Tarifbedingungen in Betracht. Für die Noteinweisung („Notfall“ OLG Köln r+s 1995, 74; OLG Hamm VersR 1982, 137; Prölss/Martin/Voit, VVG, 29. Aufl. 2015, MB/KK 2009 § 4 Rn. 77) gelten strenge Voraussetzungen. Der Kläger, der für diese Rückausnahme darlegungs- und beweisbelastet ist, legt einen solchen „Notfall“, der in seinen Anforderungen über eine „Akutaufnahme“ wegen chronischer Erkrankungen hinausgeht, nicht dar. Gegen die Annahme eines akuten Notfalls spricht zum einen das Krankheitsbild des Klägers als auch der Umstand, dass der Wohnsitz des Klägers mehrere 100 km von dem Sitz der Klinik in der Nähe von X entfernt liegt. 36Dem Kläger steht ferner unabhängig von der Qualifizierung seiner Behandlungsmaßnahme kein Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung von 5.854,00 EUR aus § 5 Teil II T2 Tarifbedingungen Abs. 5 zu, da nach dem Versicherungstarif nur Kostenerstattung für Kurbehandlungen nach einem Akutaufenthalt im Krankenhaus, den es hier unstreitig zuvor nicht gegeben hat, versichert sind. 37Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO, die Entscheidung betreffend die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO. 38Der Streitwert wird auf 5.854,00 EUR festgesetzt.
die klage wird abgewiesen. die kosten des rechtsstreits trägt der kläger. das urteil ist vorläufig vollstreckbar. dem kläger wird nachgelassen, die vollstreckung der beklagten durch sicherheitsleistung i.h.v. 120 % des aufgrund des urteils vollstreckbaren betrages abzuwenden, wenn nicht die beklagte vor der vollstreckung sicherheit in der höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden betrages leistet. 1
2der am 28.01.1943 geborene kläger unterhält bei der beklagten seit 1979 eine private krankheitskostenvollversicherung unter der vers.-nr. 15.526.262. versicherter tarif ist seit dem 01.02.2013 der tarif vs 100/3 krankheitskosten stationär. dem vertrag liegen die mb/kk 2009 zu grunde. wegen der einzelheiten der vertraglichen vereinbarung wird auf den zu den akten gereichten versicherungsschein vom 24.11.2014 nebst versicherungsbedingungen (anlage zum schriftsatz der klägervertreterin vom 29.07.2015) und die tarifbedingungen (anl. b1 zum schriftsatz der beklagten vom 08.09.2015) verwiesen. 3der kläger leidet seit jahren u.a. an einer fortgeschrittenen polyneuropathie bei progredienter gangataxie als auch an reaktiver depression. 4mit attest vom 27.11.2014 diagnostizierte der behandelnde hausarzt des klägers eine in den letzten monaten eingetretene deutliche verschlechterung des krankheitsbildes in gestalt einer deutlichen verschlechterung des gangbildes mit einer einhergehenden reaktiven depressiven verstimmung. er stellte fest, dass die möglichkeiten einer ambulanten behandlung ausgeschöpft seien und so aufgrund der akuten verschlechterung ein vollstationärer krankenhausaufenthalt medizinisch notwendig sei. 5unter einreichung des attests des hausarztes beantragte der kläger am 03.12.2014 bei der beklagten zusage der kostenübernahme für einen krankenhausaufenthalt in der klinik am t, h. 6mit schreiben vom 12.12.2014 lehnte die beklagte die kostentragung ab. zugesagt wurde die übernahme der kosten für ärztliche behandlung, medikamente und anwendungen bis zu 950,00 eur. 7der kläger begab sich sodann vom 18.01.2015 bis zum 08.02.2015 in stationäre behandlung der klinik am t. mit akutaufnahmeanzeige vom 19.01.2015, die der beklagten zugesandt wurde, attestierte die aufnahmeärztin der klinik am t, dass aufgrund eines akuten zustands des klägers zur vermeidung einer psycho-physischen dekompensation ein akut stationärer krankenhausaufenthalt dringend notwendig gewesen sei und daher eine aufnahme am 18.01.2015 erfolgte. 8mit schreiben vom 26.01.2015 wurde die kostenübernahme für den aufenthalt in der klinik am t durch die beklagte erneut zurückgewiesen auch mit der begründung, dass das erfordernis einer stationären krankenhausbehandlung nicht erkennbar sei. die verlagerung der ambulant möglichen therapien in den stationären rahmen sei eine rehabilitationsmaßnahme, für die nach den versicherungsbedingungen keine leistung vorgesehen sei. 9die klinik am t stellte dem kläger mit schreiben vom 24.02.2015 behandlungskosten in höhe von 6.804,00 eur in rechnung. mit der vorliegenden klage begehrt der kläger nun deren erstattung abzüglich der bereits durch die beklagte gezahlten versicherungsleistungen in der höhe von 950,00 eur. 10der kläger behauptet, dass es sich bei seiner behandlung in der klinik am t, um eine medizinisch notwendige stationäre behandlungsmaßnahme – insbesondere auch um einen akutfall – gehandelt habe. 11der kläger beantragt, 12die beklagte zu verurteilen, an den kläger 5.854,00 eur nebst zinsen hieraus in höhe von 5 prozentpunkten über dem basiszinssatz seit dem 29.04.2015, sowie vorgerichtliche kosten des klägers in höhe von 571,44 eur zu zahlen. 13die beklagte beantragt, 14 die klage abzuweisen. 15die beklagte beruft sich darauf, dass es sich bei der klinik am t um eine sogenannte gemischte anstalt im sinne von § 4 abs. 5 mb/kk 2009 handele und daher die angefallenen kosten wegen zustimmungsverweigerung der beklagten vor antritt der behandlung nicht erstattungsfähig seien. 16die behandlung in der streitgegenständlichen klinik stelle eine rehabilitationsmaßnahme dar im sinne von § 5 abs. 1 buchst. d mb/kk 2009. 17wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstands wird auf die zwischen den parteien gewechselten schriftsätze nebst anlagen bezug genommen. 18
19die zulässige klage ist unbegründet. 20der kläger hat keinen anspruch gegen die beklagte auf zahlung von 5.854,00 eur aus § 1 abs. 1 s. 1 vvg i.v.m. dem krankheitskostenvollversicherungsvertrag i.v.m. § 1 abs. 1 a), abs. 2 teil i mb/kk 2009. 21hiernach hat der versicherer grundsätzlich ersatz von aufwendungen für heilbehandlungen und sonst vereinbarte leistungen für eine medizinisch notwendige heilbehandlung einer versicherten person wegen krankheit oder unfallfolgen zu leisten. im hinblick auf die erstattungsfähigkeit von angefallenen krankheitskosten wegen medizinisch notwendiger stationärer heilbehandlung hat der versicherte darüber hinaus gemäß § 4 abs. 4 teil i mb/kk 2009 die freie wahl unter öffentlichen und privaten krankenhäusern, die unter ständiger ärztlicher leitung stehen, über ausreichende diagnostische und therapeutische möglichkeiten verfügen und krankengeschichten führen. jedoch ist gemäß § 4 abs. 5 teil i mb/kk 2009 dieses wahlrecht begrenzt für krankenanstalten, die die vorgenannten voraussetzungen des § 4 abs. 4 teil i mb/kk 2009 zwar erfüllen, jedoch auch kuren bzw. sanatoriumsbehandlungen durchführen oder rekonvaleszenten aufnehmen. 22für solche sogenannte „gemischte anstalten“ werden krankheitskosten nur dann ersetzt, wenn der versicherer vor beginn der medizinisch notwendigen stationären heilbehandlung schriftlich leistungszusage erteilt hat oder gemäß § 4 teil ii t2 tarifbedingungen eine notfalleinweisung vorliegt oder die aufgesuchte krankenanstalt das einzige versorgungskrankenhaus in der umgebung des versicherten ist. 23es kann dahinstehen, ob bei dem kläger bei antritt seines aufenthalts in der klinik am t die objektive notwendigkeit einer stationären heilbehandlung gemäß § 4 abs. 4 teil i mb/kk 2009 vorgelegen hat, da die beklagte vor dem beginn der behandlung des klägers in der klinik am t eine kostenübernahme mit schreiben vom 12.12.2014 ausdrücklich abgelehnt hat und die klinik am t nach auffassung der kammer eine gemischte anstalt gemäß § 4 abs. 5 teil i mb/kk 2009 darstellt und somit der ausschlusstatbestand der kostenerstattung greift. 24wegen des grundsätzlichen ausschlusses der erstattungsfähigkeit von kur- und sanatoriumsbehandlungen gemäß § 5 abs. 1 buchst. d teil i mb/kk 2009 ist zum schutz des versicherers und der versichertengemeinschaft eine notwendige stationäre heilbehandlung in einer krankenanstalt, die auch kuren bzw. sanatoriumsbehandlungen anbietet, um abgrenzungsschwierigkeiten bzw. umgehungen von § 5 abs. 1 buchst. d teil i mb/kk 2009 zu vermeiden, von einer vorherigen kostenübernahmeerklärung des versicherers abhängig. 25diese gefahrumstandsausschlussklausel ist nach herrschender meinung, der sich auch die kammer anschließt, wirksam (vgl. bgh versr 2003, 360; prölss/martin/voit, vvg, 29. aufl. 2015, mb/kk 2009 § 4 rn. 49-52). da die leistungsausschlussklausel ausweislich ihres wortlauts auf die ausgestaltung der krankenanstalt an sich anknüpft, ist die konkrete ausgestaltung der tatsächlich beim versicherten gewählten und durchgeführten therapie unbeachtlich. dem sinn der vorschrift entsprechend verlangt das merkmal der durchführung von kuren und sanatoriumsbehandlungen nicht den nachweis, dass der versicherte tatsächlich entsprechend behandelt wurde. es genügt wenn die anstalt abstrakt beide möglichkeiten anbietet (vgl. kalis, in: bach/moser, private krankenversicherung, 5. aufl. 2015, § 4 mb/kk rn. 162 ff, 168). 26kennzeichnend für eine gemischte anstalt ist, dass sie nach ihrer ausstattung und ihrem medizinischen konzept sowohl reine krankenhausleistungen als auch die behandlungen und leistungen eines sanatoriumsbetriebes erbringen kann. erfüllt eine anstalt schon nicht die krankenhausvoraussetzungen im sinne des § 4 abs. 4 mb/kk 2009, kommt § 4 abs. 5 mb/kk 2009 gar nicht erst zur anwendung, da dann der leistungsanspruch bereits gemäß § 4 abs. 4 mb/kk 2009 ausgeschlossen ist (vgl. kalis in: bach/moser, private krankenversicherung, 5. aufl. 2015, § 4 mb/kk rn. 167). 27maßgeblich für die frage, ob eine krankenanstalt auch behandlungen und leistungen eines sanatoriumsbetriebes erbringen kann, ist die tatsächliche ausgestaltung der anstalt, so wie sie sich aus ihrem leistungsangebot ergibt (kalis in: bach/moser, private krankenversicherung, 5. aufl. 2015, § 4 mb/kk rn. 173olg hamm urteil vom 20.01.2012 –20 u 148/11). 28bei der frage der einstufung einer krankenanstalt als sogenannte „gemischte anstalt“ handelt es sich um eine rechtsfrage. hierzu bedarf es keiner einholung eines sachverständigengutachtens (olg hamm urteil vom 20.01.2012 –20 u 148/11; vgl. kalis in: bach/moser, private krankenversicherung, 5. aufl. 2015, § 4 mb/kk rn. 173). 29die zur würdigung dieser rechtsfrage maßgeblichen anknüpfungstatsachen ergeben sich in diesem fall aus dem internetauftritt der klinik als allgemein zugängliche quelle vor allem aber auch aus dem seitens der kammer zur beurteilung dieser rechtsfrage angeforderten prospekt der klinik, in welchem die klinik nach ihrem selbstverständnis ihr leistungsangebot gegenüber potentiellen patienten beschreibt. 30da hier insbesondere nicht darüber zu befinden ist, ob die klinik am t eine reine krankenanstalt im sinne von § 4 abs. 4 mb/kk 2009 darstellt, kommt damit der frage, inwieweit die klinik tatsächlich auch krankenhausbehandlungen durchführt, keine ausschlaggebende bedeutung zu. es ist hier gerade nicht entscheidend, ob die klinik entsprechend ihres therapieansatzes der traditionellen chinesischen medizin zugleich krankenhausbehandlungen in gestalt einer intensiv-medizinischen betreuung bei ständiger ärztlicher überwachung und vollständiger inanspruchnahme des patienten durchführt. maßgeblich ist vielmehr, inwieweit die klinik nach ihrem leistungsangebot auch solche maßnahmen anbietet, die für kur- und sanatoriumsbehandlungen kennzeichnend sind. hierbei handelt es sich um speziell angebotene heilanwendungen unter heilklimatisch günstigen vorbedingungen wie etwa ernährungs- oder physikalische therapien (bgh, urteil vom 05.07.1995 – iv zr 320/94 rn 10). 31die klinik am t führt auch kur- und sanatoriumsbehandlungen durch. sie bietet typische heilanwendungen an wie etwa das therapeutische bogenschießen, das qi-gong, wasseranwendungen nach kneipp und schröpfen (bl. 8 des kataloges). auch wird kurtypisch die gemeinschaft mit anderen patienten betont. es wird damit geworben, dass sich gemeinschaften beim plaudern im panoramazimmer, beim musizieren oder bei gestaltungsabenden bilden. auch das essen wird in der regel im speisesaal gemeinsam eingenommen (bl. 13 des kataloges). wenn dem patienten nach ruhe ist, kann er sich zu entspannungsübungen, meditation und autogenem training zurückziehen oder im t schöne spaziergänge machen. auch stehe dem patienten für die therapiefreie zeit das japanische bad und auch eine schöne gartenanlage mit pavillon zur verfügung (bl. 12, 13 des kataloges). es wird kurtypisch mit der reizvollen umgebung geworben, etwa indem das vorhandensein eines barfußweges, eines schwingsteins, einer schönen parkanlage mit duft- und tastgarten und eines klinikeigenen gemüse- und kräutergartens erwähnt wird (bl. 12 des kataloges). dieses bild eines auch auf kurbehandlungen abzielenden behandlungskonzepts wird – auch wenn es für die beantwortung der rechtsfrage hier nicht von bedeutung ist – letztlich bestätigt von dem geschilderten behandlungsablauf des klägers, der im termin zur mündlichen verhandlung zu protokoll gereicht wurde. 32ferner zeigt die broschüre der klinik, dass krebsnachsorge, herzinfarktnachsorge und schlaganfallnachsorge dem in der klinik praktizierten behandlungskonzept unterfallen. derartige angebote zielen speziell auf die nachbehandlung von akutfällen ab, so dass rehabilitationsmaßnahmen zumindest auch in der klinik angeboten werden (bl. 3 des kataloges). 33auch stuft sich die klinik in ihrer broschüre, nicht nur als krankenhaus i.s.d. § 107 abs. 1 sgb v sondern zusätzlich als vorsorge-und rehabilitationseinrichtung im sinne des § 107 abs. 2 sgb v ein. damit transportiert die klinik nach außen in die öffentlichkeit ein selbstverständnis als krankenhaus aber auch als rehabilitationseinrichtung (beiblatt des kataloges – „tarife für die vollstationäre krankenhausbehandlung“). 34das gericht verkennt bei seiner vorgenommenen rechtlichen wertung nicht, dass die klinik ein anderes komplementärmedizinisches behandlungskonzept der traditionellen chinesischen medizin verfolgt, welches denklogisch nicht mit einem schulmedizinischen behandlungskonzept vergleichbar ist. auch möchte das gericht gar nicht in abrede stellen, dass eine komplementärmedizinische stationäre behandlungsmethode, die einen ganzheitlichen behandlungsansatz verfolgt gerade auch für schulmedizinisch ausbehandelte hoch chronifiziert erkrankte patienten effektiv ist. eine solche wertung ist hier jedoch nicht maßgeblich, da hier nur entscheidend ist, dass die klinik zumindest auch typische kur- und sanatoriumsbehandlungen durchführt, für die in den allermeisten standardtarifen kein versicherungsschutz gewährt wird gemäß § 5 mb/kk 2009. um bei stationären heilbehandlungen gerade auch im kosteninteresse der versichertengemeinschaft eine klare abgrenzung zu schaffen, sollen daher stationäre krankenhausaufenthalte in kliniken, die einen mischcharakter aufweisen, nicht der wahlfreiheit des versicherten hinsichtlich des krankenhauses bei abruf einer medizinisch notwendigen stationären heilbehandlung unterfallen. 35ein anspruch des klägers gegen die beklagte auf erstattung seiner angefallenen behandlungskosten kommt auch nicht aufgrund der rückausnahme für notfalleinweisungen gemäß § 4 teil ii t2 tarifbedingungen in betracht. für die noteinweisung („notfall“ olg köln r+s 1995, 74; olg hamm versr 1982, 137; prölss/martin/voit, vvg, 29. aufl. 2015, mb/kk 2009 § 4 rn. 77) gelten strenge voraussetzungen. der kläger, der für diese rückausnahme darlegungs- und beweisbelastet ist, legt einen solchen „notfall“, der in seinen anforderungen über eine „akutaufnahme“ wegen chronischer erkrankungen hinausgeht, nicht dar. gegen die annahme eines akuten notfalls spricht zum einen das krankheitsbild des klägers als auch der umstand, dass der wohnsitz des klägers mehrere 100 km von dem sitz der klinik in der nähe von x entfernt liegt. 36dem kläger steht ferner unabhängig von der qualifizierung seiner behandlungsmaßnahme kein anspruch gegen die beklagte auf zahlung von 5.854,00 eur aus § 5 teil ii t2 tarifbedingungen abs. 5 zu, da nach dem versicherungstarif nur kostenerstattung für kurbehandlungen nach einem akutaufenthalt im krankenhaus, den es hier unstreitig zuvor nicht gegeben hat, versichert sind. 37die kostenentscheidung folgt aus § 91 zpo, die entscheidung betreffend die vorläufige vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 nr. 11, 711 zpo. 38der streitwert wird auf 5.854,00 eur festgesetzt.
Verklagte*r
0
333,937
14 K 4963/17.A
2020-12-08T00:00:00
Urteil
Tenor Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens, in dem Gerichtskosten nicht erhoben werden. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. 1Tatbestand: 2Der im Jahr 1999 geborene Kläger ist afghanischer Staatsangehöriger. Er reiste nach seinen Angaben im Juli 2015 aus seinem Heimatland aus und im November 2015 in das Bundesgebiet ein. Im Juni 2016 stellte er vor dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) einen Asylantrag. Dabei gab er an, die Reise habe 7.000 $ gekostet, die von seiner Mutter bezahlt worden seien. 3In seiner Anhörung vor dem Bundesamt schilderte er im Wesentlichen, Afghanistan wegen eines Streits um Ländereien seiner Familie verlassen zu haben. Sein Onkel und sein Vater seien wegen des Streits bereits getötet worden. Er selbst sei misshandelt und mit dem Tode bedroht worden. Man habe ihm zwingen wollen, die Besitzurkunden für die Ländereien auszuhändigen. 4Das Bundesamt lehnte mit Bescheid vom 28. März 2017 die Anträge des Klägers auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, auf Asylanerkennung und auf Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus ab. Es stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen, und drohte dem Kläger die Abschiebung nach Afghanistan an. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot befristete das Bundesamt auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung. 5Der Kläger hat dagegen Klage erhoben. Zur Begründung führt er in Ergänzung seines Vortrags gegenüber dem Bundesamt aus, seiner Tante und seinem Onkel sei durch die Beklagte der subsidiäre Schutzstatus gewährt worden. Seine Schwester und seine Mutter seien aus dem Iran nach Afghanistan abgeschoben worden. Die Mutter sei nach der Rückkehr ins Heimatdorf der Familie im Februar 2017 von Anhängern der Taliban gefoltert worden. Sie habe den Aufenthaltsort des Klägers verraten bzw. angeben sollen, wo sich die Dokumente über die Ländereien befänden. Die Mutter des Klägers sei in Folge des Vorfalls erblindet. 6Der Kläger beantragt, 7die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge Beklagten vom 28. März 2017 zu verpflichten, dem Kläger die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen, weiter hilfsweise, dem Kläger subsidiären Schutz zuzuerkennen, weiter hilfsweise, festzustellen, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG vorliegen. 8Die Beklagte beantragt, 9 die Klage abzuweisen. 10Sie verweist auf die Begründung des angegriffenen Bescheids. 11Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des Verwaltungsvorgangs der Beklagten (ein elektronischer Band) sowie der Ausländerakte (ein Hefter) verwiesen. 12Entscheidungsgründe: 13Das Gericht kann trotz des Ausbleibens der Beklagten auf Grund der mündlichen Verhandlung entscheiden. Die Beklagte wurde fristgemäß geladen und darauf hingewiesen, dass beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann, § 102 Abs. 2 VwGO. 14Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Kläger hat im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung keinen Anspruch auf eine Verpflichtung der Beklagten, ihm die Flüchtlingseigenschaft oder subsidiären Schutz zuzuerkennen (unten 1.) oder festzustellen, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 AufenthG oder § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG vorliegen (unten 2.). Die Androhung der Abschiebung und die Regelung zu § 11 AufenthG sind rechtlich nicht zu beanstanden (unten 3.). Der angegriffene Bescheid des Bundesamtes ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1, 5 Satz 1 VwGO. 151. Dem Kläger steht kein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 4 AsylG oder subsidiären Schutzes nach § 4 Abs. 1 AsylG zu. 16Die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft scheidet schon deshalb aus, weil die von dem Kläger geltend gemachten Bedrohungen nicht an einen Verfolgungsgrund im Sinne des § 3 Abs. 1, § 3b AsylG anknüpfen. Unabhängig hiervon besteht schon deshalb kein Anspruch auf die Zuerkennung internationalen Schutzes nach § 3 Abs. 4, § 4 Abs. 1 AsylG, weil ihm jedenfalls in Kabul interner Schutz nach (§ 4 Abs. 3 Satz 1 AsylG i. V. m.) § 3e Abs. 1 AsylG zur Verfügung steht. 17Nach (§ 4 Abs. 3 Satz 1 AsylG i. V. m.) § 3e Abs. 1 AsylG wird einem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft bzw. subsidiärer Schutz nicht zuerkannt, wenn er in einem Teil seines Herkunftslands keine begründete Furcht vor Verfolgung (§ 3 Abs. 1 AsylG) hat bzw. ihm dort kein ernsthafter Schaden (§ 4 Abs. 1 AsylG) droht oder er Zugang zu Schutz vor Verfolgung oder einem ernsthaften Schaden nach (§ 4 Abs. 3 Satz 1 AsylG i. V. m.) § 3d AsylG hat und er sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt. 18Begründete Furcht vor Verfolgung i. S. d. § 3 Abs. 1 AsylG besteht, wenn dem Ausländer eine Verfolgungshandlung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner politischen Überzeugung oder seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe aufgrund der in seinem Herkunftsland gegebenen Umstände in Anbetracht seiner individuellen Lage tatsächlich, d.h. mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit droht. 19Vgl. BVerwG, Urteile vom 4. Juli 2019 – 1 C 37.18 –, juris, Rn. 13 f., und vom 20. Februar 2013 – 10 C 23.12 –, juris, Rn. 19, 32. 20Als ernsthafter Schaden gelten die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe (§ 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AsylG), Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung (§ 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG) oder die ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts (§ 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG). 21a) Dem Kläger droht in Kabul keine Verfolgung i. S. d. § 3 Abs. 1 AsylG. Selbst wenn wegen des Streits um Ländereien aktuell noch ein Verfolgungsinteresse an dem Kläger bestehen sollte, ist nicht anzunehmen, dass die Verfolger den Kläger in Kabul gezielt aufspüren und verfolgen würden. Der Kläger hat vor mehr als fünf Jahren sein Heimatland verlassen. Es ist schon nicht ersichtlich, wie die Verfolger von einer Rückkehr des Klägers Kenntnis erhalten könnten. Daran ändert nichts, dass die Verfolger von der Abschiebung seine Mutter und Schwester aus dem Iran erfahren haben und sie misshandelt haben sollen. Denn diese sind in das Heimatdorf der Familie zurückgekehrt. Damit ist die Rückkehr in eine von dem ursprünglichen Verfolgungsort entfernt liegende Großstadt nicht vergleichbar. 22b) Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1, 2 Nr. 1 AsylG wegen einer Straftat gesucht wird und bei der Niederlassung in Kabul die Gefahr der Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe besteht, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. 23c) Dem Kläger droht im Fall der Niederlassung in Kabul aus den zu 1. a) genannten Gründen auch nicht Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung wegen der von ihm geltend gemachten Bedrohung, § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG. 24d) Dem Kläger droht in Kabul auch nicht eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG. 25Die Kammer hat sich mit dieser Frage erst vor kurzem befasst und ist zu dem Ergebnis gekommen, dass das Risiko in Kabul Opfer willkürlicher Gewalt im – rechtlich irrelevanten – Promillebereich liegt. 26Vgl. VG Köln, Urteil vom 25. August 2020 – 14 K 1041/17.A –, juris, Rn. 36 ff. 27Der Einzelrichter hält nach nochmaliger Überprüfung an der Entscheidung fest. In der Person des Klägers liegen keine gefahrerhöhenden Umstände vor, die für ihn eine andere Beurteilung rechtfertigen könnten. 28e) Es kann vom Kläger auch vernünftigerweise erwartet werden kann, sich in Kabul niederzulassen (§ 3e Abs. 1 Nr. 2 AsylG). Die humanitäre Situation steht dem nicht entgegen. 29Auch hiermit hat die Kammer sich erst vor kurzem befasst und ist unter Berücksichtigung der Auswirkungen der Corona-Pandemie zu dem Ergebnis gekommen, dass jedenfalls ein erwachsener, alleinstehender, gesunder und arbeitsfähiger Mann, der bereits vor seiner Ausreise in Afghanistan gearbeitet hat, vorbehaltlich etwaiger anderer Besonderheiten in der Person des Betroffenen in Kabul seinen Lebensunterhalt sichern können wird. 30Vgl. VG Köln, Urteil vom 25. August 2020 – 14 K 1041/17.A –, juris, Rn. 49 ff.; vgl. auch BayVGH, Urteil vom 1. Oktober 2020 – 13a B 20.31004 –, juris, Rn. 15 ff., 43. 31Auch hieran hält der Einzelrichter nach nochmaliger Prüfung fest. Der Kläger ist jung und arbeitsfähig. Zwar ist zu berücksichtigen, dass der Kläger in Afghanistan wohl bislang nicht gearbeitet. Dies lässt Probleme dabei erwarten, erstmals auf sich alleingestellt zu sein und eine Tätigkeit finden zu müssen. Allerdings wird dies dadurch kompensiert, dass nach der Kläger nach seinen Angaben aus einer vermögenden Familie stammt und es der in Afghanistan lebenden Mutter und Schwester auch aktuell wirtschaftlich gut geht. Auf Frage des Gerichts, ob diese ihm Geld nach Kabul schicken könnten, antwortete er nur, dass er in Kabul nicht sicher sei. Als der Einzelrichter die Frage dann nochmal darauf zuspitzte, ob er unabhängig von der Sicherheitsfrage seinen Lebensunterhalt mit Hilfe seiner Familie in Kabul sichern könnte, wich er dieser Frage aus und verwies erneut nur auf die Sicherheitslage. Dies lässt nur den Schluss zu, dass die Sicherung des Existenzminimums mit Unterstützung seiner Familie auch aus Sicht des Klägers möglich ist. Dass die Familie des Klägers vermögend ist, zeigt sich schließlich an der vollständigen Finanzierung der Reise durch seine Mutter (7.000 $) und daran, dass diese nach den Angaben des Klägers trotz der faktischen Besetzung von Ländereien des verstorbenen Großvaters des Klägers weiter auf in ihrem Eigentum stehenden Land, das dem Vater des Klägers gehört hatte, leben. Bei der Prognose ist weiter zu berücksichtigen, dass es nicht notwendig ist, den Kläger dauerhaft vollständig zu finanzieren, sondern ihm nur die Zeit zu erleichtern, die er für die Anpassung an die schwierigen afghanischen Verhältnisse benötigt. 322. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG. 33Nach § 60 Abs. 5 AufenthG darf ein Ausländer nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der EMRK ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist. In Betracht kommt insoweit insbesondere ein Verbot aus Art. 3 EMRK, wonach niemand unmenschlich oder erniedrigend behandelt werden darf. 34Dem Kläger droht jedenfalls in Kabul keine Verletzung aus Art. 3 EMRK. Eine Gefährdung aus individuellen Gründen ist aus den unter 1. a) genannten Gründen nicht anzunehmen. Dem Kläger droht auch keine Verletzung von Art. 3 EMRK wegen der Sicherheitslage (vgl. oben 1. d) oder der humanitären Situation (vgl. oben 1. e). 35Dem Kläger steht der geltend gemachte Anspruch auf Abschiebungsschutz auch nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht zu. Nach dieser Vorschrift soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. 36Soweit es um die allgemeine Sicherheitslage und humanitäre Situation in Afghanistan geht, gelten die obigen Ausführungen hier entsprechend (zumal nach § 60 Abs. 7 Satz 5 AufenthG diesbezüglich ein hier nochmals verschärfter Maßstab gilt, nämlich der Maßstab der alsbaldigen Realisierung einer extremen Gefahrenlage mit hoher Wahrscheinlichkeit). 37Vgl. BVerwG, Urteile vom 8. November 2011 – 10 C 14.10 – juris, Rn. 22 ff. und vom 31. Januar 2013 – 10 C 15.12 –, juris Rn. 38 ff. 38Eine solche läge dann vor, wenn der Kläger in Afghanistan einer extremen Gefahrenlage dergestalt ausgesetzt wäre, dass er im Falle einer Abschiebung dorthin gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausgeliefert sein würde. 39Vgl. BVerwG, Urteil vom 29. September 2011 – 10 C 24.10 –, juris, Rn. 19 ff.; OVG NRW, Beschluss vom 28. August 2017 – 13 A 2020/17.A –, juris, Rn. 17 ff. 40Trotz hoher Infektionszahlen an COVID-19 liegen Anhaltspunkte für eine entsprechend hohe Letalität nicht vor. Der Kläger zählt insoweit jedenfalls nicht zu einer Risikogruppe. 41Die Voraussetzungen für die Feststellung eines Abschiebungsverbots gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG aus gesundheitlichen Gründen liegen ebenfalls nicht vor, weil der Kläger an keiner behandlungsbedürftigen Erkrankung leidet und – wie bereits zuvor ausgeführt – aufgrund seiner Konstitution und seines Alters eine solche auch mit Blick auf die Corona-Pandemie nicht zu erwarten ist. Denn eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt gemäß § 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG nur bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen vor, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. 423. Rechtmäßig sind auch die impliziten Anordnungen der Einreise- und Aufenthaltsverbote gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG in Ziffer 6 des angegriffenen Bescheids. Nach § 11 Abs. 1 Satz 1 AufenthG ist gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot soll gemäß § 11 Abs. 2 Satz 2 AufenthG mit der Abschiebungsandrohung unter der aufschiebenden Bedingung der Abschiebung, spätestens mit der Abschiebung erlassen werden. 43Die Formulierung in und die Begründung zu Ziffer 6 des angefochtene Bescheids geht zwar von einem gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbot aus und entspricht damit nicht dem Wortlaut des § 11 Abs. 1 Satz 1 AufenthG in der seit dem 21. August 2019 geltenden und nach § 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG vorliegend maßgeblichen Fassung. Dies ist aber unschädlich. 44Denn die nunmehr durch § 11 Abs. 1 Satz 1 AufenthG geforderte Einzelfallentscheidung über die Verhängung eines Einreiseverbots von bestimmter Dauer ist in unionsrechtskonformer Auslegung anhand des Art. 11 Abs. 1 der Richtlinie 2008/115/EG regelmäßig in einer behördlichen Befristungsentscheidung gemäß § 11 Abs. 2 Satz 3 AufenthG zu sehen. 45Vgl. BVerwG, Beschluss vom 13. Juli 2017 – 1 VR 3.17 – juris, Rn. 72; BVerwG, Urteil vom 21. August 2018 – 1 C 21.17 –, juris, Rn. 25 ff. 46Ebenfalls rechtmäßig ist die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots. Die Entscheidung über die Befristung hat gemäß § 11 Abs. 2 Satz 3 AufenthG von Amts wegen bei Erlass des Einreise- und Aufenthaltsverbots zu ergehen und ist nach § 11 Abs. 3 Satz 1 AufenthG eine Ermessensentscheidung. Das Gericht prüft die Festsetzung in zeitlicher Hinsicht nur auf Ermessensfehler (§ 114 Satz 1 VwGO). Solche sind nicht feststellbar. Insbesondere sind keine für eine Fristverkürzung sprechenden Belange vorgetragen oder ersichtlich. 474. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, § 80 b AsylG. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 11 und § 711 ZPO. 48Rechtsmittelbelehrung 49Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung an das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen zu, wenn sie von diesem zugelassen wird. Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn 50511. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder 522. das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder 533. ein in § 138 der Verwaltungsgerichtsordnung bezeichneter Verfahrens-mangel geltend gemacht wird und vorliegt. 54Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich bei dem Verwaltungsgericht Köln, Appellhofplatz, 50667 Köln, zu beantragen. Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. In dem Antrag sind die Gründe, aus denen die Berufung zuzulassen ist, darzulegen. 55Statt in Schriftform können die Einlegung und die Begründung des Antrags auf Zulassung der Berufung auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) erfolgen. 56Vor dem Oberverwaltungsgericht und bei Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht eingeleitet wird, muss sich jeder Beteiligte durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Als Prozessbevollmächtigte sind Rechtsanwälte oder Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, die die Befähigung zum Richteramt besitzen, für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts auch eigene Beschäftigte oder Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts mit Befähigung zum Richteramt zugelassen. Darüber hinaus sind die in § 67 Abs. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung im Übrigen bezeichneten und ihnen kraft Gesetzes gleichgestellten Personen zugelassen. 57Die Antragsschrift sollte zweifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung eines elektronischen Dokuments bedarf es keiner Abschriften.
die klage wird abgewiesen. der kläger trägt die kosten des verfahrens, in dem gerichtskosten nicht erhoben werden. das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. der kläger darf die vollstreckung gegen sicherheitsleistung in höhe von 110 % des auf grund des urteils vollstreckbaren betrages abwenden, wenn nicht die beklagte vor der vollstreckung sicherheit in höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden betrages leistet. 1
2der im jahr 1999 geborene kläger ist afghanischer staatsangehöriger. er reiste nach seinen angaben im juli 2015 aus seinem heimatland aus und im november 2015 in das bundesgebiet ein. im juni 2016 stellte er vor dem bundesamt für migration und flüchtlinge (im folgenden: bundesamt) einen asylantrag. dabei gab er an, die reise habe 7.000 $ gekostet, die von seiner mutter bezahlt worden seien. 3in seiner anhörung vor dem bundesamt schilderte er im wesentlichen, afghanistan wegen eines streits um ländereien seiner familie verlassen zu haben. sein onkel und sein vater seien wegen des streits bereits getötet worden. er selbst sei misshandelt und mit dem tode bedroht worden. man habe ihm zwingen wollen, die besitzurkunden für die ländereien auszuhändigen. 4das bundesamt lehnte mit bescheid vom 28. märz 2017 die anträge des klägers auf zuerkennung der flüchtlingseigenschaft, auf asylanerkennung und auf zuerkennung des subsidiären schutzstatus ab. es stellte fest, dass abschiebungsverbote nach § 60 abs. 5 und abs. 7 satz 1 aufenthg nicht vorliegen, und drohte dem kläger die abschiebung nach afghanistan an. das einreise- und aufenthaltsverbot befristete das bundesamt auf 30 monate ab dem tag der abschiebung. 5der kläger hat dagegen klage erhoben. zur begründung führt er in ergänzung seines vortrags gegenüber dem bundesamt aus, seiner tante und seinem onkel sei durch die beklagte der subsidiäre schutzstatus gewährt worden. seine schwester und seine mutter seien aus dem iran nach afghanistan abgeschoben worden. die mutter sei nach der rückkehr ins heimatdorf der familie im februar 2017 von anhängern der taliban gefoltert worden. sie habe den aufenthaltsort des klägers verraten bzw. angeben sollen, wo sich die dokumente über die ländereien befänden. die mutter des klägers sei in folge des vorfalls erblindet. 6der kläger beantragt, 7die beklagte unter aufhebung des bescheids des bundesamtes für migration und flüchtlinge beklagten vom 28. märz 2017 zu verpflichten, dem kläger die flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen, weiter hilfsweise, dem kläger subsidiären schutz zuzuerkennen, weiter hilfsweise, festzustellen, dass abschiebungsverbote nach § 60 abs. 5 und abs. 7 satz 1 aufenthg vorliegen. 8die beklagte beantragt, 9 die klage abzuweisen. 10sie verweist auf die begründung des angegriffenen bescheids. 11wegen der weiteren einzelheiten wird auf den inhalt der gerichtsakte und des verwaltungsvorgangs der beklagten (ein elektronischer band) sowie der ausländerakte (ein hefter) verwiesen. 12
13das gericht kann trotz des ausbleibens der beklagten auf grund der mündlichen verhandlung entscheiden. die beklagte wurde fristgemäß geladen und darauf hingewiesen, dass beim ausbleiben eines beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann, § 102 abs. 2 vwgo. 14die zulässige klage ist unbegründet. der kläger hat im maßgeblichen zeitpunkt der mündlichen verhandlung keinen anspruch auf eine verpflichtung der beklagten, ihm die flüchtlingseigenschaft oder subsidiären schutz zuzuerkennen (unten 1.) oder festzustellen, dass abschiebungsverbote nach § 60 abs. 5 aufenthg oder § 60 abs. 7 satz 1 aufenthg vorliegen (unten 2.). die androhung der abschiebung und die regelung zu § 11 aufenthg sind rechtlich nicht zu beanstanden (unten 3.). der angegriffene bescheid des bundesamtes ist rechtmäßig und verletzt den kläger nicht in seinen rechten, § 113 abs. 1, 5 satz 1 vwgo. 151. dem kläger steht kein anspruch auf zuerkennung der flüchtlingseigenschaft nach § 3 abs. 4 asylg oder subsidiären schutzes nach § 4 abs. 1 asylg zu. 16die zuerkennung der flüchtlingseigenschaft scheidet schon deshalb aus, weil die von dem kläger geltend gemachten bedrohungen nicht an einen verfolgungsgrund im sinne des § 3 abs. 1, § 3b asylg anknüpfen. unabhängig hiervon besteht schon deshalb kein anspruch auf die zuerkennung internationalen schutzes nach § 3 abs. 4, § 4 abs. 1 asylg, weil ihm jedenfalls in kabul interner schutz nach (§ 4 abs. 3 satz 1 asylg i. v. m.) § 3e abs. 1 asylg zur verfügung steht. 17nach (§ 4 abs. 3 satz 1 asylg i. v. m.) § 3e abs. 1 asylg wird einem ausländer die flüchtlingseigenschaft bzw. subsidiärer schutz nicht zuerkannt, wenn er in einem teil seines herkunftslands keine begründete furcht vor verfolgung (§ 3 abs. 1 asylg) hat bzw. ihm dort kein ernsthafter schaden (§ 4 abs. 1 asylg) droht oder er zugang zu schutz vor verfolgung oder einem ernsthaften schaden nach (§ 4 abs. 3 satz 1 asylg i. v. m.) § 3d asylg hat und er sicher und legal in diesen landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt. 18begründete furcht vor verfolgung i. s. d. § 3 abs. 1 asylg besteht, wenn dem ausländer eine verfolgungshandlung wegen seiner rasse, religion, nationalität, seiner politischen überzeugung oder seiner zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen gruppe aufgrund der in seinem herkunftsland gegebenen umstände in anbetracht seiner individuellen lage tatsächlich, d.h. mit beachtlicher wahrscheinlichkeit droht. 19vgl. bverwg, urteile vom 4. juli 2019 – 1 c 37.18 –, juris, rn. 13 f., und vom 20. februar 2013 – 10 c 23.12 –, juris, rn. 19, 32. 20als ernsthafter schaden gelten die verhängung oder vollstreckung der todesstrafe (§ 4 abs. 1 satz 2 nr. 1 asylg), folter oder unmenschliche oder erniedrigende behandlung oder bestrafung (§ 4 abs. 1 satz 2 nr. 2 asylg) oder die ernsthafte individuelle bedrohung des lebens oder der unversehrtheit einer zivilperson infolge willkürlicher gewalt im rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten konflikts (§ 4 abs. 1 satz 2 nr. 3 asylg). 21a) dem kläger droht in kabul keine verfolgung i. s. d. § 3 abs. 1 asylg. selbst wenn wegen des streits um ländereien aktuell noch ein verfolgungsinteresse an dem kläger bestehen sollte, ist nicht anzunehmen, dass die verfolger den kläger in kabul gezielt aufspüren und verfolgen würden. der kläger hat vor mehr als fünf jahren sein heimatland verlassen. es ist schon nicht ersichtlich, wie die verfolger von einer rückkehr des klägers kenntnis erhalten könnten. daran ändert nichts, dass die verfolger von der abschiebung seine mutter und schwester aus dem iran erfahren haben und sie misshandelt haben sollen. denn diese sind in das heimatdorf der familie zurückgekehrt. damit ist die rückkehr in eine von dem ursprünglichen verfolgungsort entfernt liegende großstadt nicht vergleichbar. 22b) anhaltspunkte dafür, dass der kläger gemäß § 4 abs. 1 satz 1, 2 nr. 1 asylg wegen einer straftat gesucht wird und bei der niederlassung in kabul die gefahr der verhängung oder vollstreckung der todesstrafe besteht, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. 23c) dem kläger droht im fall der niederlassung in kabul aus den zu 1. a) genannten gründen auch nicht folter oder unmenschliche oder erniedrigende behandlung oder bestrafung wegen der von ihm geltend gemachten bedrohung, § 4 abs. 1 satz 2 nr. 2 asylg. 24d) dem kläger droht in kabul auch nicht eine ernsthafte individuelle bedrohung des lebens oder der unversehrtheit infolge willkürlicher gewalt im rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen konflikts nach § 4 abs. 1 satz 2 nr. 3 asylg. 25die kammer hat sich mit dieser frage erst vor kurzem befasst und ist zu dem ergebnis gekommen, dass das risiko in kabul opfer willkürlicher gewalt im – rechtlich irrelevanten – promillebereich liegt. 26vgl. vg köln, urteil vom 25. august 2020 – 14 k 1041/17.a –, juris, rn. 36 ff. 27der einzelrichter hält nach nochmaliger überprüfung an der entscheidung fest. in der person des klägers liegen keine gefahrerhöhenden umstände vor, die für ihn eine andere beurteilung rechtfertigen könnten. 28e) es kann vom kläger auch vernünftigerweise erwartet werden kann, sich in kabul niederzulassen (§ 3e abs. 1 nr. 2 asylg). die humanitäre situation steht dem nicht entgegen. 29auch hiermit hat die kammer sich erst vor kurzem befasst und ist unter berücksichtigung der auswirkungen der corona-pandemie zu dem ergebnis gekommen, dass jedenfalls ein erwachsener, alleinstehender, gesunder und arbeitsfähiger mann, der bereits vor seiner ausreise in afghanistan gearbeitet hat, vorbehaltlich etwaiger anderer besonderheiten in der person des betroffenen in kabul seinen lebensunterhalt sichern können wird. 30vgl. vg köln, urteil vom 25. august 2020 – 14 k 1041/17.a –, juris, rn. 49 ff.; vgl. auch bayvgh, urteil vom 1. oktober 2020 – 13a b 20.31004 –, juris, rn. 15 ff., 43. 31auch hieran hält der einzelrichter nach nochmaliger prüfung fest. der kläger ist jung und arbeitsfähig. zwar ist zu berücksichtigen, dass der kläger in afghanistan wohl bislang nicht gearbeitet. dies lässt probleme dabei erwarten, erstmals auf sich alleingestellt zu sein und eine tätigkeit finden zu müssen. allerdings wird dies dadurch kompensiert, dass nach der kläger nach seinen angaben aus einer vermögenden familie stammt und es der in afghanistan lebenden mutter und schwester auch aktuell wirtschaftlich gut geht. auf frage des gerichts, ob diese ihm geld nach kabul schicken könnten, antwortete er nur, dass er in kabul nicht sicher sei. als der einzelrichter die frage dann nochmal darauf zuspitzte, ob er unabhängig von der sicherheitsfrage seinen lebensunterhalt mit hilfe seiner familie in kabul sichern könnte, wich er dieser frage aus und verwies erneut nur auf die sicherheitslage. dies lässt nur den schluss zu, dass die sicherung des existenzminimums mit unterstützung seiner familie auch aus sicht des klägers möglich ist. dass die familie des klägers vermögend ist, zeigt sich schließlich an der vollständigen finanzierung der reise durch seine mutter (7.000 $) und daran, dass diese nach den angaben des klägers trotz der faktischen besetzung von ländereien des verstorbenen großvaters des klägers weiter auf in ihrem eigentum stehenden land, das dem vater des klägers gehört hatte, leben. bei der prognose ist weiter zu berücksichtigen, dass es nicht notwendig ist, den kläger dauerhaft vollständig zu finanzieren, sondern ihm nur die zeit zu erleichtern, die er für die anpassung an die schwierigen afghanischen verhältnisse benötigt. 322. der kläger hat keinen anspruch auf feststellung eines abschiebungsverbots nach § 60 abs. 5 oder abs. 7 satz 1 aufenthg. 33nach § 60 abs. 5 aufenthg darf ein ausländer nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der emrk ergibt, dass die abschiebung unzulässig ist. in betracht kommt insoweit insbesondere ein verbot aus art. 3 emrk, wonach niemand unmenschlich oder erniedrigend behandelt werden darf. 34dem kläger droht jedenfalls in kabul keine verletzung aus art. 3 emrk. eine gefährdung aus individuellen gründen ist aus den unter 1. a) genannten gründen nicht anzunehmen. dem kläger droht auch keine verletzung von art. 3 emrk wegen der sicherheitslage (vgl. oben 1. d) oder der humanitären situation (vgl. oben 1. e). 35dem kläger steht der geltend gemachte anspruch auf abschiebungsschutz auch nach § 60 abs. 7 satz 1 aufenthg nicht zu. nach dieser vorschrift soll von der abschiebung eines ausländers in einen anderen staat abgesehen werden, wenn dort für diesen ausländer eine erhebliche konkrete gefahr für leib, leben oder freiheit besteht. 36soweit es um die allgemeine sicherheitslage und humanitäre situation in afghanistan geht, gelten die obigen ausführungen hier entsprechend (zumal nach § 60 abs. 7 satz 5 aufenthg diesbezüglich ein hier nochmals verschärfter maßstab gilt, nämlich der maßstab der alsbaldigen realisierung einer extremen gefahrenlage mit hoher wahrscheinlichkeit). 37vgl. bverwg, urteile vom 8. november 2011 – 10 c 14.10 – juris, rn. 22 ff. und vom 31. januar 2013 – 10 c 15.12 –, juris rn. 38 ff. 38eine solche läge dann vor, wenn der kläger in afghanistan einer extremen gefahrenlage dergestalt ausgesetzt wäre, dass er im falle einer abschiebung dorthin gleichsam sehenden auges dem sicheren tod oder schwersten verletzungen ausgeliefert sein würde. 39vgl. bverwg, urteil vom 29. september 2011 – 10 c 24.10 –, juris, rn. 19 ff.; ovg nrw, beschluss vom 28. august 2017 – 13 a 2020/17.a –, juris, rn. 17 ff. 40trotz hoher infektionszahlen an covid-19 liegen anhaltspunkte für eine entsprechend hohe letalität nicht vor. der kläger zählt insoweit jedenfalls nicht zu einer risikogruppe. 41die voraussetzungen für die feststellung eines abschiebungsverbots gemäß § 60 abs. 7 satz 1 aufenthg aus gesundheitlichen gründen liegen ebenfalls nicht vor, weil der kläger an keiner behandlungsbedürftigen erkrankung leidet und – wie bereits zuvor ausgeführt – aufgrund seiner konstitution und seines alters eine solche auch mit blick auf die corona-pandemie nicht zu erwarten ist. denn eine erhebliche konkrete gefahr aus gesundheitlichen gründen liegt gemäß § 60 abs. 7 satz 3 aufenthg nur bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden erkrankungen vor, die sich durch die abschiebung wesentlich verschlechtern würden. 423. rechtmäßig sind auch die impliziten anordnungen der einreise- und aufenthaltsverbote gemäß § 11 abs. 1 aufenthg in ziffer 6 des angegriffenen bescheids. nach § 11 abs. 1 satz 1 aufenthg ist gegen einen ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ein einreise- und aufenthaltsverbot zu erlassen. das einreise- und aufenthaltsverbot soll gemäß § 11 abs. 2 satz 2 aufenthg mit der abschiebungsandrohung unter der aufschiebenden bedingung der abschiebung, spätestens mit der abschiebung erlassen werden. 43die formulierung in und die begründung zu ziffer 6 des angefochtene bescheids geht zwar von einem gesetzlichen einreise- und aufenthaltsverbot aus und entspricht damit nicht dem wortlaut des § 11 abs. 1 satz 1 aufenthg in der seit dem 21. august 2019 geltenden und nach § 77 abs. 1 satz 1 asylg vorliegend maßgeblichen fassung. dies ist aber unschädlich. 44denn die nunmehr durch § 11 abs. 1 satz 1 aufenthg geforderte einzelfallentscheidung über die verhängung eines einreiseverbots von bestimmter dauer ist in unionsrechtskonformer auslegung anhand des art. 11 abs. 1 der richtlinie 2008/115/eg regelmäßig in einer behördlichen befristungsentscheidung gemäß § 11 abs. 2 satz 3 aufenthg zu sehen. 45vgl. bverwg, beschluss vom 13. juli 2017 – 1 vr 3.17 – juris, rn. 72; bverwg, urteil vom 21. august 2018 – 1 c 21.17 –, juris, rn. 25 ff. 46ebenfalls rechtmäßig ist die befristung des einreise- und aufenthaltsverbots. die entscheidung über die befristung hat gemäß § 11 abs. 2 satz 3 aufenthg von amts wegen bei erlass des einreise- und aufenthaltsverbots zu ergehen und ist nach § 11 abs. 3 satz 1 aufenthg eine ermessensentscheidung. das gericht prüft die festsetzung in zeitlicher hinsicht nur auf ermessensfehler (§ 114 satz 1 vwgo). solche sind nicht feststellbar. insbesondere sind keine für eine fristverkürzung sprechenden belange vorgetragen oder ersichtlich. 474. die kostenentscheidung folgt aus § 154 abs. 1 vwgo, § 80 b asylg. die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit beruht auf § 167 vwgo in verbindung mit § 708 nr. 11 und § 711 zpo. 48rechtsmittelbelehrung 49gegen dieses urteil steht den beteiligten die berufung an das oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen zu, wenn sie von diesem zugelassen wird. die berufung ist nur zuzulassen, wenn 50511. die rechtssache grundsätzliche bedeutung hat oder 522. das urteil von einer entscheidung des oberverwaltungsgerichts, des bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen senats der obersten gerichtshöfe des bundes oder des bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser abweichung beruht oder 533. ein in § 138 der verwaltungsgerichtsordnung bezeichneter verfahrens-mangel geltend gemacht wird und vorliegt. 54die zulassung der berufung ist innerhalb eines monats nach zustellung des urteils schriftlich bei dem verwaltungsgericht köln, appellhofplatz, 50667 köln, zu beantragen. der antrag muss das angefochtene urteil bezeichnen. in dem antrag sind die gründe, aus denen die berufung zuzulassen ist, darzulegen. 55statt in schriftform können die einlegung und die begründung des antrags auf zulassung der berufung auch als elektronisches dokument nach maßgabe des § 55a der verwaltungsgerichtsordnung – vwgo – und der verordnung über die technischen rahmenbedingungen des elektronischen rechtsverkehrs und über das besondere elektronische behördenpostfach (elektronischer-rechtsverkehr-verordnung – ervv) erfolgen. 56vor dem oberverwaltungsgericht und bei prozesshandlungen, durch die ein verfahren vor dem oberverwaltungsgericht eingeleitet wird, muss sich jeder beteiligte durch einen prozessbevollmächtigten vertreten lassen. als prozessbevollmächtigte sind rechtsanwälte oder rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten hochschule eines mitgliedstaates der europäischen union, eines anderen vertragsstaates des abkommens über den europäischen wirtschaftsraum oder der schweiz, die die befähigung zum richteramt besitzen, für behörden und juristische personen des öffentlichen rechts auch eigene beschäftigte oder beschäftigte anderer behörden oder juristischer personen des öffentlichen rechts mit befähigung zum richteramt zugelassen. darüber hinaus sind die in § 67 abs. 4 der verwaltungsgerichtsordnung im übrigen bezeichneten und ihnen kraft gesetzes gleichgestellten personen zugelassen. 57die antragsschrift sollte zweifach eingereicht werden. im fall der einreichung eines elektronischen dokuments bedarf es keiner abschriften.
Verklagte*r
0
336,482
4 A 625/20
2021-03-10T00:00:00
Urteil
Tenor Das Berufungsverfahren wird eingestellt, soweit die Beigeladenen zu 2. und 3. ihre Berufungen zurückgenommen haben. Die Berufungen der Beigeladenen zu 1. und 4. gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 13.2.2020 werden zurückgewiesen. Die Anschlussberufung der Klägerin wird verworfen. Die Beigeladenen tragen die Kosten des Berufungsverfahrens jeweils zu 23 % mit der Maßgabe, dass eine Kostenerstattung zwischen ihnen nicht stattfindet, die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens zu 8 %. Die Beklagte trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die jeweilige Vollstreckungsschuldnerin kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Vollstreckungsgläubigerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. Die Revision wird nicht zugelassen. 1Tatbestand: 2Die Beteiligten streiten im Berufungsverfahren noch über die den Beigeladenen zu 1. und 4. erteilten glücksspielrechtlichen Erlaubnisse für den Betrieb von Spielhallen in der N. Innenstadt. Erstinstanzlich wandte sich die Klägerin auch gegen die den Beigeladenen zu 1., 2. und 3. erteilten Härtefallerlaubnisse. 3Die Klägerin betrieb an den Standorten I. -C. -Q. 0 und I. -C. -Q. 0 in N1. jeweils zwei miteinander im Verbund stehende Spielhallen. Für deren übernommenen Betrieb waren ihr unter dem 3.11.2015 gewerberechtliche Erlaubnisse nach § 33i GewO unter Hinweis auf die objektbezogene, am 30.11.2017 endende Freistellung von bestimmten Vorgaben des Glücksspielstaatsvertrags und des nordrhein-westfälischen Ausführungsgesetzes erteilt worden. Die Beigeladene zu 1. betreibt in der M. straße 00 zwei miteinander im Verbund stehende Spielhallen, die nach den Feststellungen der Beklagten 292 m von den Spielhallen der Klägerin am I. -C. -Q. 0 und 283 m von der Spielhalle einer weiteren Konkurrentin, der Q1. Q2. GmbH, am E. - - -T. -Q. 0 entfernt liegen. Die Beigeladenen zu 2., 3. und 4. betreiben als Schwestergesellschaften jeweils eine von drei miteinander im Verbund stehenden Spielhallen am I. -C. -Q. 00. Nach den Feststellungen der Beklagten befinden sich diese in einer Entfernung von 198 m zu den Spielhallen der Klägerin am I. -C. -Q. bzw. 233 m zu denen der Klägerin am I. -C. -Q. 0 sowie in 254 m Entfernung zur Spielhalle der weiteren Konkurrentin, der Q1. Q2. GmbH, am E. -aus-dem-T. -Q. 0. 4Am 26.9.2016 beantragte die Klägerin bei der Beklagten für ihre beiden Spielhallenstandorte jeweils die Erteilung einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis, hilfsweise unter Befreiung vom Mindestabstandsgebot und Verbundverbot zur Vermeidung unbilliger Härten nach § 29 Abs. 4 Satz 4 GlüStV. 5Mit Bescheid vom 2.11.2017 erteilte die Beklagte der Beigeladenen zu 4. eine bis zum 30.6.2021 befristete glücksspielrechtliche Erlaubnis für ihre Spielhalle 1 auf dem Grundstück I. -C. -Q. 00. In der Begründung führte sie aus, dass die innerhalb des Mindestabstands liegenden Spielhallen der Klägerin an den Standorten I. -C. -Q. 0 und 0 wegen mangelnden Vertrauensschutzes bereits aus der Konkurrenzmasse herausgefallen seien. Die Ordnungsbehörde müsse nach dem Ministerialerlass vom 10.5.2016 und gemessen an der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts vom 7.3.2017 eine Auswahlentscheidung zur bestmöglichen Ausschöpfung der bei der Beachtung der Mindestabstände verbleibenden Standortkapazität treffen. Daraus resultiere, dass in dem relevanten Bereich der Innenstadt die Entscheidung zugunsten der Beigeladenen zu 4. ausgefallen sei. Den Schwestergesellschaften der Beigeladenen zu 4., den Beigeladenen zu 2. und 3., erteilte die Beklagte für die weiteren Spielhallen am I. -C. -Q. 00 jeweils eine Härtefallerlaubnis. 6Mit Bescheid vom 3.11.2017 erteilte die Beklagte der Beigeladenen zu 1. ebenfalls unter Bezugnahme auf das Kriterium der bestmöglichen Ausschöpfung der verbleibenden Standortkapazität eine bis zum 30.6.2021 befristete glücksspielrechtliche Erlaubnis für ihre Spielhalle 1 auf dem Grundstück M. straße 00. In der Begründung führte sie an, dass die innerhalb des Mindestabstands liegenden Spielhallen der Klägerin am Standort I. -C. -Q. 0 wegen mangelnden Vertrauensschutzes bereits aus der Konkurrenzmasse herausgefallen seien. Für die weitere in der M. straße 00 im Verbund betriebene Spielhalle 2 der Beigeladenen zu 1. erteilte die Beklagte eine Härtefallerlaubnis. 7Die Anträge der Klägerin für deren Spielhallen an den Standorten I. -C. -Q. 0 und 0 lehnte die Beklagte mit Bescheiden vom 23.11.2017 ab. Diese hätten nur dann Aussicht auf Erfolg haben können, wenn die konkurrierenden Spielhallenbetreiber, die die gewerberechtliche Erlaubnis nach § 33i GewO vor dem Stichtag des 28.10.2011 erhalten hätten, keine glücksspielrechtliche Erlaubnis beantragt oder diese gegebenenfalls zurückgenommen hätten und keine unbillige Härte nachweisen könnten. Dies sei nicht der Fall gewesen. Der Klägerin fehle es an dem erforderlichen gesetzlichen Vertrauensschutz, weil sie im Übergangszeitraum vom 1.12.2012 bis 30.11.2017 mit dem Wissen der Auswirkungen des Glücksspielstaatsvertrags Vermögensdispositionen getroffen habe. Angesichts dessen liege auch keine unbillige Härte vor. 8Die Klägerin hat gegen die den Beigeladenen erteilten Erlaubnisse die vorliegende Klage erhoben. Zur Begründung hat sie im Wesentlichen geltend gemacht, das Erlaubnisverfahren müsse neu durchgeführt werden, weil die Beklagte – wie sie eingeräumt habe – die vier Spielhallen der Klägerin an den Standorten I. -C. -Q. 0 und 0 bei ihrer Auswahlentscheidung wegen vermeintlich mangelnden Vertrauensschutzes von vornherein nicht berücksichtigt habe. Die von der Beklagten angeführten Vertrauensschutzaspekte könnten bei der Härtefallregelung eine Rolle spielen. Bei der Auswahlentscheidung seien sie dagegen unerheblich. 9Die Hauptbeteiligten haben das Verfahren hinsichtlich der den Beigeladenen zu 1., 2. und 3. jeweils erteilten Härtefallerlaubnisse übereinstimmend für erledigt erklärt. Im Übrigen hat die Klägerin zuletzt schriftsätzlich beantragt, 10die der Beigeladenen zu 1. (Spielhalle 1, M.-straße 00 in N1. ) und der Beigeladenen zu 4. (Spielhalle 1, I. -C. -Q. 00 in N1. ) erteilten glücksspielrechtlichen Erlaubnisse vom 3.11. und vom 2.11.2017 aufzuheben. 11Die Beklagte hat schriftsätzlich beantragt, 12die Klage abzuweisen. 13Sie hat vorgetragen, die vier Spielhallen der Klägerin an den Standorten I. -C. -Q. 0 und 0 bei der Auswahl nicht berücksichtigt zu haben, weil diese die gewerberechtlichen Erlaubnisse erst im Übergangszeitraum vom 1.12.2012 bis 30.11.2017 erhalten hätten und es der Klägerin deshalb am Vertrauensschutz mangele. Daraufhin habe sie für eine sachgerechte Auswahlentscheidung in der N. Innenstadt zwei räumlich unterschiedliche Konkurrenzbereiche definiert. Unter Berücksichtigung der Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts habe die getroffene Auswahlentscheidung bei bestmöglicher Ausschöpfung der Standortkapazitäten in dem hier relevanten Gebiet zur Ablehnung der Standorts E. -aus-dem-T. -Q. 0 (12 Spielgeräte) geführt, weil dann bei Beachtung der Mindestabstände an den Standorten I. -C. -Q. 00 (12 Spielgeräte) und M. straße 00 (12 Spielgeräte) jeweils eine Spielhalle habe verbleiben können. 14Die Beigeladenen haben im erstinstanzlichen Verfahren keine Anträge gestellt. 15Nachdem das Verwaltungsgericht zunächst die auf Duldung des vorläufigen Weiterbetriebs ihrer Spielhallen am I. -C. -Q. 0 und 0 gerichteten Anträge der Klägerin auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes (VG Düsseldorf, 3 L 5695/17 und 3 L 5696/17) abgelehnt hatte, hat der erkennende Senat auf die Beschwerden der Klägerin mit Beschlüssen vom 26.11.2019 (4 B 255/18 und 4 B 256/18) die Beklagte im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, den Fortbestand jeweils der Spielhalle 1 an den Standorten I. -C. -Q. 0 und 0 bis zu einer erneuten Bescheidung der Erlaubnisanträge der Klägerin zu dulden; im Übrigen (bezüglich des vorläufigen Weiterbetriebs jeweils der Spielhalle 2 am Standort I. -C. -Q. 0 bzw. 0) hat der Senat die Beschwerde zurückgewiesen. 16Mit Urteil vom 13.2.2020 hat das Verwaltungsgericht das vorliegende Verfahren eingestellt, soweit die Hauptbeteiligen den Rechtsstreit übereinstimmend hinsichtlich der Spielhalle 2 der Beigeladenen zu 1., der Spielhalle 3 der Beigeladenen zu 2. und der Spielhalle 2 der Beigeladenen zu 3. („Härtefallerlaubnisse“) in der Hauptsache für erledigt erklärt hatten. Im Übrigen hat es die Bescheide der Beklagten vom 3.11. bzw. 2.11.2017 über die den Beigeladenen zu 1. und 4. hinsichtlich ihrer Spielhallen 1 jeweils erteilte Erlaubnis aufgehoben. Die Kosten des Verfahrens sind zu 3/5 der Klägerin und zu 2/5 der Beklagten auferlegt worden. 17Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die Klage sei hinsichtlich ihres noch streitigen Teils begründet. Die den Beigeladenen zu 1. und 4. erteilten Erlaubnisse seien rechtswidrig und verletzten die Klägerin in ihren Rechten, weil sich das von der Beklagten zulasten der Klägerin durchgeführte Auswahlverfahren als ermessensfehlerhaft erweise. Aufgrund der konkreten örtlichen Gegebenheiten habe die Beklagte keinen Verteilmechanismus wählen können, der die bestmögliche Ausschöpfung der bei Beachtung der Mindestabstände verbleibenden Standortkapazität in dem relevanten Gebiet ermögliche, sondern hätte eine komplexe Abwägungsentscheidung treffen müssen. Dabei wäre es jedenfalls geboten gewesen, konkrete einzelfallbezogene sachliche Feststellungen bezüglich der konkurrierenden Spielhallen der Klägerin und der Beigeladenen zu treffen und sich anschließend mit diesen in der Sache auseinander zu setzen sowie nachvollziehbar zu dokumentieren, dass und wie diesbezüglich eine Abwägung im Rahmen einer Auswahlentscheidung erfolgt sei. 18Darüber hinaus hat das Verwaltungsgericht unter wörtlicher Wiedergabe Bezug genommen auf die Ausführungen des erkennenden Senats in seinem Beschluss vom 26.9.2019 – 4 B 256/18 –, wonach sich die Entscheidung der Beklagten bereits deshalb als fehlerhaft erweise, weil sie die Klägerin wegen fehlenden Vertrauensschutzes in das Auswahlverfahren von vornherein nicht einbezogen habe. Hierdurch habe die Beklage die Erfüllung der Ziele des § 1 GlüStV gegenüber Vertrauensschutzinteressen zumindest als nachrangig, wenn nicht sogar als unbeachtlich angesehen. Dies sei auch nicht im Ergebnis unschädlich, weil sich derzeit nicht absehen lasse, dass die Klägerin bei einer Auswahlentscheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats mit Sicherheit unberücksichtigt bleiben würde. 19Zur Begründung ihrer vom Verwaltungsgericht zugelassenen Berufung macht die Beigeladene zu 1. geltend: Auch aus den vom Verwaltungsgericht angeführten Gründen ergebe sich nicht zwangsläufig die Rechtswidrigkeit der zugunsten der Beigeladenen zu 1. getroffenen Auswahlentscheidung. Zum einen habe die Beigeladene zu 1. bereits im Verwaltungsverfahren nachgewiesen, dass sie die Qualitätsanforderungen an den Betrieb einer Spielhalle im Besonderen erfülle. Zum anderen habe die Beklagte ausweislich des Wortlauts der Begründung der der Beigeladenen zu 1. erteilten Erlaubnis den Gesichtspunkt der bestmöglichen Ausschöpfung der Standortkapazität berücksichtigt. Das Ergebnis nach anderen Kriterien könne mit dem Kriterium der bestmöglichen Ausschöpfung der Standortkapazität „abgeglichen" und am Ende im Bescheid selbst nur noch hierauf abgestellt werden. Da der Wortlaut des angegriffenen Bescheids den Ausschöpfungsgedanken benenne, liege keine nachträgliche, nach § 114 Satz 2 VwGO unzulässige Umgewichtung der Auswahlkriterien vor. Dem Eilbeschwerdebeschluss des erkennenden Senats sei zu entnehmen, dass sich eine rechtmäßige Auswahl zugunsten der Beigeladenen zu 1. und zulasten der Klägerin allein auf das Kriterium der bestmöglichen Ausschöpfung der Standortkapazität stützen lasse. 20Die Beigeladene zu 1. beantragt, 21das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 13.2.2020 teilweise zu ändern und die Klage abzuweisen, soweit sie sich gegen die Erlaubnis der Beigeladenen zu 1. (Spielhalle 1, M. straße 00) richtet. 22Die Beigeladenen zu 2. und 3. haben ihre Berufungen zurückgenommen. Die Beigeladene zu 4. macht zur Begründung ihrer Berufung geltend: Die gewerberechtlichen Erlaubnisse zum Betrieb der Spielhallen an den Standorten I. -C. -Q. 0 und I. -C. -Q. 0 seien erst nach Ablauf der Übergangszeit gemäß § 29 Abs. 4 Satz 2 GlüStV erteilt worden. Da die Beklagte zuvor überprüft habe, dass diese aufgrund mangelnden Vertrauensschutzes ausgeschiedenen Spielhallen die Ziele des § 1 GlüStV nicht besser als die in der Auswahl verbleibenden Spielhallen erfüllten, sei der Vertrauensschutzgedanke rechtmäßig angewandt worden. Zwischen den verbliebenen Standorten habe die Beklage nachvollziehbar das Kriterium der bestmöglichen Standortkapazität herangezogen. 23Die Beigeladene zu 4. beantragt, 24das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 13.2.2020 teilweise zu ändern und die Klage abzuweisen, soweit sie sich gegen die Erlaubnis der Beigeladenen zu 4. (Spielhalle 1 der D. B. GmbH, I. -C. -Q. 00) richtet. 25Die Beklagte schließt sich den Ausführungen der Beigeladenen zu 1. und 4. an, ohne einen eigenen Antrag zu stellen. Ergänzend macht sie geltend, die getroffene Auswahlentscheidung sei im Ergebnis nicht rechtswidrig. Im Rahmen einer Vorabprüfung habe sie festgestellt, dass keine Spielhalle aufgrund der Besonderheit des Umfelds des Standortes oder aus der Art der zu erwartenden Betriebsführung (z. B. mangelnde Qualität oder Fehlen des Sozialkonzepts) vorzugswürdig sei. Eine Entscheidung aufgrund der Qualität sei somit nicht möglich gewesen. Um den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts zur bestmöglichen Ausschöpfung der bei Beachtung der Mindestabstände verbleibenden Standortkapazitäten in dem relevanten Gebiet gerecht zu werden, sei im Rahmen der Auswahlentscheidung geprüft worden, wie so viele Spielhallen wie möglich mit möglichst vielen Geldspielgeräten bestehen bleiben könnten. Da sich die Kapazität eines Standortes gerade nach der Anzahl der vorhandenen Spielgeräte bemesse, habe sie im Interesse der Spielhallenbetreiber von Anfang an insbesondere die Anzahl der vorhandenen Geldspielgeräte einbezogen. Aus Vertrauensgesichtspunkten seien vier Spielhallen nicht berücksichtigt worden, deren Erlaubnisse nach dem 28.10.2011 erteilt worden seien. 26Die Klägerin hält die Berufungen der Beigeladenen zu 1. und 4. für unbegründet. Das Kriterium der bestmöglichen Ausschöpfung der bei Beachtung der Mindestabstände verbleibenden Standortkapazität könne weder die Notwendigkeit einer an den Zielen des § 1 GlüStV orientierten Auswahlentscheidung verdrängen noch eine anhand anderer Kriterien getroffene Entscheidung im Nachhinein rechtfertigen. Die Beklagte habe darüber hinaus im Berufungsverfahren erstmals behauptet, sie habe bei der Auswahlentscheidung auch die Anzahl der verbleibenden Geldspielgeräte mit in die Entscheidung einfließen lassen. Inwieweit die Zahl der Geldspielgeräte bei der Auswahlentscheidung tatsächlich eine Rolle gespielt habe, lasse sich anhand des Verwaltungsvorgangs nicht nachvollziehen. Selbst wenn dies tatsächlich der Fall gewesen sein sollte, ließe sich die Nichtberücksichtigung der Klägerin damit jedenfalls nicht rechtfertigen. Auch bei der Auswahl des klägerischen Standorts I. -C. -Q. 0 wäre eine Erlaubniserteilung für insgesamt vier Spielhallenstandorte in der N. Innenstadt mit insgesamt 42 Geldspielgeräten (I. -C. -Q. 0 mit 12 Geldspielgeräten, M1. straße 00 mit 7 Geldspielgeräten, M. straße 00 mit 12 Geldspielgeräten und F.----------straße 000 mit 11 Geldspielgeräten) möglich gewesen. Sowohl die Zahl der Spielhallen (4) als auch die Zahl der Geldspielgeräte (42) entspreche damit der von der Beklagten getroffenen Auswahlentscheidung zugunsten der Standorte I. -C. -Q. 00 (12 Geldspielgeräte), M1. straße 00 (7 Geldspielgeräte), M. straße 00 (12 Geldspielgeräte) und F.----------straße 000 (11 Geldspielgeräte). Die Nichtberücksichtigung der Klägerin lasse sich vor diesem Hintergrund schlechterdings nicht im Hinblick auf das Kriterium der bestmöglichen Ausschöpfung der Standortkapazität rechtfertigen. 27Die Klägerin hält ihre auf die Abänderung der erstinstanzlichen Kostenentscheidung gerichtete Anschlussberufung für zulässig. Die Vorschrift des § 158 Abs. 1 VwGO stehe dem nicht entgegen. Deren Beschränkung gelte nur für selbständige Rechtsmittel, die allein gegen die Kostenentscheidung gerichtet seien. Sei wie vorliegend die Hauptsache auf das Rechtsmittel eines anderen Rechtsmittelberechtigten hin bereits in der höheren Instanz anhängig, könne durch ein Anschlussrechtsmittel auch die Kostenentscheidung allein angegriffen werden. Die Anschlussberufung sei auch begründet. Es hätte in Anlehnung an die Rechtsprechung des erkennenden Senats billigem Ermessen entsprochen, die Kosten hinsichtlich des erledigten Teils des Verfahrens der Beklagten anstatt der Klägerin aufzuerlegen. Denn die Beklagte habe die Klägerin zur Erhebung der Klage gegen die Härtefallerlaubnisse veranlasst, indem sie die Klägerin lediglich darüber informiert habe, den Beigeladenen seien „befristete glücksspielrechtliche Erlaubnisse“ erteilt worden, ohne klarzustellen, dass es sich dabei teilweise lediglich um Härtefallerlaubnisse gehandelt habe. 28Die Klägerin beantragt, 29die Berufungen der Beigeladenen zu 1. und 4. zurückzuweisen, 30sowie das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 13.2.2020 teilweise zu ändern und die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen auf ihre Anschlussberufung insgesamt der Beklagten aufzuerlegen. 31Die Beklagte beantragt, 32die Anschlussberufung zurückzuweisen. 33Neben der vorliegenden Klage hat die Klägerin auch Klage gegen die an sie gerichteten Versagungsbescheide für ihre Spielhallenstandorte I. -C. -Q. 1 (VG Düsseldorf, 3 K 19427/17) und I. -C. -Q. 0 (VG Düsseldorf, 3 K 19428/17) erhoben. Nach Ergehen der Senatsbeschlüsse vom 26.9.2019 in den Eilbeschwerdeverfahren 4 B 255/18 und 4 B 256/18 hat die Beklagte auf entsprechende Anfrage des Verwaltungsgerichts die Versagungsbescheide aufgehoben, soweit darin die Erteilung einer glückspielrechtlichen Erlaubnis jeweils für die Spielhalle 1 der Klägerin am I. -C. -Q. 0 bzw. 0 abgelehnt worden war. Daraufhin haben die Beteiligten die Klageverfahren insoweit übereinstimmend für erledigt erklärt. Im Übrigen, jeweils hinsichtlich der Spielhalle 2 an den vorgenannten Standorten, hat die Klägerin ihre Klagen zurückgenommen. 34Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte in diesem Verfahren, den dazugehörigen Beiakten, das sind die Gerichtsakte zum Eilbeschwerdeverfahren 4 B 256/18, die Verwaltungsvorgänge der Beklagten zu den Spielhallen 1 und 2 der Klägerin am Standort I. -C. -Q. 0 und der von der Beklagten erstellte Kartenauszug zur Abstandskonkurrenz in der N. Innenstadt, sowie die beigezogenen Gerichtsakten des Verwaltungsgerichts Düsseldorf in den Verfahren 3 K 19427/17 und 3 K 19428/17 Bezug genommen. 35Entscheidungsgründe: 36Soweit die Beigeladenen zu 2. und 3. ihre Berufungen zurückgenommen haben, war das Berufungsverfahren gemäß § 125 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO in entsprechender Anwendung einzustellen. 37Sowohl die Berufungen der Beigeladenen zu 1. und 4. (dazu A.) als auch die Anschlussberufung der Klägerin (dazu B.) bleiben ohne Erfolg. 38A. Die zulässigen Berufungen der Beigeladenen zu 1. und 4. sind unbegründet. 39Die Klage der Klägerin gegen die den Beigeladenen zu 1. und 4. mit Bescheiden der Beklagten vom 3.11. bzw. 2.11.2017 jeweils erteilten glücksspielrechtlichen Erlaubnisse für die von ihnen betriebenen „Spielhallen 1“ in der M. straße 00 bzw. am I. -C. -Q. 00 ist zulässig (dazu I.) und begründet (dazu II.). 40I. Die Klage ist zulässig. Die Klägerin ist insbesondere klagebefugt, § 42 Abs. 2 VwGO. 41Nach § 42 Abs. 2 VwGO ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch das streitgegenständliche Verhalten der öffentlichen Gewalt in seinen Rechten verletzt zu sein. Das ist dann der Fall, wenn nach dem tatsächlichen Klagevorbringen eine Verletzung eigener subjektiver Rechte des Klägers möglich erscheint. 42Vgl. OVG NRW, Urteil vom 28.9.2020 – 4 A 2325/19 –, juris, Rn. 26 f., m. w. N. 43Danach ist die Klägerin klagebefugt. Dies gilt im Verhältnis zur Beigeladenen zu 4. sowohl für die von der Klägerin geltend gemachten Rechte aus dem Betrieb ihres Spielhallenstandorts I. -C. -Q. 0 als auch aus dem ihres Spielhallenstandorts I. -C. -Q. 0. Die der Beigeladenen zu 4. für den Betrieb ihrer Spielhalle 1 am I. -C. -Q. 00 auf der Grundlage einer Auswahlentscheidung erteilte glücksspielrechtliche Erlaubnis vom 2.11.2017 löst gegenüber beiden Spielhallenstandorten der Klägerin das Mindestabstandsgebot aus und berührt diese dadurch in ihren Rechten. 44Vgl. OVG NRW, Urteil vom 28.9.2020 – 4 A 2325/19 –, juris, Rn. 28 f., m. w. N. 45Im Verhältnis zu der unter dem 3.11.2017 der Beigeladenen zu 1. erteilten glücksspielrechtlichen Erlaubnis für deren in der M. straße 00 betriebene Spielhalle 1 ist eine Verletzung eigener subjektiver Rechte der Klägerin durch Auslösung des Mindestabstandsgebots zu den Spielhallen der Klägerin am I. -C. -Q. 0 gegeben. Ihr Spielhallenstandort I. -C. -Q. 0 steht hingegen in keiner Abstandskonkurrenz zur Spielhalle in der M. straße 00, weil insoweit der in § 25 Abs. 1 GlüStV i. V. m. § 16 Abs. 3 Satz 1 AG GlüStV NRW gesetzlich festgelegte Mindestabstand von 350 m Luftlinie nicht unterschritten wird. 46II. Die Klage ist auch begründet. Die den Beigeladenen zu 1. und 4 erteilten, angefochtenen Erlaubnisse sind rechtswidrig und verletzten die Klägerin in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. 471. Die Erteilung einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis setzt grundsätzlich voraus, dass das Mindestabstandsgebot aus § 25 Abs. 1 GlüStV i. V. m. § 16 Abs. 3 Satz 1 AG GlüStV NRW eingehalten wird. Nach diesen Vorschriften soll ein Mindestabstand von 350 Metern Luftlinie zu einer anderen Spielhalle nicht unterschritten werden. Begehren nach Ablauf der Übergangsfrist des § 29 Abs. 4 Satz 2 GlüStV mehrere Betreiber von Spielhallen, die zueinander das Mindestabstandsgebot nicht einhalten, die Erteilung einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis, bedarf es zur Auflösung der Konkurrenzsituation einer Auswahlentscheidung. Die in die Auswahlentscheidung einzustellenden Kriterien (Auswahlparameter) lassen sich dem Gesetz entnehmen und wurden durch die die Behörde bindenden Erlasse des Ministeriums für Inneres (und Kommunales) näher konturiert. Insbesondere kann im Rahmen der Auswahl zunächst auf die Regelung zur Härtefallbefreiung nach § 29 Abs. 4 Satz 4 GlüStV zurückgegriffen werden. Die ohnehin geforderte Berücksichtigung der grundrechtlich geschützten Positionen der Spielhallenbetreiber gebietet auch ohne ausdrückliche gesetzliche Präzisierung, dass die zuständigen Behörden sich eines Verteilmechanismus bedienen, der die bestmögliche Ausschöpfung der bei Beachtung der Mindestabstände verbleibenden Standortkapazität in dem relevanten Gebiet ermöglicht. Das gilt auch, sofern bei der erforderlichen Auswahlentscheidung zusätzlich Erlaubnisanträge neu in den Markt eintretender (oder erst vor kurzem eingetretener) Bewerber einzubeziehen sind, wobei grundrechtsrelevante Positionen der Betreiber von Bestandsspielhallen zu berücksichtigen bleiben. Dazu zählt etwa die Amortisierbarkeit von Investitionen. Zudem ergibt sich aus dem Gesamtzusammenhang der Regelung in § 29 Abs. 4 Satz 4 GlüStV, dass bereits bei der Auswahlentscheidung die mit der Neuregelung verfolgten Ziele des § 1 GlüStV zu beachten sind und bei Bestandsspielhallen überdies der Zeitpunkt der Erteilung der Erlaubnis gemäß § 33i GewO zu berücksichtigen ist. Diese gesetzlichen Vorgaben sind ergänzend durch die über das Internet allgemein zugänglichen Ministerialerlasse vom 10.5.2016 und 6.11.2017 näher konturiert worden, die weitere Hinweise zu den heranzuziehenden Kriterien enthalten und der Ausübung des Ermessens durch die hieran gebundenen Behörden zusätzliche Grenzen setzen. 48Vgl. OVG NRW, Urteile vom 28.9.2020 – 4 A 2325/19 –, juris, Rn. 31 ff., und vom 10.10.2019 – 4 A 1826/19 –, DVBl. 2020, 453 = juris, Rn. 45 f., jeweils m. w. N. und unter Hinweis auf BVerfG, Beschluss vom 7.3.2017 ‒ 1 BvR 1314/12 u. a. ‒, BVerfGE 145, 20 = juris, Rn. 179 ff., 182 ff. 49Ein Verteilmechanismus, der die bestmögliche Ausschöpfung der bei Beachtung der Mindestabstände verbleibenden Standortkapazität in dem relevanten Gebiet ermöglicht, kann von den Erlaubnisbehörden allerdings nicht losgelöst von der Vereinbarkeit mit den Zielen des § 1 GlüStV angewandt werden; das letztgenannte Kriterium darf mit Blick auf den mit der Begrenzung des Spielhallenangebots verbundenen Grundrechtseingriff in Nordrhein-Westfalen aufgrund verfassungsrechtlicher Vorgaben jedenfalls nicht als nachrangig eingestuft werden. 50Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 26.9.2019 – 4 B 255/18 –, ZfWG 2019, 516 = juris, Rn. 35 ff., 57 ff., 67 f., und – 4 B 256/18 –, ZfWG 2020, 184 (nur Leitsatz) = juris, Rn. 35 ff., 57 ff., 67 f. 51Die in der Auswahlentscheidung auch zu berücksichtigenden Ziele des § 1 GlüStV erfordern in Nordrhein-Westfalen einen Vergleich der konkurrierenden Bewerber daraufhin, wer besser geeignet ist, die Ziele des Staatsvertrags zu erreichen. Solche Unterschiede können sich unter anderem aus Besonderheiten des Umfeldes des jeweiligen Standorts oder aus der Art der zu erwartenden Betriebsführung der einzelnen Betreiber ergeben. Hierbei ist etwa maßgeblich, inwieweit prognostisch von einem rechtstreuen Verhalten des Spielhallenbetreibers auszugehen ist, also von der Einhaltung von Vorschriften, die gerade die Erreichung der Ziele des § 1 GlüStV sicherstellen sollen. 52Vgl. ausführlich OVG NRW, Urteil vom 10.10.2019 – 4 A 1826/19 –, DVBl. 2020, 453 = juris, Rn. 47 ff., und Beschluss vom 26.9.2019 – 4 B 255/18 –, ZfWG 2019, 516 = juris, Rn. 28 ff. 53Eine Differenzierung der Bewerber danach, in welchem Maße sie materielle Anforderungen erfüllen, ist auch tatsächlich möglich. So kommt beispielsweise in Betracht, dass ein Spielhallenbetreiber gegen bestimmte materiellen Anforderungen (zeitweise) verstoßen hat, ohne dass dies die Versagung der Erlaubnis rechtfertigen würde, obwohl auch künftig mit entsprechenden oder ähnlichen geringfügigen Verstößen zu rechnen ist. Dennoch kann sich hierdurch nachvollziehbar ergeben, dass er im Vergleich zu einem stets ohne Beanstandungen tätig gewordenen Spielhallenbetreiber weniger die Gewähr für ein rechtstreues an der Suchtprävention ausgerichtetes Verhalten bietet. Andererseits ist auch denkbar, dass zwar bei keinem der konkurrierenden Betreiber Beanstandungen festzustellen sind, ein Bewerber die gesetzlichen Anforderungen, insbesondere soweit sie unmittelbar auf die Suchtbekämpfung bezogen sind, im Vergleich zu den anderen Bewerbern deutlich übererfüllt und deshalb vorzuziehen ist. 54Vgl. OVG NRW, Urteil vom 10.10.2019 – 4 A 1826/19 –, DVBl. 2020, 453 = juris, Rn. 78, und Beschlüsse vom 26.9.2019 – 4 B 255/18 –, ZfWG 2019, 516 = juris, Rn. 39, und – 4 B 256/18 –, ZfWG 2020, 184 (nur Leitsatz) = juris, Rn. 39. 55Bei der Auswahlentscheidung sind nach dem Zweck der Ermächtigung die (dauerhaft anzustrebenden) Ziele des § 1 GlüStV auch gegenüber Bestandsschutz- und Vertrauensschutzinteressen, denen im Rahmen von Härtefallentscheidungen (nur vorübergehend) Rechnung getragen werden kann, jedenfalls nicht nachrangig. Dies ergibt sich schon aus den Regelungen des Glücksspielstaatsvertrags selbst. Bestandsschutz- und Vertrauensschutzgesichtspunkte können bei unzumutbaren Belastungen eine Erlaubniserteilung nur für einen angemessenen (begrenzten) Zeitraum rechtfertigen, § 29 Abs. 4 Satz 4 GlüStV. Angesichts dessen wäre es sachwidrig, gestützt auf diese Kriterien einen im Hinblick auf die Erfüllung der Ziele des § 1 GlüStV gegebenenfalls vorzuziehenden Bewerber abzulehnen. Folge einer solchen Auswahlentscheidung wäre es nämlich, dass der deswegen unterlegene Konkurrent nicht nur für einen angemessenen Zeitraum, sondern dauerhaft verdrängt würde. Denn der unterlegene Bewerber muss sein Geschäft wegen des Mindestabstandsgebots aufgeben. 56Vgl. OVG NRW, Urteile vom 28.9.2020 – 4 A 2325/19 –, juris, Rn. 42 f., m. w. N., und vom 10.10.2019 – 4 A 1826/19 –, DVBl. 2020, 453 = juris, Rn. 55, sowie Beschlüsse vom 26.9.2019 – 4 B 255/18 –, ZfWG 2019, 516 = juris, Rn. 51, und – 4 B 256/18 –, ZfWG 2020, 184 (nur Leitsatz) = juris, Rn. 51. 57Die vorrangige Berücksichtigung der Ziele des § 1 GlüStV in der Auswahlentscheidung ist im Übrigen auch im Hinblick auf Neubewerber geboten, die einen Anspruch auf Einbeziehung in die Auswahlentscheidung haben. Dies gilt umso mehr für Betreiber von Bestandsspielhallen, die wie die Klägerin keine Härtegründe geltend machen können. Der Vorrang von Bestandsschutz- und Vertrauensschutzgesichtspunkten würde jedoch nicht nur Neubewerber, sondern auch Bestandsspielhallen, für die keine außergewöhnlichen Vertrauensschutzgesichtspunkte sprechen, in Konkurrenzlagen von der Auswahlentscheidung faktisch auf lange Sicht ausschließen. 58Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 26.9.2019 – 4 B 255/18 –, ZfWG 2019, 516 = juris, Rn. 56, und – 4 B 256/18 –, ZfWG 2020, 184 (nur Leitsatz) = juris, Rn. 56. 592. Ausgehend davon hat die Beklagte die den Beigeladenen zu 1. und 4. erteilten Erlaubnisse aufgrund einer ermessensfehlerhaften Auswahlentscheidung rechtswidrig erteilt und dadurch subjektive Rechte der Klägerin verletzt. Die Klägerin hat aufgrund ihres Antrags auf Erteilung einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis nach den §§ 24 Abs. 1 GlüStV, 16 Abs. 2 AG GlüStV NRW einen noch nicht erfüllten Anspruch auf Beteiligung an dem in Folge der Nichteinhaltung des Mindestabstandsgebots nach Ablauf der Übergangsfrist des § 29 Abs. 4 Satz 2 GlüStV notwendigen Auswahlverfahren. 60Wie der Senat in seinen Beschlüssen vom 26.9.2019 in den Eilbeschwerdeverfahren 4 B 255/18 und 4 B 256/18 bereits ausführlich dargelegt hat, hat die Beklagte keine rechtmäßige Auswahl unter denjenigen Spielhallen vorgenommen, die zueinander den Mindestabstand von 350 Metern Luftlinie nach § 16 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 AG GlüStV NRW unterschreiten. Die Entscheidung der Beklagten erweist sich bereits deshalb als fehlerhaft, weil sie die Klägerin wegen fehlenden Vertrauensschutzes in das Auswahlverfahren von vornherein nicht einbezogen hat. Die Beklagte hat in dem gegenüber der Beigeladenen zu 1. erteilten Erlaubnisbescheid ausdrücklich angeführt, dass der Spielhallenstandort der Klägerin am I. -C. -Q. 0 wegen mangelnden Vertrauensschutzes bereits aus der dort betroffenen Konkurrenzmasse herausgefallen sei. Im der Beigeladenen zu 4. erteilten Erlaubnisbescheid hat sie ausdrücklich angeführt, dass die Spielhallenstandorte der Klägerin am I. -C. -Q. 0 und I. -C. -Q. 0 wegen mangelnden Vertrauensschutzes bereits aus der dort betroffenen Konkurrenzmasse herausgefallen seien. Im gerichtlichen Verfahren hat sie dies nochmals bestätigt. 61Hierdurch hat die Beklagte die Erfüllung der Ziele des § 1 GlüStV gegenüber Vertrauensschutzinteressen jedenfalls im Verhältnis zur Klägerin zumindest als nachrangig, wenn nicht sogar als unbeachtlich angesehen. Lediglich wenn die Beklagte bei der Prüfung der Ziele des § 1 GlüStV und der weiteren in die Auswahlentscheidung einzustellenden Kriterien nachvollziehbar keine entscheidungserheblichen Unterschiede zwischen den Spielhallen feststellen kann, wäre es vertretbar, auf den Zeitpunkt der Erteilung der Erlaubnis nach § 33i GewO an den jeweiligen Betreiber abzustellen. 62Vgl. OVG NRW, Urteile vom 28.9.2020 – 4 A 2325/19 –, juris, Rn. 49 f., vom 25.9.2020 – 4 A 2836/19 –, juris, Rn. 41 f., und vom 10.10.2019 – 4 A 1826/19 –, DVBl. 2020, 453 = juris, Rn. 76 f., jeweils m. w. N. 63Gegenwärtig liegen dem Senat indes keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Klägerin auch nach einem Vergleich der Bewerber bezogen auf die Ziele des § 1 GlüStV mit Sicherheit das Nachsehen hätte. Die Feststellung und Bewertung der Unterschiede zwischen den Bewerbern unter Einbeziehung der Klägerin unterfällt einem Ermessensspielraum der Behörde, der nur eingeschränkt gerichtlich überprüfbar ist. Deshalb darf der Senat die der Beklagten vorbehaltene Entscheidung nicht selbst treffen. 64Die Nichtberücksichtigung der Klägerin lässt sich auch nicht dadurch rechtfertigen, dass ihre Anträge im Hinblick auf das Kriterium der bestmöglichen Ausschöpfung der Standortkapazität ohnehin abgelehnt werden müssten. Dieses Kriterium kann – wovon die Beklage jedenfalls ursprünglich auch selbst ausgegangen ist – erst dann ermessensfehlerfrei angewandt werden, wenn die Bewerber im Rahmen der Auswahlentscheidung im Hinblick auf die Einhaltung der Ziele des § 1 GlüStV verglichen worden sind. Eine solche Prüfung hat die Beklage – wie ausgeführt – hinsichtlich der Klägerin aber noch nicht nachvollziehbar vorgenommen und dokumentiert, so dass nicht feststellbar ist, wie insoweit der anzustellende Vergleich mit den anderen Spielhallen ausfallen wird. Insofern lässt sich derzeit auch nicht beurteilen, ob einer der beiden Spielhallenstandorte (bzw. welcher Standort) der Klägerin, die zueinander den gesetzlich gebotenen Mindestabstand nicht einhalten, bei einer neuen Auswahlentscheidung gegenüber den Konkurrenten gegebenenfalls vorzuziehen wäre. 65Wegen der fehlerhaften Gewichtung der Auswahlkriterien sind die Aufhebung der angefochtenen Erlaubnisse der Beigeladenen zu 1. und 4. sowie eine vollständig neue Auswahlentscheidung erforderlich, in die – vorbehaltlich der Erfüllung der Erteilungsvoraussetzungen – nicht nur die beiden Spielhallenstandorte der Klägerin, sondern auch die den Mindestabstand unterschreitenden Spielhallen der anderen Betreiber erneut einzubeziehen sind. 66Bei der neuen Auswahlentscheidung wird die Beklagte zu berücksichtigen haben, für alle Bewerber eine hinreichende Chancengleichheit sicherzustellen. Entscheidend ist dabei, durch die Verfahrensgestaltung zu gewährleisten, dass die Auswahl tatsächlich unter allen Bewerbern erfolgen kann. Die Berücksichtigung nachträglicher Veränderungen oder Erkenntnisse, die vorliegend gesetzlich nicht ausgeschlossen ist, muss transparent erfolgen und jedem Mitbewerber eine faire Chance belassen, nach Maßgabe der wesentlichen Kriterien und des vorgesehenen Verfahrens berücksichtigt zu werden. 67Vgl. OVG NRW, Urteil vom 28.9.2020 – 4 A 2325/19 –, juris, Rn. 52 f., m. w. N. 68Sofern die Beklagte bei der neuen Auswahlentscheidung das Kriterium der bestmöglichen Ausschöpfung der Standortkapazität fruchtbar machen wollte, dürfte zu beachten sein, dass bei der Auswahl einer Spielhalle der Klägerin am Standort I. -C. -Q. 0 anstatt der Spielhalle der Beigeladenen zu 4. am Standort I. -C. -Q. 00 für insgesamt vier Spielhallen in der N. Innenstadt grundsätzlich eine Erlaubniserteilung möglich sein dürfte und so die dortige Standortkapazität genauso gut ausgeschöpft werden würde wie bei der von der Beklagten bisher getroffenen Auswahl für vier Spielhallen an den Standorten I. -C. -Q. 00 (Beigeladene zu 4.), M. straße 00 (Beigeladene zu 1.), M1. straße 00 und F1. Straße 000. Daran änderte sich vorliegend – soweit ersichtlich – nichts, wenn die Beklagte das Kriterium der Ausschöpfung der Standortkapazität zusätzlich an die Anzahl der in den Spielhallen vorhandenen Geldspielgeräte knüpfen wollte. 69B. Die Anschlussberufung der Klägerin, mit der sie allein eine Änderung der erstinstanzlichen Kostenentscheidung hinsichtlich des durch übereinstimmende Erledigungserklärungen erledigten Teils des Verfahrens begehrt, ist unzulässig. 70Gemäß § 158 Abs. 1 VwGO ist die Anfechtung der Entscheidung über die Kosten unzulässig, wenn nicht gegen die Entscheidung in der Hauptsache ein Rechtsmittel eingelegt wird. Ist eine Entscheidung in der Hauptsache nicht ergangen, so ist gemäß § 158 Abs. 2 VwGO die Entscheidung über die Kosten unanfechtbar. 71Die Zulässigkeit der Anschlussberufung richtet sich nicht nach § 158 Abs. 1 VwGO, weil gegen die Entscheidung in der Hauptsache ein Rechtsmittel eingelegt worden ist. Die Anschlussberufung ist vielmehr nach § 158 Abs. 2 VwGO unzulässig. Danach ist die mit der Anschlussberufung angegriffene Kostenentscheidung nach § 161 Abs. 2 VwGO nach teilweiser übereinstimmender Erledigungserklärung unanfechtbar. 72Vgl. BVerwG, Urteile vom 3.11.2011 – 7 C 3.11 –, BVerwGE 141, 122 = juris, Rn. 32, m. w. N., und vom 8.9.2005 – 3 C 50.04 –, Buchholz 316 § 49a VwVfG Nr. 5 = juris, Leitsatz 2, Rn. 32 ff.; OVG NRW, Beschluss vom 15.1.2021 – 4 B 1986/20 –, juris, Rn. 2. 73Ob Abweichendes ausnahmsweise dann anzunehmen ist, wenn formal nur eine einzige Kostenentscheidung vorliegt und die maßgeblichen Entscheidungsgrundlagen für die Kostenentscheidung bezüglich des streitig gebliebenen Teils mit denen nach § 161 Abs. 2 VwGO identisch sind, kann dahinstehen. Ein solcher Fall liegt hier nicht vor. Das Verwaltungsgericht hat formal die Kosten für den erledigten Teil der Klägerin auferlegt, für den nicht erledigten Teil der Beklagten. Diese Kostenentscheidung beruht inhaltlich wegen beider Teile nicht auf denselben Gründen. Aus dem Tenor, wonach die Klägerin 3/5 der Kosten des Verfahrens trägt, in Verbindung mit der Streitwertfestsetzung, die für jede der ursprünglich fünf angefochtenen Dritterlaubnisse 15.000,00 Euro angesetzt hat, ergibt sich auch ohne ausdrückliche Begründung in den Entscheidungsgründen, dass das Verwaltungsgericht mit Blick auf die drei von der Klägerin ursprünglich mitangefochtenen Härtefallerlaubnisse der Beigeladenen zu 1., 2. und 3. von einem (hypothetischen) Unterliegen der Klägerin insoweit ausgegangen ist. Im Übrigen, hinsichtlich des streitigen zwei Spielhallen betreffenden Teils, hat es hingegen dem Unterliegen der Beklagten durch die Auferlegung von 2/5 der Verfahrenskosten entsprochen. Damit hat das Verwaltungsgericht hinsichtlich des erledigten Teils gerade nicht auf die Ausführungen zum nicht erledigten Teil Bezug nehmen wollen und somit auch inhaltlich die Kostenentscheidung aufgeteilt. 74Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 und 3 Halbsatz 1, § 155 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO. Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten sind nicht erstattungsfähig, weil sie bezogen auf die eingelegten Berufungen nicht obsiegt hat und die zu ihren Gunsten entschiedene Anschlussberufung für sie keine besonderen Kosten verursacht hat. Anders als bei den anwaltlich vertretenen Beigeladenen hat der durch die Anschlussberufung verursachte Gebührensprung für die Beklagte angesichts ihrer von der Höhe des Streitwerts unabhängigen Auslagen keine besonderen Kosten veranlasst, die ihr zu erstatten wären. Die Beigeladenen untereinander sind nicht zur Erstattung ihrer außergerichtlichen Kosten berechtigt. Die Kostenerstattung folgt dem Unterliegensprinzip. Im Grundsatz ist erstattungsberechtigt, wer obsiegt, erstattungsverpflichtet, wer unterliegt. 75Vgl. BVerwG, Urteile vom 25.10.2018 – 3 C 22.16 –, BVerwGE 163, 283 = juris, Rn. 33, m. w. N., und vom 26.3.2015 – 4 C 1.14 –, NVwZ-RR 2015, 685 = juris, Rn. 18; OVG NRW, Urteil vom 28.9.2020 – 4 A 2325/19 –, juris, Rn. 54 ff. 76Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. 77Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht erfüllt sind. Zwar sind die Regelungen des Glücksspielstaatsvertrags nach § 33 GlüStV revisibel. Es ist aber bereits durch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 7.3.2017 ‒ 1 BvR 1314/12 u. a. ‒ geklärt, dass nach Ablauf der Übergangsfrist des § 29 Abs. 4 Satz 2 GlüStV ein Auswahlverfahren stattfinden und an welchen Kriterien sich die Auswahlentscheidung grundsätzlich ausrichten muss. 78Soweit die Gewichtung und der Inhalt der Auswahlkriterien nicht bereits durch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts geklärt wurden, beruhen alle weiteren Vorgaben auf nicht revisiblen landesrechtlichen Regelungen. Insoweit erhalten die Auswahlkriterien ihren in Nordrhein-Westfalen maßgeblichen Inhalt erst durch die Konturierung im Landesrecht, die außer durch das Ausführungsgesetz zum Glücksspielstaatsvertrag durch die die Behörden bindenden spielhallenrechtlichen Erlasse erfolgt ist. 79Vgl. OVG NRW, Urteil vom 10.10.2019 – 4 A 1826/19 –, DVBl. 2020, 453 = juris, Rn. 88 f., m. w. N.
das berufungsverfahren wird eingestellt, soweit die beigeladenen zu 2. und 3. ihre berufungen zurückgenommen haben. die berufungen der beigeladenen zu 1. und 4. gegen das urteil des verwaltungsgerichts düsseldorf vom 13.2.2020 werden zurückgewiesen. die anschlussberufung der klägerin wird verworfen. die beigeladenen tragen die kosten des berufungsverfahrens jeweils zu 23 % mit der maßgabe, dass eine kostenerstattung zwischen ihnen nicht stattfindet, die klägerin trägt die kosten des berufungsverfahrens zu 8 %. die beklagte trägt ihre außergerichtlichen kosten selbst. das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. die jeweilige vollstreckungsschuldnerin kann die vollstreckung gegen sicherheitsleistung in höhe von 110 % des auf grund des urteils vollstreckbaren betrages abwenden, wenn nicht die vollstreckungsgläubigerin vor der vollstreckung sicherheit in höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden betrages leistet. die revision wird nicht zugelassen. 1
2die beteiligten streiten im berufungsverfahren noch über die den beigeladenen zu 1. und 4. erteilten glücksspielrechtlichen erlaubnisse für den betrieb von spielhallen in der n. innenstadt. erstinstanzlich wandte sich die klägerin auch gegen die den beigeladenen zu 1., 2. und 3. erteilten härtefallerlaubnisse. 3die klägerin betrieb an den standorten i. -c. -q. 0 und i. -c. -q. 0 in n1. jeweils zwei miteinander im verbund stehende spielhallen. für deren übernommenen betrieb waren ihr unter dem 3.11.2015 gewerberechtliche erlaubnisse nach § 33i gewo unter hinweis auf die objektbezogene, am 30.11.2017 endende freistellung von bestimmten vorgaben des glücksspielstaatsvertrags und des nordrhein-westfälischen ausführungsgesetzes erteilt worden. die beigeladene zu 1. betreibt in der m. straße 00 zwei miteinander im verbund stehende spielhallen, die nach den feststellungen der beklagten 292 m von den spielhallen der klägerin am i. -c. -q. 0 und 283 m von der spielhalle einer weiteren konkurrentin, der q1. q2. gmbh, am e. - - -t. -q. 0 entfernt liegen. die beigeladenen zu 2., 3. und 4. betreiben als schwestergesellschaften jeweils eine von drei miteinander im verbund stehenden spielhallen am i. -c. -q. 00. nach den feststellungen der beklagten befinden sich diese in einer entfernung von 198 m zu den spielhallen der klägerin am i. -c. -q. bzw. 233 m zu denen der klägerin am i. -c. -q. 0 sowie in 254 m entfernung zur spielhalle der weiteren konkurrentin, der q1. q2. gmbh, am e. -aus-dem-t. -q. 0. 4am 26.9.2016 beantragte die klägerin bei der beklagten für ihre beiden spielhallenstandorte jeweils die erteilung einer glücksspielrechtlichen erlaubnis, hilfsweise unter befreiung vom mindestabstandsgebot und verbundverbot zur vermeidung unbilliger härten nach § 29 abs. 4 satz 4 glüstv. 5mit bescheid vom 2.11.2017 erteilte die beklagte der beigeladenen zu 4. eine bis zum 30.6.2021 befristete glücksspielrechtliche erlaubnis für ihre spielhalle 1 auf dem grundstück i. -c. -q. 00. in der begründung führte sie aus, dass die innerhalb des mindestabstands liegenden spielhallen der klägerin an den standorten i. -c. -q. 0 und 0 wegen mangelnden vertrauensschutzes bereits aus der konkurrenzmasse herausgefallen seien. die ordnungsbehörde müsse nach dem ministerialerlass vom 10.5.2016 und gemessen an der rechtsprechung des bundesverfassungsgerichts vom 7.3.2017 eine auswahlentscheidung zur bestmöglichen ausschöpfung der bei der beachtung der mindestabstände verbleibenden standortkapazität treffen. daraus resultiere, dass in dem relevanten bereich der innenstadt die entscheidung zugunsten der beigeladenen zu 4. ausgefallen sei. den schwestergesellschaften der beigeladenen zu 4., den beigeladenen zu 2. und 3., erteilte die beklagte für die weiteren spielhallen am i. -c. -q. 00 jeweils eine härtefallerlaubnis. 6mit bescheid vom 3.11.2017 erteilte die beklagte der beigeladenen zu 1. ebenfalls unter bezugnahme auf das kriterium der bestmöglichen ausschöpfung der verbleibenden standortkapazität eine bis zum 30.6.2021 befristete glücksspielrechtliche erlaubnis für ihre spielhalle 1 auf dem grundstück m. straße 00. in der begründung führte sie an, dass die innerhalb des mindestabstands liegenden spielhallen der klägerin am standort i. -c. -q. 0 wegen mangelnden vertrauensschutzes bereits aus der konkurrenzmasse herausgefallen seien. für die weitere in der m. straße 00 im verbund betriebene spielhalle 2 der beigeladenen zu 1. erteilte die beklagte eine härtefallerlaubnis. 7die anträge der klägerin für deren spielhallen an den standorten i. -c. -q. 0 und 0 lehnte die beklagte mit bescheiden vom 23.11.2017 ab. diese hätten nur dann aussicht auf erfolg haben können, wenn die konkurrierenden spielhallenbetreiber, die die gewerberechtliche erlaubnis nach § 33i gewo vor dem stichtag des 28.10.2011 erhalten hätten, keine glücksspielrechtliche erlaubnis beantragt oder diese gegebenenfalls zurückgenommen hätten und keine unbillige härte nachweisen könnten. dies sei nicht der fall gewesen. der klägerin fehle es an dem erforderlichen gesetzlichen vertrauensschutz, weil sie im übergangszeitraum vom 1.12.2012 bis 30.11.2017 mit dem wissen der auswirkungen des glücksspielstaatsvertrags vermögensdispositionen getroffen habe. angesichts dessen liege auch keine unbillige härte vor. 8die klägerin hat gegen die den beigeladenen erteilten erlaubnisse die vorliegende klage erhoben. zur begründung hat sie im wesentlichen geltend gemacht, das erlaubnisverfahren müsse neu durchgeführt werden, weil die beklagte – wie sie eingeräumt habe – die vier spielhallen der klägerin an den standorten i. -c. -q. 0 und 0 bei ihrer auswahlentscheidung wegen vermeintlich mangelnden vertrauensschutzes von vornherein nicht berücksichtigt habe. die von der beklagten angeführten vertrauensschutzaspekte könnten bei der härtefallregelung eine rolle spielen. bei der auswahlentscheidung seien sie dagegen unerheblich. 9die hauptbeteiligten haben das verfahren hinsichtlich der den beigeladenen zu 1., 2. und 3. jeweils erteilten härtefallerlaubnisse übereinstimmend für erledigt erklärt. im übrigen hat die klägerin zuletzt schriftsätzlich beantragt, 10die der beigeladenen zu 1. (spielhalle 1, m.-straße 00 in n1. ) und der beigeladenen zu 4. (spielhalle 1, i. -c. -q. 00 in n1. ) erteilten glücksspielrechtlichen erlaubnisse vom 3.11. und vom 2.11.2017 aufzuheben. 11die beklagte hat schriftsätzlich beantragt, 12die klage abzuweisen. 13sie hat vorgetragen, die vier spielhallen der klägerin an den standorten i. -c. -q. 0 und 0 bei der auswahl nicht berücksichtigt zu haben, weil diese die gewerberechtlichen erlaubnisse erst im übergangszeitraum vom 1.12.2012 bis 30.11.2017 erhalten hätten und es der klägerin deshalb am vertrauensschutz mangele. daraufhin habe sie für eine sachgerechte auswahlentscheidung in der n. innenstadt zwei räumlich unterschiedliche konkurrenzbereiche definiert. unter berücksichtigung der vorgaben des bundesverfassungsgerichts habe die getroffene auswahlentscheidung bei bestmöglicher ausschöpfung der standortkapazitäten in dem hier relevanten gebiet zur ablehnung der standorts e. -aus-dem-t. -q. 0 (12 spielgeräte) geführt, weil dann bei beachtung der mindestabstände an den standorten i. -c. -q. 00 (12 spielgeräte) und m. straße 00 (12 spielgeräte) jeweils eine spielhalle habe verbleiben können. 14die beigeladenen haben im erstinstanzlichen verfahren keine anträge gestellt. 15nachdem das verwaltungsgericht zunächst die auf duldung des vorläufigen weiterbetriebs ihrer spielhallen am i. -c. -q. 0 und 0 gerichteten anträge der klägerin auf gewährung vorläufigen rechtsschutzes (vg düsseldorf, 3 l 5695/17 und 3 l 5696/17) abgelehnt hatte, hat der erkennende senat auf die beschwerden der klägerin mit beschlüssen vom 26.11.2019 (4 b 255/18 und 4 b 256/18) die beklagte im wege der einstweiligen anordnung verpflichtet, den fortbestand jeweils der spielhalle 1 an den standorten i. -c. -q. 0 und 0 bis zu einer erneuten bescheidung der erlaubnisanträge der klägerin zu dulden; im übrigen (bezüglich des vorläufigen weiterbetriebs jeweils der spielhalle 2 am standort i. -c. -q. 0 bzw. 0) hat der senat die beschwerde zurückgewiesen. 16mit urteil vom 13.2.2020 hat das verwaltungsgericht das vorliegende verfahren eingestellt, soweit die hauptbeteiligen den rechtsstreit übereinstimmend hinsichtlich der spielhalle 2 der beigeladenen zu 1., der spielhalle 3 der beigeladenen zu 2. und der spielhalle 2 der beigeladenen zu 3. („härtefallerlaubnisse“) in der hauptsache für erledigt erklärt hatten. im übrigen hat es die bescheide der beklagten vom 3.11. bzw. 2.11.2017 über die den beigeladenen zu 1. und 4. hinsichtlich ihrer spielhallen 1 jeweils erteilte erlaubnis aufgehoben. die kosten des verfahrens sind zu 3/5 der klägerin und zu 2/5 der beklagten auferlegt worden. 17zur begründung hat es im wesentlichen ausgeführt: die klage sei hinsichtlich ihres noch streitigen teils begründet. die den beigeladenen zu 1. und 4. erteilten erlaubnisse seien rechtswidrig und verletzten die klägerin in ihren rechten, weil sich das von der beklagten zulasten der klägerin durchgeführte auswahlverfahren als ermessensfehlerhaft erweise. aufgrund der konkreten örtlichen gegebenheiten habe die beklagte keinen verteilmechanismus wählen können, der die bestmögliche ausschöpfung der bei beachtung der mindestabstände verbleibenden standortkapazität in dem relevanten gebiet ermögliche, sondern hätte eine komplexe abwägungsentscheidung treffen müssen. dabei wäre es jedenfalls geboten gewesen, konkrete einzelfallbezogene sachliche feststellungen bezüglich der konkurrierenden spielhallen der klägerin und der beigeladenen zu treffen und sich anschließend mit diesen in der sache auseinander zu setzen sowie nachvollziehbar zu dokumentieren, dass und wie diesbezüglich eine abwägung im rahmen einer auswahlentscheidung erfolgt sei. 18darüber hinaus hat das verwaltungsgericht unter wörtlicher wiedergabe bezug genommen auf die ausführungen des erkennenden senats in seinem beschluss vom 26.9.2019 – 4 b 256/18 –, wonach sich die entscheidung der beklagten bereits deshalb als fehlerhaft erweise, weil sie die klägerin wegen fehlenden vertrauensschutzes in das auswahlverfahren von vornherein nicht einbezogen habe. hierdurch habe die beklage die erfüllung der ziele des § 1 glüstv gegenüber vertrauensschutzinteressen zumindest als nachrangig, wenn nicht sogar als unbeachtlich angesehen. dies sei auch nicht im ergebnis unschädlich, weil sich derzeit nicht absehen lasse, dass die klägerin bei einer auswahlentscheidung unter beachtung der rechtsauffassung des senats mit sicherheit unberücksichtigt bleiben würde. 19zur begründung ihrer vom verwaltungsgericht zugelassenen berufung macht die beigeladene zu 1. geltend: auch aus den vom verwaltungsgericht angeführten gründen ergebe sich nicht zwangsläufig die rechtswidrigkeit der zugunsten der beigeladenen zu 1. getroffenen auswahlentscheidung. zum einen habe die beigeladene zu 1. bereits im verwaltungsverfahren nachgewiesen, dass sie die qualitätsanforderungen an den betrieb einer spielhalle im besonderen erfülle. zum anderen habe die beklagte ausweislich des wortlauts der begründung der der beigeladenen zu 1. erteilten erlaubnis den gesichtspunkt der bestmöglichen ausschöpfung der standortkapazität berücksichtigt. das ergebnis nach anderen kriterien könne mit dem kriterium der bestmöglichen ausschöpfung der standortkapazität „abgeglichen" und am ende im bescheid selbst nur noch hierauf abgestellt werden. da der wortlaut des angegriffenen bescheids den ausschöpfungsgedanken benenne, liege keine nachträgliche, nach § 114 satz 2 vwgo unzulässige umgewichtung der auswahlkriterien vor. dem eilbeschwerdebeschluss des erkennenden senats sei zu entnehmen, dass sich eine rechtmäßige auswahl zugunsten der beigeladenen zu 1. und zulasten der klägerin allein auf das kriterium der bestmöglichen ausschöpfung der standortkapazität stützen lasse. 20die beigeladene zu 1. beantragt, 21das urteil des verwaltungsgerichts düsseldorf vom 13.2.2020 teilweise zu ändern und die klage abzuweisen, soweit sie sich gegen die erlaubnis der beigeladenen zu 1. (spielhalle 1, m. straße 00) richtet. 22die beigeladenen zu 2. und 3. haben ihre berufungen zurückgenommen. die beigeladene zu 4. macht zur begründung ihrer berufung geltend: die gewerberechtlichen erlaubnisse zum betrieb der spielhallen an den standorten i. -c. -q. 0 und i. -c. -q. 0 seien erst nach ablauf der übergangszeit gemäß § 29 abs. 4 satz 2 glüstv erteilt worden. da die beklagte zuvor überprüft habe, dass diese aufgrund mangelnden vertrauensschutzes ausgeschiedenen spielhallen die ziele des § 1 glüstv nicht besser als die in der auswahl verbleibenden spielhallen erfüllten, sei der vertrauensschutzgedanke rechtmäßig angewandt worden. zwischen den verbliebenen standorten habe die beklage nachvollziehbar das kriterium der bestmöglichen standortkapazität herangezogen. 23die beigeladene zu 4. beantragt, 24das urteil des verwaltungsgerichts düsseldorf vom 13.2.2020 teilweise zu ändern und die klage abzuweisen, soweit sie sich gegen die erlaubnis der beigeladenen zu 4. (spielhalle 1 der d. b. gmbh, i. -c. -q. 00) richtet. 25die beklagte schließt sich den ausführungen der beigeladenen zu 1. und 4. an, ohne einen eigenen antrag zu stellen. ergänzend macht sie geltend, die getroffene auswahlentscheidung sei im ergebnis nicht rechtswidrig. im rahmen einer vorabprüfung habe sie festgestellt, dass keine spielhalle aufgrund der besonderheit des umfelds des standortes oder aus der art der zu erwartenden betriebsführung (z. b. mangelnde qualität oder fehlen des sozialkonzepts) vorzugswürdig sei. eine entscheidung aufgrund der qualität sei somit nicht möglich gewesen. um den vorgaben des bundesverfassungsgerichts zur bestmöglichen ausschöpfung der bei beachtung der mindestabstände verbleibenden standortkapazitäten in dem relevanten gebiet gerecht zu werden, sei im rahmen der auswahlentscheidung geprüft worden, wie so viele spielhallen wie möglich mit möglichst vielen geldspielgeräten bestehen bleiben könnten. da sich die kapazität eines standortes gerade nach der anzahl der vorhandenen spielgeräte bemesse, habe sie im interesse der spielhallenbetreiber von anfang an insbesondere die anzahl der vorhandenen geldspielgeräte einbezogen. aus vertrauensgesichtspunkten seien vier spielhallen nicht berücksichtigt worden, deren erlaubnisse nach dem 28.10.2011 erteilt worden seien. 26die klägerin hält die berufungen der beigeladenen zu 1. und 4. für unbegründet. das kriterium der bestmöglichen ausschöpfung der bei beachtung der mindestabstände verbleibenden standortkapazität könne weder die notwendigkeit einer an den zielen des § 1 glüstv orientierten auswahlentscheidung verdrängen noch eine anhand anderer kriterien getroffene entscheidung im nachhinein rechtfertigen. die beklagte habe darüber hinaus im berufungsverfahren erstmals behauptet, sie habe bei der auswahlentscheidung auch die anzahl der verbleibenden geldspielgeräte mit in die entscheidung einfließen lassen. inwieweit die zahl der geldspielgeräte bei der auswahlentscheidung tatsächlich eine rolle gespielt habe, lasse sich anhand des verwaltungsvorgangs nicht nachvollziehen. selbst wenn dies tatsächlich der fall gewesen sein sollte, ließe sich die nichtberücksichtigung der klägerin damit jedenfalls nicht rechtfertigen. auch bei der auswahl des klägerischen standorts i. -c. -q. 0 wäre eine erlaubniserteilung für insgesamt vier spielhallenstandorte in der n. innenstadt mit insgesamt 42 geldspielgeräten (i. -c. -q. 0 mit 12 geldspielgeräten, m1. straße 00 mit 7 geldspielgeräten, m. straße 00 mit 12 geldspielgeräten und f.----------straße 000 mit 11 geldspielgeräten) möglich gewesen. sowohl die zahl der spielhallen (4) als auch die zahl der geldspielgeräte (42) entspreche damit der von der beklagten getroffenen auswahlentscheidung zugunsten der standorte i. -c. -q. 00 (12 geldspielgeräte), m1. straße 00 (7 geldspielgeräte), m. straße 00 (12 geldspielgeräte) und f.----------straße 000 (11 geldspielgeräte). die nichtberücksichtigung der klägerin lasse sich vor diesem hintergrund schlechterdings nicht im hinblick auf das kriterium der bestmöglichen ausschöpfung der standortkapazität rechtfertigen. 27die klägerin hält ihre auf die abänderung der erstinstanzlichen kostenentscheidung gerichtete anschlussberufung für zulässig. die vorschrift des § 158 abs. 1 vwgo stehe dem nicht entgegen. deren beschränkung gelte nur für selbständige rechtsmittel, die allein gegen die kostenentscheidung gerichtet seien. sei wie vorliegend die hauptsache auf das rechtsmittel eines anderen rechtsmittelberechtigten hin bereits in der höheren instanz anhängig, könne durch ein anschlussrechtsmittel auch die kostenentscheidung allein angegriffen werden. die anschlussberufung sei auch begründet. es hätte in anlehnung an die rechtsprechung des erkennenden senats billigem ermessen entsprochen, die kosten hinsichtlich des erledigten teils des verfahrens der beklagten anstatt der klägerin aufzuerlegen. denn die beklagte habe die klägerin zur erhebung der klage gegen die härtefallerlaubnisse veranlasst, indem sie die klägerin lediglich darüber informiert habe, den beigeladenen seien „befristete glücksspielrechtliche erlaubnisse“ erteilt worden, ohne klarzustellen, dass es sich dabei teilweise lediglich um härtefallerlaubnisse gehandelt habe. 28die klägerin beantragt, 29die berufungen der beigeladenen zu 1. und 4. zurückzuweisen, 30sowie das urteil des verwaltungsgerichts düsseldorf vom 13.2.2020 teilweise zu ändern und die kosten des erstinstanzlichen verfahrens mit ausnahme der außergerichtlichen kosten der beigeladenen auf ihre anschlussberufung insgesamt der beklagten aufzuerlegen. 31die beklagte beantragt, 32die anschlussberufung zurückzuweisen. 33neben der vorliegenden klage hat die klägerin auch klage gegen die an sie gerichteten versagungsbescheide für ihre spielhallenstandorte i. -c. -q. 1 (vg düsseldorf, 3 k 19427/17) und i. -c. -q. 0 (vg düsseldorf, 3 k 19428/17) erhoben. nach ergehen der senatsbeschlüsse vom 26.9.2019 in den eilbeschwerdeverfahren 4 b 255/18 und 4 b 256/18 hat die beklagte auf entsprechende anfrage des verwaltungsgerichts die versagungsbescheide aufgehoben, soweit darin die erteilung einer glückspielrechtlichen erlaubnis jeweils für die spielhalle 1 der klägerin am i. -c. -q. 0 bzw. 0 abgelehnt worden war. daraufhin haben die beteiligten die klageverfahren insoweit übereinstimmend für erledigt erklärt. im übrigen, jeweils hinsichtlich der spielhalle 2 an den vorgenannten standorten, hat die klägerin ihre klagen zurückgenommen. 34wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstands wird auf den inhalt der gerichtsakte in diesem verfahren, den dazugehörigen beiakten, das sind die gerichtsakte zum eilbeschwerdeverfahren 4 b 256/18, die verwaltungsvorgänge der beklagten zu den spielhallen 1 und 2 der klägerin am standort i. -c. -q. 0 und der von der beklagten erstellte kartenauszug zur abstandskonkurrenz in der n. innenstadt, sowie die beigezogenen gerichtsakten des verwaltungsgerichts düsseldorf in den verfahren 3 k 19427/17 und 3 k 19428/17 bezug genommen. 35
36soweit die beigeladenen zu 2. und 3. ihre berufungen zurückgenommen haben, war das berufungsverfahren gemäß § 125 abs. 1 satz 1 i. v. m. § 92 abs. 3 satz 1 vwgo in entsprechender anwendung einzustellen. 37sowohl die berufungen der beigeladenen zu 1. und 4. (dazu a.) als auch die anschlussberufung der klägerin (dazu b.) bleiben ohne erfolg. 38a. die zulässigen berufungen der beigeladenen zu 1. und 4. sind unbegründet. 39die klage der klägerin gegen die den beigeladenen zu 1. und 4. mit bescheiden der beklagten vom 3.11. bzw. 2.11.2017 jeweils erteilten glücksspielrechtlichen erlaubnisse für die von ihnen betriebenen „spielhallen 1“ in der m. straße 00 bzw. am i. -c. -q. 00 ist zulässig (dazu i.) und begründet (dazu ii.). 40i. die klage ist zulässig. die klägerin ist insbesondere klagebefugt, § 42 abs. 2 vwgo. 41nach § 42 abs. 2 vwgo ist die klage nur zulässig, wenn der kläger geltend macht, durch das streitgegenständliche verhalten der öffentlichen gewalt in seinen rechten verletzt zu sein. das ist dann der fall, wenn nach dem tatsächlichen klagevorbringen eine verletzung eigener subjektiver rechte des klägers möglich erscheint. 42vgl. ovg nrw, urteil vom 28.9.2020 – 4 a 2325/19 –, juris, rn. 26 f., m. w. n. 43danach ist die klägerin klagebefugt. dies gilt im verhältnis zur beigeladenen zu 4. sowohl für die von der klägerin geltend gemachten rechte aus dem betrieb ihres spielhallenstandorts i. -c. -q. 0 als auch aus dem ihres spielhallenstandorts i. -c. -q. 0. die der beigeladenen zu 4. für den betrieb ihrer spielhalle 1 am i. -c. -q. 00 auf der grundlage einer auswahlentscheidung erteilte glücksspielrechtliche erlaubnis vom 2.11.2017 löst gegenüber beiden spielhallenstandorten der klägerin das mindestabstandsgebot aus und berührt diese dadurch in ihren rechten. 44vgl. ovg nrw, urteil vom 28.9.2020 – 4 a 2325/19 –, juris, rn. 28 f., m. w. n. 45im verhältnis zu der unter dem 3.11.2017 der beigeladenen zu 1. erteilten glücksspielrechtlichen erlaubnis für deren in der m. straße 00 betriebene spielhalle 1 ist eine verletzung eigener subjektiver rechte der klägerin durch auslösung des mindestabstandsgebots zu den spielhallen der klägerin am i. -c. -q. 0 gegeben. ihr spielhallenstandort i. -c. -q. 0 steht hingegen in keiner abstandskonkurrenz zur spielhalle in der m. straße 00, weil insoweit der in § 25 abs. 1 glüstv i. v. m. § 16 abs. 3 satz 1 ag glüstv nrw gesetzlich festgelegte mindestabstand von 350 m luftlinie nicht unterschritten wird. 46ii. die klage ist auch begründet. die den beigeladenen zu 1. und 4 erteilten, angefochtenen erlaubnisse sind rechtswidrig und verletzten die klägerin in ihren rechten, § 113 abs. 1 satz 1 vwgo. 471. die erteilung einer glücksspielrechtlichen erlaubnis setzt grundsätzlich voraus, dass das mindestabstandsgebot aus § 25 abs. 1 glüstv i. v. m. § 16 abs. 3 satz 1 ag glüstv nrw eingehalten wird. nach diesen vorschriften soll ein mindestabstand von 350 metern luftlinie zu einer anderen spielhalle nicht unterschritten werden. begehren nach ablauf der übergangsfrist des § 29 abs. 4 satz 2 glüstv mehrere betreiber von spielhallen, die zueinander das mindestabstandsgebot nicht einhalten, die erteilung einer glücksspielrechtlichen erlaubnis, bedarf es zur auflösung der konkurrenzsituation einer auswahlentscheidung. die in die auswahlentscheidung einzustellenden kriterien (auswahlparameter) lassen sich dem gesetz entnehmen und wurden durch die die behörde bindenden erlasse des ministeriums für inneres (und kommunales) näher konturiert. insbesondere kann im rahmen der auswahl zunächst auf die regelung zur härtefallbefreiung nach § 29 abs. 4 satz 4 glüstv zurückgegriffen werden. die ohnehin geforderte berücksichtigung der grundrechtlich geschützten positionen der spielhallenbetreiber gebietet auch ohne ausdrückliche gesetzliche präzisierung, dass die zuständigen behörden sich eines verteilmechanismus bedienen, der die bestmögliche ausschöpfung der bei beachtung der mindestabstände verbleibenden standortkapazität in dem relevanten gebiet ermöglicht. das gilt auch, sofern bei der erforderlichen auswahlentscheidung zusätzlich erlaubnisanträge neu in den markt eintretender (oder erst vor kurzem eingetretener) bewerber einzubeziehen sind, wobei grundrechtsrelevante positionen der betreiber von bestandsspielhallen zu berücksichtigen bleiben. dazu zählt etwa die amortisierbarkeit von investitionen. zudem ergibt sich aus dem gesamtzusammenhang der regelung in § 29 abs. 4 satz 4 glüstv, dass bereits bei der auswahlentscheidung die mit der neuregelung verfolgten ziele des § 1 glüstv zu beachten sind und bei bestandsspielhallen überdies der zeitpunkt der erteilung der erlaubnis gemäß § 33i gewo zu berücksichtigen ist. diese gesetzlichen vorgaben sind ergänzend durch die über das internet allgemein zugänglichen ministerialerlasse vom 10.5.2016 und 6.11.2017 näher konturiert worden, die weitere hinweise zu den heranzuziehenden kriterien enthalten und der ausübung des ermessens durch die hieran gebundenen behörden zusätzliche grenzen setzen. 48vgl. ovg nrw, urteile vom 28.9.2020 – 4 a 2325/19 –, juris, rn. 31 ff., und vom 10.10.2019 – 4 a 1826/19 –, dvbl. 2020, 453 = juris, rn. 45 f., jeweils m. w. n. und unter hinweis auf bverfg, beschluss vom 7.3.2017 ‒ 1 bvr 1314/12 u. a. ‒, bverfge 145, 20 = juris, rn. 179 ff., 182 ff. 49ein verteilmechanismus, der die bestmögliche ausschöpfung der bei beachtung der mindestabstände verbleibenden standortkapazität in dem relevanten gebiet ermöglicht, kann von den erlaubnisbehörden allerdings nicht losgelöst von der vereinbarkeit mit den zielen des § 1 glüstv angewandt werden; das letztgenannte kriterium darf mit blick auf den mit der begrenzung des spielhallenangebots verbundenen grundrechtseingriff in nordrhein-westfalen aufgrund verfassungsrechtlicher vorgaben jedenfalls nicht als nachrangig eingestuft werden. 50vgl. ovg nrw, beschlüsse vom 26.9.2019 – 4 b 255/18 –, zfwg 2019, 516 = juris, rn. 35 ff., 57 ff., 67 f., und – 4 b 256/18 –, zfwg 2020, 184 (nur leitsatz) = juris, rn. 35 ff., 57 ff., 67 f. 51die in der auswahlentscheidung auch zu berücksichtigenden ziele des § 1 glüstv erfordern in nordrhein-westfalen einen vergleich der konkurrierenden bewerber daraufhin, wer besser geeignet ist, die ziele des staatsvertrags zu erreichen. solche unterschiede können sich unter anderem aus besonderheiten des umfeldes des jeweiligen standorts oder aus der art der zu erwartenden betriebsführung der einzelnen betreiber ergeben. hierbei ist etwa maßgeblich, inwieweit prognostisch von einem rechtstreuen verhalten des spielhallenbetreibers auszugehen ist, also von der einhaltung von vorschriften, die gerade die erreichung der ziele des § 1 glüstv sicherstellen sollen. 52vgl. ausführlich ovg nrw, urteil vom 10.10.2019 – 4 a 1826/19 –, dvbl. 2020, 453 = juris, rn. 47 ff., und beschluss vom 26.9.2019 – 4 b 255/18 –, zfwg 2019, 516 = juris, rn. 28 ff. 53eine differenzierung der bewerber danach, in welchem maße sie materielle anforderungen erfüllen, ist auch tatsächlich möglich. so kommt beispielsweise in betracht, dass ein spielhallenbetreiber gegen bestimmte materiellen anforderungen (zeitweise) verstoßen hat, ohne dass dies die versagung der erlaubnis rechtfertigen würde, obwohl auch künftig mit entsprechenden oder ähnlichen geringfügigen verstößen zu rechnen ist. dennoch kann sich hierdurch nachvollziehbar ergeben, dass er im vergleich zu einem stets ohne beanstandungen tätig gewordenen spielhallenbetreiber weniger die gewähr für ein rechtstreues an der suchtprävention ausgerichtetes verhalten bietet. andererseits ist auch denkbar, dass zwar bei keinem der konkurrierenden betreiber beanstandungen festzustellen sind, ein bewerber die gesetzlichen anforderungen, insbesondere soweit sie unmittelbar auf die suchtbekämpfung bezogen sind, im vergleich zu den anderen bewerbern deutlich übererfüllt und deshalb vorzuziehen ist. 54vgl. ovg nrw, urteil vom 10.10.2019 – 4 a 1826/19 –, dvbl. 2020, 453 = juris, rn. 78, und beschlüsse vom 26.9.2019 – 4 b 255/18 –, zfwg 2019, 516 = juris, rn. 39, und – 4 b 256/18 –, zfwg 2020, 184 (nur leitsatz) = juris, rn. 39. 55bei der auswahlentscheidung sind nach dem zweck der ermächtigung die (dauerhaft anzustrebenden) ziele des § 1 glüstv auch gegenüber bestandsschutz- und vertrauensschutzinteressen, denen im rahmen von härtefallentscheidungen (nur vorübergehend) rechnung getragen werden kann, jedenfalls nicht nachrangig. dies ergibt sich schon aus den regelungen des glücksspielstaatsvertrags selbst. bestandsschutz- und vertrauensschutzgesichtspunkte können bei unzumutbaren belastungen eine erlaubniserteilung nur für einen angemessenen (begrenzten) zeitraum rechtfertigen, § 29 abs. 4 satz 4 glüstv. angesichts dessen wäre es sachwidrig, gestützt auf diese kriterien einen im hinblick auf die erfüllung der ziele des § 1 glüstv gegebenenfalls vorzuziehenden bewerber abzulehnen. folge einer solchen auswahlentscheidung wäre es nämlich, dass der deswegen unterlegene konkurrent nicht nur für einen angemessenen zeitraum, sondern dauerhaft verdrängt würde. denn der unterlegene bewerber muss sein geschäft wegen des mindestabstandsgebots aufgeben. 56vgl. ovg nrw, urteile vom 28.9.2020 – 4 a 2325/19 –, juris, rn. 42 f., m. w. n., und vom 10.10.2019 – 4 a 1826/19 –, dvbl. 2020, 453 = juris, rn. 55, sowie beschlüsse vom 26.9.2019 – 4 b 255/18 –, zfwg 2019, 516 = juris, rn. 51, und – 4 b 256/18 –, zfwg 2020, 184 (nur leitsatz) = juris, rn. 51. 57die vorrangige berücksichtigung der ziele des § 1 glüstv in der auswahlentscheidung ist im übrigen auch im hinblick auf neubewerber geboten, die einen anspruch auf einbeziehung in die auswahlentscheidung haben. dies gilt umso mehr für betreiber von bestandsspielhallen, die wie die klägerin keine härtegründe geltend machen können. der vorrang von bestandsschutz- und vertrauensschutzgesichtspunkten würde jedoch nicht nur neubewerber, sondern auch bestandsspielhallen, für die keine außergewöhnlichen vertrauensschutzgesichtspunkte sprechen, in konkurrenzlagen von der auswahlentscheidung faktisch auf lange sicht ausschließen. 58vgl. ovg nrw, beschlüsse vom 26.9.2019 – 4 b 255/18 –, zfwg 2019, 516 = juris, rn. 56, und – 4 b 256/18 –, zfwg 2020, 184 (nur leitsatz) = juris, rn. 56. 592. ausgehend davon hat die beklagte die den beigeladenen zu 1. und 4. erteilten erlaubnisse aufgrund einer ermessensfehlerhaften auswahlentscheidung rechtswidrig erteilt und dadurch subjektive rechte der klägerin verletzt. die klägerin hat aufgrund ihres antrags auf erteilung einer glücksspielrechtlichen erlaubnis nach den §§ 24 abs. 1 glüstv, 16 abs. 2 ag glüstv nrw einen noch nicht erfüllten anspruch auf beteiligung an dem in folge der nichteinhaltung des mindestabstandsgebots nach ablauf der übergangsfrist des § 29 abs. 4 satz 2 glüstv notwendigen auswahlverfahren. 60wie der senat in seinen beschlüssen vom 26.9.2019 in den eilbeschwerdeverfahren 4 b 255/18 und 4 b 256/18 bereits ausführlich dargelegt hat, hat die beklagte keine rechtmäßige auswahl unter denjenigen spielhallen vorgenommen, die zueinander den mindestabstand von 350 metern luftlinie nach § 16 abs. 3 satz 1 halbsatz 2 ag glüstv nrw unterschreiten. die entscheidung der beklagten erweist sich bereits deshalb als fehlerhaft, weil sie die klägerin wegen fehlenden vertrauensschutzes in das auswahlverfahren von vornherein nicht einbezogen hat. die beklagte hat in dem gegenüber der beigeladenen zu 1. erteilten erlaubnisbescheid ausdrücklich angeführt, dass der spielhallenstandort der klägerin am i. -c. -q. 0 wegen mangelnden vertrauensschutzes bereits aus der dort betroffenen konkurrenzmasse herausgefallen sei. im der beigeladenen zu 4. erteilten erlaubnisbescheid hat sie ausdrücklich angeführt, dass die spielhallenstandorte der klägerin am i. -c. -q. 0 und i. -c. -q. 0 wegen mangelnden vertrauensschutzes bereits aus der dort betroffenen konkurrenzmasse herausgefallen seien. im gerichtlichen verfahren hat sie dies nochmals bestätigt. 61hierdurch hat die beklagte die erfüllung der ziele des § 1 glüstv gegenüber vertrauensschutzinteressen jedenfalls im verhältnis zur klägerin zumindest als nachrangig, wenn nicht sogar als unbeachtlich angesehen. lediglich wenn die beklagte bei der prüfung der ziele des § 1 glüstv und der weiteren in die auswahlentscheidung einzustellenden kriterien nachvollziehbar keine entscheidungserheblichen unterschiede zwischen den spielhallen feststellen kann, wäre es vertretbar, auf den zeitpunkt der erteilung der erlaubnis nach § 33i gewo an den jeweiligen betreiber abzustellen. 62vgl. ovg nrw, urteile vom 28.9.2020 – 4 a 2325/19 –, juris, rn. 49 f., vom 25.9.2020 – 4 a 2836/19 –, juris, rn. 41 f., und vom 10.10.2019 – 4 a 1826/19 –, dvbl. 2020, 453 = juris, rn. 76 f., jeweils m. w. n. 63gegenwärtig liegen dem senat indes keine anhaltspunkte dafür vor, dass die klägerin auch nach einem vergleich der bewerber bezogen auf die ziele des § 1 glüstv mit sicherheit das nachsehen hätte. die feststellung und bewertung der unterschiede zwischen den bewerbern unter einbeziehung der klägerin unterfällt einem ermessensspielraum der behörde, der nur eingeschränkt gerichtlich überprüfbar ist. deshalb darf der senat die der beklagten vorbehaltene entscheidung nicht selbst treffen. 64die nichtberücksichtigung der klägerin lässt sich auch nicht dadurch rechtfertigen, dass ihre anträge im hinblick auf das kriterium der bestmöglichen ausschöpfung der standortkapazität ohnehin abgelehnt werden müssten. dieses kriterium kann – wovon die beklage jedenfalls ursprünglich auch selbst ausgegangen ist – erst dann ermessensfehlerfrei angewandt werden, wenn die bewerber im rahmen der auswahlentscheidung im hinblick auf die einhaltung der ziele des § 1 glüstv verglichen worden sind. eine solche prüfung hat die beklage – wie ausgeführt – hinsichtlich der klägerin aber noch nicht nachvollziehbar vorgenommen und dokumentiert, so dass nicht feststellbar ist, wie insoweit der anzustellende vergleich mit den anderen spielhallen ausfallen wird. insofern lässt sich derzeit auch nicht beurteilen, ob einer der beiden spielhallenstandorte (bzw. welcher standort) der klägerin, die zueinander den gesetzlich gebotenen mindestabstand nicht einhalten, bei einer neuen auswahlentscheidung gegenüber den konkurrenten gegebenenfalls vorzuziehen wäre. 65wegen der fehlerhaften gewichtung der auswahlkriterien sind die aufhebung der angefochtenen erlaubnisse der beigeladenen zu 1. und 4. sowie eine vollständig neue auswahlentscheidung erforderlich, in die – vorbehaltlich der erfüllung der erteilungsvoraussetzungen – nicht nur die beiden spielhallenstandorte der klägerin, sondern auch die den mindestabstand unterschreitenden spielhallen der anderen betreiber erneut einzubeziehen sind. 66bei der neuen auswahlentscheidung wird die beklagte zu berücksichtigen haben, für alle bewerber eine hinreichende chancengleichheit sicherzustellen. entscheidend ist dabei, durch die verfahrensgestaltung zu gewährleisten, dass die auswahl tatsächlich unter allen bewerbern erfolgen kann. die berücksichtigung nachträglicher veränderungen oder erkenntnisse, die vorliegend gesetzlich nicht ausgeschlossen ist, muss transparent erfolgen und jedem mitbewerber eine faire chance belassen, nach maßgabe der wesentlichen kriterien und des vorgesehenen verfahrens berücksichtigt zu werden. 67vgl. ovg nrw, urteil vom 28.9.2020 – 4 a 2325/19 –, juris, rn. 52 f., m. w. n. 68sofern die beklagte bei der neuen auswahlentscheidung das kriterium der bestmöglichen ausschöpfung der standortkapazität fruchtbar machen wollte, dürfte zu beachten sein, dass bei der auswahl einer spielhalle der klägerin am standort i. -c. -q. 0 anstatt der spielhalle der beigeladenen zu 4. am standort i. -c. -q. 00 für insgesamt vier spielhallen in der n. innenstadt grundsätzlich eine erlaubniserteilung möglich sein dürfte und so die dortige standortkapazität genauso gut ausgeschöpft werden würde wie bei der von der beklagten bisher getroffenen auswahl für vier spielhallen an den standorten i. -c. -q. 00 (beigeladene zu 4.), m. straße 00 (beigeladene zu 1.), m1. straße 00 und f1. straße 000. daran änderte sich vorliegend – soweit ersichtlich – nichts, wenn die beklagte das kriterium der ausschöpfung der standortkapazität zusätzlich an die anzahl der in den spielhallen vorhandenen geldspielgeräte knüpfen wollte. 69b. die anschlussberufung der klägerin, mit der sie allein eine änderung der erstinstanzlichen kostenentscheidung hinsichtlich des durch übereinstimmende erledigungserklärungen erledigten teils des verfahrens begehrt, ist unzulässig. 70gemäß § 158 abs. 1 vwgo ist die anfechtung der entscheidung über die kosten unzulässig, wenn nicht gegen die entscheidung in der hauptsache ein rechtsmittel eingelegt wird. ist eine entscheidung in der hauptsache nicht ergangen, so ist gemäß § 158 abs. 2 vwgo die entscheidung über die kosten unanfechtbar. 71die zulässigkeit der anschlussberufung richtet sich nicht nach § 158 abs. 1 vwgo, weil gegen die entscheidung in der hauptsache ein rechtsmittel eingelegt worden ist. die anschlussberufung ist vielmehr nach § 158 abs. 2 vwgo unzulässig. danach ist die mit der anschlussberufung angegriffene kostenentscheidung nach § 161 abs. 2 vwgo nach teilweiser übereinstimmender erledigungserklärung unanfechtbar. 72vgl. bverwg, urteile vom 3.11.2011 – 7 c 3.11 –, bverwge 141, 122 = juris, rn. 32, m. w. n., und vom 8.9.2005 – 3 c 50.04 –, buchholz 316 § 49a vwvfg nr. 5 = juris, leitsatz 2, rn. 32 ff.; ovg nrw, beschluss vom 15.1.2021 – 4 b 1986/20 –, juris, rn. 2. 73ob abweichendes ausnahmsweise dann anzunehmen ist, wenn formal nur eine einzige kostenentscheidung vorliegt und die maßgeblichen entscheidungsgrundlagen für die kostenentscheidung bezüglich des streitig gebliebenen teils mit denen nach § 161 abs. 2 vwgo identisch sind, kann dahinstehen. ein solcher fall liegt hier nicht vor. das verwaltungsgericht hat formal die kosten für den erledigten teil der klägerin auferlegt, für den nicht erledigten teil der beklagten. diese kostenentscheidung beruht inhaltlich wegen beider teile nicht auf denselben gründen. aus dem tenor, wonach die klägerin 3/5 der kosten des verfahrens trägt, in verbindung mit der streitwertfestsetzung, die für jede der ursprünglich fünf angefochtenen dritterlaubnisse 15.000,00 euro angesetzt hat, ergibt sich auch ohne ausdrückliche begründung in den entscheidungsgründen, dass das verwaltungsgericht mit blick auf die drei von der klägerin ursprünglich mitangefochtenen härtefallerlaubnisse der beigeladenen zu 1., 2. und 3. von einem (hypothetischen) unterliegen der klägerin insoweit ausgegangen ist. im übrigen, hinsichtlich des streitigen zwei spielhallen betreffenden teils, hat es hingegen dem unterliegen der beklagten durch die auferlegung von 2/5 der verfahrenskosten entsprochen. damit hat das verwaltungsgericht hinsichtlich des erledigten teils gerade nicht auf die ausführungen zum nicht erledigten teil bezug nehmen wollen und somit auch inhaltlich die kostenentscheidung aufgeteilt. 74die kostenentscheidung folgt aus § 154 abs. 2 und 3 halbsatz 1, § 155 abs. 1 satz 1, abs. 2, § 162 abs. 3 vwgo. die außergerichtlichen kosten der beklagten sind nicht erstattungsfähig, weil sie bezogen auf die eingelegten berufungen nicht obsiegt hat und die zu ihren gunsten entschiedene anschlussberufung für sie keine besonderen kosten verursacht hat. anders als bei den anwaltlich vertretenen beigeladenen hat der durch die anschlussberufung verursachte gebührensprung für die beklagte angesichts ihrer von der höhe des streitwerts unabhängigen auslagen keine besonderen kosten veranlasst, die ihr zu erstatten wären. die beigeladenen untereinander sind nicht zur erstattung ihrer außergerichtlichen kosten berechtigt. die kostenerstattung folgt dem unterliegensprinzip. im grundsatz ist erstattungsberechtigt, wer obsiegt, erstattungsverpflichtet, wer unterliegt. 75vgl. bverwg, urteile vom 25.10.2018 – 3 c 22.16 –, bverwge 163, 283 = juris, rn. 33, m. w. n., und vom 26.3.2015 – 4 c 1.14 –, nvwz-rr 2015, 685 = juris, rn. 18; ovg nrw, urteil vom 28.9.2020 – 4 a 2325/19 –, juris, rn. 54 ff. 76die entscheidung zur vorläufigen vollstreckbarkeit beruht auf § 167 vwgo i. v. m. §§ 708 nr. 10, 711 zpo. 77die revision ist nicht zuzulassen, weil die voraussetzungen des § 132 abs. 2 vwgo nicht erfüllt sind. zwar sind die regelungen des glücksspielstaatsvertrags nach § 33 glüstv revisibel. es ist aber bereits durch die entscheidung des bundesverfassungsgerichts vom 7.3.2017 ‒ 1 bvr 1314/12 u. a. ‒ geklärt, dass nach ablauf der übergangsfrist des § 29 abs. 4 satz 2 glüstv ein auswahlverfahren stattfinden und an welchen kriterien sich die auswahlentscheidung grundsätzlich ausrichten muss. 78soweit die gewichtung und der inhalt der auswahlkriterien nicht bereits durch die entscheidung des bundesverfassungsgerichts geklärt wurden, beruhen alle weiteren vorgaben auf nicht revisiblen landesrechtlichen regelungen. insoweit erhalten die auswahlkriterien ihren in nordrhein-westfalen maßgeblichen inhalt erst durch die konturierung im landesrecht, die außer durch das ausführungsgesetz zum glücksspielstaatsvertrag durch die die behörden bindenden spielhallenrechtlichen erlasse erfolgt ist. 79vgl. ovg nrw, urteil vom 10.10.2019 – 4 a 1826/19 –, dvbl. 2020, 453 = juris, rn. 88 f., m. w. n.
Verklagte*r
0
121,035
9 O 322/15
2016-09-30T00:00:00
Grund- und Teilurteil
Tenor Die Ansprüche der Klägerin auf Ersatz ihres materiellen Schadens aus dem Verkehrsunfall vom … auf der Q-Straße/L-Straße in N sind dem Grunde nach zu 80% gerechtfertigt. Der Anspruch der Klägerin auf Ersatz ihres immateriellen Schadens aus dem Verkehrsunfall vom … auf der Q-Straße/L-Straße in N ist in angemessener Höhe unter Berücksichtigung eines mitwirkenden Verschuldens der Klägerin in Höhe von 20% gerechtfertigt. Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin unter Berücksichtigung eines mitwirkenden Verschuldens der Klägerin in Höhe von 20% sämtliche künftigen materiellen und immateriellen Schäden aus dem Verkehrsunfall vom … auf der Q-Straße/L-Straße in N zu ersetzen, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. 1Tatbestand: 2Die Klägerin macht Ansprüche auf Schmerzensgeld und Schadensersatz nach einem Verkehrsunfall geltend. 3Sie befuhr am … (nachmittags) mit ihrem Fahrrad die Q-Straße/L-Straße in N in südwestlicher Richtung. Die Q-Straße/L-Straße ist an der Unfallstelle mit dem Richtzeichen Nr. 306 (Anlage 3 zu § 41 Abs. 2 StVO: „Vorfahrtstraße“) gekennzeichnet. Die Klägerin fuhr auf der linken Straßenseite auf einem Geh-/Radweg, was bis kurz vor der Unfallstelle gestattet war. Kurz vor der aus Sicht der Klägerin linksseitigen Einmündung der Straße J auf die Q-Straße/L-Straße befindet sich das Vorschriftzeichen Nr. 240 (Anlage 2 zu § 41 Abs. 1 StVO: „gemeinsamer Geh- und Radweg“) mit einem darunter befindlichen Zusatzzeichen, das einen Pfeil nach rechts zeigt. An dieser Stelle beginnt auf der rechten Fahrbahnseite ein gemeinsamer Geh- und Radweg. Die Klägerin fuhr über den Standort dieses Verkehrsschildes hinaus geradeaus auf dem dort – für die entgegengesetzte Richtung vorgeschriebenen – gemeinsamen Geh- und Radweg weiter, weil sie beabsichtigte, die Straßeneinmündung J zu überqueren und sodann nach links der Straße J zu folgen. 4Der Beklagte zu 1) befuhr mit seinem bei der Beklagten zu 2) haftpflichtversicherten Fahrzeug die Straße J und beabsichtigte nach rechts auf die Q-Straße abzubiegen. Die Straße J ist an dieser Stelle mit dem Vorschriftzeichen Nr. 206 (Anlage 2 zu § 41 Abs. 1 StVO: „Halt. Vorfahrt gewähren.“ [Stoppschild]) gekennzeichnet. 5Es kam zu einem Zusammenstoß, der sich – soweit unstreitig – wie folgt ereignete. Der Beklagte zu 1) hielt an der mit dem Stoppschild versehenen, noch vor dem gemeinsamen Geh- und Radweg befindlichen Haltelinie an. Auch die Klägerin fuhr langsam auf die Einmündung zu und hielt möglicherweise noch vor der Straße an. Beide Unfallbeteiligten fuhren jedoch gleichzeitig los bzw. weiter und die Klägerin wurde von dem vorderen Teil des Kraftfahrzeugs getroffen und fiel zunächst auf die Motorhaube. Im weiteren Verlauf prallte sie mit dem Kopf auf der Straße auf. 6Die Klägerin wurde ganz erheblich verletzt und erlitt ein schweres Schädel-Hirn-Trauma, einen Schädel-Basis-Bruch sowie eine Kniefraktur. Es bestand akute Lebensgefahr und die Klägerin wurde mit dem Notarztwagen zunächst in das N1-Hospital nach N transportiert und sodann per Rettungswagen ins L1-Krankenhaus nach S verbracht. Sie lag mehrere Tage auf der Intensivstation und wurde anschließend umfangreich wegen der körperlichen Verletzungen und psychologisch behandelt. 7Der Klägerin entstand ein materieller Schaden in Form von beschädigten Sachen sowie Behandlungs- und Fahrtkosten in Gesamthöhe von 6.916,51 €. Ihr entstand darüber hinaus bis zum 31.12.2015 ein Haushaltsführungsschaden von mindestens 12.500,00 €. Wegen der Einzelheiten des unstreitigen Teils des Haushaltsführungsschadens wird auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen. 8Die Beklagte zu 2) zahlte einen Schmerzensgeldbetrag in Höhe von 40.000,00 € und ersetzte den der Klägerin entstandenen materiellen Schaden zu 40%. Sie zahlte darüber hinaus einen Betrag von 5.000,00 € (40% von 12.500,00 €) wegen des der Klägerin entstandenen Haushaltsführungsschadens. 9Die Klägerin behauptet, der Beklagte zu 1) habe nicht innerhalb der üblichen Reaktionszeit gebremst, sondern sei noch fünf Meter weitergefahren, wobei er sie mitgeschleift habe. 10Sie habe durch den Unfall über die unstreitig gestellten körperlichen Verletzungen hinaus weitere körperliche und psychische Beeinträchtigungen erheblicher Art erlitten, insbesondere ein massives Schleudertrauma, eine posttraumatische Belastungsstörung, eine hirnorganische Wesensänderung, ein hirnorganisches Psychosyndrom, Geruchs- und Geschmacksverlust. Sie leide an einer depressiven Symptomatik mit Zwangsstörung und Zwangsgedanken, die auf den Unfall zurückzuführen sei. Wegen all dieser Verletzungen und Verletzungsfolgen seien intensive und langdauernde Behandlungen erfolgt. Wegen der weiteren Einzelheiten des Klägervortrags wird auf den Inhalt der klägerischen Schriftsätze verwiesen. 11Ihr sei ein Haushaltsführungsschaden bis zum 31.12.2015 in Höhe von insgesamt 16.296,00 € entstanden. Für die Zeit ab dem 01.01.2016 bis zu ihrem Lebensende sei von einer Beeinträchtigung der Haushaltsführung in Höhe von 20% auszugehen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Klägervortrags wird auf den Inhalt der klägerischen Schriftsätze verwiesen. 12Sie ist der Ansicht, die Beklagten müssten zu 100% auf die Unfallfolgen haften. Es sei ein Schmerzensgeld in Höhe von mindestens 150.000,00 € gerechtfertigt. 13Sie beantragt nach einer Teil-Klagerücknahme, 14die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie ein angemessenes, in das Ermessen des Gerichts zu stellendes Schmerzensgeld nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 28.01.2016 abzüglich erhaltener 40.000,00 € zu zahlen, 15die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie eine monatliche Schmerzensgeldrente in Höhe von 300,00 € rückwirkend ab dem 08.11.2013 vierteljährlich im Voraus jeweils zum 1.2., 1.5., 1.8. und 1.11. eines jeden Jahres zu zahlen, 16die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie 16.014,98 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 28.01.2016 zu zahlen, 17die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie ab Januar 2016 bis zu ihrem Lebensende als Haushaltsführungsschadensersatz eine Rente in Höhe von monatlich 252,00 € vierteljährlich im Voraus zu zahlen, 18festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, ihr sämtliche künftigen materiellen und immateriellen Schäden aus dem Verkehrsunfall vom … auf der Q-Straße/L-Straße in N zu ersetzen, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind. 19Die Beklagten beantragen, 20die Klage abzuweisen. 21Sie bestreiten die nicht unstreitig gestellten Primärverletzungen sowie die tatsächlichen Grundlagen des Haushaltsführungsschadens mit Nichtwissen. 22Sie sind der Ansicht, sie müssten auf die Unfallfolgen lediglich zu 20% haften. Die darüber hinaus gehende Regulierung auf einer Basis von 40% sei aus Kulanz erfolgt. Die (angeblich) erlittenen Verletzungen und Verletzungsfolgen würden ein Schmerzensgeld in Höhe von maximal 100.000,00 € rechtfertigen, wobei eine Regulierung unter Berücksichtigung eines 40%igen Mitverschuldensanteils der Beklagtenseite erfolgt sei. 23Die Kammer hat Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung der Zeugin N2. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 02.09.2016 verwiesen. 24Entscheidungsgründe: 25I. 26Die zulässigen Leistungsanträge sind dem Grunde nach gerechtfertigt, wobei ein Mitverschulden der Klägerin in Höhe von 20% zu berücksichtigen ist. 271) 28Die Kammer kann durch Grundurteil gemäß § 304 Abs. 1 ZPO entscheiden, weil die geltend gemachten Ansprüche nach Grund und Betrag streitig sind. 29Dem Grunde nach sind die Ansprüche insoweit streitig, als Einzelheiten des Verkehrsunfallgeschehens streitig sind; zudem besteht Streit hinsichtlich der Haftungsanteile. Dem Betrag nach sind die Ansprüche streitig, weil die Verletzungen und Verletzungsfolgen, die Einfluss auf die Schmerzensgeldhöhe haben, im Einzelnen streitig sind. Zudem ist die Höhe des gegebenenfalls zu beanspruchenden Schmerzensgelds streitig; Gleiches gilt für die Voraussetzungen und die Höhe des Haushaltsführungsschadens. 30Die Klage ist bereits jetzt zum Grunde entscheidungsreif; wegen der Höhe ist eine weitere Beweisaufnahme erforderlich; da der Klägerin Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche zu 80% zustehen, eine Regulierung bislang aber nur in Höhe von 40% stattgefunden hat, ist mit hoher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass die geltend gemachten Ansprüche im Betragsverfahren in irgendeiner Höhe auszuurteilen sind. 31Die Kammer entscheidet auch hinsichtlich der auf Rentenzahlungen gerichteten Klageanträge ausschließlich über den Grund der Haftung. Ob, ab wann, für wie lange und in welcher Höhe Rentenzahlungen oder nur eine Kapitalabfindung zu erfolgen hat, ist im Betragsverfahren zu entscheiden (vgl. BGH, NJW 1972, 1943 [1945 f.]). 322) 33Die Klage ist dem Grunde nach zu 80% gerechtfertigt, denn der Klägerin stehen Ansprüche auf Schadensersatz und Schmerzensgeld gemäß §§ 7 Abs. 1, 11 StVG (ggf. i.V.m. § 13 StVG) bzw. gemäß §§ 823 Abs. 1 und 2, 249 Abs. 1, 253 Abs. 2 BGB, § 229 StGB (ggf. i.V.m. § 843 BGB), jeweils i.V.m. § 115 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 VVG, § 1 PflVG, zu, wobei gemäß § 9 StVG bzw. § 254 Abs. 1 BGB ein Mitverschulden der Klägerin zu 20% zu berücksichtigen ist. 34Der Beklagte zu 1) hat mit seinem bei der Beklagten zu 2) versicherten Fahrzeug die Klägerin verletzt, was einer Verletzung beim Betrieb eines Kraftfahrzeugs entspricht und wobei der Beklagte zu 1) zudem fahrlässig gehandelt hat (§ 7 Abs. 1 StVG, § 823 Abs. 1, 2 BGB, § 229 StGB); höhere Gewalt im Sinne von § 7 Abs. 2 StVG lag nicht vor. 35Der näheren Erörterung bedarf allein die Frage, in welchem Umfang die Beklagten der Klägerin haften (§ 9 StVG, § 254 Abs. 1 BGB). Insoweit hat eine Abwägung der wechselseitigen Verursachungs- und Verschuldensbeiträge der Unfallbeteiligten stattzufinden. 36Aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme ist zunächst über den bereits unstreitigen Verlauf des Verkehrsunfalls hinaus festzustellen, dass der Beklagte zu 1) im Moment des Zusammenstoßes jedenfalls nicht innerhalb der üblichen, sondern erst nach einer ungewöhnlich langen Reaktionszeit gebremst hat und die Klägerin nicht bloß auf ihrem Fahrrad umgefahren, sondern sie und das Fahrrad noch einige Meter weit geschoben hat, wobei sich das Fahrrad unter dem Fahrzeug verkeilt hat und die Klägerin zunächst auf die Motorhaube gestürzt und anschließend mit voller Wucht mit dem Kopf auf der Straße aufgeschlagen und mitgeschleift worden ist. Diese Feststellungen trifft die Kammer aufgrund der Vernehmung der Zeugin N2, die das glaubhaft und überzeugend geschildert hat. Die Aussage der Zeugin, deren Angaben lebensnah und detailreich waren, deckt sich in einem solchen Maß mit den im Rahmen des polizeilichen Ermittlungsverfahrens gegen den Beklagten gemachten schriftlichen Angaben der Zeugin, dass die Kammer von einer wahrheitsgemäßen Schilderung des Geschehens ausgeht. Soweit die Zeugin im Rahmen der schriftlichen, polizeilichen Vernehmung eine verhältnismäßig exakte Streckenangabe („3-5 Meter“) gemacht hat, die sie in der mündlichen Verhandlung so nicht aus ihrer Erinnerung heraus bestätigen konnte, ist das für die Kammer ersichtlich auf den zwischenzeitlichen Zeitablauf von fast drei Jahren zurückzuführen. Gleichwohl ist die Kammer aufgrund der Aussage der Zeugin überzeugt, dass der Beklagte zu 1) die Klägerin über eine für einen derartigen Zusammenstoß ungewöhnlich lange Strecke vor sich hergeschoben bzw. geschleift hat, was angesichts des Umstands, dass er – unstreitig – just im Moment des Zusammenstoßes aus dem Stand heraus losgefahren war, nur mit einer – möglicherweise altersbedingten – ungewöhnlich späten Reaktion bzw. ungewöhnlich großer Unaufmerksamkeit des zum Unfallzeitpunkt 77jährigen Beklagten zu 1) zu erklären ist. Die Zeugin hat nämlich ausdrücklich erklärt, dass der Autofahrer die Klägerin „ein Stück mitgeschliffen“ und „schon ein Stück weiter gefahren“ sei. Die Angaben der Zeugin, die zwar ersichtlich noch von dem ganz erheblichen Unfallgeschehen, das sie auf einem Spaziergang mit ihrem Säugling erleben musste, beeindruckt war, waren dabei allerdings in einer Weise sachlich und reflektiert, dass die Kammer auch eine unbewusste Übertreibung ausschließen kann. 37Soweit der Beklagtenvertreter nach der Beweisaufnahme erklärt hat, dass die Beklagten es sich zu eigen machen, dass die Zeugin gesagt habe, dass „die Radfahrerin angehalten und den Anschein erweckt [habe], sie würde sich ordnungsgemäß verhalten“, kann die Kammer aufgrund der Angaben der Zeugin zwar nicht letztlich sicher feststellen, dass die Klägerin tatsächlich bis zum Stillstand angehalten hat. Die Zeugin hat auf ausdrückliche Nachfrage hierzu angegeben, dass sie „fast glaube“, dass die Fahrradfahrerin auch gestanden habe, dies aber „nicht genau“ sagen könne. Die Kammer entnimmt aber dem Gesamtzusammenhang der Angaben der Zeugin, dass es sich um eine Verkehrssituation gehandelt hat, die aus Sicht der Zeugin für beide Unfallbeteiligten zunächst gefahrenfrei und jederzeit kontrollierbar schien. Die Zeugin hat insoweit von einer „surrealen Situation“ gesprochen, in der es aus ihrer Sicht „zunächst einmal überhaupt gar kein Gefahrenpotential gegeben“ habe. Dem glaubhaft und überzeugend geschilderten Eindruck der Zeugin zufolge besteht somit die gute Möglichkeit, dass sich beide Unfallbeteiligten gesehen haben und es – in den Worten der Zeugin – zu einem „Abstimmungsproblem“ der beiden gekommen ist. Die Kammer kann daraus aber nicht mit der für eine Überzeugung gemäß § 286 ZPO erforderlichen Gewissheit schließen, dass der Beklagte zu 1) gesehen hat, dass die Klägerin angehalten hat, und er daraus geschlossen hat, sie werde ihn vorfahren lassen. Die Zeugin konnte – verständlicherweise – nichts dazu sagen, ob sich die beiden Unfallbeteiligten tatsächlich gesehen haben, wenn auch vor Ort jedenfalls keine Sichthindernisse bestanden. Vor allem aber der Umstand, dass der Beklagte zu 1) die oben festgestellte ungenügende Reaktion gezeigt hat, spricht eher dafür, dass er die Radfahrerin überhaupt nicht gesehen und von ihrem Auftauchen völlig überrascht war. Hinzukommt, dass die Beklagten sich bis zur Beweisaufnahme überhaupt nicht darauf berufen haben, dass die Klägerin für den Beklagten zu 1) den Eindruck erweckt habe, sie würde stehenbleiben. Dabei berücksichtigt die Kammer, dass sie die unfallbeteiligten Parteien wegen deren Verhandlungsunfähigkeit beide nicht persönlich anhören konnte. 38Auf Grundlage des unstreitigen Sachverhalts sowie dieser Feststellungen ist von einem Mitverschuldensanteil der Klägerin gemäß § 9 StVG bzw. § 254 Abs. 1 BGB in Höhe von 20% auszugehen. 39Die in der höchstrichterlichen und obergerichtlichen Rechtsprechung vorgekommenen Haftungsquoten variieren in Fällen von Zusammenstößen zwischen Kraftfahrzeug und Fahrrad bei Benutzung des linken Radwegs durch den Radfahrer freilich deutlich und reichen von einem Haftungsanteil auf Seiten des Radfahrers von 25% über 33%, 50%, 60%, 75% bis sogar 100% (vgl. Grüneberg, in: Grüneberg, Haftungsquoten bei Verkehrsunfällen, 14. Aufl. 2015, E Rdnr. 370). In der untergerichtlichen Rechtsprechung finden sich auch (ältere) Fälle einer 100%igen Haftung des Kraftfahrers (Grüneberg a.a.O.). Maßgeblich für die Bewertung der wechselseitigen Verursachungs- und Verschuldensbeiträge sind – wie stets – die Umstände des Einzelfalls. 40Zunächst lässt sich feststellen, dass die Klägerin gegen § 2 Abs. 4 S. 2 StVO verstoßen hat, denn sie hat, obwohl durch das Zeichen 240 und das Zusatzzeichen angeordnet, nicht bereits vor der Unfallstelle die Straßenseite gewechselt und den rechten gemeinsamen Rad- und Gehweg benutzt. 41Mit diesem Verhalten hat sie zwar im Hinblick auf die der Q-Straße/L-Straße untergeordnete Straße J nicht ihr durch die Zeichen 206 und 306 gewährtes Vorfahrtsrecht (§ 8 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 StVO) verloren. Bei der gerichtlichen Beurteilung, wie weit das Vorfahrtsrecht geht, ist nämlich der Grundsatz der Klarheit und Einfachheit der Verkehrsregel zu beachten (OLG Düsseldorf, NZV 2000, 506). Dieser Grundsatz bedingt, dass nicht nur die einen Fahrradweg in der gestatteten Fahrtrichtung benutzenden Radfahrer – selbstverständlich (OLG Düsseldorf a.a.O.) – an dem Vorfahrtsrecht der betreffenden Straße teilnehmen, sondern auch die, die den Radweg, sei es aufgrund einer verkehrsrechtlichen Gestattung, sei es fehlerhaft, in der entgegengesetzten Richtung benutzen (so auch OLG Hamm, NJWE-VHR 1997, 57 und NJWE-VHR 1996, 163; offengelassen in NZV 1999, 86 [87]). Andernfalls entstünde für die Fahrzeugführer auf der untergeordneten Straße eine Ungewissheit, ob der aus der „falschen“ Richtung kommende Radfahrer den Radweg aufgrund einer verkehrsrechtlichen Gestattung benutzt oder nicht, denn die entsprechende Beschilderung ist von der untergeordneten Straße in der Regel nicht zu sehen (OLG Düsseldorf a.a.O.). Soweit in der Rechtsprechung vertreten wird, dass das Vorfahrtsrecht entfalle, wenn ein Radfahrer unter Verstoß gegen § 2 Abs. 4 S. 2 bzw. 4 StVO den linken Radweg benutzt (vgl. BGH, NJW 1982, 334; OLG Bremen, NJW 1997, 2891), teilt die Kammer diese Auffassung nicht. Soweit der Bundesgerichtshof (a.a.O.) nämlich darauf abstellt, dass ein „Recht zur Vorfahrt […] dann begrifflich ausgeschlossen [sei], wenn es schon an einem Recht zum Fahren [mangle]“, erscheint dieser Satz zwar einleuchtend, ist aber bei genauer Betrachtung für sich genommen nicht überzeugend, da hier aus reinen Begrifflichkeiten rechtliche Schlussfolgerungen gezogen werden, was keinen zwingenden Charakter haben kann (vgl. dazu auch krit. Röhl/Röhl, Allgemeine Rechtslehre, 3. Aufl. 2008, § 7 III und IV). Dementsprechend wird – dem o.g. Satz entgegenstehend – im Allgemeinen etwa auch der Grundsatz aufgestellt, dass verkehrswidriges Verhalten des Berechtigten dessen Vorfahrt nicht beseitigt, etwa wenn der Vorfahrtsberechtigte zu schnell fährt oder eine für ihn gesperrte Straße (z.B. Anliegerverkehr) benutzt (Heß, in: Burmann/Heß/Jahnke/Janker, StVR 24. Aufl. 2016, § 8 StVO Rdnr. 52 ff.). Dem stellt sich auch der Bundesgerichtshof (a.a.O.) nicht entgegen. Soweit der Bundesgerichtshof in der genannten Entscheidung zwar insoweit überzeugender konkret darauf abstellt, dass ein Vorfahrtsrecht demjenigen nicht zustehen könne, der auf einer Straße fährt, die deutlich erkennbar für jeglichen Fahrverkehr gesperrt ist oder – wie im damals gegebenen Fall bei einer Einbahnstraße – in der befahrenen Richtung nicht zur Verfügung steht, lässt sich daraus für den hier vorliegenden Fall gerade nicht entnehmen, dass die Klägerin nicht vorfahrtsberechtigt war. Eine derart eindeutige Sachlage, aufgrund der der Beklagte zu 1) bzw. jeder andere Fahrzeugführer an seiner Stelle hätte annehmen müssen, dass aus der Richtung der Klägerin niemand kommen dürfe, lag nämlich gerade nicht vor. 42Gleichwohl ist das Fehlverhalten der Klägerin zu ihren Lasten zu werten, denn das die Klägerin an dieser Stelle treffende Verbot, den linken Radweg weiter zu benutzen (vgl. auch § 2 Abs. 4 S. 4 StVO), soll unter anderem die Gefahr, die sich hier verwirklicht hat – nämlich dass Autofahrer an einer Einmündung mit Radweg nicht mit von rechts kommenden Radfahrern rechnen, sondern sich auf den Verkehr von links konzentrieren –, mindern und ausschließen (vgl. OLG Hamm, NZV 2000, 506 f.). Dem steht es auch nicht entgegen, dass von einem Kraftfahrzeugführer erwartet wird, damit zu rechnen, dass der Radweg vorschriftswidrig in falscher Richtung befahren wird (OLG Hamm, NJWE-VHR 1997, 57). Denn damit ist lediglich der den Straßenverkehr im Allgemeinen bestimmende Grundsatz ständiger Vorsicht und gegenseitiger Rücksicht (§ 1 Abs. 1 StVO) zum Ausdruck gebracht, der es erfordert, mit verkehrswidrigem Verhalten anderer zu rechnen und der ohnehin im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen ist. 43Relativiert wird der Verstoß auf Seiten der Klägerin allerdings dadurch, dass sie beabsichtigte, in die Straße J abzubiegen und das von dem Verkehrsschild geforderte Verhalten für diesen Fall ein ebenfalls mit Gefahren verbundenes zweimaliges Überqueren der Hauptstraße verlangt hätte. Zwar wird man für diesen Fall fordern müssen, dass die Klägerin ganz besondere Vorsicht walten lässt; indes ist aufgrund der glaubhaften Aussage der Zeugin N2 davon auszugehen, dass die Klägerin gerade nicht in einem Zug mit „normaler“ Geschwindigkeit den Radweg entlanggefahren ist; vielmehr ist die Klägerin langsam an die Einmündung herangefahren, wobei allerdings – wie ausgeführt – nicht festgestellt werden kann, dass sie tatsächlich bis zum Stillstand angehalten hat. 44Zu Lasten der Beklagten wiegt hingegen bereits die allgemeine Betriebsgefahr des Kraftfahrzeugs schwer, die in Fällen des Zusammenstoßes mit einem anderen Verkehrsteilnehmer, der nicht Kraftfahrzeugführer ist, grundsätzlich schon gemäß § 7 Abs. 1 StVG zu einer vollen Haftung führt, die erst durch besondere Umstände gemäß § 9 StVG bzw. § 254 BGB gemindert werden kann. Darüber hinaus geht der Verstoß des Beklagten zu 1) gegen § 8 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 StVO (siehe oben) zu Lasten der Beklagtenseite. 45Ebenfalls zu Lasten der Beklagten geht das konkrete Bremsverhalten des Beklagten zu 1) im Moment des Zusammenstoßes. Wie festgestellt ist davon auszugehen, dass der Beklagte zu 1) mit einer deutlichen Verzögerung gebremst und dadurch die Verletzungsgefahr für die Klägerin erheblich erhöht hat. Es kann dabei dahinstehen, ob das zögerliche Bremsverhalten des Beklagten zu 1) auf sein erhöhtes Alter und damit möglicherweise verbundene Wahrnehmungs- und Reaktionsschwächen zurückzuführen ist oder ob es sich schlicht um Unaufmerksamkeit oder einen übergroßen Unfallschreck gehandelt hat (vgl. Heß, in: Burmann/Heß/Jahnke/Janker, StVR 24. Aufl. 2016, § 1 StVO Rdnr. 52 ff.). Jedenfalls liegt darin ein gewichtiger Verstoß gegen die allgemeine Rücksichtspflicht des § 1 Abs. 2 StVO. Nach den aufgrund der Aussage der Zeugin N2 getroffenen Feststellungen ist davon auszugehen, dass angesichts der herrschenden Geschwindigkeitsverhältnisse ein Zusammenstoß bei gehöriger Aufmerksamkeit hätte vermieden werden können oder erheblich glimpflicher verlaufen wäre. 46Soweit die Beklagtenseite darauf abgestellt hat, dass der Beklagte zu 1) angesichts des Verhaltens der Klägerin habe darauf vertrauen dürfen, dass sie ihn vorfahren lassen würde, vermag die Kammer wie bereits ausgeführt schon nicht positiv festzustellen, dass der Beklagte zu 1) ein solches Vertrauen im Unfallzeitpunkt tatsächlich hatte. Unabhängig davon kann der Vertrauensgrundsatz zwar grundsätzlich zu einer (erhöhten) Mithaftung des Vorfahrtsberechtigten führen (vgl. jedoch zu den Einschränkungen Heß, in: Burmann/Heß/Jahnke/Janker, StVR 24. Aufl. 2016, § 8 StVO Rdnr. 45 f.). Indes legen die Angaben der Zeugin N2 eher nahe, dass nicht (nur) die Klägerin durch ihr Verhalten signalisiert hat, warten zu wollen, sondern dass beide Unfallbeteiligten jeweils davon ausgegangen sind, der andere werde warten, wobei zu den subjektiven Vorstellungen der Unfallbeteiligten allerdings – wie ausgeführt – letztlich keine Feststellungen getroffen werden konnten. 47Die genannten Umstände und wechselseitigen Verfahrensverstöße sind abschließend dahingehend zu bewerten, dass die Beklagten zu 80% auf die Unfallfolgen haften. Der Verstoß der Klägerin gegen § 2 Abs. 4 S. 2 StVO erscheint angesichts der Verstöße des Beklagten zu 1) gegen § 8 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 StVO und § 1 Abs. 1 und 2 StVO eher gering, tritt jedoch nicht völlig zurück. 48Im Rahmen der geltend gemachten Schmerzensgeldansprüche war im Tenor des Grundurteils auszusprechen, dass das angemessene Schmerzensgeld unter Berücksichtigung des festgestellten Mitverschuldensanteils der Klägerin zu bestimmen ist (vgl. Spindler, in: BeckOK BGB, 40. Edition, § 253 Rdnr. 61). 49II. 50Der Feststellungsantrag ist zulässig und nach dem Gesagten unter Berücksichtigung eines mitwirkenden Verschuldens der Klägerin in Höhe von 20% begründet.
die ansprüche der klägerin auf ersatz ihres materiellen schadens aus dem verkehrsunfall vom … auf der q-straße/l-straße in n sind dem grunde nach zu 80% gerechtfertigt. der anspruch der klägerin auf ersatz ihres immateriellen schadens aus dem verkehrsunfall vom … auf der q-straße/l-straße in n ist in angemessener höhe unter berücksichtigung eines mitwirkenden verschuldens der klägerin in höhe von 20% gerechtfertigt. es wird festgestellt, dass die beklagten als gesamtschuldner verpflichtet sind, der klägerin unter berücksichtigung eines mitwirkenden verschuldens der klägerin in höhe von 20% sämtliche künftigen materiellen und immateriellen schäden aus dem verkehrsunfall vom … auf der q-straße/l-straße in n zu ersetzen, soweit die ansprüche nicht auf sozialversicherungsträger oder sonstige dritte übergegangen sind. im übrigen wird die klage abgewiesen. 1
2die klägerin macht ansprüche auf schmerzensgeld und schadensersatz nach einem verkehrsunfall geltend. 3sie befuhr am … (nachmittags) mit ihrem fahrrad die q-straße/l-straße in n in südwestlicher richtung. die q-straße/l-straße ist an der unfallstelle mit dem richtzeichen nr. 306 (anlage 3 zu § 41 abs. 2 stvo: „vorfahrtstraße“) gekennzeichnet. die klägerin fuhr auf der linken straßenseite auf einem geh-/radweg, was bis kurz vor der unfallstelle gestattet war. kurz vor der aus sicht der klägerin linksseitigen einmündung der straße j auf die q-straße/l-straße befindet sich das vorschriftzeichen nr. 240 (anlage 2 zu § 41 abs. 1 stvo: „gemeinsamer geh- und radweg“) mit einem darunter befindlichen zusatzzeichen, das einen pfeil nach rechts zeigt. an dieser stelle beginnt auf der rechten fahrbahnseite ein gemeinsamer geh- und radweg. die klägerin fuhr über den standort dieses verkehrsschildes hinaus geradeaus auf dem dort – für die entgegengesetzte richtung vorgeschriebenen – gemeinsamen geh- und radweg weiter, weil sie beabsichtigte, die straßeneinmündung j zu überqueren und sodann nach links der straße j zu folgen. 4der beklagte zu 1) befuhr mit seinem bei der beklagten zu 2) haftpflichtversicherten fahrzeug die straße j und beabsichtigte nach rechts auf die q-straße abzubiegen. die straße j ist an dieser stelle mit dem vorschriftzeichen nr. 206 (anlage 2 zu § 41 abs. 1 stvo: „halt. vorfahrt gewähren.“ [stoppschild]) gekennzeichnet. 5es kam zu einem zusammenstoß, der sich – soweit unstreitig – wie folgt ereignete. der beklagte zu 1) hielt an der mit dem stoppschild versehenen, noch vor dem gemeinsamen geh- und radweg befindlichen haltelinie an. auch die klägerin fuhr langsam auf die einmündung zu und hielt möglicherweise noch vor der straße an. beide unfallbeteiligten fuhren jedoch gleichzeitig los bzw. weiter und die klägerin wurde von dem vorderen teil des kraftfahrzeugs getroffen und fiel zunächst auf die motorhaube. im weiteren verlauf prallte sie mit dem kopf auf der straße auf. 6die klägerin wurde ganz erheblich verletzt und erlitt ein schweres schädel-hirn-trauma, einen schädel-basis-bruch sowie eine kniefraktur. es bestand akute lebensgefahr und die klägerin wurde mit dem notarztwagen zunächst in das n1-hospital nach n transportiert und sodann per rettungswagen ins l1-krankenhaus nach s verbracht. sie lag mehrere tage auf der intensivstation und wurde anschließend umfangreich wegen der körperlichen verletzungen und psychologisch behandelt. 7der klägerin entstand ein materieller schaden in form von beschädigten sachen sowie behandlungs- und fahrtkosten in gesamthöhe von 6.916,51 €. ihr entstand darüber hinaus bis zum 31.12.2015 ein haushaltsführungsschaden von mindestens 12.500,00 €. wegen der einzelheiten des unstreitigen teils des haushaltsführungsschadens wird auf die gewechselten schriftsätze verwiesen. 8die beklagte zu 2) zahlte einen schmerzensgeldbetrag in höhe von 40.000,00 € und ersetzte den der klägerin entstandenen materiellen schaden zu 40%. sie zahlte darüber hinaus einen betrag von 5.000,00 € (40% von 12.500,00 €) wegen des der klägerin entstandenen haushaltsführungsschadens. 9die klägerin behauptet, der beklagte zu 1) habe nicht innerhalb der üblichen reaktionszeit gebremst, sondern sei noch fünf meter weitergefahren, wobei er sie mitgeschleift habe. 10sie habe durch den unfall über die unstreitig gestellten körperlichen verletzungen hinaus weitere körperliche und psychische beeinträchtigungen erheblicher art erlitten, insbesondere ein massives schleudertrauma, eine posttraumatische belastungsstörung, eine hirnorganische wesensänderung, ein hirnorganisches psychosyndrom, geruchs- und geschmacksverlust. sie leide an einer depressiven symptomatik mit zwangsstörung und zwangsgedanken, die auf den unfall zurückzuführen sei. wegen all dieser verletzungen und verletzungsfolgen seien intensive und langdauernde behandlungen erfolgt. wegen der weiteren einzelheiten des klägervortrags wird auf den inhalt der klägerischen schriftsätze verwiesen. 11ihr sei ein haushaltsführungsschaden bis zum 31.12.2015 in höhe von insgesamt 16.296,00 € entstanden. für die zeit ab dem 01.01.2016 bis zu ihrem lebensende sei von einer beeinträchtigung der haushaltsführung in höhe von 20% auszugehen. wegen der weiteren einzelheiten des klägervortrags wird auf den inhalt der klägerischen schriftsätze verwiesen. 12sie ist der ansicht, die beklagten müssten zu 100% auf die unfallfolgen haften. es sei ein schmerzensgeld in höhe von mindestens 150.000,00 € gerechtfertigt. 13sie beantragt nach einer teil-klagerücknahme, 14die beklagten als gesamtschuldner zu verurteilen, an sie ein angemessenes, in das ermessen des gerichts zu stellendes schmerzensgeld nebst zinsen in höhe von 5 prozentpunkten über dem basiszinssatz seit dem 28.01.2016 abzüglich erhaltener 40.000,00 € zu zahlen, 15die beklagten als gesamtschuldner zu verurteilen, an sie eine monatliche schmerzensgeldrente in höhe von 300,00 € rückwirkend ab dem 08.11.2013 vierteljährlich im voraus jeweils zum 1.2., 1.5., 1.8. und 1.11. eines jeden jahres zu zahlen, 16die beklagten als gesamtschuldner zu verurteilen, an sie 16.014,98 € nebst zinsen in höhe von 5 prozentpunkten über dem basiszinssatz seit dem 28.01.2016 zu zahlen, 17die beklagten als gesamtschuldner zu verurteilen, an sie ab januar 2016 bis zu ihrem lebensende als haushaltsführungsschadensersatz eine rente in höhe von monatlich 252,00 € vierteljährlich im voraus zu zahlen, 18festzustellen, dass die beklagten als gesamtschuldner verpflichtet sind, ihr sämtliche künftigen materiellen und immateriellen schäden aus dem verkehrsunfall vom … auf der q-straße/l-straße in n zu ersetzen, soweit die ansprüche nicht auf sozialversicherungsträger oder sonstige dritte übergegangen sind. 19die beklagten beantragen, 20die klage abzuweisen. 21sie bestreiten die nicht unstreitig gestellten primärverletzungen sowie die tatsächlichen grundlagen des haushaltsführungsschadens mit nichtwissen. 22sie sind der ansicht, sie müssten auf die unfallfolgen lediglich zu 20% haften. die darüber hinaus gehende regulierung auf einer basis von 40% sei aus kulanz erfolgt. die (angeblich) erlittenen verletzungen und verletzungsfolgen würden ein schmerzensgeld in höhe von maximal 100.000,00 € rechtfertigen, wobei eine regulierung unter berücksichtigung eines 40%igen mitverschuldensanteils der beklagtenseite erfolgt sei. 23die kammer hat beweis erhoben durch uneidliche vernehmung der zeugin n2. wegen des ergebnisses der beweisaufnahme wird auf das sitzungsprotokoll vom 02.09.2016 verwiesen. 24
25i. 26die zulässigen leistungsanträge sind dem grunde nach gerechtfertigt, wobei ein mitverschulden der klägerin in höhe von 20% zu berücksichtigen ist. 271) 28die kammer kann durch grundurteil gemäß § 304 abs. 1 zpo entscheiden, weil die geltend gemachten ansprüche nach grund und betrag streitig sind. 29dem grunde nach sind die ansprüche insoweit streitig, als einzelheiten des verkehrsunfallgeschehens streitig sind; zudem besteht streit hinsichtlich der haftungsanteile. dem betrag nach sind die ansprüche streitig, weil die verletzungen und verletzungsfolgen, die einfluss auf die schmerzensgeldhöhe haben, im einzelnen streitig sind. zudem ist die höhe des gegebenenfalls zu beanspruchenden schmerzensgelds streitig; gleiches gilt für die voraussetzungen und die höhe des haushaltsführungsschadens. 30die klage ist bereits jetzt zum grunde entscheidungsreif; wegen der höhe ist eine weitere beweisaufnahme erforderlich; da der klägerin schadensersatz- und schmerzensgeldansprüche zu 80% zustehen, eine regulierung bislang aber nur in höhe von 40% stattgefunden hat, ist mit hoher wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass die geltend gemachten ansprüche im betragsverfahren in irgendeiner höhe auszuurteilen sind. 31die kammer entscheidet auch hinsichtlich der auf rentenzahlungen gerichteten klageanträge ausschließlich über den grund der haftung. ob, ab wann, für wie lange und in welcher höhe rentenzahlungen oder nur eine kapitalabfindung zu erfolgen hat, ist im betragsverfahren zu entscheiden (vgl. bgh, njw 1972, 1943 [1945 f.]). 322) 33die klage ist dem grunde nach zu 80% gerechtfertigt, denn der klägerin stehen ansprüche auf schadensersatz und schmerzensgeld gemäß §§ 7 abs. 1, 11 stvg (ggf. i.v.m. § 13 stvg) bzw. gemäß §§ 823 abs. 1 und 2, 249 abs. 1, 253 abs. 2 bgb, § 229 stgb (ggf. i.v.m. § 843 bgb), jeweils i.v.m. § 115 abs. 1 s. 1 nr. 1 vvg, § 1 pflvg, zu, wobei gemäß § 9 stvg bzw. § 254 abs. 1 bgb ein mitverschulden der klägerin zu 20% zu berücksichtigen ist. 34der beklagte zu 1) hat mit seinem bei der beklagten zu 2) versicherten fahrzeug die klägerin verletzt, was einer verletzung beim betrieb eines kraftfahrzeugs entspricht und wobei der beklagte zu 1) zudem fahrlässig gehandelt hat (§ 7 abs. 1 stvg, § 823 abs. 1, 2 bgb, § 229 stgb); höhere gewalt im sinne von § 7 abs. 2 stvg lag nicht vor. 35der näheren erörterung bedarf allein die frage, in welchem umfang die beklagten der klägerin haften (§ 9 stvg, § 254 abs. 1 bgb). insoweit hat eine abwägung der wechselseitigen verursachungs- und verschuldensbeiträge der unfallbeteiligten stattzufinden. 36aufgrund der durchgeführten beweisaufnahme ist zunächst über den bereits unstreitigen verlauf des verkehrsunfalls hinaus festzustellen, dass der beklagte zu 1) im moment des zusammenstoßes jedenfalls nicht innerhalb der üblichen, sondern erst nach einer ungewöhnlich langen reaktionszeit gebremst hat und die klägerin nicht bloß auf ihrem fahrrad umgefahren, sondern sie und das fahrrad noch einige meter weit geschoben hat, wobei sich das fahrrad unter dem fahrzeug verkeilt hat und die klägerin zunächst auf die motorhaube gestürzt und anschließend mit voller wucht mit dem kopf auf der straße aufgeschlagen und mitgeschleift worden ist. diese feststellungen trifft die kammer aufgrund der vernehmung der zeugin n2, die das glaubhaft und überzeugend geschildert hat. die aussage der zeugin, deren angaben lebensnah und detailreich waren, deckt sich in einem solchen maß mit den im rahmen des polizeilichen ermittlungsverfahrens gegen den beklagten gemachten schriftlichen angaben der zeugin, dass die kammer von einer wahrheitsgemäßen schilderung des geschehens ausgeht. soweit die zeugin im rahmen der schriftlichen, polizeilichen vernehmung eine verhältnismäßig exakte streckenangabe („3-5 meter“) gemacht hat, die sie in der mündlichen verhandlung so nicht aus ihrer erinnerung heraus bestätigen konnte, ist das für die kammer ersichtlich auf den zwischenzeitlichen zeitablauf von fast drei jahren zurückzuführen. gleichwohl ist die kammer aufgrund der aussage der zeugin überzeugt, dass der beklagte zu 1) die klägerin über eine für einen derartigen zusammenstoß ungewöhnlich lange strecke vor sich hergeschoben bzw. geschleift hat, was angesichts des umstands, dass er – unstreitig – just im moment des zusammenstoßes aus dem stand heraus losgefahren war, nur mit einer – möglicherweise altersbedingten – ungewöhnlich späten reaktion bzw. ungewöhnlich großer unaufmerksamkeit des zum unfallzeitpunkt 77jährigen beklagten zu 1) zu erklären ist. die zeugin hat nämlich ausdrücklich erklärt, dass der autofahrer die klägerin „ein stück mitgeschliffen“ und „schon ein stück weiter gefahren“ sei. die angaben der zeugin, die zwar ersichtlich noch von dem ganz erheblichen unfallgeschehen, das sie auf einem spaziergang mit ihrem säugling erleben musste, beeindruckt war, waren dabei allerdings in einer weise sachlich und reflektiert, dass die kammer auch eine unbewusste übertreibung ausschließen kann. 37soweit der beklagtenvertreter nach der beweisaufnahme erklärt hat, dass die beklagten es sich zu eigen machen, dass die zeugin gesagt habe, dass „die radfahrerin angehalten und den anschein erweckt [habe], sie würde sich ordnungsgemäß verhalten“, kann die kammer aufgrund der angaben der zeugin zwar nicht letztlich sicher feststellen, dass die klägerin tatsächlich bis zum stillstand angehalten hat. die zeugin hat auf ausdrückliche nachfrage hierzu angegeben, dass sie „fast glaube“, dass die fahrradfahrerin auch gestanden habe, dies aber „nicht genau“ sagen könne. die kammer entnimmt aber dem gesamtzusammenhang der angaben der zeugin, dass es sich um eine verkehrssituation gehandelt hat, die aus sicht der zeugin für beide unfallbeteiligten zunächst gefahrenfrei und jederzeit kontrollierbar schien. die zeugin hat insoweit von einer „surrealen situation“ gesprochen, in der es aus ihrer sicht „zunächst einmal überhaupt gar kein gefahrenpotential gegeben“ habe. dem glaubhaft und überzeugend geschilderten eindruck der zeugin zufolge besteht somit die gute möglichkeit, dass sich beide unfallbeteiligten gesehen haben und es – in den worten der zeugin – zu einem „abstimmungsproblem“ der beiden gekommen ist. die kammer kann daraus aber nicht mit der für eine überzeugung gemäß § 286 zpo erforderlichen gewissheit schließen, dass der beklagte zu 1) gesehen hat, dass die klägerin angehalten hat, und er daraus geschlossen hat, sie werde ihn vorfahren lassen. die zeugin konnte – verständlicherweise – nichts dazu sagen, ob sich die beiden unfallbeteiligten tatsächlich gesehen haben, wenn auch vor ort jedenfalls keine sichthindernisse bestanden. vor allem aber der umstand, dass der beklagte zu 1) die oben festgestellte ungenügende reaktion gezeigt hat, spricht eher dafür, dass er die radfahrerin überhaupt nicht gesehen und von ihrem auftauchen völlig überrascht war. hinzukommt, dass die beklagten sich bis zur beweisaufnahme überhaupt nicht darauf berufen haben, dass die klägerin für den beklagten zu 1) den eindruck erweckt habe, sie würde stehenbleiben. dabei berücksichtigt die kammer, dass sie die unfallbeteiligten parteien wegen deren verhandlungsunfähigkeit beide nicht persönlich anhören konnte. 38auf grundlage des unstreitigen sachverhalts sowie dieser feststellungen ist von einem mitverschuldensanteil der klägerin gemäß § 9 stvg bzw. § 254 abs. 1 bgb in höhe von 20% auszugehen. 39die in der höchstrichterlichen und obergerichtlichen rechtsprechung vorgekommenen haftungsquoten variieren in fällen von zusammenstößen zwischen kraftfahrzeug und fahrrad bei benutzung des linken radwegs durch den radfahrer freilich deutlich und reichen von einem haftungsanteil auf seiten des radfahrers von 25% über 33%, 50%, 60%, 75% bis sogar 100% (vgl. grüneberg, in: grüneberg, haftungsquoten bei verkehrsunfällen, 14. aufl. 2015, e rdnr. 370). in der untergerichtlichen rechtsprechung finden sich auch (ältere) fälle einer 100%igen haftung des kraftfahrers (grüneberg a.a.o.). maßgeblich für die bewertung der wechselseitigen verursachungs- und verschuldensbeiträge sind – wie stets – die umstände des einzelfalls. 40zunächst lässt sich feststellen, dass die klägerin gegen § 2 abs. 4 s. 2 stvo verstoßen hat, denn sie hat, obwohl durch das zeichen 240 und das zusatzzeichen angeordnet, nicht bereits vor der unfallstelle die straßenseite gewechselt und den rechten gemeinsamen rad- und gehweg benutzt. 41mit diesem verhalten hat sie zwar im hinblick auf die der q-straße/l-straße untergeordnete straße j nicht ihr durch die zeichen 206 und 306 gewährtes vorfahrtsrecht (§ 8 abs. 1 s. 2 nr. 1 stvo) verloren. bei der gerichtlichen beurteilung, wie weit das vorfahrtsrecht geht, ist nämlich der grundsatz der klarheit und einfachheit der verkehrsregel zu beachten (olg düsseldorf, nzv 2000, 506). dieser grundsatz bedingt, dass nicht nur die einen fahrradweg in der gestatteten fahrtrichtung benutzenden radfahrer – selbstverständlich (olg düsseldorf a.a.o.) – an dem vorfahrtsrecht der betreffenden straße teilnehmen, sondern auch die, die den radweg, sei es aufgrund einer verkehrsrechtlichen gestattung, sei es fehlerhaft, in der entgegengesetzten richtung benutzen (so auch olg hamm, njwe-vhr 1997, 57 und njwe-vhr 1996, 163; offengelassen in nzv 1999, 86 [87]). andernfalls entstünde für die fahrzeugführer auf der untergeordneten straße eine ungewissheit, ob der aus der „falschen“ richtung kommende radfahrer den radweg aufgrund einer verkehrsrechtlichen gestattung benutzt oder nicht, denn die entsprechende beschilderung ist von der untergeordneten straße in der regel nicht zu sehen (olg düsseldorf a.a.o.). soweit in der rechtsprechung vertreten wird, dass das vorfahrtsrecht entfalle, wenn ein radfahrer unter verstoß gegen § 2 abs. 4 s. 2 bzw. 4 stvo den linken radweg benutzt (vgl. bgh, njw 1982, 334; olg bremen, njw 1997, 2891), teilt die kammer diese auffassung nicht. soweit der bundesgerichtshof (a.a.o.) nämlich darauf abstellt, dass ein „recht zur vorfahrt […] dann begrifflich ausgeschlossen [sei], wenn es schon an einem recht zum fahren [mangle]“, erscheint dieser satz zwar einleuchtend, ist aber bei genauer betrachtung für sich genommen nicht überzeugend, da hier aus reinen begrifflichkeiten rechtliche schlussfolgerungen gezogen werden, was keinen zwingenden charakter haben kann (vgl. dazu auch krit. röhl/röhl, allgemeine rechtslehre, 3. aufl. 2008, § 7 iii und iv). dementsprechend wird – dem o.g. satz entgegenstehend – im allgemeinen etwa auch der grundsatz aufgestellt, dass verkehrswidriges verhalten des berechtigten dessen vorfahrt nicht beseitigt, etwa wenn der vorfahrtsberechtigte zu schnell fährt oder eine für ihn gesperrte straße (z.b. anliegerverkehr) benutzt (heß, in: burmann/heß/jahnke/janker, stvr 24. aufl. 2016, § 8 stvo rdnr. 52 ff.). dem stellt sich auch der bundesgerichtshof (a.a.o.) nicht entgegen. soweit der bundesgerichtshof in der genannten entscheidung zwar insoweit überzeugender konkret darauf abstellt, dass ein vorfahrtsrecht demjenigen nicht zustehen könne, der auf einer straße fährt, die deutlich erkennbar für jeglichen fahrverkehr gesperrt ist oder – wie im damals gegebenen fall bei einer einbahnstraße – in der befahrenen richtung nicht zur verfügung steht, lässt sich daraus für den hier vorliegenden fall gerade nicht entnehmen, dass die klägerin nicht vorfahrtsberechtigt war. eine derart eindeutige sachlage, aufgrund der der beklagte zu 1) bzw. jeder andere fahrzeugführer an seiner stelle hätte annehmen müssen, dass aus der richtung der klägerin niemand kommen dürfe, lag nämlich gerade nicht vor. 42gleichwohl ist das fehlverhalten der klägerin zu ihren lasten zu werten, denn das die klägerin an dieser stelle treffende verbot, den linken radweg weiter zu benutzen (vgl. auch § 2 abs. 4 s. 4 stvo), soll unter anderem die gefahr, die sich hier verwirklicht hat – nämlich dass autofahrer an einer einmündung mit radweg nicht mit von rechts kommenden radfahrern rechnen, sondern sich auf den verkehr von links konzentrieren –, mindern und ausschließen (vgl. olg hamm, nzv 2000, 506 f.). dem steht es auch nicht entgegen, dass von einem kraftfahrzeugführer erwartet wird, damit zu rechnen, dass der radweg vorschriftswidrig in falscher richtung befahren wird (olg hamm, njwe-vhr 1997, 57). denn damit ist lediglich der den straßenverkehr im allgemeinen bestimmende grundsatz ständiger vorsicht und gegenseitiger rücksicht (§ 1 abs. 1 stvo) zum ausdruck gebracht, der es erfordert, mit verkehrswidrigem verhalten anderer zu rechnen und der ohnehin im rahmen der abwägung zu berücksichtigen ist. 43relativiert wird der verstoß auf seiten der klägerin allerdings dadurch, dass sie beabsichtigte, in die straße j abzubiegen und das von dem verkehrsschild geforderte verhalten für diesen fall ein ebenfalls mit gefahren verbundenes zweimaliges überqueren der hauptstraße verlangt hätte. zwar wird man für diesen fall fordern müssen, dass die klägerin ganz besondere vorsicht walten lässt; indes ist aufgrund der glaubhaften aussage der zeugin n2 davon auszugehen, dass die klägerin gerade nicht in einem zug mit „normaler“ geschwindigkeit den radweg entlanggefahren ist; vielmehr ist die klägerin langsam an die einmündung herangefahren, wobei allerdings – wie ausgeführt – nicht festgestellt werden kann, dass sie tatsächlich bis zum stillstand angehalten hat. 44zu lasten der beklagten wiegt hingegen bereits die allgemeine betriebsgefahr des kraftfahrzeugs schwer, die in fällen des zusammenstoßes mit einem anderen verkehrsteilnehmer, der nicht kraftfahrzeugführer ist, grundsätzlich schon gemäß § 7 abs. 1 stvg zu einer vollen haftung führt, die erst durch besondere umstände gemäß § 9 stvg bzw. § 254 bgb gemindert werden kann. darüber hinaus geht der verstoß des beklagten zu 1) gegen § 8 abs. 1 s. 2 nr. 1 stvo (siehe oben) zu lasten der beklagtenseite. 45ebenfalls zu lasten der beklagten geht das konkrete bremsverhalten des beklagten zu 1) im moment des zusammenstoßes. wie festgestellt ist davon auszugehen, dass der beklagte zu 1) mit einer deutlichen verzögerung gebremst und dadurch die verletzungsgefahr für die klägerin erheblich erhöht hat. es kann dabei dahinstehen, ob das zögerliche bremsverhalten des beklagten zu 1) auf sein erhöhtes alter und damit möglicherweise verbundene wahrnehmungs- und reaktionsschwächen zurückzuführen ist oder ob es sich schlicht um unaufmerksamkeit oder einen übergroßen unfallschreck gehandelt hat (vgl. heß, in: burmann/heß/jahnke/janker, stvr 24. aufl. 2016, § 1 stvo rdnr. 52 ff.). jedenfalls liegt darin ein gewichtiger verstoß gegen die allgemeine rücksichtspflicht des § 1 abs. 2 stvo. nach den aufgrund der aussage der zeugin n2 getroffenen feststellungen ist davon auszugehen, dass angesichts der herrschenden geschwindigkeitsverhältnisse ein zusammenstoß bei gehöriger aufmerksamkeit hätte vermieden werden können oder erheblich glimpflicher verlaufen wäre. 46soweit die beklagtenseite darauf abgestellt hat, dass der beklagte zu 1) angesichts des verhaltens der klägerin habe darauf vertrauen dürfen, dass sie ihn vorfahren lassen würde, vermag die kammer wie bereits ausgeführt schon nicht positiv festzustellen, dass der beklagte zu 1) ein solches vertrauen im unfallzeitpunkt tatsächlich hatte. unabhängig davon kann der vertrauensgrundsatz zwar grundsätzlich zu einer (erhöhten) mithaftung des vorfahrtsberechtigten führen (vgl. jedoch zu den einschränkungen heß, in: burmann/heß/jahnke/janker, stvr 24. aufl. 2016, § 8 stvo rdnr. 45 f.). indes legen die angaben der zeugin n2 eher nahe, dass nicht (nur) die klägerin durch ihr verhalten signalisiert hat, warten zu wollen, sondern dass beide unfallbeteiligten jeweils davon ausgegangen sind, der andere werde warten, wobei zu den subjektiven vorstellungen der unfallbeteiligten allerdings – wie ausgeführt – letztlich keine feststellungen getroffen werden konnten. 47die genannten umstände und wechselseitigen verfahrensverstöße sind abschließend dahingehend zu bewerten, dass die beklagten zu 80% auf die unfallfolgen haften. der verstoß der klägerin gegen § 2 abs. 4 s. 2 stvo erscheint angesichts der verstöße des beklagten zu 1) gegen § 8 abs. 1 s. 2 nr. 1 stvo und § 1 abs. 1 und 2 stvo eher gering, tritt jedoch nicht völlig zurück. 48im rahmen der geltend gemachten schmerzensgeldansprüche war im tenor des grundurteils auszusprechen, dass das angemessene schmerzensgeld unter berücksichtigung des festgestellten mitverschuldensanteils der klägerin zu bestimmen ist (vgl. spindler, in: beckok bgb, 40. edition, § 253 rdnr. 61). 49ii. 50der feststellungsantrag ist zulässig und nach dem gesagten unter berücksichtigung eines mitwirkenden verschuldens der klägerin in höhe von 20% begründet.
Verklagte*r
0
164,595
124 C 52/15
2015-06-23T00:00:00
Urteil
Tenor Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger einen Betrag in Höhe von 388,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz seit dem 2.1.2009 zu zahlen. Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger von der Kostennote der Kanzlei T Rechtsanwälte in Höhe von 41,77 € freizustellen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten zu 16% und dem Kläger zu 84% auferlegt. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Beide Parteien können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht zuvor die jeweils andere Seite Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet. 1Tatbestand: 2Der Kläger schloss mit der Beklagten am 7.1.2008 einen Darlehensvertrag über einen Nennbetrag von 202.000 €. Die Beklagte berechnete ein jährliches Kontoführungsentgelt von 24,00 € für die Jahre 2009, 2010 und 2011. Für das Jahr 2011 erstattete sie dem Kläger vorgerichtlich 24,00 € zurück. Außerdem berechnete die Beklagte bei Vertragsschluss einmalige Schätzkosten von 340,00 €. 3Am 10.11.2014 forderte der Kläger die Beklagte unter anderem zur Rückzahlung der genannten Posten sowie einer weiteren Abschlussgebühr von 2000 € auf. Nachdem die Beklagte nicht reagierte, ließ der Kläger die Beklagte mit anwaltlichem Schreiben vom 9.12.2014 erneut zur Zahlung der genannten Positionen auffordern. 4Der Kläger behauptet, der Vertrag enthalte eine weitere Abschlussgebühr i.H.v. 2000 €. Er ist der Ansicht, die Beklagte müsse ihm auch diese Gebühr zurückzahlen. 5Der Kläger hat am 30.12.2014 den Erlass eines Mahnbescheids gegen die Beklagte beantragt, der dieser am 13.1.2015 zugestellt worden ist. 6Der Kläger beantragt, 7die Beklagte zu verurteilen, an ihn einen Betrag i.H.v. 2.460,00 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz seit dem 2.1.2009 zu zahlen. 8die Beklagte zu verurteilen, ihn von der Kostennote der Kanzlei Solmecke Rechtsanwälte i.H.v. 97,50 € freizustellen. 9Die Beklagte beantragt, 10die Klage abzuweisen. 11Die Beklagte erhebt die Einrede der Verjährung bezüglich der Kontoführungsgebühren vor 2011 und der einmaligen Schätzkosten. Sie ist der Ansicht, die Abschlussgebühr i.H.v. 2000 € sei wirksam. Hierzu behauptet sie, die Abschlussgebühr sei für einen Bausparvertrag angefallen. 12Entscheidungsgründe: 13Die Klage ist zulässig, jedoch nur in Höhe von 388,00 € begründet. 14Der Kläger kann von der Beklagten die Rückzahlung des Kontoführungsentgelts in Höhe von (2 x 24,00 € =) 48,00 € für die Jahre 2009 und 2010 verlangen gem. § 812 Abs. 1 S. 1, 1. Alt. BGB. Die Erhebung eines Kontoführungsentgelts in Allgemeinen Geschäftsbedingungen benachteiligt den Vertragspartner des Kreditinstituts unangemessen und ist daher im Geschäftsverkehr mit Verbrauchern unwirksam nach § 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB (BGH, Urt. v. 7.6.2011, XI ZR 388/10; juris). Die Forderung ist nicht verjährt. Es gilt die allgemeine dreijährige Verjährungsfrist des § 195 BGB, die gem. § 199 Abs. 1 BGB mit dem Schluss des Jahres beginnt, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste. Das war hier erst im Jahr 2011. Denn die von § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB geforderte Kenntnis des Gläubigers ist erst vorhanden, wenn er aufgrund der ihm bekannten Tatsachen gegen den Schuldner eine Klage, sei es auch nur eine Feststellungsklage, erheben kann, die bei verständiger Würdigung in einem Maße Erfolgsaussicht hat, dass sie zumutbar ist (BGH, Urt. v. 28.10.2014, Az. XI ZR 17/14 – juris -, Rn. 46). Der Verjährungsbeginn wird also in Fällen zweifelhafter Rechtslage hinausgeschoben. Eine gefestigte oberlandesgerichtliche Rechtsprechung reicht aus, um eine Klage zumutbar im oben genannten Sinn zu machen (vgl. BGH a.a.O. Rn. 56). Eine solche ist für den Fall der Kontoführungsentgelte nicht ersichtlich. Erst als der BGH im Juni 2011 das o.g. Urteil fällte und anschließend veröffentlichte, ist daher von der Kenntnis des Klägers auszugehen. Die grundsätzlich mit Schluss des Jahres 2014 ablaufende Verjährungsfrist ist gehemmt durch die Zustellung des Mahnbescheids nach § 204 Nr. 3 BGB i.V.m. § 167 ZPO. Die Verjährungshemmung trat mit Eingang des Mahnbescheidsantrags am 30.12.2014 ein, als die Verjährungsfrist noch nicht abgelaufen war. Denn der Mahnbescheid wurde der Beklagten am 13.1.2015 und damit „demnächst“ im Sinne von § 167 ZPO zugestellt. 15Darüber hinaus kann der Kläger von der Beklagten Ersatz der Schätzkosten in Höhe von 340,00 € gem. § 812 Abs. 1, S. 1, 1. Alt. BGB verlangen. Eine Klausel über Schätzkosten in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Verbraucherdarlehensvertrags ist gemäß § 307 Abs. 1 S. 2 BGB i.V.m. § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam, weil sie die Kunden des Kreditinstituts entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt (OLG Düsseldorf, Urteil vom 05. November 2009 – I-6 U 17/09, 6 U 17/09 –, juris; a.A.: OLG München, WM 2000, 130; OLG Naumburg WM 2004, 782). Die Schätzkosten sind hier durch die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten vereinbart worden. Die Klausel benachteiligt den Kunden unangemessen, da die Beklagte die Kosten für eine Tätigkeit auf den Kunden abwälzt, die sie alleine in ihrem eigenen Interesse vornimmt, nämlich die Bewertung der Sicherheit. Das OLG Düsseldorf führt hierzu zutreffend aus: „Die Besichtigung der von den Darlehensnehmern angebotenen Sicherheiten und die sonstigen Aufwendungen der Beklagten zur Schätzung dient ausschließlich der Wertermittlung der in Betracht kommenden Beleihungsobjekte. Diese erfolgt allein im Interesse des darlehensgebenden Kreditinstituts, das durch die Vereinbarung der Bestellung einer Grundschuld oder der Überlassung einer sonstigen Sicherheit seine eigenen Vermögensinteressen absichern will und klären möchte, ob das ihr als Sicherheit angebotene Objekt im Falle der Nichtbedienung durch den Darlehensnehmer ausreichend werthaltig ist. Damit weichen eine Bank oder ein sonstiges Kreditinstitut, die versuchen, die Kosten für derartige, nur in ihrem eigenen Interesse liegende Maßnahmen wie die Wertermittlung durch die Besichtigung eines Grundstücks oder sonstiger Tätigkeiten zur Abschätzung des Wertes der ihnen angebotenen Kreditsicherheiten im Wege Allgemeiner Geschäftsbedingungen auf ihre Kunden abzuwälzen, von dem allgemeinen Rechtsgrundsatz ab, dass sie nur für die Kunden erbrachte Dienstleistungen diesen auch in Rechnung stellen dürfen.“ (Rn. 32, 33, 35). Dem schließt sich das erkennende Gericht vollumfänglich an. 16Die Forderung in Höhe von 340,00 € bezüglich der Schätzkosten ist nicht verjährt. Wie oben ausgeführt, kann eine Kenntnis des Gläubigers im Sinne von § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB erst angenommen werden, wenn eine hinreichend gefestigte Rechtsprechung besteht. Zur Frage der Schätzkosten ist eine solche auch zum jetzigen Zeitpunkt nicht ersichtlich; die oberlandesgerichtliche Rechtsprechung variiert (vgl. die oben zitierten oberlandesgerichtlichen Urteile). Die obigen Ausführungen zur Verjährungshemmung gem. § 204 Nr. 3 BGB i.V.m. § 167 ZPO gelten entsprechend. 17Darüber hinausgehende Zahlungsansprüche des Klägers bestehen nicht. 18Weitere Rückzahlung hinsichtlich der Kontoführungsentgelte kann der Kläger nicht verlangen. Die Klage ist insoweit unschlüssig. Der Kläger ist dem Vorbringen der Beklagten nicht entgegen getreten, wonach sie für die Jahre ab 2012 kein Kontoführungsentgelt mehr verlangt hat. Dies gilt daher als unstreitig, § 138 Abs. 3 ZPO. 19Der Kläger kann auch die Rückzahlung einer Bearbeitungsgebühr in Höhe von 2.000,00 € nicht verlangen. Er hat nicht hinreichend dargelegt und unter Beweis gestellt, dass die Bearbeitungsgebühr für einen Darlehensvertrag in Rechnung gestellt wurde (was nach der neueren BGH-Rechtsprechung unwirksam wäre). In dem als Anlage K 1 vorgelegten Vertrag ist eine solche Bearbeitungsgebühr nicht ausgewiesen. Auf entsprechenden Hinweis des Gerichts nach § 139 ZPO hat der Kläger die Anlage K 4 vorgelegt, aus der sich eine solche Bearbeitungsgebühr auch nicht zweifelsfrei herauslesen lässt. Auf S. 4 der genannten Anlage ist zwar ein Betrag von 2.000,00 oder 2.020,00 € (schwer leserlich) zu erkennen, über dem das Wort „einmalig“ steht. Weiter oben heißt es aber „Bausparsumme 202.000,00“ Das beweist nicht, dass die Gebühr für den entsprechenden Darlehensvertrag berechnet wurde (sondern legt eher den Schluss nahe, dass eine einmalige Zahlung von 2.020,00 € bei Abschluss des Bausparvertrags berechnet wurde). Ohne dass es hierauf ankäme, ist mit der ständigen Rechtsprechung des BGH davon auszugehen, dass Abschlussgebühren für einen Bausparvertrag – auch in AGB – wirksam sind (vgl. BGH, Urteil vom 07. Dezember 2010 – XI ZR 3/10 –, BGHZ 187, 360-379). 20Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus dem zugesprochenen Betrag kann der Kläger gem. § 818 Abs. 1 BGB seit dem 2.1.2009 verlangen, da der Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung sich auch auf die gezogenen Nutzungen erstreckt. Dem Vortrag des Klägers, wonach die Beklagte Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz erwirtschaftet habe, ist diese nicht entgegen getreten. 21Die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten des Klägers sind dem Grunde nach aus Verzugsgesichtspunkten ersatzfähig nach § 286 BGB. Der Höhe nach können sie nur aus einem Gegenstandswert von 388,00 € verlangt werden, da nur in dieser Höhe eine berechtigte Forderung des Klägers bestand. Ausgehend von einer 0,65-Gebühr ergibt sich der zugesprochene Betrag von (29,25 € + Auslagenpauschale 5,85 € + 19% MwSt 6,67 € =) 41,77 €. 22Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92 ZPO, 708 Nr. 11, 711, 709 S. 2 ZPO. 23Rechtsbehelfsbelehrung: 24Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist, 251. wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder 262. wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht zugelassen worden ist. 27Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Landgericht Köln, Luxemburger Str. 101, 50939 Köln, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten. 28Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Landgericht Köln zu begründen. 29Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Köln durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein. 30Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.
die beklagte wird verurteilt, an den kläger einen betrag in höhe von 388,00 € nebst zinsen in höhe von 5 prozentpunkten über dem jeweils gültigen basiszinssatz seit dem 2.1.2009 zu zahlen. die beklagte wird verurteilt, den kläger von der kostennote der kanzlei t rechtsanwälte in höhe von 41,77 € freizustellen. im übrigen wird die klage abgewiesen. die kosten des rechtsstreits werden der beklagten zu 16% und dem kläger zu 84% auferlegt. das urteil ist vorläufig vollstreckbar. beide parteien können die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe von 110% des aus dem urteil vollstreckbaren betrags abwenden, wenn nicht zuvor die jeweils andere seite sicherheit in höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden betrags leistet. 1
2der kläger schloss mit der beklagten am 7.1.2008 einen darlehensvertrag über einen nennbetrag von 202.000 €. die beklagte berechnete ein jährliches kontoführungsentgelt von 24,00 € für die jahre 2009, 2010 und 2011. für das jahr 2011 erstattete sie dem kläger vorgerichtlich 24,00 € zurück. außerdem berechnete die beklagte bei vertragsschluss einmalige schätzkosten von 340,00 €. 3am 10.11.2014 forderte der kläger die beklagte unter anderem zur rückzahlung der genannten posten sowie einer weiteren abschlussgebühr von 2000 € auf. nachdem die beklagte nicht reagierte, ließ der kläger die beklagte mit anwaltlichem schreiben vom 9.12.2014 erneut zur zahlung der genannten positionen auffordern. 4der kläger behauptet, der vertrag enthalte eine weitere abschlussgebühr i.h.v. 2000 €. er ist der ansicht, die beklagte müsse ihm auch diese gebühr zurückzahlen. 5der kläger hat am 30.12.2014 den erlass eines mahnbescheids gegen die beklagte beantragt, der dieser am 13.1.2015 zugestellt worden ist. 6der kläger beantragt, 7die beklagte zu verurteilen, an ihn einen betrag i.h.v. 2.460,00 € nebst zinsen i.h.v. 5 prozentpunkten über dem jeweils gültigen basiszinssatz seit dem 2.1.2009 zu zahlen. 8die beklagte zu verurteilen, ihn von der kostennote der kanzlei solmecke rechtsanwälte i.h.v. 97,50 € freizustellen. 9die beklagte beantragt, 10die klage abzuweisen. 11die beklagte erhebt die einrede der verjährung bezüglich der kontoführungsgebühren vor 2011 und der einmaligen schätzkosten. sie ist der ansicht, die abschlussgebühr i.h.v. 2000 € sei wirksam. hierzu behauptet sie, die abschlussgebühr sei für einen bausparvertrag angefallen. 12
13die klage ist zulässig, jedoch nur in höhe von 388,00 € begründet. 14der kläger kann von der beklagten die rückzahlung des kontoführungsentgelts in höhe von (2 x 24,00 € =) 48,00 € für die jahre 2009 und 2010 verlangen gem. § 812 abs. 1 s. 1, 1. alt. bgb. die erhebung eines kontoführungsentgelts in allgemeinen geschäftsbedingungen benachteiligt den vertragspartner des kreditinstituts unangemessen und ist daher im geschäftsverkehr mit verbrauchern unwirksam nach § 307 abs. 1, abs. 2 nr. 1 bgb (bgh, urt. v. 7.6.2011, xi zr 388/10; juris). die forderung ist nicht verjährt. es gilt die allgemeine dreijährige verjährungsfrist des § 195 bgb, die gem. § 199 abs. 1 bgb mit dem schluss des jahres beginnt, in dem der anspruch entstanden ist und der gläubiger von den den anspruch begründenden umständen kenntnis erlangt oder ohne grobe fahrlässigkeit erlangen müsste. das war hier erst im jahr 2011. denn die von § 199 abs. 1 nr. 2 bgb geforderte kenntnis des gläubigers ist erst vorhanden, wenn er aufgrund der ihm bekannten tatsachen gegen den schuldner eine klage, sei es auch nur eine feststellungsklage, erheben kann, die bei verständiger würdigung in einem maße erfolgsaussicht hat, dass sie zumutbar ist (bgh, urt. v. 28.10.2014, az. xi zr 17/14 – juris -, rn. 46). der verjährungsbeginn wird also in fällen zweifelhafter rechtslage hinausgeschoben. eine gefestigte oberlandesgerichtliche rechtsprechung reicht aus, um eine klage zumutbar im oben genannten sinn zu machen (vgl. bgh a.a.o. rn. 56). eine solche ist für den fall der kontoführungsentgelte nicht ersichtlich. erst als der bgh im juni 2011 das o.g. urteil fällte und anschließend veröffentlichte, ist daher von der kenntnis des klägers auszugehen. die grundsätzlich mit schluss des jahres 2014 ablaufende verjährungsfrist ist gehemmt durch die zustellung des mahnbescheids nach § 204 nr. 3 bgb i.v.m. § 167 zpo. die verjährungshemmung trat mit eingang des mahnbescheidsantrags am 30.12.2014 ein, als die verjährungsfrist noch nicht abgelaufen war. denn der mahnbescheid wurde der beklagten am 13.1.2015 und damit „demnächst“ im sinne von § 167 zpo zugestellt. 15darüber hinaus kann der kläger von der beklagten ersatz der schätzkosten in höhe von 340,00 € gem. § 812 abs. 1, s. 1, 1. alt. bgb verlangen. eine klausel über schätzkosten in den allgemeinen geschäftsbedingungen eines verbraucherdarlehensvertrags ist gemäß § 307 abs. 1 s. 2 bgb i.v.m. § 307 abs. 2 nr. 1 bgb unwirksam, weil sie die kunden des kreditinstituts entgegen den geboten von treu und glauben unangemessen benachteiligt (olg düsseldorf, urteil vom 05. november 2009 – i-6 u 17/09, 6 u 17/09 –, juris; a.a.: olg münchen, wm 2000, 130; olg naumburg wm 2004, 782). die schätzkosten sind hier durch die allgemeinen geschäftsbedingungen der beklagten vereinbart worden. die klausel benachteiligt den kunden unangemessen, da die beklagte die kosten für eine tätigkeit auf den kunden abwälzt, die sie alleine in ihrem eigenen interesse vornimmt, nämlich die bewertung der sicherheit. das olg düsseldorf führt hierzu zutreffend aus: „die besichtigung der von den darlehensnehmern angebotenen sicherheiten und die sonstigen aufwendungen der beklagten zur schätzung dient ausschließlich der wertermittlung der in betracht kommenden beleihungsobjekte. diese erfolgt allein im interesse des darlehensgebenden kreditinstituts, das durch die vereinbarung der bestellung einer grundschuld oder der überlassung einer sonstigen sicherheit seine eigenen vermögensinteressen absichern will und klären möchte, ob das ihr als sicherheit angebotene objekt im falle der nichtbedienung durch den darlehensnehmer ausreichend werthaltig ist. damit weichen eine bank oder ein sonstiges kreditinstitut, die versuchen, die kosten für derartige, nur in ihrem eigenen interesse liegende maßnahmen wie die wertermittlung durch die besichtigung eines grundstücks oder sonstiger tätigkeiten zur abschätzung des wertes der ihnen angebotenen kreditsicherheiten im wege allgemeiner geschäftsbedingungen auf ihre kunden abzuwälzen, von dem allgemeinen rechtsgrundsatz ab, dass sie nur für die kunden erbrachte dienstleistungen diesen auch in rechnung stellen dürfen.“ (rn. 32, 33, 35). dem schließt sich das erkennende gericht vollumfänglich an. 16die forderung in höhe von 340,00 € bezüglich der schätzkosten ist nicht verjährt. wie oben ausgeführt, kann eine kenntnis des gläubigers im sinne von § 199 abs. 1 nr. 2 bgb erst angenommen werden, wenn eine hinreichend gefestigte rechtsprechung besteht. zur frage der schätzkosten ist eine solche auch zum jetzigen zeitpunkt nicht ersichtlich; die oberlandesgerichtliche rechtsprechung variiert (vgl. die oben zitierten oberlandesgerichtlichen urteile). die obigen ausführungen zur verjährungshemmung gem. § 204 nr. 3 bgb i.v.m. § 167 zpo gelten entsprechend. 17darüber hinausgehende zahlungsansprüche des klägers bestehen nicht. 18weitere rückzahlung hinsichtlich der kontoführungsentgelte kann der kläger nicht verlangen. die klage ist insoweit unschlüssig. der kläger ist dem vorbringen der beklagten nicht entgegen getreten, wonach sie für die jahre ab 2012 kein kontoführungsentgelt mehr verlangt hat. dies gilt daher als unstreitig, § 138 abs. 3 zpo. 19der kläger kann auch die rückzahlung einer bearbeitungsgebühr in höhe von 2.000,00 € nicht verlangen. er hat nicht hinreichend dargelegt und unter beweis gestellt, dass die bearbeitungsgebühr für einen darlehensvertrag in rechnung gestellt wurde (was nach der neueren bgh-rechtsprechung unwirksam wäre). in dem als anlage k 1 vorgelegten vertrag ist eine solche bearbeitungsgebühr nicht ausgewiesen. auf entsprechenden hinweis des gerichts nach § 139 zpo hat der kläger die anlage k 4 vorgelegt, aus der sich eine solche bearbeitungsgebühr auch nicht zweifelsfrei herauslesen lässt. auf s. 4 der genannten anlage ist zwar ein betrag von 2.000,00 oder 2.020,00 € (schwer leserlich) zu erkennen, über dem das wort „einmalig“ steht. weiter oben heißt es aber „bausparsumme 202.000,00“ das beweist nicht, dass die gebühr für den entsprechenden darlehensvertrag berechnet wurde (sondern legt eher den schluss nahe, dass eine einmalige zahlung von 2.020,00 € bei abschluss des bausparvertrags berechnet wurde). ohne dass es hierauf ankäme, ist mit der ständigen rechtsprechung des bgh davon auszugehen, dass abschlussgebühren für einen bausparvertrag – auch in agb – wirksam sind (vgl. bgh, urteil vom 07. dezember 2010 – xi zr 3/10 –, bghz 187, 360-379). 20zinsen in höhe von 5 prozentpunkten über dem basiszinssatz aus dem zugesprochenen betrag kann der kläger gem. § 818 abs. 1 bgb seit dem 2.1.2009 verlangen, da der anspruch aus ungerechtfertigter bereicherung sich auch auf die gezogenen nutzungen erstreckt. dem vortrag des klägers, wonach die beklagte zinsen in höhe von 5 prozentpunkten über dem basiszinssatz erwirtschaftet habe, ist diese nicht entgegen getreten. 21die vorgerichtlichen rechtsanwaltskosten des klägers sind dem grunde nach aus verzugsgesichtspunkten ersatzfähig nach § 286 bgb. der höhe nach können sie nur aus einem gegenstandswert von 388,00 € verlangt werden, da nur in dieser höhe eine berechtigte forderung des klägers bestand. ausgehend von einer 0,65-gebühr ergibt sich der zugesprochene betrag von (29,25 € + auslagenpauschale 5,85 € + 19% mwst 6,67 € =) 41,77 €. 22die prozessualen nebenentscheidungen folgen aus §§ 92 zpo, 708 nr. 11, 711, 709 s. 2 zpo. 23rechtsbehelfsbelehrung: 24gegen dieses urteil ist das rechtsmittel der berufung für jeden zulässig, der durch dieses urteil in seinen rechten benachteiligt ist, 251. wenn der wert des beschwerdegegenstandes 600,00 eur übersteigt oder 262. wenn die berufung in dem urteil durch das amtsgericht zugelassen worden ist. 27die berufung muss innerhalb einer notfrist von einem monat nach zustellung dieses urteils schriftlich bei dem landgericht köln, luxemburger str. 101, 50939 köln, eingegangen sein. die berufungsschrift muss die bezeichnung des urteils, gegen das die berufung gerichtet wird, sowie die erklärung, dass gegen dieses urteil berufung eingelegt werde, enthalten. 28die berufung ist, sofern nicht bereits in der berufungsschrift erfolgt, binnen zwei monaten nach zustellung dieses urteils schriftlich gegenüber dem landgericht köln zu begründen. 29die parteien müssen sich vor dem landgericht köln durch einen rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die berufungs- und die berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein. 30mit der berufungsschrift soll eine ausfertigung oder beglaubigte abschrift des angefochtenen urteils vorgelegt werden.
Klaeger*in
1
164,410
5 O 35/15
2015-07-01T00:00:00
Urteil
Tenor Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 16.283,88 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 19.12.2014 zu zahlen. Die Kosten des Rechtsstreits hat der Beklagte zu tragen. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar. 1Tatbestand: 2Der Kläger verlangt in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter über das Vermögen der N GmbH & Co. KG von dem Beklagten die Rückzahlung von Ausschüttungen in Höhe von 16.283,88 EUR. 3Die N GmbH & Co. KG (im Folgenden Insolvenzschuldnerin) ist ein Schiffsfond mit Sitz in M. Unternehmensgegenstand der Insolvenzschuldnerin war insbesondere der Erwerb und der Betrieb des Motorschiffs N2. Das Kommanditkapital der Insolvenzschuldnerin, welche etwa knapp 200 Kommanditisten hat, beträgt 9.840.000,00 EUR. 4Der Beklagte erklärte am 16.12.1997 gegenüber der Treuhänderin H Gesellschaft für Konzeption, Beratung, Vermittlung und Betreuung privater Investitionen GmbH aus N3 (Treuhandkommanditistin) seinen Beitritt zur Insolvenzschuldnerin mit einer Beteiligung von 100.000,00 DM zuzüglich 5 % Agio (Beitrittserklärung vom 16.12.1997, Anl. K1). 5Die Treuhänderin übernahm gemäß A.1. des Treuhandvertrages, welcher als Anl. K2 vorliegt, in Verbindung mit § 6 Ziff. 1 des Gesellschaftsvertrages der Insolvenzschuldnerin (Anl. K3) sowie der Beitrittserklärung (Anl. K1) für den Beklagten die förmliche Stellung als Kommanditistin im Handelsregister. 6Im Treuhandvertrag (Anl. K2) heißt es unter A.3.3.2.: 7„Der Anleger trägt das anteilige wirtschaftliche Risiko in Höhe seiner Beteiligung. Er haftet nur in Höhe seiner Einlage. Eine Nachschussverpflichtung ist ausgeschlossen, sofern und soweit er seine Einlage geleistet und nicht wieder entnommen oder zurückerhalten hat. Die sich aus der Beteiligung ergebenden steuerlichen Wirkungen betreffen ausschließlich den Anleger.“ 8B.5.1. des Treuhandvertrages lautet: 9„Der Anleger stellt die H von allen Verbindlichkeiten frei, die der H im Zusammenhang mit der treuhänderischen Übernahme und/oder Verwaltung seiner Beteiligung entstehen.“ 10In § 15 Abs. 1 des Gesellschaftervertrages (Anl. K3) heißt es: 11„Am Gewinn und Verlust der Gesellschaft sind die Kommanditisten im Verhältnis ihrer gezeichneten Einlagen (Kommanditanteil ohne Agio) beteiligt.“ 12In den Folgejahren wurden an den Beklagten insgesamt 16.283,88 EUR ausgeschüttet (vgl. Zahlungsübersicht, Anl. K4): 1306.09.2000: 3.000,00 DM, also 1.533,88 EUR 1418.11.2004: 1.250,00 EUR 1527.10.2005: 3.000,00 EUR 1631.10.2006: 3.500,00 EUR 1730.10.2007: 3.500,00 EUR 1824.11.2008: 3.500,00 EUR 19Summe 16.283,88 EUR 20Die Insolvenzschuldnerin erwirtschaftete in den Jahren 1998 bis 2002 insgesamt keine Gewinne. Stattdessen erwirtschaftete sie bilanzielle Verluste von insgesamt etwa 12.918.000,00 EUR. In den Jahren 2003 bis 2007 erwirtschaftete die Insolvenzschuldnerin Gewinne in Höhe von insgesamt 3.689.000,00 EUR. Wegen der Einzelheiten zu Gewinn- und Verlustbilanzen der Insolvenzschuldnerin wird auf die Ausführungen des Klägers in der Klageschrift vom 13.01.2015, dort S. 3 f., sowie auf die als Anl. K 5 bis K 15 auszugsweise vorliegenden Jahresabschlüsse der Insolvenzschuldnerin der Jahre 2000 bis 2010 Bezug genommen. 21Unter dem 23.11.2012 stellte die Insolvenzschuldnerin den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Durch Beschluss des Amtsgerichts M vom 08.02.2013 zum Aktenzeichen – # IN ###/## – wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Insolvenzschuldnerin eröffnet und der Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt (Bestellungsbeschluss des Amtsgerichts M vom 08.02.2013, Anl. K19). 22Die zur Insolvenztabelle festgestellten Forderungen betragen vorläufig 1.816.618,57 EUR (vgl. Schlussverzeichnis, Anl. K16). Der aktuelle Massebestand der Insolvenzschuldnerin beträgt 1.049.952,78 EUR (vgl. Kontoauszüge, Anl. K17). Weitere Konten oder Massen sind nicht vorhanden. 23Mit Schreiben vom 08.01.2014, 03.02.2014, 23.05.2014 und 12.11.2014 (Anl. K20 bis K23) forderte der Kläger den Beklagten mehrfach erfolglos zur Rückzahlung der an ihn erfolgten Ausschüttungen auf. 24Der Kläger behauptet, das Kapitalkonto des Beklagten sei durch die Auszahlungen unter die vereinbarte Haftungssumme von 100.000,00 DM gefallen. Das Haftungskapital sämtlicher Kommanditisten und somit auch das Konto des Beklagten sei seit Beginn an deutlich unter den Haftbetrag und aufgrund der Ausschüttungen noch weiter unter die jeweiligen Hafteinlagen gesunken. Auch durch spätere Jahresüberschüsse in den Jahren 2003 bis 2010 sei zu keinem Zeitpunkt der ursprüngliche Stand der Hafteinlagen wieder erreicht worden. 25Der Kläger behauptet weiter, mit Vereinbarung vom 16.04.2013 habe ihm die H GmbH deren Freistellungsansprüche gegen die Anleger wirksam abgetreten. 26Der Kläger beantragt, 27den Beklagten zu verurteilen, an ihn 16.283,88 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen. 28Der Beklagte beantragt, 29die Klage abzuweisen. 30Der Beklagte bestreitet eine ordnungsgemäße Abtretung des Freistellungsanspruchs an die Insolvenzschuldnerin. Weder aus der Klageschrift noch aus der Abtretungserklärung seien die Vertretungsverhältnisse der Treuhandgesellschaft ersichtlich. Die Vertretungsverhältnisse werden bestritten. 31Er ist der Ansicht, die Freistellungserklärung im Treuhandvertrag sei nicht hinreichend verständlich. Die unter B.5.1. verwandte Klausel halte einer Überprüfung nach § 305c Abs. 1 BGB nicht stand. 32Schließlich ist der Beklagte der Ansicht, nicht alle Ausschüttungen ließen die Haftung wieder aufleben. Die Haftung des Kommanditisten gemäß § 172 Abs. 4 AGB werde durch die Haftsumme, die Höhe des ausgezahlten Betrages und das Ausmaß dadurch gegebenenfalls entstehender Haftungssummenunterdeckungen begrenzt. 33Hinsichtlich des weitergehenden Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die wechselseitigen Schriftsätze und die zur Gerichtsakte gereichten Unterlagen. 34Entscheidungsgründe: 35Die zulässige Klage ist begründet. 36I. 37Dem Kläger steht gegen den Beklagten der geltend gemachte Zahlungsanspruch aus §§ 172 Abs. 4, 171 Abs. 1 und 2 HGB i.V.m. § 398 BGB und die hierauf geltend gemachten Zinsen zu. 381. 39Der geltend gemachte Zahlungsanspruch ergibt sich aus §§ 172 Abs. 4, 171 Abs. 1 und 2 HGB i.V.m. § 398 BGB. 40a) 41Ein unmittelbarer Anspruch des Klägers gegen den beklagten Treugeber aus § 172 Abs. 4, 171 Abs. 1 und 2 HGB scheitert in Ermangelung einer formellen Kommanditisteneigenschaft des Beklagten (vgl. BGH, Urt. v. 28.01.1980 - II ZR 250/78, BGHZ 76, 127, 130; Urt. v. 11.11.2008 - XI ZR 468/07, BGHZ 178, 271 Rn. 21; Urt. v. 12.02.2009 - III ZR 90/08, NZG 2009, 380 Rn. 35; Urt. v. 21.04.2009 - XI ZR 148/08, ZIP 2009, 1266 Rn. 15; Urt. v. 22.03.2011 – II ZR 271/08, BGHZ 189, 45-56). 42b) 43Dem Kläger steht jedoch ein Anspruch auf Rückzahlung der ausgeschütteten Beträge aus abgetretenem Recht der Treuhandkommanditistin zu. 44aa) 45Die Treuhänderin hat den ihr gegen den beklagten Treugeber zustehenden Freistellungsanspruch wirksam an den Kläger nach § 398 BGB abgetreten. 46Die Abtretung ist nicht gemäß § 399 Fall 1 BGB ausgeschlossen. Zwar verändert der Freistellungsanspruch infolge der Abtretung seinen Inhalt, da er sich in einen Zahlungsanspruch umwandelt. Eine solche Veränderung des Leistungsinhalts hindert die Abtretung aber nicht, wenn der Freistellungsanspruch gerade an den Gläubiger der zu tilgenden Schuld abgetreten wird (vgl. BGH, Urt. v. 22.01.1954 - I ZR 34/53, BGHZ 12, 136, 141 f.; Urt. v. 05.05.2010 - III ZR 209/09, ZIP 2010, 1295 Rn. 12; Palandt/Grüneberg, BGB, 74. Aufl. 2015, § 399 Rn. 4 m.w.N.). Als solcher ist hinsichtlich der sich aus der Kommanditistenhaftung gemäß § 171 Abs. 1, § 172 Abs. 4 HGB ergebenden Ansprüche im Insolvenzverfahren über das Vermögen der Kommanditgesellschaft der Insolvenzverwalter anzusehen (vgl. auch BGH, Urt. v. 22.03.2011 – II ZR 271/08, BGHZ 189, 45-56; OLG Köln, NZG 2009, 543, 544; OLG Stuttgart, ZIP 2010, 1694, 1695 f. m.w.N.). Gemäß § 171 Abs. 2 HGB ist er zur Durchsetzung der Ansprüche gegen Kommanditisten ermächtigt, während die Gesellschaftsgläubiger, die materiell-rechtliche Anspruchsinhaber bleiben, daran gehindert sind, ihre Ansprüche selbst geltend zu machen. Berechtigte Interessen des Schuldners des Freistellungsanspruchs, deren Schutz das Abtretungsverbot nach § 399 Fall 1 BGB bezweckt, werden durch die Abtretung an den Insolvenzverwalter anstelle des Gesellschaftsgläubigers nicht beeinträchtigt. 47Die Parteien haben die Abtretung auch nicht vertraglich ausgeschlossen, § 399 Fall 2 BGB. Eine solche Abrede ergibt sich insbesondere nicht aus B.5.1. des Treuhandvertrages (Anl. K2), der den Freistellungsanspruch der Treuhandkommanditistin regelt. 48Anhaltspunkte, die ein konkludent vereinbartes Abtretungsverbot nahe legen, sind nicht ersichtlich. Die Abtretung ist ferner weder sittenwidrig noch stellt sie eine unzulässige Rechtsausübung gemäß § 242 BGB dar. Infolge der Abtretung verwirklicht sich vielmehr nur das mit dem Treuhandvertrag verbundene Ziel, dass die wirtschaftlichen Folgen der Kommanditbeteiligung die Treugeber selbst treffen. 49Soweit der Beklagte bestreitet, dass eine ordnungsgemäße Abtretung erfolgt sei und insofern die Vertretungsbefugnisse der Treuhänderin in Zweifel zieht, ist dieser Vortrag vor dem Hintergrund, dass als Anl. K18 eine Abtretungserklärung vorliegt, zu pauschal und damit unbeachtlich. 50bb) 51Infolge der Abtretung des Freistellungsanspruchs steht dem Kläger gegen den Beklagten ein Zahlungsanspruch zu. 52Gegen die Treuhandkommanditistin ist ein Anspruch des Klägers aus §§ 172 Abs. 4, 171 Abs. 1 und 2 HGB begründet. 53Durch die Ausschüttungen an die über die Treuhandkommanditistin beteiligten Treugeber hat die Insolvenzschuldnerin die Einlage im Sinne von § 172 Abs. 4 HGB teilweise zurückbezahlt (vgl. BGH, Urt. v. 22.03.2011 – II ZR 271/08, BGHZ 189, 45-56; BGH, Urt. v. 20.10.1975 - II ZR 214/74, WM 1976, 130, 131; Urt. v. 28.01.1980 - II ZR 250/78, BGHZ 76, 127, 130). 54Der Anspruch aus § 172 Abs. 4, § 171 Abs. 1 und 2 HGB ist zwar nicht begründet, soweit die Haftsumme zur Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger nicht benötigt wird (vgl. BGH, Urt. v. 20.03.1958 - II ZR 2/57, BGHZ 27, 51, 56 f.; Urt. v. 11.12.1989 - II ZR 78/89, BGHZ 109, 334, 344). Diese Voraussetzung ist hier indes erfüllt. Die zur Insolvenztabelle festgestellten Forderungen, die nicht aus der Insolvenzmasse befriedigt werden können, übersteigen vorliegend die Summe aller Ausschüttungen. 55Der Rückzahlungsanspruch des Klägers umfasst alle Ausschüttungen; sie waren sämtlich haftungsbegründend nach § 172 Abs. 4 HGB. 56Der Umfang, in dem die Haftung des Kommanditisten nach § 172 Abs. 4 HGB wieder auflebt, ist in dreifacher Hinsicht, nämlich durch die Haftsumme, die Höhe des ausgezahlten Betrags und durch das Ausmaß der dadurch gegebenenfalls entstehenden Haftsummenunterdeckung begrenzt (vgl. MüKoHGB/Schmidt, 3. Aufl. 2012, §§ 171, 172 Rn. 65). Die Ausschüttungen in Höhe von 16.283,88 EUR sind die niedrigste Position. Die Haftsumme des Beklagten beträgt 100.000,00 DM, d.h. 51.129,20 EUR. Die Haftsummenunterdeckung übersteigt diese noch. Das Kapitalkonto des Beklagten ist vorliegend infolge der Ausschüttungen und der zugeschriebenen Verluste rechnerisch sogar negativ. Da die Insolvenzschuldnerin in den ersten Geschäftsjahren 1997 bis 1999 handelsbilanzielle Verluste von 23.679.000,00 DM, d.h. 12.106.880,45 EUR, auswies, die gemäß § 15 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrages (Anl. K3) den Kapitalkonten der Treugeber im Verhältnis ihrer Anteile zugewiesen worden sind, lag bereits bei der ersten Ausschüttung am 06.09.2000 eine erhebliche Haftungssummenunterdeckung vor (bei einem Verlustanteil von ca. 60.500,00 EUR pro Kommanditist ergibt sich für den Beklagten zum 31.12.1999 ein Kapitalkontostand von etwa – 9.370,00 EUR). Diese hat sich durch die dem Kapitalkonto in den Jahren 2000, 2001 und 2002 zugewiesenen Verluste und die in den Jahren 2004, 2005, 2006, 2007 und 2008 erfolgten Ausschüttungen noch weiter vertieft. Die Gewinne in 2003 (702.000,00 EUR), 2004 (343.000,00 EUR), 2005 (691.000,00 EUR), 2006 (1.407.000,00 EUR) und 2007 (546.000,00 EUR), die dem Kapitalkonto des Beklagten anteilig zugewiesen wurden, haben dieses nicht ansatzweise auf einen Stand von 34.845,32 EUR (Haftsumme abzüglich Ausschüttungen) bzw. gar auf den Stand der Haftungssumme aufzufüllen vermocht. 57Der beklagte Treugeber ist schließlich verpflichtet, die Treuhänderin von Verbindlichkeiten, die dieser im Zusammenhang mit der treuhänderischen Übernahme der Beteiligung als Treuhandkommanditistin entstehen, – und somit auch von der soeben dargestellten Forderung – freizustellen. 58Dies folgt schon aus §§ 675, 670 BGB. Bei dem Treuhandverhältnis handelt es sich um eine entgeltliche Geschäftsbesorgung im Sinne von § 675 Abs. 1 BGB (vgl. Palandt/Sprau, a.a.O., § 675 Rn. 27). Nach § 675 Abs. 1 BGB findet unter anderem § 670 BGB auf entgeltliche Geschäftsbesorgungen Anwendung. Gemäß § 670 BGB sind dem Beauftragten die zum Zwecke der Ausführung des Auftrags notwendigen Aufwendungen vom Auftraggeber zu ersetzen. 59Insofern kann dahinstehen, ob es sich bei der vertraglichen Vereinbarung B.5.1. des Treuhandvertrages (Anl. K2) um eine – wie vom Beklagten vertreten – nach § 305c Abs. 1 BGB unwirksame Allgemeine Geschäftsbedingung handelt. 602. 61Dem Kläger steht gegen den Beklagten ein Anspruch auf Zahlung von Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 19.12.2014 gemäß § 288 Abs. 1 S. 2, 291 BGB analog zu. Der Mahnbescheid vom 16.12.2014 ist dem Beklagten am 18.12.2014 zugestellt worden. 62II. 63Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1, 709 ZPO.
der beklagte wird verurteilt, an den kläger 16.283,88 eur nebst zinsen in höhe von 5 prozentpunkten über dem jeweiligen basiszinssatz seit dem 19.12.2014 zu zahlen. die kosten des rechtsstreits hat der beklagte zu tragen. das urteil ist gegen sicherheitsleistung in höhe von 110 % des zu vollstreckenden betrages vorläufig vollstreckbar. 1
2der kläger verlangt in seiner eigenschaft als insolvenzverwalter über das vermögen der n gmbh & co. kg von dem beklagten die rückzahlung von ausschüttungen in höhe von 16.283,88 eur. 3die n gmbh & co. kg (im folgenden insolvenzschuldnerin) ist ein schiffsfond mit sitz in m. unternehmensgegenstand der insolvenzschuldnerin war insbesondere der erwerb und der betrieb des motorschiffs n2. das kommanditkapital der insolvenzschuldnerin, welche etwa knapp 200 kommanditisten hat, beträgt 9.840.000,00 eur. 4der beklagte erklärte am 16.12.1997 gegenüber der treuhänderin h gesellschaft für konzeption, beratung, vermittlung und betreuung privater investitionen gmbh aus n3 (treuhandkommanditistin) seinen beitritt zur insolvenzschuldnerin mit einer beteiligung von 100.000,00 dm zuzüglich 5 % agio (beitrittserklärung vom 16.12.1997, anl. k1). 5die treuhänderin übernahm gemäß a.1. des treuhandvertrages, welcher als anl. k2 vorliegt, in verbindung mit § 6 ziff. 1 des gesellschaftsvertrages der insolvenzschuldnerin (anl. k3) sowie der beitrittserklärung (anl. k1) für den beklagten die förmliche stellung als kommanditistin im handelsregister. 6im treuhandvertrag (anl. k2) heißt es unter a.3.3.2.: 7„der anleger trägt das anteilige wirtschaftliche risiko in höhe seiner beteiligung. er haftet nur in höhe seiner einlage. eine nachschussverpflichtung ist ausgeschlossen, sofern und soweit er seine einlage geleistet und nicht wieder entnommen oder zurückerhalten hat. die sich aus der beteiligung ergebenden steuerlichen wirkungen betreffen ausschließlich den anleger.“ 8b.5.1. des treuhandvertrages lautet: 9„der anleger stellt die h von allen verbindlichkeiten frei, die der h im zusammenhang mit der treuhänderischen übernahme und/oder verwaltung seiner beteiligung entstehen.“ 10in § 15 abs. 1 des gesellschaftervertrages (anl. k3) heißt es: 11„am gewinn und verlust der gesellschaft sind die kommanditisten im verhältnis ihrer gezeichneten einlagen (kommanditanteil ohne agio) beteiligt.“ 12in den folgejahren wurden an den beklagten insgesamt 16.283,88 eur ausgeschüttet (vgl. zahlungsübersicht, anl. k4): 1306.09.2000: 3.000,00 dm, also 1.533,88 eur 1418.11.2004: 1.250,00 eur 1527.10.2005: 3.000,00 eur 1631.10.2006: 3.500,00 eur 1730.10.2007: 3.500,00 eur 1824.11.2008: 3.500,00 eur 19summe 16.283,88 eur 20die insolvenzschuldnerin erwirtschaftete in den jahren 1998 bis 2002 insgesamt keine gewinne. stattdessen erwirtschaftete sie bilanzielle verluste von insgesamt etwa 12.918.000,00 eur. in den jahren 2003 bis 2007 erwirtschaftete die insolvenzschuldnerin gewinne in höhe von insgesamt 3.689.000,00 eur. wegen der einzelheiten zu gewinn- und verlustbilanzen der insolvenzschuldnerin wird auf die ausführungen des klägers in der klageschrift vom 13.01.2015, dort s. 3 f., sowie auf die als anl. k 5 bis k 15 auszugsweise vorliegenden jahresabschlüsse der insolvenzschuldnerin der jahre 2000 bis 2010 bezug genommen. 21unter dem 23.11.2012 stellte die insolvenzschuldnerin den antrag auf eröffnung des insolvenzverfahrens. durch beschluss des amtsgerichts m vom 08.02.2013 zum aktenzeichen – # in ###/## – wurde das insolvenzverfahren über das vermögen der insolvenzschuldnerin eröffnet und der kläger zum insolvenzverwalter bestellt (bestellungsbeschluss des amtsgerichts m vom 08.02.2013, anl. k19). 22die zur insolvenztabelle festgestellten forderungen betragen vorläufig 1.816.618,57 eur (vgl. schlussverzeichnis, anl. k16). der aktuelle massebestand der insolvenzschuldnerin beträgt 1.049.952,78 eur (vgl. kontoauszüge, anl. k17). weitere konten oder massen sind nicht vorhanden. 23mit schreiben vom 08.01.2014, 03.02.2014, 23.05.2014 und 12.11.2014 (anl. k20 bis k23) forderte der kläger den beklagten mehrfach erfolglos zur rückzahlung der an ihn erfolgten ausschüttungen auf. 24der kläger behauptet, das kapitalkonto des beklagten sei durch die auszahlungen unter die vereinbarte haftungssumme von 100.000,00 dm gefallen. das haftungskapital sämtlicher kommanditisten und somit auch das konto des beklagten sei seit beginn an deutlich unter den haftbetrag und aufgrund der ausschüttungen noch weiter unter die jeweiligen hafteinlagen gesunken. auch durch spätere jahresüberschüsse in den jahren 2003 bis 2010 sei zu keinem zeitpunkt der ursprüngliche stand der hafteinlagen wieder erreicht worden. 25der kläger behauptet weiter, mit vereinbarung vom 16.04.2013 habe ihm die h gmbh deren freistellungsansprüche gegen die anleger wirksam abgetreten. 26der kläger beantragt, 27den beklagten zu verurteilen, an ihn 16.283,88 eur nebst zinsen in höhe von 5 prozentpunkten über dem jeweiligen basiszinssatz seit rechtshängigkeit zu zahlen. 28der beklagte beantragt, 29die klage abzuweisen. 30der beklagte bestreitet eine ordnungsgemäße abtretung des freistellungsanspruchs an die insolvenzschuldnerin. weder aus der klageschrift noch aus der abtretungserklärung seien die vertretungsverhältnisse der treuhandgesellschaft ersichtlich. die vertretungsverhältnisse werden bestritten. 31er ist der ansicht, die freistellungserklärung im treuhandvertrag sei nicht hinreichend verständlich. die unter b.5.1. verwandte klausel halte einer überprüfung nach § 305c abs. 1 bgb nicht stand. 32schließlich ist der beklagte der ansicht, nicht alle ausschüttungen ließen die haftung wieder aufleben. die haftung des kommanditisten gemäß § 172 abs. 4 agb werde durch die haftsumme, die höhe des ausgezahlten betrages und das ausmaß dadurch gegebenenfalls entstehender haftungssummenunterdeckungen begrenzt. 33hinsichtlich des weitergehenden sach- und streitstandes wird bezug genommen auf die wechselseitigen schriftsätze und die zur gerichtsakte gereichten unterlagen. 34
35die zulässige klage ist begründet. 36i. 37dem kläger steht gegen den beklagten der geltend gemachte zahlungsanspruch aus §§ 172 abs. 4, 171 abs. 1 und 2 hgb i.v.m. § 398 bgb und die hierauf geltend gemachten zinsen zu. 381. 39der geltend gemachte zahlungsanspruch ergibt sich aus §§ 172 abs. 4, 171 abs. 1 und 2 hgb i.v.m. § 398 bgb. 40a) 41ein unmittelbarer anspruch des klägers gegen den beklagten treugeber aus § 172 abs. 4, 171 abs. 1 und 2 hgb scheitert in ermangelung einer formellen kommanditisteneigenschaft des beklagten (vgl. bgh, urt. v. 28.01.1980 - ii zr 250/78, bghz 76, 127, 130; urt. v. 11.11.2008 - xi zr 468/07, bghz 178, 271 rn. 21; urt. v. 12.02.2009 - iii zr 90/08, nzg 2009, 380 rn. 35; urt. v. 21.04.2009 - xi zr 148/08, zip 2009, 1266 rn. 15; urt. v. 22.03.2011 – ii zr 271/08, bghz 189, 45-56). 42b) 43dem kläger steht jedoch ein anspruch auf rückzahlung der ausgeschütteten beträge aus abgetretenem recht der treuhandkommanditistin zu. 44aa) 45die treuhänderin hat den ihr gegen den beklagten treugeber zustehenden freistellungsanspruch wirksam an den kläger nach § 398 bgb abgetreten. 46die abtretung ist nicht gemäß § 399 fall 1 bgb ausgeschlossen. zwar verändert der freistellungsanspruch infolge der abtretung seinen inhalt, da er sich in einen zahlungsanspruch umwandelt. eine solche veränderung des leistungsinhalts hindert die abtretung aber nicht, wenn der freistellungsanspruch gerade an den gläubiger der zu tilgenden schuld abgetreten wird (vgl. bgh, urt. v. 22.01.1954 - i zr 34/53, bghz 12, 136, 141 f.; urt. v. 05.05.2010 - iii zr 209/09, zip 2010, 1295 rn. 12; palandt/grüneberg, bgb, 74. aufl. 2015, § 399 rn. 4 m.w.n.). als solcher ist hinsichtlich der sich aus der kommanditistenhaftung gemäß § 171 abs. 1, § 172 abs. 4 hgb ergebenden ansprüche im insolvenzverfahren über das vermögen der kommanditgesellschaft der insolvenzverwalter anzusehen (vgl. auch bgh, urt. v. 22.03.2011 – ii zr 271/08, bghz 189, 45-56; olg köln, nzg 2009, 543, 544; olg stuttgart, zip 2010, 1694, 1695 f. m.w.n.). gemäß § 171 abs. 2 hgb ist er zur durchsetzung der ansprüche gegen kommanditisten ermächtigt, während die gesellschaftsgläubiger, die materiell-rechtliche anspruchsinhaber bleiben, daran gehindert sind, ihre ansprüche selbst geltend zu machen. berechtigte interessen des schuldners des freistellungsanspruchs, deren schutz das abtretungsverbot nach § 399 fall 1 bgb bezweckt, werden durch die abtretung an den insolvenzverwalter anstelle des gesellschaftsgläubigers nicht beeinträchtigt. 47die parteien haben die abtretung auch nicht vertraglich ausgeschlossen, § 399 fall 2 bgb. eine solche abrede ergibt sich insbesondere nicht aus b.5.1. des treuhandvertrages (anl. k2), der den freistellungsanspruch der treuhandkommanditistin regelt. 48anhaltspunkte, die ein konkludent vereinbartes abtretungsverbot nahe legen, sind nicht ersichtlich. die abtretung ist ferner weder sittenwidrig noch stellt sie eine unzulässige rechtsausübung gemäß § 242 bgb dar. infolge der abtretung verwirklicht sich vielmehr nur das mit dem treuhandvertrag verbundene ziel, dass die wirtschaftlichen folgen der kommanditbeteiligung die treugeber selbst treffen. 49soweit der beklagte bestreitet, dass eine ordnungsgemäße abtretung erfolgt sei und insofern die vertretungsbefugnisse der treuhänderin in zweifel zieht, ist dieser vortrag vor dem hintergrund, dass als anl. k18 eine abtretungserklärung vorliegt, zu pauschal und damit unbeachtlich. 50bb) 51infolge der abtretung des freistellungsanspruchs steht dem kläger gegen den beklagten ein zahlungsanspruch zu. 52gegen die treuhandkommanditistin ist ein anspruch des klägers aus §§ 172 abs. 4, 171 abs. 1 und 2 hgb begründet. 53durch die ausschüttungen an die über die treuhandkommanditistin beteiligten treugeber hat die insolvenzschuldnerin die einlage im sinne von § 172 abs. 4 hgb teilweise zurückbezahlt (vgl. bgh, urt. v. 22.03.2011 – ii zr 271/08, bghz 189, 45-56; bgh, urt. v. 20.10.1975 - ii zr 214/74, wm 1976, 130, 131; urt. v. 28.01.1980 - ii zr 250/78, bghz 76, 127, 130). 54der anspruch aus § 172 abs. 4, § 171 abs. 1 und 2 hgb ist zwar nicht begründet, soweit die haftsumme zur befriedigung der gesellschaftsgläubiger nicht benötigt wird (vgl. bgh, urt. v. 20.03.1958 - ii zr 2/57, bghz 27, 51, 56 f.; urt. v. 11.12.1989 - ii zr 78/89, bghz 109, 334, 344). diese voraussetzung ist hier indes erfüllt. die zur insolvenztabelle festgestellten forderungen, die nicht aus der insolvenzmasse befriedigt werden können, übersteigen vorliegend die summe aller ausschüttungen. 55der rückzahlungsanspruch des klägers umfasst alle ausschüttungen; sie waren sämtlich haftungsbegründend nach § 172 abs. 4 hgb. 56der umfang, in dem die haftung des kommanditisten nach § 172 abs. 4 hgb wieder auflebt, ist in dreifacher hinsicht, nämlich durch die haftsumme, die höhe des ausgezahlten betrags und durch das ausmaß der dadurch gegebenenfalls entstehenden haftsummenunterdeckung begrenzt (vgl. mükohgb/schmidt, 3. aufl. 2012, §§ 171, 172 rn. 65). die ausschüttungen in höhe von 16.283,88 eur sind die niedrigste position. die haftsumme des beklagten beträgt 100.000,00 dm, d.h. 51.129,20 eur. die haftsummenunterdeckung übersteigt diese noch. das kapitalkonto des beklagten ist vorliegend infolge der ausschüttungen und der zugeschriebenen verluste rechnerisch sogar negativ. da die insolvenzschuldnerin in den ersten geschäftsjahren 1997 bis 1999 handelsbilanzielle verluste von 23.679.000,00 dm, d.h. 12.106.880,45 eur, auswies, die gemäß § 15 abs. 1 des gesellschaftsvertrages (anl. k3) den kapitalkonten der treugeber im verhältnis ihrer anteile zugewiesen worden sind, lag bereits bei der ersten ausschüttung am 06.09.2000 eine erhebliche haftungssummenunterdeckung vor (bei einem verlustanteil von ca. 60.500,00 eur pro kommanditist ergibt sich für den beklagten zum 31.12.1999 ein kapitalkontostand von etwa – 9.370,00 eur). diese hat sich durch die dem kapitalkonto in den jahren 2000, 2001 und 2002 zugewiesenen verluste und die in den jahren 2004, 2005, 2006, 2007 und 2008 erfolgten ausschüttungen noch weiter vertieft. die gewinne in 2003 (702.000,00 eur), 2004 (343.000,00 eur), 2005 (691.000,00 eur), 2006 (1.407.000,00 eur) und 2007 (546.000,00 eur), die dem kapitalkonto des beklagten anteilig zugewiesen wurden, haben dieses nicht ansatzweise auf einen stand von 34.845,32 eur (haftsumme abzüglich ausschüttungen) bzw. gar auf den stand der haftungssumme aufzufüllen vermocht. 57der beklagte treugeber ist schließlich verpflichtet, die treuhänderin von verbindlichkeiten, die dieser im zusammenhang mit der treuhänderischen übernahme der beteiligung als treuhandkommanditistin entstehen, – und somit auch von der soeben dargestellten forderung – freizustellen. 58dies folgt schon aus §§ 675, 670 bgb. bei dem treuhandverhältnis handelt es sich um eine entgeltliche geschäftsbesorgung im sinne von § 675 abs. 1 bgb (vgl. palandt/sprau, a.a.o., § 675 rn. 27). nach § 675 abs. 1 bgb findet unter anderem § 670 bgb auf entgeltliche geschäftsbesorgungen anwendung. gemäß § 670 bgb sind dem beauftragten die zum zwecke der ausführung des auftrags notwendigen aufwendungen vom auftraggeber zu ersetzen. 59insofern kann dahinstehen, ob es sich bei der vertraglichen vereinbarung b.5.1. des treuhandvertrages (anl. k2) um eine – wie vom beklagten vertreten – nach § 305c abs. 1 bgb unwirksame allgemeine geschäftsbedingung handelt. 602. 61dem kläger steht gegen den beklagten ein anspruch auf zahlung von zinsen in höhe von fünf prozentpunkten über dem jeweiligen basiszinssatz seit dem 19.12.2014 gemäß § 288 abs. 1 s. 2, 291 bgb analog zu. der mahnbescheid vom 16.12.2014 ist dem beklagten am 18.12.2014 zugestellt worden. 62ii. 63die prozessualen nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 abs. 1, 709 zpo.
Klaeger*in
1
179,238
17 K 3013/13
2014-05-09T00:00:00
Urteil
Tenor Der Bescheid der Beklagten vom 28. Januar 2013 wird aufgehoben. Die Kosten des Verfahrens trägt die Beklagte. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. 1Tatbestand: 2Die Klägerin ist Teil der S. Unternehmensgruppe, die u.a. aus der Klägerin, der S. Textilhandels- und -recycling GmbH und der S. Beteiligungsverwaltung International GmbH besteht. Unternehmensgegenstand der Klägerin ist die Erfassung und der Handel von unsortierten Gebrauchttextilien und Schuhen. Im gesamten Bundesgebiet betreibt die Klägerin ca. 7000 Altkleidercontainer und sammelt jährlich ca. 35.000 Tonnen Alttextilien – unter anderem im Stadtgebiet der Beklagten, einer kreisfreien Stadt mit 111.300 Einwohnern (Stand 31. Dezember 2013). 3Die Technischen Betriebe S1. (U1. ) (bis zum 31. Dezember 2013: S2. Entsorgungsbetriebe (S3. )) nehmen laut § 1 Abs. 1 ihrer Betriebssatzung vom 20. April 2005 in der durch Satzung vom 16. Dezember 2013 geänderten Fassung als eine organisatorisch und wirtschaftlich eigenständige Einrichtung wie ein Eigenbetrieb ohne eigene Rechtspersönlichkeit die Aufgaben des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers für die Beklagte wahr. Sie führen im Stadtgebiet seit November 2012 eine eigene Erfassung und Verwertung von Alttextilien durch. Zunächst sammelten die S3. Alttextilien mit 18 über das Stadtgebiet verteilten Containern. Mit der Leerung der Behälter und der Vermarktung der Wertstoffe wurde die Firma F. Textilverwertung GmbH (F. ) beauftragt, die bereits für die Abfallwirtschaftsgesellschaft mbH X. (B. ) tätig war, von der die S3. die Container übernommen hatten. Seit März 2013 wurde der Bestand auf über 80 Sammelbehälter an 72 verschiedenen Standorten erweitert. Mit der gezielten Platzierung von insgesamt 105 eigenen Containern an 89 Standorten wurde im November 2013 die Einrichtung eines flächendeckenden Netzes zur Erfassung von Textilien und Schuhen im Stadtgebiet der Beklagten abgeschlossen. Zuletzt (Stand Februar 2014) unterhielten die U1. Container an 99 Standorten. Die U1. tolerieren die Systeme karitativer Einrichtungen, die im Stadtgebiet insgesamt über ca. 51 Behälter verfügen und mit diesen nach den Angaben der U1. in den Jahren 2012 und 2013 jeweils ca. 210 t Altkleider und -schuhe gesammelt haben. Für das Jahr 2014 rechnen die U1. gemäß neuester Hochrechnungen mit ca. 400 t Altkleider und -schuhe, die neben den Sammelmengen der gemeinnützigen und gewerblichen Sammler über ihr eigenes System erfasst werden. Ziel der U1. ist es, im Anschluss an die Ausbau- und Konsolidierungsphase des Sammelsystems eine Ausschreibung der Sammlung und Verwertung der Alttextilien durchzuführen. 4Am 3. August 2012 zeigte die Klägerin die von ihr im Stadtgebiet der Beklagten durchgeführte gewerbliche Sammlung von Textilien und Schuhen aus privaten Haushalten nach § 18 Abs. 1 Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG) an. Die Anzeige wurde von einer Sachbearbeiterin der unteren Umweltschutzbehörde – Frau K. – bearbeitet. Die untere Umweltschutzbehörde ist als „Fachdienst Umwelt“ (Fachdezernat 1.31) organisiert, dessen Fachdienstleiter Herr Q. ist. 5In der Anzeige gab die Klägerin unter anderem an, im Stadtgebiet der Beklagten 17 Container aufgestellt zu haben (6 in S1. -Innen, 5 in S1. -M. und 6 in S1. -Süd) und damit 61 t Alttextilien pro Jahr zu sammeln. Die Container würden wöchentlich geleert. Es sei beabsichtigt, weitere 50 Container für die Dauer von 10 Jahren aufzustellen und damit ca. 175 t Alttextilien jährlich zu erfassen. 6Am 17. September 2012 forderte die Beklagte die S3. zur Stellungnahme bezüglich der Anzeige der Klägerin auf. 7Unter dem 8. November 2012 nahm der Sachbearbeiter Herr D. für die S3. insoweit Stellung. Auf einer Seite führte er aus: Der Sammlung stünden überwiegende öffentliche Interessen im Sinne des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 und Abs. 3 KrWG entgegen, weshalb diese gemäß § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG zu untersagen sei. Die als bestehend angezeigte gewerbliche Sammlung beeinträchtige die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, der selbst über ein bestehendes, hochwertiges Erfassungs- und Verwertungssystem für Alttextilien in S1. verfüge. Das System der S3. verbessere durch intensivsten Service die Sauberkeit des Stadtbildes und trage mit seinen Erlösen zur Stabilisierung der Abfallgebühren bei. Im Übrigen bestehe für Bekleidung und Textilien gemäß der städtischen Abfallsatzung ein Anschluss- und Benutzungszwang an die städtische Abfallentsorgung. 8Unter dem 15. Januar 2013 ergänzten und präzisierten die S3. die Begründung zur Untersagung aller gemäß § 18 KrWG angezeigten gewerblichen Sammlungen: Bislang hätten die Abfallgebühren trotz steigender interner und externer Anforderungen durch Effizienzsteigerungen, Integration von Nebengeschäften und Gründungen von Solidargemeinschaften weitgehend stabil gehalten werden können. Damit die Abfallgebühren auch weiterhin bezahlbar blieben, seien die S3. auf alle zusätzlichen Einnahmequellen angewiesen. Gewerbliche Sammlungen der Privatwirtschaft schmälerten die Erlöse aus der Vermarktung von Wertstoffen, die im Jahr 2013 insgesamt grob geschätzt bei über 1 Million Euro lägen. Diese Erlöse machten ca. 8 bis 9 % der für das kommende Jahr veranschlagten abfallwirtschaftlichen Gesamtausgaben aus. Im Laufe des Jahres 2013 werde im Rahmen einer öffentlichen nationalen Ausschreibung mit hohen ökologischen und sozialen Standards die Verwertung der Altkleider und Altschuhe neu ausgeschrieben. Ob auch die Leerung der eigenen Altkleidercontainer als Dienstleistung in die Leistungsbeschreibung mit einbezogen werde, stehe zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht fest. Ein flächendeckendes Netz zur Entsorgung von Altkleidern und Altschuhen im Stadtgebiet S1. sei mit der gezielten Platzierung von ca. 60 Sammelcontainern der S3. , zusammen mit ca. 52 Behältern karitativer Einrichtungen herzustellen. Würden weitere Container aufgestellt, sinke die Erfassungsmenge pro Container und damit auch die Effizienz der Sammlung. Erfahrungswerte anderer Kommunen gäben eine Obergrenze von ca. 900 Einwohnern pro Altkleider-/Altschuhsammelbehälter vor, bei deren Unterschreitung die Wirtschaftlichkeit der Sammellogistik abfalle. Durch die Genehmigung gewerblicher Altkleidersammlungen, die parallel zum öffentlich-rechtlichen/karitativen Erfassungssystem betrieben würden, lasse sich eine auszuschreibende Leistung bezüglich der Wertstoffmenge und der Entleerungsintervalle nur unpräzise beschreiben. Dieses Manko führe zu juristisch anfechtbaren Schwierigkeiten bei der Angebotslegung im Zuge eines Ausschreibungsverfahrens oder zu Schwierigkeiten im Rahmen der Vertragsgestaltung. 9Mit Bescheid vom 28. Januar 2013 befristete die Beklagte die angezeigte Sammlung der Klägerin von Bekleidung und Alttextilien auf dem Gebiet der Stadt S1. bis zum 30. Juni 2015 (Ziffer 1). Ihr wurde aufgegeben, den angezeigten Bestand von 18 Sammelbehältern hinsichtlich der Anzahl und des Fassungsvermögens nicht zu erweitern; hiervon wurde ausgenommen die Verlagerung von Behältern mit gleichem Fassungsvermögen zu anderen Standorten im S2. Stadtgebiet, wenn die Gesamtzahl des Bestandes dadurch nicht überschritten werde (Ziffer 2.). 10Die Beklagte drohte für den Fall, dass die Sammlung entgegen Ziffer 1. nach dem 30. Juni 2015 fortgesetzt werde, ein Zwangsgeld in Höhe von 2.500,00 Euro an. Für den Fall, dass die Klägerin entgegen der Regelung in Ziffer 2. über den genannten Bestand hinaus weitere oder größere Behälter aufstellte, wurde ihr ein Zwangsgeld in Höhe von 1.500,00 Euro je unzulässigem Behälter und Monat der Aufstellung angedroht. 11Die Beklagte setzte außerdem eine Gebühr für die Anzeige und die Entscheidung in Höhe von 290,00 Euro fest. 12Die Beklagte stützte sowohl die Befristung (Ziffer 1.) als auch das Erweiterungsverbot (Ziffer 2.) auf § 18 Abs. 5 Satz 1 KrWG. Ohne Tätigwerden stünden der Sammlung öffentliche Interessen im Sinne von § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG entgegen. Bei den gesammelten Textilien handele es sich um Abfälle im Sinne des § 3 KrWG. Ausweislich der mit der Anzeige vorgelegten Unterlagen bestünden zwar keine Anhaltspunkte dafür, dass die gesammelten Abfälle nicht einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt würden. Durch die Sammlung werde aber die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers nach § 17 Abs. 3 Satz 2 KrWG gefährdet. 13Dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger müsse es möglich sein, seine Leistungen zu möglichst niedrigen, sozialverträglichen Gebühren zu erbringen. Um diese Vorgabe zu erfüllen, sei er darauf angewiesen, durch die Vermarktung werthaltiger Abfälle eine Quersubventionierung unrentabler Bereiche der Abfallentsorgung vornehmen zu können. Diese Möglichkeit werde ihm genommen, wenn etwa die Erlöse aus der Vermarktung von Abfällen zur Verwertung nicht mehr in ausreichender Weise in den Gebührenhaushalt einflössen. Vor dem Hintergrund steigender Kosten bei der Entsorgung von Abfällen, die nur beseitigt und nicht verwertet werden können, stelle u.a. auch der Erlösanteil aus der Alttextilsammlung einen nicht zu vernachlässigenden Beitrag zur Konsolidierung der Gebühren dar. Ein Wegfall oder Verzicht auf diese Einnahme verhindere – im Zusammenwirken der von der Klägerin angezeigten Sammlung mit anderen gewerblichen Altkleidersammlungen oder auch Sammlungen anderer werthaltiger Abfälle – die Erfüllung der öffentlich-rechtlichen Entsorgungspflicht zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen. Davon sei bereits dann auszugehen, wenn lediglich der aktuelle Sammlungsumfang beibehalten würde; insbesondere würde die Beeinträchtigung der Entsorgung zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen aber angesichts des Umfangs der laut Anzeige vom 3. August 2012 konkret geplanten Erweiterung der bestehenden Sammlung von bisher 18 auf 68 Container bei gleichzeitiger Steigerung der Jahressammelmenge von derzeit 61 auf 175 t Altkleider pro Jahr offensichtlich. 14Da die S3. eine hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung von Altkleidern und -schuhen durchführe, beeinträchtige die Sammlung der Klägerin auch in unzulässiger Weise die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers. 15Mit einer Mengenerfassung von etwa 150 bis 200 t Alttextilien im Jahr und für 2013 erwarteten Erlösen in Höhe von 50.000,00 Euro aus der Vermarktung von Altkleidern und -schuhen leiste die Verwertung dieses Materials neben anderen Abfällen zur Verwertung einen nicht unerheblichen Beitrag zur Stabilität der Abfallgebühren. Die Erlöse aus der Verwertung von rentablen Abfällen in ihrer Gesamtheit machten nach Angaben der S3. 8 bis 9 % der für das kommende Jahr veranschlagten abfallwirtschaftlichen Gesamtausgaben aus. Jede mengenmäßig relevante gewerbliche Sammlung trage dazu bei, die Stabilität der Abfallgebühren zu gefährden. Bereits die jetzigen vorhandenen Behälter der Sammlung (61 t pro Jahr) stellten eine solche relevante Größenordnung dar. Vor allem gelte dies, wenn die gemäß der Anzeige konkret beabsichtigte Erweiterung um 50 Sammelcontainer und eine angenommene Sammelmenge von 175 t pro Jahr zum Tragen kämen. 16Die Sammlung der Klägerin sei schließlich auch nicht wesentlich leistungsfähiger gemäß § 17 Abs. 3 Satz 4 KrWG. 17Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass es sich bei der Sammlung der Klägerin um eine Bestandssammlung handele, die dem besonderen Schutz gemäß § 18 Abs. 7 KrWG unterliege, sei die Sammlung unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten zeitlich zu befristen und der Sammlungsumfang zu begrenzen. 18Die Klägerin hat am 27. Februar 2013 Klage erhoben. Sie trägt im Wesentlichen zur Begründung vor: Die Beklagte sei – da sie gleichzeitig öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger sei – nicht die zuständige Behörde im Sinne des § 18 Abs. 5 KrWG. 19Die von ihr gesammelten Alttextilien besäßen keine Abfalleigenschaft. Ein Verbraucher, der seine Altkleidung in einen Altkleidercontainer einbringe, gebe die ursprüngliche Zweckbestimmung des Kleidungsstückes nicht auf. Er werfe das Kleidungsstück in den Altkleidercontainer, damit es weiter seinen Zweck als Kleidungsstück erfülle. Im Sinne von § 3 Abs. 3 KrWG werde deshalb die ursprüngliche Zweckbestimmung nicht aufgegeben. Die Abfalleigenschaft zu verneinen, weil es nach § 3 Abs. 3 Nr. 2 KrWG an der Unmittelbarkeit des neuen Verwendungszweckes fehle, sei unzutreffend. Zum einen erfolge der neue Verwendungszweck „Kleiderspende“ unmittelbar durch den Einwurf in den Container. Zum anderen entspreche das Kriterium der Unmittelbarkeit nicht der europäischen Abfallrahmenrichtlinie, weshalb der Abfallbegriff europarechtlichen Vorgaben widerspreche. Insoweit werde die Vorlage an den Europäischen Gerichtshof beantragt. Jedenfalls ende die Abfalleigenschaft auch nach § 5 KrWG, weil das Kleidungsstück für übliche Zwecke – nämlich Kleidungszwecke – verwendet werde, indem es auf den second Hand Markt gebracht werde. Dies sei bei 95 % der gesammelten Alttextilien der Fall. 20Die Beklagte als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger führe auch keine Verwertung der Altkleider gemäß § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG durch. Es reiche nicht aus, dass sie die Kleidungsstücke einsammle. Zur Verwertung sei sie auch gar nicht in der Lage. Der Verkauf der Ware sei keine Verwertung. Jedenfalls sei die Sammlung der Klägerin wesentlich leistungsfähiger im Sinne von § 17 Abs. 3 Satz 4 KrWG, weil die Beklagte keine Sortierung und Verwertung anbiete, sondern sich zumindest für die Verwertung Dritter bedienen müsse. 21Eine Gefährdung der Gebührenstabilität gemäß § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 KrWG läge nicht vor. Es sei nicht nachgewiesen, dass Gebühren bei der Aufrechterhaltung der Sammlung steigen würden. Eine Quersubventionierung sei nicht zulässig. Zudem lasse die Beklagte jegliche für die Altkleidersammlung erforderlichen Kosten unberücksichtigt. 22Der Begriff der Gefährdung in § 17 Abs. 3 KrWG weiche ohnehin in rechtswidriger Weise vom Unionsrecht ab, weil er hinter dem Begriff des „Verhinderns“ in Art. 106 Abs. 2 Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) zurück bleibe. Auch diesbezüglich werde die Vorlage an den Europäischen Gerichtshof beantragt. 23Ungeachtet dessen sei die Befristung nicht ermessensfehlerfrei erfolgt. Die Dauer der Befristung sei nicht nachzuvollziehen. 24Schließlich sei eine Untersagung nach Ablauf der dreimonatigen Frist des § 18 Abs. 1 KrWG nicht zulässig. Eine nach Ablauf der Frist vorgenommene Verfügung könne aus Vertrauensschutzgesichtspunkten nicht auf Grund von Tatsachen erfolgen, die innerhalb dieses Dreimonatszeitraums bekannt gewesen seien. 25Die Klägerin beantragt, 26den Bescheid der Beklagten vom 28. Januar 2013 aufzuheben. 27Die Beklagte beantragt, 28die Klage abzuweisen. 29Sie führt im Wesentlichen aus: Sie sei für den Erlass des Bescheides zuständig. Indem sie die Aufgaben der unteren Umweltschutzbehörde – dem Fachdienst 1.31 Umwelt – zugewiesen habe, während die Aufgaben des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers von den U1. wahrgenommen würden, habe sie für die größtmögliche organisatorische und personelle Trennung beider Aufgabenbereiche gesorgt und damit dem Neutralitätsgebot umfassend Rechnung getragen. 30Hinsichtlich der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 18 Abs. 5 Satz 1 in Verbindung mit § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 und Abs. 3 KrWG verweist sie auf die Begründung der angefochtenen Verfügung und macht ergänzende Ausführungen. 31Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und den der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen. 32Entscheidungsgründe: 33A. Die zulässige Klage hat Erfolg. 34Die angefochtene Verfügung der Beklagten vom 28. Januar 2013 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). 35I. Die Beklagte hat die Befristung (Ziffer 1.) und das Erweiterungsverbot (Ziffer 2.) bezüglich der von der Klägerin angezeigten Sammlung gebrauchter Textilien und Schuhen auf dem Gebiet der Beklagten in der Verfügung vom 28. Januar 2013 auf § 18 Abs. 5 Satz 1 KrWG gestützt, um die Einhaltung der in § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG genannten Voraussetzungen zu gewährleisten. 361. Bei einem unionsrechtskonformem Verständnis der §§ 18 Abs. 5, 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 und Abs. 3 KrWG bestehen keine Zweifel an der Vereinbarkeit dieser gesetzlichen Bestimmungen mit dem Unionsrecht. Zwar stellen gesetzliche Überlassungspflichten im Abfallrecht Beschränkungen der Warenverkehrsfreiheit (Art. 28 f. AEUV) und der Wettbewerbsfreiheit (Art. 101 ff. AEUV) dar, 37vgl. auch die Gesetzesbegründung zu § 17 KrWG BT-Drucks. 17/6052, S. 85, 38diese sind jedoch unionsrechtlich gerechtfertigt. Die Rechtfertigung von Überlassungspflichten insbesondere in Bezug auf getrennt gesammelte Abfälle zur Verwertung aus privaten Haushaltungen ergibt sich aus Art. 106 Abs. 2 Satz 1 AEUV. Hiernach gelten die Vorschriften der Verträge nicht für Unternehmen, die mit Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse betraut sind, soweit die Anwendung dieser Vorschriften die Erfüllung der ihnen übertragenen besonderen Aufgaben rechtlich oder tatsächlich verhindert. Die Abfallentsorgung aus privaten Haushalten ist als Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse im Sinne des Art. 106 Abs. 2 AEUV zu bewerten, 39vgl. auch BVerwG, Urteil vom 18. Juni 2009 – 7 C 16/08 –, juris Rn. 40 mit Verweis auf EuGH, Urteil vom 10. November 1998 – C-360/96 –, juris. 40Dies zugrunde gelegt, ist unter Berücksichtigung der unionsrechtlichen Vorgaben und der dazu ergangenen Rechtsprechung jeweils bezogen auf den Einzelfall zu prüfen, inwieweit die Überlassungspflicht gerechtfertigt ist. Dafür gibt die Ausnahmeregelung in § 17 Abs. 2 Nr. 4, Abs. 3 KrWG bei unionsrechtskonformen Verständnis genügend Raum, 41vgl. zur Vereinbarkeit mit Unionsrecht im Einzelnen VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 9. September 2013 – 10 S 1116/13 –, juris Rn. 11 ff. m.w.N.; VG Ansbach, Urteil vom 23. Januar 2013 – AN 11 K 12.01588 –, juris Rn. 75. 42Aus diesem Grund war dem Antrag der Klägerin auf Vorlage gemäß Art. 267 Abs. 2 und 3 AEUV hinsichtlich der Frage nach der Vereinbarkeit von § 17 Abs. 3 KrWG mit Unionsrecht nicht nachzugehen. 432. Gegen § 17 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG bestehen auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Zu der im wesentlichen gleichlautenden Vorgängerregelung (§ 13 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz (KrW-/AbfG)) wurde höchstrichterlich geklärt, dass die Norm mit ihrem partiellen Ausschluss privater Entsorgungsunternehmen aus der Verwertung von Hausmüllbestandteilen eine verfassungsrechtlich zulässige Berufsausübungsregelung im Sinne des Art. 12 Abs. 1 Grundgesetz (GG) darstellt, 44vgl. BVerwG, Urteil vom 18. Juni 2009 – 7 C 16/08 –, juris Rn. 36. 45Auch für das geltende Recht trifft diese Rechtsprechung zu, 46vgl. OVG NRW, Urteil vom 15. August 2013 – 20 A 2798/11 –, juris Rn. 109 f.; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 9. September 2013 – 10 S 1116/13 –, juris Rn. 10 m.w.N., 47zumal sich gewerbliche Entsorgungsunternehmen um Aufträge nach § 22 KrWG bemühen können. Die Funktionsfähigkeit der öffentlich-rechtlichen Abfallentsorgung (§ 20 KrWG) rechtfertigt grundsätzlich die gesetzliche Statuierung von Überlassungspflichten, von denen nur ausnahmsweise und unter Wahrung öffentlicher Interessen zu Gunsten gewerblicher Sammlungen abgesehen wird. 48II. Die Verfügung ist formell rechtmäßig. Insbesondere von der Zuständigkeit der Beklagten – einer kreisfreien Stadt – als unterer Umweltschutzbehörde, § 38 Landesabfallgesetz NRW (LAbfG) i.V.m. § 1 Absätze 1, 2 Satz 1 Nr. 3 und Absatz 3 Zuständigkeitsverordnung Umweltschutz, ist auszugehen. 49Zwar kann vor dem Hintergrund verfassungsrechtlich gebotener Distanz und Unabhängigkeit des Staates die darin geregelte Zuständigkeit der Kreise und kreisfreien Städte problematisch sein, da diese als öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger nach § 5 Abs. 1 LAbfG selbst Abfall sammeln (nur kreisfreie Städte, bei Kreisen ist die Sammlung und Beförderung hingegen grundsätzlich den kreisangehörigen Gemeinden übertragen, § 5 Abs. 6 Satz 1 LAbfG) oder zumindest für dessen Verwertung verantwortlich sind (§ 5 Abs. 2 LAbfG) und ggf. zugleich am Anzeigeverfahren betreffend gewerbliche/gemeinnützige Abfallsammlungen beteiligt werden, § 18 Abs. 4 Satz 1 KrWG. 50Ein derartiges „Neutralitätsgebot“ des Staates folgt zumindest aus dem Rechtsstaatsprinzip, Art. 20 Abs. 3 GG, und zwar als Teil des Gebotes eines fairen Verfahrens, 51vgl. BVerwG, Urteil vom 18. März 2009 – 9 A 39/07 –, juris Rn. 24. 52Insoweit mag eine vollständige Trennung der Zuständigkeiten (untere Umweltschutzbehörde und öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger) wünschenswert sein, sie bildet aber keine notwendige Voraussetzung für die gebotene Distanz und Unabhängigkeit. Eine Behörde mit Doppelzuständigkeit hat als Teil der öffentlichen Verwaltung in beiden ihr übertragenen Funktionen dem Gemeinwohl zu dienen, ist an Recht und Gesetz gebunden und untersteht exekutiver Aufsicht. Angesichts dessen ist eine neutrale Aufgabenwahrnehmung durch sie jedenfalls dann in einer rechtsstaatlichen Anforderungen genügenden Weise gesichert, wenn behördenintern für eine organisatorische und personelle Trennung beider Aufgabenbereiche gesorgt ist, 53vgl. BVerwG, Urteil vom 18. März 2009 – 9 A 39/07 –, juris Rn. 24; OVG NRW, Beschluss vom 20. Januar 2014 – 20 B 669/13 –, n.v. UA Seite 3; VG Düsseldorf, Urteil vom 8. April 2014 – 17 K 8550/12 –, n.v. UA Seite 12 ff.; VG Düsseldorf, Beschluss vom 21. März 2013 – 17 L 260/13 –, juris Rn. 17. 54Dabei ist von einer solchen Trennung dann auszugehen, wenn behördenintern unterschiedliche Einheiten und Sachbearbeiter für die Erfüllung der Aufgaben als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger einerseits bzw. untere Umweltschutzbehörde andererseits zuständig sind und zumindest die unmittelbaren Vorgesetzten der Sachbearbeiter nicht personenidentisch sind. Das ist bei der Beklagten der Fall. Die Aufgaben der unteren Umweltschutzbehörde werden von dem Fachdienst Umwelt (Fachdezernat 1.31) wahrgenommen. Fachdienstleiter ist Herr Q. . Die Anzeigenbearbeitung, Anhörung und der Erlass von Verfügungen nach § 18 Abs. 5 Satz 1 und 2 KrWG wurde bzw. wird im Wesentlichen durch Frau K. und Herrn X1. vorgenommen. Die Einrichtung „Abfallentsorgung“ wird hingegen ausweislich von § 1 Abs. 1 und 2 der Betriebssatzung für die S2. Entsorgungsbetriebe vom 20. April 2005 in der zur Zeit des Bescheiderlasses geltenden Fassung von diesen als ein selbstständiger Eigenbetrieb ohne eigene Rechtspersönlichkeit als organisatorisch und wirtschaftlich eigenständige Einrichtung betrieben. Betriebsleiter ist Herr A. . Für die Stellungnahme gemäß § 18 Abs. 4 KrWG war bzw. ist Herr D. aus dem Bereich S3. 2 zuständig. 55III. Die Verfügung genügt jedoch nicht den materiell rechtlichen Anforderungen. 56Rechtsgrundlage sowohl der Befristung (Ziffer 1.) als auch des Erweiterungsverbots (Ziffer 2.) ist § 18 Abs. 5 Satz 1 KrWG. Danach kann die zuständige Behörde die angezeigte Sammlung von Bedingungen abhängig machen, sie zeitlich befristen oder Auflagen für sie vorsehen, soweit dies erforderlich ist, um die Erfüllung der Voraussetzungen nach § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG sicherzustellen. Letztere Norm ist als Ausnahmeregelung zu den grundsätzlich bestehenden Überlassungspflichten (§ 17 Abs. 1 KrWG) konzipiert. Die Überlassungspflicht gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 KrWG für Abfälle aus privaten Haushaltungen besteht nach § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG nicht für Abfälle, die durch eine gewerbliche Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden, soweit überwiegende öffentliche Interessen dieser Sammlung nicht entgegenstehen. 57Weder die Befristung der Sammlung noch das Erweiterungsverbot sind erforderlich, um Überlassungspflichten nach § 17 Abs. 1 Satz 1 KrWG durchzusetzen. Die von der Klägerin eingesammelten Alttextilien und -schuhe, welche Abfall im Sinne von § 3 KrWG aus privaten Haushaltungen sind (1.), unterliegen nämlich gemäß § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG nicht der Überlassungspflicht, weil sie durch die Klägerin einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden (2.) und überwiegende öffentliche Interessen der Sammlung nicht entgegenstehen (3.). 581. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist - in Übereinstimmung mit der obergerichtlichen Rechtsprechung -, 59vgl. OVG NRW, Beschluss vom 20. Januar 2014 – 20 B 331/13 –, juris Rn. 11 ff., 60von der Abfalleigenschaft der von der Klägerin gesammelten Alttextilien und -schuhe auszugehen, 61vgl. VG Düsseldorf, Beschluss vom 21. März 2013 – 17 L 260/13 –, juris Rn. 35. 62Nach der Legaldefinition des § 3 Abs. 1 Satz 1 KrWG sind Abfälle alle Stoffe oder Gegenstände, derer sich ihr Besitzer entledigt, entledigen will oder entledigen muss. Eine Entledigung in diesem Sinne ist gemäß § 3 Abs. 2 KrWG anzunehmen, wenn der Besitzer Stoffe oder Gegenstände einer Verwertung im Sinne der Anlage 2 oder einer Beseitigung im Sinne der Anlage 1 zum KrWG zuführt oder die tatsächliche Sachherrschaft über sie unter Wegfall jeder weiteren Zweckbestimmung aufgibt. 63Die Abfalleigenschaft der von der Klägerin gesammelten Alttextilien und -schuhe ergibt sich aufgrund einer Entledigung durch den Besitzer (§ 3 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 KrWG) in Gestalt der Aufgabe der tatsächlichen Sachherrschaft (durch Einwurf in einen Sammelcontainer) unter Wegfall jeder weiteren Zweckbestimmung (§ 3 Abs. 2 Alt. 3 KrWG). 64Sobald die Vorbesitzer der Kleidung diese in den Sammelcontainer werfen, geben sie ihre diesbezügliche Sachherrschaft auf – was auch von der Klägerin nicht in Frage gestellt wird. Soweit sie meint, ein Verbraucher, der seine Altkleidung in einen ihrer Altkleidercontainer einbringe, werfe das Kleidungsstück dort hinein, damit es weiter seinen Zweck als Kleidungsstück erfülle, weshalb die ursprüngliche Zweckbestimmung bestehen bleibe, überzeugt dies nicht. 65Der Rückschluss von der Höhe der Wiederverwendungsquote auf eine (konkludente) Zweckbestimmung des Besitzers im Sinne von § 3 Abs. 2 Alt. 3 KrWG verfängt nicht. Dies gilt schon deshalb, weil weder vorgetragen worden noch sonst ersichtlich ist, dass der einzelne Besitzer Kenntnis von der Wiederverwendungsquote hat und hinsichtlich der Weg-/Abgabe von nicht mehr für eigene Zwecke benötigten Alttextilien oder -schuhen auf der Grundlage dieser Kenntnis zwischen potenziell in Betracht kommenden (Annahme-)Stellen entscheidet. 66Unabhängig von der Wiederverwendungsquote und unabhängig davon, ob mit Übergabe von Alttextilien an einen „Second-Hand-Laden“ oder an eine Kleiderkammer eine Zweckbestimmung verbunden ist, lässt sich eine solche jedenfalls beim Einwurf von Alttextilien in einen öffentlich zugänglichen Sammelcontainer nicht feststellen. Es kann dahinstehen, ob tatsächlich ein Großteil der Abgebenden Alttextilien und -schuhe aus der Motivationslage heraus und mit der Hoffnung in einen Sammelcontainer werfen, Kleidung und Schuhe sollten wiederverwendet, also weitergetragen werden. Jedenfalls ist für eine darüber hinausgehende Zweckbestimmung im Sinne einer realistischen und verbindlichen Festlegung einer entsprechenden Funktion der einzelnen Sache nichts ersichtlich. 67Weiterhin steht der Annahme einer Zweckbestimmung entgegen, dass in aller Regel ein Interesse oder ein Wille des Abgebenden, die Einhaltung der (unterstellten) Zweckbestimmung zu verfolgen oder zu kontrollieren, nicht existieren dürfte und ihm unabhängig davon ohnehin entsprechende Möglichkeiten nicht zur Verfügung stehen dürften, weil er mit dem Einwurf der Alttextilien und -schuhe in den Sammelcontainer im Regelfall jede weitere Einflussmöglichkeit aufgibt. Angesichts dessen fehlt es bereits an einer tauglichen Grundlage für die Annahme, ein Alttextilien und -schuhe Abgebender wolle über das Bestehen einer bestimmten Motivationslage hinaus eine (verbindliche) Zweckbestimmung treffen. Im Übrigen machte die Annahme einer beim Einwurf von Alttextilien und -schuhen in einen Sammelcontainer abgegebenen Zweckbestimmung nur Sinn, wenn es einen Adressaten gäbe, der sich entsprechend der Bestimmung verhalten könnte. Dies ist jedoch nicht der Fall, weil die (unterstellte) Zweckbestimmung bei der Abgabe (Einwurf in den Sammelcontainer) nicht erfasst oder aufgenommen wird und es im Nachhinein nicht möglich ist, allein aus der Art und/oder dem Erhaltungszustand eines einzelnen (Textil-)Stücks auf eine (unterstellte) Zweckbestimmung des Abgebenden beim Einwurf in den Sammelcontainer zurückzuschließen. Da es unterschiedliche Gründe oder Motive gibt, aus denen heraus Alttextilien zur „Kleidersammlung“ gegeben werden, gibt es mit Sicherheit auch Fälle, in denen ein zur Wiederverwendung geeignetes Kleidungsstück ohne entsprechende Zweckbestimmung abgegeben wird, etwa weil der Abgebende das Stück - zur Verminderung eines überschüssigen Bekleidungsbestands - schlicht „loswerden“ werden will und es beispielsweise aus Umweltschutz- oder Platzgründen nicht in den Restabfallbehälter wirft. Schließlich führte der Rückschluss von der Art oder dem Erhaltungszustand eines Textilstücks auf die (unterstellte) Zweckbestimmung dazu, dass von der Klägerin jedenfalls auch Abfall gesammelt wird. Denn im Hinblick auf deutlich verschlissene, offensichtlich nicht wieder oder weiter tragbare Kleidung und Schuhe sowie auf andere Textilien außerhalb von Bekleidung könnte von vornherein nicht von einer auf die Wiederverwendung gerichteten Zweckbestimmung ausgegangen werden. 68Da die Abfalleigenschaft bereits aus der Entledigung gemäß § 3 Abs. 2 Alt. 3 KrWG folgt, kann dahinstehen, ob sie sich (auch) aus § 3 Abs. 3 KrWG aufgrund des Willens zur Entledigung ergibt. Insoweit war schon mangels Entscheidungserheblichkeit nicht dem Antrag der Klägerin auf Vorlage der Frage nach der Vereinbarkeit des Unmittelbarkeitskriteriums in § 3 Abs. 3 Nr. 2 KrWG mit Unionsrecht gemäß Art. 267 Abs. 2 und 3 AEUV nachzugehen. 69Es ist ferner nicht – jedenfalls im Rahmen des hier zu betrachtenden Sammel- bzw. Entleerungsvorgangs – von einem Ende der Abfalleigenschaft nach § 5 KrWG auszugehen, wonach die Abfalleigenschaft eines Gegenstandes endet, wenn dieser ein Verwertungsverfahren durchlaufen hat und danach eine bestimmte Beschaffenheit aufweist, denn zu diesem Zeitpunkt hat kein solches Verfahren (z.B. Vorbereitung zur Wiederverwendung oder Recycling, § 3 Abs. 24 und 25 KrWG) stattgefunden. 70Schließlich handelt es sich bei den Alttextilien auch um Abfälle aus privaten Haushaltungen, die von der Überlassungspflicht nach § 17 Abs. 1 Satz 1 KrWG erfasst werden. Unter Abfällen aus privaten Haushaltungen sind solche zu verstehen, die im Rahmen der privaten Lebensführung typischerweise und regelmäßig anfallen, 71vgl. Schomerus, in: Versteyl/Mann/Schomerus., KrWG, 3. Auflage 2012, § 17 Rn. 18. 72Dazu gehören ohne Weiteres Alttextilien. 732. Die Klägerin führt die Abfälle – was auch die Beklagte anerkennt – gemäß § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zu. 74Aufgrund der Darlegungen der Verwertungswege im Anzeige- und im folgenden Verwaltungsverfahren ist unproblematisch davon auszugehen, dass die Verwertung gemäß § 7 Abs. 3 Satz 2 und 3 KrWG im Einklang mit den Vorschriften dieses Gesetzes und anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften steht und nach der Beschaffenheit der Abfälle, dem Ausmaß der Verunreinigungen und der Art der Verwertung Beeinträchtigungen des Wohls der Allgemeinheit nicht zu erwarten sind, insbesondere keine Schadstoffanreicherung im Wertstoffkreislauf erfolgt. 75Die Klägerin hat in ihrer Anzeige vom 3. August 2012 ausgeführt, die in den Containern gesammelten Alttextilien würden durch einen Subunternehmer verladen und zunächst per LKW zu dem Sortierbetrieb der S. Textilhandels- und -recycling GmbH in B1. transportiert, wo die Textilien sortiert würden. Das Sammelgut setze sich erfahrungsgemäß zu 60 % aus tragfähiger wiederverwertbarer Kleidung, Haushaltstextilien und Schuhen zusammen. Weitere 30 % würden zur Weiterverwendung als Putzlappen und Reißrohstoff an industrielle Partner geliefert. Ca. 10 % gelangten zur thermischen Verwertung in die Zementindustrie. Die sortierten Produkte würden in 27 inländische S. Shops geliefert und in Länder Afrikas, in den nahen und mittleren Osten sowie nach Osteuropa zur Wiederverwendung exportiert. Dabei arbeite sie mit einem Unternehmen in U2. , Marokko zusammen, an dem die S. Beteiligungsverwaltung International GmbH zu 51 % beteiligt sei. 76Die S. Textilhandels- und -recycling GmbH – ein als Entsorgungsfachbetrieb zertifiziertes Unternehmen – hat zudem der Klägerin mit Schreiben vom 28. August 2012 zugesagt, alle Alttextilien und -schuhe unabhängig von der Menge und Qualität abzunehmen, zu sortieren, weiterzuverwenden und ggf. zu verwerten. 773. Der gewerblichen Sammlung der Klägerin stehen auch keine überwiegenden öffentlichen Interessen gemäß § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG entgegen, die die im Bescheid vom 28. Januar 2013 angeordnete Befristung der Sammlung (Ziffer 1.) und das Erweiterungsverbot (Ziffer 2.) rechtfertigen könnten. 78Gemäß § 17 Abs. 3 KrWG stehen überwiegende öffentliche Interessen nach Absatz 2 Satz 1 Nr. 4 einer gewerblichen Sammlung entgegen, wenn die Sammlung in ihrer konkreten Ausgestaltung, auch im Zusammenwirken mit anderen Sammlungen, die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, des von diesem beauftragten Dritten oder des auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 eingerichteten Rücknahmesystems gefährdet (Satz 1). Eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers oder des von diesem beauftragten Dritten ist anzunehmen, wenn die Erfüllung der nach § 20 bestehenden Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen verhindert (Satz 2 Alt. 1) oder die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung wesentlich beeinträchtigt wird (Satz 2 Alt. 2). Eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers ist nach § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG insbesondere anzunehmen, wenn durch die gewerbliche Sammlung Abfälle erfasst werden, für die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger oder der von diesem beauftragte Dritte eine haushaltsnahe oder sonstige hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung der Abfälle durchführt (Nr. 1), die Stabilität der Gebühren gefährdet wird (Nr. 2.) oder die diskriminierungsfreie und transparente Vergabe von Entsorgungsleistungen im Wettbewerb erheblich erschwert oder unterlaufen wird (Nr. 3). 79Hier sind der klägerischen Sammlung entgegenstehende überwiegende öffentliche Interessen in Form der Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers bzw. des beauftragten Dritten durch die Sammlung der Klägerin nicht anzunehmen. Weder wird die Erfüllung der nach § 20 bestehenden Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen durch die gewerbliche Sammlung verhindert (§ 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 1 KrWG) (a.) noch wird gemäß § 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 2 KrWG die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers wesentlich durch die Sammlung beeinträchtigt. Dem steht nicht entgegen, dass die U1. (durch die beauftragte Firma F. ) eine hochwertige getrenne Erfassung und Verwertung der Alttextilien durchführen (§ 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG) (b.). Zudem gefährdet die gewerbliche Sammlung der Klägerin nicht die Gebührenstabilität (§ 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 KrWG) (c.). Schließlich wird durch die gewerbliche Sammlung der Klägerin auch nicht die diskriminierungsfreie und transparente Vergabe von Entsorgungsleistungen im Wettbewerb erheblich erschwert oder unterlaufen (§ 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 3 KrWG) (d.). 80a. Die Sammlung verhindert nicht die Erfüllung der nach § 20 bestehenden Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen, § 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 1 KrWG. Dies gilt auch, wenn sie im Zusammenwirken mit anderen Sammlungen betrachtet wird, § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG. 81Mit Hilfe der Kollisionsklausel des § 17 Abs. 3 KrWG sollen die einer gewerblichen Sammlung im Einzelfall entgegenstehenden öffentlichen Interessen bestimmt und im Einklang mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs abgewogen werden, weshalb für die Auslegung von Absatz 3 primär die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes zu Art. 106 Abs. 2 AEUV heranzuziehen ist, 82vgl. BT-Drucks. 17/6052, S. 87 (rechte Spalte, zweiter Absatz). 83Art. 106 Abs. 2 AEUV erlaubt Maßnahmen, die erforderlich sind, um dem betrauten Unternehmen die Erfüllung seiner im allgemeinen Interesse liegenden Aufgabe zu wirtschaftlich annehmbaren Bedingungen zu ermöglichen, 84vgl. EuGH, Urteil vom 15. November 2011 – C-162/06 –, juris Rn. 34; EuGH, Urteil vom 17. Mai 2001 – C-340/99 –, juris Rn. 54. Insoweit geht das Verständnis der Vorschrift über deren reinen Wortlaut hinaus. 85Der Schutz der Wirtschaftlichkeit ist nur Mittel zum Zweck der Gewährleistung eines nachhaltigen Funktionierens der Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse, 86vgl. Klement, in: Schmehl, GK-KrWG, 2013, § 17 Rn. 140 mit Verweis auf EuGH, Urteil vom 15. November 2011 – C-162/06 –, juris Rn. 31, 87zu denen – wie bereits ausgeführt – auch die Abfallentsorgung aus privaten Haushalten gehört. 88An dieser Rechtsprechung hat sich der Gesetzgeber bei der Formulierung der „Wirtschaftlichkeitsklausel“ in § 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 1 KrWG orientiert, 89vgl. Klement, in: Schmehl, GK-KrWG, 2013, § 17 Rn. 140; BT-Drucks. 17/6052, S. 85 (rechte Spalte, dritter Absatz) und S. 87 (rechte Spalte, letzter Absatz). 90Indes konkretisieren auch die in den Gesetzesmaterialien zitierten beiden Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofes, 91Urteile vom 15. November 2007 – C-162/06 –, juris und vom 17. Mai 2001 – C-340/99 –, juris, 92ebenso wenig wie andere Entscheidungen des Gerichtes hinreichend, was im Einzelnen unter „wirtschaftlich ausgewogenen bzw. annehmbaren Bedingungen“ zu verstehen ist, 93so auch OVG NRW, Urteil vom 15. August 2013 – 20 A 2798/11 –, juris Rn. 158. 94Soweit in den beiden zitierten Entscheidungen sinngemäß darauf hingewiesen wird, zu den wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen gehöre auch die Möglichkeit eines Ausgleichs zwischen den rentablen und den weniger rentablen Tätigkeitsbereichen, kann offen bleiben, ob sich diese Überlegung nur auf ein am Wirtschaftsverkehr teilnehmendes Unternehmen bezieht, das gerade aus wirtschaftlichen Gründen gezwungen oder darauf angewiesen ist, diesen Ausgleich vornehmen zu können, und das deshalb im Bereich der rentablen Tätigkeitsbereiche vor Konkurrenz geschützt werden darf, 95vgl. EuGH, Urteil vom 19. Mai 1993 – C-320/91 –, juris, 96oder auch auf den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger als Teil der öffentlichen Hand. Auf letzteren träfe der Aspekt des Ausgleichs zwischen rentablen und unrentablen Tätigkeitsbereichen indes wohl „nur bedingt“, 97so OVG NRW, Urteil vom 15. August 2013 – 20 A 2798/11 –, juris Rn. 160, 98zu, weil dessen durch normative Pflichten ausgelöstes öffentlich-rechtliches Tätigwerden finanziell über die Möglichkeit der Gebührenerhebung abgesichert ist. 99Selbst wenn man den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger aber wie ein im Bereich der Abfallentsorgung tätiges Wirtschaftsunternehmen ansähe, könnte aus dem Gesichtspunkt des aus wirtschaftlichen Gründen erforderlichen Ausgleichs zwischen rentablen und unrentablen Tätigkeitsbereichen nichts Substantielles für das Verständnis des Merkmals der „wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen“ abgeleitet werden. Denn auch dann bliebe es dabei, dass der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger nicht in der Lage wäre, die hohen Kosten der Entsorgung von Abfällen gemäß § 17 Abs. 2 Satz 2 KrWG (unrentabler Tätigkeitsbereich) allein über die Einnahmen aus der Verwertung von getrennt gehaltenen und gesammelten werthaltigen Abfällen (rentabler Tätigkeitsbereich) zu refinanzieren, selbst wenn er in diesem rentablen Tätigkeitsbereich vollständigen Konkurrenzschutz genießen würde, 100vgl. OVG NRW, Urteil vom 15. August 2013 – 20 A 2798/11 –, juris Rn. 160. 101Etwas anderes behauptet selbst die Beklagte nicht, nach deren Vortrag die Erlöse aus der Verwertung aller werthaltigen Abfallfraktionen „nur“ ca. 8 bis 9 % der gesamten Entsorgungskosten ausmachen. 102Wirtschaftlich ausgewogene Bedingungen ließen sich dementsprechend nicht ohne die Erhebung von Entgelten im unrentablen Tätigkeitsbereich herstellen. Wenn jedoch ohnehin diesbezügliche Entgelte erhoben werden müssten, ist davon auszugehen, dass diese auch in (wenigstens) kostendeckender Höhe erhoben würden, d. h. es würde - zur Herstellung wirtschaftlich ausgewogener Bedingungen - keine Mischkalkulation in der Weise angestellt, dass erst unter Einbeziehung ungewisser Einnahmen aus dem rentablen Tätigkeitsbereich (wenigstens) eine Gesamtkostendeckung erreicht würde, 103vgl. OVG NRW, Urteil vom 15. August 2013 – 20 A 2798/11 –, juris Rn. 160. 104Daher kann sich die Beklagte hier nicht mit Erfolg darauf berufen, die U1. seien darauf angewiesen, durch die Vermarktung werthaltiger Abfälle eine Quersubventionierung unrentabler Bereiche der Abfallentsorgung vornehmen zu können, ihnen diese Möglichkeit aber genommen werde, wenn etwa die gesamten Erlöse aus der Vermarktung aller Alttextilien nicht mehr in ausreichender Weise in den Abfallgebührenhaushalt flössen. 105Ob unter dem Gesichtspunkt der wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen darüber hinaus nicht auf gebührenrechtliche Aspekte abgestellt werden kann, 106so OVG NRW, Urteil vom 15. August 2013 – 20 A 2798/11 –, juris Rn. 162, 107und es der Beklagten im Hinblick auf § 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 1 KrWG dementsprechend verwehrt wäre, sich darauf zu berufen, sie könne die ihr obliegende Verpflichtung nicht zu niedrigeren Gebühren erbringen, kann dahinstehen. Für die vorzitierte Auffassung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen mag die Systematik des § 17 Abs. 3 KrWG Anhaltspunkte liefern, der entnommen werden kann, jedenfalls die Gebührenstabilität betreffende gebührenrechtliche Aspekte sollten bei der ersten Alternative des § 17 Abs. 3 Satz 2 KrWG – Verhinderung der Erfüllung der Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen – primär keine Rolle spielen. Der Gesetzgeber habe, wie § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 KrWG zeige, gebührenrechtliche Aspekte durchaus gesehen, diese jedoch im Wege der Konkretisierung der zweiten Alternative des § 17 Abs. 3 Satz 2 KrWG - wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung - zugeordnet. 108Selbst wenn man entgegen diesem Ansatz unter das Tatbestandmerkmal der „wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen“ auch gebührenrechtliche Aspekte fasste – wofür der ansonsten praktisch leerlaufende Anwendungsbereich der Norm sprechen mag – führte dies hier nicht zu einem anderen Ergebnis. Dabei dürfte in Abgrenzung zu § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 KrWG, der die Stabilität der Gebühren zum Inhalt hat, der Anwendungsbereich des § 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 1 KrWG dann eröffnet sein, wenn diesbezüglich nicht die Stabilität der Gebühren als solche in Frage steht, sondern die Rechtmäßigkeit der Abfallgebühren selbst. Das bundesrechtliche Äquivalenzprinzip, wonach die Gebühr nicht in einem unangemessenen Verhältnis zu der erbrachten Leistung stehen darf, dürfte insoweit eine Grenze der wirtschaftlichen Entsorgungssicherheit darstellen, 109vgl. Karpenstein/Dingemann, KrWG, 2014, § 17 Rn. 164 m.w.N. 110Für einen Verstoß gegen das Äquivalenzprinzip bestehen hier indes keine Anhaltspunkte. 111b. Auch die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers bzw. beauftragten Dritten wird nicht durch die Sammlung der Klägerin im Sinne von § 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 2, Satz 3 Nr. 1 KrWG wesentlich beeinträchtigt. 112Die Beklagte beruft sich zutreffender Weise darauf, sie führe – durch die U1. bzw. die beauftragte Firma F. – im Stadtgebiet eine eigene hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung von Abfällen durch. Damit sind Entsorgungssysteme gemeint, die nach ihrer räumlichen Ausgestaltung, ihrer Beschaffenheit und ihrem konkreten Betrieb die werthaltigen Abfälle aus den privaten Haushalten erfassen können, 113vgl. BT-Drucks. 17/7505, S. 44. 114Die U1. bzw. die S3. verfügten zum Zeitpunkt des Bescheiderlasses zumindest über 18 im Stadtgebiet verteilte Sammelbehälter für Alttextilien. Zu berücksichtigen ist darüber hinaus die danach vorgenommene Ausweitung der Sammlungstätigkeit der Beklagten. Denn bei der streitgegenständlichen Anordnung handelt es sich um einen Dauerverwaltungsakt; die angefochtene Verfügung verbietet der Klägerin ab dem 1. Juli 2015 die gewerbliche Sammlung generell für die Zukunft, erschöpft sich damit nicht im Verlangen eines einmaligen Tuns oder Unterlassens, so dass hier – weil das materielle Recht die Maßgeblichkeit eines anderen Zeitpunkts nicht bestimmt – die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung zu berücksichtigen ist, 115vgl. OVG NRW, Urteil vom 15. August 2013 – 20 A 2798/11 –, juris Rn. 32; VG Düsseldorf, Beschluss vom 18. Juni 2013 – 17 L 645/13 –, n.v. UA Seite 6 mit Verweis auf BayVGH, Beschluss vom 24. Juli 2012 – 20 CS 12.841 –, juris Rn. 25; OVG Lüneburg, Urteil vom 21. März 2013 – 7 LB 56/11 ‑, juris Rn. 23. 116Jedenfalls unter Berücksichtigung des aktuellen Sammelumfangs der U1. ist ohne Weiteres von einem eigenen hochwertigen Entsorgungssystem für Alttextilien des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers bzw. des beauftragten Dritten im Sinne von § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG auszugehen. Seit März 2013 wurde der Bestand auf über 80 Sammelbehälter an 72 verschiedenen Standorten erweitert. Mit der gezielten Platzierung von 105 eigenen Containern an 89 Standorten wurde im November 2013 die Einrichtung eines flächendeckenden Netzes zur Erfassung von Alttextilien und -schuhen im Stadtgebiet der Beklagten abgeschlossen. Zuletzt (Stand Februar 2014) unterhielten die U1. Container für Alttextilien an 99 Standorten. 117Allein die Existenz eines vom öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger oder einem beauftragten Dritten durchgeführten haushaltsnahen bzw. sonstigen hochwertigen Entsorgungssystems begründet indes die Gefährdung der Funktionsfähigkeit im Sinne von § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG, von der gemäß § 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 2 KrWG bei einer wesentlichen Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung auszugehen ist, nicht. Zwar ist dem Wortlaut des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG nach eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers insbesondere anzunehmen, wenn durch die gewerbliche Sammlung Abfälle erfasst werden, für die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger oder der von diesem beauftragte Dritte eine haushaltsnahe oder sonstige hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung der Abfälle durchführt. Ein rein formales Verständnis der Vorschrift führte im Ergebnis aber zu einem vom Unions- und Verfassungsrecht nicht gerechtfertigten absoluten Konkurrentenschutz, sofern ein öffentlich-rechtlich organisiertes Entsorgungssystem überhaupt besteht und zwar unabhängig von der Frage, ob tatsächlich eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung vorliegt, 118vgl. OVG NRW, Beschluss vom 17. März 2014 – 20 B 577/13 –, n.v. UA Seite 3; OVG NRW, Beschluss vom 12. März 2014 – 20 B 703/13 –, n.v. UA Seite 3; OVG NRW, Beschluss vom 19. Juli 2013 – 20 B 122/13 –, juris Rn. 16; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 9. September 2013 – 10 S 1116/13 –, juris Rn. 38, VG Würzburg, Urteil vom 12. November 2013 ‑ W 4 K 13.326 –, juris Rn. 24 ff. 119Die Folge wäre gleichsam eine Monopolstellung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, die mangels Aufgabenbezug die Anforderungen des Art. 106 Abs. 2 AEUV verfehlen und gegen das darin enthaltene Gebot der Erforderlichkeit verstoßen würde. Denn Art. 106 Abs. 2 AEUV erlaubt nur den Schutz der Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse, nicht aber den Schutz der Aufgabenerfüllung gerade durch den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger, 120vgl. Klement, in: Schmehl, GK-KrWG, 2013, § 17 Rn. 147. 121Dieselbe Überlegung gilt hinsichtlich der nationalen Grundrechte, Art. 12 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 GG, soweit durch dieses Verständnis des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger stärker geschützt würde, als zur Gewährleistung einer ordnungsgemäßen Abfallentsorgung erforderlich, 122vgl. Klement, in: Schmehl, GK-KrWG, 2013, § 17 Rn. 38. 123Ob dieser Problematik dadurch Rechnung zu tragen ist, dass man den Wortlaut von § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG dahin versteht, der Gesetzgeber habe klarstellen wollen, auf der Tatbestandsseite seien wegen der Formulierung „insbesondere anzunehmen“ Regelbeispiele normiert, was nicht ausschließe, dass die dort zum Ausdruck kommende gesetzgeberische Vorstellung im Einzelfall möglicherweise unzutreffend sei, 124vgl. so VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 9. September 2013 – 10 S 1116/13 –, juris Rn. 39, 125bedarf hier keiner Entscheidung. Denn selbst wenn man der Ansicht folgte, im Falle einer haushaltsnahen oder sonstigen hochwertigen getrennten Erfassung und Verwertung des Abfalls durch den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger neben einer gewerblichen Sammlung sei nach dem formalen Wortlaut der Vorschrift stets eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers anzunehmen, 126vgl. Siederer/Wenzel/Schütze, Unzulässigkeit gewerblicher Sammlungen bei bestehenden Erfassungssystemen des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, AbfallR 2014, S. 79 (81 f.); Dageförde/Thärichen, Die Untersagung gewerblicher Sammlungen von Alttextilien, AbfallR 2013, S. 125 (134 ff.), 127wäre der Wortlaut der Norm zumindest unions- bzw. verfassungskonform dergestalt zu reduzieren, die gewerbliche Sammlung sei trotz bestehenden hochwertigen Entsorgungssystems des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers oder des beauftragten Dritten bei fehlender wesentlicher Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung zulässig, 128vgl. OVG NRW, Beschluss vom 19. Juli 2013 – 20 B 122/13 –, juris Rn. 38; VG Würzburg, Beschluss vom 28. Januar 2013 – W 4 S 12.1130 –, juris Rn. 41; VG Ansbach, Urteil vom 23. Januar 2013 ‑ AN 11 K 12.01588 –, juris Rn. 85. 129Auch vor diesem Hintergrund war dem Antrag der Klägerin auf Vorlage gemäß Art. 267 Abs. 2 und 3 AEUV hinsichtlich der Frage nach der Vereinbarkeit von § 17 Abs. 3 KrWG mit Unionsrecht nicht nachzugehen. 130Ein rein formales Verständnis der Vorschrift wäre im Übrigen auch mit der Gesetzessystematik des § 17 Abs. 3 KrWG nicht vereinbar. § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG dient der Konkretisierung des § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG. Es liegt auf der Hand, dass die dort inmitten stehende Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, des beauftragten Dritten oder der Rücknahmesysteme nicht bereits aufgrund des bloßen Nebeneinanders von gewerblicher und kommunaler Sammlung ohne inhaltliche Würdigung der konkurrierenden Entsorgungssysteme als „gefährdet“ angesehen werden kann. 131Die Annahme der „Gefährdung“ der Funktionsfähigkeit durch eine „wesentliche Beeinträchtigung“ der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers gebietet vielmehr eine zweistufige Prüfung. 132In einem ersten Schritt ist unter Auswertung konkreten Zahlenmaterials zu prüfen, ob lediglich geringfügige Mengen durch sämtliche gewerbliche Sammler dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger im Entsorgungsgebiet entzogen werden. Ist dies der Fall, kann nahezu stets eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung ausgeschlossen werden. Einen Mengenentzug von bis zu 10 %, der aufgrund der allein in Rede stehenden Alttextiliensammlung naturgemäß an der Gesamtsammelmenge dieser Abfallfraktion im Entsorgungsgebiet gemessen werden muss, erachtet die Kammer als geringfügig, 133vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 4. März 2014 – 10 S 1127/13 –, juris Rn. 42; VG München, Urteil vom 24. Oktober 2013 – M 17 K 13.2189 –, juris Rn. 66; VG Würzburg, Beschluss vom 28. Januar 2013 – W 4 S 12.1130 –, juris Rn. 39 ff., die jeweils auf eine Menge zwischen 10 und 15 % abstellen. 134Wird die Menge von 10 % überschritten, ist von dieser Zahl losgelöst auf einer zweiten Stufe zu erwägen, ob eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung im Sinne von § 17 Abs. 3 Satz 2, Satz 3 Nr. 1 KrWG unter Berücksichtigung der konkreten Umstände im Einzelfall gegeben ist. Dabei ist leitend, dass im Mittelpunkt der Regelung des § 17 Abs. 3 KrWG die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, des beauftragten Dritten oder der Rücknahmesysteme steht, die immer gewahrt bleiben muss, 135vgl. BReg. in BT-Drucks. 17/6052, S. 87, 136und zwar in technischer, organisatorischer, personeller und wirtschaftlicher Hinsicht. Das schließt aber Beeinträchtigungen durch private Konkurrenten nicht aus. Denn § 17 Abs. 3 KrWG will die öffentliche Hand nicht vor (privater) Konkurrenz schützen, 137vgl. VG Würzburg, Urteil vom 22. Oktober 2013 – W 4 K 12.1071 –, juris Rn. 31. 138Ein anderes Verständnis wäre wie bereits ausgeführt schwerlich mit Art. 106 Abs. 2 Satz 1 AEUV vereinbar, denn diese Vorschrift stellt die Mitgliedsstaaten vom europäischen Wettbewerbsrecht nur insoweit frei, als die Wettbewerbsnachteile des betrauten Unternehmens Korrelat seines Gemeinwohlauftrags sind, 139vgl. VG Würzburg, Urteil vom 22. Oktober 2013 – W 4 K 12.1071 –, juris Rn. 31 mit Verweis auf Klement in: Schmehl, GK-KrWG, 2013, § 17 Rn. 143. 140Dies zugrunde gelegt, ist maßgebend, ob der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger bzw. der beauftragte Dritte wegen der gewerblichen Sammlungen gehalten ist, seine Entsorgungsstruktur wesentlich zu ändern oder anzupassen, 141vgl. BReg. in BT-Drucks. 17/6052, S. 88, 142wobei es hier keiner Entscheidung bedarf, ob man dabei auf die Struktur des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers als Ganzes oder nur auf die Struktur innerhalb der jeweiligen Abfallfraktion – hier: Alttextilien – abstellt. 143Im zu entscheidenden Fall gibt es nach diesen Grundsätzen keinen durchgreifenden Anhaltspunkt dafür, durch die gewerbliche Sammlung der Klägerin werde im Zusammenwirken mit anderen Sammlungen (§ 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG) die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers gefährdet. 144Hinsichtlich der Frage, ob bereits wegen Geringfügigkeit der Sammelmenge eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers zu verneinen ist, fehlen substantielle Angaben der Beklagten darüber, welche Mengen Alttextilien durch gewerbliche Sammler der Sammlung der U1. /der Firma F. insgesamt „entzogen“ werden. Sie führte aus, es fehlten eindeutige Berechnungsgrundlagen, da Sammlungen zwar angezeigt würden und der Umfang benannt werde, es aber vorkomme, dass die Sammlung dann anschließend nicht oder nur teilweise durchgeführt werde. Andere Sammlungen fänden ohne Anzeige und damit „formal illegal“ in meist unbekanntem Umfang statt. Die lediglich auf einer Schätzung der Beklagten beruhende Angabe der Sammelmenge von Alttextilien aller gewerblichen Sammler in Höhe von ca. 500 t pro Jahr und damit ca. 45 % der anhand der pro Einwohner im Jahr (geschätzt) anfallenden Gesamtmenge von 10 kg Alttextilien ohne Restmülleinwürfe (1113 t abzüglich ca. 210 t gesammelte Alttextilien durch gemeinnützige Sammler und ca. 400 t nach Hochrechnung geschätzten durch die U1. gesammelte Alttextilien) überzeugt nicht ohne Weiteres. Es bleibt aufgrund der in dieser Rechnung mehrfach vorhandenen Schätzungen bzw. Hochrechnungen ungewiss, ob die Sammelmenge von ca. 500 t tatsächlich dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger bzw. dem beauftragen Dritten durch die gewerblichen Sammler entzogen wird. 145Selbst aber die Angaben der Beklagten mit der Folge einer Überschreitung der Geringfügigkeitsschwelle unterstellt, führte dies bei der auf der zweiten Stufe durchzuführenden Einzelfallbetrachtung nicht zu einer Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers. Es ist von der Beklagten weder dargelegt noch sonst ersichtlich, die Sammlung der Klägerin zöge – auch unter Berücksichtigung der sonstigen gewerblichen Sammler – Konsequenzen in technischer, organisatorischer, personeller und wirtschaftlicher Hinsicht nach sich, die zu einer wesentlichen Änderung oder Anpassung der Strukturen im Bereich der Entsorgung von Alttextilien führten bzw. geführt hätten. Zwar ist möglich, dass die von den U1. erfasste Sammelmenge aufgrund der beabsichtigten Erhöhung der Anzahl der Container durch die Klägerin abnimmt (was noch nicht einmal zwingend ist, da es auch möglich erscheint, dass vor allem andere gewerbliche bzw. gemeinnützige Sammler Einbußen bei der Sammelmenge verspüren oder die Restmülleinwürfe weiter zurückgehen). Allein die Abschöpfung eines bestimmten Anteils des nach Angaben der Beklagten vorhandenen Potenzials an Wertstoffen muss aber nicht korrelierend mit einer wesentlichen Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung sein. Das Gesetz nimmt in § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG gerade nicht auf den Entzug bestimmter Abfallmengen Bezug, sondern verwendet die Begriffe der „Planungssicherheit“ und „Organisationsverantwortung“. Hinreichend konkrete Angaben der Beklagten darüber, wie sich der Verlust der Sammelmenge auf die Planungssicherheit bzw. die Organisationsverantwortung auswirken, fehlen indes. Es ist zurzeit konkret nichts dafür ersichtlich, dass die U1. ihre Sammlung von Alttextilien neben den gewerblichen und gemeinnützigen Sammlungen – selbst bei Vornahme der geplanten Erweiterung der Sammlung durch die Klägerin – nicht wie bisher weiterführen wird können. Dies gilt auch deshalb, weil die U1. über „gesicherte“ Stellplätze für ihre Container verfügen und jederzeit auf neue Standplätze - auch im öffentlichen Straßenraum - zurückgreifen könnten. Überdies ist es ihnen in den vergangenen Jahren trotz gewerblicher Konkurrenten gelungen, eine getrennte Alttextilerfassung auf- und sogar auszubauen. Sind schon keine relevanten Auswirkungen auf die Entsorgungsstruktur im Bereich der Abfallfraktion Alttextilien ersichtlich, stehen demgemäß erst Recht keine durch die gewerblichen Sammler verursachten erforderlichen Änderungen oder Anpassungen der Struktur des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers als Ganzes im Raum. 146Den Nachweis oder jedenfalls die Darlegung der Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers bzw. des beauftragten Dritten hat schließlich die Beklagte zu erbringen. Denn bei Eingriffsmaßnahmen trägt grundsätzlich die Behörde die materielle Beweislast für das Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen der entsprechenden Ermächtigungsnorm, aus der sie eine für sie günstige Rechtsfolge ableitet, 147vgl. BVerwG, Beschluss vom 1. November 1993 – 7 B 190/93 –, juris Rn. 3; BVerwG, Urteil vom 25. März 1964 – VI C 150.62 –, juris Rn. 17. 148Hinzu kommt, dass die Beteiligten gemäß § 86 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 VwGO zur Mitwirkung bei der Sachverhaltsaufklärung verpflichtet sind. Diese Mitwirkungspflicht erfasst insbesondere den Vortrag von Umständen, die der „Sphäre“ eines Beteiligten – hier der Beklagten – zuzurechnen sind, 149vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 19. Aufl. 2013, § 86 Rn. 11 m.w.N.. 150c. Die Beklagte kann weiterhin nicht geltend machen, die gewerbliche Sammlung der Klägerin gefährde die Gebührenstabilität, § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 KrWG. 151Dieses Kriterium bedarf der Auslegung, da sich der Begriff der Gebührenstabilität aus sich heraus nicht ohne Weiteres erschließt. Gebühren sind per se nicht stabil im Sinne von im Wesentlichen in der Höhe gleichbleibend, sondern sind regelmäßig jährlich auf der Grundlage der in Ansatz zu bringenden und sich gegebenenfalls verändernden Kosten der Abfallentsorgung neu zu kalkulieren, 152vgl. hierzu ausführlich OVG NRW, Urteil vom 15. August 2013 – 20 A 2798/11 –, juris Rn. 178. 153Anzuerkennen ist, wenn die Beklagte schlagwortartig zusammengefasst die Privatisierung der Gewinne bei Sozialisierung der Verluste zu vermeiden versucht, 154vgl. zu diesem Ansatz Karpenstein/Dingemann, KrWG, 2014, § 17 Rn. 180; Klement, in: Schmehl, GK-KrWG, 2013, § 17 Rn. 149. 155Jedoch ist dazu nicht der Ausschluss gewerblicher Sammler zum Zwecke der Erhebung der niedrigsten Gebühren geeignet. Denn dieser Ansatz führte dazu, dass Ausnahmen von der Überlassungspflicht, die gerade für den Bereich der getrennt erfassten Abfälle aus privaten Haushaltungen normiert wurden, praktisch nicht mehr zum Tragen kämen, weil gewerblichen Sammlungen stets überwiegende öffentliche Interessen entgegenstünden. Da es sich bei den getrennt erfassten Abfällen aus privaten Haushaltungen zugleich regelmäßig um „werthaltige“ Abfälle handelt, deren Verwertung Erlöse (Überschüsse) bringt, haben selbst kleine Mengen dieser Abfälle, die dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger durch eine gewerbliche Sammlung „entzogen“ werden, negativen Einfluss auf die Gebührenhöhe in dem Sinne, dass nicht die niedrigsten Gebühren erhoben werden können. Denn dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger stehen die Erlöse aus der Verwertung dieser Abfälle nicht zur Verfügung und können somit auch nicht zur Quersubventionierung der defizitären Bereiche der Abfallentsorgung eingesetzt werden, was im Ergebnis höhere Gebühren verursacht, 156vgl. OVG NRW, Urteil vom 15. August 2013 – 20 A 2798/11 –, juris Rn. 192. 157Daraus folgt, dass nicht jede noch so geringfügige Gebührensteigerung zu einer Gefährdung der Gebührenstabilität führen kann. Die öffentlich-rechtliche Abfallentsorgung stellt als Einrichtung der Daseinsvorsorge kein gewinnorientiertes Unternehmen dar; die Kosten sind durch kostendeckend zu kalkulierende Benutzungsgebühren von den Gebührenschuldnern zu tragen. Eine geringe Gebührenbelastung ist daher zunächst ein privates Interesse des Gebührenschuldners, hinzutreten mag eine kommunalpolitische Motivation Gebührenerhöhungen zu vermeiden, 158vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 11. Februar 2008 – 10 S 2422/07 –, juris Rn. 28 noch zu § 13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 KrW-/AbfG; a.A. Klement, in: Schmehl, GK-KrWG, 2013, § 17 Rn. 149. 159Diese grundsätzlichen Erwägungen schließen allerdings eine Auswirkung des Gebührenaspektes im Einzelfall auf die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers nicht aus. Diese setzt voraus, dass es durch die Tätigkeit eines gewerblichen Sammlers – ggf. in der Zusammenschau mit anderen gewerblichen Sammlern – prognostisch zu einer nicht nur geringfügigen Gebührenerhöhung kommt, die gerade kausal auf die Entziehung der Abfallfraktion durch den bzw. die Sammler zurückzuführen sein muss, 160vgl. Karpenstein/Dingemann, KrWG, 2014, § 17 Rn. 183; Klement, in: Schmehl, GK-KrWG, 2013, § 17 Rn. 152. 161Wann eine nicht nur geringfügige Gebührenerhöhung vorliegt braucht hier keiner Entscheidung zugeführt zu werden. Denn die Beklagte hat schon nicht vorgetragen, mit der Tätigkeit der gewerblichen Sammler gingen Einbußen der Sammelmenge einher, die zur Erhöhung der Abfallgebühren geführt haben bzw. aufgrund einer prognostischen Betrachtung alsbald zu einer Erhöhung führen würden. Vielmehr hat sie ausgeführt, die Abfallgebühren hätten in den letzten elf Jahren trotz steigender Lohn-, Investitions- und Energiekosten durch ein ständiges Bemühen um Effizienzsteigerungen und optimale Vermarktung vorhandener Stoffströme stabil gehalten werden können. 162Das Argument der Beklagten, sie könne bei weniger Erlösen aus der Alttextilienverwertung entsprechend weniger eine Quersubventionierung unrentabler Bereiche der Hausmüllentsorgung vornehmen, greift nicht. Abgesehen davon, dass dieses Vorbringen schon nicht auf Gebührenstabilität abzielt, sondern auf möglichst niedrige Gebühren - eben durch Quersubventionierung aufgrund Erlösen aus der Alttextilienverwertung -, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, es stünde eine relevante Gebührensenkung im Raum, wenn denn die Beklagte – gäbe es keine gewerblichen Sammler mehr im Stadtgebiet – eine höhere Sammelmenge und dementsprechend höhere Vergütungen aus der Alttextilienverwertung erhielte. Durch die (von der Beklagten geschätzte) Sammelmenge der gewerblichen Sammler in Höhe von ca. 500 t jährlich im Stadtgebiet entgehen ihr (zusätzliche) Erlöse aus der Verwertung in Höhe von ca. 200.000,00 Euro - bei Zugrundelegung von 400,00 Euro erzielbarem Erlös pro Tonne -, 163vgl. zu dem erzielbaren Durchschnittserlös OVG NRW, Beschluss vom 20. Januar 2014 ‑ 20 B 331/13 ‑, juris Rn. 44. 164In das Verhältnis zu den übrigen Kosten der Abfallentsorgung gesetzt (für das Jahr 2014: 10.594.700,00 Euro) macht dies nur ca. 2 % aus und fällt damit ersichtlich nicht wesentlich ins Gewicht. Überdies müssten bei dieser Betrachtung dann auch noch der Beklagten entstehende Sammlungs- und Beförderungskosten ggf. in Form von Fremdleistungsentgelten in Abzug gebracht werden, die Gebührenauswirkungen sogar nur unter 2 % wahrscheinlich machen. Darauf kam es aber nicht mehr an. 165d. Überwiegende der Sammlung entgegenstehende öffentliche Interessen ergeben sich auch nicht aus § 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 2, Satz 3 Nr. 3 KrWG. Danach ist eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers anzunehmen, wenn durch die gewerbliche Sammlung die diskriminierungsfreie und transparente Vergabe von Entsorgungsleistungen im Wettbewerb erheblich erschwert oder unterlaufen wird. 166Was die Schutzrichtung des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 3 KrWG anbelangt, ist zunächst darauf hinzuweisen, dass es nicht in erster Linie um den Schutz des Wettbewerbs oder von Wettbewerbern gehen kann, auch wenn der Wortlaut der Vorschrift dies vordergründig nahe legen mag. Aufgrund der Systematik des § 17 Abs. 3 KrWG erweist sich (auch) dessen Satz 3 Nr. 3 als Konkretisierung des Satzes 2 Alt. 2, der wiederum das Merkmal der Gefährdung der Funktionsfähigkeit in Satz 1 konkretisiert. Von daher beurteilt sich auch die Schutzrichtung des Satzes 3 Nr. 3 danach, welchen Einfluss oder welchen Zusammenhang die dort genannten Aspekte auf die oder mit der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers in Gestalt der die Funktionsfähigkeit prägenden Merkmale Planungssicherheit und Organisationsverantwortung haben. Dementsprechend geht es bei der Norm darum, ob die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers deshalb in Frage steht, weil sich eine hinreichend konkret angedachte Erfüllung der öffentlich-rechtlichen Entsorgungspflicht im Wege der Drittbeauftragung wegen vergaberechtlicher Schwierigkeiten nicht ohne Weiteres realisieren lässt (aa.) oder aber eine nach Durchführung eines Vergabeverfahrens erfolgte Drittbeauftragung deshalb in ihrem vertraglichen Bestand gefährdet ist, weil sie von einem anderen „unterlaufen" wird (bb.), 167vgl. OVG NRW, Urteil vom 15. August 2013 – 20 A 2798/11 –, juris Rn. 194. 168An einem konkret bevorstehenden bzw. durchgeführten Vergabeverfahren, in Ansehung dessen beurteilt werden könnte, was „erheblich erschwert“ oder „unterlaufen“ werden soll, fehlt es hier. 169aa. Die Beklagte hat lediglich pauschal – unter Bezugnahme auf die Stellungnahme der S3. bzw. U1. – ausgeführt, durch die Durchführung zusätzlicher gewerblicher Altkleidersammlungen, die parallel zum öffentlich-rechtlichen/karitativen Erfassungssystem betrieben würden, lasse sich eine auszuschreibende Leistung bezüglich der Wertstoffmenge und der Entleerungsintervalle nur unpräzise beschreiben. Dieses Manko führe zu juristisch anfechtbaren Schwierigkeiten bei der Angebotslegung im Zuge eines Ausschreibungsverfahrens oder zu Schwierigkeiten im Rahmen der Vertragsgestaltung. Dabei handelt es sich nur um eine abstrakte Vermutung / Befürchtung der U1. . Die U1. planen zwar nach eigenen Angaben im Anschluss an die Ausbau- und Konsolidierungsphase eine Ausschreibung der Sammlung und Verwertung der Altkleider durchzuführen. Derzeit führt aber nach der Übernahme des Vertragsverhältnisses der B. die Firma F. im Auftrag der U1. nach wie vor die Leerung der Container und die Vermarktung der gesammelten Alttextilien durch. Die für zukünftige Sachverhalte geäußerte Befürchtung der Beklagten reicht für die Annahme der erheblichen Erschwerung der diskriminierungsfreien und transparenten Vergabe von Entsorgungsleistungen im Wettbewerb im Sinne von § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 3 KrWG nicht aus. Die rein prophylaktische Verdrängung gewerblicher Sammler vom Markt ist von der Vorschrift nicht gedeckt, 170vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 9. September 2013 – 10 S 1116/13 –, juris Rn. 50. 171bb. Weiterhin ist nicht ersichtlich, der Bestand der Drittbeauftragung stehe aufgrund eines „Unterlaufens“ der Vergabe in Frage oder werde gefährdet. Dies schon deshalb, weil – ungeachtet der Tatsache, dass die Firma F. nicht in einem Vergabeverfahren durch die Beklagte selbst ausgewählt wurde – die Firma F. seinerzeit in Kenntnis der (zu diesem Zeitpunkt schon durchgeführten) Sammlung der Klägerin das Auftragsverhältnis mit der B. und später mit der Beklagten eingegangen ist. 172e. Schließlich bestehen keine Anhaltspunkte dafür, ein überwiegendes öffentliches Interesse könnte wegen einer wesentlichen Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung über die in § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG genannten Regelbeispiele hinaus vorliegen, 173vgl. hierzu OVG NRW, Urteil vom 15. August 2013 – 20 A 2798/11 –, juris Rn. 198 ff. 174Der maßgebliche, über die Begriffe Planungssicherheit und Organisationsverantwortung erfasste, Gesichtspunkt ist nach den vorstehenden Ausführungen der - insbesondere auch in § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG zum Ausdruck kommende - Schutz der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsstruktur. Diesbezügliche relevante Beeinträchtigungen, welche die Annahme überwiegender öffentlicher Interessen rechtfertigten, sind hier nicht ersichtlich. 175Hinsichtlich der öffentlich-rechtlichen Abfallentsorgung gilt, dass diese reibungslos funktionieren muss. Insbesondere dürfen durch die gewerblichen Sammlungen keine Strukturen (wesentlich) beeinträchtigt werden. Dass die Strukturen der Beklagten für Alttextilien bezogen auf den Sammlungsvorgang als solchen und die Verwertung dergestalt beeinträchtigt werden, ist nicht ersichtlich und wurde auch nicht (hinreichend konkret) geltend gemacht. Die Beklagte selbst bzw. die U1. mussten aufgrund der Sammlungstätigkeit der Klägerin keine Anpassung ihrer Sammlungstätigkeit vornehmen. Vielmehr haben die Beklagte bzw. die U1. ihr Sammlungsvolumen in den Jahren 2012 bis 2014 kontinuierlich erweitert, was – zumindest bezogen auf den aktuellen Sammelumfang – für ein mögliches lukratives Nebeneinander der verschiedenen Sammlungen spricht. 176Auch unter dem Gesichtspunkt, dass Vorsorge für den Fall einer unvermittelten Einstellung der klägerischen Sammlung getroffen werden musste und muss, kann keine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung angenommen werden. Insbesondere lässt sich nicht feststellen, dass es einen wesentlichen Aufwand in planungsmäßiger, personeller oder sächlicher Hinsicht erfordert hat und erfordert, um die öffentlich-rechtliche Entsorgung von Alttextilien für den Fall sicherzustellen, dass die Klägerin ihre Sammlung unvermittelt einstellt. Dies gilt vor allem vor dem Hintergrund, dass mit 105 eigenen Containern der Beklagten und 52 Behältern gemeinnütziger Sammler im Stadtgebiet die Anzahl der Container sogar überschritten wird, die nach eigener Auskunft der Beklagten zur Schaffung eines flächendeckenden Netzes zur Entsorgung von Alttextilien erforderlich ist (900 Einwohner pro Behälter). Im Übrigen ist einer Reserve- bzw. Auffangfunktion des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers nichts Durchgreifendes entgegen zu halten. Dem öffentlichen Entsorgungsträger kann eine gewisse Flexibilität bei Aufbau und Unterhaltung der Abfallentsorgungsstrukturen zugemutet werden, 177vgl. auch OVG Lüneburg, Beschluss vom 24. Januar 2008 – 7 ME 192/07 –, juris Rn. 13 zu § 13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 KrW-/AbfG. 178Hinzu kommt, dass – jedenfalls soweit die Marktpreise für Alttextilien stabil bleiben oder steigen – davon auszugehen ist, weitere Unternehmen stünden zur Verfügung, die gegebenenfalls auch kurzfristig das (flächendeckende) Sammeln, Befördern und die Verwertung der Alttextilien im Auftrag der Beklagten übernehmen können und - natürlich gegen entsprechende Bezahlung - auch würden. Dass die Erreichung dieses Zustands mit einem Aufwand verbunden war (und ist), der die Annahme einer wesentlichen Änderung der Entsorgungsstruktur rechtfertigt, ist ebenfalls nicht ersichtlich. 179f. Da es bereits an den Voraussetzungen nach § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 und 2 (sowie Nr. 3) KrWG fehlt, kommt es darauf, ob die Sammlung und Verwertung der Klägerin nach § 17 Abs. 3 Satz 4 KrWG wesentlich leistungsfähiger ist, als die von dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger oder dem von ihm beauftragten Dritten, nicht mehr an. 180Ebenfalls nicht entscheidungserheblich sind die Ausführungen der Klägerin zur Rechtswidrigkeit der Verfügung wegen des Ablaufs des Dreimonatszeitraums gemäß § 18 Abs. 1 KrWG, 181vgl. zur Ablehnung des Dreimonatszeitraums als Ausschlussfrist VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 4. März 2014 – 10 S 1127/13 –, juris Rn. 17. 182IV. Die Rechtswidrigkeit der auf §§ 55 Abs. 1, 57 Abs. 1 Nr. 2, 60 und 63 Verwaltungsvollstreckungsgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen beruhenden Zwangsgeldandrohung folgt aus der materiell rechtswidrigen Grundverfügung (vgl. insoweit die Ausführungen unter A. III.), die mit diesem Urteil aufgehoben wird. 183Gleiches gilt für die nach §§ 14 Abs. 1, 1 Abs. 1 Nr. 1 Gebührengesetz für das Land Nordrhein-Westfalen festgesetzte Verwaltungsgebühr. Für eine rechtswidrige Amtshandlung können keine Kosten gefordert werden, 184vgl. Susenberger/Weißauer, Gebührengesetz für das Land Nordrhein-Westfalen, Loseblattwerk (Stand: Dezember 2006), § 1 Rn. 13, m. w. N. 185B. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den § 167 Abs. 1 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 709 Satz 2, 711 Zivilprozessordnung. 186Die Berufung war nicht nach § 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO zuzulassen, da keiner der Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 und 4 VwGO vorliegt.
der bescheid der beklagten vom 28. januar 2013 wird aufgehoben. die kosten des verfahrens trägt die beklagte. das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. die beklagte darf die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe von 110 % des aufgrund des urteils zu vollstreckenden betrages abwenden, wenn nicht die klägerin vor der vollstreckung sicherheit in höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden betrages leistet. 1
2die klägerin ist teil der s. unternehmensgruppe, die u.a. aus der klägerin, der s. textilhandels- und -recycling gmbh und der s. beteiligungsverwaltung international gmbh besteht. unternehmensgegenstand der klägerin ist die erfassung und der handel von unsortierten gebrauchttextilien und schuhen. im gesamten bundesgebiet betreibt die klägerin ca. 7000 altkleidercontainer und sammelt jährlich ca. 35.000 tonnen alttextilien – unter anderem im stadtgebiet der beklagten, einer kreisfreien stadt mit 111.300 einwohnern (stand 31. dezember 2013). 3die technischen betriebe s1. (u1. ) (bis zum 31. dezember 2013: s2. entsorgungsbetriebe (s3. )) nehmen laut § 1 abs. 1 ihrer betriebssatzung vom 20. april 2005 in der durch satzung vom 16. dezember 2013 geänderten fassung als eine organisatorisch und wirtschaftlich eigenständige einrichtung wie ein eigenbetrieb ohne eigene rechtspersönlichkeit die aufgaben des öffentlich-rechtlichen entsorgungsträgers für die beklagte wahr. sie führen im stadtgebiet seit november 2012 eine eigene erfassung und verwertung von alttextilien durch. zunächst sammelten die s3. alttextilien mit 18 über das stadtgebiet verteilten containern. mit der leerung der behälter und der vermarktung der wertstoffe wurde die firma f. textilverwertung gmbh (f. ) beauftragt, die bereits für die abfallwirtschaftsgesellschaft mbh x. (b. ) tätig war, von der die s3. die container übernommen hatten. seit märz 2013 wurde der bestand auf über 80 sammelbehälter an 72 verschiedenen standorten erweitert. mit der gezielten platzierung von insgesamt 105 eigenen containern an 89 standorten wurde im november 2013 die einrichtung eines flächendeckenden netzes zur erfassung von textilien und schuhen im stadtgebiet der beklagten abgeschlossen. zuletzt (stand februar 2014) unterhielten die u1. container an 99 standorten. die u1. tolerieren die systeme karitativer einrichtungen, die im stadtgebiet insgesamt über ca. 51 behälter verfügen und mit diesen nach den angaben der u1. in den jahren 2012 und 2013 jeweils ca. 210 t altkleider und -schuhe gesammelt haben. für das jahr 2014 rechnen die u1. gemäß neuester hochrechnungen mit ca. 400 t altkleider und -schuhe, die neben den sammelmengen der gemeinnützigen und gewerblichen sammler über ihr eigenes system erfasst werden. ziel der u1. ist es, im anschluss an die ausbau- und konsolidierungsphase des sammelsystems eine ausschreibung der sammlung und verwertung der alttextilien durchzuführen. 4am 3. august 2012 zeigte die klägerin die von ihr im stadtgebiet der beklagten durchgeführte gewerbliche sammlung von textilien und schuhen aus privaten haushalten nach § 18 abs. 1 kreislaufwirtschaftsgesetz (krwg) an. die anzeige wurde von einer sachbearbeiterin der unteren umweltschutzbehörde – frau k. – bearbeitet. die untere umweltschutzbehörde ist als „fachdienst umwelt“ (fachdezernat 1.31) organisiert, dessen fachdienstleiter herr q. ist. 5in der anzeige gab die klägerin unter anderem an, im stadtgebiet der beklagten 17 container aufgestellt zu haben (6 in s1. -innen, 5 in s1. -m. und 6 in s1. -süd) und damit 61 t alttextilien pro jahr zu sammeln. die container würden wöchentlich geleert. es sei beabsichtigt, weitere 50 container für die dauer von 10 jahren aufzustellen und damit ca. 175 t alttextilien jährlich zu erfassen. 6am 17. september 2012 forderte die beklagte die s3. zur stellungnahme bezüglich der anzeige der klägerin auf. 7unter dem 8. november 2012 nahm der sachbearbeiter herr d. für die s3. insoweit stellung. auf einer seite führte er aus: der sammlung stünden überwiegende öffentliche interessen im sinne des § 17 abs. 2 satz 1 nr. 4 und abs. 3 krwg entgegen, weshalb diese gemäß § 18 abs. 5 satz 2 krwg zu untersagen sei. die als bestehend angezeigte gewerbliche sammlung beeinträchtige die planungssicherheit und organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen entsorgungsträgers, der selbst über ein bestehendes, hochwertiges erfassungs- und verwertungssystem für alttextilien in s1. verfüge. das system der s3. verbessere durch intensivsten service die sauberkeit des stadtbildes und trage mit seinen erlösen zur stabilisierung der abfallgebühren bei. im übrigen bestehe für bekleidung und textilien gemäß der städtischen abfallsatzung ein anschluss- und benutzungszwang an die städtische abfallentsorgung. 8unter dem 15. januar 2013 ergänzten und präzisierten die s3. die begründung zur untersagung aller gemäß § 18 krwg angezeigten gewerblichen sammlungen: bislang hätten die abfallgebühren trotz steigender interner und externer anforderungen durch effizienzsteigerungen, integration von nebengeschäften und gründungen von solidargemeinschaften weitgehend stabil gehalten werden können. damit die abfallgebühren auch weiterhin bezahlbar blieben, seien die s3. auf alle zusätzlichen einnahmequellen angewiesen. gewerbliche sammlungen der privatwirtschaft schmälerten die erlöse aus der vermarktung von wertstoffen, die im jahr 2013 insgesamt grob geschätzt bei über 1 million euro lägen. diese erlöse machten ca. 8 bis 9 % der für das kommende jahr veranschlagten abfallwirtschaftlichen gesamtausgaben aus. im laufe des jahres 2013 werde im rahmen einer öffentlichen nationalen ausschreibung mit hohen ökologischen und sozialen standards die verwertung der altkleider und altschuhe neu ausgeschrieben. ob auch die leerung der eigenen altkleidercontainer als dienstleistung in die leistungsbeschreibung mit einbezogen werde, stehe zum jetzigen zeitpunkt noch nicht fest. ein flächendeckendes netz zur entsorgung von altkleidern und altschuhen im stadtgebiet s1. sei mit der gezielten platzierung von ca. 60 sammelcontainern der s3. , zusammen mit ca. 52 behältern karitativer einrichtungen herzustellen. würden weitere container aufgestellt, sinke die erfassungsmenge pro container und damit auch die effizienz der sammlung. erfahrungswerte anderer kommunen gäben eine obergrenze von ca. 900 einwohnern pro altkleider-/altschuhsammelbehälter vor, bei deren unterschreitung die wirtschaftlichkeit der sammellogistik abfalle. durch die genehmigung gewerblicher altkleidersammlungen, die parallel zum öffentlich-rechtlichen/karitativen erfassungssystem betrieben würden, lasse sich eine auszuschreibende leistung bezüglich der wertstoffmenge und der entleerungsintervalle nur unpräzise beschreiben. dieses manko führe zu juristisch anfechtbaren schwierigkeiten bei der angebotslegung im zuge eines ausschreibungsverfahrens oder zu schwierigkeiten im rahmen der vertragsgestaltung. 9mit bescheid vom 28. januar 2013 befristete die beklagte die angezeigte sammlung der klägerin von bekleidung und alttextilien auf dem gebiet der stadt s1. bis zum 30. juni 2015 (ziffer 1). ihr wurde aufgegeben, den angezeigten bestand von 18 sammelbehältern hinsichtlich der anzahl und des fassungsvermögens nicht zu erweitern; hiervon wurde ausgenommen die verlagerung von behältern mit gleichem fassungsvermögen zu anderen standorten im s2. stadtgebiet, wenn die gesamtzahl des bestandes dadurch nicht überschritten werde (ziffer 2.). 10die beklagte drohte für den fall, dass die sammlung entgegen ziffer 1. nach dem 30. juni 2015 fortgesetzt werde, ein zwangsgeld in höhe von 2.500,00 euro an. für den fall, dass die klägerin entgegen der regelung in ziffer 2. über den genannten bestand hinaus weitere oder größere behälter aufstellte, wurde ihr ein zwangsgeld in höhe von 1.500,00 euro je unzulässigem behälter und monat der aufstellung angedroht. 11die beklagte setzte außerdem eine gebühr für die anzeige und die entscheidung in höhe von 290,00 euro fest. 12die beklagte stützte sowohl die befristung (ziffer 1.) als auch das erweiterungsverbot (ziffer 2.) auf § 18 abs. 5 satz 1 krwg. ohne tätigwerden stünden der sammlung öffentliche interessen im sinne von § 17 abs. 2 satz 1 nr. 4 krwg entgegen. bei den gesammelten textilien handele es sich um abfälle im sinne des § 3 krwg. ausweislich der mit der anzeige vorgelegten unterlagen bestünden zwar keine anhaltspunkte dafür, dass die gesammelten abfälle nicht einer ordnungsgemäßen und schadlosen verwertung zugeführt würden. durch die sammlung werde aber die funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen entsorgungsträgers nach § 17 abs. 3 satz 2 krwg gefährdet. 13dem öffentlich-rechtlichen entsorgungsträger müsse es möglich sein, seine leistungen zu möglichst niedrigen, sozialverträglichen gebühren zu erbringen. um diese vorgabe zu erfüllen, sei er darauf angewiesen, durch die vermarktung werthaltiger abfälle eine quersubventionierung unrentabler bereiche der abfallentsorgung vornehmen zu können. diese möglichkeit werde ihm genommen, wenn etwa die erlöse aus der vermarktung von abfällen zur verwertung nicht mehr in ausreichender weise in den gebührenhaushalt einflössen. vor dem hintergrund steigender kosten bei der entsorgung von abfällen, die nur beseitigt und nicht verwertet werden können, stelle u.a. auch der erlösanteil aus der alttextilsammlung einen nicht zu vernachlässigenden beitrag zur konsolidierung der gebühren dar. ein wegfall oder verzicht auf diese einnahme verhindere – im zusammenwirken der von der klägerin angezeigten sammlung mit anderen gewerblichen altkleidersammlungen oder auch sammlungen anderer werthaltiger abfälle – die erfüllung der öffentlich-rechtlichen entsorgungspflicht zu wirtschaftlich ausgewogenen bedingungen. davon sei bereits dann auszugehen, wenn lediglich der aktuelle sammlungsumfang beibehalten würde; insbesondere würde die beeinträchtigung der entsorgung zu wirtschaftlich ausgewogenen bedingungen aber angesichts des umfangs der laut anzeige vom 3. august 2012 konkret geplanten erweiterung der bestehenden sammlung von bisher 18 auf 68 container bei gleichzeitiger steigerung der jahressammelmenge von derzeit 61 auf 175 t altkleider pro jahr offensichtlich. 14da die s3. eine hochwertige getrennte erfassung und verwertung von altkleidern und -schuhen durchführe, beeinträchtige die sammlung der klägerin auch in unzulässiger weise die planungssicherheit und organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen entsorgungsträgers. 15mit einer mengenerfassung von etwa 150 bis 200 t alttextilien im jahr und für 2013 erwarteten erlösen in höhe von 50.000,00 euro aus der vermarktung von altkleidern und -schuhen leiste die verwertung dieses materials neben anderen abfällen zur verwertung einen nicht unerheblichen beitrag zur stabilität der abfallgebühren. die erlöse aus der verwertung von rentablen abfällen in ihrer gesamtheit machten nach angaben der s3. 8 bis 9 % der für das kommende jahr veranschlagten abfallwirtschaftlichen gesamtausgaben aus. jede mengenmäßig relevante gewerbliche sammlung trage dazu bei, die stabilität der abfallgebühren zu gefährden. bereits die jetzigen vorhandenen behälter der sammlung (61 t pro jahr) stellten eine solche relevante größenordnung dar. vor allem gelte dies, wenn die gemäß der anzeige konkret beabsichtigte erweiterung um 50 sammelcontainer und eine angenommene sammelmenge von 175 t pro jahr zum tragen kämen. 16die sammlung der klägerin sei schließlich auch nicht wesentlich leistungsfähiger gemäß § 17 abs. 3 satz 4 krwg. 17unter berücksichtigung der tatsache, dass es sich bei der sammlung der klägerin um eine bestandssammlung handele, die dem besonderen schutz gemäß § 18 abs. 7 krwg unterliege, sei die sammlung unter verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten zeitlich zu befristen und der sammlungsumfang zu begrenzen. 18die klägerin hat am 27. februar 2013 klage erhoben. sie trägt im wesentlichen zur begründung vor: die beklagte sei – da sie gleichzeitig öffentlich-rechtlicher entsorgungsträger sei – nicht die zuständige behörde im sinne des § 18 abs. 5 krwg. 19die von ihr gesammelten alttextilien besäßen keine abfalleigenschaft. ein verbraucher, der seine altkleidung in einen altkleidercontainer einbringe, gebe die ursprüngliche zweckbestimmung des kleidungsstückes nicht auf. er werfe das kleidungsstück in den altkleidercontainer, damit es weiter seinen zweck als kleidungsstück erfülle. im sinne von § 3 abs. 3 krwg werde deshalb die ursprüngliche zweckbestimmung nicht aufgegeben. die abfalleigenschaft zu verneinen, weil es nach § 3 abs. 3 nr. 2 krwg an der unmittelbarkeit des neuen verwendungszweckes fehle, sei unzutreffend. zum einen erfolge der neue verwendungszweck „kleiderspende“ unmittelbar durch den einwurf in den container. zum anderen entspreche das kriterium der unmittelbarkeit nicht der europäischen abfallrahmenrichtlinie, weshalb der abfallbegriff europarechtlichen vorgaben widerspreche. insoweit werde die vorlage an den europäischen gerichtshof beantragt. jedenfalls ende die abfalleigenschaft auch nach § 5 krwg, weil das kleidungsstück für übliche zwecke – nämlich kleidungszwecke – verwendet werde, indem es auf den second hand markt gebracht werde. dies sei bei 95 % der gesammelten alttextilien der fall. 20die beklagte als öffentlich-rechtlicher entsorgungsträger führe auch keine verwertung der altkleider gemäß § 17 abs. 3 satz 3 nr. 1 krwg durch. es reiche nicht aus, dass sie die kleidungsstücke einsammle. zur verwertung sei sie auch gar nicht in der lage. der verkauf der ware sei keine verwertung. jedenfalls sei die sammlung der klägerin wesentlich leistungsfähiger im sinne von § 17 abs. 3 satz 4 krwg, weil die beklagte keine sortierung und verwertung anbiete, sondern sich zumindest für die verwertung dritter bedienen müsse. 21eine gefährdung der gebührenstabilität gemäß § 17 abs. 3 satz 3 nr. 2 krwg läge nicht vor. es sei nicht nachgewiesen, dass gebühren bei der aufrechterhaltung der sammlung steigen würden. eine quersubventionierung sei nicht zulässig. zudem lasse die beklagte jegliche für die altkleidersammlung erforderlichen kosten unberücksichtigt. 22der begriff der gefährdung in § 17 abs. 3 krwg weiche ohnehin in rechtswidriger weise vom unionsrecht ab, weil er hinter dem begriff des „verhinderns“ in art. 106 abs. 2 vertrag über die arbeitsweise der europäischen union (aeuv) zurück bleibe. auch diesbezüglich werde die vorlage an den europäischen gerichtshof beantragt. 23ungeachtet dessen sei die befristung nicht ermessensfehlerfrei erfolgt. die dauer der befristung sei nicht nachzuvollziehen. 24schließlich sei eine untersagung nach ablauf der dreimonatigen frist des § 18 abs. 1 krwg nicht zulässig. eine nach ablauf der frist vorgenommene verfügung könne aus vertrauensschutzgesichtspunkten nicht auf grund von tatsachen erfolgen, die innerhalb dieses dreimonatszeitraums bekannt gewesen seien. 25die klägerin beantragt, 26den bescheid der beklagten vom 28. januar 2013 aufzuheben. 27die beklagte beantragt, 28die klage abzuweisen. 29sie führt im wesentlichen aus: sie sei für den erlass des bescheides zuständig. indem sie die aufgaben der unteren umweltschutzbehörde – dem fachdienst 1.31 umwelt – zugewiesen habe, während die aufgaben des öffentlich-rechtlichen entsorgungsträgers von den u1. wahrgenommen würden, habe sie für die größtmögliche organisatorische und personelle trennung beider aufgabenbereiche gesorgt und damit dem neutralitätsgebot umfassend rechnung getragen. 30hinsichtlich der tatbestandlichen voraussetzungen des § 18 abs. 5 satz 1 in verbindung mit § 17 abs. 2 satz 1 nr. 4 und abs. 3 krwg verweist sie auf die begründung der angefochtenen verfügung und macht ergänzende ausführungen. 31wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den inhalt der gerichtsakte und den der beigezogenen verwaltungsvorgänge der beklagten bezug genommen. 32
33a. die zulässige klage hat erfolg. 34die angefochtene verfügung der beklagten vom 28. januar 2013 ist rechtswidrig und verletzt die klägerin in ihren rechten, § 113 abs. 1 satz 1 verwaltungsgerichtsordnung (vwgo). 35i. die beklagte hat die befristung (ziffer 1.) und das erweiterungsverbot (ziffer 2.) bezüglich der von der klägerin angezeigten sammlung gebrauchter textilien und schuhen auf dem gebiet der beklagten in der verfügung vom 28. januar 2013 auf § 18 abs. 5 satz 1 krwg gestützt, um die einhaltung der in § 17 abs. 2 satz 1 nr. 4 krwg genannten voraussetzungen zu gewährleisten. 361. bei einem unionsrechtskonformem verständnis der §§ 18 abs. 5, 17 abs. 2 satz 1 nr. 4 und abs. 3 krwg bestehen keine zweifel an der vereinbarkeit dieser gesetzlichen bestimmungen mit dem unionsrecht. zwar stellen gesetzliche überlassungspflichten im abfallrecht beschränkungen der warenverkehrsfreiheit (art. 28 f. aeuv) und der wettbewerbsfreiheit (art. 101 ff. aeuv) dar, 37vgl. auch die gesetzesbegründung zu § 17 krwg bt-drucks. 17/6052, s. 85, 38diese sind jedoch unionsrechtlich gerechtfertigt. die rechtfertigung von überlassungspflichten insbesondere in bezug auf getrennt gesammelte abfälle zur verwertung aus privaten haushaltungen ergibt sich aus art. 106 abs. 2 satz 1 aeuv. hiernach gelten die vorschriften der verträge nicht für unternehmen, die mit dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem interesse betraut sind, soweit die anwendung dieser vorschriften die erfüllung der ihnen übertragenen besonderen aufgaben rechtlich oder tatsächlich verhindert. die abfallentsorgung aus privaten haushalten ist als dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem interesse im sinne des art. 106 abs. 2 aeuv zu bewerten, 39vgl. auch bverwg, urteil vom 18. juni 2009 – 7 c 16/08 –, juris rn. 40 mit verweis auf eugh, urteil vom 10. november 1998 – c-360/96 –, juris. 40dies zugrunde gelegt, ist unter berücksichtigung der unionsrechtlichen vorgaben und der dazu ergangenen rechtsprechung jeweils bezogen auf den einzelfall zu prüfen, inwieweit die überlassungspflicht gerechtfertigt ist. dafür gibt die ausnahmeregelung in § 17 abs. 2 nr. 4, abs. 3 krwg bei unionsrechtskonformen verständnis genügend raum, 41vgl. zur vereinbarkeit mit unionsrecht im einzelnen vgh baden-württemberg, beschluss vom 9. september 2013 – 10 s 1116/13 –, juris rn. 11 ff. m.w.n.; vg ansbach, urteil vom 23. januar 2013 – an 11 k 12.01588 –, juris rn. 75. 42aus diesem grund war dem antrag der klägerin auf vorlage gemäß art. 267 abs. 2 und 3 aeuv hinsichtlich der frage nach der vereinbarkeit von § 17 abs. 3 krwg mit unionsrecht nicht nachzugehen. 432. gegen § 17 abs. 1 satz 1 und abs. 2 satz 1 nr. 4 krwg bestehen auch keine verfassungsrechtlichen bedenken. zu der im wesentlichen gleichlautenden vorgängerregelung (§ 13 abs. 1 satz 1 und abs. 3 satz 1 nr. 3 kreislaufwirtschafts- und abfallgesetz (krw-/abfg)) wurde höchstrichterlich geklärt, dass die norm mit ihrem partiellen ausschluss privater entsorgungsunternehmen aus der verwertung von hausmüllbestandteilen eine verfassungsrechtlich zulässige berufsausübungsregelung im sinne des art. 12 abs. 1 grundgesetz (gg) darstellt, 44vgl. bverwg, urteil vom 18. juni 2009 – 7 c 16/08 –, juris rn. 36. 45auch für das geltende recht trifft diese rechtsprechung zu, 46vgl. ovg nrw, urteil vom 15. august 2013 – 20 a 2798/11 –, juris rn. 109 f.; vgh baden-württemberg, beschluss vom 9. september 2013 – 10 s 1116/13 –, juris rn. 10 m.w.n., 47zumal sich gewerbliche entsorgungsunternehmen um aufträge nach § 22 krwg bemühen können. die funktionsfähigkeit der öffentlich-rechtlichen abfallentsorgung (§ 20 krwg) rechtfertigt grundsätzlich die gesetzliche statuierung von überlassungspflichten, von denen nur ausnahmsweise und unter wahrung öffentlicher interessen zu gunsten gewerblicher sammlungen abgesehen wird. 48ii. die verfügung ist formell rechtmäßig. insbesondere von der zuständigkeit der beklagten – einer kreisfreien stadt – als unterer umweltschutzbehörde, § 38 landesabfallgesetz nrw (labfg) i.v.m. § 1 absätze 1, 2 satz 1 nr. 3 und absatz 3 zuständigkeitsverordnung umweltschutz, ist auszugehen. 49zwar kann vor dem hintergrund verfassungsrechtlich gebotener distanz und unabhängigkeit des staates die darin geregelte zuständigkeit der kreise und kreisfreien städte problematisch sein, da diese als öffentlich-rechtliche entsorgungsträger nach § 5 abs. 1 labfg selbst abfall sammeln (nur kreisfreie städte, bei kreisen ist die sammlung und beförderung hingegen grundsätzlich den kreisangehörigen gemeinden übertragen, § 5 abs. 6 satz 1 labfg) oder zumindest für dessen verwertung verantwortlich sind (§ 5 abs. 2 labfg) und ggf. zugleich am anzeigeverfahren betreffend gewerbliche/gemeinnützige abfallsammlungen beteiligt werden, § 18 abs. 4 satz 1 krwg. 50ein derartiges „neutralitätsgebot“ des staates folgt zumindest aus dem rechtsstaatsprinzip, art. 20 abs. 3 gg, und zwar als teil des gebotes eines fairen verfahrens, 51vgl. bverwg, urteil vom 18. märz 2009 – 9 a 39/07 –, juris rn. 24. 52insoweit mag eine vollständige trennung der zuständigkeiten (untere umweltschutzbehörde und öffentlich-rechtlicher entsorgungsträger) wünschenswert sein, sie bildet aber keine notwendige voraussetzung für die gebotene distanz und unabhängigkeit. eine behörde mit doppelzuständigkeit hat als teil der öffentlichen verwaltung in beiden ihr übertragenen funktionen dem gemeinwohl zu dienen, ist an recht und gesetz gebunden und untersteht exekutiver aufsicht. angesichts dessen ist eine neutrale aufgabenwahrnehmung durch sie jedenfalls dann in einer rechtsstaatlichen anforderungen genügenden weise gesichert, wenn behördenintern für eine organisatorische und personelle trennung beider aufgabenbereiche gesorgt ist, 53vgl. bverwg, urteil vom 18. märz 2009 – 9 a 39/07 –, juris rn. 24; ovg nrw, beschluss vom 20. januar 2014 – 20 b 669/13 –, n.v. ua seite 3; vg düsseldorf, urteil vom 8. april 2014 – 17 k 8550/12 –, n.v. ua seite 12 ff.; vg düsseldorf, beschluss vom 21. märz 2013 – 17 l 260/13 –, juris rn. 17. 54dabei ist von einer solchen trennung dann auszugehen, wenn behördenintern unterschiedliche einheiten und sachbearbeiter für die erfüllung der aufgaben als öffentlich-rechtlicher entsorgungsträger einerseits bzw. untere umweltschutzbehörde andererseits zuständig sind und zumindest die unmittelbaren vorgesetzten der sachbearbeiter nicht personenidentisch sind. das ist bei der beklagten der fall. die aufgaben der unteren umweltschutzbehörde werden von dem fachdienst umwelt (fachdezernat 1.31) wahrgenommen. fachdienstleiter ist herr q. . die anzeigenbearbeitung, anhörung und der erlass von verfügungen nach § 18 abs. 5 satz 1 und 2 krwg wurde bzw. wird im wesentlichen durch frau k. und herrn x1. vorgenommen. die einrichtung „abfallentsorgung“ wird hingegen ausweislich von § 1 abs. 1 und 2 der betriebssatzung für die s2. entsorgungsbetriebe vom 20. april 2005 in der zur zeit des bescheiderlasses geltenden fassung von diesen als ein selbstständiger eigenbetrieb ohne eigene rechtspersönlichkeit als organisatorisch und wirtschaftlich eigenständige einrichtung betrieben. betriebsleiter ist herr a. . für die stellungnahme gemäß § 18 abs. 4 krwg war bzw. ist herr d. aus dem bereich s3. 2 zuständig. 55iii. die verfügung genügt jedoch nicht den materiell rechtlichen anforderungen. 56rechtsgrundlage sowohl der befristung (ziffer 1.) als auch des erweiterungsverbots (ziffer 2.) ist § 18 abs. 5 satz 1 krwg. danach kann die zuständige behörde die angezeigte sammlung von bedingungen abhängig machen, sie zeitlich befristen oder auflagen für sie vorsehen, soweit dies erforderlich ist, um die erfüllung der voraussetzungen nach § 17 abs. 2 satz 1 nr. 4 krwg sicherzustellen. letztere norm ist als ausnahmeregelung zu den grundsätzlich bestehenden überlassungspflichten (§ 17 abs. 1 krwg) konzipiert. die überlassungspflicht gemäß § 17 abs. 1 satz 1 krwg für abfälle aus privaten haushaltungen besteht nach § 17 abs. 2 satz 1 nr. 4 krwg nicht für abfälle, die durch eine gewerbliche sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen verwertung zugeführt werden, soweit überwiegende öffentliche interessen dieser sammlung nicht entgegenstehen. 57weder die befristung der sammlung noch das erweiterungsverbot sind erforderlich, um überlassungspflichten nach § 17 abs. 1 satz 1 krwg durchzusetzen. die von der klägerin eingesammelten alttextilien und -schuhe, welche abfall im sinne von § 3 krwg aus privaten haushaltungen sind (1.), unterliegen nämlich gemäß § 17 abs. 2 satz 1 nr. 4 krwg nicht der überlassungspflicht, weil sie durch die klägerin einer ordnungsgemäßen und schadlosen verwertung zugeführt werden (2.) und überwiegende öffentliche interessen der sammlung nicht entgegenstehen (3.). 581. entgegen der auffassung der klägerin ist - in übereinstimmung mit der obergerichtlichen rechtsprechung -, 59vgl. ovg nrw, beschluss vom 20. januar 2014 – 20 b 331/13 –, juris rn. 11 ff., 60von der abfalleigenschaft der von der klägerin gesammelten alttextilien und -schuhe auszugehen, 61vgl. vg düsseldorf, beschluss vom 21. märz 2013 – 17 l 260/13 –, juris rn. 35. 62nach der legaldefinition des § 3 abs. 1 satz 1 krwg sind abfälle alle stoffe oder gegenstände, derer sich ihr besitzer entledigt, entledigen will oder entledigen muss. eine entledigung in diesem sinne ist gemäß § 3 abs. 2 krwg anzunehmen, wenn der besitzer stoffe oder gegenstände einer verwertung im sinne der anlage 2 oder einer beseitigung im sinne der anlage 1 zum krwg zuführt oder die tatsächliche sachherrschaft über sie unter wegfall jeder weiteren zweckbestimmung aufgibt. 63die abfalleigenschaft der von der klägerin gesammelten alttextilien und -schuhe ergibt sich aufgrund einer entledigung durch den besitzer (§ 3 abs. 1 satz 1 alt. 1 krwg) in gestalt der aufgabe der tatsächlichen sachherrschaft (durch einwurf in einen sammelcontainer) unter wegfall jeder weiteren zweckbestimmung (§ 3 abs. 2 alt. 3 krwg). 64sobald die vorbesitzer der kleidung diese in den sammelcontainer werfen, geben sie ihre diesbezügliche sachherrschaft auf – was auch von der klägerin nicht in frage gestellt wird. soweit sie meint, ein verbraucher, der seine altkleidung in einen ihrer altkleidercontainer einbringe, werfe das kleidungsstück dort hinein, damit es weiter seinen zweck als kleidungsstück erfülle, weshalb die ursprüngliche zweckbestimmung bestehen bleibe, überzeugt dies nicht. 65der rückschluss von der höhe der wiederverwendungsquote auf eine (konkludente) zweckbestimmung des besitzers im sinne von § 3 abs. 2 alt. 3 krwg verfängt nicht. dies gilt schon deshalb, weil weder vorgetragen worden noch sonst ersichtlich ist, dass der einzelne besitzer kenntnis von der wiederverwendungsquote hat und hinsichtlich der weg-/abgabe von nicht mehr für eigene zwecke benötigten alttextilien oder -schuhen auf der grundlage dieser kenntnis zwischen potenziell in betracht kommenden (annahme-)stellen entscheidet. 66unabhängig von der wiederverwendungsquote und unabhängig davon, ob mit übergabe von alttextilien an einen „second-hand-laden“ oder an eine kleiderkammer eine zweckbestimmung verbunden ist, lässt sich eine solche jedenfalls beim einwurf von alttextilien in einen öffentlich zugänglichen sammelcontainer nicht feststellen. es kann dahinstehen, ob tatsächlich ein großteil der abgebenden alttextilien und -schuhe aus der motivationslage heraus und mit der hoffnung in einen sammelcontainer werfen, kleidung und schuhe sollten wiederverwendet, also weitergetragen werden. jedenfalls ist für eine darüber hinausgehende zweckbestimmung im sinne einer realistischen und verbindlichen festlegung einer entsprechenden funktion der einzelnen sache nichts ersichtlich. 67weiterhin steht der annahme einer zweckbestimmung entgegen, dass in aller regel ein interesse oder ein wille des abgebenden, die einhaltung der (unterstellten) zweckbestimmung zu verfolgen oder zu kontrollieren, nicht existieren dürfte und ihm unabhängig davon ohnehin entsprechende möglichkeiten nicht zur verfügung stehen dürften, weil er mit dem einwurf der alttextilien und -schuhe in den sammelcontainer im regelfall jede weitere einflussmöglichkeit aufgibt. angesichts dessen fehlt es bereits an einer tauglichen grundlage für die annahme, ein alttextilien und -schuhe abgebender wolle über das bestehen einer bestimmten motivationslage hinaus eine (verbindliche) zweckbestimmung treffen. im übrigen machte die annahme einer beim einwurf von alttextilien und -schuhen in einen sammelcontainer abgegebenen zweckbestimmung nur sinn, wenn es einen adressaten gäbe, der sich entsprechend der bestimmung verhalten könnte. dies ist jedoch nicht der fall, weil die (unterstellte) zweckbestimmung bei der abgabe (einwurf in den sammelcontainer) nicht erfasst oder aufgenommen wird und es im nachhinein nicht möglich ist, allein aus der art und/oder dem erhaltungszustand eines einzelnen (textil-)stücks auf eine (unterstellte) zweckbestimmung des abgebenden beim einwurf in den sammelcontainer zurückzuschließen. da es unterschiedliche gründe oder motive gibt, aus denen heraus alttextilien zur „kleidersammlung“ gegeben werden, gibt es mit sicherheit auch fälle, in denen ein zur wiederverwendung geeignetes kleidungsstück ohne entsprechende zweckbestimmung abgegeben wird, etwa weil der abgebende das stück - zur verminderung eines überschüssigen bekleidungsbestands - schlicht „loswerden“ werden will und es beispielsweise aus umweltschutz- oder platzgründen nicht in den restabfallbehälter wirft. schließlich führte der rückschluss von der art oder dem erhaltungszustand eines textilstücks auf die (unterstellte) zweckbestimmung dazu, dass von der klägerin jedenfalls auch abfall gesammelt wird. denn im hinblick auf deutlich verschlissene, offensichtlich nicht wieder oder weiter tragbare kleidung und schuhe sowie auf andere textilien außerhalb von bekleidung könnte von vornherein nicht von einer auf die wiederverwendung gerichteten zweckbestimmung ausgegangen werden. 68da die abfalleigenschaft bereits aus der entledigung gemäß § 3 abs. 2 alt. 3 krwg folgt, kann dahinstehen, ob sie sich (auch) aus § 3 abs. 3 krwg aufgrund des willens zur entledigung ergibt. insoweit war schon mangels entscheidungserheblichkeit nicht dem antrag der klägerin auf vorlage der frage nach der vereinbarkeit des unmittelbarkeitskriteriums in § 3 abs. 3 nr. 2 krwg mit unionsrecht gemäß art. 267 abs. 2 und 3 aeuv nachzugehen. 69es ist ferner nicht – jedenfalls im rahmen des hier zu betrachtenden sammel- bzw. entleerungsvorgangs – von einem ende der abfalleigenschaft nach § 5 krwg auszugehen, wonach die abfalleigenschaft eines gegenstandes endet, wenn dieser ein verwertungsverfahren durchlaufen hat und danach eine bestimmte beschaffenheit aufweist, denn zu diesem zeitpunkt hat kein solches verfahren (z.b. vorbereitung zur wiederverwendung oder recycling, § 3 abs. 24 und 25 krwg) stattgefunden. 70schließlich handelt es sich bei den alttextilien auch um abfälle aus privaten haushaltungen, die von der überlassungspflicht nach § 17 abs. 1 satz 1 krwg erfasst werden. unter abfällen aus privaten haushaltungen sind solche zu verstehen, die im rahmen der privaten lebensführung typischerweise und regelmäßig anfallen, 71vgl. schomerus, in: versteyl/mann/schomerus., krwg, 3. auflage 2012, § 17 rn. 18. 72dazu gehören ohne weiteres alttextilien. 732. die klägerin führt die abfälle – was auch die beklagte anerkennt – gemäß § 17 abs. 2 satz 1 nr. 4 krwg einer ordnungsgemäßen und schadlosen verwertung zu. 74aufgrund der darlegungen der verwertungswege im anzeige- und im folgenden verwaltungsverfahren ist unproblematisch davon auszugehen, dass die verwertung gemäß § 7 abs. 3 satz 2 und 3 krwg im einklang mit den vorschriften dieses gesetzes und anderen öffentlich-rechtlichen vorschriften steht und nach der beschaffenheit der abfälle, dem ausmaß der verunreinigungen und der art der verwertung beeinträchtigungen des wohls der allgemeinheit nicht zu erwarten sind, insbesondere keine schadstoffanreicherung im wertstoffkreislauf erfolgt. 75die klägerin hat in ihrer anzeige vom 3. august 2012 ausgeführt, die in den containern gesammelten alttextilien würden durch einen subunternehmer verladen und zunächst per lkw zu dem sortierbetrieb der s. textilhandels- und -recycling gmbh in b1. transportiert, wo die textilien sortiert würden. das sammelgut setze sich erfahrungsgemäß zu 60 % aus tragfähiger wiederverwertbarer kleidung, haushaltstextilien und schuhen zusammen. weitere 30 % würden zur weiterverwendung als putzlappen und reißrohstoff an industrielle partner geliefert. ca. 10 % gelangten zur thermischen verwertung in die zementindustrie. die sortierten produkte würden in 27 inländische s. shops geliefert und in länder afrikas, in den nahen und mittleren osten sowie nach osteuropa zur wiederverwendung exportiert. dabei arbeite sie mit einem unternehmen in u2. , marokko zusammen, an dem die s. beteiligungsverwaltung international gmbh zu 51 % beteiligt sei. 76die s. textilhandels- und -recycling gmbh – ein als entsorgungsfachbetrieb zertifiziertes unternehmen – hat zudem der klägerin mit schreiben vom 28. august 2012 zugesagt, alle alttextilien und -schuhe unabhängig von der menge und qualität abzunehmen, zu sortieren, weiterzuverwenden und ggf. zu verwerten. 773. der gewerblichen sammlung der klägerin stehen auch keine überwiegenden öffentlichen interessen gemäß § 17 abs. 2 satz 1 nr. 4 krwg entgegen, die die im bescheid vom 28. januar 2013 angeordnete befristung der sammlung (ziffer 1.) und das erweiterungsverbot (ziffer 2.) rechtfertigen könnten. 78gemäß § 17 abs. 3 krwg stehen überwiegende öffentliche interessen nach absatz 2 satz 1 nr. 4 einer gewerblichen sammlung entgegen, wenn die sammlung in ihrer konkreten ausgestaltung, auch im zusammenwirken mit anderen sammlungen, die funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen entsorgungsträgers, des von diesem beauftragten dritten oder des auf grund einer rechtsverordnung nach § 25 eingerichteten rücknahmesystems gefährdet (satz 1). eine gefährdung der funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen entsorgungsträgers oder des von diesem beauftragten dritten ist anzunehmen, wenn die erfüllung der nach § 20 bestehenden entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen bedingungen verhindert (satz 2 alt. 1) oder die planungssicherheit und organisationsverantwortung wesentlich beeinträchtigt wird (satz 2 alt. 2). eine wesentliche beeinträchtigung der planungssicherheit und organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen entsorgungsträgers ist nach § 17 abs. 3 satz 3 krwg insbesondere anzunehmen, wenn durch die gewerbliche sammlung abfälle erfasst werden, für die der öffentlich-rechtliche entsorgungsträger oder der von diesem beauftragte dritte eine haushaltsnahe oder sonstige hochwertige getrennte erfassung und verwertung der abfälle durchführt (nr. 1), die stabilität der gebühren gefährdet wird (nr. 2.) oder die diskriminierungsfreie und transparente vergabe von entsorgungsleistungen im wettbewerb erheblich erschwert oder unterlaufen wird (nr. 3). 79hier sind der klägerischen sammlung entgegenstehende überwiegende öffentliche interessen in form der gefährdung der funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen entsorgungsträgers bzw. des beauftragten dritten durch die sammlung der klägerin nicht anzunehmen. weder wird die erfüllung der nach § 20 bestehenden entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen bedingungen durch die gewerbliche sammlung verhindert (§ 17 abs. 3 satz 2 alt. 1 krwg) (a.) noch wird gemäß § 17 abs. 3 satz 2 alt. 2 krwg die planungssicherheit und organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen entsorgungsträgers wesentlich durch die sammlung beeinträchtigt. dem steht nicht entgegen, dass die u1. (durch die beauftragte firma f. ) eine hochwertige getrenne erfassung und verwertung der alttextilien durchführen (§ 17 abs. 3 satz 3 nr. 1 krwg) (b.). zudem gefährdet die gewerbliche sammlung der klägerin nicht die gebührenstabilität (§ 17 abs. 3 satz 3 nr. 2 krwg) (c.). schließlich wird durch die gewerbliche sammlung der klägerin auch nicht die diskriminierungsfreie und transparente vergabe von entsorgungsleistungen im wettbewerb erheblich erschwert oder unterlaufen (§ 17 abs. 3 satz 3 nr. 3 krwg) (d.). 80a. die sammlung verhindert nicht die erfüllung der nach § 20 bestehenden entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen bedingungen, § 17 abs. 3 satz 2 alt. 1 krwg. dies gilt auch, wenn sie im zusammenwirken mit anderen sammlungen betrachtet wird, § 17 abs. 3 satz 1 krwg. 81mit hilfe der kollisionsklausel des § 17 abs. 3 krwg sollen die einer gewerblichen sammlung im einzelfall entgegenstehenden öffentlichen interessen bestimmt und im einklang mit der rechtsprechung des europäischen gerichtshofs abgewogen werden, weshalb für die auslegung von absatz 3 primär die rechtsprechung des europäischen gerichtshofes zu art. 106 abs. 2 aeuv heranzuziehen ist, 82vgl. bt-drucks. 17/6052, s. 87 (rechte spalte, zweiter absatz). 83art. 106 abs. 2 aeuv erlaubt maßnahmen, die erforderlich sind, um dem betrauten unternehmen die erfüllung seiner im allgemeinen interesse liegenden aufgabe zu wirtschaftlich annehmbaren bedingungen zu ermöglichen, 84vgl. eugh, urteil vom 15. november 2011 – c-162/06 –, juris rn. 34; eugh, urteil vom 17. mai 2001 – c-340/99 –, juris rn. 54. insoweit geht das verständnis der vorschrift über deren reinen wortlaut hinaus. 85der schutz der wirtschaftlichkeit ist nur mittel zum zweck der gewährleistung eines nachhaltigen funktionierens der dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem interesse, 86vgl. klement, in: schmehl, gk-krwg, 2013, § 17 rn. 140 mit verweis auf eugh, urteil vom 15. november 2011 – c-162/06 –, juris rn. 31, 87zu denen – wie bereits ausgeführt – auch die abfallentsorgung aus privaten haushalten gehört. 88an dieser rechtsprechung hat sich der gesetzgeber bei der formulierung der „wirtschaftlichkeitsklausel“ in § 17 abs. 3 satz 2 alt. 1 krwg orientiert, 89vgl. klement, in: schmehl, gk-krwg, 2013, § 17 rn. 140; bt-drucks. 17/6052, s. 85 (rechte spalte, dritter absatz) und s. 87 (rechte spalte, letzter absatz). 90indes konkretisieren auch die in den gesetzesmaterialien zitierten beiden entscheidungen des europäischen gerichtshofes, 91urteile vom 15. november 2007 – c-162/06 –, juris und vom 17. mai 2001 – c-340/99 –, juris, 92ebenso wenig wie andere entscheidungen des gerichtes hinreichend, was im einzelnen unter „wirtschaftlich ausgewogenen bzw. annehmbaren bedingungen“ zu verstehen ist, 93so auch ovg nrw, urteil vom 15. august 2013 – 20 a 2798/11 –, juris rn. 158. 94soweit in den beiden zitierten entscheidungen sinngemäß darauf hingewiesen wird, zu den wirtschaftlich ausgewogenen bedingungen gehöre auch die möglichkeit eines ausgleichs zwischen den rentablen und den weniger rentablen tätigkeitsbereichen, kann offen bleiben, ob sich diese überlegung nur auf ein am wirtschaftsverkehr teilnehmendes unternehmen bezieht, das gerade aus wirtschaftlichen gründen gezwungen oder darauf angewiesen ist, diesen ausgleich vornehmen zu können, und das deshalb im bereich der rentablen tätigkeitsbereiche vor konkurrenz geschützt werden darf, 95vgl. eugh, urteil vom 19. mai 1993 – c-320/91 –, juris, 96oder auch auf den öffentlich-rechtlichen entsorgungsträger als teil der öffentlichen hand. auf letzteren träfe der aspekt des ausgleichs zwischen rentablen und unrentablen tätigkeitsbereichen indes wohl „nur bedingt“, 97so ovg nrw, urteil vom 15. august 2013 – 20 a 2798/11 –, juris rn. 160, 98zu, weil dessen durch normative pflichten ausgelöstes öffentlich-rechtliches tätigwerden finanziell über die möglichkeit der gebührenerhebung abgesichert ist. 99selbst wenn man den öffentlich-rechtlichen entsorgungsträger aber wie ein im bereich der abfallentsorgung tätiges wirtschaftsunternehmen ansähe, könnte aus dem gesichtspunkt des aus wirtschaftlichen gründen erforderlichen ausgleichs zwischen rentablen und unrentablen tätigkeitsbereichen nichts substantielles für das verständnis des merkmals der „wirtschaftlich ausgewogenen bedingungen“ abgeleitet werden. denn auch dann bliebe es dabei, dass der öffentlich-rechtliche entsorgungsträger nicht in der lage wäre, die hohen kosten der entsorgung von abfällen gemäß § 17 abs. 2 satz 2 krwg (unrentabler tätigkeitsbereich) allein über die einnahmen aus der verwertung von getrennt gehaltenen und gesammelten werthaltigen abfällen (rentabler tätigkeitsbereich) zu refinanzieren, selbst wenn er in diesem rentablen tätigkeitsbereich vollständigen konkurrenzschutz genießen würde, 100vgl. ovg nrw, urteil vom 15. august 2013 – 20 a 2798/11 –, juris rn. 160. 101etwas anderes behauptet selbst die beklagte nicht, nach deren vortrag die erlöse aus der verwertung aller werthaltigen abfallfraktionen „nur“ ca. 8 bis 9 % der gesamten entsorgungskosten ausmachen. 102wirtschaftlich ausgewogene bedingungen ließen sich dementsprechend nicht ohne die erhebung von entgelten im unrentablen tätigkeitsbereich herstellen. wenn jedoch ohnehin diesbezügliche entgelte erhoben werden müssten, ist davon auszugehen, dass diese auch in (wenigstens) kostendeckender höhe erhoben würden, d. h. es würde - zur herstellung wirtschaftlich ausgewogener bedingungen - keine mischkalkulation in der weise angestellt, dass erst unter einbeziehung ungewisser einnahmen aus dem rentablen tätigkeitsbereich (wenigstens) eine gesamtkostendeckung erreicht würde, 103vgl. ovg nrw, urteil vom 15. august 2013 – 20 a 2798/11 –, juris rn. 160. 104daher kann sich die beklagte hier nicht mit erfolg darauf berufen, die u1. seien darauf angewiesen, durch die vermarktung werthaltiger abfälle eine quersubventionierung unrentabler bereiche der abfallentsorgung vornehmen zu können, ihnen diese möglichkeit aber genommen werde, wenn etwa die gesamten erlöse aus der vermarktung aller alttextilien nicht mehr in ausreichender weise in den abfallgebührenhaushalt flössen. 105ob unter dem gesichtspunkt der wirtschaftlich ausgewogenen bedingungen darüber hinaus nicht auf gebührenrechtliche aspekte abgestellt werden kann, 106so ovg nrw, urteil vom 15. august 2013 – 20 a 2798/11 –, juris rn. 162, 107und es der beklagten im hinblick auf § 17 abs. 3 satz 2 alt. 1 krwg dementsprechend verwehrt wäre, sich darauf zu berufen, sie könne die ihr obliegende verpflichtung nicht zu niedrigeren gebühren erbringen, kann dahinstehen. für die vorzitierte auffassung des oberverwaltungsgerichts für das land nordrhein-westfalen mag die systematik des § 17 abs. 3 krwg anhaltspunkte liefern, der entnommen werden kann, jedenfalls die gebührenstabilität betreffende gebührenrechtliche aspekte sollten bei der ersten alternative des § 17 abs. 3 satz 2 krwg – verhinderung der erfüllung der entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen bedingungen – primär keine rolle spielen. der gesetzgeber habe, wie § 17 abs. 3 satz 3 nr. 2 krwg zeige, gebührenrechtliche aspekte durchaus gesehen, diese jedoch im wege der konkretisierung der zweiten alternative des § 17 abs. 3 satz 2 krwg - wesentliche beeinträchtigung der planungssicherheit und organisationsverantwortung - zugeordnet. 108selbst wenn man entgegen diesem ansatz unter das tatbestandmerkmal der „wirtschaftlich ausgewogenen bedingungen“ auch gebührenrechtliche aspekte fasste – wofür der ansonsten praktisch leerlaufende anwendungsbereich der norm sprechen mag – führte dies hier nicht zu einem anderen ergebnis. dabei dürfte in abgrenzung zu § 17 abs. 3 satz 3 nr. 2 krwg, der die stabilität der gebühren zum inhalt hat, der anwendungsbereich des § 17 abs. 3 satz 2 alt. 1 krwg dann eröffnet sein, wenn diesbezüglich nicht die stabilität der gebühren als solche in frage steht, sondern die rechtmäßigkeit der abfallgebühren selbst. das bundesrechtliche äquivalenzprinzip, wonach die gebühr nicht in einem unangemessenen verhältnis zu der erbrachten leistung stehen darf, dürfte insoweit eine grenze der wirtschaftlichen entsorgungssicherheit darstellen, 109vgl. karpenstein/dingemann, krwg, 2014, § 17 rn. 164 m.w.n. 110für einen verstoß gegen das äquivalenzprinzip bestehen hier indes keine anhaltspunkte. 111b. auch die planungssicherheit und organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen entsorgungsträgers bzw. beauftragten dritten wird nicht durch die sammlung der klägerin im sinne von § 17 abs. 3 satz 2 alt. 2, satz 3 nr. 1 krwg wesentlich beeinträchtigt. 112die beklagte beruft sich zutreffender weise darauf, sie führe – durch die u1. bzw. die beauftragte firma f. – im stadtgebiet eine eigene hochwertige getrennte erfassung und verwertung von abfällen durch. damit sind entsorgungssysteme gemeint, die nach ihrer räumlichen ausgestaltung, ihrer beschaffenheit und ihrem konkreten betrieb die werthaltigen abfälle aus den privaten haushalten erfassen können, 113vgl. bt-drucks. 17/7505, s. 44. 114die u1. bzw. die s3. verfügten zum zeitpunkt des bescheiderlasses zumindest über 18 im stadtgebiet verteilte sammelbehälter für alttextilien. zu berücksichtigen ist darüber hinaus die danach vorgenommene ausweitung der sammlungstätigkeit der beklagten. denn bei der streitgegenständlichen anordnung handelt es sich um einen dauerverwaltungsakt; die angefochtene verfügung verbietet der klägerin ab dem 1. juli 2015 die gewerbliche sammlung generell für die zukunft, erschöpft sich damit nicht im verlangen eines einmaligen tuns oder unterlassens, so dass hier – weil das materielle recht die maßgeblichkeit eines anderen zeitpunkts nicht bestimmt – die sach- und rechtslage zum zeitpunkt der gerichtlichen entscheidung zu berücksichtigen ist, 115vgl. ovg nrw, urteil vom 15. august 2013 – 20 a 2798/11 –, juris rn. 32; vg düsseldorf, beschluss vom 18. juni 2013 – 17 l 645/13 –, n.v. ua seite 6 mit verweis auf bayvgh, beschluss vom 24. juli 2012 – 20 cs 12.841 –, juris rn. 25; ovg lüneburg, urteil vom 21. märz 2013 – 7 lb 56/11 ‑, juris rn. 23. 116jedenfalls unter berücksichtigung des aktuellen sammelumfangs der u1. ist ohne weiteres von einem eigenen hochwertigen entsorgungssystem für alttextilien des öffentlich-rechtlichen entsorgungsträgers bzw. des beauftragten dritten im sinne von § 17 abs. 3 satz 3 nr. 1 krwg auszugehen. seit märz 2013 wurde der bestand auf über 80 sammelbehälter an 72 verschiedenen standorten erweitert. mit der gezielten platzierung von 105 eigenen containern an 89 standorten wurde im november 2013 die einrichtung eines flächendeckenden netzes zur erfassung von alttextilien und -schuhen im stadtgebiet der beklagten abgeschlossen. zuletzt (stand februar 2014) unterhielten die u1. container für alttextilien an 99 standorten. 117allein die existenz eines vom öffentlich-rechtlichen entsorgungsträger oder einem beauftragten dritten durchgeführten haushaltsnahen bzw. sonstigen hochwertigen entsorgungssystems begründet indes die gefährdung der funktionsfähigkeit im sinne von § 17 abs. 3 satz 1 krwg, von der gemäß § 17 abs. 3 satz 2 alt. 2 krwg bei einer wesentlichen beeinträchtigung der planungssicherheit und organisationsverantwortung auszugehen ist, nicht. zwar ist dem wortlaut des § 17 abs. 3 satz 3 nr. 1 krwg nach eine wesentliche beeinträchtigung der planungssicherheit und organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen entsorgungsträgers insbesondere anzunehmen, wenn durch die gewerbliche sammlung abfälle erfasst werden, für die der öffentlich-rechtliche entsorgungsträger oder der von diesem beauftragte dritte eine haushaltsnahe oder sonstige hochwertige getrennte erfassung und verwertung der abfälle durchführt. ein rein formales verständnis der vorschrift führte im ergebnis aber zu einem vom unions- und verfassungsrecht nicht gerechtfertigten absoluten konkurrentenschutz, sofern ein öffentlich-rechtlich organisiertes entsorgungssystem überhaupt besteht und zwar unabhängig von der frage, ob tatsächlich eine wesentliche beeinträchtigung der planungssicherheit und organisationsverantwortung vorliegt, 118vgl. ovg nrw, beschluss vom 17. märz 2014 – 20 b 577/13 –, n.v. ua seite 3; ovg nrw, beschluss vom 12. märz 2014 – 20 b 703/13 –, n.v. ua seite 3; ovg nrw, beschluss vom 19. juli 2013 – 20 b 122/13 –, juris rn. 16; vgh baden-württemberg, beschluss vom 9. september 2013 – 10 s 1116/13 –, juris rn. 38, vg würzburg, urteil vom 12. november 2013 ‑ w 4 k 13.326 –, juris rn. 24 ff. 119die folge wäre gleichsam eine monopolstellung des öffentlich-rechtlichen entsorgungsträgers, die mangels aufgabenbezug die anforderungen des art. 106 abs. 2 aeuv verfehlen und gegen das darin enthaltene gebot der erforderlichkeit verstoßen würde. denn art. 106 abs. 2 aeuv erlaubt nur den schutz der dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem interesse, nicht aber den schutz der aufgabenerfüllung gerade durch den öffentlich-rechtlichen entsorgungsträger, 120vgl. klement, in: schmehl, gk-krwg, 2013, § 17 rn. 147. 121dieselbe überlegung gilt hinsichtlich der nationalen grundrechte, art. 12 abs. 1 und art. 14 abs. 1 gg, soweit durch dieses verständnis des § 17 abs. 3 satz 3 nr. 1 krwg der öffentlich-rechtliche entsorgungsträger stärker geschützt würde, als zur gewährleistung einer ordnungsgemäßen abfallentsorgung erforderlich, 122vgl. klement, in: schmehl, gk-krwg, 2013, § 17 rn. 38. 123ob dieser problematik dadurch rechnung zu tragen ist, dass man den wortlaut von § 17 abs. 3 satz 3 nr. 1 krwg dahin versteht, der gesetzgeber habe klarstellen wollen, auf der tatbestandsseite seien wegen der formulierung „insbesondere anzunehmen“ regelbeispiele normiert, was nicht ausschließe, dass die dort zum ausdruck kommende gesetzgeberische vorstellung im einzelfall möglicherweise unzutreffend sei, 124vgl. so vgh baden-württemberg, beschluss vom 9. september 2013 – 10 s 1116/13 –, juris rn. 39, 125bedarf hier keiner entscheidung. denn selbst wenn man der ansicht folgte, im falle einer haushaltsnahen oder sonstigen hochwertigen getrennten erfassung und verwertung des abfalls durch den öffentlich-rechtlichen entsorgungsträger neben einer gewerblichen sammlung sei nach dem formalen wortlaut der vorschrift stets eine wesentliche beeinträchtigung der planungssicherheit und organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen entsorgungsträgers anzunehmen, 126vgl. siederer/wenzel/schütze, unzulässigkeit gewerblicher sammlungen bei bestehenden erfassungssystemen des öffentlich-rechtlichen entsorgungsträgers, abfallr 2014, s. 79 (81 f.); dageförde/thärichen, die untersagung gewerblicher sammlungen von alttextilien, abfallr 2013, s. 125 (134 ff.), 127wäre der wortlaut der norm zumindest unions- bzw. verfassungskonform dergestalt zu reduzieren, die gewerbliche sammlung sei trotz bestehenden hochwertigen entsorgungssystems des öffentlich-rechtlichen entsorgungsträgers oder des beauftragten dritten bei fehlender wesentlicher beeinträchtigung der planungssicherheit und organisationsverantwortung zulässig, 128vgl. ovg nrw, beschluss vom 19. juli 2013 – 20 b 122/13 –, juris rn. 38; vg würzburg, beschluss vom 28. januar 2013 – w 4 s 12.1130 –, juris rn. 41; vg ansbach, urteil vom 23. januar 2013 ‑ an 11 k 12.01588 –, juris rn. 85. 129auch vor diesem hintergrund war dem antrag der klägerin auf vorlage gemäß art. 267 abs. 2 und 3 aeuv hinsichtlich der frage nach der vereinbarkeit von § 17 abs. 3 krwg mit unionsrecht nicht nachzugehen. 130ein rein formales verständnis der vorschrift wäre im übrigen auch mit der gesetzessystematik des § 17 abs. 3 krwg nicht vereinbar. § 17 abs. 3 satz 3 krwg dient der konkretisierung des § 17 abs. 3 satz 1 krwg. es liegt auf der hand, dass die dort inmitten stehende funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen entsorgungsträgers, des beauftragten dritten oder der rücknahmesysteme nicht bereits aufgrund des bloßen nebeneinanders von gewerblicher und kommunaler sammlung ohne inhaltliche würdigung der konkurrierenden entsorgungssysteme als „gefährdet“ angesehen werden kann. 131die annahme der „gefährdung“ der funktionsfähigkeit durch eine „wesentliche beeinträchtigung“ der planungssicherheit und organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen entsorgungsträgers gebietet vielmehr eine zweistufige prüfung. 132in einem ersten schritt ist unter auswertung konkreten zahlenmaterials zu prüfen, ob lediglich geringfügige mengen durch sämtliche gewerbliche sammler dem öffentlich-rechtlichen entsorgungsträger im entsorgungsgebiet entzogen werden. ist dies der fall, kann nahezu stets eine wesentliche beeinträchtigung der planungssicherheit und organisationsverantwortung ausgeschlossen werden. einen mengenentzug von bis zu 10 %, der aufgrund der allein in rede stehenden alttextiliensammlung naturgemäß an der gesamtsammelmenge dieser abfallfraktion im entsorgungsgebiet gemessen werden muss, erachtet die kammer als geringfügig, 133vgl. vgh baden-württemberg, beschluss vom 4. märz 2014 – 10 s 1127/13 –, juris rn. 42; vg münchen, urteil vom 24. oktober 2013 – m 17 k 13.2189 –, juris rn. 66; vg würzburg, beschluss vom 28. januar 2013 – w 4 s 12.1130 –, juris rn. 39 ff., die jeweils auf eine menge zwischen 10 und 15 % abstellen. 134wird die menge von 10 % überschritten, ist von dieser zahl losgelöst auf einer zweiten stufe zu erwägen, ob eine wesentliche beeinträchtigung der planungssicherheit und organisationsverantwortung im sinne von § 17 abs. 3 satz 2, satz 3 nr. 1 krwg unter berücksichtigung der konkreten umstände im einzelfall gegeben ist. dabei ist leitend, dass im mittelpunkt der regelung des § 17 abs. 3 krwg die funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen entsorgungsträgers, des beauftragten dritten oder der rücknahmesysteme steht, die immer gewahrt bleiben muss, 135vgl. breg. in bt-drucks. 17/6052, s. 87, 136und zwar in technischer, organisatorischer, personeller und wirtschaftlicher hinsicht. das schließt aber beeinträchtigungen durch private konkurrenten nicht aus. denn § 17 abs. 3 krwg will die öffentliche hand nicht vor (privater) konkurrenz schützen, 137vgl. vg würzburg, urteil vom 22. oktober 2013 – w 4 k 12.1071 –, juris rn. 31. 138ein anderes verständnis wäre wie bereits ausgeführt schwerlich mit art. 106 abs. 2 satz 1 aeuv vereinbar, denn diese vorschrift stellt die mitgliedsstaaten vom europäischen wettbewerbsrecht nur insoweit frei, als die wettbewerbsnachteile des betrauten unternehmens korrelat seines gemeinwohlauftrags sind, 139vgl. vg würzburg, urteil vom 22. oktober 2013 – w 4 k 12.1071 –, juris rn. 31 mit verweis auf klement in: schmehl, gk-krwg, 2013, § 17 rn. 143. 140dies zugrunde gelegt, ist maßgebend, ob der öffentlich-rechtliche entsorgungsträger bzw. der beauftragte dritte wegen der gewerblichen sammlungen gehalten ist, seine entsorgungsstruktur wesentlich zu ändern oder anzupassen, 141vgl. breg. in bt-drucks. 17/6052, s. 88, 142wobei es hier keiner entscheidung bedarf, ob man dabei auf die struktur des öffentlich-rechtlichen entsorgungsträgers als ganzes oder nur auf die struktur innerhalb der jeweiligen abfallfraktion – hier: alttextilien – abstellt. 143im zu entscheidenden fall gibt es nach diesen grundsätzen keinen durchgreifenden anhaltspunkt dafür, durch die gewerbliche sammlung der klägerin werde im zusammenwirken mit anderen sammlungen (§ 17 abs. 3 satz 1 krwg) die funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen entsorgungsträgers gefährdet. 144hinsichtlich der frage, ob bereits wegen geringfügigkeit der sammelmenge eine gefährdung der funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen entsorgungsträgers zu verneinen ist, fehlen substantielle angaben der beklagten darüber, welche mengen alttextilien durch gewerbliche sammler der sammlung der u1. /der firma f. insgesamt „entzogen“ werden. sie führte aus, es fehlten eindeutige berechnungsgrundlagen, da sammlungen zwar angezeigt würden und der umfang benannt werde, es aber vorkomme, dass die sammlung dann anschließend nicht oder nur teilweise durchgeführt werde. andere sammlungen fänden ohne anzeige und damit „formal illegal“ in meist unbekanntem umfang statt. die lediglich auf einer schätzung der beklagten beruhende angabe der sammelmenge von alttextilien aller gewerblichen sammler in höhe von ca. 500 t pro jahr und damit ca. 45 % der anhand der pro einwohner im jahr (geschätzt) anfallenden gesamtmenge von 10 kg alttextilien ohne restmülleinwürfe (1113 t abzüglich ca. 210 t gesammelte alttextilien durch gemeinnützige sammler und ca. 400 t nach hochrechnung geschätzten durch die u1. gesammelte alttextilien) überzeugt nicht ohne weiteres. es bleibt aufgrund der in dieser rechnung mehrfach vorhandenen schätzungen bzw. hochrechnungen ungewiss, ob die sammelmenge von ca. 500 t tatsächlich dem öffentlich-rechtlichen entsorgungsträger bzw. dem beauftragen dritten durch die gewerblichen sammler entzogen wird. 145selbst aber die angaben der beklagten mit der folge einer überschreitung der geringfügigkeitsschwelle unterstellt, führte dies bei der auf der zweiten stufe durchzuführenden einzelfallbetrachtung nicht zu einer gefährdung der funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen entsorgungsträgers. es ist von der beklagten weder dargelegt noch sonst ersichtlich, die sammlung der klägerin zöge – auch unter berücksichtigung der sonstigen gewerblichen sammler – konsequenzen in technischer, organisatorischer, personeller und wirtschaftlicher hinsicht nach sich, die zu einer wesentlichen änderung oder anpassung der strukturen im bereich der entsorgung von alttextilien führten bzw. geführt hätten. zwar ist möglich, dass die von den u1. erfasste sammelmenge aufgrund der beabsichtigten erhöhung der anzahl der container durch die klägerin abnimmt (was noch nicht einmal zwingend ist, da es auch möglich erscheint, dass vor allem andere gewerbliche bzw. gemeinnützige sammler einbußen bei der sammelmenge verspüren oder die restmülleinwürfe weiter zurückgehen). allein die abschöpfung eines bestimmten anteils des nach angaben der beklagten vorhandenen potenzials an wertstoffen muss aber nicht korrelierend mit einer wesentlichen beeinträchtigung der planungssicherheit und organisationsverantwortung sein. das gesetz nimmt in § 17 abs. 3 satz 3 krwg gerade nicht auf den entzug bestimmter abfallmengen bezug, sondern verwendet die begriffe der „planungssicherheit“ und „organisationsverantwortung“. hinreichend konkrete angaben der beklagten darüber, wie sich der verlust der sammelmenge auf die planungssicherheit bzw. die organisationsverantwortung auswirken, fehlen indes. es ist zurzeit konkret nichts dafür ersichtlich, dass die u1. ihre sammlung von alttextilien neben den gewerblichen und gemeinnützigen sammlungen – selbst bei vornahme der geplanten erweiterung der sammlung durch die klägerin – nicht wie bisher weiterführen wird können. dies gilt auch deshalb, weil die u1. über „gesicherte“ stellplätze für ihre container verfügen und jederzeit auf neue standplätze - auch im öffentlichen straßenraum - zurückgreifen könnten. überdies ist es ihnen in den vergangenen jahren trotz gewerblicher konkurrenten gelungen, eine getrennte alttextilerfassung auf- und sogar auszubauen. sind schon keine relevanten auswirkungen auf die entsorgungsstruktur im bereich der abfallfraktion alttextilien ersichtlich, stehen demgemäß erst recht keine durch die gewerblichen sammler verursachten erforderlichen änderungen oder anpassungen der struktur des öffentlich-rechtlichen entsorgungsträgers als ganzes im raum. 146den nachweis oder jedenfalls die darlegung der gefährdung der funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen entsorgungsträgers bzw. des beauftragten dritten hat schließlich die beklagte zu erbringen. denn bei eingriffsmaßnahmen trägt grundsätzlich die behörde die materielle beweislast für das vorliegen der tatbestandlichen voraussetzungen der entsprechenden ermächtigungsnorm, aus der sie eine für sie günstige rechtsfolge ableitet, 147vgl. bverwg, beschluss vom 1. november 1993 – 7 b 190/93 –, juris rn. 3; bverwg, urteil vom 25. märz 1964 – vi c 150.62 –, juris rn. 17. 148hinzu kommt, dass die beteiligten gemäß § 86 abs. 1 satz 1 halbsatz 2 vwgo zur mitwirkung bei der sachverhaltsaufklärung verpflichtet sind. diese mitwirkungspflicht erfasst insbesondere den vortrag von umständen, die der „sphäre“ eines beteiligten – hier der beklagten – zuzurechnen sind, 149vgl. kopp/schenke, vwgo, 19. aufl. 2013, § 86 rn. 11 m.w.n.. 150c. die beklagte kann weiterhin nicht geltend machen, die gewerbliche sammlung der klägerin gefährde die gebührenstabilität, § 17 abs. 3 satz 3 nr. 2 krwg. 151dieses kriterium bedarf der auslegung, da sich der begriff der gebührenstabilität aus sich heraus nicht ohne weiteres erschließt. gebühren sind per se nicht stabil im sinne von im wesentlichen in der höhe gleichbleibend, sondern sind regelmäßig jährlich auf der grundlage der in ansatz zu bringenden und sich gegebenenfalls verändernden kosten der abfallentsorgung neu zu kalkulieren, 152vgl. hierzu ausführlich ovg nrw, urteil vom 15. august 2013 – 20 a 2798/11 –, juris rn. 178. 153anzuerkennen ist, wenn die beklagte schlagwortartig zusammengefasst die privatisierung der gewinne bei sozialisierung der verluste zu vermeiden versucht, 154vgl. zu diesem ansatz karpenstein/dingemann, krwg, 2014, § 17 rn. 180; klement, in: schmehl, gk-krwg, 2013, § 17 rn. 149. 155jedoch ist dazu nicht der ausschluss gewerblicher sammler zum zwecke der erhebung der niedrigsten gebühren geeignet. denn dieser ansatz führte dazu, dass ausnahmen von der überlassungspflicht, die gerade für den bereich der getrennt erfassten abfälle aus privaten haushaltungen normiert wurden, praktisch nicht mehr zum tragen kämen, weil gewerblichen sammlungen stets überwiegende öffentliche interessen entgegenstünden. da es sich bei den getrennt erfassten abfällen aus privaten haushaltungen zugleich regelmäßig um „werthaltige“ abfälle handelt, deren verwertung erlöse (überschüsse) bringt, haben selbst kleine mengen dieser abfälle, die dem öffentlich-rechtlichen entsorgungsträger durch eine gewerbliche sammlung „entzogen“ werden, negativen einfluss auf die gebührenhöhe in dem sinne, dass nicht die niedrigsten gebühren erhoben werden können. denn dem öffentlich-rechtlichen entsorgungsträger stehen die erlöse aus der verwertung dieser abfälle nicht zur verfügung und können somit auch nicht zur quersubventionierung der defizitären bereiche der abfallentsorgung eingesetzt werden, was im ergebnis höhere gebühren verursacht, 156vgl. ovg nrw, urteil vom 15. august 2013 – 20 a 2798/11 –, juris rn. 192. 157daraus folgt, dass nicht jede noch so geringfügige gebührensteigerung zu einer gefährdung der gebührenstabilität führen kann. die öffentlich-rechtliche abfallentsorgung stellt als einrichtung der daseinsvorsorge kein gewinnorientiertes unternehmen dar; die kosten sind durch kostendeckend zu kalkulierende benutzungsgebühren von den gebührenschuldnern zu tragen. eine geringe gebührenbelastung ist daher zunächst ein privates interesse des gebührenschuldners, hinzutreten mag eine kommunalpolitische motivation gebührenerhöhungen zu vermeiden, 158vgl. vgh baden-württemberg, beschluss vom 11. februar 2008 – 10 s 2422/07 –, juris rn. 28 noch zu § 13 abs. 3 satz 1 nr. 3 krw-/abfg; a.a. klement, in: schmehl, gk-krwg, 2013, § 17 rn. 149. 159diese grundsätzlichen erwägungen schließen allerdings eine auswirkung des gebührenaspektes im einzelfall auf die funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen entsorgungsträgers nicht aus. diese setzt voraus, dass es durch die tätigkeit eines gewerblichen sammlers – ggf. in der zusammenschau mit anderen gewerblichen sammlern – prognostisch zu einer nicht nur geringfügigen gebührenerhöhung kommt, die gerade kausal auf die entziehung der abfallfraktion durch den bzw. die sammler zurückzuführen sein muss, 160vgl. karpenstein/dingemann, krwg, 2014, § 17 rn. 183; klement, in: schmehl, gk-krwg, 2013, § 17 rn. 152. 161wann eine nicht nur geringfügige gebührenerhöhung vorliegt braucht hier keiner entscheidung zugeführt zu werden. denn die beklagte hat schon nicht vorgetragen, mit der tätigkeit der gewerblichen sammler gingen einbußen der sammelmenge einher, die zur erhöhung der abfallgebühren geführt haben bzw. aufgrund einer prognostischen betrachtung alsbald zu einer erhöhung führen würden. vielmehr hat sie ausgeführt, die abfallgebühren hätten in den letzten elf jahren trotz steigender lohn-, investitions- und energiekosten durch ein ständiges bemühen um effizienzsteigerungen und optimale vermarktung vorhandener stoffströme stabil gehalten werden können. 162das argument der beklagten, sie könne bei weniger erlösen aus der alttextilienverwertung entsprechend weniger eine quersubventionierung unrentabler bereiche der hausmüllentsorgung vornehmen, greift nicht. abgesehen davon, dass dieses vorbringen schon nicht auf gebührenstabilität abzielt, sondern auf möglichst niedrige gebühren - eben durch quersubventionierung aufgrund erlösen aus der alttextilienverwertung -, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, es stünde eine relevante gebührensenkung im raum, wenn denn die beklagte – gäbe es keine gewerblichen sammler mehr im stadtgebiet – eine höhere sammelmenge und dementsprechend höhere vergütungen aus der alttextilienverwertung erhielte. durch die (von der beklagten geschätzte) sammelmenge der gewerblichen sammler in höhe von ca. 500 t jährlich im stadtgebiet entgehen ihr (zusätzliche) erlöse aus der verwertung in höhe von ca. 200.000,00 euro - bei zugrundelegung von 400,00 euro erzielbarem erlös pro tonne -, 163vgl. zu dem erzielbaren durchschnittserlös ovg nrw, beschluss vom 20. januar 2014 ‑ 20 b 331/13 ‑, juris rn. 44. 164in das verhältnis zu den übrigen kosten der abfallentsorgung gesetzt (für das jahr 2014: 10.594.700,00 euro) macht dies nur ca. 2 % aus und fällt damit ersichtlich nicht wesentlich ins gewicht. überdies müssten bei dieser betrachtung dann auch noch der beklagten entstehende sammlungs- und beförderungskosten ggf. in form von fremdleistungsentgelten in abzug gebracht werden, die gebührenauswirkungen sogar nur unter 2 % wahrscheinlich machen. darauf kam es aber nicht mehr an. 165d. überwiegende der sammlung entgegenstehende öffentliche interessen ergeben sich auch nicht aus § 17 abs. 3 satz 2 alt. 2, satz 3 nr. 3 krwg. danach ist eine wesentliche beeinträchtigung der planungssicherheit und organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen entsorgungsträgers anzunehmen, wenn durch die gewerbliche sammlung die diskriminierungsfreie und transparente vergabe von entsorgungsleistungen im wettbewerb erheblich erschwert oder unterlaufen wird. 166was die schutzrichtung des § 17 abs. 3 satz 3 nr. 3 krwg anbelangt, ist zunächst darauf hinzuweisen, dass es nicht in erster linie um den schutz des wettbewerbs oder von wettbewerbern gehen kann, auch wenn der wortlaut der vorschrift dies vordergründig nahe legen mag. aufgrund der systematik des § 17 abs. 3 krwg erweist sich (auch) dessen satz 3 nr. 3 als konkretisierung des satzes 2 alt. 2, der wiederum das merkmal der gefährdung der funktionsfähigkeit in satz 1 konkretisiert. von daher beurteilt sich auch die schutzrichtung des satzes 3 nr. 3 danach, welchen einfluss oder welchen zusammenhang die dort genannten aspekte auf die oder mit der funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen entsorgungsträgers in gestalt der die funktionsfähigkeit prägenden merkmale planungssicherheit und organisationsverantwortung haben. dementsprechend geht es bei der norm darum, ob die funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen entsorgungsträgers deshalb in frage steht, weil sich eine hinreichend konkret angedachte erfüllung der öffentlich-rechtlichen entsorgungspflicht im wege der drittbeauftragung wegen vergaberechtlicher schwierigkeiten nicht ohne weiteres realisieren lässt (aa.) oder aber eine nach durchführung eines vergabeverfahrens erfolgte drittbeauftragung deshalb in ihrem vertraglichen bestand gefährdet ist, weil sie von einem anderen „unterlaufen" wird (bb.), 167vgl. ovg nrw, urteil vom 15. august 2013 – 20 a 2798/11 –, juris rn. 194. 168an einem konkret bevorstehenden bzw. durchgeführten vergabeverfahren, in ansehung dessen beurteilt werden könnte, was „erheblich erschwert“ oder „unterlaufen“ werden soll, fehlt es hier. 169aa. die beklagte hat lediglich pauschal – unter bezugnahme auf die stellungnahme der s3. bzw. u1. – ausgeführt, durch die durchführung zusätzlicher gewerblicher altkleidersammlungen, die parallel zum öffentlich-rechtlichen/karitativen erfassungssystem betrieben würden, lasse sich eine auszuschreibende leistung bezüglich der wertstoffmenge und der entleerungsintervalle nur unpräzise beschreiben. dieses manko führe zu juristisch anfechtbaren schwierigkeiten bei der angebotslegung im zuge eines ausschreibungsverfahrens oder zu schwierigkeiten im rahmen der vertragsgestaltung. dabei handelt es sich nur um eine abstrakte vermutung / befürchtung der u1. . die u1. planen zwar nach eigenen angaben im anschluss an die ausbau- und konsolidierungsphase eine ausschreibung der sammlung und verwertung der altkleider durchzuführen. derzeit führt aber nach der übernahme des vertragsverhältnisses der b. die firma f. im auftrag der u1. nach wie vor die leerung der container und die vermarktung der gesammelten alttextilien durch. die für zukünftige sachverhalte geäußerte befürchtung der beklagten reicht für die annahme der erheblichen erschwerung der diskriminierungsfreien und transparenten vergabe von entsorgungsleistungen im wettbewerb im sinne von § 17 abs. 3 satz 3 nr. 3 krwg nicht aus. die rein prophylaktische verdrängung gewerblicher sammler vom markt ist von der vorschrift nicht gedeckt, 170vgl. vgh baden-württemberg, beschluss vom 9. september 2013 – 10 s 1116/13 –, juris rn. 50. 171bb. weiterhin ist nicht ersichtlich, der bestand der drittbeauftragung stehe aufgrund eines „unterlaufens“ der vergabe in frage oder werde gefährdet. dies schon deshalb, weil – ungeachtet der tatsache, dass die firma f. nicht in einem vergabeverfahren durch die beklagte selbst ausgewählt wurde – die firma f. seinerzeit in kenntnis der (zu diesem zeitpunkt schon durchgeführten) sammlung der klägerin das auftragsverhältnis mit der b. und später mit der beklagten eingegangen ist. 172e. schließlich bestehen keine anhaltspunkte dafür, ein überwiegendes öffentliches interesse könnte wegen einer wesentlichen beeinträchtigung der planungssicherheit und organisationsverantwortung über die in § 17 abs. 3 satz 3 krwg genannten regelbeispiele hinaus vorliegen, 173vgl. hierzu ovg nrw, urteil vom 15. august 2013 – 20 a 2798/11 –, juris rn. 198 ff. 174der maßgebliche, über die begriffe planungssicherheit und organisationsverantwortung erfasste, gesichtspunkt ist nach den vorstehenden ausführungen der - insbesondere auch in § 17 abs. 3 satz 3 nr. 1 krwg zum ausdruck kommende - schutz der öffentlich-rechtlichen entsorgungsstruktur. diesbezügliche relevante beeinträchtigungen, welche die annahme überwiegender öffentlicher interessen rechtfertigten, sind hier nicht ersichtlich. 175hinsichtlich der öffentlich-rechtlichen abfallentsorgung gilt, dass diese reibungslos funktionieren muss. insbesondere dürfen durch die gewerblichen sammlungen keine strukturen (wesentlich) beeinträchtigt werden. dass die strukturen der beklagten für alttextilien bezogen auf den sammlungsvorgang als solchen und die verwertung dergestalt beeinträchtigt werden, ist nicht ersichtlich und wurde auch nicht (hinreichend konkret) geltend gemacht. die beklagte selbst bzw. die u1. mussten aufgrund der sammlungstätigkeit der klägerin keine anpassung ihrer sammlungstätigkeit vornehmen. vielmehr haben die beklagte bzw. die u1. ihr sammlungsvolumen in den jahren 2012 bis 2014 kontinuierlich erweitert, was – zumindest bezogen auf den aktuellen sammelumfang – für ein mögliches lukratives nebeneinander der verschiedenen sammlungen spricht. 176auch unter dem gesichtspunkt, dass vorsorge für den fall einer unvermittelten einstellung der klägerischen sammlung getroffen werden musste und muss, kann keine wesentliche beeinträchtigung der planungssicherheit und organisationsverantwortung angenommen werden. insbesondere lässt sich nicht feststellen, dass es einen wesentlichen aufwand in planungsmäßiger, personeller oder sächlicher hinsicht erfordert hat und erfordert, um die öffentlich-rechtliche entsorgung von alttextilien für den fall sicherzustellen, dass die klägerin ihre sammlung unvermittelt einstellt. dies gilt vor allem vor dem hintergrund, dass mit 105 eigenen containern der beklagten und 52 behältern gemeinnütziger sammler im stadtgebiet die anzahl der container sogar überschritten wird, die nach eigener auskunft der beklagten zur schaffung eines flächendeckenden netzes zur entsorgung von alttextilien erforderlich ist (900 einwohner pro behälter). im übrigen ist einer reserve- bzw. auffangfunktion des öffentlich-rechtlichen entsorgungsträgers nichts durchgreifendes entgegen zu halten. dem öffentlichen entsorgungsträger kann eine gewisse flexibilität bei aufbau und unterhaltung der abfallentsorgungsstrukturen zugemutet werden, 177vgl. auch ovg lüneburg, beschluss vom 24. januar 2008 – 7 me 192/07 –, juris rn. 13 zu § 13 abs. 3 satz 1 nr. 3 krw-/abfg. 178hinzu kommt, dass – jedenfalls soweit die marktpreise für alttextilien stabil bleiben oder steigen – davon auszugehen ist, weitere unternehmen stünden zur verfügung, die gegebenenfalls auch kurzfristig das (flächendeckende) sammeln, befördern und die verwertung der alttextilien im auftrag der beklagten übernehmen können und - natürlich gegen entsprechende bezahlung - auch würden. dass die erreichung dieses zustands mit einem aufwand verbunden war (und ist), der die annahme einer wesentlichen änderung der entsorgungsstruktur rechtfertigt, ist ebenfalls nicht ersichtlich. 179f. da es bereits an den voraussetzungen nach § 17 abs. 3 satz 3 nr. 1 und 2 (sowie nr. 3) krwg fehlt, kommt es darauf, ob die sammlung und verwertung der klägerin nach § 17 abs. 3 satz 4 krwg wesentlich leistungsfähiger ist, als die von dem öffentlich-rechtlichen entsorgungsträger oder dem von ihm beauftragten dritten, nicht mehr an. 180ebenfalls nicht entscheidungserheblich sind die ausführungen der klägerin zur rechtswidrigkeit der verfügung wegen des ablaufs des dreimonatszeitraums gemäß § 18 abs. 1 krwg, 181vgl. zur ablehnung des dreimonatszeitraums als ausschlussfrist vgh baden-württemberg, beschluss vom 4. märz 2014 – 10 s 1127/13 –, juris rn. 17. 182iv. die rechtswidrigkeit der auf §§ 55 abs. 1, 57 abs. 1 nr. 2, 60 und 63 verwaltungsvollstreckungsgesetz für das land nordrhein-westfalen beruhenden zwangsgeldandrohung folgt aus der materiell rechtswidrigen grundverfügung (vgl. insoweit die ausführungen unter a. iii.), die mit diesem urteil aufgehoben wird. 183gleiches gilt für die nach §§ 14 abs. 1, 1 abs. 1 nr. 1 gebührengesetz für das land nordrhein-westfalen festgesetzte verwaltungsgebühr. für eine rechtswidrige amtshandlung können keine kosten gefordert werden, 184vgl. susenberger/weißauer, gebührengesetz für das land nordrhein-westfalen, loseblattwerk (stand: dezember 2006), § 1 rn. 13, m. w. n. 185b. die kostenentscheidung beruht auf § 154 abs. 1 vwgo. die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit folgt aus den § 167 abs. 1 vwgo in verbindung mit §§ 708 nr. 11, 709 satz 2, 711 zivilprozessordnung. 186die berufung war nicht nach § 124a abs. 1 satz 1 vwgo zuzulassen, da keiner der gründe des § 124 abs. 2 nr. 3 und 4 vwgo vorliegt.
Klaeger*in
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